am puls - Magazin für Politik und Gesundheit 01/2012

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01/2012

Jahrgang 09

20348

5,00 Euro

MAGAZIN FÜR

POLITIK UND GESUNDHEIT

Jost de Jager Spitzenkandidat S-H Klare.Kante.Zukunft. Seite 14

Tobias Hans CDU an der Saar stellt sich dem demografischen Wandel Seite 6

WAHLEN 2012 2012: AN SEE UND SAAR „Gesundheit und Soziales als Themen“

in ter s i in sm en – t i e y arb er Le die n s e e d d t un von iste morg B e AL: rsula Wer l t von . 12 I Z E U ei S SP Arb


Caring and curing Caring and curing Leben retten und Gesundheit

Leben retten und ist Gesundheit verbessern – das unser Ziel. verbessern – das ist unser Ziel.

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EDITORIAL

Die Karten liegen auf dem Tisch Endlich haben Grüne und SPD ihre Karten auf den Tisch gelegt. Nach jahrelangem Gezerre, widersprüchlichen Aussagen, nicht vorhandenen Konzepten sind nun endlich die wahren Gründe und Hintergründe der „solidarischen“ Bürgerversicherung von SPD und Grünen enthüllt worden. Damit verbunden ist die Frage der Existenzberechtigung der privaten Krankenversicherung (PKV). Verpackt in einem Konzept zur Reform der Pflegeversicherung haben sowohl SPD also auch Grüne die Lösung aller Probleme im deutschen Gesundheitswesen gefunden. Enteignung, heißt die Zauberformel. „Das Geld ist schließlich da. Außerdem können die „reichen“ Privatversicherten ja ruhig einmal etwas abgeben,“ halt es aus diesem Lager. Beliebt ist, wer von den „Reichen“ nimmt und den „Armen“ gibt. Damit hatte schon Robin Hood nachhaltigen Erfolg. Vielleicht haben Herr Gabriel und Herr Trittin auch die Hoffnung, dass Hollywood ihnen in 100 Jahren ein Denkmal setzt. Diva genug sind sie beide.

sehr durchschaubar. Das Geld reicht locker für zwei bis drei Wahlperioden. Gabriel und seine rot-grünen Freunde wären die Helden des Deutschen Gesundheitswesens. Kurzzeiterfolg: „Ruhe im Laden“. Verschwiegen wird dem geneigten Bürger, was kommt, wenn dieser Kapitalstock aufgebraucht ist. Der Einmaleffekt wäre sinnlos verpufft, die Versicherten müssten mit deutlichen Beitragssteigerungen rechnen und der Staat muss dann letztlich mit erheblichen Steuermitteln die Stabilität des gesamten Gesundheitssystems sichern. Unter dem Strich ist aber eines ganz sicher: SPD und Grüne planen den Verfassungsbruch durch die Kapitalenteignung der Privatversicherten. Wo kommen wir hin, wenn das auf Dauer Schule machen würde? Muss Mercedes demnächst die Verluste von Opel kompensieren? Oder Bäcker Müller, obwohl er die besseren Brötchen hat, für die Verluste von Bäcker Meier aufkommen, nur weil der schlechte Ware verkaufen will ?

Enden möchte ich für heute mit Pflegereform und Umverteilung einem Zitat von Abraham Lincoln: der PKV-Rückstellungen sind „Man kann die Schwachen nicht stärnicht das Einzige, was die derzei- ken, indem ihr die Starken schwächt.“ tige Opposition im Sinn hat. Vielmehr schielt sie bereits weiter; Frank Rudolph nämlich auf die 180 Mrd. Euro Al- 1.stellv. Landesvorsitzender terungsrückstellungen in der pri- Gesundheitspolitischer vaten Vollkrankenversicherung. Arbeitskreis der CDU-NRW Der Plan ist ausgefuchst: erst bei der Pflegeversicherung die Entnahme von jährlich einer Milliarde Euro aus dem Kapitalstock der PKV testen. Dann das Ausbluten auf die Vollversicherung ausweiten. Schließlich der Todesstoß: die gesamten Rückstellungen dem Gesundheitsfonds zuführen. Die Rechnung ist einfach, aber auch Dr. Mathias Höschel und Frank Rudolph, Herausgeber

INHALT 4 Pflegereform

Die zwischen den Koalitionsparteien vereinbarte Pflegereform gewinnt an Fahrt. Nun liegt ein Referentenentwurf für das sog. Pflege-Neuausrichtungsgesetz vor, das MdB Willi Zylajew erläutert

6 Wahlen im Saarland am 18. März

Die CDU im Saarland stellt sich intensiv auf den demografischen Wandel ein und geht mit schlüssigen Konzepten in die Landtagswahl vom 18.3., erläutert MdL Tobias Hans

8 Bundesfreiwilligendienst erfolgreich

Als wahrer „Renner“ erweist sich das neue Angebot des Bundesfreiwilligendienstes als neues zivilgesellschaftliches Engagement nach dem Aussetzen von Wehr- und Zivildienst. Die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär zieht eine erste Bilanz

10 Berliner Senat

Die Gesundheits- und Sozialpolitik will die große Koalition im Berliner Abgeordnetenhaus neu ausrichten. Der zuständige Senator Mario Czaja (CDU) erläutert die Grundzüge

12 Arbeit von morgen

Eine der großen Fragen des bereits im Gange befindlichen demografischen Wandels ist: Wer leistet die Arbeit von morgen? In ihrem Beitrag geht Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen dieser Frage nach

14 Klare.Kante.Zukunft.

In Schleswig-Holstein wird am 6. Mai gewählt. CDU-Spitzenkandidat, Wirtschaftsminister Jost de Jager, skizziert in seinem Beitrag die Konzepte der Union zur Gesundheitspolitik im Land zwischen den Meeren

16 Keine Beitragsexplosionen

… im Alter soll es nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Debeka, Uwe Laue, trotz steigender Kosten im Gesundheitswesen geben. Dies garantieren die Altersrückstellungen im Kapitaldeckungsverfahren

18 Patientenrechtegesetz

Die Rechte der Patienten werden weiterentwickelt, erstmals zusammenhängend geregelt und sind für jedermann unkompliziert nachlesbar, schreibt der Patientenbeauftragte Wolfgang Zöller

20 Ärztliche Weiterbildung Die zergliederte, schwerfällige Struktur der Mediziner-Weiterbildung ist nicht mehr zeitgemäß, legt Sebastian Exner dar

22 Kommentar

Kassen sollen die entstandenen Beitrags-Überschüsse an die Versicherten zurückzahlen, fordert der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn, MdB

22 Impressum

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Foto: Philipp Flury/ Pixelio

PFLEGEREFORM

PFLEGEREFORM auf dem richtigen Weg Die Leistungen der Pflegeversicherung werden mit Beginn des Jahres 2013 auf die besonderen Bedürfnisse der Demenzkranken hin ausgeweitet

Von Willi Zylajew, MdB

Die vereinbarte Reform der Pflegeversicherung gewinnt an Fahrt. Seit wenigen Wochen liegt der Referentenentwurf für das sogenannte Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) vor. Grundlage für unser Handeln ist der christlich-liberale Koalitionsvertrag von 2009. Mit den darin umrissenen Vorgaben haben wir uns hohe Hürden gesetzt, sei es im Bereich Leistungsrecht, in Fragen der Finanzierung oder auch in Sachen Attraktivität des Pflegeberufes. Neben all diesen unterschiedlichen Facetten ist bei den Beratungen zur Pflegereform auch deutlich geworden, dass zum einen objektive Schwierigkeiten, aber auch unterschiedliche politische Sichtweisen innerhalb der Koalition vorhanden sind, die eine „1 zu 1“-Umsetzung des Koalitionsvertrages erschweren.

Pflegebedürftigkeitsbegriff und Demografie Reserve als Knackpunkte Es ist kein Geheimnis, dass einer der

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großen Knackpunkte im Bereich Pflege die Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes ist. Das PNG wird eine Neudefinition, die zweifelsohne notwendig ist, nicht zum Gegenstand haben. Das heißt aber nicht, dass der Bereich Demenz außen vor bleibt. Im Gegenteil – gerade für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz wird es eine Reihe von Verbesserungen geben. Dazu später mehr. Die Neudefinition von Pflegebedürftigkeit bleibt ebenfalls weiter auf der Agenda. Ab März wird der wiedereinberufene Expertenbeirat unter dem Vorsitz des Patientenbeauftragten, Wolfgang Zöller, und Klaus-Dieter Voß, ehemaliges Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes, über die noch offenen Fragen beraten. Dies betrifft zum Beispiel das Thema Bestandsschutz. Eine Neudefinition bedeutet nicht automatisch eine Besserstellung aller Pflegebedürftigen. Es ist durchaus realistisch, dass je nach Schwere der Pflegebedürftigkeit eine Schlechterstellung zum Status Quo erfolgen kann. Weiterhin hat

der Beirat zu beraten, welche Leistungen mit welchen Bedarfsgrad hinterlegt werden. Außerdem gilt es Zusammenhänge mit Leistungen der Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe) zu beachten. All diese Fragen bedürfen der intensiven Klärung. Daher ist mit einem Ergebnis kaum vor Jahresfrist zu rechnen. Das Thema Demografie Reserve hat sich in den Koalitionsgesprächen ebenfalls als ein Punkt herauskristallisiert, bei dem es eine große Bandbreite von Meinungen gibt. Laut Koalitionsvertrag war als Ergänzung zum Umlagesystem eine Kapitaldeckung vorgesehen, die verpflichtend, individualisiert und generationengerecht ausgestaltet sein muss. Letztendlich waren die Argumente gegen diese Form der Demografie Reserve zu stark. Daher ist zunächst eine individuelle Vorsorge, gefördert aus Steuermitteln, vorgesehen. Hemmend für eine weitergehende Reform ist vor allem die derzeitige weltwirtschaftliche Situation. Auch wenn es


PFLEGEREFORM Deutschland derzeit gut geht, so viele Menschen in regulären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten wie noch nie und die Einnahmen der Sozialversicherungen deutlich steigen, ist die Gefahr eines erneuten Einbrechens der Wirtschaft bleibt. Die Lage in Griechenland zeigt dies deutlich. Eine spürbare Beitragserhöhung, die für eine tiefgreifende Pflegereform notwendig wäre, ist im Moment schlichtweg nicht umsetzbar. Bei diesem Hintergrund ist im Entwurf des PNG eine moderate Beitragserhöhung von 0,1 Prozent vorgesehen. Mit den damit verbundenen Mehreinnahmen in Höhe von 1,1 Mrd. Euro gilt es nun verantwortungsvoll umzugehen. Die vorgesehenen Reglungen sind ein guter Beweis, dass auch mit relativ wenig Finanzmitteln gute Lösungen für die pflegebedürftigen Frauen und Männer in Deutschland geschaffen werden können. Insbesondere in den Bereichen Demenz und neue Wohnformen lohnt sich eine genauere Betrachtung der geplanten Regelungen.

Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung umfasst, wird um Betreuungsleistungen für Demenzerkrankte ergänzt. Zugleich bekommen Demenzkranke in der ambulanten Versorgung höhere Leistungen als bisher. Damit knüpfen wir an das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) aus dem Jahr 2008 an. Konkret erhalten Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz in der sogenannten Pflegestufe 0 Leistungen in Höhe von 50 Prozent der Pflegestufe I. In den Pflegestufen I und II werden die Beträge um ein Drittel der Leistungen zur nächst höheren Pflegestufe hin erhöht. Von den Leistungsverbesserungen profitieren etwa 500.000 Pflegebedürftige und ihre Angehörigen.

Zukunftsmodell Pflege-WG Auch der Bereich „Neue Wohnformen“ setzt die Ausrichtung des PfWG fort. Seinerzeit wurde beschlossen, dass Pflegebedürftige, die in Wohngemeinschaften (Senioren-WGs) oder im betreuten Wohnen zusammenleben, ihre Sachleistungsansprüche künftig bündeln und gemeinsam mit anderen Leistungsberechtigten in Anspruch nehmen („poolen“) können. So kann zum Beispiel eine Pflegekraft, die sich um mehrere Pflegebedürftige kümmert, aus diesem „Pool“ bezahlt werden.

Foto: Benjamin Thorn/ Pixelio

Leistungsverbesserungen für Demenzkranke Die Leistungen der Pflegeversicherung werden mit Beginn des Jahres 2013 auf die besonderen Bedürfnisse der Demenzkranken hin ausgeweitet. Das ambulante Leistungsangebot, das bisher

All‘ diese Vorhaben haben den Zweck, unsere pflegerische Versorgung weiter zu optimieren

Das PNG hat sich auf die Fahne geschrieben, die ambulanten Angebote noch stärker zu fördern. Damit kommt es dem Wunsch vieler Pflegebedürftiger nach einem weitgehend selbstbestimmten Leben bis ins hohe Alter in den eigenen vier Wänden entgegen. Untermauert wird dieser Anspruch durch drei Maßnahmen: Pflegebedürftige in einer selbstorganisierten Wohngruppe erhalten eine Pauschale von 200 € monatlich für die Beschäftigung einer Kraft für die Organisation und Sicherstellung der Pflege. Der Einsatz einzelner, selbstständiger Pflegekräfte in den Wohngruppen wird erleichtert. Als Anreiz für die Gründung neuer Wohngruppen wird ein Programm aufgelegt, aus dem eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 2.500 € je Pflegebedürftigen bei maximal 10.000 € je Wohngruppe für die erforderliche, pfle-

gegerechte Umgestaltung der Wohnung erfolgt.

Ausblick Neben den beiden beschriebenen Bereichen hat das Pflege-Neuausrichtungsgesetz noch folgende Schwerpunkte: Z Flexibilisierung der Leistungsinanspruchnahme Z Stärkung des Grundsatzes „Reha vor Pflege“ Z Verbesserungen für pflegende Angehörige Z Verbesserung der medizinischen Betreuung in Heimen Z Verbesserung der Beteiligung von Betroffenen und Versicherten Z Förderung der Selbsthilfe Z Stärkere Dienstleistungsorientierung bei der Begutachtung Z Verbesserung der Beratung und Koordinierung

All‘ diese Vorhaben haben den Zweck, unsere pflegerische Versorgung weiter zu optimieren. Sicherlich muss an der einen oder anderen Stelle noch nachgebessert werden. Dies wird im Zuge der anstehenden parlamentarischen Befassung erfolgen. Grundsätzlich enthält das Pflege-Neuausrichtungsgesetz ein gutes Bündel an Leistungen, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.

WILLI ZYLAJEW

Willi Zylajew, MdB, ist 62 Jahre alt, Vater von 5 Kindern und studierte Sozialarbeit in Köln. Er ist seit 1969 Mitglied der CDU, war bis 2009 stellvertretender Kreisvorsitzender und ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Rhein-Erftkreis. Er ist Mitglied im Ausschuss für Gesundheit.

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DEMOGRAFISCHER WANDEL

Demografischer Wandel

das Saarland agiert

Am 18. März wird an der Saar gewählt: Tobias Hans mit der CDU-Spitzenkandidatin und amtierenden Ministerpräsidentin Annegret Kamp-Karrenbauer

Von Tobias Hans, MdL

Erst jüngst hat eine Nürnberger Studie über Bevölkerungsstrukturen ergeben, dass das Saarland das Bundesland mit den ältesten Einwohnern ist. Danach leben im Saarland in 39 Prozent der Haushalte Menschen, die über 60 Jahre alt sind. Das Durchschnittsalter liegt bei 45,1 Jahren. Da die durchschnittliche Lebenserwartung weiter ansteigt, wird die Zahl der über 60-jährigen noch weiter wachsen und das Saarland zunehmend älter werden. Diese Entwicklung ist nicht neu und stellt die Verantwortlichen in Land und Kommunen vor große Herausforderungen. In den Köpfen und im Handeln der saarländischen Landespolitik ist sie längst angekommen und so zieht sich der Gedanke des demographischen Wandels und seiner Fol-

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gen durch die Gesundheits- und Sozialpolitik der CDU-Landtagsfraktion. Im Mittelpunkt steht dabei das Thema Gesundheitsversorgung, vor allem in den Bereichen Medizin und Pflege. Die Anforderungen und Bedingungen werden sich hier aufgrund des demographischen Wandels verändern. Die CDU-Landtagsfraktion geht diese Entwicklung proaktiv an, damit das Saarland gut aufgestellt ist.

Thema Ärzteversorgung Die Versorgung mit Allgemeinmedizinern und Fachärzten ist eines der wichtigsten Anliegen, das die Bevölkerung an eine gute medizinische Versorgung hat. Der drohende Ärztemangel macht sich in einer ländlich geprägten Region wie dem Saarland besonders bemerkbar. Hier ist die Sorge groß, dass es in

naher Zukunft vor allem im Bereich der hausärztlichen Versorgung zu Engpässen kommen könnte. Erforderlich sind daher Anreize für junge Mediziner, sich als Hausarzt gerade auch im ländlichen Raum niederzulassen, sowie eine qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung dieser Mediziner. Mit der Neueinrichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums in Homburg haben wir jetzt einen wichtigen Schritt gegen den sich abzeichnenden Hausärztemangel und für die Stärkung der Versorgung getan. Die Installierung eines solchen Lehrstuhls hat die CDU begleitet und auch in Koalitionszeiten an dieser Forderung festgehalten, da die Stärkung der hausärztlichen Versorgungsebene eines unserer zentralen Anliegen ist. Ich glaube, dass es mit dem neuen Lehrstuhl gelingen wird, die Attraktivität der Fachrichtung Allgemeinmedizin deutlich zu steigern, und so viele Medizinstudenten bereits während des Studiums für den Hausärzteberuf zu begeistern. Ziel ist dabei auch, die im Saarland ausgebildeten Mediziner möglichst langfristig in der Region zu halten und Abwanderungen zu vermeiden.

Beitrag Land und Kommune Beim Thema Erhalt und Optimierung der medizinischen Versorgung in der Fläche ist aber nicht nur die Landespolitik gefragt. Auch die kommunalen Vertreter vor Ort können maßgeblich dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum nachhaltig zu sichern. Hier gilt es, Konzepte zu erarbeiten und anzustoßen, die ein Miteinander der Kommunen, der Ärztevereinigungen und des Landes zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger beinhalten. Ziel sollte sein, die Kommunen in die flächendeckende medizinische Versorgung einzubinden, um eine verbesserte sektorenübergreifende Zusammenarbeit vor Ort zu erreichen.


DEMOGRAFISCHER WANDEL Die Wege, die dabei zum Ziel führen können, sind sehr vielfältig. Ob durch Medizinische Versorgungszentren (MVZ), Kooperationen von Arztpraxen sowohl untereinander als auch mit Kliniken oder durch Verknüpfung der Gesundheitsberufe mit den Medizinern vor Ort.

nach Möglichkeit weiter zu optimieren, ist mehr Nachwuchs in den Pflegeberufen notwendig. Das Land braucht motivierte und gut ausgebildete Pflegekräfte, die sich den hohen Anforderungen an ihre Berufsgruppe im Alltag stellen wollen. Ein geeignetes Instrumentarium, den Pflegemarkt nachhaltig zu beleben, stellt die umlagefinanzierte Ausbildung im Altenpflegebereich dar.

Darüber hinaus sollte sich jede Kommune die Frage stellen, was sie tun kann, um junge Mediziner in ihre Kommune zu bringen und langfristig dort zu halten. Dabei hat es jede Kommune selbst in der Hand, wie sie den Standort attraktiv für junge Mediziner und deren Familien gestalten kann.

