am puls Heft 1 2013

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Jahrgang 10

20348

5,00 Euro

MAGAZIN FÜR

POLITIK UND GESUNDHEIT

Impulse im Frühling

Willi Zylajew Demenz im Fokus

S. 4

Patrick Sensburg Eigenverantwortung stärken

S. 6

Bettina Wiesmann Familienpolitik Frage der Freiheit

S. 20

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Caring and curing Caring and curing Leben retten und Gesundheit

Leben retten und ist Gesundheit verbessern – das unser Ziel. verbessern – das ist unser Ziel.

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EDITORIAL

Eine umfassende Honorarreform ist dringend nötig Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz war beschlossen worden, zum 01.01.2007 die Vergütung der Vertragsärzte umzustellen. Zu diesem Zeitpunkt sollten die bisherigen Honorarbudgets abgeschafft und durch Regelleistungsvolumina ersetzt werden. Die Politik jubelte, sprach vom Ende der Budgets und sah eine jahrelange Forderung der Ärzte nun endlich erfüllt. Sechs Jahre später ist nicht nur die Ernüchterung in der Ärzteschaft und den Selbstverwaltungen groß. Längst spricht man nicht nur hinter vorgehaltener Hand wieder von Budgetierung. Schlimmer noch, viele Ärzte sind der Meinung, dass die Regelleistungsvolumina eine deutliche Verschlechterung der Honorarsituation gebracht haben. Fakt ist, dass die Vertragsärzte in Deutschland kaum noch ein kalkulierbares und sicheres Einkommen haben und dies vor allem auf die Einführung der RLV zurückführen. Die ausgehandelten Honorarsteigerungen, die sowohl von der Politik als auch vom GKV-Spitzenverband immer wieder als Argumente vorgebracht werden, kommen bei den Ärztinnen und Ärzten kaum an und verschwinden in einer gigantischen Umverteilung. Viel schlimmer ist aber, dass die Honorarempfänger ständig in der Angst leben müssen, dass Ihnen ihr verdientes Geld im Nachgang noch gekürzt werden könnte oder auf andere Facharztgruppen verteilt wird. So sehen sich die Laborärzte aktuell einer Quotierung ihrer Honorare ausgesetzt, deren Ende nicht absehbar ist.

Verlässliche Zahlen und Einnahmen können die Vertragsärzte schon seit Jahren nicht mehr verbuchen. Die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen und die Unkalkulierbarkeit der Einnahmen machen es für die ärztlichen Freiberufler fast unmöglich, eine solide Praxisfinanzierung vorzunehmen. Welche Bank gibt einem Selbstständigen auch heute noch Geld, wenn dieser noch nicht einmal in der Lage ist einen mittelfristigen Businessplan vorzulegen. Die Politik muss nun endlich daran gehen, eine umfassende Honorarreform zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die weiterhin keinen Schritt voran kommt und daran scheitert, dass Bundesärztekammer und der Verband der privaten Krankenversicherer (PKV) keinen gemeinsamen Nenner finden. Auch das Bundesgesundheitsministerium legt seine Hände in den Schoss und wartet auf einen abgestimmten Vorschlag der derzeitigen Verhandlungspartner. Die betroffenen Ärztinnen und Ärzte haben von alle dem nichts. Sie warten weiterhin auf umfassende Reformen und endlich auf eine faire und ausgewogene Honorierung. Hier muss die Politik umgehend den Hebel ansetzen. Frank Rudolph stellv. Landesvorsitzender Gesundheitspolitischer Arbeitskreis der CDU-NRW

INHALT 4 Demenz im Fokus:

Eine pflegepolitische Bilanz der unionsgeführten Bundesregierung zieht Willi Zylajew, MdB

6 Die durch das neue Patientenrecht

gestärkte Stellung des Einzelnen bei medizinischen Behandlungen erläutert Patrick Sensburg, MdB

8 Über "Europa meine große Liebe" hat

Pfarrer Wolfgang Severin vor Schülern in Berlin gesprochen und den Gedanken der Toleranz in den Vordergrund gestellt

10 Versandapotheken und Multichannel

– die Bedeutung von Distributions- und Kommunikationskanälen für den Arzneimittelversand im Zeitalter von Web 2.0 – dargelegt von Rainer Seiler und Jessica Fellmann

12 Die Reha der Zukunft muss flexibel sein,

meint Dieter Welsink von medicoreha, einem Gesundheitsunternehmen mit 300 Mitarbeitern an 13 Standorten

14 Zwei Jahre AMNOG – ein erstes Fazit, letzteres zieht für „am puls“ Christian Kruse, Politik- und Pharma-Unternehmensberater aus Berlin

18 Die Politik sagt dem Krebs den Kampf

an, u. a. auch durch die Einführung eines flächendeckenden Registers, erläutert Rudolf Henke, MdB

20 Familienpolitik ist auch eine Frage der

Freiheit, diese Meinung vertritt die CDULandtagsabgeordnete Bettina Wiesmann aus Hessen

22 Durch die Stärkung der Patientenrechte sieht der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn die Interessen der Patientinnen und Patienten auf einem guten Weg

Dr. Mathias Höschel und Frank Rudolph, Herausgeber

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Foto: Schwester Clara/ pixelio.de

BILANZ DER PFLEGE

Demenz im Fokus

Eine pflegepolitische Bilanz der christlich-liberalen Koalition Dem Thema Demenz wurde eine große Beachtung geschenkt, die es vorher noch nicht erfahren hatte

Von Willi Zylajew, MdB

Es sind nur noch wenige Monate bis zur Bundestagswahl. Dann haben es die Wählerinnen und Wähler in den Händen, wer in den nächsten vier Jahren unser Land regieren wird. Wird die verlässliche Arbeit der unionsgeführten Koalition ihre Fortsetzung finden? Wünschenswert wäre zweifelsohne auch weiterhin eine starke CDU/CSU in der Regierung. Denn die Bilanz der letzten Jahre kann sich sehen lassen, auch wenn der äußere Eindruck sicherlich das eine oder andere Mal etwas anderes vermuten ließ. Auch die Ergebnisse im Bereich der Pflegepolitik sind beachtlich und setzen fort, was in der letzten Legislatur-

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periode unter der CDU-Kanzlerschaft mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz begonnen wurde. Mit diesem Gesetz wurde ein Paradigmenwechsel eingeläutet. Sichtbar wird dies an den eingeführten Zuschlägen für zusätzliche Betreuungsleistungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz in Höhe von monatlich 100 bzw. 200 Euro bei ambulanter Betreuung. Für den stationären Sektor wurden ebenfalls Betreuungszuschläge eingeführt, mit denen Pflegeeinrichtungen zusätzliches, sozialversicherungspflichtig beschäftigtes Personal zur Betreuung von Demenzkranken anstellen können, ohne dass sie dadurch finanziell belastet werden.

Höhere Barleistungen Mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz, das im vergangenen Jahr verabschiedet wurde und seit Anfang des Jahres vollständig in Kraft ist, hat dieser starke Bezug auf dementiell erkrankte Frauen und Männer seine Fortsetzung gefunden. Deutlich wird dies an folgenden gesetzlichen Regelungen: In der sogenannten Pflegestufe 0 erhalten Demenzkranke, die ambulant betreut werden, neben den bereits erwähnten Betreuungszuschlägen erstmals Pflegegeld von 120 Euro oder Pflegesachleistungen von bis zu 225 Euro. Pflegebedürftige Menschen in


BILANZ DER PFLEGE der Pflegestufe I, die dementiell erkrankt sind, erhalten nunmehr 305 Euro Pflegegeld anstatt wie in der Vergangenheit 235 Euro oder Sachleistungen in Höhe von 665 Euro. Dies ist ein Plus von 215 Euro im Vergleich zu vor Inkrafttreten des Pflegeneuausrichtungsgesetzes. In der Pflegestufe II haben sich die Leistungen für Demenzkranke ebenfalls erhöht. Das Pflegegeld beträgt jetzt 525 Euro (früher 440 Euro) und die Pflegesachleistungen 1250 Euro (früher 1.100 Euro).

Entlastung der Angehörigen Eine weitere Verbesserung für dementiell erkrankte Menschen im ambulanten Bereich wurde beim Leistungsspektrum der Pflegedienste erreicht. War es ihnen bisher vom Gesetzgeber auferlegt, nur Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung anzubieten, können jetzt auch gezielt reine Betreuungsleistungen von den Pflegebedürftigen in Anspruch genommen werden. Diese Flexibilisierung der Leistungsauswahl, mit der eine individuelle Versorgungssituation geschaffen werden kann, entspricht dem Wunsch vieler Demenzkranker und ihrer Angehörigen. Denn oftmals sind Demenzkranke körperlich weniger stark auf Hilfe und pflegerische Leistungen angewiesen. Dafür benötigen sie mehr häusliche Betreuung, beispielsweise zur Orientierung im Alltag und bei der Gestaltung eines geregelten Tagesablaufes, zu dem auch simple Spaziergänge gehören können. Entscheidend ist, dass sich dieser neue Leistungskomplex an der individuellen Situation der Pflegebedürftigen bzw. Demenzkranken orientiert und gleichzeitig zu einer Entlastung der pflegenden Angehörigen beiträgt. Erfreulich ist auch, dass eine weitere Optimierung bei den Betreuungszuschlägen im stationären Bereich erreicht werden konnte. Der Betreuungsschlüssel von 1:25 wurde auf 1:24 verbessert. Dies ermöglicht dem Personal, sich noch intensiver um die Bedürfnisse von Demenzkranken zu

kümmern. Gleichzeitig bedeutet dies eine weitere Entlastung des eigentlichen Pflegepersonals und trägt somit zu einer Verbesserung sowohl der Arbeits- als auch der Betreuungssituation bei. Zudem gilt die Regelung nunmehr auch für den teilstationären Bereich, der vorher ausgeklammert war. Auch hier stimmt die Richtung. Umfang und Tempo könnten vielleicht etwas höher sein. Wir allen wissen: Die Prognosen für die Zukunft lassen einen massiven Anstieg der Demenzkranken befürchten. Um die damit verbundenen Anforderungen zu meistern, ist entschlossenes Handeln gefragt. Unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Union gezeigt, dass sie das Problem ernst nimmt und die richtigen Antworten entwickelt. Die Maßnahmen der vergangenen Jahre bilden ein schlüssiges Gesamtkonzept, um die schwierigen Begleitumstände, die eine Demenz unweigerlich mit sich bringt, besser zu bewältigen. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang sicherlich, dass es uns bisher noch nicht gelungen ist, einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff zu definieren und gesetzlich umzusetzen. Der unter Gesundheitsminister Daniel Bahr eingesetzte Expertenbeirat mit den Vorsitzenden K.- Dieter Voß und Wolfgang Zöller MdB beraten seit knapp einem Jahr intensiv und engagiert über die konkrete Ausgestaltung. Es besteht der uneingeschränkte politische Wille, einen konkreten Zeitplan vorzulegen sowie alle mit der Umsetzung einhergehenden Fragen vorab sorgfältig zu klären, damit eine Umsetzung in das Leistungsrecht zügig erfolgen kann. Umso positiver ist es daher, dass trotz der noch nicht erfolgten Neudefinition die betroffenen Frauen und Männer nicht im Regen stehen gelassen werden, sondern trotz Weiterbestehens des alten – überholten – Pflegebedürftigkeitsbegriffes von wichtigen Leistungsverbesserungen im Bereich Demenz als Übergang zum neuen Begriff profitieren können. Eine zweite große Herausforderung für den Bereich Pflege ist das Thema

