"Präsent sein" - Die Frankfurt inTakt zum Wintersemester 2018/19

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Präsent sein Schwerpunktthema


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INHALT Der magische Moment

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von Prof. Fabian Sennholz und Anne Rumpf

von Prof. Elmar Fulda, Präsident der HfMDK Frankfurt am Main Zuhören

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Fragen an Studierende

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Im Eiswasser „erfrieren“ die inneren Zweifler

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Prof. Volker Freischlad 14

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Performative Ansätze in der Vermittlung von Prof. Ingo Diehl

von Prof. Vassilis Christopoulos Atem und Klang für Instrumentalisten

Publikumsstimmen Anne-Kathrin Matz, Dorle und Thomas Muth,

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von Prof. Klaus Schuhwerk In der Aufführung ist meistens alles anders

Reflektiertes Handeln statt Betablocker von Susanne Triebel

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Lisa Eder, Elias Bollinger und István Lukács

Publikumsstimmen Renate Hink, Volker Mohr, Ruth Waniek

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Udo Schweickhardt und Marie Elisabeth Knoch

Der Augenblick ist unser Universum Interview mit Prof. Werner Wölbern

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von Prof. Christopher Brandt Publikumsstimmen

Wer auftritt, bringt sich selbst ein

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Site-Specific Performance von Prof. Dieter Heitkamp

von Isa Terwiesche 46

Bühne frei für das Deutschlandstipendium

Interview mit dem Team des Künstlerischen

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Geschenkt!

Betriebsbüros der Hochschule

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Abschied von einer musikalischen Familie

Der lange Weg bis auf die Bühne

Der klimaneutrale Hindemith

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von Heiko Frieling Ausdrucksstark und doch authentisch

Prof. Roland Glassl folgt dem Ruf nach München

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Jan Ickert ist neuer Professor für Violoncello

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– The Teacher`s Body

51 28

52

30

53

Tanzprofessorin Susanne Noodt

Mechthild und Günter Ilchmann 31

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Dr. Susanna Großmann-Vendrey

und Alicia Dreyer 33

56

34

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Trompeter beim Emir Verschlungene Lebenswege unserer

von Friederike Thielmann Impressum

In Memoriam Prof. Irina Lein-Edelstein von Prof. Bernhard Wetz

von Prof. Eike Wernhard Heraustritte

„Schier unfassbares Wissen“ Zum Abschied von Honorarprofessorin

Mane Harutyunyan, Alina Huppertz Eine kurze Geschichte des Fracks

Es sind nicht nur die Schritte von Melanie Suchy zum Abschied von

Angelika Köhn, Ingrid von Fumetti, Fragen an Studierende

Sich auf die Musik ehrlich und aufrichtig einlassen Thilo Dahlmann ist neuer Professor für Gesang

von Ralph Abelein und Prof. Fabian Sennholz Publikumsstimmen

Inspiration von allen Seiten Carsten Wiebusch ist neuer Professor für Orgel

von Prof. Stefanie Köhler Play your own thing

Spätblüher mit tiefen Wurzeln

Alumni No. 9: Joris Laenen

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Erfolge unserer Studierenden

18. Jahrgang, Nr. 2 | Wintersemester 2018/19 | www.hfmdk-frankfurt.de


Kammermusikalisches Podium: der Kleine Saal der Hochschule

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Auftritt von Schauspielstudent Eike Hackmann Foto: Hansjรถrg Rindsberg

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Foto: Guido Werner


Editorial

DER MAGISCHE MOMENT Wie entsteht Kunst? Wann passiert es, dass

Wie einst im Puppentheater unserer Kinder-

Unsere Studierenden wählen wir in den

aus Skizzen, Entwürfen, dem Ausprobieren,

tage, als der Kasperl oder Hans Wurst oder

sogenannten Eignungsprüfungen aus vielen

Verwerfen und neuem Versuchen etwas

Harlekin, wie diese lustige und skurrile,

hundert Bewerbern aus. Da geht es um

Gültiges wird?

wegen ihres Anarchismus und ihrer Gewitzt-

Talent, um Kompetenz, Virtuosität, eine

heit von allen so geliebte Figur auch immer

eigene Sprache, den Willen, sich mitzuteilen.

Das ist eine Kinderfrage. Aber sie zielt doch

heißen mag, ins Publikum rief: Seid Ihr alle

Ich habe in meiner früheren Tätigkeit als

in das Zentrum unseres täglichen Tuns an

da? Und wir mit Begeisterung zurückriefen:

Professor an der Weimarer Musikhochschule

der Hochschule für Musik und Darstellende

ja. Und er, sich taub und begriffsstutzig stel-

viele solcher Prüfungen erlebt, die über die

Kunst Frankfurt am Main. Die Antwort ist

lend, lauter wiederholte: Seid Ihr alle da?

Zulassung zum Studium entscheiden. Mich

denn auch verblüffend einfach: wenn Sie dazu

Und wir immer ohrenbetäubender brüllten –

hat dabei immer dieser Moment der Kom-

kommen, wenn ein Anderer als der Künstler

und damit eben jene Kommunikation her-

munikation interessiert. Nimmt der Bewerber

zum Zuhörer oder Zuschauer wird. Unerhörte

stellten, die uns anschließend in die Aben-

sein Gegenüber, hier die Prüfungskommission

und ungesehene Kunst gibt es bei Musik,

teuer, Schrecken und Freuden, in die fremden

wahr, reagiert er, bezieht er uns ein?

Theater und Tanz nicht. Die performativen

Welten der Bühne führte, die doch immer

Künste entstehen durch Kommunikation, auf

unsere eigene Welt ist.

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der Bühne, in diesem besonderen Augenblick,

Als Regisseur habe ich viele Inszenierungen im Musiktheater und auch im Schauspiel

wenn die Lichter im Saal verlöschen, der Vor-

Eine ganze Ausgabe zum Thema Auftritt,

erarbeitet. Ich wusste immer: Probe ist wichtig,

hang sich öffnet, der erste Ton erklingt, das

Bühne, Veranstaltung – das ist das Heft, das

um sich im geschützten Raum auszuprobieren,

erste Worte gesprochen, die erste Bewegung

Sie hier in der Hand halten. Die Hochschule

mit mir, dem Regisseur als erstem und kriti-

ausgeführt, der erste Schritt getan wird.

für Musik und Darstellende Kunst ist nicht

schem Zuschauer, der dem Sänger oder Schau-

allein Universität und Ausbildungseinrich-

spieler sein Tun spiegelt. Aber das Eigentliche

Unsere Kunst ist eine der Kommunikation,

tung, sondern mit über 500 öffentlichen Ter-

passiert in der Aufführung, zusammen mit

der Begegnung, der Interaktion. Im Theater

minen einer der großen Kulturveranstalter

dem Publikum, im direkten und spontanen

sagt man manchmal: Heute war das Publikum

im Rhein-Main-Gebiet. Die Autoren, die

Gegenüber. Darum geht es im Theater, im

„indisponiert“. Das klingt nach Entschuldi-

Studierenden und Lehrenden unserer Hoch-

Konzert, auf Bühne und Podium. Da entsteht

gung, berührt aber einen Kernpunkt. Der

schule und in verschiedenen Statements auch

die Kunst, für die wir alle an dieser Hoch-

Künstler auf der Bühne sendet ein Bild, einen

Sie, unser Publikum, berichten in dieser Aus-

schule brennen.

Ton, eine Bewegung zu Ihnen in den Saal –

gabe vom besonderen Moment, wenn der

und greift intuitiv, auch wenn er sich diesen

Künstler aus dem Probenraum hinaus aufs

Seit 1. Oktober leite ich diese wunderbare

Moment genau zurecht gelegt, hundertmal

Podium tritt. Und zwar in ganz unterschied-

Hochschule als Präsident. Ich freue mich auf

probiert und erprobt hat, Ihre Reaktion auf

lichen Zusammenhängen: in der Schule, im

diese Herausforderung. Und ich freue mich

und verändert sein Spiel.

Verhältnis Lehrer-Schüler, das auf den ersten

auf die Begegnung mit Ihnen!

Moment jenseits eines Kunstanspruchs rangiert, aber eben auch von jenem Theatermoment lebt, der Präsenz im Klassenraum, die den Schüler für die Inhalte, die ihm der Lehrende vermitteln will, begeistert.

Ihr Elmar Fulda

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

ZUHÖREN Gelungene Aufführungen entstehen oft unter strapaziösen Bedingungen, die von den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern Hingabe und Leidenschaft erfordern. Wie schaffen wir es, diesen Funken beim Publikum überspringen zu lassen? Oder ist die Frage falsch gestellt?

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Zuhören

Von Christopher Brandt, Professor für Gitarre, Ausbildungsdirektor Instrumentalpädagogik, von Mai 2016 bis September 2018 geschäftsführender Präsident der HfMDK, Vize-Präsident der HfMDK

Eines der für mich interessantesten und

Wie dem auch sei, es war also eine dieser

aufschlussreichsten Erlebnisse als Musiker

Performances, bei denen die etwas krisen-

hatte ich vor einiger Zeit auf einem renom-

hafte Genese der Aufführung (natürlich

mierten Festival für zeitgenössische Musik,

waren auch, wie so häufig in der zeitgenös-

bei dem ich an einer Aufführung von Schu-

sischen Ensemblemusik, zu wenige Proben

berts „Winterreise“ in der „komponierten

angesetzt) dazu führt, dass alle beteiligten

Interpretation“ von Hans Zender durch eines

Musikerinnen und Musiker besonders wach-

der großen Solistenensembles für Neue und

sam, besonders konzentriert und gleichzeitig

zeitgenössische Musik mitwirken konnte.

intensiv, kompromisslos und behutsam musi-

Die Probephase, die zum Konzert geführt

zierten. Mithin wieder einmal ein Beweis

hatte – es war die repräsentative Eröffnung

dafür, das eben solche Produktionsprozesse

des Festivals – war nicht ganz unkompliziert

oft in besonders geglückten Aufführungen

gewesen; wie es eben gerade Mode war, fand

münden – jedenfalls war das damals der

die Aufführung nicht in einem Konzertsaal,

Fall –, die dann immer als Alibi dafür her-

sondern in einer industriellen Lagerhalle

halten müssen, warum es im Musik- und

statt, was im Vorfeld zu Problemen mit der

Probebetrieb gerne mal vermeintlich chao-

Akustik führte; zudem hatten sich im Laufe

tisch und destruktiv zugehen darf.

des Prozesses der Dirigent und der Tenor, letztlich also die beiden Protagonisten der

Die Aufführung ist mir tatsächlich als eine

Produktion, zerstritten und überworfen, was

der intensivsten und geglücktesten von

zu einem quasi rauschhaften und drama-

Schuberts Winterreise im Gedächtnis geblie-

tischen Abgang des Sängers mitten in der

ben, doch das ist nicht der Punkt, weswegen

Generalprobe geführt hatte. Darüber hinaus

ich mich gelegentlich daran erinnere. Das

hat die Musik von Schuberts Winterreise,

Bild, das ich für immer mit dieser Auffüh-

selbst in der etwas unentschlossenen Bear-

rung verbinde, ist der Blick von der Bühne

beitung durch einen zeitgenössischen Kom-

in den Zuschauerraum während des Kon-

ponisten – für eine reine Instrumentation

zerts. Da das Festival an einem schönen Spät-

ist sie handwerklich nicht akkurat, für eine

sommertag und nicht in einem Konzertsaal,

kompositorische Dekonstruktion nicht mutig

sondern in einer lichtdurchfluteten Lager-

genug –, jedesmal auf die Musiker – zumin-

halle stattfand, war der gesamte Zuschauer-

dest auf mich – eine emotional ergreifende

raum gut sichtbar, und man konnte sehen,

und existenziell berührende Wirkung, die

dass alles, was ich eben an Intensitäten ange-

über das hinausgeht, was man gemeinhin

deutet hatte, vollkommen verpuffte und

als Interpret während einer Performance zu

größte Teile des Publikums überhaupt nicht

empfinden gewohnt ist und womit man als

erreichte. Die vorderen Sitzreihen – dort, wo

ausübender Musiker erst einmal umzuge-

die Frei- und Ehrenkarten platziert werden,

hen lernen muss.

denn ein solches Festival kommt ohne private

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Förderung nicht über die Runden – waren

Interessanter ist die Frage, was die zeitge-

Die überall stattfindenden Festivals sind

von Männern und Frauen belegt, die mit

nössische Konzertsituation mit uns als Inter-

ja auch immer Experimentierfelder für neue

ihren Smartphones spielten; einzelne Perso-

pret*innen macht, wie wir damit umgehen

Formate, sei es aus einem seriösen und legi-

nen tuschelten leise miteinander, und auch

können und welchen Einfluss die Gepflo-

timen Interesse, traditionelle Rezeptions-

am raschen Erheben und Entfernen mit

genheiten der Gegenwart auf Vorbereitung,

muster aufzubrechen, sei es, um sich von der

Einsetzen des Schlussapplauses war zu er-

Repertoirewahl und Programmgestaltung

Masse anderer Festivals abzusetzen; auch

kennen, dass sich die Intensität der Perfor-

haben. Denn gerade Schuberts „Winter-

an den Hochschulen überlagert die Diskus-

mance nicht oder nur unzureichend auf

reise“ in der Zenderfassung ist ja ein Stück,

sion um Formate und Haltungen inzwischen

Teile des Auditoriums übertragen hatte.

das mit Bedacht als repräsentativ für ein

gelegentlich jene um Substanz und Inhalt.

großes Festival gewählt ist und mit dem man

Es drängt sich auch immer mehr der Ver-

Nun ist es langweilig und wenig zielführend,

eigentlich nichts falsch machen kann: mit-

dacht auf, dass neue Formate und alternative

Desinteresse und Kulturferne bei Leuten

hin keine Musik für’s erste Date, ist es doch

Darreichungsformen von Kunst schneller

zu beklagen, denen man sich aus fadenschei-

ein Stück, das eingängig und konsumierbar

von den Rezipient*innen assimiliert werden,

nigen Gründen überlegen fühlt. Wer sich –

genug ist, um auch bei einer traditionellen

als man „Vermittlung“ sagen kann und sich

sei es im Gespräch unter Kollegen, beim Nach-

Hörerschaft Anklang zu finden; es ist gleich-

am grundsätzlichen Hörverhalten eigentlich

denken über den Zustand unserer Kultur-

zeitig zeitgenössisch genug, um – und sei es

nicht viel ändert; mitunter sind die Versuche,

nation oder in einem Seminar zur Musikver-

auch nur alibihaft – die wie immer geartete

Konzerte konzeptuell aufzulockern, sogar

mittlung – über das zeitgenössische Publikum

gebetsmühlenartig geforderte Teilhabe der

der Rezeption abträglich, und so manche

beklagt, kann sich gerne mal wieder selber

Bürgergesellschaft am zeitgenössischen

misslungene Moderation hat schon eine an

in ein Konzert setzen und schauen, was die

Diskurs zu erfüllen. Es bietet dem Hörenden

sich gelungene Aufführung beschädigt.

Musik so mit einem macht, oder mal wieder

vom Fach genug akustische Widerhaken für

eine komplette Referenzaufnahme am Stück

einen – auch kritischen – rezeptionsästheti-

Nach meiner Wahrnehmung sollte es die

anhören, bevor man darüber jammert, dass

schen Diskurs, und es gibt repräsentativen

Aufgabe von Bildungseinrichtungen wie bei-

unser künstlerischer Nachwuchs seine ge-

Ensembles die Möglichkeit, ihr instrumen-

spielsweise Musik- und Kunsthochschulen

samte musikalische Repertoirekenntnis aus

tales Können unter Beweis zu stellen, kurz:

sein, zuallererst den Blick (beziehungsweise

YouTube bezieht. Ich habe schon so man-

Die Winterreise ist ein Stück, das gleicher-

das Ohr) für das zu entwickeln und zu schär-

chen Kollegen seinen „Account“ während

maßen den emotionalen, den strukturellen,

fen, was der Kunst wesentlich ist. Um zu

eines Konzertes checken sehen, und auch

den Status- wie den Bildungshörer*innen

dieser Substanz von Kunst vorzudringen,

das Pädagogenschläfchen während einer

etwas bietet.

bedarf es der Hingabe und Perfektion, auch

Aufführung ist nicht ganz unverbreitet.

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eines Vorlebens künstlerischer Meisterschaft Wenn aber schon ein gut ausgewähltes Stück

und Authentizität; vor allem aber der Bereit-

auf einem angesagten Festival in einer hip-

schaft, sich auf Erfahrungen und Zumutungen

pen Location einen großen Teil des Publikums

einzulassen, die mit dem aufmerksamkeits-

nicht zu erreichen vermag, welche Möglich-

defizitiären Gehabe unserer Zeit nur bedingt

keiten bleiben uns dann noch?

oder gar nicht kompatibel sind.


Gemeinsam für das Mehr an Ausbildung in Musik, Theater und Tanz

Seit 2016 engagieren sich Stifterinnen und Stifter in der Stiftung für die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Sie sorgen für eine exzellente Ausbildung der Studierenden und für die langfristige Weiterentwicklung des Studiums an der HfMDK. Die Stifter stellen dies sicher mit Spenden, mit Zustiftungen in den Kapitalstock der Stiftung oder indem sie die Stiftung testamentarisch bedenken. Die Pflege und Weitergabe unseres kulturellen Erbes und die Initiierung zeitgenössischer Entwicklungen stehen dabei gleichermaßen im Fokus. Werden auch Sie Stifterin oder Stifter in der Stiftergemeinschaft der HfMDK Frankfurt am Main!

Weitere Informationen: Fundraisingbüro der Hochschule | Telefon 069 154007-137 | www.hfmdk-foerdern.de


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Marie Elisabeth Knoch ZUFLUCHTSORT AUS DEM ALLTAG Ich kann nur sagen, dass ich mir seit über 25 Jahren, meist mehrmals in der Woche, Aufführungen anhöre und ansehe. Ich bin offen und neugierig für die Vielfalt der Ver-

Udo Schweickhardt HÖCHSTE QUALITÄT UND GESPRÄCHE MIT INTERPRETEN

anstaltungen. Ja, und da hat es schon viele, viele besondere Momente gegeben, in denen ich tief berührt wurde und mich dann ganz beseelt oder auch beschwingt wieder auf den Nachhauseweg begeben habe. In vieler

Einen näheren Bezug zur Hochschule hatte

kaufen wollte, hatte sich dort bereits herum-

Hinsicht ist die HfMDK ein „Zufluchtsort“

ich nicht, bis mich ein zufällig über mir

gesprochen, was für ein tolles Klavierkonzert

für mich geworden, ein „Abtauchen-Können“

wohnender Musikprofessor zu einem Klavier-

es in der Hochschule gegeben haben musste.

aus dem oft belastenden, hektischen Alltag.

konzert mitnahm. Die anschließenden

Im Rahmen der Neuen Musik Nacht im April

Und auch wichtig: Es ist erschwinglich, ob

Gespräche mit Studierenden und Lehrenden

2017 spielte das Hochschulorchester „Flash-

der humanen Kartenpreise, so oft Veran-

machten mich neugierig, ich trat bald in die

Back“ für großes Orchester von Philippe

staltungen zu besuchen!

Gesellschaft der Freunde und Förderer der

Hurel (*1955) und „Short Ride in a Fast

HfMDK ein, und der Bann war gebrochen.

Machine“, Fanfare für Orchester von John

Ich könnte unzählige, unvergessliche Höhe-

Adams (*1947). Ich war skeptisch, alles ganz

punkte nennen. Zu derlei jüngsten Erleb-

Als Anhänger klassischer Musik freue ich

neu, sicher ganz modern. Und dann ging ich

nissen zählte für mich der Auftritt des Duo

mich natürlich über die vielen Aufführungen

nach Hause, hatte zwei völlig neue Stücke

Aura Australis, bei dem der Klarinettist

dieses Genres. Doch ich bin offen für Neues,

kennengelernt und war sogar so weit, „Flash-

Miquel Dopazo und die Pianistin Daniela

will mich damit auseinandersetzen. Das

Back“ gut zu finden! Doch ich bekam die

Saavedra den Kammermusikpreis der Poly-

kann ich hier in der Hochschule. Alle Kon-

Gelegenheit, wieder und wieder einen Mit-

technischen Gesellschaft gewannen: Ich

zerte erlebte ich bislang auf hohem oder sogar

schnitt dieses Konzerts zu hören. Und da

bekam Gänsehaut, und mir liefen die Tränen.

höchstem Niveau. Nachhaltig in meiner

drehte sich mein Eindruck: Heute gefällt

Oder das Konzert „Hit me Baby – Volume

Erinnerung bleiben mir zwei davon: Das

mir „Short Ride in a Fast Machine“ besser!

III“ mit dem Gitarristen Christopher Brandt

eine war das Klavierkonzert von Alexander

Diese Beispiele zeigen, was mich begeistert:

und dem Schauspieler Stefko Hanushevsky:

Scrjabin. Die Solistin Diana Sahakian hatte es

der Genuss klassischer Musik in bester

dieser lakonische Humor und die wunderbar

mit einer Kraft und Ausdruck gespielt, dass

Wiedergabe – und die Gelegenheit, neue

vorgetragenen „Lieblingslieder“. Ich war so

das Publikum begeistert war. Und als ich am

Musik kennenzulernen und mich mit ihr und

begeistert, dass ich nach Köln gefahren bin,

nächsten Tag dieses Werk im CD-Laden

den Studierenden auseinanderzusetzen.

um die Beiden nochmals erleben zu können.

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Fragen an Studierende

Inwiefern erleb(t)en Sie das Studium an der HfMDK als Vorbereitung auf die Bühne und den Auftritt als Künstler*in?

Lisa Eder

Elias Bollinger

István Lukács

Schauspiel

KIA Schlagzeug

KIA Trompete

Das „Studiojahr Schauspiel am Schauspiel

Das Großartige ist, dass die Hochschule

Wir genießen in unserer Trompetenklasse

Frankfurt“ ermöglicht einen tollen Einblick

neben den Seminaren und Workshops zu

den Luxus, jede Woche Klassenvorspiel und

in das Arbeitsleben an einem städtischen

den Themen Üben und Auftreten im Flow,

Probespieltraining zu haben. Ich hatte früher

Theater. Darauf kann ich auf jeden Fall ent-

Bühnenpräsenz, Lampenfieber etc. gleich-

oft Probleme mit Lampenfieber, aber seit ich

spannter blicken, da einem der Betrieb mit

zeitig noch etliche Möglichkeiten bietet,

hier die Möglichkeit habe, wöchentlich

seinen Abläufen näher gebracht worden

auch Auftritte zu spielen. Hierbei kann man

Vorspielsituationen zu trainieren, ist meine

ist. Persönlich wünsche ich mir, dass neben

das in den Seminaren Gelernte gleich aus-

Leistung bei Probespielen und Konzerten

der handwerklichen Ausbildung auch mehr

probieren. Außerdem empfinde ich persönlich

deutlich besser geworden. Ergänzend zu

über das Leben als eigenständige(r) Künst-

die ständige Konzertsituation einfach

dieser glücklichen Situation könnte ich mir

ler*in geredet wird: Wie ist das Verhältnis

als das beste Training.

noch vorstellen, dass die Blechbläserklassen

von Privat- und Künstlerpersönlichkeit?

jedes Semester ein gemeinsames, öffentliches

Wie organisiere ich meinen Alltag, wenn ich

Verstärkt wünschen würde ich mir Konzert-

gerade keinen Job habe? Woher nehme ich

situationen außerhalb der Hochschule. Für

meine Kraft? Denn es ist ja unser Körper

mich persönlich fühlt es sich total unter-

und Geist, aus denen wir ein Leben lang

schiedlich an, ob ich im „Großen Saal“ ein

schöpfen.

