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Jahrgang 11

20348

5,00 Euro

MAGAZIN FÜR

POLITIK UND GESUNDHEIT

EUROPAWAHL AM 25. MAI

Weichenstellung für die gemeinsame Zukunft

Sebastian Kurz Europa und Integration

S. 12

Armin Laschet Gut für NRW, gut für Europa

S. 14

Christine Clauß Gesundheitswirtschaft in Sachsen S. 18


Caring and curing Caring and curing Leben retten und Gesundheit

Leben retten und ist Gesundheit verbessern – das unser Ziel. verbessern – das ist unser Ziel.

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EDITORIAL

Neue Führung – gleiche Probleme Am 28.02.2014 wählte die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) den Düsseldorfer Arzt Dr. Andreas Gassen zum Nachfolger von Andreas Köhler und damit zum neuen Vorstandsvorsitzenden. Dr. Gassen hat damit nicht nur ein schweres Amt angetreten. Er hat auch die nicht unerheblichen Probleme seines Vorgängers geerbt. Seit Jahren tobt innerhalb der KBV ein Kampf zwischen Haus- und Fachärzten. Andreas Köhler ist auch daran gescheitert, dass er im eigenen Haus kaum Rückendeckung hatte und die unterschiedlichen Standpunkte im Vorstand fast ausschließlich medial ausgetragen wurden. Sein Nachfolger hat nun die scheinbar unlösbare Aufgabe, die verschiedenen Interessengruppen hinter sich zu bringen und ein Bild der Geschlossenheit zu vermitteln. Dabei läuft aber bereits heute alles darauf hinaus, dass gerade die Hausärzte ihre eigene KV anstreben, losgelöst von allen Zwängen und nur für sich alleine verantwortlich. Ob Andreas Gassen in der Lage sein wird, dies aufzuhal-

ten, darf zumindest angezweifelt werden. Zu tief scheint der Riss und das Misstrauen zwischen Haus- und Fachärzten, man ist eigentlich nur noch mit sich selbst beschäftigt und verliert sich zusehends in einer unübersehbaren Flut von Anträgen und gegenseitigen Vorwürfen.

INHALT 4 Wohnortnahe Behandlung

Ländlich Räume nicht benachteiligen, fordert Georg Kippels, MdB

5 Ambulante Versorgung

Über neue Lösungen berichtet Thomas Wingerath

6 Wahlrecht und Volljährigkeit

Wahlrechtsfragen sind Machtfragen, meint Stephan Eisel

8 Mythos Europa

MdEP Herbert Reul zur Europawahl am 25. Mai

Es bleibt abzuwarten, wohin das alles führen wird. Hoffentlich nicht in eine eigene Hausarzt-KV; damit verbunden wäre noch mehr Bürokratie mit einer weiteren Standesvertretung mit noch mehr Honorarverteilungskämpfen und einem immer größeren Misstrauen innerhalb der Ärzteschaft.

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Letztlich hilft das vor allem den Patientinnen und Patienten nicht weiter. Die haben von alle dem keine bessere Versorgung und oben drein auch noch einen unzufriedenen Arzt. Das kann und darf aber nicht das Ziel für die Zukunft sein. Alternative kann aber auch nicht sein, der Politik den Versorgungsauftrag vor die Füße zu schmeißen und sich damit letztlich selbst überflüssig zu machen. Das wäre nämlich das Ergebnis einer solchen Kurzschlusshandlung.

20 Berlin auf Kurs

Dr. Mathias Höschel und Frank Rudolph, Herausgeber

Der neue österreichische Außenminister Sebastian Kurz schreibt exklusiv für am puls

14 Die Wahl: Europa und NRW

Armin Laschet, MdL über die Bedeutung des 25. Mai

16 Grenzen des Wachstums

Für die Versöhnung von Markt und Mensch plädiert Peter Weiß, MdB

18 Gesundes Sachsen

Den „Gesundheitsstandort Sachsen“ beschreibt Ministerin Christine Clauß, MdL Eine Bilanz der Regierungsbeteiligung zieht Florian Graf, MdA

22 Kommentar

Die Formel für ein gutes Gesundheitssystem erläutert Jens Spahn, MdB

22 Impressum

Syndikus: Anwalt zweiter Klasse?

Das Bundessozialgericht hat am 03. April über die Befreiung von Syndikusanwälten von der Rentenversicherungspflicht entschieden. In drei Fällen stellten die Richter fest, dass eine Befreiung von abhängig beschäftigten Anwälten nach § 6 Abs. 1 SGB VI nicht zulässig ist. Das Gericht bestätigte damit eine seit Jahren willkürlich ausgeübte Praxis der Deutschen Rentenversicherung. Anwälte, die bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern beschäftigt sind, müssen damit sowohl in das anwaltliche Versorgungswerk, als auch in die Deutsche Rentenversicherung einzahlen. Das Urteil mehrt damit auch Zweifel an der zukünftigen Befreiung von Ärzten und Apothekern, die z. B. in der Forschung in Unternehmen beschäftigt sind. Fazit: Das Bundessozialgericht stärkt die höchst umstrittene Zwei-Berufe-Theorie. Der Gesetzgeber sollte hier zugunsten der freien Berufe eine Änderung des SGB VI herbeiführen. Hat die GroKo den Mut dazu? Vielleicht richtet es dann doch besser Karlsruhe.

Tim A. Küsters, 31, ist Justiziar der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein und Chefredakteur von am puls

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Wohnortnahe stationäre Behandlung gewährleisten

Ländliche Räume haben ein zunehmendes Problem, ihre medizinische Versorgung auf dem notwendigen Niveau aufrecht zu erhalten

Schon lange vor meinem Einzug in den Deutschen Bundestag befasste ich mich auf kommunalpolitischer Ebene mit der zunehmenden Problematik der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Die Sicherstellung einer guten, flächendeckenden und bedarfsgerechten medizinischen Versorgung der Bevölkerung ist auch vor dem Hintergrund der Leitvorstellung des Bundes und der Länder der „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ (Art. 20 GG) ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen. Die Schwellenwerte für regionale Über- und Unterversorgung werden durch die „Bedarfsplanungsrichtlinien“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung definiert.

Ländliche Räume haben ein zunehmendes Problem, ihre medizinische Versorgung auf dem notwendigen Niveau aufrecht zu erhalten, gleichzeitig erhöht sich, bedingt durch den demografischen Wandel und einer alternden Bevölkerungsstruktur in ruralen Regionen, ihr Bedarf an medizinischen Leistungen. Sowohl die ambulante als auch die stationäre medizinische Versorgung außerhalb von Ballungsräumen kann schon heute nicht mehr als bedarfsdeckend bezeichnet werden. Diese Situation wird sich ohne innovative Versorgungskonzepte in Zukunft weiter zuspitzen. Die beschriebe-

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nen Entwicklungen machen es erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, die der Unterversorgung in den peripheren Räumen entgegenwirken. Es ist nicht davon auszugehen, dass in einem vertretbaren Zeitraum ausreichend Ärzte im ländlichen Raum zur Verfügung stehen werden. Die Ärzteschaft wird älter, und den frei werdenden Stellen steht nicht genügend Nachwuchs gegenüber. Schon während des Studiums gibt es einen Schwund von etwa 40 Prozent der Studierenden, die nicht ihren „Arzt im Praktikum“ antreten. Zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung medizinischer Leistungen haben wir im Koalitionsvertrag eine weitere Förderung der Ansiedlung von Ärzten durch geeignete Anreizmechanismen verankert. Unnötige Bürokratiebarrieren werden wir abbauen und die Möglichkeit zur Zulassung von Krankenhäusern in peripheren Gebieten erleichtern. Das Gesamtsystem der medizinischen Versorgung muss vor allem durchlässiger und flexibler werden. Zusammenarbeit und Vernetzung sind dabei die entscheidenden Stichworte. Erfolgversprechende Konzepte gibt es schon heute. Ein Beispiel gelungener Kompetenzbündelung und Kooperation

Foto: Guenter Hamich_pixelio.de

MEDIZINISCHE VERSORGUNG in der stationären Versorgung im ländlichen Raum ist der seit 2009 bestehende Klinikverbund Erft GmbH in meinem Wahlkreis. Eingegliedert wurden das St. Katharinen-Hospital in Frechen für die Grund- und Regelversorgung sowie die akademisch-medizinische Ausbildung, das St. Hubertus-Stift in Bedburg mit den Fachdisziplinen Chirurgie und Innere Medizin, als auch das St. Katharinen-Stift und das St. Katharinen-Hospiz. Durch dieses gemeinsame Versorgungskonzept ist eine wohnortnahe stationäre Behandlung auch in der Fläche gewährleistet. Dennoch braucht es für ein zukunftsfähiges Versorgungsnetz weitere innovative Antworten, die trotz zunehmender Landflucht eine flächendeckende medizinische Versorgung sicherstellen. Der demografische Wandel muss dabei als Chance verstanden werden, neue medizinische Versorgungskonzepte zu implementieren. Dazu gibt es zahlreiche Beispiele, die im Ausland schon Anwendung finden. Ambulante medizinische Leistungen müssen näher an den Menschen gebracht werden, so z.B. über Außensprechstunden. Modelle einer Unterstützung durch mobile Krankenschwestern und das Potenzial der Telemedizin muss außerdem effektiver genutzt werden. Ein Umdenken ist bereits erfolgt und wir werden diesen Weg konsequent weiterverfolgen, um unserer staatlichen Aufgabe der Daseinsvorsorge gerecht zu werden.

