am puls - Magazin für Politik und Gesundheit 02/13

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Jahrgang 10

20348

5,00 Euro

MAGAZIN FÜR

POLITIK UND GESUNDHEIT Katrin Albsteiger Gleiche Chancen für die Generationen S. 10

HERAUSFORDERUNG

Zukunft der Gesundheit

Bernd Peter Lange GesundheitsPerspektiven

S. 12

Andreas Kress Der Mensch im Mittelpunkt

S. 20


Caring and curing Caring and curing Leben retten und Gesundheit

Leben retten und ist Gesundheit verbessern – das unser Ziel. verbessern – das ist unser Ziel.

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EDITORIAL

Von Vor-Worten und Vor-Lauten Liebe Leserinnen und Leser, ein „Laut“ ist ein Geräusch oder Klang, hervorgerufen durch eine menschliche Stimme. Demnach unterscheiden sich Wort und Laut zumeist durch einen Denkprozess. Einen solchen Denkprozess erhoffen sich die Bürgerinnen und Bürger von den Parteien auch bei der Erarbeitung der Programme zur Bundestagswahl. Parteien setzen dabei vermehrt auf direkte Bürgerbeteiligung. Grundsätzlich eine gute Idee, denn Parteien sind der Katalysator der Meinung der Bevölkerung. Oder, wie es in Paragraph 1 des Parteiengesetzes heißt: „Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie (…) die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozess der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen.“ Doch was ist der „politische Wille des Volkes“? Ist es der „Laut“ der sich schrill Bahn bricht? Oder ist es das „Wort“, welchem im besten Fall ein Meinungsbildungsprozess vorangegangen ist? Noch anders gefragt: gilt noch die Redensart: „Wer laut wird, hat Unrecht“? Wenn das Wort des Schreihalses – pardon: oder der Schreihälsin – mehr Gehör findet, als die Meinung der schweigenden Mehrheit, wird es Zeit, sich auf die ursprüngliche Aufgabe der Parteien zurückzubesinnen: eine mehrheitsfähige Meinung herauszukristallisieren. Nicht jeder Aufschrei ist auch einen Widerhall wert. Die Wählerinnen und Wähler wollen realistische Wahlprogramme, keine Schreckensszenarien und keine Wolkenkuckucksheime. Wer vor der Wahl die Welt in schillernden

Farben malt, unterschätzt die Wähler. Wer zu vage bleibt aber auch. Parteien, insbesondere Volksparteien, müssen in ihren Wahlprogrammen Worte finden, die die Mehrheit der Wähler anspricht. Dabei sind auch die Worte der Leisen wichtig. Denn es sind diese, die zum Wohlstand unserer Gesellschaft durch ihren Fleiß maßgeblich beitragen. Es sind aber auch die, die keine Lobby haben und Hilfe brauchen. Wähler wollen von Parteien lieber wenige glaubwürdige Worte, statt massive hohle Laute. Sie wollen, dass nach der Wahl auch das umgesetzt wird, was vor der Wahl versprochen wurde. Dann sind die Worte der Parteiprogramme auch etwas wert. Dann hat die Bürgerbeteiligung in diesem Prozess auch einen Sinn und ist nachhaltig. Deshalb gilt die alte Handwerkerweisheit: „Erst grübeln, dann dübeln!“ In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine angenehme Lektüre. Ihr

INHALT 4 Wer pflegt uns morgen?

Die gewaltigen demografischen Veränderungen, die uns bevorstehen, bergen auch große Chancen, meint Lutz Stroppe

6 Wer ist pflegebedürftig?

Der saarländische Sozialminister Andreas Storm spricht sich für eine Neudefinition des Begriffs der Pflegebedürftigkeit aus

8 KBV stellt Labormedizin in Frage

Unser Autor Frank Rudolph sieht die Labormedizin durch die Reduktion der Kostensätze um zehn Prozent am Scheideweg. Arbeitsplätze seien ebenfalls gefährdet

10 Gleiche Chancen für alle

Die CSU-Nachwuchspolitikerin Katrin Albsteiger macht sich Gedanken zum Thema Generationengerechtigkeit und eine gerechte Ressourcen-Verteilung

12 Das Gesundheitssystem 2020

Der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Peter Lange erläutert sein Konzept um Gesundheitssystem im Jahre 2020. Im Zentrum: das duale System der Finanzierung

16 Erwartungen junger Ärzte

Unser Autor Christian Otte und seine Kollegen schauen mit Spannung und großen Erwartungen auf die kommende Bundestagswahl.

17 Kein „Geschäft mit dem Tod“

Für MdB Ansgar Heveling gehört zum Verfassungsauftrag des Parlaments, das Grundgesetz und damit auch die darin festgeschriebene Würde des Menschen zu schützen

18 Näher am Patienten

Die wirtschaftliche Situation der Apotheken ist nach wie vor angespannt. Apotheker Thomas Preis stellt in seinem Beitrag die Patientensicherheit in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen

20 Forschung kostet Geld

Andreas Kress beklagt in unserem Interview, dass die forschenden Pharmaunternehmen fast ausschließlich auf ihre Rolle als Kostenfaktor im Gesundheitssystem reduziert werden

Tim A. Küsters Chefredakteur

22 Kommentar

Für Gesundheitspolitiker Jens Spahn ist Sozialpolitik auch Wirtschaftspolitik

22 Impressum

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Foto: Michaela Schöllhorn/ pixelio.de

PFLEGE len für Altenpflegefachkräfte kommen nur 35 gemeldete Arbeitssuchende 3 – und das trotz steigender Ausbildungszahlen, die der Altenpflege mittlerweile einen der ersten Plätze im Vergleich aller Ausbildungsberufe sichern. Dem Berufsfeld der Altenpflege stehen darüber hinaus – wie auch anderen Ausbildungsberufen bedingt durch die demografischen Veränderungen ‒ immer weniger junge Menschen am Ausbildungsmarkt zur Verfügung. Der demografische Wandel verschärft nicht nur den Engpass an Pflegefachkräften, er verändert auch die Anforderungen an das Personal im Berufsalltag. Moderne Versorgungsstrukturen erfordern zunehmend eine fachübergreifende pflegerische Qualifikation, die auch Kompetenzen zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen beinhaltet.

Wer pflegt uns morgen? Herausforderungen und Potenziale der Altenpflege

Die demografischen Veränderungen, die uns bevorstehen, bergen große Chancen, nicht zuletzt für ein menschliches Miteinander und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft

Von Lutz Stroppe

1. Auswirkung des demografischen Wandels auf die Altenpflege

In einigen Regionen Deutschlands kommt heute ein Kind unter sechs Jahren auf fünf Menschen über 65 Jahre. Dort wird es im Jahr 2025 bei 14 Menschen über 65 Jahre nur noch ein Kleinkind geben. An diesem Beispiel verliert der demografische Wandel seine theoretische Unverbindlichkeit. Nicht nur die Frage „Wer pflegt uns morgen?“ wird sehr konkret.

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Sicher ist: mit dem stetigen Anstieg der Lebenserwartung in Deutschland steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen älteren Menschen. Bis 2030 wird ein Zuwachs von derzeit 2,5 Mio.1 auf 3,37 Mio. erwartet.2 Zugleich wächst der Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal in der Altenpflege, die bereits heute ein Engpassberuf ist. Auf 100 gemeldete offene Arbeitsstel-

Ein einfaches Erfolgsrezept, die dargestellten Herausforderungen in der Pflege zu meistern, gibt es nicht. Insbesondere dürfen wir uns nicht auf den positiven Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich der Altenpflege ausruhen. Vielmehr bedarf es auch jetzt der Weiterentwicklung, damit die Altenpflege ihrer hohen Verantwortung gerecht werden kann. Vieles ist daher auf Bundes- und Länderebene sowie in der Pflegebranche in Bewegung. Zwei Maßnahmen mit besonderem Wirkungspotenzial möchte ich im Folgenden hervorheben: die „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ sowie das Gesetzesvorhaben zur Weiterentwicklung der Pflegeberufe.

2. Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege

Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in der Altenpflege hat die Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 13. Dezember 2012 eine „Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege“ gestartet. Die Offensive bündelt die Kräfte aller Ver-

1 Vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2011, Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung Deutschlandergebnisse. 2 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Demografischer Wandel in Deutschland, Heft 2, 2010. 3 Vgl. Fachkräfteengpässe in Deutschland, Analyse Dezember 2012 der Bundesagentur für Arbeit.


PFLEGE antwortlichen im Bereich der Altenpflege. Partner sind die Länder, die Bundesagentur für Arbeit, die Wohlfahrtsverbände, die Verbände der privaten Einrichtungsträger, die Berufs- und Fachverbände der Altenpflege, die Kostenträger, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, die Gewerkschaft ver.di sowie die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Auf rund 50 Seiten Vereinbarungstext haben die Partner konkrete Ziele für die Laufzeit der Offensive bis Ende 2015 verabredet, um die Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege zu fördern und die Attraktivität des Berufs- und Beschäftigungsfeldes zu erhöhen. Zu den Zielvereinbarungen gehören unter anderem die stufenweise Steigerung der Ausbildungszahlen um jährlich zehn Prozent bis 2015, die Wiedereinführung der dreijährigen Umschulungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit während der Laufzeit der Offensive bei gleichzeitiger Stärkung der Möglichkeit zur Ausbildungsverkürzung bei entsprechenden Vorkenntnissen, die Nachqualifizierung von bis zu 4 000 Pflegehelferinnen und Pflegehelfern zur Altenpflegekraft und eine gemeinsame Öffentlichkeitskampagne der Partner zum Ausbildungs- und Beschäftigungsbereich der Altenpflege. Bis 2015 erfolgt die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen durch alle Partner. 2014 wird ein Zwischenbericht veröffentlicht, um den Erfolg der Offensive nachzuvollziehen. Die abschließende Bilanz des Ausbildungspaktes werden wir auf einer gemeinsamen Abschlussveranstaltung im Jahr 2016 vorstellen. Der Bund hat bereits einige wichtige Maßnahmen der Offensive umgesetzt. So wurden mit dem Gesetz zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege (BGBl. I 2013, S. 446) die bestehenden Möglichkeiten zur Ausbildungsverkürzung für berufliche Weiterbildungen durch Änderung des § 7 Altenpflegegesetz erweitert sowie die erneute, auf drei Jahre befristete Vollfinanzierung auch von nicht verkürzbaren beruflichen Weiterbildungen durch die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter geregelt. Des Weiteren

ist das Informationsportal www.altenpflegeausbildung.net online gegangen und das Beratungsteam Altenpflegeausbildung des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) hat seine Arbeit aufgenommen.