Konzert spiele oder mich in einem neuen

Konzert gestalten.

(Konzert-) Saal zurecht finden muss. Aber gerade im Hochschulorchester wird ja diesbezüglich jedes Semester ein Konzert organisiert.

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Was genau hat eine seriöse

Um die Fähigkeit zu entwickeln, auf der

Probespielvorbereitung mit

Bühne Höchstleistung zu bringen, müssen

der Fähigkeit zu tun, minutenlang im eiskalten Wasser ausharren zu können?

musikalische Fertigkeiten und technische Bewegungsabläufe sowie die innere Verfassung auf höchstem Niveau miteinander in Einklang stehen. Damit wir dieses erreichen können, verbinden wir in unserer Trompetenklasse gern altbewährte Methoden mit der Neugier auf Experimente und Unbekanntes. Als sinnvoll erweist sich die schrittweise Vorbereitung auf den Ernstfall. Am Anfang steht die gründliche Erarbeitung der im Probespiel zu spielenden Werke. Das Probespielkonzert wie auch die geforderten Orchesterstellen untersuchen wir eingehend auf die notwendigen musikalischen Parameter wie Rhythmus, Intonation, Artikulation, Phrasierung, Klang und Dynamik. Alles zerlegen wir in Einzelteile, bearbeiten und schleifen es, um es dann wieder zusammenzufügen. Weiterhin betrachten wir die Orchesterstellen im Kontext des Gesamtwerkes und arbeiten den entsprechenden musikalischen Charakter heraus. Wie es früher beim Eiskunstlauf eine A-Note für die technische Ausführung und eine B-Note für den künstlerischen Ausdruck gab, wird auch beim Probespiel der Kandidat am meisten überzeugen, der sowohl den besten Feinschliff wie auch die ergreifendste Interpretation vorzuweisen hat.

IM EISWASSER „ERFRIEREN“ DIE INNEREN ZWEIFLER Die Trompetenklasse beschreitet unkonventionelle Wege für die mentale Vorbereitung auf Probespiele und Konzerte Von Klaus Schuhwerk, Professor für Trompete an der HfMDK

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Wenn die einzelnen Werke zunehmend an Qualität und Stabilität gewonnen haben, werden sie im wöchentlich stattfindenden Probespieltraining vorgetragen. Dies geschieht klassenintern, das heißt die dargebrachte Leistung bleibt im „Schutzraum“ unter Kommiliton*innen und Hauptfachlehrer*innen. Hier trainieren die Studierenden immer wieder die Einmaligkeit des Auftritts. Gleichzeitig erhalten sie eine


Im Eiswasser „erfrieren“ die inneren Zweifler

Rückmeldung über den Stand ihres Vortrags

des Prozesses. Wie ein Surfer bei niedriger

universität der Stadt Wien, ist auf allen

im noch „abgeschwächten“ Ernstfall.

Windstärke zu trainieren beginnt, um sich

Bühnen dieser Welt zuhause. Er forderte uns

dann bei zunehmendem Können immer

im Rahmen eines Workshops auf, an unsere

Die nächste Steigerung sind Probespielsimu-

stärkeren Winden auszusetzen, so starten

Grenzen zu gehen und unseren inneren

lationen vor einer eigens dazu eingeladenen

wir im Unterrichtsraum und im internen

Zweifler zumindest für kurze Zeit eindrucks-

Fachjury, bestehend aus Orchestermusiker*in-

Probespiel, bis wir über die intensive Probe-

voll zu überwinden.

nen der zumeist umliegenden Berufsorches-

spielsimulation bei der höchsten Windstärke,

ter. Jährlich finden immer wieder zahlreiche

dem tatsächlichen Probespiel, angekommen

Durch praktizierte intensive Atemübungen,

„Profis“ auf meine Einladung hin den Weg

sind.

gepaart mit mentalen Suggestionen, half er

in unsere Hochschule, um für diese simulier-

uns, gegen äußere Extreme wie eisige Kälte

ten Probespiele eine externe Kommission zu

Die mentale Verfassung spielt hier für den

schmerzunempfindlich zu werden. Als beein-

bilden, welche die Leistung der Studierenden

Studierenden neben den musikalischen und

druckendes Erlebnis konnten wir alle nach

nach berufsqualifizierenden Kriterien bewer-

technischen Qualitäten eine außerordentlich

dieser intensiven praktischen Vorbereitung

tet. Um die Situation so real wie möglich zu

wichtige Rolle. Das größte Potenzial ist zum

an diesem Tag minutenlang im eigens dafür

gestalten, werden die Rahmenbedingungen

Scheitern verurteilt, wenn sich in der Stunde

mit eiskaltem Wasser aufgefüllten Pool

und das Repertoire an ein echtes Probespiel

der Wahrheit im Kopf des Musikers inner-

ausharren.

angepasst. Beispielsweise werden in der

liche Dramen abspielen. Deshalb besteht eine

ersten Runde Stellwände aufgestellt, hinter

extrem wichtige Fähigkeit darin, sich in

Die Parallelen zum Probespiel liegen auf

denen die jeweiligen Kandidat*innen, jenseits

herausfordernden Situationen auf das Wesent-

der Hand: Die extremen Höchstleistungen,

der Blicke der Jury, ihr Konzert präsentieren.

liche konzentrieren zu können, um so die

die heute gefordert werden, können nur im

Gedanken und damit die Grundlage der

Zustand hoher Selbstbeherrschung und

Die Einspielzimmer werden auf zwei große

Leistungsfähigkeit auf den Punkt zu bringen.

starker mentaler Präsenz gelingen. Und so

Studios reduziert, was die Durchführung des

Hierbei haben wir uns in den letzten Jahren

war es für alle in der Klasse eine wunderbare

individuellen Aufwärmprogramms aufgrund

immer wieder auf Experimente und neue

Erfahrung zu erleben, wie gesteigerte innere

der Anwesenheit der Konkurrent*innen und

Arbeitsweisen eingelassen. Neben den schon

Kraft es ermöglicht, auch in Grenzsituatio-

des dadurch erhöhten Schallpegels deutlich

etablierten Mentaltrainern hatten wir außer-

nen bei sich zu sein und nicht die Kontrolle

erschwert.

gewöhnliche Experten wie Zen-Bogenschützen,

zu verlieren.

Shaolin-Mönche, Hochseilartisten, MentalZusätzlich wird die Reihenfolge der Kan-

trainer aus dem Sport und viele andere Gäste

Durch diese positiven Erfahrungen bestärkt,

didat*innen per Los entschieden, und schließ-

bei uns. Sie haben uns Wege aufgezeigt, um

werden wir auch zukünftig Altbewährtes

lich wird nach jeder gespielten Runde durch

unsere Gedanken auch in Extremsituationen

mit Neuem und Unbekanntem, Vertrautes

die anwesende Kommission darüber befin-

„in den Griff“ zu bekommen. So konnten sie

mit Grenzüberschreitendem verbinden. Auf

den, welche Kandidat*innen das Niveau

uns allen durch Vorträge, praktische Anlei-

diese Weise lernen die Student*innen an

haben, die nächste Runde zu erreichen und

tungen und Demonstrationen zeigen, wozu

unserer Hochschule eine Vielzahl an theo-

wer am Ende eventuell das Probespiel ge-

Menschen fähig sind, wenn sie ihren Körper

retischen und praktischen Arbeitsmethoden

winnen könnte. Das erzeugt eine entsprechend

und ihren Geist extrem trainieren.

kennen, um sich für den entscheidenden

angespannte Atmosphäre und hilft den Stu-

Auftritt auf der Bühne zu wappnen. Durch

dierenden, sich mit den Anforderungen des

Ein absoluter Höhepunkt dieser Reise in

dieses umfangreiche Angebot und die damit

tatsächlichen Ernstfalls vertraut zu machen.

unser mentales Grenzgebiet war die eigene

verbundenen Inspirationen hat jeder Stu-

Erfahrung, minutenlang im Eiswasser sitzen

dierende die Möglichkeit, seinen eigenen

Die Entwicklung und Kräftigung des Ver-

zu können. Roman Rindberger, der einge-

persönlichen Weg zu finden, um in der

trauens in das eigene Potenzial bei steigenden

ladene Coach, Trompeter bei „Mnozil Brass“

Auftrittssituation sein Bestes geben zu

Anforderungen sind wichtige Kernpunkte

und Professor an der Kunst und Musik Privat-

können.

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

IN DER AUFFÜHRUNG IST MEISTENS ALLES ANDERS Über die Vielfalt an Faktoren, die einen Bühnenauftritt beeinflussen

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In der Aufführung ist meistens alles anders

Von Vassilis Christopoulos, Professor für Orchesterdirigieren an der HfMDK Letzten Endes geht es um den Auftritt. Dem Publikum ist es egal, wie viele Stunden, Tage, Monate der Musiker vorher geübt hat oder wie gut die schwierige Passage zu Hause, im Unterricht oder in der Probe geklappt hat – nur der Moment der Aufführung zählt! Daher ist es wichtig, diesen Moment so gut wie möglich vorzubereiten. Denn in der Aufführung ist meistens alles anders! Es gibt viele Faktoren, die man kaum beeinflussen oder auf die man nur nach langjähriger Erfahrung zum Teil reagieren kann: Die Akustik verändert sich oft enorm, wenn auf einmal das Publikum im Aufführungsort sitzt (nachdem man z. B. in einer leeren Konzertkirche geprobt hat), und man muss viele Tempoübergänge oder Balanceentscheidungen überdenken; das Publikum an sich ist unvorhersehbar: Ein ruhiges, konzentriertes, aufgeschlossenes, begeisterungsfähiges Publikum kann die Künstler1 unterstützen und beflügeln, ein unruhiges oder gelangweiltes Publikum dagegen kann einen stören, ablenken oder verunsichern; die Licht- und Temperaturverhältnisse können variieren, besonders wenn die Generalprobe mit Sonnenlicht und das Konzert abends stattfindet; auch der Wind kann große Schwierigkeiten bei Freilichtaufführungen bereiten. Vor allem aber steigt der Adrenalinpegel! In Maßen kann das förderlich für die Konzentration, die Energie und die Reflexe sein, und man sollte dies begrüßen und genießen. Wer aber unter starkem Lampenfieber leidet, kann keine gute Leistung zeigen und sollte das Problem unter Kontrolle bringen. Chor und Orchester der HfMDK unter Leitung von Vassilis Christopoulos in der Basilika von Kloster Eberbach im Sommer 2018. Foto: Lorna Lüers

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Besonders für einen Dirigenten stellt die

Rahmen der Hochschulveranstaltungen oft

Technikern, Inspizienten und darstellenden

Aufführung ganz andere Herausforderungen

zu trainieren. Denn jedes Konzert ist auch

Künstlern schon während des Studiums

dar als die Probenarbeit. Hier kann er (oder

ein optisches Ereignis, und das Publikum

führt.

sie, selbstverständlich) nichts mehr münd-

spürt die Verlegenheit bei der zeremoniellen

lich erklären, er muss alles zeigen und die

Handlung. Eine verlegene Applausordnung

Die Energie spielt für den Erfolg einer

Musiker mit viel Energie zur Höchstleistung

hinterlässt einen unangenehmen letzten

Aufführung eine wichtige Rolle, zum Teil

motivieren. Aber auch die Orchestermusiker

Eindruck, daher sollte diese – besonders bei

mehr als die objektiv gemessene technische

sind naturgemäß (manchmal zu!) entspannt

einer Opern- oder Theaterproduktion – sorg-

Genauigkeit. Deswegen kommt das Publi-

bei den Proben, dafür bei der Aufführung

fältig geprobt werden. In diesem Zusammen-

kum gern zu Konzerten von jungen Musikern

wesentlich fokussierter und motivierter.

hang ist auch eine energische Körperhaltung

und lässt sich begeistern, wie neulich die

der Orchestermusiker sehr wichtig.

standing ovations nach der Aufführung von

Daher ist es mir wichtig, die Repertoire-

„Carmina Burana“ in der Basilika von Kloster

proben des Hochschulorchesters mit einem

Weil ein Künstler vor dem Auftritt und

Eberbach im Rahmen des Rheingau Musik

öffentlichen Durchlauf zu beenden. Wie

währenddessen maximale Konzentration

Festivals gezeigt haben. Diese Tatsache sollte

viel Publikum erscheint, ist für den pädago-

braucht, halte ich es für sinnvoll, ein gewisses

die HfMDK „ausnutzen“ und sich selbst-

gischen Wert dieser „Konzertsimulation“

Ritual zu entwickeln und Ablenkungen zu

bewusst als große Veranstalterin im Rhein-

nicht entscheidend. Es geht darum, effizien-

minimieren. So empfehle ich z. B., Handy-

Main-Gebiet präsentieren.

ter und konzentrierter zu proben und die

kontakt zwei Stunden vor Konzertbeginn zu

Stücke besser kennenzulernen.

vermeiden – das verhilft übrigens zu einer

Die Freude am Musizieren ist für mich das

aufrechten und selbstbewussten Körper-

wichtigste Stichwort beim Thema Auftritt.

Aus dem gleichen Grund versuche ich,

sprache. Wann und was man in den Stunden

Niemals darf man vergessen, warum man

Dirigierseminare für meine Studenten mit

vor dem Auftritt isst, ob man genug trinkt,

sich mit der Musik und allgemein mit der

professionellen Orchestern grundsätzlich mit

ob man sich einen kurzen Erholungsschlaf

Kunst beschäftigt, welches Glück und welche

einem Konzert abzuschließen. Wenn man ein

(power nap) gönnt, ob man meditiert, das

Freude es bedeutet, großartige Werke der

konkretes Ziel vor Augen hat, das innerhalb

alles sollte man sich überlegen und auspro-

Musik- und Theaterliteratur einzustudieren,

begrenzter Zeit zu erreichen ist, steigt die

bieren, um die Aufregung unter Kontrolle zu

aufzuführen und Freunden – und sei es

Motivation bei den Orchestermusikern, und

halten und sich mental und körperlich auf

imaginären Freunden mitten in einem unbe-

die Dirigierstudenten lernen eine sinnvolle

die Aufführung optimal vorzubereiten. Aller-

kannten Publikum – zu präsentieren! Wenn

und effiziente Probentechnik.

dings sollte man aufpassen, nicht Sklave

man beim Auftritt das Gefühl loslassen kann,

seiner eigenen Vorstellungen zu werden und

geprüft zu werden, und die Freude am

Einem unerfahrenen Dirigenten kann es

vor lauter Zwängen mehr Probleme zu

besonderen Moment spürt, ist vielleicht die

aufgrund der Aufregung vor und während

schaffen als zu lösen!

wichtigste Voraussetzung für eine gelungene

einer Vorstellung passieren, dass er den

Aufführung erfüllt. In diesem Sinne wünsche

ganzen Ablauf des Auftritts vergisst oder

Ein sauberes Künstlerzimmer mit frischem

ich allen Lesern für ihre zukünftigen Auftritte

durcheinanderbringt: Wann lasse ich das

Wasser, einem Spiegel, angenehmem Licht

nicht „toi toi toi“, sondern „viel Vergnügen“!

gesamte Orchester oder einzelne Soloinstru-

und nette, zuverlässige stage managers bzw.

mentalisten aufstehen, wann begrüße ich

Orchesterwarte helfen, die Künstler zu beru-

den Konzertmeister, wie verbeuge ich mich,

higen und von unnötigem Stress zu entlasten.

wie verhalte ich mich zum Solisten? Das alles mag im Vergleich zur Musik nebensäch-

Es gibt Musikhochschulen im Ausland, wo

lich sein, aber man sollte es nicht vernach-

neben den rein künstlerischen Fächern auch

lässigen oder gar verachten. Es ist wichtig,

Bühnenmanagement unterrichtet wird, was

solche Abläufe im relativ geschützten

zu einer schönen Symbiose von angehenden

16


Atem und Klang für Instrumentalisten

ATEM & KLANG FÜR INSTRUMENTALISTEN Die Zwerchfellflexibilität und ihre positive Auswirkung auf den musikalischen Ausdruck Von Isa Terwiesche, Gastdozentin an der HfMDK

Ihr erfrischend natürlicher Umgang mit den

Innerhalb kurzer Zeit konnten die o. g. Schwie-

Die Zwerchfellbewegung und ihre klang-

Studierenden ermöglichte einen sofortigen Zugang

rigkeiten wirksam und dauerhaft behoben

liche Auswirkung ist daher der Fokus

zum sensiblen und persönlichen Thema Atem.

werden, zur Überraschung der Studierenden,

meiner Arbeit, denn die Flexibilität dieses

Erstaunlich, wie innerhalb kürzester Zeit der

die oft unter ihren Einschränkungen litten.

Hauptatemmuskels entscheidet tatsächlich,

Atem beeinflusst werden konnte und sehr positive

ob beispielsweise bei Streichern die Arm-

Auswirkungen auf den Klang hatte.

Warum wirkt diese Atemarbeit in so schein-

bewegung durchlässig ist und sich somit der

Prof. Jan Ickert, Violoncello

bar verschiedenen Bereichen? Weil all diesen

klangliche Ausdruck entfalten kann oder

Beispielen zugrunde liegt, dass die Veran-

nicht, ob man bei Bläsern die Thoraxverhält-

Die Anliegen, mit denen Studierende in

kerung der Atemführung nicht gefestigt ist!

nisse im Brustkorb optimal nutzt und ob

meinen Unterricht kommem, sind z. B.:

Aber nicht nur der musikalische Ausdruck

man nach einem Konzert erfrischt oder

wird eingeschränkt, sondern auch die Sauer-

erschöpft ist.

• Eine Oboistin spielt mit zuviel Druck.

stoffversorgung. Durchblutungsstörungen,

• Einem Trompeter bricht in hoher

Nervenschmerzen, fokale Dystonien gefähr-

Jedem, der an einer umfassenden

den zunehmend die berufliche Existenz. In

musikalischen Ausbildung interessiert ist,

langjähriger Zusammenarbeit mit Musiker-

empfehle ich diesen Unterricht.

medizinern hat sich für mich herausgestellt,

Katharina Wildermuth, 1. Violine Aris Quartett

Lage der Ton weg. • Ein Bratscher hat Probleme mit seinem Vibrato-Ton. • Einem Pianisten wird beim Spielen regelmäßig schwindelig. • Eine Flötistin soll eine Staccato-Stelle resonanzreich-federnd spielen.

dass viele Schicksale vermeidbar gewesen wären, wenn die Musiker den Umgang mit

Im Fach Sprecherziehung befasste ich mich

ihrem Atemverhalten beim Spiel kennen-

30 Jahre intensiv mit der Wechselwirkung

gelernt hätten.

von Atemführung und gestalterischem Ausdruck und habe dies auch bei Musikern

• Ein Fagottist verliert bei Lampenfieber Erfahrungsgemäß wirkt eine richtige Atem-

untersucht. Der Fachbereich 1 der HfMDK

technik auch bei Lampenfieber stabilisierend.

bot mir vor einigen Jahren als erste Hoch-

vollen Klang, ist nach ihrem Spiel aber

Das Bewusstsein für den Atemablauf wird

schule die Möglichkeit, meinen neuen Ansatz

oft zu erschöpft.

auf einer konkreten kinästhetischen Ebene

vorzustellen. Die Inhalte interessierten und

vermittelt, dadurch gewinnt der Musiker

zogen schnell Kreise. Seit 2013 gibt es z. B.

einen besseren Kontakt zu sich selbst. Ein

eine regelmäßige Zusammenarbeit mit der

musikalisch-lebendiger Ausdruck kann

Orchesterakademie und den Musikern des

Durch ihr feines Gespür hat Isa Terwiesche mir

überhaupt erst entstehen, wenn die Atmung

Symphonieorchesters des BR sowie den Münch-

geholfen meinen Klang zu öffnen und zu verfeinern.

geschmeidig ins Spiel integriert und nicht

ner Philharmonikern. Ebenso nutzen Hoch-

Simón Doggenweiler, Viola

davon getrennt wird.

schulen im In-und Ausland das Angebot.

die Kontrolle über seinen Ton. • Eine Cellistin hat zwar einen ausdrucks-

• Ein Posaunist kann keine langen Töne spielen.

17


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Daniela Kabs, Leitung Leitung Veranstaltungsmanagement, Semesterplanung, Konzertreihen, Leitung Künstlerbörse; Trennungsrechnung; verantwortlich für die Sicherheit bei Veranstaltungen; Veranstaltungsmarketing, Veranstaltungsleitung; Großprojekte Sabrina Kautz Veranstaltungsorganisation, Veranstaltungs-

Nina Koch Veranstaltungsorganisation, Einsatzplanung

werbung (intern und extern), Ansprechpartnerin

und Kommunikation Veranstaltungstechniker

Klavierstimmungen, Kartenvorverkauf, Planung

und studentische Hilfskräfte, Künstlerbörse,

Großer und Kleiner Saal während des Semesters;

Großprojekte, Veranstaltungsleitung

Einsatzplanung Abenddienst

DER LANGE WEG BIS AUF DIE BÜHNE Sämtliche Veranstaltungen der HfMDK wandern durch das Künstlerische Betriebsbüro

Melanie Quint Raumplanung, Vermietung, Übegenehmigungen

Jesica Janßen Organisation und Verleih Veranstaltungstechnik, Wartung und Anschaffung Veranstaltungstechnik, technische Betreuung Veranstaltungen

Moritz Thiele (Vertretung Nina Koch) Veranstaltungsorganisation, (Einsatz-)Planung und Kommunikation Veranstaltungstechniker und studentische Hilfskräfte, Veranstaltungsleitung Farah Winning (Vertretung Nina Koch) Veranstaltungsorganisation, Künstlerbörse, Veranstaltungsleitung

18


Der lange Weg bis auf die Bühne

Was vor 15 Jahren noch mit einer halben Stelle erledigt wurde, wird heute von einem ganzen Team geleistet: im Künstlerischen Betriebsbüro (KBB). Ein gestiegenes Aufkommen an Veranstaltungen, aber auch an Anforderungen und Auflagen, haben das KBB zu einer zentralen Schaltstelle der HfMDK werden lassen, die jährlich bis zu 600 Veranstaltungen koordiniert. Weil Teamwork zwingende Voraussetzung für den Erfolg ist, antwortet das KBB in diesem Interview mit Björn Hadem mit einer Stimme.

An Türen und Wänden des Künstlerischen

Wie gehen Sie mit diesen Konflikten um?

Bereiche der Hochschule eingeführt, um

Betriebsbüros hängt jener Auszug aus dem

KBB Wichtig ist, im Team miteinander zu

die zur Verfügung stehenden Ressourcen fair

Hochschul-Leitbild, der den achtungs- und

reden und eine persönliche Distanz zur

und kontrollierbar einzusetzen.

respektvollen Umgang miteinander fordert.

Kritik einzunehmen, die uns zwar trifft, für

Warum war es Ihnen ein Anliegen, ihn

die wir aber nicht ursächlich verantwortlich

Mit wie vielen Techniker*innen arbeiten Sie

gleich mehrfach zu platzieren?

sind. Im wöchentlichen jour fixe lassen wir

zusammen?

