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Unsere Initiative:
Kundennähe und Spezialkompetenz. Als Spitzeninstitut für die rund 1.000 Genossenschaftsbanken in Deutschland fungiert die DZ BANK als Impulsgeber für die gesamte Genossenschaftliche FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. Zusammen verbinden wir regionale Kundennähe mit globaler Finanzmarktexpertise und bieten ein flächendeckendes Allfinanzangebot, sehr hohe Bonität und individuelle Lösungen für den Mittelstand. Alles rund um unsere Produkte erfahren Sie unter dzbank.de
INHALT Der magische Moment
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von Prof. Fabian Sennholz und Anne Rumpf
von Prof. Elmar Fulda, Präsident der HfMDK Frankfurt am Main Zuhören
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Fragen an Studierende
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Im Eiswasser „erfrieren“ die inneren Zweifler
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Prof. Volker Freischlad 14
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Performative Ansätze in der Vermittlung von Prof. Ingo Diehl
von Prof. Vassilis Christopoulos Atem und Klang für Instrumentalisten
Publikumsstimmen Anne-Kathrin Matz, Dorle und Thomas Muth,
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von Prof. Klaus Schuhwerk In der Aufführung ist meistens alles anders
Reflektiertes Handeln statt Betablocker von Susanne Triebel
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Lisa Eder, Elias Bollinger und István Lukács
Publikumsstimmen Renate Hink, Volker Mohr, Ruth Waniek
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Udo Schweickhardt und Marie Elisabeth Knoch
Der Augenblick ist unser Universum Interview mit Prof. Werner Wölbern
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von Prof. Christopher Brandt Publikumsstimmen
Wer auftritt, bringt sich selbst ein
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Site-Specific Performance von Prof. Dieter Heitkamp
von Isa Terwiesche 46
Bühne frei für das Deutschlandstipendium
Interview mit dem Team des Künstlerischen
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Geschenkt!
Betriebsbüros der Hochschule
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Abschied von einer musikalischen Familie
Der lange Weg bis auf die Bühne
Der klimaneutrale Hindemith
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von Heiko Frieling Ausdrucksstark und doch authentisch
Prof. Roland Glassl folgt dem Ruf nach München
23 50
Jan Ickert ist neuer Professor für Violoncello
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– The Teacher`s Body
51 28
52
30
53
Tanzprofessorin Susanne Noodt
Mechthild und Günter Ilchmann 31
55
Dr. Susanna Großmann-Vendrey
und Alicia Dreyer 33
56
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Trompeter beim Emir Verschlungene Lebenswege unserer
von Friederike Thielmann Impressum
In Memoriam Prof. Irina Lein-Edelstein von Prof. Bernhard Wetz
von Prof. Eike Wernhard Heraustritte
„Schier unfassbares Wissen“ Zum Abschied von Honorarprofessorin
Mane Harutyunyan, Alina Huppertz Eine kurze Geschichte des Fracks
Es sind nicht nur die Schritte von Melanie Suchy zum Abschied von
Angelika Köhn, Ingrid von Fumetti, Fragen an Studierende
Sich auf die Musik ehrlich und aufrichtig einlassen Thilo Dahlmann ist neuer Professor für Gesang
von Ralph Abelein und Prof. Fabian Sennholz Publikumsstimmen
Inspiration von allen Seiten Carsten Wiebusch ist neuer Professor für Orgel
von Prof. Stefanie Köhler Play your own thing
Spätblüher mit tiefen Wurzeln
Alumni No. 9: Joris Laenen
35 60
Erfolge unserer Studierenden
18. Jahrgang, Nr. 2 | Wintersemester 2018/19 | www.hfmdk-frankfurt.de
Kammermusikalisches Podium: der Kleine Saal der Hochschule
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Auftritt von Schauspielstudent Eike Hackmann Foto: Hansjรถrg Rindsberg
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Foto: Guido Werner
Editorial
DER MAGISCHE MOMENT Wie entsteht Kunst? Wann passiert es, dass
Wie einst im Puppentheater unserer Kinder-
Unsere Studierenden wählen wir in den
aus Skizzen, Entwürfen, dem Ausprobieren,
tage, als der Kasperl oder Hans Wurst oder
sogenannten Eignungsprüfungen aus vielen
Verwerfen und neuem Versuchen etwas
Harlekin, wie diese lustige und skurrile,
hundert Bewerbern aus. Da geht es um
Gültiges wird?
wegen ihres Anarchismus und ihrer Gewitzt-
Talent, um Kompetenz, Virtuosität, eine
heit von allen so geliebte Figur auch immer
eigene Sprache, den Willen, sich mitzuteilen.
Das ist eine Kinderfrage. Aber sie zielt doch
heißen mag, ins Publikum rief: Seid Ihr alle
Ich habe in meiner früheren Tätigkeit als
in das Zentrum unseres täglichen Tuns an
da? Und wir mit Begeisterung zurückriefen:
Professor an der Weimarer Musikhochschule
der Hochschule für Musik und Darstellende
ja. Und er, sich taub und begriffsstutzig stel-
viele solcher Prüfungen erlebt, die über die
Kunst Frankfurt am Main. Die Antwort ist
lend, lauter wiederholte: Seid Ihr alle da?
Zulassung zum Studium entscheiden. Mich
denn auch verblüffend einfach: wenn Sie dazu
Und wir immer ohrenbetäubender brüllten –
hat dabei immer dieser Moment der Kom-
kommen, wenn ein Anderer als der Künstler
und damit eben jene Kommunikation her-
munikation interessiert. Nimmt der Bewerber
zum Zuhörer oder Zuschauer wird. Unerhörte
stellten, die uns anschließend in die Aben-
sein Gegenüber, hier die Prüfungskommission
und ungesehene Kunst gibt es bei Musik,
teuer, Schrecken und Freuden, in die fremden
wahr, reagiert er, bezieht er uns ein?
Theater und Tanz nicht. Die performativen
Welten der Bühne führte, die doch immer
Künste entstehen durch Kommunikation, auf
unsere eigene Welt ist.
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der Bühne, in diesem besonderen Augenblick,
Als Regisseur habe ich viele Inszenierungen im Musiktheater und auch im Schauspiel
wenn die Lichter im Saal verlöschen, der Vor-
Eine ganze Ausgabe zum Thema Auftritt,
erarbeitet. Ich wusste immer: Probe ist wichtig,
hang sich öffnet, der erste Ton erklingt, das
Bühne, Veranstaltung – das ist das Heft, das
um sich im geschützten Raum auszuprobieren,
erste Worte gesprochen, die erste Bewegung
Sie hier in der Hand halten. Die Hochschule
mit mir, dem Regisseur als erstem und kriti-
ausgeführt, der erste Schritt getan wird.
für Musik und Darstellende Kunst ist nicht
schem Zuschauer, der dem Sänger oder Schau-
allein Universität und Ausbildungseinrich-
spieler sein Tun spiegelt. Aber das Eigentliche
Unsere Kunst ist eine der Kommunikation,
tung, sondern mit über 500 öffentlichen Ter-
passiert in der Aufführung, zusammen mit
der Begegnung, der Interaktion. Im Theater
minen einer der großen Kulturveranstalter
dem Publikum, im direkten und spontanen
sagt man manchmal: Heute war das Publikum
im Rhein-Main-Gebiet. Die Autoren, die
Gegenüber. Darum geht es im Theater, im
„indisponiert“. Das klingt nach Entschuldi-
Studierenden und Lehrenden unserer Hoch-
Konzert, auf Bühne und Podium. Da entsteht
gung, berührt aber einen Kernpunkt. Der
schule und in verschiedenen Statements auch
die Kunst, für die wir alle an dieser Hoch-
Künstler auf der Bühne sendet ein Bild, einen
Sie, unser Publikum, berichten in dieser Aus-
schule brennen.
Ton, eine Bewegung zu Ihnen in den Saal –
gabe vom besonderen Moment, wenn der
und greift intuitiv, auch wenn er sich diesen
Künstler aus dem Probenraum hinaus aufs
Seit 1. Oktober leite ich diese wunderbare
Moment genau zurecht gelegt, hundertmal
Podium tritt. Und zwar in ganz unterschied-
Hochschule als Präsident. Ich freue mich auf
probiert und erprobt hat, Ihre Reaktion auf
lichen Zusammenhängen: in der Schule, im
diese Herausforderung. Und ich freue mich
und verändert sein Spiel.
Verhältnis Lehrer-Schüler, das auf den ersten
auf die Begegnung mit Ihnen!
Moment jenseits eines Kunstanspruchs rangiert, aber eben auch von jenem Theatermoment lebt, der Präsenz im Klassenraum, die den Schüler für die Inhalte, die ihm der Lehrende vermitteln will, begeistert.
Ihr Elmar Fulda
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
ZUHÖREN Gelungene Aufführungen entstehen oft unter strapaziösen Bedingungen, die von den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern Hingabe und Leidenschaft erfordern. Wie schaffen wir es, diesen Funken beim Publikum überspringen zu lassen? Oder ist die Frage falsch gestellt?
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Zuhören
Von Christopher Brandt, Professor für Gitarre, Ausbildungsdirektor Instrumentalpädagogik, von Mai 2016 bis September 2018 geschäftsführender Präsident der HfMDK, Vize-Präsident der HfMDK
Eines der für mich interessantesten und
Wie dem auch sei, es war also eine dieser
aufschlussreichsten Erlebnisse als Musiker
Performances, bei denen die etwas krisen-
hatte ich vor einiger Zeit auf einem renom-
hafte Genese der Aufführung (natürlich
mierten Festival für zeitgenössische Musik,
waren auch, wie so häufig in der zeitgenös-
bei dem ich an einer Aufführung von Schu-
sischen Ensemblemusik, zu wenige Proben
berts „Winterreise“ in der „komponierten
angesetzt) dazu führt, dass alle beteiligten
Interpretation“ von Hans Zender durch eines
Musikerinnen und Musiker besonders wach-
der großen Solistenensembles für Neue und
sam, besonders konzentriert und gleichzeitig
zeitgenössische Musik mitwirken konnte.
intensiv, kompromisslos und behutsam musi-
Die Probephase, die zum Konzert geführt
zierten. Mithin wieder einmal ein Beweis
hatte – es war die repräsentative Eröffnung
dafür, das eben solche Produktionsprozesse
des Festivals – war nicht ganz unkompliziert
oft in besonders geglückten Aufführungen
gewesen; wie es eben gerade Mode war, fand
münden – jedenfalls war das damals der
die Aufführung nicht in einem Konzertsaal,
Fall –, die dann immer als Alibi dafür her-
sondern in einer industriellen Lagerhalle
halten müssen, warum es im Musik- und
statt, was im Vorfeld zu Problemen mit der
Probebetrieb gerne mal vermeintlich chao-
Akustik führte; zudem hatten sich im Laufe
tisch und destruktiv zugehen darf.
des Prozesses der Dirigent und der Tenor, letztlich also die beiden Protagonisten der
Die Aufführung ist mir tatsächlich als eine
Produktion, zerstritten und überworfen, was
der intensivsten und geglücktesten von
zu einem quasi rauschhaften und drama-
Schuberts Winterreise im Gedächtnis geblie-
tischen Abgang des Sängers mitten in der
ben, doch das ist nicht der Punkt, weswegen
Generalprobe geführt hatte. Darüber hinaus
ich mich gelegentlich daran erinnere. Das
hat die Musik von Schuberts Winterreise,
Bild, das ich für immer mit dieser Auffüh-
selbst in der etwas unentschlossenen Bear-
rung verbinde, ist der Blick von der Bühne
beitung durch einen zeitgenössischen Kom-
in den Zuschauerraum während des Kon-
ponisten – für eine reine Instrumentation
zerts. Da das Festival an einem schönen Spät-
ist sie handwerklich nicht akkurat, für eine
sommertag und nicht in einem Konzertsaal,
kompositorische Dekonstruktion nicht mutig
sondern in einer lichtdurchfluteten Lager-
genug –, jedesmal auf die Musiker – zumin-
halle stattfand, war der gesamte Zuschauer-
dest auf mich – eine emotional ergreifende
raum gut sichtbar, und man konnte sehen,
und existenziell berührende Wirkung, die
dass alles, was ich eben an Intensitäten ange-
über das hinausgeht, was man gemeinhin
deutet hatte, vollkommen verpuffte und
als Interpret während einer Performance zu
größte Teile des Publikums überhaupt nicht
empfinden gewohnt ist und womit man als
erreichte. Die vorderen Sitzreihen – dort, wo
ausübender Musiker erst einmal umzuge-
die Frei- und Ehrenkarten platziert werden,
hen lernen muss.
denn ein solches Festival kommt ohne private
7
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Förderung nicht über die Runden – waren
Interessanter ist die Frage, was die zeitge-
Die überall stattfindenden Festivals sind
von Männern und Frauen belegt, die mit
nössische Konzertsituation mit uns als Inter-
ja auch immer Experimentierfelder für neue
ihren Smartphones spielten; einzelne Perso-
pret*innen macht, wie wir damit umgehen
Formate, sei es aus einem seriösen und legi-
nen tuschelten leise miteinander, und auch
können und welchen Einfluss die Gepflo-
timen Interesse, traditionelle Rezeptions-
am raschen Erheben und Entfernen mit
genheiten der Gegenwart auf Vorbereitung,
muster aufzubrechen, sei es, um sich von der
Einsetzen des Schlussapplauses war zu er-
Repertoirewahl und Programmgestaltung
Masse anderer Festivals abzusetzen; auch
kennen, dass sich die Intensität der Perfor-
haben. Denn gerade Schuberts „Winter-
an den Hochschulen überlagert die Diskus-
mance nicht oder nur unzureichend auf
reise“ in der Zenderfassung ist ja ein Stück,
sion um Formate und Haltungen inzwischen
Teile des Auditoriums übertragen hatte.
das mit Bedacht als repräsentativ für ein
gelegentlich jene um Substanz und Inhalt.
großes Festival gewählt ist und mit dem man
Es drängt sich auch immer mehr der Ver-
Nun ist es langweilig und wenig zielführend,
eigentlich nichts falsch machen kann: mit-
dacht auf, dass neue Formate und alternative
Desinteresse und Kulturferne bei Leuten
hin keine Musik für’s erste Date, ist es doch
Darreichungsformen von Kunst schneller
zu beklagen, denen man sich aus fadenschei-
ein Stück, das eingängig und konsumierbar
von den Rezipient*innen assimiliert werden,
nigen Gründen überlegen fühlt. Wer sich –
genug ist, um auch bei einer traditionellen
als man „Vermittlung“ sagen kann und sich
sei es im Gespräch unter Kollegen, beim Nach-
Hörerschaft Anklang zu finden; es ist gleich-
am grundsätzlichen Hörverhalten eigentlich
denken über den Zustand unserer Kultur-
zeitig zeitgenössisch genug, um – und sei es
nicht viel ändert; mitunter sind die Versuche,
nation oder in einem Seminar zur Musikver-
auch nur alibihaft – die wie immer geartete
Konzerte konzeptuell aufzulockern, sogar
mittlung – über das zeitgenössische Publikum
gebetsmühlenartig geforderte Teilhabe der
der Rezeption abträglich, und so manche
beklagt, kann sich gerne mal wieder selber
Bürgergesellschaft am zeitgenössischen
misslungene Moderation hat schon eine an
in ein Konzert setzen und schauen, was die
Diskurs zu erfüllen. Es bietet dem Hörenden
sich gelungene Aufführung beschädigt.
Musik so mit einem macht, oder mal wieder
vom Fach genug akustische Widerhaken für
eine komplette Referenzaufnahme am Stück
einen – auch kritischen – rezeptionsästheti-
Nach meiner Wahrnehmung sollte es die
anhören, bevor man darüber jammert, dass
schen Diskurs, und es gibt repräsentativen
Aufgabe von Bildungseinrichtungen wie bei-
unser künstlerischer Nachwuchs seine ge-
Ensembles die Möglichkeit, ihr instrumen-
spielsweise Musik- und Kunsthochschulen
samte musikalische Repertoirekenntnis aus
tales Können unter Beweis zu stellen, kurz:
sein, zuallererst den Blick (beziehungsweise
YouTube bezieht. Ich habe schon so man-
Die Winterreise ist ein Stück, das gleicher-
das Ohr) für das zu entwickeln und zu schär-
chen Kollegen seinen „Account“ während
maßen den emotionalen, den strukturellen,
fen, was der Kunst wesentlich ist. Um zu
eines Konzertes checken sehen, und auch
den Status- wie den Bildungshörer*innen
dieser Substanz von Kunst vorzudringen,
das Pädagogenschläfchen während einer
etwas bietet.
bedarf es der Hingabe und Perfektion, auch
Aufführung ist nicht ganz unverbreitet.
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eines Vorlebens künstlerischer Meisterschaft Wenn aber schon ein gut ausgewähltes Stück
und Authentizität; vor allem aber der Bereit-
auf einem angesagten Festival in einer hip-
schaft, sich auf Erfahrungen und Zumutungen
pen Location einen großen Teil des Publikums
einzulassen, die mit dem aufmerksamkeits-
nicht zu erreichen vermag, welche Möglich-
defizitiären Gehabe unserer Zeit nur bedingt
keiten bleiben uns dann noch?
oder gar nicht kompatibel sind.
Gemeinsam für das Mehr an Ausbildung in Musik, Theater und Tanz
Seit 2016 engagieren sich Stifterinnen und Stifter in der Stiftung für die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Sie sorgen für eine exzellente Ausbildung der Studierenden und für die langfristige Weiterentwicklung des Studiums an der HfMDK. Die Stifter stellen dies sicher mit Spenden, mit Zustiftungen in den Kapitalstock der Stiftung oder indem sie die Stiftung testamentarisch bedenken. Die Pflege und Weitergabe unseres kulturellen Erbes und die Initiierung zeitgenössischer Entwicklungen stehen dabei gleichermaßen im Fokus. Werden auch Sie Stifterin oder Stifter in der Stiftergemeinschaft der HfMDK Frankfurt am Main!
Weitere Informationen: Fundraisingbüro der Hochschule | Telefon 069 154007-137 | www.hfmdk-foerdern.de
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Marie Elisabeth Knoch ZUFLUCHTSORT AUS DEM ALLTAG Ich kann nur sagen, dass ich mir seit über 25 Jahren, meist mehrmals in der Woche, Aufführungen anhöre und ansehe. Ich bin offen und neugierig für die Vielfalt der Ver-
Udo Schweickhardt HÖCHSTE QUALITÄT UND GESPRÄCHE MIT INTERPRETEN
anstaltungen. Ja, und da hat es schon viele, viele besondere Momente gegeben, in denen ich tief berührt wurde und mich dann ganz beseelt oder auch beschwingt wieder auf den Nachhauseweg begeben habe. In vieler
Einen näheren Bezug zur Hochschule hatte
kaufen wollte, hatte sich dort bereits herum-
Hinsicht ist die HfMDK ein „Zufluchtsort“
ich nicht, bis mich ein zufällig über mir
gesprochen, was für ein tolles Klavierkonzert
für mich geworden, ein „Abtauchen-Können“
wohnender Musikprofessor zu einem Klavier-
es in der Hochschule gegeben haben musste.
aus dem oft belastenden, hektischen Alltag.
konzert mitnahm. Die anschließenden
Im Rahmen der Neuen Musik Nacht im April
Und auch wichtig: Es ist erschwinglich, ob
Gespräche mit Studierenden und Lehrenden
2017 spielte das Hochschulorchester „Flash-
der humanen Kartenpreise, so oft Veran-
machten mich neugierig, ich trat bald in die
Back“ für großes Orchester von Philippe
staltungen zu besuchen!
Gesellschaft der Freunde und Förderer der
Hurel (*1955) und „Short Ride in a Fast
HfMDK ein, und der Bann war gebrochen.
Machine“, Fanfare für Orchester von John
Ich könnte unzählige, unvergessliche Höhe-
Adams (*1947). Ich war skeptisch, alles ganz
punkte nennen. Zu derlei jüngsten Erleb-
Als Anhänger klassischer Musik freue ich
neu, sicher ganz modern. Und dann ging ich
nissen zählte für mich der Auftritt des Duo
mich natürlich über die vielen Aufführungen
nach Hause, hatte zwei völlig neue Stücke
Aura Australis, bei dem der Klarinettist
dieses Genres. Doch ich bin offen für Neues,
kennengelernt und war sogar so weit, „Flash-
Miquel Dopazo und die Pianistin Daniela
will mich damit auseinandersetzen. Das
Back“ gut zu finden! Doch ich bekam die
Saavedra den Kammermusikpreis der Poly-
kann ich hier in der Hochschule. Alle Kon-
Gelegenheit, wieder und wieder einen Mit-
technischen Gesellschaft gewannen: Ich
zerte erlebte ich bislang auf hohem oder sogar
schnitt dieses Konzerts zu hören. Und da
bekam Gänsehaut, und mir liefen die Tränen.
höchstem Niveau. Nachhaltig in meiner
drehte sich mein Eindruck: Heute gefällt
Oder das Konzert „Hit me Baby – Volume
Erinnerung bleiben mir zwei davon: Das
mir „Short Ride in a Fast Machine“ besser!
III“ mit dem Gitarristen Christopher Brandt
eine war das Klavierkonzert von Alexander
Diese Beispiele zeigen, was mich begeistert:
und dem Schauspieler Stefko Hanushevsky:
Scrjabin. Die Solistin Diana Sahakian hatte es
der Genuss klassischer Musik in bester
dieser lakonische Humor und die wunderbar
mit einer Kraft und Ausdruck gespielt, dass
Wiedergabe – und die Gelegenheit, neue
vorgetragenen „Lieblingslieder“. Ich war so
das Publikum begeistert war. Und als ich am
Musik kennenzulernen und mich mit ihr und
begeistert, dass ich nach Köln gefahren bin,
nächsten Tag dieses Werk im CD-Laden
den Studierenden auseinanderzusetzen.
um die Beiden nochmals erleben zu können.
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Fragen an Studierende
Inwiefern erleb(t)en Sie das Studium an der HfMDK als Vorbereitung auf die Bühne und den Auftritt als Künstler*in?
Lisa Eder
Elias Bollinger
István Lukács
Schauspiel
KIA Schlagzeug
KIA Trompete
Das „Studiojahr Schauspiel am Schauspiel
Das Großartige ist, dass die Hochschule
Wir genießen in unserer Trompetenklasse
Frankfurt“ ermöglicht einen tollen Einblick
neben den Seminaren und Workshops zu
den Luxus, jede Woche Klassenvorspiel und
in das Arbeitsleben an einem städtischen
den Themen Üben und Auftreten im Flow,
Probespieltraining zu haben. Ich hatte früher
Theater. Darauf kann ich auf jeden Fall ent-
Bühnenpräsenz, Lampenfieber etc. gleich-
oft Probleme mit Lampenfieber, aber seit ich
spannter blicken, da einem der Betrieb mit
zeitig noch etliche Möglichkeiten bietet,
hier die Möglichkeit habe, wöchentlich
seinen Abläufen näher gebracht worden
auch Auftritte zu spielen. Hierbei kann man
Vorspielsituationen zu trainieren, ist meine
ist. Persönlich wünsche ich mir, dass neben
das in den Seminaren Gelernte gleich aus-
Leistung bei Probespielen und Konzerten
der handwerklichen Ausbildung auch mehr
probieren. Außerdem empfinde ich persönlich
deutlich besser geworden. Ergänzend zu
über das Leben als eigenständige(r) Künst-
die ständige Konzertsituation einfach
dieser glücklichen Situation könnte ich mir
ler*in geredet wird: Wie ist das Verhältnis
als das beste Training.
noch vorstellen, dass die Blechbläserklassen
von Privat- und Künstlerpersönlichkeit?
jedes Semester ein gemeinsames, öffentliches
Wie organisiere ich meinen Alltag, wenn ich
Verstärkt wünschen würde ich mir Konzert-
gerade keinen Job habe? Woher nehme ich
situationen außerhalb der Hochschule. Für
meine Kraft? Denn es ist ja unser Körper
mich persönlich fühlt es sich total unter-
und Geist, aus denen wir ein Leben lang
schiedlich an, ob ich im „Großen Saal“ ein
schöpfen.