3. Gesetzesvorhaben zur Weiterentwicklung der Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz)

Die gegenwärtige Differenzierung der Pflegefachberufe in Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege wird den Entwicklungen der Versorgungsstrukturen nicht mehr gerecht. Die Anforderungen an das Personal in der professionellen Pflege haben sich verändert. Der Arbeitsmarkt in diesem dynamischen Dienstleistungssektor erfordert in Zeiten des demographischen Wandels den flexiblen und universellen Einsatz von Pflegefachkräften. Während in den Pflegeeinrichtungen immer mehr medizinische Behandlungspflege erbracht werden muss, trifft das Personal in den medizinischen Versorgungseinrichtungen auf eine steigende Zahl älterer und hochaltriger Menschen. Die Aufgabenbereiche der Pflegekräfte weisen somit in den unterschiedlichen Versorgungsstrukturen immer mehr inhaltliche Überschneidungen auf.

feldes Pflege für junge Menschen erhöhen und die Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten der Pflegenden über die gesamte Zeit ihres Erwerbslebens verbessern wird. Ergänzend zu einer dreijährigen beruflichen Ausbildung soll die akademische Ausbildung zur Pflegefachkraft an Hochschulen gesetzlich geregelt werden. Die Möglichkeit eines Hochschulstudiums entspricht der Vielschichtigkeit des Berufsfeldes Pflege und ist angesichts der Komplexitätszunahme der Pflegeprozesse, einer sich verändernden Arbeitsteilung und der zunehmenden interprofessionellen Zusammenarbeit sinnvoll.

4. Fazit

In allen Bereichen unserer Gesellschaft müssen die Herausforderungen, vor die uns der demografische Wandel stellt, angenommen und Lösungsansätze in konkrete Politik umgesetzt werden, so wie wir es im Bereich der Pflege tun. In gemeinsamer Verantwortung kann und wird es uns gelingen, die Pflege unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht nur sicher zu stellen, sondern auch qualitativ zu verbessern.

LUTZ STROPPE

Es ist daher wichtig, Konkurrenzen zwischen den derzeitigen Pflegeberufen zu überwinden sowie die Flexibilität und Mobilität der Pflegenden zu erhöhen, indem die Pflegeberufe zukunftsgerecht weiterentwickelt werden. Nur so können wir den Anforderungen an eine moderne, gestufte und durchlässige Pflegebildung gerecht werden. Eine zukunftsgerechte Berufsausbildung muss die Pflegefachkräfte ganzheitlich, d. h. für präventives, kuratives, rehabilitatives, palliatives und sozialpflegerisches Handeln qualifizieren. Die Bundesregierung beabsichtigt daher, die gegenwärtigen Pflegeausbildungen zu modernisieren und in einem Gesetz zur Weiterentwicklung der Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz) zu einer generalistischen Ausbildung mit nur einem Berufsabschluss zusammenzufassen. Ich bin davon überzeugt, dass die Zusammenführung der Pflegeberufe, die Versorgungssituation verbessern, die Attraktivität des Berufs-

Lotz Stroppe, Jahrgang 1956, ist seit Juli 2012 Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Nach Stationen als Leiter der Bildungswerke Mainz und Berlin der Konrad-Adenauer-Stiftung, war er von 1999 bis 2006 Büroleiter von Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut Kohl. Von 2006 bis 2010 übernahm er die Aufgabe des Bereichsleiters „Politische Programme und Analysen“ („Politikchef“) in der CDU Bundesgeschäftsstelle. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder

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Foto: JMG/ pixelio.de

PFLEGE + DEMOGRAFIE

PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT

neu definieren

Wir müssen neue Lösungen für die ständig wachsenden und immer neuen ökonomischen und sozialen Probleme zu finden

Von Andreas Storm Knapp zwei Jahrzehnte nach Einführung der Pflegeversicherung stellt die demografische Entwicklung in unserem Land unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen und die Politik vor die große Aufgabe, neue Lösungen für die ständig wachsenden und immer neuen ökonomischen und sozialen Probleme zu finden.

Die demografische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland ist im Wesentlichen durch den kontinuierlichen Anstieg der Lebenserwartung und eine dauerhaft niedrige Geburtenrate geprägt. Unter der Annahme einer konstanten altersspezifischen Pflegewahrscheinlichkeit wäre für die Zukunft bei Abnahme der Gesamtbevölkerung ein gleichzeitiger konstanter Anstieg der Pflegebedürftigen in der Bevölkerung zu erwarten. Wir müssen daher die Auswirkungen auf die umlagefinanzierten

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Sozialversicherungssysteme und die Kommunen in den Mittelpunkt unserer politischen Diskussionen in der neuen Legislaturperiode stellen. Wir müssen uns die Frage stellen, was ist uns die Pflege wert? Im Klartext: Wie viel Geld sind wir bereit, zur Sicherung einer menschenwürdigen und teilhabeorientierten Pflege zur Verfügung zu stellen?

Pflege ist nicht gleich Pflege Um unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu machen, brauchen wir eine wirksame Stärkung der Prävention und Rehabilitation zur Verringerung von Pflegebedürftigkeit. Wir müssen Pflegebedürftigkeit neu definieren, dazu gehört auch ein neues Begutachtungsverfahren zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit. Die pflegerische und soziale Infrastruktur muss an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen und der Pflegenden orientiert werden. Wir werden die Pflegeausbildung generalisieren müssen und nicht

zuletzt brauchen wir eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung. Pflegebedürftige Menschen sind keine homogene Gruppe. Die Bedürfnisse und Bedarfe pflegebedürftiger Menschen sind je nach ihrem sozialen und kulturellen Hintergrund, ihrem bis dahin gelebten Leben und ihren familiären Beziehungen sehr unterschiedlich. Für mich hat daher die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs hohe Priorität, denn der derzeitige Pflegebedürftigkeitsbegriff ist zu eng gefasst und steht im Gegensatz zu einem modernen Pflegeverständnis. Ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff sollte alle körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen umfassen, er sollte sich differenziert an den Lebenslagen pflegebedürftiger Menschen orientieren und auf den Grad der Selbständigkeit abstellen. Dadurch würden Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen und einem allgemeinen Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf in das System der Pflegeversicherung integriert. Ein solcher Pflegebegriff würde eine stärkere Berücksichtigung von Teilhabeorientierung in der Pflegeversicherung leisten.

Neuer Pflegebegriff Wenn wir über einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff nachdenken, müssen wir aber auch über ein neues Begutachtungsverfahren und die entsprechende Ausgestaltung der Leistungen der Pflegeversicherung nachdenken. Damit meine ich, dass Leistungsbemessung und Leistungshinterlegung der künftigen Pflegegrade die unterschiedlichen Bedarfe an Pflege, Unterstützung und Betreuung berücksichtigen müssen. Darüber hinaus muss es uns aber auch um eine sachgerechte Flexibilisierung der Leistungsformen der Pflegeversicherung gehen, mit dem Ziel, die Teilhabe pflegebedürftiger Menschen unabhängig von dem Ort der Leistungserbringung zu gewährleisten sowie Selbstbestimmung und Autonomie zu stärken. Der überwiegende Teil der Bevölkerung möchte zu Hause gepflegt werden. Um eine solche Versorgung in der Zukunft zu sichern, benötigen wir kleinräumige, alltagsbezogene und nachhaltige Pflegearran-


PFLEGE + DEMOGRAFIE gements, flankiert von niederschwelligen Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfsangeboten zum Beispiel auch in der Pflegeund Wohnberatung. Dazu sollten natürlich auch die Förderung neuer Wohnkonzepte und der Aufbau von sorgenden Gemeinschaften kommen. Kurz gesagt: Wir müssen eine Kultur entwickeln, in der die in einer Stadt oder Gemeinde lebenden Bürgerinnen und Bürger spüren, dass sie gebraucht werden, dass alle miteinander verbunden sind, voneinander lernen können und einander unterstützen. Dies erfordert ein Umdenken in unserer Gesellschaft. Eine zukunftsgerechte Berufsausbildung muss zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen in allen Versorgungsformen befähigen. Deshalb brauchen wir eine generalistische, gestufte und durchlässige Pflegeausbildung und eine bessere Verzahnung der Alten-, Kranken-, und Kinderkrankenpflegeausbildung.

Individueller Bedarf als Maßstab Aber wir müssen uns auch der Frage der Auswirkungen des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs auf andere Leistungssysteme wie die Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und die Sozialhilfe mit ihren Leistungen der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung stellen. Bei dem angestrebten neuen Verständnis von Pflegebedürftigkeit nehmen die Abgrenzungsprobleme zu. Im Interesse der pflegebedürftigen und behin-

derten Menschen müssen wir ein besseres Ineinandergreifen und eine bessere Koordination mit den Leistungen der Eingliederungshilfe ermöglichen. In der nächsten Legislaturperiode soll ein Bundesleistungsgesetz auf den Weg gebracht werden, das die Menschen mit Behinderung aus dem „Fürsorgesystem“ der Sozialhilfe herausführt und die Eingliederungshilfe zu einer personenzentrierten Teilhabeleistung weiterentwickelt. Maßstab für die Leistungserbringung soll der individuelle Bedarf des Menschen mit Behinderung unabhängig von seiner Wohnform sein. Aufgrund von Pflegebedürftigkeit werden künftig auch mehr Sozialleistungen sowie gesundheitliche und soziale Dienstleistungsangebote in Anspruch genommen werden. Die bestehenden Schnittstellen- und Übergangsprobleme zwischen dem SGB V und dem SGB XI, aber auch die angestrebte Zusammenführung der Pflegeberufe und deren Finanzierung werfen für mich daher die Frage auf, ob eine Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung die Schnittstellen- und Übergangsprobleme beseitigen, ein besseres Ineinandergreifen der Leistungen bei Pflegebedürftigen gewährleisten und das Verschieben finanzieller Verpflichtungen zwischen den beiden Systemen auf dem Rücken der Pflegebedürftigen beenden könnte, und andererseits einen Anreiz bieten würde, gesundheitsfördernde, präventive und rehabilitative Maßnahmen zwecks Verringerung von Pflegebedürftig-

keit zu bewilligen sowie weiterzuentwickeln und damit die Pflege insgesamt stärken würde. Klar ist, dass die Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung ein mehr an Finanzausstattung braucht als die derzeitige Summe der beiden Einzelsysteme. Allein die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs wird schätzungsweise jährliche Mehrausgaben zwischen 4 und 5 Mrd. Euro erforderlich machen.

