Pferdesport

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JULIA KRAJEWSKI, OLYMPIASIEGERIN 2021

» Vielseitigkeitsreiten ist immer spannend

Nach der Schule bin ich dann nach Warendorf gegangen, zum Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei und Bundesstützpunkt. Dort habe ich ganz klassisch meine Ausbildung zum Pferdewirt und zur Pferdewirtschaftsmeisterin gemacht. Nach mehreren Jahren Festanstellung als Bundestrainerin der Vielseitigkeitsjunioren habe ich mich vor zwei Jahren selbstständig gemacht und als bisherigen sportlichen Höhepunkt bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio 2020 (bzw. 2021) im Einzel-Vielseitigkeitswettbewerb die Goldmedaille gewonnen. Es macht mir immer noch jeden Tag große Freude, in den drei verschiedenen Disziplinen unterwegs zu sein, wo man sein Pferd abwechslungsreich und komplex ausbilden kann und muss! Ich liebe den Nervenkitzel im Gelände, aber auch die Tüftelei, das Arbeiten mit verschiedenen Charakteren, die verschiedenen Stärken und Schwächen, die jedes Pferd hat. Mir macht die Basisausbildung, die Dressur, sehr viel Spaß. Wenn man merkt, das Pferd entwickelt sich gut und wird körperlich besser und lässt sich gut reiten. Ebenso liebe ich die Ausbildung der jungen Pferde, wenn sie ihre erste Geländeprüfung ablegen bis hin zu den größeren Prüfungen: Diese Mischung aus Vertrauen, Geschwindigkeit und Spannung, das ist schon wirklich toll. Ich habe zehn Pferde im Stall, die neben ihrem Auslauf ca. etwa eine Stunde am Tag trainiert werden. Dabei fallen die Tiere nicht plötzlich vom Himmel und werden Olympiasieger. Sie bekommen im Kindergartenalter die ersten Unterrichtsangebote. Bei einer Ausbildung aus vielen kleinen Bausteinen wächst ein sehr starkes Vertrauen. Doch was am Ende ein Spitzenpferd ausmacht, ist sein unbedingter Leistungswille. Den merkt man schon daran, dass sie es kaum erwarten können, in den Lkw zu steigen.

JANNE-FRIEDERIKE MEYER-ZIMMERMANN

» Jeder Sprung ist etwas Foto: Aenne Konken

ganz Besonderes

„Ich liebe dieses Gefühl, das ist für mich immer ein bisschen wie Fliegen.“

Wahrscheinlich bin ich Springreiterin geworden, weil das Gefühl in der Luft bei einem Sprung so wunderbar ist. Ich liebe dieses Gefühl, das ist für mich immer ein bisschen wie Fliegen! Als Kind wollte ich Cowboy werden und bin mit meinem ersten Pony Mücke am liebsten ohne Sattel durch den Wald galoppiert, Schlitten gefahren und habe mit ihr an Ponyrennen teilgenommen. Schon ganz früh als Kind hatte ich eine riesige Begeisterung für Pferde, und die habe ich immer noch. So habe ich sämtliche Pferdesportarten ausprobiert und bin schließlich beim Springen „hängen geblieben“ und habe mein Hobby und meine Begeisterung zum

Beruf gemacht. Springreiten erfordert sehr viel gegenseitiges Vertrauen. Wo springt mein Pferd ab, wo landet es? Jeder Sprung ist etwas ganz Besonderes für das Pferd und den Reiter. Ein Pferd, das nicht springen möchte, kann man übrigens nicht dazu zwingen. Unsere heutigen Springpferde stammen aus einer jahrhundertelangen Zucht von Pferden mit viel Freude und Spaß am Springen, was man schon beim sogenannten Freispringen erkennen kann, bei dem die jungen Pferde ohne Reiter und Hilfengebung über Hindernisse springen. Die Springpferdezucht besteht daher größtenteils aus Pferden, die das in

Foto: www.Sportfotos-Lafrentz.de

Zur Vielseitigkeit hat mich mein erstes Pony „Cyrano“ gebracht, das mir meine Eltern geschenkt haben. Er war erst vier Jahre alt und ich war neun. Eigentlich wollten wir Dressur reiten. Wir merkten aber schnell, dass ihm das Gelände viel mehr Spaß macht. Bei der Teilnahme an Lehrgängen hat unser damaliger Landestrainer unser beider Talent erkannt – und so sind wir in diese Nische gekommen.

„Ich liebe den Nervenkitzel im Gelände, aber auch die Tüftelei, das Arbeiten mit verschiedenen Charakteren, die verschiedenen Stärken und Schwächen, die jedes Pferd hat.“

den Genen haben und tatsächlich richtig gerne springen. Vegane Ernährung und Springreiten sind für mich überhaupt kein Gegensatz, ich ernähre mich zwar nicht ausschließlich, aber oft und gerne vegan und für mich sind Tierschutz und artgerechte Haltung extrem wichtig, denn wie auch alle anderen Reiter, die ich kenne, sehe ich meine Pferde als Freunde und Partner und spüre ihr Vertrauen. Um erfolgreich zu werden und Turniere zu gewinnen, muss das Pferd das auch wirklich wollen, hier ist der Kopf des Pferdes weitaus entscheidender als sein Körperbau. Natürlich braucht das Tier eine gewisse Grundkraft und Ausdauer, aber Mut und Ehrgeiz sind viel wichtiger. Mein Pferd Cellagon Lambrasco war nur 160 Zentimeter hoch – doch auf dem Parcours wollte er es allen zeigen, ist über sich hinausgewachsen und hat den Großen Preis von Aachen gewonnen und ist mit der deutschen Mannschaft Welt- und Europameister geworden!


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