am puls 1 2018

Page 1

01/2018

20348

Jahrgang 15 5,00 Euro

MAGAZIN FÜR

POLITIK UND GESUNDHEIT Stefan Gruhner Koalition ohne Rückhalt S. 12

POLITISCHER

Tino Sorge Digitalisierung im Gesundheitsbereich

S. 16

FRÜHLING Claudia Middendorf Pflege älterer Patienten

S. 18


Novartis Deutschland

Neue Wege in der Medizin Bei Novartis gehen wir die größten medizinischen Herausforderungen unserer Gesellschaft mit wissenschaftlicher Innovation an. Unsere Forscherinnen und Forscher treiben die Wissenschaft voran, um das Verständnis von Krankheiten zu vertiefen und neue Produkte zu entwickeln, die unerfüllte gesundheitliche Bedürfnisse befriedigen. Unsere Leidenschaft gilt der Erforschung neuer Methoden, um das Leben zu verbessern und zu verlängern.

Novartis Pharma GmbH · Roonstraße 25 · 90429 Nürnberg · www.novartis.de


EDITORIAL

INHALT

Liebe Leserinnen und Leser Jens Spahn ist neuer Bundesminister für Gesundheit. Das Team von am puls gratuliert ihm hierzu sehr herzlich und wünscht eine glückliche Hand. Mit Gottfried Ludewig hat er für das Thema Digitalisierung auch unseren langjährigen Kolumnisten gewonnen. Wir sind froh, dass hier viele notwendige Themen endlich ein Gesicht bekommen. Auch mit der Entscheidung, Andreas Westerfellhaus zum neuen Pflegebevollmächtigten des Bundes zu machen, hat Spahn eine gute Wahl getroffen. Ein Aufbruch ist da! Sie halten die vorläufig letzte Ausgabe in ihren Händen. Nach 15 Jahren möchten wir die Zeit nutzen, um über neue Möglichkeiten der Information nachzudenken. Vielen Dank für Ihre Treue und eine angenehme Lektüre wünscht Ihnen

4

Solimed Eine strukturierte Behandlung nach modernsten Standards – das wünschen sich viele Deutsche. Im internationalen Vergleich ist das deutsche Gesundheitswesen zwar leistungs- aber auch verbesserungsfähig, meint unser Autor Mark S. Kuypers

6

Reform der ambulanten Notfallversorgung In den vergangenen Jahren ist es zu einer massiven Zunahme der ambulanten Notfallbehandlungen in den Krankenhäusern sowohl außerhalb als auch während der Sprechstundenzeiten der Hausärzte gekommen. Lesen Sie dazu den Artikel von Jochen Brink

9

Telemedizin auf dem Vormarsch Unsere Autorinnen Bettina am Orde und Sidonie Golombowski-Daffner erläutern den Stand der telemedizinischen Versorgung von Herzinsuffizienz-Patienten

12 Koalition ohne Rückhalt In Thüringen regiert ein Linker wie ein Urenkel von Ludwig Erhard und ein weichgespülter Winfried Kretschmann, mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit, gestützt von Ex-Stasi-Informanten. Unser Autor Stefan Gruhner schildert die Lage.

16 Digitalisierung im Gesundheitsbereich Gerade im Gesundheitsbereich eröffnet die Digitalisierung völlig neue Möglichkeiten und hilft uns, unser Gesundheitssystem zum Patientenwohl durch neue und schnellere Versorgungsansätze zu verbessern, schildert Tino Sorge in seinem Beitrag.

18 Pflege älterer Patienten Claudia Middendorf schreibt: „Da die Unterstützungsbedarfe der älteren oder mehrfach erkrankten Patientinnen und Patienten immer größer werden, kommt den ehrenamtlichen Helfern eine immer größer werdende Bedeutung zu.“

20 Das Gesundheitswesen im Koalitionsvertrag Unser Autor Martin Degenhardt ist optimistisch, dass der neue Gesundheitsminister Jens Spahn die größeren Spielräume nutzen wird, die der Koalitionsvertrag ihm im Gegensatz zu seinem Vorgänger - zugesteht

22 KOLUMNE Hier schreibt unser Kolumnist Gottfried Ludewig zum letzten Mal

22 Impressum

Tim A. Küsters Chefredakteur

Am Puls

1 | 2018

3


VERSORGUNGSMANAGEMENT

solimed

EDV gestütztes Versorgungsmanagement Versorgungsmanagement durch eine elektronische Patientenakte (ePA) Von Mark S. Kuypers

Eine strukturierte Behandlung nach modernsten Standards – das wünschen sich viele Deutsche. Im internationalen Vergleich ist das deutsche ein leistungsfähiges Gesundheitswesen. Sicher ist jedoch auch, dass es den deutschen Bürgern nicht den maximalen Nutzen stiftet. Ein großes Defizit ist die mangelnde Kommunikation über die Sektorengrenzen hinweg. Wenn neben dem eigenen Hausarzt weitere Fachärzte oder Kliniken in den Versorgungsprozess miteinbezogen werden müssen ist das nicht immer einfach. Durch fehlende Informationen wie Diagnosen, Laboruntersuchungen, Befunde und Medikationsplan

4

Am Puls

1 | 2018

kommt es oft zu Verzögerungen oder fehlerhaften Behandlungen. Eine elektronische Patientenakte (ePA) könnte Abhilfe schaffen und dafür sorgen, dass Kranken schneller geholfen wird. Eine solche Schnittstelle ist technisch möglich und auch nach aktuellsten Datenschutzanforderungen umsetzbar. Viele Deutsche fürchten jedoch den Missbrauch Ihrer hochsensiblen Gesundheitsdaten. Rechtliche Grundlage Die rechtliche Grundlage für die elektronische Patientenakte bilden das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Ge-

sundheitswesen sowie das E-HealthGesetz. Demnach ist die elektronische Patientenakte (engl. electronic health record) eine Datenbank, in der die wichtigsten Informationen (Anamnese, Behandlungsdaten, Medikation, Allergien/ Unverträglichkeiten sowie weitere Gesundheitsdaten) der gesetzlich Krankenversicherten sektor- und fallübergreifend, einheitlich erfasst werden sollen. Wichtig dabei ist allerdings, dass das Selbstbestimmungsrecht des Patienten sowie der Datenschutz berücksichtigt werden. Der Patient muss sich freiwillig zur Nutzung einer ePA entscheiden und jederzeit die Entscheidungshoheit über die dort enthaltenen Informationen innehaben. Zudem muss auch technisch


VERSORGUNGSMANAGEMENT gewährleistet werden, dass nur durch den Patienten autorisierte Dritte (insbesondere auch der Anbieter der ePA) in der Lage sein sollte, die Daten einzusehen, zu verbreiten oder in irgendeiner Weise zu verarbeiten.

Ansatz von solimed Auf Bundesebene verläuft die Umsetzung der Vernetzung unter den Akteuren bislang nur in Ansätzen und Pilotregionen bzw. -Projekten. Auf regionaler Ebene gibt es einige Beispiele die zeigen, dass eine elektronische Patientenakte nach aktuellsten Datenschutzanforderungen umsetzbar ist und bei Patienten wie Ärzten einen Mehrwert schaffen kann. solimed – Unternehmen Gesundheit zeigt wie eine solche Vernetzung funktioniert. Der Ansatz von solimed – Unternehmen Gesundheit besteht darin, durch eine dezentrale elektronische Patientenakte für eine effiziente medizinische Versorgung und eine hohe Patientensicherheit zu sorgen. Dabei nutzt jede solimed Arztpraxis das Arztpraxisinformationssystems x.isynet. Durch das einheitliche System kann mithilfe der Schnittstelle x.comdoxx (medatixx GmbH & Co. KG) das solimed Praxisnetz, bestehend aus den rund 70 niedergelassene Haus- und Fachärzte aller Fachrichtungen, verknüpft werden. Die Schnittstelle x.comdoxx ist ein Kommunikationsmedium für die Vernetzung der Akteure im ambulanten und stationären Bereich. Es verbindet sektorübergreifend Ärztenetze, Facharztpraxen, Labore und Kliniken. x.comdoxx bietet alle notwendigen Elemente: 0 Verwaltung, Organisation und Management des Kommunikationsnetzwerkes 0 Verwaltung und Abrechnung von Vertragsinhalten 0 Sicherer und zielgerichteter Austausch von sensiblen Gesundheitsdaten innerhalb des Netzwerkes 0 Zentrale Datenerfassung im Netzbüro 0 Erweiterung des Kommunikationsnetzwerkes um stationäre, Rehaoder Pflegeeinrichtung

Regionales Versorgungsmanagement in Solingen solimed – Unternehmen Gesundheit steht auch für den Begriff „Integrierte Versorgung“, denn bereits mit drei Krankenkassen (AOK Rheinland/ Hamburg, BARMER, Die Bergische Krankenkasse) wurden IV-Verträge für ein regionales Versorgungsmanagement geschlossen. Die Teilnahme der mittlerweile insgesamt ca. 13.000 Patienten an der integrierten Versorgung ist ebenso freiwillig. Durch die Verträge soll insbesondere die Qualität der medizinischen Behandlung in Solingen verbessert werden. Langfristig soll dieses Versorgungsmanagement auch durch effektivere und effizientere Prozesse eine wirtschaftlichere Versorgung ermöglichen bei höchster Qualität.

gen und ambulanten Pflegediensten soll schneller, einfacher und sicherer werden.