ANDREAS STORM

Andreas Storm (48) ist seit Mai 2012 Minister für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie im Saarland. Der Volkswirt war zuvor seit August 2011 Leiter der Staatskanzlei und Minister für Bundesangelegenheiten. Von 1994 bis 2009 gehörte er dem Bundestag an. Er war 2005 bis 2009 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium und von 2009 bis 2011 beamteter Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium

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Foto: Rolf von Melis/ pixelio.de

LABORMEDIZIN

LABORMEDIZIN AM SCHEIDEWEG

Die KBV stellt die Labormedizin grundsätzlich in Frage, und diese selbst befindet sich nun an einem Scheideweg

Von Frank Rudolph Mit der Einführung der bundeseinheitlichen Abstaffelungsquote Q für die Laborkosten in Höhe von 89,18 Prozent, hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung am 07.12.2012 für die fachärztlichen Labore die fest vereinbarten Kostensätze um mehr als 10 Prozent reduziert und diese ab dem 01.01.2013 in Kraft gesetzt. Der unkontrollierte und nicht nachvollziehbare Verlust gefährdet nicht nur Arbeitsplätze in den Facharztlaboratorien, sondern bedroht im Kern die Existenzfähigkeit jedes fachärztlichen Labors. Letztlich wird damit, neben der Standortsicherung des Facharztlabors, unweigerlich die wohnortnahe fachärztliche Versorgung der Bevölkerung für diesen Sektor massiv gefährdet. Damit stellt die KBV die Labormedizin grundsätzlich in Frage und diese selbst befindet sich nun an einem Scheideweg. Dabei scheint ein Ende der Budgetierung, Quotierung oder anderer Kürzungsmaßnahmen in diesem Bereich immer noch nicht absehbar. Die KBV beabsichtigt nun, zur Quersubventionierung der fachärztlichen Grundpauschale, weitere 42 Millionen Euro aus der Laborvergütung zu entnehmen.

Fragwürdige Quotierung Eine Begründung oder auch nachvollziehbare Berechnungsgrundlage erhal-

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ten die Laborärzte nicht, im Gegenteil, man wird mit fadenscheinigen Ausreden abgespeist. So kommt der GKV-Spitzenverband mit Schreiben vom 22. Februar 2013 zu der Erkenntnis, dass aus seiner Sicht Instrumente zur Steuerung des Umfangs von vertragsärztlichen Leistungen grundsätzlich notwendig sind. Diese Mengensteuerung soll u.a. eine medizinisch nicht sinnvolle Leistungsausweitung unterbinden. Die KBV als auch der GKV Spitzenverband scheinen dabei aber völlig außer Acht zu lassen, dass die fachärztlichen Labore auf Anforderung arbeiten und eine Mengensteuerung an dieser Stelle überhaupt nicht kontrollierbar ist. Im Gegenteil, mit dem Instrument der Quotierung werden den anderen Facharztgruppen durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung quasi Flatrates für labormedizinische Untersuchungen und deren Anforderung in die Hand gegeben. Fachärzte für Laboratoriumsmedizin sowie Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie sind gesetzlich verpflichtet, die von ihnen nicht steuerbaren Auftragsleistungen der Veranlasser zu erbringen (§ 95 Abs. 3 SGB V). Obwohl sie keine Handlungsalternative haben, werden sie mit einer nur noch quotierten Vergütung „bestraft“. Ich möchte an dieser Stelle sogar noch weiter gehen, die KBV unterstützt

eine Leistungsanforderung in dem Wissen, dass diese in Teilen überhaupt nicht bezahlt wird. Dieser Fakt wird hier billigend in Kauf genommen. Die Quotierung ist im Bereich der Labormedizin zur Mengensteuerung auch völlig ungeeignet. Es wird nicht die Menge der erbrachten Leistungen begrenzt, sondern lediglich die Höhe der Kostenerstattung reduziert.

Steigende Kosten bei gleichen Honoraren Als zum 01.01.2007 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz die bis dato geltenden Honorarbudgets abgeschafft und durch die Regelleistungsvolumina ersetzt wurden, waren die Hoffnungen sowohl in der Politik als auch bei der Ärzteschaft sehr groß, nun endlich eine gerechte und sichere Honorierung zu erhalten. 6 Jahre später ist Ernüchterung eingekehrt und längst spricht man nicht nur hinter vorgehaltener Hand wieder von Budgetierung. Schlimmer noch, viele Ärzte sind der Meinung, dass die Regelleistungsvolumina eine deutliche Verschlechterung der Honorarsituation gebracht haben. Die jährlichen Honorarsteigerungen, die ständig kritisch in der Presse begleitet werden, kommen bei den Ärztinnen und Ärzten kaum an und verschwinden in einer gigantischen Umverteilung. Im Januar 2013


LABORMEDIZIN verkündete die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein stolz, dass man mit den Krankenkassen in NRW eine Honorarsteigerung von 5,15 Prozent ausgehandelt habe, ein Ergebnis, das alle Verhandlungspartner als fairen Kompromiss betrachteten. Leider ist dies in der Labormedizin nicht angekommen, hier steht seit dem 01.01.2013 eine bundeseinheitliche Quotierung um mehr als 10 %. Berücksichtigt man nun noch, dass der ärztliche Honoraranteil in der Labormedizin seit 1999 unverändert ist, fragt man sich, warum die bis dato aufgelaufenen angeblichen Honorarsteigerungen hier nicht angekommen sind. Die fachärztlichen Labore sehen sich kaum mehr in der Lage, bei steigenden Kosten für die Erbringung der überwiesenen Auftragsleistungen, den nun aufgelaufenen und tatsächlich vorhandenen Deckungsfehlbetrag durch weitere Rationalisierungsmaßnahmen zu kompensieren. Die steigenden Kosten betreffen insbesondere die Bereiche der Personalkosten, immer höhere Aufwendungen für die Qualitätssicherung, Logistik für die Probenabholung, Verbrauchsmaterialien wie Entnahmematerial und Reagenzien sowie Energie- und Mietkosten.

Beispiel: Diagnose Leukämie Für die Laborärzte in Deutschland steht die qualitativ hochwertige und zeit- und bedarfsgerechte Verfügbarkeit der Labormedizin für alle Patientinnen und Patienten an oberster Stelle. Es darf aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass eine solide betriebswirtschaftliche Kalkulation und Unternehmensführung dafür sorgen,

dass diese Versorgung auch in Zukunft flächendeckend und wohnortnah aufrechterhalten bleibt. Dafür brauchen die Laborärzte eine sichere Honorarbasis und eine gerechte Vergütung. Hier ist allerdings eine deutliche Schieflage erreicht, die mit der Einführung der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung beschlossenen Quotierung ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Am Beispiel der Diagnose „Leukämie“ sei dies einmal verdeutlicht. Die wesentliche diagnostische Maßnahme ist die Untersuchung des peripheren Venenblutes auf das Vorhandensein von bösartig entarteten Blutzellen. Dieses erfolgt durch Messung des Blutbildes und mikroskopischer Begutachtung eines gefärbten Blutausstriches. Im Rahmen der bundeseinheitlichen Quotierung wird die Kostenerstattung auf 0,98 € bzw. 0,36 € abgesenkt. Es gefährdet die Patientenversorgung, wenn von den Laboren erwartet wird, dass auch unter dem Aspekt der Mischkalkulation eine bedeutende medizinische Diagnose wie „Leukämie“ unter einem derartigen Kostendruck zu stellen ist. Eine aufwendige, bis zu 30 Minuten dauernde mikroskopische Beurteilung eines gefärbten Blutausstriches, die nur von erfahrenen und qualifizierten Medizinisch Technischen Laboratoriumsassistentinnen bzw. -assistenten vorgenommen werden kann und nachfolgender Kontrolle durch den Laborarzt, inklusive der Materialkosten für eine derart niedrige Kostenerstattung erbringen zu müssen, ist in keiner Weise zu rechtfertigen. Man muss sich politisch fragen, ob das

System der Kassenärztlichen Vereinigungen unter diesen Gesichtspunkten noch Sinn macht und welche Alternativen in Zukunft zur Diskussion stehen. Wenn niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zur Errechnung ihres Honorars ein Grundstudium in Mathematik benötigen, ist das gesamte Honorarsystem in Schieflage und muss grundlegend reformiert werden.

FRANK RUDOLPH

Frank Rudolph, Jahrgang 1960, ist Mitglied der Geschäftsführung der Ilmed GmbH, einem Unternehmen der Laborund Medizintechnik. Er verantwortet dort den Bereich der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Weiterhin ist der studierte Betriebswirt politisch aktiv und 1. Stellv. Vorsitzender des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises (GPA) der CDU NRW. Ebenso ist er seit fünf Jahren Mitglied der Bundeskommission Gesundheit der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU. Frank Rudolph ist verheiratet und hat 3 Kinder

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GENERATIONENVERTRAG

Gleiche Chancen für die Generationen Von Katrin Albsteiger

„Große Vergangenheit verpflichtet, sie verpflichtet zum Streben nach gleich großer Zukunft.“ Diese Worte, die Konrad Adenauer anlässlich der Eröffnungsfeierlichkeiten der Universität Köln im Jahr 1919 aussprach, beschreiben recht treffend, die Herausforderung der Politik von heute: sich nicht auszuruhen auf dem Erreichten, sondern aktiv und verantwortungsvoll in die Zukunft zu denken und zu gestalten. Als ich mich vor rund zehn Jahren dazu entschied, mich politisch zu engagieren, war es mir ein großes Anliegen, der jungen Generation eine starke Stimme zu geben. Es ist unbestritten ein wichtiges Fundament, dass Politik von Menschen gestaltet wird, die auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Aber nicht minder wichtig ist es, dass junge Menschen und ihre Interessen und Visionen eine gewichtige Rolle im politischen Tagesbetrieb spielen.

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Nun wurde ich vor zwei Jahren zur Landesvorsitzenden der Jungen Union Bayern gewählt und mache es mir seitdem zur Aufgabe, einen politischen Diskurs über Generationengerechtigkeit anzustoßen und weiter zu begleiten. Was meint nun dieses große Wort „Generationengerechtigkeit“? Generationengerechtigkeit ist dann erreicht, wenn die Chancen zukünftiger Generationen auf Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse mindestens so groß sind wie die der heutigen Generation. Um dies zu erreichen, verknüpft das Konzept der Generationengerechtigkeit die Bedürfnisse der heutigen Generation mit den Lebenschancen der künftigen Generationen. Das Prinzip der Generationengerechtigkeit geht von der Grundüberlegung aus, dass die Gestaltungsspielräume der heutigen und der kommenden Generationen in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen sollen. In der Konsequenz bedeutet das: Der Staat hat in seinem Handeln nicht nur die gegenwärtigen Interessen zu berücksichtigen, sondern auch die Interessen künftiger Generationen.

