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Jahrgang 11

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5,00 Euro

MAGAZIN FÜR

POLITIK UND GESUNDHEIT Karl-Josef Laumann Über 2.000 Hausarztpraxen stehen leer S. 4

FLAUTE in der Gesundheit? Wer sichert die Gesundheitsversorgung?

Katja Leiker ehealth – Chancen und Herausforderungen S. 8

Jens Spahn Wie kann die CDU erfolgreich bleiben? S. 13


Caring and curing Caring and curing Leben retten und Gesundheit

Leben retten und ist Gesundheit verbessern – das unser Ziel. verbessern – das ist unser Ziel.

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EDITORIAL

Ambulante Versorgung am Krankenhaus? In den letzten Monaten wurde wieder verstärkt nach einer Aufhebung der strikten Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung gerufen. So stellte der Vorsitzende des AOK Bundesverbandes, Jürgen Graalmann, die Forderung auf, die ambulante Versorgung auch für die Krankenhäuser in Deutschland zu öffnen. So hätten die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, auch einmal von einem „guten Krankenhausarzt“ behandelt zu werden, so Graalmann in einem Interview mit der Ärztezeitung vom 02.10.2014. Eine solche Öffnung birgt natürlich auch viele Gefahren, die anscheinend einfach ausgeblendet werden. Es ist mehr als nur zu bezweifeln, dass die Krankenhäuser einem solchen Ansturm überhaupt standhalten könnten. Die Tagesabläufe in den Kliniken erlauben eine durchgehende ambulante Versorgung nur sehr eingeschränkt, das weiß auch sicherlich Herr Graalmann. Außerdem ist bei solchen Konstellationen durchaus die Frage erlaubt, ob man seitens der Krankenhäuser nicht der Versuchung verfällt, wirtschaftliche Interessen über die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung zu stellen. Sehr schnell könnte es hier zu einer Art Bettenakquise kommen. Zu-

sätzlich, und das sollte man wirklich nicht unterschätzen, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass wir dann in den Kliniken amerikanische Verhältnisse bekommen und die Patientinnen und Patienten bis zu acht Stunden in den Notaufnahmen sitzen. Das Arzt – Patientenverhältnis beruht in ganz vielen Fällen auf einem jahrelangen Vertrauen. Der Patient wechselt in den meisten Fällen weder Hausnoch Facharzt ständig, sondern bleibt bei dem Arzt, den er lange kennt und der vor allem mit dem Krankheitsbild vertraut ist. Im Krankenhaus wird dem Patienten dieses Privileg genommen. Hier wechseln die Ärzte häufiger, haben unterschiedliche Dienstzeiten und Dienstpläne. Da besteht auch die Gefahr der Doppeluntersuchungen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass es auch bei den ambulant tätigen niedergelassenen Ärzten ganz bestimmt gute Ärzte gibt, die sich hinter einem Krankenhausarzt nicht verstecken müssen. Entscheidend ist, wie die Patientinnen und Patienten mit ihrem Arzt zufrieden sind, und Krankenhäuser sollten sich auf das konzentrieren, was ihre Kernaufgabe ist, nämlich die stationäre Versorgung der Bevölkerung.

INHALT 4

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Dauerbrenner Hausarzt-Versorgung

Unser Autor Karl-Josef Laumann erläutert die Spielräume des Versorgungsstärkungsgesetzes

Kurze Wege zur Gesundheit

Praxisnetzwerke sorgen für kurze Wege, geringere Wartezeiten und zufriedene Patienten erläutert Gesundheitsexperte Günter van Aalst

Telematik und Telemedizin

Hinter beiden Begriffen verbirgt sich ein großes Potenzial, das es zu nutzen gilt schreibt die Gesundheitspolitikerin Katja Leiker, MdB

12 Distributionslogistik

Einen Blick hinter die Kulissen der Arzneimittel-Distribution gewährt unser Autor Thomas Wingerath

13 Die CDU der Zukunft

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, MdB, macht sich Gedanken über die CDU der Zukunft

14 Onkologie

Der wissenschaftliche Fortschritt hat in der Onkologie die Tür zur personalisierten oder individualisierten Medizin geöffnet, erläutert Autor Stephan Schmitz

16 Private Vorsorge unumgänglich

Eine tragfähige private Altersvorsorge sollte zum Risikoausgleich auf mehrere Säulen verteilt werden, rät unser Autor Uwe Laue

18 Gesundheitspolitik

… ist wie Fußball – alle können mitreden, meint unser Autor Tino Sorge, CDU-Bundestagsabgeordneter

20 Organspende

Deutschland liegt mittlerweile bei der Organspende im internationalen Vergleich auf einem der hinteren Plätze. Rainer Hess zeigt Auswege auf

22 Pro Freihandel

In seiner Kolumne spricht sich am pulsChefredakteur Tim A. Küsters für den Fortfall von Handelshindernissen aus

22 Impressum Dr. Mathias Höschel und Frank Rudolph, Herausgeber

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Foto: Tim Reckmann/ Pixelio.de

ÄRZTEMANGEL

Wege zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung

Ein Lösungsweg: Stipendien für Studenten, wenn sie sich in der Region niederlassen

Die flächendeckende hausärztliche Versorgung in Deutschland ist bedroht – nicht zuletzt in den ländlichen Regionen. Das zeigt inzwischen eine ganze Reihe von Statistiken: So sind beispielsweise nach Angaben der Bundesärztekammer im Jahr 1995 noch 46.092 niedergelassene Allgemeinmediziner und praktische Ärzte in Deutschland tätig gewesen. 2006 ist diese Zahl auf 35.394 und zum Stichtag 31. Dezember 2013 weiter auf 33.780 gesunken. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung stehen derzeit 2.194 Hausarztpraxen leer. Und das obwohl eine gute und ortsnahe allgemeinmedizinische Versorgung ein wichtiger Grundpfeiler unseres Gesundheitssystems ist. Wer krank ist, sucht in den meisten Fällen als erstes seine Hausärztin oder seinen Haus-

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arzt auf. Viele Hausärzte kennen oftmals die medizinische Vorgeschichte und das soziale Umfeld ihrer Patientinnen und Patienten. Durch Haus- oder Heimbesuche sind die zudem eine große Stütze bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Und sie sind unverzichtbare Lotsen in einem sehr komplizierten Gesundheitssystem.

Wir bilden viel zu wenige Allgemeinmediziner aus Wenn wir jetzt nichts gegen den Hausärztemangel unternehmen, wird sich die Entwicklung noch erheblich verschärfen: Laut Bundesärztekammer war im Jahr 2013 fast jeder zehnte der berufstätigen Allgemeinmediziner 65 Jahre oder älter. Etwa ein Drittel hat demnach mindestens das 60. Lebensjahr erreicht. Demgegenüber gab es im selben Jahr gerade einmal 1.112 Fach-

arztanerkennungen in den Bereichen Allgemeinmedizin sowie Innere und Allgemeinmedizin (Hausarzt). Während 1993 noch rund 18.355 Studenten erfolgreich ein Studium der Humanmedizin absolvierten, waren es 2012 nur noch 16.296. So die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Dies alles zeigt: Wir bilden in unserem Land zu wenige Hausärzte aus. Wie ernst die Situation in Wahrheit bereits ist, zeigen auch Statistiken des NRW-Gesundheitsministeriums: Demnach droht in Nordrhein-Westfalen schon heute in 92 Gemeinden eine Gefährdung der hausärztlichen Versorgung. In 48 weiteren Gemeinden erscheint eine solche Gefährdung zumindest auf mittlere Sicht möglich. Es liegt in der Verantwortung der Politik, geeignete Rahmenbedingungen für eine gute und ortsnahe hausärzt-


ÄRZTEMANGEL liche Versorgung zu setzen. Das hat die CDU-geführte Bundesregierung u. a. mit dem Versorgungsstrukturgesetz bereits in der vergangenen Wahlperiode getan. Sie hat neue gesetzliche Grundlagen für die Bedarfsplanung und damit gelockerte Zulassungsregeln im hausärztlichen Bereich geschaffen. Fast sämtliche Schranken für die Niederlassung wurden beseitigt, fast alle möglichen Versorgungskonzepte können nun vor Ort umgesetzt werden – beispielsweise durch die Möglichkeit, Zweigpraxen oder kommunale Eigeneinrichtungen zu eröffnen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können zudem in überversorgten Gebieten frei werdende Vertragsarztsitze aufkaufen. Zugleich werden die hausärztlichen Leistungen, die in unterversorgten Regionen erbracht werden, von den Mengenbegrenzungen ausgenommen. Und: Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen können Preiszuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen oder Leistungserbringer vereinbaren.