Status Quo Aktuell befindet sich das Projekt „solimed ePflegebericht“ in der Phase der technischen Umsetzung der Vernetzung weiterer Pflegeeinrichtungen sowie die Integration der Pflegefachkräfte der Krankenhäuser in die Kommunikationslösung. Nächste geplante Schritte sind die Erprobung des ePflegeberichts als Prototyp für das deutsche Gesundheitswesen. Zudem ist vorgesehen ein elektronisches Medikationsmanagement zur Optimierung der Arzneimittelsicherheit zu entwickeln und zu erproben.

Projekt solimed ePflegebericht Das Projekt solimed ePflegebericht ist ein EFRE Förderprojekt des Landes NRW, es wurde 2017 begonnen und läuft über drei Jahre. Es wird in den solimed Haus- und Facharztpraxen, drei Pflegeeinrichtungen, drei ambulanten Pflegediensten sowie den drei Solinger Krankenhäusern umgesetzt. Dabei baut es auf dem solimed Gesundheitsnetz und dem Vorprojekt solimed Pflegemanagement auf, in dem bereits gezeigt wurde, dass eine datenschutzsichere elektronische Kommunikation über die Sektorengrenzen hinweg technisch möglich ist und damit die Abstimmung zwischen Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen erleichtert. Beabsichtigt ist die Erstellung eines elektronischen Pflegeberichts auf „Knopfdruck“, um aktuelle und vollständige Informationen über Diagnosen, Medikamente, Therapien etc. dort zur Verfügung zu stellen, wo sie benötigt werden – in der ambulanten und stationären Altenpflege, Krankenhäusern sowie Hausund Facharztpraxen. Zentrales Ziel des Projektes: die Kommunikation zwischen Krankenhäusern (Medizinern und Pflegefachkräften), Arztpraxen, stationären Pflegeeinrichtun-

MARK S. KUYPERS

Mark S. Kuypers studierte Gesundheitsökonomie (Dipl. Ges. oec.) und arbeitete nach dem Studium im Controlling und dem Qualitätsmanagement eines regionalen Gesundheitsanbieters, bestehend aus einem Krankenhaus, einer Rehabilitationsklinik und ambulanten sowie stationären Pflegeeinrichtungen. Im Jahre 2008 etablierte er das Netzmanagement von solimed und ist als kaufmännischer Geschäftsführer u.a. für die Vertragsumsetzung der IV-Verträge verantwortlich. Zu den weiteren Tätigkeiten des kaufmännischen Geschäftsführers gehört die Projektinitiierung und Umsetzung wie z. B. die des ePflegeberichts. Darüber hinaus ist er bei der Agentur deutscher Arztnetze mit dem Vorstand als Interessensvertreter der Arztnetze tätig

Am Puls

1 | 2018

5


Foto: tokamuvi/ pixelio.de

NOTFALLVERSORGUNG

Bei vielen Patienten herrscht offensichtlich Unkenntnis darüber, dass sie bei leichteren Beschwerden einen Hausarzt oder außerhalb der Sprechstundenzeiten den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst, die KV-Ambulanzen, aufsuchen sollten

Reform der ambulanten Notfallversorgung dringend notwendig Von Jochen Brink

Die Krankenhäuser sind Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, die die stationäre und zunehmend auch ambulante Patientenversorgung in den Regionen sicherstellen. Die Bürgerinnen und Bürger haben eine hohe Erwartungshaltung an die Krankenhäuser. Sie wissen, dass die Notfallambulanzen der Krankenhäuser an 365 Tagen, sieben Tage in der Woche 24 Stunden lang für medizinische Notfälle geöffnet sind.

6

Am Puls

1 | 2018

In den vergangenen Jahren ist es zu einer massiven Zunahme der ambulanten Notfallbehandlungen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser sowohl außerhalb als auch während der Sprechstundenzeiten der vertragsärztlichen Versorgung gekommen. Diese Entwicklung stellt die Krankenhäuser vor große Herausforderungen. Die zunehmende Zahl an Patienten in den ambulanten Notaufnahmen in den Krankenhäusern hat längere Warte-

zeiten der Patienten und eine unzureichende Kostendeckung der ambulanten Notfallbehandlung zur Folge. Der Gesetzgeber schreibt die Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung den Kassenärztlichen Vereinigungen in Westfalen-Lippe und Nordrhein zu. Der Sicherstellungsauftrag außerhalb der Sprechstundenzeiten soll durch „diensthabende“ niedergelas-


NOTFALLVERSORGUNG sene Ärzte erfüllt werden, die in der Vergangenheit an den Wochenenden in ihren Haus- oder Facharztpraxen hilfesuchende Patienten behandelten. Mittlerweile erfolgt diese Versorgung in der Regel in so genannten „Notfall- bzw. KV-Praxen“. Diese „Notfall- bzw. KV-Praxen“ befinden sich zu ca. 90% an oder in unmittelbarer Nähe der Krankenhäuser, werden aber in alleiniger Verantwortung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen betrieben. Der Blick auf die Fakten zeigt, dass die Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung jedoch zunehmend von den Krankenhäusern geleistet wird. So haben die Krankenhäuser im Jahr 2016 bundesweit rund 12 Millionen ambulante Notfälle versorgt. Schätzungen zufolge wurden im Jahr 2016 in NRW circa 3 Mio. Notfallpatienten in den Notfallambulanzen der NRW-Kliniken behandelt. Zum Vergleich: Die stationäre Fallzahl betrug im selben Jahr bundesweit rund 19,5 Mio. Fälle und in NRW 4,6 Mio. Fälle.

aufnahmen – Ergebnisse einer Patientenbefragung 2016“ (2010 Patienten, Charité und HELIOS Klinikum Berlin-Buch) sind eine Selbsteinschätzung als dringlicher Notfall (90%), Schmerzen (75%), ein gescheiterter Versuch einen Praxistermin zu bekommen (57%) und ein unbekannter KV-Notdienst (55%) Gründe für die Inanspruchnahme der Notaufnahmen im Krankenhaus. Weitere Gründe für die steigende Inanspruchnahme der Notfallambulanzen in den Krankenhäusern ist, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass jeder Patient, der in einer (subjektiv empfundenen) Notlage die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsucht, dort untersucht und wenn nötig behandelt wird. Die Patienten wissen auch, dass sie dort sehr gut ausgebildetes Personal sowie speziel-

le Ressourcen zur Versorgung von Notfallpatienten vorfinden. Außerdem erwartet der Patient zu Recht, dass er Hilfe in seiner Notfallsituation erhält und nicht weggeschickt wird. Eine alleinige Weiterleitung des Patienten in eine andere Versorgungsform kann zudem auch aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht erfolgen. Ein weiteres gravierendes Problem stellt die absolute Unterfinanzierung bei der Notfallvergütung für die kostenintensiven Vorhaltungen und Leistungen der Krankenhäuser aufgrund der Vergütungsregelungen der KVen und Krankenkassen dar, die den Behandlungsmöglichkeiten und den damit verbundenen Kostenstrukturen der Krankenhäuser nicht Rechnung trägt. Nach dem „Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus – Fallkostenkalkula-

Bei vielen Patienten herrscht offensichtlich Unkenntnis darüber, dass sie bei leichteren Beschwerden einen Hausarzt oder außerhalb der Sprechstundenzeiten den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst, die KV-Ambulanzen, aufsuchen sollten. Seit 2012 besteht eine bundesweit einheitliche Rufnummer für den ärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117), die jedoch vielfach unbekannt ist und/ oder aus unterschiedlichen Gründen durch die Bürgerinnen und Bürger nicht genutzt wird. Laut der Studie „Beweggründe für die Inan- Es soll eine gemeinsame Sicherstellung der Notfallversorgung von Landeskrankenhausgespruchnahme von Not- sellschaften und Kassenärztlichen Vereinigungen aufgebaut werden Am Puls

1 | 2018

7


NOTFALLVERSORGUNG tion und Strukturanalyse“, das die Deutsche Krankenhausgesellschaft in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) und der Management Consult Kestermann GmbH (MCK) im Februar 2015 veröffentlicht hat, stehen einem durchschnittlichen Erlös von 32 Euro pro ambulantem Notfall Fallkosten von mehr als 120 Euro gegenüber. Dies führt bei einem Fehlbetrag von 88 Euro pro Fall zu rund 1 Milliarde Euro nicht gedeckter Kosten jährlich. Durch das aktuelle “Krankenhaus Barometer 2017” des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) (http://www.dkgev. de/media/file/66201.2017-11-15_ PM-DKG_zu_den_Ergebnissen_ des_KH-Barometers.pdf) wird diese Unterfinanzierung der Krankenhäuser im Rahmen der Versorgung ambulanter Notfälle bestätigt. Vor diesem Hintergrund favorisieren die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser folgende vier Lösungsansätze: 0 Jeder Patient, der in einer (subjektiv empfundenen) Notfallsituation während als auch außerhalb der vertragsärztlichen Sprechstundenzeiten die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsucht, muss dort untersucht und gegebenenfalls behandelt werden. Der Patient kann nicht weggeschickt werden, denn eine alleinige Weiterleitung des Patienten in eine andere Versorgungsform kann schon aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht erfolgen. Außerdem erwartet der Patient zu Recht, dass er Hilfe in seiner Notfallsituation erhält. 0 Die Länder übernehmen die Sicherstellungsverantwortung für die ambulante Notfallversorgung mit der Möglichkeit steuernd einzugreifen. Die Sicherstellungsverpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung

8

Am Puls

1 | 2018

sorDie Notwendigkeit des Abbaus von Ver ung gungshemmnissen und der Verbesser sorim Bereich der ambulanten Notfallver und gung an der Schnittstelle ambulant ehen stationär wird auch von der Politik ges und und im Koalitionsvertrag von CDU, CSU SPD aufgegriffen. bleibt unberührt. Zugelassene Krankenhäuser nach § 108 SGB V sind grundsätzlich berechtigte Leistungserbringer. 0 Regionale Besonderheiten, wie bspw. unterschiedliche Facharztdichten, sind zu berücksichtigen. Daher ist von bundeseinheitlichen Vorgaben zur Ausgestaltung der ambulanten Notfallversorgung abzusehen. Stattdessen müssen Möglichkeiten geschaffen werden, regionale Lösungen zu etablieren, die die Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen. 0 Die Vergütung ist auf eine eigene Rechtsgrundlage zu stellen und aus einem gesonderten, ungedeckelten Budget zu finanzieren. Dabei sind die Vorhaltekosten sowie die Investitionskosten für den Auf- und Ausbau von technischer und räumlicher Infrastruktur in der Kalkulation der Leistungsvergütung für die Krankenhäuser einzubeziehen. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen erfolgt direkt mit den Krankenkassen. Die Notwendigkeit des Abbaus von Versorgungshemmnissen und der Verbesserung im Bereich der ambulanten Notfallversorgung an der Schnittstelle ambulant und stationär wird auch von der Politik gesehen und im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD aufgegriffen. So sollen die Krankenhäuser gleichberechtigt in die Organisation des ambulanten Notfalldienstes einbezogen werden. Es sollen eine gemeinsame Sicherstellung der Notfallversorgung von Lan-

deskrankenhausgesellschaften und Kassenärztlichen Vereinigungen in gemeinsamer Finanzierungsverantwortung geschaffen sowie Notfallleitstellen und integrierte Notfallzentren aufgebaut werden.

Auch hier wird im Koalitionsvertrag das politische Ziel deutlich, die Rahmenbedingungen für die Patienten und die Beschäftigten in den Krankenhäusern zu verbessern. In der gesetzlichen Umsetzung kommt es nun auf die Details an, konkret wird es darum gehen, klare Regelungen zu formulieren, damit das Ziel einer patientenorientierten Versorgung erreicht wird.

JOCHEN BRINK

Jochen Brink ist seit 2013 Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Düsseldorf; Vorstandsmitglied der Deutschen Krankenhausgesellschaft; seit Gründung 2012 Geschäftsführer der Valeo-Kliniken GmbH, Hamm, einer gemeinsamen Trägergesellschaft mit evangelischen Krankenhäusern in Münster, Gronau, Hamm und Lippstadt sowie div. Einrichtungen zur stationären und ambulanten Pflege; Geschäftsführer der Evangelischen Krankenhäuser in Lippstadt und Münster


Foto: Rehbinder

TELEMEDIZIN

Via telemetrischer oder telemedizinischer Körperwaage und Gesundheitsmonitor erfolgen eine tägliche Erfassung des Körpergewichtes und Abfrage von klinischen Zeichen und Symptomen der Teilnehmer

KNAPPSCHAFT und Novartis ermöglichen innovative telemedizinische Versorgung von Herzinsuffizienz-Patienten

Von Bettina am Orde und Sidonie Golombowski-Daffner

Die Erkrankung Die Deutsche Herzstiftung schätzt, dass über zwei Millionen Deutsche unter Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt, leiden. Die Herzinsuffizienz ist eine ernste Erkrankung, der Leidensdruck und die Einschränkung der Lebensqualität bei den Betroffenen ist hoch. Die Erkrankungen des Herzens waren im

Vergleich zu Krebserkrankungen oder anderen Erkrankungen auch im Jahr 2015 die häufigste Todesursache. Die Krankheit ist in der Regel nicht heilbar; besonders ältere Menschen sind von ihr betroffen. So kommt in Deutschland der größte Teil der Herzpatienten aus der Altersgruppe der über 65-Jährigen¹. In Deutschland ist die Herzinsuffizienz die häufigste Ursache krankheitsbedingter Krankenhauseinweisungen¹. Die

Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient im Verlauf einer Herzinsuffizienz aufgrund einer Dekompensation in eine Klinik aufgenommen werden muss, ist sehr hoch. So zeigt die Statistik der Diagnosen von Krankenhausaufnahmen, dass es einen steilen Altersgradienten gibt. Etwa die 13fache Zahl der Patienten ab 65 Jahren (2.343 Patienten pro 100.000 Einwohner) wird im Vergleich zu Patienten in einem Alter von 45 bis unter 65 Jahren (187 Patienten pro 100.000 Einwohner)

Am Puls

1 | 2018

9


TELEMEDIZIN stabilisieren können. Damit sollen Krankenhausaufenthalte vermieden, Lebensqualität erhalten und Kosten gesenkt werden. Der Patient verbleibt in der Therapiehoheit seines behandelnden Arztes in seinen vertrauten Versorgungsstrukturen. Das Versorgungsprogramm wird als ergänzende Maßnahme angeboten.

Individuelle Betreuung, telemedizinische Begleitung, Information über Gefährdung vor Notfall Das Programm mecor® besteht aus drei Komponenten: einer individuellen Betreuung (Coaching), einer täglichen telemedizinische Das Programm mecor® besteht aus drei Komponenten: einer individuellen Betreuung (Coaching), einer Begleitung (Monitoring) täglichen telemedizinische Begleitung (Monitoring) und der Möglichkeit zur Reaktion im Gefährdungsfall und der Möglichkeit zur Reaktion im Gefährdungsfall, bevor Notfallmaßnahmen benöwegen Herzinsuffizienz in ein Kransen oft eine Vielzahl von Medikatigt werden. Die eingesetzte Techmenten einnehmen; 12 und mehr kenhaus aufgenommen. Die Herzinnologie ist an die Bedürfnisse der zur täglichen Einnahme sind keisuffizienz verursacht jährlich minPatienten angepasst und stellt einen destens 3,2 Milliarden Euro Kosten ne Seltenheit. So kann es, beispielsminimalen Eingriff in ihre Alltagsfür das Gesundheitssystem, dies entweise aufgrund fehlender Therapieroutine dar. So nutzen Teilnehmer spricht ca. 1,2% der gesamten Getreue oder ignorierter Warnsignale des Programms mecor® eine digitasundheitsausgaben. Mit 85 % musst der Herzinsuffizienz zur erheblile Waage in Kombination mit einem ein Großteil davon für Behandlungschen Verschlechterung des Gesundsog. telemetrischen Gesundheitsmokosten im Krankenhaus ausgegeben heitszustandes und sogar lebensbenitor mit einfacher und altersgerechwerden². drohlichen Notfällen kommen. Um ter Bedienbarkeit. die Versorgungsqualität von MenGeschulte und erfahrene TelefonDer Ansatz der KNAPPSCHAFT schen mit Herzinsuffizienz zu steiKrankenschwestern bieten eine ingern, hat die KNAPPSCHAFT im dividuelle, telefonische Betreuung Die KNAPPSCHAFT verfügt durch Dezember 2017 in Kooperation mit der Patienten ihre integrierten Versorgungssysteden Unternehmen Novartis und der me über eine langjährige Erfahrung Health Care Systems GmbH (HCSG) Im Rahmen von regelmäßigen telein der Zusammenarbeit mit ihren das telemedizinische Gesundheitsfonischen Schulungen erhalten die Leistungserbringern und in der Entprogramm mecor® gestartet. Ziel des Teilnehmer umfassende Informawicklung von fortschrittlichen VerVersorgungsprogramms ist es, bei tionen zum Krankheitsbild Herzinsorgungsmodellen für Versicherte. Menschen mit einer chronischen suffizienz/Herzschwäche sowie zu Von der Herzinsuffizienz betroffeHerzinsuffizienz die Selbstkompetypischen Begleiterkrankungen wie ne Menschen sind in der Regel ältenz und damit den Umgang mit Herzrhythmusstörungen, Diabetes ter und häufig mit dem Umgang mit ihren Erkrankungen zu verbessern. und Niereninsuffizienz. Die Beratung ihrer Erkrankung überfordert, zumal Einer Verschlechterung der Erkranrichtet sich dabei genau auf die Beoft zur Herzinsuffizienz noch andekung soll vorgebeugt werden bzw. dürfnisse des jeweiligen Patienten re Erkrankungen wie Bluthochdruck, soll diese zumindest so frühzeitig und seine kognitive LeistungsfähigZuckerkrankheit oder Nierenschwäerkannt werden, dass die Patienten keit. Darüber hinaus erhalten die che hinzukommen. Betroffene müsnoch in ihrem häuslichen Umfeld Teilnehmer Informationen zur all-

10

Am Puls

1 | 2018


TELEMEDIZIN gemeinen Bedeutung der Einnahme von ärztlich verordneten Therapien (ohne jedoch konkrete Medikationshinweise zu geben oder in die ärztlich verordnete Therapie einzugreifen). Die Schulungen umfassen auch die Bedeutung eines gesunden Lebensstils mit konkreten Maßnahmen und Hilfestellungen zu Ernährung und adäquater Bewegung. Das Programm mecor® wurde über viele Jahre hinweg kontinuierlich weiterentwickelt, die eingesetzte Software enthält einen klugen Frage-Algorithmus, der die telefonischen Gesundheits- und Krankenpflegerinnen in die Lage versetzt, auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmer einzugehen und gleichzeitig auch mit großen Teilnehmergruppen zu arbeiten.

samkeitslücken zwischen den Arztbesuchen.

Erfolgsmessung Im Frühjahr 2019 wird der Erfolg von mecor® evaluiert. Kernzielgröße ist die Reduktion der Anzahl stationärer Aufenthalte der Teilnehmer des telemedizinischen Versorgungsprogramms, im Vergleich zu einer Kontrollgruppe.