Gerechte Ressourcen-Verteilung So verstanden bedeutet Generationengerechtigkeit: Eine gerechte Verteilung der Ressourcen, die von der aktiven Bevölkerung geschaffen werden und eine Politik, die dafür sorgt, dass die Potentiale der aktiven Bevölkerung und nachfolgenden Generationen so weit als möglich realisiert werden können. Ziel einer generationengerechten Politik muss es sein, jede Generation in die Lage zu versetzen, ihre Möglichkeiten ausschöpfen zu können. Sie darf also nicht von den hinterlassenen Lasten anderer, vorangehender Generationen überfordert werden. Eine der größten Herausforderungen für unsere Gesellschaft ist der demografische Wandel. Mit der Bevölkerung altern auch die Wähler. Der Anteil der über 65 jährigen wird sich im Verhältnis zur Bevölkerung im Alter von 20 bis 65 in den kommenden Jahren verdoppeln. Aufgrund dieser demografischen Veränderung besteht die Gefahr, dass politische Entscheidungen ausschließlich an den Interessen der größten Bevölkerungsgruppe ausgerichtet wer-


GENERATIONENVERTRAG den. Wir werden Zeuge einer Tendenz zur Bevorzugung der Gegenwart und zur Vernachlässigung der Zukunft. Wer Wahlen gewinnen will, orientiert sein politisches Handeln Konrad Adenauer: „Große Vergangen- an den Bedürfheit verpflichtet, sie verpflichtet zum nissen der akStreben nach gleich großer Zukunft“ tuellen Wähler. Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen besteht daher die Gefahr, dass politische Entscheidungen zu Lasten nachfolgender Generationen getroffen werden, um Interessen gegenwärtiger Bevölkerungsgruppen zu bevorzugen. Die Gerechtigkeit zwischen den Generationen würde dabei verletzt. Künftige Generationen verlören dadurch die Freiheit zu eigenständiger Politik.

Verschuldungsverbot Um dies zu verhindern und um dem Prinzip der Generationengerechtigkeit Bedeutung im politischen Handeln zu verleihen, bedarf es daher einiger grundsätzlicher regulativer Maßnahmen. Zum einen wäre es sinnvoll, das Prinzip der Generationengerechtigkeit als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Damit würde den Interessen künftiger Genera-

Allergologie Allgemeine Laboruntersuchungen Anti-Aging Arbeitsmedizin Erbkrankheiten/Humangenetik Individuelle Gesundheitsleistungen Patientenschulungen Umweltmedizin

tionen Rechnung getragen. Eine solche Verfassungsnorm würde die Gewährleistung der Generationengerechtigkeit bei politischen Entscheidungen rechtsverbindlich festlegen. Weiterhin erachte ich es als sehr wichtig, dass neue Gesetze nur mit einer verbindlichen Nachhaltigkeitsprüfung eingebracht werden können. So wie Umweltverträglichkeitsprüfungen und Technikfolgenabschätzung längst zum gesetzgeberischen Standard gehören, muss auch jeder relevante Gesetzentwurf eine überprüfbare Aussage über seine Auswirkungen auf kommende Generationen enthalten.

Dieses Nachhaltigkeitsdenken, das auf der Verantwortung für die Zukunft und der Bewahrung des Erreichten beruht, sollte ganz selbstverständlich zur inneren Richtschnur, das heißt zum moralischen Maßstab jedes politischen Handelns werden. In diesem Sinne: packen wir es an und streben nach einer großen Zukunft mit den besten Chancen für kommende Generationen.

KATRIN ALBSTEIGER

Schließlich erachte ich es als unabdingbar, dass ein Verschuldungsverbot im Grundgesetz und den Länderverfassungen verankert wird. Es muss sichergestellt werden, dass die öffentliche Hand keine Wohltaten mehr auf Pump – und damit auf Kosten künftiger Generationen – verteilen kann. Natürlich umfasst eine verantwortungsbewusste, generationengerechte Politik noch einige Politikfelder mehr. So sollte man Wert auf eine solide Finanz- und Wirtschaftspolitik, faire Sozialpolitik und erfolgreiche Bildungspolitik legen. Auch beim Klimaschutz, in der Energiepolitik, in Ernährungsfragen sollte ressourcenbewusst und nachhaltig gehandelt werden. Nicht von ungefähr ist Nachhaltigkeit seit Jahren ein anerkanntes Prinzip der Umweltpolitik.

Labor

Katrin Albsteiger, Jahrgang 1983, ist seit November 2011 Vorsitzende der Jungen Union in Bayern. Sie studierte an der Universität Augsburg sowie an der australischen University of Adelaide Politik mit Nebenfach Volkswirtschaft und arbeitete nach dem Diplom in der CSU-Landesleitung. Seit Ende 2011 arbeitet sie für die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm, nachdem sie zuvor für einen Münchner Energieversorger tätig war. Bei der Bundestagswahl 2013 kandidiert sie auf der CSU-Landesliste

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MEDIZINISCHES VERSORGUNGSZENTRUM DR. STEIN + KOLLEGEN Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie, Virologie, Transfusionsmedizin, Humangenetik GbR

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PERSPEKTIVEN

PERSPEKTIVEN FÜR DAS DEUTSCHE GESUNDHEITSSYSTEM 2020 Bewährtes erhalten, berechtigte Kritikpunkte ausräumen

Nicht der einheitlichen Zwangsversicherung, sondern der reformierten Dualität im Krankenversicherungswesen in Deutschland gehört die Zukunft

Von Prof. (em) Dr. jur. Bernd Peter Lange Versucht man so faktenorientiert wie möglich die mittelfristigen Perspektiven des deutschen Gesundheitssystems abzuschätzen, so müssen die folgenden Fragen beantwortet werden: Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich? Gibt es in Relation zu anderen Ländern einen Nachholbedarf, der bei der Reformdiskussion berücksichtigt werden muss? Ist das einheitliche medizinische Versorgungssystem für alle Bürger mit seiner dualen Finanzierung nachhaltig zukunftsfähig? Welches sind die Herausforderungen, die auf unser Gesundheitssystem zukommen? Wie sind angesichts dieser Fragen unterschiedliche Reformvorschläge – z. B. zur sog. Bürgerversicherung – zu bewerten? Wie sollte das duale System der Finanzierung sinnvoll weiterentwickelt werden?

Das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Vergleich Im internationalen Vergleich hat Deutsch-

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land ein relativ kostengünstiges Gesundheitswesen: Für den internationalen Vergleich müssen zunächst die herkömmlichen Vergleichsmaßstäbe betrachtet werden, und zwar der Anteil der Gesamtausgaben für Gesundheit am Bruttoinlandsprodukt: Die Daten für 2007 weisen für die USA 16 %, für Frankreich 11 %, für Deutschland 10,4 % bei einem OECD Durchschnitt von 8,9 % aus (2010: USA 17,6 %, Niederlande 12 %, Deutschland und Frankreich 11,6 %, vgl. OECD, Total expenditures on health). In diesen Zahlen ist jedoch die je spezifische Altersstruktur eines Landes nicht berücksichtigt. Je älter eine Gesellschaft, umso höhere Gesundheitsausgaben fallen an. Deshalb müssen noch die Ausgaben pro Kopf im jeweiligen Land, bereinigt um die spezifische Altersstruktur herangezogen werden. Die USA „führen“ auch hier 2007 mit 5.319 EURO, gefolgt von Norwegen mit 3.500 EURO, der Schweiz mit auch über 3.000 EURO im Jahr. Deutschland liegt hinter Kanada, den Niederlanden

und Österreich mit 2.600 EURO, gleichauf mit Frankreich (Niehaus und Finckenstädt, a.a.O. S.18). Damit lässt sich festhalten, dass Deutschland im internationalen Vergleich hinsichtlich der Ausgaben für Gesundheit also ein relativ kostengünstiges Gesundheitswesen hat und hier offensichtlich auch kein Nachholbedarf besteht. Bei der Versorgung der Bevölkerung mit Ärzten und Krankenhäusern in der Fläche schneidet Deutschland relativ gut ab, auch wenn aktuell in einigen ländlichen Regionen über eine Unterversorgung mit Hausärzten geklagt wird. 2010 gab es in Deutschland 3,7 Ärzte auf 1.000 Bürger, in den USA 2,4, in Belgien 2,9 und in Großbritannien 2,7 (OECD, Practising physicians (doctors)). 2010 kamen in Deutschland 8,3 Krankenhausbetten auf 1.000 Bürger, in Frankreich 6,4, in den Niederlanden 4,7 und in den USA 3,1 (OECD, Hospital beds). Außerdem gibt es eine sehr weitgehende Ausdifferenzierung in Bezug auf


PERSPEKTIVEN Allgemeinmediziner und niedergelassene Fachärzte und Krankenhäuser bzw. Kliniken mit jeweiligen Spezialisierungen. Beim hoch stehenden medizinisch-technischen Fortschritt braucht Deutschland ebenso den internationalen Vergleich nicht zu scheuen, denn Deutschland wird z. B. eine Spitzenposition im Medizintourismus bescheinigt (Medical tourism, S. 14). Die Bezahlbarkeit der individuellen Beiträge ist grundsätzlich auf mehrere Schultern verteilt, denn in der GKV tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam die Versicherungsbeiträge bei kostenloser Mitversicherung von Familienangehörigen, die nicht selber berufstätig sind. Oberhalb der Versicherungspflichtgrenze ist die freiwillige Versicherung von Angestellten in der GKV möglich. Die Beitragshöhe ist durch die Bemessungsgrenze gedeckelt. Außerdem gibt es einen Staatszuschuss zum Gesundheitsfond. In der PKV zahlen Beamte und ihre Angehörigen jeweils einen eigenen Beitrag, erhalten aber einen Teil ihrer Gesundheitskosten von der Beihilfe erstattet. Freiwillig in der PKV versicherte Angestellte erhalten einen Arbeitgeberzuschuss. Nur Selbstständige tragen den vollen Krankenversicherungsbeitrag. Es handelt sich also in Deutschland um ein einheitliches, medizinisch hoch stehendes Versorgungssystem zu bezahlbaren Versicherungsbeiträgen, weil diese auf viele verschiedene Schultern im jeweiligen Versichertenkollektiv und durch unterschiedliche Finanzierungsquellen verteilt sind.

Die Besonderheiten des deutschen Gesundheitssystems Warum steht das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Vergleich so gut da? Das deutsche Gesundheitssystem lebt von der Dualität von GKV und PKV. Obwohl beide Versicherungssysteme ganz unterschiedlich organisiert sind – hier öffentlich rechtliche Körperschaften, dort privatwirtschaftliche Unternehmen – und unter ganz unterschiedlichen Rahmenbedingungen agieren, gibt es einen „Wettbewerb der Systeme“, augenfällig in Bezug auf Personen, die oberhalb der Versicherungspflichtgrenze verdienen und direkt wählen können, in welchem System sie sich versichern wollen. Auch darüber hinaus hat das Nebeneinander von GKV und PKV Kosten dämpfen-

de und Innovationen anregende Effekte. PKV und Beihilfe, GKV und staatliche Zuschüsse finanzieren ein einheitliches Versorgungssystem: Alle Patientengruppen benutzen im Wesentlichen die gleiche Infrastruktur der ambulanten und stationären Medizin. PKV-Versicherte profitieren von der Versorgungsstruktur der GKV, vor allem auch in strukturschwachen Regionen. GKV-Versicherte profitieren von dem überproportionalen Finanzierungsbeitrag der PKV-Versicherten – 10 Milliarden EURO jährlich –, der sich in medizinischen Investitionen im ambulanten und stationären Sektor niederschlägt (Frank Niehaus a.a.O.). Im Gegensatz zum „Wettbewerb der Versicherungssysteme“ in Deutschland ist z. B. das Gesundheitssystem in den Niederlanden vereinheitlicht worden. Die Zahl der Krankenkassen dort ist so stark zurückgegangen, dass man kaum mehr von Wettbewerb sprechen kann.

