Unzensuriert Jahrbuch 2010

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Unzensuriert - Verein zur Fรถrderung der Medienvielfalt

Martin Graf

UNZENSURIERT JAHRBUCH 2010

unzensuriert.at


Martin Graf

UNZENSURIERT JAHRBUCH 2010


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ISBN 978-3-9502849-3-5 © 2010 Unzensuriert.at - Verein zur Förderung der Medienvielfalt Druck: online Druck GmbH, Brown-Boveri-Straße 8, 2351 Wr. Neudorf Herausgeber: Dr. Martin Graf Alle Rechte vorbehalten.


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Inhaltsverzeichnis Vorwort des Dritten Nationalratspräsidenten

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Der Islam in unserer Gesellschaft

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Bleiberecht für alle

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Die Linke in der Defensive

46

Schmutzige Wahlkämpfe

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Die Finanzkrise bedroht den Euro

98

Klimahysterie überdeckt die wahren Umweltprobleme

118

Familien zahlen alles

128

Die Uni brennt - wer „brennt“ die Uni?

138

Die Justiz in der Krise

146

Hohes Haus bleibt Baustelle

156

Pressefreiheit in Gefahr

168

Wohnen muss wieder leistbar werden

190

Aus für die Wehrplicht?

200

Der Konsument als Allesfresser

210

Der gläserne Mensch im Internet

222

20 Jahre nach dem Kommunismus

238

Die Welt im Zeichen des Fußballs

252

Diese Bücher sollten Sie lesen

266

Die Meinung der Unzensuriert-Leser

278

Das historische Rätsel

282

Personenregister

284


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Vorwort des Dritten Nationalratspräsidenten

Vorwort des Dritten Nationalratspräsidenten Vor knapp zwei Jahren habe ich das Projekt „Unzensuriert.at“ ins Leben gerufen. Aus einem kleinen Internet-Blog, auf dem ich meine persönliche Meinung und meine Erfahrungen in der Politik niedergeschrieben habe, ist mittlerweile eine ansehnliche Internet-Zeitung geworden, die tagesaktuell über Themen aus Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft, Kultur und Medien berichtet - sowohl aus Österreich als auch international. Im Laufe des Jahres 2010 hat Unzensuriert.at - mittlerweile geführt vom Verein zur Förderung der Medienvielfalt - rund 1.500 Artikel veröffentlicht. Täglich werden die Abonnenten per Mail über die neuesten Berichte und Kommentare auf dem Laufenden gehalten. Monat für Monat werden rund 150.000 Artikel auf der Unzensuriert-Webseite gelesen - Tendenz weiterhin stark steigend. Der Herausgeberverein ist auch als Verleger tätig geworden. Zusätzlich zu dem vorliegenden Unzensuriert-Jahrbuch 2010 wurden das von meiner Nationalrats-Kollegin Anneliese Kitzmüller und mir herausgegebene Buch „Die Wiederaufbauleistungen der Österreicher in der Zweiten Republik“ sowie anlässlich der Gründung des „Franz-Dinghofer-Instituts“ die Broschüre „Franz Dinghofer“ über den Verkünder der Republik 1918 verlegt. Es erfüllt mich mit Stolz, dieses erfolgreiche kritische Medienprojekt initiiert und begleitet zu haben und Ihnen das zweite Unzensuriert-Jahrbuch mit den spannendsten Geschichten des Jahres 2010 präsentieren zu dürfen. Parallel zum Wachstum der Internet-Zeitung hat auch dieses Jahrbuch im Vergleich zu 2009 deutlich an Umfang gewonnen. Anstatt 100 halten Sie diesmal rund 300 Seiten in Händen. Und selbst das ist nur ein kleiner Ausschnitt des Schaffens der Redaktion. Zu Beginn widmet sich das Jahrbuch dem dominanten Thema Zuwanderung mit Kapiteln über den Islam in unserer Gesellschaft und die Asylpolitik. In Deutschland hat Thilo Sarrazin mit seinen provokanten, aber bisher unwiderlegten Thesen über Zuwanderung und Integration der Diskussion einen neuen Anstoß gegeben. In Österreich beherrschte die Islam-Debatte die großen Wahlkämpfe in Wien und der Steiermark. Die Abschiebung abgewiesener Asylwerber wurde ebenfalls kontrovers diskutiert, zunächst anhand der Familie Zogaj, später unter dem Aspekt der Schubhaft für Familien mit Kindern.


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Kinder in Österreich haben es immer schwerer, denn die Regierung setzt mit dem Budget sowohl familien- als auch bildungsfeindliche Maßnahmen. Das Parlament, dessen baulicher Zustand nach wie vor beklagenswert ist, wird dabei ausgetrickst und die Verfassung gebrochen. Die Politik rüttelt an der allgemeinen Wehrplicht, einer der Säulen unserer Gesellschaft, ebenso wie an der Meinungs- und Pressefreiheit, die durch ein Terrorismus-Präventionsgesetz gefährdet werden. Diese Themen beleuchtet das Jahrbuch ebenso wie die zahlreichen Skandale im Justizbereich von BAWAG bis Kampusch. Auch die global bedeutsamen Themen kommen nicht zu kurz. Die Finanzkrise bedroht immer noch die Weltwirtschaft. Nach wie vor scheitern Staaten inanziell, auch im Euro-Raum. Nach Griechenland hat es Irland erwischt. Der Klimawandel gilt mittlerweile als Dogma, muss aber aus wissenschaftlicher Sicht hinterfragt werden. Das Internet gewinnt immer mehr Macht über unser Leben, der Mensch wird gläsern, vor allem unsere Jugend deiniert sich immer mehr über virtuelle soziale Netzwerke. Schließlich inden sich im Unzensuriert-Jahrbuch 2010 ausgewählte Berichte aus einer Serie über die Nachfolgestaaten der UdSSR 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus sowie eine Auswahl der TagebuchEinträge zur Fußball-WM in Südafrika. Damit die Unzensuriert-Redaktion ihre kritische Medienarbeit weiterhin in vollem Umfang fortsetzen und noch weiter verstärken kann, bitte ich Sie abschließend um Ihre Unterstützung. Weisen Sie auch Ihre Freunde auf die Webseite hin, verteilen Sie den täglichen Infobrief per Mail weiter, oder helfen Sie dem Verein zur Förderung der Medienvielfalt mit einer Spende (IBAN: AT581420020010863865, BIC: EASYATW1). Mit der Lektüre des Unzensuriert-Jahrbuchs 2010 wünsche ich Ihnen viel Freude. Ihr Martin Graf


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Der Islam in unserer Gesellschaft

Der Islam in unserer Gesellschaft 2010 ist ein möglicherweise entscheidendes Jahr im Umgang mit den Problemen, die unsere Gesellschaft als Folge der Massenzuwanderung überzogen haben. Bis zum entschlossenen Auftritt des ehemaligen Berliner Finanzsenators und mittlerweile auch ehemaligen Bundesbank-Vorstands, Thilo Sarrazin, empfahl es sich für die meisten Menschen, diese Probleme nicht offen anzusprechen. Zu schnell wurde man daraufhin als Rassist verunglimpft und in ein rechtsextremes Eck gestellt. Kaum gelang es Sarrazin jedoch, die Entwicklungen anhand von Zahlen und Fakten zu belegen, war damit die Strategie der „Gutmenschen“ durchkreuzt. Sarrazin selbst zog zwar aus praktisch allen mächtigen Kreisen großen Unmut auf sich - vor allem auch von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel -, doch seine Thesen waren nicht zu erschüttern. Sarrazins Gegner legten vielmehr für alle erkennbar die nunmehr gescheiterte Strategie offen: „Darüber darf man nicht reden, weil es wahr ist.“ Wir haben freilich schon früher darüber geredet, denn so neu waren Sarrazins Erkenntnisse für all jene, die sich schon davor nicht von der Political Correctness einschüchtern hatten lassen, gar nicht. Einer, der schon seit Jahren vor gravierenden Umwälzungen in der Gesellschaft als Folge der Demographie warnt, ist der Bielefelder Bevölkerungswissenschafter Herwig Birg. Ihn bat Unzensuriert.at im Mai zum ausführlichen Interview. Daraus ergaben sich 4 wesentliche Konliktlinien, die schon jetzt teilweise für soziale Spannungen sorgen, deren Störpotential aber noch wesentlich größer ist, wenn es nicht gelingt, die Auslöser in den Griff zu bekommen: die unkontrollierte Zuwanderung und die sinkende Geburtenrate in der einheimischen Bevölkerung. Sozialer Sprengstoff: Die großen demographischen Konlikte (29.05.) Unsere Gesellschaft wird in praktisch allen wichtigen Bereichen davon beeinlusst, doch offen gesprochen wird über Demographie selten. Migration und die Veränderung der Geburtenrate sind die entscheidenden Treiber der Veränderung, ebenfalls wichtig, aber von geringerem Einluss ist die zunehmende Lebenserwartung. Was sich alles verändern wird, erklärt der prominente Bevölkerungswissenschafter Professor Herwig Birg von der Universität Bielefeld. Im Gespräch mit Unzensuriert.at arbeitet er vier Konliktebenen heraus: 1.) Junge gegen Alte Die Zahl der zu versorgenden älteren Leute wächst in Deutschland um zehn