Quellen:

1 Deutscher Herzbericht 2017 Deutsche Herzstiftung ISBN 978-3-9817032-7-6

2 DESTATIS Statistisches Bun-

desamt Gesundheitsausgaben, Krankheitskostenrechnung 2015 (https://www.destatis.de/DE/ ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Krankheitskosten/Methoden/Krankheitskostenrechnung.html und https://www. destatis.de/DE/ZahlenFakten/ GesellschaftStaat/Gesundheit/ Gesundheitsausgaben/Gesundheitsausgaben.html)

BETTINA AM ORDE

S. GOLOMBOWSKI-DAFFNER

Bettina am Orde, geboren 1962 in Essen, studierte an der der Ruhr-Universität Bochum Sozialwissenschaften. Ihre berufliche Laufbahn begann sie 1987 als Referentin für Grundsatzfragen in der Stabsstelle „Verbandspolitische Planung“ des AOKBundesverbandes in Bonn. 1991 wechselte sie als Referatsleiterin „Gesundheitspolitik und Krankenversicherung“ in die Abteilung Sozialpolitik des DGB-Bundesvorstands in Düsseldorf. Seit Mai 1999 war Bettina am Orde Referentin für Grundsatzfragen beim IKK-Bundesverband in Bergisch Gladbach, bevor sie 2004 die Leitung des Bereichs „GKV und Vertragsarztrecht“ im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium übernahm. Seit Juli 2012 ist Bettina am Orde Mitglied der Geschäftsführung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS). Seit dem 1. November 2015 führt sie den Sozialversicherungsträger als Erste Direktorin. Am Orde ist Mutter von zwei Söhnen

Dr. Sidonie Golombowski-Daffner ist seit 1. April 2017 Leiterin der Novartis Pharma GmbH und führt Novartis in Deutschland auch in der Rolle des Country President. Dr. Sidonie Golombowski-Daffner ist 1964 in Landshut geboren und startete 2011 ihre Laufbahn bei Novartis in Nürnberg als Leiterin des Geschäftsbereichs Atemwege / Herz-Kreislauf. Sie wechselte danach als Leiterin des weltweiten Geschäftsbereichs Atemwege in die Zentrale der Pharmaorganisation nach Basel. Die Biochemikerin bringt 22 Jahre Erfahrung in der pharmazeutischen Industrie aus Asien, den USA, Osteuropa, Frankreich und Deutschland mit und war zuvor als Beraterin und in Positionen mit steigender Verantwortung bei Sanofi-Aventis tätig

Neben den individuellen Schulungen bietet das Programm eine telemedizinische Begleitung, die es ermöglicht, Auffälligkeiten oder plötzliche Veränderungen des Gesundheitszustandes frühzeitig zu erkennen Via telemetrischer oder telemedizinischer Körperwaage und Gesundheitsmonitor erfolgen eine tägliche Erfassung des Körpergewichtes und Abfrage von klinischen Zeichen und Symptomen der Teilnehmer. Die Algorithmus-basierte Analyse der eingehenden Daten erlaubt, dass bei Unter- oder Überschreitung der teilnehmerindividuellen Grenzwerte die Pflegefachkräfte der HCSG mit dem Teilnehmer in Kontakt treten können. Im Rahmen dieser Telefonate kann dem Teilnehmer zu einem Arztbesuch geraten sowie Informationen über den Gesundheitszustand des Teilnehmers an die betreuenden Haus- und Fachärzte weitergeleitet werden. Dank dieses Systems ermöglicht mecor® eine rechtzeitige Intervention des behandelnden Arztes und verhindert somit vermeidbare Akutsituationen. Das Gesundheitsprogramm ersetzt keine ärztliche Leistung, sondern unterstützt sie in angemessener Art und Weise und schließt Aufmerk-

Am Puls

1 | 2018

11


KOALITION OHNE RÜCKHALT

Foto: Bernd Kasper/ pixelio.de

Im Schatten der Wartburg regiert der Linke Bodo Ramelow betont überparteilich, redet mit der Wirtschaft als ob er Nachfahre Ludwig Erhards sei und geriert sich als ein roter Winfried Kretschmann

Eine Koalition ohne Rückhalt Von Stefan Gruhner

Sahra Wagenknecht hat Recht. Am 6. März dieses Jahres gestand sie im TAZ-Interview offen ein: „Rot-RotGrün ist tot“. Dieser klare Befund gilt nicht nur für den Bund, sondern auch Thüringen. Hier regiert „R2G“ seit Dezember 2014 mit Bodo Ramelow als erstem Ministerpräsidenten der Linken. Dieser war mit dem Credo angetreten, nicht alles anders, aber vieles besser zu machen. Doch mit seinem zentralsten Reformprojekt – einer Gebiets- und Kommunalreform - ist er bereits gescheitert, am Widerstand der Menschen. Er führt eine Koalition ohne Rückhalt in der Bevölkerung. Eine Koalition, deren parlamentarische Mehrheit

12

Am Puls

1 | 2018

sich auf zwei ehemaligen Stasi-IM und einem Ex-AfDler, der auf Platz 2 hinter AfD-Rechtsaußen Björn Höcke in den Landtag einzog, stützt. Tabubrüche Seit Herbst 2014 verfügt R2G im Landtag über die geringstmögliche Mehrheit von einer Stimme. Fortan sollte die Koalition von zwei Linken Abgeordneten abhängen, die nachweislich Stasi-IM’s waren. Mehrere tausend Menschen hatten in Erfurt während der Koalitionsverhandlungen gegen diese Geschichtsvergessenheit demonstriert, der SPD und Grüne mit einem Tabubruch in der bundesdeutschen Nachkriegspolitik den Boden bereiteten. Die

dabei aufgeworfene Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, spaltete nicht nur die Thüringer SPD, sondern auch Die Linke bis heute. Laut Umfragen wünschte sich damals eine breite Mehrheit der Menschen eine Fortsetzung der großen Koalition. Doch SPD und Grüne schlugen alle Mahnungen in den Wind. Im zweiten Wahlgang wurde Ramelow zum Ministerpräsidenten gewählt. Im April 2016 nahm die SPD-Fraktion einen ehemaligen Abgeordneten der AfD auf. Ein Jahr später wechselte eine Abgeordnete von der SPD- zur CDU. Seitdem stützt sich die Ramelow-Koalition nicht nur auf ehemalige Stasi-IM, sondern auch auf einen Abgeordneten, der auf Platz 2 der Landeslis-


KOALITION OHNE RÜCKHALT te der AfD in den Landtag gewählt wurde. Ein in Deutschland bisher einmaliger Tabubruch.

Dunkelroter Kretschmann? Seither versucht Ramelow dem Makel des fehlenden politischen Anstands zu entfliehen. Es ist augenscheinlich, dass trotz aller Tabubrüche es das oberstes strategisches Ziel dieser Koalition ist, als „normale Regierung“ wahrgenommen zu werden. Das Bild größtmöglicher politischer Flexibilität versucht Ramelow in den Rahmen eines präsidialen Regierungsstils zu fassen. Er kokettiert intensiv mit der Tatsache, als Linker bekennender Christ zu sein, er gibt sich betont überparteilich, redet mit der Wirtschaft als ob er Nachfahre Ludwig Erhards sei und geriert sich als ein roter Winfried Kretschmann. Dabei ist klar, dass Ramelow mit dieser Strategie längst die Wähler der politischen Mitte in den Blick genommen hat. Zugleich herrscht innerhalb der Linken eine klare Arbeitsteilung. Während Ramelow ein Stillleben präsidialen Regierens zeichnet, zeichnet wiederum die linke Partei-und Fraktionschefin mit Duldung Ramelows für knallharte linke ideologische Politik verantwortlich. Sie gilt als orthodoxe Anhängerin der reinen sozialistischen Lehre. Machtbewusst ließ sie sich entgegen der linken Doktrin der ÄmterTrennung nicht nur zur Fraktionschefin, sondern auch zur Parteivorsitzenden wählen. Sie bedient den ultralinken Flügel, der Ramelows Agieren mindestens skeptisch beobachtet. Dass Ramelow bei der Besetzung linker Regierungsämter fast ausschließlich auf personelle Importe aus anderen Ländern setzte, nehmen ihm die Übergangenen in seiner Fraktion noch heute übel. Zugleich zeigt dies die dünne Personaldecke der Linken. Ramelow blieb dieser Linie zuletzt treu. Seine 2017 wegen Überforderung entlassene linke Bildungsministerin er-

setzte er durch den Mecklenburger Ex-Minister Helmut Holter.