Der flexibelste Instrumentenkasten in der Geschichte der Bundesrepublik Das alles ist heute schon möglich. Und mit dem aktuell vorgelegten Versorgungsstärkungsgesetz werden die Handlungsspielräume der Selbstverwaltung in dieser Legislaturperiode noch einmal erweitert, um die ambulante medizinische Versorgung flächendeckend sicherzustellen. Zudem wird die Zahl der geförderten Weiterbildungsplätze für Allgemeinmedizin erheblich ausgebaut – von derzeit 5.000 auf 7.500 Stellen. Auch werden – gerade im Hinblick auf unsere ländlichen Regionen – neue Versorgungsformen ermöglicht. Der Bund nutzt damit alle Möglichkeiten, die in seiner Gestaltungskompetenz liegen, um die Situation sowohl kurzfristig als auch nachhaltig zu verbessern. Er gibt der Selbstverwaltung alle erdenklichen Gestaltungsräume an die Hand, um die hausärztliche Versorgung sicherzustellen. Einen flexibleren Instrumentenkasten haben Krankenkassen und Kassenärzt-

Es liegt in der Verantwortung der Politik, geeignete Rahmenbedingungen für eine gute und ortsnahe hausärztliche Versorgung zu setzen. liche Vereinigungen in der Geschichte der Bundesrepublik wohl noch nie zur Verfügung gehabt. Sie müssen davon allerdings auch tatsächlich Gebrauch zu machen. Und das ist bislang nicht ausreichend geschehen. Insbesondere die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen ihren Sicherstellungsauftrag endlich mit Kreativität und Engagement erfüllen. Ansonsten kommen sie ihrer zentralen Aufgabe nicht nach. Und damit würde sich die Frage ihrer Daseinsberechtigung stellen. Die Selbstverwaltung muss angehenden Medizinerinnen und Medizinern endlich mehr positive Anreize geben, Hausarzt zu werden und sich in unterversorgten Gebieten niederzulassen. Ob Zuschläge für Landarztpraxen oder die Gründung von Gemeinschaftspraxen oder Zentren mit familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen: Die Liste des gesetzlich Möglichen ist lang. Sie muss allerdings mit Leben gefüllt werden. Doch auch die Bundesländer und insbesondere die Wissenschaftsminister der Länder stehen in der Pflicht. Denn Hochschulpolitik ist vor allem Ländersache. Die Länder müssen die allgemeinmedizinische Ausbildung qualitativ und quantitativ besser fördern und ihr so auch ein stärkeres Gewicht geben. Die Allgemeinmedizin muss endlich aus ihrem Schattendasein herauskommen, die sie derzeit im inneruniversitären Wettbewerb der verschiedenen medizinischen Ausbildungsschwerpunkte führt. Das Allgemeinmedizin-Studium braucht neue Impulse. Wir brauchen eine Reform der organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen. Die Anzahl der Studienplätze muss deutlich erhöht werden und die Auswahl der Studienplatzbewerber zielgerichteter erfolgen. Wir brauchen erheblich mehr

eigene Lehrstühle für Allgemeinmedizin an den medizinischen Fakultäten. Eine gute Idee ist es zudem, jungen Studentinnen und Studenten Stipendien zu geben, wenn sich diese im Gegenzug verpflichten, später in der jeweiligen Region niederzulassen. Das alles zeigt: Der drohende Hausärztemangel basiert nicht auf einem Erkenntnisproblem. Die Fakten und Herausforderungen sind längst bekannt. Vielmehr haben wir es mit einem Umsetzungsdefizit zu tun. Noch ist es nicht zu spät, das zu ändern. Doch das wird nicht mehr lange so bleiben. Darum müssen die Selbstverwaltung und die Länder schleunigst handeln. Denn damit stehen und fallen alle Bemühungen für eine gute und bedarfsgerechte allgemeinmedizinische Versorgung in Deutschland. Wie heißt es doch immer so schön: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

KARL-JOSEF LAUMANN

Karl-Josef Laumann ist seit Januar 2014 Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit sowie Patientenbeauftragter und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung. Von 1990 bis 2005 war er Abgeordneter des Deutschen Bundestages, wo er sich insbesondere in sozialpolitischen Themen engagierte. Seit 2004 ist er Mitglied des Präsidiums der CDU und seit 2005 Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Von 2005 bis 2014 gehörte Laumann dem Landtag NordrheinWestfalen an. Von 2005 bis 2010 war er dort Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, von 2010 bis 2013 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion

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PRAXISNETZE

„Wie leistungsfähig sind Arztnetze?“ Darüber diskutierten Prof. Dr. Clarissa Kurscheid (Hochschule Fresenius Köln), Günter van Aalst (TK) und Dr. Christian Flügel-Bleienheuft (GKS) mit Moderator Frank Plasberg

Kurze Wege zur Gesundheit Eine Odyssee von Arzt zu Arzt, mangelnde Abstimmung zwischen Ärzten, wochenlange Wartezeiten - viele Patienten kennen das. PraxisNetzwerke können dem entgegenwirken. Alle Ärzte arbeiten dort Hand in Hand zusammen. Der behandelnde Arzt koordiniert dabei die Zusammenarbeit. Die Patienten können sich ganz auf ihre Genesung konzentrieren, denn die häufig nervenaufreibende Suche nach Ärzten und das lästige Organisieren von Terminen entfallen. Diese Behandlungsqualität bietet die Techniker Krankenkasse (TK) ihren Versicherten mit dem Gesundheitsnetz Köln-Süd e. V. (GKS) im Rahmen der fachärztlichen Versorgung an. Im GKS arbeiten 70 Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische Dienstleister in einem vernetzten Team. Zielsetzung des TK-Praxisnetzwerkes ist es, Patienten bei Arztbesuchen zu unterstützen und Fachdisziplin übergreifend zu begleiten.

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In einer gemeinsamen Veranstaltung haben TK und GKS ihr Konzept in der „Klinik Links vom Rhein“ einem Publikum aus Politik und Wirtschaft vorgestellt. „Das GKS stützt auf vier Säulen: Kommunikation, Vertrauen, Kooperation und Transparenz. Im Mittelpunkt stehen immer die Patienten. Ihnen bieten wir ein sehr breites Spektrum im kurativen sowie präventiven Bereich“, sagte Dr. Christian Flügel-Bleienheuft, Vorstandvorsitzender des Gesundheitsnetz Köln-Süd e. V.. Günter van Aalst, Leiter der TK-Landesvertretung in Nordrhein-Westfalen hob die Vorteile hervor: „Das Netzwerk bietet unseren Versicherten ambulante Versorgung aus einer Hand. Die fachübergreifende Zusammenarbeit vermeidet unnötige Doppeluntersuchungen, verbessert die medizinische Behandlung und ermöglicht eine qualitativ hochwertige Versorgung. Zusätzlich profitieren unsere Versicherten von einem schnellen Terminservice.“ Im Vordergrund stehen dabei optimale interdisziplinäre Behandlungsabläu-

fe, also die enge Abstimmung von Diagnose, Therapie und Behandlungsplan. Das TK-PraxisNetzwerk basiert auf einer intensiven Patientenorientierung. Genutzt werden die Vorteile der koordinierten Versorgungssteuerung und die gezielte, offene Kommunikation der Ärzte untereinander. Dies reduziert Schnittstellen und führt zu einer frühzeitigen Diagnosestellung und somit einem zeitnahen Therapiebeginn. Weitere Pluspunkte sind eine 24-stündige telefonische Erreichbarkeit, besondere Sprechstunden für Berufstätige oder ein Erinnerungsservice für Vorsorgeleistungen aber auch ein ausführliches Aufnahmegespräch zur Erhebung des umfassenden gesundheitlichen „Status-Quo“. Die Ärzte des GKS bieten neben der medizinischen Behandlung den Versicherten der TK eine an ihrem Bedarf orientierte Gesundheitsförderung an. Den Einstieg liefert eine Präventionsanamnese, die am Beginn einer Behandlung steht. Dabei wird über eine Checkliste der Gesundheitsstatus – beispielsweise zu Impfungen und Vorsor-


PRAXISNETZE geuntersuchungen – ermittelt. Stellt der Arzt ein Präventionsdefizit fest, empfiehlt er dem Patienten geeignete Maßnahmen. Auch die Möglichkeit, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen, wird im GKS praktiziert und als Selbstverständlichkeit angesehen. Auf Wunsch des Patienten wird ein Arzt aus dem GKS empfohlen, an den sich der Patient wenden kann. Vorbefunde werden diesem Arzt zur Verfügung gestellt, so dass auch dabei eine doppelte Diagnostik hinfällig wird.

GÜNTER VAN AALST

DREI FRAGEN AN GÜNTER VAN AALST ZU DEN HERAUSFORDERUNGEN AN DAS GESUNDHEITSSYSTEM: Welche Erwartungen hat die TK an PraxisNetzwerke und Arztnetze? van Aalst: Die TK sieht in Praxisnetzwerken einen guten Ansatz, um neue Versorgungsansätze zu erproben und zu bewerten, ob sich die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen. Und genau aus diesem Grund ist die TK in Nordrhein-Westfalen an zwei Stellen aktiv, allerdings mit verschiedenen Blickwinkeln. Auf der einen Seite wird in einer Metropolregion mit dem GKS ein eigenes Praxisnetzwerk mit dem Schwerpunkt Fachärzte entwickelt und umgesetzt. Auf der anderen Seite - quasi als Kontrapunkt - steht das Engagement in der Gesundheitsregion Siegerland. Dort werden Erfahrungen über Versorgungsmodelle im ländlichen Raum gesammelt. Wie kann in Zukunft die Qualität im Gesundheitswesen gesichert werden? Sind Praxisnetzwerke eine Lösung für die Zukunft des Gesundheitswesens?

Günter van Aalst, geboren 1952, ist nach verschiedenen leitenden Positionen innerhalb der Techniker Krankenkasse (TK) seit 1991 als Leiter der Landesvertretung der TK in Nordrhein-Westfalen tätig. Er repräsentiert die TK in NRW, vertritt die Interessen der TK gegenüber Politik und Öffentlichkeit und verantwortet das regionale Vertragsgeschäft mit Ärzten, Zahnärzten, Kliniken und sonstigen Leistungserbringern

van Aalst: Schon heute müssen alle Player – von der Politik bis zur Gesundheitswirtschaft – die Probleme der Zukunft im Blick haben. Dabei können Praxisnetze zur Lösung beitragen, aber man muss sie jenseits der heutigen Definition weiterentwickeln. Denkanstöße dafür liefert

ein Thesenpapier zur „Medizinischen Versorgung im ländlichen Raum in NRW“ der TK Landesvertretung. Qualität muss das bestimmende Kriterium zur Leistungserbringung sein und es bedarf innovativer Schritte. Patienten müssen zukünftig erkennen können, wo gute medizinische Qualität geleistet wird und subjektiv entscheiden, wo sie sich behandeln lassen wollen. Was fordert die TK in diesem Thesenpapier? van Aalst: Zu fördern sind „arztentlastende Strukturen“ insbesondere im Hausarztbereich. Wir brauchen die Unterstützung und Neuausrichtung von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern in versorgungsschwachen Regionen. Sie können und müssen mittelfristig neben einer stationären Grundversorgung auch ambulante Aufgaben übernehmen können – und das jenseits der bisher bestehenden Strukturen. Gleichzeitig bedarf es eines Know-how-Transfers in ländliche Regionen. Und genau an der Schnittstelle Haus- und Facharzt, Krankenhaus und Know-howTransfer sehe ich die Möglichkeiten von Praxisnetzen. Sie sind Kenner regionaler Bedarfe und wissen um demographische Entwicklungen.