KBB Weil wir immer wieder auf einen res-

nicht nur das Revue passieren, was schwierig

KBB Neben unserer festangestellten Veran-

pektvollen Umgang – auch mit uns – hin-

war, sondern auch das, was gut geklappt hat

staltungstechnikerin Jesica Janßen arbeiten wir

weisen wollen. Grundsätzlich erfahren wir

und als erfreulich in Erinnerung bleibt. So

mit rund einem Dutzend freier Techniker*in-

hier durchaus viel Wertschätzung von Kol-

stellen wir die schönen und positiven Seiten,

nen zusammen, die mit unseren Gegeben-

leg*innen, Lehrenden und Studierenden.

von denen es eine Menge gibt, in den Vor-

heiten vertraut sind. Bei der Hochschulpro-

Wir sind aber auch für sensible Arbeitsbe-

dergrund.

duktion „L`isola disabitata“ im Kloster

reiche wie die Raumplanung verantwortlich,

Eberbach im Rahmen des Rheingau Musik

wo uns der Umgangston ab und an frag-

Haben Sie eine Strategie, dem Raummangel

Festivals hatten wir beispielsweise zeitgleich

würdig erscheint.

systematisch zu begegnen?

18 Techniker*innen im Einsatz. Die Anfor-

KBB Natürlich machen wir uns darüber

derungen an den Bereich Veranstaltungs-

Was ist daran sensibel?

sehr viele Gedanken und haben zum Beispiel

technik sind in den letzten Jahren deutlich

KBB Die Tatsache, dass wir einen Mangel

vor zwei Jahren Raumkontingente eingeführt,

gestiegen, vor allem, was die Komplexität

verwalten, nämlich einen Mangel an verfüg-

die sich an der Größe des Lehrdeputats

der Projekte im Darstellenden Bereich angeht.

baren Räumen für Lehrveranstaltungen.

orientieren: Ein achtstündiger Lehrauftrag

Dabei müssen wir bereits im Vorfeld die

Dieser führt immer wieder zu emotionalen

bekommt zwölf Raumstunden, eine volle

Sicherheit aller im Auge behalten, was

und kontroversen Diskussionen, wenn je-

Professur mit 18 Semesterwochenstunden

Fingerspitzengefühl in der Kommunikation

mand für seine Interessen kämpft, möglichst

verfügt über 40 Raumstunden pro Woche.

mit den Projektleiter*innen bedeutet. Die

gute und große Räume zu bekommen. Diese

Diese Regulierung eröffnet uns neue Spiel-

vorhandene Technik wird von uns Schritt für

Wünsche sind häufiger geworden. Gerade

räume und unterbindet übermäßige Raum-

Schritt ergänzt und aufgerüstet, um heutigen

in der Planungsphase für das kommende

reservierungen. Eine ähnliche Art der Kon-

Ansprüchen der Darstellenden Kunst

Semester sind wir extrem den vehementen

tingentierung haben wir für den Einsatz

gerecht zu werden.

Forderungen der Anfragenden ausgesetzt.

unserer Techniker*innen für die jeweiligen

19


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Mit Hilfe der Künstlerbörse vermittelt das

Was ist die besondere Herausforderung,

Wie hat sich die Arbeit des Künstlerischen

KBB Künstler*innen der Hochschule für

der sich das KBB an einer Hochschule

Betriebsbüros gewandelt?

Auftritte auf Feiern und Veranstaltungen.

stellen muss?

KBB Das KBB deckt – anders als noch vor

Was bedeutet dies für Ihr Team?

KBB Auf jeden Fall ein hohes Maß an

Jahren – ein breites Spektrum an Tätigkeiten

KBB Einfühlungsvermögen für das, was

Flexibilität, sprich: eine schnelle Reaktions-

ab: Veranstaltungsorganisation, Trennungs-

gewünscht und möglich ist, und Einschätz-

fähigkeit – wenn wir zum Beispiel morgens

rechnung, Werbung, Technik, Sicherheit bei

ungsvermögen dafür, wer für diese „Mugge“

um 9 Uhr erfahren, dass am Nachmittag

Veranstaltungen, Raumplanung etc. Das

in Frage kommt. Wir haben Trauernde am

um 15 Uhr ein Cembalo spielbereit im Saal

Team ist stetig gewachsen, was auch den

Telefon, die für die Beerdigung eines Ange-

stehen muss, wir innerhalb weniger Stunden

Veränderungen in der Lehre und dem Bedarf

hörigen eine musikalische Umrahmung

zwei Flügel für ein Konzert organisieren

einer Hochschule als Veranstaltungsbetrieb

suchen – das geht uns selbst manchmal nahe.

müssen oder wir bis zum Tag des Konzertes

geschuldet ist. Um möglichst flexibel agieren

Es gibt aber auch skurrile Anfragen, die

keine konkreten Informationen bekommen,

zu können, arbeiten wir – neben den exter-

uns den Tag erheitern.

was genau an Technik benötigt wird. Ganz

nen Techniker*innen und Stagehands – mit

häufig sind kurzfristige Änderungen in den

vielen studentischen Hilfskräften und einem

Welches Interesse hat die Hochschule an

Konzertprogrammen, die wir bestenfalls erst

treuen Kreis von Ehrenamtlichen zusammen,

der Künstlerbörse?

am Konzerttag kopieren, um auf dem aktu-

die für unsere Arbeit unverzichtbar sind.

KBB Zum einen ist sie für die Studierenden

ellsten Stand zu sein. Wir verstehen uns als

Ist Not am Mann, springt von ihnen immer

eine Plattform, durch die sie Auftrittsroutine

ein Team, das dafür da ist, damit Studierende

wieder jemand ein. Dass Willy Egli als „Chef“

sammeln können – aber auch Erfahrungen,

unter optimalen Bedingungen auftreten

des Catering genau dafür ein kleines Gewerbe

wie man mit Kund*innen kommuniziert

können. Im Unterschied zu einem öffent-

angemeldet hat, ermöglicht den Pausen-

oder Programme zusammenstellt und sich

lichen Konzerthaus oder Theater, wo der

ausschank, der ohne Eherenamtliche so nicht

den Bedürfnissen von Auftraggeber*innen

Veranstaltungsbetrieb das wesentliche

denkbar wäre.

anpasst. Wir beobachten Studierende, wie

Element ist, nach dem sich alles richtet, steht

sie über Jahre immer professioneller darin

in einer Hochschule stets die Lehre im Vorder-

Was motiviert Sie bei der Arbeit im

werden. Für die Hochschule sind Anfragen

grund, deren Teil Veranstaltungen ja sein

KBB immer wieder?

von Persönlichkeiten, Unternehmen, Insti-

können. Wir haben es mit Künstler*innen zu

KBB Wenn wir uns einmal kurzzeitig fragen,

tutionen und Kooperationspartner*innen

tun, die sich noch auf dem Weg ihrer Aus-

warum wir gerne hier arbeiten, besuchen wir

oder aus der Politik interessant, weil sie dort

bildung befinden und für die die Bühne auch

einen Vortragsabend: Dort erleben wir dann

ihr Potenzial präsentieren kann.

ein Experimentierfeld bedeutet – das prägt

Studierende, die sich leidenschaftlich mit

unsere Arbeit. Anders als in einem Konzert-

ihrer Kunst auseinandersetzen und uns Kraft

Wie schaffen es Studierende in die Kartei

haus plant jede*r Professor*in die eigenen

und Motivation zurückgeben. Genau für

der Künstlerbörse?

Klassenabende; die Interessen sind also

diese Menschen machen wir unseren Job,

KBB Indem sie sich bei uns melden und wir

dezentral gestreut und lassen sich nur schwer

denn es ist schön, die künstlerische Entwick-

sie und die jeweiligen Einsatzmöglichkeiten

bündeln. Umso wichtiger ist eine verbind-

lung junger Menschen verfolgen und einen

kennenlernen. Das ist Voraussetzung für eine

liche und vertrauensvolle Kommunikation.

Beitrag dazu leisten zu können. – bjh

Vermittlung.

Je früher man mit uns redet, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir Dinge möglich machen können, die zunächst unmöglich erscheinen. Die Grafik rechts zeigt die Vielzahl an planerischen Schritten, die das Künstlerische Betriebsbüro von der Anmeldung eines Konzerts bis zum Auftritt auf der Bühne absolvieren muss.

20


Der lange Weg bis auf die Bühne ANMELDUNG EINER VERANSTALTUNG TERMINWUNSCH MÖGLICH

TERMINWUNSCH NICHT MÖGLICH

ERSTELLUNG DES SEMESTERPLANS

ERNEUTE TERMINFINDUNG MIT DEM ANTRAGSTELLER TERMINBESTÄTIGUNGEN UND ABFRAGE ALLER RELEVANTEN PUNKTE BEIM ANTRAGSTELLER

WERBUNG

ERSTELLUNG, DRUCK UND DISTRIBUTION PRINTMEDIEN SOWIE INTERNE PLAKATE UND PROGRAMME

ANKÜNDIGUNG FÜR DIE WEBSITE

DATEN AN PRESSEUND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT FÜR PRESSEARBEIT, NEWSLETTER, SOCIAL MEDIA

KARTENVORVERKAUF UND ABRECHNUNG BEI DER AGENTUR EVENTIM LIGHT

BESTELLUNGEN BEI DER FINANZABTEILUNG

KOMMUNIKATION MIT AGENTUR, VERTRIEB FLYER, HÄNGUNG DER PLAKATE ETC.

ALLE ANGABEN KORREKT

FINALISIERUNG DES SEMESTERPLANS

TERMINÄNDERUNG

TECHNIK

ORGANISATION

ABENDDIENST

VERANSTALTUNGSSICHERHEIT

BUCHEN EXT. TECHNIKER*INNEN UND/ODER AUFSICHTSFÜHRENDER PERSONEN

PLANUNG DER GARDEROBEN UND PROBEZEITEN

EINTEILUNG DER EHRENAMTLICHEN UND HIWIS

ERSTELLUNG DER GEFÄHRDUNGSANALYSE

KOMMUNIKATION MIT HAUSDIENST/PFORTE

BESTELLUNG DES CATERINGS

KARTENVORVERKAUF TAGSÜBER IM KBB

BESTELLUNG DER BLUMEN

ORGANISATION DER FLÜGELSTIMMUNGEN

ABENDKASSE UND ABRECHUNG

KOMMUNIKATION MIT DEM TONSTUDIO

ERSTELLUNG DER KARTEN

INSTRUMENTENTRANSPORTE

EINLASS

ABKLÄRUNG UND EINRICHTEN DES TECHNISCHEN EQUIPMENTS

ORGANISATION VON TRANSPORTEN, TECHNIKMATERIAL

EINTEILUNG DER TECHNIK-HIWIS

PLANUNG UND DURCHFÜHRUNG VON KONZERTUMBAUTEN

BESTELLUNGEN BEI DER FINANZABTEILUNG

SAALFINISH

ERSTELLUNG DES VERANSTALTUNGSPROTOKOLLS

VERANSTALTUNGSLEITUNG VOR, WÄHREND UND NACH DEM KONZERT

FREIGABE DES VERANSTALTUNGSSAALS

GGF. EINHOLEN VON URHEBERRECHTEN MELDUNG BEI DER GEMA ABSPRACHE MIT DEM REINIGUNGSDIENST BESTELLUNGEN BEI DER FINANZABTEILUNG

EXEMPLARISCH: EIN KLAVIERABEND

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

95 Prozentanteil der Raumanfragen, die unvollständige Informationen enthalten und einer Nachfrage bedürfen

„Hitliste“ der in HfMDK-Konzerten meistgespielten Komponisten 123x Johann Sebastian Bach 86x Ludwig van Beethoven 81x Johannes Brahms 74x Wolfgang Amadeus Mozart 68x Robert Schumann 59x Georg Philipp Telemann 53x Frédéric Chopin 42x Franz Schubert 39x Joseph Haydn 33x Claude Debussy

200 E-Mails pro Regieprojekt

217 Flügelstimmungen im Großen und Kleinen Saal

300 Gefährdungsanalysen

1.706 ausgestellte Übegenehmigungen

416 Arbeitsstunden putzen, messen, prüfen und reparieren 5 Veranstaltungstechniker*innen und 6 „Hiwis“ das gesamte Equipment der Veranstaltungstechnik an 8 Tagen (1291 Scheinwerfer, Kabel, Pultleuchten, Lautsprecher, Dimmer, Licht- und Tonanlagen)

3.000 im KBB gebuchte Technikstunden

450 Arbeitsstunden aufsichtsführender Personen

5.200 außerplanmäßige Raumanfragen

10.250 Meter verlegte Technikkabel 590 Veranstaltungen, davon 119 mit Eintritt, 165 öffentliche Veranstaltungen ohne Eintritt, 169 interne Veranstaltungen, 72 Kooperationen und 14 Großveranstaltungen, 51 Konzerte im Rahmen von Konzertreihen

1.000 Arbeitsstunden von studentischen Hilfskräften im KBB

1.600 E-Mails, die das KBB rund um die Festbelegung von Räumen verschickt hat

im Jahr 2017 22

4.703 im Abendcatering verkaufte Getränke, darunter 837 Rhabarbersaftschorlen

11.100 Besuche für eintrittspflichtige Konzerte

14.040 kopierte und gefaltete Konzertprogramme

80.750 Werbeflyer


Der klimaneutrale Hindemith

Naturefund ist eine gemeinnützige Naturschutzorganisation mit Sitz in Deutschland. Das Blue Planet Certificate von Naturefund ist das einzige Klima-

DER KLIMANEUTRALE HINDEMITH Bei der aktuellen Opernproduktion „Das lange Weihnachtsmahl“ setzt die HfMDK erstmals auf die maximale Vermeidung von Emissionen

zertifikat weltweit, das sich gezielt für den Schutz von Ökosystemen einsetzt, denn natürliche Wälder, ein gesunder Boden und intakte Ökosysteme speichern CO2 im großen Stil. Darüber hinaus geben sie uns Nahrung, sauberes Wasser und schaffen Lebensperspektiven für uns Menschen und gleichzeitig Lebensraum für die Artenvielfalt. Einfach und transparent kann jeder Klimapartner werden und mit dem Blue Planet Certificate von Naturefund natürliche Ökosysteme als CO2-Speicher schützen. Mehr Informationen unter www.blueplanetcertificate.com (in

Von Heiko Frieling, Energiemanager an der HfMDK

Kürze auch nur www.blauerplanet.com)

Es gehört inzwischen zum guten Ton, Messen,

Erste Priorität hat das Vermeiden von Emis-

und das Ergebnis wertfrei, gibt uns aber die

Sportevents oder Konferenzen klimaneutral

sionen. Unser Strom ist mit Ökostrom bereits

Möglichkeit, die Emissionen ganzheitlich zu

zu gestalten. Es gibt dem Publikum, zusätzlich

sehr emissionsarm. Dank der Modernisierung

betrachten. Nach all den Verbesserungsmaß-

zur Freude an der Veranstaltung, das Gefühl,

zu moderner LED-Saalbeleuchtung Anfang

nahmen und der Ermittlung aller übrigen

an etwas Sinnvollem Anteil zu haben.

2018 haben wir diesen Bereich auf ein Mini-

Emissionen sind wir in der Lage, auch mit

mum an Emissionen reduziert, und dies zu-

nicht vermeidbaren Emissionen umzugehen.

Die HfMDK sieht hier mit jährlich fast

gleich mit einem Zugewinn an gestalterischen

600 Veranstaltungen großes Potenzial auf

Möglichkeiten. Mit einer sehr effizienten

Kompensation von nicht vermeidbaren

dem Weg zur CO2-neutralen Hochschule. Im

Wärmerückgewinnungsanlage mindern

Emissionen Wir unterstützen im Falle der

aktuellen Wintersemester initiieren wir mit

wir die Heiz- bzw. Kühlleistung künftig um

genannten Hindemith-Oper die gemeinnüt-

der Hindemith-Oper „Das lange Weihnachts-

bis zu 60 %, und durch innovative Wasser-

zige Organisation „Naturefund“, die sich für

mahl“ die ersten Veranstaltungen klimaneutral.

armaturen in den Sanitärbereichen sparen

den Erhalt und Neuaufbau von regionalen

Damit ist das Thema in Frankfurt und Hessen

wir bis zu 90 % Wasser, das bei rund 750

Ökosystemen wie Mooren oder Streuobst-

auch im kulturellen Kontext angekommen,

wiesen einsetzt und damit die Bindung von

und das ganz im Sinne der Formulierung im

Gramm CO2 pro Kubikmeter Wasser nicht

vergessen werden sollte. Zudem arbeiten wir

HfMDK-Leitbild „Nachhaltigkeit und

an Lösungen zur Papierreduzierung für Pro-

unsere nicht vermeidbaren Emissionen an

Kultur in Synergie“.

grammhefte sowie am Umstieg auf wieder-

anderer Stelle gleichwertig eingespart, und

verwertbare oder vollständig recyclebare

die Umwelt profitiert zusätzlich von einem

Trinkbehälter.

Zuwachs der Biodiversität.

Betreiben unserer Konzertsäle für Strom,

Diese Veränderungen nimmt unser Publi-

Heizung und Kühlung, aber auch für Mobi-

kum im besten Fall als Verbesserung wahr,

Auch in Bezug auf CO2-Emissionen durch

Veranstaltungen ist die HfMDK im Wand-

lität, Papier und Catering an. Das Künstle-

dennoch sind wir auch auf dessen Mitwir-

lungsprozess hin zu einer klimaneutralen

rische Betriebsbüro hat in Kooperation

kung angewiesen. Deshalb werden wir künf-

Hochschule einen Schritt weiter gekommen.

mit dem HfMDK-Energiemanagement in

tig bei der Ticketvergabe abfragen, wie die

An Hessens Hochschule für Musik, Theater

den letzten Monaten die Emissionen und

Besucher*innen zum Spielort kommen: mit

und Tanz zeigt sich: Grün geht doch!

damit das Verbesserungspotenzial für die

dem Auto, dem ÖPNV oder zu Fuß bzw. mit

HfMDK berechnet.

dem Fahrrad. Die Teilnahme ist freiwillig

Wie wir unsere Veranstaltungen CO2-

CO2-Emissionen unterstützt. So werden

neutral gestalten Emissionen fallen zum

23


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

AUSDRUCKSSTARK UND DOCH AUTHENTISCH THE TEACHER’S BODY

Lehramtsstudierende bereiten sich mit „Kommunikativem Bewegen“ systematisch auf ihre Rolle als Unterrichtende vor

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Foto: Andreas Reeg


Ausdrucksstark und doch authentisch – The teacher’s body

Von Stefanie Köhler, Professorin für

„Die Bühne/der Klassenraum ist größer

benennbare Kriterien formulieren. In den

Sprecherziehung an der HfMDK

als das Wohnzimmer“ Dieser häufig zitierte

Gruppenstunden, die ich für Lehramtsstu-

Satz entspringt dem Wissen, dass wir uns,

dierende anbiete, steht der eigene „Lehr-

„Ich bin doch keine Schauspielerin!“ Mit

sobald wir uns in einen öffentlichen Raum

körper“ als Gegenstand der Betrachtung im

diesem entrüsteten Ausruf wehrte sich eine

begeben, in irgendeiner Form vergrößern

Zentrum. In diesem Unterricht, der sich

Schulmusikstudentin im Sprecherziehungs-

oder erweitern müssen, um auch der ver-

„Kommunikatives Bewegen“ nennt, versu-

unterricht einst gegen die Vorstellung, ihren

größerten Situation gerecht werden zu können.

chen die angehenden Lehrkräfte, unbewusst

Körperausdruck zu vergrößern, wenn sie vor

Im Halbschlaf oder in privat reduzierter

gelerntes körperliches Verhalten ins Bewusst-

eine Klasse tritt. Sie hatte die Sorge, eine Art

Körperspannung kann ich weder unterrich-

sein zu holen, zu reflektieren und gleichzeitig

Bühne betreten zu müssen, um etwas dar-

ten, noch einen Vortrag halten, geschweige

zu üben. Wichtiger Bezugspunkt neben den

zustellen, was ihr unnatürlich, unecht und

denn ein Konzert spielen. Eine Lehrperson

Menschen ist der Raum, in den man hinein-

letztlich nicht authentisch vorkam. Ihre

z. B. mit dem Fach Musik muss über viele

wirkt und den man durch die Qualität der

Instinkte hatten sie also gewarnt, und wir

Stunden am Tag die unterschiedlichsten Auf-

Anwesenheit aktiv gestalten kann. Es gibt,

befanden uns mitten in einem Gespräch

gaben bewältigen: Sie stellt sich auf die

neben zahlreichen anderen Übungen, vier

darüber, in welcher Haltung sich eine Lehr-

jeweiligen Altersgruppen ein, die Gruppen-

Aspekte des Raumgefühls, die im Unterricht

person in den Unterricht begibt, was der

größe und die wechselnden inhaltlichen

versuchsweise etwas voneinander abge-

Begriff „Authentizität“ in dem Zusammen-

Anforderungen. Dabei ist sie einfühlsam,

trennt reflektiert werden, nämlich „Grenze“,

hang bedeuten kann, ob und wieweit man

wirkt pädagogisch, vermittelt Wissen und

„Präsenz“, „Reagibilität“ und „Spontaneität“.

vor der Klasse etwas „darstellen“ sollte.

verbreitet Spaß am Fach. Dass all diese

Sie sind nicht direkt hierarchisch zu sehen,

Aufgaben nicht mit einer Dauerperformance

bauen aber ganz logisch aufeinander auf und

Diese Frage ist nicht generell zu beantworten.

zu bewältigen sind, liegt auf der Hand. Viele

unterstützen den Verhaltensrahmen.

Schließlich prägen das Setting, die Art der

Lehrerinnen und Lehrer können mit diesem

Präsentation und der Kommunikation, der

Mix an Anforderungen jedoch sehr gut um-

Grenze Als körperliches Wesen brauche ich

konkrete Ort und nicht zuletzt die Zusam-

gehen. Sie schaffen es, bei sich zu bleiben

eine Klarheit, was meine eigenen Grenzen

mensetzung des Publikums ganz wesentlich

und authentisch zu sein und sich dabei

angeht. Ein Gefühl für die Grenze bekomme

die Form des Auftretens. Eine grundlegende

gleichzeitig zu „vergrößern“, so dass sie sich

ich, indem ich mit den Füßen einen ange-

Gemeinsamkeit jedoch gibt es: die sich ver-

in einem Verhaltensrahmen bewegen, der

nehm stabilen Bodenkontakt habe, meine

ändernde Körperlichkeit der ausübenden

ihnen Sicherheit, Energie und Stabilität gibt.

Rückseite mit dem ganzen Rücken und dem

Person.

Denn auch erfahrene Pädagog*innen wissen,

Nacken spüre. Das fördert die Aufrichtung

dass sie nicht täglich gleich gestimmt sind

und verleiht mir einen besseren Standpunkt,

Jeder Auftritt eines Menschen bedarf einer

und es Tage gibt, an denen es schwerer ist,

von dem aus ich klar nach vorne wirken

Einstellung auf die jeweils zu erwartende

sich dem pädagogischen Alltag und der Kom-

kann. Diese Haltung verschafft mir einerseits

Situation. Einen öffentlichen Raum zu betreten

munikation mit den Menschen zu stellen.

eine höhere Wachheit und verstärkt anderer-

und damit im Fokus des Interesses zu stehen,

Wenn man sich in einer Unterrichtssituation

seits nach außen hin meine Sichtbarkeit und

stellt eine Herausforderung dar. Es gilt, eine

wohlfühlt, ist es schwierig zu benennen, was

meinen Wirkradius. Zudem wird der Inhalt

Situation zu gestalten und zu führen, und

das „Sich-in-einer Situation-Wohlfühlen“

meiner Rede deutlicher vom Körperausdruck

dies verlangt einen äußerst differenzierten

genau bedeutet.

unterstützt. Thematisch passen dazu beispiels-

Gebrauch des eigenen Körpers. Der Körper

weise ein klares Setting, Verbindlichkeit,

entfaltet sich als handelndes Instrument.