Ideologische Politik Wer jedoch glaubt, Ramelows präsidialer Stil sei zugleich Abbild einer Politik der Mitte, der wird schnell enttäuscht. Genaues Hinschauen offenbart eine zutiefst ideologische Politik deren Kern Zentralismus, Umverteilung, Nivellierung und moralischer Rabatt für linken Extremismus ist. Dies lässt sich exemplarisch an wenigen Politikfeldern durchdeklinieren. Beispiel Landeshaushalt: Dieser wurde von 9 auf rund 10,5 Mrd. Euro aufgebläht. Zwar rühmt sich R2G keine neuen Schulden zu machen. Angesichts gegenwärtiger Konjunkturlage und Zinsniveau jedoch kein besonders Kunststück. Das Eigenlob der Linkskoalition entspricht etwa dem Eigenlob jener Menschen, die sich rühmen in der Sahara einen Sandkasten zu bauen. Wirklich problematisch ist jedoch, dass trotz des vielen Geldes die Investitionsquote im Land insgesamt sinkt. Statt auf Zukunftsinvestitionen zu setzen, wird Geld verkonsumiert und umverteilt. Beispiel Bildungspolitik: Entgegen aller Proteste setzt die Linkskoalition auf maximale Inklusion in den Schulen und das Abschaffen der Förderschulen. Statt maßvoll Schüler mit besonderem Förderbedarf zu integrieren und jenen ihren Schutzraum zu belassen, die besonderer Förderung bedürfen, wird Inklusion mit der Brechstange aus ideologischen Gründen versucht durchzusetzen. Beispiel Innere Sicherheit: Als jüngst rund 100 Kilo Sprengstoff bei linken Aktivisten gefunden wurde, verharrte die Regierung zunächst in Sprachlosigkeit. Erst auf Druck der Opposition schaltete der zuständige Innenminister das Lan-

deskriminalamt ein. Überregionale und regionale Medien fragten zurecht, ob hier mit Blick auf die linke Szene mit zweierlei Maß gemessen wird. Beispiel Gebiets- und Kommunalreform: Dass Zentralismus als Kernbestand linker Politik gilt, zeigte sich an dem Vorhaben der Koalition eine Gebietsreform ins Werk zu setzen. In Thüringen sollten aus 17 Landkreisen acht und aus sechs kreisfreien Städten eine

werden. Ein empfindlicher Eingriff in die Kommunalstruktur des Landes mit dem Ziel große, bürgerferne und anonyme Großstrukturen zu schaffen.

Zentrales Reformprojekt gescheitert Diese Gebietsreform galt als das Herzstück und Kernprojekt der Koalition. Hierzu engagierte die Landesregierung einen Professor aus NRW, der ein altbackenes Großkreiskonzept der 70er Jahre dem Land überstülpen sollte. Entgegen der landmannschaftlichen Prägungen im Land formte die Koalition mit Assistenz jenes Professors, am Reißbrett Landkreise, von denen einige flächenmäßig größer als das Saarland werden sollten, ohne den Nachweis von Einspareffekten und ohne Beteiligung der Bürger. In einer Pressekonferenz wurde eine Kreiskarte präsentiert auf der die

Am Puls

1 | 2018

13


KOALITION OHNE RÜCKHALT Stadt Rudolstadt als „Rudolfstadt“ bezeichnet wurde. Wo sich Jena befindet stand „Weimar“ und umgekehrt.

Diese Pressekonferenz stand symptomatisch für das ganze Vorhaben. Sie zeigte, dass Leute, die Thüringen nicht kennen, es bis zur Unkenntlichkeit umgestalten wollten. Der damalige und zwischenzeitlich entlassene! Innenminister peitschte das entsprechende GebietsreformGesetz im Schweinsgalopp durch den Landtag. Eine Bürgerinitiative, die statt 5000 notwendiger 44.000 Unterschriften in kurzer Zeit gegen die Reform sammelte, wollte die Landesregierung per Gericht stoppen. Die Landesregierung klagte vor dem Verfassungsgerichtshof gegen die Rechtmäßigkeit des Volksbegehrens.

Wo die Gebietsreform laut Koalitionsvertrag mit größtmöglicher Bürgerbeteiligung erfolgen sollte, verklagte nun eine Regierung das eigene Volk. Doch das Verfassungsgericht kippte stattdessen das Gebietsreform-Gesetz nach Klage der CDU wegen eines Formfehlers der regierungstragenden Fraktionen im Rahmen der Gesetzgebung. Die Reform scheiterte, Die Linke drängte den SPD-Innenminister aus dem Amt und verordnete dem Ministerium einen zusätzlichen Staatssekretär für die Gebietsreform, der eigentlich einen zweiten Anlauf zur Reform organisieren sollte. Nach weiter wachsendem politischen Druck und aus Angst vor dem Wähler, wurde die Reform auch im zweiten Anlauf abgesagt. Nun hat Thüringen einen zusätzlichen Staatssekretär für eine Gebietsreform, nur ohne Gebietsreform. Zwar ist das Scheitern der Reform inhaltlich zu begrüßen, zeigt zugleich aber die Reformunfähigkeit einer Koalition, die sich eigentlich zur Aufgabe setzte, das Land zu reformieren.

14

Am Puls

1 | 2018

unvergessen machen kann. Mit dessen Arbeit befasst sich mittlerweile ein Untersuchungsausschuss. Den Zustand der Grünen fasste jüngst der ehemalige Landesvorsitzende zusammen als er medienwirksam seinen Austritt aus der Partei verkündete. Er konstatierte: „Im Kampf um die persönliche Existenz werden auch Grüne zu Hyänen“.

derIn Thüringen ist der bedauerliche Nie ichtigang der SPD noch drastischer zu bes aten gen als anderenorts. Die Sozialdemokr en werden durch einen omnipräsenten link ehin Ministerpräsidenten, der vorgibt, ohn leise der bessere Sozialdemokrat zu sein, aber deutlich an die Wand gespielt. Niedergang der SPD So klar der Wille der SPD war, einem Linken den Steigbügel auf dem Weg in die Staatskanzlei zu halten, so klar war ihre Vorstellung, sich als Korrektiv der Mitte in einer Linkskoalition profilieren zu können. Glaubte die SPD doch, dass ihr bis dahin eingeleiteter Niedergang ursächlich in der Großen Koalition mit der CDU begründet war. Umfragen deuten jedoch seit drei Jahren konstant darauf hin, dass die SPD sich weiter im freien Fall befindet. In guten Tagen rangiert die SPD bei 12 Prozent in den Umfragen, in weniger guten Tagen bei 10 Prozent. In Thüringen ist der bedauerliche Niedergang der SPD noch drastischer zu besichtigen als anderenorts. Die Sozialdemokraten werden durch einen omnipräsenten linken Ministerpräsidenten, der vorgibt, ohnehin der bessere Sozialdemokrat zu sein, leise aber deutlich an die Wand gespielt. Dass die Thüringer SPD nach dem Scheitern des bisherigen Landesvorsitzenden nun ihre notwendige Erneuerung mit dem 63-jährigen Wirtschaftsminister Tiefensee als Vorsitzenden angeht, scheint symptomatisch. Einer, der 19 Jahre älter als der Vorgänger ist, soll jetzt den personellen Aufbruch der SPD organisieren. Schließlich bleiben da die Grünen, deren Umweltministern zwar einen passablen Job macht und im Sinne grüner Ideologie ein Windrad neben das andere stellt, damit aber die skandalgeprägte Arbeit des grünen Justizministers nicht

R2G regiert nun seit mehr als drei Jahren. Seit mehr als zwei Jahren hat die Koalition in keiner Umfrage eine Mehrheit. Die Landtagswahl im Spätherbst 2019 wird daher spannend. Es geht um die symbolträchtige Frage, ob der erste linke Ministerpräsident nur eine Randnotiz bleibt und ein „Betriebsunfall“ beendet wird.

STEFAN GRUHNER

Stefan Gruhner, MdL ist Landesvorsitzender der Jungen Union Thüringen und leitet die Programmkommission der CDU Thüringen zur Landtagswahl 2019. Der 33-jährige hat in Jena Geschichte und Politik studiert und zudem einen Master of Business Administration (MBA) in Berlin erworben


(Foto: clipdealer)

GESUNDHEITSREFORM 79 % auf 53.701 € pro Jahr (Zum Vergleich: Deutschland +22 %) und die durchschnittliche Pauschalprämie um 28 % auf 1.353 € pro Jahr. Die verpflichtenden Selbstbehalte, die jeder Versicherte zusätzlich tragen muss, haben sich mehr als verdoppelt und stiegen um 133 % auf mittlerweile jährlich 385 €. Patienten geben in Umfragen an, notwendige medizinische Leistungen oder Medikamente nicht in Anspruch zu nehmen, weil sie sich den Selbstbehalt nicht leisten können. Der Wettbewerb zwischen den Versicherungen ist durch eine starke Marktkonzentration gehemmt. Für Versicherte mit gesundheitlichen Risiken ergeben sich Probleme, ihren Krankenversicherer zu wechseln, da die Versicherer bei Zusatzversicherungen nach Risiko differenzieren können und Zusatzversicherungsverträge in der Regel in Kombination mit der Basisversicherung bestehen (bei 84 % der Versicherten). Im Land von Frau Antje ist die Gesundheitsreform nach Meinung von Beobachtern mehr oder weniger gescheitert

Die Gesundheitsreform in den Niederlanden brachte nicht die gewünschten Ergebnisse: Starker Kostenanstieg für die Versicherten trotz jüngerer Bevölkerung Das vormals duale System aus einer gesetzlichen und privaten Krankenversicherung in den Niederlanden wurde 2006 in ein einheitliches Krankenversicherungssystem überführt. Eine neue WIP-Analyse zeigt, dass ein Großteil der ursprünglich gesetzten Ziele nicht erreicht wurde. Obwohl die Niederlande eine vergleichsweise junge Bevölkerung (Medianalter 42,6 Jahre, Deutschland: 47,1 Jahre) aufweisen, liegen die Gesundheitsausgaben pro Kopf

etwa auf dem Niveau Deutschlands. Das niederländische Gesundheitssystem gehört trotz des deutlich geringeren Altersschnitts inzwischen zu den teuersten in der EU und der OECD. Nach der Reform sind die Kosten weiter gestiegen. Darauf reagierten die Niederlande mit einer Reihe von Kostendämpfungsmaßnahmen.