Thema Pflege

Foto: bvmed

Die immer höhere Lebenserwartung stellt unser Sozialsystem, insbesondere im Bereich der Pflege, vor ständig neue Herausforderungen. Um das hohe Pflegeniveau im Saarland auch in Zukunft zu halten und

Beim Thema Erhalt und Optimierung der medizinischen Versorgung in der Fläche ist nicht nur die Landespolitik gefragt. Auch die kommunalen Vertreter vor Ort können maßgeblich etwas dazu beitragen

Dank des Einsatzes der CDU-Landtagsfraktion ist es gelungen, die Umlagefinanzierung in diesem Bereich wiedereinzuführen. Im Saarland werden nun die Ausbildungskosten auf alle Betriebe umgelegt, unabhängig davon, ob diese selbst ausbilden oder nicht. Bisher wurden die Kosten der Ausbildung auf die Pflegesätze abgewälzt, was zu einem preislichen Wettbewerbsnachteil der ausbildenden Betriebe führte. Dieser wird nun aufgehoben und zugleich wird ein Ausbildungsanreiz für diejenigen Einrichtungen geschaffen, die bislang nicht ausbilden. Und der Erfolg gibt uns recht. Dass ein Umlage- und Ausgleichssystem für mehr Pflegende und somit eine spürbare Qualitätssteigerung sorgen kann, zeigte sich im sprunghaften Anstieg der Anmeldezahlen direkt nach Ankündigung der Umlagefinanzierung. Die Zahl der Ausbildungsplätze erhöhte sich um ein Drittel und viele Betriebe meldeten erstmals Ausbildungsplätze an. Diese positiven Zahlen belegen, dass die Umlagefinanzierung ein Weg ist, um Menschen in Ausbildung zu bringen und den Arbeitsmarkt im Pflegebereich zu beleben. Für mich ist völlig klar, dass in einem weiteren Schritt die Attraktivierung des Pflegeberufs an sich angegangen werden muss. Wir brauchen Spezialisierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, die den Beruf gerade auch für Männer interessant machen. Damit dies finanzierbar bleibt, werden wir über die Delegation von Arztleistungen sprechen müssen.

Thema „Übergangspflege“ Eine zentrale Rolle in einer älter werdenden Gesellschaft spielt die Versorgung auf Pflege angewiesener Menschen. Eine reibungslose Überleitung von akut-stationärer Behandlung in Krankenhaus oder Rehaeinrichtung in den Bereich der pflegerischen Weiterversorgung ist unerlässlich. Bei einer Vielzahl von zur Entlassung anstehenden Patientinnen und Patienten liegt zum Zeitpunkt der Entlassung keine Pflegestufe vor. Eine solche Einordnung ist per Gesetz aber erforderlich, damit die Pflegekassen die Kosten für eine Kurzzeitpflege übernehmen können. Im Gesundheitsausschuss des saarländischen Landtages kamen unter meinem Vorsitz Vertreter des Medizinischen Dienstes (MDK) und der Pflegekassen zusammen, um über diese Regelungslücke und etwaige Lösungswege zu diskutieren. Auf diesem Wege konnte eine unbürokratische Lösung zum Wohle und im Interesse der betroffenen Patientinnen und Patienten gefunden werden. Die im Saarland tätigen Pflegekassen sorgen zukünftig dafür, dass die Versicherten bei Inanspruchnahme einer Kurzzeitpflege übergangsweise auch ohne Pflegeeinstufung die Kosten erstattet bekommen und sorgen so für ein nahtloses Übergangsmanagement.

TOBIAS HANS

Tobias Hans, MdL, ist 34 Jahre alt und seit 2009 Mitglied des saarländischen Landtags. Der Informationswissenschaftler ist 1994 in die CDU eingetreten. Er ist gesundheitspolitischer Sprecher seiner Funktion.

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BUNDESFREIWILLIGENDIENST

Foto: Dirk Schelpe/ Pixelio

Große Engagementbereitschaft macht Bundesfreiwilligendienst so erfolgreich

Es sind nicht nur junge Menschen, die sich engagieren: Derzeit sind mehr als 20 Prozent der Bundesfreiwilligen älter als 27 Jahre, über zehn Prozent älter als 50 Jahre

Seit der Aussetzung des Zivildienstes ruht das zivilgesellschaftliche Engagement auf zwei Säulen: den bewährten Jugendfreiwilligendiensten und dem neuen Bundesfreiwilligendienst

Von Dorothee Bär, MdB

Mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages zur Aussetzung der Wehrpflicht sind auch die Grundlagen für die Durchführung des Zivildienstes entfallen. Der Zivildienst hatte zwar keine sozial- oder jugendpolitische Begründung und auch keinen Sicherstellungsauftrag für die soziale Infrastruktur, aber er war neben Wehrersatzdienst eben auch ein Dienst für und an den Menschen – ein Nebeneffekt, der von der ganzen Gesellschaft hoch geschätzt wurde. Vom Zivildienst profitierten aber nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die jungen Männer, die ihn abgeleistet haben: Er bot ihnen die Chance, in einem ganz neuen Bereich Erfahrungen zu sammeln und neue Kenntnisse zu entwickeln. Durch das große Engagement der Zivildienstleistenden hatte sich der Zivildienst zu einer geachteten und beachteten sozial- und jugendpolitischen Institution entwickelt.

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Daher war allen Beteiligten klar: Die Aussetzung des Zivildienstes würde eine Lücke hinterlassen, die der Gesetzgeber sinnvoll schließen musste. Der Deutsche Bundestag stand vor der Aufgabe, eine Lösung zu suchen, die die negativen Effekte auf die soziale Infrastruktur so klein wie möglich halten und die möglichst vielen jungen Menschen weiterhin die Möglichkeit eröffnen sollte, durch soziales Engagement positiv geprägt zu werden. Die nächstliegende Lösung, die bewährten Jugendfreiwilligendienste auszubauen, scheiterte daran, dass zum einen die Bundesländer nicht bereit waren, ihre Kompetenzen für das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr an den Bund abzutreten und der Bund zum anderen aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen nicht unbegrenzt Finanzmittel für die Jugendfreiwilligendienste zur Verfügung stellen konnte.

Bundesfreiwilligendienst steht allen offen Daher ruht das zivilgesellschaftliche Engagement seit dem Aussetzen des Zivildienstes auf zwei Säulen: den bewährten Jugendfreiwilligendiensten und dem neuen Bundesfreiwilligendienst. Der Bundesfreiwilligendienst steht – anders als der Zivildienst und die Jugendfreiwilligendienste - nicht nur jungen Menschen, sondern Männern und Frauen aller Generationen offen. Dadurch leistet er einen wichtigen Beitrag zum besseren Zusammenhalt der Gesellschaft. Der Dienst kann im sozialen und ökologischen Bereich, aber auch in weiteren Bereichen wie Sport, Integration und Kultur geleistet werden. Die Dauer beträgt in der Regel ein Jahr, mindestens sechs, höchstens 24 Monate. Grundsätzlich ist der Bundesfreiwilligendienst in Vollzeit zu leisten, für Freiwillige, die älter als 27 Jahre alt sind, ist auch Teilzeit von mehr als 20 Stunden möglich. Der Dienst wurde arbeitsmarktneutral ausgestaltet, das heißt, dass er allein unterstützende Tätigkeiten beinhaltet.


BUNDESFREIWILLIGENDIENST Wie bei den Jugendfreiwilligendiensten, so sind auch die Freiwilligen im Bundesfreiwilligendienst sozialversichert, sie erhalten ein Taschengeld, dessen Höhe zwischen Freiwilligem und Einsatzstelle frei vereinbart wird, und in manchen Fällen auch Unterkunft und Verpflegung. Zugleich mit dem Gesetz zur Einführung des Bundesfreiwilligendienstes wurden die bewährten Jugendfreiwilligendienste gestärkt: Die Förderpauschalen wurden nochmals angehoben – auf jetzt bis zu 200 Euro monatlich, bzw. 250 Euro für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf - und die Förderung wurde auf alle besetzten Plätze sämtlicher, auch regionaler Träger ausgeweitet.

Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements Der Umstieg vom Zivildienst zum Bundesfreiwilligendienst war für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung, die gemeinsam mit den Trägern und Einsatzstellen erfolgreich gemeistert wurde. Der neue Dienst wurde so ausgestaltet, dass es zu keinerlei Verdrängungsanreizen gegenüber den zivilgesellschaftlich organisierten Jugendfreiwilligendiensten gekommen ist und auch nicht zu einer Verstaatlichung der Freiwilligendienste. Es gelten gleiche Rahmenbedingungen

für die Zahlung von Taschengeld und die Gewährung sonstiger Leistungen. Unnötige Doppelstrukturen wurden vermieden. So stehen jetzt beide Dienste gleichberechtigt nebeneinander und können gemeinsam zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und der zivilgesellschaftlichen Strukturen beitragen. Im Zuge der Etablierung des Bundesfreiwilligendienstes und der Anhebung der Förderpauschalen für das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr hat der Bund die finanzielle Unterstützung der Freiwilligendienste sehr stark ausgeweitet. Insgesamt gibt er mehr als 300 Mio. Euro jährlich dafür aus – so viel wie nie zuvor. Und die Investitionen zahlen sich aus: Die Freiwilligenzahlen übertreffen alle Erwartungen: mehr als 70.000 Menschen engagieren sich inzwischen in Freiwilligendiensten. Hoffte man bei der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes lediglich darauf, dass er die Aussetzung des Zivildienstes zumindest teilweise kompensieren könne, überrascht die übergroße Nachfrage nicht nur die Kritiker, sondern alle Beteiligten. Die große Engagementbereitschaft ist ein beachtliches Zeichen an alle, die auf die Unterstützung und Mitmenschlichkeit anderer angewiesen sind.