In der „Psychotonik“, der „Lehre vom Lebens-

Erreichbarkeit, Klarheit im Verhalten und in

Auf genau diesen Aspekt möchte ich nach-

gefühl“, wird über Körperarbeit versucht,

der Kommunikation.

folgend eingehen.

dem Wechselspiel von Muskelspannung und Befinden nachzuspüren. Dabei lassen sich

25


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Präsenz Diese bekannteste und oft gefor-

Spontaneität Sie sitzt auch an der Vorder-

Dieser Aspekt hat denn auch die anfangs

derte Qualität hat ihren Sitz an der Vorder-

seite und gibt gestalterische Impulse in die

zitierte Studentin besänftigt. Die Vergröße-

seite des Körpers. Das aufgerichtete Brust-

Welt. Nicht so streuend wie die Präsenz,

rung ihres körperlichen Verhaltens, ihre klare

bein, eine leicht erhöhte Spannung in der

sondern gezielt, akzentuiert und im besten

Gestik, ihre Eindeutigkeit im Körperaus-

gesamten Muskulatur, verleiht meiner Wir-

Falle brillant. Getragen von den drei anderen

druck im Zusammenhang mit einer vollklin-

kung nach vorne Reichweite und Strahlkraft.

Qualitäten ist die Chance groß, dass diese

genden Sprechstimme erschienen ihr mit

Diese Präsenz sollte nicht auf Kosten der

Impulse gut bei den Schülerinnen und

dieser Sichtweise nicht mehr fremd, sondern

Grenze gehen, d.h. die Wirkung nach vorne

Schülern ankommen.

passend und ihrem Vorhaben angemessen.

darf nichts von meinem Gefühl für den

Sie fühlte, dass sie ihre Privatheit durch den

rückwärtigen Raum wegnehmen. Unsere

So isoliert kommen die einzelnen Aspekte

vergrößerten Verhaltensrahmen schützen

Begeisterungsfähigkeit und unser päda-

des Raumgefühls, die ich jetzt zudem sehr

konnte und dass sie sich gleichzeitig dabei

gogisches Feuer soll zünden, aber nicht

knapp beschrieben habe, natürlich nicht vor.

nicht zu verleugnen brauchte. Sie hatte zu

ungebremst auf andere treffen, sondern im

Sie wirken, wechselseitig in den Vorder-

einer Bereitschaftshaltung gefunden, mit der

Zusammenspiel mit der Grenze dosiert

grund tretend, idealerweise im Zusammen-

sie nun in größerem Rahmen in Aktion

werden können. Auch das Gefühl für Nähe

spiel miteinander und können uns als eine

treten konnte. Die erweiterte Körperlichkeit

und Distanz verbessert sich, wenn ich mir

Art Analyseinventar dienen, wenn eine

ist also mitunter eine Folge einer verän-

im Wirken nach vorne selbst ein Regulativ

Situation reflektiert werden soll. Schön ist es,

derten mentalen Einstellung und Weite.

sein kann.

wenn es uns gelingt, abgegrenzt, präsent,

Deshalb wird sich, ganz unabhängig von

reagibel und spontan zugleich zu sein. Denn

den körperlichen Gegebenheiten und im

Reagibilität Hier ist die Fähigkeit gefragt,

dann können wir all unsere Fähigkeiten

Einklang mit der individuellen Persönlich-

sich von der Umwelt und anderen Menschen

abrufen und einbringen. Wir können uns

keit, ein eigener Stil herausbilden. Damit

im Raum bewegen zu lassen. Die rotierenden

einer Situation optimal anpassen und uns

kann eine Lehrperson weit über sich selbst

Gelenke sind gefragt, die mein variables und

auch anders einstellen, wenn sich unsere

strahlen und charismatisch wirken. Für viele

flexibles Verhalten befördern und unterstrei-

Aufgaben verändern oder die Situation uns

Studierende ist es überraschend, dass die

chen. Stand- und Spielbein unterstützen mich

in einer anderen Weise braucht.

Entfaltung des eigenen Instrumentes

dabei, einen größeren Radius vor mir wahr-

muskulär derart anstrengend ist und eine

zunehmen und auch geistig beweglich zu

Als Lehrperson kann ich nun versuchen, mich

hohe Konzentration erfordert. Eine ähnliche

bleiben.

vor dem Unterrichten neben der mentalen

Erfahrung machen sie beim Musizieren und

Vorbereitung regelmäßig auch körperlich zu

bei künstlerischen Auftritten.

disponieren. Das hilft meinem Körper, sich zu entfalten. Ich habe dann mein handelndes

Zusammenfassend möchte ich bemerken,

Instrument zur Verfügung: The teacher’s

dass diese mentale und körperliche Ein-

body! Dieser lässt sich von privaten Befind-

stellung jedem, wie auch immer gestalteten

lichkeiten nicht so leicht beeindrucken und

Auftritt vorausgeht. Aber das Unterrichten

irritieren. Dadurch schützt er mich und unter-

selbst bleibt einfach: unterrichten.

stützt mich optimal in der Gestaltung des Unterrichtsalltags. Durch diese professionellere Haltung objektiviert sich auch meine Anwesenheit in der Klasse. Das Private spielt hier keine Rolle, trotzdem bin ich persönlich voll anwesend. Die Klasse wird das schätzen, kann Vertrauen fassen und weiß, dass sie sich auf eine wiedererkennbare Lehrperson verlassen kann.

26


Wir sind dabei

Das Deutschlandstipendium hilft besonders leistungsstarken Studierenden, sich auf das intensive Studium zu konzentrieren und die eigenen Begabungen bestmöglich auszubilden. Das gemeinsame Engagement von privaten Förderern und dem Bund hält den Studierenden den Rücken frei – eine wichtige Voraussetzung für Erfolg. Werden Sie Partner des Deutschlandstipendiums an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main! Mit einem Jahresstipendium à 1.800 Euro oder einer Spende ab 50 Euro. Weitere Informationen erhalten Sie im Fundraisingbüro: Daniela Fox (Telefon 069 154007-210) und auf www.hfmdk-foerdern.de

27


Wer musiziert, möchte sich, hoffentlich, auch einem Publikum mitteilen. Jazz- und Popmusiker*innen treten deshalb zunächst einmal aus den gleichen Beweggründen auf, wie dies ihre „klassischen“ Kolleg*innen tun. Die beiden Genres scheint dabei eine Besonderheit zu einen: Man interpretiert, wenn man die Coverbands dieser Welt einmal ausklammert, nicht das Werk eines verstorbenen oder abwesenden Komponisten, an welchem man sich abarbeitet und misst, zu dem man sich individuell verhält und hinter dem man sich mitunter auch verstecken kann. Stattdessen stehen die Autoren, Songwriter, Komponist*innen selbst auf der Bühne und interpretieren, was sie persönlich mehr oder weniger festgelegt haben. Natürlich sind da die Jazzstandards, aber die dienen lediglich als Projektionsfläche für eigene improvisatorische Individualität. Man hat also große Beinfreiheit – „play your own thing“, heißt es im Jazz. Auch im Pop sagt einem niemand, was man zu spielen hat. Vielleicht schon eher, was man nicht spielen sollte. Wo es Fixiertes gibt, im Jazz in Form von Kompositionen und Arrangements, im Pop als Manifestation der im gemeinsamen Probenprozess gefundenen Fassung, ist alles „subject to change“ – Änderungen können und sollen vorgenommen werden, wenn die Gruppe oder einzelne

PLAY YOUR OWN THING Von der Erprobung des Vagen bei Pop- und Jazzkonzerten Von Ralph Abelein, Professor für Schulpraktisches Instrumentalspiel, und Fabian Sennholz, Professor für Ensemblearbeit, Bandcoaching und Gruppenmusizieren

28

Beteiligte sich mit dem status quo unwohl fühlen. „Funktioniert das?“ – diese Frage ist auf verschiedenen Ebenen präsent: in Bezug auf das musikalische Material, die Instrumentierung, die Form und Dramaturgie, die technischen Gegebenheiten beim Auftritt. Was soll rübergebracht werden und wie kann das gelingen? Die Antwort findet man im Probenraum nur ansatzweise. Starkes, Überzeugendes, Qualitätvolles lässt sich eindeutig erst beim Auftreten vor Publikum identifizieren.


Play your own thing

Zu Beginn fällt es leichter, auf die Bühne zu

bis ins Detail strukturierte Werke zum Vor-

kation mit Technikern). Nach und nach

gehen: Man trägt die Musik der Künstler*-

trag kommen, welche die Herausstellung der

findet man (Selbst-)Vertrauen und erlangt

innen, die einen geprägt haben, tief in sich,

musikalischen Persönlichkeit der Beteiligten

Vertrautheit in der Situation. Dadurch werden

und unklar ist einem selbst oft noch, wo die

ein Stück weit beschneiden. Trotzdem gibt es

Ressourcen frei, welche eine Selbstbefragung

Grenze zwischen unbewusstem Nacheifern

Inseln für Solos zur Darstellung improvisato-

zulassen: Wo gibt es weiteres Entwicklungs-

und reflektiertem eigenen Tun verläuft.

rischer Individualität. Das Publikum soll zwar

potenzial? Was muss weiter ausdifferenziert

Dadurch hängt die Latte tiefer – man probiert

konzentriert zuhören und muss das Bier

werden?

sich aus, findet sich als Performerin oder

vor der Tür lassen, darf sich aber hörbar

Performer, testet die Kommunikation mit

einmischen.

Bandkolleg*innen und Zuhörenden. Nach

Den Weg der eigenen künstlerischen Entwicklung, den Studierende während der Zeit

und nach kommen dann die wichtigen und

Pop und Rock hingegen haben andere Gewich-

ihres Studiums zurückgelegt haben, mag

notwendigen Fragen und Erkenntnisse: Wann

tungen: Komplexität in Grooves, Songstruk-

ihnen selbst erst in der Rückschau deutlich

sich zurücknehmen, wann raumgreifend die

tur und Virtuosität können vorkommen, sind

werden, etwa wenn sie im späteren Beruf als

Zügel in die Hand nehmen? Die Energiekur-

aber kein primäres Qualitätskriterium. Im

Lehrerinnen und Lehrer Wege finden, ihre

ve erspüren, die ein Auftritt vor Publikum

Zentrum steht Teamwork: der Bandsound,

Schülerinnen und Schüler zur Improvisation

mit sich bringt, und diese musikalisch mit-

der Song. Da in aller Regel nichts notiert ist,

anzuleiten oder popbegeisterte Jugendliche

gestalten. Und dabei nicht imitieren, sondern

bringt jede(r) Beteiligte etwas Eigenes an

dabei zu unterstützen, hinter der Fassade

einen individuellen und unverstellten

den Tisch. Nach und nach entsteht so idealer-

von Imitation nach der Art von Casting-Shows

musikalischen Zugang finden.

weise etwas Unverwechselbares. Zum Paket

einen individuellen Zugang zu entdecken.

gehören meist außerdem Performance, Out-

Wer als zukünftig Lehrender Kenntnisse und

Hier unterscheiden sich Pop- und Jazzwelt

fit, Beleuchtung, Sound, Moves und evtl.

Erfahrungen mit den verschiedenen Auftritts-

schon erheblich, und es offenbaren sich

tänzerische Elemente. Das Wie der Präsen-

kulturen in Klassik, Jazz und Pop gesammelt

Besonderheiten sowohl im künstlerischen

tation bekommt einen herausgehobenen

hat, wird diese bei Schulkonzerten nutzen

Selbstverständnis der Musiker*innen als

Stellenwert, ein Konzert wird inszeniert. Das

und kann das scheinbar Unvereinbare

auch in der Erwartungshaltung dem Publi-

alles ist mehr als oberflächliche Show, son-

kompetent verbinden.

kum gegenüber. Technische Präzision und

dern paradigmatisch für die Funktionsweise

hohe Virtuosität sind heute im Jazz nahezu

Populärer Musik. Es geht darum, das – selbst-

unabdingbar, um vorne mitzuspielen. Kompo-

verständlich stehende – Publikum vollkom-

sitionen und Arrangements verlangen danach,

men einzubeziehen, eine möglichst enge

und natürlich ist jeder Musiker auch Solist

Verbindung aufzubauen, eine Art emotiona-

und hat sich improvisatorisch zu beweisen.

les Einverständnis herzustellen. Angestrebt

Eine sportive Komponente des künstlerischen

wird eine synästhetische Erfahrung, ein

Tuns hat sich seit den frühen Jazztagen mit

Erlebnis, das so nur live und einmalig

ihren Pianobattles und Band-Wettstreiten bis

hergestellt werden kann.

heute in Form der Jamsessions gehalten. Die Bühne wird ein Stück weit zur Arena, und

Studierende absolvieren durch regelmäßiges

das Publikum ist aufgefordert, das Spektakel

Auftreten eine Art wiederkehrende Test-

mit spontanen Beifallsbekundungen energe-

schleife. Neben den musikalischen und instru-

tisch zu befeuern. Das Bedürfnis nach dieser

mentalen bzw. sängerischen Anforderungen

unmittelbaren Rückmeldung durch das

gilt es, sich mit den technischen Aspekten

Publikum ist selbst dort zu spüren, wo Jazz

vertraut zu machen und sich darauf einzu-

die Gepflogenheiten des klassischen Konzerts

stellen (Mikrofonierung, Monitoring, Licht-

übernimmt und auskomponierte, planerisch

und Tonsituation, Soundchecks, Kommuni-

29


Ingrid von Fumetti OASE DER MITMENSCHLICHEN KUNST Wann wirst du in deine Altenheimwohnung ziehen? Das werde ich – jetzt 72-jährig – öfters gefragt. Meine entschiedene Antwort: erst, wenn die Musikhochschule aus der Eschersheimer Landstraße auszieht …

Angelika Köhn ZWEITES WOHNZIMMER

Denn so lange ist eine meiner größten Freuden,

Mit meinen fast 64 Jahren spüre ich beim

zu haben an dem Treiben der Studierenden

Betreten meines zweiten Wohnzimmers,

und Lehrenden in ihrer aufgeschlossenen

und das seit 2013, die unbändige Freude

und freundschaftlichen Internationalität,

des Jünger-Werdens und der Verzauberung.

ihrer Lebensfreude, wie sie voller Begeisterung

Schon beim Eintritt in das Foyer der

Wenn im Kleinen Saal die Stühle auf die

und Engagement miteinander üben, sich

Hochschule fällt uns das Gewusel und das

Bühne geräumt werden und die Schauspie-

vervollkommnen, bis sie in großer Perfektion

freundliche, ja bisweilen freundschaftliche

ler oder Sänger unten agieren, wenn im

für ihr Publikum musizieren, tanzen und

Verhältnis von Lehrenden und Studierenden

Großen Saal ein Student das Klavier vor der

schauspielern. Gerade das Mitverfolgen dieser

auf. Noch freudiger wird es dann bei den

eigenen Benutzung nach anderen abwischt.

individuellen Entwicklungen und Steigerung

Aufführungen: die Spielfreude, die Lust am

Wenn ein Professor die Bratsche beim

der jeweiligen Begabungen zur Reife ist mir

Musizieren, an Körperbewegung in Theater

Kammermusikabend mangels Studierender

über die Jahre eine besondere Freude: In dem

und Tanz, die Frische der Stimmen. Das

in der Prüfung einfach durchs Klavier er-

besonderen Klima großer gegenseitiger Wert-

Engagement und die Experimentierfreudig-

setzt, dann weiß ich, dass ich all das so nicht

schätzung und Anerkennung zwischen den

keit der Hochschüler faszinierten uns mehr

an anderen Veranstaltungsorten in Frankfurt

Studierenden, aber auch den Lehrenden

als die (positive) Routine anderer Veranstalter

erleben darf. Auch nicht das stundenlange

gelingt ein Zusammenwirken, wie es beispiel-

und Veranstaltungen. Wir hoffen sehr, dass

Zusehen der Tänzer bei ihren Proben an

haft für unser Miteinander in der Welt all-

die Hochschule dafür in Zukunft endlich

einem Samstagvormittag. Wo mir klar

gemein sein könnte. Wenn wir uns alle uns

genug und optimalere Räume bekommt!

wurde, dass ich mich mehr bewegen sollte!

mehr bemühen würden, nicht nur Macher

Oder Meisterkursen beizuwohnen. Über-

unseres Lebens zu sein, sondern unser Leben

haupt, die Entwicklung der Studierenden

als Kunst des fried- und geistvollen Mit-

egal welcher Fachrichtung zu verfolgen, sie

und Füreinanders zu gestalten. Tausendmal

als Alumni bei Klassenabenden wieder-

Dank allen Menschen, die in der HfMDK

zusehen oder noch besser bei Auftritten im

Frankfurt wirken und solch eine Oase der

Frankfurter Raum. Möge es ewig so weiter

„mitmenschlichen Kunst“ zusammen mit

gehen!

dem hohen Genuss der Musik der Stadt

den Tag damit zu beenden, die paar Schritte in die HfMDK rüberzugehen und Anteil

Frankfurt bieten.

30

Mechthild und Günter Ilchmann ENGAGEMENT UND EXPERIMENTIERFREUDIGKEIT


Fragen an Studierende

Inwiefern erleb(t)en Sie das Studium an der HfMDK als Vorbereitung auf die Bühne und den Auftritt als Künstler*in?

Mane Harutyunyan

Alina Huppertz

Alicia Dreyer

Oboe und Barockoboe

Bachelor Gesang, vorher L3 (Musik für

L3 (Musik für das Lehramt an Gymnasien)

das Lehramt an Gymnasien) Ich finde, dass ich an der Hochschule und

Im Rahmen meiner Gesangsausbildung gibt

Besonders durch den Sprecherziehungs-

bei Prof. Fabian Menzel sehr viel gelernt

es viele Kurse, die mich auf die Bühne und

unterricht und durch die Möglichkeiten

habe, was mich auf die Bühne und das Spiel

den Auftritt als Künstlerin vorbereiten. Neben

Chor-, Orchester- oder Ensembleproben

im Orchester vorbereitet hat. Alle Klassen-

dem Hauptfachunterricht schätze ich dies-

zu leiten, erlebte ich mein Studium als Vor-

vorspiele, die Probespiel-Trainings und

bezüglich vor allem das vielfältige Angebot

bereitung für das Auftreten als Lehrerin.

Bläserübungen sind tolle Möglichkeiten, in

an Körperbewusstseinsmethoden, den szeni-

dieser Hinsicht Erfahrung zu sammeln. In

schen Unterricht sowie den Korrepetitions-

meiner Zeit an der Mannheimer Hochschule

unterricht durch verschiedene Lehrende,

konnte ich alle zwei Monate mit einem per-

die alle auf unterschiedliche Art inspirieren.

sönlichen Coach arbeiten – das hätte ich mir

Besonders hilfreich ist für mich auch die regel-

in Frankfurt auch gewünscht. Den Austausch

mäßige Teilnahme an den Szeneprojekten,

mit ihm habe ich als wertvolle Vorbereitung

für welche u. a. Regisseur*innen von extern

auf die Bühne empfunden. Um sich dort

an die HfMDK kommen. Dadurch entsteht

reif zu präsentieren, muss man sich zuvor

ein realistischeres Bild auf die Anforderungen

selbst kennengelernt haben.

solcher Produktionen. Aber letztlich braucht es auch eine stetige Auseinandersetzung mit der eigenen Person, eigenen Zielen und der Musik, die ich singen möchte. Hierfür würde ich mir ein größeres Angebot zum interdisziplinären Austausch bzw. zur Diskussion mit Studierenden anderer Fachrichtungen wünschen.

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Eine kurze Geschichte des Fracks

EINE KURZE GESCHICHTE DES FRACKS Von Eike Wernhard, Professor für Klavier Blasiert ohnegleichen weist der Haushof-

obligatorisch. Spielt heutzutage der Frack

nur noch Premieren im Frack, Repertoire-

meister im Vorspiel der Oper „Ariadne auf

als „großer Gesellschaftsanzug“ außer viel-

vorstellungen aber schlicht, in schwarzer

Naxos“ (UA 1916) den Lehrer des Komponis-

leicht beim Wiener Opernball, bei Fürsten-

Hose und schwarzem Hemd ohne Krawatte,

ten in die Schranken, der dagegen protestiert,

hochzeiten oder diplomatischen Empfängen

eine Kombination, die bis dato das Kenn-

dass die tragische opera seria seines Schülers

kaum noch eine Rolle, hat er als Arbeits-

zeichen von Spezialensembles war, die sich

aus Zeitersparnis gleichzeitig mit einer fri-

kleidung in einigen wenigen Nischen die

bewusst vom etablierten Konzertbetrieb

volen commedia dell’arte aufgeführt werden

Zeit überdauert. So versorgen zum Beispiel

abgrenzten.

soll: „Ich wüsste nicht, wer außer meinem

seit 1955 befrackte Saaldiener die Minister

gnädigen Herrn, in dessen Palais Sie sich be-

und Abgeordneten des deutschen Bundes-

Und Musikerinnen? Der Beruf einer Instru-

finden und Ihre Kunstfertigkeiten heute zu

tags mit Wasser oder Beruhigungsmitteln.

mentalistin galt früher als unschicklich und

produzieren die Ehre haben, etwas zu gestat-

Und obwohl sie längst den Status von

kam ohnehin nicht in Frage; eine professio-

ten – geschweige denn anzuordnen hätte.“

Lakaien überwunden haben, bilden die

nelle Laufbahn konnten im Prinzip nur

Mit diesem einen Satz seines Librettos stellt

Musiker sicher mit Abstand die größte

Sängerinnen einschlagen. Als Solistinnen

Hugo von Hofmannsthal klar, welche gesell-

Fraktion derjenigen, die dieses Relikt des

singuläre Erscheinungen, zogen sie sich

schaftliche Stellung Musiker im 17. Jahr-

Feudalismus seit Hunderten von Jahren

dementsprechend individuell an und trugen

hundert, der Zeit der Handlung, innehatten.

als Dienstuniform tragen.

entweder nach der herrschenden Mode eine

Sie waren Lakaien, und als solche trugen sie,

Abendrobe oder auf der Opernbühne ein

wenn sie ihre „Kunstfertigkeiten“ vorführten,

Doch selbst im Musikbetrieb beginnt der

Kostüm. Und da Orchester, die normaler-

eine Livree, die sie unmissverständlich als

Frack an Bedeutung zu verlieren. Dass

weise einheitliche Kleidung verlangen, Frauen

Angehörige des dienenden Stands kenntlich

Friedrich Gulda seinem Ruf als pianistisches

für lange Zeit nicht zuließen, hat es eine

machte: eine kurze, bis zur Taille reichende

enfant terrible getreu in einem Konzert mit

weibliche Berufsuniform analog zum Frack

Jacke mit zwei hinteren Rockschößen. Den

den Wiener Philharmonikern nicht im Frack,

nie gegeben. Das ist gewiss ein Grund dafür,

Uniformen des Militärs nachempfunden,

sondern in Jeans auftrat, galt vor 50 Jahren

dass die Kleiderordnung unserer Orchester

war sie eine Sparversion des aristokratischen

noch als Eklat, über den selbst der „Spiegel“

für Frauen wesentlich variabler ist als

Herrenrocks, der zusätzlich zwei vordere

berichtete. Doch inzwischen gehört indi-

diejenige für Männer.