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Wie Agnes und Fontane die Versorgung verbessern Telematik / Telemedizin bergen großes Potential, das es flächendeckend zu nutzen gilt In fast alle Lebensbereiche hält moderne Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zunehmend Einzug

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In fast alle Lebensbereiche hält moderne Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zunehmend Einzug, so auch ins deutsche Gesundheitswesen. Damit einhergehen Herausforderungen, die wohl überlegt behandelt werden müssen, aber vor allem Chancen, die es zu nutzen gilt. Der folgende Beitrag argumentiert, dass die Bereiche, die gemeinhin als Telematik / Telemedizin bezeichnet werden, ein großes Potential für die Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität bergen. Um dieses Potential auszuschöpfen, bedarf es verstärkter Anstrengungen der Selbstverwaltungspartner, aber auch von bundespolitischer Seite. Zu den Begrifflichkeiten Als Sammelbegriff für den Einsatz von IKT im Gesundheitswesen ist der Begriff „eHealth“ zu empfehlen.1Davon ausgehend trifft das Bundesministerium für Gesundheit eine Unterscheidung zwischen Telematik und Telemedizin. 1 Dabei steht Telematik insbesondere für den Aufbau der IT-Infrastruktur, auf der künftig unterschiedliche Anwendungen aufsatteln sollen. Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist davon prominenteste Projekt. Telemedizin wiederum erfuhr aus Reihen der Selbstverwaltung eine Definition. Es handele sich um die „Messung, Erfassung und Übermittlung von Informationen oder die Anwendung von medizinischen Verfahren (…).“ 2 Im Kern steht die Idee, durch den Einsatz von IKT räumliche Distanz zwischen den im Gesundheitswesen beteiligten Akteuren zu überwinden. Darüber hinaus finden sich weitergehende Spezifizierungen wie etwa das „Telemonitoring“, also die Erfassung, digitale Weiterleitung und Auswertung von Daten. eHealth wird an Bedeutung gewinnen Der Bedeutungszuwachs von eHealth im Gesundheitswesen ist kein Selbstzweck, sondern eine Konsequenz gesellschaftspolitischer Entwicklungen, die sich seit Jahren abzeichnen und in den kommenden Jahrzehnten an Intensität gewinnen werden. Demografischer Wandel ist hier ein Stichwort: So steigt die Anzahl der älteren und chronisch erkrankten Men-


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Einsatz

In Zukunft muss nicht jeder Patient bei jedem Arzt zur Anamnese

schen, die adäquat versorgt werden müssen. Dieses Ziel zu erreichen wird gerade in strukturschwachen Regionen immer schwieriger, wo Ärzte oftmals keinen Nachfolger finden und die medizinische Infrastruktur teils bedenkliche Lücken aufweist. Gleichzeitig werden in einem zunehmend spezifizierten Gesundheitssystem immer mehr Daten generiert, die ausgetauscht und bewertet werden wollen.

Herausforderungen Die flächendeckende Einbindung von IKT im Gesundheitswesen ist eine strukturpolitische Großaufgabe. Gerade in Zeiten, in denen Berichte über Spionage, Sicherheitslücken und Daten-Missbrauch Schlagzeilen machen, ist der Verbraucher oftmals verunsichert. Datensicherheit muss deshalb, gerade in einem solch sensiblen Bereich wie dem Gesundheitswesen, an oberster Stelle stehen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit haben deshalb die bestehenden und kommenden Vorhaben, wie etwa den Aufbau der Telematik-Infrastruktur, genau

im Blick. Sie sind bei der Beurteilung der Datensicherheit die maßgeblichen Akteure. Denn problematisch wird es, wenn Schnittstellen nicht zueinander passen, oder gar Parallelstrukturen aufgebaut werden, die nach Einschätzung der Experten ein Sicherheitsrisiko darstellen können. Der Einzug der IKT berührt zudem die Arbeitsabläufe in Kliniken, Arztpraxen und nicht zuletzt das Verhalten des Patienten. Es liegt auf der Hand, dass es einer konstruktiven Offenheit gegenüber neuen Technologien bedarf, damit sie ihr Potential entfalten können. Dies wird nicht immer einfach umzusetzen sein. Hier ist das notwendige Fingerspitzengefühl gefragt. Jedoch dürfte es einleuchten, dass dem Patienten Nutzen bringende Anwendungen nicht aufgrund starrer Strukturen oder Vorbehalte der Weg in die Versorgung versperrt werden sollten. Auch bedarf es der grundsätzlichen Bereitschaft, die erfolgversprechenden Anwendungen langfristig zu finanzieren.

Potential von Telematik / Telemedizin Der Einsatz von IKT im Gesundheitswesen birgt großes Potential. Gerade

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In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern delegieren Hausärzte Hausbesuche und andere medizinische Leistungen an qualifizierte Mitarbeiter, wodurch die Versorgung eines größeren Patientenstammes ermöglicht wird

aus Sicht des Patienten ist hier Vieles vorstellbar: Etwa die Speicherung seines Medikationsplans auf der elektronischen Gesundheitskarte, was zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit beitragen würde. Auch birgt eine elektronische Patientenakte viele Vorteile: Für alle behandelnden Ärzte, und nicht zuletzt für den Patienten, wäre die eindeutige Abbildung der Anamnese die Grundlage für eine passgenauere Behandlung – auch und gerade chronisch Kranken, die häufig zwischen den Sektoren ambulant und stationär wechseln. Aufwändige Suchprozesse, Mehrfachuntersuchungen, Wartezeiten oder Krankenhausaufenthalte könnten reduziert und die Eigenverantwortung des Patienten gestärkt werden. Unter wirtschaftlichen Aspekten ist zu bemerken, dass die verbesserte Koordinierung von Daten zu einer Steigerung der Effizienz der Arbeitsabläufe führen kann, was wiederum Geld einspart. Neben diesem eher verwaltungstechnischen Aspekt gibt es bereits Studien, die dem Telemonitoring von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz eine Senkung der Mortalität, eine Reduzierung der Re-

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Hospitalisierungsraten und/ oder einer Verbesserung der Lebensqualität zugestehen. 3 Somit verdichten sich die wissenschaftlich nachgewiesenen Anhaltspunkte für einen medizinischen Nutzen für den Patienten. Hinzu kommt, dass mittelfristig Geld gespart werden könnte, was an anderer Stelle für die Verbesserung der Versorgungsqualität und eingesetzt werden könnte. Dies setzt allerdings die Bereitschaft, Investitionen vorzunehmen voraus, die sich möglicherweise erst in einigen Jahren auszahlen werden. Die Frage nach dem Nachweis von Evidenz im Sinne des G-BA in diesem sehr heterogenen Feld an telemedizinischen Anwendungen spielt dabei eine besondere Rolle und ist Gegenstand fortlaufender Diskussionen.

Status-Quo: ein telemedizinischer Flickenteppich Bislang gibt es keine telemedizinische Anwendung, die es in die Regelversorgung geschafft hat. Zwar kennt der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) eine Gebührenordnungsposition (GOP), die die Funktionsanalyse eines Herzschrittmachers per Funk vergütet. Jedoch muss bei dieser „telemetrischen“ Abfrage der Kardiologe anwesend sein, auch um die Leistung anschließend abrechnen zu können. 4 Außerhalb der Regelvergütung besteht eine ganze Reihe telemedizinischer Projekte. Das Deutsche Telemedizin-Portal listet etwa 200 auf, 5 die erkennen lassen, dass das Potential von IKT im Gesundheitswesen bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Drei Beispiele: In Bayern wurde ein Netzwerk zur Verbesserung der Schlaganfallversorgung (Tempis) etabliert. In der Projektbeschreibung heißt es: „Die Erstinformation erfolgt über Telefon vom behandelnden Arzt an den Schlaganfallneurologen im Zentrum. Anschließend werden die CT-/MRT-Bilder im DICOM-Format an das Zentrum übertragen. Die Patientenuntersuchung und -befragung erfolgt über Videokonferenz. Ein Konsilbericht wird über Netzwerkdrucker direkt im anfragenden Krankenhaus ausgedruckt.“ Es steht die Frage im Raum: Warum sollen nur Patienten in Bayern davon profitieren?

In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern delegieren Hausärzte Hausbesuche und andere medizinische Leistungen an qualifizierte Mitarbeiter, wodurch die Versorgung eines größeren Patientenstammes ermöglicht wird (AGnES). Die Patienten erhalten ein telemedizinisches Monitoring, so dass die Fachkraft des Hausarztes die vom Patienten gesendeten Daten kontrollieren und gegebenenfalls intervenieren können – alles in Absprache mit dem Hausarzt. Gerade in strukturschwachen Regionen mit wenigen Hausärzten ist diese Herangehensweise sehr begrüßenswert und hat Potential zur Nachahmung in anderen Regionen Deutschlands. Die Berliner Charité führt derzeit eine klinische Studie zur Herzinsuffizienz durch. Es wird geprüft, ob die tägliche Messung von Gewicht, Blutdruck und EKG durch den Patienten zu Hause bei sofortiger Auswertung durch einen Arzt – dieser ist im Telemedizinischen Zentrum stationiert – Krankenhausaufenthalte vermeiden. Diese Fontane-Studie baut auf bestehenden Erkenntnissen auf, ist aber in Design und Anzahl der involvierten Patienten anspruchsvoller als ihre Vorgänger. 6 Im kommenden Jahr werden die Ergebnisse dieser Fontane-Studie erwartet. Die ersten Anzeichen sind der positiv, doch was wird, wenn die öffentliche Projektförderung ausläuft?