Große Nachfrage finanzieren Und dabei sind es nicht nur junge Menschen, die sich engagieren: Derzeit sind mehr als 20 Prozent der Bundesfreiwilligen älter als 27 Jahre, über zehn Prozent älter als 50 Jahre. Auch Menschen im ALG II-Bezug wurden mit der Erhöhung des Freibetrages über den Bundesfreiwilligendienst neue Perspektiven eröffnet. Bei denjenigen, die an einem Bundesfreiwilligendienst oder einem Jugendfreiwilligendienst teilnehmen und ergänzend Arbeitslosengeld II beziehen, bleibt künftig von ihrem Taschengeld ein pauschalierter Betrag in Höhe von 175 Euro monatlich anrechnungsfrei, ohne dass sie dafür Ausgaben (für Versicherungen und Werbungskosten) nachweisen müssen. Bislang war nur ein Betrag von 60 Euro vom Taschengeld anrechnungsfrei. So bietet der Dienst langzeitarbeitslosen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die

Möglichkeit, soziales Engagement mit der Chance zu verbinden, die Eigeninitiative zu stärken und eine Brücke in eine neue Beschäftigung zu finden. Die Bereitschaft dieser Menschen, einen Freiwilligendienst zu leisten, ist besonders anzuerkennen. Der große Erfolg des Bundesfreiwilligendienstes hat auch eine Schattenseite: Im Haushalt des Bundesfamilienministeriums sind Gelder für die Finanzierung von 35.000 Plätzen im Bundesfreiwilligendienst eingestellt. Eine Abfrage des Ministeriums bei den Zentralstellen hat ergeben, dass der Bedarf für das Jahr 2012 weit über dieser Zahl liegt. Es muss unser Ziel sein, dem ununterbrochen großen Interesse von vielen Bürgerinnen und Bürgern, sich für ein Jahr oder länger für unser Land zu engagieren, entsprechen zu können. Wir müssen uns überlegen, wie wir jedem Freiwilligen einen finanzierten Einsatzplatz zur Verfügung stellen können. Hier ist nicht nur der Bund gefordert, sondern auch die Verbände, Träger und Einrichtungen. Gemeinsam müssen und werden wir in den nächsten Wochen durch schnelles und entschlossenes Handeln Planungssicherheit für alle Beteiligten schaffen.

DOROTHEE BÄR

Dorothee Bär, MdB, geb. 1978 in Bamberg, ist Mutter von zwei Töchtern. Die Diplom-Politologin ist die 2002 direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Bad Kissingen. Seit 2009 ist sie Sprecherin der CDU/CSUBundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

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GESUNDHEITSPOLITIK BERLIN Das Mustergesundheitsamt muss endlich mit Leben erfüllt werden. Hierzu gehört auch eine substantielle finanzielle Ausstattung.

Präventionsangebote stärker publik machen So wie Einschulungsuntersuchungen die Möglichkeit bieten, frühzeitig auf Fehlentwicklungen reagieren zu können, bietet das Thema Prävention die Chance, gesundheitlichen Risiken vorzubeugen. Daher wird der Senat innovative und herausragende Leistungen im Bereich des Gesundheitsschutzes fördern. Hierzu werden wir das „Integrierte Gesundheitsprogramm“ durch das „Aktionsprogramm Gesundheit“ weiterentwickeln.

Sozial- und gesundheitspolitische Schwerpunkte der großen Koalition in Berlin

Neben dem Bereich der Versorgung wird der Bereich der Gesundheitswirtschaft ein immer wichtigeres Handlungsfeld der großen Koalition in Berlin

Von Mario Czaja

Die Gesundheits- und Sozialpolitik orientiert sich an dem Leitbild, den Bürgerinnen und Bürgern Berlins ein langes, gesundes Leben in Selbstständigkeit zu ermöglichen. Die Voraussetzungen hierfür müssen entlang der Versorgungskette sichergestellt werden. Prävention ist dabei die tragende Säule für den Bereich der Gesundheitsförderung. Die Grundlagen dafür wer-

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den schon im frühen Alter durch die Einschulungsuntersuchungen und in der Schule gelegt. Die Untersuchungen müssen vor dem Schulbesuch abgeschlossen sein, um rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können, Kindern eventuell notwendige Hilfestellungen zu ermöglichen, und gesundheitliche Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen. Hierfür müssen allerdings die fehlenden Ärzte gewonnen werden. Dafür ist eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Berlin notwendig.

Diese Projekte und weitere Präventionsangebote müssen außerdem stärker publik gemacht werden. Mit Hilfe eines Onlinestadtplans wird es künftig möglich sein, zielgruppenspezifische Angebote zu finden. Dadurch entsteht eine transparente Übersicht über die existierenden Angebote im Bereich der Prävention. Doppelte Angebotsstrukturen können so vermieden und Angebotsdefizite erkannt werden.

Gesundheitswirtschaft immer wichtiger Neben dem Bereich der Prävention setzen wir künftig einen weiteren Schwerpunkt auf Verbesserungen im Bereich der ambulanten Versorgung. Hier wird es darum gehen, wohnortnahe Angebote in allen Stadtgebieten sicherzustellen und Defizite auf Grundlage des neuen Versorgungsstrukturgesetzes abzubauen. Es zeigen sich insbesondere in Gebieten mit schlechterer Sozialstruktur Engpässe in bestimmten Fachgebieten. Gemeinsam mit den Akteuren im Gesundheitssektor werden wir ein Integriertes Versorgungskonzept entwickeln, um eine intensivere Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung zu erreichen. Hierbei geht es zunächst darum, die Versorgungssituation gemeinsam zu analysieren. Die durch das Versorgungsstrukturgesetz geschaffene Möglichkeit der Einrichtung eines „Landesbeirates für Integrierte Versorgung“ bietet hierzu die Chance.


GESUNDHEITSPOLITIK BERLIN Neben dem Bereich der Versorgung wird der Bereich der Gesundheitswirtschaft ein immer wichtigeres Handlungsfeld. Die Menschen sind immer mehr bereit, in die eigene Gesundheit zu investieren. In Berlin ist jeder neunte Arbeitsplatz im Gesundheitswesen angesiedelt, und Gesundheit gehört zu den Märkten der Zukunft. Wir haben hier besondere Vorteile. Zum Beispiel sind wir interessant für die Forschung bei speziellen Erkrankungen. Mit den Fallzahlen von Vivantes und der Charité haben wir hier enormes Forschungspotenzial. Auch die Industrie hat ein großes Interesse daran, die eigenen Leistungen in der Gesundheitshauptstadt zu präsentieren.

Leitbild vom selbstbestimmten Leben Diese Öffentlichkeitsarbeit müssen wir auch auf den Pflegebereich übertragen. Ziel des Senats ist es, den Pflegeberuf zu stärken und aufzuwerten. Hierfür werden wir gemeinsam mit den Leistungserbringern und den Kostenträgern eine Kampagne für Pflegeberufe ins Leben rufen. Diese soll Interesse für den Beruf wecken und die Qualität des Personals auch künftig absichern.

Hierfür müssen den Beschäftigten attraktive Arbeitsbedingungen geboten werden. Dafür müssen wir künftig stärker absichern, dass die mit den Leistungsträgern vereinbarten Leistungen auch beim Personal und den Leistungsempfängern ankommen, um die Pflegequalität in den Heimen und Wohngemeinschaften sicherzustellen. Wir möchten hierfür die Kontrollmöglichkeiten im Sozialbereich verbessern und professionelle Prüfungen durchführen. Hier gibt es mit Blick auf die Vergangenheit doch erhebliche Reserven. Dem Senat ist wichtig, dass der Großteil der Mittel bei den Menschen ankommt und die Verwaltungskosten gering gehalten werden. Aus den Erfahrungen mit der Treberhilfe wurde hier viel gelernt.

Foto: Rainer Sturm, Pixelio

Von Berlin aus ist eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht worden die zum Ziel hat, die Gesetzgebung dahingehend zu ändern, dass wir nicht mehr nur konsensual mit den sozialen Trägern eine Überprüfung der Träger und der Leistungen vornehmen, sondern, dass auch spontan und ohne vorherige Ankündigung Überprüfungen der Leistungserbringer durch die Sozialbehörden möglich sind. Ich gehe davon aus, dass die angestrebte Gesetzesänderung auch im Bundestag umgesetzt wird, denn die Initiative wird von allen Bundesländern mitgetragen. Bei den sozialen Trägern handelt es sich oft um gut strukturierte, gemeinnützige, aber auch gewinnorientierte Unternehmen, die Sozialleistungen als Dienstleistungen erbringen. Wir brauchen mehr Transparenz bei der Finanzierung und bessere Kontrollmöglichkeiten bei den sozialen Dienstleistungen. Es muss künftig möglich sein, unangemeldet zu prüfen. DaDas Ziel, so lange wie möglich ein selbstbestimmtes und für müssen wir auch selbstständiges Leben zu führen, ist auch im sozialen Bedie nötigen Mittel in reich unser Leitbild

den Haushalt einstellen. Die Erfahrungen aus den Bezirksämtern zeigen, dass das sich das dort eingesetzte Personal häufig im Sinne der Sicherstellung der Leistungserbringung rentiert. Das Ziel, so lange wie möglich ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu führen, ist auch im sozialen Bereich unser Leitbild. Wir setzen hier stärker auf Hilfe zur Selbsthilfe. Eine bloße Alimentierung hilft Menschen nicht, dauerhaft aus schwierigen Lebenslagen herauszukommen. Bei den Kosten der Unterkunft im Rahmen der Grundsicherung von Arbeitssuchenden (SGBII) müssen wir deshalb finanzierbare und zugleich handhabbare Regelungen für die Bezirke finden. Dafür erarbeiten wir derzeit eine Rechtsverordnung. Die Koalition möchte dabei, dass allen Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird und keiner ins Bodenlose abrutscht. Auch wollen wir nicht, dass Wohngegenden sozial entmischt werden. Wir werden mit Augenmaß vorgehen aber sicherlich keine Luxuslösungen finanzieren. Es sollte möglich sein, dass Hilfeempfänger auch künftig in allen Berliner Bezirken wohnen können.