Konzert spiele oder mich in einem neuen
Konzert gestalten.
(Konzert-) Saal zurecht finden muss. Aber gerade im Hochschulorchester wird ja diesbezüglich jedes Semester ein Konzert organisiert.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Was genau hat eine seriöse
Um die Fähigkeit zu entwickeln, auf der
Probespielvorbereitung mit
Bühne Höchstleistung zu bringen, müssen
der Fähigkeit zu tun, minutenlang im eiskalten Wasser ausharren zu können?
musikalische Fertigkeiten und technische Bewegungsabläufe sowie die innere Verfassung auf höchstem Niveau miteinander in Einklang stehen. Damit wir dieses erreichen können, verbinden wir in unserer Trompetenklasse gern altbewährte Methoden mit der Neugier auf Experimente und Unbekanntes. Als sinnvoll erweist sich die schrittweise Vorbereitung auf den Ernstfall. Am Anfang steht die gründliche Erarbeitung der im Probespiel zu spielenden Werke. Das Probespielkonzert wie auch die geforderten Orchesterstellen untersuchen wir eingehend auf die notwendigen musikalischen Parameter wie Rhythmus, Intonation, Artikulation, Phrasierung, Klang und Dynamik. Alles zerlegen wir in Einzelteile, bearbeiten und schleifen es, um es dann wieder zusammenzufügen. Weiterhin betrachten wir die Orchesterstellen im Kontext des Gesamtwerkes und arbeiten den entsprechenden musikalischen Charakter heraus. Wie es früher beim Eiskunstlauf eine A-Note für die technische Ausführung und eine B-Note für den künstlerischen Ausdruck gab, wird auch beim Probespiel der Kandidat am meisten überzeugen, der sowohl den besten Feinschliff wie auch die ergreifendste Interpretation vorzuweisen hat.
IM EISWASSER „ERFRIEREN“ DIE INNEREN ZWEIFLER Die Trompetenklasse beschreitet unkonventionelle Wege für die mentale Vorbereitung auf Probespiele und Konzerte Von Klaus Schuhwerk, Professor für Trompete an der HfMDK
12
Wenn die einzelnen Werke zunehmend an Qualität und Stabilität gewonnen haben, werden sie im wöchentlich stattfindenden Probespieltraining vorgetragen. Dies geschieht klassenintern, das heißt die dargebrachte Leistung bleibt im „Schutzraum“ unter Kommiliton*innen und Hauptfachlehrer*innen. Hier trainieren die Studierenden immer wieder die Einmaligkeit des Auftritts. Gleichzeitig erhalten sie eine
Im Eiswasser „erfrieren“ die inneren Zweifler
Rückmeldung über den Stand ihres Vortrags
des Prozesses. Wie ein Surfer bei niedriger
universität der Stadt Wien, ist auf allen
im noch „abgeschwächten“ Ernstfall.
Windstärke zu trainieren beginnt, um sich
Bühnen dieser Welt zuhause. Er forderte uns
dann bei zunehmendem Können immer
im Rahmen eines Workshops auf, an unsere
Die nächste Steigerung sind Probespielsimu-
stärkeren Winden auszusetzen, so starten
Grenzen zu gehen und unseren inneren
lationen vor einer eigens dazu eingeladenen
wir im Unterrichtsraum und im internen
Zweifler zumindest für kurze Zeit eindrucks-
Fachjury, bestehend aus Orchestermusiker*in-
Probespiel, bis wir über die intensive Probe-
voll zu überwinden.
nen der zumeist umliegenden Berufsorches-
spielsimulation bei der höchsten Windstärke,
ter. Jährlich finden immer wieder zahlreiche
dem tatsächlichen Probespiel, angekommen
Durch praktizierte intensive Atemübungen,
„Profis“ auf meine Einladung hin den Weg
sind.
gepaart mit mentalen Suggestionen, half er
in unsere Hochschule, um für diese simulier-
uns, gegen äußere Extreme wie eisige Kälte
ten Probespiele eine externe Kommission zu
Die mentale Verfassung spielt hier für den
schmerzunempfindlich zu werden. Als beein-
bilden, welche die Leistung der Studierenden
Studierenden neben den musikalischen und
druckendes Erlebnis konnten wir alle nach
nach berufsqualifizierenden Kriterien bewer-
technischen Qualitäten eine außerordentlich
dieser intensiven praktischen Vorbereitung
tet. Um die Situation so real wie möglich zu
wichtige Rolle. Das größte Potenzial ist zum
an diesem Tag minutenlang im eigens dafür
gestalten, werden die Rahmenbedingungen
Scheitern verurteilt, wenn sich in der Stunde
mit eiskaltem Wasser aufgefüllten Pool
und das Repertoire an ein echtes Probespiel
der Wahrheit im Kopf des Musikers inner-
ausharren.
angepasst. Beispielsweise werden in der
liche Dramen abspielen. Deshalb besteht eine
ersten Runde Stellwände aufgestellt, hinter
extrem wichtige Fähigkeit darin, sich in
Die Parallelen zum Probespiel liegen auf
denen die jeweiligen Kandidat*innen, jenseits
herausfordernden Situationen auf das Wesent-
der Hand: Die extremen Höchstleistungen,
der Blicke der Jury, ihr Konzert präsentieren.
liche konzentrieren zu können, um so die
die heute gefordert werden, können nur im
Gedanken und damit die Grundlage der
Zustand hoher Selbstbeherrschung und
Die Einspielzimmer werden auf zwei große
Leistungsfähigkeit auf den Punkt zu bringen.
starker mentaler Präsenz gelingen. Und so
Studios reduziert, was die Durchführung des
Hierbei haben wir uns in den letzten Jahren
war es für alle in der Klasse eine wunderbare
individuellen Aufwärmprogramms aufgrund
immer wieder auf Experimente und neue
Erfahrung zu erleben, wie gesteigerte innere
der Anwesenheit der Konkurrent*innen und
Arbeitsweisen eingelassen. Neben den schon
Kraft es ermöglicht, auch in Grenzsituatio-
des dadurch erhöhten Schallpegels deutlich
etablierten Mentaltrainern hatten wir außer-
nen bei sich zu sein und nicht die Kontrolle
erschwert.
gewöhnliche Experten wie Zen-Bogenschützen,
zu verlieren.
Shaolin-Mönche, Hochseilartisten, MentalZusätzlich wird die Reihenfolge der Kan-
trainer aus dem Sport und viele andere Gäste
Durch diese positiven Erfahrungen bestärkt,
didat*innen per Los entschieden, und schließ-
bei uns. Sie haben uns Wege aufgezeigt, um
werden wir auch zukünftig Altbewährtes
lich wird nach jeder gespielten Runde durch
unsere Gedanken auch in Extremsituationen
mit Neuem und Unbekanntem, Vertrautes
die anwesende Kommission darüber befin-
„in den Griff“ zu bekommen. So konnten sie
mit Grenzüberschreitendem verbinden. Auf
den, welche Kandidat*innen das Niveau
uns allen durch Vorträge, praktische Anlei-
diese Weise lernen die Student*innen an
haben, die nächste Runde zu erreichen und
tungen und Demonstrationen zeigen, wozu
unserer Hochschule eine Vielzahl an theo-
wer am Ende eventuell das Probespiel ge-
Menschen fähig sind, wenn sie ihren Körper
retischen und praktischen Arbeitsmethoden
winnen könnte. Das erzeugt eine entsprechend
und ihren Geist extrem trainieren.
kennen, um sich für den entscheidenden
angespannte Atmosphäre und hilft den Stu-
Auftritt auf der Bühne zu wappnen. Durch
dierenden, sich mit den Anforderungen des
Ein absoluter Höhepunkt dieser Reise in
dieses umfangreiche Angebot und die damit
tatsächlichen Ernstfalls vertraut zu machen.
unser mentales Grenzgebiet war die eigene
verbundenen Inspirationen hat jeder Stu-
Erfahrung, minutenlang im Eiswasser sitzen
dierende die Möglichkeit, seinen eigenen
Die Entwicklung und Kräftigung des Ver-
zu können. Roman Rindberger, der einge-
persönlichen Weg zu finden, um in der
trauens in das eigene Potenzial bei steigenden
ladene Coach, Trompeter bei „Mnozil Brass“
Auftrittssituation sein Bestes geben zu
Anforderungen sind wichtige Kernpunkte
und Professor an der Kunst und Musik Privat-
können.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
IN DER AUFFÜHRUNG IST MEISTENS ALLES ANDERS Über die Vielfalt an Faktoren, die einen Bühnenauftritt beeinflussen
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In der Aufführung ist meistens alles anders
Von Vassilis Christopoulos, Professor für Orchesterdirigieren an der HfMDK Letzten Endes geht es um den Auftritt. Dem Publikum ist es egal, wie viele Stunden, Tage, Monate der Musiker vorher geübt hat oder wie gut die schwierige Passage zu Hause, im Unterricht oder in der Probe geklappt hat – nur der Moment der Aufführung zählt! Daher ist es wichtig, diesen Moment so gut wie möglich vorzubereiten. Denn in der Aufführung ist meistens alles anders! Es gibt viele Faktoren, die man kaum beeinflussen oder auf die man nur nach langjähriger Erfahrung zum Teil reagieren kann: Die Akustik verändert sich oft enorm, wenn auf einmal das Publikum im Aufführungsort sitzt (nachdem man z. B. in einer leeren Konzertkirche geprobt hat), und man muss viele Tempoübergänge oder Balanceentscheidungen überdenken; das Publikum an sich ist unvorhersehbar: Ein ruhiges, konzentriertes, aufgeschlossenes, begeisterungsfähiges Publikum kann die Künstler1 unterstützen und beflügeln, ein unruhiges oder gelangweiltes Publikum dagegen kann einen stören, ablenken oder verunsichern; die Licht- und Temperaturverhältnisse können variieren, besonders wenn die Generalprobe mit Sonnenlicht und das Konzert abends stattfindet; auch der Wind kann große Schwierigkeiten bei Freilichtaufführungen bereiten. Vor allem aber steigt der Adrenalinpegel! In Maßen kann das förderlich für die Konzentration, die Energie und die Reflexe sein, und man sollte dies begrüßen und genießen. Wer aber unter starkem Lampenfieber leidet, kann keine gute Leistung zeigen und sollte das Problem unter Kontrolle bringen. Chor und Orchester der HfMDK unter Leitung von Vassilis Christopoulos in der Basilika von Kloster Eberbach im Sommer 2018. Foto: Lorna Lüers
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Besonders für einen Dirigenten stellt die
Rahmen der Hochschulveranstaltungen oft
Technikern, Inspizienten und darstellenden
Aufführung ganz andere Herausforderungen
zu trainieren. Denn jedes Konzert ist auch
Künstlern schon während des Studiums
dar als die Probenarbeit. Hier kann er (oder
ein optisches Ereignis, und das Publikum
führt.
sie, selbstverständlich) nichts mehr münd-
spürt die Verlegenheit bei der zeremoniellen
lich erklären, er muss alles zeigen und die
Handlung. Eine verlegene Applausordnung
Die Energie spielt für den Erfolg einer
Musiker mit viel Energie zur Höchstleistung
hinterlässt einen unangenehmen letzten
Aufführung eine wichtige Rolle, zum Teil
motivieren. Aber auch die Orchestermusiker
Eindruck, daher sollte diese – besonders bei
mehr als die objektiv gemessene technische
sind naturgemäß (manchmal zu!) entspannt
einer Opern- oder Theaterproduktion – sorg-
Genauigkeit. Deswegen kommt das Publi-
bei den Proben, dafür bei der Aufführung
fältig geprobt werden. In diesem Zusammen-
kum gern zu Konzerten von jungen Musikern
wesentlich fokussierter und motivierter.
hang ist auch eine energische Körperhaltung
und lässt sich begeistern, wie neulich die
der Orchestermusiker sehr wichtig.
standing ovations nach der Aufführung von
Daher ist es mir wichtig, die Repertoire-
„Carmina Burana“ in der Basilika von Kloster
proben des Hochschulorchesters mit einem
Weil ein Künstler vor dem Auftritt und
Eberbach im Rahmen des Rheingau Musik
öffentlichen Durchlauf zu beenden. Wie
währenddessen maximale Konzentration
Festivals gezeigt haben. Diese Tatsache sollte
viel Publikum erscheint, ist für den pädago-
braucht, halte ich es für sinnvoll, ein gewisses
die HfMDK „ausnutzen“ und sich selbst-
gischen Wert dieser „Konzertsimulation“
Ritual zu entwickeln und Ablenkungen zu
bewusst als große Veranstalterin im Rhein-
nicht entscheidend. Es geht darum, effizien-
minimieren. So empfehle ich z. B., Handy-
Main-Gebiet präsentieren.
ter und konzentrierter zu proben und die
kontakt zwei Stunden vor Konzertbeginn zu
Stücke besser kennenzulernen.
vermeiden – das verhilft übrigens zu einer
Die Freude am Musizieren ist für mich das
aufrechten und selbstbewussten Körper-
wichtigste Stichwort beim Thema Auftritt.
Aus dem gleichen Grund versuche ich,
sprache. Wann und was man in den Stunden
Niemals darf man vergessen, warum man
Dirigierseminare für meine Studenten mit
vor dem Auftritt isst, ob man genug trinkt,
sich mit der Musik und allgemein mit der
professionellen Orchestern grundsätzlich mit
ob man sich einen kurzen Erholungsschlaf
Kunst beschäftigt, welches Glück und welche
einem Konzert abzuschließen. Wenn man ein
(power nap) gönnt, ob man meditiert, das
Freude es bedeutet, großartige Werke der
konkretes Ziel vor Augen hat, das innerhalb
alles sollte man sich überlegen und auspro-
Musik- und Theaterliteratur einzustudieren,
begrenzter Zeit zu erreichen ist, steigt die
bieren, um die Aufregung unter Kontrolle zu
aufzuführen und Freunden – und sei es
Motivation bei den Orchestermusikern, und
halten und sich mental und körperlich auf
imaginären Freunden mitten in einem unbe-
die Dirigierstudenten lernen eine sinnvolle
die Aufführung optimal vorzubereiten. Aller-
kannten Publikum – zu präsentieren! Wenn
und effiziente Probentechnik.
dings sollte man aufpassen, nicht Sklave
man beim Auftritt das Gefühl loslassen kann,
seiner eigenen Vorstellungen zu werden und
geprüft zu werden, und die Freude am
Einem unerfahrenen Dirigenten kann es
vor lauter Zwängen mehr Probleme zu
besonderen Moment spürt, ist vielleicht die
aufgrund der Aufregung vor und während
schaffen als zu lösen!
wichtigste Voraussetzung für eine gelungene
einer Vorstellung passieren, dass er den
Aufführung erfüllt. In diesem Sinne wünsche
ganzen Ablauf des Auftritts vergisst oder
Ein sauberes Künstlerzimmer mit frischem
ich allen Lesern für ihre zukünftigen Auftritte
durcheinanderbringt: Wann lasse ich das
Wasser, einem Spiegel, angenehmem Licht
nicht „toi toi toi“, sondern „viel Vergnügen“!
gesamte Orchester oder einzelne Soloinstru-
und nette, zuverlässige stage managers bzw.
mentalisten aufstehen, wann begrüße ich
Orchesterwarte helfen, die Künstler zu beru-
den Konzertmeister, wie verbeuge ich mich,
higen und von unnötigem Stress zu entlasten.
wie verhalte ich mich zum Solisten? Das alles mag im Vergleich zur Musik nebensäch-
Es gibt Musikhochschulen im Ausland, wo
lich sein, aber man sollte es nicht vernach-
neben den rein künstlerischen Fächern auch
lässigen oder gar verachten. Es ist wichtig,
Bühnenmanagement unterrichtet wird, was
solche Abläufe im relativ geschützten
zu einer schönen Symbiose von angehenden
16
Atem und Klang für Instrumentalisten
ATEM & KLANG FÜR INSTRUMENTALISTEN Die Zwerchfellflexibilität und ihre positive Auswirkung auf den musikalischen Ausdruck Von Isa Terwiesche, Gastdozentin an der HfMDK
Ihr erfrischend natürlicher Umgang mit den
Innerhalb kurzer Zeit konnten die o. g. Schwie-
Die Zwerchfellbewegung und ihre klang-
Studierenden ermöglichte einen sofortigen Zugang
rigkeiten wirksam und dauerhaft behoben
liche Auswirkung ist daher der Fokus
zum sensiblen und persönlichen Thema Atem.
werden, zur Überraschung der Studierenden,
meiner Arbeit, denn die Flexibilität dieses
Erstaunlich, wie innerhalb kürzester Zeit der
die oft unter ihren Einschränkungen litten.
Hauptatemmuskels entscheidet tatsächlich,
Atem beeinflusst werden konnte und sehr positive
ob beispielsweise bei Streichern die Arm-
Auswirkungen auf den Klang hatte.
Warum wirkt diese Atemarbeit in so schein-
bewegung durchlässig ist und sich somit der
Prof. Jan Ickert, Violoncello
bar verschiedenen Bereichen? Weil all diesen
klangliche Ausdruck entfalten kann oder
Beispielen zugrunde liegt, dass die Veran-
nicht, ob man bei Bläsern die Thoraxverhält-
Die Anliegen, mit denen Studierende in
kerung der Atemführung nicht gefestigt ist!
nisse im Brustkorb optimal nutzt und ob
meinen Unterricht kommem, sind z. B.:
Aber nicht nur der musikalische Ausdruck
man nach einem Konzert erfrischt oder
wird eingeschränkt, sondern auch die Sauer-
erschöpft ist.
• Eine Oboistin spielt mit zuviel Druck.
stoffversorgung. Durchblutungsstörungen,
• Einem Trompeter bricht in hoher
Nervenschmerzen, fokale Dystonien gefähr-
Jedem, der an einer umfassenden
den zunehmend die berufliche Existenz. In
musikalischen Ausbildung interessiert ist,
langjähriger Zusammenarbeit mit Musiker-
empfehle ich diesen Unterricht.
medizinern hat sich für mich herausgestellt,
Katharina Wildermuth, 1. Violine Aris Quartett
Lage der Ton weg. • Ein Bratscher hat Probleme mit seinem Vibrato-Ton. • Einem Pianisten wird beim Spielen regelmäßig schwindelig. • Eine Flötistin soll eine Staccato-Stelle resonanzreich-federnd spielen.
dass viele Schicksale vermeidbar gewesen wären, wenn die Musiker den Umgang mit
Im Fach Sprecherziehung befasste ich mich
ihrem Atemverhalten beim Spiel kennen-
30 Jahre intensiv mit der Wechselwirkung
gelernt hätten.
von Atemführung und gestalterischem Ausdruck und habe dies auch bei Musikern
• Ein Fagottist verliert bei Lampenfieber Erfahrungsgemäß wirkt eine richtige Atem-
untersucht. Der Fachbereich 1 der HfMDK
technik auch bei Lampenfieber stabilisierend.
bot mir vor einigen Jahren als erste Hoch-
vollen Klang, ist nach ihrem Spiel aber
Das Bewusstsein für den Atemablauf wird
schule die Möglichkeit, meinen neuen Ansatz
oft zu erschöpft.
auf einer konkreten kinästhetischen Ebene
vorzustellen. Die Inhalte interessierten und
vermittelt, dadurch gewinnt der Musiker
zogen schnell Kreise. Seit 2013 gibt es z. B.
einen besseren Kontakt zu sich selbst. Ein
eine regelmäßige Zusammenarbeit mit der
musikalisch-lebendiger Ausdruck kann
Orchesterakademie und den Musikern des
Durch ihr feines Gespür hat Isa Terwiesche mir
überhaupt erst entstehen, wenn die Atmung
Symphonieorchesters des BR sowie den Münch-
geholfen meinen Klang zu öffnen und zu verfeinern.
geschmeidig ins Spiel integriert und nicht
ner Philharmonikern. Ebenso nutzen Hoch-
Simón Doggenweiler, Viola
davon getrennt wird.
schulen im In-und Ausland das Angebot.
die Kontrolle über seinen Ton. • Eine Cellistin hat zwar einen ausdrucks-
• Ein Posaunist kann keine langen Töne spielen.
17
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Daniela Kabs, Leitung Leitung Veranstaltungsmanagement, Semesterplanung, Konzertreihen, Leitung Künstlerbörse; Trennungsrechnung; verantwortlich für die Sicherheit bei Veranstaltungen; Veranstaltungsmarketing, Veranstaltungsleitung; Großprojekte Sabrina Kautz Veranstaltungsorganisation, Veranstaltungs-
Nina Koch Veranstaltungsorganisation, Einsatzplanung
werbung (intern und extern), Ansprechpartnerin
und Kommunikation Veranstaltungstechniker
Klavierstimmungen, Kartenvorverkauf, Planung
und studentische Hilfskräfte, Künstlerbörse,
Großer und Kleiner Saal während des Semesters;
Großprojekte, Veranstaltungsleitung
Einsatzplanung Abenddienst
DER LANGE WEG BIS AUF DIE BÜHNE Sämtliche Veranstaltungen der HfMDK wandern durch das Künstlerische Betriebsbüro
Melanie Quint Raumplanung, Vermietung, Übegenehmigungen
Jesica Janßen Organisation und Verleih Veranstaltungstechnik, Wartung und Anschaffung Veranstaltungstechnik, technische Betreuung Veranstaltungen
Moritz Thiele (Vertretung Nina Koch) Veranstaltungsorganisation, (Einsatz-)Planung und Kommunikation Veranstaltungstechniker und studentische Hilfskräfte, Veranstaltungsleitung Farah Winning (Vertretung Nina Koch) Veranstaltungsorganisation, Künstlerbörse, Veranstaltungsleitung
18
Der lange Weg bis auf die Bühne
Was vor 15 Jahren noch mit einer halben Stelle erledigt wurde, wird heute von einem ganzen Team geleistet: im Künstlerischen Betriebsbüro (KBB). Ein gestiegenes Aufkommen an Veranstaltungen, aber auch an Anforderungen und Auflagen, haben das KBB zu einer zentralen Schaltstelle der HfMDK werden lassen, die jährlich bis zu 600 Veranstaltungen koordiniert. Weil Teamwork zwingende Voraussetzung für den Erfolg ist, antwortet das KBB in diesem Interview mit Björn Hadem mit einer Stimme.
An Türen und Wänden des Künstlerischen
Wie gehen Sie mit diesen Konflikten um?
Bereiche der Hochschule eingeführt, um
Betriebsbüros hängt jener Auszug aus dem
KBB Wichtig ist, im Team miteinander zu
die zur Verfügung stehenden Ressourcen fair
Hochschul-Leitbild, der den achtungs- und
reden und eine persönliche Distanz zur
und kontrollierbar einzusetzen.
respektvollen Umgang miteinander fordert.
Kritik einzunehmen, die uns zwar trifft, für
Warum war es Ihnen ein Anliegen, ihn
die wir aber nicht ursächlich verantwortlich
Mit wie vielen Techniker*innen arbeiten Sie
gleich mehrfach zu platzieren?
sind. Im wöchentlichen jour fixe lassen wir
zusammen?