PKV steht ohne Schulden da Die PKV mit ihren knapp 10 Millionen Versicherten und ihren 43 Unternehmen unterschiedlicher Rechtsform, die untereinander im Leistungswettbewerb stehen, ist ein privatwirtschaftliches Versicherungssystem, das ohne Schulden dasteht. Die PKV ist keine Zusatzversicherung, sondern sie trägt als eigenständige Vollversicherung über die bei ihr Versicherten hinaus das gesamte Gesundheitssystem mit (vgl. oben). Die PKV-Versicherten haben fürs Alter vorgesorgt, indem Teile des Beitrages in Alterungsrückstellungen fließen – im Jahre 2011 sind die Alterungsrückstellungen auf 170 Milliarden EURO angewachsen. Die PKV ist ohne staatliche Zuschüsse rentabel und im Falle einer Insolvenz einzelner Unternehmen gibt es mit Medicator ein privatwirtschaftliches Auffangsystem. Die PKV ist Steuerzahler und die Stabilität ihres Systems hängt nicht unmittelbar von der konjunkturellen Entwicklung ab. Nun wird gegen die PKV eingewandt, sie fördere eine „Zwei-Klassen-Medizin“. Dies ist unzutreffend: Die meisten Privatpatienten sitzen neben den GKV-Versicherten beim gleichen Arzt im Wartezimmer oder liegen im gleichen Krankenhauszimmer und erhalten weitgehend die gleichen medizinischen Leistungen bei leichten Unterschieden bei der Terminvergabe, aber nicht

vergleichbar mit staatlichen Einheitssystemen wie z. B. in Großbritannien. Dort warten Personen z. B. 180 Tage auf eine Hüft-Operation, privat Versicherte nur 20 Tage. In Deutschland sind es für gesetzlich Versicherte lediglich 28 Tage, für privat Versicherte 19 (OECD; Wating time project 2000). Das duale Versicherungssystem in Deutschland mit einheitlicher Versorgung hat sich somit grundsätzlich in mehrfacher Hinsicht bewährt. Ein überdurchschnittliches hohes Leistungs- und Versorgungsniveau wird mit relativ niedrigen Kosten erreicht.

Gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen Angesichts des sich abzeichnenden demographischen Wandels und des dynamischen technischen und medizinischen Fortschritts kommt es zukünftig darauf an, die hohe Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems zu erhalten, ohne dass die Beiträge der Versicherten unbezahlbar werden. Die GKV ist von ihrer Finanzierungsform des Umlageverfahrens her doppelt von der demographischen Entwicklung betroffen: Die Zahl der berufstätigen Beitragszahler nimmt ab und die Altersstruktur der deutschen Bevölkerung verschiebt sich zu Gunsten der älteren Jahrgänge: Heute beträgt der Anteil der über 65-jährigen 19 % der Bevölkerung, sie machen aber 41 % der Ausgaben der GKV aus. Bis 2050 wird ihr Anteil auf 38 % der Bevölkerung ansteigen und damit wird sich Die PKV-Versicherten haben ihr Kostenanfür das Alter vorgesorgt, teil auch ver- indem Teile des Beitrages in doppeln. EntAlterungsrückstellungen flieweder müssen ßen – im Jahre 2011 sind die aufgrund dieser absehba- Alterungsrückstellungen auf ren demo- 170 Milliarden EURO angegraphischen wachsen. Entwicklung und der ständig überproportional zur Inflationsrate steigenden Kosten des medizinisch-technischen Fortschritts die Beiträge ständig erhöht werden oder aber die staatlichen Zuschüsse müssten auf Kosten aller Steuerzahler ständig ausgeweitet werden. Der Staat kann aber aufgrund der grundgesetzlich verpflichtenden Neu-

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Foto: Michael Bührke/ pixelio.de

PERSPEKTIVEN Reformvorschläge und ihre Kritik Das in den Grundprinzipien ausgewogene duale Krankenversicherungssystem in der Bundesrepublik Deutschland soll nach den Plänen von SPD, Grünen und DGB radikal umgebaut werden, wobei sich die Vorschläge in einzelnen Punkten stark unterscheiden. Nach diesen Plänen einer sog. Bürgerversicherung sollen ausnahmslos alle Menschen unserer Gesellschaft zu einer Mitgliedschaft in dieser Versicherung gezwungen werden. Damit würde die PKV als Institution der freiwilligen privatwirtschaftlichen Eigenvorsorge für den Krankheitsfall faktisch abgeschafft. Das Prinzip des Umlageverfahrens würde auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt und damit würde sich die Frage nach der Zukunftsfähigkeit dieser Zwangsversicherung noch grundsätzlicher stellen als heute schon Die einheitliche Zwangsversicherung schafft jede Form von bei der GKV. Außerdem würWettbewerb zwischen den unterschiedlichen Versicherungs- den die geschilderten Vorteisystemen ab und nimmt den Versicherten jede Wahlfreiheit le des dualen Versicherungsverschuldungsbremse, den europäischen systems zunichte gemacht. Schuldengrenzen und der schon heute unDiese einheitliche Zwangsversicherung verantwortlich hohen Gesamtverschuldung ist mit dem Menschenbild des Grundgeseine Zuschüsse zum Gesundheitswesen setzes – Schutz der freien Entfaltung der nicht weiter ausweiten. Im Gegenteil: Auf Persönlichkeit (Art. 2) – und den Grundihn kommen weitere unabweisbare Verprinzipien der sozialen Marktwirtschaft pflichtungen, wie z. B. steigende Pensions– so viel individuelle Vorsorge wie möglasten und weitere Zahlungen für Bankenlich, so viel staatliche Fürsorge nach dem bzw. Staatenrettungen zu. Dass der Staat Sozialstaatsprinzip des Art. 20 wie nötig seinen Zuschuss auch kürzen kann, hat er – unvereinbar. Die einheitliche Zwangsmit einem gerade beschlossenen Gesetz versicherung schafft jede Form von Wettgezeigt. Es wäre von daher fiskalpolitisch bewerb zwischen den unterschiedlichen unverantwortlich, die PKV zu schwächen Versicherungssystemen ab und nimmt den oder gar abzuschaffen mit der Konsequenz, Versicherten jede Wahlfreiheit. Sie ist sodie staatliche Verpflichtung zur Aufrechtzialpolitisch nicht zu rechtfertigen, da sie erhaltung und Stabilisierung der GKV unterstellt, dass niemand in der Gesellgegenüber dem jetzigen Umfang auszuschaft in der Lage ist, selbstverantwortdehnen. Außerdem würde der Wegfall des lich für den Krankheitsfall vorzusorgen Beitrages der PKV zur Finanzierung des und daher der fürsorgliche „Vater Staat“ deutschen Gesundheitssystems die VersorZwang ausüben muss. Freilich ist der deutgungsqualität insgesamt beeinträchtigen. sche Gesetzgeber durch die Ausweitung des Versichertenkreises der GKV immer

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weiter von diesem Grundsatz abgewichen und das Bundesverfassungsgericht hat dem bisher keinen Riegel vorgeschoben. Trotzdem kann auch heute das sog. Subsidiaritätsprinzip als Richtschnur herangezogen werden gegen Pläne zur Abschaffung der PKV und zur unbegrenzten Ausweitung der GKV. Ganz grundsätzlich betrachtet geht es den Befürwortern dieser Zwangsversicherung um eine illegitime Entgrenzung staatlicher Macht und Entscheidungsgewalt zu Lasten individueller Freiheit (vgl. Böckenförde, a.a.O., S.19ff ). Damit zeigt sich, dass die Vorschläge zum radikalen Umbau des deutschen Versicherungssystems keine der zukünftigen Herausforderungen des Gesundheitswesens löst – gerade auch wenn man die Erfahrungen ausländischer Einheitssysteme wie in Großbritannien berücksichtigt –, und sie sind außerdem auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich höchst bedenklich (vgl. u. a. den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Papier, Hans Jürgen, a.a.O., vgl. auch Wilms, Heinrich, a.a.O.). Die Vorschläge zu einer staatlichen Zwangsversicherung aller Mitglieder unserer Gesellschaft sind daher als rein ideologisch motiviert zu kritisieren. Die Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft ist nicht mehr staatlicher Dirigismus sondern mehr Wettbewerb, mehr Wettbewerb zwischen den Kassen der GKV, mehr Wettbewerb innerhalb der PKV, aber auch mehr Wettbewerb zwischen GKV und PKV.

Weiterentwicklung von GKV und PKV im dualen Finanzierungssystem Das duale Krankenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland hat sich über viele Jahrzehnte bewährt und steht im internationalen Vergleich gut da. Trotzdem gibt es für beide Versicherungssysteme Reformbedarf hin zu einer „reformierten Dualität“. Bei der GKV ist vordringlich die demographische Entwicklung zu berücksichtigen, aber durch Lösungen im GKV-System selbst und damit ohne Beeinträchtigung der PKV, also auch ohne einen verfassungsrechtlich unzulässigen Zugriff auf die Alterungsrückstellungen der PKV, die den


PERSPEKTIVEN dort Versicherten gehören (Verstoß gegen die grundgesetzlich garantierte Vertrags-, Berufs- und Eigentumsfreiheit). Eine klare Trennung der beiden grundverschiedenen Versicherungssystemen sollte beibehalten bzw. wiederhergestellt werden. Daher ist auch die Einbeziehung der PKV in einen Finanz- und/oder Risikostrukturausgleich aus ordnungspolitischen und verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen. Die Versicherungspflichtgrenze darf nicht weiter erhöht werden; sie sollte eher gesenkt werden, um den Bürgern mehr Wahlfreiheit – wie auf allen Märkten selbstverständlich – zu ermöglichen. Der Wettbewerb zwischen den beiden Versicherungssystemen darf nicht durch weitere staatliche Zuschüsse zur GKV verzerrt werden, durch Zuschüsse, die sich im Übrigen in Zukunft immer schwerer finanzieren lassen. Die PKV muss mehr Verantwortung zeigen und sich weiterentwickeln. Sie muss in den eigenen Reihen für eine stabile Beitragsentwicklung sorgen, d. h. „Lockvogeltarife“ müssen weitestgehend unterbunden werden. Bei den Abschlusskosten sollte mehr Transparenz in Bezug auf alle Vergütungsformen erreicht werden, u. a. um die Umgehung der Deckelung bei Provisionszahlungen zu vermeiden. Der Verhaltenskodex der PKV-Unternehmen, der sie u. a. verpflichtet, nur mit qualifizierten Mitarbeitern zusammenzuarbeiten, sollte als verbindliche Maßnahme der Selbstregulierung gewürdigt werden. Seine Einhaltung wird durch unabhängige Wirtschaftsprüfer evaluiert.