MARIO CZAJA

Mario Czaja, geb. 1975, ist Diplom-Betriebswirt (FH). Seit 1999 ist er Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und seit Dezember 2011 Senator für Gesundheit und Soziales

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Foto: Zwergdesign/ Pixelio

DEMOGRAFISCHER WANDEL

Wer leistet die Arbeit von morgen? Auch in der Medizin gehen die Frauen auf dem Weg an die Spitze verloren: Rund zwei Drittel der Studienanfänger sind weiblich, nach oben hin werden es immer weniger

Von Dr. Ursula von der Leyen

Der demografische Wandel ist in vollem Gange. Wir werden älter, wir werden weniger. Aber wir können und müssen die Folgen dieses Prozesses bewältigen. Wie gut uns das gelingt, hängt entscheidend davon ab, wie wir unsere Arbeitswelt neu gestalten. Die große Frage ist: Wer leistet die Arbeit von morgen? Wie können wir insbesondere die Lücke bei den Fachkräften schließen? Aktuell haben wir keinen flächendeckenden Fachkräftemangel in Deutschland, aber Engpässe in einzelnen Berufen und Regionen. So werden schon jetzt Ärztinnen und Ärzte händeringend gesucht, vor allem in ländlichen Gebieten. Im Schnitt dauert es 165 Tage, bis eine offene Stelle für Mediziner wieder besetzt werden kann. Auch bei examinierten Pflegekräften herrscht spürbarer Mangel.

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Und das ist erst der Anfang: Innerhalb der nächsten 13 Jahre nimmt demografisch bedingt das Erwerbspersonenpotenzial bis zum Jahr 2025 um mehr als sechs Millionen Menschen ab. Auch wenn diese Zahl nicht mit der tatsächlichen Fachkräftelücke von übermorgen verwechselt werden darf, die niemand seriös vorhersagen kann, so zeigt sie doch den Trend auf: Der Pool, aus dem wir künftig Talente schöpfen können, wird zwangsläufig kleiner. Deshalb ist der Fachkräftemangel die Herausforderung der nächsten Jahre. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Ausgangslage ist günstig wie schon lange nicht mehr. Die Wirtschaft hat die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise überwunden. Trotz Abschwächung der konjunkturellen Dynamik dürfte sich der Arbeitsmarkt auch im Jahr 2012 als robust erweisen. Die Zahl der Arbeitslosen könn-

te im Jahresschnitt wiederum unter der Drei-Millionen-Marke bleiben, ja sogar noch weiter sinken. Die weitere gute Nachricht ist: Wir können das Fachkräfteangebot erheblich steigern; wir sind noch nicht am Anschlag. Vor allem müssen wir den Blick auf die Menschen richten, die bislang am Rand des Arbeitsmarkts standen. Bei der Erwerbsbeteiligung der Älteren haben wir bereits einige Fortschritte erzielt. Die Abschaffung der Vorruhestandsregelungen und die schrittweise Einführung der Rente mit 67 bis 2029 führen in die richtige Richtung. Die Betriebe richten ihr Augenmerk nun stärker auf die Potenziale der Älteren - deren wertvolles Betriebswissen, deren Erfahrung und soziale Kompetenz. Ebenso setzt ein Umdenken ein, um Ältere möglichst lange in Arbeit zu halten, etwa durch Weiterbildung und Gesundheitsvorsorge.


DEMOGRAFISCHER WANDEL Das größte kurzfristig erschließbare Potenzial liegt bei den Frauen: Deutschland steht mit einer Frauenerwerbsbeteiligung von fast 70 Prozent zwar recht gut da, aber nur 55 Prozent arbeiten Vollzeit. In fast allen anderen EU-Ländern sind es mehr. Daran lässt sich etwas ändern. Viele Frauen wollen arbeiten oder ihre Arbeitszeit erhöhen. Dazu müssen wir vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter verbessern. Die Politik hat hier in den letzten Jahren die richtigen Schritte gemacht, angefangen beim Elterngeld, über den ab 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen KitaPlatz ab dem ersten Lebensjahr bis hin zu Ganztagsschulprogrammen. Auch die Arbeitgeber müssen das Thema offensiver anpacken, im eigenen Interesse mehr familiengerechte Arbeitsplätze bieten. Wir brauchen die Frauen aber nicht nur in der Breite, sondern auch in der Spitze der Wirtschaft. 56 Prozent der Abiturienten, die Hälfte der Hochschulabsolventen sind weiblich. Doch ihre Bildungserfolge finden sich nicht im Arbeitsmarkt in den Spitzenpositionen wieder. Gerade einmal 3 Prozent Frauenanteil gibt es in den Vorständen der 200 größten Unternehmen. Bei den Promotionen halten sich Frauen und Männer in etwa die Waage. Aber

Allergologie Allgemeine Laboruntersuchungen Anti-Aging Arbeitsmedizin Erbkrankheiten/Humangenetik Individuelle Gesundheitsleistungen Patientenschulungen Umweltmedizin

wenn es um die Habilitation geht, ändert sich das Verhältnis dramatisch: So sind nur etwa 13 Prozent der C3-Professuren und rund sieben Prozent der C4-Professuren mit Frauen besetzt. Es wird Zeit, dass die gläserne Decke zerschlagen wird, wo sie noch existiert. Denn sonst lautet das Signal an die besten weiblichen Köpfe: Du darfst mitarbeiten, aber Karriere bis an die Spitze machen, das kannst Du hier nicht. Viele qualifizierte Arbeitskräfte ziehen an unserem Land vorbei. Oft liegt es an der Sprachbarriere Deutsch. Zu oft haben wir in der Vergangenheit noch weitere Barrieren errichtet. Wir müssen in Zukunft um ausländische Talente gezielt werben und dafür auch bürokratische Hindernisse beseitigen. Deswegen hat die Bundesregierung die Vorrangprüfung der Bundesagentur für Arbeit für Mangelberufe wie Ärzte oder Ingenieure ausgesetzt und das neue Gesetz für die leichtere Anerkennung ausländischer Qualifikationen auf den Weg gebracht. Es reicht allerdings nicht aus, lediglich die formalen Hürden zu senken. Die gleichen Fragen, die sich qualifizierte Zuwanderer stellen, stellen sich auch junge Deutsche, wenn es zu entscheiden gilt, ob sie hier im Land oder anderswo ihren Beruf ausüben wollen. Ein Arzt oder Ingenieur fragt sich, ob auch sei-

Labor

ne Frau bei uns eine attraktive Stelle findet. Oder ob sein Kind in eine gute Ganztagsschule gehen kann. Nicht immer fallen die Antworten positiv aus. Sehen wir den demografischen Wandel als eine treibende Kraft für uns alle. Werden wir eine Gesellschaft der neuen Chancen: familienfreundlich, altersgerecht und weltoffen. Dann wird unser Land eine gute Zukunft haben.

DR. URSULA VON DER LEYEN

Ursula von der Leyen, geb. 1958 in Brüssel, hat sieben Kinder und ist seit 2009 Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Von 2005 bis 2009 war sie Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Medizin studierte sie in Hannover. 1987 machte sie ihr Staatsexamen und promovierte 1991.

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LANDTAGSWAHL S-H

Klare. Kante. Zukunft. GUTE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE GESUNDHEITSWIRTSCHAFT IN SCHLESWIG-HOLSTEIN

feld des erkrankten Menschen ausrichten. Auch in Zukunft soll flächendeckend eine gute ambulante und stationäre medizinische, pflegerische und pharmazeutische Versorgung gewährleistet werden. Mit dieser Maßgabe hat die christlich-liberale Koalition in Kiel bereits im September 2011 einen Landesgesundheitsrat eingesetzt, der die Landesregierung bei der Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung berät. Zum Kern unseres freiheitlichen Gesundheitswesens gehören die freie Arzt- und Behandlungswahl für alle Versicherten, auch in Pflegeeinrichtungen. Schleswig-Holstein verfügt über ein modernes Gesundheitswesen, das ganz wesentlich von seiner mittelständischen, selbstständigen und freiberuflichen Struktur geprägt wird. Die persönliche und von Vertrauen getragene Beziehung zwischen den Heilberuflern und Patienten bleibt eine unverzichtbare Basis für die medizinische Versorgung in unserem Land.

Mehr Haus- und Fachärzte Am 6. Mai 2012 wird in Schleswig-Holstein ein neuer Landtag gewählt. CDU-Spitzenkandidat, Jost de Jager möchte die Wahl gewinnen und seine erfolgreiche Arbeit fortsetzen

Von Jost de Jager Seit 2005 trägt die CDU Regierungsverantwortung in Schleswig-Holstein. Das hat dem Land zwischen den Meeren sichtbar gut getan. Unsere Bilanz kann sich sehen lassen: Die Wirtschaft ist gut durch die Krise gekommen, die Arbeitslosenzahlen sind so niedrig wie seit 19 Jahren nicht mehr, wir haben in Bildungseinrichtungen investiert und notwendige Infrastrukturprojekte auf den Weg gebracht. Am 6. Mai 2012 wird in Schleswig-Holstein ein neuer Landtag gewählt. Wir wollen die Wahl gewinnen und unsere erfolgreiche Arbeit fortsetzen.