Schöße besaß.

viduelle oder sogar provokante Kleidung, durch die sich Dirigenten und Solisten

Ob Frack oder Abendkleid, ob Hemd oder

Vielleicht um zu provozieren, vielleicht um

inszenieren, geradezu zum Alltag auf dem

Bluse, das Konzert erfordert eine andere

bequemer reiten zu können, begann in den

Podium, angefangen vom indischen Design

Kleidung als die Probe. Die uniforme Auf-

1730er Jahren auch der englische Adel, einen

der hochgeschlossenen Jacken Simon Rattles

machung eines Ensembles unterstützt ebenso

Frock im Schnitt der Livree zu tragen, der als

über das Piratenhemd Tzimon Bartos bis hin

den Eindruck von seiner Homogenität wie

frac à l’anglaise zunächst in Frankreich und

zum nostalgischen Gewand, das Sebastian

ausgefallene Designs die Besonderheit von

später in ganz Europa bis Mitte des 19. Jahr-

Weigle trägt, wenn er in der Alten Oper das

Solisten hervorheben. Und wie Untersuchun-

hunderts die Herrenmode dominierte. Da-

Museumsorchester dirigiert. Und auch für

gen gezeigt haben, beeinflussen solche opti-

nach verschwand er nach und nach aus dem

Orchestermusiker scheinen fracklose Zeiten

schen Komponenten in hohem Maße die

Alltag und war – nun in Schwarz – nur noch

anzubrechen. So spielt das Frankfurter

musikalische Wahrnehmung; denn das Auge

für bestimmte festliche Anlässe am Abend

Opernorchester beispielsweise seit Jahren

hört schließlich mit.

33


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

HERAUS TRITTE

Der Projektfonds „KunstPAKT“ ermöglicht Studierenden Bühnenerfahrung mit interdiszplinärem Ansatz Von Friederike Thielmann, Projektleiterin KunstPAKT

Der Projektförderfonds KunstPAKT unter-

stoßen. „Ich fand zunächst ein Projekt nicht

stützt Studierende der HfMDK finanziell

machbar, das nicht allein eine Entwicklung

organisatorisch und dramaturgisch in selb-

und Verteidigung meiner Idee, sondern eine

ständigen und interdisziplinären Hochschul-

Zusammenarbeit und eine Entwicklung und

projekten und bietet damit einen wertvollen

Verteidigung des interdisziplinären künstle-

Freiraum für künstlerische Experimente,

rischen Prozesses ist“, sagt die Regiestudentin

eigene ästhetische Ansätze und die Erfahrung,

Sahar Rezaei; „KunstPAKT ermöglicht nicht

fächerübergreifend gemeinsam Konzepte zu

nur zusammenzuarbeiten, sondern auch

entwickeln und Arbeitsweisen zu erproben.

kreativ neue Formen zu entwickeln, die im

Ein KunstPAKT-Projekt bedeutet für die

Rahmen der regulären Studienprojekte nicht

Studierenden auch die Herausforderung,

möglich sind, da es darin klare Rahmen und

ein Konzept zu schreiben, einen Kostenplan

Aufgaben gibt.“

aufzustellen und zu verwalten sowie ein Projekt eigenverantwortlich zu planen

Ein KunstPAKT-Projekt bedeutet auch,

und zu realisieren.

aus den eigenen Expertisen herauszutreten, wie Isabella Roumiantsev, ebenfalls Regie-

So haben sich im letzten Semester fächerüber-

studentin, es formuliert: „Jeder von uns ist

greifende Kollaborationen und Kollektive

aus seiner künstlerischen Expertise heraus-

gegründet: Das „Backsteinkollektiv“ hat mit

getreten und hat in den anderen Disziplinen

„Das Leben ist kein Ponyhof“ eine Perfor-

mitgemacht und mitgedacht.“ Und die Schau-

mance über seine Generation und politische

spielstudentin Annedore Antri findet: „Es

Protestformen kreiert, „Mädchentheater“ hat

ist super spannend, sich in alle möglichen

mit „Ovartorium“ einen Gottesdienst der

Bereiche reinzufuchsen oder zu diskutieren

„Mädchenfizierung“ gefeiert, mit „Physical

oder einfach drauf loszulegen, auch oft ohne

bee-ing“ wurde eine Form zwischen Musik-

konkrete Ziele.“ Das bedeutet nicht nur, dass

und Tanztheater entwickelt. In dem szenischen

Regisseur*innen oder Komponist*innen auch

Projekt „Quersumme HfMDK“ haben neun

Darsteller*innen sein können, Kontrabass-

Studierende aus verschiedenen Fachberei-

ist*innen tanzen oder Sänger*innen als

chen bei der hochschulweiten Veranstaltung

Performer*innen in einem Kollektiv agieren –

„HfMDK kompakt“ das Hochschulhaupt-

jede Arbeitsweise und Probenabläufe

gebäude in Foyers, Glasgängen und Tief-

erfordern das gemeinsame Suchen und

garage bespielt.

Entscheiden, die eigenen Ideen und Angebote zur Disposition zu stellen und auf die der

Interdisziplinäres Arbeiten bedeutet nie

anderen zu reagieren, eine durchaus reibungs-

allein aufzutreten, sondern die Konzepte,

volle und reizvolle Erfahrung. Und das

künstlerischen Strategien, Themen und

Kennenlernen neuer Proben- und Produktions-

Herangehensweisen in Absprache und ko-

abläufe kommentiert der Kompositions-

KunstPAKT-Performance im Rahmen

produktiv zu bewerkstelligen. Wer es also

student Junsun Park mit „besonders das

von „HfMDK Kompakt“

gewohnt ist, zuhause zu üben und in wenigen

‚neu von neu‘ gefällt mir.“

gemeinsamen Proben zusammenzukommen, allein die Vorherrschaft über das Konzept zu haben oder „nur auszuführen“, der wird hier auf Austauschen, Aushandeln und Öffnung

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Impressum Frankfurt in Takt – Magazin der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main Eschersheimer Landstraße 29–39 60322 Frankfurt am Main www.hfmdk-frankfurt.de Herausgeber Prof. Elmar Fulda,

Musikerleben

Präsident der HfMDK Frankfurt am Main Redaktion Björn Hadem (bjh) Redaktionsbeirat Dr. Sylvia Dennerle, Björn Hadem, Dr. Laila Nissen, Anatol Riemer, Prof. Dr. Dagmar Borrmann, Prof. Christopher Brandt, Prof. Eike Wernhard Autoren Prof. Ralph Abelein, Lukas Adams, Prof. Dr. Dagmar Borrmann, Elias Bollinger, Prof. Christopher Brandt, Prof. Vassilis Christopoulos, Prof. Ingo Diehl, Alicia Dreyer, Lisa Eder, Beate Eichenberg, Prof. Volker Freischlad, Heiko Frieling, Prof. Elmar Fulda, Björn Hadem (bjh), Mane Harutyunyan, Prof. Dieter

50 Parkplätze und Haltestelle vor Or t Roland Planet Store

DAS G R Ö S ST E MUSIKHAUS

im Rhein-MainGe

biet

Werkstätten für Blasinstrumente und Elektronik vor Ort

Heitkamp, Renate Hink, Alina Huppertz, Mechthild und Günter Ilchmann, Marie Elisabeth Knoch, Prof. Stefanie Köhler, Angelika Köhn, István Lukács, Anne-Kathrin Matz, Volker Mohr, Dorle und Thomas Muth, Prof. Klaus Schuhwerk, Anne Rumpf, Udo Schweickhardt, Prof. Fabian Sennholz, Lukas Siebert, Melanie Suchy, Prof. Ursula Targler-Sell, Isa Terwiesche, Friederike Thielmann, Susanne Triebel, Ingrid von Fumetti, Ruth Waniek, Prof. Eike Wernhard, Prof. Bernhard Wetz Fotos Jost Ammon, Marco Borggreve, Ingo Diehl, Björn Hadem, Pascal Lieleg, Lorna Lüers, Andreas Reeg, Hansjörg Rindsberg, Maciej Rusinek, Andrea Tallis, Guido Werner, „wildundleise“ Titelfoto Maciej Rusinek

Neue Stadt, neuer Sound? Ganz gleich, ob du in einer Band, am Lagerfeuer, vor Freunden, großem Publikum oder ganz für dich allein spielst, das Musikhaus session in Frankfurt ist deine Adresse für Instrumente und Equipment. Besuch uns in der Hanauer Land straße – wir sorgen für die richtige Ausstattung für deinen eigenen Stil und sind mit Rat und Tat für dich da!

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

WER AUFTRITT, BRINGT SICH SELBST EIN

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Foto: Pascal Lieleg


Wer auftritt, bringt sich selbst ein

Warum Musikunterricht immer eine Präsentation zum Ziel haben sollte Von Fabian Sennholz, Professor für Ensemblearbeit, Bandcoaching und Gruppenmusizieren, und Anne Rumpf, Lehrbeauftragte für Fachdidaktik Grundschullehramt/Singen mit Kindern Wenn musikalisches Handeln im Mittel-

Schon Auftritte im kleinen Rahmen lösen

Sie machten die Erfahrung, dass Proben-

punkt des Musikunterrichts stehen soll, ist

den Prozess der Identifikation der Schüler*in-

arbeit anstrengend sein kann, das Ziel aber –

der Erfolg grundsätzlich daran geknüpft,

nen mit ihrem Musizieren aus. Eine größere

der Auftritt – in hohem Maße erfüllend

dass sich die Schüler*innen mit dem eigenen

Öffentlichkeit steigert die Relevanz für sie er-

und ergreifend für sie war. Beide Projekte

Musizieren identifizieren – denn erst dann

heblich, stellt aber auch höhere Anforderun-

erfüllten zudem wichtige Kriterien für die

erhält es für sie eine entscheidende Bedeu-

gen an die Qualität und Organisation. Eine

Umsetzung in der Schule: Zum einen war

tung. Eine gute Möglichkeit, dies zu errei-

wirklich bahnbrechende Relevanz haben für

eine Binnendifferenzierung innerhalb der

chen, ist die Vorbereitung und Durchführung

die Kinder und Jugendlichen solche Auftritte,

Projekte möglich, sodass sich jeder Schüler

eines Auftritts. Wenn die Schüler wissen,

die außerhalb der Schule für eine allgemeine

mit seinen Fähigkeiten einbringen konnte.

dass sie ihr Musizieren vor anderen präsen-

Öffentlichkeit stattfinden: Hier blenden sie

Zum anderen wurde die Kontinuität im

tieren werden, wird es für sie als Person

die Schulsituation aus und identifizieren sich

Unterricht gewahrt, weil die Auftritte in den

relevant: Aus der Erledigung einer „Schul-

als ganze Person mit ihrem Auftritt. Zwei

Unterrichtsalltag eingebettet waren. Zudem

aufgabe“ wird ein Musizieren im eigentli-

gelungene Beispiele aus diesem Jahr möch-

setzen die von uns beschriebenen Auftritte

chen Sinne, mit dem die Schüler sich selbst

ten wir daher kurz aus eigener Erfahrung

ein Gegengewicht zu den allgegenwärtigen

ausdrücken können und wollen.

vorstellen: Die Stadtteil-Oper „Sehnsucht

Casting-Shows und den damit transportier-

nach Isfahan“ haben alle Kinder der Henri-

ten Klischees über Erfolg und Ruhm. Für

Entscheidend ist, in welchem Rahmen

Dunant-Schule im Volkshaus Sossenheim

einen relevanten Musikunterricht können

und vor welchem Publikum ein Auftritt

gemeinsam mit Studierenden und Profi-

wir nur empfehlen: Lasst eure Schüler

realisiert werden kann:

Musikern aufgeführt.

auftreten!

• in der Klasse: ein Teil der Klasse

Beim Projekt „6K UNITED!“ singen bis zu

spielt den anderen etwas vor,

6.000 Kinder (8–13 Jahre) aller Schulformen

• Auftritt vor einer anderen Klasse,

gemeinsam und gestalten mit einer Live-

• kleine Konzerte mit mehreren Klassen

Band ihr eigenes professionelles Konzert in

(„Werkstatt-Konzerte“), • schulöffentlich: Begrüßung neuer Schüler, Weihnachtskonzerte u. ä., • im öffentlichen Raum.

einer riesigen Arena – 2018 in Berlin, Hamburg und Düssldorf. 2019 findet auch in Mannheim ein Konzert statt, an dem Frankfurter Schulen und Chöre teilnehmen können. Bei beiden Projekten wuchsen die Schüler*innen mit dem Auftritt vor Augen über sich hinaus, arbeiteten im Musikunterricht über Monate hinweg auf ihr Ziel hin und zeigten auf der Bühne beeindruckende Leistungen.

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Es sind ganz persönliche, tiefe Einblicke, die Werner Wölbern gewährt. Er ist Professor für Rolle und Szene an der HfMDK und auf Theaterbühnen gefragt. Dass Lampenfieber ein Leben lang eine Herausforderung ist, verrät er im Gespräch mit Dr. Dagmar Borrmann, Professorin und Ausbildungsdirektorin für Schauspiel an der HfMDK.

DER AUGENBLICK IST UNSER UNIVERSUM Ein Gespräch mit Werner Wölbern über das Auftreten

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Foto: Hansjörg Rindsberg


Der Augenblick ist unser Universum

Wann beginnst du, dich auf eine Vor-

Wie gehst du mit Lampenfieber um? Wann

Mobiltelefone. Was soll das? Schauen die

stellung vorzubereiten? Hast du eine

ist es am stärksten? Viele Schauspieler

Leute nach, ob sie neue Nachrichten be-

bestimmte Abfolge, was du wann tust?

beschreiben, dass Lampenfieber im Laufe

kommen haben? Oder wie spät es ist? Mit

Rituale? Techniken?

des Berufslebens eher zu- als abnimmt.

der Zeit bin ich – zumindest in dieser

Prof. Werner Wölbern Die Rituale zur Vor-

Teilst du diese Erfahrung?

Hinsicht – etwas gelassener geworden: War

bereitung auf eine Vorstellung sind seit

Prof. Werner Wölbern Leider ist das so, ja …

die Arbeit gut? Bin ich mit meiner Arbeit

vielen Jahren die gleichen: Ab etwa fünf

das Lampenfieber nimmt nicht ab. Ich weiß

zufrieden? Ja? Spiele ich meine Rolle so gut

Stunden vorher gehe ich in Ruhe den Text

nicht genau, warum das so ist, ich vermute

ich kann, so, wie ich sie verstehe, habe ich

nochmals durch. Vor meinem inneren Auge

aber, ich werde mit zunehmendem Alter

Kontakt mit meinen Kollegen auf der Bühne,

spulen sich dabei das Stück und insbeson-

immer kritischer mit mir selbst, oder miss-

bin ich mit mir im Reinen? – Dann kann

dere meine Figur ab, ich schaffe mir einen

trauischer: Bist du wach? Kannst du los-

ich mich besser abgrenzen, meinen Raum

emotionalen Erinnerungsraum. Dabei

lassen? Vertraust du dir? – Am schönsten ist

behaupten und ausfüllen.

entsteht ein Atem, der bis zum Beginn der

das Theaterspielen in den ersten drei Proben-

Vorstellung anhält und es mir ermöglicht,

wochen: wenn alles möglich ist, wenn es

Im Verlauf der Probenarbeit wird unendlich

meine innere Anspannung zu kontrollieren

keine Fehler gibt, nur Entdecken, Machen,

viel gesammelt und vieles wieder verworfen.

und bestenfalls in Spielenergie umzuwan-

Ausprobieren. Dann aber schaltet sich irgend-

Ich habe als Dramaturgin oft wahrgenommen,

deln. Grundsätzlich überprüfe ich immer

wann das Gehirn ein und fängt an, Urteile

dass Schauspieler*innen in der Premiere

meine Requisiten (ist alles da, am richtigen

zu fällen – das ist dann immer eine Heraus-

Details spielen, die in den Endproben gar

Platz?), und bei schnellen Umzügen selbst-

forderung, das Anarchie-Schwein in mir

nicht mehr vorkamen, aber plötzlich wieder

verständlich auch mein Kostüm; auch das

wieder von der Leine zu lassen und alles

„da“ sind. Kennst du dieses Phänomen,

gehört zu den regelmäßigen Ritualen. Von

noch mal lustvoll in Frage zu stellen. Wenn

und wenn ja, wie erklärst du es dir?

Stück zu Stück unterschiedlich sind die

es gelingt, das Netz, den doppelten Boden

Prof. Werner Wölbern Ja. Es ist eine Art

äußerlichen (körperlichen, stimmlichen)

abzureißen und angstfrei in die Offensive zu

„emotionales Gedächtnis“, das Details und

Rituale: Manchmal muss ich vor der Auf-

gehen – dann hat das Lampenfieber in der

Dinge, die im Probenverlauf organisch

führung unbedingt einmal über die Bühne

Regel keine Chance. Ab der dritten, vierten

entstanden und – oft aus unerfindlichen

gehen, einmal in den Rang schauen oder ein

Vorstellung ist es dann sowieso besser.

Gründen – im Stress der Endproben verloren

paar Liegestütze machen, manchmal muss

Dann beginne ich zu fliegen und alles ist gut.

gegangen sind, im Spielfluss wieder hoch-

ich eine längere Textpassage laut in den

Premieren hingegen sind oft sehr, sehr

spült. Manche nennen es „flow“, für mich

Bühnenraum stellen, manchmal summe ich

problematisch. Da hilft zuweilen nur atmen

passt der Begriff „fliegen“ besser: Das Hirn

eine halbe Stunde lang in meiner Garderobe

und ins Weltall schauen.

hat seine Arbeit getan und darf sich schlafen

vor mich hin, manchmal trinke ich einen

legen; der Körper, die Seele erinnert sich. Es

Espresso, manchmal nicht, manchmal muss

Ist der erste Auftritt in einer Vorstellung

geht um Selbst-Vertrauen. Im Wortsinn. Den

ich meine Mitspieler vorher sehen und mit

aufregender als der letzte?

umgekehrten Fall kenne ich aber genauso

ihnen sprechen, manchmal ziehe ich mich

Prof. Werner Wölbern Ja. – Es ist ja immer

gut: dass manche Details, die in den End-

komplett zurück und will nicht gestört wer-

diese Geburt. Anfangs tut es weh, dann wird

proben verabredet wurden, in der Premiere

den; diese stück-spezifischen Rituale entstehen

es besser, leichter. Vieles hängt auch von der

dann fehlen. Meistens ist das ein Zeichen

während der Endprobenzeit und haben keinen

Chemie mit dem Publikum ab: Sind sie da?

dafür, dass die Einfälle (von Regie oder vom

überprüfbaren oder sinnstiftenden Grund …

Sind sie aufmerksam? Es ist ja ein weitver-

Schauspieler) aus einer Originalitäts-Laune

Sie sind irgendwann einfach da und ich hinter-

breiteter Irrtum, dass der Schauspieler auf

entstanden und nicht seelisch-körperlich an

frage sie nicht. Manche nennen es Aberglaube,

der Bühne resistent ist gegen Husten, Grun-

die Figur angebunden waren.

für mich sind es kleine, unsinnig-liebevolle

zen, Flüstern im Publikum. Man bekommt

Haltepunkte, kleine Geheimnisse, kleine

alles mit. Alles. Es ist ja furchtbar mitunter.

Fluchten vor der Entäußerung.

Vor allem dieses verdammte Aufleuchten der

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Wie gehst du mit Routine um?

Du stehst in der Gasse, kurz vorm Auftritt,

Hast du eine spezielle Methodik, bei einer

Prof. Werner Wölbern Es gibt keine Routine.

und siehst, dass die Kollegen nicht wirklich

längeren Probenarbeit (zum Beispiel am

Leider? Keine Ahnung. Aber es ist immer,

miteinander spielen. Was tust du?

szenischen Vordiplom) die Studierenden zu

immer wieder dieser eine Moment, bevor

Prof. Werner Wölbern Damit befasse ich

befähigen, in Hinblick auf die Premiere das

der Vorhang auf- oder das Licht angeht: jetzt!

mich ehrlicherweise nicht. Ich habe genug

Erarbeitete so zu fokussieren, dass sie trotz

Ich behaupte – auch wenn es anmaßend

mit mir selbst und meiner Energie für die

Aufregung und Lampenfieber bestmöglich

klingt –, dass kein darstellender Künstler,

jeweiligen Szenen zu tun. Außerdem halte

spielen können? Gibt es in diesem Punkt

kein Musiker, jemals routiniert werden kann,

ich es grundsätzlich für falsch, seine Mit-

einen Unterschied zwischen pädagogischer

wenn er in der Lage ist, seinen Beruf ernst zu

spieler*innen/Kolleg*innen zu bewerten

Arbeit und der Arbeit an einer Inszenierung

nehmen. Der Augenblick ist unser

und zu beurteilen.

mit „gestandenen“ Schauspielern?

Universum – darin ist alles möglich. Er ist

Prof. Werner Wölbern Es ist wichtig, dass

Himmel und Hölle gleichermaßen. Himmel,

Wenn du mit Studierenden an einer Rolle

die Studierenden im Verlauf eines Arbeits-

weil er glüht und brennt und explodiert.

arbeitest: Gibt es dabei etwas Grundsätz-

und Probenprozesses lernen sich zu ver-

Hölle, weil er immer sofort wieder vorbei ist.

liches, das du zum Thema „Auftritt“

trauen, ihren Impulsen zu folgen und dass

Schrecklich eigentlich.

vermittelst, oder ist das situations- und

sie sich auf das Erarbeitete verlassen können.

figurenabhängig?

In diesem Punkt unterscheidet sich die

Ich kenne einen Regisseur, der den Schau-

Prof. Werner Wölbern Grundsätzlich: Was

pädagogische Arbeit kaum von der Arbeit

spieler*innen empfiehlt, mit ihrem Auftritt

willst du erzählen? Wo ist der Konflikt?

eines Schauspielers an der Rolle. Es hat

grundsätzlich das bestehende Energielevel

Wo ist das Problem der Szene? Oder, noch

sehr viel mit Selbstvertrauen zu tun. Auch

und die Dynamik auf der Bühne zu

grundsätzlicher: Wo kommst du her, was

Selbst-Bewusstsein. Sich-Selbst-Bewusst-Sein.

verändern – wie eine Billardkugel, die durch

hast du vor? Worum geht es? Als Schauspie-

Schauspieler und Schauspiel-Studierende

einen starken Impuls das Feld „aufmischt“.

ler ist es sehr wertvoll und hilfreich, einfach

sollten von Anfang an lernen, zu dem zu

Was hältst du davon?

zu bleiben, einfach zu denken. Lampenfieber

stehen, was sie sich erarbeiten. Wir stellen

Prof. Werner Wölbern Schönes Bild. Ja,

und Auftrittsangst entstehen vor allem da-

uns ja öffentlich dar, mit unserer ganzen

damit kann ich was anfangen. Peter Brook

durch, dass man zu sehr mit äußeren Dingen

Person und sehr ungeschützt, unser

hat es ähnlich ausgedrückt: Interaktion

und Wirkungen beschäftigt ist: Werde ich

Instrument sind wir selbst: unser Körper,

entsteht, wenn ein Status Quo, auch: ein

verstanden? Wird das Publikum begreifen,

unsere Stimme, unsere Seele. Das heißt aber

in-aktiver Mensch, durch einen anderen

was ich erzählen will? – Damit verlässt man

auch: Wir müssen frühzeitig lernen, mit

Menschen verändert wird. Dadurch wird ein

sein Zentrum und verliert den Fokus auf die

Kritik umzugehen und sie zu akzeptieren.

Zustand zum Vorgang – und damit lebendig.