Verhältnis PKV zu GKV Es darf im Sinne der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft – so viel privatwirtschaftlicher Wettbewerb wie möglich, so viel staatliche Regulierung wie nötig – keine Verringerung des Zugangs zur PKV und keine Erweiterung des Zugangs zur GKV geben. Da wo es geht, sollte der Wettbewerb zwischen GKV und PKV verstärkt werden: Durch mehr Wettbewerb gibt es weniger Leistungskürzungen und Rationierungsvorhaben in der GKV. Es wird von Gesundheitspolitikern der großen politischen Parteien ein einheitliches ärztliches Vergütungssystem diskutiert. Hier sind besonders für die niedergelassenen Ärzte Einkommenseinbußen zu erwarten mit negativen Leistungseffekten

für die Patienten, da der Mehrumsatz durch die PKV-Versicherten schrumpfen würde. Zusatzversicherungen dürfen nur durch die PKV angeboten werden, da die GKV von ihrer sozialpolitischen Begründung her auf eine Grundsicherung im Krankheitsfall begrenzt ist. Daraus ergeben sich auch die Forderungen nach Ausgliederung privater Unfälle, von Krankengeld und Zahnmedizin aus der GKV und ihre Überführung in die PKV (vgl. u. a. Fetzer, Stefan, Raffelhüschen, Bernd a.a.O.). Werden in diesem Sinne beide Versicherungssysteme auf der Basis ihrer je spezifischen Eigenart gestärkt, dann wird das duale Versicherungssystem zur vollen Funktionalität geführt, so wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Wettbewerbsstärkungsgesetz 2009 umschrieben hat. Es hat positiv die Intention des Gesetzgebers des sog. Wettbewerbsstärkungsgesetzes herausgestellt und unterstrichen, „die Versicherungssysteme von gesetzlicher und privater Krankenversicherung dauerhaft voneinander abzugrenzen. Der Gesetzgeber will das duale Krankenversicherungssystem erhalten und stärken: Dabei soll auch die private Säule zur Vollfunktionalität gelangen und ihre Mitglieder in gleicher Weise wie die öffentlich rechtliche Versicherung umfassend, rechtssicher und dauerhaft absichern“ (S.61).

Fazit: Nicht der einheitlichen Zwangsversicherung, sondern der reformierten Dualität im Krankenversicherungswesen in Deutschland gehört die Zukunft! Literatur: Böckenförde, Ernst-Wolfgang, Staat, Gesellschaft, Freiheit, Frankfurt a. M. 1976 Bundesverfassungsgericht, 1. Senat, Entscheidung vom 10.06.2009 zu diversen Verfassungsbeschwerden gegen das Wettbewerbsstärkungsgesetz. Fetzer, Stefan Raffehüschen, Bernd, Zur Wiederbelebung des Generationenvertrags in der gesetzlichen Krankenversicherung: Die Freiburger Agenda, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2005, S. 255 ff. Health: Key Tables from OECD, OECD 2012 Medical Tourism. Consumers in Search of Value. Deloitte Center for Health Solutions, 2008 Niehaus, Frank, Der überproportionale Finanzierungsbeitrag privat versicherter Patienten zum Gesundheitswesen im Jahre 2008, WIP, Köln 2010

Niehaus, Frank, Finkenstädt, Verena, Deutschland – ein im internationalen Vergleich teures Gesundheitssystem? WIP 2009 Papier, Hans Jürgen, Die Bürgerversicherung verletzt die den Bürgern garantierte Handlungsfreiheit und die Berufsfreiheit der privaten Versicherungsunternehmen, FA/, 20.06.2011 Wilms, Heinrich, Verfassungsrechtliche Aspekte der Reform der PKV, ZVersWiss 2011, S. 325 ff.

PROF. DR. BERND PETER LANGE

Prof. Dr. Bernd Peter Lange, Jahrgang 1938, ist ein ehemaliger deutscher Universitätsprofessor für Wirtschaftstheorie und Leiter des Europäischen Medieninstitutes in Düsseldorf. Bernd-Peter Lange legte 1958 in Koblenz das Abitur ab, studierte anschließend Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bonn und schloss mit dem Ersten juristischen Staatsexamen am Oberlandesgericht Köln ab. 1966 erlangte er ein Diplom als Volkswirt. 1967 wurde er mit der Arbeit Verfassungsrechtliche Probleme im Zusammenhang mit Rechnungsprüfung und Rechnungshof. Ein Versuch der Auslegung des Artikels 114 Grundgesetz in Bonn zum Dr. jur. promoviert. Anschließend war er bis 1971 wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Institut für Konzentrationsforschung“ der Freien Universität Berlin und hatte 1971 eine Assistenzprofessur am FB Wirtschaftswissenschaften inne. 1973 wurde Lange als Professor für Wirtschaftstheorie an die Universität Osnabrück berufen. 1985 bis 1987 war er Dekan seines FB Sozialwissenschaften. 1993 übernahm Bernd-Peter Lange die Leitung des Europäischen Medieninstitutes in Düsseldorf und ist beauftragt mit der Gründung eines „Europäischen Zentrums für Medienkompetenz“. 2001 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Er veröffentlichte zahlreiche Beiträge zum Thema Technologie/Medien/Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik

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BUNDESTAGSWAHL Foto: adel/ pixelio.de

Die Entzerrung des „Hammerexamens“ ist bereits beschlossene Sache und scheint „in trockenen Tüchern“ zu sein. Leider zögert sich die Umsetzung der bundesweiten PJ-Mobilität hingegen nach wie vor hinaus. Dies ist nur einer von zahlreichen wesentlichen Punkten, die wir endlich umgesetzt sehen wollen. Neben der Umsetzung sehen wir allerdings auch Punkte, die dringend änderungsbedürftig sind: Die Approbationsordnung erlaubt eine monatliche Aufwandsentschädigung für Tätigkeiten im Praktischen Jahr (PJ) von 597 Euro. Dies ist in unseren Augen ein guter Anfang. Aus dieser Obergrenze einer möglichen Vergütung muss aber eine feste und vor allem gleiche Vergütung für alle PJler erwachsen. Vielerorts ist Die Zeiten des Ausbeutens als kostenfreie Arbeitskraft müs- ein geregelter Stationssen endlich enden ablauf ohne PJler kaum mehr vorstellbar. Arztbriefe, Blutentnahmen, Patientenaufnahme, Assistenz bei Operationen und und und. Die PJler gleichen den fleißigen Bienen eines Imkers. Wir Von Christian Otte fordern von den Entscheidungsträgern des Gesundheitswesens deshalb eine Mit Spannung und großen Erwartungen einheitliche Aufwandsentschädigung blicken die 25.000 Medizinstudierenden für diese Arbeitsleistung. Die Zeiten des des Hartmannbundes auf die kommende Ausbeutens als kostenfreie Arbeitskraft Bundestagswahl. Zwar hat das Medizinmüssen endlich enden! studium im letzten Jahr mit der Änderung der Approbationsordnung bereits einige Die beschlossene Obergrenze gilt im wesentliche Verbesserungen erfahren, Übrigen auch für Tertiale im europäidennoch scheitert es hier und dort noch schen Ausland. Dies ist besonders veran der Umsetzung der getroffenen Bewirrend: Die aktuelle Höchstgrenze liegt schlüsse. Die Medizinstudierenden des bei 597 Euro und ist dem BAföG entHartmannbunds werden also auch in Zunommen. Warum soll diese Summe, kunft den konstruktiven Dialog mit den die für Deutschland errechnet wurde, Entscheidungsträgern des deutschen nun auch für Italien, Frankreich oder Gesundheitswesens suchen. die Schweiz gelten? In all diesen Län-

BUNDESTAGSWAHL 2013 Erwartungen der Ärzte von morgen

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dern sind die Lebenshaltungskosten unterschiedlich hoch! Eine Vergütungsobergrenze verhindert hier also einen Auslandsaufenthalt. Dabei gelten Auslandsaufenthalte während des Studiums als wichtiger Baustein des Erwachsenwerdens und haben noch keinem Lebenslauf geschadet. Welche Wege gibt es, dem (Haus-)Ärztemangel in Deutschland wirksam entgegen zu treten? Ist es das Pflichttertial Allgemeinmedizin? Sind es Stipendien? Ist der Hausarzt an sich für Studierende unattraktiv? Mit all jenen Fragen haben sich die Medizinstudierenden des Hartmannbundes befasst und finden darauf Antworten. Entschieden abgelehnt wurde das Pflichttertial Allgemeinmedizin. Eine Generalverpflichtung ist nicht das richtige Instrument, ein Fach attraktiv werden zu lassen. Die Allgemeinmedizin hat im letzten Jahr deutliche Stärkung im Studium erhalten, wir begrüßen das. Das nun zweiwöchige Blockpraktikum und die vierwöchige Famulatur sind ein guter Weg. Weitergehende Informationen finden sich im aktuellen Positionspapier des Ausschusses Medizinstudierende im Hartmannbund. Von den zukünftigen Entscheidungsträgern wünschen wir uns einen weiterhin konstruktiven Dialog und freuen uns darauf!

KRISTIAN OTTE

Kristian Otte (26) studiert Medizin in Göttingen im 11. Semester und befindet sich zurzeit im Praktischen Jahr. Er ist seit zwei Jahren Bundesvorsitzender im Ausschuss Medizinstudierende im Hartmannbund


Foto: Joachim Berga/ pixelio.de

STERBEHILFE

Dem „Geschäft mit dem Tod“ die Grundlage entziehen Franz Kardinal König: „Menschen sollen an der Hand eines anderen Menschen sterben und nicht durch die Hand eines anderen Menschen.“

Von Ansgar Heveling, MdB

Es gehört zum Verfassungsauftrag des Parlaments, das Grundgesetz und damit auch die darin festgeschriebene Würde des Menschen zu schützen. Gerade wenn es um den Beginn oder das Ende menschlichen Lebens geht, müssen wir dabei mit besonderer Sensibilität vorgehen. Franz Kardinal König hat es einmal so formuliert: „Das Leben des Menschen ist mehr als eine beliebige biologische Tatsache unter anderen.“ Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen ist ein fundamentales Gebot unserer Verfassung. Sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt. Dessen sollten wir uns sehr deutlich bewusst sein. In diesem Verständnis sind sich das christliche und das humanistische Menschenbild im Übrigen einig. Bei beiden steht der einzelne Mensch im Mittelpunkt, seine Würde ist es, um die es geht. Zu dieser Würde gehört selbstverständlich auch, den Wunsch des Einzelnen zu respektieren, selbst über sein Leben zu entscheiden – im Leben wie auch im Sterben.