Fachkräftemangel. Die demografische Entwicklung bedingt einen massiv steigenden Fachkräftebedarf. Jüngste Zahlen der Bundesagentur für Arbeit beziffern die Anzahl der offenen Stellen an Altenpflegekräften bei den Arbeitsämtern auf 14.000. Um einem Mangel an Pflegekräften entgegenzuwirken, muss unser Augenmerk daher auf der Aus- und Weiterbildung liegen. Die Bundesregierung zeigt auch in dieser drängenden Angelegenheit ihre Handlungsfähigkeit und hat ein Gesetz zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege auf den Weg gebracht, das kürzlich vom Bundestag unter Zustimmung aller Fraktionen verabschiedet wurde. Es liegt in den Händen der nächsten Regierung, an die bisherigen Anstrengungen im Bereich Pflege anzuknüpfen, damit den pflegebedürftigen Frauen und Männer unseres Landes ein Leben in Würde bis zum Tode ermöglicht wird, die pflegenden Angehörigen die Anerkennung erfahren, die ihnen gebührt und die Beschäftigten im Pflegesektor ihren Beruf auch zukünftig mit Stolz und Freude ausüben können.

WILLI ZYLAJEW

Willi Zylajew, MdB, ist 63 Jahre alt, Vater von 5 Kindern und studierte Sozialarbeit in Köln. Er ist seit 1969 Mitglied der CDU, war bis 2009 stellvertretender Kreisvorsitzender und ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Rhein-Erftkreis. Er sitzt im Ausschuss für Gesundheit

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Foto: Susann von Wolffersdorff_pixelio.de

RECHT UND GESUNDHEIT setzung dieser Rechte zu verbessern, zugleich Patientinnen und Patienten im Sinne einer verbesserten Gesundheitsversorgung zu schützen und insbesondere im Fall eines Behandlungsfehlers stärker zu unterstützen. Dies werden wir, die christlich-liberale Koalition, mit dem vorliegenden Gesetz erreichen. Deutschland verfügt über ein – auch im internationalen Vergleich – leistungsfähiges Gesundheitssystem. Die geforderten Standards sind bekanntermaßen sehr hoch. Dennoch erleben Patientinnen und Patienten im Behandlungsalltag natürlich auch Defizite und Mängel bis hin zu Schädigungen. Dies liegt auch daran, dass sie ihre Rechte entweder nicht erkennen können, da eine solche Vielzahl unterschiedlicher Rechte besteht oder dass sie ihre Rechte dann gegebenen falls nicht durchsetzen können.

Der Behandlungsvertrag wird nun ausdrücklich im BGB als Unterfall des Dienstvertrags eigenständig in § 630 a BGB normiert

Eigenverantwortung stärken – der mündige Patient Von Prof. Dr. Patrick Ernst Sensburg, MdB

„Man kann nicht von den Leuten Pflichten fordern und ihnen keine Rechte zugestehen“ sagte schon Johann Wolfgang von Goethe. Diese gebündelten Rechte räumt das neue Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten den Bürgerinnen und Bürgern nun endlich ein. In Deutschland sind Patientenrechte derzeit in einer Vielzahl von Vorschriften in verschiedenen Rechtsbereichen – zum Teil lückenhaft –

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geregelt. Dies erschwert es allen Beteiligten im Gesundheitswesen ihre Rechte zu kennen. Vor allem aber – und hier schafft das neue Patientenrechtegesetz nun endlich Abhilfe – fällt es Patientinnen und Patienten sehr schwer, ihre Rechte einzufordern. Richtig verstandener Patientenschutz setzt nicht bei rechtliche Bevormundung an, sondern orientiert sich am Leitbild des mündigen Patienten. Deshalb gilt es, Transparenz und Rechtssicherheit hinsichtlich der bereits heute bestehenden umfangreichen Rechte der Patientinnen und Patienten herzustellen, die tatsächliche Durch-

Dem Ziel, diese Missstände zu beheben, trägt der Gesetzentwurf in zweierlei Weise Rechnung; nämlich zum einen durch Regelungen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Behandlungs- und Arzthaftungsrechts sowie zum anderen durch Regelungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung.

Patientenrechte gestärkt Der Behandlungsvertrag wird nun ausdrücklich im BGB als Unterfall des Dienstvertrags eigenständig in § 630 a BGB normiert. Gegenstand des Behandlungsvertrags ist die „medizinische Behandlung“, die sachgerecht als Heilbehandlung verstanden wird. Ausgenommen sind hierbei zu Recht Leistungen der Häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V oder medizinischpflegerische Leistungen im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) nach § 37b SGB V. Auch die Verträge im Geltungsbereich des WBVG werden zu Recht explizit vom Anwendungsbereich ausgenommen.


RECHT UND GESUNDHEIT Weiter wird das Akteneinsichtsrecht die Einleitung des Gutachtenverder Patientinnen und Patienten gefahrens schriftlich zu informieren. stärkt. Zudem erhalten PatientenKann die Krankenkasse die Fristen organisationen hinsichtlich der ärztnicht einhalten, ist der Versicherte lichen Bedarfsplanung auf Landesunter Angabe hinreichender ebene ein Recht Gründe schriftzur Stellungnahme. lich darüber zu Die Bürgerinnen und informieren. HinSchließlich erBürger von denen wir reichende Gründe halten PatientenPflichten fordern, haben liegen z. B. vor, vertreterinnen und als Patientinnen und wenn der Ver-vertreter beim GePatienten nun endlich sicherte oder meinsamen BundesDritte nicht geausschuss ein StimmRechte, die sie einsehen nügend oder recht in Verfahrensund durchsetzen können. fragen. rechtzeitig bei einer körperlichen Untersuchung Klare Fristen im Gesetz mitgewirkt oder von einem Gutachter benötigte Unterlagen beigebracht Hinsichtlich des zweiten großen Teils haben oder ein Obergutachten eindes Gesetzes – der Regelungen begeholt oder der Prothetik-Einigungstreffend der Krankenkassen – ist beausschuss angerufen wurde. sonders auf die nun eindeutige, transparente Festlegung der Fristen beHinderungsgründe der Krankenkasse wie z. B. Arbeitsrückstände oder treffen der Erteilung von LeistungsUrlaubssituation gelten nicht als hinbescheiden hinzuweisen. Die Frist reichende Begründung. Ohne Mitfür den Leistungsentscheid beträgt grundsätzlich drei Wochen. In Fällen, teilung eines hinreichenden Grundes in denen ein Gutachterverfahren innerhalb der Frist können sich Verdurchgeführt wird, beträgt sie grundsicherte nach Fristablauf die Leistung sätzlich fünf Wochen, wobei die Frist selbst beschaffen. Das bedeutet, dass für das Gutachten auf drei Wochen die Leistung dann als genehmigt gilt und die Krankenkasse zur Erstattung festgelegt wurde. Wird ein im verpflichtet ist. Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren Bereits an diesen beispielhaften Erdurchgeführt, hat die Krankenkasse läuterungen ist klar zu erkennen, innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden. Die Versicherten sind über dass der christlich-liberalen Koalition

Allergologie Allgemeine Laboruntersuchungen Anti-Aging Arbeitsmedizin Erbkrankheiten/Humangenetik Individuelle Gesundheitsleistungen Patientenschulungen Umweltmedizin

Labor

mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten ein ausgewogenes und zukunftsweisendes Gesetz gelungen ist. Die Bürgerinnen und Bürger von denen wir Pflichten fordern, haben als Patientinnen und Patienten nun endlich Rechte, die sie einsehen und durchsetzen können. Ich wünsche mir, dass viele Patientinnen und Patienten diese Rechte beherzt wahrnehmen.

PATRICK SENSBURG

Prof. Dr. Patrick Sensburg, MdB, ist 41 Jahre alt. Seit 2009 vertritt er als Abgeordneter den Hochsauerlandkreis im Deutschen Bundestag. Hier ist er Mitglied des Rechtsausschusses und Vorsitzender des Unterausschusses für Europarecht. Er ist Professor an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Münster.

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Foto: Gerd Altmann/ pixelio.de

EUROPA

EUROPA, meine alte große Liebe

Wirtschaftliche Interessen sind zwar wichtig, sie sind mir aber als Motiv zum Aufbau der Einheit Europas dennoch zu wenig

Vortrag von Pfarrer Wolfgang Severin bei der 40. Bundesschülertagung der Schüler Union am 22.09.2012 in Berlin Europa ist so etwas wie meine große alte Liebe, falls man das als katholischer Priester überhaupt haben darf. Als ich vor genau vier Jahren durch die deutsche Bischofskonferenz nach Brüssel gesandt wurde, um die katholische Gemeinde deutscher Sprache dort zu leiten, ging für mich so etwas wie ein Traum in Erfüllung. Schon als Kind im Kunstunterricht hatte ich die Aufgabe bekommen ein Mobile zu bauen. Das Thema konnten wir dabei frei wählen. Ich hatte mich damals dazu entschlossen, die damalige EWG zu nehmen. Das waren ab 1973 genau neun Staaten. Ich hatte die Flaggen auf papierne Quadrate gemalt, diese als Mobile aufgehängt und mittendrin die damals gängige Europafahne, ein grünes E auf weißem Grund. Ihr seht, das ist schon lange her und für Euch heute nicht von großer Bedeutung. Es soll nur illustrieren, wie wertvoll mir damals schon der Zusammenschluss Europas war. Das hatte auch mit den Erfahrungen zu tun, die ich auf ersten Reisen ins benachbarte Aus-

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land gemacht hatte. Vor allem war mir in Erinnerung geblieben, dass ich oft genug, nachdem ich als deutscher Jugendlicher erkannt worden war, von Gleichaltrigen mit dem Hitlergruß begrüßt wurde. Meist sicher eher aus reinem Spaß am Hochnehmen eines anderen als aus böser Absicht. Und doch bestätigte das immer wieder mein Gefühl, dass ich mich dafür zu entschuldigen hatte, deutsch zu sein. Für einen Jugendlichen ein ziemlich schlimmes Gefühl, für etwas als schlecht angesehen zu werden, für das man nun wirklich nichts konnte, schließlich hatte ich mein Geburtsland nicht selbst gewählt. Das ist lange her und wich irgendwann dem befreienden Gefühl der Anerkennung. Wie oft hieß es dann ab der Jahrtausendwende: ihr Deutschen habt das ja wirklich super gemacht: Euer Umgang mit der Geschichte, Eure wirtschaftliche Stärke und dennoch Eure beispielhafte politische Zurückhaltung.

