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03/2015

Jahrgang 12

20348

5,00 Euro

MAGAZIN FĂœR

POLITIK UND GESUNDHEIT Katrin Albsteiger Masterplan Medizinstudium stellt die Weichen neu S. 8

HALBZEIT

Gottfried Ludewig Digitalisierung im Gesundheitswesen nutzen S. 12

in der GroKo Was kommt noch? Christian von Stetten GroKo-Bilanz mit Licht und viel Schatten S. 14


Caring and Curing Leben retten und Gesundheit verbessern – das ist unser Ziel Die Entwicklung bahnbrechender neuer Medikamente steht für Novartis an erster Stelle. Sie schaffen neue Behandlungsmöglichkeiten für bislang unerfüllte medizinische Bedürfnisse der Patienten. Patienten und ihre Bedürfnisse können jedoch sehr unterschiedlich sein. Deshalb bietet Novartis neben innovativen Medikamenten auch Möglichkeiten zur Krankheitsvorbeugung sowie Generika an und verbessert den Zugang zu medizinischer Versorgung.

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EDITORIAL

Mehr Wettbewerb im KV System Wenn man sich aktuell etwas über die Kassenärztlichen Vereinigungen hört oder liest, ist der Inhalt bzw. der Tenor fast immer der Gleiche; Streit, Ärger oder Personaldiskussionen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist bei diesen Negativmeldungen ein leuchtendes Beispiel. Ärger mit dem Vorsitzenden, Streit und unendliche Diskussionen bei den Vertreterversammlungen und zum krönenden Abschluss dann auch noch juristische Auseinandersetzungen mit dem langjährigen KBV Vorsitzenden Dr. Andreas Köhler. Als ärztliche Selbstverwaltung mach die KBV ihrem Namen zurzeit alle Ehre. Sie ist nur noch mit sich selbst beschäftigt. Dabei ist besonders auffallend, dass es augenscheinlich auch zwischen den einzelnen Länder–KV‘en erhebliche Meinungsverschiedenheiten gibt. So fordern die Falk-KV‘n in regelmäßigen Abständen die Abwahl bzw. den Rücktritt von KBV Chef Dr. Andreas Gassen, zwischendurch ruft aber die gleiche Gruppe zur innerlichen Geschlossenheit auf und fordert ein Ende der Personaldebatten. Zum krönenden Abschluss hat man nun auch noch seinen ehemaligen KV Chef Dr. Andreas Köhler ins Visier genommen. Es geht natürlich wieder um das liebe Geld, wie könnte es auch anders sein, und um nicht genehmigte Pensionszahlungen. Nun liegt man sich anscheinend so Frank Rudolph

über Kreuz, dass letztlich die Gerichte um Klärung bemüht werden müssen, Ausgang daher offen. Auch hier droht eine öffentliche Schlammschlacht. Vielleicht gibt es im Zeitalter von Internet und modernen Kommunikationsmitteln auch einfach zu viele KV‘en. Man scheint nicht ausgelastet und sucht sich daher andere Spielwiesen. Leider bringt das der Bevölkerung keine bessere Versorgung. Dafür sind die Kassenärztlichen Vereinigungen aber letztlich zuständig, nämlich die ärztliche Versorgung der Bevölkerung flächendeckend zu gewährleisten. Die Politik sollte ernsthaft darüber nachdenken, das KV System in einen stärkeren Wettbewerb zu zwingen. Warum muss ein Arzt aus Kiel denn unbedingt gesetzliches Mitglied der KV in Schleswig Holstein sein? Warum darf sich eine Ärztin aus Düsseldorf ihren Dienstleister nicht selbst aussuchen? Warum brauchen wir eigentlich noch 17 Länder KV‘en? Allen diesen Fragen sollte man sich bei den verantwortlichen Politikern einmal stellen. Letztlich muss Wettbewerb nicht zwangsläufig zu höheren Preisen führen. Eins bewirkt ein offener und fairer Wettbewerb aber immer; eine Bereinigung des Marktes und eine spürbare Steigerung der Qualität.

INHALT 4

Der Medizinbetrieb ist auf dem falschen Weg … meint unser Autor Wilfried Jacobs und fordert ein Umdenken

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Strukturelle Änderungen in der Krankenhauspolitik Um die Qualität der Patientenversorgung in Krankenhäusern auf einem hohen Niveau halten zu können, bedarf es nach Ansicht von Rudolf Henke einer angemessenen Personalbesetzung

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Masterplan Medizinstudium

Unsere Autorin Katrin Albsteiger plädiert dafür, mit dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ einige Weichen neu zu stellen

10 eHealth-Gesetz muss kommen

Axel Döß ist davon überzeugt, dass das „eHealth“-Gesetz ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Auch wenn es noch einige Menschen gibt, die das Gesetz kritisch sehen

12 Chancen der Digitalisierung

Deutschland hat eines der besten Gesundheitssysteme weltweit. Doch bei der Digitalisierung besteht Nachholbedarf, meint Gottfried Ludewig.

14 Dürftige Bilanz der GroKo

Bei der Großen Koalition in Berlin ist längst nicht alles Gold, was glänzt: Mittelständler und Freiberufler sind weitgehend enttäuscht von den ersten beiden Jahren. So sieht es Christian von Stetten

16 Flächendeckende Grundversorgung

Auch Krankenhäuser in strukturschwachen Regionen müssen ihren Versorgungsauftrag wahrnehmen können, fordert Rudolf Georg Kippels

18 Gleichbehandlung für Asylbewerber

Das Asylbewerberleistungsgesetz erlaubt bisher nur die Behandlung akuter Erkrankungen. Die Gleichbehandlung aller Menschen fordert Frank Ulrich Montgomery

19 Lückenlose Versorgung von Asylbewerbern Christian Berger, Präsident der Bayerischen Zahnärztekammer, ist dafür, Flüchtlinge und Asylbewerber in den Praxen nicht nur in Schmerzfällen zu betreuen

20 Gesunde Mitarbeiter, gesunde Unternehmen Grundvoraussetzung für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sind gesunde und motivierte Mitarbeiter, schreibt Dieter Welsink von medicoreha

22 Spahn – die Letzte

Nach seiner Berufung zum Staatssekretär im Finanzministerium verabschiedet sich unser langjähriger Kolumnist Jens Spahn von seinen Lesern

22 Impressum

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Foto: Martin Bergien/ pixelio.de

MEDIZINBETRIEB

60 Prozent der Patienten und die Hälfte aller Ärzte sind mit unserem Gesundheitssystem unzufrieden. Gute Behandlung gibt es nicht anhand von Daten, sondern durch Zeit für den Patienten

UMDENKEN

Der Medizinbetrieb ist auf dem falschen Weg Von Wilfried Jacobs

Wir haben in Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, insbesondere, was den Zugang zu medizinischen Leistungen und die Anbietervielfalt betrifft, dennoch sind über 60 % der Patienten mit den Abläufen im Medizinbetrieb unzufrieden und auch jeder zweite Arzt wünscht sich Änderungen im Gesundheitssystem. Was sind die Ursachen hierfür? Wir haben den Medizinbetrieb 0 überideologisiert, 0 überbürokratisiert und 0 überökonomisiert. Daran haben alle Player im Gesundheitswesen, gleichgültig auf welcher Versorgungsebene und aus welchen Motiven sie handeln, mitgewirkt. Nicht in bösartiger Absicht, sondern weil man glaubte, es wäre so richtig. Ist es aber nicht!

Der Patient im Medizinbetrieb Wir alle sind für diese Entwicklung verantwortlich und jetzt auch gemeinsam

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verpflichtet, sinnhafte Veränderungen bzw. Neuorientierungen im Interesse der Patienten zügig einzuleiten. Wir hätten wahrscheinlich im Medizinbetrieb, wenn er sich so weiter entwickelt wie bisher, Vollbeschäftigung auch ohne Patienten. Wie erlebt der Patient heute den Medizinbetrieb (Ergebnisse und Erkenntnisse aus qualitativen Befragungen und Studien): 1. Wartezeiten bei Fachärzten, zum Teil bis zu vier Monaten. Eindeutige Bevorzugung ökonomisch interessanter Patienten. 2. In der Regel eine Vier-Minuten-Behandlung. 3. Einen Arzt, der länger auf den Bildschirm schaut als auf den kranken Bauch des Patienten. 4. Ärzte, die überflüssige IGEL-Leistungen anbieten. 5. Nicht selten noch im Vier-Bettzimmer oder auf dem Flur im Krankenhaus liegende Patienten (obwohl von 150.000 unnötigen Krankenhausbetten gesprochen wird). 6. Ärzte auf den Stationen, die kaum deutsch sprechen. 7. Zu wenige Pflegekräfte am Kranken-

bett in den Krankenhäusern und Pflegeheimen. 8. Arzneimittel, die sich durch die Rabattverträge der Krankenkassen ständig ändern und bei Patienten für Irritationen sorgen. 9. Krankenkassen in formalistischer Höchstform, um nur einige den Patienten belastende Ablaufprozesse zu nennen. Wenn dieses täglich von Patienten erlebte, reale Bild des Medizinbetriebs nicht akzeptabel ist, wie kann man diese Entwicklungen stoppen? Machen wir uns den Weg, klüger zu werden. Im Interesse der Patienten.