Schleswig-Holstein hat durch seine Lage im Herzen Europas wirtschaftlich die besten Voraussetzungen. Die Gesundheitswirtschaft ist eine der wichtigsten Branchen im Land. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gesundheitsbereich ist in Schleswig-Holstein mit 16,8 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt

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am höchsten. Im Bereich der Medizintechnik ist der Anteil an Arbeitsplätzen und Umsatz deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Der Umsatz betrug in Schleswig-Holstein 4,2 Prozent, im Bundesdurchschnitt nur 1,5 Prozent. Auch die pharmazeutischen Erzeugnisse sind ein starker Wirtschaftsfaktor in Schleswig-Holstein.

Klarer Kurs im Norden Die CDU hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit einem klaren Kurs für die Zukunft gute Rahmenbedingungen für die Gesundheitswirtschaft zu schaffen und damit die Gesundheit der Bevölkerung, Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Schleswig-Holstein zu fördern. Im schleswig-holsteinischen Gesundheitswesen werden medizinische und pflegerische Leistungen auf hohem Niveau und in großem Umfang erbracht, die sich an der Individualität und am sozialen Um-

Bereits 2005 hat die CDU SchleswigHolstein das Problem des Ärztemangels auf dem Land thematisiert und konstruktive Vorschläge zu seiner Bewältigung eingebracht. Die CDU hat nicht zuletzt auch erfolgreich daran mitgewirkt, dass die Bedarfsplanung für die Niederlassung von Haus- und Fachärzten überarbeitet wird und regionale Kriterien künftig stärkere Berücksichtigung finden. Darüber hinaus ist nach unserer Überzeugung von zentraler Bedeutung, dass für junge Ärztinnen und Ärzte die Niederlassung in den ländlichen Regionen dadurch attraktiver wird, dass wir dort noch bessere Strukturen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bieten. Vor dem Hintergrund der älter werdenden Gesellschaft benötigen wir deutlich mehr Fachkräfte in der Kranken- und Altenpflege. Die CDU setzt sich daher für eine Neuordnung der Ausbildung, mehr kostenfreie Ausbildungsplätze, die Attraktivitätssteigerung sowie die gesellschaftliche Wertschätzung der im Pflegebereich Tätigen ein. Nach unse-


Foto: Hans-Peter-Dehn/ Pixelio

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Als Land zwischen den Meeren mit hervorragender Luftqualität verfügt Schleswig-Holstein über besonders gesundheitsfördernde klimatische Verhältnisse

rer Überzeugung sollte die Pflegeausbildung auch künftig auf der Grundlage einer zehnjährigen Schulausbildung möglich sein. Es ist insoweit nicht sinnvoll, die Zugangsvoraussetzungen - wie seitens der EU vorgeschlagen - auf eine 12-jährige Schulzeit zu erhöhen.

Konsequenzen der alternden Gesellschaft Um die flächendeckende medizinische Versorgung auf dem gewohnt hohen Niveau zu gewährleisten, müssen wir Zusammenarbeit von niedergelassenen Haus- und Fachärzten optimieren, so dass auch Krankenhäuser in unterversorgten Gebieten dazu beitragen können, Versorgungslücken – vor allem durch Fachärzte – zu schließen. Ein wichtiger Bestandteil des Gesundheitswesens in unserem Land ist das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Durch die hervorragende Vernetzung von Forschung, Lehre und Betreuung der Patienten kann sichergestellt werden, dass die Patienten hier stets auf der Basis neuester medizinischer Erkenntnisse und Methoden die bestmögliche Versorgung erhalten. Verschiedene Fachdisziplinen unserer Universitätskliniken und die dort tätigen Mitarbeiter verfügen nicht nur in der deutschen, sondern

auch in der internationalen Forschung über einen hervorragenden Ruf. Um das Universitätsklinikum noch leistungsfähiger zu machen, setzt die CDU Schleswig-Holstein auf ein Finanzierungsmodell, bei dem private Investoren in die Sanierung einbezogen werden können, ohne dass die öffentlich-rechtliche Trägerschaft aufgegeben wird. Schutz, Erhalt und Wiederherstellung der Gesundheit sind für alle Menschen ein grundlegendes Recht und Bedürfnis. Eine solidarische und zukunftsfähige Krankenversicherung ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass weiterhin jeder in unserem Land unabhängig von Alter, Geschlecht und sozialer Stellung Anteil am medizinischen Fortschritt hat. Die Weiterentwicklung unseres gesetzlichen Krankenversicherungssystems unter den Bedingungen der älter werdenden Gesellschaft stellt eine besondere Herausforderung dar. Um es im Interesse der Versicherten und Patienten leistungsfähig zu erhalten, brauchen wir mehr Transparenz und Wettbewerb in unserem Gesundheitswesen. Zugleich muss im Interesse der Finanzierbarkeit des Systems durch die Solidargemeinschaft jeder einzelne dazu bereit sein, durch verstärkte Vorbeugung und auch durch angemessene Beteiligung an den Kosten einen Beitrag zu leisten.

Der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung wird in dem wachsenden und immer differenzierteren Gesundheitsmarkt künftig nicht alle Leistungen umfassen können. Wir müssen im Zuge dessen dafür Sorge tragen, dass auch außerhalb des gesetzlich finanzierten Bereichs Gesundheits- und Pflegeleistungen angeboten und als „Wahlleistungen“ in Anspruch genommen werden können. Als Land zwischen den Meeren mit hervorragender Luftqualität verfügen wir über besonders gesundheitsfördernde klimatische Verhältnisse. Um diese Gegebenheiten optimal zu nutzen, setzen wir in Schleswig-Holstein auf eine enge Vernetzung von Prävention, Sport, Wellness und Tourismus. Dadurch sollen Anreize für ein gesundheitsbewusstes Verhalten geschaffen und der Gesundheitstourismus gestärkt werden. Im Rahmen des Leitprojekts „Gesundheitstourismus“ der Gesundheitsinitiative Schleswig-Holstein werden neue Strategien und Produkte entwickelt, die das Angebotsspektrum im Tourismus erweitern und den Standort weiter stärken.

JOST DE JAGER

Jost de Jager (47) ist Spitzenkandidat der CDU Schleswig-Holstein für die Landtagswahl am 6. Mai 2012. Der studierte Historiker, Anglist und Politologe absolvierte nach dem Studium in Kiel ein Volontariat beim Evangelischen Pressedienst. Seit 2009 ist er Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes.

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PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG

Keine Beitragsexplosionen,

Grafik: Debeka

sondern sinkende Beiträge

Auswertungen belegen stabile Krankenversicherungsbeiträge im Alter Von Uwe Laue

Steigende Kosten im Gesundheitswesen und die Alterung der Gesellschaft stellen sowohl für die gesetzliche als auch für die private Krankenversicherung eine große Herausforderung dar. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) arbeitet nach dem Umlageverfahren, bei dem sämtliche Beitragseinnahmen sofort zur Finanzierung der aktuellen Versicherungsleistungen verwendet werden. Eine Vorsorge für steigende Kosten im Alter findet nicht statt. Bei immer weniger jungen und immer mehr älteren Menschen stößt dieses System zunehmend an seine Grenzen. Die Private Krankenversicherung (PKV) nutzt demgegenüber das Kapitaldeckungsverfahren, bei dem in jungen Jahren Beitragsanteile der Versicherten für das Alter zurückgelegt und verzinslich angesammelt werden. Die PKV ist damit besser für die demographische Entwicklung gewappnet als die GKV. Dennoch wird in den Medien immer wieder berich-

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tet, dass die steigenden Kosten im Gesundheitswesen insbesondere die älteren PKV-Versicherten überproportional belasten und zu enormen Beitragssteigerungen im Alter führen würden. Aktuelle Auswertungen belegen, dass dies für die Mitglieder der Debeka nicht gilt. Und diese Auswertung hat durchaus Gewicht, denn bei dem Versicherer sind rund 25 Prozent aller privat Versicherten Mitglied.

Keine „Beitragsexplosionen“im Alter Bei der Debeka zahlen zum Beispiel 90-jährige keinen höheren Beitrag als 65-jährige Versicherte. Mehr noch: Die Tendenz geht dahin, dass die Beiträge im hohen Alter sogar tendenziell sinken, wie auch die Abbildung zeigt! Durchschnittlich zahlen Beamte für ihren Versicherungsschutz im Alter Monatsbeiträge von deutlich unter 200 Euro, während die Beiträge für Arbeitnehmer und Selbstständige weniger als 500 Euro im Monat betragen. Von „Beitragsexplosionen

im Alter“ kann also bei der nach der Zahl der Mitglieder größten privaten Krankenversicherung keine Rede sein. Anders als bei den gesetzlichen Krankenkassen, die bereits heute nur noch mit Steuerzuschüssen überleben können, also mit Mitteln, die auch von Privatversicherten stammen, gibt es bei der PKV gute Gründe für stabile Beiträge im Alter:


PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG rungsrückstellungen gebildet werden. Bei der Debeka fließen in jungen Jahren ca. 40 Prozent der Beiträge in die Alterungsrückstellungen.

Nachhaltige Tarifkalkulation

UWE LAUE

Foto: bvmed

Stabile Beiträge im Alter sind ferner das Ergebnis weiterer Maßnahmen, die in den 1990er Jahren vom Gesetzgeber in Zusammenarbeit mit der PKV entwickelt wurden. Seit dem Jahr 2000 werden 90 Prozent (statt vorher 80 Prozent) der sogenannBei der Debeka zahlen zum Beispiel 90-jährige keinen höheren ten Überzinsen, also Beitrag als 65-jährige Versicherte der Kapitalerträge, die über den bei der Kapitaldeckungsverfahren Beitragskalkulation eingerechneten Zins von 3,5 Prozent hinaus erzielt Wesentlicher Erfolgsfaktor für stabile werden, zur Aufstockung der AlteBeiträge im Alter ist der konsequenrungsrückstellungen der Versicherte Aufbau von Alterungsrückstellunten verwandt. Auch der im Jahr 2000 gen im Kapitaldeckungsverfahren. eingeführte gesetzliche BeitragszuHierbei sparen die Versicherten Beischlag von zehn Prozent dient diesem tragsteile an, durch deren Auflösung Ziel. Dieser noch relativ junge Zuim Alter ihr Beitrag trotz steigenschlag wird seine volle beitragsstabider Krankheitskosten grundsätzlich lisierende Wirkung erst in den nächskonstant bleibt. Dieses System funkten Jahren und Jahrzehnten entfalten. tioniert umso besser, je mehr Alte-

Die angesparten Mittel werden ab dem 65. Lebensjahr der Versicherten genutzt, um Beitragserhöhungen zu vermeiden bzw. deutlich zu mindern. Nach der Vollendung des 80. Lebensjahres werden die Gelder auch zur Beitragssenkung eingesetzt. Allein im Jahr 2011 konnten so bei der Debeka die Beiträge von über 50.000 Mitgliedern gesenkt werden.