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Millionen bis zur Jahrhundertmitte. Gleichzeitig schrumpft die Zahl der Mittleren, die die Versorgungsleistung erwirtschaften müssen, um 16 Millionen, und zwar auch dann, wenn man hohe Einwanderung schon unterstellt. Pro Kopf eines Erwerbstätigen entfällt dann die doppelte Versorgungslast wie am Anfang des Prozesses. Das ist die eine Thematik, die überall diskutiert wird - Stichwort: Soziale Sicherungssysteme. 2.) Zuzugsgebiete gegen Entleerungsgebiete Hinzu kommt eine Auseinanderentwicklung der Regionen. Der Sozialdarwinismus greift in Form eines Regionaldarwinismus um sich. Obwohl die Bevölkerung Deutschlands schrumpft, gibt es Regionen und Bundesländer, die weiter wachsen - auf Kosten der schrumpfenden. Das nimmt dramatische Formen an. Beispielsweise fehlt durch die innerdeutschen Wanderungen in den neuen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern oder SachsenAnhalt bei den jungen nachrückenden Jahrgängen ein Viertel der Menschen. Die sind in die weiterhin wachsenden Bundesländer - meistens Bayern und Baden-Württemberg - gezogen. Das hat doppelte Konsequenzen: Neben der Demographie entwickelt sich auch die Ökonomie auseinander. Die Abwanderung erzeugt Investitionsschwäche, damit weniger Arbeitsplätze und damit weiterhin erzwungene Abwanderung, daraus folgend noch weniger Wirtschaftsleistung und noch weniger Investitionsneigung. Es entsteht eine Abwärtsspirale, während es gleichzeitig eine Aufwärtsspirale bei den Zuzugsregionen gibt. 3.) Eltern gegen Kinderlose Die dritte Konsequenz ist ein Verfassungskonlikt, der dadurch entstanden ist, dass das Verfassungsgericht geurteilt hat, die Plegeversicherung sei verfassungswidrig, weil sie von den Menschen zwei Leistungen verlangt - erstens Beiträge und zweitens die Erziehung von Beitragszahlern. Ohne Beitragszahler können keine Leistungen für die Plegebedürftigen erbracht werden. Das Erziehen der Beitragszahler nennt das Verfassungsgericht generativen Beitrag. Es gibt also einen monetären und einen generativen Beitrag. Wenn eine Bevölkerungsgruppe nur den monetären Beitrag leistet, weil sie keine Kinder hat, aber die gleichen Ansprüche erwirbt wie die anderen, dann ist das eine Privilegierung der Menschen ohne Kinder, die den obersten Verfassungsgrundsatz verletzt, nämlich den Gleichheitsgrundsatz.


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Der Islam in unserer Gesellschaft

Dieses Denken ist laut Gericht auch anwendbar auf die Renten- und Krankenversicherung. Damit ist das gesamte deutsche Sozialversicherungssystem verfassungswidrig. Dieser Verfassungskonlikt ist ebenfalls eine sehr wichtige Folge der demographischen Veränderungen, ohne dass der Konlikt von jemandem böswillig heraufbeschworen wurde. 4.) Zugewanderte gegen Nicht-Zugewanderte Deutschland - und wohl auch Österreich - ist konfrontiert mit einer millionenfachen Einwanderung von bildungsfernen Schichten. Zur Erläuterung die Zahlen: Der Anteil der Deutschen ohne Migrationshintergrund, die keinen Schulabschluss haben, beträgt 1,4 Prozent. Das ist eine kleine, fast vernachlässigenswerte Gruppe. Aus der Türkei eingewanderte Männer hingegen sind zu 17 Prozent ohne Schulabschluss, Frauen sogar zu 26 Prozent. Aber selbst aus den Herkunftsländern europäischer Art - also den EU-27 als Gruppe - sind 7 Prozent der Männer und Frauen ohne Abschluss. Auch bei den berulichen Abschlüssen bestehen gravierende Unterschiede. Besonders fallen auch hier die Türkischstämmigen auf mit 48 Prozent bei den Männern bzw. 57 Prozent bei den Frauen ohne Berufsabschluss - im Vergleich zu 12 Prozent bei den deutschen Männern und 23 Prozent bei den Frauen. Eine enorm wichtige Rolle spielt die sogenannte Erwerbsquote - also wie viel Prozent der Bevölkerung erwerbstätig sind. Normalerweise ist es so, dass die Eingewanderten häuiger erwerbstätig sind als die Nicht-Eingewanderten, schon allein weil sie jünger sind und kaum im Rentenalter. Aber im Falle Deutschlands und vermutlich auch im Falle Österreichs ist es umgekehrt. Die Erwerbsquote ist bei den Menschen ohne Migrationshintergrund höher als bei jenen mit Migrationshintergrund. Als fast unausweichliche Konsequenz ist auch die Sozialhilfequote sehr unterschiedlich. Bei den Nicht-Migranten leben 4 bis 5 Prozent von Sozialhilfe, bei den Migranten 9 Prozent (Frauen) bzw. 11 Prozent (Männer) und bei den Türken 12 bzw. 15 Prozent. Birg nennt hier die Türken als jene Zuwanderergruppe, deren Mitglieder besonders bildungsfern und daher oft auch nicht erwerbstätig sind. Thilo Sarrazin weitete diese Feststellung auf Muslime aus. Doch gerade die Muslime sind es, die in den letzten Jahrzehnten verstärkt in viele europäische Länder gedrängt sind und die überdies eine wesentlich höhere Geburtenrate aufweisen als der Durchschnitt der Bevölkerung. In Österreich ist die muslimische Gruppe in acht Jahren um 50 Prozent angewachsen, berichtete im März die Zeitung „Die Presse“, ohne die Brisanz hinter diesen Zahlen auch nur im Ansatz zu erkennen.


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Muslime: „Leichter Zuwachs“ von 50 Prozent in 8 Jahren (02.03.) Nach einer Studie des Österreichischen Integrationsfonds lebten am 1.1.2009 ca. 516.000 Muslime in unserem Land. Diese Zahl entsprach zum damaligen Zeitpunkt 6,2 Prozent der Bevölkerung. 2001 haben noch ca. 345.000 Muslime 4,3% ausgemacht. In einem Artikel in der „Presse“ wird noch erklärend beigefügt, dass - nona - nur die sich legal im Land aufhaltenden Moslems erfasst werden und von denen 49% österreichische Staatsbürger sein sollen. Ebenso wird festgestellt, dass der Anteil am Zuwachs durch Geburten höher sein soll als durch Zuwanderung. „Islam in Österreich“ nennt sich der Sammelband, in dem diese Studie veröffentlicht worden ist. Angeblich kommen darin auch „öffentlich intensiv diskutierte Themen“ wie das islamischen Kopftuch in der Schule, der Sportund Schwimmunterricht, die Errichtung von Moscheen und Minaretten sowie die Ausbildung islamischer Religionslehrer und die neue Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich zur Sprache. „Die Presse“ ist zufrieden und übernimmt den Duktus der Studie unkritisch, die behauptet, dass in den nächsten Jahren „mit einer weiteren leichten Zunahme“ der muslimischen Bevölkerung zu rechnen wäre. Ganz abgesehen davon, dass diese leichte Zunahme in den 8 Jahren von 2001 bis 2009 immerhin 50 Prozent betrug: Jedem denkenden und beobachtenden Menschen fällt auch auf, dass der Kinderdurchschnitt bei muslimischen Frauen wesentlich höher ist als bei anderen. Die Frauen werden auch in jüngeren Jahren Mütter, somit hat der islamische Kulturkreis in Österreich eine schnellere Generationenabfolge. Also muss in den nächsten Jahren mit einer enormen Zunahme an muslimischen (österreichischen) Kindern gerechnet werden - vermutlich mit einer noch höheren als zuletzt. Es ist nicht nur die schnell wachsende Zahl an Menschen aus dem islamischen Kulturkreis, die den Aufnahmegesellschaften Probleme bereitet, es ist auch das Verhalten vieler dieser Menschen. Bei keiner anderen Zuwanderergruppe ist die Integrationsbereitschaft so gering ausgeprägt. In vielen Städten Europas leben Muslime in eigenen Vierteln und dominieren dort mittlerweile das Straßenbild.