Eine Kernthese Der Medizinbetrieb muss ökonomisch das bekommen, was er braucht, aber er darf nicht bekommen, was er will! Die wirkliche Lösung für die künftige Orientierung im Medizinbetrieb liegt in einer besseren und intelligenteren Verteilung der vorhandenen Mittel und nicht in einem ideenlosen Hineinpumpen von zusätzlichen Mitteln. 290 Milliarden Euro schwer ist der Topf für Gesundheitsleistungen in Deutschland.


MEDIZINBETRIEB Damit liegen wir nach der USA und der Schweiz an dritter Stelle in der Welt.

Bessere Verteilung der Mittel Lee Iacocca, der legendäre US-Spitzenmanager in der Autoindustrie, hat schon vor über 40 Jahren gesagt: „Wir können über alles reden und auch streiten. Aber Qualität darf nicht Gegenstand unserer Auseinandersetzungen sein.“ Das heißt umgesetzt im Medizinbetrieb: Qualität zu fordern, zu fördern, zu sichern und sie entsprechend gut zu honorieren, ist das Hauptziel einer Umorientierung des Denkens und des Handelns im Gesundheitssystem. Unsere heutigen Vergütungssysteme sind sowohl ambulant als auch stationär schon in den Ansätzen falsch. Unsere jetzigen Vergütungssysteme lassen Minderqualität überleben und versenken dadurch Mittel, die man für gute nachgewiesene Qualität dringend zusätzlich braucht. Die heutigen Vergütungssysteme stellen auch nicht sicher, dass die Ergebnisqualität einer Behandlung zum Verteilmodus des Honorars wird, sondern vorrangig die Menge der Leistungen, auch der unnötigen. Dabei kommt die individuelle Patientenorientierung eindeutig zu kurz. Hörende und sprechende Medizin werden nicht ihrer Bedeutung nach in den Honoraren und Vergütungen berücksichtigt. Wer heute als Arzt oder Krankenhaus exzellente Qualität anbietet und ausführlich mit den Patienten redet, überlebt wirtschaftlich nicht. Wer die Menge pusht und die Abrechnungsnischen auch in den Grauzonen perfekt beherrscht, kommt über die Runden. Das kann auf Dauer nicht gut gehen! Auch das Taxieren von Patienten direkt nach der Aufnahme im Krankenhaus oder in der Arztpraxis aus rein ökonomischer Sicht ist Ausdruck dieser falschen Mittelverteilung. Die für den Patienten notwendige, dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechende qualitätsgesicherte Medizin muss den Rahmen für den Einsatz der Mittel bestimmen. Es darf nicht umgekehrt sein - nach der Melodie, wieviel Medizin gibt es in welcher Qualität und Menge auch immer für die zur Verfügung

gestellten Budgets. Budgets sind die unintelligentesten Mittelverteilungssysteme überhaupt. (Unter dem Deckel brodelt es weiter.) Alternative zu Budgets ist die Lockerung des Kontrahierungszwangs. Das ökonomische Primat darf das medizinische nicht ablösen. Es muss die Medizin begleiten. Wir befinden uns heute im Medizinbetrieb schon in einem Ökonomisierungsexzess. Damit überhaupt kein Missverständnis entsteht: Auf die Kosten im Gesundheitssystem zu achten, ist eine unabdingbare Notwendigkeit. Kein Cent für Verschwendung, für Überflüssiges. Es geht in der Ökonomie des Medizinbetriebes um die Art und das Ausmaß. Wir werden in der Gesundheitspolitik immer mit Grenzen leben. Aber aus diesen Grenzen müssen wir das Beste für die Patienten machen. Das ist unser gemeinsamer Auftrag. Wer gute Qualität anbietet, muss auch gut verdienen dürfen: Hier sollten die Grenzen nicht liegen, sondern da, wo die Qualität und die Patientenorientierung fehlen. Konkrete Vorschläge für eine Neuorientierung im Spannungsfeld Ökonomie, qualitativer Medizin und guter Patientenorientierung im Gesundheitssystem 1. Die Kriterien für Qualitätsbewertung und Sicherstellung der Qualität festzulegen, ist die wichtigste Aufgabe der Vertragspartner in der nächsten Zeit. Vor dieser Aufgabe darf man nicht zurückschrecken, weil sie schwer ist, sondern man muss mit Leidenschaft daran arbeiten, weil sie Herzstück einer Neuverteilung der Mittel werden muss. Die jetzige Diskussion über die Qualitätssicherung medizinischer Leistungen wird wieder zu sehr konfrontativ geführt . 2. Bei der Qualitätsbewertung sind auch die wissenschaftlichen Gesellschaften gefordert. Diese Gesellschaften haben häufig zu wenig Rückgrat. 3. Sowohl die Honorarsysteme im ambulanten Bereich als auch die DRGAbrechnungssysteme brauchen mehr Flexibilität, mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Es muss nicht vergütungspolitisch alles zentral geregelt werden. Die ökonomischen Gestaltungsspielräume vor Ort zu erweitern,

wäre ein Gebot der Stunde. 4. Die Bedarfsplanung medizinischer und pflegerischer Angebote in einer Kommune müssen stärker aufeinander abgestimmt werden. Weg von einer ausschließlich sektoralen Bedarfsplanung. 5. Der Pflegeberuf muss auf allen Ebenen aufgewertet und die Pflegekräfte müssen besser bezahlt werden. Es muss Schluss sein, im Medizinbetrieb bei den Leistungen zu sparen, die am meisten für die Patientenzuwendung notwendig sind (auf den Stationen des Krankenhauses spüren die Patienten das). 6. Wir müssen mehr die Patientenorientierung betreffenden Modellen auflegen. Ausprobieren ist besser, als über Probleme zu schwadronieren. 7. In einem jüngst angebotenen SoftwareProgramm für die Arztpraxis läuft bei Eingabe der Patientendaten nach wenigen Minuten ein Band mit folgendem Text „Die veranschlagte Zeit für ihren Patienten ist abgelaufen.“ Ein neues Band sollte lauten „Vergessen Sie nicht zu klären, ob der Patient noch Fragen hat“.

WILFRIED JACOBS

Wilfried Jacobs, Jahrgang 1944, ist ein ehemaliger Präsident von Borussia Mönchengladbach und ehemaliger Vorsitzender des Vorstandes der AOK Rheinland/ Hamburg. 2012 gründete er das Institut für patientenorientierte Versorgungsablaufforschung (IPOV) GmbH. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter des Instituts

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KRANKENHAUSPOLITIK

Krankenhauspolitik muss strukturelle Änderungen vorantreiben Um die Qualität der Patientenversorgung in Krankenhäusern auf einem hohen Niveau halten zu können, müssen Konzepte zur angemessenen Personalbesetzung im Krankenhaus erarbeitet werden

Von Rudolf Henke

Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) sorgt weiterhin für große Diskussionen. Unbestritten ist, dass die Krankenhaus-Landschaft in unserem Land einiger struktureller Änderungen bedarf, um zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Eine strikte Ablehnung des geplanten Gesetzes ist deshalb nicht zielführend und würde notwendige Änderungen zeitlich weiter verzögern, was weder Ziel der Krankenhäuser noch der Politik sein kann. Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen habe auch ich die sitzungsfreien Wochen des Deutschen Bundestages dazu genutzt, um in direkten Kontakt mit Betroffenen vor Ort zu treten. So besuchte ich während meiner Sommertour, unter anderem mit Vertretern der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), verschiedene, darunter strukturell positiv entwickelte und finanziell gut aufgestellte Krankenhäuser und führte viele Gesprä-

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che über die Zukunft der Krankenhauspolitik. Dabei kristallisierten sich einige Anforderungen heraus, denen sich die Bundes- und Länderpolitik stellen muss.

Ausreichend Personal für mehr Qualität Bislang gibt es für den Dienst im Krankenhaus keine gesetzlichen Vorgaben zur Personalausstattung. Lediglich Strukturvorgaben in der Krankenhausplanung oder in den Qualitätsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses geben in einigen Bereichen bereits eine personelle Mindestausstattung vor. Deshalb ist es gut, wenn nach der Sommerpause eine Expertenkommission prüft, ob die Personalausstattung in den Krankenhäusern angesichts der steigenden Zahl von Demenzerkrankten noch angemessen ist. Diese Prüfung muss eine Bewertung der Personalausstattung sowohl im pflegerischen als auch im ärztlichen Bereich beinhalten und die Betroffenen beteiligen. Sie darf die schon heute erkennbaren Herausforderungen nicht auf die lange Bank schieben.

Qualitätsstandards können schwer dadurch erreicht werden, indem bei mangelnder Qualität weniger Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Der Grund für Qualitätsmängel in Krankenhäusern ist oft der Mangel an qualifiziertem Personal. Entsprechende Qualitätsstandards im pflegerischen und medizinischen Bereich können deshalb eher erreicht werden, wenn ausreichend Personal zur Verfügung steht, das sich um die stetig steigende Zahl der im Krankenhaus zu behandelnden Patientinnen und Patienten kümmert. Die Einrichtung eines Pflegestellenförderprogramms durch das KHSG ist ein wichtiger Schritt, um die allgemeine Pflege zu stärken. Der Gesetzgebungsprozess wird zeigen, wie dieser Etat noch aufgestockt werden kann. Die bei der Einbringung ins Spiel gebrachte Verdopplung der Summe von 660 Mio. Euro für drei Jahre wirkt attraktiv, muss im Blick auf den Fachkräftemangel und die Fragen der Nachhaltigkeit und Flexibilität aber realistisch durchdacht und eingeordnet werden.