KBB Weil wir immer wieder auf einen res-
nicht nur das Revue passieren, was schwierig
KBB Neben unserer festangestellten Veran-
pektvollen Umgang – auch mit uns – hin-
war, sondern auch das, was gut geklappt hat
staltungstechnikerin Jesica Janßen arbeiten wir
weisen wollen. Grundsätzlich erfahren wir
und als erfreulich in Erinnerung bleibt. So
mit rund einem Dutzend freier Techniker*in-
hier durchaus viel Wertschätzung von Kol-
stellen wir die schönen und positiven Seiten,
nen zusammen, die mit unseren Gegeben-
leg*innen, Lehrenden und Studierenden.
von denen es eine Menge gibt, in den Vor-
heiten vertraut sind. Bei der Hochschulpro-
Wir sind aber auch für sensible Arbeitsbe-
dergrund.
duktion „L`isola disabitata“ im Kloster
reiche wie die Raumplanung verantwortlich,
Eberbach im Rahmen des Rheingau Musik
wo uns der Umgangston ab und an frag-
Haben Sie eine Strategie, dem Raummangel
Festivals hatten wir beispielsweise zeitgleich
würdig erscheint.
systematisch zu begegnen?
18 Techniker*innen im Einsatz. Die Anfor-
KBB Natürlich machen wir uns darüber
derungen an den Bereich Veranstaltungs-
Was ist daran sensibel?
sehr viele Gedanken und haben zum Beispiel
technik sind in den letzten Jahren deutlich
KBB Die Tatsache, dass wir einen Mangel
vor zwei Jahren Raumkontingente eingeführt,
gestiegen, vor allem, was die Komplexität
verwalten, nämlich einen Mangel an verfüg-
die sich an der Größe des Lehrdeputats
der Projekte im Darstellenden Bereich angeht.
baren Räumen für Lehrveranstaltungen.
orientieren: Ein achtstündiger Lehrauftrag
Dabei müssen wir bereits im Vorfeld die
Dieser führt immer wieder zu emotionalen
bekommt zwölf Raumstunden, eine volle
Sicherheit aller im Auge behalten, was
und kontroversen Diskussionen, wenn je-
Professur mit 18 Semesterwochenstunden
Fingerspitzengefühl in der Kommunikation
mand für seine Interessen kämpft, möglichst
verfügt über 40 Raumstunden pro Woche.
mit den Projektleiter*innen bedeutet. Die
gute und große Räume zu bekommen. Diese
Diese Regulierung eröffnet uns neue Spiel-
vorhandene Technik wird von uns Schritt für
Wünsche sind häufiger geworden. Gerade
räume und unterbindet übermäßige Raum-
Schritt ergänzt und aufgerüstet, um heutigen
in der Planungsphase für das kommende
reservierungen. Eine ähnliche Art der Kon-
Ansprüchen der Darstellenden Kunst
Semester sind wir extrem den vehementen
tingentierung haben wir für den Einsatz
gerecht zu werden.
Forderungen der Anfragenden ausgesetzt.
unserer Techniker*innen für die jeweiligen
19
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Mit Hilfe der Künstlerbörse vermittelt das
Was ist die besondere Herausforderung,
Wie hat sich die Arbeit des Künstlerischen
KBB Künstler*innen der Hochschule für
der sich das KBB an einer Hochschule
Betriebsbüros gewandelt?
Auftritte auf Feiern und Veranstaltungen.
stellen muss?
KBB Das KBB deckt – anders als noch vor
Was bedeutet dies für Ihr Team?
KBB Auf jeden Fall ein hohes Maß an
Jahren – ein breites Spektrum an Tätigkeiten
KBB Einfühlungsvermögen für das, was
Flexibilität, sprich: eine schnelle Reaktions-
ab: Veranstaltungsorganisation, Trennungs-
gewünscht und möglich ist, und Einschätz-
fähigkeit – wenn wir zum Beispiel morgens
rechnung, Werbung, Technik, Sicherheit bei
ungsvermögen dafür, wer für diese „Mugge“
um 9 Uhr erfahren, dass am Nachmittag
Veranstaltungen, Raumplanung etc. Das
in Frage kommt. Wir haben Trauernde am
um 15 Uhr ein Cembalo spielbereit im Saal
Team ist stetig gewachsen, was auch den
Telefon, die für die Beerdigung eines Ange-
stehen muss, wir innerhalb weniger Stunden
Veränderungen in der Lehre und dem Bedarf
hörigen eine musikalische Umrahmung
zwei Flügel für ein Konzert organisieren
einer Hochschule als Veranstaltungsbetrieb
suchen – das geht uns selbst manchmal nahe.
müssen oder wir bis zum Tag des Konzertes
geschuldet ist. Um möglichst flexibel agieren
Es gibt aber auch skurrile Anfragen, die
keine konkreten Informationen bekommen,
zu können, arbeiten wir – neben den exter-
uns den Tag erheitern.
was genau an Technik benötigt wird. Ganz
nen Techniker*innen und Stagehands – mit
häufig sind kurzfristige Änderungen in den
vielen studentischen Hilfskräften und einem
Welches Interesse hat die Hochschule an
Konzertprogrammen, die wir bestenfalls erst
treuen Kreis von Ehrenamtlichen zusammen,
der Künstlerbörse?
am Konzerttag kopieren, um auf dem aktu-
die für unsere Arbeit unverzichtbar sind.
KBB Zum einen ist sie für die Studierenden
ellsten Stand zu sein. Wir verstehen uns als
Ist Not am Mann, springt von ihnen immer
eine Plattform, durch die sie Auftrittsroutine
ein Team, das dafür da ist, damit Studierende
wieder jemand ein. Dass Willy Egli als „Chef“
sammeln können – aber auch Erfahrungen,
unter optimalen Bedingungen auftreten
des Catering genau dafür ein kleines Gewerbe
wie man mit Kund*innen kommuniziert
können. Im Unterschied zu einem öffent-
angemeldet hat, ermöglicht den Pausen-
oder Programme zusammenstellt und sich
lichen Konzerthaus oder Theater, wo der
ausschank, der ohne Eherenamtliche so nicht
den Bedürfnissen von Auftraggeber*innen
Veranstaltungsbetrieb das wesentliche
denkbar wäre.
anpasst. Wir beobachten Studierende, wie
Element ist, nach dem sich alles richtet, steht
sie über Jahre immer professioneller darin
in einer Hochschule stets die Lehre im Vorder-
Was motiviert Sie bei der Arbeit im
werden. Für die Hochschule sind Anfragen
grund, deren Teil Veranstaltungen ja sein
KBB immer wieder?
von Persönlichkeiten, Unternehmen, Insti-
können. Wir haben es mit Künstler*innen zu
KBB Wenn wir uns einmal kurzzeitig fragen,
tutionen und Kooperationspartner*innen
tun, die sich noch auf dem Weg ihrer Aus-
warum wir gerne hier arbeiten, besuchen wir
oder aus der Politik interessant, weil sie dort
bildung befinden und für die die Bühne auch
einen Vortragsabend: Dort erleben wir dann
ihr Potenzial präsentieren kann.
ein Experimentierfeld bedeutet – das prägt
Studierende, die sich leidenschaftlich mit
unsere Arbeit. Anders als in einem Konzert-
ihrer Kunst auseinandersetzen und uns Kraft
Wie schaffen es Studierende in die Kartei
haus plant jede*r Professor*in die eigenen
und Motivation zurückgeben. Genau für
der Künstlerbörse?
Klassenabende; die Interessen sind also
diese Menschen machen wir unseren Job,
KBB Indem sie sich bei uns melden und wir
dezentral gestreut und lassen sich nur schwer
denn es ist schön, die künstlerische Entwick-
sie und die jeweiligen Einsatzmöglichkeiten
bündeln. Umso wichtiger ist eine verbind-
lung junger Menschen verfolgen und einen
kennenlernen. Das ist Voraussetzung für eine
liche und vertrauensvolle Kommunikation.
Beitrag dazu leisten zu können. – bjh
Vermittlung.
Je früher man mit uns redet, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir Dinge möglich machen können, die zunächst unmöglich erscheinen. Die Grafik rechts zeigt die Vielzahl an planerischen Schritten, die das Künstlerische Betriebsbüro von der Anmeldung eines Konzerts bis zum Auftritt auf der Bühne absolvieren muss.
20
Der lange Weg bis auf die Bühne ANMELDUNG EINER VERANSTALTUNG TERMINWUNSCH MÖGLICH
TERMINWUNSCH NICHT MÖGLICH
ERSTELLUNG DES SEMESTERPLANS
ERNEUTE TERMINFINDUNG MIT DEM ANTRAGSTELLER TERMINBESTÄTIGUNGEN UND ABFRAGE ALLER RELEVANTEN PUNKTE BEIM ANTRAGSTELLER
WERBUNG
ERSTELLUNG, DRUCK UND DISTRIBUTION PRINTMEDIEN SOWIE INTERNE PLAKATE UND PROGRAMME
ANKÜNDIGUNG FÜR DIE WEBSITE
DATEN AN PRESSEUND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT FÜR PRESSEARBEIT, NEWSLETTER, SOCIAL MEDIA
KARTENVORVERKAUF UND ABRECHNUNG BEI DER AGENTUR EVENTIM LIGHT
BESTELLUNGEN BEI DER FINANZABTEILUNG
KOMMUNIKATION MIT AGENTUR, VERTRIEB FLYER, HÄNGUNG DER PLAKATE ETC.
ALLE ANGABEN KORREKT
FINALISIERUNG DES SEMESTERPLANS
TERMINÄNDERUNG
TECHNIK
ORGANISATION
ABENDDIENST
VERANSTALTUNGSSICHERHEIT
BUCHEN EXT. TECHNIKER*INNEN UND/ODER AUFSICHTSFÜHRENDER PERSONEN
PLANUNG DER GARDEROBEN UND PROBEZEITEN
EINTEILUNG DER EHRENAMTLICHEN UND HIWIS
ERSTELLUNG DER GEFÄHRDUNGSANALYSE
KOMMUNIKATION MIT HAUSDIENST/PFORTE
BESTELLUNG DES CATERINGS
KARTENVORVERKAUF TAGSÜBER IM KBB
BESTELLUNG DER BLUMEN
ORGANISATION DER FLÜGELSTIMMUNGEN
ABENDKASSE UND ABRECHUNG
KOMMUNIKATION MIT DEM TONSTUDIO
ERSTELLUNG DER KARTEN
INSTRUMENTENTRANSPORTE
EINLASS
ABKLÄRUNG UND EINRICHTEN DES TECHNISCHEN EQUIPMENTS
ORGANISATION VON TRANSPORTEN, TECHNIKMATERIAL
EINTEILUNG DER TECHNIK-HIWIS
PLANUNG UND DURCHFÜHRUNG VON KONZERTUMBAUTEN
BESTELLUNGEN BEI DER FINANZABTEILUNG
SAALFINISH
ERSTELLUNG DES VERANSTALTUNGSPROTOKOLLS
VERANSTALTUNGSLEITUNG VOR, WÄHREND UND NACH DEM KONZERT
FREIGABE DES VERANSTALTUNGSSAALS
GGF. EINHOLEN VON URHEBERRECHTEN MELDUNG BEI DER GEMA ABSPRACHE MIT DEM REINIGUNGSDIENST BESTELLUNGEN BEI DER FINANZABTEILUNG
EXEMPLARISCH: EIN KLAVIERABEND
21
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
95 Prozentanteil der Raumanfragen, die unvollständige Informationen enthalten und einer Nachfrage bedürfen
„Hitliste“ der in HfMDK-Konzerten meistgespielten Komponisten 123x Johann Sebastian Bach 86x Ludwig van Beethoven 81x Johannes Brahms 74x Wolfgang Amadeus Mozart 68x Robert Schumann 59x Georg Philipp Telemann 53x Frédéric Chopin 42x Franz Schubert 39x Joseph Haydn 33x Claude Debussy
200 E-Mails pro Regieprojekt
217 Flügelstimmungen im Großen und Kleinen Saal
300 Gefährdungsanalysen
1.706 ausgestellte Übegenehmigungen
416 Arbeitsstunden putzen, messen, prüfen und reparieren 5 Veranstaltungstechniker*innen und 6 „Hiwis“ das gesamte Equipment der Veranstaltungstechnik an 8 Tagen (1291 Scheinwerfer, Kabel, Pultleuchten, Lautsprecher, Dimmer, Licht- und Tonanlagen)
3.000 im KBB gebuchte Technikstunden
450 Arbeitsstunden aufsichtsführender Personen
5.200 außerplanmäßige Raumanfragen
10.250 Meter verlegte Technikkabel 590 Veranstaltungen, davon 119 mit Eintritt, 165 öffentliche Veranstaltungen ohne Eintritt, 169 interne Veranstaltungen, 72 Kooperationen und 14 Großveranstaltungen, 51 Konzerte im Rahmen von Konzertreihen
1.000 Arbeitsstunden von studentischen Hilfskräften im KBB
1.600 E-Mails, die das KBB rund um die Festbelegung von Räumen verschickt hat
im Jahr 2017 22
4.703 im Abendcatering verkaufte Getränke, darunter 837 Rhabarbersaftschorlen
11.100 Besuche für eintrittspflichtige Konzerte
14.040 kopierte und gefaltete Konzertprogramme
80.750 Werbeflyer
Der klimaneutrale Hindemith
Naturefund ist eine gemeinnützige Naturschutzorganisation mit Sitz in Deutschland. Das Blue Planet Certificate von Naturefund ist das einzige Klima-
DER KLIMANEUTRALE HINDEMITH Bei der aktuellen Opernproduktion „Das lange Weihnachtsmahl“ setzt die HfMDK erstmals auf die maximale Vermeidung von Emissionen
zertifikat weltweit, das sich gezielt für den Schutz von Ökosystemen einsetzt, denn natürliche Wälder, ein gesunder Boden und intakte Ökosysteme speichern CO2 im großen Stil. Darüber hinaus geben sie uns Nahrung, sauberes Wasser und schaffen Lebensperspektiven für uns Menschen und gleichzeitig Lebensraum für die Artenvielfalt. Einfach und transparent kann jeder Klimapartner werden und mit dem Blue Planet Certificate von Naturefund natürliche Ökosysteme als CO2-Speicher schützen. Mehr Informationen unter www.blueplanetcertificate.com (in
Von Heiko Frieling, Energiemanager an der HfMDK
Kürze auch nur www.blauerplanet.com)
Es gehört inzwischen zum guten Ton, Messen,
Erste Priorität hat das Vermeiden von Emis-
und das Ergebnis wertfrei, gibt uns aber die
Sportevents oder Konferenzen klimaneutral
sionen. Unser Strom ist mit Ökostrom bereits
Möglichkeit, die Emissionen ganzheitlich zu
zu gestalten. Es gibt dem Publikum, zusätzlich
sehr emissionsarm. Dank der Modernisierung
betrachten. Nach all den Verbesserungsmaß-
zur Freude an der Veranstaltung, das Gefühl,
zu moderner LED-Saalbeleuchtung Anfang
nahmen und der Ermittlung aller übrigen
an etwas Sinnvollem Anteil zu haben.
2018 haben wir diesen Bereich auf ein Mini-
Emissionen sind wir in der Lage, auch mit
mum an Emissionen reduziert, und dies zu-
nicht vermeidbaren Emissionen umzugehen.
Die HfMDK sieht hier mit jährlich fast
gleich mit einem Zugewinn an gestalterischen
600 Veranstaltungen großes Potenzial auf
Möglichkeiten. Mit einer sehr effizienten
Kompensation von nicht vermeidbaren
dem Weg zur CO2-neutralen Hochschule. Im
Wärmerückgewinnungsanlage mindern
Emissionen Wir unterstützen im Falle der
aktuellen Wintersemester initiieren wir mit
wir die Heiz- bzw. Kühlleistung künftig um
genannten Hindemith-Oper die gemeinnüt-
der Hindemith-Oper „Das lange Weihnachts-
bis zu 60 %, und durch innovative Wasser-
zige Organisation „Naturefund“, die sich für
mahl“ die ersten Veranstaltungen klimaneutral.
armaturen in den Sanitärbereichen sparen
den Erhalt und Neuaufbau von regionalen
Damit ist das Thema in Frankfurt und Hessen
wir bis zu 90 % Wasser, das bei rund 750
Ökosystemen wie Mooren oder Streuobst-
auch im kulturellen Kontext angekommen,
wiesen einsetzt und damit die Bindung von
und das ganz im Sinne der Formulierung im
Gramm CO2 pro Kubikmeter Wasser nicht
vergessen werden sollte. Zudem arbeiten wir
HfMDK-Leitbild „Nachhaltigkeit und
an Lösungen zur Papierreduzierung für Pro-
unsere nicht vermeidbaren Emissionen an
Kultur in Synergie“.
grammhefte sowie am Umstieg auf wieder-
anderer Stelle gleichwertig eingespart, und
verwertbare oder vollständig recyclebare
die Umwelt profitiert zusätzlich von einem
Trinkbehälter.
Zuwachs der Biodiversität.
Betreiben unserer Konzertsäle für Strom,
Diese Veränderungen nimmt unser Publi-
Heizung und Kühlung, aber auch für Mobi-
kum im besten Fall als Verbesserung wahr,
Auch in Bezug auf CO2-Emissionen durch
Veranstaltungen ist die HfMDK im Wand-
lität, Papier und Catering an. Das Künstle-
dennoch sind wir auch auf dessen Mitwir-
lungsprozess hin zu einer klimaneutralen
rische Betriebsbüro hat in Kooperation
kung angewiesen. Deshalb werden wir künf-
Hochschule einen Schritt weiter gekommen.
mit dem HfMDK-Energiemanagement in
tig bei der Ticketvergabe abfragen, wie die
An Hessens Hochschule für Musik, Theater
den letzten Monaten die Emissionen und
Besucher*innen zum Spielort kommen: mit
und Tanz zeigt sich: Grün geht doch!
damit das Verbesserungspotenzial für die
dem Auto, dem ÖPNV oder zu Fuß bzw. mit
HfMDK berechnet.
dem Fahrrad. Die Teilnahme ist freiwillig
Wie wir unsere Veranstaltungen CO2-
CO2-Emissionen unterstützt. So werden
neutral gestalten Emissionen fallen zum
23
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
AUSDRUCKSSTARK UND DOCH AUTHENTISCH THE TEACHER’S BODY
Lehramtsstudierende bereiten sich mit „Kommunikativem Bewegen“ systematisch auf ihre Rolle als Unterrichtende vor
24
Foto: Andreas Reeg
Ausdrucksstark und doch authentisch – The teacher’s body
Von Stefanie Köhler, Professorin für
„Die Bühne/der Klassenraum ist größer
benennbare Kriterien formulieren. In den
Sprecherziehung an der HfMDK
als das Wohnzimmer“ Dieser häufig zitierte
Gruppenstunden, die ich für Lehramtsstu-
Satz entspringt dem Wissen, dass wir uns,
dierende anbiete, steht der eigene „Lehr-
„Ich bin doch keine Schauspielerin!“ Mit
sobald wir uns in einen öffentlichen Raum
körper“ als Gegenstand der Betrachtung im
diesem entrüsteten Ausruf wehrte sich eine
begeben, in irgendeiner Form vergrößern
Zentrum. In diesem Unterricht, der sich
Schulmusikstudentin im Sprecherziehungs-
oder erweitern müssen, um auch der ver-
„Kommunikatives Bewegen“ nennt, versu-
unterricht einst gegen die Vorstellung, ihren
größerten Situation gerecht werden zu können.
chen die angehenden Lehrkräfte, unbewusst
Körperausdruck zu vergrößern, wenn sie vor
Im Halbschlaf oder in privat reduzierter
gelerntes körperliches Verhalten ins Bewusst-
eine Klasse tritt. Sie hatte die Sorge, eine Art
Körperspannung kann ich weder unterrich-
sein zu holen, zu reflektieren und gleichzeitig
Bühne betreten zu müssen, um etwas dar-
ten, noch einen Vortrag halten, geschweige
zu üben. Wichtiger Bezugspunkt neben den
zustellen, was ihr unnatürlich, unecht und
denn ein Konzert spielen. Eine Lehrperson
Menschen ist der Raum, in den man hinein-
letztlich nicht authentisch vorkam. Ihre
z. B. mit dem Fach Musik muss über viele
wirkt und den man durch die Qualität der
Instinkte hatten sie also gewarnt, und wir
Stunden am Tag die unterschiedlichsten Auf-
Anwesenheit aktiv gestalten kann. Es gibt,
befanden uns mitten in einem Gespräch
gaben bewältigen: Sie stellt sich auf die
neben zahlreichen anderen Übungen, vier
darüber, in welcher Haltung sich eine Lehr-
jeweiligen Altersgruppen ein, die Gruppen-
Aspekte des Raumgefühls, die im Unterricht
person in den Unterricht begibt, was der
größe und die wechselnden inhaltlichen
versuchsweise etwas voneinander abge-
Begriff „Authentizität“ in dem Zusammen-
Anforderungen. Dabei ist sie einfühlsam,
trennt reflektiert werden, nämlich „Grenze“,
hang bedeuten kann, ob und wieweit man
wirkt pädagogisch, vermittelt Wissen und
„Präsenz“, „Reagibilität“ und „Spontaneität“.
vor der Klasse etwas „darstellen“ sollte.
verbreitet Spaß am Fach. Dass all diese
Sie sind nicht direkt hierarchisch zu sehen,
Aufgaben nicht mit einer Dauerperformance
bauen aber ganz logisch aufeinander auf und
Diese Frage ist nicht generell zu beantworten.
zu bewältigen sind, liegt auf der Hand. Viele
unterstützen den Verhaltensrahmen.
Schließlich prägen das Setting, die Art der
Lehrerinnen und Lehrer können mit diesem
Präsentation und der Kommunikation, der
Mix an Anforderungen jedoch sehr gut um-
Grenze Als körperliches Wesen brauche ich
konkrete Ort und nicht zuletzt die Zusam-
gehen. Sie schaffen es, bei sich zu bleiben
eine Klarheit, was meine eigenen Grenzen
mensetzung des Publikums ganz wesentlich
und authentisch zu sein und sich dabei
angeht. Ein Gefühl für die Grenze bekomme
die Form des Auftretens. Eine grundlegende
gleichzeitig zu „vergrößern“, so dass sie sich
ich, indem ich mit den Füßen einen ange-
Gemeinsamkeit jedoch gibt es: die sich ver-
in einem Verhaltensrahmen bewegen, der
nehm stabilen Bodenkontakt habe, meine
ändernde Körperlichkeit der ausübenden
ihnen Sicherheit, Energie und Stabilität gibt.
Rückseite mit dem ganzen Rücken und dem
Person.
Denn auch erfahrene Pädagog*innen wissen,
Nacken spüre. Das fördert die Aufrichtung
dass sie nicht täglich gleich gestimmt sind
und verleiht mir einen besseren Standpunkt,
Jeder Auftritt eines Menschen bedarf einer
und es Tage gibt, an denen es schwerer ist,
von dem aus ich klar nach vorne wirken
Einstellung auf die jeweils zu erwartende
sich dem pädagogischen Alltag und der Kom-
kann. Diese Haltung verschafft mir einerseits
Situation. Einen öffentlichen Raum zu betreten
munikation mit den Menschen zu stellen.
eine höhere Wachheit und verstärkt anderer-
und damit im Fokus des Interesses zu stehen,
Wenn man sich in einer Unterrichtssituation
seits nach außen hin meine Sichtbarkeit und
stellt eine Herausforderung dar. Es gilt, eine
wohlfühlt, ist es schwierig zu benennen, was
meinen Wirkradius. Zudem wird der Inhalt
Situation zu gestalten und zu führen, und
das „Sich-in-einer Situation-Wohlfühlen“
meiner Rede deutlicher vom Körperausdruck
dies verlangt einen äußerst differenzierten
genau bedeutet.
unterstützt. Thematisch passen dazu beispiels-
Gebrauch des eigenen Körpers. Der Körper
weise ein klares Setting, Verbindlichkeit,
entfaltet sich als handelndes Instrument.