Uwe Laue ist 1956 in Esslingen geboren. 1973 begann er seinen Berufsweg mit der Lehre zum Versicherungskaufmann bei der Debeka, Geschäftsstelle Stuttgart. Nach der Lehre schlossen sich verschiedenste Stationen innerhalb der Debeka Versicherungen an. 1998 wurde Laue in den Vorstand berufen, seit 2002 ist er Vorstandsvorsitzender.

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Foto: Michael Grabscheit/ Pixelio

PATIENTENRECHTE Beteiligten im Gesundheitswesen zu den Inhalten des Patientenrechtegesetzes geführt. Deshalb weiß ich: der jetzt vorgestellte Entwurf des Patientenrechtegesetzes stellt keine Gruppen gegenüber und lässt niemanden außen vor. Mit ihm werden die Rechte von Patientinnen und Patienten in Deutschland erstmalig in einem Gesetz gebündelt. In der seit vielen Jahren laufenden Diskussion wird damit eine greifbare Lösung vorgelegt: Transparenz und Rechtssicherheit werden hergestellt, die tatsächliche Durchsetzung der Rechte von Patientinnen und Patienten wird verbessert. Der von Bundesministerium für Gesundheit und Bundesministerium der Justiz unter meiner Beteiligung erarbeitete Gesetzentwurf sieht insbesondere vor:

DAS PATIENTENRECHTEGESETZ

Sicherheit und Transparenz für Patienten und Ärzte

Die Rechte der Patienten werden weiterentwickelt, erstmals zusammenhängend geregelt und sind für jedermann unkompliziert nachlesbar

Von Wolfgang Zöller, MdB Versicherte und Patienten bekommen im deutschen Gesundheitssystem immer mehr Eigenverantwortung. Das gilt für Fragen der Therapie ebenso wie bei der Finanzierung von Gesundheitsleistungen. Gleichzeitig sind Patientinnen und Patienten ihre Rechte aber nicht immer klar. Denn die Rechte der Patienten sind in einer Vielzahl von Vorschriften in verschiedenen Rechtsbereichen geregelt. Zum Teil sind die Regelungen lückenhaft, zum Teil ergibt sich die Rechtslage auch aus Richterrecht.

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Patientinnen und Patienten können sich aber nur dann im Gesundheitssystem effizient bewegen, wenn sie Zugang zu Informationen über die Leistungen, die Qualität, die Preise und nicht zuletzt auch über die Rechte und Pflichten der Beteiligten haben. Die Bundesregierung hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung deshalb verpflichtet, eine gesetzliche Regelung der Rechte von Patientinnen und Patienten zu schaffen. Ich habe mehrere Hundert Gespräche mit Patienten, aber auch allen anderen

Aufnahme des Behandlungsvertrags in das Bürgerlichen Gesetzbuch Patientinnen und Patienten können damit künftig im Gesetz nachlesen, welche Rechte sie gegenüber dem Behandler, also dem Arzt oder dem Zahnarzt, aber auch gegenüber dem Physiotherapeuten, der Hebamme oder dem Heilpraktiker haben. Wichtige Rechte sind dabei das Recht auf Aufklärung und Information – auch darüber, dass die Kosten einer Behandlung möglicherweise nicht von der Versicherung übernommen werden, der Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen und die Notwendigkeit der Einwilligung in die Behandlung. Damit wird eine langjährige Forderung von Patientenorganisationen erfüllt. Festgeschrieben wird außerdem, in welchen Fällen bei einem Behandlungsfehler der Arzt oder die Ärztin die Beweislast trägt. Das ist der Fall insbesondere bei groben Behandlungsfehlern und bei Befunderhebungsfehlern, wenn sich ein Risiko verwirklicht, das für den Behandelnden voll beherrschbar war, und wenn der Behandelnde für die vorgenommene Behandlung nicht geeignet und befähigt war. Effektive Qualitätssicherung durch Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme Unser Ziel muss es sein, Behandlungsfehler so weit wie möglich zu vermeiden. Ein wichtiger Faktor dafür ist es, aus


Foto: Sascha Sebastian/ Pixelio

PATIENTENRECHTE

Das Patientenrechtegesetz wird dem gegenseitigen Vertrauen zwischen Patienten, Krankenkassen und Ärzten ein neues und zeitgemäßes Fundament geben

Fehlern und vor allem auch aus Vorfällen, in denen es beinahe zu einem Fehler gekommen wäre, zu lernen. Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme bieten hierfür eine Struktur und stellen sicher, dass der Austausch über Fehler und Beinahe-Fehler zu einem festen Bestandteil des Behandlungsgeschehens wird. Durch ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement können dabei die Sichtweise und die Erfahrungen der Patientinnen und Patienten einfließen. Die Vereinbarung von Vergütungszuschlägen für Krankenhäuser, die sich an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen beteiligen, soll dazu einen finanziellen Anreiz setzen.

Mehr Unterstützung bei Behandlungsfehlern Die Krankenkassen sollen zukünftig ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern zu unterstützen. Ein entsprechender Anspruch auf Unterstützung besteht bei Pflegebedürftigen. Bisher war diese Unterstützung in das Ermessen der Krankenkassen gestellt. Eine wichtige Unterstützungsleistung ist dabei zum Beispiel die Erstellung eines medizinischen Gutachtens zur Frage des Behandlungsfehlers. Schnellere Entscheidung über Leistungen durch die Krankenkasse Krankenkassen müssen künftig Anträge auf Leistungen zügig bearbeiten: ent-

scheiden sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang, bzw. innerhalb von fünf Wochen, wenn eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eingeholt wird, können Versicherte der Krankenkasse eine Frist zur Entscheidung setzen. Nach Ablauf der Frist können sie sich dann die Leistung selbst beschaffen und erhalten die Kosten von der Krankenkasse erstattet.

Widerrufsrecht bei der Entscheidung für eine Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung, der besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung und der integrierten Versorgung Versicherte erhalten das Recht, ihre Entscheidung für eine Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung, der besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung und der integrierten Versorgung innerhalb von zwei Wochen zu widerrufen. Damit können sie ihre Entscheidung nochmals in Ruhe überdenken und sich gegebenenfalls ergänzend informieren. Stärkung der Patientenbeteiligung Die Beteiligungsrechte der Patientinnen und Patienten werden unter anderem im Bereich der Bedarfsplanung ausgebaut. Das stellt sicher, dass die Sicht der Patienten auch in dem wichtigen Punkt der Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung berücksichtigt wird.

Umfassende Informationen für Patientinnen und Patienten Die ausdrückliche Regelung der Rechte der Patientinnen und Patienten im Gesetz ist nur eine von mehreren Maßnahmen, die notwendig sind, um Transparenz über diese Rechte herzustellen. Denn die Rechte der Patientinnen und Patienten werden auch weiterhin an unterschiedlichen Stellen im Gesetz geregelt sein. Zusätzlich soll daher der Patientenbeauftragte der Bundesregierung die Rechte der Patientinnen und Patienten umfassend zusammenstellen und die Bevölkerung hierüber informieren. Das Patientenrechtegesetz wird so dem gegenseitigen Vertrauen zwischen Patienten, Krankenkassen und Ärzten ein neues und zeitgemäßes Fundament geben. Die Rechte der Patienten werden weiterentwickelt, erstmals zusammenhängend geregelt und für jedermann unkompliziert nachlesbar. Damit schafft das Patientenrechtegesetz die Voraussetzung für einen faireren Umgang auf Augenhöhe. Das dient dem Ziel aller Bemühungen im Gesundheitswesen: der optimalen medizinischen Versorgung.

WOLFGANG ZÖLLER

Wolfgang Zöller, geb. am 18. Juni 1942 in Obernburg, ist Vater von zwei Kindern. Er ist seit 1969 Mitglied der CSU. Der Diplomingenieur bildete sich zum Maschinenbauingenieur und schließlich zum Sicherheitsingenieur weiter. Seit 1990 ist er Mitglied des Bundestages und seit November 2009 Patientenbeauftragter der Bundesregierung.

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Foto: Lupo/ Pixelio

WEITERBILDUNG

Die Weiterbildung zum Facharzt GUTE QUALITÄT SICHERT MOTIVIERTEN NACHWUCHS UND BEUGT ÄRZTEMANGEL VOR !

Die zergliederte, schwerfällige Struktur der Mediziner-Weiterbildung ist nicht mehr zeitgemäß. Hier muss ein bundeseinheitlicher Standard her

Von Sebastian Exner Nach Abschluss des Studiums mit dem Staatsexamen durchlaufen Deutschlands Nachwuchsärzte in aller Regel die sogenannte Weiterbildung zum Facharzt. Diese dauert je nach Fach mindestens fünf Jahre und schließt mit einer Prüfung zum Facharzt ab. Auch werdende Hausärzte durchlaufen eine Weiterbildung, nämlich die zum Facharzt für Innere- und Allgemeinmedizin. Durchgeführt wird die Weiterbildung durch die Weiterbildungsermächtigten, die Chefärzte der verschiedenen Kliniken und, je nach Fachgebiet, auch durch niedergelassene Ärzte. Rechtlich geregelt ist die Weiterbildung in der Weiterbildungsordnung der zuständigen Landesärztekammer als Körperschaft öffentlichen Rechts.