KRANKENHAUSPOLITIK Gesetzliche Regelung der Länderfinanzierung Die Bundesländer müssen endlich ihren Verpflichtungen nachkommen und mehr Mittel für eine ausreichende Investitionsfinanzierung bereitstellen. In den vergangenen Jahren wurde die dringende Finanzierung von Krankenhäusern seitens der Landesregierungen immer weiter reduziert und liegt mittlerweile bei 2,7 Mrd. Euro jährlich und damit weit unter dem Investitionsbedarf, der nach einer von Bund und Ländern anerkannten Berechnung des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (INEK) jährlich bei rund 6 Mrd. Euro liegt. Um notwendige Investitionen tätigen zu können, müssen Krankenhäuser finanziell immer häufiger umschichten, was zu Einsparungen im laufenden Betrieb führt und damit einer Kürzung der Mittel für die Patientenversorgung, der Personalkosten und einer angemessenen Personalausstattung gleichkommt. Leidtragende dieser Fehlentwicklung ist die gesamte Krankenhausbelegschaft. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, besteht die Notwendigkeit einer gesetzlich verankerten Mindestförderung in Höhe des tatsächlichen Bedarfs, der für die Investitionen in moderne Strukturen und den Substanzerhalt der Krankenhäuser benötigt wird. Standortreduzierung im Verhältnis zum tatsächlichen Bedarf Über die mögliche Schließung von Krankenhäusern oder einzelnen Abteilungen muss auf Grundlage einer verlässlichen und nachvollziehbaren Bewertung entschieden werden. Die Versorgungssicherheit und -qualität sollten stets Priorität haben vor der ökonomischen Rentabilität

eines Hauses und müssen daher bei der Bewertung zwingend die entscheidenden Faktoren sein. Um einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, bedarf es einer genauen Definition, wann eine Überkapazität in der Krankenhausversorgung zu verzeichnen ist. Kommt es zum Abbau von Kapazitäten, müssen diejenigen Krankenhäuser finanziell und personell entlastet werden, die infolgedessen mit einem Zuwachs von Patienten zu rechnen haben. Die Arbeitsbelastung in den Krankenhäusern ist gegenwärtig für das Klinikpersonal schon ausgesprochen hoch und bewegt sich teilweise bereits an der Grenze des Machbaren. Strukturveränderungen dürfen keinesfalls zu einem höheren Arbeitspensum der Krankenhausbelegschaft und damit letztendlich auch zu einer Beeinträchtigung der Versorgungsqualität führen.

Landesbasisfallwerte müssen Lohnsteigerungen abdecken Die jährlich von den Vertragspartnern ausgehandelten Landesbasisfallwerte, die als Basispreise für einzelne DRG-Leistungen gezahlt werden, sollten der tatsächlichen Kostenentwicklung der Krankenhäuser gerecht werden. Dies bedeutet auch, dass sich Ergebnisse von Tarifverhandlungen in den Aufwüchsen der Landesbasisfallwerte widerspiegeln müssen und damit eine volle Refinanzierung ermöglichen. Tatsächlich weichen die Tarifsteigerungen und die realisierbaren Zuwächse der Landesbasisfallwerte seit einigen Jahren immer mehr voneinander ab, was zu Verlusten bei Krankenhäusern führt. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat für das Jahr 2015 eine aufsummierte

Unterfinanzierung des tarifbedingten Personalkostenzuwachses in Höhe von rund 2,5 Mrd. Euro kalkuliert. Um Stellen in Krankenhäusern adäquat zu besetzen und angemessene Arbeitsbedingungen für das Krankenhauspersonal zu schaffen, sollte die Refinanzierung der Tariflohnsteigerungen gesetzlich verankert werden, so wird es auch von der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag gefordert. Es ist richtig, Qualitätsstandards in der Krankenhausversorgung festzulegen. Diese können jedoch nur eingefordert werden, wenn die Strukturen und das Arbeitsumfeld in Krankenhäusern so gestaltet sind, dass diese Qualitätsstandards zu realistischen Richtwerten werden.

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Rudolf Henke, Jahrgang 1954, ist Internist und seit 1989 im Vorstand der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, deren Vorsitz er im Jahr 2007 übernahm. Henke ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags. 2011 wurde er zudem zum Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein gewählt

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Foto: Polizei/ Zoll/ pixelio.de

MEDIZINSTUDIUM

Masterplan Medizinstudium

Anpassung des Auswahlverfahrens Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat in seinem Gutachten aus dem Jahr 2014 ausdrücklich festgestellt, dass Studierende die allein über das Kriterium der Abiturnote zugelassen wurden, seltener bereit sind, hausärztlich tätig zu werden, als direkt von der Hochschule Zugelassene. Eine entsprechende Anpassung des Auswahlverfahrens, wie vorgeschlagen, hält auch der Sachverständigenrat im Sinne einer höheren Hausarztquote für zielführend. Welche Auswahlkri-

Das Abitur ist als alleiniges Auswahlkriterium ungeeignet

In Deutschland gibt es bereits ländliche Regionen, in denen die medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. In einer Befragung gaben 58 Prozent der derzeit praktizierenden Hausärzte an, noch keinen Nachfolger gefunden zu haben. Diese ersten Alarmzeichen müssen wir ernst nehmen. Nicht der einzige, aber immerhin ein wichtiger Baustein, um diesem Problem Herr zu werden ist der „Masterplan Medizinstudium 2020“, der gemeinsam durch Bund und Ländern erarbeitet wird. Übergeordnetes Ziel muss es sein, die medizinische Grundversorgung im ländlichen Raum für die Zukunft zu sichern. Mit dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ sollen im Wesentlichen drei Weichen neu gestellt werden: Die Rolle und Wertschätzung der Allgemeinmedizin stärken, die Praxisnähe in der Ausbildung von Ärzten zu fördern und die Auswahl der Studienplatzbewerber zielgerichteter gestalten. Dies sind wesentliche Voraussetzungen, um eine flächendeckende und wohnortnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung auch in ländlichen Regionen in den kommen-

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den Jahren sicherzustellen. Auf zwei dieser Aspekte möchte ich näher eingehen:

Super Abitur als Voraussetzung Wer in Deutschland Humanmedizin studieren möchte, benötigt ein herausragendes Abitur. Dieser Umstand hat Vorund Nachteile. Nur ganz selten bricht ein Medizinstudent sein Studium ab, die Erfolgsquote ist gegenüber anderen Studiengängen mit am höchsten. Auf der anderen Seite müssen viel junge Menschen zu lange auf einen Studienplatz warten oder werden nie die Chance bekommen ein Medizinstudium aufnehmen zu können. Die Hochschulen könnten dieses Problem entschärfen. Sie müssen ihre Möglichkeiten bei der Ausgestaltung des dezentralen Zulassungsverfahrens zum Medizinstudium vollumfänglich ausschöpfen. Die Vorgaben in den Hochschulzulassungsgesetzen der Länder sind in der Regel sehr allgemein gehalten. Die eigentliche Entscheidung über die relevanten Auswahlkriterien fällt daher erst an den Universitäten. Diese befinden auch darüber, welche Kriterien Einfluss auf die Vergabeentscheidung haben. Die medizinischen Fakultäten gehen mit ihrem Auswahlermessen sehr unterschiedlich um.

Foto: Achim Melle

Von Katrin Albsteiger

Einige medizinische Fakultäten treffen ihre Auswahl noch immer ausschließlich nach der Abiturbestennote. Durch diese Zuspitzung auf das Kriterium „Abiturnote“ ist eine große Gruppe potentieller Bewerber von vornherein von jeglicher Zulassungschance ausgeschlossen. Ich bin der Meinung, dass Kriterien und Verfahren, neben dem Numerus Clausus, wie etwa Eignungstest, Auswahlgespräch, Motivationsschreiben, praktische Erfahrung und ehrenamtliche Tätigkeit daher verstärkt berücksichtigt werden sollten, um eine fairere und geeignetere Auswahl treffen zu können. Tatsächlich trifft die Abiturnote eine gute Vorhersage über den Studienerfolg, nicht jedoch darüber, ob jemand ein guter Arzt wird.

Katrin Albsteiger setzt sich für eine Reform des Studienganges Medizin ein


MEDIZINSTUDIUM terien herangezogen werden sollen die Betroffenen entscheiden. Eine gute Idee wäre deshalb die Einrichtung eins Runden Tisches aus Universitäten, Ärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen und den Bundesländern, der sich auf Maßstäbe für das dezentrale Auswahlverfahren an den Universitäten einigen könnte. So kann im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ein breiteres Spektrum von Studienbewerbern die Chance auf ein Medizinstudium erhalten. Auch die Studienbewerber selbst dürfen wir nicht aus der Verantwortung nehmen. Sie sollen verpflichtet werden, ihre Bewerbung nach einer bestimmten Zeit, beispielsweise nach drei oder vier Jahren, gegenüber der Stiftung für Hochschulzulassung neu zu bekunden. Eine automatische Anrechnung der Wartezeit darf es nicht geben. Nicht die Wartezeit allein, sondern die Motivation muss zentrales Kriterium sein. Neben Veränderungen am bestehenden Zulassungssystem sind auch ganz neue Wege denkbar. Sofern verfassungsrechtlich möglich, könnte im Rahmen einer Landarztquote eine bestimmte Zahl von Studienplätzen denjenigen vorbehalten werden, die sich verpflichten, nach vollständig abgeschlossener Ausbildung für eine bestimmte Zeit im ländlichen,

unterversorgten Raum zu praktizieren. Unterversorgte Gebiete müssten dazu als „besonderer öffentlicher Bedarf “ anerkannt werden.