Angesichts der unbefriedigenden Entwicklungen wird in den Niederlanden kontrovers über die Zukunft der Krankenversicherung diskutiert. Als Vorbild für Deutschland taugt die niederländische Gesundheitsreform von 2006 auch deshalb nicht, weil die private Krankenversicherung in den Niederlanden im Gegensatz zu den deutschen Versicherern keine kapitalgedeckten Alterungsrückstellungen aufgebaut hatte und sich damit die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen von vornherein weniger unterschieden als hierzulande. Die WIP-Analyse „Die Krankenversicherung in den Niederlanden seit 2006“ kann im Internet unter www.wip-pkv.de heruntergeladen werden.

Für die Versicherten hat sich die finanzielle Belastung trotzdem seit 2006 merklich erhöht: Die Beitragsbemessungsgrenze stieg bis 2017 um

Am Puls

1 | 2018

15


Foto: clipdealer.de

DIGITALISIERUNG

Dass die Digitalisierung die Herausforderung ist, unsere Zukunft zu meistern, bestreitet mittlerweile niemand ernsthaft mehr

Digitalisierung noch stärker als Chance begreifen Von Tino Sorge, MdB

Das Thema Digitalisierung ist in aller Munde. Dass die Digitalisierung eine der, nein vielmehr DIE Herausforderung ist, unsere Zukunft zu meistern, bestreitet mittlerweile niemand ernsthaft mehr. Allerdings gibt es erheblich unterschiedliche Blickwinkel, wie wir Digitalisierung, gesellschaftlich und politisch begreifen.

Bei der Verwendung von Daten wird es keine 100prozentige Sicherheit geben

In erster Linie führen wir die Digitalisierungsdebatte in Deutschland meist schwerpunktmäßig unter Datenschutzgesichtspunkten. Häufig wird reflexhaft unter Verweis auf Datenpannen behauptet, die Politik müsse regulatorisch vorsorgen, dass

16

Am Puls

1 | 2018

einhundertprozentige Sicherheit bestehe. Gleichzeitig wird so getan, als könne Politik regulieren, ob und inwieweit Daten anfallen und was man damit machen können soll. Aber das ist meines Erachtens nicht der richtige Weg. Richtig ist, dass mittlerweile ständig Daten anfallen, gesammelt und genutzt werden. Gleichzeitig wird es datenbasierte Geschäfts- und Anwendungsmodelle geben - Stichwort Big Data und Künstliche Intelligenz – die wir uns heutzutage noch nicht oder kaum vorstellen können. Gerade im Gesundheitsbereich eröffnet die Digitalisierung völlig neue Möglichkeiten und hilft uns, unser Gesundheitssystem zum Patientenwohl durch neue, schnellere und bessere Versorgungsansätze zu verbessern oder gänzlich neue zu erschließen. Medizinischer Fortschritt wird durch Digitalisierung in den kommenden Jah-

ren zu exponentiellen Entwicklungsschüben führen. Denken wir an schnellere und präzisere Diagnose- und Präventionsmöglichkeiten und darauf basierend patientenindividuelleren Therapieansätzen im Bereich der Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes, Adipositas und Herz-Kreislauferkrankungen; egal, ob in den Städten oder auf dem Land. Hier wird beispielsweise der Ausbau der Telemedizin räumliche Barrieren überwinden und für eine noch bessere Versorgung sorgen. Dabei stellt sich die Frage: Wenn bereits im Jahr 2050 jeder dritte Deutsche 65 Jahre oder älter sein wird, wie können wir dann die Chancen von Telematik und für die Gesundheitsversorgung von immer älter werdenden und chronisch kranken Menschen nutzen? Tatsächlich können wir diese Frage mit der Digitalisierung beantworten. Prognosen zeigen, dass Big Data und E-Health die Medizin zunehmend und im großen Stile verändern werden. Dank neuster Medizintechnologie steht uns die Tür für eine individualisierte Medizin mit ausgezeichneten Behandlungen bereits offen.


DIGITALISIERUNG Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen

Aufgabe der Politik muss es daher sein, Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass innovative Ansätze und Ideen nicht unnötig erschwert oder gar verhindert werden. Im Gegenteil: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass der Zugang für Innovationen vereinfacht und Instrumente der Methodenbewertung im gemeinsamen Dialog mit allen wesentlichen Stakeholdern weiterentwickelt werden. Bereits jetzt beobachten wir, dass Patienten sich im Internet privat informieren und digitale Angebote, sei es über Apps, Wearables, medizinische Informationen oder digitale Tracking- und Vernetzungsmöglichkeiten, nutzen. Voraussetzung ist, dass sie für den Nutzer praktikabel sind und einen individuellen Mehrwert bieten. Insofern sollte Politik die Akteure ermutigen, digitale Lösungen anzubieten. Gleichzeitig ist durch entsprechende gesetzliche Regularien für den Nutzer dieser Angebote ein hohes Maß an Datenschutz und Datensicherheit zu gewährleisten. Der Nutzer muss transparent erkennen können, was mit seinen Daten geschieht. Er muss sich darauf verlassen können, dass damit kein „Schindluder“ getrieben wird. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir offener dem Thema der Datensouveränität und der Frage umgehen müssen, wie wir es dem Bürger ermöglichen, selbstbestimmt mit seinen Daten umgehen zu können und zu entscheiden, wer sie wie und wozu verwenden darf. Wenn fast drei Viertel der Deutschen das Internet zur Informationsgewinnung bei Gesundheitsthemen nutzen, kann man dies nicht leichtfertig ignorieren. Wenn wir nicht wollen, dass Facebook, Google, Amazon, Apple & Co zukünftig komplett das Feld übernehmen, müssen wir Innovationen in Digitalisierung auch durch deutsche Unternehmen in Deutschland ermöglichen. Das heißt, dies politisch durch die richtige Rahmengesetzgebung zu begleiten. Wir sollten es als positiven Fakt akzeptieren, dass Digitalisierung um uns herum passiert. Der Satz: „Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden.“ bringt es auf den Punkt. Deshalb sind wir gut beraten, Digitalisierung politisch konstruktiv zu begleiten.

Politik braucht starke Partner der Selbstverwaltung

Im Gesundheitsbereich kämen wir ein gutes Stück voran, wenn (sowieso bereits vorhandene Daten und) entstehende Daten zwischen allen Beteiligten im Gesundheitssystem vernetzt würden. Dies würde nicht nur zu einer Verbesserung der Patientenversorgung und Forschung führen, sondern auch erhebliche Effizienzund Kostenvorteile im Gesundheitssystem erzeugen. Eine erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung braucht viele Partner. Auch Ärzte, Kassen und Krankenhäuser müssen die Digitalisierung aktiv mit vorantreiben. Seitens der Politik werden wir versuchen, sie dabei auch finanziell und strukturell zu unterstützen. Unser Hauptansatzpunkt für einen zeitgemäßen Umgang mit Krankheiten ist ein intelligenter Einsatz digitaler Anwendungen. Fakt ist, dass durch die Anwendung von Gesundheits-Apps auf Mobilfunkgeräten kontinuierlich Gesundheitsdaten gesammelt werden. Ein reicher Schatz, der eine einzigartige Chance für Verbesserungen der Diagnostik und Therapie in der Medizin sowie Möglichkeiten für Forschungszwecke darstellt. Das Ziel dabei ist, eine personalisierte, präventive, therapeutische und forschungsbezogene Medizin auszubauen. Unnötigerweise wird Akteuren in der Forschung und Entwicklung aktuell noch zu häufig der Zugang durch hohe Eintrittsbarrieren erschwert. So ist zum Beispiel der Zugang in die Regelversorgung durch Krankenkassen ein langwieriger, teurer und komplexer Prozess und damit schwierig für innovative Produkte. Es fehlt vor allem auch an finanziellen Anreizen für innovative Ideen. Daher ist es gut, dass wir im aktuellen Koalitionsvertrag beschlossen haben, kleine und mittelgroße Unternehmen zukünftig bei ihren Forschungen und Entwicklungen mit einem Ziel von 3,5 Prozent des BIP bis 2025 steuerlich zu fördern.

Richtige Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung finden

Es fehlt aber auch an geeigneten Ansprechpartnern. Hier sorgt die neue EUDatenschutzgrundverordnung mit ihrer

Vielzahl an Regularien für Unsicherheit bei Anwendern mit Gesundheitsdaten. Die Herausforderung dabei ist es, eine Balance zwischen der Nutzung sensibler Gesundheitsdaten und dem Datenschutz zu finden. Das Eine darf das Andere nicht behindern. Ich sehe der Zukunft mit Interesse auf Innovationen entgegen. Mein Augenmerk liegt deshalb darauf, diese Entwicklungen positiv und verantwortungsvoll zu begleiten und nicht durch bürokratische Hürden auszubremsen. Unser Ziel ist es, dass Deutschland auch im Bereich der Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung durch zukunftsweisende Lösungen in den Bereichen Telemedizin und intelligente Assistenzsysteme internationaler Leitmarkt wird. Dafür brauchen wir eine innovationsorientierte Implementierung, beispielsweise der neuen EU- Verordnungen für Medizinprodukte und Datenschutz im deutschen Regelungsumfeld. Deutschland ist das Land der Forscher und Entwickler. Dieses großartige Potential sollte nicht leichtfertig verschenkt werden. Innovationen im Digital Health Bereich müssen wir zukünftig noch stärker als Chance sehen. Dies werde ich politisch auch so kommunizieren und begleiten.