DR. GEORG KIPPELS

Dr. Georg Kippels, MdB, ist 54 Jahre alt, beheimatet im Rhein-Erft-Kreis, stellv. Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages


Foto: Impulse der patiodoc AG

ÄRZTEMANGEL

Der Arbeitsausschuss Arbeit, Gesundheit und Soziales (AGS) der CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen informiert sich zu neuen Konzepten gegen den sich abzeichnenden Ärztemangel in ländlichen Regionen

Neue Lösungen für die ambulante Versorgung Das Ausmaß des Problems Ärztemangel ist hinlänglich bekannt, gestritten wird dennoch über die Details: GKV und KBV beziffern die Zahl der zum Ausgleich der Unterversorgung nötigen Ärzte unterschiedlich hoch. Dabei ist längst klar, dass der vor allem in ländlichen Regionen drohende medizinische Versorgungsmangel auf strukturelle Umwälzungen zurückzuführen ist. Angesichts einer steigenden Nachfrage nach ärztlicher Versorgung und dem dieser Nachfrage nicht entsprechenden Angebot können sich Ärzte immer mehr den Standort, die Einrichtung sowie die Arbeitsbedingungen aussuchen. Dies gilt in zunehmendem Maße auch für Nordrhein-Westfalen und bedeutet, dass in bestimmten Regionen der Zugang zur medizinischen Versorgung in der gewohnten Qualität kaum mehr aufrechterhalten werden kann. Konkrete Lösungen sind daher gefragt, wie es u. a. das Dienstleistungsunternehmen patiodoc aus Berlin anbietet.

„Es braucht tragfähige Lösungen und enge Kooperationen, die eine wohnortnahe und leistungsfähige ambulante Versorgung sichern. Das wird nur zu erreichen sein, wenn Mediziner die Voraussetzungen dafür finden. Unser

Produktportfolio bietet Lösungen und reagiert auf die wandelnden Erwartungen von vor allem jungen Medizinern“, sagt Ralf Sjuts, Vorstandsvorsitzender der patiodoc AG, in der Diskussion mit dem Arbeitsausschuss Arbeit, Gesundheit und Soziales der CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen. So betreiben und unterstützen die Berliner kooperativ und integriert arbeitende medizinische Einrichtungen. Mit ihrem Dienstleistungsportfolio von kaufmännischer Leitung über Praxismarketing bis hin zum Rechnungswesen und der Buchhaltung organisieren sie die Strukturen der ärztlichen Zusammenarbeit. patiodoc betreibt und initiiert erste Arztpraxen und MVZs, in denen Mediziner ohne finanzielles Risiko ambulant tätig werden können. Zudem rekrutiert man Ärzte im ambulanten Sektor für Vorhaben der KVen, Gemeinden und anderen Versorgungsunternehmen. Konkret wurde Sjuts am Beispiel des niedersächsischen Sögel im Emsland. Knapp 7.500 Einwohner, viel Natur und Kulturlandschaft, eine beschauliche kleine Gemeinde eben, aber nicht

die große Verlockung für Mediziner. Dennoch ist es dem Berliner Unternehmen gelungen, in diesem Jahr einen Hausarzt für den unterversorgten kleinen Ort zu finden. Der Hausarzt wird in der von der Gemeinde errichteten Immobilie in der Stadtmitte, in der dann die Praxis unter der Regie der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) untergebracht wird, praktizieren. Interessant, patiodoc stellt nach Genehmigung durch die KVN den Arzt in dieser Eigeneinrichtung mit einem Festgehalt an. Zudem sind das nicht ärztliche Personal und die Praxisausstattung Bestandteil des Konzeptes. Nicht zuletzt mit der Initiative „Wir wollen den Arzt vor Ort“ der CDULandtagsfraktion konnten die teilnehmenden Arbeitskreismitglieder die hohe Bedeutung des Themas nur unterstreichen. Eigene Erfahrungen sowie bereits initiierte Aktivitäten vor Ort ergänzten sich mit den Impulsen, die durch die patiodoc AG gegen Ärztemangel und abzeichnende Unterversorgung gegeben wurden. Es wird abzuwarten sein, welche neuen innovativen Versorgungsansätze sich auch in Nordrhein-Westfalen etablieren werden.

DR. THOMAS WINGERATH

Dr. Thomas Wingerath, Jahrgang 1966, zwei Kinder. Studium der Chemie an den Universitäten Köln und Düsseldorf. Seit 2008 für die Novartis Pharma GmbH im Bereich Gesundheitspolitik und Krankenkassenmanagement tätig

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Foto: Dieter Schütz_pixelio.de

WAHLALTER

Klarheit statt Willkür:

Das Wahlrecht gehört zur Volljährigkeit Andere Altersgrenzen für das Wahlrecht als die Volljährigkeit sind willkürlich und damit leichte Beute für parteipolitische Opportunitätsüberlegungen

Wahlrechtsfragen sind Machtfragen. Das gilt z. B. für die Entscheidung über Mehrheits- oder Verhältniswahlrecht, den Zuschnitt und die Größe von Wahlkreisen, den Umgang mit Überhangmandaten, Modalitäten der Briefwahl oder die Zulässigkeit der Stimmabgabe per Internet. Über all dies wird in der Demokratie regelmäßig und heftig gestritten, denn es kann umso entscheidender für den Ausgang einer Wahl sein umso knapper die Ergebnisse sind.

Vor diesem Hintergrund hat in den letzten Jahren in Deutschland auch die Debatte um eine Absenkung des Wahlalters an Tempo aufgenommen. Sie zeichnet sich freilich mehr durch Glaubensbekenntnisse als durch sachorientierte Argumente aus. Dies hat damit zu tun, dass sich manche von einer Senkung des Wahlalters Vorteile bei Wahlen versprechen und andere Nachteile befürchten.

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Tatsächlich geht es bei der Festlegung des Wahlalters aber um die Anwendung allgemein akzeptierter Kriterien, die frei von politischem Manipulationsverdacht sind. Dabei ist die Verknüpfung von Wahlrecht und Volljährigkeit die plausibelste Regelung. Es ist deshalb kein Zufall, dass in fast allen demokratischen Ländern das aktive Wahlalter an die Volljährigkeit (in der Regel 18 Jahre) geknüpft ist. Von den weltweit etwa 80 als Demokratien anerkannten Ländern haben nur vier haben das aktive Wahlalter unter 18 Jahre gesenkt: Argentinien, Brasilien und Österreich auf 16 Jahre, Indonesien auf 17 Jahre. Ansonsten wurde dieser Weg nur in autoritären Staaten und Diktaturen gewählt: Ecuador, Kuba, Nicaragua und Nordkorea mit 16 Jahren und sowie der Sudan und Osttimor mit 17 Jahren. In einer Demokratie konkretisiert sich der innere Zusammenhang zwischen Wahlalter

und Volljährigkeit in der Frage, warum jemand über die Geschicke der Gesellschaft mitentscheiden soll, den diese Gesellschaft noch nicht für reif genug hält, seine eigenen Lebensverhältnisse selbstständig zu regeln. Eine Entkoppelung von Wahlberechtigung und Volljährigkeit löst Bürgerrechte wie das Wahlrecht von den Bürgerpflichten, die zur Volljährigkeit gehören. Vornehmste Bürgerpflicht ist nämlich die Übernahme der vollen Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns wie sie mit der durch die Volljährigkeit gewährten vollständigen Entscheidungsfreiheit des Bürgers einsetzt. Es ist vor diesem Hintergrund kein Zufall, dass alle (!) bisher vorliegenden Umfragen zeigen, dass 16/17-jährige Jugendliche mehrheitlich eine Absenkung des Wahlalters ablehnen. Sie haben offenbar ein feines Gespür dafür, das sich Rechte und Pflichten des Staatsbürgers in einer Balance befinden müssen. Erwachsene sollten das ernst nehmen anstatt Minderjährige in der Hoffnung auf den eigenen politischen Vorteil zwangszubeglücken. Die Wahlberechtigung für Minderjährige ist ein Widerspruch in sich, weil sie das Wahlrecht von der Lebens- und Rechtswirklichkeit abkoppelt: Wer 16 Jahre alt ist, darf zwar Mofa fahren, aber ohne Begleitung eines Erwachsenen kein Auto lenken, zwar Bier trinken, aber keine hochprozentigen Alkoholika und ohne Erlaubnis der Eltern eine Diskothek nur bis Mitternacht besuchen. Heiraten darf man zwar ab 16, aber nur wenn ein Familiengericht dazu die Genehmigung erteilt und der Ehepartner bereits volljährig ist. Kaufverträge, die von Jugendlichen unter 18 Jahren geschlossen werden sind nach dem sog. „Taschengeldparagraph“ (§ 110 BGB) nur wirksam, wenn sie aus Mitteln bezahlt werden, die von den Erziehungsberechtigten überlassen wurden. Es ist auffällig, dass auch die Befürworter einer Absenkung des Wahlalters an diesen Alterseinschränkungen nichts ändern wollen. Sie plädieren nicht für eine Absenkung der Volljährigkeit. Stattdessen vertreten sie oft Thesen, die in der Fachwelt längst widerlegt sind, aber vor allem im Blick auf das Wahlrecht keine Rolle spielen sollten.