Grundversorgung geht vor Alle hier genannten Ideen sind kein Selbstzweck. Es werden hierdurch auch keine Mediziner „Zweiter Klasse“ geschaffen, die gegenüber anderen Absolventen zurückstehen müssen. Der Staat hat in gewissen Bereichen eine Fürsorgepflicht. Die Sicherung der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung ist eine davon. Mit dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ wollen wir es schaffen, engagierte junge Leute in die ländliche Niederlassung zu bringen.

Auch an den Universitäten gibt es konkreten Handlungsbedarf. Die Allgemeinmedizin führt leider in einigen medizinischen Fakultäten noch immer ein „Schattendasein“. Sie wird daher oft bei Studierenden nicht als gleichwertige Teildisziplin der Humanmedizin wahrgenommen. Um diesem Trend entgegenzuwirken gibt es bereits heute tolle Beispiele von allgemeinmedizinischen Mentoringprogrammen für Studierende. Wir wollen mehr davon! Diese Programme bauen Vorurteile ab und schaffen eine emotionale Heimat.

KATRIN ALBSTEIGER

Und auch im „Praktischen Jahr“ soll die Allgemeinmedizin mehr in den Fokus rücken. Das Praktische Jahr soll künftig zur Steigerung der Wahlfreiheit der Studierenden in vier Ausbildungsabschnitte gegliedert werden. Ich plädiere dafür, dass dann zwei medizinische Fachgebiete frei gewählt werden können, denn nach neuesten Umfragen des Hartmannbundes würden sich Studierende dann in dem zusätzlichen frei wählbaren Quartal häufig für das Fach Allgemeinmedizin entscheiden.

Katrin Albsteiger (31) ist Mitglied des Deutschen Bundestages. Sie gehört dem Ausschuss für Bildung und Forschung, sowie dem Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union an. Seit 2014 ist sie eine der vier stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Jungen Union

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Foto: Tim Reckmann/ pixelio.de

eHEALTH

DAS eHEALTH–GESETZ Der große Wurf oder ein Einstieg ins „Neuland“? Das „eHealth“-Gesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn es noch einige Menschen gibt, die das Gesetz kritisch sehen

Von Axel Döß und Philipp Dempke Telematik, vernetzte Strukturen, Telemedizin - das sind die stark diskutierten Punkte im eHealth Gesetz und in Berlin bei den Insidern in aller Munde. Hier soll endlich der große Durchbruch in dieser Legislaturperiode gelingen. Gleichwohl wird dieser Diskurs schon seit über zehn Jahren geführt und noch unter der Gesundheitsministerin Schmidt wurde bereits 2006 großspurig die Einführung der eGesundheitskarte mit allen Vorteilen für die Patientenversorgung für 2009 angekündigt.

Nun, seitdem ist sprichwörtlich „viel Wasser die Spree hinuntergeflossen“ und wir stehen immer noch am Anfang. Keine eGK und auch noch lange keine vernetzte Strukturen in der Regelversorgung der Patienten, die die Leistungserbringer aus allen Bereichen auf eine ePatientenakte zugreifen ließe, und erst Recht noch keine definierten Vergütungsstrukturen, um die System- und Technikinno-

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vationen in diesem Bereich ausreichend attraktiv zu vergüten. Von Ausnahmen bei der Röntgenbefundung mal abgesehen, wobei heutzutage Bilder über das Netz zu senden nicht wirklich eine große Innovation darstellt, Whats app und andere Social Media Applikationen lassen grüßen. Die Einführung eines eHealth Gesetzes ist seit September 2013 ein gemeinsames Ziel der Großen Koalition und so gesehen bereits eine Innovation. Der Wille, dieses Thema endlich in einen Gesetzesrahmen zu gießen bedarf wohl ungleich großer Anstrengungen.

Drei wesentliche Punkte werden in dem Vorhaben aufgegriffen, was auch sehr löblich ist: 0 Die sichere Telematikinfrastruktur, 0 die Einführung einer Vergütung telemedizinischer Leistungen durch ärztliche Leistungserbringer und

0 die Unterstützung für nutzbringende Anwendungen der eGK. Wie bei so vielen Vorhaben stecken die Herausforderungen im Detail. Gerade was die Anwendungen angeht gibt es bereits seit vielen Jahren Positivbeispiele, die jedoch bis heute nicht über den „Projektstatus“ oder die „Insellösung“ hinausgekommen sind. Zu erwähnen sind hier insbesondere Versorgungsbereiche wie kardiovaskuläre Erkrankungen oder pulmologische Erkrankungen.

Technik und Emotionen – ein Widerspruch? Das „eHealth“-Gesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn es noch einige Menschen gibt, die das Gesetz kritisch sehen, so ist es doch in der heutigen, digitalisierten Welt ein wichtiger Faktor, den auch die Medizin nutzen muss. Kritiker betonen die mangelnde Sicherheit und den schwindenden sozialen


eHEALTH Kontakt. Die Patienten hätten ohnehin schon nur „sehr wenig mit dem Mediziner per se zu tun“, klagen sie. Auch befürchten sie, dass dieser dann verschwindet und sich nur noch auf die Technik verlassen wird. Dies kann passieren, jedoch vermag kein Gesetz der Welt die „persönlichen Eigenschaften“ eines Menschen und Mediziners zu verändern, da solche „Entscheidungen“ immer noch beim Arzt selbst liegen. Wesentlich ist, welche Aufgaben er übernimmt und welche die Technik und sein Team. Ein Großteil der Ärzte spricht sich für „eHealth“ aus. Im Jahr 2010 allein 64 Prozent im Bereich der Telemedizin. Der aktuelle Wert in diesem Jahr dürfte ungleich höher liegen. Ein Problem ist jedoch, dass es immer noch Arztpraxen in Deutschland gibt, die keinen Internetanschluss haben, oder nicht die technischen Geräte besitzen, um etwa die „eGK“ auszulesen. Die beste Technik bringt nichts, wenn wir sie nicht nutzen können. Des Weiteren müssen wir mehr Anreize schaffen, damit es sich für den Mediziner lohnt, sich auf eHealth einzulassen. So wird es zum Beispiel zum 01. Juni 2016 einen Zuschlag von 55 Cent für die Übermittlung eines Arztbriefes geben. Ebenso werden 50 Cent für die Entgegennahme berechnet. Leider gibt es aber auch immer noch keine „EBM-Ziffer“ für die Abrechnung von telemonitorischen Leistungen. Ebenso muss gewährleistet sein, dass man eine sichere Telematik-Infrastruktur nachweisen kann. Gerade uns Deutschen erscheint der Datenschutz wichtig: hier muss besonderes Augenmerk draufgelegt werden.

Der Aufbruch ins Neuland ResMed Healthcare hat das Potential der Telematik und der Telemedizin früh erkannt und darauf spezialisiert. Wir erachten und schätzen den Wert von Telemedizin für die globale Versorgung als äußerst wichtig ein und haben seit einiger Zeit die Technik entwickelt, dies umzusetzen. Die Therapie von Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen hat ResMed

Healthcare neu definiert und die aktuellen Service-Prozesse grundlegend optimiert. Die integrierte TelemonitoringFunktionalität in „AirSolutions“ ist das Fundament für diesen Service. Pionierarbeit leisten die AirSense™ Therapiegeräte bei der Begleitung und des Compliance-Management mittels Telemonitoring. ResMed Healthcare konnte so die Ver-

sorgungsqualität und die Schlafdauer der Patienten/innen um 13 Prozent auf 312 Minuten pro Nacht steigern. Die Therapieabbruchrate ging dank des von ResMed Healthcare entwickelten Compliance-Management Services um 37 Prozent zurück. Die Grundlage der täglichen Arbeit von ResMed Healtcare CompAct™ sind tagesaktuelle Compliance-Informationen. Das Telemonitoring wird dabei nicht nur zum Nachweis der Therapiestunden gegenüber dem Kostenträger eingesetzt. Ein enormer Fortschritt in der Versorgung wäre eine Optimierung und Realisierung aller Vorgänge, die auf Patientenanfragen reagiert. In der Therapie auftretende

Probleme sollen so, durch Telemonitoring unterstütztes, pro-aktives Handeln zeitnah gelöst werden. Die Ressourcen aller Beteiligten werden dadurch geschont und die Effizienz der Versorgung gesteigert, wenn Leistungen gezielt und zum richtigen Zeitpunkt eingebracht werden. Der tägliche Kontakt mit Patienten ermöglicht es heute durch Telemonitoring einen gesteigerten Therapieerfolg zu erzielen.

Die Telemedizin in der Zukunft Abschließend lässt sich betonen, dass das „eHealth-Gesetz“, Telemedizin und Telematik ein wichtiger Bestandteil der heutigen Medizin ist und mehr in den medizinischen Alltag integriert werden sollte. Es muss mehr Geld in telemedizinische Technik investiert werden. Dieser Schritt ist für eine Industriegröße wie Deutschland nur folgerichtig. Die restlichen Zweifel müssen ausgeräumt werden. Das „eHealth-Gesetz“ ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es wird noch einige Zeit dauern: Bis zum großen Wurf, ja, aber heute schon der Einstieg ins Neuland.