Arbeit und auf den Inhalt. Rein technisch ist

Das versuche ich den Studierenden zu

Das ist das, was wir im Theater, auf der

es überaus hilfreich, vor dem Auftritt einige

vermitteln: Arbeitet gut, arbeitet hart … und

Bühne (und ja auch im Leben) sehen und

Male tief durchzuatmen, sich umzuschauen,

dann steht zu dem, was ihr erarbeitet habt.

erleben wollen: nachvollziehbare,

die Hand auf die Brust zu legen und einfach

Dass unsere Arbeit in den seltensten Fällen

unvorhersehbare Ereignisse, folgerichtige

mal kurz zu lächeln. Das gibt Kraft. Im Ernst.

ALLEN gefällt, ist berufsimmanent. Das

Überraschungen. Es ist sehr spannend, was

kann schmerzhaft sein. Und hinzu kommen

die Billardkugel auslöst und wohin die

oft große Zweifel – im besten Fall kann der

anderen Kugeln beim Aufprall rollen. Es ist

Schauspieler diese Zweifel in positive Ener-

aber eher langweilig, wenn die Billardkugel

gie umwandeln, in eine offensive Kraft …

über die Bande fliegt. Denn dann kann man

in Selbst-Bewusstsein. – In diesem Sinne

nur einfach wieder von vorne anfangen.

also: You must believe!

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Publikumsstimmen

Ruth Waniek PRÄZISION UND LEICHTIGKEIT Renate Hink AUF DEN SPUREN EINES WERDEGANGS

Welch ein Genuss! Klavierkonzerte auf höchstem Niveau ohne Kleiderzwang und Kartenvorbestellung – die ganze Palette quer durch die Jahrhunderte bekomme ich

So ein vielfältiges Angebot an Musik, Tanz

Volker Mohr BEEINDRUCKT UND FROHGEMUT

geboten und kann dabei schon ahnen,

Warum gehe ich oft und gern in die

Leichtigkeit vermittelt, ohne den Besucher

Mich fasziniert es, junge und talentierte

Veranstaltungen der HfMDK? Ganz einfach:

die unglaubliche Kraftanstrengung

Studierende von Beginn an zu erleben und

Ich freue mich über die Möglichkeit, die

vergessen zu lassen.

ihren Werdegang zu verfolgen. Ich freue

Vielfalt der Instrumente, Gesangsstimmen

mich, wenn ich etliche davon im Opern-

und Musikstile kennenlernen zu können.

studio oder in großen Rollen an der

Meine Hauptinteressen sind Klavier, Gesang

Frankfurter Oper wiedersehe.

und Violine, und ich gehe fast immer sehr

und Schauspiel – und das zu erschwinglichen Preisen für jedermann – findet man im Rhein-Main-Gebiet nirgendwo sonst.

welche Meister mich künftig an anderen Orten erfreuen werden. Hier wird Professionalität eingeübt und Präzision gefordert,

beeindruckt und frohgemut nach Hause. Es gab schon so viele „Highlights“, aber

Besonders freut es mich, wenn ich nach dem

für mich war es in der letzten Saison das

Auftritt mit den Interpreten ins Gespräch

Abschiedskonzert des Bratschenprofessors

kommen kann.

Roland Glassl: Das Zusammenspiel mit seinen Kollegen und Studierenden und die

Es gibt viele Höhepunkte, aber seit Jahren

Wertschätzung, die sich in seiner Mode-

denke ich an einen „Bohème“-Schluss (mit

ration vermittelte, waren für mich ein

Klavier), der mich mehr beeindruckt hat

sehr bewegendes Erlebnis.

als jede Routine-Aufführung mit Profis. Natürlich bleibe ich der Hochschule treu, solange die Gesundheit mitspielt, und freue mich als Egoist auf das Ende der Sommerferien.

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

REFLEKTIERTES HANDELN STATT BETABLOCKER Von Susanne Triebel, AG Körper und Bewegung an der HfMDK

Während eines Workshops beim Symposium

Handlungen mit dem Ziel von Veränderun-

Ausführenden selbst aus. Den Studierenden

„The Artist`s Body“ (TAB4 Körper & Bewe-

gen durchzuführen. Im Sinne von Foucault,

verhilft dies zu einer kritischen Aufmerksam-

gung) stellte eine Dozentin den anwesenden

der den Begriff der Selbstsorge weitergedacht

keit gegenüber individuellen, gesellschaft-

Teilnehmer*innen die Frage, wer vor einem

hat, sind Veränderungsprozesse nur durch

lichen oder institutionellen Anforderungen.

Vorspiel oder Auftritt bereits Betablocker oder

eine Reflexion des eigenen Tuns, eines Dialogs

Langfristig kann die Verkörperung somati-

andere Substanzen zu sich genommen habe,

mit sich selbst unter Aneignung unterschied-

scher Ideen eine Produktivität entfalten,

um diese Extremsituation zu bewältigen.

licher Perspektiven überhaupt möglich. Dies

wenn sie als eine Art des kritischen und

Rund 20% der anwesenden Studierenden

setzt eine realistische Selbsteinschätzung und

kreativen Diskurses betrachtet werden.

meldeten sich. Auftrittsangst und Lampen-

Schulung der Eigenwahrnehmung sowie

fieber sind nicht nur in professionellen Krei-

die Bereitschaft zur täglichen Selbstreflexion

Angebote MSBL/KIT und

sen ein Thema, sondern bereits im Studium

und Blickveränderung voraus.

msbl/kit am morgen Die HfMDK hat auf diese Notwendigkeit

präsent und müssen daher auch in der Zur Eigenwahrnehmung werden somatische

reagiert. Unter dem Oberbegriff THE ARTIST’S

Techniken empfohlen, und die Nachfrage

BODY bietet sie fachbereichsübergreifend

Diese Phänomene werden hauptsächlich

danach wächst. Somatische Praktiken ent-

Wochenend-Workshops zu Stressmanage-

durch Versagensängste, zu hohen Erwartun-

springen oft asiatischen Bewegungskonzep-

ment, Auftrittstraining und Selbstsorge an.

gen an das eigene Tun oder Druck von außen,

ten oder sind von diesen unterfüttert, sie

Hier werden die Zusammenhänge von

der Eltern, Dozent*innen und des Publikums

heben sich durch die Verbindung von Körper-

Vorstellung und gelungener Vorbereitung

an den Studierenden, hervorgerufen. Es

und Geist-Prozessen von westlichen Bewe-

behandelt. In den täglichen Angeboten wie

entsteht ein individuelles und komplexes

gungskulturen ab. Es wird vielmehr eine

Yoga, Pilates, Tai-Chi und Gyrokinesis prak-

Geflecht von Selbstwahrnehmung, An-

Ganzheitlichkeit erzeugt. Neben bewusst

tizieren die Studierenden über einen längeren

spruchsdenken und Realität.

geführten Bewegungsabläufen in Verbindung

Zeitraum eine Methode. Sie gehen in eine

mit Atmung und philosophischen, kulturel-

tiefere Auseinandersetzung mit der eigenen

Bis es zu solch gravierenden Auswirkungen

len und spirituellen Grundlagen ist eine

Körperwahrnehmung, reflektieren das

wie dem Griff zu Medikamenten kommt,

Verlagerung von außen hin zu Eigenverant-

eigene Tun und erforschen Praktiken, die in

bauen sich die Ängste kontinuierlich auf.

wortung Teil der Praxis. Somatische Erfah-

individuellen Lebens- und Studiensitua-

Eine frühe Anleitung zur Selbstsorge kann

rungen führen zu einer tieferen Selbstwahr-

tionen Anwendung finden – eine physisch-

präventiv dagegenwirken. Das aus der grie-

nehmung, jedoch ohne soziale Analyse,

mentale Vorbereitung auf Vorstellungen

chischen Antike übernommene Konzept der

religiösen Anspruch oder ästhetische Vor-

und weitere Extremsituationen.

Selbstsorge umfasst die Einstellung die Welt

gabe. Das Tun ist von einer externen normati-

zu betrachten, introspektiv den Blick von

ven Ordnung entkoppelt, eine persönliche

der Außenwelt auf sich selbst zu richten und

Einschätzung geht ausschließlich vom

Ausbildung thematisiert werden.

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Weitere Info: tab.hfmdk-frankfurt.info


Publikumsstimmen

Prof. Volker Freischlad TEILHABE UND ANTEILNAHME Anne-Kathrin Matz SEIT 2010 FAN DER HFMDK Mein und Franks Highlight war das Sinti-Orchester, das war super emotional. Mein Highlight waren die Yogastunden in

Seit Jahren nutze ich den Ort und die Veranstaltungen der HfMDK zu Begegnungen mit Freunden und Bekannten, auch mit

Dorle und Thomas Muth EINE STARKE UND INTERESSANTE BINDUNG

der Ballettklasse. Da die Veranstaltungen

Mitgliedern der GFF, mit Professoren und Studierenden. In Ergänzung öffentlicher Aufführungen gewähren mir aber die Veranstaltungen der Hochschule eine persönliche Teilhabe und Anteilnahme: die Nähe

vergleichsweise sehr günstig sind, ist das

Die Konzerte und Veranstaltungen in der

zu hoffnungsvollen Talenten, ihren Mühen

auch ein Grund, immer wieder zu kommen,

HfMDK haben uns als langjährige Besucher

vor der Aufführung, ihrer Empathie und

auch wenn die Parkplatzsituation weniger

eine starke und interessante Bindung mit der

Hingabe beim Auftritt und ihr Glück in

erfreulich ist.

Hochschule beschert. Wir haben ganz unter-

Fortschritt und Erfolg danach. All das darf

schiedliche künstlerische und gestalterische

ich in der ersten Reihe, im direkten Gespräch

Wir wünschen uns ein neues, großes

Auffassungen und Möglichkeiten kennen-

oder auch in der Feier danach persönlich

Haus für die Studierenden an einem groß-

gelernt und konnten viele Einzelheiten mit

und mit ihnen gemeinsam erleben! Meine

artigen Standort mitten in Frankfurt, mit

den beteiligten Lehrenden und Studierenden

Art und Vorliebe „der gelebten Kultur

genügend Parkplatzoptionen.

diskutieren und vertiefen. Dabei interessiert

und Kulturförderung“.

es uns besonders, die künstlerische Entwicklung einzelner Studierender zu verfolgen. Das führen wir auch nach der Beendigung ihres Studiums fort: Wir besuchen Konzerte, kaufen CDs und verfolgen die Presse. In jüngster Zeit haben wir besonders gelungene Beiträge auch von „Ehemaligen“ anlässlich der Verabschiedung von Prof. Hedwig Fassbender sowie den Mendelssohnabend von Katharina Kasper und Dmitry Ablogin miterlebt.

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

PERFORMATIVE ANSÄTZE IN DER VERMITTLUNG Von Prof. Ingo Diehl, Leiter des Studiengangs Master Contemporary Dance Education (MA CoDE)

Dieses Herangehen deckt sich mit aktuellen oder auch zeitgenössischen Vorgehensweisen im Tanz, wenn jenseits von einem linearen Technikverständnis neue Settings gestaltet werden müssen. Daraus kann im besten Falle eine Vermittlungspraxis entstehen, die einen individuellen, aber besonders auch künstlerischen Ausdruck zur Grundlage hat.

Vermitteln und das Testen von neuen Lehr-

digen“ , womit er performance-artige

Denn je nach inhaltlicher Fokussierung

formaten in ungewöhnlichen Kontexten sind

Procedere beschreibt, die nicht nur künstle-

müssen, wie in einer praxisorientierten und

inhaltliche Schwerpunkte im Masterstudien-

rische Formen beinhalten. Diesen erweiterten

angewandten künstlerischen Forschung, die

gang für Contemporary Dance Education.

Begriff des Performativen, der offene

Methoden erst entwickelt werden. Die Choreo-

In einem Arbeitsfeld, in dem sich in den ver-

künstlerische Prozesse genauso wie körper-

graphin Meg Stewart formulierte das in

gangenen Jahren besonders freischaffende

liche Handlung und Präsenz mit einschließt,

einem Interview kürzlich: „Ich hatte keine

und nomadisch arbeitende Künstler-Vermittler

lässt sich durchaus auf unterschiedliche

Technik, die ich später wieder hätte verlernen

einen Namen gemacht haben und institutio-

Vermittlungsformate übertragen.

müssen, sondern musste vielmehr eine Technik

1

nelle Arbeitszusammenhänge neu erobert

und Struktur um mich herum erst aufbauen,

werden müssen, ist der Begriff des Performa-

Eine Präsenz des Lehrenden, die lebendige

um die Dinge umzusetzen, die ich mir

tiven für die Anwendung in einem erweiterten

Kommunikation mit Teilnehmer*innen, die

vorgestellt hatte“.2

Arbeitsfeld durchaus angebracht. Das

Fähigkeit, Zeitlichkeit in speziellen Settings

Performative verweist auf Gestaltungspoten-

zu gestalten und thematische wie auch soma-

Die Integration und Entwicklung individu-

ziale, Präsenz, kommunikative Transfers

tische Kontexte in einem erweiterten Rahmen

eller Lösungen sind als ein reflektierter künst-

oder, wie Hans-Thies Lehmann es in seinem

und mit verschiedenen Zielgruppen jenseits

lerischer Prozess auch für zeitgenössische

Werk zum Postdramatischen Theater zitiert,

von Narration zu verorten, decken sich mit

Vermittlung wesentlich. Damit positioniert

„auf eine integrative Ästhetik des Leben-

dem erläuterten Performanceverständnis und

sich der MA CoDE als ein künstlerisch for-

gehen weit über handwerkliche und konven-

schender Studiengang, in dem die Entwicklung

tionelle, methodische Fertigkeiten hinaus.

neuer Formate grundlegend ist. Performance

In diesem Wintersemester entwickeln wir

und Vermittlung schließen sich folglich nicht

mit den Studierenden des MA CoDE Trai-

aus. Im Gegenteil: Die Integration eines erwei-

ningshybride, die sich aus unterschiedlichen

terten Performancebegriffs wird so zu einem

ästhetischen, physischen, methodischen und

wesentlichen Baustein bei der Gestaltung

auch historischen Materialien speisen. Als

innovativer Unterrichtsvorhaben, die künst-

Grundlage dienen diverse Informationsquellen

lerische Ansätze und Formen integrieren.

von Texten, Skizzen, Filmen, animierten

Damit wird auch die notwendige Positionie-

Webseiten oder anderen Publikationsformen.

rung des Studienganges an einer praxisorien-

Für derartige Übersetzungsprozesse oder

tierten Kunsthochschule wie der HfMDK

Transfers von Informationen und Materialien

unterstrichen.

in die Physis gibt es keine Vorlagen, vielmehr müssen Verknüpfungen zwischen ausgewählten Informationen individuell hergestellt und in konkreten Kontexten, seien es Zielgruppen oder Institutionen, praktisch getestet und vor allem erfahrbar gemacht werden.

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1: Lehmann, Hans-Thies, Postdramatisches Theater, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1999, S.245 2: Zeitschrift der Kulturstiftung des Bundes, No 30, Frühling/Sommer 2018


Der Meta-Score für die 34 Performer*innen dieses Projektes stammt von mir. Er baut dabei auf die im September 2012 im Museum Wiesbaden mit Studierenden gezeigte Performance Musik ist Leben auf, die sich im Rahmen der Ausstellung 50 Jahre FLUXUS – Foto: Maciej Rusinek

Internationale Festspiele Neuester Musik durch verschiedene Räume zog.

SITE-SPECIFIC PERFORMANCE

Mit FLUXUS, SUXULF & OTHER SCORES übertrug ich das Konzept auf das Studierendenhaus und den öffentlichen Raum

FLUXUS, SUXULF & OTHER SCORES

davor und lotete mit den Akteur*innen das

Von Prof. Dieter Heitkamp, Ausbildungsdirektor Zeitgenössischer und Klassischer Tanz

einer einstündigen Performance aus. Dabei

ästhetische Potenzial von Fluxus heute in wurde einerseits auf klassische Fluxus-Scores z. B. von Eric Anderson, George Brecht, Jed

Vor dem Hintergrund der Überlegung, dass

In der Mitte Frankfurts konnten Projekte

Curtis, Ken Friedman, Alison Knowles,

der im Entstehen begriffene Kulturcampus

mit Studierenden von HTA und Hochschule

George Maciunas und Emmett Williams

Frankfurt mehr ist als ein urbanes Architektur-

in unmittelbarer Nachbarschaft zu weiteren

zurückgegriffen, andererseits wurden auch

projekt inklusive der dazugehörigen büro-

Veranstaltungen aus dem Kulturcampus-

neue Scores von den Projektteilnehmer*innen

kratischen Planungsschritte, sondern auch

verbund in verschiedenen Inhalten, Genres

entwickelt. Die Zuschauer*innen konnten

und vor allem ein Ort kultureller Praxis und

und Formaten gemeinsam über das Thema

herumgehen und die Performance aus ver-

Auseinandersetzung sein kann, entstand der

„Revolte + Experiment. Kulturcampus im

schiedenen Perspektiven verfolgen und waren

Wunsch, im Frühjahr 2018 erstmals auf dem

Aufbruch“ reflektieren und sich einem städti-

auch lebhaft bei der Umsetzung einiger Scores

Bockenheimer Gelände eine Veranstaltungs-

schen Publikum präsentieren. Diese besondere

beteiligt. Bestandteil der Performance war

reihe der unterschiedlichen mit dem Kultur-

Kooperation verknüpft, genau 50 Jahre nach

auch das Stück Visible Music von Dieter

campus verbundenen Einrichtungen und

1968, die historische Entwicklung des Areals

Schnebel in einer Fassung für Tänzer von

Initiativen durchzuführen. Die Hessische

mit gegenwärtigen künstlerischen Praktiken

Paula Rosolen.

Theaterakademie (HTA) und die HfMDK, die

und lud zu einem lebendigen öffentlichen

aufgrund des geplanten Umzugs der Hoch-

Diskurs über Prozesse gesellschaftlichen

Wenn man Fluxus im Zusammenhang von

schule beide von den Transformationen des

Wandels damals und heute ein.

Dada, Happening, Performance, Environ-

Geländes perspektivisch unmittelbar betroffen sind, spielten dabei eine wichtige Rolle.

ment, Installation betrachtet, lässt sich festBestandteil des Programms war die Perfor-

stellen, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt,

mance FLUXUS, SUXULF & OTHER SCORES

die auch für das aktuelle Kunstschaffen

mit Studierenden des 1. bis 3. Jahres ZuKT_

große Bedeutung haben: eine internationale

BAtanz (Zeitgenössischer und Klassischer

kulturelle Bewegung, Ablehnung bestehender

Tanz) der HfMDK und ihres Instituts für

Standards in Kunst und Ästhetik durch Anti-

zeitgenössische Musik, die mit Unterstützung

Kunst Werke, öffentliche Versammlungen,

der HTA am 14. April 2018 im Studierenden-

Demonstrationen und Veröffentlichung von

haus und auf Außenflächen des Campus

Kunst- und Literatur-Journalen, Interdiszipli-

Bockenheim zu erleben war.

narität, kollektive Prozesse, Verbindung von Kunst und Politik, Anti-Kommerzialisierung.

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BÜHNE FREI FÜR DAS

„Es ist uns eine besondere Ehre und eine

Um ein Stipendium bewerben können sich

wichtige Motivationsquelle, dass wir für

jeweils zum Wintersemester immatrikulierte

unsere Leistung in dieser Form ausgezeichnet

Studierende und solche, die eine Studienplatz-

werden“, bedankte sich Eszter Sebök stell-

Zusage an der HfMDK erhalten haben. Eine

vertretend für alle Stipendiat*innen bei den

Kommission wählt die Stipendiat*innen in

Förderinnen und Förderern des Deutschland-

einem transparenten Verfahren im Herbst

stipendiums während eines Festakts im Mai

aus. Auswahlkriterien sind bereits erbrachte

2018. „Durch das Deutschlandstipendium

oder zu erwartende herausragende Studien-

können wir uns auf das Studium konzen-

leistungen. Dazu fallen Aspekte wie gesell-

trieren und an für unsere berufliche Zukunft

schaftliches Engagement, eine Migrations-

relevanten, aber oft unbezahlten Projekten

biographie oder besondere Ereignisse im

oder an Meisterkursen teilnehmen“, so die

Lebens- und Bildungsweg ins Gewicht.

Studentin im Masterstudiengang Theaterund Orchestermanagement.

Das Deutschlandstipendium lässt begabte Studierende regelrecht durchstarten; es

Für das Deutschlandstipendium spenden

motiviert zu Höchstleistungen und Engage-

private Förderer – Unternehmen, Stiftungen

ment und hilft beim Netzwerken.

oder Privatpersonen – bis zu 1.800 Euro, und der Bund verdoppelt den Betrag. 38 Stipendiat*innen erhielten im Förderjahr 2017/2018 ein Stipendium in Höhe von 3.600 Euro im Jahr.

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DEUTSCHLANDSTIPENDIUM

Großer Auftritt – Laura Lex,

Auch Kontakte sind ein Gewinn –

Fördern Sie Talente!

BA Gesang, 5. Semester

Camilo Bornstein, MA Komposition,

Möchten auch Sie das Deutschlandstipendium

Bei den Burgfestspielen in Bad Vilbel stand

4. Semester

der HfMDK fördern und unseren Studieren-

Laura Violetta Lex in diesem Sommer als

„Neben der finanziellen Entlastung

den dabei helfen, exzellente Musiker, Tänzer,

„Hänsel“ in der Oper „Hänsel und Gretel“

bereichert mich der gute Kontakt zum

Schauspieler und Pädagogen zu werden?

auf der Bühne. Dass sie die Rolle durch ein

Förderer meines Deutschlandstipendiums

Sprechen Sie gerne mit der Koordinatorin

Vorsingen erhielt, führt sie auch auf das

sehr. Wir haben uns häufiger über mein

im Fundraisingbüro:

Deutschlandstipendium zurück: „Die Förde-

Studium und die Möglichkeiten, als

rung mit monatlich 300 Euro hat mir eine

Komponist zeitgenössischer Musik Fuß zu

Daniela Fox

große Last genommen. Ich konnte meine

fassen, ausgetauscht. Daraus resultierte

E-Mail daniela.fox@hfmdk-frankfurt.de

Babysitter- und Kellnerinnen-Jobs auf ein

auch die Idee, einen Projektvorschlag für eine

Telefon 069. 154 007 210

Minimum zurückfahren. Die gewonnene

renommierte Frankfurter Kultureinrichtung

www.hfmdk-foerdern.de/

Zeit habe ich in die konzentrierte Vorberei-

zu entwickeln. Abgesehen davon, dass dabei

#deutschlandstipendium

tung meiner Gesangsstücke investiert“.

auch das Netzwerk des Förderers helfen kann, ist die Anteilnahme meiner Förderer

Neben dem Studium erwarb die junge

ein zusätzlicher Ansporn für mich.“

Sängerin ein Französisch-Zertifikat. Und für ihre Kommiliton*innen an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main bietet sie einen Tanzkurs an – ehrenamtlich!

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

GESCHENKT! „Wenn man die meiste Zeit im Leben Glück

Mit tollen Ergebnissen! Die Deutschland-

hat, dann kann man dies Glück gut an die

stipendien der HfMDK werden mehr – im

nachfolgenden Generationen weitergeben.“

kommenden Förderturnus sind es über 50.