Deutschland ist wieder ein respektiertes und voll akzeptiertes Mitglied der Völkerfamilie. Dass es gegenwärtig im Rahmen der Euro-Krise manchmal darauf hingewiesen wird, gerade als Deutsche doch bitte mehr für Europa zu tun, ist für manchen vielleicht irritierend, aber nicht mehr verstörend. Das ist der Preis, den dieses Land für seine gegenwärtige Stärke zu zahlen hat. Nun habt Ihr mich aber nicht eingeladen, um Euch von mir eine politische Rede anzuhören- da seid Ihr als Jungpolitiker weitaus talentiertersondern Ihr habt mich um ein geistliches Wort gebeten. Nun muss sich das aber nicht gegenseitig ausschließen. Geistliche Einsichten können auch politische Folgen haben. Ich habe Euch eben von meiner Sehnsucht nach der Einheit Europas erzählt, ich könnte Euch noch von den Tränen der Freude berichten, die ich geweint habe als die ehemaligen Ostblockstaaten Mitglieder der EU wurden, von dem wunderbaren Gefühl zur Wendezeit in Deutschland zur jetzt ehemaligen Mauer hier in Berlin zu fahren und von diesem Monster mit


EUROPA gesamt. Und das gilt sicher für jeden, Hammer und Meißel Stücke herauszuDer Mensch ist ein Spiegelbild Gottes, der sich für die Einheit Europas einhämmern. Es wären alles Beispiele für in jedem begegnet mir dieser Gott. Das setzt. Auch der hat Gottes Geist an seiner das, was uns Menschen eingepflanzt garantiert einem jeden Menschen seine Seite. Es ist zweifelsohne nachvollzieheinmalige Würde, seine Menschenrechte. ist: Der Sehnsucht nach Einheit. Der Mensch ist nicht nur ein soziales Wesen, Die Sehnsucht des Menschen nach Einbar, wenn festgestellt wird, dass Europa das sich in Gruppen organisiert, die zuseinen Einfluss in der Welt verliert, wenn heit und der unendliche Wert eines jeden es nicht mit einer Stimme spricht. Alleine Menschen, begründet in seiner Ebensammenhalten, die das Überleben des aus wirtschaftlichen Gründen ist es sinnbildlichkeit Gottes sind für mich eine Einzelnen erleichtern, er ist vor allem voll, gemeinsam aufzutreten. Weitaus sehr stabile geistliche Grundlage für ein Wesen, das von der Einheit lebt. Das dynamischere Regionen dieser Welt als ein Europa mit Zukunft. Ich bin froh, Gefühl, das sich z. B. bei einem Fußballdas alternde Europa werden uns eben dass mir heute mein Kunstlehrer von spiel in einem großen Stadion einstellt oder das gemeinsame Erleben bei einem sonst den Rang ablaufen. damals nicht mehr die Aufgabe geben Konzert oder die Erfahrung eines Europa ist nicht fertig gebaut, wenn es in kann ein Mobile herzustellen. Ich gemeinsamen Gottesdienstes mit könnte es kaum noch für Europa allen Regionen wirtschaftlich wieder gut machen- jedenfalls nicht mehr mit einer Millionen Teilnehmern bei einem katholischen Weltjugend- laufen sollte. Europa ist erst dann voll- 27 Papierquadraten, die die einzeltag sind nur Symptome für das, endet, wenn wir uns als Europäer ver- nen Mitgliedsländer symbolisieren. was wir Menschen uns im Tiefsten antwortlich füreinander fühlen. Es würde viel zu groß und schwer. Selbstverständlich haben wir alle etwas wünschen. Das Alleinsein zu überIch wünschte mir aber, dass diese Aufdavon, wenn die europäische Wirtschaft winden, die Trennung aufzuheben, eins gabe in absehbarer Zukunft aus einem zu sein. anderen Grund nicht mehr zu realisieren gut läuft, wenn Menschen Arbeit haben, wäre- nämlich, weil es nur noch ein besonders Jugendliche. Und es muss Der Evangelist Johannes lässt Jesus im Europa gibt, das sich nicht mehr in viele Priorität haben, gerade Euren Alters17. Kapitel sagen: „Alle sollen eins sein: Nationalitäten aufspalten lässt. Wir sind genossen in den südlichen Ländern Europas Arbeit und gerechte Entlohnung Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir schon einen weiten Weg gegangen. Ich bin, sollen auch sie in uns sein, damit die zu ermöglichen. Eine funktionierende kann nur an Euch appellieren, nicht zuWelt glaubt, dass du mich gesandt hast. soziale Marktwirtschaft ist eine Grundzulassen, dass wir den ganzen Weg Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gelage für den Aufbau und den Erhalt gewieder zurückgehen. Wem es etwas begeben, die du mir gegeben hast; denn sie rechter Gesellschaften. Aber Europa deutet, dem sei versichert, dass der Gott sollen eins sein, wie wir eins sind.“ Dieses der Liebe den Weg weiter mitgeht. Er sei ist nicht fertig gebaut, wenn es in allen philosophisch klingende Wort Jesu wird Regionen wirtschaftlich wieder gut laufen bei Euch. in den Kirchen meist benutzt um, auf den sollte. Europa ist erst dann vollendet, Skandal hinzuweisen, den es zweifelswenn wir uns als Europäer verantwortWOLFGANG SEVERIN lich füreinander fühlen. ohne bedeutet, dass wir immer noch in viele Konfessionen aufgespalten sind und eben nicht, die Einheit im Glauben an Zurzeit droht bekanntlich der Rückfall den Gott der Liebe zeigen. in nationale Denkweisen. Jede Nation will ihre eigene Haut retten. Das hat Und doch scheinen mir diese Sätze Jesu eine enorme Sprengkraft für das Projekt darüber hinaus zu weisen. Sie sind eine „Europa“. Lasst Euch also nicht und nie Aufforderung dazu, der wirklichen Bewieder vor den Karren des Nationalisstimmung des Menschen nach zu lebenmus spannen. Seht im anderen nicht vornämlich eins zu sein. Das Wesen des nehmlich den Griechen, den Schweden, christlichen Gottes ist die Liebe. Gott ist den Rumänen, den Litauer oder den die Liebe. Und jeder und jede, der und Engländer. Den gibt es nämlich nicht. die mal verliebt waren oder lieben, wissen So wie es in Deutschland sympathische wie groß die Sehnsucht der Liebe nach und unsympathische Menschen gibt, Vereinigung, nach Einheit ist. Wir wollen wie es hier Versager und Gewinner gibt, eins sein. Das hat Gott in uns angelegt. schlechte und gute Menschen, freundliche und unhöfliche gibt es die natürlich Wer Anhänger des Gottes der Bibel ist, Wolfgang Severin, Jahrgang 1960, ist wer dem Gott der Liebe anhängt, der will auch in allen anderen Staaten. Wir sind seit 2008 Pfarrer der katholischen Gedie Einheit. Und das ist eben nicht nur vor allem Europäer, oder noch besser: meinde deutscher Sprache in Brüssel. etwas für das private Glück- so schön es wir sind vor allem Menschen. Eine der Zuvor war er bereits Pfarrer der Auslandsauch ist, wenn Menschen zueinanderersten und wichtigsten Aussagen der gemeinde in Sydney. Nebenberuflich ist Severin Moderator der Reihe „Das Gefinden und zusammenstehen- sich lieben. Bibel ist die von der Ebenbildlichkeit des spräch“ bei Bibel-TV Es geht eben auch um die Einheit insMenschen.

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VERSANDAPOTHEKEN

Patienten als „Smarte Verbraucher“ sind heute in der Lage, das World Wide Web zu nutzen und Anbieter sowie deren Angebote anhand verschiedener Faktoren zu vergleichen

VERSANDAPOTHEKEN UND MULTICHANNEL Die Bedeutung multidimensionaler Distributions- und Kommunikationskanäle im Arzneimittelversand im Zeitalter des Web 2.0 Von Rainer Seiler und Jessica Fellmann Unbegrenzter Informationszugang durch das Internet und das wachsende Bedürfnis nach Individualismus begründet den Wandel des klassischen Patienten zum modernen Kunden, der sich nicht mit länger mit traditionellen Kommunikationsund Absatzkanälen begnügt, sondern eine Kombination aus verschiedenen Medien nutzt und diese „Multioptionalität“ auch im Rahmen von Kauf- und Dienstleistungsprozessen von Leistungserbringern erwartet.

Die demographische Entwicklung und Zunahme chronischer Erkrankungen erfordern eine hohe Wirksamkeit der Medikamente und eine effiziente

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Arzneimittelversorgung. Es wächst der Wunsch nach Compassion – nach Zuwendung und Dialog. Diesem Wunsch wird mehr und mehr nicht nur über das traditionelle Arzt- oder Apothekergespräch, sondern vor allem auch über neue Kommunikationsmedien oder im Rahmen von virtuellen Communities nachgekommen und das am liebsten von zu Hause aus. Dies erhöht den Druck auf alle Leistungserbringer, kosteneffiziente und gleichzeitig qualitativ hochwertige Leistungen anzubieten - insbesondere in der Arzneimittelversorgung. Neben der Verordnung der Arzneimittel stehen die Produktion, die Distribution und damit die Rolle der Pharmaunternehmen, Apotheken und Großhändler im Vordergrund.