AXEL DÖSS

PHILIPP DEMPKE

Philipp Dempke, Jahrgang 93, Studium der Gesundheitsökonomie/Health Economics an der FH Fresenius in Köln und München. Internship bei ResMed Germany Inc. in Martinsried und weiterhin tätig als studentische Hilfskraft in den Bereichen Market Access und Marketing

Dr. Axel Döß, Jahrgang 66, Chemiestudium an den Universitäten Mainz und Siegen, Masterstudium Gesundheitsmanagement an der Universität Witten/Herdecke. Seit 15 Jahren im Gesundheitswesen tätig, die letzten acht Jahre in leitender Funktion in den Bereichen Market Access/Erstattung/Public und Governmental Affairs der Pharma- und Medizintechnikindustrie. Mitglied der PG „eHealth“ beim Branchenverband Spectaris. Zur Zeit tätig als Direktor Market Access Europe für die ResMed Germany Inc., Martinsried

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Foto: Yves Sucksdorff

GESUNDHEITSPOLITIKER

Die Teilnehmer der jährlichen Gesundheitstagung der gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/ CSU-Landtagsfraktionen und ihre Gäste

Chancen der Digitalisierung für das Gesundheitswesen nutzen Von Gottfried Ludewig

Deutschland hat eines der besten Gesundheitssysteme weltweit. Doch bei der Digitalisierung besteht Nachholbedarf. Der Sprung ins 21. Jahrhundert gelingt uns nur, wenn wir das Gesundheitswesen enger vernetzen, mobile Geschäftsmodelle zulassen und zukunftsfähige Lösungen der Industrie 4.0 ermöglichen. E-Health Gesetz zügig umsetzen Mehr als 100.000 Gesundheitsapps bieten heute ihre Dienste an, und täglich werden es mehr. Patienten nutzen diese Angebote bequem per Smartphone und Tablet und sind so jederzeit gut über ihren Gesundheitszustand informiert. Online-Riesen wie Apple und Google investieren daher bewusst Milliarden in diesen Markt. Diese Entwicklung zeigt deutlich: Die Bürgerinnen und Bürger haben die Frage, ob es zur Digitalisierung des Gesundheitswesens kommt, längst beantwortet. Es ist die

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Aufgabe der Politik die Voraussetzungen zu schaffen, dass alle Patienten von den Möglichkeiten des technischen Fortschritts profitieren. Das „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ (E-Health-Gesetz) der Bundesregierung ist ein erster notwendiger Schritt in diese Richtung. Indem es den flächendeckenden Ausbau der digitalen Infrastruktur vorantreibt, rückt endlich der Nutzen für Patientinnen und Patienten durch die elektronische Gesundheitskarte in den Fokus der politischen und gesellschaftlichen Debatte. Ein Ziel des Gesetzes ist es, Entlassdokumente digital zu übermitteln. Krankenhäuser und Ärzte sollen künftig in der Lage sein, Untersuchungsunterlagen einfacher auszutauschen. Die Behandlung von Patienten wird so schneller und effizienter. Garantiert wird das über verschiedene Anreize und Sanktionsmechanismen für Ärzte und Arztpraxen. Zudem macht sich das Gesetz setzt stark für die sichere Übermittlung der Versi-

chertenstammdaten. Gelingt es uns den Entwicklern von u. a. Gesundheitsapps einen einfachen Zugang zur TelematikInfrastruktur zu ermöglichen und ihre Anwendungen auf die bereit gestellte sichere Autobahn zu übertragen, dann bedeutet sie für Patientinnen und Patienten einen echten Vorteil gegenüber bestehenden Angeboten internationaler Online-Firmen. Hier sind ihre Daten sicher.

Staatliche Rahmenbedingungen anpassen Damit das möglich wird, müssen Gesetze und Vorschriften permanent an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Unter anderem müssen wir uns die Frage stellen, wie die ärztliche Beratung über das Internet und/oder telefonisch als Leistung über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden kann. Im ländlichen Raum könnte sie den zunehmenden Ärztemangel auffangen und weiterhin eine schnelle und gute Behandlung der Bevölkerung gewährleisten. Die Einführung vielversprechender telemedizinischer Ansätze scheitert jedoch nicht selten an den bestehenden gesetzlichen Regelungen, konkret am weitreichenden Fernbehandlungsverbot. Die Bundesärztekammer prüft zwar fortlaufend den Anpassungsbedarf. Damit


Foto: Clipdealer

GESUNDHEITSPOLITIKER dienstleistungen bei gleichzeitiger Sicherung sensibler Patientendaten ermöglicht. Dabei sorgen wir dafür, dass die Patientinnen und Patienten selbst und ohne Zwang entscheiden können, welche Daten und welche Dienste sie in Anspruch nehmen wollen. Das ist der Weg zum deutschen Gesundheitssystem 4.0 .

DIE GÄSTE

Patienten nutzen die eHealth-Angebote bequem per Smartphone und Tablet und sind so jederzeit gut über ihren Gesundheitszustand informiert

die Vorteile der Telemedizin wirklich bei der Bevölkerung auf dem Land ankommen, setzen sich die gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Landtagsfraktionen dafür einsetzen, das Fernbehandlungsverbot kontinuierlich an die technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts anzupassen.

Neue Bewertungsmaßstäbe für telemedizinische Behandlungen Neuartige Behandlungsmöglichkeiten erreichen die Patientinnen und Patienten nur dann, wenn auch die Finanzierung hierfür sichergestellt ist. Dazu müssen wir prüfen, inwieweit das durch eine Erweiterung der ärztlichen Vergütungsziffern erreicht werden kann. Die Selbstverwaltung muss endlich dem gesetzlichen Auftrag nachkommen und entsprechende Bewertungsmaßstäbe für telemedizinische Leistungen entwickeln. Dann können alle Patientinnen und Patienten von ihren Vorteilen profitieren: Lange Warte- und Fahrzeiten gehören der Vergangenheit an, moderne Sensoren gewähren Patienten mit Herzproblemen 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche eine bestmögliche Versorgung und sensorgestützte Assistenzsysteme ermöglichen den Traum vom Wohnen in den eigenen vier Wänden bis ans Lebensende.

Mehr Investitionen in Krankenhaus-IT Im Krankenhaus der Zukunft spielt IT die zentrale Rolle. Sie ist u.a. entscheidend im Bereich der Robotik und bei der Vernetzung mit anderen Kliniken. Intern ermöglichen kurze Kommunikationswege den schnellen und präzisen Zugriff auf die Ergebnisse der Diagnostik. Bei der Anamnese können Fernkonsultationen mit ausgewiesenen Spezialisten den entscheidenden Hinweis für eine Behandlung bedeuten. Die Vorteile liegen auf der Hand. Dennoch sind in Deutschland nur 6 Prozent der Akut-Krankenhäuser regional oder national vernetzt. In Dänemark und Schweden nutzen bereits 50 Prozent diese Möglichkeit. Über eine Kofinanzierung seitens der Bundesebene und der Bundesländer könnten sich auch in Deutschland die Investitionen der Krankenhäuser in IT erhöhen und die Behandlung von Patienten wesentlich verbessern.

Datenschutz geht vor Unser Ziel ist eine moderne und innovative Gesundheitsversorgung. Erreichen können wir sie mit einer funktionierenden Telematik-Infrastruktur, die den Zugang zu digitalen Gesundheits-

Gäste der Tagung der Gesundheitspolitischen Sprecher der Unions-Landtagsfraktionen in diesem Jahr waren u. a. Jens Spahn, ehemaliger gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Jürgen Graalmann, ehemaliger Vorsitzender des AOK-Bundesverbands und Dr. Matthias Suermondt, Vice President Public Affairs bei Sanofi Aventis Deutschland. Im Mittelpunkt der Tagung stand die Frage nach den Schnittstellen zwischen Landes- und Bundesebene bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens und was die Krankenkassen und die Pharmaindustrie tun können, um die Digitalisierung zu beschleunigen.

GOTTFRIED LUDEWIG

Dr. Gottfried Ludewig, MdA, ist seit 2011 gesundheitspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Als Koordinator der gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Landtagsfraktionen organisiert er eine jährliche Tagung in Berlin

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BILANZ DER GROKO

Halbzeitbilanz der Großen Koalition:

LICHT UND SCHATTEN Bei der Großen Koalition in Berlin ist längst nicht alles Gold, was glänzt: Mittelständler und Freiberufler sind weitgehend enttäuscht von den ersten beiden Jahren

Von Christian von Stetten

Mutlosigkeit statt Politik

Den größten Erfolg der ersten Halbzeit der großen Koalition konnte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble verbuchen: Ihm ist es gelungen, den ersten schuldenfreien Haushalt seit 1969 durchzusetzen. Diese im Wahlkampf versprochene „schwarze Null“ muss auch die kommenden Jahre bestehen bleiben. Eine solide Finanzpolitik ohne neue Schulden ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschlands

Als Preis für diese beiden finanzpolitischen Leitplanken der Großen Koalition musste die Union der SPD aber leider viele Zugeständnisse machen. Die entsprechenden Festlegungen im Koalitionsvertrag haben dazu geführt, dass die ersten zwei Jahre der Großen Koalition eher von Mutlosigkeit statt von vorausschauender Wirtschaftspolitik geprägt waren.

Daneben konnte die Union als die stärkste Regierungspartei verhindern, dass die im Wahlkampf von SPD und Grünen geforderten Steuererhöhungen Realität werden. Auch das ist ein Ausdruck finanzpolitischer Seriosität: in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen muss der Staat zeigen, dass er mit den ihm anvertrauten Steuermitteln klarkommt.