WAHLALTER Dazu gehört die Behauptung, Jugendliche seien im Blick auf ihre Urteilsfähigkeit auch vor der Volljährigkeit reif genug, an Wahlen teilzunehmen. Eine „Wahlreifebeurteilung“ wird aber auch bei Erwachsenen nicht vorgenommen. Ähnliches gilt für ein behauptetes hohes Politikinteresse minderjähriger Jugendlicher: Angenommenes Politikinteresse ist in der Demokratie keine Voraussetzung der Wahlberechtigung. Auch das Argument, eine Senkung des Wahlalters würde die Wahlbeteiligung beeinflussen, ist sachfremd: Das Wahlrecht in der freiheitlichen Demokratie besteht unabhängig davon, ob es tatsächlich ausgeübt wird und wie hoch die Wahlbeteiligung ist. Wie willkürlich die Abkoppelung des Wahlalters von der Volljährigkeit ist, zeigt sich auch daran, dass sich die Debatte einseitig auf das aktive Wahlrecht beschränkt und das passive Wahlrecht ausspart. Die Befürworter einer Senkung des aktiven Wahlalters müssen sich aber fragen lassen, warum sie Jugendlichen das Recht verwehren wollen, Gleichaltrige zu wählen. Sie müssten dazu freilich die Absenkung der Volljährigkeitsgrenze vorschlagen, denn für Minderjährige lässt sich die Freiheit des Mandats wegen des Interventionsrecht von Erziehungsberechtigten nicht garantieren. Das Kriterium der Volljährigkeit schützt auch vor Willkür bei der Festlegung des Wahlalters je nach eigener politischer Inte-

ressenlage: Diese Gefahr spiegelt sich in der Vielzahl von Vorschlägen unterschiedlicher Altersgrenzen: SPD und Grüne wollen eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Bundesjugendring und Kinderhilfswerk plädieren für eine Grenze bei 14 Jahren. Die Piratenpartei hat im Berliner Abgeordnetenhaus eine Absenkung auf 7 Jahre beantragt. Die Jugendorganisationen von Piraten und Grünen wollen sogar jede Altersgrenze abschaffen Dieser parteipolitisch motivierten auf den eigenen Vorteil bedachten Festlegung des Wahlalters steht die Klarheit der Verknüpfung von Wahlalter und Volljährigkeit gegenüber, die auch von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen ist: 0 Es ist ein offenkundiger Widerspruch jemanden vor der Volljährigkeit die uneingeschränkte Entscheidungshoheit über das eigene Leben zu verweigern, ihm aber zugleich die volle Entscheidungsgewalt über Fragen der Gesellschaft insgesamt zu übertragen.

0 Nur mit der Koppelung an die Volljährigkeit kann für aktives und passives Wahlrecht die gleiche Altersgrenze gelten und das Recht zu Wählen dem Recht Gewählt zu werden entsprechen. Diesen Konsens zu unterlaufen, schwächt die Bindungskraft der Spielregeln, über die in einer Demokratie Konsens herrschen muss, um Konflikten und ihrer friedlichen Lösung den notwendigen Raum geben zu können.

STEPHAN EISEL

0 Erst mit der Volljährigkeit übernimmt der Staatsbürger die volle Verantwortung für das eigene Handeln und seine Folgen. Es ist schlüssig, dass die vollen staatsbürgerlichen Rechte auch den tatsächlichen staatsbürgerschaftlichen Pflichten entsprechen.

Dr. Stephan Eisel (1955) hat Politik- und Musikwissenschaft studiert und ist Projektleiter in der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er war Redenschreiber und stv. Leiter des Kanzlerbüros bei Helmut Kohl, bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages, ist verantwortlich für mehrere Internet-Blogs und Autor mehrerer Bücher. Die von ihm verfasste ausführliche Studie „Wählen mit 16?“ kann kostenlos angefordert werden unter stephan.eisel@kas.de

0 Andere Altersgrenzen für das Wahlrecht als die Volljährigkeit sind willkürlich und damit leichte Beute für parteipolitische Opportunitätsüberlegungen.

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EUROPAWAHL

Foto: Fotolia

EUROPA zwischen Mythos und Wahrheit

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Die Europapolitik hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Aufmerksamkeit ist enorm gestiegen. Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise haben die politischen Tagesordnungen in allen Mitgliedstaaten geprägt. Europa war eins der maßgeblichen Themen im letzten Bundestagswahlkampf. Angela Merkel ist gerade auch wegen Ihrer erfolgreichen Euro-


EUROPAWAHL papolitik wieder zur Bundeskanzlerin gewählt worden. Gleichzeitig haben zuletzt aber auch diejenigen Kräfte Auftrieb bekommen, die den Euro und Europa ablehnen, und meinen, ein Rückzug in den Nationalstaat sei ein Allheilmittel. Futter bekommen sie von manch einem kri-

tischen Bericht in den Medien, über die ein oder andere Entscheidung in Brüssel, die durchaus kritisierbar ist. Denn nicht alles in dem einmaligen Konstrukt „Europäische Union“ ist gut, sondern es gibt auch Abläufe und Entscheidungen, die man durchaus kritisieren kann. Nicht jede EU-Verordnung oder Richtlinie ist unbedingt notwendig oder komplett sinnvoll ausgestaltet. Und trotzdem bleibt Europa für Wohl-

stand und Frieden unverzichtbar, und ohne Europa würde es gerade uns Deutschen viel schlechter gehen. Im Laufe der Jahre sind einige Mythen über Europa entstanden, die sich leider in vielen Köpfen festgesetzt haben. Da sind zum Beispiel die Kosten: Es wird immer gerne behauptet, dass Europa die Steuerzahler vor allem Geld kostet. Vergleicht man aber die Haushalte, sind die Relationen klar: der Bundeshaushalt 2013 betrug 302 Milliarden Euro, der für die EU beträgt pro Jahr etwa 137 Milliarden Euro. Und davon fließt ein

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EUROPAWAHL Großteil an die Mitgliedstaaten zurück. So erhielt Nordrhein-Westfalen zwischen 2007 und 2013 1,3 Milliarden Euro aus der EU-Regionalförderung. Und auch die Verwaltungskosten sind mit 6% des Budgets vergleichsweise gering. Es gibt 55.000 EU-Beamte. Zum Vergleich: Allein die Hansestadt Hamburg beschäftigt 65.000 Beamte. Es ist auch nur bedingt richtig, dass Deutschland der größte Nettozahler ist. Zwar ist die absolute Summe, die Deutschland zum EU-Budget beiträgt, als mit Abstand größter Mitgliedstaat zwangsläufig die höchste, aber pro Kopf sieht es anders aus. Dänemark, Luxemburg, Schweden, Niederlande und Belgien zahlten 2011 deutlich mehr pro Kopf. Ein weiterer Mythos ist, dass Deutschland ohne Euro besser dastünde. Die deutsche Exportwirtschaft profitiert stark von der gemeinsamen Währung. Eine Wiedereinführung der D-Mark käme

einer Selbstschwächung gleich. Denn die DMark wäre im Vergleich zu den anderen, kleineren europäischen Währungen verhältnismäßig sehr stark, und demnach teuer. Das hätte einen direkten Effekt auf die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte, die für andere erheblich teurer und möglicherweise sogar zu teuer würden. Inzwischen gehen 60% aller deutschen Exporte ins EU-Ausland. Ohne Euro wäre dies kaum möglich. Ein Ende der Gemeinschaftswährung würde zwangsläufig Stellenabbau, Stellenverlagerung oder Lohnkürzungen bedeuten. Eine Studie hat zudem ergeben, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in den Jahren 2010 und 2011 50 bis 60 Milliarden geringer gewesen wäre, hätte es den Euro nicht gegeben. Auch deshalb muss sich Deutschland weiterhin für einen stabilen Euro einsetzen. Gerne wird auch berichtet, dass die EU hauptsächlich bürokratische KleinKlein-Regeln wie zur Gurkenkrümmung, Normen von Traktorensitzen oder Olivenölkännchen erlässt. Die Medien stürzen sich gerne auf diese Themen, die zeigen, dass „denen in Brüssel“ nicht ganz zu trauen ist. Und manchmal lässt einen der gesunde Menschenverstand auch an der ein oder anderen Entscheidung zweifeln, bei der etwas mehr Realismus in den Entscheidungsprozessen gut gewesen wäre.

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Denn für Experten sind die kleinteiligsten EU-Regelungen oft sinnvoll. Aus technisch-fachlicher Sicht gibt es auch immer Gründe, die für solch eine EU-Regulierung sprechen. Die berühmte „Gurkenkrümmungsverordnung“ wurde auf Wunsch von Händlern und Bauern eingeführt. Damit hatten sie vergleichbare Produkte für Transport und Verkauf. Doch dann bekam die Öffentlichkeit davon Wind. Dass „die EU“ tatsächlich die Gurkenkrümmung bürokratisch regulierte, ist seitdem das Beispiel schlechthin für überflüssige EU-Regulierung. 2009 wurde sie wegen ihres Symbolwerts zusammen mit zahlreichen weiteren Obst- und Gemüsenormen abgeschafft. Durch Selbstverpflichtung wird die Norm weiter befolgt. Der Imageschaden für die EU bleibt trotzdem bestehen. Beispiel Glühbirne. Durch die sogenannte „Ökodesign-Richtlinie“ wurde die Kommission 2005 ermächtigt, „Regelungen für die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte festzulegen, die ein erhebliches Vertriebs- und Handelsvolumen, erhebliche Umweltauswirkung und ein erhebliches Potential für die Verbesserung ihrer Umweltauswirkung ohne übermäßig hohe Kosten aufweisen“ zu erlassen. Durch diese Hintertür hatte die


EUROPAWAHL Kommission die Möglichkeit, die über ein Jahrhundert lang bewährte Glühbirne zu verbieten. Der damalige deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel hat damals den Anstoß gegeben. Er stieß auf viel Gegenliebe. Nicht nur Umweltverbände jubelten über so viel Bewusstsein für Energieeinsparung und Klimaschutz, sondern die GlühbirnenIndustrie freute sich auch. Damit mussten ihre Neuentwicklungen, wie ausgereift auch immer, irgendwann gekauft werden. Was nicht bedacht wurde: im Gegensatz zu Glühbirnen enthalten sie hochgiftiges Quecksilber, Umweltschäden inklusive. Inzwischen dürfen keine neuen herkömmlichen Glühbirnen in Europa mehr produziert werden und statt harmlosen Glühbirnen hängen nun quecksilberhaltige Energiesparlampen in den meisten Haushalten. Leuchtende Symbole der EU-Regelungswut. Auch wenn es oft technische Argumente für solche kleinteiligen Regelungen gibt, sind sie dennoch Beispiel für Dinge, die in Brüssel falsch laufen. Denn die Öffentlichkeitswirkung von Gurken- oder Staubsaugerregulierung oder Glühbirnenverbot war immer verheerend. Nicht alles muss wirklich europäisch reguliert werden, wenn dadurch in der