Selbsttötung ist daher in Deutschland straffrei. Auch Beihilfehandlungen sind dementsprechend straflos. Doch das Strafrecht hat die Aufgabe, den besonderen Schutz der Würde des Menschen durchzusetzen. Auch gegen Entwicklungen, die diesem Schutz zuwiderlaufen. Eine dieser Entwicklungen besteht darin, dass aus dem individuellen Konflikt und der Frage der autonomen Entscheidung eines Einzelnen ein gesellschaftliches Phänomen geworden ist. Wie konnte das passieren? Ein Grund ist das Auftreten von Sterbehilfevereinen, die eine Selbsttötung „All Inclusive“ als Dienstleistung anbieten. Diese Entwicklung betrachte ich – gemeinsam mit weiten Teilen meiner Fraktion – mit großer Besorgnis und möchte dieser Entwicklung auch nicht tatenlos zusehen. Das Gesetz zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung hat zum Ziel, kommerzialisierte Suizidhilfe in den Fällen zu unterbinden, in denen sie Menschen dazu verleiten kann, sich das Leben zu nehmen. Mittlerweile nehmen auch in Deutschland die Fälle zu, in denen Menschen eine schnelle und effiziente Möglichkeit

für einen Suizid angeboten wird. Beispielsweise können tödlich wirkende Mittel beschafft und Räumlichkeiten angeboten werden. Es wird aber auch von hier aus immer öfter die Gelegenheit für eine Selbsttötung im Ausland vermittelt. Dabei steht keineswegs im Vordergrund, ein Beratungsangebot mit primär lebensbejahenden Perspektiven anzubieten. Vielmehr geht es um die rasche und sichere Abwicklung der Selbsttötung, um damit Geld zu verdienen. Dem „Geschäft mit dem Tod“ wollen wir sichtbar und dauerhaft die Grundlage entziehen und somit den Schutz des Lebens auch am Lebensende gewährleisten. Doch will ich auch nicht verhehlen, dass sich mir dabei die Frage stellt, ob die Begrenzung auf eine „gewerbsmäßige Förderung“ ausreicht, um das Vorgehen der Sterbehilfeorganisationen wirksam zu unterbinden. Aus meiner Sicht darf eine neue gesetzliche Regelung jedenfalls keinen Raum dafür offen lassen, dass diese Vereine durch minimale Veränderungen in der Struktur immer noch das Geschäftsmodell ohne Strafrechtsandrohung aufrechterhalten könnten. Um noch einmal auf Franz Kardinal König zurückzukommen, sollten wir dabei stets der Maxime folgen: „Menschen sollen an der Hand eines anderen Menschen sterben und nicht durch die Hand eines anderen Menschen.“

ANSGAR HEVELING

Ansgar Heveling (40), seit 2009 MdB, ist Jurist und Mitglied des Rechtsausschusses sowie stellvertretendes Mitglied des Kultur- und Medienausschusses. In der CDU/CSU-Fraktion ist er zuständig für Strafrecht und Urheberrecht

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APOTHEKEN

GESUNDHEITSPOLITIK NOCH NÄHER AM PATIENTEN AUSRICHTEN:

Therapie mit Arzneimitteln sicherer machen Von Thomas Preis Apotheken sind täglich für vier Millionen Kunden und Patienten erste Anlaufstelle bei Arzneimittel- und Gesundheitsfragen. Dabei erbringen sie durch gesetzliche Bestimmungen, wie zum Beispiel die bürokratisch enorm aufwändige Umsetzung der Rabattverträge und die neue Apothekenbetriebsordnung, seit Jahren immer mehr Leistungen. Nach den drastischen Sparmaßnahmen der Bundesregierung bei den Apotheken durch das AMNOG und einer nach neun Jahren erstmaligen Minimalstanpassung der Apothekenvergütung von 25 Cent zum Januar 2013 ist die wirtschaftliche Situation weiter angespannt. Mittlerweile müssen jede Woche bun-

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desweit sechs Apotheken schließen. Die gesetzlichen Krankenkassen indes haben vor allem auch zu Lasten der Apotheken Milliardenrücklagen gebildet. Abgesehen von einer leistungsgerechten Vergütung der Apotheken könnte ein Teil der Gelder gezielt in etwas investiert werden, das im Gesundheitswesen selbstverständlich sein sollte: Die Patientensicherheit. Insbesondere im Bereich Arzneimitteltherapie besteht dringender Handlungsbedarf.

Die Arzneimittelwelt wird immer komplizierter. Eine immer größere Zahl an Wirkstoffen bedingt ein stetig wachsendes Neben- und Wechselwirkungspotenzial in einer nur schwerlich abschätzbaren Dimension. Die Heraus-

forderung besteht darin, die Therapie so sicher wie möglich zu machen. Ein Vorschlag der Apothekerschaft ist daher, dass Patienten, die viele Medikamente einnehmen, mindestens zweimal im Jahr die Möglichkeit haben, ein intensives, mindestens halbstündiges, Beratungsgespräch mit dem Apotheker zu führen. Bei diesem Termin bringt der Patient am besten alle Medikamente mit, die er einnimmt. Aber einen solchen Arzneimittelcheck können die Apotheken im laufenden Geschäftsbetrieb nicht einfach so nebenbei machen. Da diese spezielle Arzneimittelprüfung weit über die allgemeine apothekerliche Beratungsleistung hinausgeht, muss sie auch gesondert durch die Krankenkassen vergütet werden.


APOTHEKEN Apotheker können Therapietreue verbessern Apothekerinnen und Apotheker können einen wichtigen Beitrag zur Therapietreue leisten. Dies wurde kürzlich sogar durch eine wissenschaftliche Metaanalyse bestätigt, wie die Zeitschrift „Psychologie heute“ in ihrer Ausgabe im Januar 2013 berichtete. Demnach können Apotheker die Therapietreue besser steigern als andere Berufsgruppen oder schriftliche Informationsmaterialien. Einen positiven Effekt haben die Gespräche aber nur, wenn sie innerhalb der Apotheke stattfinden. Ausgewertet wurden die Effekte von Gesprächen zwischen Apotheker und Patient, bei denen die bestehende Medikation durch den Apotheker erläutert und über einen gesünderen Lebensstil informiert wurde. Arzneimitteltherapiesicherheit gehört auf die gesundheitspolitische Agenda der neuen Bundesregierung Die nordrhein-westfälische Landesgesundheitskonferenz hat das Thema „Arzneimitteltherapiesicherheit“ in den Mittelpunkt gerückt und sich darauf verständigt, insbesondere die Apotheke als Schnittstelle zu nutzen. In diesem Zusammenhang haben Apothekerverband Nordrhein und AOK Rheinland/ Hamburg bereits eine zukunftsweisende Initiative zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen gestartet. Im Mittelpunkt steht die patientenindividuelle Umsetzung eines Medikationsmanagements durch den Apotheker. Das Pilotprojekt soll noch in der zweiten Jahreshälfte starten und wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Das langfristige Ziel besteht darin, dass dieses zukunftsweisende Modell gemäß der Umsetzungsempfehlungen der Landesgesundheitskonferenz 2012 langfristig Teil der Regelversorgung werden soll. Die genannten Initiativen zum Thema Arzneimitteltherapiesicherheit sind beispielgebend. Die neue Bundesregierung, die im September gewählt wird, ist gefordert, dem dringenden Handlungsbedarf beim Thema Arzneimitteltherapiesicherheit Rechnung zu tragen. Wer

wie das Bundesgesundheitsministerium offiziell das Ziel verfolgt, „die Qualität des Gesundheitssystems weiterzuentwickeln, die Interessen der Patientinnen und Patienten zu stärken, die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten und die Beitragssätze zu stabilisieren“ muss vor dem Hintergrund milliardenschwerer Rücklagen die Patientensicherheit bei der Arzneimitteltherapie stärker in den Fokus rücken. Hier kann eine gezielte Investition in effektive Maßnahmen zur Stärkung Arzneimitteltherapiesicherheit maßgeblich auch dazu beitragen, die immensen Folgekosten durch Nicht-Einnahme und Fehlmedikation entscheidend einzudämmen. Es liegt in der Natur der Sache: Erst wenn Patienten - zumeist teure - Medikamente richtig einnehmen, sind die Weichen für einen Therapieerfolg gestellt. Dazu können und wollen Apothekerinnen und Apotheker mit ihrem pharmazeutischen Wissen in Zukunft noch stärker als bisher ganz wesentlich beitragen!

Beim Thema Arzneimitteltherapiesicherheit besteht Handlungsbedarf – wichtige Fakten im Überblick 0 Medikationen sind nach Angaben des „Aktionsbündnisses Patientensicherheit“ mit 30 Milliarden jährlich verordneter Tagesdosen in Deutschland das am häufigsten zum Einsatz kommende Therapieprinzip. Rund sieben Millionen Menschen in Deutschland nehmen heute bereits täglich fünf oder mehr Medikamente dauerhaft ein, die von verschiedenen Ärztinnen und Ärzten verordnet werden. Die gleichzeitige Einnahme verschiedener Wirkstoffe erhöht das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Damit steigt insbesondere für Menschen mit mehreren Erkrankungen und für ältere Menschen die Gefahr von Neben- und Wechselwirkungen. Eine Entwicklung, die im Zuge einer immer älter werdenden Gesellschaft weiter zunehmen wird.

0 Die Krankenkassen investieren viel

THOMAS PREIS

Geld in neue Medikamente, wollen aber in eine intensivere Beratung zur richtigen Einnahme nicht investieren. Und das obwohl nicht nur in Fachkreisen hinlänglich bekannt ist, dass viele Medikamente nicht nur falsch, sondern gar nicht erst eingenommen werden. Pharmazeuten bezeichnen dies als „Non-Compliance“. Da die Nicht-Einnahme sehr weit verbreitet ist, entstehen den Krankenkassen immense wirtschaftliche Nachteile. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sind das jährlich bis zu 20 Milliarden Euro. Abgesehen davon nimmt jeder zweite Patient seine Medikamente bei einer Langzeittherapie nicht wie vom Arzt vorgesehen ein.

0 Nach Angaben des LandesgesundThomas Preis, geboren am 22. Januar 1959, zwei Kinder, studierte Pharmazie in Düsseldorf. Seit 1990 leitet er die Alpha-Apotheke in Köln. Berufsständisch ist er seit 1995 engagiert, und dabei seit 1998 Vorsitzender des Apothekerverbandes Köln e.V. sowie seit 1999 Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. Er ist auch Mitglied im Gesamtvorstand der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) und darüber hinaus stv. Vorsitzender des Verbandes Freier Berufe im Land Nordrhein-Westfalen (VFB NW)

heitsministeriums NRW sind allein in NRW etwa fünf Prozent aller Krankenhausfälle auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen, rund zwei Prozent davon verlaufen tödlich (entspricht 4300 Fällen pro Jahr in Nordrhein-Westfalen). Bundesweit wird die Anzahl der Krankenhauseinweisungen aufgrund von Fehlmedikation auf mindestens 10 Prozent geschätzt.