In der „Psychotonik“, der „Lehre vom Lebens-
Erreichbarkeit, Klarheit im Verhalten und in
Auf genau diesen Aspekt möchte ich nach-
gefühl“, wird über Körperarbeit versucht,
der Kommunikation.
folgend eingehen.
dem Wechselspiel von Muskelspannung und Befinden nachzuspüren. Dabei lassen sich
25
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Präsenz Diese bekannteste und oft gefor-
Spontaneität Sie sitzt auch an der Vorder-
Dieser Aspekt hat denn auch die anfangs
derte Qualität hat ihren Sitz an der Vorder-
seite und gibt gestalterische Impulse in die
zitierte Studentin besänftigt. Die Vergröße-
seite des Körpers. Das aufgerichtete Brust-
Welt. Nicht so streuend wie die Präsenz,
rung ihres körperlichen Verhaltens, ihre klare
bein, eine leicht erhöhte Spannung in der
sondern gezielt, akzentuiert und im besten
Gestik, ihre Eindeutigkeit im Körperaus-
gesamten Muskulatur, verleiht meiner Wir-
Falle brillant. Getragen von den drei anderen
druck im Zusammenhang mit einer vollklin-
kung nach vorne Reichweite und Strahlkraft.
Qualitäten ist die Chance groß, dass diese
genden Sprechstimme erschienen ihr mit
Diese Präsenz sollte nicht auf Kosten der
Impulse gut bei den Schülerinnen und
dieser Sichtweise nicht mehr fremd, sondern
Grenze gehen, d.h. die Wirkung nach vorne
Schülern ankommen.
passend und ihrem Vorhaben angemessen.
darf nichts von meinem Gefühl für den
Sie fühlte, dass sie ihre Privatheit durch den
rückwärtigen Raum wegnehmen. Unsere
So isoliert kommen die einzelnen Aspekte
vergrößerten Verhaltensrahmen schützen
Begeisterungsfähigkeit und unser päda-
des Raumgefühls, die ich jetzt zudem sehr
konnte und dass sie sich gleichzeitig dabei
gogisches Feuer soll zünden, aber nicht
knapp beschrieben habe, natürlich nicht vor.
nicht zu verleugnen brauchte. Sie hatte zu
ungebremst auf andere treffen, sondern im
Sie wirken, wechselseitig in den Vorder-
einer Bereitschaftshaltung gefunden, mit der
Zusammenspiel mit der Grenze dosiert
grund tretend, idealerweise im Zusammen-
sie nun in größerem Rahmen in Aktion
werden können. Auch das Gefühl für Nähe
spiel miteinander und können uns als eine
treten konnte. Die erweiterte Körperlichkeit
und Distanz verbessert sich, wenn ich mir
Art Analyseinventar dienen, wenn eine
ist also mitunter eine Folge einer verän-
im Wirken nach vorne selbst ein Regulativ
Situation reflektiert werden soll. Schön ist es,
derten mentalen Einstellung und Weite.
sein kann.
wenn es uns gelingt, abgegrenzt, präsent,
Deshalb wird sich, ganz unabhängig von
reagibel und spontan zugleich zu sein. Denn
den körperlichen Gegebenheiten und im
Reagibilität Hier ist die Fähigkeit gefragt,
dann können wir all unsere Fähigkeiten
Einklang mit der individuellen Persönlich-
sich von der Umwelt und anderen Menschen
abrufen und einbringen. Wir können uns
keit, ein eigener Stil herausbilden. Damit
im Raum bewegen zu lassen. Die rotierenden
einer Situation optimal anpassen und uns
kann eine Lehrperson weit über sich selbst
Gelenke sind gefragt, die mein variables und
auch anders einstellen, wenn sich unsere
strahlen und charismatisch wirken. Für viele
flexibles Verhalten befördern und unterstrei-
Aufgaben verändern oder die Situation uns
Studierende ist es überraschend, dass die
chen. Stand- und Spielbein unterstützen mich
in einer anderen Weise braucht.
Entfaltung des eigenen Instrumentes
dabei, einen größeren Radius vor mir wahr-
muskulär derart anstrengend ist und eine
zunehmen und auch geistig beweglich zu
Als Lehrperson kann ich nun versuchen, mich
hohe Konzentration erfordert. Eine ähnliche
bleiben.
vor dem Unterrichten neben der mentalen
Erfahrung machen sie beim Musizieren und
Vorbereitung regelmäßig auch körperlich zu
bei künstlerischen Auftritten.
disponieren. Das hilft meinem Körper, sich zu entfalten. Ich habe dann mein handelndes
Zusammenfassend möchte ich bemerken,
Instrument zur Verfügung: The teacher’s
dass diese mentale und körperliche Ein-
body! Dieser lässt sich von privaten Befind-
stellung jedem, wie auch immer gestalteten
lichkeiten nicht so leicht beeindrucken und
Auftritt vorausgeht. Aber das Unterrichten
irritieren. Dadurch schützt er mich und unter-
selbst bleibt einfach: unterrichten.
stützt mich optimal in der Gestaltung des Unterrichtsalltags. Durch diese professionellere Haltung objektiviert sich auch meine Anwesenheit in der Klasse. Das Private spielt hier keine Rolle, trotzdem bin ich persönlich voll anwesend. Die Klasse wird das schätzen, kann Vertrauen fassen und weiß, dass sie sich auf eine wiedererkennbare Lehrperson verlassen kann.
26
Wir sind dabei
Das Deutschlandstipendium hilft besonders leistungsstarken Studierenden, sich auf das intensive Studium zu konzentrieren und die eigenen Begabungen bestmöglich auszubilden. Das gemeinsame Engagement von privaten Förderern und dem Bund hält den Studierenden den Rücken frei – eine wichtige Voraussetzung für Erfolg. Werden Sie Partner des Deutschlandstipendiums an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main! Mit einem Jahresstipendium à 1.800 Euro oder einer Spende ab 50 Euro. Weitere Informationen erhalten Sie im Fundraisingbüro: Daniela Fox (Telefon 069 154007-210) und auf www.hfmdk-foerdern.de
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Wer musiziert, möchte sich, hoffentlich, auch einem Publikum mitteilen. Jazz- und Popmusiker*innen treten deshalb zunächst einmal aus den gleichen Beweggründen auf, wie dies ihre „klassischen“ Kolleg*innen tun. Die beiden Genres scheint dabei eine Besonderheit zu einen: Man interpretiert, wenn man die Coverbands dieser Welt einmal ausklammert, nicht das Werk eines verstorbenen oder abwesenden Komponisten, an welchem man sich abarbeitet und misst, zu dem man sich individuell verhält und hinter dem man sich mitunter auch verstecken kann. Stattdessen stehen die Autoren, Songwriter, Komponist*innen selbst auf der Bühne und interpretieren, was sie persönlich mehr oder weniger festgelegt haben. Natürlich sind da die Jazzstandards, aber die dienen lediglich als Projektionsfläche für eigene improvisatorische Individualität. Man hat also große Beinfreiheit – „play your own thing“, heißt es im Jazz. Auch im Pop sagt einem niemand, was man zu spielen hat. Vielleicht schon eher, was man nicht spielen sollte. Wo es Fixiertes gibt, im Jazz in Form von Kompositionen und Arrangements, im Pop als Manifestation der im gemeinsamen Probenprozess gefundenen Fassung, ist alles „subject to change“ – Änderungen können und sollen vorgenommen werden, wenn die Gruppe oder einzelne
PLAY YOUR OWN THING Von der Erprobung des Vagen bei Pop- und Jazzkonzerten Von Ralph Abelein, Professor für Schulpraktisches Instrumentalspiel, und Fabian Sennholz, Professor für Ensemblearbeit, Bandcoaching und Gruppenmusizieren
28
Beteiligte sich mit dem status quo unwohl fühlen. „Funktioniert das?“ – diese Frage ist auf verschiedenen Ebenen präsent: in Bezug auf das musikalische Material, die Instrumentierung, die Form und Dramaturgie, die technischen Gegebenheiten beim Auftritt. Was soll rübergebracht werden und wie kann das gelingen? Die Antwort findet man im Probenraum nur ansatzweise. Starkes, Überzeugendes, Qualitätvolles lässt sich eindeutig erst beim Auftreten vor Publikum identifizieren.
Play your own thing
Zu Beginn fällt es leichter, auf die Bühne zu
bis ins Detail strukturierte Werke zum Vor-
kation mit Technikern). Nach und nach
gehen: Man trägt die Musik der Künstler*-
trag kommen, welche die Herausstellung der
findet man (Selbst-)Vertrauen und erlangt
innen, die einen geprägt haben, tief in sich,
musikalischen Persönlichkeit der Beteiligten
Vertrautheit in der Situation. Dadurch werden
und unklar ist einem selbst oft noch, wo die
ein Stück weit beschneiden. Trotzdem gibt es
Ressourcen frei, welche eine Selbstbefragung
Grenze zwischen unbewusstem Nacheifern
Inseln für Solos zur Darstellung improvisato-
zulassen: Wo gibt es weiteres Entwicklungs-
und reflektiertem eigenen Tun verläuft.
rischer Individualität. Das Publikum soll zwar
potenzial? Was muss weiter ausdifferenziert
Dadurch hängt die Latte tiefer – man probiert
konzentriert zuhören und muss das Bier
werden?
sich aus, findet sich als Performerin oder
vor der Tür lassen, darf sich aber hörbar
Performer, testet die Kommunikation mit
einmischen.
Bandkolleg*innen und Zuhörenden. Nach
Den Weg der eigenen künstlerischen Entwicklung, den Studierende während der Zeit
und nach kommen dann die wichtigen und
Pop und Rock hingegen haben andere Gewich-
ihres Studiums zurückgelegt haben, mag
notwendigen Fragen und Erkenntnisse: Wann
tungen: Komplexität in Grooves, Songstruk-
ihnen selbst erst in der Rückschau deutlich
sich zurücknehmen, wann raumgreifend die
tur und Virtuosität können vorkommen, sind
werden, etwa wenn sie im späteren Beruf als
Zügel in die Hand nehmen? Die Energiekur-
aber kein primäres Qualitätskriterium. Im
Lehrerinnen und Lehrer Wege finden, ihre
ve erspüren, die ein Auftritt vor Publikum
Zentrum steht Teamwork: der Bandsound,
Schülerinnen und Schüler zur Improvisation
mit sich bringt, und diese musikalisch mit-
der Song. Da in aller Regel nichts notiert ist,
anzuleiten oder popbegeisterte Jugendliche
gestalten. Und dabei nicht imitieren, sondern
bringt jede(r) Beteiligte etwas Eigenes an
dabei zu unterstützen, hinter der Fassade
einen individuellen und unverstellten
den Tisch. Nach und nach entsteht so idealer-
von Imitation nach der Art von Casting-Shows
musikalischen Zugang finden.
weise etwas Unverwechselbares. Zum Paket
einen individuellen Zugang zu entdecken.
gehören meist außerdem Performance, Out-
Wer als zukünftig Lehrender Kenntnisse und
Hier unterscheiden sich Pop- und Jazzwelt
fit, Beleuchtung, Sound, Moves und evtl.
Erfahrungen mit den verschiedenen Auftritts-
schon erheblich, und es offenbaren sich
tänzerische Elemente. Das Wie der Präsen-
kulturen in Klassik, Jazz und Pop gesammelt
Besonderheiten sowohl im künstlerischen
tation bekommt einen herausgehobenen
hat, wird diese bei Schulkonzerten nutzen
Selbstverständnis der Musiker*innen als
Stellenwert, ein Konzert wird inszeniert. Das
und kann das scheinbar Unvereinbare
auch in der Erwartungshaltung dem Publi-
alles ist mehr als oberflächliche Show, son-
kompetent verbinden.
kum gegenüber. Technische Präzision und
dern paradigmatisch für die Funktionsweise
hohe Virtuosität sind heute im Jazz nahezu
Populärer Musik. Es geht darum, das – selbst-
unabdingbar, um vorne mitzuspielen. Kompo-
verständlich stehende – Publikum vollkom-
sitionen und Arrangements verlangen danach,
men einzubeziehen, eine möglichst enge
und natürlich ist jeder Musiker auch Solist
Verbindung aufzubauen, eine Art emotiona-
und hat sich improvisatorisch zu beweisen.
les Einverständnis herzustellen. Angestrebt
Eine sportive Komponente des künstlerischen
wird eine synästhetische Erfahrung, ein
Tuns hat sich seit den frühen Jazztagen mit
Erlebnis, das so nur live und einmalig
ihren Pianobattles und Band-Wettstreiten bis
hergestellt werden kann.
heute in Form der Jamsessions gehalten. Die Bühne wird ein Stück weit zur Arena, und
Studierende absolvieren durch regelmäßiges
das Publikum ist aufgefordert, das Spektakel
Auftreten eine Art wiederkehrende Test-
mit spontanen Beifallsbekundungen energe-
schleife. Neben den musikalischen und instru-
tisch zu befeuern. Das Bedürfnis nach dieser
mentalen bzw. sängerischen Anforderungen
unmittelbaren Rückmeldung durch das
gilt es, sich mit den technischen Aspekten
Publikum ist selbst dort zu spüren, wo Jazz
vertraut zu machen und sich darauf einzu-
die Gepflogenheiten des klassischen Konzerts
stellen (Mikrofonierung, Monitoring, Licht-
übernimmt und auskomponierte, planerisch
und Tonsituation, Soundchecks, Kommuni-
29
Ingrid von Fumetti OASE DER MITMENSCHLICHEN KUNST Wann wirst du in deine Altenheimwohnung ziehen? Das werde ich – jetzt 72-jährig – öfters gefragt. Meine entschiedene Antwort: erst, wenn die Musikhochschule aus der Eschersheimer Landstraße auszieht …
Angelika Köhn ZWEITES WOHNZIMMER
Denn so lange ist eine meiner größten Freuden,
Mit meinen fast 64 Jahren spüre ich beim
zu haben an dem Treiben der Studierenden
Betreten meines zweiten Wohnzimmers,
und Lehrenden in ihrer aufgeschlossenen
und das seit 2013, die unbändige Freude
und freundschaftlichen Internationalität,
des Jünger-Werdens und der Verzauberung.
ihrer Lebensfreude, wie sie voller Begeisterung
Schon beim Eintritt in das Foyer der
Wenn im Kleinen Saal die Stühle auf die
und Engagement miteinander üben, sich
Hochschule fällt uns das Gewusel und das
Bühne geräumt werden und die Schauspie-
vervollkommnen, bis sie in großer Perfektion
freundliche, ja bisweilen freundschaftliche
ler oder Sänger unten agieren, wenn im
für ihr Publikum musizieren, tanzen und
Verhältnis von Lehrenden und Studierenden
Großen Saal ein Student das Klavier vor der
schauspielern. Gerade das Mitverfolgen dieser
auf. Noch freudiger wird es dann bei den
eigenen Benutzung nach anderen abwischt.
individuellen Entwicklungen und Steigerung
Aufführungen: die Spielfreude, die Lust am
Wenn ein Professor die Bratsche beim
der jeweiligen Begabungen zur Reife ist mir
Musizieren, an Körperbewegung in Theater
Kammermusikabend mangels Studierender
über die Jahre eine besondere Freude: In dem
und Tanz, die Frische der Stimmen. Das
in der Prüfung einfach durchs Klavier er-
besonderen Klima großer gegenseitiger Wert-
Engagement und die Experimentierfreudig-
setzt, dann weiß ich, dass ich all das so nicht
schätzung und Anerkennung zwischen den
keit der Hochschüler faszinierten uns mehr
an anderen Veranstaltungsorten in Frankfurt
Studierenden, aber auch den Lehrenden
als die (positive) Routine anderer Veranstalter
erleben darf. Auch nicht das stundenlange
gelingt ein Zusammenwirken, wie es beispiel-
und Veranstaltungen. Wir hoffen sehr, dass
Zusehen der Tänzer bei ihren Proben an
haft für unser Miteinander in der Welt all-
die Hochschule dafür in Zukunft endlich
einem Samstagvormittag. Wo mir klar
gemein sein könnte. Wenn wir uns alle uns
genug und optimalere Räume bekommt!
wurde, dass ich mich mehr bewegen sollte!
mehr bemühen würden, nicht nur Macher
Oder Meisterkursen beizuwohnen. Über-
unseres Lebens zu sein, sondern unser Leben
haupt, die Entwicklung der Studierenden
als Kunst des fried- und geistvollen Mit-
egal welcher Fachrichtung zu verfolgen, sie
und Füreinanders zu gestalten. Tausendmal
als Alumni bei Klassenabenden wieder-
Dank allen Menschen, die in der HfMDK
zusehen oder noch besser bei Auftritten im
Frankfurt wirken und solch eine Oase der
Frankfurter Raum. Möge es ewig so weiter
„mitmenschlichen Kunst“ zusammen mit
gehen!
dem hohen Genuss der Musik der Stadt
den Tag damit zu beenden, die paar Schritte in die HfMDK rüberzugehen und Anteil
Frankfurt bieten.
30
Mechthild und Günter Ilchmann ENGAGEMENT UND EXPERIMENTIERFREUDIGKEIT
Fragen an Studierende
Inwiefern erleb(t)en Sie das Studium an der HfMDK als Vorbereitung auf die Bühne und den Auftritt als Künstler*in?
Mane Harutyunyan
Alina Huppertz
Alicia Dreyer
Oboe und Barockoboe
Bachelor Gesang, vorher L3 (Musik für
L3 (Musik für das Lehramt an Gymnasien)
das Lehramt an Gymnasien) Ich finde, dass ich an der Hochschule und
Im Rahmen meiner Gesangsausbildung gibt
Besonders durch den Sprecherziehungs-
bei Prof. Fabian Menzel sehr viel gelernt
es viele Kurse, die mich auf die Bühne und
unterricht und durch die Möglichkeiten
habe, was mich auf die Bühne und das Spiel
den Auftritt als Künstlerin vorbereiten. Neben
Chor-, Orchester- oder Ensembleproben
im Orchester vorbereitet hat. Alle Klassen-
dem Hauptfachunterricht schätze ich dies-
zu leiten, erlebte ich mein Studium als Vor-
vorspiele, die Probespiel-Trainings und
bezüglich vor allem das vielfältige Angebot
bereitung für das Auftreten als Lehrerin.
Bläserübungen sind tolle Möglichkeiten, in
an Körperbewusstseinsmethoden, den szeni-
dieser Hinsicht Erfahrung zu sammeln. In
schen Unterricht sowie den Korrepetitions-
meiner Zeit an der Mannheimer Hochschule
unterricht durch verschiedene Lehrende,
konnte ich alle zwei Monate mit einem per-
die alle auf unterschiedliche Art inspirieren.
sönlichen Coach arbeiten – das hätte ich mir
Besonders hilfreich ist für mich auch die regel-
in Frankfurt auch gewünscht. Den Austausch
mäßige Teilnahme an den Szeneprojekten,
mit ihm habe ich als wertvolle Vorbereitung
für welche u. a. Regisseur*innen von extern
auf die Bühne empfunden. Um sich dort
an die HfMDK kommen. Dadurch entsteht
reif zu präsentieren, muss man sich zuvor
ein realistischeres Bild auf die Anforderungen
selbst kennengelernt haben.
solcher Produktionen. Aber letztlich braucht es auch eine stetige Auseinandersetzung mit der eigenen Person, eigenen Zielen und der Musik, die ich singen möchte. Hierfür würde ich mir ein größeres Angebot zum interdisziplinären Austausch bzw. zur Diskussion mit Studierenden anderer Fachrichtungen wünschen.
31
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32
Eine kurze Geschichte des Fracks
EINE KURZE GESCHICHTE DES FRACKS Von Eike Wernhard, Professor für Klavier Blasiert ohnegleichen weist der Haushof-
obligatorisch. Spielt heutzutage der Frack
nur noch Premieren im Frack, Repertoire-
meister im Vorspiel der Oper „Ariadne auf
als „großer Gesellschaftsanzug“ außer viel-
vorstellungen aber schlicht, in schwarzer
Naxos“ (UA 1916) den Lehrer des Komponis-
leicht beim Wiener Opernball, bei Fürsten-
Hose und schwarzem Hemd ohne Krawatte,
ten in die Schranken, der dagegen protestiert,
hochzeiten oder diplomatischen Empfängen
eine Kombination, die bis dato das Kenn-
dass die tragische opera seria seines Schülers
kaum noch eine Rolle, hat er als Arbeits-
zeichen von Spezialensembles war, die sich
aus Zeitersparnis gleichzeitig mit einer fri-
kleidung in einigen wenigen Nischen die
bewusst vom etablierten Konzertbetrieb
volen commedia dell’arte aufgeführt werden
Zeit überdauert. So versorgen zum Beispiel
abgrenzten.
soll: „Ich wüsste nicht, wer außer meinem
seit 1955 befrackte Saaldiener die Minister
gnädigen Herrn, in dessen Palais Sie sich be-
und Abgeordneten des deutschen Bundes-
Und Musikerinnen? Der Beruf einer Instru-
finden und Ihre Kunstfertigkeiten heute zu
tags mit Wasser oder Beruhigungsmitteln.
mentalistin galt früher als unschicklich und
produzieren die Ehre haben, etwas zu gestat-
Und obwohl sie längst den Status von
kam ohnehin nicht in Frage; eine professio-
ten – geschweige denn anzuordnen hätte.“
Lakaien überwunden haben, bilden die
nelle Laufbahn konnten im Prinzip nur
Mit diesem einen Satz seines Librettos stellt
Musiker sicher mit Abstand die größte
Sängerinnen einschlagen. Als Solistinnen
Hugo von Hofmannsthal klar, welche gesell-
Fraktion derjenigen, die dieses Relikt des
singuläre Erscheinungen, zogen sie sich
schaftliche Stellung Musiker im 17. Jahr-
Feudalismus seit Hunderten von Jahren
dementsprechend individuell an und trugen
hundert, der Zeit der Handlung, innehatten.
als Dienstuniform tragen.
entweder nach der herrschenden Mode eine
Sie waren Lakaien, und als solche trugen sie,
Abendrobe oder auf der Opernbühne ein
wenn sie ihre „Kunstfertigkeiten“ vorführten,
Doch selbst im Musikbetrieb beginnt der
Kostüm. Und da Orchester, die normaler-
eine Livree, die sie unmissverständlich als
Frack an Bedeutung zu verlieren. Dass
weise einheitliche Kleidung verlangen, Frauen
Angehörige des dienenden Stands kenntlich
Friedrich Gulda seinem Ruf als pianistisches
für lange Zeit nicht zuließen, hat es eine
machte: eine kurze, bis zur Taille reichende
enfant terrible getreu in einem Konzert mit
weibliche Berufsuniform analog zum Frack
Jacke mit zwei hinteren Rockschößen. Den
den Wiener Philharmonikern nicht im Frack,
nie gegeben. Das ist gewiss ein Grund dafür,
Uniformen des Militärs nachempfunden,
sondern in Jeans auftrat, galt vor 50 Jahren
dass die Kleiderordnung unserer Orchester
war sie eine Sparversion des aristokratischen
noch als Eklat, über den selbst der „Spiegel“
für Frauen wesentlich variabler ist als
Herrenrocks, der zusätzlich zwei vordere
berichtete. Doch inzwischen gehört indi-
diejenige für Männer.