Kunden fordern Multioptionalität

Nicht zuletzt durch die Sichtweise, die Herausforderungen der heutigen Zeit als Chance für Wachstum zu betrachten, hat sich Zur Rose als Marktführer im Versand von Arzneimitteln in Deutschland, der Schweiz und Österreich durchsetzen können. Um den neuen Kundenanforderungen an Multioptionalität gerecht zu werden und dem weltweiten Trend der vermehrten Internet- und besonders der Smartphone-Nutzung nachzukommen, bietet Zur Rose seinen Kunden optimale Wahlmöglichkeiten im Rahmen des Bestellvorgangs. Der Trend „brick and click“ ist ein grundlegender Mechanismus den Benefit für den Kunden zu maximieren. Bestellungen können via Katalog, Telefon, Online im Webshop oder seit Januar diesen Jahres stationär in ausgewählten Filialen der Drogeriemarktkette dm an Bestellterminals erfolgen. Besonders letztere Option, Arzneimittel in den dm-Filialen bestellen und abholen zu können, wurde mit einer sehr positiven Resonanz aufgenommen. Die Kooperation mit dm als wertvollen Industrie-Partner ermöglicht es Kunden, diskret und preiswert Apothekenprodukte in ihrer ausgewählten Drogerie zu beziehen. Diese Erweiterung des Absatzkanalspektrums ist für Zur Rose ein weiterer Schritt den Kunden eine Full-Service-Versorgung bieten zu können. Neben einer hohen Kundenorientierung und der Sicherstellung einer schnellen, bequemen und preiswerten Arzneimittelversorgung durch verschiedene Distributionskanäle, liegt Zur Rose die Implementierung neuer Ansätze im Arzneimittelmanagement am Herzen. Diese lehnen sich an etablierte Grundlagen eines „Pharmaceutical Benefit Managements“ an.

Elektronisches Rezept

Teil dieses ArzneimittelmanagementKonzepts sind die neuen und innovativen Selbstmanagement-Tools, welche die Patienten bei der Arzneimitteltherapie unterstützen. Eines dieser Tools ist die Applikation (App) MediMemory® für Smartphone-Nutzer, die eine Verwaltung des Medikamentenvorrats ermöglicht.


VERSANDAPOTHEKEN Die App löst bei Unterschreitung des minimalen Medikamentenbestands Alarm aus und erinnert, zu welchem Zeitpunkt welches Medikament eingenommen werden muss. Kundenorientierung heißt deshalb auch mit elektronischen Tools Patienten besser beim Selbstmanagement ihrer Gesundheit und der Medikamenteneinnahme zu unterstützen. Ein weiterer Meilenstein des Multichannel Konzepts stellt das elektronische Rezept dar, das Zur Rose als Pionier bereits in der Schweiz erfolgreich einführen konnte. Das eRezept bietet eine innovative Lösung, Fehler im Medikationsprozess zu minimieren, da es die eindeutige Identifikation des Inhaltes, die Vermeidung von Fälschungen und die Vollständigkeit der Angaben auf dem Rezept sicherstellt. Zur Rose ist sehr engagiert, die Implementierung dieses Modells auch in Deutschland zu forcieren und die MedikationssicherheitsStandards auf dem deutschen Markt neu zu definieren.

Die Marke „Zur Rose“

Mit den differenzierten Anforderungen der Kunden, haben sich die Dimensionen des Wettbewerbs verändert. Neben klassischen Preis- und Verkaufsstrategien bedarf es klarer Markenbilder und -identitäten, mit deren Botschaften sich der Kunde identifizieren kann. Zur Rose arbeitet aktiv an der Etablierung der Marke „Zur Rose“ mit seinen Kernelementen Pionier, Herz und Kompetenz.

Dabei steht die Marke zum einen für eine Pionierrolle im Gesundheitswesen, die eine bessere Versorgung zu einem günstigeren Preis sichert, zum anderen für eine direkte Unterstützung unkompliziert gesund zu werden. Der Faktor Kompetenz wird durch die Verankerung im Ärztestand und die Verbundenheit mit der Profession des Apothekers, die medizinisches und pharmazeutisches Know-how sowie Schweizer Qualität und Sicherheit garantieren, gesichert. Mit dem Kauf von DocMorris Ende letzten Jahres, kann Zur Rose nun eine der bekanntesten Marken im deutschen Gesundheitsmarkt zur Gruppe dazugehörig nennen. Der Zusammenschluss eröffnet ein erhebliches Synergiepotenzial, das sich positiv auf die Profitabilität der Gruppenaktivitäten in Deutschland auswirkt. Zudem wird sich die Rolle der Zur Rose Gruppe in der deutschen Arzneimittelbranche als strategischer Partner für alle an der Arzneimittelversorgung beteiligten Akteure langfristig erheblich stärken. Zur Rose ist es in der Vergangenheit immer wieder gelungen, den Herausforderungen des neuen Zeitalters mit qualifizierten Know-how und innovativen Ideen, die sich an den individuellen Bedürfnissen der Kunden orientieren, am bestehenden Markt zu etablieren und neue Märkte zu erschließen. Diesem Pioniergeist ist es auch zu verdanken, dass Zur Rose mit Ärzte- und Versandgeschäft diversifiziert und in mehreren

Ländern präsent ist – dies ist ein langfristiger Wettbewerbsvorteil, der nicht so leicht kopiert werden kann.

RAINER SEILER

Rainer Seiler ist Geschäftsführer des zur Schweizer Zur Rose Gruppe gehörenden Apothekendienstleisters Zur Rose Pharma GmbH und der tschechischen VfG - Versandapotheke für Gesundheit. Er agiert seit über zehn Jahren in verschiedenen leitenden Funktionen im Marketing und Vertrieb internationaler Pharma- und Medizintechnikunternehmen, zuletzt als Vertriebsleiter der ratiopharm GmbH, einem internationalen Generikaunternehmen

Jessica Fellmann ist als Junior-Projektmanagerin bei der Zur Rose Pharma GmbH tätig und absolviert im dualen Verbund den Master in International Management an der Steinbeis Hochschule Berlin

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AMBULANTE REHA

Die Reha der Zukunft muss flexibel sein

Von Dieter Welsink Dorit Winz ist der Typ Mensch, der gerne als Energiebündel bezeichnet wird. In ihrem Trainingsanzug sieht sie eher aus wie eine ambitionierte Sportlerin als eine Reha-Patientin. Der Blick der 50-Jährigen mit der blonden Kurzhaarfrisur ist wach und rastlos. Es ist schwer vorstellbar, dass die Meerbuscherin, die Tennis spielte und in ihrem Job als Außendienstlerin täglich etliche Kilometer auf der Autobahn abspulte, Mitte Januar mit einer neuen Hüfte in einem Krankenhausbett aufgewacht ist. „Am nächsten Tag bin ich das erste Mal aufgestanden, nach fünf Tagen entlassen worden, wenig später saß ich das erste Mal auf dem Fahrrad“, sagt sie und zuckt mit den Schultern.

Das war am ersten Tag ihrer Reha-Maßnahme bei der medicoreha in Neuss. Dorit Winz hat sich für die ambulante Reha entschieden, der Flexibilität wegen. „Ich bin nachts einfach lieber zu Hause“, sagt sie. Das gewohnte Umfeld, die beiden Hunde – der Organisationsaufwand sei einfach geringer. Dass die ambulante Reha in geeigneten Fällen

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ebenso gute Behandlungserfolge erzielen kann wie die stationäre, wurde in mehreren wissenschaftlichen Studien belegt. Darauf weist die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) in ihrem für 2012 aktualisierten „Reha-Bericht“ hin. Seit 1997 hat sich die Reha vor Ort fast verfünfzehnfacht, sie macht derzeit 13 Prozent aller medizinischen RehaLeistungen aus.

Vorteil: soziales Umfeld Für Dieter Welsink, geschäftsführender Gesellschafter der medicoreha Welsink Rehabilitation GmbH, ist das soziale Umfeld einer von mehreren Vorteilen der wohnortnahen Versorgung. Im Rahmen der Reha vor Ort – und das ist dem medicoreha-Chef wichtig – ist der Patient gezwungen das Schonumfeld zu verlassen. Der Rehabilitand kann im eigenen Haushalt ausprobieren, wie er mit seinem Handicap zurecht kommt. Wie schwierig ist der Gang in den Keller? Klappt der Schritt über den Wannenrand und unter die Dusche? Zudem spannt sich in der Regel ein engmaschiges Netzwerk niedergelassener

Ärzte um die ambulante Reha-Einrichtung. Bei der Gesetzlichen Krankenversicherung hat sich diese Erkenntnis inzwischen durchgesetzt: Seit 2007 hat sie für die ambulante Reha rund 25 Prozent mehr ausgegeben, die Leistungsausgaben für die stationäre Reha sind derweil um 12 Prozent gekappt geworden. Als 50-Jährige ist Dorit Winz sozusagen der Prototyp einer Patientengruppe, die künftig massiv in die Reha-Zentren und -Kliniken strömen wird: Dem „Reha-Bericht“ der DRV zufolge liegt das Durchschnittsalter in der medizinischen Reha bei 51 Jahren; davon laborieren über 30 Prozent an Problemen im Bereich der Muskeln, dem Skelett oder Bindegewebe. „Für die geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt zwischen 45 und 65 Jahre alt sind, nimmt der Reha-Bedarf zu“, sagt auch Philipp Hemmrich, Geschäftsführer bei dem Neusser Gesundheitsdienstleister, der rund 300 Mitarbeiter an 13 Standorten beschäftigt. Diese Patientengruppe, die in den vergangenen Jahren schnell zum alten Eisen gezählt wurde, wird in der Arbeitswelt der Zukunft dringend gebraucht.