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Eine Große Koalition, der 80 Prozent der Bundestagsabgeordneten angehören, sollte sich um große Reformen kümmern, die unser Land wettbewerbsfähig und fit für die Zukunft machen. Das Gegenteil war bislang leider der Fall. Die von der SPD durchgesetzte „Rente mit 63“, die Einführung eines praxisfernen und bürokratischen gesetzlichen Mindestlohns, die nicht handhabbare Mietpreisbremse sowie die Frauenquote

und die Änderungen beim Pflegezeitgesetz hemmen das Wirtschaftwachstum, belasten die nächste Generation und erhöhen den bürokratischen Aufwand.

Rolle rückwärts bei der Rente Die Arbeitnehmer hatten akzeptiert, dass das Renteneintrittsalter langsam bis auf 67 Jahre ansteigen muss, um der demographischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Dennoch hat die große Koalition eine Rolle rückwärts gedreht und die Rente mit 63 beschlossen. Besonders die Entscheidung, dass bei der Senkung des Renteneintrittsalters auf 63 Jahre auch Jahre, in denen Arbeitslosengeld I bezogen wurde, wie Beitragsjahre gezählt werden, war und ist für mich nicht nachvollziehbar. Dies ist ungerecht und belastet die kommenden Generationen massiv. Bereits heute ist absehbar: die Rente mit 63 wird von deutlich mehr Menschen in Anspruch genommen als vorgesehen. Die


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BILANZ DER GROKO

Auch die Koalition aus CDU und SPD haben die bürokratische Krake nicht wirksam bekämpft

Kosten wurden von der Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles für das Jahr 2015 mit 1,5 Mrd. Euro veranschlagt. Heute wissen wir, es werden wahrscheinlich 3 Mrd. Euro sein. Darüber hinaus entzieht die Rente mit 63 dem Arbeitsmarkt erfahrene Arbeitskräfte, die gerade in Zeiten des Fachkräftemangels unverzichtbar sind. Gleichzeitig sendet die Rente mit 63 ein fatales Signal: aufgrund der demografischen Entwicklung müssen wir in die Zukunft eher länger arbeiten als kürzer.

Weichen für die nächsten 2 Jahre stellen Ähnlich verhält es sich mit dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Seit dessen Einführung im Januar 2015 reißen die Beschwerden nicht ab. Dabei geht es weniger um die Höhe des Mindestlohns als vielmehr um die bürokratischen Auflagen durch die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung. Diese Verordnung wurde von Andrea Nahles ohne Parlamentsbeteiligung umgesetzt und führt dazu, dass der Mindestlohn als bürokratisches Monster wahrgenommen wird. 1.600 neu eingestellte Zollbeamte kontrollieren zum Teil bewaffnet seit diesem Frühjahr die Einhaltung der Auflagen des Mindestlohngesetzes in den Betrie-

ben und sorgen für zusätzlichen Verdruss bei den Betroffenen. Wenn jetzt auch noch das angekündigte Entgeltgleichheitsgesetz und die Regulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen wie eine bürokratische Krake über die Unternehmen kommen, wird die Bilanz nicht positiv ausfallen. Umso wichtiger werden die Weichenstellungen für die zweite Hälfte der Legislaturperiode. Die durch das Bundesverfassungsgericht erzwungene Reform der Erbschaftsteuer darf nicht zu Lasten unserer deutschen Familienunternehmen gehen. Die ganze Welt beneidet uns um diese einmalige Wirtschaftsstruktur, die unsere Wirtschaft ausmacht und auch in Krisenzeiten am Laufen hält. Unser Koalitionspartner würde die Steuereinnahmen durch die Erbschaftsteuer gerne zu Lasten der Unternehmen erhöhen, doch die Union wird das nicht zulassen. Seit Jahren beschäftigen wir uns mit den Rettungspaketen für Griechenland. Zum dritten Mal hat der Deutsche Bundestag in zwei Sondersitzungen während der politischen Sommerpause in diesem Jahr über ein Hilfspaket abstimmen müssen. Diesmal reden wir über Finanzmittel in Höhe von 86 Mrd. Euro. Unabhängig von der Sinnhaftigkeit der bisher verabschiedeten Rettungsprogram-

me und der unterschiedlichen Auffassungen in meiner Fraktion hierüber, vertrete ich die Auffassung, dass Griechenland unter den jetzigen Bedingungen schon aus formalen Gründen kein weiteres Geld aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hätte bekommen dürfen. Weder die für ein ESM-Programm notwendige Systemrelevanz Griechenlands für die Stabilität der gesamten Eurozone noch die notwendige Schuldentragfähigkeit Griechenlands konnten plausibel nachgewiesen werden. Die vom IWF geforderte künftige Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit durch die Verlängerung der Darlehenslaufzeiten von heute ca. 30 Jahre auf ca. 60 Jahre lehne ich entschieden ab. Dies wäre ein „Taschenspielertrick“, der die nächste und übernächste Generation massiv belasten würde.

Alles in allem bleibt beim Blick auf die Wirtschaftspolitik der Großen Koalition ein gemischtes Gefühl – sowohl beim Blick zurück als auch beim Blick in die Zukunft.

CHRISTIAN VON STETTEN

Christian von Stetten (45) ist Vorsitzender des Parlamentskreis Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Im Parlamentskreis Mittelstand sind 190 der 310 Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion engagiert

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LÄNDLICHER RAUM

Wohnortnahe und flächendeckende

GRUNDVERSORGUNG Auch Krankenhäuser in strukturschwachen Regionen müssen ihren Versorgungsauftrag wahrnehmen können

Von Rudolf Georg Kippels

Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause in diesem Jahr erreichte mich die Nachricht, dass ich künftig auch im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages als ordentliches Mitglied tätig sein werde. Nachdem Jens Spahn, bis dato Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gesundheit und gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, zum Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Finanzen ernannt wurde, war dieser Ausschusssitz zu vergeben. Schon zu Beginn dieser Legislatur bewarb ich um die Mitgliedschaft im Gesundheitsausschuss. Gewissermaßen einer Tradition folgend – denn bereits mein Wahlkreisvorgänger, Willi Zylajew, hat sich lange Jahre in diesem betätigt. Doch vor allem be-

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ruht mein Interesse auf meiner langjährigen Erfahrung aus dem kommunalpolitischen Bereich. Schon lange vor meinem Einzug in den Deutschen Bundestag im Jahr 2013 befasste ich mich auf kommunaler Ebene mit der zunehmenden Problematik insbesondere der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Kommunale Querschnittsaufgabe Es gibt nur wenige Kommunen, die frühzeitig auf eine alternde Gesellschaft reagiert haben, Gesundheitspolitik ist vor allen Dingen auch eine kommunale Querschnittsaufgabe. Gesundheitliche und damit einhergehende soziale Probleme nehmen zu. Die Versorgungsdichte aber auch –qualität hingegen dünnt in vielen Regionen zunehmend aus.

In meinem Wahlkreis, dem RheinErft-Kreis, können wir zumindest heute noch auf eine stabile, flächendeckende Versorgung zugreifen. Politische Überlegungen, die aus dem Krankenhausplan NRW hervorgehen, werden aber immer wieder angeführt den Bettenbestand substanziell zu verringern. Eine ortsnahe Krankenhausversorgung kann so keinesfalls erhalten bleiben. Gerade für ältere Patienten, aber auch Familien, die weniger mobil sind, würde dies eine enorme Belastung darstellen. Die Reform des Krankenhausstrukturgesetzes ist deshalb eines der Kernarbeitsthemen, bei dem ich mich einbringen möchte. Es braucht tragfähige Lösungen und Rahmenbedingungen für eine hochwertige, gut erreichbare und sicher finanzierte Krankenhausversorgung für alle Patienten. Das Ziel einer


LÄNDLICHER RAUM

Foto: Jörg Brinkheger/ pixelio.de

unserer Haustür statt. Die Antwort auf solche Krisen kann nur in einem funktionierenden Gesundheitssystem liegen. Ich erhoffe mir natürlich Synergien beider Gremien nutzen zu können und setze mich weiterhin dafür ein, die Medikamentenforschung zu stärken. Vor allem für eher vernachlässigte Krankheiten aber auch Tuberkulose. Die Anstrengungen und freigesetzten Mittel, die in den letzten Monaten getätigt wurden um der EbolaEpidemie Herr zu werden, zeigen, dass auch kurzfristig große Erfolge erzielt werden können. So verfügt man heute über einen Impfstoff, der zumindest in der Testphase zeigt, dass eine NeuIm deutschen Gesundheitswesen gibt es noch Luft ansteckung verhindert wernach oben den kann. Der Ausbruch in guten Gesundheitspolitik muss eine Westafrika macht deutlich, wie wichwohnortnahe und flächendeckende tig klinische Studien für vernachläsGrundversorgung der Menschen mit sigte Krankheiten sind. hochwertigen medizinischen ambulanten und stationären Leistungen Deutschland nur Mittelmaß sein. Auch Krankenhäuser in strukin Europa turschwachen Regionen müssen ihren Versorgungsauftrag wahrnehmen könEs ist eine große Aufgabe, unser Genen. sundheitswesen für die Zukunft gut aufzustellen. Es zu organisieren, ist Synergien nutzen einer der Kernbereiche der Daseinsvorsorge und für die Gesellschaft Das vergangene Jahr hat die internaüberaus relevant. Glücklicherweitionale Gemeinschaft vor immense se verfügt Deutschland über ein GeProbleme gestellt. Der Ausbruch des sundheitssystem welches durch sein Ebola-Virus in Sierra Leone, Libeumfangreiches Leistungsangebot und ria und Guinea hat zutage gebracht hohem Versorgungsniveau zu den in welch desaströsen Zuständen die qualitativ hochwertigsten im interGesundheitssysteme der westafrikanationalen Vergleich gehört. Eine entnischen Länder sind. Stellt eine manscheidende Voraussetzung für ein leisgelhafte Gesundheitsversorgung in tungsfähiges Gesundheitssystem ist Schwellen- und Entwicklungsländern die Qualitätssicherung. Durch die Siohnehin eine große Herausforderung cherstellung der Qualität insbesondere dar, erschütterte die EBOLA-Epidemie der ärztlichen und pflegerischen Tädie westafrikanischen Staaten zusätztigkeiten können die Patientinnen und lich. Ebola hat mit Westafrika einige Patienten bedarfsgerecht und wirtder ärmsten Länder der Welt befalschaftlich versorgt werden. len und in einer globalisierten Welt finden solche Katastrophen, trotz der Die Kombination von steigender geografischen Entfernung, direkt vor Nachfrage infolge des demografi-