Schöße besaß.
viduelle oder sogar provokante Kleidung, durch die sich Dirigenten und Solisten
Ob Frack oder Abendkleid, ob Hemd oder
Vielleicht um zu provozieren, vielleicht um
inszenieren, geradezu zum Alltag auf dem
Bluse, das Konzert erfordert eine andere
bequemer reiten zu können, begann in den
Podium, angefangen vom indischen Design
Kleidung als die Probe. Die uniforme Auf-
1730er Jahren auch der englische Adel, einen
der hochgeschlossenen Jacken Simon Rattles
machung eines Ensembles unterstützt ebenso
Frock im Schnitt der Livree zu tragen, der als
über das Piratenhemd Tzimon Bartos bis hin
den Eindruck von seiner Homogenität wie
frac à l’anglaise zunächst in Frankreich und
zum nostalgischen Gewand, das Sebastian
ausgefallene Designs die Besonderheit von
später in ganz Europa bis Mitte des 19. Jahr-
Weigle trägt, wenn er in der Alten Oper das
Solisten hervorheben. Und wie Untersuchun-
hunderts die Herrenmode dominierte. Da-
Museumsorchester dirigiert. Und auch für
gen gezeigt haben, beeinflussen solche opti-
nach verschwand er nach und nach aus dem
Orchestermusiker scheinen fracklose Zeiten
schen Komponenten in hohem Maße die
Alltag und war – nun in Schwarz – nur noch
anzubrechen. So spielt das Frankfurter
musikalische Wahrnehmung; denn das Auge
für bestimmte festliche Anlässe am Abend
Opernorchester beispielsweise seit Jahren
hört schließlich mit.
33
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
HERAUS TRITTE
Der Projektfonds „KunstPAKT“ ermöglicht Studierenden Bühnenerfahrung mit interdiszplinärem Ansatz Von Friederike Thielmann, Projektleiterin KunstPAKT
Der Projektförderfonds KunstPAKT unter-
stoßen. „Ich fand zunächst ein Projekt nicht
stützt Studierende der HfMDK finanziell
machbar, das nicht allein eine Entwicklung
organisatorisch und dramaturgisch in selb-
und Verteidigung meiner Idee, sondern eine
ständigen und interdisziplinären Hochschul-
Zusammenarbeit und eine Entwicklung und
projekten und bietet damit einen wertvollen
Verteidigung des interdisziplinären künstle-
Freiraum für künstlerische Experimente,
rischen Prozesses ist“, sagt die Regiestudentin
eigene ästhetische Ansätze und die Erfahrung,
Sahar Rezaei; „KunstPAKT ermöglicht nicht
fächerübergreifend gemeinsam Konzepte zu
nur zusammenzuarbeiten, sondern auch
entwickeln und Arbeitsweisen zu erproben.
kreativ neue Formen zu entwickeln, die im
Ein KunstPAKT-Projekt bedeutet für die
Rahmen der regulären Studienprojekte nicht
Studierenden auch die Herausforderung,
möglich sind, da es darin klare Rahmen und
ein Konzept zu schreiben, einen Kostenplan
Aufgaben gibt.“
aufzustellen und zu verwalten sowie ein Projekt eigenverantwortlich zu planen
Ein KunstPAKT-Projekt bedeutet auch,
und zu realisieren.
aus den eigenen Expertisen herauszutreten, wie Isabella Roumiantsev, ebenfalls Regie-
So haben sich im letzten Semester fächerüber-
studentin, es formuliert: „Jeder von uns ist
greifende Kollaborationen und Kollektive
aus seiner künstlerischen Expertise heraus-
gegründet: Das „Backsteinkollektiv“ hat mit
getreten und hat in den anderen Disziplinen
„Das Leben ist kein Ponyhof“ eine Perfor-
mitgemacht und mitgedacht.“ Und die Schau-
mance über seine Generation und politische
spielstudentin Annedore Antri findet: „Es
Protestformen kreiert, „Mädchentheater“ hat
ist super spannend, sich in alle möglichen
mit „Ovartorium“ einen Gottesdienst der
Bereiche reinzufuchsen oder zu diskutieren
„Mädchenfizierung“ gefeiert, mit „Physical
oder einfach drauf loszulegen, auch oft ohne
bee-ing“ wurde eine Form zwischen Musik-
konkrete Ziele.“ Das bedeutet nicht nur, dass
und Tanztheater entwickelt. In dem szenischen
Regisseur*innen oder Komponist*innen auch
Projekt „Quersumme HfMDK“ haben neun
Darsteller*innen sein können, Kontrabass-
Studierende aus verschiedenen Fachberei-
ist*innen tanzen oder Sänger*innen als
chen bei der hochschulweiten Veranstaltung
Performer*innen in einem Kollektiv agieren –
„HfMDK kompakt“ das Hochschulhaupt-
jede Arbeitsweise und Probenabläufe
gebäude in Foyers, Glasgängen und Tief-
erfordern das gemeinsame Suchen und
garage bespielt.
Entscheiden, die eigenen Ideen und Angebote zur Disposition zu stellen und auf die der
Interdisziplinäres Arbeiten bedeutet nie
anderen zu reagieren, eine durchaus reibungs-
allein aufzutreten, sondern die Konzepte,
volle und reizvolle Erfahrung. Und das
künstlerischen Strategien, Themen und
Kennenlernen neuer Proben- und Produktions-
Herangehensweisen in Absprache und ko-
abläufe kommentiert der Kompositions-
KunstPAKT-Performance im Rahmen
produktiv zu bewerkstelligen. Wer es also
student Junsun Park mit „besonders das
von „HfMDK Kompakt“
gewohnt ist, zuhause zu üben und in wenigen
‚neu von neu‘ gefällt mir.“
gemeinsamen Proben zusammenzukommen, allein die Vorherrschaft über das Konzept zu haben oder „nur auszuführen“, der wird hier auf Austauschen, Aushandeln und Öffnung
34
Impressum Frankfurt in Takt – Magazin der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main Eschersheimer Landstraße 29–39 60322 Frankfurt am Main www.hfmdk-frankfurt.de Herausgeber Prof. Elmar Fulda,
Musikerleben
Präsident der HfMDK Frankfurt am Main Redaktion Björn Hadem (bjh) Redaktionsbeirat Dr. Sylvia Dennerle, Björn Hadem, Dr. Laila Nissen, Anatol Riemer, Prof. Dr. Dagmar Borrmann, Prof. Christopher Brandt, Prof. Eike Wernhard Autoren Prof. Ralph Abelein, Lukas Adams, Prof. Dr. Dagmar Borrmann, Elias Bollinger, Prof. Christopher Brandt, Prof. Vassilis Christopoulos, Prof. Ingo Diehl, Alicia Dreyer, Lisa Eder, Beate Eichenberg, Prof. Volker Freischlad, Heiko Frieling, Prof. Elmar Fulda, Björn Hadem (bjh), Mane Harutyunyan, Prof. Dieter
50 Parkplätze und Haltestelle vor Or t Roland Planet Store
DAS G R Ö S ST E MUSIKHAUS
im Rhein-MainGe
biet
Werkstätten für Blasinstrumente und Elektronik vor Ort
Heitkamp, Renate Hink, Alina Huppertz, Mechthild und Günter Ilchmann, Marie Elisabeth Knoch, Prof. Stefanie Köhler, Angelika Köhn, István Lukács, Anne-Kathrin Matz, Volker Mohr, Dorle und Thomas Muth, Prof. Klaus Schuhwerk, Anne Rumpf, Udo Schweickhardt, Prof. Fabian Sennholz, Lukas Siebert, Melanie Suchy, Prof. Ursula Targler-Sell, Isa Terwiesche, Friederike Thielmann, Susanne Triebel, Ingrid von Fumetti, Ruth Waniek, Prof. Eike Wernhard, Prof. Bernhard Wetz Fotos Jost Ammon, Marco Borggreve, Ingo Diehl, Björn Hadem, Pascal Lieleg, Lorna Lüers, Andreas Reeg, Hansjörg Rindsberg, Maciej Rusinek, Andrea Tallis, Guido Werner, „wildundleise“ Titelfoto Maciej Rusinek
Neue Stadt, neuer Sound? Ganz gleich, ob du in einer Band, am Lagerfeuer, vor Freunden, großem Publikum oder ganz für dich allein spielst, das Musikhaus session in Frankfurt ist deine Adresse für Instrumente und Equipment. Besuch uns in der Hanauer Land straße – wir sorgen für die richtige Ausstattung für deinen eigenen Stil und sind mit Rat und Tat für dich da!
Layout Opak Werbeagentur GmbH, Münchener Str. 45, 60329 Frankfurt am Main Anzeigen Björn Hadem (es gilt die Preisliste 2011) Erscheinungsweise jeweils zu Beginn des Semesters Druck Brandenburgische Universitäts-Druckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbH Drittmittelkonto Account for Private funds IBAN: DE71 5005 0201 0200 1380 90 SWIFT-BIC: HELADEF1822 Aus Gründen der Lesbarkeit haben Autoren bei Personenbezeichnugen die männliche Form gewählt, schließen aber
www.session.de | Tel.: +49 6227 603 0 Hanauer Landstraße 338 | Frankfurt am Main Straßenbahnen 11 & 12, Haltestelle Dieselstraße
stets die weibliche Form mit ein.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
WER AUFTRITT, BRINGT SICH SELBST EIN
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Foto: Pascal Lieleg
Wer auftritt, bringt sich selbst ein
Warum Musikunterricht immer eine Präsentation zum Ziel haben sollte Von Fabian Sennholz, Professor für Ensemblearbeit, Bandcoaching und Gruppenmusizieren, und Anne Rumpf, Lehrbeauftragte für Fachdidaktik Grundschullehramt/Singen mit Kindern Wenn musikalisches Handeln im Mittel-
Schon Auftritte im kleinen Rahmen lösen
Sie machten die Erfahrung, dass Proben-
punkt des Musikunterrichts stehen soll, ist
den Prozess der Identifikation der Schüler*in-
arbeit anstrengend sein kann, das Ziel aber –
der Erfolg grundsätzlich daran geknüpft,
nen mit ihrem Musizieren aus. Eine größere
der Auftritt – in hohem Maße erfüllend
dass sich die Schüler*innen mit dem eigenen
Öffentlichkeit steigert die Relevanz für sie er-
und ergreifend für sie war. Beide Projekte
Musizieren identifizieren – denn erst dann
heblich, stellt aber auch höhere Anforderun-
erfüllten zudem wichtige Kriterien für die
erhält es für sie eine entscheidende Bedeu-
gen an die Qualität und Organisation. Eine
Umsetzung in der Schule: Zum einen war
tung. Eine gute Möglichkeit, dies zu errei-
wirklich bahnbrechende Relevanz haben für
eine Binnendifferenzierung innerhalb der
chen, ist die Vorbereitung und Durchführung
die Kinder und Jugendlichen solche Auftritte,
Projekte möglich, sodass sich jeder Schüler
eines Auftritts. Wenn die Schüler wissen,
die außerhalb der Schule für eine allgemeine
mit seinen Fähigkeiten einbringen konnte.
dass sie ihr Musizieren vor anderen präsen-
Öffentlichkeit stattfinden: Hier blenden sie
Zum anderen wurde die Kontinuität im
tieren werden, wird es für sie als Person
die Schulsituation aus und identifizieren sich
Unterricht gewahrt, weil die Auftritte in den
relevant: Aus der Erledigung einer „Schul-
als ganze Person mit ihrem Auftritt. Zwei
Unterrichtsalltag eingebettet waren. Zudem
aufgabe“ wird ein Musizieren im eigentli-
gelungene Beispiele aus diesem Jahr möch-
setzen die von uns beschriebenen Auftritte
chen Sinne, mit dem die Schüler sich selbst
ten wir daher kurz aus eigener Erfahrung
ein Gegengewicht zu den allgegenwärtigen
ausdrücken können und wollen.
vorstellen: Die Stadtteil-Oper „Sehnsucht
Casting-Shows und den damit transportier-
nach Isfahan“ haben alle Kinder der Henri-
ten Klischees über Erfolg und Ruhm. Für
Entscheidend ist, in welchem Rahmen
Dunant-Schule im Volkshaus Sossenheim
einen relevanten Musikunterricht können
und vor welchem Publikum ein Auftritt
gemeinsam mit Studierenden und Profi-
wir nur empfehlen: Lasst eure Schüler
realisiert werden kann:
Musikern aufgeführt.
auftreten!
• in der Klasse: ein Teil der Klasse
Beim Projekt „6K UNITED!“ singen bis zu
spielt den anderen etwas vor,
6.000 Kinder (8–13 Jahre) aller Schulformen
• Auftritt vor einer anderen Klasse,
gemeinsam und gestalten mit einer Live-
• kleine Konzerte mit mehreren Klassen
Band ihr eigenes professionelles Konzert in
(„Werkstatt-Konzerte“), • schulöffentlich: Begrüßung neuer Schüler, Weihnachtskonzerte u. ä., • im öffentlichen Raum.
einer riesigen Arena – 2018 in Berlin, Hamburg und Düssldorf. 2019 findet auch in Mannheim ein Konzert statt, an dem Frankfurter Schulen und Chöre teilnehmen können. Bei beiden Projekten wuchsen die Schüler*innen mit dem Auftritt vor Augen über sich hinaus, arbeiteten im Musikunterricht über Monate hinweg auf ihr Ziel hin und zeigten auf der Bühne beeindruckende Leistungen.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Es sind ganz persönliche, tiefe Einblicke, die Werner Wölbern gewährt. Er ist Professor für Rolle und Szene an der HfMDK und auf Theaterbühnen gefragt. Dass Lampenfieber ein Leben lang eine Herausforderung ist, verrät er im Gespräch mit Dr. Dagmar Borrmann, Professorin und Ausbildungsdirektorin für Schauspiel an der HfMDK.
DER AUGENBLICK IST UNSER UNIVERSUM Ein Gespräch mit Werner Wölbern über das Auftreten
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Foto: Hansjörg Rindsberg
Der Augenblick ist unser Universum
Wann beginnst du, dich auf eine Vor-
Wie gehst du mit Lampenfieber um? Wann
Mobiltelefone. Was soll das? Schauen die
stellung vorzubereiten? Hast du eine
ist es am stärksten? Viele Schauspieler
Leute nach, ob sie neue Nachrichten be-
bestimmte Abfolge, was du wann tust?
beschreiben, dass Lampenfieber im Laufe
kommen haben? Oder wie spät es ist? Mit
Rituale? Techniken?
des Berufslebens eher zu- als abnimmt.
der Zeit bin ich – zumindest in dieser
Prof. Werner Wölbern Die Rituale zur Vor-
Teilst du diese Erfahrung?
Hinsicht – etwas gelassener geworden: War
bereitung auf eine Vorstellung sind seit
Prof. Werner Wölbern Leider ist das so, ja …
die Arbeit gut? Bin ich mit meiner Arbeit
vielen Jahren die gleichen: Ab etwa fünf
das Lampenfieber nimmt nicht ab. Ich weiß
zufrieden? Ja? Spiele ich meine Rolle so gut
Stunden vorher gehe ich in Ruhe den Text
nicht genau, warum das so ist, ich vermute
ich kann, so, wie ich sie verstehe, habe ich
nochmals durch. Vor meinem inneren Auge
aber, ich werde mit zunehmendem Alter
Kontakt mit meinen Kollegen auf der Bühne,
spulen sich dabei das Stück und insbeson-
immer kritischer mit mir selbst, oder miss-
bin ich mit mir im Reinen? – Dann kann
dere meine Figur ab, ich schaffe mir einen
trauischer: Bist du wach? Kannst du los-
ich mich besser abgrenzen, meinen Raum
emotionalen Erinnerungsraum. Dabei
lassen? Vertraust du dir? – Am schönsten ist
behaupten und ausfüllen.
entsteht ein Atem, der bis zum Beginn der
das Theaterspielen in den ersten drei Proben-
Vorstellung anhält und es mir ermöglicht,
wochen: wenn alles möglich ist, wenn es
Im Verlauf der Probenarbeit wird unendlich
meine innere Anspannung zu kontrollieren
keine Fehler gibt, nur Entdecken, Machen,
viel gesammelt und vieles wieder verworfen.
und bestenfalls in Spielenergie umzuwan-
Ausprobieren. Dann aber schaltet sich irgend-
Ich habe als Dramaturgin oft wahrgenommen,
deln. Grundsätzlich überprüfe ich immer
wann das Gehirn ein und fängt an, Urteile
dass Schauspieler*innen in der Premiere
meine Requisiten (ist alles da, am richtigen
zu fällen – das ist dann immer eine Heraus-
Details spielen, die in den Endproben gar
Platz?), und bei schnellen Umzügen selbst-
forderung, das Anarchie-Schwein in mir
nicht mehr vorkamen, aber plötzlich wieder
verständlich auch mein Kostüm; auch das
wieder von der Leine zu lassen und alles
„da“ sind. Kennst du dieses Phänomen,
gehört zu den regelmäßigen Ritualen. Von
noch mal lustvoll in Frage zu stellen. Wenn
und wenn ja, wie erklärst du es dir?
Stück zu Stück unterschiedlich sind die
es gelingt, das Netz, den doppelten Boden
Prof. Werner Wölbern Ja. Es ist eine Art
äußerlichen (körperlichen, stimmlichen)
abzureißen und angstfrei in die Offensive zu
„emotionales Gedächtnis“, das Details und
Rituale: Manchmal muss ich vor der Auf-
gehen – dann hat das Lampenfieber in der
Dinge, die im Probenverlauf organisch
führung unbedingt einmal über die Bühne
Regel keine Chance. Ab der dritten, vierten
entstanden und – oft aus unerfindlichen
gehen, einmal in den Rang schauen oder ein
Vorstellung ist es dann sowieso besser.
Gründen – im Stress der Endproben verloren
paar Liegestütze machen, manchmal muss
Dann beginne ich zu fliegen und alles ist gut.
gegangen sind, im Spielfluss wieder hoch-
ich eine längere Textpassage laut in den
Premieren hingegen sind oft sehr, sehr
spült. Manche nennen es „flow“, für mich
Bühnenraum stellen, manchmal summe ich
problematisch. Da hilft zuweilen nur atmen
passt der Begriff „fliegen“ besser: Das Hirn
eine halbe Stunde lang in meiner Garderobe
und ins Weltall schauen.
hat seine Arbeit getan und darf sich schlafen
vor mich hin, manchmal trinke ich einen
legen; der Körper, die Seele erinnert sich. Es
Espresso, manchmal nicht, manchmal muss
Ist der erste Auftritt in einer Vorstellung
geht um Selbst-Vertrauen. Im Wortsinn. Den
ich meine Mitspieler vorher sehen und mit
aufregender als der letzte?
umgekehrten Fall kenne ich aber genauso
ihnen sprechen, manchmal ziehe ich mich
Prof. Werner Wölbern Ja. – Es ist ja immer
gut: dass manche Details, die in den End-
komplett zurück und will nicht gestört wer-
diese Geburt. Anfangs tut es weh, dann wird
proben verabredet wurden, in der Premiere
den; diese stück-spezifischen Rituale entstehen
es besser, leichter. Vieles hängt auch von der
dann fehlen. Meistens ist das ein Zeichen
während der Endprobenzeit und haben keinen
Chemie mit dem Publikum ab: Sind sie da?
dafür, dass die Einfälle (von Regie oder vom
überprüfbaren oder sinnstiftenden Grund …
Sind sie aufmerksam? Es ist ja ein weitver-
Schauspieler) aus einer Originalitäts-Laune
Sie sind irgendwann einfach da und ich hinter-
breiteter Irrtum, dass der Schauspieler auf
entstanden und nicht seelisch-körperlich an
frage sie nicht. Manche nennen es Aberglaube,
der Bühne resistent ist gegen Husten, Grun-
die Figur angebunden waren.
für mich sind es kleine, unsinnig-liebevolle
zen, Flüstern im Publikum. Man bekommt
Haltepunkte, kleine Geheimnisse, kleine
alles mit. Alles. Es ist ja furchtbar mitunter.
Fluchten vor der Entäußerung.
Vor allem dieses verdammte Aufleuchten der
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Wie gehst du mit Routine um?
Du stehst in der Gasse, kurz vorm Auftritt,
Hast du eine spezielle Methodik, bei einer
Prof. Werner Wölbern Es gibt keine Routine.
und siehst, dass die Kollegen nicht wirklich
längeren Probenarbeit (zum Beispiel am
Leider? Keine Ahnung. Aber es ist immer,
miteinander spielen. Was tust du?
szenischen Vordiplom) die Studierenden zu
immer wieder dieser eine Moment, bevor
Prof. Werner Wölbern Damit befasse ich
befähigen, in Hinblick auf die Premiere das
der Vorhang auf- oder das Licht angeht: jetzt!
mich ehrlicherweise nicht. Ich habe genug
Erarbeitete so zu fokussieren, dass sie trotz
Ich behaupte – auch wenn es anmaßend
mit mir selbst und meiner Energie für die
Aufregung und Lampenfieber bestmöglich
klingt –, dass kein darstellender Künstler,
jeweiligen Szenen zu tun. Außerdem halte
spielen können? Gibt es in diesem Punkt
kein Musiker, jemals routiniert werden kann,
ich es grundsätzlich für falsch, seine Mit-
einen Unterschied zwischen pädagogischer
wenn er in der Lage ist, seinen Beruf ernst zu
spieler*innen/Kolleg*innen zu bewerten
Arbeit und der Arbeit an einer Inszenierung
nehmen. Der Augenblick ist unser
und zu beurteilen.
mit „gestandenen“ Schauspielern?
Universum – darin ist alles möglich. Er ist
Prof. Werner Wölbern Es ist wichtig, dass
Himmel und Hölle gleichermaßen. Himmel,
Wenn du mit Studierenden an einer Rolle
die Studierenden im Verlauf eines Arbeits-
weil er glüht und brennt und explodiert.
arbeitest: Gibt es dabei etwas Grundsätz-
und Probenprozesses lernen sich zu ver-
Hölle, weil er immer sofort wieder vorbei ist.
liches, das du zum Thema „Auftritt“
trauen, ihren Impulsen zu folgen und dass
Schrecklich eigentlich.
vermittelst, oder ist das situations- und
sie sich auf das Erarbeitete verlassen können.
figurenabhängig?
In diesem Punkt unterscheidet sich die
Ich kenne einen Regisseur, der den Schau-
Prof. Werner Wölbern Grundsätzlich: Was
pädagogische Arbeit kaum von der Arbeit
spieler*innen empfiehlt, mit ihrem Auftritt
willst du erzählen? Wo ist der Konflikt?
eines Schauspielers an der Rolle. Es hat
grundsätzlich das bestehende Energielevel
Wo ist das Problem der Szene? Oder, noch
sehr viel mit Selbstvertrauen zu tun. Auch
und die Dynamik auf der Bühne zu
grundsätzlicher: Wo kommst du her, was
Selbst-Bewusstsein. Sich-Selbst-Bewusst-Sein.
verändern – wie eine Billardkugel, die durch
hast du vor? Worum geht es? Als Schauspie-
Schauspieler und Schauspiel-Studierende
einen starken Impuls das Feld „aufmischt“.
ler ist es sehr wertvoll und hilfreich, einfach
sollten von Anfang an lernen, zu dem zu
Was hältst du davon?
zu bleiben, einfach zu denken. Lampenfieber
stehen, was sie sich erarbeiten. Wir stellen
Prof. Werner Wölbern Schönes Bild. Ja,
und Auftrittsangst entstehen vor allem da-
uns ja öffentlich dar, mit unserer ganzen
damit kann ich was anfangen. Peter Brook
durch, dass man zu sehr mit äußeren Dingen
Person und sehr ungeschützt, unser
hat es ähnlich ausgedrückt: Interaktion
und Wirkungen beschäftigt ist: Werde ich
Instrument sind wir selbst: unser Körper,
entsteht, wenn ein Status Quo, auch: ein
verstanden? Wird das Publikum begreifen,
unsere Stimme, unsere Seele. Das heißt aber
in-aktiver Mensch, durch einen anderen
was ich erzählen will? – Damit verlässt man
auch: Wir müssen frühzeitig lernen, mit
Menschen verändert wird. Dadurch wird ein
sein Zentrum und verliert den Fokus auf die
Kritik umzugehen und sie zu akzeptieren.