AMBULANTE REHA Reha statt Rente 5,66 Milliarden Euro hat die DRV 2011 für die Rehabilitation bewilligt, davon 4,1 Milliarden für die medizinische Rehabilitation und 1,2 Milliarden Euro für so genannte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Aber reicht das? Die DRV selbst meint: nein. Ihre Geldtöpfe sind gesetzlich gedeckelt – trotz einer weiteren Zunahme bei den RehaPatienten. „Es ist daher abzusehen, dass das Reha-Budget nur durch den Verzicht auf notwendige Leistungen weiter eingehalten werden kann“, meint die DRV. Dies würde zu einer Zunahme von Erwerbsminderungsrenten führen und den Bemühungen um eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit entgegenlaufen. Aus Sicht der DRV müsste das Budget für 2017 300 Millionen Euro über dem Betrag liegen, der aus der momentanen Sicht eingeplant ist. Dabei lohnt sich eine Reha-Maßnahme schon, wenn sie den Eintritt in die Rente um fünf Monate verzögert. An die positiven Effekte einer qualitativ hochwertigen Rehabilitation glauben inzwischen auch die Polit-Eliten in Berlin. Die medizinische Rehabilitation sei in Zeiten zunehmender chronischer Erkrankungen und der steigenden Lebenserwartung für die Gesundheitsversorgung

der Bevölkerung von besonderer Bedeutung, erklärte die Bundesregierung. Es gelte das Motto „Reha vor Pflege“. Der Bund spricht damit auch die zweite große Patientengruppe neben den „Baby-Boomern“ an: ältere Patienten zwischen 75 und 85 Jahre, oftmals mit orthopädischen oder onkologischen Erkrankungen. Dieter Welsink meint dazu: „Ziel muss es sein, die Einweisung von alten Menschen in Pflegeeinrichtungen zu vermeiden.“ Dies schont nebenbei auch die Kassen von Städten und Gemeinden, deren oft defizitäre Haushalte zunehmend in Schieflage geraten.

der Taufe gehoben, das sich speziell an Menschen mit türkischem Migrationshintergrund wendet. Ein mehrsprachiges Team kümmert sich am Standort Köln insbesondere um die psychosomatische Rehabilitation.

DIETER WELSINK

Ein Schlaglicht werfen möchte der Gesundheitsdienstleister noch auf eine dritte Gruppe: Migranten in Deutschland, die enorm wichtig sind für den Arbeitsmarkt, aufgrund sprachlicher und kultureller Hemmnisse aber Sorgenkinder. „Sie finden oft nur schwer Zugang in den Gesundheitsmarkt“, bestätigt Welsink und fordert auch daher einen politischen Änderungswillen, der eine größere Spezialisierung der Programme möglich machen soll, um die Rehabilitation künftig passgenauer auf die verschiedenen Patienten-Gruppen ausrichten zu können. Erste Schritte hat der Gesundheitsdienstleister bereits getan: So hat er gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung Rheinland ein Projekt aus

Dieter W. Welsink, geboren 1957 im Marl, ist als Diplom-Sportlehrer und Physiotherapeut geschäftsführender Gesellschafter der medicoreha Welsink Rehabilitation GmbH–Gruppe mit rund 300 Mitarbeitern und 350 Fachschülern für Physio- und Ergotherapie. Ende der 70er Jahre wurde er Welt- und Vizeweltmeister im Kanuslalom sowie mehrfacher Deutscher Meister im Zweier-Canadier. Heute steht er an der Spitze der CDU-Fraktion im Kreistag des Rhein-Kreis Neuss. Als Mitglied der IHK-Vollversammlung leitet er den Arbeitskreis Gesundheitswirtschaft. Seit 2013 ist er Mitglied des Wirtschaftsrates der CDU Deutschland

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Foto: Eva-Maria Roßmann/ pixelio.de

AMNOG

2 JAHRE AMNOG – EIN ERSTES FAZIT

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AMNOG Von Christian Kruse

Ein Gesetz auf dem Prüfstand Am 01.01.2011 trat das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, kurz AMNOG in Kraft. Grundlage für dieses Gesetz war die steigende Ausgabenentwicklung für insbesondere neue Arzneimittel ohne Festbetrag. Kostenintensive Spezialpräparate erzielten in der Ausgabendynamik zweistellige Wachstumsraten. Prognosen des Schätzerkreises ließen ebenfalls keine positive Entwicklung erahnen. Die Politik war zum Handeln gezwungen. Neben der rückwirkenden Erhöhung des Zwangsrabattes von 6 auf 16 Prozent und dem dreijährigen Preismoratorium für patentgeschützte Arzneimittel, wurde ein Instrument gesucht, um die Kostensteigerungen bei neuen Arzneimitteln einzudämmen. Herausgekommen ist das AMNOG. Ziel ist es, einen ausgewogenen Ausgleich der Interessen der Krankenkassen und der Arzneimittelhersteller zu schaffen und eine bessere Arzneimittelbehandlung zu faireren Preisen ermöglichen. Die Höhe des Zusatznutzens, der Preis eines Produktes und die zu erwartende Verordnungsmenge spielen in diesem Verfahren eine große Rolle. Wie funktioniert es? Und so funktioniert das neue Gesetz: Nach Abschluss ihrer Phase-2-Studien können Arzneimittelhersteller beim G-BA ein Beratungsgespräch anfordern. Hierbei können sich Hersteller und G-BA über die zweckmäßige Vergleichstherapie (ZVT), die dem neuen Wirkstoff als Vergleich gegenübergestellt wird, beraten. Der Hersteller hat dann die Möglichkeit, seine Phase3-Studien (Zulassungsstudien), an die Anforderungen des G-BA anzupassen und das Studiendesign entsprechend zu ändern. Die früher üblichen PlaceboStudien werden zunehmend durch Direktvergleiche mit anderen Therapiemöglichkeiten verdrängt oder ersetzt. Zum Zulassungszeitpunkt muss der Pharmazeutische Unternehmer (pU) beim G-BA ein Dossier für seinen neuen Wirkstoff einreichen. Von

diesem Dossier werden nicht nur Angaben über den Zusatznutzen gegenüber der ZVT verlangt, sondern auch Angaben wie Studienregister oder Größe der Patientenpopulation, die für die Behandlung mit diesem Wirkstoff in Frage kommen. In der Regel lässt der G-BA das Dossier dann vom IQWiG begutachten. Das Institut prüft das Dossier, führt eine frühe Nutzenbewertung durch und erstellt eine Bewertung mit einer unverbindlichen Empfehlung für den G-BA hinsichtlich des Ausmaßes des Zusatznutzens. Hierfür stehen dem IQWiG maximal drei Monate zur Verfügung. Nach Erstellung des IQWiG-Gutachtens hat der G-BA weitere drei Monate Zeit, um auf Basis des Gutachtens den Zusatznutzen zu beschließen. Zuvor gibt es für medizinische Fachgesellschaften, Ärzte, Hersteller, Verbände und Patientenvertreter/ - Organisationen die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme und sich in anschließender Anhörung zu äußern. Der G-BA kann in seinem Beschluss auch von der Bewertung des IQWiG abweichen. Sechs Monate nach Zulassung und Einreichung des HerstellerDossiers steht damit die Entscheidung über den Zusatznutzen des neuen Wirkstoffs. Danach kann der Hersteller an dieser Stelle letztmals von seiner Möglichkeit eines „Opt-Out`s“ Gebrauch machen. Kann kein Zusatznutzen festgestellt werden oder fällt dieser geringer aus als erwartet, so kann er das Produkt wieder vom Markt nehmen, wenn er befürchtet, mit der Bewertung in den Preisverhandlungen keinen akzeptablen Preis mehr erzielen zu können. Lässt der Hersteller die „Opt-Out“Möglichkeit ungenutzt, so gibt es zwei Möglichkeiten: Wurde für den neuen Wirkstoff kein Zusatznutzen festgestellt, oder war dieser nicht quantifizierbar, wird das neue Medikament, wenn möglich, einer Festbetragsgruppe zugeordnet. Ist das nicht möglich, erhält der Hersteller maximal den Preis der gewählten ZVT. Weist der neue

Wirkstoff einen Zusatznutzen auf, wird gemeinsam gemäß § 130 b SGB V mit dem GKV SV ein Rabatt ausgehandelt. Dieser richtet sich nach der Höhe des Zusatznutzens. Von einem Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen bis zu einem Beleg für einen beträchtlichen Zusatznutzen gibt es zahlreiche Abstufungen, die sich hauptsächlich aus der Aussagekraft der gelieferten Studien ergeben. Sechs Monate stehen den beiden Verhandlungspartnern für die Preisfindung zur Verfügung. Zwölf Monate nach Marktzulassung sollten die frühe Nutzenbewertung und die Preisfindung abgeschlossen sein. Wird in den Preisverhandlungen keine Einigung erzielt, wird eine Schiedsstelle einberufen, die paritätisch vom Hersteller (jeweils 2 Stimmberechtigte) und des GKV SV sowie drei unabhängigen Personen besetzt wird. Der Schiedsstelle stehen maximal drei Monate zur Ergebnisfindung zur Verfügung. Der hier ausgehandelte Rabatt soll sich am europäischen Preisniveau richten. Der beschlossene Rabatt gilt dann rückwirkend für alle Produkte, die zwölf Monate nach Marktzulassung verschrieben worden sind. Alle ausgehandelten Preise werden veröffentlicht und sind auch für andere Länder transparent. Stehen dem G-BA Kapazitäten für weitere Nutzenbewertungen zur Verfügung, kann er auch Produkte aus dem Bestandsmarkt aufrufen und dieser einer Nutzenbewertung unterziehen.

Anfängliche Kritik Bei Inkrafttreten des Gesetzes gab es reichlich Kritik. Einige Hersteller berichteten von Beratungsgesprächen, zu denen der G-BA fachfremdes Personal gesandt hat. Eine reale Beratung fand nicht stand. Einzelne Hersteller berichteten dabei vielmehr von „Verkündungen“. Die Auswahl der ZVT war in einigen Fällen nicht nachvollziehbar. Die Einbindung von unabhängigen Experten schien bei der Auswahl der ZVT, wie z.B. beim Scoping im

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AMNOG englischen NICE-Prozess, notwendig. Die Abstimmung mit den Zulassungsbehörden war mangelhaft. In den frühen Nutzenbewertungen wurden Subindikationen und Subgruppen gebildet. Evidenz aus Studien, die sich nicht an der ZVT orientierten, wurde dabei nicht berücksichtigt. Bei Unvollständigkeit wurden komplette Dossiers nicht berücksichtigt. In Einzelfällen wurden vom Hersteller Studien gefordert, die von den Zulassungsbehörden als unethisch abgelehnt wurden. Bei einem Hepatitis C-Produkt sollte die Senkung der Viruslast nicht als patientenrelevanter Endpunkt anerkannt werden. Viele Hersteller hätten sich vom Gesetzgeber einen genauer definierten Zusatznutzen gewünscht. Es gab die Befürchtungen, dass ein geringer Zusatznutzen nicht ausreichend honoriert werden könnte und somit Innovations-

Wirkstoffe das gesamte AMNOGVerfahren durchlaufen. Leider gibt es für viele Wirkstoffe nicht nur eine Bewertung, sondern mehrere Bewertungen, die sich nach Subindikationen und Sub-Gruppen richten. Experten nennen dieses Verfahren „Slicing“. Das IQWiG hat die 27 neuen Wirkstoffe für insgesamt 50 Subgruppen bewertet. Der G-BA ist nicht allen Einteilungen gefolgt und hat nur für 45 Subgruppen eine Bewertung vorgenommen. Etwa zwei Drittel der bewerteten Wirkstoffe haben auf Wirkstoffebene einen Zusatznutzen attestiert bekommen, auf Subgruppenebene allerdings nur noch die Hälfte. Bei vier Produkten haben die Hersteller von der Möglichkeit des OptOuts Gebrauch gemacht.