Summe eine Stimmung entsteht, die Europa kritisch gegenübersteht. Wir brauchen die Europäische Union, und es gibt genug gute Gründe, sich für ihre Weiterentwicklung einzusetzen. Denn die großen weltweiten Herausforderungen kann man nur kollektiv angehen, und allein besitzt auch Deutschland nicht das Gewicht, globale Entscheidungen entscheidend zu beeinflussen. Als Europäische Union, mit 500 Millionen Menschen, aber können wir das. Wir brauchen diese gebündelten Kräfte um Zukunftsthemen wie Innovation, Forschung, internationalen Handel, Wettbewerbsfähigkeit, Umweltschutz und auch manch eine sinnvolle Regulierungen anzugehen. Denn natürlich gibt es genug wichtige Bereiche, wo mehr EU-Regulierung sinnvoll ist. Die Finanz- und Staatsschuldenkrisen haben deutlich gezeigt, dass die Kontrollstrukturen für Banken und Staatsfinanzen verbessert werden müssen. Wie, wenn nicht europäisch, soll man diese Herausforderungen angehen? Dabei sind schon viele Fortschritte gemacht worden, aber die notwendigen Reformen brauchen trotzdem Zeit und kosten einige Mühen. Diese Anstrengungen werden sich lohnen, genauso wie es sich lohnt, an einem Europa zu arbeiten, dass mit Realismus be-

stehende Probleme erkennt und dafür Lösungen anbietet, anstatt durch teils überflüssige Regulierung neue zu schaffen.

HERBERT REUL MDEP

Herbert Reul, Jahrgang 1952, ist verheiratet und Vater von drei Töchtern. 1985 bis 2004 gehörte er dem Landtag von NRW an. Seit 2004 ist er Mitglied des Europäischen Parlamentes und seit 2012 Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im EP. Er kandidiert am 25.05.2014 als Spitzenkandidat der CDU NRW für das Europaparlament

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EUROPA UND INTEGRATION

Sebastian Kurz hat ein Ministerium geschaffen, das für Europa, Integration und Äußeres zuständig ist

Die Schwerpunkte der neuen österreichischen Außen- und Integrationspolitik

mein Team und ich mit großem Respekt angenommen haben und mit Gestaltungswillen und harter Arbeit wahrnehmen. Gerade durch die Flexibilität und die Expertise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des bisherigen Außenministeriums haben wir es geschafft, schnell die Arbeit aufzunehmen und konnten erste Schwerpunkte definieren.

Das österreichische Pendant zum deutschen Auswärtigen Amt heißt seit wenigen Wochen Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres. Diese Ausweitung der Zuständigkeiten des österreichischen Außenministeriums hat eine Vorgeschichte:

Als unsere außenpolitischen Schwerpunkte sehen wir unsere Arbeit als Dienstleistungseinrichtung für alle Österreicherinnen und Österreicher im Ausland, eine junge Perspektive auf Europa einzubringen und Österreichs als modernes und weltoffenes Land zu präsentieren.

2011 wurde in Österreich erstmals ein Staatssekretariat für Integration als Teil der Bundesregierung eingerichtet. Damit wurde dieses Thema auf Bundesebene aufgewertet und die Möglichkeit geschaffen, anstelle der bisher vorherrschenden Träumerei oder Hetze beim Integrationsthema einen neuen und nachhaltigen politischen Zugang zu etablieren. Als Staatssekretär für Integration konnte ich

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gemeinsam mit meinem Team den Gedanken der „Integration durch Leistung“ in Österreich einführen, der Menschen nicht nach der Herkunft, Religion oder Hautfarbe, sondern nach ihrem Beitrag in der Gesellschaft beurteilt, weiters die Debatte versachlichen und eine Vielzahl von Projekten und konkreten Maßnahmen umsetzen. Im Zuge der neuen Regierungsbildung im Dezember 2013 gab es für mein Team und mich die Möglichkeit, die Integration aufzuwerten und ein Ministerium zu schaffen, das für Europa, Integration und Äußeres zuständig ist. Diese Möglichkeit ist eine große Herausforderung, aber gleichzeitig eine große Chance, die

Ministerium als Dienstleitungs-Einrichtung Der Dienstleistungscharakter unserer Arbeit ist uns nicht nur wichtig, sondern erleichtert den Alltag und Behördenwege für über 500.000 österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im Ausland – ungefähr so viele Menschen wie


EUROPA UND INTEGRATION in Hannover leben. Der größte Teil mit 200.000 Personen lebt in Deutschland. Aber nicht nur Einzelpersonen brauchen unser Service im Ausland, für die wir den Ausbau der ehrenamtlichen Honorarkonsulate forcieren, sondern auch unsere Unternehmen: 45.000 Unternehmen exportieren ins Ausland, 5.5000 haben Standorte im Ausland. Für sie dienen schon jetzt unsere Vertretungsbehörden als Anlaufstellen.

Junger Blickwinkel auf Europa Lange Zeit war die öffentliche Meinung zu Europafragen von Träumerei auf der einen Seite, und von destruktiver Hetze auf der anderen Seite geprägt – und hat zur Verkrustung der öffentlichen Debatte und steigender Skepsis der Österreicherinnen und Österreicher hinsichtlich der Europäischen Union geführt. Wir wollen die Stärken und Schwächen Europas und der Europäischen Union ehrlich ansprechen und stehen für eine sachliche Diskussion. Die europäischen Staaten haben gemeinsame Lösungen für die Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise erarbeitet, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Europa im internationalen Wettbewerb weiter zurückzufallen droht. Intransparente Strukturen, Überregulierung und die ungelöste Schuldenproblematik tragen dazu bei, dass sich speziell junge Menschen von Europa abwenden könnten. In meiner Funktion als Bundesobmann der Jungen ÖVP arbeiten wir hier auch mit unseren internationalen Partnerorganisationen wie der Jungen Union Deutschlands zusammen, um gemeinsam die Stimme der Jungen in Europa zu stärken.

Modernes und selbstbewusstes Österreich Das dritte Anliegen der Außenpolitik, die wir leben wollen, beginnt bereits im Inland. Österreich ist durch den Fleiß und die Anstrengungen seiner Bevölkerung wirtschaftlich erfolgreich geworden. In vielen Bereichen sind österreichische Unternehmen Weltmarktführer und Innovationsmotoren mit einem Bekanntheitsgrad weit über unsere Grenzen hinaus. Hier wollen wir

dafür sorgen, dass mit einer offenen Informationspolitik die Leistungen österreichischer Unternehmen, aber auch unserer Expertinnen und Experten in den Bereichen Wissenschaft und Technik, oder unserer erfolgreichen Sportler und Künstler, im In- und Ausland in den Vordergrund zu rücken. Wesentlicher Grund für den wirtschaftlichen Erfolg ist dabei vor allem der hohe Beschäftigungsgrad unserer Bevölkerung und das System der dualen Berufsausbildung, das zu einer traditionell niedrigen Jugendarbeitslosigkeit bei gleichzeitig optimal ausgebildeten Fachkräften führt. Dieses Know-how ist besonders in Krisenzeiten weltweit gefragt und soll daher auch entsprechend aus Österreich exportiert werden.

EU-Integration des Westbalkans Neben dem Engagement für multilaterale Zusammenarbeit, Abrüstung und Menschenrechte – die schon bisher inhaltliche Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik waren - ist speziell der Einsatz Österreichs für die Staaten des Westbalkans zentral. Österreich ist mit den Ländern des Westbalkans menschlich, historisch und wirtschaftlich eng verbunden. Daher liegen Sicherheit, Stabilität und Prosperität in dieser Nachbarschaftsregion in unserem eigenen Interesse. Mit dem EU-Beitritt Kroatiens wurde im letzten Jahr der Prozess der EU-Annäherung eingeleitet, dessen Fortsetzung wir aus österreichischer Sicht besonders unterstützen. Die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Serbien ist gerade im Gedenkjahr 2014 ein historisch wichtiger Schritt. Doch auch in den übrigen Ländern des Westbalkans, speziell in Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, Mazedonien und Albanien gilt es, bestehende Beziehungen zu stärken und damit auch für Frieden und Stabilität in dieser Region zu sorgen. Zum Abschluss möchte ich noch eine Vision skizzieren: Österreich soll in den kommenden Jahren noch weltoffener werden, denn Österreich ist Teil einer globalisierten Welt. Es liegt an uns selbst,

wie wir als Land damit umgehen und welche Vorteile wir aus der Globalisierung ziehen. Hier haben wir eine besondere Verantwortung, speziell als junge Generation. Österreich soll in Zukunft jedenfalls eine stärkere Rolle spielen, als es vielleicht der Größe des Landes entspricht. Dafür gilt es die Schwerpunkte und Nischen, in denen wir uns engagieren könnten, genau zu definieren. Österreich ist nicht nur reich an Vergangenheit, sondern auch ein modernes, innovatives Land, das noch eine große Zukunft vor sich hat. Es ist unsere Aufgabe, diese Zukunft aktiv mitzugestalten. Die ersten Schritte in diese Richtung sind bereits getan, nun geht es an die Umsetzung, um unsere Vision auch zu verwirklichen. Dabei freuen sich mein Team und ich über die Unterstützung jeder Einzelner und jedes Einzelnen. Als Politik können wir die richtigen Rahmenbedingungen legen, brauchen aber vor Ort Menschen, die die Visionen mit uns mittragen. Diese Art der gemeinsamen Politik liegt mir am Herzen und ich freue mich auf die Zusammenarbeit in den Bereichen Europa, Integration und Äußeres.