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Der Islam in unserer Gesellschaft

Parallelgesellschaften bilden sich und strahlen Dominanz aus: Frauen haben sich zu verhüllen, die Scharia steht über der Verfassung, Andersgläubige werden nicht toleriert. In Schweden bekommen dies derzeit viele Juden zu spüren. In Schweden liehen Juden vor radikalen Muslimen (02.03.) Das bei der Asyl- und Einwanderungspolitik bisher sehr großzügige Schweden macht in den letzten Jahren ein schreckliches „Aha-Erlebnis“ durch. War es bisher die letzten hundert Jahre hindurch ein „sicherer Hafen“ insbesondere auch für (aus Mittel- und Osteuropa vor antisemitischer Verfolgung liehende) Juden, so ist das nun seit ein paar Jahren anders: Die ersten Juden beginnen aus Schweden zu liehen! Was kann der Grund sein? Sind nun die Schweden plötzlich Antisemiten geworden? Ja und Nein: Die alteingesessenen Schweden stehen weiter zu ihren jüdischen Mitbürgern. Aber unter den „neuen Schweden“, den häuig nahöstlichen Immigranten, die sich in ghettoartigen Vorstädten (wie Rosengård bei Malmö) zusammenballen, wo dann aber bis zu 90 % der Frauen und 83 % der Männer arbeitslos sind, wo die einzige besuchte Schule eine Madrassa (Koranschule) ist, dort entstehen die großen Konliktpotentiale der Gegenwart und nahen Zukunft. Die Frankfurter Rundschau berichtet aus Malmö unter anderem von Zwangsverheiratungen junger muslimischer Mädchen. „Eine kleine Zahl von Extremisten bekommt immer mehr Macht über immer mehr Menschen“, sagt der Konliktforscher Magnus Ranstorp. Die neue schwedische Integrationsministerin Nyamko Sabuni, eine schwarze Muslimin, bezeichnet die muslimischen Freischulen als potenzielle Rekrutierungsbasen künftiger Selbstmordattentäter. Sie will das Kopftuch für Mädchen unter 15 verbieten und in den Schulen gynäkologische Checks durchführen, um Genitalverstümmelungen zu verhindern: „Die Mädchen mögen meinetwegen treue Ehegattinnen werden, aber zuvor sollten sie freie Frauen sein dürfen.“ Dem multikulturellen Dogma, dass jede Kultur das Recht habe, ihre Prägung beizubehalten, widerspricht die norwegische Sozialanthropologin Unni Wikan in dem Buch „Generous Betrayal: Politics of Culture in the New Europe“, in dem sie zeigt, dass Frauen - und vor allem Mädchen - nichtwestlicher Herkunft als Gefangene ihrer Sippen archaischen Lebensmustern verhaftet bleiben, und zwar „aus (fehlgeleitetem) Respekt vor der


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Kultur der Immigranten“, wodurch von den radikalsten archaischen Predigern deren Ansichten allen diesen Immigranten aufgezwungen werden. So passiert das, was die 86-jährige Jüdin Judith Popinski so beschreibt: “Ich hätte nie gedacht, diesen Hass noch einmal mitzuerleben, schon gar nicht in Schweden. Dieser Hass kommt von den muslimischen Einwanderern. Die jüdische Bevölkerung hat jetzt Angst.” Leider ist Malmö kein Einzelfall, in ganz Skandinavien läuft es ähnlich. Und in Österreich? Hier glaubt der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde immer noch, seine Mitglieder vor der weitgehend imaginären „rechtsextremen Gefahr“ schützen zu müssen. Für den immer stärker werdenden islamischen Antisemitismus ist er hingegen blind. Die Politik nahm im Laufe des Jahres die Auseinandersetzung mit der teils sehr intoleranten islamischen Lebensweise nach und nach auf. Erster Schritt gegen die drohende Islamisierung war das Burka-Verbot in Belgien. Die vollständige Verschleierung durch Burka oder Niqab ist das wohl sichtbarste Zeichen, dass sich deren Trägerin völlig von der Außenwelt abkapseln möchte. Dabei geschieht dies durch die islamischen Frauen oftmals nicht freiwillig, sondern auf Druck ihrer Ehemänner. Der freiheitliche Europaabgeordnete Andreas Mölzer hält dazu in seinem Kommentar fest: Burka-Verbot in Belgien: Signal gegen die Islamisierung (30.04.) Gewiss, die Anzahl vollverschleierter Musliminnen mag verschwindend gering sein, aber dennoch ist das sogenannte Burka-Verbot ein wichtiges Signal, und zwar ein Signal gegen die Islamisierung Europas. Denn bei Burka und Niqab, wie die gängigsten Formen der Ganzkörperverschleierungen heißen, handelt es sich um viel mehr als um religiöse Trachten, nämlich um Symbole des politischen Islam, die mit grundlegenden europäischen Werten wie der strikten Trennung von Staat und Religion sowie der Gleichberechtigung der Frau einfach unvereinbar sind. Und auch mit freier Religionsausübung haben die Ganzkörperverhüllungen nichts zu tun, weil im Koran an keiner einzigen Stelle eine diesbezügliche Vorschrift zu inden ist. Dabei wäre es jedoch falsch, die Diskussion nur auf das Kleidungsstück zu beschränken. Vielmehr muss endlich zur Sprache gebracht werden, dass die Massenzuwanderung aus der islamischen Welt quer durch Europa zum Entstehen von Parallelgesellschaften mit all ihren negativen Begleit-


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Der Islam in unserer Gesellschaft

erscheinungen geführt hat. Und ebenso darf nicht länger der Umstand verschwiegen werden, dass viele in Europa lebende Moslems integrationsunwillig sind und sich weigern, die Leitkultur ihres jeweiligen Gastlandes vorbehaltlos anzuerkennen, was letztendlich eine schwelende Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Ordnung ist. Insgesamt wird also Europa, wenn es seine christlich-abendländische Prägung behalten will, den Islamisierungstendenzen entschiedener entgegentreten müssen. Und dabei ist das belgische Burka-Verbot ein ebenso wichtiger Schritt wie die demokratische Entscheidung des Schweizer Volkes, die Errichtung von Minaretten zu verbieten. Verbote sind dann notwendig, wenn Integration von selbst nicht stattindet. Doch wer ist für Integration verantwortlich? Die Gastgeber oder die Gäste? Während von den Aufnahmegesellschaften klare Signale ausgesendet werden, die Zugewanderten integrieren zu wollen, sieht es von der anderen Seite betrachtet nicht so positiv aus. Es entsteht der Eindruck, dass sich viele Zuwanderer in ihren Parallelgesellschaften recht wohl fühlen, wobei deren Integrationsfaktor ganz offensichtlich der Islam ist. Im Gegensatz zum Christentum, führt ein religiöses Leben bei muslimischen Jugendlichen nicht zu Frieden und Nächstenliebe. Mit radikaler Integration gegen die Macho-Muslime? (08.06.) Im Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachen wurde eine Studie durchgeführt, die deutsche Schüler auf ihre Gewaltbereitschaft untersuchte - und gleichzeitig eine Verbindung zu deren Religion herzustellen versuchte. Das Ergebnis ist eine weitere Tatsache, die nach einem Umdenken der aktuellen Integrationspolitik verlangt. Bei den 45.000 untersuchten Jugendlichen, deren Alter zwischen 14 und 16 Jahren lag, zeichnete sich ein eindeutiger Trend ab: Kam ein Junge aus muslimischem Umfeld, so war er deutlich gewaltbereiter als seine Altersgenossen. Aus sowohl ihren eigenen Angaben als auch jenen der Opfer ging hervor, dass Muslime mit besonderer Häuigkeit Delikte wie Raub und Körperverletzung begehen. Christliche Jugendliche sind deutlich friedlicher, auch wenn sie aus Zuwandererfamilien stammten. Je gläubiger diese sind, umso geringer ist ihre Häuigkeit an „jugendtypischen“ Straftaten - bei muslimischen Jugendlichen gibt es diesen Trend jedoch nicht. Erschreckenderweise ist das Gegenteil der Fall - religiöseres Leben ist laut Statistik bei ihnen die Grundlage für


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häuigere Verbrechen. Auch bei der Nicht-Berücksichtigung sozialer Faktoren bleibt der Zusammenhang zwischen Religiosität und Gewaltbereitschaft bei den muslimischen Jugendlichen signiikant. Laut dem Institutsdirektor hängt die Religion eng mit der Akzeptanz der sogenannten „Machokultur“ zusammen - aufgrund der mangelnden Sprachund Kulturkenntnisse der Imame würden diese „reaktionäre Männlichkeitsvorstellungen“ vermitteln. Er spricht sich gegen eine pauschale Verurteilung des Islam, jedoch für radikale Integration aus. Muslimische Gewalt richtet sich gegen Christen, noch mehr jedoch gegen Juden. Wie das oben erwähnte Beispiel aus Schweden zeigt, leben zahlreiche Juden in Europa in Angst und sehen sich teilweise sogar gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. In Österreich dauerte es hingegen sehr lang, bis der Präsident der Israelitischen Kultusgemeine, Ariel Muzicant, diese Gefahr erkannte und in Worte fasste. Die Attacke auf einen der führenden muslimischen Politiker in Österreich, den Wiener SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi, iel jedoch heftig aus. Muzicant erkennt radikale Muslime als Bedrohung Attacke auf Al-Rawi (13.07.) Ein französischer Jugendlicher wird von Afrikanern brutal zu Tode gequält, weil er Jude ist. In Hannover wird eine Tanzgruppe von Jugendlichen aus dem Nahen Osten mit Steinen beworfen und beschimpft, weil sie Juden sind. Seit den Geschehnissen um die Gaza-Flotte im Juni häufen sich im Internet antisemitische Beleidigungen, deren Urheber vielfach türkische und arabische Einwanderer aus der Schweiz, Österreich und Deutschland sind. Mit unzähligen Einwanderern aus der Türkei, dem arabischen Raum und Nordafrika wurden auch deren Weltbilder nach Mittel- und Westeuropa mitimportiert. Eines davon ist der tief verwurzelte Hass auf Israel und die Juden. Vor allem der Palästinakonlikt heizt in letzter Zeit die Stimmung bei jugendlichen Immigranten an. Pro-Gaza Demonstrationen in Wien - ein importierter Konlikt Nach der israelischen Kommandoaktion gegen die Gaza-Hilfslotte Anfang Juni fanden in Wien zwei antiisraelische Demonstrationen statt, bei einer davon hielt der Wiener SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi eine Rede.