Ziel des AMNOG ist es, einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen Krankenkassen und Arzneimittelhersteller zu schaffen und eine bessere Arzneimittelbehandlung zu faireren Preisen ermöglichen. Die Höhe des Zusatznutzens, der Preis eines Produktes und die zu erwartende Verordnungsmenge spielen in diesem Verfahren eine große Rolle. schritte abgewürgt werden. Eine Entdeckung wie Penicillin ist in der Forschung leider eine Seltenheit. Die Veröffentlichungen der ausgehandelten Rabatte sind für die Industrie ebenfalls ein großes Problem. Noch ist Deutschland Referenzland für 27 Länder. Die Hersteller gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie sich in Preisverhandlungen mit offenem Ergebnis begeben, da das Ergebnis den Preis für weitere 27 Länder negativ beeinflussen kann. Aber auch von Fachärzten oder medizinischen Fachgesellschaften gab es in vielen Fällen Kritik an der Auswahl der ZVT und der Bewertung des Zusatznutzens. Mit Kritik zurückhaltender zeigen sich bisher die Patientenorganisationen.

Erste Erfahrungen Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes ist die Bilanz durchwachsen. Bis zum 31.12.2012 haben 27 neue

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Vor allem bei den Beratungsgesprächen nach § 35 a hat sich die Situation verbessert. Hersteller, G-BA und Zulassungsbehörden arbeiten enger zusammen. Ein Scoping-Prozess oder ein Appellationsgremium mit unabhängigen Experten wäre jedoch weiterhin wünschenswert.

Es ist weiterhin problematisch, dass die in den Beratungsgesprächen gemachten Aussagen nicht verbindlich sind. Richtet der Hersteller seine Studien auf die ZVT aus dem Beratungsgespräch aus und der G-BA entscheidet sich kurz vor Marktzulassung für eine andere ZVT, so hat der Hersteller das Nachsehen. Vier Herstellern wurde kein Zusatznutzen bestätigt, weil Sie sich in ihrem Dossier nicht an der ZVT orientiert haben. Diese Versuche waren erfolglos. Gesetzgeber und G-BA haben hier reagiert und einigen Herstellern die Möglichkeit eingeräumt, auch nach einer bestimmten Frist ein neues Dossier einzureichen (Zweite Chance). Die Diskussionen über die Methodik zur Feststellung eines Zusatznutzens, wie z. B. Surrogat-Endpunkte oder Patientenrelevante Endpunkte, werden sich noch

ein paar Jahre hinziehen. Aber auch hier sind bereits erste Verbesserungen auf beiden Seiten zu erkennen. Das „Slicing“ wird wohl in Einzelfällen immer wieder zu Diskussionen führen. In den vergangenen zwei Jahren haben diese Diskussionen bei einigen G-BABeschlüssen zu anderen Subgruppen als im IQWiG Gutachten geführt. Immerhin sind für 18 Wirkstoffe Preisverhandlungen geführt worden. Über die Ergebnisse ist von beiden Seiten bislang jedoch Stillschweigen vereinbart worden. In vertraulichen Gesprächen halten sich bislang die positiven und negativen Erfahrungen die Waage. Wichtig bleibt, dass auch kleine Innovationsschritte einen angemessenen Preis erzielen, damit die Innovationsspirale nicht ausgebremst oder gestoppt wird. Gerne unterschlagen wird auch, dass schon über die Auswahl der ZVT eine Beeinflussung auf die anstehenden Preisverhandlungen stattfinden kann. Die transparenten Rabatte sind und bleiben für die heimische Industrie weiterhin ein großes Problem. Auch in Zukunft kann daher mit der Nutzung von „Opt-Outs“ gerechnet werden.

Mein persönliches Fazit Das AMNOG hat Arzneimittelhersteller, Krankenkassen, Ärzte und Selbstverwaltung zur Zusammenarbeit gezwungen. Diese Zusammenarbeit war für alle Seiten neu, aber es zeigt sich, dass sich alle Seiten in einem Lernprozess befinden. Für die Arzneimittelhersteller ist das neue Verfahren mit erheblichen Mehrkosten und Schwierigkeiten verbunden. Ein Beratungsgespräch schlägt mit ca. 15.000 € zu Buche, die Erstellung eines Dossiers verschlingt nicht selten sechsstellige Summen. Dennoch zeigen sich die Hersteller diesem Prozess gegenüber größtenteils aufgeschlossen. Es stellt sich nicht die Frage, ob Arzneimittel bewertet werden sollten, sondern wie! Es ist richtig, dass die Krankenkassen nur noch für einen belegten Zusatznutzen auch mehr Geld zahlen. Die frühe Nutzenbewertung, die alleine durch Ihren Zeitpunkt viele Probleme


AMNOG mit sich bringt, muss jedoch absolut fair und unter klaren Regeln ablaufen. Für die Hersteller würde ich mir mehr Verbindlichkeit bei der Auswahl der ZVT, genauere Regeln für die Methodik zur Feststellung des Zusatznutzens und einen präziser definierten Zusatznutzen wünschen. Die Preisverhandlungen müssen ebenfalls gerecht ablaufen. Ein europäisches Preisniveau darf nicht mit Ländern wie Griechenland oder Slowenien gebildet werden. Auch hier wurde vom Gesetzgeber glücklicherweise nachgebessert. Ob das ausreicht, wird sich noch zeigen. Aus Patientensicht würde ich mir ebenfalls die Einbindung von unabhängigen Experten bei der Auswahl der ZVT wünschen, da der Kostensenkungswille das gesamte Verfahren dominiert. Dieser findet sich nicht erst in den Preisverhandlungen wieder, sondern kann schon bei der Auswahl der ZVT eine entscheidende Rolle spielen. Die Einbindung von unabhängigen Experten kann ein medizinisch und ethisch korrektes Verfahren oder die „good governance“ unterstreichen. Ich habe zudem den Eindruck, dass die Patienten/ Patientenorganisationen in

dem gesamten Prozess noch zu wenig vertreten sind und zu wenig Einfluss haben. Zum aktuellen Zeitpunkt liegt jedoch kein schlüssiges Modell vor, wie eine stärkere Einbindung von Patientenvertretern realisiert werden könnte, die über die notwendige Expertise und eine demokratische Legitimation verfügen.

angestrebten Ziele mit den jetzigen Regelungen nicht erreicht werden können. Beim AMNOG scheinen noch kleine Nachbesserungen notwendig zu sein, doch insgesamt ist das Verfahren erst Mal auf einem guten Weg.

CHRISTIAN KRUSE

Aber auch auf Seiten der Industrie könnten sich einige Hersteller etwas aufgeschlossener und flexibler zeigen. Die Hersteller, die weiterhin auf Konfrontation und Trotz setzen, schaden den mühsam entstehenden Vertrauensverhältnissen und stören die laufenden Verfahren. Die Versuche, den Bestandsmarktaufruf zu blockieren, sehe ich besonders kritisch. Kooperation und vor allem eine gemeinsame Linie sollten das Handeln der Hersteller bestimmen. Hier sollten nicht die Fehler aus der Vergangenheit wiederholt werden. Vielleicht wäre der Gesetzgeber dann auch bereit, den längst überfälligen Zwangsrabatt abzuschaffen.

Christian Kruse ist 30 Jahre, evangelisch und von Beruf selbstständiger Public & Policy Affairs Berater. Von 2007 bis 2010 war er Persönlicher Referent des Gesundheitspolitischen Sprechers der CDU/CSUBundestagsfraktion, Jens Spahn MdB. Heute berät er zehn relevante Pharma-Unternehmen und einzelne Politiker in politischen Angelegenheiten und Strategien

Für eine Bewertung der gesamten Effekte ist es noch zu früh. Derzeit steht jedoch zu befürchten, dass die

Dr. Luana Lima behandelt Patienten im Flüchtlingslager Dadaab (Kenia), Juli 2011 © Brendan Bannon

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Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de

KREBSREGISTER

Politik sagt dem Krebs den Kampf an KREBSFRÜHERKENNUNGS- UND -REGISTERGESETZ VOM DEUTSCHEN BUNDESTAG BESCHLOSSEN

Mit dem neuen Gesetz sollen vor allem die Reichweite, Wirksamkeit und Qualität der bestehenden Krebsfrüherkennungsangebote verbessert werden

Von Rudolf Henke, MdB

Nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts wird in Deutschland fast jede Minute eine neue Krebsdiagnose gestellt. Krebs ist nach Herz-Kreislauferkrankungen – trotz Verbesserungen in Prävention, Früherkennung und Behandlung – die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Weil im höheren Alter das Risiko, an Krebs zu erkranken zunimmt, müssen wir in den kommenden Jahren mit einer demografisch bedingten Zunahme der Krebsneuerkrankungen rechnen. Vor diesem Hintergrund hatten das Bundesministerium für Gesundheit gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher

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Tumorzentren den Nationalen Krebsplan im Jahre 2008 auf den Weg gebracht. Der Nationale Krebsplan benennt konkrete Ziele und Handlungsfelder zur Krebsbekämpfung: 0 Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung 0 Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen und der Qualitätssicherung 0 Sicherstellung einer effizienten onkologischen Behandlung 0 Stärkung der Patientenorientierung. Genau an diesen Punkten setzt das am 31. Januar 2013 im Deutschen Bundestag beschlossene Krebsfrüherkennungsund -registergesetz an. Es sieht vor, die Krebsfrüherkennung nachhaltig zu verbessern sowie flächendeckende

klinische Krebsregister mit einem festgelegten Aufgabenprofil in ganz Deutschland aufzubauen.