Marlott Fenner formuliert es so, als sie ihre

Die Cello-Studierenden erhalten einen

Geburtstagsgäste im August darum bittet,

wertvollen Frühklassik- und einen Barock-

ihr wieder einmal … gar nichts zu schenken.

bogen. Ein aufgefüllter Reisestipendien-

Ihr Partner Peter Beer ergänzt: „Wir haben

fonds erlaubt es den Studierenden, zu inter-

alles, wir brauchen nichts und wir wollen

nationalen Wettbewerben und Workshops zu

nichts!“

reisen. Die aufgerüstete Aufnahmetechnik in den beiden Sälen der Hochschule ermöglicht

Beide sind Freunde und Förderer der

zukünftig noch professionellere Audio- und

Hochschule für Musik und Darstellende

Videomitschnitte von Konzerten. Weitere

Kunst Frankfurt am Main und verzichten

freie Spenden ergänzen das Spektrum.

mittler-weile fast jedes Jahr auf Geschenke. Statt-dessen bitten sie um Spenden für die

Wenn auch Sie zu einem Geburtstag, einer

Schauspielstudierenden der HfMDK. Diesen

Hochzeit, einem Jubiläum oder im Rahmen

Sommer hatten sie das Ziel, ein Deutsch-

eines Hauskonzerts Ihre Freunde und Familie

landstipendium zu finanzieren.

anstelle von Geschenken um Spenden bitten, dann sprechen Sie für Rat und Tat frühzeitig

Und andere machen es ebenso: Einmal

die Fundraiserinnen der HfMDK an:

engagieren sich weit über hundert geladene Gäste anlässlich eines großen Geburtstags im

Beate Eichenberg

Gesellschaftshaus des Palmengartens, dann

Telefon 069 154 007-137 und

wieder lassen 15 Leute auf der Wohnzim-

Daniela Fox

mer-Party den Hut herumgehen. Alle eint

Telefon 069 154 007-210 und

das Gefühl, ein gutes Leben zu führen, viele

sehen Sie www.hfmdk-foerdern.de

ungelesene Bücher und volle Weinflaschen zu besitzen und sich für die bestmögliche Ausbildung der HfMDK-Studierenden engagieren zu wollen.

48


familie studierte zunächst Geige bei Prof. Ana Chumachenco in München und entdeckte die Bratsche als „sein Instrument“ während eines Pflichtunterrichts im Bratschenspiel. Nach seinem Geigenabschluss mit Auszeichnung studierte Roland Glassl Bratsche bei Atar Arad in Bloomington (USA); die Geige ist seitdem für ihn Geschichte. Seit 2015 ebenfalls beendet ist seine Ära als Bratschist des weltbereisten „Mandelring Quartetts“. „Ich habe 16 Jahre aus dem Koffer gelebt – jetzt hat neben der Professur das ‚Projekt‘ Familie Priorität.“ Gustav (2),

Foto: „wildundleise“

ABSCHIED VON EINER MUSIKALISCHEN FAMILIE HfMDK-Bratschenprofessor Roland Glassl hat einen Ruf nach München angenommen

Quirin (im Sommer geboren) und BaldEhefrau Cornelia werden es ihm danken, wenn er nun öfters „zu Hause“ ist – daheim in München, gerade eine Stunde von seiner „eigentlichen“ Heimat Ingolstadt entfernt, wo ihm der 87-jährige Vater dabei assistieren wird, seine eigene Bratsche zu bauen.

Von 2004 bis zum Sommersemester 2018

wohl-Konzert verabschiedete er sich musi-

Roland Glassls Spuren aus seiner „Frankfurter

wirkte Roland Glassl als Professor für

zierend, und zwar an der Seite von ihm lieb

Zeit“ sind unübersehbar: Sein Absolvent

Bratsche an der HfMDK. Von ihr hat er

gewordenen Weggefährten an der HfMDK.

Veit Hertenstein ist Bratschenprofessor in

sich nun schweren Herzens verabschiedet:

Detmold, Peijun Xu Professorin in Aachen,

Er tritt an der Hochschule für Musik

Aber warum der selbstverordnete Schmerz

Caspar Vinzens Mitglied im erfolgreichen

und Theater München die Nachfolge von

zum Abschied von einer Hochschule, von

Aris Quartett, Lara Sophie Schmitt gerade

Hariolf Schlichtig an.

der andere ihm bescheinigen: „Du verlässt

Solobratschistin im Theater am Gärtnerplatz-

die Hochschule mit dem nettesten Klima“?

theater München geworden. Die Liste ist

„Rubato bei Mozart – das geht doch gar

Es ist die Sehnsucht nach der bayerischen

lang, vor allem mit arrivierten Kammer-

nicht“, fuhr ein aufgebrachter Zuhörer im

Heimat – und die Tatsache, dass er den Ruf

musikern. „Ich bin der Hochschule dankbar,

Großen Saal der Hochschule nach dem ersten

als Bratschenprofessor von der einzigen

dass sie damals das Risiko eingegangen ist,

Satz der Sinfonia concertante die beiden

Musikhochschule erhalten hat, die ihn von

sich für einen so unerfahrenen jungen

Solisten an. Einer von ihnen war Roland

Frankfurt weglocken konnte. Dass er die

Musiker wie mich zu entscheiden“, blickt

Glassl, der gerade sein Einstandskonzert gab.

Stelle weiterführt, die mit Hariolf Schlichtig

Roland Glassl dankbar zurück – und auf den

Eines hat der heute 46-jährige Musiker seit-

ein Musiker von Welt verlässt, der für Roland

weiten Horizont an eigenem Erfahrungs-

dem gezielt beibehalten: nicht die Diskussion

Glassl immer ein wichtiger Mentor war, mag

zuwachs seitdem. Roland Glassl wehmütig:

um Mozart-Rubati – der Konzertbesucher

Zufall sein. Schlichtig hatte Glassl schon in

„Ich verlasse in Frankfurt eine musikalische

ward seitdem nicht mehr gesehen –, aber das

dessen Studienzeit gefragt, wie er sein beruf-

Familie.“ – bjh

regelmäßige Auftreten als praktizierender

liches Leben führen wolle: „So wie du dein

Musiker. „Ich wollte immer messbar bleiben“,

Leben führst“, war Glassls Antwort; „als

denn als Pädagoge „ist es leicht zu Gott zu

Kammermusiker und Professor“. Die Selbst-

werden, wenn du nicht mehr spielst“, zitiert

Prophezeihung traf ein, wenn auch über

er einen Kollegen. Auch auf seinem Lebe-

Umwege: Der Sohn einer Geigenbauer-

49


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Die Augen funkelten, als der Grundschüler

Dafür engagierte er sich als Pfadfinder

einer erfolgreichen Karriere als Mitglied

nach einem Familienkonzert in der Alten

und lief als Redakteur der preisgekrönten

des Chagall-Quartetts.

Oper die Instrumente von nahem bestaunen

Schülerzeitung der Waldorfschule Frank-

durfte: Kontrafagott, Basstuba und Kontra-

furt zu Hochform auf, bereitete sich sogar

Die individuelle Vervollkommung im Cello-

bass zogen ihn in seinen Bann, die finale

für die Aufnahmeprüfung an einer Jour-

spiel erarbeitete sich Jan Ickert im Studium

Wahl fiel auf Kontrabass. Durch gutes Zureden

nalistenschule vor. Doch irgendwie setzte

bei Prof. Joseph Schwab: „Es war toll, dass

gelang es der Mutter jedoch, den Sechsjährigen

sich doch durch, was die elterlichen Gene –

ich mich am Ende des Studiums noch ein-

davon zu überzeugen, dass angesichts seiner

die Mutter Flötistin, der Vater einst Klavier-

mal grundlegend mit der eigenen Technik

Körpergröße das Violoncello das (zunächst)

professor an der HfMDK – ihm mitgaben.

beschäftigen konnte“, erinnert er sich. Teil

passendere Instrument sei. Die Affinität zu

Bei Maike Kunstreich am Dr. Hoch’s Konser-

seines „Spätstartertums“ ist wohl, dass er

den ganz tiefen Tönen hat Jan Ickert nie

vatorium lernte er zehn Jahre und begann

sich als Pädagoge stets sehr selbstkritisch

verloren – wenn er ein Cello ausprobiert,

ein Studium bei Prof. Susanne Müller-

gesehen hat. Doch seine pädagogische

beginnt er stets mit der C-Saite –, doch er

Hornbach – in Wuppertal als Professorin,

Begabung sprach sich herum; sowohl die

blieb bei der „Interimslösung“ Violoncello:

in Frankfurt im Lehrauftrag tätig – bis zum

HfMDk als auch die Musikhochschule

„Für diese Beeinflussung bin ich meiner

Vordiplom. Während seines Studiums bei

Mannheim boten im Lehraufträge an.

Mutter heute noch dankbar.“

Prof. Andreas Greger und Prof. Michael

Zwischenzeitlich hatte er während seines

Sanderling in Berlin und Frankfurt moti-

Engagements unter anderem als Stellver-

Der Professor für Violoncello an der HfMDK

vierte ihn die „Konkurrenz“ von über 100

tretender Solo-Cellist des Erfurter Opern-

gehörte in seiner Jugend nie zu den musi-

Cello-Kommilitonen zu einem Übepensum

orchesters für sich Klarheit erlangt, dass

kalischen Überfliegern, neigte zu eher mode-

mit bis zu zehn Stunden Cello-Spiel täg-

Orchesterspiel für ihn keine langfristige

ratem Übe-Eifer und fand an „Jugend

lich. Auch seine kammermusikalischen

Option sein würde, gleichwohl er das Orches-

musizert“ nicht wirklich Gefallen.

Ambitionen potenzierten sich angesichts

ter seit frühen Jugendorchestertagen liebt. Schweren Herzens hat er kürzlich die Künstlerische Leitung und den Lehrauftrag am Emanuel-Feuermann-Konservatorium der Kronberg Academy aufgegeben, um sich ganz seinen Studierenden widmen zu können. Ob Tandemunterricht mit der Barockkollegin des Hauses, Workshops mit alternativen Trainingsangeboten oder von ihm arrangierte „Dienstagsvorspiele“ für alle Cellist*innen der HfMDK: Jan Ickert möchte seine Studierenden dazu ermutigen, „alles auszuprobieren und mitzunehmen“, was das Studium bietet. Er selbst ist das beste Beispiel: Was auf lange Sicht wachsen soll, muss erst tiefe Wurzeln schlagen. – bjh

SPÄTBLÜHER MIT TIEFEN WURZELN

Seit dem Wintersemester 2017/2018 lehrt Jan Ickert als Professor für Violoncello an der HfMDK

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Foto: Jost Ammon

INSPIRATION VON ALLEN SEITEN Carsten Wiebusch ist seit dem Sommersemester 2018 Professor für Orgel an der HfMDK. Er stellte sich seinem Studenten Lukas Adams für ein Interview.

Wie war Ihr Weg zur Orgel?

große Städte und staatliche Hochschulen,

Was muss die Hochschulausbildung

Prof. Carsten Wiebusch Stoff für einen

keine reinen Kirchenmusikinstitute gewählt.

heutzutage leisten?

Jugendroman … Zunächst Akkordeon,

Mir war es immer wichtig, alles an musika-

Prof. Carsten Wiebusch Die Hochschule muss

(rechts Tasten, links Knöpfe) dann folgte auf

lischen und künstlerischen Anregungen auf-

vor allem, sozusagen ganz altmodisch, tolle

Geheiß des musikalischen Hausarztes

zusaugen, was möglich war. In Düsseldorf

Musiker und Persönlichkeiten ausbilden, die

Klavier (mehr Tasten!), dann geriet ich in den

habe ich mit 18 sogar in der Opernstatisterie

durch ihre Fähigkeiten, ihren künstlerischen

Kinderchor, dessen Leiter mich mit 14 Jahren

mitgespielt und tolle moderne Opern kennen-

Willen und ihre Überzeugungskraft die

an die Orgel setzte (hunderte Tasten, dazu

gelernt. Der Spielleiter war übrigens – Elmar

Gemeinden, die Verantwortlichen und das

noch viele Knöpfe!). Der Wendepunkt in

Fulda. Ich wünsche mir auch von den Studie-

Publikum anziehen und mitreißen.

meinem Leben, eine Offenbarung.

renden heute diese Neugierde auf alles. Elias Canetti sagte, dass wir uns immer möglichst

Inwiefern ist die Orgel für Sie ein

Von 1999 bis 2017 wirkten Sie als

breit anlegen müssen, weil der Lebensprozess

religiöses Instrument?

Kantor und Organist an der Christuskirche

die Verengungen automatisch mit sich bringt.

Prof. Carsten Wiebusch Die großen Meister – Bach, Mendelssohn, Widor, Reger, Messiaen –

Karlsruhe. Wird Ihnen Ihre Arbeit als Kirchenmusiker fehlen?

Wie sieht für Sie die Orgel des

sie alle waren tiefgläubige Menschen. Und

Prof. Carsten Wiebusch Die Arbeit mit den

21. Jahrhunderts aus?

sie alle haben sich das Instrument nicht zu-

Chören, mit tollen Menschen aus allen mögli-

Prof. Carsten Wiebusch Kurz gesagt drei

fällig ausgesucht. Es ist eine Religiosität, die

chen Berufen und Alterstufen von Jugend-

Dinge: technische Perfektion, Klänge, die

bewusstseinserweiternd, nicht einengend ist.

lichen bis zu Rentnern wird mir sehr fehlen,

unserem heutigen Willen entspringen und

In Bachs und auch Messiaens Orgelmusik

natürlich auch die großartige Musik, Orato-

nicht einer Kopie, stilistische Vielseitigkeit.

wird daraus ein geradezu kosmisches Gedan-

rien, die Arbeit mit Orchestern etc. Aber ich

Die Orgel als Instrument an sich und mit der

kengebäude, das auch kirchenferne Hörer

habe den Taktstock noch nicht weggeworfen.

großartigen, auch neuen Orgelliteratur und

sehr anzieht.

Die feste Orgel wird mir zum Glück nicht

als Improvisationswerkzeug kann auch

fehlen, denn ich kann Organist an der nach

heute noch Menschen sehr faszinieren. Man

Wo üben Sie am liebsten?

meinen Vorstellungen erbauten großen Klais-

kann auch mit einer Orgel Menschen sehr

Prof. Carsten Wiebusch Ich pendel zwischen

Orgel der Christuskirche Karlsruhe bleiben.

berühren.

der erwähnten Klaisorgel in Karlsruhe, sozu-

Was mögen Sie an Frankfurt?

Wo besteht in Frankfurt noch Potenzial?

Sinfonieorchester, und meiner Hausorgel –

Prof. Carsten Wiebusch An Stadt und Hoch-

Prof. Carsten Wiebusch Das Allerwichtigste

ein einziges Register, eine harte technische

schule gefallen mir die unerschöpflich wir-

ist, dass Frankfurt moderne Orgeln braucht

Schule jeden Tag.

kende kreative Kraft und die allseitige Offen-

und das 21. Jahrhundert tatsächlich noch

heit. Ich selbst habe als Studienorte immer

einziehen lässt.

sagen eine Mischung aus Steinway-Flügel und

51


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

SICH AUF DIE MUSIK EHRLICH UND AUFRICHTIG EINLASSEN

Thilo Dahlmann ist seit dem Sommersemester 2018 Professor für Gesang an der HfMDK. Zu seinem Werdegang und Leben befragte ihn seine Kollegin Prof. Ursula Targler-Sell, die zugleich stellvertretende Ausbildungsdirektorin Gesang ist. Hast du dich gut bei uns eingelebt?

Hamburg mit wunderbaren Kollegen mit-

Prof. Thilo Dahlmann Sehr gut! Ich hatte

wirken zu dürfen.

den Vorteil, schon vorab die Stelle als Vertretungsprofessor bekleidet und dabei bereits

Was sind deine pädagogischen Hauptanliegen?

die Studierenden und Kolleg*innen kennen-

Prof. Thilo Dahlmann Der Kernbereich der

gelernt zu haben.

Ausbildung ist der souveräne technische Umgang mit der Singstimme. Mein Anliegen

Wie fing bei dir alles an?

ist es, die Technik aus dem Singen und aus

Prof. Thilo Dahlmann Ich bin ein sängerischer

der Musik heraus zu entwickeln. Was singe

Spätstarter. Parallel zu meinem Jura- und

ich? Warum singe ich es? Wichtig ist die

Geschichtsstudium in Bonn habe ich eine

Ausbildung der künstlerischen Persönlich-

nebenberufliche Kirchenmusikerausbildung

keit und das Wissen und Erspüren all dessen,

mit Gesangsunterricht absolviert. Dabei

was mit den interpretierten Werken zusam-

entstand die Begeisterung für das Singen.

menhängt. Die technische Arbeit kann nicht

Eine Zeitlang habe ich das wissenschaftliche

von der inhaltlichen Auseinandersetzung

Studium noch aufrechterhalten, bevor ich

mit einem Werk getrennt werden. Wichtig

komplett zur Musik gewechselt bin. Ich hatte

ist, dass wir uns ehrlich und aufrichtig auf

sofort großes Interesse am Unterrichten.

die Musik einlassen und Kunst nicht nur vernunftmäßig kontrollieren wollen.

Was waren für dich künstlerische Höhepunkte? Prof. Thilo Dahlmann Ich möchte meine Zeit

Ein guter Rat an junge Sänger …?

im Opernstudio des Zürcher Opernhauses

Prof. Thilo Dahlmann Mit offenen Augen

nicht missen. Die Erfahrung, kleine Rollen

die weite Welt der Musik auf sich zukommen

am großen Haus zu singen, dabei neben

zu lassen. Offen zu sein für unterschiedliche

großen „Stars“ auf der Bühne zu stehen und

Karrierewege. Aktuell unterliegt der Sänger-

mit großartigen Dirigenten zu arbeiten,

beruf einem großen Wandel. Die lebenslange

bildet ungemein in Hinblick auf die Ausein-

Karriere am deutschen Stadttheater ist nicht

andersetzung mit Bühnenwerken in der

mehr garantiert. Im europäischen Ausland

Lehre, ist aber auch sehr bereichernd für die

ist man schon weiter. Der Sängerberuf setzt

eigene künstlerische Persönlichkeit. In der

sich dort aus vielen Komponenten zusam-

Passionszeit mache ich regelmäßig eine große

men: Opern- und Chor-Engagements, päda-

Tournee durch die Niederlande mit Bachs

gogische Tätigkeit und solistische Engage-

Matthäus-Passion, meinem absoluten Herzens-

ments auf dem Konzertpodium. Dies ist

werk. Ein Höhepunkt war sicherlich, beim

gleichzeitig Herausforderung und Chance

Eröffnungskonzert der Elbphilharmonie in

für junge Sänger*innen. Wir Lehrende müssen schon früh den Blick dafür weiten.

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Foto: Marco Borggreve


Persönliches

ES SIND NICHT NUR DIE SCHRITTE

Susanne Noodt war fast 38 Jahre lang Professorin für Tanz an der Hochschule

Von Melanie Suchy, Tanzjournalistin

Beim jährlichen „Tanzmarathon“ im Juli

Jahren 1974 das sogenannte große Pädago-

„Ist ja immer die Frage: Was ist wichtig?!“

führten die Studierenden auch Choreografien

genexamen ab: mit einem Flamenco-Solo.

Als sie einmal Weihnachten „zuhause“ war,

von Susanne Noodt auf. Für 2018 aber waren

Die Folklore nämlich hatte sie gepackt, der

1979, rief Egbert Strolka an, ihr ehemaliger

zum ersten Mal seit Jahren keine Folklore-

Unterricht des berühmten Flamenco-Paares

Professor für Klassisches Ballett in Essen. Er

Stücke vorgesehen. Die Professorin war

Susana und José (Susanna Audéoud-Looser

übernahm die Leitung der Tanzabteilung an

feierlich und herzlich verabschiedet worden,

und José de Udaeta), die Kurse an der

der Hochschule in Frankfurt. Vielleicht mal

im Rahmen des „ZuKT-Wintertanz-Projekts“

Hochschule gaben. „Sie haben mich sehr

drei Jahre lang Unterrichten, dachte sie,

Mitte Februar im Gallus Theater, und eine

gefördert“. Lockten sie nach Spanien.

bewarb sich, wurde genommen. September

Weile später auf große Reise gegangen,

Zurück im heimatlichen Hamburg, bot die

1980. „Dann wurden es ein paar mehr

fünf Wochen Norwegen, „bis hoch zu den

Rogge-Schule Susanne Noodt dann eine

Jahre“: 37 ½.

Lofoten“. Doch die Studierenden wollten

Stelle für die Tanzpädagogenausbildung an.

unbedingt. Also, erzählt sie beim Interview,

Sie nahm an. „Wie gesagt, ich wollte ja nie

Die ersten 12 Jahre lehrte sie, als Professorin

rauften sie sich selbstständig zusammen,

unterrichten.“ Sie lacht. „Mein Ding war:

für Bühnentanz, Modernen Tanz und

holten die Tänze selbst aus der Erinnerung.

Tanzen! Die Freude am Tanzen. Das hat sich

Folklore, damals noch in den Räumchen in

„Sie hatten viel Spaß, habe ich gehört“.

durch mein Leben gezogen. Ich denke, das

der Nähe des Zoos, später in der Rüsselshei-

ist auch, was ich den Studierenden weiter-

mer Straße. Für das Haupt-, also Pflichtfach

gegeben habe.“

Internationale Folklore hatte sie ein Grund-

Stichwort Spaß Als Kind ging sie in Hamburg in eine private

programm für die vier Studienjahre, das sie

Ballettschule, „ich wollte immer etwas mit

Damals kündigte sie nach drei Jahren.

stets variierte. Nahm sie sich einerseits

Bewegung und Rhythmus“. An der Lola-

„Ich wollte einfach raus!“ Ein halbes Jahr

immer mehr Freiheiten beim Umgang mit

Rogge-Schule machte sie eine Ausbildung

ging sie nach Polen, um dort Folklore-

dem „Material“, den vielen studierten

für Tanz und tänzerische Gymnastik. „Das

Tänze zu lernen und in Ensembles mitzu-

Tänzen, die sie „im Rucksack“ hatte, achtete

war mir nicht genug“: Es folgte ein Studium

tanzen. Lernte Polnisch. Kam zurück, lebte

sie auch jeweils darauf, was die Klasse, der

an der Folkwang-Schule in Essen. Sie erhielt

aus dem Koffer, zog wieder hinaus, nach

Jahrgang der Studierenden, brauchte. Was

ein Begabtenstipendium, womit sie gar nicht

Jugoslawien, nach Rumänien, „von einem

war gerade wichtig? „Mehr Paartänze, mehr

gerechnet hatte, wie sie in der ihr eigenen

Kurs zum nächsten“. Zwei Jahre lang immer

Hebungen, mehr für den Gemeinschafts-

Bescheidenheit formuliert, und wurde von

wieder hinter den „Eisernen Vorhang“. Sie

sinn?“ Keine Klasse glich je der anderen.

einigen Dozentinnen dort speziell gefördert

brauchte das. „Die Eltern waren ein biss-

und beraten. Ein Jahr lang hatte sie auch bei

chen entsetzt.“ Es sind schöne Erinnerun-

Pina Bausch Unterricht, Moderner Tanz,

gen: „Das war sehr lebendig. Man tanzt,

kurz bevor die Choreografin nach Wuppertal

man ist mit der Gruppe zusammen, da wird

wechselte. „War sehr anspruchsvoll, sehr

gebechert, geraucht, gefeiert. Eine heiße

anstrengend“, erinnert sich Susanne Noodt

Zeit.“ Jeder junge Mensch sollte mal hinaus-

an die Stunden. Von der Lehrerschaft

ziehen, sich durchschlagen, Erlebnisse

ermuntert, legte die Studentin nach drei

sammeln, rät sie.