SEBASTIAN KURZ

Sebastian Kurz, 27, ist seit Dezember 2013 österreichischer Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres. Vor seiner Berufung zum Minister war er seit April 2011 Integrations-Staatssekretär der Großen Koalition. Kurz ist Bundesobmann der Jungen Volkspartei, der Jugendorganisation der ÖVP

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EUROPA- UND KOMMUNALWAHL

Armin Laschets Appell: Helfen Sie mit, dass der 25. Mai ein guter Tag für Europa wird, ein guter Tag für Ihre Heimat und ein guter Tag für die CDU Nordrhein-Westfalen!

25. Mai 2014

Ein guter Tag für Europa, ein guter Tag für NRW Die britische Krankenschwester Florence Nightingale und der russische Chirurg Nikolaus Pirogow kommen in diesen Tagen gewiss manchem in den Sinn, der im Gesundheitswesen oder in der Pflege tätig ist. Im Krim-Krieg, der von 1853 bis 1856 dauerte, leisteten die Frau, die die Krankenpflege als Lehrberuf etablierte, und der Erfinder der Feldchirurgie Wegweisendes für ihre jeweilige Zunft. Der in Deutschland ausgebildeten Krankenschwester Florence Nightingale gelang es, mithilfe einfacher Hygiene-

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maßnahmen die Sterblichkeitsrate in den britischen Lazaretten auf der Krim deutlich zu senken. Ähnlich wie Nightingale setzte auch der Militärarzt Pirogow auf bessere Hygiene und den Einsatz ausgebildeten Pflegepersonals. Darüber hinaus gehen der Einsatz von Gipsverbänden zur Stabilisierung von Knochenbrüchen in der Chirurgie, eine spezielle Technik der Fuß-Amputation und der standardmäßige Gebrauch der Narkose bei Operationen im Feld auf Pirogow zurück, ebenso die heute als Triage bezeichnete abgestufte Behandlung einer großen Zahl an Verwundeten.

Europa als Friedensprojekt

Der aktuelle russisch-ukrainische Konflikt um die Krim hat glücklicherweise noch nicht zu Kriegshandlungen geführt. Aber er zeigt, dass der bereits Jahrzehnte währende Frieden, in dem wir Europäer leben, auch heute keine Selbstverständlichkeit ist. Der Blick auf die an Russland angrenzenden EU-Mitgliedsstaaten wie Estland, Lettland, Litauen und Polen macht deutlich, wie sehr Europa als Friedensprojekt gebraucht wird. In der Zeit der Krise orientieren sich die Staaten Europas an unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel. Darauf dürfen wir stolz sein. Bei der Europawahl am 25. Mai 2014 steht nicht weniger als die Fortschreibung der europäischen Erfolgsgeschichte auf dem Spiel. Frieden, Freiheit und Wohlstand sind heute die zentralen Säulen einer großartigen Idee, die zum Vorbild und Orientierungspunkt für andere Regionen der Welt geworden ist.


EUROPA- UND KOMMUNALWAHL Die Alternativen sind klar: Ein christdemokratisch geprägtes Europa der Stabilität und der Wettbewerbsfähigkeit. Oder ein sozialistisches Europa der Vergemeinschaftung von Schulden, der Bürokratie und immer neuer Vorschriften, die Arbeitsplätze auch in Nordrhein-Westfalen gefährden. Mit Jean-Claude Juncker hat die Europäische Volkspartei einen überzeugten und überzeugenden Europäer zu ihrem Spitzenkandidaten gekürt, der über große Erfahrung verfügt und insbesondere in der akuten Staatsschuldenkrise die Euro-Gruppe erfolgreich gemanagt hat.

Kommunalwahl genauso wichtig

schuldung auf. Mit dem Landesentwicklungsplan werden vor allem den ländlichen Gemeinden jedwede Entwicklungsmöglichkeiten genommen.

wenige Allgemeinmediziner an unseren Hochschulen ausgebildet werden. Es muss ganzjährig möglich sein, ein Studium als Allgemeinmediziner aufzunehmen. In Ostwestfalen-Lippe muss eine zusätzliche Fakultät eingerichtet werden. Und: Wir brauchen Anreize, damit Studierende nach dem Studium eine Hausarztpraxis im ländlichen Raum übernehmen.

Bei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 geht es um lokale Themen und Probleme. Es geht um gute Schulen und bedarfsgerechte Betreuungsangebote für unsere Kinder und Familien, um wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen, um Wohnen und Mobilität, um Schutz vor Kriminalität, um die Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements und um das gesellschaftliche Miteinander. Und das alles muss vor dem Hintergrund weiterhin angespannter öffentlicher Kassen gelingen, die nicht alles Wünschenswerte finanzieren können.

Vor Ort in den Kommunen werden nunmehr auch die Folgen des Krankenhausplans 2015 deutlich, den die Landesregierung aufgestellt hat. Er schreibt weder konkret und nachvollziehbar fest, was gute Qualität ist, noch sorgt er für die notwendige Planungs- und Rechtssicherheit. Vollkommen inakzeptabel ist, dass der im Sommer 2013 in Kraft getretene Krankenhausplan das Schicksal der kleineren Krankenhäuser letztlich den Budgetverhandlungen von Kassen und Trägern überlässt. Insbesondere die Versorgungssicherheit in den ländlichen Regionen unseres Landes gerät so in Gefahr.

Ein zentraler Themenschwerpunkt für uns Christdemokraten ist der Demografische Wandel. Dieser erfordert von den Kommunen z. T. gravierende Anpassung und den Abschied von lieb gewonnenen Gewohnheiten. Die Anpassung der Infrastruktur, die erforderlichen Veränderungen des jeweiligen Wohnungsmarktes, die Ansprüche an eine geordnete Weiterentwicklung von Gewerbe- und Industrieflächen stellen dabei zahlreiche Kommunen vor erhebliche Herausforderungen.

In einer älter werdenden Gesellschaft, die große Mühe hat, ausreichend Fachkräfte für die Pflege zu finden und in der pflegende Angehörige oftmals voll berufstätig sind, gerät die Sicherstellung einer menschlichen Versorgung im Falle von Alter und Pflegebedürftigkeit zu einer wahren Herkulesaufgabe. Wir können uns daher glücklich schätzen, dass wir uns auf den neuen Patientenbeauftragten und Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, verlassen können.

Der demografische Rückgang der Bevölkerung wirkt sich nicht zuletzt auf die hausärztliche Versorgung aus. Die CDUFraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen hat das Thema mit einem eigenen Antrag auf die landespolitische Agenda gesetzt. Unser Ziel lautet: Wir wollen den Arzt vor Ort! Wenn es nicht mehr genug Hausärztinnen und Hausärzte gibt, dann liegt das auch daran, dass zu

Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen fällt als Ideengeberin und Vorbild für zukunftsgerichtete Politikgestaltung vollkommen aus. Mit einem Finanzierungssaldo von rund 2,5 Milliarden Euro und einer Nettoneuverschuldung von 3,2 Milliarden Euro weist NordrheinWestfalen von allen Bundesländern zum wiederholten Mal die höchste Neuver-

Im Bereich der Bildungspolitik versagt die Landesregierung entlang der gesamten Bildungskette – von der unzureichenden Betreuung der Unter-3-Jährigen über den Unterrichtsausfall bis hin zum eskalierten Streit mit den erfolgreichen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. Auch beim sensiblen Thema Inklusion fehlt es an Augenmaß und Vernunft. Gerade weil ich möchte, dass die Inklusion gelingt, muss es am Ende jedem Kind besser gehen als ohne Inklusion. Daran muss sich die Landesregierung messen lassen.

Am 25. Mai 2014 entscheiden die Bürgerinnen und Bürger über die Zukunft Europas und die Entwicklung der Gemeinden, Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen. Helfen Sie mit, dass der 25. Mai ein guter Tag für Europa wird, ein guter Tag für Ihre Heimat und ein guter Tag für die CDU Nordrhein-Westfalen!

ARMIN LASCHET, MDL

Armin Laschet, 53, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er gehörte dem Deutschen Bundestag von 1994 bis 1998 an. 1999 wurde er in das Europäische Parlament gewählt. Jürgen Rüttgers berief ihn 2005 zum Landesminister für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes NRW. Laschet ist Landesvorsitzender der CDU NRW (seit 2012) und Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag NRW (2014)

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GRENZEN DES WACHSTUMS

ARBEITNEHMER UND WACHSTUM

Wie lassen sich Markt und Mensch vereinbaren? Bedeutet Wachstum in der derzeitigen Form auch mehr Wohlstand bzw. mehr Beteiligung an der gesellschaftlichen Wertschöpfung?

Als sich die Union nach dem 2. Weltkrieges gründete, wurde – angesichts der negativen Erfahrungen sowohl mit dem Staatsinterventionismus als auch mit dem Laissez-Faire-Liberalismus aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – die Frage nach einer anderen Form der Wirtschaftsordnung kontrovers diskutiert. Die Orientierung an christlichen Werten bildete für die Union einen wesentlichen Bezugsrahmen für die Neuausrichtung der deutschen Wirtschaftsordnung „Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, nicht der Mensch der Wirtschaft.“ (Konrad Adenauer) In einer Rede 1946 beschrieb Konrad Adenauer die „Denke“ der neu gegründeten CDU folgendermaßen: „Die menschliche Person hat eine einzigartige Würde, und der Wert jedes einzelnen Menschen

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ist unersetzlich.“ Dieser „Kern der christlichen Ethik“, so Adenauer, erfordere ein neues Gesellschaftsbild: Staat und Wirtschaft seien kein Selbstzweck, sondern sie hätten eine „dienende Funktion“ gegenüber den Menschen. „(…) Die Wirtschaft soll dem Menschen dienen, nicht der Mensch der Wirtschaft.“ Adenauer postulierte mit diesen Sätzen eine moralethische Verantwortung der Wirtschaft und des Wachstums für die Gesellschaft, die Menschen und die Arbeitnehmer.