Die heutige Ärztegeneration ist flexibel und mobil. Der Wechsel der Fachrichtung, manchmal mehrfach, und der Wechsel der Weiterbildungsstätte, der Klinik, sind an der Tagesordnung und dienen nicht zuletzt auch der persönlichen beruflichen Orientierung. Die Weiterbildungsordnung obliegt jedoch den Landesärztekammern. Ein Wechsel über die Grenzen des jeweiligen Bundeslands hinaus in den Bereich einer anderen Ärztekammer bringt hier jedoch erhebliche Schwierigkeiten

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mit sich. Die Anerkennung der bisher unter der vorigen Ärztekammer geleisteten Weiterbildungsabschnitte ist keinesfalls sichergestellt. Immer wieder haben die Kollegen hier derartige Probleme, dass folglich das Absolvieren der Weiterbildung in der Mindestzeit nicht mehr möglich ist. Diese verlängert sich unnötig, da manche Abschnitte aufgrund unterschiedlicher Regelungen, je nach Bundesland, nun in anderer Form wiederholt werden müssen. Diese zergliederte schwerfällige Struktur ist nicht mehr zeitgemäß. Hier ist ein bundeseinheitlicher Standard zu fordern! Unbestritten wird die Medizin „weiblicher“, nahezu zwei Drittel der derzeitigen Absolventen sind weiblich. Wenn man die Ärztinnen im Beruf halten will und weiterem Ärztemangel vorbeugen möchte, so ist es unabdingbar, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherzustellen. Hier geben jedoch die meisten Weiterbildungsordnungen starre und veraltete Regelungen vor. Eine Teilzeittätigkeit ist allenfalls zu 50 Prozent nach Antrag möglich. Hier ist höhere Flexibilität, auch mit möglichen Pausen der Weiterbildung über die jetzigen Grenzen hinaus, und beispielsweise auch die Anrechenbarkeit von 25 prozentiger Tätigkeit gefragt.

Im Zeitalter der elektronischen Medien und damit verbundener weit verbreiteter Kompetenz im Umgang hiermit sollten auch Möglichkeiten der Weiterbildung per Onlinekurs mit Zertifizierung und sichergestellter bundesweiter Anerkennung im Rahmen der Weiterbildung ermöglicht werden. Zusammenfassend ist ein Aufbrechen der starren Struktur der Weiterbildung hin zu einem modularen Konzept mit bundeseinheitlicher Anerkennung und größtmöglicher bundesweiter Flexibilität beim Stellenwechsel und auch beim Wechsel der Fachrichtung zu fordern. Die Qualität der ärztlichen Weiterbildung darf hierunter keinesfalls leiden. Der Abschluss der Weiterbildung mit Erlangen der Bezeichnung des Facharztes soll auch weiterhin durch eine Facharztprüfung sichergestellt sein. Ob dies jedoch weiterhin in der starren Struktur der Prüfung am Ende der mindestens 5-6 jährigen Weiterbildung sinnvoll ist oder ob nicht vielmehr die flexible Gestaltung der Prüfung zu unterschiedlichen Abschnitten der Weiterbildung besser ist, ist sicher diskussionswürdig.

SEBASTIAN EXNER

Sebastian Exner, 34 Jahre alt, zuletzt beschäftigt als Weiterbildungsassistent, derzeit kurz vor der Facharztprüfung für Innere Medizin und Gastroenterologie. Stellv. Bundesvorsitzender des AK „Aus- und Weiterbildung“ des Hartmannbunds. Er ist Stellvertretender Vorsitzender des GPA Aachen und Mitglied des Städteregionstags Aachen


MELDUNGEN

Fünf Punkte für raschere Heilung

ÄRZTE SIND WICHTIGSTE RATGEBER BEI MEDIKAMENTEN

BDI: Wie können medizintechnische Innovationen schneller zum Patienten kommen?

Wenn es um Medikamente geht, setzen die Deutschen das höchste Vertrauen in Ärzte. Das belegt eine repräsentative Studie von IKK classic und FAZ-Institut. Danach sind Ärzte für 88 Prozent der Befragten die mit weitem Abstand wichtigsten Ratgeber bei der Medikation. Ihnen folgen mit deutlichem Abstand Apotheker, deren Rat 54 Prozent der Bürger vertrauen. Weit abgeschlagen im Vertrauensranking der Verbraucher rangieren hingegen Internet-Foren, Social Media und Blogs sowie die Pharmaindustrie. Für nur jeweils vier Prozent der Befragten sind Empfehlungen aus diesen Quellen bei Kauf und Einnahme von Medikamenten relevant.

Die Medizintechnik zeichnet sich durch kurze Innovationszyklen, hohe FuE-Intensität und Interdisziplinarität aus. Sie entwickelt laufend neue Untersuchungsund Behandlungsmethoden mit hohem medizinischen Nutzen für den Patienten. Doch eine hohe Regulierungsdichte und unklare Refinanzierungsmöglichkeiten behindern in Deutschland die schnelle Markteinführung und gefährden den Innovationsstandort Deutschland. Manchem Patienten bleibt der rasche Zugang zu neuen Technologienverwehrt. Wie und wo ist Beschleunigung im Interesse der Patienten möglich? Darauf soll der Nationale Strategieprozess „Innovationen in der Medizintechnik“ Antwort geben, der von der Bundesregierung jüngst auf der Medica vorgestellt wurde.

Ziel ist es, den Wissenstransfer aus dem Labor bis zum Patienten schneller und effizienter zu gestalten. Ohne diesem Strategieprozess vorzugreifen, liegen fünf Punkte auf der Hand:

❶. Die Verfahren im Gemeinsamen Bundesausschuss transparenter und schlanker gestalten ❷. Innovationen durch befristete Erstattung fördern und schneller zum Patienten bringen ❸. Markteinführung durch Selektivverträge beschleunigen . Das Potenzial von Zusatzversiche❹ rungen nutzen ❺. Transparenz schaffen

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KOMMENTAR

Kassen müssen ihre Möglichkeiten zu Gunsten ihrer Versicherten nutzen

die christlich-liberale Gesundheitspolitik ist erfolgreich. Durch das GKV-Finanzierungsgesetz konnte das für 2011/12 befürchtete Defizit in der Gesetzlichen Krankenversicherung abgewendet werden. Mehr noch: Einige Krankenkassen könnten einen deutlichen Überschuss erwirtschaften. Auch bei einheitlichen Beitragssätzen soll der preisliche Wettbewerb zwischen den Krankenkassen gewährleistet bleiben. Deshalb haben wir zum 1. Januar 2011 zwei wichtige Instrumente geschaffen: Je nach Finanzlage können die Kassen Zusatzbeiträge erheben - oder aber erwirtschaftete Überschüsse als Prämien an ihre Mitglieder zurückzahlen. So ist auch die Kostentransparenz für die Versicherten sichergestellt. Sie sehen auf ihrem eigenen Konto, wie nachhaltig ihre Krankenkasse mit den Beiträgen wirtschaftet. Soweit die Theorie. In der Praxis entsteht jetzt aber eine Diskussion um die Verwendung der Überschüsse. Ich bin sehr irritiert, mit welcher Abwehr viele Krankenkassen auf die Aufforderung reagieren, Prämien an ihre Versicherten auszuschütten anstatt Milliardenrücklagen aufzubauen. Krankenkassen sind keine Sparkassen. Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds werden in jedem Jahr entsprechend der prognostizierten Ausgabenlage neu berechnet. Daher sehe ich für die einzelne Krankenkasse keine Notwendigkeit, Rückstellungen in dreistelliger Millionenhöhe und mehr neben den gesetzlich begründeten Rücklagen anzuhäufen.

Selbst bei vorsichtigen Annahmen gibt es 40 Kassen mit insgesamt 7,2 Millionen Mitgliedern, die Prämien zwischen 60 und 100 Euro ausschütten könnten. Leider scheinen einige Kassen vergessen zu haben, dass es sich bei den Überschüssen nicht um Eigenkapital, sondern um Beitragszahlungen der Versicherten handelt. Diese Kassen fordere ich dazu auf, die vorhandenen gesetzlichen Instrumente anzuwenden und die vorhandenen Mittel an die Beitragszahler auszuschütten. Dann wäre auch dem Prinzip des Wettbewerbs Rechnung getragen! In diesem Sinne bin ich Ihr

JENS SPAHN

Jens Spahn

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren. Seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der WestLB führte ihn auch nach Luxemburg. Der studierte Politikwissenschaftler gehört seit 2002 dem Deutschen Bundestag an. Seit 2009 ist er gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender Landesvorsitzender des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen.

Impressum Herausgeber Dr. Mathias Höschel Dr. Hanno Kehren Frank Rudolph Verlag Günter Kohl PR + Marketing Gärtnerkoppel 3 24259 Westensee/ Kiel Tel. 04305-992992 / Fax 04305-992993 E-Mail: gkprkiel@t-online.de

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Anzeigenverkauf Über den Verlag Anzeigenschluss: 20. April 2012 Redaktion Tim Küsters, Beate Marzyan, Stephan Rabl, Steven Kunert, Dominik Münks Satz und Layout Walter Katofsky, Kiel Druck cw Niemeyer, Hameln

Abonnement Einzelheft: 24,- Euro pro Jahr bei 4 Ausgaben Geschäfts-Abo: 20 Ex. Pro Ausgabe: 200,- Euro Das Magazin am puls erscheint viermal im Jahr jeweils zur Mitte eines Quartals.



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