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Der Islam in unserer Gesellschaft

Die überwiegende Mehrzahl der Demonstranten waren junge Türken und andere junge Zuwanderer mit islamischem Hintergrund. Im Zuge der zweiten Kundgebung wurde in der Währinger Straße ein Haus angegriffen, an dem eine israelische Flagge hing. Bei einer der beiden Kundgebungen wurde auch ein Schild mit der Aufschrift „Wach auf Hitler“ mitgetragen.

Auf Grund dieser Vorgänge übte der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, jetzt scharfe Kritik am Integrationsbeauftragten der Islamischen Glaubensgemeinschaft und Wiener SPÖ-Landtagsabgeordneten, Omar Al-Rawi. Er soll einen „uninformierten Wiener Gemeinderat“, dazu verleitet haben, „sich mit der IHH zu solidarisieren.“ Die IHH ist jene türkische Organisation, auf deren Schiff „Mavi Marmara“ es zu den schwersten Ausschreitungen im Zuge der israelischen Militäraktion gekommen war. Die IKG forderte Al-Rawi zudem auf, „sich aus dem politischen Leben zurückzuziehen“ und spricht wörtlich von „hetzerischer Politik“. Unter dem gewalttätigen Verhalten muslimischer Jugendlicher leiden vor allem jene, die sich am wenigsten wehren können: Schulkinder. In vielen Städten nutzen sie die längst gewonnene Mehrheit, um die einheimischen Kinder brutal zu unterdrücken. Ein besonders einprägsames Beispiel lieferte der Westdeutsche Rundfunk mit einer Dokumentation über eine Schule in Essen.


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Kampf im Klassenzimmer: Realität nach Mitternacht (22.07.) Durch verschiedene Ankündigungen aufmerksam gemacht, habe ich mir die Dokumentation „Kampf im Klassenzimmer“ angesehen - in der ARD um 0.15 Uhr zur nachtschlafenden Stunde - und opfere eine weitere, um schriftlich zu verarbeiten, was dort gezeigt wurde. Von Alexander Höferl In einer Hauptschule in Essen werden die paar deutschen Schüler behandelt wie Aussätzige. Wenn die Klassenlehrerin, die sich weniger mit dem Lehrstoff als mit den Vorurteilen der Kinder auseinander setzen muss, die mannigfaltigen Konlikte zwischen den Kulturen in Diskussionen entschärfen will, drücken sich die Jugendlichen noch vergleichsweise gewählt aus - vor allem vor der Fernsehkamera - und gehen nicht mit Fäusten auf die Deutschen los. Aber schon da fallen Sätze, die einem jeden Glauben an die Möglichkeit einer Integration der muslimischen Zuwanderer nehmen. Er hasst es, wenn Mädchen feiern gehen. Die Discos müssen alle zugemacht werden, sagt einer. Die deutschen Mädchen sind Schlampen, mit denen sich der Muslim vergnügt, bis er die Frau fürs Leben auserwählt. Wenn jemand mit einem muslimischen Mädchen schläft, muss er sie heiraten – wenn nicht, „dann knallen wir ihn ab, und sie auch.“ Alles eine Frage der Ehre, zu deren Beschreibung dem Sprücheklopfer allerdings kein Wort einfällt. „Ich persönlich fühle mich in dieser Schule wie ein Ausländer“ sagt ein deutscher Junge, der regelmäßig verprügelt und als Rassist und Ausländerfeind beschimpft wird, weil er von den Klassenkollegen fordert, auch die deutsche Kultur anzuerkennen. Ein Mädchen ist den Weg des geringeren Widerstands gegangen. Sie ist zum Islam konvertiert und seit zwei Jahren mit einem Palästinenser liiert. Jetzt schämt sie sich, dass sich die anderen deutschen Mädchen so dreckig benehmen. Die Lehrerin will mit den Eltern der Zuwanderer-Kinder gar nicht mehr reden. Abgesehen davon, dass ihr viele Väter nicht die Hand geben, erleben die Jugendlichen enorme Gewalt, wenn die schulischen Leistungen nicht stimmen. Es werde mit Gegenständen auf sie eingeprügelt. Ein Junge musste eine Nacht lang vor der Haustüre schlafen, erzählt die Pädagogin.


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Der Islam in unserer Gesellschaft

Was soll man dazu sagen? Mich beschleicht eine ohnmächtige Wut - nicht auf die jungen Muslime, die nichts anderes kennen dürfen, sondern auf die Politiker, die uns diese Zustände eingebrockt haben und sie immer noch schönreden oder totschweigen und hoffen, dass mitten in der Nacht keiner die Wahrheit im Fernsehen gesehen hat. Doch die Wahrheit bahnt sich wie immer ihren Weg. Eine ihrer Vorkämpferinnen ist die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig, die im „Problembezirk“ Neukölln eine harte Haltung gegenüber jungendlichen - zumeist fremdländischen - Kriminellen vertrat. Ende Juni - wenige Tage vor der Veröffentlichung ihres geplanten Buches „Das Ende der Geduld“ - war Kirsten Heisig plötzlich vermisst. Wenige Tage später wurde sie tot in einem Wald gefunden. Selbstmord lautet die ofizielle Version, die viele jedoch bezweifeln. Der Fall Heisig: Zweifel am Selbstmord (06.08.) Sie galt als mutige Frau und als Verfechterin von Law and Order. Die gesellschaftliche Linke unterstellte ihr zumal Ausländerfeindlichkeit, wenn sie in den Medien prägnante Fälle zur Ausländerkriminalität skizzierte, die anzusprechen sich bislang noch niemand getraut hatte. Vielleicht war die Neuköllner Jugendrichterin Kirsten Heisig (48) bis zu ihrem mysteriösen Tod aber einfach nur eine engagierte Frau, die ihren Beruf auch nach Dienstschluss ausübte, ihn sozusagen zur Berufung machte. Mit der Konzipierung ihres „Neuköllner Modells“, benannt nach dem Berliner Problembezirk, in dem sie seit 2008 auf eigenen Wunsch arbeitete, sorgte sie für eine bundesweit beachtete Praktik, jugendliche Straftäter nicht weiter in die Kriminalität abrutschen zu lassen, sondern sie effektiv zu sanktionieren. Wo zwischen Straftat und Gerichtsverhandlung viele Monate vergehen, wollte sie Verurteilungen bereits nach einer Woche haben. Auch fürs Schulschwänzen kannte sie kein Pardon. Ihr Motto: Wem die Chance auf Bildung entzogen wird, gerät auf die schiefe Bahn. Deshalb wurden selbst die Eltern mit dem wohl mächtigsten Druckmittel belangt: einer Kürzung der Sozialhilfe, im schlimmsten Falle sogar Erzwingungshaft. Die enge, fast an die Grenze des Datenschutzes gehende Symbiose der Polizei mit Justiz und Schule hatte bisweilen für Erfolg in der sonst tristen Kriminalitätsstatistik gesorgt.


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Selbstmord nach Zusage für Fernsehdiskussion Am Montag, dem 28. Juni, soll die Juristin gegen 9 Uhr in ihrem Büro im Amtsgericht Tiergarten gewesen sein. Drei Verhandlungen standen an. Laut Kollegen sei Heisig zerstreut gewesen, „ganz anders als sonst, obwohl sie auch sonst schon mal recht hitzig werden konnte“. Am Nachmittag soll sie ihren Onkel in Reinickendorf besucht haben, etwa 10 Kilometer von der angeblichen Todesstelle entfernt. Um 13.48 Uhr nahm sie per SMS die Einladung zur abendlichen „Stern TV“-Talkshow in RTL an, wo sie über ihr kurz vor der Veröffentlichung stehendes Buch „Das Ende der Geduld: Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter“ hätte sprechen sollen. Doch dazu kam es nicht mehr. In einer ruhigen Wohnstraße in der Nähe des Tegeler Forstes - so schreibt es der Berliner Kurier - soll sie ihr Auto geparkt haben, um sich an einem Baum im dichten Wald zu erhängen. Am darauffolgenden Mittwoch, als ein guter Bekannter eine Vermisstenmeldung bei der Polizei aufgab (Heisig lebte von ihrem Mann, einem Oberstaatsanwalt, getrennt), begann die Suche der Polizei. Durch eine Handypeilung fanden die Beamten am Nachmittag das Auto, voll mit persönlichen Sachen, und durchkämmten noch am selben Abend das Waldstück im Ortsteil Heiligensee. Auch Hunde und ein Hubschrauber wurden dabei eingesetzt. Überraschend schnell, also noch vor Aufinden der Leiche, nahm sowohl die Polizei als auch die Staatsanwaltschaft allerdings Abstand von einer möglichen Entführung oder einer Straftat. Am Samstag dann die Hiobsbotschaft: Die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig, Mutter von zwei Kindern, habe sich selbst getötet. Eine Polizistin habe die an einem Baum hängende Leiche in der Nachmittagshitze entdeckt. 500 Meter entfernt von der Stelle, an der sie am Montag ihren Wagen abgestellt haben soll. Die anschließende Obduktion habe die Selbstmordthese bekräftigt. Wieder brachten behördliche Stellen mit Hilfe der Presse übereilig eine Erklärung ans Tageslicht. Kirsten Heisig soll sich laut Staatsanwaltschaft bereits am Abend des 28. Juni umgebracht haben. Motiv: persönliche Probleme. Eine beliebte 0-8-15-Standardaussage, um Journalistenfragen vorerst aus dem Weg zu gehen, wahrlich aber nicht ausreichend für das endgültige Tatmotiv. Von dem will die Medienöffentlichkeit allerdings auch nichts wissen. Genauere Informationen über die Todesursache, den genauen Fundort und Details über den Zustand der Leiche, will ebenfalls niemand genau preisgeben.