Rolle der Politik Die Bundespolitik hat das Potential der IKT im Gesundheitswesen erkannt und ist bereits vor einigen Jahren gesetzgeberisch tätig geworden, um den Rahmen für eine Fortentwicklung mit den Partnern der Selbstverwaltung herzustellen: Im Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung von 2003 wurde die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zum 1.1.2006 und der entsprechende Aufbau der TelematikInfrastruktur beschlossen (§ 291a SGB V). Mit der Umsetzung beauftragt wurde die gematik, die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH. 7 Trotz ermutigender Entwicklungen stellt sich die Frage, weshalb auch im Jahre 2014 die sich bereits im Umlauf befindende eGK nicht mehr Funk-


TELEMEDIZIN tionen aufweist, als ihre analoge Vorgängerin und wie es verbindlich weitergehen wird. Vor dem Hintergrund der bereits investierten 800 Mio. Euro 8 und festgefahrener Entscheidungsstrukturen, ist ein konstruktives Flankieren des Gesetzgebers eine gangbare Option. Ähnlich festgefahren ist die Situation in einem Aspekt des Versorgungsstrukturgesetzes von 2011: Darin wurde der Bewertungsausschusses beauftragt bis zum 31.10.2012 zu überprüfen, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können. Das Ergebnis der Prüfung sollte bis zum 1. Quartal 2013 in EBM abgebildet werden (§ 87 Absatz 2a Satz 8 SGB V). Bislang ist es hier zu keinem fassbaren Ergebnis gekommen, so dass die Frage, welche telemedizinischen Anwendungen über den EBM den Weg in die Regelversorgung finden könnten weiterhin unbeantwortet bleibt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/ CSU und SPD von 2013 erklärt: „Elektronische Kommunikations- und Informationstechnologien können die Leistungsfähigkeit in unserem Gesundheitswesen weiter verbessern. Dies gilt insbesondere für die Versichertenstammdaten, die Notfalldaten, die Kommunikation zwi-

schen allen Leistungserbringern, Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit und Daten für ein verbessertes Einweisungs- und Entlassmanagement. Hindernisse beim Datenaustausch und Schnittstellenprobleme werden beseitigt und der Anbieterwettbewerb zwischen IT-Anbietern befördert. Dabei muss ein hoher Datenschutz beachtet werden. Telemedizinische Leistungen sollen gefördert und angemessen vergütet werden.“

Schlussfolgerung und Handlungsbedarf In der Gesamtschau verstärkt sich der Eindruck, dass im Bereich eHealth viel Potential zur Verbesserung der medizinischen Versorgung steckt, dieses aber bislang nur sehr eingeschränkt zum Tragen gekommen ist. Dieser Zustand ist aus Sicht der Bundespolitik unbefriedigend, so dass entlang der Logik der gesundheitspolitischen Selbstverwaltung ein aktiveres Handeln der bundespolitischen Ebene anzustreben ist. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat angekündigt gesetzgeberisch tätig zu werden. 9 Als zuständige Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werde ich mich gemeinsam mit meinen Kollegen in die inhaltliche Aus-

1 Vergleiche hierzu die „Hintergrundinformation zu eHealth Initiative“ des Bundesministeriums für Gesundheit. Einzusehen unter: www.bmg.bund.de, abgerufen am 7. Juli 2014.

gestaltung des Gesetzes einbringen. Ziel sollte es sein, dass erfolgversprechende von IKT unterstützte Anwendungen die Patienten in der Fläche erreichen. Dies betrifft zum einen den Aufbau der Telematik-Infrastruktur samt eGK, auf der Notfalldaten sowie Daten zur Medikation (Arzneimitteltherapiesicherheit) gespeichert sein sollten. Darüber hinaus ist die Speicherung von Fallakten, eine umfassendere Patientenakte, ein elektronischer Impf- oder Mutterpass oder auch die Miteinbeziehung eines elektronischen Rezeptes grundsätzlich denkbar. Zum anderen sollten nutzenbringende telemedizinisch unterstützte Anwendungen ihren Weg der EBM finden. Das Telemonitoring von Herz-Kreislauf-Patienten bietet hier eine Reihe konstruktiver Anhaltspunkte. Denn dauerhaft ist es kaum zu vermitteln, weshalb Patienten in anderen europäischen Staaten die technologischen Fortschritte im Bereich IKT im Gesundheitswesen nutzen, in Deutschland hingegen Strukturen dominieren, die sich in weiten Teilen digitalen Innovationen verschließen.

DR. KATJA LEIKER, MdB

2 Rahmenvereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband als Trägerorganisationen des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Einzusehen unter: www.gkv-spitzenverband.de, abgerufen am 7. Juli 2014 3 Vgl. 1. Reduction of Mortality („IN-TIME“): Block et al., Eur J Heart Fail. 2008 Nov; 10(11):1143-8, www.theheart.org/article/1576381.do 2. Reduction of 30% HF-Hospitalisation („Champion Trial“) Abraham, WT., et al. Lancet. 2011 Feb 19; 377(9766):658-66, 3. Improvement of Quality of life („TIM-HF“, „Champion Trial“), Koehler et al., Circulation 2011 May 3; 123(17):1873-80, Abraham, WT., et al. Lancet. 2011 Feb 19; 377(9766):658-66. 4 Bisweilen werden die Begriffe „telemetrisch“ und „telemedizinisch“ verwechselt. Bei Telemedizin geht es im Kern um den Einsatz von IKT zur Überwindung von räumlicher Distanz. Die ist im hier geschilderten Fall nicht zutreffen, da der Kardiologe den Patienten sehen muss. Nur so kann die Funktionsanalyse durchgeführt und die Leistung abgerechnet werden. 5 Erstellt wurde das Portal durch das Bundesministerium für Gesundheit gemeinsam mit Fraunhofer FOKUS: http://telemedizin.fokus.fraunhofer.de, abgerufen am 8. Juli 2014. 6 Bei der Fontane-Studie handelt es sich um eine randomisiert kontrollierte Studie (RCT). Weitere Informationen finden sich unter: www.gesundheitsregion-fontane.de, abgerufen am 15. Juli 2014. 7 Die gematik wird getragen von ihren Gesellschaftern: GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Deutsche Krankenhausgesellschaft, Deutscher Apothekerverband, Bundesärztekammer, Bundeszahnärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung. 8 Vgl. Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbands vom 27.3.2014. 9 Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe kündigte Ende Juni 2014 das mittlerweile als „eHealth-Gesetz“ bekannte Gesetzesvorhaben an. Im Kern steht bislang die Fortentwicklung der Telematik-Infrastruktur samt eGK. Vgl. www.bmg.bund.de, abgerufen am 26. Juni 2014.

Dr. Katja Leiker, Jahrgang 1975, ist verheiratet und seit 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Kaiserslautern für Internationale Beziehungen/Außenpolitik. Seit 2013 ist sie direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Hanau. Sie gehört dem Gesundheitsausschuss an

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DISTRIBUTIONSLOGISTIK Ausgeklügeltes Logistikkonzept

Um das zu koordinieren, braucht man vor allem Platz und ein ausgeklügeltes Logistikkonzept. Für die vielen besonderen Ansprüche an die Arzneimittel gehören neben Hochregallagerplätzen auch Kühlund Tresorlagerplätze auf einer Nutzfläche von über 22.000 Quadratmetern zum Standort.

Mitglieder der MIT NRW besuchten PharmLog, eine der großen Firmen der Arzneimittel-Distribution

Wie funktioniert die Distributionslogistik rund um unsere Arzneimittel? Wenn in deutschen Apotheken verschreibungspflichtige Medikamente, Hustensaft oder Wundsalbe abgegeben werden, dann stammen diese oft aus Bönen in Westfalen. Denn hier sitzt die PharmLog Pharma Logistik GmbH, einer der drei größten Distributeure für Arzneimittel im deutschen Gesundheitswesen. Dies war Anlass genug, dass sich die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU NordrheinWestfalen - mit der Arbeitsgruppe Handel - zu einem persönlichen Besuchstermin nach Bönen angemeldet hat. Mit dabei waren die beiden Landtagsabgeordneten Ina Scharrenbach und Oskar Burkert.

40 Mio. Euro Umsatz

Arzneimittel werden nicht von der PharmLog produziert. Vielmehr hat sich das Unternehmen auf die Lagerung, Kommissionierung und den Versand von Medikamenten spezialisiert, die passgenau auf die spezifischen Anforderungen der Pharmabranche ausgerichtet sind. Gesellschafter der PharmLog sind die Unternehmen Bay-

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er, Boehringer Ingelheim, GlaxoSmithKline, Meda, Merck und Novartis. Für deren Arzneimittel ist die PharmLog in der Distributionslogistik zuständig. Neben den Gesellschaftern nutzen heute aber auch weitere namhafte Pharmaunternehmen diese Dienstleistungen. So wurde im Jahr 2013 ein Umsatz in Höhe von 40,3 Mio. € mit insgesamt 368 Mitarbeitern erwirtschaftet. Bis zu 1,2 Millionen Arzneimittelpackungen verlassen täglich das Logistikunternehmen, dies entspricht 30 Lkw; und genauso viele Lkw-Lieferungen der Pharmaunternehmen werden auch täglich entgegengenommen. Geliefert werden sie an Apotheken, Kliniken, den Pharmagroßhandel oder auch an Tierärzte in Deutschland. Moderne Lager- und Kommissioniertechniken sorgen für einen reibungslosen Ablauf in den Versorgungsketten der PharmLog Kunden. Das heißt auch, dass Bestellungen, die bis zum späten Nachmittag eintreffen, am nächsten Tag bis mittags bei den Kunden ausgeliefert sind.