Soziale Marktwirtschaft als Leitbild einer neuen Wirtschaftspolitik In der Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich unter Federführung der Union das auf die Ideen von Alfred Müller-Armack zurückgehende Konzept der Soziale Marktwirtschaft zum neuen Leitbild der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. In der Sozialen Marktwirtschaft

sah Müller-Armack die Verwirklichung einer dritte Form neben der rein liberalen Marktwirtschaft und der Lenkungswirtschaft. Er verband dabei die Ideen der christlichen Soziallehre mit den ordoliberalen Leitlinien der Freiburger Schule. Ein Schlüsselbegriff in diesem Konzept bildete die sog. irenische Formel, welche das Prinzip der Freiheit auf dem Markte mit dem des sozialen Ausgleichs verknüpfte. Nach Ansicht von Müller-Armack sollten in der Sozialen Marktwirtschaft die Ideale der Gerechtigkeit, der Freiheit und des wirtschaftlichen Wachstums in ein vernünftiges Gleichgewicht gebracht werden.

Teilhabe am wirtschaftlichen Wachstum und Wohlstand! Die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Union barg das Versprechen in sich, weite Teile der Gesellschaft am wirt-


GRENZEN DES WACHSTUMS schaftlichen Wachstum und Wohlstand teilhaben zu lassen. Wirtschaftliches Wachstum hatte in dieser Konzeption keineswegs einen Selbstzweck, sondern war moralethischen Leitlinien unterworfen. Die gesellschaftliche Umverteilung sorgte dafür, dass sich die Menschen in der Bundesrepublik durch das wirtschaftliche Wachstum mit dem Markt versöhnten und eine Dekade des Wohlstandes sowie der sozialen Sicherheit anbrach. Auf Seiten der Arbeitnehmer wurde Leistung durch eine hinreichend gute Bezahlung und durch die Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg belohnt. Auf Unternehmerseite bedeutete die Orientierung an moralethischen Grundsätzen auch die Übernahme von Verantwortung für das Gemeinwohl - sei es in der Stadt oder Gemeinde vor Ort oder die Gesellschaft insgesamt. Im Gegenzug erhielten die Unternehmen ein hohes Maß an gesellschaftlicher Stabilität. Durch ihre qualifizierten Arbeitnehmern konnten sie ihre Wettbewerbschancen auf dem internationalen Markt verbessern und ihre Produkte mit dem Siegel „Made in Germany“ gewinnbringend vermarkten.

Soziale Marktwirtschaft als internationales Erfolgsmodell – aber ohne Zukunft? Trotz vieler Unkenrufe, Krisen und Prophezeiungen ihres Endes hat sich die Soziale Marktwirtschaft zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Im Zuge der Wiedervereinigung zwischen der Bundesrepublik und der DDR wurde sie als gemeinsame Wirtschaftsordnung bestätigt und auch die Europäische Union strebt im Lissaboner Vertrag eine „wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ mit Vollbeschäftigung und sozialem Fortschritt an. Dennoch stellt sich in Zeiten, in denen kaum eine Partei nicht die Meinungsführerschaft über die Soziale Marktwirtschaft für sich beansprucht, die Frage, ob das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft gegenwärtig noch hält, was es einmal versprochen hat. Verstärkt wird diese These durch die Entkopplung des wirtschaftlichen Wachstums von der Teilhabe der Arbeitnehmer an der wirtschaftlichen Wertschöpfung. Welche Zukunft hat die Soziale Marktwirtschaft vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen?

Das Vertrauen der Deutschen in die Soziale Marktwirtschaft hat stark gelitten! Das Vertrauen der Deutschen in die Soziale Marktwirtschaft war auch stets mit der Aussicht auf gesellschaftliche Teilhabe am wirtschaftlichen Wachstum verbunden. „Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es auch den Menschen und den Arbeitnehmern in Deutschland gut“, so eine Binsenweisheit in der alten Bundesrepublik. Jedoch ist seit geraumer Zeit eine Abweichung von diesem Grundsatz zu beobachten. In einer Allensbach-Studie aus dem Jahr 2010 (Einstellungen zur sozialen Marktwirtschaft in Deutschland am Jahresanfang 2010) bezeichneten 49 Prozent der Befragten das Wirtschaftssystem in Deutschland als „nicht wirklich sozial“. Lediglich 38 Prozent gaben an, von der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland eine gute Meinung zu haben und für 71 Prozent der Befragten hat die soziale Gerechtigkeit in den letzten drei, vier Jahren abgenommen. Dass nur 15 Prozent glauben, es gäbe ein besseres Wirtschaftssystem, ist in dieser Hinsicht wenig tröstlich. Auf Grundlage dieser Ergebnisse stellt sich die Frage: Wie kann die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft in der Bevölkerung wieder verbessert werden? Fehlendes moralethisches Handeln zerstört das Vertrauen in die Wirtschaft und den Markt! Eine erfolgreiche Wirtschaft gründet sich nicht allein auf Recht und Gesetz. Daher greift die Reduzierung der Wirtschaft auf die Erzielung von Gewinnen zu kurz. Die Soziale Marktwirtschaft war für ihre gesellschaftliche Akzeptanz auch immer auf das Grundvertrauen der Menschen auf ihr eigenes Wohl angewiesen. Der Vertrauensverlust gegenüber Marktwirtschaft, Unternehmen und ihren Führungskräften ist deshalb ein ernsthaftes Problem. Wenngleich sich die Arbeitsmarktsituation in Deutschland unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel erheblich verbessert hat, bestimmen immer noch negative Meldungen die Schlagzeilen unserer Zeitungen. Der Missbrauch bei Werkverträgen sowie in der Zeitarbeit, kurzfristige Profitmaximierung unter Inkaufnahme von Beschäftigungs-

abbau, Optimierung von legalen aber im Sinne der Gesellschaft nicht immer legitimen Steuertricks oder auch unternehmerisches Wachstum zu Lasten der Löhne leistungswilliger und gut qualifizierter Arbeitnehmer sind nur eine kleine Auswahl der Beispiele, die diese Krisenphänomene beschreiben. Ihnen gemein ist, dass sie das Vertrauen der Arbeitnehmer in den Markt und in die Wirtschaft erheblich gestört haben. Bedenklich an dieser Entwicklung ist auch, dass der Teil der Wirtschaft – insbesondere der Mittelstand – in Mitleidenschaft gezogen worden ist, der weiterhin versucht, für gute und gerechte Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten zu sorgen. Zum Teil geraten diese Unternehmer sogar selbst in die Falle eines unfreiwilligen Lohnwettbewerbs zu Lasten ihrer Arbeitnehmer. Daher stellt sich die Frage: Bedeutet Wachstum in der derzeitigen Form auch mehr Wohlstand bzw. mehr Beteiligung an der gesellschaftlichen Wertschöpfung?

Plädoyer für die Versöhnung von Mensch und Markt Die Union hat sich in ihrer Geschichte stets als Hüterin der Sozialen Marktwirtschaft verstanden. Die Stärke bildete dabei die Verbindung des Prinzips der Freiheit Bitte lesen Sie weiter auf Seite 18

PETER WEISS

Peter Weiß, Jahrgang 1956, ist römischkatholisch und hat drei Kinder. Dem Deutschen Bundestag gehört er seit 1998 als direktgewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr an. Er ist Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

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GESUNDHEITS-WIRTSCHAFT Fortsetzung von Seite 17

auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs. Im Sinne der christlichen Soziallehre wurden auf diese Weise die Prinzipien Personalität, Solidarität, Subsidiarität und Nachhaltigkeit in praktische Politik umgesetzt. Wachstum war daher für die Union nie Selbstzweck ,sondern hatte auch immer eine klar definierte Funktion, die sich auch mit Artikel 14 (2) des Grundgesetzes deckte. In den letzten Jahrzehnten wurde von Teilen der deutschen Wirtschaft dieser ungeschriebene Solidarvertrag einseitig aufgekündigt, während die Kritik derselben Kräften an der Handlungsunfähigkeit des Staates zugenommen hat. Dabei ist die Wirtschaft sogar im Interesse eigener langfristiger Gewinnerzielung gut beraten, durch glaubwürdige Selbstbindungen Vertrauensbildung zu betreiben und Arbeitnehmer an ihrer wirtschaftlichen Wertschöpfung teilhaben zu lassen. Wo der Markt aber selbst versagt, ist der Staat gefordert, regulierend einzugreifen. Die Union hat daher zur Aufrechterhaltung der Sozialen Marktwirtschaft in den vergangenen Jahren zahlreiche Schritte zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer unternehmen müssen, nachdem der Markt selbst diese Probleme nicht in den Griff bekommen hatte, genannt seien die Einführung branchenbezogener Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz, Regelungen für die Leiharbeiter und auch die Reformvorhaben der Großen Koalition zu einer Stärkung der Tarifautonomie. Als „Kinder der Sozialen Marktwirtschaft“ wollen wir aber nicht alles regeln, sondern wollen in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt auch in Zukunft in erster Linie auf die Sozialpartnerschaft setzen. Dafür brauchen wir aber auch wieder eine moralethische Rückbesinnung der Wirtschaft auf die Tugenden, die uns in der Vergangenheit stark gemacht haben. Nur auf diese Weise kann es uns gemeinsam gelingen, die Arbeitnehmer ebenso wie den Mittelstand wieder mit dem Wachstum, dem Markt und der Sozialen Marktwirtschaft zu versöhnen.