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Der Islam in unserer Gesellschaft

Während sich also die ersten Anzeichen einer offeneren Zuwanderungsdebatte bemerkbar machen, sind die Regierungspolitiker immer noch stur in Richtung Multi-Kulti unterwegs. Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) ist in Österreich der Vorkämpfer für noch mehr Zuwanderung, und auch die Bundesrepublik soll zur „bunten Republik“ Deutschland werden. Wer und was steckt hinter der Zuwanderungs-Debatte? (29.07.) Bei der Befehlsausgabe in Brüssel dürfte es in den letzten Wochen wohl irgendwann „Mehr Zuwanderung“ geheißen haben. Sonst wäre diese Parallelität der Debatten in den beiden EU-Musterschülerländern Österreich und Deutschland kaum erklärbar. Hier ist es Außenminister Spindelegger (ÖVP), der sich aus heiterem Himmel 100.000 Ausländer mehr wünscht, dort verlangt Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) eine „Willkommenskultur“ mit erleichterter Visavergabe für die Ehepartner ausländischer Akademiker. Die bunte Republik braucht mehr Migranten Seit dem Auftreten der deutschen Nationalelf in Südafrika und Christian Wulffs unpassenden Worten anlässlich seines Amtsantritts als Bundespräsident glaubt die politische Klasse Deutschlands, sie beinde sich in einer „bunten Republik“ anstatt in der Bundesrepublik. Logisch, dass die CDUPolitikerin Schavan dieses schräge Bild, das bewusst alle negativen Folgen von Massenzuwanderung ignoriert, auch verwendet. Und die FDP geht noch einen Schritt weiter, indem ihr Arbeitsmarkt-Experte Vogel die Deutschen auffordert, endlich von ganzem Herzen zu wollen, was sie dringend brauchen, nämlich mehr Zuwanderung. Während es in Deutschland den Linken vorbehalten ist, diesem Unfug entgegen zu treten - nicht weil sie die bunte Gesellschaft stört, sondern aus Angst um Arbeitsplätze -, so redet in Österreich die FPÖ Tacheles und hält auch auf jener Ebene dagegen, auf der die Einwanderungspolitiker ihre stärksten Argumente vermeinen: In der Frage der demographischen Entwicklung. Außenminister Spindelegger hatte sein Werben um 100.000 angebliche Fachkräfte, die sogar unser Rechtssystem akzeptieren sollen, ja in erster Linie durch eine schrumpfende einheimische Bevölkerung und das folglich nicht mehr inanzierbare Pensionssystem, begründet.


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Die demographische Diskussion verliert auf Seiten der Regierung schon dadurch an Seriosität, dass immense Einsparungen bei der Familienförderung bereits beschlossene Sache sind. FPÖ-Chef HC Strache fordert daher auch Voraussetzungen, dass die 100.000 nicht im Wege der Einwanderung, sondern als zusätzlich geborene österreichische Kinder kommen. Dazu bedürfe es eines Familiensteuermodells, wo Haushalte mit nur einem Einkommen dieses auf die Zahl der Personen in der Familie aufteilen können und somit jene besonders begünstigt sind, die mehrere Kinder haben. Während also Zuwanderung wieder als Allheilmittel für unsere Gesellschaft verkauft wurde, platzte einer in die scheinheilige Diskussion. Thilo Sarrazin startete die Werbetour für sein neues Buch „Deutschland schafft sich ab“. Wir vermuteten daraufhin, dass sich die SPD bald von ihm trennen werde. Überraschenderweise ist er noch immer rotes Parteimitglied, dafür musste er den Bundesbank-Vorstand verlassen. Sarrazin ist zurück - und bald draußen aus der SPD (27.08.) Im September 2009 redete Thilo Sarrazin, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank und ehemaliger Berliner SPD-Senator, Klartext über MultikultiMissstände. Nach wochenlangem Medienwirbel schloss ihn die SPD dann doch nicht aus, stellte ihn aber quasi unter Beobachtung. Erste Vorabdrucke zu seinem neuen Buch zum selben Thema im selben schonungslosen Stil dürften für die zartbesaiteten Sozialdemokraten endgültig zu viel zu sein. „Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.“ oder: „Eine große Zahl an Arabern und Türken in dieser Stadt hat keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel.“ Mit solchen Sagern geriet Sarrazin vor einem Jahr ins Kreuzfeuer des politischen Establishments der Bundesrepublik. Die SPD schmiss ihn nur nach langem Ringen mit sich selbst und aufgrund seiner Unterstützung durch SPD-Altkanzler Helmut Schmidt, Ralph Giordano, Necla Kelek und Peter Sloterdijk nicht hinaus. Die Deutsche Bundesbank distanzierte sich öffentlich von ihrem Vorstandsmitglied und entzog ihm einen seiner Zuständigkeitsbereiche, jenen fürs Bargeld.


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Dass Sarrazin immer wieder im Mittelpunkt steht, liegt auch an den Medien, für die er ein verlässlicher Aufreger und damit beliebtes Beobachtungsund Interview-Objekt ist. So hatte er sich schon im Juni 2009 während eines Vortrags vor Managern in Frankfurt/Main gegen staatliche Finanzspritzen für angeschlagene Großunternehmen ausgesprochen: „Einen Opel braucht niemand. Das werden die Autofans unter Ihnen sicherlich bestätigen.“ Deutschland wird älter, kleiner und dümmer Schon der Titel des demnächst erscheinenden neuen Sarrazin-Buches lässt die Klasse der Schönfärber erschrocken hochfahren: „Deutschland schafft sich ab“. Im Ankündigungstext des Buchhandels heißt es: „Thilo Sarrazin beschreibt mit seiner profunden Erfahrung aus Politik und Verwaltung die Folgen, die sich für Deutschlands Zukunft aus der Kombination von Geburtenrückgang, problematischer Zuwanderung und wachsender Unterschicht ergeben. Er will sich nicht damit abinden, dass Deutschland nicht nur älter und kleiner, sondern auch dümmer und abhängiger von staatlichen Zahlungen wird.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte nun ebenso wie seine Generalsekretärin Andrea Nahles und der Fraktionsvorsitzende im Parlament, Joachim Poß, Sarrazin zum Rückzug aus der Bundesbank und zum Austritt aus der SPD auf. Das für sie unangenehme Ausschlussverfahren wird den „Sozialdemokraten“ aber nicht erspart bleiben. Die Kritik der eigenen Parteigenossen war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was Thilo Sarrazin in den nächsten Wochen und Monaten erwartete. Politiker, Journalisten, Künstler und sonstige Gutmenschen schossen sich auf ihn ein, schafften es jedoch nicht, Sarrazins penibel herausgearbeitete Thesen zu widerlegen. Die Angriffe wurden folglich immer plumper, besonders im Fernsehen. Da wurden teilweise richtige Tribunale eingerichtet, denen der Meinungssünder zur Verurteilung vorgeführt wurde. Sarrazin-TV: Sind seine Gegner dümmer? (02.09.) Die Thilo-Show geht weiter. Nach Beckmann startete die ARD in Plasbergs „hart aber fair“ den nächsten Versuch, Sarrazin auszuhebeln. Der Moderator war um Klassen besser, die Gäste mehrheitlich ähnlich verheerend. Immerhin durfte Sarrazin ausreden.