Zustand zum Vorgang – und damit lebendig.
Arbeit und auf den Inhalt. Rein technisch ist
Das versuche ich den Studierenden zu
Das ist das, was wir im Theater, auf der
es überaus hilfreich, vor dem Auftritt einige
vermitteln: Arbeitet gut, arbeitet hart … und
Bühne (und ja auch im Leben) sehen und
Male tief durchzuatmen, sich umzuschauen,
dann steht zu dem, was ihr erarbeitet habt.
erleben wollen: nachvollziehbare,
die Hand auf die Brust zu legen und einfach
Dass unsere Arbeit in den seltensten Fällen
unvorhersehbare Ereignisse, folgerichtige
mal kurz zu lächeln. Das gibt Kraft. Im Ernst.
ALLEN gefällt, ist berufsimmanent. Das
Überraschungen. Es ist sehr spannend, was
kann schmerzhaft sein. Und hinzu kommen
die Billardkugel auslöst und wohin die
oft große Zweifel – im besten Fall kann der
anderen Kugeln beim Aufprall rollen. Es ist
Schauspieler diese Zweifel in positive Ener-
aber eher langweilig, wenn die Billardkugel
gie umwandeln, in eine offensive Kraft …
über die Bande fliegt. Denn dann kann man
in Selbst-Bewusstsein. – In diesem Sinne
nur einfach wieder von vorne anfangen.
also: You must believe!
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Publikumsstimmen
Ruth Waniek PRÄZISION UND LEICHTIGKEIT Renate Hink AUF DEN SPUREN EINES WERDEGANGS
Welch ein Genuss! Klavierkonzerte auf höchstem Niveau ohne Kleiderzwang und Kartenvorbestellung – die ganze Palette quer durch die Jahrhunderte bekomme ich
So ein vielfältiges Angebot an Musik, Tanz
Volker Mohr BEEINDRUCKT UND FROHGEMUT
geboten und kann dabei schon ahnen,
Warum gehe ich oft und gern in die
Leichtigkeit vermittelt, ohne den Besucher
Mich fasziniert es, junge und talentierte
Veranstaltungen der HfMDK? Ganz einfach:
die unglaubliche Kraftanstrengung
Studierende von Beginn an zu erleben und
Ich freue mich über die Möglichkeit, die
vergessen zu lassen.
ihren Werdegang zu verfolgen. Ich freue
Vielfalt der Instrumente, Gesangsstimmen
mich, wenn ich etliche davon im Opern-
und Musikstile kennenlernen zu können.
studio oder in großen Rollen an der
Meine Hauptinteressen sind Klavier, Gesang
Frankfurter Oper wiedersehe.
und Violine, und ich gehe fast immer sehr
und Schauspiel – und das zu erschwinglichen Preisen für jedermann – findet man im Rhein-Main-Gebiet nirgendwo sonst.
welche Meister mich künftig an anderen Orten erfreuen werden. Hier wird Professionalität eingeübt und Präzision gefordert,
beeindruckt und frohgemut nach Hause. Es gab schon so viele „Highlights“, aber
Besonders freut es mich, wenn ich nach dem
für mich war es in der letzten Saison das
Auftritt mit den Interpreten ins Gespräch
Abschiedskonzert des Bratschenprofessors
kommen kann.
Roland Glassl: Das Zusammenspiel mit seinen Kollegen und Studierenden und die
Es gibt viele Höhepunkte, aber seit Jahren
Wertschätzung, die sich in seiner Mode-
denke ich an einen „Bohème“-Schluss (mit
ration vermittelte, waren für mich ein
Klavier), der mich mehr beeindruckt hat
sehr bewegendes Erlebnis.
als jede Routine-Aufführung mit Profis. Natürlich bleibe ich der Hochschule treu, solange die Gesundheit mitspielt, und freue mich als Egoist auf das Ende der Sommerferien.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
REFLEKTIERTES HANDELN STATT BETABLOCKER Von Susanne Triebel, AG Körper und Bewegung an der HfMDK
Während eines Workshops beim Symposium
Handlungen mit dem Ziel von Veränderun-
Ausführenden selbst aus. Den Studierenden
„The Artist`s Body“ (TAB4 Körper & Bewe-
gen durchzuführen. Im Sinne von Foucault,
verhilft dies zu einer kritischen Aufmerksam-
gung) stellte eine Dozentin den anwesenden
der den Begriff der Selbstsorge weitergedacht
keit gegenüber individuellen, gesellschaft-
Teilnehmer*innen die Frage, wer vor einem
hat, sind Veränderungsprozesse nur durch
lichen oder institutionellen Anforderungen.
Vorspiel oder Auftritt bereits Betablocker oder
eine Reflexion des eigenen Tuns, eines Dialogs
Langfristig kann die Verkörperung somati-
andere Substanzen zu sich genommen habe,
mit sich selbst unter Aneignung unterschied-
scher Ideen eine Produktivität entfalten,
um diese Extremsituation zu bewältigen.
licher Perspektiven überhaupt möglich. Dies
wenn sie als eine Art des kritischen und
Rund 20% der anwesenden Studierenden
setzt eine realistische Selbsteinschätzung und
kreativen Diskurses betrachtet werden.
meldeten sich. Auftrittsangst und Lampen-
Schulung der Eigenwahrnehmung sowie
fieber sind nicht nur in professionellen Krei-
die Bereitschaft zur täglichen Selbstreflexion
Angebote MSBL/KIT und
sen ein Thema, sondern bereits im Studium
und Blickveränderung voraus.
msbl/kit am morgen Die HfMDK hat auf diese Notwendigkeit
präsent und müssen daher auch in der Zur Eigenwahrnehmung werden somatische
reagiert. Unter dem Oberbegriff THE ARTIST’S
Techniken empfohlen, und die Nachfrage
BODY bietet sie fachbereichsübergreifend
Diese Phänomene werden hauptsächlich
danach wächst. Somatische Praktiken ent-
Wochenend-Workshops zu Stressmanage-
durch Versagensängste, zu hohen Erwartun-
springen oft asiatischen Bewegungskonzep-
ment, Auftrittstraining und Selbstsorge an.
gen an das eigene Tun oder Druck von außen,
ten oder sind von diesen unterfüttert, sie
Hier werden die Zusammenhänge von
der Eltern, Dozent*innen und des Publikums
heben sich durch die Verbindung von Körper-
Vorstellung und gelungener Vorbereitung
an den Studierenden, hervorgerufen. Es
und Geist-Prozessen von westlichen Bewe-
behandelt. In den täglichen Angeboten wie
entsteht ein individuelles und komplexes
gungskulturen ab. Es wird vielmehr eine
Yoga, Pilates, Tai-Chi und Gyrokinesis prak-
Geflecht von Selbstwahrnehmung, An-
Ganzheitlichkeit erzeugt. Neben bewusst
tizieren die Studierenden über einen längeren
spruchsdenken und Realität.
geführten Bewegungsabläufen in Verbindung
Zeitraum eine Methode. Sie gehen in eine
mit Atmung und philosophischen, kulturel-
tiefere Auseinandersetzung mit der eigenen
Bis es zu solch gravierenden Auswirkungen
len und spirituellen Grundlagen ist eine
Körperwahrnehmung, reflektieren das
wie dem Griff zu Medikamenten kommt,
Verlagerung von außen hin zu Eigenverant-
eigene Tun und erforschen Praktiken, die in
bauen sich die Ängste kontinuierlich auf.
wortung Teil der Praxis. Somatische Erfah-
individuellen Lebens- und Studiensitua-
Eine frühe Anleitung zur Selbstsorge kann
rungen führen zu einer tieferen Selbstwahr-
tionen Anwendung finden – eine physisch-
präventiv dagegenwirken. Das aus der grie-
nehmung, jedoch ohne soziale Analyse,
mentale Vorbereitung auf Vorstellungen
chischen Antike übernommene Konzept der
religiösen Anspruch oder ästhetische Vor-
und weitere Extremsituationen.
Selbstsorge umfasst die Einstellung die Welt
gabe. Das Tun ist von einer externen normati-
zu betrachten, introspektiv den Blick von
ven Ordnung entkoppelt, eine persönliche
der Außenwelt auf sich selbst zu richten und
Einschätzung geht ausschließlich vom
Ausbildung thematisiert werden.
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Weitere Info: tab.hfmdk-frankfurt.info
Publikumsstimmen
Prof. Volker Freischlad TEILHABE UND ANTEILNAHME Anne-Kathrin Matz SEIT 2010 FAN DER HFMDK Mein und Franks Highlight war das Sinti-Orchester, das war super emotional. Mein Highlight waren die Yogastunden in
Seit Jahren nutze ich den Ort und die Veranstaltungen der HfMDK zu Begegnungen mit Freunden und Bekannten, auch mit
Dorle und Thomas Muth EINE STARKE UND INTERESSANTE BINDUNG
der Ballettklasse. Da die Veranstaltungen
Mitgliedern der GFF, mit Professoren und Studierenden. In Ergänzung öffentlicher Aufführungen gewähren mir aber die Veranstaltungen der Hochschule eine persönliche Teilhabe und Anteilnahme: die Nähe
vergleichsweise sehr günstig sind, ist das
Die Konzerte und Veranstaltungen in der
zu hoffnungsvollen Talenten, ihren Mühen
auch ein Grund, immer wieder zu kommen,
HfMDK haben uns als langjährige Besucher
vor der Aufführung, ihrer Empathie und
auch wenn die Parkplatzsituation weniger
eine starke und interessante Bindung mit der
Hingabe beim Auftritt und ihr Glück in
erfreulich ist.
Hochschule beschert. Wir haben ganz unter-
Fortschritt und Erfolg danach. All das darf
schiedliche künstlerische und gestalterische
ich in der ersten Reihe, im direkten Gespräch
Wir wünschen uns ein neues, großes
Auffassungen und Möglichkeiten kennen-
oder auch in der Feier danach persönlich
Haus für die Studierenden an einem groß-
gelernt und konnten viele Einzelheiten mit
und mit ihnen gemeinsam erleben! Meine
artigen Standort mitten in Frankfurt, mit
den beteiligten Lehrenden und Studierenden
Art und Vorliebe „der gelebten Kultur
genügend Parkplatzoptionen.
diskutieren und vertiefen. Dabei interessiert
und Kulturförderung“.
es uns besonders, die künstlerische Entwicklung einzelner Studierender zu verfolgen. Das führen wir auch nach der Beendigung ihres Studiums fort: Wir besuchen Konzerte, kaufen CDs und verfolgen die Presse. In jüngster Zeit haben wir besonders gelungene Beiträge auch von „Ehemaligen“ anlässlich der Verabschiedung von Prof. Hedwig Fassbender sowie den Mendelssohnabend von Katharina Kasper und Dmitry Ablogin miterlebt.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
PERFORMATIVE ANSÄTZE IN DER VERMITTLUNG Von Prof. Ingo Diehl, Leiter des Studiengangs Master Contemporary Dance Education (MA CoDE)
Dieses Herangehen deckt sich mit aktuellen oder auch zeitgenössischen Vorgehensweisen im Tanz, wenn jenseits von einem linearen Technikverständnis neue Settings gestaltet werden müssen. Daraus kann im besten Falle eine Vermittlungspraxis entstehen, die einen individuellen, aber besonders auch künstlerischen Ausdruck zur Grundlage hat.
Vermitteln und das Testen von neuen Lehr-
digen“ , womit er performance-artige
Denn je nach inhaltlicher Fokussierung
formaten in ungewöhnlichen Kontexten sind
Procedere beschreibt, die nicht nur künstle-
müssen, wie in einer praxisorientierten und
inhaltliche Schwerpunkte im Masterstudien-
rische Formen beinhalten. Diesen erweiterten
angewandten künstlerischen Forschung, die
gang für Contemporary Dance Education.
Begriff des Performativen, der offene
Methoden erst entwickelt werden. Die Choreo-
In einem Arbeitsfeld, in dem sich in den ver-
künstlerische Prozesse genauso wie körper-
graphin Meg Stewart formulierte das in
gangenen Jahren besonders freischaffende
liche Handlung und Präsenz mit einschließt,
einem Interview kürzlich: „Ich hatte keine
und nomadisch arbeitende Künstler-Vermittler
lässt sich durchaus auf unterschiedliche
Technik, die ich später wieder hätte verlernen
einen Namen gemacht haben und institutio-
Vermittlungsformate übertragen.
müssen, sondern musste vielmehr eine Technik
1
nelle Arbeitszusammenhänge neu erobert
und Struktur um mich herum erst aufbauen,
werden müssen, ist der Begriff des Performa-
Eine Präsenz des Lehrenden, die lebendige
um die Dinge umzusetzen, die ich mir
tiven für die Anwendung in einem erweiterten
Kommunikation mit Teilnehmer*innen, die
vorgestellt hatte“.2
Arbeitsfeld durchaus angebracht. Das
Fähigkeit, Zeitlichkeit in speziellen Settings
Performative verweist auf Gestaltungspoten-
zu gestalten und thematische wie auch soma-
Die Integration und Entwicklung individu-
ziale, Präsenz, kommunikative Transfers
tische Kontexte in einem erweiterten Rahmen
eller Lösungen sind als ein reflektierter künst-
oder, wie Hans-Thies Lehmann es in seinem
und mit verschiedenen Zielgruppen jenseits
lerischer Prozess auch für zeitgenössische
Werk zum Postdramatischen Theater zitiert,
von Narration zu verorten, decken sich mit
Vermittlung wesentlich. Damit positioniert
„auf eine integrative Ästhetik des Leben-
dem erläuterten Performanceverständnis und
sich der MA CoDE als ein künstlerisch for-
gehen weit über handwerkliche und konven-
schender Studiengang, in dem die Entwicklung
tionelle, methodische Fertigkeiten hinaus.
neuer Formate grundlegend ist. Performance
In diesem Wintersemester entwickeln wir
und Vermittlung schließen sich folglich nicht
mit den Studierenden des MA CoDE Trai-
aus. Im Gegenteil: Die Integration eines erwei-
ningshybride, die sich aus unterschiedlichen
terten Performancebegriffs wird so zu einem
ästhetischen, physischen, methodischen und
wesentlichen Baustein bei der Gestaltung
auch historischen Materialien speisen. Als
innovativer Unterrichtsvorhaben, die künst-
Grundlage dienen diverse Informationsquellen
lerische Ansätze und Formen integrieren.
von Texten, Skizzen, Filmen, animierten
Damit wird auch die notwendige Positionie-
Webseiten oder anderen Publikationsformen.
rung des Studienganges an einer praxisorien-
Für derartige Übersetzungsprozesse oder
tierten Kunsthochschule wie der HfMDK
Transfers von Informationen und Materialien
unterstrichen.
in die Physis gibt es keine Vorlagen, vielmehr müssen Verknüpfungen zwischen ausgewählten Informationen individuell hergestellt und in konkreten Kontexten, seien es Zielgruppen oder Institutionen, praktisch getestet und vor allem erfahrbar gemacht werden.
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1: Lehmann, Hans-Thies, Postdramatisches Theater, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1999, S.245 2: Zeitschrift der Kulturstiftung des Bundes, No 30, Frühling/Sommer 2018
Der Meta-Score für die 34 Performer*innen dieses Projektes stammt von mir. Er baut dabei auf die im September 2012 im Museum Wiesbaden mit Studierenden gezeigte Performance Musik ist Leben auf, die sich im Rahmen der Ausstellung 50 Jahre FLUXUS – Foto: Maciej Rusinek
Internationale Festspiele Neuester Musik durch verschiedene Räume zog.
SITE-SPECIFIC PERFORMANCE
Mit FLUXUS, SUXULF & OTHER SCORES übertrug ich das Konzept auf das Studierendenhaus und den öffentlichen Raum
FLUXUS, SUXULF & OTHER SCORES
davor und lotete mit den Akteur*innen das
Von Prof. Dieter Heitkamp, Ausbildungsdirektor Zeitgenössischer und Klassischer Tanz
einer einstündigen Performance aus. Dabei
ästhetische Potenzial von Fluxus heute in wurde einerseits auf klassische Fluxus-Scores z. B. von Eric Anderson, George Brecht, Jed
Vor dem Hintergrund der Überlegung, dass
In der Mitte Frankfurts konnten Projekte
Curtis, Ken Friedman, Alison Knowles,
der im Entstehen begriffene Kulturcampus
mit Studierenden von HTA und Hochschule
George Maciunas und Emmett Williams
Frankfurt mehr ist als ein urbanes Architektur-
in unmittelbarer Nachbarschaft zu weiteren
zurückgegriffen, andererseits wurden auch
projekt inklusive der dazugehörigen büro-
Veranstaltungen aus dem Kulturcampus-
neue Scores von den Projektteilnehmer*innen
kratischen Planungsschritte, sondern auch
verbund in verschiedenen Inhalten, Genres
entwickelt. Die Zuschauer*innen konnten
und vor allem ein Ort kultureller Praxis und
und Formaten gemeinsam über das Thema
herumgehen und die Performance aus ver-
Auseinandersetzung sein kann, entstand der
„Revolte + Experiment. Kulturcampus im
schiedenen Perspektiven verfolgen und waren
Wunsch, im Frühjahr 2018 erstmals auf dem
Aufbruch“ reflektieren und sich einem städti-
auch lebhaft bei der Umsetzung einiger Scores
Bockenheimer Gelände eine Veranstaltungs-
schen Publikum präsentieren. Diese besondere
beteiligt. Bestandteil der Performance war
reihe der unterschiedlichen mit dem Kultur-
Kooperation verknüpft, genau 50 Jahre nach
auch das Stück Visible Music von Dieter
campus verbundenen Einrichtungen und
1968, die historische Entwicklung des Areals
Schnebel in einer Fassung für Tänzer von
Initiativen durchzuführen. Die Hessische
mit gegenwärtigen künstlerischen Praktiken
Paula Rosolen.
Theaterakademie (HTA) und die HfMDK, die
und lud zu einem lebendigen öffentlichen
aufgrund des geplanten Umzugs der Hoch-
Diskurs über Prozesse gesellschaftlichen
Wenn man Fluxus im Zusammenhang von
schule beide von den Transformationen des
Wandels damals und heute ein.
Dada, Happening, Performance, Environ-
Geländes perspektivisch unmittelbar betroffen sind, spielten dabei eine wichtige Rolle.
ment, Installation betrachtet, lässt sich festBestandteil des Programms war die Perfor-
stellen, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt,
mance FLUXUS, SUXULF & OTHER SCORES
die auch für das aktuelle Kunstschaffen
mit Studierenden des 1. bis 3. Jahres ZuKT_
große Bedeutung haben: eine internationale
BAtanz (Zeitgenössischer und Klassischer
kulturelle Bewegung, Ablehnung bestehender
Tanz) der HfMDK und ihres Instituts für
Standards in Kunst und Ästhetik durch Anti-
zeitgenössische Musik, die mit Unterstützung
Kunst Werke, öffentliche Versammlungen,
der HTA am 14. April 2018 im Studierenden-
Demonstrationen und Veröffentlichung von
haus und auf Außenflächen des Campus
Kunst- und Literatur-Journalen, Interdiszipli-
Bockenheim zu erleben war.
narität, kollektive Prozesse, Verbindung von Kunst und Politik, Anti-Kommerzialisierung.
45
BÜHNE FREI FÜR DAS
„Es ist uns eine besondere Ehre und eine
Um ein Stipendium bewerben können sich
wichtige Motivationsquelle, dass wir für
jeweils zum Wintersemester immatrikulierte
unsere Leistung in dieser Form ausgezeichnet
Studierende und solche, die eine Studienplatz-
werden“, bedankte sich Eszter Sebök stell-
Zusage an der HfMDK erhalten haben. Eine
vertretend für alle Stipendiat*innen bei den
Kommission wählt die Stipendiat*innen in
Förderinnen und Förderern des Deutschland-
einem transparenten Verfahren im Herbst
stipendiums während eines Festakts im Mai
aus. Auswahlkriterien sind bereits erbrachte
2018. „Durch das Deutschlandstipendium
oder zu erwartende herausragende Studien-
können wir uns auf das Studium konzen-
leistungen. Dazu fallen Aspekte wie gesell-
trieren und an für unsere berufliche Zukunft
schaftliches Engagement, eine Migrations-
relevanten, aber oft unbezahlten Projekten
biographie oder besondere Ereignisse im
oder an Meisterkursen teilnehmen“, so die
Lebens- und Bildungsweg ins Gewicht.
Studentin im Masterstudiengang Theaterund Orchestermanagement.
Das Deutschlandstipendium lässt begabte Studierende regelrecht durchstarten; es
Für das Deutschlandstipendium spenden
motiviert zu Höchstleistungen und Engage-
private Förderer – Unternehmen, Stiftungen
ment und hilft beim Netzwerken.
oder Privatpersonen – bis zu 1.800 Euro, und der Bund verdoppelt den Betrag. 38 Stipendiat*innen erhielten im Förderjahr 2017/2018 ein Stipendium in Höhe von 3.600 Euro im Jahr.
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DEUTSCHLANDSTIPENDIUM
Großer Auftritt – Laura Lex,
Auch Kontakte sind ein Gewinn –
Fördern Sie Talente!
BA Gesang, 5. Semester
Camilo Bornstein, MA Komposition,
Möchten auch Sie das Deutschlandstipendium
Bei den Burgfestspielen in Bad Vilbel stand
4. Semester
der HfMDK fördern und unseren Studieren-
Laura Violetta Lex in diesem Sommer als
„Neben der finanziellen Entlastung
den dabei helfen, exzellente Musiker, Tänzer,
„Hänsel“ in der Oper „Hänsel und Gretel“
bereichert mich der gute Kontakt zum
Schauspieler und Pädagogen zu werden?
auf der Bühne. Dass sie die Rolle durch ein
Förderer meines Deutschlandstipendiums
Sprechen Sie gerne mit der Koordinatorin
Vorsingen erhielt, führt sie auch auf das
sehr. Wir haben uns häufiger über mein
im Fundraisingbüro:
Deutschlandstipendium zurück: „Die Förde-
Studium und die Möglichkeiten, als
rung mit monatlich 300 Euro hat mir eine
Komponist zeitgenössischer Musik Fuß zu
Daniela Fox
große Last genommen. Ich konnte meine
fassen, ausgetauscht. Daraus resultierte
E-Mail daniela.fox@hfmdk-frankfurt.de
Babysitter- und Kellnerinnen-Jobs auf ein
auch die Idee, einen Projektvorschlag für eine
Telefon 069. 154 007 210
Minimum zurückfahren. Die gewonnene
renommierte Frankfurter Kultureinrichtung
www.hfmdk-foerdern.de/
Zeit habe ich in die konzentrierte Vorberei-
zu entwickeln. Abgesehen davon, dass dabei
#deutschlandstipendium
tung meiner Gesangsstücke investiert“.
auch das Netzwerk des Förderers helfen kann, ist die Anteilnahme meiner Förderer
Neben dem Studium erwarb die junge
ein zusätzlicher Ansporn für mich.“
Sängerin ein Französisch-Zertifikat. Und für ihre Kommiliton*innen an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main bietet sie einen Tanzkurs an – ehrenamtlich!