Der Weg, den die Medikamente nehmen, ist immer der gleiche und genau festgelegt. Jeder Wareneingang bei PharmLog wird vorab vom Pharmaunternehmen avisiert. Im Wareneingang werden diese überprüft und im Anschluss vollautomatisch verteilt und eingelagert. Die versandfertigen Packstücke und Paletten gelangen über Fördertechnik in den Warenausgang, von wo aus sie zu den Apotheken, Kliniken etc. in ganz Deutschland transportiert werden. Die Mitglieder der MIT NRW konnten sich von der Leistungsfähigkeit und der branchenspezifischen Logistik bei einem spannenden und informativen Rundgang mit dem Geschäftsführer Hans-Peter Meid informieren. Fragen rund um das Geschäftsmodell sowie zu den gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der PharmLog wurden sachkundig beantwortet.

DR. THOMAS WINGERATH

Dr. Thomas Wingerath, Jahrgang 1966, zwei Kinder. Studium der Chemie an den Universitäten Köln und Düsseldorf. Seit 2008 für die Novartis Pharma GmbH als Manager im Bereich Gesundheitspolitik und Vertragswesen tätig. Davor in verschiedenen Positionen in Industrie und Beratung. Seit 2007 Beiratsmitglied im GPA Netzwerk der CDU NRW


CDU DER ZUKUNFT

CDU

DER ZUKUNFT

Wie kann die CDU auch über das Jahr 2017 hinaus erfolgreich bleiben? Das ist eine Frage, die mir oft gestellt wird und die ich mir sehr oft selbst stelle. Wie kann es die Union – trotz der Vernunftehe mit der SPD auf Bundesebene – schaffen, mit Profil erkennbar zu bleiben und an den Themen so zu arbeiten, dass wir die Geschicke des Landes weiter vorantreiben? Nach dem Mindestlohn und der Rente mit 63 fragen sich viele Menschen zurecht, warum sich die 41,5 Prozent der Union bei der Bundestagswahl 2013 nicht noch viel stärker in den Vorhaben dieser Großen Koalition niederschlagen. Vom Verteilen endlich wieder zum Erwirtschaften Vor kurzem wurde die Wachstumsprognose für Deutschland gesenkt. Ist das gleich ein Anlass für selbst erklärte Schwarzmaler, ein düsteres Bild von unserem Land zu zeichnen? Das sicher nicht: Wir stehen nach wie vor gut da. Klar ist aber auch, dass die Senkung der Wachstumsprognose ein deutlicher Warnschuss ist. „Die Zeit des munteren Geldverteilens ist vorbei“, schrieb kürzlich eine große deutsche Tageszeitung. Ein Satz, den ich schon vor den großen Wahlgeschenken der SPD unterschrieben hätte. Wir müssen endlich wieder mehr über das Erwirtschaften statt über das Verteilen reden, wenn wir wollen, dass es Deutschland auch in zehn Jahren noch so gut geht wie heute. Spätestens seit Ludwig Erhard ist die CDU die Partei mit der größten Wirtschaftskompetenz – das müssen wir bleiben, wenn wir weiterhin erfolgreich sein wollen.

Gestalten statt zusehen – beim digitalen Wandel mit anpacken In den vergangenen Jahren sind wir aufgrund des Erfolges vielleicht etwas zu satt und zu träge geworden. Dabei darf man nicht vergessen: Nur wer neugierig ist, wer Freiräume schafft und nutzt, der kann sein Leben positiv gestalten. Ein Erfolgsgarant für die kommenden Jahre ist sicherlich die Erkenntnis, dass wir den Unternehmergeist in allen Bereichen der Gesellschaft wieder stärken müssen. Wenn knapp die Hälfte der jungen Akademiker am liebsten beim Staat arbeiten will anstatt in der Wirtschaft oder sich selbstständig zu machen, dann läuft etwas schief. Es gibt wohl kaum einen Deutschen, der nicht jeden Tag zumindest einmal Google, Amazon oder Facebook nutzt. Längst profitieren wir von den Ideen, die in anderen Ländern entstanden sind. Fragt sich denn jemand, warum solche Internetgiganten Deutschland längst überholt haben, während hier ein derart schlechtes Klima für Unternehmensgründer herrscht? Wir brauchen mehr Mut, wenn wir beim digitalen Wandel mitgestalten wollen, anstatt nur zuzusehen. Dialog und Auswahl gehören zur Demokratie dazu Was sind die Ansprüche an eine Partei wie die CDU für die kommenden Jahre? Sicherlich habe ich davon einiges beschrieben. Genauso wichtig ist aber, dass wir auch parteiintern überlegen, wie wir künftig auftreten. Wir haben das Diskutieren verlernt. Strittige Diskussionen auf Parteitagen könnte man von außen als Schwachpunkt ansehen, weshalb man sie lieber kurz und schmerzlos beseitigt.

Ich bin jedoch der Meinung, dass die einzig verbliebene Volkspartei – und das ist die CDU – es durchaus vertragen kann, wenn auf Parteitagen wieder leidenschaftlicher diskutiert wird. Wie das geht, haben wir bei den Parteitagsdiskussionen über PID oder die Gleichstellung Homosexueller gesehen. Politik mit Herz und Kopf kann man nicht mit harter Regie in ein Drehbuch pressen. Das gleiche gilt für die Wahlen auf CDUParteitagen. Als ich erklärt habe, dass ich mit dem Rückenwind der Jungen Union und der MIT für das Präsidium kandidieren möchte, hieß es, dass ich gegen jemanden antrete. Das ist aber falsch: Ich trete an für die junge Generation, für den Mittelstand und die inhaltlichen Aspekte, die meine bisherige Arbeit prägen. Somit werden mindestens acht Bewerber für sieben Präsidiumsplätze in einer Listenwahl kandidieren. Eine tatsächliche Auswahl zu haben, gehört zur Demokratie dazu. Ich bin fest davon überzeugt, dass die CDU auch in Zukunft die prägende Kraft für unser Land sein kann. Genauso überzeugt bin ich von dem Potenzial, das in den verschiedensten Bereichen unseres Landes steckt. Packen wir es gemeinsam an, damit wir mit den besten Aussichten in eine sichere Zukunft gehen können. Spannend wird es allemal.

JENS SPAHN, MdB

Jens Spahn (34) ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Der Sprecher für Gesundheit der CDU/CSU-Fraktion ist direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis Steinfurt I - Borken I. Seine Expertise bringt er als stv. Vorsitzender in den Gesundheitspolitischen Arbeitskreis (GPA) der CDU ein

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Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de

NETZWERKE

NETZWERKE in der Onkologie Der wissenschaftliche Fortschritt hat in der Onkologie die Tür zur personalisierten oder individualisierten Medizin geöffnet

Für onkologische Patienten ist der rasche Transfer neuer klinisch relevanter Erkenntnisse vom Labor zu den Patienten manchmal lebensnotwendig. Wie wichtig der Innovationstransfer klinisch relevanter Ergebnisse zu den Patienten ist, zeigen Untersuchungen zur Einführung von Cisplatin zur Chemotherapie im Vergleich zwischen München und Westdeutschland beim Hodenkarzinom (Dt. Ärzteblatt 39/2004). Vor der Cisplatin-Ära sind 90 Prozent der jungen Männer mit Hodenkarzinom an dieser Erkrankung verstorben. Seit der Innovation Cisplatin können 90 Prozent der Männer mit Hodenkarzinom geheilt werden. Während sich die Mortalitätsrate bei Hodenkarzinom-Patienten in München innerhalb von drei Jahren deutlich reduzierte, erreichte diese Mortalitätsrate in Westdeutschland erst zehn Jahre später im Jahr 1992 das Münchener Niveau.

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Innovationstransfer zu langsam Das heißt, der Innovationstransfer in München (Ballungszentrum) war schnell, der Innovationstransfer in Westdeutschland (Ballungszentren, Mittelzentren, ländliche Regionen) erfolgte nur langsam. Durch den zu langsamen Innovationstransfer in der Gesamtfläche der alten Bundesrepublik sind viele hundert junge Männer mit Hodenkarzinom zusätzlich verstorben. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass der Anspruch, wirklich relevante Innovationen schnell in die Fläche, in die Breite der spezialisierten Versorgung zu bringen keine akademische Gedankenübung ist, sondern überlebensnotwendige Bedeutung für die Patienten hat.

Neue Therapieoptionen Wenn also die Relevanz des Innovationstransfers für onkologische Patienten schon seit vielen Jahren hoch ist, führt der medizinische Fortschritt in den letzten zehn Jahren zu noch größeren Herausforderungen, den Innovationstransfer zu organisieren. Der wissenschaftliche Fortschritt hat in der Onkologie die Tür zur personalisierten oder individualisierten Medizin geöffnet. Die neuen Therapieoptionen und die damit verbundenen diagnostischen Erfordernisse stellen das Gesundheitssystem und damit auch die niedergelassenen Onkologen vor qualitativ neue Herausforderungen. Für die niedergelassenen Onkologen in Deutschland gilt die Maxime, dass für wissenschaftlich gesicherte und für die Patienten klinisch-relevante neue Therapien, ein schneller Innovationstransfer in die Breite der onkologischen Versorgung sichergestellt sein muss. Seit über 30 Jahren werden, unter Beteiligung niedergelassener Hämatologen und Onkologen, klinischen Studien insbesondere bei den hämatologischen Erkrankungen durchgeführt. Durch die Teilnahme an diesen klinischen Studienverbundsystemen sind die beteiligten Ärzte kontinuierlich in den Innovationstransfer eingebunden. Ein Beispiel hierfür sind die deutschen Hodgkin-Studien. In einer großen Untersuchung wurde die Ergebnisqualität, die Effizienz der Therapie des Morbus Hodgkins hinsichtlich der Frage, ob es Unterschiede zwischen der Behandlung durch universitäre Kliniken, durch Krankenhäuser der Regelversorgung oder durch onkologische Schwerpunktpraxen gäbe. Das Ergebnis zeigt, dass es keinen Unterschied bezüglich des Therapieerfolges zwischen diesen drei verschiedenen Institutionen gibt (Dt. Ärzteblatt 109/2012). Trotz dieser im Grundsatz gut bestehenden Strukturen in Deutschland, stehen wir vor neuen Anforderungen, den Innovationstransfer zu organisieren. Das Problem muss allerdings in den größeren Kontext der Zukunftsanforderungen an die Onkologie gestellt werden. Bis zu 90 Prozent


