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BUCHTIPPS

Auch abseits der Städte notwendigerweise ein Zukunftsthema: die Begrünung von Dächern.

ternde Nerven liefern eine Fehlermeldung und sorgen für mangelndes Durstgefühl. Selbst im Hochsommer entsteht deshalb fälschlicherweise oft schon nach einem Schluck das Gefühl, genug getrunken zu haben. Den Alten gebührt im Sommer also besondere Aufmerksamkeit.

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WHO EMPFIEHLT HITZEAKTIONSPLÄNE Noch im Spätsommer 2003 war in Paris mit der Erstellung eines landesweiten Hitzeaktionsplans begonnen worden, dem »Plan Canicule«. Gemeinsam mit Météo France, dem staatlichen Wetterdienst, haben die französischen Gesundheitsbehörden vier Warnstufen definiert – Grün, Gelb, Orange und Rot – und teilweise gleich gesetzlich geregelt, was wann zu tun ist. Erst wurden besonders gefährdete Gruppen ausgemacht (neben älteren Alleinstehenden beispielsweise auch Krippen- und Schulkinder), dann Abläufe festgelegt und Listen erstellt, um Vulnerable schnell und mit System versorgen zu können. Freiwillige und Vereine werden dabei ebenso eingebunden wie Behörden. Jeden Winter wird der Hitzeaktionsplan außerdem für den folgenden Sommer angepasst. So haben mittlerweile etwa Pflege- und Altenheime vor Sommerbeginn dafür zu sorgen, dass sie Zugriff auf genügend Infusionen gegen Dehydrierung haben. Ab Alarmstufe Orange bereiten sich Krankenhäuser vor, werden Kommunen kommunikativ aktiv und öffentlich-rechtliche TV- und Radiosender sind verpflichtet, fix vorbereitete Kampagnenspots auszustrahlen. Bei Alarmstufe Rot schließlich entscheidet ein Krisenstab der Regierung über das Verschieben von Schulprüfungen, Sportevents oder Festivals. Bisher zwei

Mal waren solche Maßnahmen bereits notwendig. Vorstufen wurden öfter erreicht – und haben dafür gesorgt, dass der französische »Plan Canicule« laufend verbessert und mittlerweile europaweit als mustergültig erachtet wird. Wie viele Menschenleben der französische Hitzeaktionsplan bereits gerettet hat, lässt sich nicht sagen. Aber auch andere europäische Länder sind mittlerweile aktiv geworden – spätestens nachdem die who 2008 Empfehlungen für Hitzeaktionspläne in Europa abgegeben hatte. In Österreich etwa gibt es seit 2017 einen vom damaligen Ministerium für Frauen und Gesundheit erarbeiteten »Gesamtstaatlichen Hitzeschutzplan« und Hitzewarnungen seitens der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (zamg). Für den Bedarfsfall ist außerdem ein von der nationalen Gesundheitsagentur ages betriebenes »Hitzetelefon« vorgesehen. Mit den umfassenden Vorkehrungen in Frankreich ist das allerdings nicht zu vergleichen. »Es ist klar, dass es ein Spannungsfeld gibt zwischen kostengünstigen Warndienstsystemen wie Hitze-Hotlines und Internetportalen und dem Faktum, dass gerade die vulnerabelste Zielgruppe

»Planetary Health. Klima, Umwelt und Gesundheit im Anthropozän« Claudia Traidl-Hoffmann et. al. (Hg.) Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021.

»Überhitzt. Die Folgen des Klimawandels für unsere Gesundheit« Claudia TraidlHoffmann und Katja Trippel 2021, Dudenverlag.

»Es gibt ein Spannungsfeld zwischen kostengünstigen Warndienstsystemen wie Hitze-Hotlines und dem Faktum, dass gerade die vulnerabelste Zielgruppe so nicht erreicht wird.« —  Willi Haas, Sozialökologe, boku Wien


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