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Pferdesport

Dorothee Schneider bei den olympischen Spielen in Tokio

Hinter der Leichtigkeit stecken harte Arbeit und Liebe zum Pferd

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Mythos Dressurreiten

Die erfolgreiche Dressurreiterin Dorothee Schneider berichtet über ihren Werdegang, die Liebe zu ihren Pferden, Verantwortung, Familienleben, Fleiß und harte Arbeit.

Dressurreiten ist die perfekte Harmonie zwischen Pferd und Reiter. Eine unsichtbare, magische Verschmelzung zweier Wesen zu einem Ganzen. Voraussetzung dafür ist ein hohes Maß an Vertrauen und der Wille, im täglichen Training die „Extra Meile“ zu gehen. Das Ziel ist präzises, pferde- gerechtes Reiten, um sowohl in den 3 Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp als auch Lektionen wie z. B. Pirouetten oder Traversalen Reitbegeisterte, Zuschauer und Wertungsrichter gleichermaßen zu überzeugen. Dorothee Schneider, eine vielfach ausgezeichnete Dressurreiterin, die es mit Leidenschaft, Fleiß und Willen an die Spitze ihrer Sportart geschafft hat, lebt ihren Traum. Aber ihr Weg zu einer der erfolgreichsten Dressurreiterinnen Deutschlands und der Welt war keineswegs selbstverständlich.

Aufgewachsen ist Dorothee Schneider auf dem elterlichen Landwirtschaftsbetrieb nahe Wiesbaden. Dort lernte sie als Kind zunächst das Voltigieren. Aber schon in jungen Jahren hing ihr Herz am Reitsport. Ihr Vater, Hans Eberhard Schneider, ebenfalls Reiter und Pferdesport- Richter, war ein viel beschäftigter

Die erfolgreiche Dressureiterin Dorothee Schneider

Mann, der nur selten die Zeit fand, seine Tochter zu unterrichten. „Mich hat das für mein Leben sehr geprägt. Ich habe gelernt, für die Dinge, die ich wirklich will, einzustehen. Den Unterricht bei meinem Vater musste ich mir hart erkämpfen. Vieles habe ich mir aber auch selbst beigebracht, wobei ich sicherlich meine größte Kritikerin bin“, beschreibt Dorothee Schneider die Anfänge ihres Lebens zu Pferde.

Doch zunächst hieß es, das Abitur zu machen, um das geplante Studium der Tiermedizin anzutreten. Aber manchmal kommt das Leben dazwischen. Der Pachtvertrag des elterlichen Betriebes lief aus und die Familie zog in das rund 50 km entfernte Framersheim, wo die Eltern eine Reitanlage kauften. Mit der Perspektive, in diesem Betrieb eine langfristige Zukunft zu haben, entschied sich Schneider für eine Lehre als Bankkaufkauffrau: „Ich wollte das wirtschaftliche Knowhow für eine spätere Selbstständigkeit erlernen, aber natürlich auch meine Eltern unterstützen. So war es nur logisch, zwei Lehren zur Pferdewirtin mit den Schwerpunkten klassische Reitausbildung einerseits und Zucht und Haltung andererseits anzuschließen.“ Und Dorothee Schneider wäre nicht Dorothee Schneider, wenn sie nicht auch noch den Abschluss als Pferdewirtschaftsmeisterin, die Meisterprüfung als Bereiterin und eine Ausbildung als Besamungswartin hinzugefügt hätte. Genau diese Akribie ist es, die sie in allem so erfolgreich macht.

Die Karriere im Sattel begann mit ihrem ersten Pferd Gondola II. Ein etwas zu klein gebliebenes Zwillingsfohlen. Es kam auf dem elterlichen Gestüt zur Welt. „Ich weiß noch genau, wie ich immer mit meinen roten Straßenstiefeln auf ihr gesessen habe und am liebsten nie mehr abgestiegen wäre“, berichtet Schneider. Hier erlebte die junge Reiterin erstmalig die Bedeutung einer engen Verbindung zum Pferd, das Erlebnis gemeinsamen Arbeitens und des wachsenden Vertrauens zwischen Tier und Reiterin.

Auf Gondola folgte Protegé, ein Trakehner-Schimmelwallach, der nach einem Bruch des Schienbeins von Schneiders Vater gesundgepflegt wurde. Mit ihm bestritt die junge Reiterin von der ersten Jugendreiterprüfung bis zur M-Dressur erste Turnierstarts.

Und wieder war es ein Pferd aus der Zucht ihres Vaters, mit dem sie nun den Sprung in die Grand-Prix-Klasse schaffte. Der dunkelfuchsfarbene Trakehner Van Deyk wurde von allen nur ehrfurchtsvoll „der Chef“ genannt, nicht nur, weil er so schlau und talentiert war, sondern auch, weil er es immer wieder schaffte, sich durchzusetzen, seinen Weg zu gehen und Menschen für sich einzunehmen. Die besondere Beziehung, die zwischen Dorothee Schneider und dem „Chef“ entstand, zeigte sich nach einem Stallbrand, bei dem der Hengst sich schlimme Verletzungen zuzog: „Er hat sich lange an mich gelehnt, Kraft gesammelt und sich zurück ins Leben und in den Grand Prix-Sport gekämpft. Das schaffen nicht viele“, berichtet die Olympia-Siegerin bewegt. „Zusammengerechnet verbuchten wir über 60 Siege und Platzierungen in schweren Dressuren bis zum Grand Prix, darunter Mannschaftsgold bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro und 2021 in Tokio.“

Dorothee Schneiders Tagespensum ist beeindruckend. Täglich beginnt sie, um 6.30 Uhr mit den Pferden zu arbeiten. Bis 15.00 Uhr trainiert sie zwischen zehn und zwölf Pferde aus ihrem Stall. Besonders am Herzen liegt der Pferdesportlerin der vertrauensvolle Umgang mit den Tieren außerhalb des täglichen Trainings. Um erfolgreich im Spitzensport zu sein, muss man konstant hart arbeiten“, sagt sie. Das bedeutet nicht nur,

die täglichen Reitlektionen zu absolvieren, sondern auch das optimale Bewegungskonzept zu finden, den Pferden die Möglichkeit zu bieten, Pferd sein zu dürfen, mit ihnen auf der Wiese zu spielen, zu toben, um so gemeinsame Wohlfühlmomente zu schaffen. Nur so können Pferd und Reiter eine intensive Verbindung aufbauen und eine Symbiose für den gemeinsamen Erfolg.

Dieses Gemeinsame verbindet Dorothee Schneider mit ihren Pferden bis an deren Lebensende. Die Tiere bleiben an ihrer Seite und werden nicht aus dem gewohnten Alltag herausgerissen, wenn die Sportpferdkarriere vorbei ist. Sie dürfen ihren Ruhestand auf St. Stephan und die täglichen Streicheleinheiten von Dorothee Schneider genießen.

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