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Inhaltlich brachte die Diskussion nichts Neues. Hysterisches Betroffenheitsgekeife und -gesudere gegen natürliche Fakten. Die türkisch-stämmige WDR-Journalistin Asli Sevindim benahm sich in einer Art und Weise daneben, die geeignet war, praktisch jedes Vorurteil zu bestätigen. Ihr abschätziger Gesichtsausdruck, als die Zustimmung der Zuschauer zu Sarrazins Bestandsaufnahme geschildert wurde, zeigte auch, was sie von den Menschen hält, von denen sie berulich lebt. Angesichts der Medieninszenierungen reift langsam ein Verdacht, der weder religiös noch kulturell oder genetisch zu begründen ist: Die Sarrazin-Gegner scheinen im Durchschnitt um ein gehöriges Stück dümmer als seine Befürworter. Bei Michel Friedman könnte das freilich auch am Kokain liegen. Die öffentliche Aufmerksamkeit führt dazu, dass die Menschen nun genauer hinschauen und bemerken, wo der Einluss von Zuwanderern zu realen Veränderungen führt - zum Beispiel im Lebensmittelhandel. Die Niederösterreichische Molkerei (NÖM) ist der erste Betrieb, der den Unmut der Menschen zu spüren bekommt. Die NÖM hatte eine eigens gekennzeichnete Milch für türkische Lebensmittelgeschäfte kreiert - die TÜRK-Milch. NÖM-Türk-Milch: FPÖ will jetzt neues Kennzeichnungsgesetz (28.08.) Seit rund zwei Wochen tobt ein heftiger Streit über die türkisch beschriftete Milch aus dem Hause NÖM. Auch Unzensuriert.at wurde darauf schon mehrmals hingewiesen und aufgefordert, darüber zu berichten. Bisher haben wir uns bewusst aus der Diskussion herausgehalten, denn: Wir wollen nicht ein den Gesetzen von Angebot und Nachfrage unterliegendes Wirtschaftsunternehmen an den Pranger stellen, weil es angemessen auf die Realität der österreichischen Gesellschaft reagiert. Nichts anderes ist nämlich die Produktlinie Türk-Milch. Die Marketingleute der NÖM haben völlig richtig erkannt, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil der türkischstämmigen Bevölkerung - und ein noch höherer Anteil der für den Milcheinkauf verantwortlichen Türken - kein Deutsch kann. Und wenn diese Leute, wie die Krone berichtet, dann sogar noch einen „Übersetzungszuschlag“ von 40 Cent pro Liter zahlen, dann klingelt die Kassa gehörig.


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Dennoch scheint die NÖM-Idee nun mehr Schaden anzurichten, als sie Nutzen stiftet, denn zahlreiche Kunden - mobilisiert durch verschiedene Plattformen wie SOS Österreich - drücken ihr Missfallen gegenüber der Anbiederung an die Türken-Community aus und kündigen an, NÖM-Produkte künftig zu boykottieren. Im Facebook sind das schon 4.100 (Stand 28.8.2010). Karl Schwing, FPÖ-Klubobmann im 15. Wiener Gemeindebezirk, schreibt an den NÖM-Verkaufsleiter: „Sie sind ein österreichischer Traditionsbetrieb, der sich dieser Rolle auch bewusst sein muss! Und daher ist es eine verkaufstechnische „Todsünde“, die Sie mit der türkischen Aufschrift begangen haben. Nur als Vergleich: Könnten Sie sich vorstellen, dass eine französische Champagnerirma ihr Erzeugnis als Serviceleistung gegenüber nicht Französisch sprechenden Kunden mit ‚Schaumwein‘ oder ‚Sekt‘ bezeichnen würde?“ Deutschplicht bei Produktkennzeichnung gefordert Und so passiert nun langsam das, was ohnehin von Anfang an geboten schien: Die Politik erkennt ihre Verantwortung, derartige Auswüchse zu verhindern. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky meldet sich heute mit einem vernünftigen Vorstoß zu Wort. Er will im Nationalrat beantragen, dass Produkte ausschließlich auf Deutsch gekennzeichnet werden müssen. Es darf mit Spannung erwartet werden, ob die Regierungsparteien diese Initiative aufnehmen und gegen ihre ausschließlich fremdsprachigen, aber dennoch wahlberechtigten Zielgruppen stimmen. Das Gelaber des Landwirtschaftsministers von „diffusen Ängsten“ lässt nichts Gutes erwarten. Wesentlich wichtiger - aber nach den Erfahrungen mit dieser Regierung auch unrealistischer - wäre es ohnedies, sich den zugrunde liegenden Problemen zu widmen, nämlich der beharrlichen Verweigerung jeglicher Integration durch maßgebliche Zuwanderergruppen. Parallelgesellschaften wachsen nicht, weil sie mit türkischer Milch versorgt werden, sondern weil ihre Abkapselung von den Geplogenheiten in der neuen Heimat beinahe widerspruchslos toleriert wird. Nicht nur die Milch ist neuerdings türkengerecht, auch in den Fleischvitrinen der Supermärkte indet man immer öfter „Halal“-Produkte. Hier geht es jedoch nicht nur um unterschiedliche Kennzeichnung, sondern auch um eine


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eigene Art des Schlachtens, wodurch die Religionsfreiheit unweigerlich in einen Konlikt mit diem Tierschutz tritt. Während Muslime also - Tierschutz hin oder her - ihre Sitten und Gebräuche problemlos ausleben können, ist dies den Einheimischen vielfach nicht mehr vergönnt. Sobald öffentliche Stellen involviert sind, kennt das Entgegenkommen keine Grenzen. In den Schulen gibt’s sicherheitshalber für alle kein Schweineleisch mehr. Wenn die Kinder gemeinsam über Gott singen, so heißt dieser Allah. Und beim Bundesheer sieht man einfach weg, wenn Muslime ihre eigene Hierarchie etablieren. Einige aktuelle Beispiele der Anbiederung: Moslem-Eldorado Bundesheer (11.09.) Rekruten im Österreichischen Bundesheer müssen einiges mitmachen. Die Rede ist hier nicht von brüllenden Ausbildern oder Gewaltmärschen. Nein, es geht um Diskriminierung und zwar andersherum.

© Bundesheer

Masseneinwanderung und die demographische Entwicklung wirken sich auch auf die Zusammensetzung unserer Armee aus, und manche Einheiten werden bereits von muslimischen Soldaten dominiert.


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Einen Zug hat es besonders erwischt. Von 56 Soldaten sind 51 Migranten, vorwiegend Türken, berichtet der Blog „Schreibfreiheit“ unter Berufung auf einen Informanten, dessen Identität zu seinem Schutz nicht preisgegeben wird. Die Soldaten aus dem islamischen Kulturkreis weigern sich demnach, angebliche „Frauenarbeiten“ zu verrichten, also etwa den Sanitärbereich zu reinigen. Kein Problem, denn die fünf autochthonen Österreicher sind doch dafür da, oder? Die Ausbilder scheint diese offene Provokation durch Neo-Österreicher ebenso wenig zu stören wie die Entwürdigung der christlichen Rekruten. „Macht‘s euch das selber aus“, heißt es im Fall von Beschwerden schlicht. Österreichische Grundwehrdiener müssen sogar das Marschgepäck von Moslems tragen, wenn diese einfach nicht wollen. Schließlich hat ein „braver“ Anhänger des Propheten nur wenig für abendländische Hierarchien und Befehle von Ungläubigen übrig. Anstatt den Grundwehrdienst zur besseren Integration von neuen Staatsbürgern und deren Kindern zu nutzen, räumt das Heer unter der wohlwollenden Aufsicht von Minister Darabos diesen diverse Sonderbehandlungen und Vergünstigungen ein. In diesem Zug soll es auch vorgekommen sein, dass Muslime Munition in ihrem Spind bunkerten. Die Sanktion bestand in wenigen Tagen Ausgehverbot. Die ansonsten üblichen Ermittlungen blieben aus.

Steirische Schule serviert Halal-Menüs (21.10.) Weil eine deutsche Grundschullehrerin ihren Schülern beim Mittagessen aus Unachtsamkeit Schweineschnitzel statt Hühnerschnitzel servierte, wurde sie von Muslimen aus der Schule gemobbt. Als „reine Vorsichtsmaßnahme“ hat die Schulleitung dann auch noch Schweineleisch vom Speiseplan gestrichen - ausnahmslos für alle Schüler. Künftig wird es neben vegetarischem Essen nur noch Gelügel und Rindleisch geben. Nun scheint sich der religiös motivierte Schnitzel-Krieg auch in die Steiermark zu verlagern. An einer Weizer Volksschule wird seit Kurzem aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber muslimischen Eltern auf die Verwendung von Schweineleisch nahezu gänzlich verzichtet. Das Kuriose: Von den vierzig betroffenen Kindern sind nur sieben islamischen Glaubens.


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Während sich so manche Eltern darüber empören, warum plötzlich alle Kinder aus Rücksicht auf die andersgläubigen Schüler auf Schweineleisch verzichten müssen, versteht man in der Schule die Aufregung nicht so recht. „Wir verzichten ja nur teilweise auf Schweineleisch, Knacker und Schnitzel soll es auch in Zukunft geben, dann müssen die muslimischen Kinder eben an diesem Tag aufs Essen verzichten oder nur die Beilagen konsumieren“, meint etwa die Leiterin der Nachmittagsbetreuung. In der steirischen Landeshauptstadt Graz gibt es bereits seit zwei Jahren nur noch getrennte Menüs für Einheimische und Muslime. Der zuständige Landesschulrat Wolfgang Erlitz indet das richtig und wichtig: „Es muss auf die andersgläubigen Kinder Rücksicht genommen werden.“ Für die steirische FPÖ-Nationalratsabgeordnete Susanne Winter, die als erste Politikerin auf diesen Fall aufmerksam gemacht hat, ist die halalkonforme Verköstigung heimischer Schüler allerdings ein Zeichen falsch verstandener Toleranz und zeigt, wie stark die islamischen Sitten hierzulande bereits Einzug gehalten haben. „Wie kommen unsere steirischen Kinder dazu, sich der islamischen Minderheit durch Aufgeben ihrer Lebensgewohnheiten anzupassen“, fragt Winter kritisch.