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Sachsen auf dem Weg zu einem exzellenten Gesundheitsstandort Mit Healthy Saxony wurde eine Marke Gesundheitswirtschaft Sachsen etabliert

Die Gesundheitsbranche wird weltweit als einer der Wachstumsmärkte der Zukunft bezeichnet. Auch in Sachsen ist sie Leitbranche und Jobmotor. Sie hat sich in den letzten Jahren als ein stabiler und weitestgehend konjunkturunabhängiger Wachstumsbereich erwiesen und folgt dem bundesweiten Wachstumstrend. Die Gesundheitswirtschaft ist eine Querschnittsbranche, in der Sachsen bereits heute gut aufgestellt ist:

1. Die medizinische Versorgung befindet sich auf einem hohen und leistungsfähigen Niveau, insbesondere im Bereich der stationären Versorgung. Mit 80 Krankenhäusern verfügt Sachsen über ein sehr leistungsfähiges Netz der Gesundheitsversorgung. 2. Wir haben exzellente universitäre, aber auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Hochschulen und Institute, die Spitzenforschung betreiben.

3. Wir haben eine Vielzahl sehr flexibler und innovativer Unternehmen in den Bereichen Medizintechnik, Pharmatechnologie und Biomedizin, die hoch spezialisierte Produkte anbieten. 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Sachsen werden in der Gesundheitsbranche erwirtschaftet, in der heute schon 13 Prozent unserer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiten, Tendenz steigend. Diese Potenziale wollen wir in Sachsen noch stärker nutzen - für die Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, aber auch und vor allem für unsere Bürgerinnen und Bürger, die auf eine gute Gesundheitsversorgung zählen. Unser Ziel ist es, dass sich Sachsen in den nächsten Jahren national und international zu einem exzellenten Standort der Gesundheitswirtschaft entwickelt. Vorbilder sind für uns hier die bereits erfolgreichen Cluster in der sächsischen


Foto: Lothar Henke_pixelio.de

GESUNDHEITS-WIRTSCHAFT Branche tätigen Akteure zu unterstützen, den innovativen und kreativen Austausch zu befördern, vorhandene Strukturen zu überprüfen, zu stärken und zu vernetzen. Konkret werden drei Projekte vorgeschlagen, durch die die Gesundheitswirtschaft in Sachsen gestärkt werden soll. Mit dem Modellprojekt zur Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung soll die Gesundheitsversorgung stärker dort angesiedelt und gesteuert werden, wo medizinische Versorgung tatsächlich stattfindet: beim Patienten vor Ort. Es sollen neue, innovative Wege erprobt werden, auch, um z. B. dem schon spürbaren Fachkräftemangel und den sich vor allem im ländlichen Raum stellenden Versorgungsproblemen aktiv entgegen zu treten.

Automobil-, Computer- oder Biotechnologiebranche. Daher haben wir im Freistaat Sachsen im April 2012 das auf zwei Jahre angelegte Projekt „Koordinierungsstelle Gesundheitswirtschaft“ ins Leben gerufen. Die wichtigsten Ziele sind erreicht worden: Ein Kuratorium Gesundheitswirtschaft hat sich konstituiert, ein Masterplan Gesundheitswirtschaft wurde erarbeitet und ein sich selbst tragendes Netzwerk gesundheitswirtschaftlicher Akteure ist entstanden. Mit Healthy Saxony wurde eine Marke Gesundheitswirtschaft Sachsen etabliert. Außerdem sind eine webbasierte Kommunikationsplattform und ein Digitaler Gesundheitsatlas erstellt worden. Unser Masterplan Gesundheitswirtschaft dient der strategischen und inhaltlichen Orientierung. Er zeigt Ziele und Maßnahmen auf, wie die Potenziale der Gesundheitswirtschaft in Sachsen am besten ausgeschöpft werden können. Vorgeschlagen wird, die bereits in der

Die vielen lokalen Aktivitäten und Ressourcen zur Unterstützung und Verbesserung des Technologietransfers sollen im Rahmen eines gesamtsächsischen Konzeptes für den Technologietransfer gebündelt werden. Hierzu wird ein verstärktes Technologie-Scouting im Bereich der Gesundheitswirtschaft oder die Förderung von Validierungsstudien für Unternehmen vorgeschlagen. Innovative Produkte kleiner und mittelständischer Unternehmen sollen durch eine sächsische Vermarktungsstrategie besser in den Markt gebracht werden. Unsere klein- und mittelständischen Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen. Sie können aufgrund ihrer Größe sowie ihrer personellen und finanziellen Voraussetzungen keine sogenannten Allrounder sein. Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind daher Spezialisierungen entlang der gesamten Dienstleistungskette und Optimierung von Prozessabläufen. Eine ständige Qualitätssicherung und ein ausgereiftes Innovationsmanagement gehören ebenfalls zu den Anforderungen, denen sich die Betriebe stellen müssen. Nicht zuletzt deswegen kommen Kooperationen/Netzwerken/Clustern besondere Bedeutung zu. Eine Aufgabe der „Koordinierungsstelle Gesundheitswirtschaft“ bestand auch

darin, ein sich selbst tragendes offenes Netzwerk der in der Gesundheitswirtschaft agierenden Partner zu schaffen. Mit der Gründung von Healthy Saxony e. V. im März dieses Jahres wurde hier ein Anfang gemacht. Wichtige Akteure der medizinischen Versorgungslandschaft in Sachsen haben sich in einem Netzwerk zusammengeschlossen. Hinzukommen sollten noch Forschungseinrichtungen und Unternehmen, damit dauerhaft die Entwicklung und Markteinführung innovativer Produkte und Dienstleistungen und eine starke Wettbewerbsposition erreicht werden können. Wir sind einen großen Schritt vorangekommen, die vielen Beteiligten in der Gesundheitswirtschaft näher zusammenzubringen. Dies wird Vorteile sowohl für die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen, als auch für die Vermarktung sächsischer Produkte im Ausland bringen. Dadurch werden sächsische Arbeitsplätze in einem Wachstumsmarkt gesichert und geschaffen. Damit dies erfolgreich fortgesetzt wird – dafür setzt sich die sächsische Staatsregierung ein.

CHRISTINE CLAUSS

Christine Clauß, 64, evangelisch-lutherisch ist verheiratet und hat einen Sohn und zwei Enkel. Clauß errang 2009 das Direktmandat im Wahlkreis Leipzig 4 und gehört (mit Unterbrechung) dem sächsischen Landtag seit 1999 an. Sie ist seit 2008 Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz

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HALBZEITBILANZ BERLIN

Berlin auf Kurs gebracht:

Wirtschaftswachstum und Schuldenabbau Die Berliner CDU hat sich in der Regierung als kompetenter Ideengeber und zuverlässiger, verantwortungsbewusster Partner gezeigt

Zweieinhalb Jahre nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 18. September 2011 zeigen die Zahlen und Fakten, dass die große Koalition erfolgreich arbeitet. Es ist gut, dass wir als CDU wieder mit in Regierungsverantwortung stehen und die politischen Entscheidungen für Berlin mitprägen. Und unsere Halbzeitbilanz kann sich sehen lassen: Wir haben in den ersten beiden Haushaltsjahren knapp eine Milliarde Euro an Schulden getilgt und einen ausgeglichenen Doppelhaushalt für 2014/2015 beschlossen. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Beim Wirtschaftswachstum trägt Berlin ebenfalls nicht mehr die rote Laterne, sondern hat sich zur Gründerhauptstadt entwickelt. Hier gehen mittlerweile durchschnittlich jeden Tag zwei neue Start-ups - so viel wie nirgendwo sonst in Deutschland - an den Start

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Wir haben die endlosen Bildungsreformen unter Rot-Rot gestoppt und ziehen jetzt mit Lehrern, Eltern und Schülern ideologiefrei an einem Strang. Wir haben bei der Wohnungsbaupolitik den Hebel umgelegt: Bezahlbare Mieten und Mieterschutz stehen im Vordergrund. Und wir sorgen im Bereich der Inneren Sicherheit dafür, dass die Personalausstattung bei Polizei, Feuerwehr und Staatsanwaltschaft durch hunderte neue Stellen und Ausbildungsplätze verbessert wird. Unsere politische Arbeit war und ist dabei stets von einem Dreiklang geprägt: Unsere Politik soll ideologiefrei, bürgernah und zuverlässig sein.

Politik der Konsolidierung und Entlastung der Berlinerinnen und Berliner Noch im Oktober 2011 sah der Finanzsanierungsplan der rot-roten Landesre-

gierung vor, möglichst bis zum Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wir, die große Koalition aus CDU und SPD, haben es geschafft, bereits den Doppelhaushalt 2014/15 ohne Neuverschuldung zu beschließen. Seit diese Koalition regiert, haben wir keinen einzigen Euro an neuen Schulden aufgenommen! Die Stärkung der Wirtschaft und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind und bleiben unbestritten das wichtigste Ziel unserer Koalition. Die Wirtschaftsleistung in Berlin steigt. Derzeit rechnen die Institute mit 1,8 Prozent Wachstum. Damit würde Berlin für 2014 sogar über dem prognostizierten Wachstum des Bundes liegen. Dagegen ist die Zahl bei der Arbeitslosigkeit kontinuierlich gesunken: Hatten wir im September 2011 noch 220.000 Arbeitslose zu verzeichnen, konnten wir Ende


HALBZEITBILANZ BERLIN letzten Jahres die Marke von 200.000 erstmals seit 20 Jahren unterschreiten.

kunftsstandort für „Urban Technologies“ etablieren.