schen Wandels und einem sich weiter dynamisch entwickelnden medizinischen Fortschritt, lässt hoffen, dass auch künftig mit einem stabilen Gesundheitswesen zu rechnen ist. Dennoch - internationale Rankings der letzten Jahre lassen zumindest die Frage aufkommen, ob sich dieses Niveau so halten lässt. Zwar steigen die Ausgaben im deutschen Gesundheitssystem stetig, hinsichtlich der Qualität und Wirtschaftlichkeit liegt die Bundesrepublik aber nur im europäischen Mittelfeld. Hier gibt es sicherlich Aufholbedarf, denn es ist keineswegs so, dass sich Qualität und wirtschaftlicher Erfolg per se ausschließen. Vielfältige und interessante Aufgaben stehen mir nun bevor. Gerade der Gesundheitsausschuss birgt die Möglichkeit einen entscheidenden Beitrag zu leisten, denn die persönliche Gesundheit, deren Erhalt und Wiederherstellung, gehört für alle Menschen zu den wichtigsten Themen und größten Besorgnissen.

RUDOLF GEORG KIPPELS

Dr. Rudolf Georg Kippels wurde am 21. September 1959 in Bedburg, NordrheinWestfalen, geboren und ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort vertritt er als direkt gewählter Kandidat den Wahlkreis 91 (Rhein-Erft Kreis I). Als ordentliches Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung übernimmt er die Berichterstattung insbesondere für Gesundheit, Kinder- und Frauenrechte und Soziales. Seit Juli 2015 ist er ebenfalls ordentliches Mitglied im Gesundheitsausschuss.

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FLÜCHTLINGE FRANK ULRICH MONTGOMERY

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer

Das Asylbewerberleistungsgesetz erlaubt bisher nur die Behandlung

Ärzte behandeln alle Menschen gleich „Für uns als Ärzte ist es bedeutungslos, woher ein Mensch kommt. Wir behandeln alle Menschen nach den gleichen Kriterien und wir wollen allen die gleiche Qualität zukommen lassen.“ Das erklärte Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, in Anbetracht der hohen Zahl von Flüchtlingen, die in Deutschland Schutz suchen. Montgomery kritisiert in einem Video-Statement insbesondere die Diskriminierung von Flüchtlingen per Gesetz. So erlaube das Asylbewerberleistungsgesetz nur die Behandlung akuter Erkrankungen, und auch dies nur nach behördlicher Genehmigung. „Damit werden wir Ärzte indirekt zu Sozialrichtern am Patienten, denn wir könnten diese Menschen besser behandeln.“ Schon der 118. Deutsche Ärztetag hatte beklagt, „dass in der Regel

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medizinisch nicht oder nicht ausreichend geschultes Personal in den Sozial- und Ausländerbehörden den Gesundheitszustand der potenziell Leistungsberechtigten einschätzt.“ Dabei würden häufig gravierende gesundheitliche Probleme übersehen oder falsch bewertet. Nur medizinisch ausreichend geschultes Personal, vor allem Ärztinnen und Ärzte, könnten körperliche und seelische Krankheiten adäquat erkennen und angemessene Maßnahmen in die Wege leiten. In diesem Zusammenhang verweist der Ärzte-Präsident auf entsprechende Regelungen in Hamburg und Bremen. Dort erhalten Flüchtlinge im Gegensatz zu anderen Bundesländern über eine Gesundheitskarte Zugang zur regulären gesundheitlichen Versorgung. „Das brauchen wir eigentlich bundesweit“, so Montgo-

mery. Er bekräftigt damit eine Forderung des 118. Deutschen Ärztetags. Der hatte sich dafür ausgesprochen, den Zugang zu Gesundheit und Bildung unabhängig von Aufenthaltsstatus und Alter zu gewährleisten. Eine Gesundheitskarte für alle Flüchtlinge beuge dramatischen Notfällen oder Fehleinschätzungen vor, vermeide überflüssige Bürokratie und spare dadurch Kosten. Für „sehr problematisch“ hält Montgomery Röntgenuntersuchungen zur Altersfeststellung von Flüchtlingen. Anders als Juristen glaubten, ließe sich das Alter mit medizinischen Methoden nicht genau feststellen. Außerdem stelle das Röntgen einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Flüchtlinge dar.


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FLÜCHTLINGE CHRISTIAN BERGER

Christian Berger, Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK)

akuter Erkrankungen, und auch dies nur nach behördlicher Genehmigung

Lückenlose Versorgung von Asylbewerbern Die große Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern und deren gesundheitlicher Zustand erfordern neue Wege bei der medizinischen und zahnmedizinischen Betreuung sowie eine zusätzliche adäquate Finanzierung. In einigen Bundesländern erhalten Flüchtlinge über eine Gesundheitskarte Zugang zur regulären gesundheitlichen Versorgung. In anderen Bundesländern – wie in Bayern – wird über das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) lediglich die ärztliche wie auch die zahnärztliche Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände gewährleistet. Sogenannte „geduldete“ Asylbewerber erhalten diese Leistungen nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist (§ 1a AsylbLG). Nun hat sich der Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer

(BLZK), Christian Berger, Kempten, dafür ausgesprochen, Flüchtlinge und Asylbewerber in den Praxen nicht nur in Schmerzfällen zu betreuen: „Eine an die zahnärztliche Erstbehandlung anschließende endodontologische, konservierende oder prothetische Behandlung ist derzeit nicht vorgesehen. Das bringt den Zahnarzt unter Umständen in Konflikt, Zähne zu entfernen, die erhalten werden könnten. Die Erfolge der Zahnärzteschaft bei der Vorbeugung von Erkrankungen zeigen deutlich auf, dass Vorbeugen auch preiswerter ist als die Versorgung von Spätschäden. Prophylaxe bei Kindern, Frühversorgung von Karies, die noch nicht schmerzhaft ist, und eine präventionsorientierte Zahnmedizin – all das wird bei der Behandlung von Flüchtlingen nicht vergütet. Gleiches gilt für die Vor-

beugung und Behandlung von Parodontitis und viele andere Leistungen, die zum Standard einer zeitgemäßen Zahnheilkunde zählen. Einfache prothetische Versorgungen sollten nach einer Karenzzeit ohne großen bürokratischen Genehmigungsaufwand erlaubt sein.“ Diese Behandlungen nicht durchzuführen, verschärfe in vielen Fällen das Problem. Berger: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass eine große Zahl der allein in diesem Jahr rund 800 000 Flüchtlinge und Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, dauerhaft in unserem Land bleiben. Wenn wir sie zahnmedizinisch heute nur in Schmerzfällen betreuen, werden die Spätschäden ausgebliebener Versorgung künftig teurer sein als deren Frühbehandlung. Dabei ist selbstverständlich, dass diese Leistungen nicht aus den bestehenden Budgets der Krankenkassen finanziert werden können.“

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Foto: medicoreha

GESUNDHEITSFÖRDERUNG

Gesunde Mitarbeiter, gesunde Unternehmen Grundvoraussetzung für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sind gesunde und motivierte Mitarbeiter

Grundvoraussetzung für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sind gesunde und motivierte Mitarbeiter – speziell vor dem demografischen Hintergrund einer älter werdenden Belegschaft. Fehlzeiten führen zu Überlastungen von gesunden Mitarbeitern, Überlastungen führen zu weiteren Fehlzeiten. Viele Unternehmen haben diesen Teufelskreis erkannt und fördern systematisch die körperliche und seelische Gesundheit ihrer Angestellten. Der langfristige Erhalt der Leistungsfähigkeit ist ein wichtiger Bestandteil für den Unternehmenserfolg. Unternehmen, die das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten nicht pflegen, haben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Probleme, sich im Wettbewerb mit Konkurrenten zu behaupten. Negative Folgen sind krankheitsbedingte Fehlzeiten, innere Kündigung oder Fluktuation.