Welser Schulkinder müssen Allah besingen (07.10.) Der Kabarettist Alf Poier meinte einmal, er verstehe nicht, weshalb die Muslime in Österreich eigene Feiertage benötigen würden, sie hätten doch ohnehin „Allahheiligen“. In einer Volksschule im oberösterreichischen Wels hat nun offensichtlich die Realität die Satire überholt. Der von empörten Eltern der Volksschule Rainerstraße in der Bezirkshauptstadt Wels kontaktierte FPÖ-Stadtrat Dr. Andreas Rabl informierte daraufhin die Presse in folgender Form: „Massive Proteste bei den Eltern hat die Aktion der Volksschule Rainerstraße in Wels hervorgerufen. Die Kinder bekamen zur Vorbereitung des Schuleröffnungsfestes einen Liedtext nach Hause mit, in dem sie Allah besingen müssen. Wörtlich heißt es im Refrain des Lieds: ‚Denn wenn wir nur Allah dienen, hat alle Not ein Ende.‘ Auch in den einzelnen Strophen wird Allah gepriesen. So wird beispielsweise in der 1. Strophe gesungen: ‚Allah hat uns die Erde gegeben, damit wir auf ihr leben, […]’


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Aufgrund der Proteste der Eltern hat sich in Folge auch der Elternverein eingeschaltet und schriftliche Aufklärung verlangt. Dieser Aufforderung ist man von Seiten der Schule jedoch nicht nachgekommen. Nachdem die Kinder nachweislich ohne Unterscheidung nach ihrem Glaubensbekenntnis den gleichen Text bekommen haben, ist davon auszugehen, dass es sich wieder einmal um falsche Integrationsbemühungen handelt. Aus Sicht der Freiheitlichen ist es schon eigenartig, dass der Schulgottesdienst am Beginn eines Schuljahres in ein Schuleröffnungsfest umgewandelt wird. Dass dabei aber noch dazu Allah besungen werden muss, ist in keinster Weise zu rechtfertigen.“ Die Reaktion der „Oberösterreichischen Nachrichten“: „Blaue Zündler“. Das sei „ökumenisch“ und den katholischen Kindern würde die Textvariante mit „Gott“ gegeben (was ausgesprochen unglaubwürdig ist - wie sollen voneinander abweichende Textteile gesangstechnisch funktionieren?). Alles nur „ein Schüren dumpfer Ängste vor ‚dem Fremden‘“, so die OÖN. Wie dieses Beispiel zeigt, ist die Gemeinschaft der Leugner und Vertuscher von Integrationsproblemen auch nach Sarrazin noch groß genug. Doch wie soll nun umgegangen werden mit jenen, die in unserer Gesellschaft zum Teil nach Jahrzehnten nicht angekommen sind, mit chronischen Integrationsverweigerern und Menschen, die unsere Werte und unser Rechtssystem nicht anerkennen? Sollen sie in ihr Herkunftsland abgeschoben werden? Oder dürfen sie das nicht, weil der Islam ohnehin schon zu uns gehört, wie der deutsche Bundespräsident just am Tag der Deutschen Einheit meinte. „Wir sind ein Volk“ - und das muss genügen (06.10.) Christian Wulff ist der Präsident der deutschen politischen Klasse, der Präsident des deutschen Volkes wäre er niemals geworden. Und so hielt er seine Rede zum 20. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung für die politische Klasse und nicht für das Volk. Folglich ging es nicht um das Zusammenwachsen von Deutschen und Deutschen, das auch nach 20 Jahren noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann. Nein, es ging um das Zusammenwachsen von Deutschen und Zuwanderern, um das Zusammenleben auch mit jenen, die eine Existenz in Parallelgesellschaften einer Integration vorziehen.


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Die Feststellung, der Islam gehöre zu Deutschland, ist nicht gerade sensationell. Immerhin ist er in Deutschland wie auch in Österreich seit Jahrzehnten eine anerkannte Religionsgemeinschaft. Hinter dieser Floskel verbirgt der Bundespräsident Kritik an den Deutschen. „Legendenbildungen, die Zementierung von Vorurteilen und Ausgrenzungen dürfen wir nicht zulassen“, schreibt er ihnen ins Stammbuch und tadelt all jene, die – teils wachgerüttelt durch Sarrazin - ein Ende der grenzenlosen Zuwanderung und von den Zugewanderten mehr Anpassung fordern. Das fordert Wulff zwar auch, befreit die Integrationsunwilligen aber zugleich von ihrer Plicht, indem er sagt, es sei „längst Konsens, dass man Deutsch lernen muss, wenn man hier lebt. Es ist Konsens, dass in Deutschland deutsches Recht und Gesetz zu gelten haben. Für alle - wir sind ein Volk. […]Wer unser Land und seine Werte verachtet, muss mit entschlossener Gegenwehr rechnen.“ Müssen radikale Muslime tatsächlich mit Gegenwehr rechnen? Doch mit wessen Gegenwehr? Mit der des Christian Wulff? Mit der des SPDPolitikers Kurt Beck, der zufrieden war, dass Wulff „alle wichtigen aktuellen Themen angesprochen“ hat? Oder mit der Gegenwehr eines CSU-Verteidigungsministers zu Guttenberg, der einen Geert Wilders als herumturnenden Scharlatan bezeichnet? Jenen Geert Wilders, dem die Verteidigung westlicher Werte einen Gerichtsprozess beschert hat und ein Leben in Gefahr, in die sich zu Guttenberg bestenfalls für ein paar Stunden begibt, wenn er die deutschen Soldaten am Hindukusch besucht. Angesichts dieser politischen Klasse gerät der radikale Islam zur zweitrangigen Bedrohung. Es ist die völlige Wertelosigkeit der Mächtigen, die einem die Angstschauer über den Rücken jagt, zum Beispiel wenn Angela Merkel den Wunsch nach stärkerem konservativem Proil ihrer Partei damit erklärt, dass sich die Leute vor der Wirtschaftskrise fürchten. Wenn der Islam sein Wertsystem hier etablieren will, stößt er zusehends in ein Vakuum. Welches Recht und Gesetz dann zu gelten hat, ist egal, denn es sind sowieso - frei nach Wulff - alle miteinander ein Volk. Je größer der Einluss des Islam auf die Staaten des Westens wird, umso mehr wächst auch der Widerstand gegen die Religionsgemeinschaft, die - so meinen viele - eine Sonderstellung einnimmt. Denn der Islam kann Religion nicht von Politik trennen. Sein Inhalt ist zugleich Gesetz. Islamisten akzeptieren keine


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Verfassung und kein Grundgesetz, sondern nur die Scharia. Der Kampf gegen den Islamismus ist daher zur Triebfeder politischer Bewegungen in Europa geworden. Dass es diese produktiven Kräfte rechts der Mitte in Europa gibt, zeigte im Oktober die FPÖ mit einem Kongress patriotischer Parteien in Wien. Patriotische Parteien kämpfen gemeinsam gegen Türkei-Beitritt (29.10.) Um in ihrer Wahrnehmung nicht von den unneutralen, parteipolitisch beeinlussten Massenmedien abhängig zu sein, haben die patriotischen Parteien Europas eine Gelegenheit benötigt, sich von Angesicht zu Angesicht zu treffen und über die genauen Standpunkte der jeweiligen Ansicht zu diskutieren. Die FPÖ organisierte solch ein Treffen in Wien. Schnell wurde den patriotischen Kräften klar, dass die verzerrten Bilder der Medien in den einzelnen Ländern einem ähnlichen System folgen und man auf gemeinsamem Boden über weitere Vorgehensweisen diskutieren kann. Klarstes Ergebnis der Besprechung ist ein EU-weites Volksbegehren über den Stopp der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Jedoch befürchten die Patrioten, dass EU-Bürokraten den Bürgerstimmen mit Hinweis auf die „Grundwerte der EU“ nicht einmal eine Chance geben wollen, angehört zu werden. Problematisch ist auch, dass die EU direkt-demokratische Mittel wie ein Volksbegehren zwar beschlossen hat, die Durchführungsvoraussetzungen jedoch auf sich warten lassen. Die einzelnen Länder haben dafür höchst unterschiedliche Regelungen bzw. teilweise gar keine vergleichbaren Instrumente. Die Parteisprecher berichteten darüber hinaus von durchwegs ähnlichen Problemen, die sie in ihren jeweiligen Ländern zu bekämpfen haben: Ghettobildung, unkontrollierte Immigration sowie mangelnde Sorge um die inländische Bevölkerung seitens der regierenden linken Kräfte rufen überall in Europa dieselben demographischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Konliktpunkte hervor. Führende Vertreter patriotischer Parteien referierten in Wien. Zu Wort kamen unter anderem der belgische Vlaams Belang, die italienische Lega Nord und die Schwedendemokraten. Über das gemeinsame Thema der Parteien - die Verhinderung eines türkischen EU-Beitritts - sprach der Vertreter der Dänischen Volkspartei.