TINO SORGE

Tino Sorge (43) vertritt seit der Bundestagswahl 2013 den Wahlkreis 069 Magdeburg im Deutschen Bundestag. Er ist Mitglied im Ausschuss für Gesundheit (Berichterstattung Gesundheitswirtschaft und Gesundheitsforschung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion)

Am Puls

1 | 2018

17


Der ältere Patient – ohne das Ehrenamt geht es nicht

Foto: Damaris/ pixelio.de

ÄLTERE PATIENTEN Bedingt durch eine höhere Lebenserwartung nimmt das Durchschnittsalter der Patientinnen und Patienten in den letzten Jahren immer weiter zu. So war 2016 bereits jeder fünfte Patient älter als 65 Jahre alt. Davon wiesen im Schnitt ca. 40 % kognitive Störungen auf und ca. 20 % litten an Demenz. Außerdem wird eine Zunahme älterer Patienten in den Notfallambulanzen verzeichnet. Einige Kliniken berichten, dass bei ihnen sogar fast jeder dritte Patient in der Notaufnahme 80 Jahre und älter sei. Daraus ergeben sich nicht nur Probleme für die Betroffenen und ihre Angehörigen, sondern auch für das Krankenhauspersonal. Gerade demenziell erkrankte Patienten benötigen eine deutlich größere Aufmerksamkeit. Neben einer Erhöhung der Betreuungszeit hat dies eine Zunahme der psychischen und physischen Belastungen für das Krankenhauspersonal zur Folge. Häufig sind Teile des Personals mit dieser Situation überfordert und zusätzlich fehlen spezielle Fachkräfte.

Da die Unterstützungsbedarfe der älteren oder mehrfach erkrankten Patientinnen und Patienten immer größer werden, kommt den ehrenamtlichen Helfern eine immer größer werdende Bedeutung zu

Von Claudia Middendorf

Die Lebenserwartung der Menschen in Deutschland steigt kontinuierlich an. Für viele Menschen ist diese Entwicklung ein Segen. Gleichzeitig stellt die steigende Lebenserwartung die älteren Menschen selbst, deren Angehörige und die Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Denn

18

Am Puls

1 | 2018

mit einer höheren Lebenserwartung steigt auch das Durchschnittsalter der Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern. Ein Problem, das die Politik bereits im Blick hat, aber auch weiterhin haben muss. Wie in vielen anderen Bereichen können auch hier die ehrenamtlichen Helfer eine wichtige ergänzende gesellschaftliche Stütze sein.

An dieser Stelle hat die Politik bereits reagiert. Mit dem Pflegeberufegesetz wurde ein wichtiges Element auf den Weg gebracht, um auf die zunehmenden Herausforderungen zu reagieren. Ab 2020 wird es die neue generalistische Pflegeausbildung geben, die mit dem Berufsabschluss “Pflegefachfrau” oder “Pflegefachmann” enden wird. Damit soll der Pflegeberuf aufgewertet und den demografischen Herausforderungen sowie zunehmenden Überschneidungen in den Arbeitsbereichen der Pflegeheime und Krankenhäuser Rechnung getragen werden. Eine wichtige Rolle werden weiterhin die vielen ehrenamtlichen Helfer rund um den Krankenhausbetrieb übernehmen. Wie in vielen anderen gesellschaftspolitischen Bereichen bieten engagierte Menschen bereits heute eine Fülle an


ÄLTERE PATIENTEN Hilfen für die Patientinnen und Patienten, ihre Angehörigen, aber auch das Krankenhauspersonal an. Dieses Angebot muss auf der einen Seite bereitgestellt und genutzt werden, auf der anderen Seite müssen die ehrenamtlichen Strukturen weiter gestärkt und ausgebaut werden. Mittlerweile verfügen in Nordrhein-Westfalen bereits die meisten Krankenhäuser über eine Patientenfürsprecherin oder einen Patientenfürsprecher. Zwar ist die Ausgestaltung der Tätigkeit und die Ausstattung der Fürsprecherinnen und Fürsprecher im Einzelfall noch unterschiedlich, aber allein die Möglichkeit, einen unabhängigen Ansprechpartner zu haben, ist eine wichtige Stütze für die Patientinnen und Patienten sowie für ihre Angehörigen. Zu ihren Aufgaben gehört es in erster Linie, ein offenes Ohr für die Sorgen, Probleme der Menschen in den Krankenhäusern zu haben. Ihr Fokus liegt dabei auf den Anliegen der Patientinnen und Patienten. Gleichzeitig ist aber der enge Kontakt zu den Mitarbeitern und der Leitung des Krankenhauses sehr wichtig. Nur, wenn man in einem gegenseitig respekt- und vertrauensvollen Austausch steht, kann man Dinge zum Wohle der Patientinnen und Patienten verändern. Eine weitere wichtige Stütze für die Krankenhauspatienten ist außerdem der ehrenamtlich organisierte Krankenhausbesuchsdienst, wie beispielsweise die „Grünen Damen“, die in einigen Häusern aktiv sind. Bei ihnen geht es darum, sich die Sorgen und Probleme der Menschen anzuhören, ohne dabei konkrete Arbeitsaufträge von den Betroffenen mitzunehmen. Bei Fragestellungen, die das Beschwerdemanagement betreffen, werden diese zwar weitervermittelt, in erster Linie geht es bei ihnen aber um den direkten Kontakt zu den Patientinnen und Patienten.

Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft kommt dieser Aufgabe eine noch größere Bedeutung zu. Immer häufiger sehen sich ältere Patientinnen und Patienten der Situation ausgesetzt, dass sie völlig alleine in einem Krankenhaus zurechtkommen müssen. Nicht jeder Mensch hat Angehörige oder jemanden, der sich dazu berufen fühlt, auf ihn aufzupassen. Durch Berufstätigkeit, Wohnortwechsel oder Schicksalsschläge besteht auch bei vorhandenen Angehörigen keine Sicherheit einer intensiven Betreuung. Da aber die Unterstützungsbedarfe der älteren oder mehrfach erkrankten Patientinnen und Patienten immer größer werden, kommt den ehrenamtlichen Helfern eine immer größer werdende Bedeutung zu. Zunehmend wird es für den Besuchsdienst und die Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher schwierig, allen oder möglichst vielen Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. Darüber hinaus stellt sich für die Betroffenen häufig die Frage: „Wie geht es nach dem Krankenhausaufenthalt weiter?“ Gelöst werden soll diese Fragestellung in erster Linie durch ein Entlassmanagement, das für alle Krankenhäuser seit dem 01.10.2017 verpflichtend ist und den Patientinnen und Patienten nach Aufenthalten den Übergang in die Zeit nach dem Krankenhaus erleichtern sollen. Die normale Alltagssituation im heimischen Umfeld wird mit diesem Dienst aber nicht abgedeckt. Gerade bei hilfsbedürftigen, älteren Menschen sind der Alltag und die medizinische Nachversorgung eng miteinander verknüpft. Außerdem fällt es ihnen nicht selten schwer, sich anschließend wieder zu Hause zu Recht zu finden. An dieser Stelle setzt die neueste Gruppe von Ehrenamtlichen aus diesem Bereich an: die Patien-

tenbegleitung. Verteilt über ganz Nordrhein-Westfalen gibt es bisher schon Standorte, an denen Ehrenamtliche in Zusammenarbeit mit professionellen Trägern ihre Hilfe anbieten. Die Begleiter unterstützen alleinstehende ältere Menschen rund um den Krankenhausaufenthalt und bei Arztbesuchen. Neben der inhaltlichen Unterstützung durch die ausgebildeten Ehrenamtler spielen auch hier der persönliche Kontakt, das Zuhören und das Spenden von Trost eine wichtige Rolle. Mit diesem Gesamtpaket aus engagierten Helferinnen und Helfern vor und während des Krankenhausaufenthalts, können zwar nicht immer alle Schwierigkeiten aus der Welt geschaffen werden, sie sorgen aber für spürbare Erleichterungen für alle beteiligten Seiten. Insbesondere schaffen sie eine Entlastung und sind eine wertvolle Stütze für die wichtigste Gruppe: die Patientinnen und Patienten.

CLAUDIA MIDDENDORF

Claudia Middendorf, 1969 in Dortmund geboren, ist seit 01.10.2017 Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderung sowie für Patientinnen und Patienten. Von November 2009 bis Juni 2010 sowie von Mai 2012 bis Mai 2017 war sie zudem Abgeordnete des Landtags Nordrhein-Westfalen

Am Puls

1 | 2018

19


Foto: CDU

KOALITIONSVERTRAG

KOALITIONSVERTRAG Licht und Schatten für die ambulante Versorgung

Es gibt keine Anzeichen, dass der Gesundheitsminister Jens Spahn von seiner insgesamt niederlassungsfreundlichen Position abrücken wird

Von Martin Degenhardt

171 Tage nach der Bundestagswahl hatte die Wartezeit ein Ende und eine neue Regierung hat die Amtsgeschäfte aufgenommen. Für den Gesundheitsbereich hat der neue Gesundheitsminister Jens Spahn keinen Zweifel daran gelassen, dass er zeitnah wichtige Änderungen anstoßen wird. Man darf davon ausgehen, dass Herr Spahn dabei auch die größeren Spielräume nutzen wird, die der Koalitionsvertrag ihm - im Gegensatz zu seinem Vorgänger - zugesteht. Eben weil der Koalitionsvertrag große Handlungsspielräume gelassen hat, ist der Blick auf die prägenden Personen der Gesundheitspolitik wichtig. Jens Spahn ist ein versierter Fachmann im Gesundheitswesen