Verbesserte Angebote Im Bereich der Früherkennung soll die informierte Entscheidung der Versicherten über eine Teilnahme an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen durch ein Einladungsverfahren verbessert werden. Denn noch immer wird das bestehende Krebsfrüherkennungsangebot in Deutschland von den Bürgerinnen und Bürgern nur unzureichend wahrgenommen. Mit dem Gesetz sollen vor allem die Reichweite, Wirksamkeit und Qualität der bestehenden Krebsfrüherkennungsangebote verbessert werden.


KREBSREGISTER So sieht der Gesetzentwurf vor, dass Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen gemäß § 25 Abs. 2 SGB V, für die von der Europäischen Kommission veröffentlichte Europäische Leitlinien zur Qualitätssicherung von Krebsfrüherkennungsprogrammen vorliegen, als organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme angeboten werden sollen. Hierzu prüft der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst, ob die Früherkennungsuntersuchung zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen ist, und regelt gegebenenfalls innerhalb von weiteren drei Jahren das Nähere. Sehr begrüßenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Streichung der gesetzlichen Regelung in § 62 Abs. 1 SGB V, welche die Gewährung einer reduzierten Belastungsgrenze für chronisch Kranke an die regelmäßige Inanspruchnahme einer Krebsfrüherkennungsuntersuchung gekoppelt hat. Damit wird die Freiwilligkeit der Teilnahme an einer Krebsfrüherkennungsmaßnahme gestärkt. Es muss aber auch klar sein, dass mit diesem Gesetz natürlich nicht alle Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Prävention von Krebserkrankungen von Bedeutung sind, erfüllt werden können. Die häufigste Ursache für Krebserkrankungen ist in den Industrieländern nach wie vor der Konsum von Tabak. Das ist vermeidbar. Auf Zigaretten zu verzichten und auf seine Gesundheit zu achten, erfordert aber Wissen und vor allem Eigenverantwortung. Deswegen ist der Aufklärungsansatz in der Primärprävention, immer wieder Handlungserfordernisse zu betonen, ergänzend zu diesem Gesetz nach wie vor von hoher Bedeutung.

Flächendeckende Krebsregister Der zweite Schwerpunkt des Gesetzentwurfs ist der flächendeckende Aufbau klinischer Krebsregister. Zu deren Aufgaben werden insbesondere die möglichst vollzählige Erfassung und Auswertung der Daten über das Auftreten, die Behandlung und den Verlauf von Krebserkrankungen in der ambulanten und stationären Versorgung zählen.

Mit der Berücksichtigung der erhobenen Erkenntnisse aus den Krebsregistern wird eine Möglichkeit geschaffen, mehr Transparenz als bisher darüber herzustellen, wie qualifiziert Behandlungen ablaufen. Das ist ein angemessenes Instrument bei einer Krankheit, die so sehr in das eigene Leben einschneidet, wie es bei Krebs der Fall ist. Krebsregister können die zusätzliche Sicherheit schaffen, dass alle erreichbaren und verfügbaren Daten miteinander verbunden werden und zum Gegenstand von Versorgungsforschung und zum Gegenstand der Weiterentwicklung von Therapiestrategien werden. Besonders erfreulich ist, dass in gemeinsamen Gesprächen zwischen Bund, Ländern und der Deutschen Krebshilfe e. V. bereits erreicht werden konnte, dass die Deutsche Krebshilfe 90 Prozent der Kosten für den Aufbau – also 7,2 Mio. Euro – übernehmen wird. Die Länder werden dabei die verbleibenden 10 Prozent tragen. Ein weiterer Bestandteil des beschlossenen Gesetzentwurfs ist auch ein Auftrag an die Deutsche Krankenhausgesellschaft, bis Ende April dieses Jahres Empfehlungen für Zielvereinbarungen mit leitenden Ärzten in Klinken auszuarbeiten.

Bundesärztekammer Empfehlungen abzugeben, die sicherstellen, dass Zielvereinbarungen, die auf finanzielle Anreize bei einzelnen Leistungen abstellen, ausgeschlossen sind. Liegen diese Empfehlungen nach dem 30. April 2013 nicht vor oder hält sich das Krankenhaus nicht an sie, hat es unbeschadet der Rechte Dritter anzugeben, für welche Leistungen leistungsbezogene Zielvereinbarungen getroffen wurden; der Bericht ist in einem für die Abbildung aller Kriterien geeigneten standardisierten Datensatzformat zu erstellen. Patienten und sonstige Interessierte bekommen damit erstmals die Möglichkeit, sich zu informieren, ob und für welche Leistungen das Krankenhaus Zielvereinbarungen getroffen hat. Diese Transparenz soll dafür sorgen, dass Krankenhäuser künftig auf Vereinbarungen verzichten, die Fehlverhalten im Gesundheitswesen fördern könnten.

RUDOLF HENKE

Zielvereinbarungen und Bonuszahlungen sind allenfalls dann sinnvoll, wenn sie an medizinisch-qualitativen Kriterien orientiert sind. Dazu gehören zum Beispiel Qualitätsmessungen, Patientensicherheitssysteme, Aus- und Weiterbildung oder die Mitarbeiterzufriedenheit. Sie dürfen sich aber nicht auf Fallzahlen oder Umsatzziele pro Jahr beziehen, damit die Unabhängigkeit der medizinischen Entscheidung gewahrt bleibt. Die neu gefundene Formulierung im Krebsregistergesetz greift einen Vorschlag der Bundesärztekammer auf. Sie verpflichtet die Deutsche Krankenhausgesellschaft, in ihren Beratungs- und Formulierungshilfen für Verträge der Krankenhäuser mit leitenden Ärzten bis spätestens zum 30.April 2013 im Einvernehmen mit der

Rudolf Henke, MdB, Jahrgang 1954, verheiratet, vier Kinder. Nach seinem Studium der Humanmedizin an der RWTH Aachen erhielt der Internist 1979 seine Aprobation. 1988 wurde er Oberarzt an der Klinik für Hämatologie/ Onkologie am St.-Antonius-Hospital Eschweiler begann er sein Engagement in der berufsständischen Selbstverwaltung. Seit 1995 ist er Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Vorsitzender des Marburger Bundes ist er seit 2007, Präsident der Ärztekammer Nordrhein seit 2011

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Foto: Rolf van Melis/ pixelio.de

FAMILIENPOLITIK

Eltern sollen selbst entscheiden können, wie sie Erwerbs- und Familienarbeit unter sich aufteilen und in welcher Form sie ihre Kinder erziehen

FAMILIENPOLITIK –

eine Frage der Freiheit

Von Bettina Wiesmann, MdL

Familienpolitik hat das Familienwohl zum Ziel. Sie soll Familien ermutigen, entsprechend dem eigenen Lebensentwurf die vielfältigen Aufgaben in der Familie wahrzunehmen. Denn gelingende Familien sind unerschöpfliche Quelle für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Familienpolitik ist eine Querschnittsaufgabe, mehr als Bildungspolitik, Gleichstellungspolitik, Beschäftigungspolitik, Steuerpolitik, Bevölkerungspolitik. Familien in ihrer Ganzheitlichkeit lassen sich nicht für fremde Ziele einspannen; Familienpolitik hat aus sich heraus Gewicht.

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Was gilt als Kriterium für „erfolgreiche Familienpolitik“? Soll Familienpolitik die Erwerbsbeteiligung der Frauen steigern? Deutschland hat eine der höchsten Frauenerwerbsquoten Europas: 71 % der Frauen in Deutschland sind erwerbstätig. Nur in Dänemark und Finnland (je 72%), in der Schweiz (76 %), in Norwegen und Schweden (je 77%) ist die Quote etwas höher. Alle anderen europäischen Staaten liegen darunter. Zwar arbeiten in Deutschland Frauen häufig in Teilzeit. Aber viele Mütter kleiner Kinder – und Väter – wollen das so. Sie verzichten bewusst und gewinnen Zeit für ihre Familie.

Soll Familienpolitik die Geburtenrate erhöhen? Seit 40 Jahren steht in Deutschland die Geburtenrate bei 1,4 Kindern je Frau. Durch Zuwanderung und steigende Lebenserwartung ist die Bevölkerung trotzdem gestiegen. Auch Schweden erreichte von 19972001 nur einen Wert von 1,5 Geburten pro Frau, trotz hoher Frauenerwerbsquote, Krippenversorgung, Ganztagsschulen und Gleichstellungspolitik. Es ist nicht eindeutig, welchen Einfluss familienpolitische Maßnahmen auf die Geburtenrate haben. Panikmache und Verunglimpfung beantworten die Frage nicht. Leistet sich Deutschland zu viel staatliche Förderung? 3,1 % seiner Wirtschaftsleistung gibt Deutschland für Leistungen aus, die Familien fördern oder entlasten. Doch 12 Staaten der OECD liegen deutlich darüber, an der Spitze Irland und England (je 4,2 %), Frankreich (4 %) und die skandinavischen Staaten (Schweden: 3,7 %). Was diese Staaten eint: Sie haben eine höhere Geburtenrate als Deutschland. 17 OECD-Staaten geben ihren Familien mehr finanzielle Unterstützung als Deutschland, und wieder liegt Skandinavien deutlich vorne, auch durch ein großzügiges Betreuungsgeld. Keines dieser Kriterien kann zufriedenstellen. Die Wirkmechanismen von Familienpolitik sind offenkundig komplex. Wer einen „Paradigmenwechsel“ und die Abkehr von der familienbezogenen Förderung, beginnend bei der Abschaffung des Ehegattensplittings, fordert, wie es SPD und Grüne tun, suggeriert Einflussmöglichkeiten, die es so nicht gibt.