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Foto: Dr. Klaus Uwe Gerhardt/ pixelio.de

PATIENTENVERSORGUNG

Die Forschungsarbeit und der daraus resultierende Beitrag zu einer verbesserten Patientenversorgung werden gerne übersehen

FORSCHUNG KOSTET GELD Exklusiv-Interview mit Dr. Andreas Kress Leiter Market Access Novartis Pharma GmbH, Nürnberg Sie selbst sind Mediziner und waren als Chirurg tätig. Später haben Sie die Seiten gewechselt und sind seit über 15 Jahren in der pharmazeutischen Industrie tätig. Wo sehen Sie Unterschiede zwischen den beiden Berufen oder gibt es möglicherweise sogar Gemeinsamkeiten? Andreas Kress: Für mich weichen die beiden Seiten gar nicht so weit voneinander ab. Denn sowohl für den Arzt als auch für den Mitarbeiter eines Pharmaunternehmens stehen der Patient und dessen Bedürfnisse im Mittelpunkt. Für alle ist es essentiell, wirksame, si-

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chere und verträgliche Therapieoptionen schnell und ohne Hürden zu erhalten. Allerdings gibt es einen großen Unterschied: Die forschenden Pharmaunternehmen werden fast ausschließlich auf ihre Rolle als „Kostenfaktor“ im Gesundheitssystem reduziert. Die Forschungsarbeit und der daraus resultierende Beitrag zu einer verbesserten Patientenversorgung werden dagegen gerne übersehen. Ein Argument, das von der pharmazeutischen Industrie seit Jahren ins Feld geführt wird. Der Gesetzgeber reagierte

darauf mit der Einführung des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) – und erntete erneut Kritik. Kress: Im Gesundheitswesen besteht die Herausforderung darin, Wirtschaftlichkeitsreserven zu erschließen und gleichzeitig ethische Aspekte nicht aus den Augen zu verlieren. Eine transparente und für Innovationen offene, frühe Nutzenbewertung kann hier durchaus dazu beitragen, die gute Patientenversorgung in Deutschland weiter zu verbessern und das Gesundheitssystem nachhaltig zu sichern.


PATIENTENVERSORGUNG Allerdings stellt sich die Frage, ob der aktuelle Prozess diesem Anspruch gerecht wird. Denn im Hinblick auf die nachhaltige Sicherstellung der Versorgung ist der aktuelle Prozess aus unserer Sicht an einigen Stellen stark von einer rein ökonomisch orientierten Herangehensweise geprägt. Ihre Kritik ist recht vage: So sprechen Sie von einigen Stellen, an denen der aktuelle AMNOG-Prozess hakt. Können Sie konkrete Beispiele nennen? Kress: Innerhalb des AMNOG-Prozesses gibt es verschiedene Stellschrauben, die den Prozess unterschiedlich stark beeinflussen und ihm diverse Richtungen geben können. Drehund Angelpunkt ist dabei sicherlich die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die zweckmäßige Vergleichstherapie (ZVT). Einerseits muss der Hersteller den Zusatznutzen des neuen Arzneimittels gegenüber dem Komparator nachweisen. Andererseits spielt der Preis der Vergleichstherapie aber bei der späteren Verhandlung des Erstattungsbetrages eine große Rolle. Wird dem neuen, innovativen Arzneimittel beispielsweise kein Zusatznutzen zuerkannt, kann der spätere Erstattungsbetrag nicht höher liegen als die Jahrestherapiekosten der Vergleichstherapie. Erfolgte die Gegenüberstellung mit einem Generikum, kann das verheerende Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben: Das pharmazeutische Unternehmen könnte das so bewertete Arzneimittel nicht mehr kostendeckend in Deutschland vermarkten. Bleiben wir doch bei der zweckmäßigen Vergleichstherapie, die bisher bei allen Arzneimitteln, die den Prozess durchlaufen haben, im Mittelpunkt der Kritik stand. Hätte man das nicht früher antizipieren müssen? Kress: Der Zulassungsprozess für ein neues Arzneimittel dauert mehrere Jahre. Wenn wir heute den Ärzten und Patienten ein neues, innovatives Arz-

neimittel zur Verfügung stellen, dann begann dessen Entwicklung deutlich vor der Einführung der frühen Nutzenbewertung. Für die Durchführung der Studien und deren Design wurde mit den weltweiten Zulassungsbehörden ein bestimmter Komparator vereinbart. Weicht diese von der zweckmäßigen Vergleichstherapie ab, die der G-BA heute festlegt, muss der Hersteller indirekte Vergleiche durchführen. Allerdings führten solche indirekten Gegenüberstellungen zweier oder mehrerer Studien bisher aus statistischen Gründen in fast keinem Fall zur Anerkennung eines Zusatznutzens – und das, obwohl das Arzneimittel für Ärzte und Patienten vielfach einen Therapiefortschritt darstellt. Erschwerend kommt hinzu, dass der pharmazeutische Hersteller mit dem vom G-BA bestimmten Zusatznutzen in die Verhandlung des späteren Erstattungspreises geht. Hier diskutiert er dann mit teilweise denselben Akteuren, die vorher den Zusatznutzen festgelegt haben. Bildlich gesprochen spielen somit der Trainer, die Spieler und der Schiedsrichter in einer Mannschaft zusammen – inwieweit dies eine gute Basis für eine objektive Nutzenbewertung ist, ist fraglich.

Denn diese ist mit hohen Risiken und Kosten verbunden. Nur so kann die Versorgung der Patienten mit hochwirksamen Arzneimitteln und neuen Therapieoptionen nachhaltig gesichert werden. Um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden, gilt es die wissenschaftliche Bewertung des Zusatznutzens personell von der wirtschaftlich orientierten Preisverhandlung zu trennen. Durch die Einbeziehung weiterer Akteure – wie beispielsweise ärztliche Fachgesellschaften, Patientenverbände und Zulassungsbehörden – könnten Aspekte adäquat berücksichtigt werden, die sich am Patientenwohl orientieren. Als zuverlässiger Partner stehen wir hier gerne für Gespräche mit allen Beteiligten bereit, um in einem vertrauensvollen Miteinander die Weichen für die Zukunft zu stellen.

DR. ANDREAS KRESS

Mit dem AMNOG war der Gesetzgeber angetreten, die heutige qualitativ hochwertige Patientenversorgung – bei steigenden Kosten und sinkenden Einnahmen – langfristig und effektiv zu sichern. Lässt sich dieser Ansatz noch halten? Kress: Alle am Gesundheitssystem Beteiligten haben meines Erachtens ein gemeinsames Ziel: eine zukunftsfähige, am Patientenwohl orientierte Versorgung des Einzelnen. Nötig dazu ist ein systemverträgliches Gleichgewicht von Ethik und Ökonomie. So sollte, bei allen Überlegungen rund um mögliche Einsparungen, auch berücksichtigt werden, dass für neue Arzneimittel Preise erzielt werden müssen, die Raum für die Erforschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe lassen.

Dr. Andreas Kress hat die Leitung des Bereiches Market Access bei Novartis Pharma GmbH zum 1. Juli 2010 übernommen. In dieser Funktion ist er Mitglied des Novartis Pharma Geschäftsleitungskreises. Andreas Kress studierte Medizin und begann seine Karriere in der Chirurgie, bevor er 1997 in die Pharmazeutische Industrie wechselte. Nach Stationen bei Synthelabo, Sanofi und Essex ist er seit Oktober 2004 bei Novartis tätig. Dort hatte er zuletzt die Geschäftseinheit Zentrales Nervensystem geleitet. Andreas Kress ist verheiratet und hat 4 Kinder

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KOMMENTAR

Sozialpolitik ist Wirtschaftspolitik – Reduzierung der Säumniszuschläge Liebe Leserinnen und Leser, seit dem Jahr 2007 gibt es in Deutschland die Pflicht, eine Krankenversicherung abzuschließen. In der großen Koalition haben wir beschlossen, dass auf nicht gezahlte Beiträge Säumniszuschläge in Höhe von fünf Prozent monatlich zu bezahlen sind. Grundsätzlich war die Einführung der Pflicht zur Versicherung ein großer Erfolg heute haben die allermeisten Deutschen eine Krankenversicherung. Allerdings sind 60% jährliche Zinsen schlicht und einfach Wucher. Vor allem dann, wenn sich jemand neu versichern will und dann bis zu fünf Jahren Beiträge inklusive Säumniszuschlägen nachbezahlen muss. Das kann sich sehr schnell auf zehntausende Euro summieren. Diese Schuldenfalle schnappt unerbittlich zu, zumal diejenigen, die mit ihrem Beitrag im Rückstand sind, vor allem kleine Selbstständige sind, die sich die Beiträge schlicht und einfach nicht leisten können und deshalb bislang auf eine Versicherung verzichtet haben. Aktuell sind rund 638 000 Mitglieder oder Nicht-Versicherte davon betroffen. Deshalb reduzieren wir jetzt per Gesetz die Säumniszuschläge auf 1% pro Monat. Das ist eine verkraftbare Größe und bietet noch immer keinen Anreiz, Beiträge nicht zu bezahlen. Wenn durch zu hohe Sozialabgaben der Aufbau eines eigenen (Kleinst-) Unternehmens blockiert wird, dann wird persönliche Leistungsbereitschaft in diesem Punkt bestraft. Das kann nicht unser Ziel sein. Deshalb wollen wir auch eine praktikable Lösung für Beiträge, die nachzuzahlen sind, wenn jemand in die Krankenversicherung zurückkehrt. Und wir müssen an die Beitragsbemessung ran. Beiträge müssen im Sinne der Solidarversicherung leistungsgerecht aber für kleine Selbständige auch bezahlbar sein, um künftige Beitragsschulden zu vermeiden.

zuführen, in den die Versicherten nach einem gesetzlich festgelegten Mahnverfahren überführt werden. Gleichzeitig erhalten Beitragsschuldner eine Rückkehroption in ihren ursprünglichen Versicherungsvertrag. Damit schützen wir nicht nur die Beitragsschuldner in der PKV vor finanzieller Überforderung, sondern gewährleisten gleichzeitig, dass das Kollektiv der Versichertengemeinschaft finanziell nicht belastet wird. Sozialpolitik ist Wirtschaftspolitik. Das zeigt sich hier wieder einmal sehr deutlich. Auch wenn eine gute Absicherung etwa gegen Krankheiten sinnvoll und wünschenswert ist, darf sie doch niemanden überfordern, weil sie sonst ihr Ziel nicht erreicht. Mit diesen Änderungen schaffen wir praktikable und lebensnahe Regelungen. Beste Grüße

JENS SPAHN

Ihr

Jens Spahn

Auch die PKV hat immer wieder mit Beitragsrückständen zu kämpfen. Deshalb planen wir, einen Notlagentarif ein-

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren. Seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der WestLB führte ihn auch nach Luxemburg. Der studierte Politikwissenschaftler gehört seit 2002 dem Deutschen Bundestag an. Seit 2009 ist er gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender Landesvorsitzender des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen.

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