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Politik setzt neue Impulse Viele Unternehmen wissen, wie sinnvoll eine systematische Förderung der Mitarbeiter-Gesundheit ist, an der Umsetzung hapert es jedoch häufig. Die Hemmschwellen liegen bei den Anfangsinvestitionen sowie der Vernetzung mit qualifizierten Leistungserbringern. Hier setzt die Politik jetzt neue Impulse: Durch den Referentenentwurf zum Präventionsgesetz sowie die Änderungen im fünften Sozialgesetzbuch sollen die Krankenkassen aktiver werden in der Förderung von Netzwerken für die Arbeitnehmer-Gesundheit und mehr Mittel bereit stellen. Es erfolgt eine Erhöhung der Leistungen für Gesundheitsförderung durch Krankenkassen von derzeit 3,17 auf 7 Euro pro Jahr in 2016 – ein Mindestbetrag von 2 Euro je Versicherten soll für Leistungen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGM) aufgewendet werden. „Wir begrüßen diese Ent-

wicklung sehr“, sagt Dieter Welsink, Geschäftsführender Gesellschafter der medicoreha Welsink Unternehmensgruppe, die seit über 20 Jahren Gesundheitsförderung für Betriebe anbietet. „Mithilfe der Krankenkassen erhoffen wir uns einen besseren Zugang und eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit Unternehmen“, so Dieter Welsink. „Viele Unternehmen setzen zwar erste Impulse mit jährlichen Gesundheitstagen oder einzelnen Wirbelsäulen-Gymnastik-Kursen, die Wirkung solch einzelner Maßnahmen verpufft aber recht schnell. Wirklich sinnvoll ist eine analytische-fundierte Zusammenarbeit, von der Gesundheitsförderung, hin zum Gesundheitsmanagement.“

Warum Gesundheitsförderung nicht ausreicht Was hilft Mitarbeitern gesund und leistungsfähig zu bleiben? Diese Frage soll-


GESUNDHEITSFÖRDERUNG

te sich der Verantwortliche, der Maßnahmen für seine Mitarbeiter plant, nicht nur selber stellen, sondern an die Mitarbeiter richten. Und zwar an jeden einzelnen, aus jeder Abteilung. „Ich bekomme häufig Anrufe von Firmen, die z.B. einen Laufkurs für Ihre Mitarbeiter anbieten möchten“, sagt Stefanie Baselt, Ansprechpartnerin für Betriebliche Gesundheitsförderung bei medicoreha. „Wenn ich dann nachfrage, ob die Mitarbeiter sich aktiv für diesen Kurs entschieden haben, kommt oft die Antwort, dass dies von der Geschäftsführung entschieden worden und die direkte Anfrage bei den Mitarbeitern viel zu aufwändig sei.“ Solche Aktionen könnte man auch als „Alibi-BGM“ bezeichnen, also Maßnahmen gegen das schlechte Gewissen. „Ähnlich, wie im klassischen Projektmanagement hilft es Unternehmen weg von einzelnen Gesundheitsförderungs-Maßnahmen hin zur systematischen Vorgehensweise des GesundheitsManagements zu gehen:

Maßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement Am beliebtesten sind Maßnahmen im Bewegungsbereich. Doch um die Gesundheit der Mitarbeiter umfassend zu fördern, stehen zusätzlich die Bereiche Ernährung, Ergonomie und Stressbewältigung/Verbesserung der psychischen Gesundheit zur Verfügung. Ebenfalls beachtet werden sollten zwischenmenschliche Bereiche, wie Wertschätzung, Kommunikation und Führungsstil. Am effektivsten ist die Abstimmung der Bereiche aufeinander. So können bestimmte Bewegungsprogramme zur Stressbewältigung beitragen oder ein Exkurs in die Ernährungspsychologie helfen nach-

haltig, das Essverhalten umzustellen. Als ersten Impuls zur Einführung eines langfristigen BGM-Programms bietet sich ein Aktionstag an, bei dem die Mitarbeiter verschiedene Bereiche ausprobieren können, um sich im Anschluss für passende, langfristige Maßnahme entscheiden zu können. Um Erfolge für Unternehmen und Mitarbeiter sichtbar zu machen und um individuelle Zielsetzungen fest zu legen, eignen sich Screening-Verfahren.

Plan Gesundheit Plan Gesundheit ist ein Modellprojekt der Deutschen Rentenversicherung (DRV), das sich seit den ersten Tests im Jahre 2010 bewährt hat. Der Ansatz

liegt in der Prävention von langfristigen Gesundheitsschäden. Gedacht ist es für Versicherte im Berufsleben mit ersten gesundheitlichen Auffälligkeiten, wie Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Gelenkproblemen oder psychischer Belastung. Herausragend sind die komplette Kostenübernahme durch die DRV und die Ganzheitlichkeit des Programms. Bei Plan Gesundheit werden die Bereiche Bewegung, Ernährung, Ergonomie und Stressbewältigung in einem 6-monatigem Programm auf theoretische und praktische Weise vermittelt. Ziel ist es, den Teilnehmern so viel Wissen und Selbstverantwortung mit auf den Weg zu geben, dass diese nach Beendigung des Programms selbstständig ein regelmäßiges Training fortsetzen, idealerweise lebenslang. Solche Programme von Kostenträgern, wie der DRV und den Krankenversicherungen bieten den Vorteil, von qualifizierten Leistungserbringern durchgeführt zu werden. Meist handelt es sich um Einrichtungen, die die Kriterien der Renten-, Kranken- und Unfallversicherungen erfüllen und unter ärztlicher Leitung stehen.

Die medicoreha Welsink Unternehmensgruppe bietet an 11 Standorten im Rhein-Kreis Neuss, Köln und Mönchengladbach Programme zur Betrieblichen Gesundheitsförderung/Management an. Zusätzlich entsteht gerade ein Programm speziell für kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region. Dieses wird in Zusammenarbeit mit der IHK Mittlerer Niederrhein, Krankenkassen und Borussia Mönchengladbach erstellt und im Institut für Betriebliches Gesundheitsmanagement in der medicoreha Borussia Mönchengladbach GmbH umgesetzt werden.

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KOLUMNE KOMMENTAR Liebe Leserinnen und Leser, am 2. Juli 2015 habe ich nach knapp 13 Jahren meine vorerst letzte Rede im Deutschen Bundestag zur Gesundheitspolitik gehalten. Leider wird dieses Politikfeld immer noch stark unterschätzt, dabei bewegen die dort diskutierten Themen hunderttausende Menschen jeden Tag. Der Hausarztmangel, die Bedingungen im Krankenhaus und bei der Pflege oder die Höhe der Zuzahlung in der Apotheke sind solche Themen. An manchem Montagmorgen sitzt immerhin jeder 12. Deutsche im Wartezimmer einer Arztpraxis. Dabei geht es um viel: Um das Gefühl, optimal versorgt zu werden etwa in einer schwierigen Lebenslage oder um die Sorge vor stark steigenden Kosten und Beiträge. Insbesondere in einer Zeit, in der wir weniger und immer älter werden, ist das ein nicht immer leichter Spagat. Schließlich wollen wir uns auch noch in 20 oder 30 Jahren auf unser Gesundheitssystem verlassen können. Die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen ist manchmal anstrengend, immer spannend, in jedem Fall aber hochpolitisch. Wer die Gesundheitspolitik eine Zeit lang mitgestaltet hat, den überrascht in der Politik so schnell nichts mehr.

auf die Zukunft vorbereitet. Besonders wichtig ist mir unser Baby, das AMNOG, das Phantasiepreise für neue Arzneimittel nach vielen Jahrzehnten endlich beendet hat.

Ich glaube, wir haben den Job in den vergangenen Jahren nicht ganz schlecht gemacht. Von den beiden Versorgungsgesetzen, mit der wieder mehr Ärzte für eine Tätigkeit auf dem Land motiviert werden sollen, über die Finanzreform, mit der der Konflikt um Kopfpauschale oder Einheitsversicherung nach einem Jahrzehnt endlich beigelegt wurde, bis hin zur Einführung eines Pflegevorsorgefonds und einer privaten Pflegevorsorge konnten wir vieles umsetzen, das unser Gesundheitssystem

Alles Gute,

Ich freue mich auf die Möglichkeit im Bundesministerium der Finanzen nun in einem anderen Politikfeld mitmischen zu dürfen. Und ich bin mir sicher, dass mir die Erfahrungen aus der Gesundheitspolitik dabei helfen werden. Die Herausforderungen sind enorm: Den ausgeglichenen Haushalt nicht nur zu erreichen, sondern über Jahre hinweg zu halten, die Schuldenkrise in Europa überwinden und mit der EU das größte Friedensprojekt in der Geschichte weiterentwickeln - und natürlich die Auswirkungen der Digitalisierung auf alle Bereiche der Gesellschaft als Chance gestalten. Packen wir es an!

JENS SPAHN

Ihnen möchte ich für Ihre konstruktiv-kritische Begleitung meiner Arbeit in den letzten Jahren danken!

Ihr Jens Spahn

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren Der Politikwissenschaftler gehört seit 2002 dem Deutschen Bundestag an. Seit 2009 war er gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender Landesvorsitzender des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen. Seit Juli 2015 ist er Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium

Impressum Herausgeber und Verlag GK Mittelstands Magazin Verlag GmbH Günter F. Kohl Gärtnerkoppel 3 24259 Westensee/ Kiel Tel. 04305-992992 / Fax 04305-992993 E-Mail: gkprkiel@t-online.de

Redaktion Tim A. Küsters redaktion-ampuls@gmx.de

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Anzeigenschluss: 15. Oktober 2015

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Abonnement Einzelheft: 24,- Euro pro Jahr bei 4 Ausgaben

Internet: www.issuu.com/ampuls Satz und Layout: Walter Katofsky, Kiel Druck: UBG Rheinbach

Das Magazin am puls erscheint viermal im Jahr jeweils zur Mitte eines Quartals.


© Fathema Murtaza

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