Gute Familienpolitik dient der Freiheit von Familien Aus christdemokratischer Sicht bemisst sich erfolgreiche Familienpolitik daran, in welchem Maße Eltern und Kinder ihre Lebensziele erreichen - an gelingenden Biografien, an einem gesellschaftlichen Klima von Zukunftsfreude, Solidarität und Rücksichtnahme, an der Integration der nachfolgenden Generation in die Arbeitswelt und an einer breiten Leistungsbereitschaft im


FAMILIENPOLITIK Vertrauen auf Erfolg und Anerkennung. Ist all dies spürbar, wächst auch die Lust auf Familie und die Bereitschaft, sich auf Kinder einzulassen. Jedoch gibt es keine Blaupause. Wie jeder Mensch ist jede Familie anders und muss einem eigenen Mosaik von Bedürfnissen und Neigungen gerecht werden, das sich über Zeit auch noch kaleidoskopartig ändert. Familien brauchen Freiheit. Familienpolitik ist dann gut, wenn sie dieser Freiheit dient, indem sie Spielräume schafft oder erweitert, Bevormundungen vermeidet, Leistungen zum Wohle der Gesellschaft anerkennt und dort, wo es nottut, Unterstützung anbietet. Die CDU steht deshalb für Wahlfreiheit in der Frage des Lebensmodells. Eltern sollen selbst entscheiden können, wie sie Erwerbs- und Familienarbeit unter sich aufteilen und in welcher Form sie ihre Kinder erziehen. Die Verteufelung der innerfamiliären Betreuung von Kleinkindern im Zuge der Diskussion um das Betreuungsgeld ignoriert, dass die Familie selbst der erste und wichtigste Bildungsort für Kinder ist. Eine einseitige Bevorzugung von Krippenerziehung lehnen wir ab. Zur Freiheit gehört Verantwortung. Familien leisten ganz selbstverständlich unbezahlbare Sorgearbeit für die schwächsten Glieder, die Kinder, und häufig später für die Älteren. Die CDU will Eltern und Kinder in ihrer Verantwortung füreinander stärken und Familien gezielt unterstützen, wenn sie damit überfordert sind. Verantwortung wird dann engagiert wahrgenommen, wenn die Bedingungen als gerecht empfunden werden. Eltern erbringen mit der Erziehung ihrer Kinder eine große Leistung für die gesamte Gesellschaft. Wir streben einen fairen Familienleistungsausgleich an.

Familienfreiheit erfordert Zeit, Infrastruktur und Geld Politik für Familienfreiheit gibt Familien zuallererst mehr Zeit, die wichtigste Ressource für gelingendes Familien-

leben. Mehr Zeit entsteht – nach Elternzeit, Elterngeld, Familienpflegezeit und künftig Betreuungsgeld sowie Großelternzeit - auch durch bessere Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung bzw. Berufstätigkeit, z.B. über Teilzeitoptionen, eine veränderte Arbeitszeitkultur und die Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs. Viele Arbeitgeber leisten dazu schon erhebliche Beiträge. Dennoch hier muss mehr geschehen, für Mütter wie Väter, auch für Führungskräfte, besonders für Alleinerziehende. Politik für Familienfreiheit komplettiert die Infrastruktur. Deutschlandweit geht der Ausbau der Kinderbetreuung in großen Schritten voran. In Hessen gab es zum 1.2.2013 für 32,2% der Unter-Dreijährigen einen Betreuungsplatz. Damit der zum 1.8.2013 in Kraft tretende Rechtsanspruch erfüllt werden kann, stellt die CDU-geführte Landesregierung ein Investitionsprogramm von 100 Mio. € bereit. Bei der Betriebskostenfinanzierung steigen mit dem neuen Hessischen Kinderförderungsgesetz die Mittel von 2014 bis 2018 auf 425 Mio. € jährlich, um hessen weit eine hohe Qualität der Kinderbetreuung in allen Altersstufen sicherzustellen und besonderem Förderbedarf, z. B. von benachteiligten Kindern, Rechnung zu tragen.

teilsausgleich für Verheiratete mit ungleichen Einkommen – ist für uns unverzichtbar. Es abzuschaffen, hieße die Ehe als Eckstein des gesamtgesellschaftlichen Bindungsgefüges zu unterhöhlen - die Lebensform, in der, statistisch gesehen, länger gelebt wird, Kinder besser großgezogen werden und die beste Vorbeugung gegen Vereinsamung und Hilflosigkeit im Alter stattfindet.

Zur unverzichtbaren Infrastruktur gehören Beratungs- und Unterstützungsangebote für Eltern. In Hessen knüpfen wir ein landesweites Netz von Familienzentren. Frühe Hilfen, z.B. durch Familienhebammen, und die aufsuchende Elternarbeit durch Jugendhilfe oder an Schulen werden ausgebaut.

BETTINA WIESMANN

Der familiäre Spielraum hängt auch am Familienportemonnaie. Kindergeld und Ehegattensplitting stehen für uns nicht zur Disposition. Denn das Kindergeld ist kein Zuschuss, sondern die monatliche Rate der Steuerfreiheit des Existenzminimums des Kindes. Nur Familien, die mehr Kindergeld erhalten, als die Rate ausmacht, erhalten dieses Mehr als Transferleistung. Wer das Kindergeld kürzen oder abschaffen wollte, würde daher ausschließlich den Geringverdienenden einen Unterstützungsbetrag wegnehmen. Auch das Ehegattensplitting – als Nach-

Als eine materielle Kompensation für Einschränkungen der Eltern wollen wir durch Anhebung des Kinderfreibetrags auf den steuerlichen Grundfreibetrag mindestens ein steuerliches Familienrealsplitting realisieren. Darüber hinaus wollen wir im Sozialversicherungsrecht den gesellschaftlichen Beitrag von erziehenden und pflegenden Familienmitgliedern stärker anerkennen und prüfen, ob Elterngeld und Betreuungsgeld zu einem wirkungsvolleren Instrument zusammengeführt werden können. Unterm Strich: Wir brauchen ein Klima, in dem sich die Gesellschaft erfolgreich und in Vielfalt reproduzieren kann. Dies gelingt, wenn Familien Anerkennung finden und Vertrauen in die eigene Kraft haben. Eine Politik für Familienfreiheit dient beidem.

Bettina M. Wiesmann, MdL, ist 46 Jahre alt, evangelisch, verheiratet, von Beruf Unternehmensberaterin und hat vier Töchter. Seit 2009 ist sie direkt gewählte Abgeordnete für den Wahlkreis 38 in Frankfurt am Main. Sie ist familienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im hessischen Landtag

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KOMMENTAR

Sicherheit für Patientinnen und Patienten mit dem Patientenrechtegesetz und der Unabhängigen Patientenberatung Sehr geehrte Damen und Herren, dies ist eine gute Zeit für die Patientinnen und Patienten in Deutschland. In diesen Tagen ist das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Indem wir die heute in einer Vielzahl von verschiedenen Vorschriften und Rechtsbereichen sowie im Richterrecht geregelten Grundlagen und Entscheidungen im Bürgerlichen Gesetzbuch bündeln, schaffen wir Transparenz und Rechtssicherheit für die Patientinnen und Patienten. Dies betrifft insbesondere das Recht auf Aufklärung und Information - über Untersuchungen, Diagnosen und Therapien, aber auch über Kosten und über Behandlungsfehler. Die medizinische Versorgung ist heute wesentlich komplexer als früher. Und auch die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältiger geworden. Wir wollen, dass Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringer auf Augenhöhe miteinander agieren, ohne dabei rechtlich zu bevormunden. Und wir wollen, dass Patientinnen und Patienten, die von einem Behandlungsfehler betroffen sind, nicht allein gelassen werden. Deshalb sind Krankenkassen zukünftig verpflichtet, ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern zu unterstützen. Eine weitere zentrale Neuerung des Gesetzes wird dazu beitragen, die Fehlervermeidungskultur in Krankenhäusern zu fördern. Damit soll Behandlungsfehlern vorgebeugt werden. Besonders wichtig ist uns dabei, dass die Aufarbeitung von unerwünschten Ereignissen und Fehlern in einer vertrauensvollen Atmosphäre stattfindet. Nur wenn es möglich ist, aus Fehlern zu lernen, kann die Grundlage für ein lernendes System gelegt werden.

Deutschland (UPD), die in diesen Tagen ihr zweijähriges Bestehen feiert. Mit der unabhängigen Patienten- und Verbraucherberatung hat die Bundesregierung nach einer zehnjährigen Modellphase ein wichtiges Patientenrecht umgesetzt. Durch einen unabhängigen Zugang zu Informationen können die Bürger besser als Partner im Gesundheitswesen agieren. Die christlich-liberale Koalition hat damit ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gegenüber den Patientinnen und Patienten eingelöst. Mit dem Patientenrechtegesetz und der Unabhängigen Patientenberatung können die Menschen in Deutschland sicher sein, dass sie bei der Wahrnehmung ihrer Interessen und ihrer Rechte unterstützt und nicht allein gelassen werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Lektüre!

JENS SPAHN

Beste Grüße

Ihr

Jens Spahn

Ein weiterer wichtiger Meilenstein für die Patientinnen und Patienten ist die Unabhängige Patientenberatung

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren. Seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der WestLB führte ihn auch nach Luxemburg. Der studierte Politikwissenschaftler gehört seit 2002 dem Deutschen Bundestag an. Seit 2009 ist er gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender Landesvorsitzender des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen.

Impressum Herausgeber Dr. Mathias Höschel Dr. Hanno Kehren Frank Rudolph Verlag GK Mittelstands Magazin Verlag GmbH Günter F. Kohl Gärtnerkoppel 3 24259 Westensee/ Kiel Tel. 04305-992992 / Fax 04305-992993 E-Mail: gkprkiel@t-online.de

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Am Puls

01 | 2013

Anzeigenverkauf: Über den Verlag Anzeigenschluss: 1. Mai 2013

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Redaktion Tim Küsters, Beate Marzyan, Stephan Rabl, Steven Kunert redaktion-ampuls@gmx.de

Abonnement Einzelheft: 24,- Euro pro Jahr bei 4 Ausgaben Geschäfts-Abo: 20 Ex. Pro Ausgabe: 200,- Euro

Internet: www.issuu.com/ampuls Satz und Layout: Walter Katofsky, Kiel Druck: CW NIEMEYER DRUCK, Hameln

Das Magazin am puls erscheint viermal im Jahr jeweils zur Mitte eines Quartals.


Jan ist erst 8 Jahre alt, aber er hat gelernt, mit seiner Krebserkrankung umzugehen: Mit aller Kraft kämpft er für das Leben. Die Deutsche Krebshilfe unterstützt die betroffenen Kinder und ihre Eltern. Zudem fördert sie viele Projekte, die dafür sorgen, dass in Zukunft noch mehr Kinder wieder gesund werden. Mehr Informationen und Beratung erhalten Sie auch unter (02 28) 7 29 90-0.

Gemeinsam mit Jan für das Leben. Jan, 8, hat erfolgreich seine Leukämie bekämpft.


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DIENSTLEISTuNgEN für DEN Arzt Ärzte tragen eine besondere Verantwortung. patienten helfen und heilen zu können, erfordert ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit. flexibilität, freie zeiteinteilung und optimal organisierte Abläufe sind die Voraussetzung dafür.

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Tel.: 0208 4847-333 www.ihre-pvs.de


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