NETZWERKE aller medikamentösen Durch den zu langsamen Inno- hohem Niveau Tumortherapien können vationstransfer in der Gesamt- zu garantieren. ambulant durchgeführt fläche der alten Bundesrepuwerden. Deutlich mehr blik sind viele hundert junge In dem Innovationsnetzals 50 Prozent aller medikamentösen Tumor- Männer mit Hodenkarzinom werk dürfen therapien werden durch zusätzlich verstorben. aber nicht nur spezialisierte niedergelassene Ärz- die Behandler zusammengeführt werte durchgeführt. Nicht zuletzt durch den, sondern es müssen auch die diadieses Angebot wird in Deutschland gnostischen Kompetenzen und die eine breite, schnell zugängliche und psychoonkologischen Kompetenzen vom sozialen Status unabhängige on- in diesem Netzwerk berücksichtigt kologische Versorgung für die gesam- werden. Der behandelnde Onkolote Bevölkerung garantiert. Patienten ge ist zusammen mit seinem Patienbelastende Wartezeiten - auch bei der ten in der Regel auf eine zeitnahe BeTerminvergabe – gibt es für Krebspa- funderhebung- und -übermittlung tienten in onkologischen Praxen nicht. angewiesen. Die Interpretation imEine weitere Herausforderung für die mer komplexer werdender molekuzukünftige Versorgungsstruktur in der largenetischer und molekularbioloOnkologie ist die in den nächsten 15 gischer Befunde stellt darüber hinaus Jahren zunehmende Anzahl an Krebs- weitere Anforderungen an das System. neuerkrankungen (16-20 Prozent, siehe www.dgho.de). Auch der Anbieter- Organisationstransfer beginnt sehr markt verändert sich: Krankenhäuser, früh, schon bei den frühen klinischen Krankenhaus-Gesundheitskonzerne Studien. Ohne ein Innovationsnetzdrängen besonders in der Onkologie werk werden klinische Studien im in den ambulanten Markt. Bereich der personalisierten Medizin in Zukunft nicht mehr durchführZiel: flächendeckende Versorgung bar sein. Ohne Netzwerke zur molekularen Diagnostik können Studien Diese Zukunftsanforderungen sind bei Patienten mit seltenen Mutationur zu erreichen, wenn es gelingt, nen nicht mehr durchgeführt werden. die flächendeckende Versorgung aus Wenn auf der einen Seite sichergestellt universitären Comprehensive Cancer werden soll, dass wir in Deutschland Center (CCC), Krankenhäusern und auch weiter beste klinische Forschung onkologischen Schwerpunktpraxen mit bester onkologischer Versorgung weiter zu entwickeln. Der nationale verbinden, dann ist die Kooperation Krebsplan hat diesen Ansatz aufge- der Schlüssel. Damit ist garantiert, griffen und definiert Zentren der on- dass bei tatsächlich bahnbrechenden kologischen Versorgung als ein Netz neuen Therapien diese auch innerhalb von qualifizierten gemeinsam zertifi- des Netzwerkes sehr schnell zu den zierten, interdisziplinären, transsekto- Patienten transferiert werden können. ralen (Krankenhaus, Praxen, Rehabilitationseinrichtungen), gegebenenfalls Neue Strukturen finanzieren standardübergreifende Einrichtungen, welche die gesamte Versorgungskette Neue Strukturen müssen finanziert für Betroffene abbilden. Die Haupt- werden. Netzwerkstrukturen und aufgaben der CCC als universitäre Netzwerkmanagementaufgaben für Einrichtungen sind Grundlagen- und frühe klinische Forschung sollten aus translationale Forschungen sowie die Forschungsmitteln der öffentlichen Entwicklung neuer Konzepte der Ver- Hand finanziert werden. Netzwerksorgung. Die Hauptaufgabe der on- strukturen und Netzwerkmanagekologischen Schwerpunktpraxen und ment, die den Innovationstransfer der nicht-universitären Krankenhäu- vom Labor zu den Patienten sicherser ist es, die flächendeckende Routi- stellen, sollten eine Leistung der Kranneversorgung der Krebspatienten auf kenkasse sein.

Im Hinblick auf zukunftsweisende Kooperationen ergibt sich angesichts dieser Konstellation folgender Schluss: die Weiterentwicklung/Bildung von (Innovations-)Netzstrukturen ist zwingend erforderlich. Der gelegentliche Vorschlag, die onkologische Versorgung in ganz wenigen Zentren zu konzentrieren, ist eine Sackgasse. Diese wenigen Zentren wären mit der Versorgung derartig vieler Patienten überfordert. Wenn diese Netzstrukturen funktionieren, werden sie zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur Stärkung des Forschungsstandortes in Deutschland beitragen. Teile des Artikels basieren auf einem gemeinsamen Artikel von Schmitz/ Hallek, Dt. Ärzteblatt (109/2012) und einem Beitrag von Schmitz zu den Einbecker Gesprächen 2013

PROF. DR. STEPHAN SCHMITZ

Stephan Schmitz studierte Physik und Medizin und ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie. Er habilitierte für das Fach Innere Medizin und legte die ESMO Prüfung zur European Certification on Medical Oncology ab. Seit 1997 hat er eine eigene Schwerpunktpraxis für Onkologie und Hämatologie. Neben dem Vorsitz des Berufsverbandes der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland (BNHO) e.V. ist Prof. Dr. Schmitz Mitglied des Vorstandes im Kompetenznetz Maligne Lymphome und Vorstandsmitglied der Sektion Hämatologie und Onkologie im Berufsverband Deutscher Internisten e.V. (BDI)

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Foto: Andreas Hermsdorf/ pixelio.de

ALTERSVORSORGE

Private Vorsorge fürs Alter ist unumgänglich Die grundlegende Weichenstellung, die Altersvorsorge auf mehrere Säulen zu verteilen, ist nach wie vor richtig

Die Mischung macht’s: Wer seinen Lebensstandard als Rentner halten will, muss jetzt auf verschiedene Säulen der Absicherung setzen

Die Deutschen werden immer älter. Immer weniger Erwerbstätige müssen in der gesetzlichen Rente immer mehr Rentner finanzieren. Wie kann man trotz Niedrigzinsphase sein Alter finanziell absichern? Sind Riester-Rente, private Rentenversicherung und betriebliche Altersvorsorge sinnvoll und zeitgemäß? Der demographische Wandel ist in vollem Gang: Unsere Gesellschaft wird älter und sie schrumpft. In gut zehn Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Für das Jahr 2050 werden etwa 65.000 Hundertjährige in Deutschland prognostiziert. Die „gewonnenen Jahre“ jenseits des 60. Lebensjahres betragen durchschnittlich für Männer 25

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und für Frauen 30 Jahre. Diese gewonnene Zeit muss auch finanziert werden. Eine zwangsläufige Folge in einer alternden Gesellschaft mit immer weniger Erwerbstätigen ist das Sinken des gesetzlichen Rentenniveaus.

Verteilt auf mehrere Säulen Mehr als zehn Jahre nach der RiesterReform zieht die Studie „Die Zukunft der Altersvorsorge“ des Handelsblatt Research Institutes und der Prognos AG eine Zwischenbilanz. Sie stellt die Frage, ob der Ausgleich der Leistungsrücknahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung über den Ausbau von kapitalgedeckten Ergänzungssystemen angesichts von Kapitalmarkt- und Staatsschuldenkrise der richtige Kurs ist. Und Sie kommt zu folgendem Ergebnis: Die grundlegende Weichenstellung, die Al-

tersvorsorge auf mehrere Säulen zu verteilen, ist nach wie vor richtig. Daran ändern auch die momentan niedrigen Zinsen nichts. Denn ohne eine private Alterssicherung sähe die Zukunft für das Gros der Bevölkerung düster aus. Die Lücke zwischen dem gewohnten Arbeitseinkommen und der tatsächlichen gesetzlichen Rente wächst. Nach dem Umlageverfahren der gesetzlichen Rente kommen die jetzt gerade Erwerbstätigen für die aktuelle Rente der Senioren auf. Was funktioniert, solange es genügend Junge im Verhältnis zu Alten gibt, ist heute schon grenzwertig. Und es kommen immer weniger Junge nach. Gegenwärtig sorgen 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter für 34 Rentner. Im Jahr 2050 wird das anders aussehen: 100 Berufstätige kommen dann wahrscheinlich auf 61 Rentner.