Stärken der Stadt stärken Berlin ist attraktiv für Touristen und eines der gefragtesten Ziele für Messen und Kongresse in Europa. Im vergangenen Jahr konnten wir mit über 26 Millionen Übernachtungen so viele Gäste in der Hauptstadt begrüßen wie noch nie. Im internationalen Vergleich kann sich Berlin gut behaupten: Berlin belegt hinter London und Paris mittlerweile den dritten Platz und ist damit beliebter und gefragter als Städte wie Barcelona oder Rom. Diese Attraktivität wollen wir weiter steigern.

Das Gelände des geschlossenen Flughafens Tempelhof inmitten unserer Stadt ist mit seinen 320 Hektar Gesamtfläche so groß, dass wir neben einer per Gesetz garantierten Freifläche eine behutsame Randbebauung für mietgünstiges Wohnen, für Gewerbe und Naherholung planen. Denn wir brauchen den Wohnraum in Berlin dringend. Prognosen sagen eine Zunahme der Einwohnerzahl bis zum Jahr 2030 um bis zu 250.000 Menschen voraus.

Wir sind forschungsstärkste Region Deutschlands und haben dadurch eine hohe Attraktivität für Studenten aus dem In- und Ausland. Gemeinsam mit dem Bund wollen wir deshalb auch nach 2017 die Fortschreibung der Exzellenzinitiative. Und wir werden den weiteren Ausbau des Standortprofils Gesundheit/Gesundheitswirtschaft vorantreiben. Die große Koalition setzt außerdem auf den Ausbau der kulturellen und historischen Potenziale Berlins: Der Grundstein für den Wiederaufbau des Stadtschlosses ist gelegt und mit der Rekonstruktion der historischen Mitte machen wir geschichtsträchtige Orte wieder erlebbar. Wir kümmern uns um die Neugestaltung der City-West sowie die städtebauliche Entwicklung des Kulturforums.

Ausbau der Infrastruktur voranbringen Mit den Arbeiten zum Ausbau der Autobahn A100, dem Innenstadtring, zur Entlastung Hunderttausender Einwohner und Anbindung des künftigen Großflughafens und der Industrieansiedlungen in den östlichen Bezirken haben wir einen entscheidenden Schritt getan. Und die Große Koalition hat mit ihren Plänen zur Nachnutzung von Großflächen in der Stadt erste wichtige Planungsschritte unternommen: Sobald der künftige Großflughafen im Süden Berlins vollständig in Betrieb genommen wurde, werden wir auf dem freiwerdenden Areal des heutigen Flughafens Tegel einen Zu-

Und genau hier haben wir einen Paradigmenwechsel gegenüber dem jahrelangen Stillstand unter Rot-Rot vorgenommen. Wir haben ein ehrgeiziges Wohnungsneubauprogramm sowie ein Mietenbündnis beschlossen. Der Dreiklang unserer Wohnungsbaupolitik lautet: Wir setzen auf mehr Wohnungsneubau, schnellere Genehmigungsverfahren und konsequenten Mieterschutz. Wir haben mehr Investitionen direkt in den Bezirken vorgenommen, denn wir wollen eine Politik, die den Bürgerinnen und Bürgern direkt zu Gute kommt. Mit dem Doppelhaushalt 2014/2015 haben wir 64 Millionen Euro pro Jahr für die Sanierung von Schul- und Sportanlagen, 25 Millionen Euro pro Jahr zur Schlaglochsanierung, 10 Millionen Euro pro Jahr für die Sanierung von Kitas und Spielplätzen und weitere 2,5 Millionen Euro pro Jahr für die bezirklichen Musikschulen, die Stadtteilzentren und die Kulturarbeit zur Verfügung gestellt.

Schule ohne Ideologien – keine Experimente mehr auf dem Rücken der Schüler und Lehrer In der Schulpolitik haben wir mit ideologischen Fehlstellungen aus rot-roten Zeiten aufgeräumt: die Pflicht zum jahrgangsübergreifenden Lernen wurde abgeschafft. Wir bekennen uns ohne Ausnahme zum Gymnasium und zu den Schulen in freier Trägerschaft. Und wir haben eine Nachbesserung bei der Sprachförderung von Kindern im Vorschulalter verabschiedet. Nicht zuletzt für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben

wir eine Geschwisterkindregelung und die Berücksichtigung der Wohnortnähe beim Übergang an die Oberschule gesetzlich verankert.

Innere Sicherheit – Grundlage für den Lebensort Großstadt Wir wollen sichtbare und gefühlte Sicherheit auf jeder Straße, jedem Platz, jedem Bahnhof. Deshalb haben wir nach einem Jahrzehnt des Abbaus an Polizeivollzugsstellen unter SPD und Linke eine Umkehr eingeleitet: Wir haben mehr als 500 neuen Stellen im Polizeivollzugsdienst, in der Polizeiverwaltung und beim zentralen Objektschutz sowie knapp 100 neue Stellen bei der Berliner Feuerwehr geschaffen. Ebenso sagen wir durch die Schaffung neuer Staatsanwaltschaften der organisierten und der Internetkriminalität den Kampf an. Im Zuge einer notwendigen Verwaltungsreform zur Vereinfachung und Effizienzsteigerung der behördlichen Abläufe, aber auch zugunsten der Bürgerfreundlichkeit der Behördenarbeit haben wir uns an die Erarbeitung einer Digitalen Agenda gemacht. Die Berliner CDU hat sich in der Regierung als kompetenter Ideengeber und zuverlässiger, verantwortungsbewusster Partner gezeigt. Berlin ist wieder auf einem guten Kurs.

FLORIAN GRAF

Florian Graf, 40, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Dem Abgeordnetenhaus von Berlin gehört der Diplom-Verwaltungswirt (FH) seit 2006 an. Er ist seit 2011 Vorsitzender der CDU-Fraktion

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KOMMENTAR

TRANSPARENZ, QUALITÄT UND WETTBEWERB – die Formel für ein gutes Gesundheitssystem Liebe Leserinnen und Leser, Transparenz, Qualität und Wettbewerb - das ist die Formel für ein gutes Gesundheitssystem. Diesen Geist atmen auch die Vereinbarungen, die wir gemeinsam mit der SPD im Koalitionsvertrag getroffen haben. Das Bundeskabinett hat jetzt die Reform der Krankenversicherung verabschiedet. Künftig wird es einen einheitlichen Beitragssatz von 14,6 % geben, der gleichermaßen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen wird. Braucht eine Kasse mehr Mittel, kann sie darüber hinaus einen prozentualen Zusatzbeitrag erheben, der direkt vom Lohn abgezogen wird. Insbesondere im kommenden Jahr wird das zu einer Entlastung vieler Versicherter führen, da einige Kassen im Vergleich zum heutigen Beitrag von 15,5% insgesamt weniger verlangen werden. Damit besiegeln wir das Ende der jahrelangen Auseinandersetzung über die Finanzierung der Krankenkassen. Die Bürgerversicherung ist endgültig vom Tisch! Der Wettbewerb zwischen den Kassen bleibt erhalten, gleichzeitig geben wir den Krankenkassen über den Zusatzbeitrag ein Stück Beitragsautonomie zurück. Die Versicherten werden über die Transparenz des Zusatzbeitrages in die Lage versetzt, das Preis-Leistungs-Verhältnis ihrer Kasse zu bewerten. Erhöht eine Kasse ihren Beitrag, gilt ein Sonderkündigungsrecht. Mit den geplanten Maßnahmen erreichen wir, dass steigende Gesundheitskosten nicht automatisch den Faktor Arbeit teurer machen. Wir bleiben dabei: Steigende Sozialkosten und Lohnnebenkosten müssen entkoppelt werden, damit wir nicht wieder in eine Situation kommen, in der wir Ende der 90er Jahre waren. Das garantiert die Neuregelung.

Wir rücken die Qualität der Versorgung noch weiter in den Mittelpunkt. Deshalb schaffen wir mit diesem Gesetz ein fachlich unabhängiges Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen. Wir wollen, dass sich Patienten künftig noch einfacher und besser über die Qualität einer Behandlung oder beispielsweise eines Krankenhauses informieren können um dann zu entscheiden, wo sie einen Eingriff vornehmen lassen. Das Institut wird dem Gemeinsamen Bundesausschuss regelmäßig wissenschaftlich fundierte Vorschläge unterbreiten, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Dieses Ergebnis haben wir ohne öffentliche Auseinandersetzung mit dem Ziel einer nachhaltigen Finanzierung der GKV erreicht: JENS SPAHN Das ist ein guter Start für die Gesundheitspolitik der Großen Koalition. Es grüßt Sie herzlich Ihr

Jens Spahn, MdB

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren. Seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der WestLB führte ihn auch nach Luxemburg. Der studierte Politikwissenschaftler gehört seit 2002 dem Deutschen Bundestag an. Seit 2009 ist er gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender Landesvorsitzender des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen.

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Redaktion Tim A. Küsters

Anzeigenverkauf: Über den Verlag

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Anzeigenschluss: 20. August 2014

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Am Puls

02 | 2014

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Abonnement Einzelheft: 24,- Euro pro Jahr bei 4 Ausgaben

Internet: www.issuu.com/ampuls Satz und Layout: Walter Katofsky, Kiel Druck: Printmedienpartner GmbH, Hameln

Das Magazin am puls erscheint viermal im Jahr jeweils zur Mitte eines Quartals.


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füR EIN ENtSPANNtES vERhÄLtNIS zWISchEN ARzt uND PAtIENt Wir entlasten Ärzte von allen administrativen Arbeiten, die bei der Privatabrechnung entstehen. Dadurch versetzen wir sie in die Lage, sich ihren Patienten ungestört widmen zu können.

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