53


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

Warum ist „Internationale Folklore“ in der

Ihre Bühnenchoreografien, in denen

auch „Entspannungstechniken“ gelehrt

Ausbildung wichtig? „Das ist ein Fach, in dem

die Studierenden wiederum mit den Zu-

hatte. 1995 begann sie die berufsbegleitende

man die Studierenden wirklich zum Tanzen

schauern kommunizierten, gehörten zu den

Ausbildung in Gersfeld in der Rhön. „Was

bringt“, so dass sie schnell ein Tanzgefühl

öffentlichen Tanzabenden in der Hoch-

ich auch sonst unterrichtet habe, das wurde

bekommen und das auch in den vier harten

schule. Die Stücke entwickelte sie aus dem

hier bestätigt: Man muss schauen, was

Studienjahren nicht verlieren. Klar, sie hatte

Unterrichtsstoff, den sie am Plan (jeweils

beim anderen ankommt; sonst geht nichts.“

auch technische Ansprüche, „aber es ging

zwei bis drei Monate für die Tänze eines

Zuhören, erkennen zu können, was

mir in erster Linie um das Tanzerlebnis“. Das

Landes) und an den Bedürfnissen ausrich-

gebraucht wird. Damit die Studierenden

fröhliche, direkte. „Zeigen, dass es Spaß macht,

tete und in dem sie auch zum spielerischen

wirklich fühlten, wahrnahmen, innerlich

auch im Gesicht, diese Kommunikation, die

und kreativen Umgang mit dem „Material“

erlebten, was sie taten beim Bewegen,

in diesen Tänzen stattfindet.“ Sie ist anders

aufrief. Was auch in die Choreografien

verlegte sich Susanne Noodt in Feldenkrais-

als in anderen Stilen. So gut wie alle Studie-

einfloss, die sämtlich Unikate waren, nie

Stunden aufs Schlichte, Elementare. Das dort

renden sprangen drauf an in den Jahrzehnten.

hat sie eine wiederholt. „Das ist auch im

Erlernte, von ihr Gepflanzte, ließ sich dann

Von einer, die damit gehadert hatte, hörte sie

Sinne der Folklore“, lebendig mit ihr um-

auf alle Bereiche des Tanzes übertragen.

Jahre später, sie habe es doch jetzt verstanden.

zugehen. Wozu bei ihr gehörte, dass Männer

„Genau das war mir eben auch in der

„Ich denke, ich habe etwas gepflanzt in jede

auch Frauenschritte lernten und umge-

Folklore wichtig: dass sie nicht bloß Schritte

und jeden“, sagt Susanne Noodt heute.

kehrt.

machen, sondern das wirklich erleben“. Das Wie sei ihr stets wichtiger gewesen als das

Kein Museum

Was, beim Tanzen, beim Vermitteln. „Schritte

Perspektiven und Gewohnheiten verändern,

allein – das ist langweilig“. Entsprechend

das sind auch Grundsätze der Feldenkrais-

lässt sie sich für ihre eigenen nächsten

Körperbewusstheitsmethode. Ebenfalls

Schritte im Ruhestand Zeit.

wichtig für Susanne Noodt, die zunächst

Foto: Andrea Tallis

54


„SCHIER UNFASSBARES WISSEN“ Prof. Dr. Susanna GroßmannVendrey verabschiedete sich nach über 35 Jahren Lehre in der Musikwissenschaft Die Honorarprofessorin Dr. Susanna Groß-

den Eindruck eines „schier unfassbaren

diatin der Fritz-Thyssen-Stiftung gehörte sie

mann-Vendrey hat sich als dienstälteste

Wissens“, wie Ernst August Klötzke, der

zum Arbeitskreis „100 Jahre Bayreuther Fest-

Musikwissenschaftlerin der HfMDK in ihren

HfMDK-Musiktheorie-Professor, die Kompe-

spiele“. Daraus gingen ihre drei Bände über

hochschulischen Ruhestand verabschiedet.

tenz der Musikwissenschaftlerin bestätigt.

„Bayreuth in der deutschen Presse. Beiträge

Sie prägte über 35 Jahre lang die Lehre an

zur Rezeptionsgeschichte Richard Wagners

der Hochschule mit einem unübertroffenen

Im Jahr 1979 hatte der damalige Rektor Hans-

und seiner Festspiele“ hervor. In K.H. Wörners

Wissen über Musikgeschichte – vor allem

Dieter Resch Susanna Großman-Vendrey an

„Geschichte der Musik“ ist sie Autorin des

der Klassik und Romantik.

die Hochschule geholt, wo sie zwei Jahre

Artikels „Die Musik des 19. Jahrhunderts“.

lang als einzige Musikwissenschaftlerin am „Ein guter Künstler sollte nicht nur in

Haus tätig war und Vorlesungen mit bis zu

Dass sie weit über ihr Deputat als Honorar-

seinem Hauptfach gut sein“, ist ein typischer

50 Zuhörern veranstaltete. Von 1973 bis 1997

professorin hinaus mit ihrer Expertise zur

Satz, wie Lehrende und Studierende ihn von

arbeitete sie hauptberuflich als Fachreferentin

Verfügung stand, war umso verdienstvoller

Susanna Großmann-Vendrey kennen. Mit

für Musik im Deutschen Rundfunkarchiv

angesichts der Tatsache, dass in den 1990-er

genau dieser Überzeugung hat sie in Semi-

Frankfurt und war ab 1989 in der rundfunk-

Jahren eine von ursprünglich zwei Musik-

naren und Vorlesungen etliche Generationen

geschichtlichen Forschung tätig. Ihr Lehr-

wissenschafts-Professuren der HfMDK nicht

von Instrumentalist*innen, Sänger*innen

auftrag blieb so zeit ihres Lebens eine neben-

wiederbesetzt wurde. Der HfMDK-Musik-

und Schulmusiker*innen zum Nachdenken

berufliche Tätigkeit. 1994 verlieh die HfMDK

wissenschaftsprofessor Dr. Peter Ackermann

gebracht, ihnen das strukturell „Schöne“

Susanna Großmann-Vendrey den Titel einer

bilanziert den Verdienst der Ungarin, die

an der Musik aufgezeigt, die Genialität der

Honorarprofessorin.

nun nach Budapest gezogen ist: „Susanna

Faktur jenseits von reinen Gefühlspara-

Großmann-Vendrey hat in der Musikwissen-

metern offenbart. Streng und direkt war sie

Sie war ihrer eigenen Erinnerung nach die

schaft unseres Hauses Enormes geleistet. Ich

dabei durchaus – oft aber eben auch mit

erste Musikwissenschaftlerin an der Univer-

habe sie immer als Kollegin auf Augenhöhe

einem schelmischen Lächeln und einer Prise

sität Wien, die dort 1986 habilitierte. Die

erlebt. In ihrer scharfsinnigen wissenschaft-

Humor. In unzähligen Prüfungen, die sie im

Orgelwerke von Mendelssohn Bartholdy

lichen Betrachtung hat sie – und das zeichnet

Laufe von über drei Jahrzehnten abgenom-

waren Gegenstand ihrer Doktorarbeit, aus

sie aus – immer auch den Zauber der Musik

men hat, hinterließ ihr insistierendes, aber

der ihr Buch „Mendelssohn und die Musik

im Blick, ein Sensorium für das, was die

nie unfaires Nachfragen bei den Absolventen

der Vergangenheit“ hervorging. Als Stipen-

Musik jenseits des Beschreibbaren ist.“ – bjh

55


Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

„Pianistin, Musikerin, Lehrerin, strategische

Klavierduo, Komponisten, Dirigenten, Kor-

Pädagogin, pianistische und disziplinarische

repetitoren, Jazzmusiker, Improvisateure,

Zuchtmeisterin, Vorbild mit unerschütter-

Musikpädagogen auf allen Ebenen bis zu

lichen Maßstäben, Mutter und Hüterin ihrer

Professoren hervorgebracht.

Klasse, streng nach innen, einsatzfreudig für jeden ihrer Schüler nach außen, unermüdlich,

Ihre eigene musikalisch-künstlerische

ihren künstlerischen Wirkungskreis zu plat-

Vielfalt und Ausbildungserfahrung hat Irina

zieren, Kollegin mit ausgeprägtem Sinn für

zu meiner langjährigen Partnerin bei den

pianistischen Gemeinschaftsgeist, durchaus

externen Diplomprüfungen dieser Hoch-

streitfähig, aber vor allem schließlich doch

schule an den Hessischen Akademien in

um Kollegialität bemüht, am Ende für viele

Wiesbaden, Kassel und Darmstadt gemacht:

eine feinfühlige unersetzliche Freundin.

Zuverlässigkeit, Beurteilungsvermögen, gerade auch personengerecht über das Fach-

Von Bernhard Wetz, Professor für Klavier an der HfMDK

Ihre Studierenden fürchten und lieben sie

liche hinaus, Weitblick für Entwicklungs-

und werden durch weiträumige Fittiche

potenziale, Teamfähigkeit in den hochschul-

zwangsläufig eingemeindet gewissermaßen

fremden Kommissionen, konstruktiv positiv.

in ihre Großfamilie. Sie alle schätzen dies,

Irina Edelstein war 1978 bis 1980 eine regel-

und ich war oft Zeuge – weil auch ich mich

rechte Entdeckung, sie lebte in Israel, Viktor

der freundschaftlichen familiären Integration

Yoran, Solocellist im Hessischen Rundfunk,

nicht entziehen konnte und wollte –, wie

war ihr Kammermusikpartner. Nach Kon-

Generationen von Studierenden aus unzäh-

zerten im Hindemith-Institut wurde sie

ligen Ländern dieser Erde bei vielen Gelegen-

dem Hochschulrektor Hans-Diester Resch

heiten ihr Stelldichein bringen. Dass Freund-

vorgestellt. Im Oktober 1980 erteilte man

schaft und Professionalität sich dabei nicht

ihr auf besonderen Wunsch von Prof. Edgar

ausschließen, beweisen die großen beruflichen

Krapp einen Lehrauftrag in Kirchenmusik.

Erfolge ihrer Absolvent*innen. Die intensive Ausbildung, die sie erleben, lässt trotzdem oder gerade deshalb eine individuelle Entwicklung zu. Die Klasse Edelstein hat international tätige Pianisten, Kammermusiker,

IN MEMORIAM PROF. IRINA LEIN-EDELSTEIN Die seit 2009 emeritierte HfMDK-Klavierprofessorin Irina Lein-Edelstein starb in der Nacht zum 7. Juni 2018 im Alter von 74 Jahren. 27 Jahre lang war sie an der HfMDK als Professorin tätig, danach für weitere Jahre als Lehrbeauftragte. Ihr Fachkollege Prof. Bernhard Wetz hielt anlässlich ihres beginnenden Ruhestands im November 2009 eine Abschiedsrede. Nachfolgend einige Auszüge aus der Laudatio, in der er das Wirken der gebürtigen Russin damals würdigte. 56


Persönliches

Und da setzt schon bei mir als damals 26-

Irina Lein-Edelstein steht nach wie vor für

Wir alle kennen und schätzen das stets

Jähriger mein Gedächtnis an die Entfaltungs-

den Einsatz unseres faszinierenden Kultur-

ungebrochene Temperament von ihr. Wir

fähigkeit von Irina Edelstein ein: Es gab

guts und für die Unerbittlichkeit, ja gelegent-

hören, sehen und spüren sie förmlich,

plötzlich immer häufiger Klavierabend-

lich Unbequemlichkeit der notwendigen

wenn sie mit uns im Raum ist. Bei all dieser

Programme und öffentliche Konzerte der

Disziplin künstlerischen Handelns.

ausströmenden sehr aktiven Energie weiß

Kirchenmusiker mit virtuoser und großer

ich jedoch auch, wie behutsam, sensibel, ja

Klavierliteratur. Der Lehrerfolg war so über-

Irina Lein-Edelstein hat diesen festen

fürsorglich Irina mit Menschen umgeht,

zeugend, dass man nach einem Weg suchte,

Standort bestens zur Umsetzung künstle-

wenn sie in Not oder krank sind oder auch

ihr eine bleibende und adäquate Stelle zu

rischen und kunstpädagogischen Wirkens

ihre finanzielle Unterstützung brauchen.

geben. Schließlich gelang es, Irina Edelstein

genutzt. Dazu gehörte auch das Orchester

Oder wie sie mit eigenen Schicksalsschlägen

am 24. August 1987 zur Professorin dieser

Concerto grosso: 1998 konnte ich, damals als

positiv umgeht. Ich habe selbst ihr hohes

Hochschule zu berufen.

Präsident dieses Hauses, erneut für ihr

Gespür für menschliche Schieflagen erfahren

künstlerisches Wirken – eine Hausidentität

dürfen – und wie sie mit selbstvergessener

geben. Nachdem die Alte Oper es unmöglich

Herzlichkeit für einen dann aufmerksam

machte, wurde die Hochschule neue Heimat

da sein kann.“

von Concerto grosso als Teil künstlerischer Ausstrahlung von Haus aus.

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

TROMPETER BEIM EMIR Wer einen Emir als Arbeitgeber hat, braucht sich um spröde Lippen ob winterlicher Kälte nicht zu sorgen. Auch dann nicht, wenn er stellvertretender Solotrompeter ist: In Katar sind frostige Temperaturen undenkbar, dafür aber das Gegenteil: Als Joris Laenen vor zehn Jahren nachts um 3 Uhr das erste Mal aus dem Flieger stieg und Boden seiner neuen Heimat in der Wüste betrat, glaubte er, in der Abluft eines heißgelaufenen Motors zu stehen. Bis zu 50 Grad Celsius sind in Katar keine Seltenheit. Doch die Konzerte des Qatar Philharmonic Orchestras finden für gewöhnlich nicht unter freiem Himmel statt: Im materiell reichsten Land der Erde zu arbeiten, heißt zugleich, sich auf die Klimaanlagen der großen Konzertsäle verlassen zu können.

SERIE:

VERSCHLUNGENE LEBENSWEGE UNSERER ALUMNI Joris Laenen

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Persönliches

„Ich war bereit auf ein neues Abenteuer“,

Joris Laenen fühlt sich in Katar wohl, ist

erinnert sich Joris Laenen an den Zeitpunkt,

mit seiner südkoreanischen Ehefrau Sonja

als er die Ausschreibung für ein neu zu

Park – selbst Pianistin – und seinem drei-

gründendes Orchester im Emirat Katar las:

jährigen Sohn Noah, der mehrsprachig

In einem Wüstenstaat am Persischen Golf

aufwächst, in Katar sesshaft geworden. Und

Gründungsmitglied eines 100-köpfigen Sin-

sie multiplizieren die Begeisterung für Musik

fonieorchesters zu werden, dessen erste Kon-

in die nächste Generation: Die beiden Musi-

zerte unter dem Dirigat von Lorin Maazel

ker sind Initiatoren des „Qatar National

stattfinden sollten, reizte den Master-Absol-

Music Competition“, einer Art Bundeswettbewerb Jugend Musiziert für gezielte Nach-

venten aus der Trompetenklasse von Prof. Klaus Schuhwerk. Das Probespiel war erfolg-

Das Repertoire des Qatar Philharmonic

wuchsförderung. Die zugrundeliegende

reich, der Weg in eine fremde Kultur geebnet.

Orchestra unterscheidet sich nur wenig von

Stiftung „Moving Young Artists“ bietet den

Bei einem Durchschnittsalter von damals 27

dem europäischer Sinfonieorchester: Von

Nährboden für viele junge Talente.

Jahren war im Qatar Philharmonic Orchestra

Mozart bis Schostakowitsch, Bruckner bis

ambitionierte Aufbruchstimmung garantiert,

Johann Strauss, Filmmusik bis Frank Sinatra

Mit dem Blick zurück zu seinem Studien-

Multikulti-Flair sowieso: In dem Klangkörper,

ist (fast) alles dabei – außer religiöser Musik,

ort Frankfurt – einen zeitweisen Lehrauftrag

der Mitglied der milliardenschweren „Qatar

denn die Staatsreligion ist der Islam. Dafür

an der HfMDK musste er schließlich einer

Foundation“ ist, sind 36 Nationen vertreten.

fördert das Orchester arabische Komponisten

6.000 Kilometer langen Anreise aus Katar

Der Emir ließ es gründen, um Katar kulturell

und deren Werke, die es immer wieder ins

opfern – verbindet Joris Laenen heute vor

attraktiver zu machen – all das, um das Land

Programm nimmt. Einen Chefdirigenten hat

allem eines: Dankbarkeit. „Die Hochschule,

in eine hochgebildete Wissensgesellschaft

es zurzeit nicht und arbeitet mit Gastdirigen-

besonders mein Hauptfachlehrer Klaus

umzuwandeln: Im Jahr 2030, so das ehrgei-

ten sowie Dmitrij Kitajenko als „Conductor

Schuhwerk, hat mich wahnsinnig gut auf

zige Ziel, will Katar so weit entwickelt sein,

of Honor“.

meinen späteren Beruf vorbereitet.“ Gerade die Tatsache, dass der Professor im Unter-

dass sein Wohlstand unabhängig ist von den Ressourcen an Bodenschätzen, die seinen

Die Bezahlung der Orchestermusiker ist

richt nie selbst spielte, ließ dem Studenten

bisherigen Reichtum begründeten.

königlich, was vor allem dem in Katar fehlen-

Freiraum, seinen eigenen Klang zu finden und

den Steuersystem zu verdanken ist. Für seine

zu entwickeln. Monatelang musste Joris

Zehn Jahre ist es nun her, dass Joris Laenen

Rente muss jeder allerdings selbst sorgen.

Laenen freitagmorgens um 8 Uhr zum Unter-

in ein Land aufbrach, in dem nur jeder neunte

Eine „Muggen“-Szene gibt es in Katar selbst-

richt erscheinen, und zwar ohne eingespielt

der 2,7 Millionen Einwohner Inländer ist:

redend nicht: Das Orchester ist weit und

zu sein. Es war keine Schikane, sondern ein

„Ich erlebe Katar wie die ganze Welt im Klei-

breit der einzige Klangkörper dieser Art. Mit

pädagogischer Schachzug des Lehrers: Der

nen, zusammengefasst auf einer ganz kleinen

„Emoción“ hat Joris Laenen gemeinsam mit

gewöhnte seinen Schüler daran, eben auch

Oberfläche“, so der heute 36-Jährige – 180

Kollegen jedoch ein kleines Ensemble gegrü-

unter schwierigen Bedingungen das Beste zu

Kilometer lang, 80 Kilometer breit.

ndet, das in der Mischung aus lateinamerika-

geben und stressresistent zu werden, sicher

nischer Musik und Jazz das musikalische

auch mutig für Abenteuer: Jenes in Katar hat

Spektrum in Katar erweitert. Dafür schreibt

sich auf alle Fälle gelohnt. – bjh

er nicht nur eigene Arrangements, sondern pflegt seine alte Liebe zum Klavier, das ihm beinahe eine pianistische Laufbahn beschert hätte.

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Frankfurt in Takt 18/2 – Präsent sein in Theater, Konzert und Schule

ERFOLGE UNSERER STUDIERENDEN Eine Auswahl

Shenzi Liang, Klavier (Klasse Prof. Alexej

Stuttgarter Philharmonikern engagiert. ●

Alexander Sachs (Violine), Dmitry Hahalin

Gorlatch), hat beim 3. Internationalen Hans-

Levent Altuntas, Student für Lehramt an

(Viola) und Michael Preuß (Violoncello) ist

von-Bülow-Klavierwettbewerb in Meiningen

Gymnasien, hat sich beim Wettbewerb für

Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs

den Sonderpreis für die beste Interpretation

junge Filmkomponisten im Rahmen der

2018 (DMW). Es studiert im Master Kammer-

eines Klavierwerks von Felix Draeseke

Filmmusiktage Sachsen-Anhalt mit zwei

musik bei Prof. Tim Vogler und an der Escuela

gewonnen. ● Alexander von Heißen, Cem-

Beiträgen des HfMDK-Projekts „Musik für

Superior de Musica Madrid in der Klasse

balo (Klasse Prof. Eva Maria Pollerus), wurde

Stummfilme“ für eine Masterclass samt

von Prof. Günther Pichler. ● Daniel Noll,

beim internationalen Cembalowettbewerb

Aufnahme mit der Staatskapelle Halle quali-

Harfe (Klasse Prof. Françoise Friedrich), hat

„Musica Antiqua“ in Brügge mit dem zweiten

fiziert. ● Jonas Fischer, Student für Lehr-

das Probespiel um die Akademiestelle der

Preis ausgezeichnet. Zuvor gewann er beim

amt an Gymnasien, hat beim 14. Bundes-

Paul-Hindemith-Orchesterakademie des

XXI. Internationalen Johann-Sebastian-Bach-

wettbewerb für Schulpraktisches Klavierspiel

Frankfurter Opern- und Museumsorchesters

Wettbewerb in Leipzig (11.–21. Juli 2018) den

den Sonderpreis für die beste Interpretation

gewonnen. ● Das Quartett 4 Times Baroque

Sonderpreis des Leipziger Barockorchesters.

eines deutschen Volksliedes erhalten. ● Lara

mit Jonas Zschenderlein (Violine), Alexander

● Vladimir Babeshko, Konzertexamen Viola

Sophie Schmitt, Konzertexamen Viola

von Heißen (Cembalo), Jan Nigges (Flöte)

(Klasse Ingrid Zur und Prof. Jörg Heyer), hat

(Klasse Prof. Roland Glassl), hat die Solo-

und Karl Simko (Violoncello) hat beim Label

die 1. Solobratscherstelle beim Belgischen

bratschenstelle am Gärtnerplatztheater in

Deutsche Harmonia Mundi (DHM)/Sony

Nationalorchester gewonnen. ● Dominik

München gewonnen. ● Calvin Wong, Violon-

Classical die CD „Caught in Italian Virtuosity“

Manz, Violoncello (Klasse Prof. Michael

cello (Klasse Prof. Jan Ickert), hat den Gold

eingespielt, für die es den Echo-Nachfolge-

Sanderling), war im Juni 2018 beim Probe-

Medal Award der Hongkong-Italy Music

preis „OPUS Klassik“ in der Kategorie

spiel in Stuttgart erfolgreich: Ab der Saison

Competition erhalten. ● Das Eliot Quartett,

Nachwuchskünstler des Jahres (gemischtes

2018/2019 ist er als 1. Solo-Cellist bei den

bestehend aus Maryana Osipova (Violine),

Ensemble) erhält.

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MIT MEISTERN ÜBEN

Spendenkonto Deutsche Bank Frankfurt IBAN: DE68500700240806507000 BIC: DEUTDEDBFRA

Dafür, dass Jahr für Jahr renommierte Künstlerinnen und Künstler zu Arbeitsphasen in die HfMDK kommen, engagieren sich die Freunde und Förderer der Hochschule. Für das Üben mit Meistern und für vieles mehr.

Informationen zum Fördern und zur Mitgliedschaft in der Gesellschaft der Freunde und Förderer Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main finden Sie hier: www.hfmdk-foerdern.de

Foto: Andreas Scholl und Johannes Mayer

Brigitte Fassbaender, Robert Levin, Helmut Deutsch, Birgit Minichmayr, Simon Fischer, Andreas Scholl, Branford Marsalis, Anke Sevenich … Alle haben sie Meisterschaft, Erfahrung, Ansporn, Begeisterung und Leidenschaft im Gepäck, wenn sie mit unseren Studierenden arbeiten.


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