ALTERSVORSORGE Staatliche Anreize wenig genutzt Dass dann die junge Generation nicht leisten kann, im Umlageverfahren eine Rente auf gleichem Niveau wie heute zu finanzieren, ist klar. Und dass die gesetzliche Rente allein nicht ausreicht, um den erworbenen Lebensstandard zu erhalten, leuchtet ebenfalls ein. Sie mutiert zur Grundsicherung, die ergänzt werden will und deren Leistungen perspektivisch weiter sinken. Auch die Politik hat schon vor über einem Jahrzehnt verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die private Altersvorsorge zu forcieren: 2001 die Riester-Reform und 2005 die Basisrente. Staatliche Zulagen und Steuerersparnisse sollten die Menschen zur Eigenvorsorge animieren. Bis heute nutzen aber noch zu wenige diese Möglichkeit. Eine tragfähige private Altersvorsorge angesichts der alternden Gesellschaft muss zum Risikoausgleich auf mehrere Säulen verteilt sein. Möglichkeiten gibt es viele. Die Säulen können hinsichtlich der Verfügbarkeit und der steuerlichen Behandlung unterschieden werden. Die erste Säule verspricht eine hohe Förderung, aber wenig Flexibilität. Hier sind die gesetzliche Rente und die Basisrente angesiedelt. Die zweite Säule beinhaltet eine große Produktvielfalt bei hoher Förderung, aber auch hier ist die Verfügbarkeit eingeschränkt: die betriebliche Altersversorgung und die Riester-Rente. In der dritten Säule ist die private Vorsorge angesiedelt – mit geringer Förderung, aber hoher Flexibilität und Selbstbestimmung: die private Renten- bzw. Lebensversicherung. Diese vielfältigen Wahlmöglichkeiten bieten für jeden die passenden Bausteine. Zumal mit der Riester- und der Basisrente staatliche Zulagen und Steuervorteile verbunden sind. Warum also sollte man Geld verschenken? Was für einen persönlich passt, hängt von vielen Faktoren ab. Die betriebliche Altersversorgung ist beispielsweise mit Entgeltumwandlung möglich, die steuerliche Vorteile und Sozialversicherungsersparnisse bietet und sich dadurch auf den Nettoverdienst vergleichsweise gering auswirkt. Viele private Rentenversicherungen bieten als Option eine Kapitalauszahlung, was die Flexibilität erhöht.

Eine tragfähige private Altersvorsorge angesichts der alternden Gesellschaft muss zum Risikoausgleich auf mehrere Säulen verteilt sein. Welche Kombination ist sinnvoll? Angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase die Hände in den Schoß zu legen und keine private Altersvorsorge zu betreiben, ist nicht die Alternative, wenn man im Alter gut versorgt sein will. Die Kritik der Medien ist daher falsch. Das Niedrigzinsumfeld wurde auch nicht durch die Versicherungswirtschaft geschaffen. Jedoch kann sich auch die Branche diesem nicht entziehen. Eines ist sicher: Erst durch die Kombination des Umlageverfahrens mit dem Kapitaldeckungsverfahren wird das Alterssicherungssystem dauerhaft tragfähig. Die Frage lautet also nicht: Auf welche Art der Altersvorsorge setze ich? Sondern: Welche Kombination ist für mich persönlich sinnvoll? Pauschale Antworten gibt es nicht. Eine individuelle Beratung ist hier dringend notwendig. Eine längere Rentenphase muss nicht nur einkommensmäßig, sondern auch in der Krankenversicherung abgesichert sein. Die gesetzlichen Krankenkassen setzen – wie die gesetzliche Rentenversicherung – auf das Umlageverfahren: Sämtliche Beitragseinnahmen werden sofort zur Finanzierung der aktuellen Versicherungsleistungen verwendet. Dass das mit Blick auf den demographischen Wandel nicht funktionieren kann, hat die Rentenfrage gezeigt.

Finanzierung der laufend anfallenden Krankheitskosten verwendet wird, der andere Teil der Bildung der Alterungsrückstellung dient, um die mit zunehmendem Alter steigenden Krankheitskosten auszugleichen. In der Aufbauphase wird die Differenz zwischen dem gezahlten Beitrag und den durchschnittlichen Krankheitskosten in der für das Kollektiv gebildeten Alterungsrückstellung verzinslich angesammelt. Wenn in späteren Lebensjahren die durchschnittlichen Krankheitskosten über dem Beitrag liegen, wird der Fehlbetrag aus der Alterungsrückstellung entnommen. Die private Krankenversicherung ist aufgrund des Kapitaldeckungsverfahrens und des damit verbundenen Prinzips, dass jedes Kollektiv für sich selbst vorsorgt, für den demographischen Wandel gerüstet. Die Antwort auf die Frage, wie man dem demographischen Wandel sowohl in der Alters- als auch in der Gesundheitsvorsorge begegnen soll, heißt: die kapitalgedeckten Systeme stärken. Jeder muss sich um seine ausreichende Versorgung im Alter selbst kümmern. Und das so früh wie möglich. Aber auch die Politik muss die Entwicklung im Auge behalten und muss weiter zukunftsfähige Wege schaffen bzw. diese unterstützen.

UWE LAUE

Kapitalgedeckte Systeme stärken Die private Krankenversicherung stärkt die Generationengerechtigkeit und folgt dem Prinzip der Kapitaldeckung: Dabei wird davon ausgegangen, dass jeder Jahrgang gesondert für jeden Tarif (das so genannte Kollektiv) die während der gesamten Vertragsdauer anfallenden Versicherungsleistungen durch einen konstanten Beitrag finanziert. Für Verträge, die vor dem 21. Dezember 2012 geschlossen wurden, wird zusätzlich das Geschlecht berücksichtigt. Der Beitrag ist daher so kalkuliert, dass ein Teil zur

Uwe Laue ist Vorstandsvorsitzender der Debeka-Versicherungsgruppe, Chef des Verbands der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV-Verband), Mitglied des Präsidiums des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) und Mitglied im Versicherungsbeirat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

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GESUNDHEITSFORSCHUNG

GESUNDHEIT GEHT UNS ALLE AN Tino Sorge, MdB, im Gespräch mit PD Dr. Yvonne Genzel vom Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme

In der Gesundheitspolitik ist es eigentlich wie im Fußball: alle können mitreden. Und daher gab es in den vergangenen zwölf Monaten auch viele leidenschaftliche Diskussionen. Als Auftakt die Hebammen und seit Jahresmitte 2014 die ethisch anspruchsvolle Frage der Sterbehilfe. Im Gesundheitsausschuss des Bundestages entwickeln wir dazu Angebote und Gesetze, um vielen Interessen gerecht zu werden. Das ist nicht immer einfach oder bequem, denn die Tragweite der Entscheidungen ist sehr groß. Jeder hat seine Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem und viele haben Pflegesituationen im engeren Umfeld. Großprojekt Pflegereform Kurz nach dem Beginn der parlamentarischen Arbeit wurde ein Gesetz zur Deckelung der Kostensteigungen im

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Pharmabereich verabschiedet, das Arzneimittelneuordnungsgesetz. Dadurch konnten Medikamentenpreise gesenkt und Versicherte vor neuen Beitragssteigerungen bewahrt werden. Es folgte ein Gesetz, mit dem wir die stabilere Finanzierung und die Verbesserung der Qualität im Gesundheitswesen auf den Weg bringen. Dazu erfolgt die Gründung ein neues Qualitätsinstituts, die Krankenkassenbeiträge werden flexibilisiert und mehr Wettbewerb wird leistungsorientierte Zusatzbeiträge entstehen lassen. Die Pflegereform ist ein weiteres Großprojekt: ein überarbeiteter Pflegebedürftigkeitsbegriff führt zu einer differenzierteren Einstufung der Pflegebedürftigen (bisher drei, künftig fünf Pflegestufen) und zur besseren finanziellen Absicherung. Die Demenzvorsorge wird gestärkt und ein Pfle-

gestärkungsgesetz führt zu effektiveren Instrumenten zur Verbesserung der Situation von Pflegenden und Gepflegten. Es sieht vor, dass das Verhältnis Pflegekraft-Patient von 1 zu 20 eingehalten wird, so dass dadurch zusätzlich 45.000 Pflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen eingestellt und erweiterte Budgets für Pflegeleistungen eingeführt werden. Außerdem gibt es mehr Mittel für Wohnraumzuschüsse, betreute Wohnformen und für altersgerechte Begleitangebote. Im September 2014 begann die Arbeit am „Pflegezeitgesetz“, das eine zeitliche Entlastung der rund 1,3 Mio. durch Pflege eingespannten Familienmitglieder ermöglichen wird, bspw. durch einen Rechtsanspruch auf Pflegezeit bis zu 2 Jahren bei ruhendem Arbeitsvertrag und die bessere Berücksichtigung von Pflegeengagement in der Rentenversicherung.


GESUNDHEITSPOLITIK Forschungsinitiative STIMULATE in Magdeburg, welche im Sommer 2014 die Zusage für 30 Millionen Euro an Fördergeldern für die Entwicklung innovativer Medizintechnik erhielt. Dieses größte vom Bund geförderte Forschungsprojekt in Sachsen-Anhalt fungiert als Initialzündung für mehr als 30 Ingenieure, Naturwissenschaftler und Mediziner, die mit ihren Unternehmensausgründungen auch Beschäftigungsimpulse für die Region senden. Auf Bundesebene werden für Innovationen in den Neuen Ländern zusätzlich 150 Mio. Euro bereitgestellt.

anbieten zu können, auch bewältigen. Vor uns liegen noch weitere Projekte: die Verbesserung der Ärzteversorgung, ein eHealth-Gesetz sowie eine Modernisierung der Ausbildungswege und des Medizinstudiums. Es sind große Aufgaben, die mir wirklich Freude bereiten. Und als Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt in diesem gesellschaftlich wichtigen und maßgebenden Gebiet tätig sein und im Sinne der der Menschen in unserem Land an noch besseren Angeboten und Lösungen mitwirken zu dürfen, ist eine dankbare und spannende Aufgabe.

TINO SORGE, MdB

Kombination aus Wirtschaft und Wissenschaft

Gerade daher ist es wichtig, dass wir die gewinnbringende Kombination aus Wirtschaft und Wissenschaft fördern, ausbauen und nutzen. Für mich ist es daher sehr vorteilhaft, dass ich stellvertretend sowohl im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung wie auch im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur mitwirken und Brücken zwischen den verschiedenen Fachgebieten schlagen kann.