20

Am Puls

1 | 2018

und ein gewisses Grundvertrauen in die Ausrichtung der Gesundheitspolitik erscheint mit Blick auf die ambulanten Versorgungsstrukturen durchaus gerechtfertigt. Es gibt jedenfalls keine Anzeichen, dass der Gesundheitsminister Spahn von seiner insgesamt niederlassungsfreundlichen Position abrücken wird. Auch die gesundheitspolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen - Karin Maag von der CDU/CSU Fraktion und Sabine Dittmar aus der SPDFraktion - gelten als Expertinnen auf ihrem Gebiet und haben sich mehrfach zur ambulanten Versorgung bekannt. Von den handelnden Personen wird es abhängen, wie genau die Spielräume genutzt werden und ob die neuen Regelungen zum Schaden oder zum Nutzen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten oder der Selbstverwaltung aus-

gestaltet werden. Werfen wir einen Blick auf die konkreten Regelungen des Vertrags. In einem ersten Sofortprogramm hat der neue Gesundheitsminister Maßnahmen zur Verkürzung der Wartezeiten auf Termine bei Ärzten und Psychotherapeuten angekündigt. Dazu gehört die Ausweitung der Terminservicestellen und der Mindestsprechstundenzeiten. Ob es sich dabei um ein reines Komfortproblem handelt spielt dabei ebenso keine Rolle wie die Tatsache, dass Deutschland im internationalen Vergleich die kürzesten Wartezeiten hat. Das Ziel kürzerer Wartezeiten ist durchaus im Interesse der Niedergelassenen. Wir wollen deswegen einen Beitrag dazu leisten. Allerdings halten wir bürokratische Regelungen


KOALITIONSVERTRAG wie den Eingriff in die Sprechstundengestaltung des freien Arztberufs oder die Ausweitung der Terminservicestellen für ungeeignet, um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten die meisten Niedergelassenen doch bereits heute deutlich mehr als die nun anvisierten 25 Stunden. Stattdessen würde eine Verringerung der Bürokratielast in den Praxen mehr Zeit für die Patientenversorgung bedeuten und wenn zumindest die Grundleistungen und die ärztliche Arbeitszeit endlich voll vergütet werden, dann steigt auch der Anreiz neue Patienten aufzunehmen und mehr Termine anzubieten. Nicht überraschend sieht der neue Koalitionsvertrag des Weiteren auch Regelungen zum Sicherstellungsauftrag in der Notfallversorgung vor. Dieser soll künftig von den Kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam mit den Landeskrankenhausgesellschaften erfüllt werden - in gemeinsamer Finanzierungsverantwortung. Spannend wird dabei, ob die derzeitige Selbstbedienungsmentalität der Krankenhäuser wirksam eingeschränkt wird und ob die Krankenhausgesellschaft nun ähnlich wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung eine Körperschaft wird. Denn ohne einen gesicherten Statuts auf Krankenhausseite erscheint eine gemeinsame Verantwortung kaum umsetzbar. Insgesamt sollte den Kraftanstrengungen der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Reform der Versorgung in sprechstundenfreien Zeiten die Möglichkeit gegeben werden, ihre Wirkung zu entfalten. Dazu gehört die Etablierung der Rufnummer 116117 als bundesweit erreichbare Notfallnummer ebenso, wie die zahlreichen Maßnahmen für die Etablierung von Bereitschaftspraxen (Portalpraxen) an Kliniken. Richtig wäre es, die Finanzierung des Notdienstes aus der budgetierten Gesamtvergütung herauszunehmen. Die FALKKVen stehen zum derzeitigen gestuften Notfallmodell. Wir sind sicher,

dass die Versorgung außerhalb der Sprechzeiten mit der derzeitig bestehenden Anzahl an Praxen sicherzustellen ist. Ziel muss es dabei sein, die Patienten wieder stärker in die richtigen Versorgungsbereiche zu lenken. Neben diesen Hauptpunkten sieht der Koalitionsvertrag weitere Regelungen vor. Positiv ist der Wille der Regierungsparteien, die ambulante Versorgung der Patienten zu stärken. Dafür sprechen vor allem das Bekenntnis zur besseren Vergütung der hausärztlichen Versorgung und der „sprechenden Medizin“, aber auch der geplante Ausbau von Disease-Management-Programmen oder die Fortführung des Innovationsfonds. Wir werden für eine bürokratiearme Umsetzung und für eine ausreichende Finanzierung dieser Verbesserungsvorschläge werben, damit diese einen Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung leisten. Kritisch sehen wir dagegen die geplante Ausweitung der Kompetenzen der Länder. Aus unserer Sicht drückt diese Entwicklung ein echtes Misstrauen der Politik gegenüber der Selbstverwaltung aus und wir wagen zu bezweifeln, dass es zu sachgerechteren Entscheidungen kommen wird, wenn die Länder in den Zulassungsausschüssen mitwirken. Statt mehr staatlichem Einfluss brauchen wir mehr Freiheiten für die Selbstverwaltung. Eingemauert zwischen einem immer dicker werdenden SGB V, einer Flut von Gerichtsentscheidungen und restriktivem Handeln der Aufsichten (vor allem des Bundesversicherungsamts) wird der Gestaltungsspielraum der KVen immer weiter reduziert. So kann eine patientengerechte Versorgung, die auch von den Vertretern vor Ort akzeptiert wird, nicht gelingen. Die Selbstverwaltung benötigt auch eine stärkere Handhabe bei der Gestaltung der Versorgungsstrukturen, um der Tendenz zu immer größeren

Zusammenschlüssen entgegentreten zu können. Denn eines müssen wir verhindern: Kapitalgesellschaften dürfen nicht die zentralen Akteure in der ambulanten Versorgung werden. Wenn es uns nicht gelingt, dass wirtschaftlich eigenverantwortlich tätige Vertragsärzte auch weiterhin die ambulante Versorgung prägen, dann werden jegliche Bemühungen um sinnvolle Verbesserungen in der Patientenversorgung konterkariert. Fazit: Der Koalitionsvertrag benennt die Arbeitspakete dieser Legislatur. Nicht alle Ideen sind geeignet, die Probleme zu lösen aber einige der Ideen sind es wert, zeitnah umgesetzt zu werden. Wir werben dafür, den vorhandenen Handlungsspielraum zu nutzen, um durch einen weitgehenden Ausbau der ambulanten Medizin die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung der Menschen in Deutschland zu verbessern. Dazu bedarf es mutiger Schritte und nicht einer Einigung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

MARTIN DEGENHARDT

Martin Degenhardt führt seit 2012 die Freie Allianz der Länder KVen (FALK) Diese vertritt die Interessen von 120.000 niedergelassenen Haus-, Fachärzten und Psychotherapeuten. Mitglied sind die KVen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein, Rheinland-Pfalz, Saarland und Westfalen-Lippe

Am Puls

1 | 2018

21


KOLUMNE KOMMENTAR

Zwischen Aufbruch und Abschied Sechs Monate nach der Bundestagswahl nimmt die neue Bundesregierung endlich ihre Arbeit auf. Wird der Koalitionsvertrag seinem Titel eines „neuen Aufbruchs“ und einer „neuen Dynamik“ auch in der Gesundheitspolitik gerecht werden können? Ein Grundstein ist gelegt... Bei der Pflege setzen die Koalitionäre mit dem „Sofortprogramm“ und der „konzertierten Aktion“ ein deutliches Zeichen, dass sie den Handlungsbedarf in diesem Sektor verstanden haben. Die weitreichenden Maßnahmen im Bereich der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte, zu denen sich Union und SPD verpflichtet haben, sind bedeutend.

gitalisierung im Bundesgesundheitsministerium unterstützen könne. Diese Möglichkeit und das damit verbundene Vertrauen durch Bundesminister Spahn haben mich sehr gefreut und geehrt – nach reiflicher Überlegung habe ich ihm gerne zugesagt. Ich freue mich sehr darauf, künftig an dieser Stelle wirken zu dürfen. Herzliche Grüße

Ihr Gottfried Ludewig

Auch andere Schwerpunkte des Koalitionsvertrags überzeugen. Die Bekenntnisse zu einer beschleunigten Etablierung der Telematikinfrastruktur, zum Öffentlichen Gesundheitsdienst, zur Stärkung des Impfschutzes und zur Reform der Notfallversorgung zeigen: Die neue Koalition will dort aktiv werden, wo Debatten zuletzt festgefahren schienen. Für die Gesundheitspolitik der neuen Legislatur gibt es daher guten Grund zur Zuversicht.

GOTTFRIED LUDEWIG

...und ein Abschied steht an Seit über zwei Jahren schreibe ich an dieser Stelle die Kolumne zu aktuellen gesundheitspolitischen Themen. Heute ist es Zeit, mich von Ihnen als Autor dieser Kolumne zu verabschieden. Im Zuge der Regierungsbildung hat mich der neu ernannte Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn MdB, gefragt, ob ich ihn künftig als Leiter einer neu zu schaffenden Abteilung für Di-

Dr. Gottfried Ludewig, MdA, ist seit 2011 gesundheitspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Als Koordinator der gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Landtagsfraktionen organisiert er eine jährliche Tagung in Berlin

Impressum Verlag und Herausgeber GK Mittelstands Verlag GmbH Günter F. Kohl Gärtnerkoppel 3 24259 Westensee/ Kiel Tel. 04305-992992 / Fax 04305-992993 E-Mail: gkprkiel@t-online.de Anzeigenverkauf: Über den Verlag

22

Am Puls

1 | 2018

Redaktion: Tim A. Küsters, redaktion-ampuls@gmx.de Internet: www.issuu.com/ampuls Satz und Layout: Walter Katofsky, Kiel Druck: RD-Druck Rendsburg

Titelfoto: Rainer Sturm/ pixelio.de


Himmel und Hölle

Gestaltung: Ralf Krämer | Foto: Christoph Gödan

Das Leben in der Stadt ist kein Kinderspiel!

Helfen Sie mit, Mädchen und Jungen zu schützen. In Städten. Weltweit.

kindernothilfe.de


Foto: Thommy Weiss/ pixelio.de


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.