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
GESCHENKT! „Wenn man die meiste Zeit im Leben Glück
Mit tollen Ergebnissen! Die Deutschland-
hat, dann kann man dies Glück gut an die
stipendien der HfMDK werden mehr – im
nachfolgenden Generationen weitergeben.“
kommenden Förderturnus sind es über 50.
Marlott Fenner formuliert es so, als sie ihre
Die Cello-Studierenden erhalten einen
Geburtstagsgäste im August darum bittet,
wertvollen Frühklassik- und einen Barock-
ihr wieder einmal … gar nichts zu schenken.
bogen. Ein aufgefüllter Reisestipendien-
Ihr Partner Peter Beer ergänzt: „Wir haben
fonds erlaubt es den Studierenden, zu inter-
alles, wir brauchen nichts und wir wollen
nationalen Wettbewerben und Workshops zu
nichts!“
reisen. Die aufgerüstete Aufnahmetechnik in den beiden Sälen der Hochschule ermöglicht
Beide sind Freunde und Förderer der
zukünftig noch professionellere Audio- und
Hochschule für Musik und Darstellende
Videomitschnitte von Konzerten. Weitere
Kunst Frankfurt am Main und verzichten
freie Spenden ergänzen das Spektrum.
mittler-weile fast jedes Jahr auf Geschenke. Statt-dessen bitten sie um Spenden für die
Wenn auch Sie zu einem Geburtstag, einer
Schauspielstudierenden der HfMDK. Diesen
Hochzeit, einem Jubiläum oder im Rahmen
Sommer hatten sie das Ziel, ein Deutsch-
eines Hauskonzerts Ihre Freunde und Familie
landstipendium zu finanzieren.
anstelle von Geschenken um Spenden bitten, dann sprechen Sie für Rat und Tat frühzeitig
Und andere machen es ebenso: Einmal
die Fundraiserinnen der HfMDK an:
engagieren sich weit über hundert geladene Gäste anlässlich eines großen Geburtstags im
Beate Eichenberg
Gesellschaftshaus des Palmengartens, dann
Telefon 069 154 007-137 und
wieder lassen 15 Leute auf der Wohnzim-
Daniela Fox
mer-Party den Hut herumgehen. Alle eint
Telefon 069 154 007-210 und
das Gefühl, ein gutes Leben zu führen, viele
sehen Sie www.hfmdk-foerdern.de
ungelesene Bücher und volle Weinflaschen zu besitzen und sich für die bestmögliche Ausbildung der HfMDK-Studierenden engagieren zu wollen.
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familie studierte zunächst Geige bei Prof. Ana Chumachenco in München und entdeckte die Bratsche als „sein Instrument“ während eines Pflichtunterrichts im Bratschenspiel. Nach seinem Geigenabschluss mit Auszeichnung studierte Roland Glassl Bratsche bei Atar Arad in Bloomington (USA); die Geige ist seitdem für ihn Geschichte. Seit 2015 ebenfalls beendet ist seine Ära als Bratschist des weltbereisten „Mandelring Quartetts“. „Ich habe 16 Jahre aus dem Koffer gelebt – jetzt hat neben der Professur das ‚Projekt‘ Familie Priorität.“ Gustav (2),
Foto: „wildundleise“
ABSCHIED VON EINER MUSIKALISCHEN FAMILIE HfMDK-Bratschenprofessor Roland Glassl hat einen Ruf nach München angenommen
Quirin (im Sommer geboren) und BaldEhefrau Cornelia werden es ihm danken, wenn er nun öfters „zu Hause“ ist – daheim in München, gerade eine Stunde von seiner „eigentlichen“ Heimat Ingolstadt entfernt, wo ihm der 87-jährige Vater dabei assistieren wird, seine eigene Bratsche zu bauen.
Von 2004 bis zum Sommersemester 2018
wohl-Konzert verabschiedete er sich musi-
Roland Glassls Spuren aus seiner „Frankfurter
wirkte Roland Glassl als Professor für
zierend, und zwar an der Seite von ihm lieb
Zeit“ sind unübersehbar: Sein Absolvent
Bratsche an der HfMDK. Von ihr hat er
gewordenen Weggefährten an der HfMDK.
Veit Hertenstein ist Bratschenprofessor in
sich nun schweren Herzens verabschiedet:
Detmold, Peijun Xu Professorin in Aachen,
Er tritt an der Hochschule für Musik
Aber warum der selbstverordnete Schmerz
Caspar Vinzens Mitglied im erfolgreichen
und Theater München die Nachfolge von
zum Abschied von einer Hochschule, von
Aris Quartett, Lara Sophie Schmitt gerade
Hariolf Schlichtig an.
der andere ihm bescheinigen: „Du verlässt
Solobratschistin im Theater am Gärtnerplatz-
die Hochschule mit dem nettesten Klima“?
theater München geworden. Die Liste ist
„Rubato bei Mozart – das geht doch gar
Es ist die Sehnsucht nach der bayerischen
lang, vor allem mit arrivierten Kammer-
nicht“, fuhr ein aufgebrachter Zuhörer im
Heimat – und die Tatsache, dass er den Ruf
musikern. „Ich bin der Hochschule dankbar,
Großen Saal der Hochschule nach dem ersten
als Bratschenprofessor von der einzigen
dass sie damals das Risiko eingegangen ist,
Satz der Sinfonia concertante die beiden
Musikhochschule erhalten hat, die ihn von
sich für einen so unerfahrenen jungen
Solisten an. Einer von ihnen war Roland
Frankfurt weglocken konnte. Dass er die
Musiker wie mich zu entscheiden“, blickt
Glassl, der gerade sein Einstandskonzert gab.
Stelle weiterführt, die mit Hariolf Schlichtig
Roland Glassl dankbar zurück – und auf den
Eines hat der heute 46-jährige Musiker seit-
ein Musiker von Welt verlässt, der für Roland
weiten Horizont an eigenem Erfahrungs-
dem gezielt beibehalten: nicht die Diskussion
Glassl immer ein wichtiger Mentor war, mag
zuwachs seitdem. Roland Glassl wehmütig:
um Mozart-Rubati – der Konzertbesucher
Zufall sein. Schlichtig hatte Glassl schon in
„Ich verlasse in Frankfurt eine musikalische
ward seitdem nicht mehr gesehen –, aber das
dessen Studienzeit gefragt, wie er sein beruf-
Familie.“ – bjh
regelmäßige Auftreten als praktizierender
liches Leben führen wolle: „So wie du dein
Musiker. „Ich wollte immer messbar bleiben“,
Leben führst“, war Glassls Antwort; „als
denn als Pädagoge „ist es leicht zu Gott zu
Kammermusiker und Professor“. Die Selbst-
werden, wenn du nicht mehr spielst“, zitiert
Prophezeihung traf ein, wenn auch über
er einen Kollegen. Auch auf seinem Lebe-
Umwege: Der Sohn einer Geigenbauer-
49
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Die Augen funkelten, als der Grundschüler
Dafür engagierte er sich als Pfadfinder
einer erfolgreichen Karriere als Mitglied
nach einem Familienkonzert in der Alten
und lief als Redakteur der preisgekrönten
des Chagall-Quartetts.
Oper die Instrumente von nahem bestaunen
Schülerzeitung der Waldorfschule Frank-
durfte: Kontrafagott, Basstuba und Kontra-
furt zu Hochform auf, bereitete sich sogar
Die individuelle Vervollkommung im Cello-
bass zogen ihn in seinen Bann, die finale
für die Aufnahmeprüfung an einer Jour-
spiel erarbeitete sich Jan Ickert im Studium
Wahl fiel auf Kontrabass. Durch gutes Zureden
nalistenschule vor. Doch irgendwie setzte
bei Prof. Joseph Schwab: „Es war toll, dass
gelang es der Mutter jedoch, den Sechsjährigen
sich doch durch, was die elterlichen Gene –
ich mich am Ende des Studiums noch ein-
davon zu überzeugen, dass angesichts seiner
die Mutter Flötistin, der Vater einst Klavier-
mal grundlegend mit der eigenen Technik
Körpergröße das Violoncello das (zunächst)
professor an der HfMDK – ihm mitgaben.
beschäftigen konnte“, erinnert er sich. Teil
passendere Instrument sei. Die Affinität zu
Bei Maike Kunstreich am Dr. Hoch’s Konser-
seines „Spätstartertums“ ist wohl, dass er
den ganz tiefen Tönen hat Jan Ickert nie
vatorium lernte er zehn Jahre und begann
sich als Pädagoge stets sehr selbstkritisch
verloren – wenn er ein Cello ausprobiert,
ein Studium bei Prof. Susanne Müller-
gesehen hat. Doch seine pädagogische
beginnt er stets mit der C-Saite –, doch er
Hornbach – in Wuppertal als Professorin,
Begabung sprach sich herum; sowohl die
blieb bei der „Interimslösung“ Violoncello:
in Frankfurt im Lehrauftrag tätig – bis zum
HfMDk als auch die Musikhochschule
„Für diese Beeinflussung bin ich meiner
Vordiplom. Während seines Studiums bei
Mannheim boten im Lehraufträge an.
Mutter heute noch dankbar.“
Prof. Andreas Greger und Prof. Michael
Zwischenzeitlich hatte er während seines
Sanderling in Berlin und Frankfurt moti-
Engagements unter anderem als Stellver-
Der Professor für Violoncello an der HfMDK
vierte ihn die „Konkurrenz“ von über 100
tretender Solo-Cellist des Erfurter Opern-
gehörte in seiner Jugend nie zu den musi-
Cello-Kommilitonen zu einem Übepensum
orchesters für sich Klarheit erlangt, dass
kalischen Überfliegern, neigte zu eher mode-
mit bis zu zehn Stunden Cello-Spiel täg-
Orchesterspiel für ihn keine langfristige
ratem Übe-Eifer und fand an „Jugend
lich. Auch seine kammermusikalischen
Option sein würde, gleichwohl er das Orches-
musizert“ nicht wirklich Gefallen.
Ambitionen potenzierten sich angesichts
ter seit frühen Jugendorchestertagen liebt. Schweren Herzens hat er kürzlich die Künstlerische Leitung und den Lehrauftrag am Emanuel-Feuermann-Konservatorium der Kronberg Academy aufgegeben, um sich ganz seinen Studierenden widmen zu können. Ob Tandemunterricht mit der Barockkollegin des Hauses, Workshops mit alternativen Trainingsangeboten oder von ihm arrangierte „Dienstagsvorspiele“ für alle Cellist*innen der HfMDK: Jan Ickert möchte seine Studierenden dazu ermutigen, „alles auszuprobieren und mitzunehmen“, was das Studium bietet. Er selbst ist das beste Beispiel: Was auf lange Sicht wachsen soll, muss erst tiefe Wurzeln schlagen. – bjh
SPÄTBLÜHER MIT TIEFEN WURZELN
Seit dem Wintersemester 2017/2018 lehrt Jan Ickert als Professor für Violoncello an der HfMDK
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Foto: Jost Ammon
INSPIRATION VON ALLEN SEITEN Carsten Wiebusch ist seit dem Sommersemester 2018 Professor für Orgel an der HfMDK. Er stellte sich seinem Studenten Lukas Adams für ein Interview.
Wie war Ihr Weg zur Orgel?
große Städte und staatliche Hochschulen,
Was muss die Hochschulausbildung
Prof. Carsten Wiebusch Stoff für einen
keine reinen Kirchenmusikinstitute gewählt.
heutzutage leisten?
Jugendroman … Zunächst Akkordeon,
Mir war es immer wichtig, alles an musika-
Prof. Carsten Wiebusch Die Hochschule muss
(rechts Tasten, links Knöpfe) dann folgte auf
lischen und künstlerischen Anregungen auf-
vor allem, sozusagen ganz altmodisch, tolle
Geheiß des musikalischen Hausarztes
zusaugen, was möglich war. In Düsseldorf
Musiker und Persönlichkeiten ausbilden, die
Klavier (mehr Tasten!), dann geriet ich in den
habe ich mit 18 sogar in der Opernstatisterie
durch ihre Fähigkeiten, ihren künstlerischen
Kinderchor, dessen Leiter mich mit 14 Jahren
mitgespielt und tolle moderne Opern kennen-
Willen und ihre Überzeugungskraft die
an die Orgel setzte (hunderte Tasten, dazu
gelernt. Der Spielleiter war übrigens – Elmar
Gemeinden, die Verantwortlichen und das
noch viele Knöpfe!). Der Wendepunkt in
Fulda. Ich wünsche mir auch von den Studie-
Publikum anziehen und mitreißen.
meinem Leben, eine Offenbarung.
renden heute diese Neugierde auf alles. Elias Canetti sagte, dass wir uns immer möglichst
Inwiefern ist die Orgel für Sie ein
Von 1999 bis 2017 wirkten Sie als
breit anlegen müssen, weil der Lebensprozess
religiöses Instrument?
Kantor und Organist an der Christuskirche
die Verengungen automatisch mit sich bringt.
Prof. Carsten Wiebusch Die großen Meister – Bach, Mendelssohn, Widor, Reger, Messiaen –
Karlsruhe. Wird Ihnen Ihre Arbeit als Kirchenmusiker fehlen?
Wie sieht für Sie die Orgel des
sie alle waren tiefgläubige Menschen. Und
Prof. Carsten Wiebusch Die Arbeit mit den
21. Jahrhunderts aus?
sie alle haben sich das Instrument nicht zu-
Chören, mit tollen Menschen aus allen mögli-
Prof. Carsten Wiebusch Kurz gesagt drei
fällig ausgesucht. Es ist eine Religiosität, die
chen Berufen und Alterstufen von Jugend-
Dinge: technische Perfektion, Klänge, die
bewusstseinserweiternd, nicht einengend ist.
lichen bis zu Rentnern wird mir sehr fehlen,
unserem heutigen Willen entspringen und
In Bachs und auch Messiaens Orgelmusik
natürlich auch die großartige Musik, Orato-
nicht einer Kopie, stilistische Vielseitigkeit.
wird daraus ein geradezu kosmisches Gedan-
rien, die Arbeit mit Orchestern etc. Aber ich
Die Orgel als Instrument an sich und mit der
kengebäude, das auch kirchenferne Hörer
habe den Taktstock noch nicht weggeworfen.
großartigen, auch neuen Orgelliteratur und
sehr anzieht.
Die feste Orgel wird mir zum Glück nicht
als Improvisationswerkzeug kann auch
fehlen, denn ich kann Organist an der nach
heute noch Menschen sehr faszinieren. Man
Wo üben Sie am liebsten?
meinen Vorstellungen erbauten großen Klais-
kann auch mit einer Orgel Menschen sehr
Prof. Carsten Wiebusch Ich pendel zwischen
Orgel der Christuskirche Karlsruhe bleiben.
berühren.
der erwähnten Klaisorgel in Karlsruhe, sozu-
Was mögen Sie an Frankfurt?
Wo besteht in Frankfurt noch Potenzial?
Sinfonieorchester, und meiner Hausorgel –
Prof. Carsten Wiebusch An Stadt und Hoch-
Prof. Carsten Wiebusch Das Allerwichtigste
ein einziges Register, eine harte technische
schule gefallen mir die unerschöpflich wir-
ist, dass Frankfurt moderne Orgeln braucht
Schule jeden Tag.
kende kreative Kraft und die allseitige Offen-
und das 21. Jahrhundert tatsächlich noch
heit. Ich selbst habe als Studienorte immer
einziehen lässt.
sagen eine Mischung aus Steinway-Flügel und
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
SICH AUF DIE MUSIK EHRLICH UND AUFRICHTIG EINLASSEN
Thilo Dahlmann ist seit dem Sommersemester 2018 Professor für Gesang an der HfMDK. Zu seinem Werdegang und Leben befragte ihn seine Kollegin Prof. Ursula Targler-Sell, die zugleich stellvertretende Ausbildungsdirektorin Gesang ist. Hast du dich gut bei uns eingelebt?
Hamburg mit wunderbaren Kollegen mit-
Prof. Thilo Dahlmann Sehr gut! Ich hatte
wirken zu dürfen.
den Vorteil, schon vorab die Stelle als Vertretungsprofessor bekleidet und dabei bereits
Was sind deine pädagogischen Hauptanliegen?
die Studierenden und Kolleg*innen kennen-
Prof. Thilo Dahlmann Der Kernbereich der
gelernt zu haben.
Ausbildung ist der souveräne technische Umgang mit der Singstimme. Mein Anliegen
Wie fing bei dir alles an?
ist es, die Technik aus dem Singen und aus
Prof. Thilo Dahlmann Ich bin ein sängerischer
der Musik heraus zu entwickeln. Was singe
Spätstarter. Parallel zu meinem Jura- und
ich? Warum singe ich es? Wichtig ist die
Geschichtsstudium in Bonn habe ich eine
Ausbildung der künstlerischen Persönlich-
nebenberufliche Kirchenmusikerausbildung
keit und das Wissen und Erspüren all dessen,
mit Gesangsunterricht absolviert. Dabei
was mit den interpretierten Werken zusam-
entstand die Begeisterung für das Singen.
menhängt. Die technische Arbeit kann nicht
Eine Zeitlang habe ich das wissenschaftliche
von der inhaltlichen Auseinandersetzung
Studium noch aufrechterhalten, bevor ich
mit einem Werk getrennt werden. Wichtig
komplett zur Musik gewechselt bin. Ich hatte
ist, dass wir uns ehrlich und aufrichtig auf
sofort großes Interesse am Unterrichten.
die Musik einlassen und Kunst nicht nur vernunftmäßig kontrollieren wollen.
Was waren für dich künstlerische Höhepunkte? Prof. Thilo Dahlmann Ich möchte meine Zeit
Ein guter Rat an junge Sänger …?
im Opernstudio des Zürcher Opernhauses
Prof. Thilo Dahlmann Mit offenen Augen
nicht missen. Die Erfahrung, kleine Rollen
die weite Welt der Musik auf sich zukommen
am großen Haus zu singen, dabei neben
zu lassen. Offen zu sein für unterschiedliche
großen „Stars“ auf der Bühne zu stehen und
Karrierewege. Aktuell unterliegt der Sänger-
mit großartigen Dirigenten zu arbeiten,
beruf einem großen Wandel. Die lebenslange
bildet ungemein in Hinblick auf die Ausein-
Karriere am deutschen Stadttheater ist nicht
andersetzung mit Bühnenwerken in der
mehr garantiert. Im europäischen Ausland
Lehre, ist aber auch sehr bereichernd für die
ist man schon weiter. Der Sängerberuf setzt
eigene künstlerische Persönlichkeit. In der
sich dort aus vielen Komponenten zusam-
Passionszeit mache ich regelmäßig eine große
men: Opern- und Chor-Engagements, päda-
Tournee durch die Niederlande mit Bachs
gogische Tätigkeit und solistische Engage-
Matthäus-Passion, meinem absoluten Herzens-
ments auf dem Konzertpodium. Dies ist
werk. Ein Höhepunkt war sicherlich, beim
gleichzeitig Herausforderung und Chance
Eröffnungskonzert der Elbphilharmonie in
für junge Sänger*innen. Wir Lehrende müssen schon früh den Blick dafür weiten.
52
Foto: Marco Borggreve
Persönliches
ES SIND NICHT NUR DIE SCHRITTE
Susanne Noodt war fast 38 Jahre lang Professorin für Tanz an der Hochschule
Von Melanie Suchy, Tanzjournalistin
Beim jährlichen „Tanzmarathon“ im Juli
Jahren 1974 das sogenannte große Pädago-
„Ist ja immer die Frage: Was ist wichtig?!“
führten die Studierenden auch Choreografien
genexamen ab: mit einem Flamenco-Solo.
Als sie einmal Weihnachten „zuhause“ war,
von Susanne Noodt auf. Für 2018 aber waren
Die Folklore nämlich hatte sie gepackt, der
1979, rief Egbert Strolka an, ihr ehemaliger
zum ersten Mal seit Jahren keine Folklore-
Unterricht des berühmten Flamenco-Paares
Professor für Klassisches Ballett in Essen. Er
Stücke vorgesehen. Die Professorin war
Susana und José (Susanna Audéoud-Looser
übernahm die Leitung der Tanzabteilung an
feierlich und herzlich verabschiedet worden,
und José de Udaeta), die Kurse an der
der Hochschule in Frankfurt. Vielleicht mal
im Rahmen des „ZuKT-Wintertanz-Projekts“
Hochschule gaben. „Sie haben mich sehr
drei Jahre lang Unterrichten, dachte sie,
Mitte Februar im Gallus Theater, und eine
gefördert“. Lockten sie nach Spanien.
bewarb sich, wurde genommen. September
Weile später auf große Reise gegangen,
Zurück im heimatlichen Hamburg, bot die
1980. „Dann wurden es ein paar mehr
fünf Wochen Norwegen, „bis hoch zu den
Rogge-Schule Susanne Noodt dann eine
Jahre“: 37 ½.
Lofoten“. Doch die Studierenden wollten
Stelle für die Tanzpädagogenausbildung an.
unbedingt. Also, erzählt sie beim Interview,
Sie nahm an. „Wie gesagt, ich wollte ja nie
Die ersten 12 Jahre lehrte sie, als Professorin
rauften sie sich selbstständig zusammen,
unterrichten.“ Sie lacht. „Mein Ding war:
für Bühnentanz, Modernen Tanz und
holten die Tänze selbst aus der Erinnerung.
Tanzen! Die Freude am Tanzen. Das hat sich
Folklore, damals noch in den Räumchen in
„Sie hatten viel Spaß, habe ich gehört“.
durch mein Leben gezogen. Ich denke, das
der Nähe des Zoos, später in der Rüsselshei-
ist auch, was ich den Studierenden weiter-
mer Straße. Für das Haupt-, also Pflichtfach
gegeben habe.“
Internationale Folklore hatte sie ein Grund-
Stichwort Spaß Als Kind ging sie in Hamburg in eine private
programm für die vier Studienjahre, das sie
Ballettschule, „ich wollte immer etwas mit
Damals kündigte sie nach drei Jahren.
stets variierte. Nahm sie sich einerseits
Bewegung und Rhythmus“. An der Lola-
„Ich wollte einfach raus!“ Ein halbes Jahr
immer mehr Freiheiten beim Umgang mit
Rogge-Schule machte sie eine Ausbildung
ging sie nach Polen, um dort Folklore-
dem „Material“, den vielen studierten
für Tanz und tänzerische Gymnastik. „Das
Tänze zu lernen und in Ensembles mitzu-
Tänzen, die sie „im Rucksack“ hatte, achtete
war mir nicht genug“: Es folgte ein Studium
tanzen. Lernte Polnisch. Kam zurück, lebte
sie auch jeweils darauf, was die Klasse, der
an der Folkwang-Schule in Essen. Sie erhielt
aus dem Koffer, zog wieder hinaus, nach
Jahrgang der Studierenden, brauchte. Was
ein Begabtenstipendium, womit sie gar nicht
Jugoslawien, nach Rumänien, „von einem
war gerade wichtig? „Mehr Paartänze, mehr
gerechnet hatte, wie sie in der ihr eigenen
Kurs zum nächsten“. Zwei Jahre lang immer
Hebungen, mehr für den Gemeinschafts-
Bescheidenheit formuliert, und wurde von
wieder hinter den „Eisernen Vorhang“. Sie
sinn?“ Keine Klasse glich je der anderen.
einigen Dozentinnen dort speziell gefördert
brauchte das. „Die Eltern waren ein biss-
und beraten. Ein Jahr lang hatte sie auch bei
chen entsetzt.“ Es sind schöne Erinnerun-
Pina Bausch Unterricht, Moderner Tanz,
gen: „Das war sehr lebendig. Man tanzt,
kurz bevor die Choreografin nach Wuppertal
man ist mit der Gruppe zusammen, da wird
wechselte. „War sehr anspruchsvoll, sehr
gebechert, geraucht, gefeiert. Eine heiße
anstrengend“, erinnert sich Susanne Noodt
Zeit.“ Jeder junge Mensch sollte mal hinaus-
an die Stunden. Von der Lehrerschaft
ziehen, sich durchschlagen, Erlebnisse
ermuntert, legte die Studentin nach drei
sammeln, rät sie.