Mein Verständnis als Berichterstatter für Gesundheitswirtschaft und -forschung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es, die Unternehmer dieser Branche zu fördern und eine noch engere Verbindung zu Wissenschaft und Gesundheitsforschung herzustellen. Als Paradebeispiel dient die

Der Gesundheitsbereich ist eine stabile Säule, die einen großen Beitrag für die Pflege und medizinische Versorgung der Menschen bedeutet. Die Perspektiven der Gesundheitswirtschaft sind sehr gut und gemeinsam können wir die Herausforderungen, allen Menschen qualitativ hochwertige medizinische Leistungen

Tino Sorge im Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

Tino Sorge, Jahrgang 1975, ist verheiratet. Der Volljurist war Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium von SachsenAnhalt und gehört dem Deutschen Bundestag seit 2013 als Abgeordneter für Magdeburg an

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Die Zukunft der postmortalen Organspende

Foto: Günther Richter/ pixelio.de

ORGANSPENDE Sie wurden in 2012 aufgedeckt und haben sofort nach ihrem Bekanntwerden zu einem massiven Rückgang der postmortalen Organspende geführt, der bis heute anhält. In 2014 ist mit nur noch 650 Spenderfällen gegenüber 900 in 2011 zu rechnen. Das gesamte System der postmortalen Organspende und der Organtransplantation ist in eine Vertrauenskrise geraten, obwohl der Wert der Organspende zur Rettung von Leben und Lebensqualität für die ca. 11.000 Patienten auf der Warteliste unbestreitbar gegeben ist. Die Dimension dieses dramatischen Einbruches in der Organspende ist dabei nur zum Teil auf einen Rückgang der Spenderbereitschaft in der Bevölkerung zurückzuführen. Mehr Ausweisinhaber

Die Organspenden sind seit den Skandalen an vier Transplantationszentren dramatisch zurückgegangen

Deutschland hat in der Organspende im internationalen Vergleich schon immer einen der letzten Plätze eingenommen. In den letzten drei Jahren sind die Zahlen der postmortalen Organspende

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aber noch einmal dramatisch zurückgegangen. Ursprung hierfür war das Bekanntwerden von Manipulationen an der Warteliste für Organtransplantationen in vier LebTransplantationszentren.

Die Zahl der Inhaber eines Organspendeausweises ist in den letzten Jahren sogar gestiegen (20 v.H. nach den neuesten Umfragen) und der Rückgang der von Angehörigen erteilten Zustimmungen in eine postmortale Organspende von ca. drei Prozent erklärt nicht den erreichten Tiefstand. Ursächlich für den Einbruch in der Organspende ist vielmehr auch ein erheblicher Rückgang an den von Entnahmekrankenhäusern gemeldeten Hirntodfällen, die für eine Organspende in Frage kommen. Diese Entwicklung ist aber keineswegs einheitlich, sondern von Land zu Land und von Krankenhaus zu Krankenhaus unterschiedlich. Eine Ursache hierfür ist, dass in den Medien über einen angeblichen „Organspendeskandal“ berichtet wurde, den es nicht gegeben hat, weil die Organspende gerade unabhängig von der Wartelistenführung für Patienten in den Transplantationszentren erfolgt. Im Nachhinein wurde dann die in Deutschland schon immer emotional geführte Hirntoddiagnostik zum Gegenstand kritischer Presseberichte über deren Qualität gemacht und damit auch noch die Ärzte an den Entnahmekrankenhäusern verunsichert.


ORGANSPENDE Eingetretene Verunsicherung beilegen Besonders bedauerlich an dieser Entwicklung ist, dass mit der Novellierung des Transplantationsgesetzes mit Wirkung vom 1. 11. 2012 eine Reform der Anforderungen an die Organentnahme und Organtransplantation erfolgt ist, die mit der „Selbstbestimmungslösung“ und einer darauf bezogenen intensiven Aufklärung der Bevölkerung zur Notwendigkeit einer eigenen Entscheidung zur Organspende zu Lebzeiten die Organspende auf eine gesichertere Grundlage stellen sollte. Jetzt muss in Anbetracht der eingetretenen negativen Entwicklung alles daran gesetzt werden, die eingetretenen Verunsicherungen durch einen qualitätsgesicherten Organspende- und Übertragungsprozess zu beseitigen. Die in Deutschland bestehende Komplexität des Systems der Organentnahme und Transplantation erschwert diesen notwendigen Ansatz. Die Einordnung beider Leistungsbereiche in das System der stationären Krankenhausbehandlung erfolgt auf der Grundlage des Krankenhausentgeltgesetzes und des SGB V durch normative Verträge zwischen dem Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SpiBu) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) unter Beteiligung der privaten Krankenversicherung (PKV). Aus dem medizinisch zusammengehörenden Prozess von Organspende und Transplantation ist jedoch die Zuteilung eines entnommenen Organs an einen nach Maßgabe der Warteliste geeigneten Spender zur Gewährleistung der Chancengleichheit auf eine gegenüber den Transplantationskliniken unabhängige Institution (Eurotransplant) ausgegliedert worden (§ 12 TPG).

Ordnungsgemäßer Spendeprozess Deswegen bedarf es zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spendeprozesses und einer zeitgerechten

Übermittlung entnommener Organe an das von Eurotransplant jeweils ausgewählte Zentrum einer ebenfalls eigenständigen Koordinierungsstelle (DSO)(§ 11 TPG). Beide Institutionen sind Erfüllungsgehilfen der genannten Vertragspartner für die stationäre Krankenhausbehandlung und deswegen durch vom BMG genehmigungspflichtige Verträge nach dem TPG gesetzlich an diese als Auftraggeber angebunden (§§ 11, 12 TPG). Über diesem auf gesetzlicher Grundlage vertraglich ausgestalteten System der Organtransplantation stehen die Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK), die den gesicherten Stand der Transplantationsmedizin mit der Vermutung der Richtigkeit für die genannten Beteiligten feststellen (§ 16 TPG). Als Hüter der ordnungsgemäßen Durchführung des Entnahmeund Transplantationsprozesses sind bei der BÄK eine Überwachungs- und Prüfkommission sowie eine Vertrauensstelle eingerichtet (§§ . Eine Weiterentwicklung der Transplantationsmedizin in Deutschland mit der Zielsetzung, das durch Wartelistenmanipulationen beeinträchtigte Vertrauen zurückzugewinnen, bedarf eines übergreifenden Zusammenwirkens aller an diesem System verantwortlich Beteiligten.

zu machen und zwar: als Aufgreifkriterium für die Prüfungs- und Überwachungskommission, als Grundlage zur Überprüfung der Allokationskriterien „Erfolgsaussicht und Dringlichkeit“ sowie als Benchmark für die Qualität der Behandlung in den Transplantationszentren und A in einer möglichst individuellen Art und Weise die Bevölkerung über den unbestreitbaren Wert der postmortalen Organspende zur Behandlung sonst dem Tode geweihter Patienten aufzuklären, in diese Aufklärung offen die häufig bestehenden Ängste um die Aufrechterhaltung einer lebenserhaltenden Behandlung und die gesicherte Beendigung des Lebens durch die Diagnostik des Hirntodes einzubeziehen und den Einzelnen auf dieser Grundlage um eine individuelle Erklärung pro oder contra Organspende zu bitten, damit nicht seine Angehörigen zum Zeitpunkt des eingetretenen Todes eine solche Entscheidung treffen müssen.

DR. RAINER HESS

In deren Gesamtverantwortung liegt es, A entsprechend den bereits erfolgten gesetzlichen Änderungen, die Wartelistenführung durch die Transplantationszentren, einschließlich der dafür maßgebenden medizinischen Befunde (insbesondere der Dialyse) objektivierbar und transparent zu gestalten und auch hinsichtlich notwendiger Änderung der Allokationskriterien regelmäßig extern zu überprüfen, A durch ein gemeinsam von allen Beteiligten getragenes und akzeptiertes Transplantationsregister die Qualität der Transplantationsmedizin in Deutschland transparent

Dr. Rainer Hess, Jahrgang 1940, ist Rechtsanwalt und war bis 2012 Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses. 1988 bis 2003 war er Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Ende 2012 wurde er Interimsvorsitzender der Deutschen Stiftung Organtransplantation

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KOLUMNE KOMMENTAR

WEGFALL VON HANDELSHINDERNISSEN BELEBT DEN MARKT Liebe Leserinnen und Leser, in Europa und den USA leben nur zehn Prozent der Weltbevölkerung. Sie produzieren allerdings die Hälfte aller Waren und Dienstleistungen weltweit. Die USA und Deutschland sind seit Jahrzehnten wichtige Handelspartner. Mit keinem anderen Land tauscht Deutschland außerhalb von Europa mehr Waren aus, als den USA. Statt über Schimmelkäse (in den USA) und Chlorhühnchen (in Deutschland) zu diskutieren, sollten wir die Chancen des Freihandelsabkommens erkennen. Wir könnten als die größten demokratischen Zusammenschlüsse Weltstandards setzen. Lassen wir uns nicht von der Zeit überholen und dann andere Global Player mit weniger Demokratieorientierung das Heft in der Hand halten.

und ringen um den gemeinsamen Weg mit unseren Partnern in Europa und den USA. Eine bessere Gelegenheit für dieses gute Projekt wird sich nicht mehr bieten.

Tim A. Küsters

Das ifo-Institut hat errechnet, dass ein transatlantisches Freihandelsabkommen bis zu 400.000 neue Arbeitsplätze schaffen könnte. Davon entfallen bis zu 100.000 auf Deutschland. In Düsseldorf haben wir bei Mercedes gerade erlebt, was die bestehenden Handelshindernisse bewirken: 1.800 Jobs weniger. Wie der Wegfall von Handelshindernissen die Integration, aber auch den Markt belebt, haben wir in den letzten Jahrzehnten in Europa selbst erfahren. Lassen wir uns dieses Erfolgsprojekt nicht von den Bedenkenträgern und Feinden der Sozialen Marktwirtschaft zerreden. Sprechen wir lieber über die Chancen

Tim A. Küsters, 31, ist Justiziar der Industrieund Handelskammer Mittlerer Niederrhein und Chefredakteur von am puls

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Redaktion Tim A. Küsters

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Am Puls

04 | 2014

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