53
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
Warum ist „Internationale Folklore“ in der
Ihre Bühnenchoreografien, in denen
auch „Entspannungstechniken“ gelehrt
Ausbildung wichtig? „Das ist ein Fach, in dem
die Studierenden wiederum mit den Zu-
hatte. 1995 begann sie die berufsbegleitende
man die Studierenden wirklich zum Tanzen
schauern kommunizierten, gehörten zu den
Ausbildung in Gersfeld in der Rhön. „Was
bringt“, so dass sie schnell ein Tanzgefühl
öffentlichen Tanzabenden in der Hoch-
ich auch sonst unterrichtet habe, das wurde
bekommen und das auch in den vier harten
schule. Die Stücke entwickelte sie aus dem
hier bestätigt: Man muss schauen, was
Studienjahren nicht verlieren. Klar, sie hatte
Unterrichtsstoff, den sie am Plan (jeweils
beim anderen ankommt; sonst geht nichts.“
auch technische Ansprüche, „aber es ging
zwei bis drei Monate für die Tänze eines
Zuhören, erkennen zu können, was
mir in erster Linie um das Tanzerlebnis“. Das
Landes) und an den Bedürfnissen ausrich-
gebraucht wird. Damit die Studierenden
fröhliche, direkte. „Zeigen, dass es Spaß macht,
tete und in dem sie auch zum spielerischen
wirklich fühlten, wahrnahmen, innerlich
auch im Gesicht, diese Kommunikation, die
und kreativen Umgang mit dem „Material“
erlebten, was sie taten beim Bewegen,
in diesen Tänzen stattfindet.“ Sie ist anders
aufrief. Was auch in die Choreografien
verlegte sich Susanne Noodt in Feldenkrais-
als in anderen Stilen. So gut wie alle Studie-
einfloss, die sämtlich Unikate waren, nie
Stunden aufs Schlichte, Elementare. Das dort
renden sprangen drauf an in den Jahrzehnten.
hat sie eine wiederholt. „Das ist auch im
Erlernte, von ihr Gepflanzte, ließ sich dann
Von einer, die damit gehadert hatte, hörte sie
Sinne der Folklore“, lebendig mit ihr um-
auf alle Bereiche des Tanzes übertragen.
Jahre später, sie habe es doch jetzt verstanden.
zugehen. Wozu bei ihr gehörte, dass Männer
„Genau das war mir eben auch in der
„Ich denke, ich habe etwas gepflanzt in jede
auch Frauenschritte lernten und umge-
Folklore wichtig: dass sie nicht bloß Schritte
und jeden“, sagt Susanne Noodt heute.
kehrt.
machen, sondern das wirklich erleben“. Das Wie sei ihr stets wichtiger gewesen als das
Kein Museum
Was, beim Tanzen, beim Vermitteln. „Schritte
Perspektiven und Gewohnheiten verändern,
allein – das ist langweilig“. Entsprechend
das sind auch Grundsätze der Feldenkrais-
lässt sie sich für ihre eigenen nächsten
Körperbewusstheitsmethode. Ebenfalls
Schritte im Ruhestand Zeit.
wichtig für Susanne Noodt, die zunächst
Foto: Andrea Tallis
54
„SCHIER UNFASSBARES WISSEN“ Prof. Dr. Susanna GroßmannVendrey verabschiedete sich nach über 35 Jahren Lehre in der Musikwissenschaft Die Honorarprofessorin Dr. Susanna Groß-
den Eindruck eines „schier unfassbaren
diatin der Fritz-Thyssen-Stiftung gehörte sie
mann-Vendrey hat sich als dienstälteste
Wissens“, wie Ernst August Klötzke, der
zum Arbeitskreis „100 Jahre Bayreuther Fest-
Musikwissenschaftlerin der HfMDK in ihren
HfMDK-Musiktheorie-Professor, die Kompe-
spiele“. Daraus gingen ihre drei Bände über
hochschulischen Ruhestand verabschiedet.
tenz der Musikwissenschaftlerin bestätigt.
„Bayreuth in der deutschen Presse. Beiträge
Sie prägte über 35 Jahre lang die Lehre an
zur Rezeptionsgeschichte Richard Wagners
der Hochschule mit einem unübertroffenen
Im Jahr 1979 hatte der damalige Rektor Hans-
und seiner Festspiele“ hervor. In K.H. Wörners
Wissen über Musikgeschichte – vor allem
Dieter Resch Susanna Großman-Vendrey an
„Geschichte der Musik“ ist sie Autorin des
der Klassik und Romantik.
die Hochschule geholt, wo sie zwei Jahre
Artikels „Die Musik des 19. Jahrhunderts“.
lang als einzige Musikwissenschaftlerin am „Ein guter Künstler sollte nicht nur in
Haus tätig war und Vorlesungen mit bis zu
Dass sie weit über ihr Deputat als Honorar-
seinem Hauptfach gut sein“, ist ein typischer
50 Zuhörern veranstaltete. Von 1973 bis 1997
professorin hinaus mit ihrer Expertise zur
Satz, wie Lehrende und Studierende ihn von
arbeitete sie hauptberuflich als Fachreferentin
Verfügung stand, war umso verdienstvoller
Susanna Großmann-Vendrey kennen. Mit
für Musik im Deutschen Rundfunkarchiv
angesichts der Tatsache, dass in den 1990-er
genau dieser Überzeugung hat sie in Semi-
Frankfurt und war ab 1989 in der rundfunk-
Jahren eine von ursprünglich zwei Musik-
naren und Vorlesungen etliche Generationen
geschichtlichen Forschung tätig. Ihr Lehr-
wissenschafts-Professuren der HfMDK nicht
von Instrumentalist*innen, Sänger*innen
auftrag blieb so zeit ihres Lebens eine neben-
wiederbesetzt wurde. Der HfMDK-Musik-
und Schulmusiker*innen zum Nachdenken
berufliche Tätigkeit. 1994 verlieh die HfMDK
wissenschaftsprofessor Dr. Peter Ackermann
gebracht, ihnen das strukturell „Schöne“
Susanna Großmann-Vendrey den Titel einer
bilanziert den Verdienst der Ungarin, die
an der Musik aufgezeigt, die Genialität der
Honorarprofessorin.
nun nach Budapest gezogen ist: „Susanna
Faktur jenseits von reinen Gefühlspara-
Großmann-Vendrey hat in der Musikwissen-
metern offenbart. Streng und direkt war sie
Sie war ihrer eigenen Erinnerung nach die
schaft unseres Hauses Enormes geleistet. Ich
dabei durchaus – oft aber eben auch mit
erste Musikwissenschaftlerin an der Univer-
habe sie immer als Kollegin auf Augenhöhe
einem schelmischen Lächeln und einer Prise
sität Wien, die dort 1986 habilitierte. Die
erlebt. In ihrer scharfsinnigen wissenschaft-
Humor. In unzähligen Prüfungen, die sie im
Orgelwerke von Mendelssohn Bartholdy
lichen Betrachtung hat sie – und das zeichnet
Laufe von über drei Jahrzehnten abgenom-
waren Gegenstand ihrer Doktorarbeit, aus
sie aus – immer auch den Zauber der Musik
men hat, hinterließ ihr insistierendes, aber
der ihr Buch „Mendelssohn und die Musik
im Blick, ein Sensorium für das, was die
nie unfaires Nachfragen bei den Absolventen
der Vergangenheit“ hervorging. Als Stipen-
Musik jenseits des Beschreibbaren ist.“ – bjh
55
Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
„Pianistin, Musikerin, Lehrerin, strategische
Klavierduo, Komponisten, Dirigenten, Kor-
Pädagogin, pianistische und disziplinarische
repetitoren, Jazzmusiker, Improvisateure,
Zuchtmeisterin, Vorbild mit unerschütter-
Musikpädagogen auf allen Ebenen bis zu
lichen Maßstäben, Mutter und Hüterin ihrer
Professoren hervorgebracht.
Klasse, streng nach innen, einsatzfreudig für jeden ihrer Schüler nach außen, unermüdlich,
Ihre eigene musikalisch-künstlerische
ihren künstlerischen Wirkungskreis zu plat-
Vielfalt und Ausbildungserfahrung hat Irina
zieren, Kollegin mit ausgeprägtem Sinn für
zu meiner langjährigen Partnerin bei den
pianistischen Gemeinschaftsgeist, durchaus
externen Diplomprüfungen dieser Hoch-
streitfähig, aber vor allem schließlich doch
schule an den Hessischen Akademien in
um Kollegialität bemüht, am Ende für viele
Wiesbaden, Kassel und Darmstadt gemacht:
eine feinfühlige unersetzliche Freundin.
Zuverlässigkeit, Beurteilungsvermögen, gerade auch personengerecht über das Fach-
Von Bernhard Wetz, Professor für Klavier an der HfMDK
Ihre Studierenden fürchten und lieben sie
liche hinaus, Weitblick für Entwicklungs-
und werden durch weiträumige Fittiche
potenziale, Teamfähigkeit in den hochschul-
zwangsläufig eingemeindet gewissermaßen
fremden Kommissionen, konstruktiv positiv.
in ihre Großfamilie. Sie alle schätzen dies,
Irina Edelstein war 1978 bis 1980 eine regel-
und ich war oft Zeuge – weil auch ich mich
rechte Entdeckung, sie lebte in Israel, Viktor
der freundschaftlichen familiären Integration
Yoran, Solocellist im Hessischen Rundfunk,
nicht entziehen konnte und wollte –, wie
war ihr Kammermusikpartner. Nach Kon-
Generationen von Studierenden aus unzäh-
zerten im Hindemith-Institut wurde sie
ligen Ländern dieser Erde bei vielen Gelegen-
dem Hochschulrektor Hans-Diester Resch
heiten ihr Stelldichein bringen. Dass Freund-
vorgestellt. Im Oktober 1980 erteilte man
schaft und Professionalität sich dabei nicht
ihr auf besonderen Wunsch von Prof. Edgar
ausschließen, beweisen die großen beruflichen
Krapp einen Lehrauftrag in Kirchenmusik.
Erfolge ihrer Absolvent*innen. Die intensive Ausbildung, die sie erleben, lässt trotzdem oder gerade deshalb eine individuelle Entwicklung zu. Die Klasse Edelstein hat international tätige Pianisten, Kammermusiker,
IN MEMORIAM PROF. IRINA LEIN-EDELSTEIN Die seit 2009 emeritierte HfMDK-Klavierprofessorin Irina Lein-Edelstein starb in der Nacht zum 7. Juni 2018 im Alter von 74 Jahren. 27 Jahre lang war sie an der HfMDK als Professorin tätig, danach für weitere Jahre als Lehrbeauftragte. Ihr Fachkollege Prof. Bernhard Wetz hielt anlässlich ihres beginnenden Ruhestands im November 2009 eine Abschiedsrede. Nachfolgend einige Auszüge aus der Laudatio, in der er das Wirken der gebürtigen Russin damals würdigte. 56
Persönliches
Und da setzt schon bei mir als damals 26-
Irina Lein-Edelstein steht nach wie vor für
Wir alle kennen und schätzen das stets
Jähriger mein Gedächtnis an die Entfaltungs-
den Einsatz unseres faszinierenden Kultur-
ungebrochene Temperament von ihr. Wir
fähigkeit von Irina Edelstein ein: Es gab
guts und für die Unerbittlichkeit, ja gelegent-
hören, sehen und spüren sie förmlich,
plötzlich immer häufiger Klavierabend-
lich Unbequemlichkeit der notwendigen
wenn sie mit uns im Raum ist. Bei all dieser
Programme und öffentliche Konzerte der
Disziplin künstlerischen Handelns.
ausströmenden sehr aktiven Energie weiß
Kirchenmusiker mit virtuoser und großer
ich jedoch auch, wie behutsam, sensibel, ja
Klavierliteratur. Der Lehrerfolg war so über-
Irina Lein-Edelstein hat diesen festen
fürsorglich Irina mit Menschen umgeht,
zeugend, dass man nach einem Weg suchte,
Standort bestens zur Umsetzung künstle-
wenn sie in Not oder krank sind oder auch
ihr eine bleibende und adäquate Stelle zu
rischen und kunstpädagogischen Wirkens
ihre finanzielle Unterstützung brauchen.
geben. Schließlich gelang es, Irina Edelstein
genutzt. Dazu gehörte auch das Orchester
Oder wie sie mit eigenen Schicksalsschlägen
am 24. August 1987 zur Professorin dieser
Concerto grosso: 1998 konnte ich, damals als
positiv umgeht. Ich habe selbst ihr hohes
Hochschule zu berufen.
Präsident dieses Hauses, erneut für ihr
Gespür für menschliche Schieflagen erfahren
künstlerisches Wirken – eine Hausidentität
dürfen – und wie sie mit selbstvergessener
geben. Nachdem die Alte Oper es unmöglich
Herzlichkeit für einen dann aufmerksam
machte, wurde die Hochschule neue Heimat
da sein kann.“
von Concerto grosso als Teil künstlerischer Ausstrahlung von Haus aus.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
TROMPETER BEIM EMIR Wer einen Emir als Arbeitgeber hat, braucht sich um spröde Lippen ob winterlicher Kälte nicht zu sorgen. Auch dann nicht, wenn er stellvertretender Solotrompeter ist: In Katar sind frostige Temperaturen undenkbar, dafür aber das Gegenteil: Als Joris Laenen vor zehn Jahren nachts um 3 Uhr das erste Mal aus dem Flieger stieg und Boden seiner neuen Heimat in der Wüste betrat, glaubte er, in der Abluft eines heißgelaufenen Motors zu stehen. Bis zu 50 Grad Celsius sind in Katar keine Seltenheit. Doch die Konzerte des Qatar Philharmonic Orchestras finden für gewöhnlich nicht unter freiem Himmel statt: Im materiell reichsten Land der Erde zu arbeiten, heißt zugleich, sich auf die Klimaanlagen der großen Konzertsäle verlassen zu können.
SERIE:
VERSCHLUNGENE LEBENSWEGE UNSERER ALUMNI Joris Laenen
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Persönliches
„Ich war bereit auf ein neues Abenteuer“,
Joris Laenen fühlt sich in Katar wohl, ist
erinnert sich Joris Laenen an den Zeitpunkt,
mit seiner südkoreanischen Ehefrau Sonja
als er die Ausschreibung für ein neu zu
Park – selbst Pianistin – und seinem drei-
gründendes Orchester im Emirat Katar las:
jährigen Sohn Noah, der mehrsprachig
In einem Wüstenstaat am Persischen Golf
aufwächst, in Katar sesshaft geworden. Und
Gründungsmitglied eines 100-köpfigen Sin-
sie multiplizieren die Begeisterung für Musik
fonieorchesters zu werden, dessen erste Kon-
in die nächste Generation: Die beiden Musi-
zerte unter dem Dirigat von Lorin Maazel
ker sind Initiatoren des „Qatar National
stattfinden sollten, reizte den Master-Absol-
Music Competition“, einer Art Bundeswettbewerb Jugend Musiziert für gezielte Nach-
venten aus der Trompetenklasse von Prof. Klaus Schuhwerk. Das Probespiel war erfolg-
Das Repertoire des Qatar Philharmonic
wuchsförderung. Die zugrundeliegende
reich, der Weg in eine fremde Kultur geebnet.
Orchestra unterscheidet sich nur wenig von
Stiftung „Moving Young Artists“ bietet den
Bei einem Durchschnittsalter von damals 27
dem europäischer Sinfonieorchester: Von
Nährboden für viele junge Talente.
Jahren war im Qatar Philharmonic Orchestra
Mozart bis Schostakowitsch, Bruckner bis
ambitionierte Aufbruchstimmung garantiert,
Johann Strauss, Filmmusik bis Frank Sinatra
Mit dem Blick zurück zu seinem Studien-
Multikulti-Flair sowieso: In dem Klangkörper,
ist (fast) alles dabei – außer religiöser Musik,
ort Frankfurt – einen zeitweisen Lehrauftrag
der Mitglied der milliardenschweren „Qatar
denn die Staatsreligion ist der Islam. Dafür
an der HfMDK musste er schließlich einer
Foundation“ ist, sind 36 Nationen vertreten.
fördert das Orchester arabische Komponisten
6.000 Kilometer langen Anreise aus Katar
Der Emir ließ es gründen, um Katar kulturell
und deren Werke, die es immer wieder ins
opfern – verbindet Joris Laenen heute vor
attraktiver zu machen – all das, um das Land
Programm nimmt. Einen Chefdirigenten hat
allem eines: Dankbarkeit. „Die Hochschule,
in eine hochgebildete Wissensgesellschaft
es zurzeit nicht und arbeitet mit Gastdirigen-
besonders mein Hauptfachlehrer Klaus
umzuwandeln: Im Jahr 2030, so das ehrgei-
ten sowie Dmitrij Kitajenko als „Conductor
Schuhwerk, hat mich wahnsinnig gut auf
zige Ziel, will Katar so weit entwickelt sein,
of Honor“.
meinen späteren Beruf vorbereitet.“ Gerade die Tatsache, dass der Professor im Unter-
dass sein Wohlstand unabhängig ist von den Ressourcen an Bodenschätzen, die seinen
Die Bezahlung der Orchestermusiker ist
richt nie selbst spielte, ließ dem Studenten
bisherigen Reichtum begründeten.
königlich, was vor allem dem in Katar fehlen-
Freiraum, seinen eigenen Klang zu finden und
den Steuersystem zu verdanken ist. Für seine
zu entwickeln. Monatelang musste Joris
Zehn Jahre ist es nun her, dass Joris Laenen
Rente muss jeder allerdings selbst sorgen.
Laenen freitagmorgens um 8 Uhr zum Unter-
in ein Land aufbrach, in dem nur jeder neunte
Eine „Muggen“-Szene gibt es in Katar selbst-
richt erscheinen, und zwar ohne eingespielt
der 2,7 Millionen Einwohner Inländer ist:
redend nicht: Das Orchester ist weit und
zu sein. Es war keine Schikane, sondern ein
„Ich erlebe Katar wie die ganze Welt im Klei-
breit der einzige Klangkörper dieser Art. Mit
pädagogischer Schachzug des Lehrers: Der
nen, zusammengefasst auf einer ganz kleinen
„Emoción“ hat Joris Laenen gemeinsam mit
gewöhnte seinen Schüler daran, eben auch
Oberfläche“, so der heute 36-Jährige – 180
Kollegen jedoch ein kleines Ensemble gegrü-
unter schwierigen Bedingungen das Beste zu
Kilometer lang, 80 Kilometer breit.
ndet, das in der Mischung aus lateinamerika-
geben und stressresistent zu werden, sicher
nischer Musik und Jazz das musikalische
auch mutig für Abenteuer: Jenes in Katar hat
Spektrum in Katar erweitert. Dafür schreibt
sich auf alle Fälle gelohnt. – bjh
er nicht nur eigene Arrangements, sondern pflegt seine alte Liebe zum Klavier, das ihm beinahe eine pianistische Laufbahn beschert hätte.
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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule
ERFOLGE UNSERER STUDIERENDEN Eine Auswahl
Shenzi Liang, Klavier (Klasse Prof. Alexej
Stuttgarter Philharmonikern engagiert. ●
Alexander Sachs (Violine), Dmitry Hahalin
Gorlatch), hat beim 3. Internationalen Hans-
Levent Altuntas, Student für Lehramt an
(Viola) und Michael Preuß (Violoncello) ist
von-Bülow-Klavierwettbewerb in Meiningen
Gymnasien, hat sich beim Wettbewerb für
Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs
den Sonderpreis für die beste Interpretation
junge Filmkomponisten im Rahmen der
2018 (DMW). Es studiert im Master Kammer-
eines Klavierwerks von Felix Draeseke
Filmmusiktage Sachsen-Anhalt mit zwei
musik bei Prof. Tim Vogler und an der Escuela
gewonnen. ● Alexander von Heißen, Cem-
Beiträgen des HfMDK-Projekts „Musik für
Superior de Musica Madrid in der Klasse
balo (Klasse Prof. Eva Maria Pollerus), wurde
Stummfilme“ für eine Masterclass samt
von Prof. Günther Pichler. ● Daniel Noll,
beim internationalen Cembalowettbewerb
Aufnahme mit der Staatskapelle Halle quali-
Harfe (Klasse Prof. Françoise Friedrich), hat
„Musica Antiqua“ in Brügge mit dem zweiten
fiziert. ● Jonas Fischer, Student für Lehr-
das Probespiel um die Akademiestelle der
Preis ausgezeichnet. Zuvor gewann er beim
amt an Gymnasien, hat beim 14. Bundes-
Paul-Hindemith-Orchesterakademie des
XXI. Internationalen Johann-Sebastian-Bach-
wettbewerb für Schulpraktisches Klavierspiel
Frankfurter Opern- und Museumsorchesters
Wettbewerb in Leipzig (11.–21. Juli 2018) den
den Sonderpreis für die beste Interpretation
gewonnen. ● Das Quartett 4 Times Baroque
Sonderpreis des Leipziger Barockorchesters.
eines deutschen Volksliedes erhalten. ● Lara
mit Jonas Zschenderlein (Violine), Alexander
● Vladimir Babeshko, Konzertexamen Viola
Sophie Schmitt, Konzertexamen Viola
von Heißen (Cembalo), Jan Nigges (Flöte)
(Klasse Ingrid Zur und Prof. Jörg Heyer), hat
(Klasse Prof. Roland Glassl), hat die Solo-
und Karl Simko (Violoncello) hat beim Label
die 1. Solobratscherstelle beim Belgischen
bratschenstelle am Gärtnerplatztheater in
Deutsche Harmonia Mundi (DHM)/Sony
Nationalorchester gewonnen. ● Dominik
München gewonnen. ● Calvin Wong, Violon-
Classical die CD „Caught in Italian Virtuosity“
Manz, Violoncello (Klasse Prof. Michael
cello (Klasse Prof. Jan Ickert), hat den Gold
eingespielt, für die es den Echo-Nachfolge-
Sanderling), war im Juni 2018 beim Probe-
Medal Award der Hongkong-Italy Music
preis „OPUS Klassik“ in der Kategorie
spiel in Stuttgart erfolgreich: Ab der Saison
Competition erhalten. ● Das Eliot Quartett,
Nachwuchskünstler des Jahres (gemischtes
2018/2019 ist er als 1. Solo-Cellist bei den
bestehend aus Maryana Osipova (Violine),
Ensemble) erhält.
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MIT MEISTERN ÜBEN
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Dafür, dass Jahr für Jahr renommierte Künstlerinnen und Künstler zu Arbeitsphasen in die HfMDK kommen, engagieren sich die Freunde und Förderer der Hochschule. Für das Üben mit Meistern und für vieles mehr.
Informationen zum Fördern und zur Mitgliedschaft in der Gesellschaft der Freunde und Förderer Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main finden Sie hier: www.hfmdk-foerdern.de
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