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Die Türkei - Anführer Eurasiens? (25.10.) Morten Messerschmidt ist ein junger EU-Abgeordneter. Er sprach auf dem Treffen der patriotischen europäischen Parteien für seine Dänische Volkspartei. Sein Hauptanliegen ist der geplante Beitritt der Türkei zur EU. Für ihn sind die Verhandlungen ein Weg in die falsche Richtung. Die „Fortschritte“, die die Türkei in den Beitrittsverhandlungen mache, hätten nichts mit der realen politischen Lage des Landes zu tun - diese gäben vielmehr Aufschluss darüber, welchen Einluss die Türkei auf Europa haben würde. Der aktuelle Ministerpräsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, musste aufgrund der Trennung von Kirche und Staat, welche einst von Kemal Atatürk verfügt wurde, eine Haftstrafe absitzen. Grund dafür war Verfassungsfeindlichkeit. Nun hat Erdogan eine neue Verfassung entworfen und durchgesetzt, mit der die Türkei - gegen die westlichen Vorstellungen der EU - in Richtung eines islamistischen Systems rückt. Die Kooperationsbereitschaft der Türken äußert sich sehr deutlich am Beispiel der Insel Zypern, deren Nordteil von türkischen Truppen besetzt ist. Aufgrund der zahlreichen Unterdrückungen und Zerstörungen der verbliebenen christlichen Kultur forderte die EU einen Abzug der Truppen von der Insel - Erdogan wies dies als „grundlos und inakzeptabel“ zurück. Gleichzeitig gibt der türkische Ministerpräsident jedoch der EU die Schuld daran, dass die türkischen Beitrittsverhandlungen bis jetzt keine Wirkung zeigen. Laut Messerschmidt leugnen die europäischen Regierungsparteien die Realität: Seiner Meinung nach ist die Türkei ein wichtiger strategischer und wirtschaftlicher Partner, zu dem starke Bindungen gehalten werden sollen - sie gehört jedoch nicht zur europäischen Familie. Während sich in vielen europäischen Ländern die heimatbewussten und patriotischen Kräfte längst formiert haben, ist dieser Prozess in der Bundesrepublik Deutschland in vollem Gange. Einer will sich jedoch daran nicht beteiligen: Thilo Sarrazin, der nach seinem Diskussionsanstoß der Wunschkandidat gewesen wäre. Sarrazin will keine Rechtspartei (31.10.) „Eine Partei, die sich ausschließlich dem Thema Zuwanderung und Integration widmen würde, wäre eine Rechtspartei. Und ich möchte keine Rechts-


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partei in Deutschland“, stellt Thilo Sarrazin im aktuellen Interview mit „Bild am Sonntag“ fest. Er habe keine Lust, eine eigene Partei zu gründen, die laut Umfragen 18 Prozent der Wählerstimmen erreichen könnte. „Umfragen belegen, dass 60 bis 80 Prozent meine Äußerungen zur Integration unterstützen. Nur eine Minderheit von denen will, dass ich eine Partei gründe. Die Mehrheit aber will, dass die Fragen, die ich an den politischen Mainstream gerichtet habe, auch dort beantwortet werden“, sagt Sarrazin. Kann ein Mann, der die verdienstvolle Aufgabe erfüllt hat, sein Land aus dem multikulturellen Dornröschenschlaf wachzurütteln, tatsächlich so naiv sein? Sarrazin formuliert diese Hoffnung wohlgemerkt keine drei Absätze, nachdem er das Spitzenpersonal von CDU und SPD scharf kritisiert hat und zu dem Ergebnis gekommen ist: „Ich warte ab, was von den aktuellen Äußerungen aus der Politik opportunistische Anpassung an eine auch durch mein Buch offenkundig gewordene Stimmung und was ernst gemeinter Handlungswille ist.“ Jene, die nicht abwarten wollen, bis sich Deutschland oder ganz Europa abgeschafft hat, stößt Thilo Sarrazin hingegen vor den Kopf. Angesprochen auf das Lob des niederländischen Islamkritikers Geert Wilders, erklärt Sarrazin: „Ich weiß, die wollen mich vereinnahmen. Die FPÖ aus Österreich will mich ebenso wie die SVP aus der Schweiz schon lange für Auftritte gewinnen. Aber das mache ich nicht. Ich lasse mich nicht in die rechte Ecke drängen.“ Ob der politische Mainstream, wie Sarrazin es hofft, je in der Lage sein wird, die Probleme der Zuwanderung in den Griff zu bekommen, darf also hinterfragt werden - auch angesichts der Entwicklungen in der organisierten Ausländerkriminalität in deutschen Großstädten, die das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ aufgriff. „Der Zug ist abgefahren“, befürchten die Pessimisten, weil die Staatsgewalt nicht bereit ist, sich seinen Herausforderern zu stellen. Ethno-Clans im Kampf gegen die Polizei (31.10.) In Deutschland kennt die Ausländerkriminalität ein neues Phänomen: Ethno-Gruppierungen. Vorwiegend kurdische oder arabische Großfamilien haben sich in den vergangenen Jahren zu einer hochkriminellen Subkultur entwickelt, denen der Staat kaum mehr etwas entgegenzusetzen hat.


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Politiker haben resigniert, die Polizei fürchtet sich vor den maiösen Ausländerclans. Die nicht mehr zu kontrollierenden Ethno-Gruppierungen sind ofiziell Sozialhilfebezieher, inofiziell aber in Drogenhandel, Prostitution und Schlepperei verwickelt. Besonders schlimm ist das Problem mit den 15.000 sogenannten „Mhallamiye-Kurden“, die in den 1980er Jahren aus dem Libanon eingewandert sind und sich vor allem auf die Großstädte Berlin, Bremen und Essen konzentrieren. Viele von ihnen haben bei der Einreise ihre Papiere vernichtet und leben heute mit bis zu 16 ofiziellen Identitäten, wie ein Kriminalbeamter dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“ berichtet. Sie dürfen trotzdem in Deutschland bleiben. Nur in Ausnahmefällen werden die „Staatenlosen“ abgeschoben, praktisch passiert das allerdings nie. Möglich gemacht wurde die organisierte Kriminalität durch Behördenversagen und durch rechtliche Schluplöcher. „Ethnisch abgeschottete Subkulturen haben sich unter erheblichem Missbrauch der vorhandenen Schwachstellen des bundesdeutschen Ausländer- und Asylrechts bereits fest etabliert“, heißt es in einem Bericht des Bundeskriminalamts aus dem Jahr 2004. Eine Zerschlagung der kriminellen Strukturen werde „nur noch in Teilbereichen“ möglich sein. Schon heute ist allen Akteuren klar, dass nichts mehr geht. Bremens CDU-Innenpolitiker Wilhelm Hinners: „Ich befürchte, der Zug ist abgefahren, die Strukturen werden wir nicht mehr zerschlagen.“ 2009 fassten die Ermittler knapp 300 Personen, die mehr als 800 Straftaten begangen haben. Im ersten Halbjahr 2010 waren es bereits 230 Personen bei knapp 380 Delikten. Jene vier Polizisten, die einen Überblick über rund 200 ausgewählte Mitglieder der Araber-Clans behalten sollen, sind ebenfalls machtlos. Die anfangs versprochene Vernetzung der Schul- und Sozialbehörden funktioniere nicht, sagen sie. Deshalb komme es nicht selten vor, dass ein Gesuchter weiter Sozialleistungen kassiere. Oberstaatsanwalt Reusch, der ähnlich wie die verstorbene Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig öffentlich über die Probleme mit den Ethno-Clans sprach, wurde wegen seiner „drakonischen Vorschläge“ nach Verhinderung der Einbürgerung Krimineller, begrenztem Familien- und Ehegattennachzug sowie Prüfung der Integrationswilligkeit sogar auf einen „unpolitischen“ Posten versetzt. Sein Nachfolger sagte beim Amtsantritt auf die Frage, ob er ebenfalls hart gegen die Kriminellen durchgreifen werde: „Das Wort Härte, das gefällt mir nicht.“


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Wenn es in der deutschen Regierung jemanden gibt, der den Kampf mit Verfassungsfeinden aufnimmt, egal ob diese politisch oder religiös motiviert sind, dann ist es die junge CDU-Familienministerin Kristina Schröder. Als Abgeordnete war sie für islamischen Extremismus zuständig und durfte am eigenen Leib erfahren, wie sich dieser anfühlt. Jetzt kämpft sie gegen Deutschenfeindlichkeit. „Deutsche Schlampe“ verschärft Kritik an Deutschenfeindlichkeit (02.11.) Deutschlands Familienministerin Kristina Schröder (CDU) wurde 2004 als „deutsche Schlampe“ bezeichnet, weil sie in ihrer damaligen Funktion als Abgeordnete für das Thema extremistischer Islamismus eine türkische Zeitung wegen Volksverhetzung angezeigt hatte. Dies hatte eine bundesweite Hetzkampagne zur Folge, weshalb sich Schröder mit üblen Beschimpfungen von überwiegend Migranten konfrontiert sah. In einem Interview mit der Bild-Zeitung schilderte die Ministerin ihre eigene Erfahrung zur oft feindlichen Einstellung muslimischer Jugendlicher gegen Deutsche und Christen. Dabei übte sie scharfe Kritik an der Deutschenfeindlichkeit junger Ausländer: „Es regt mich auf, wenn so getan wird, als hätte das alles damit zu tun, dass diese Gesellschaft gegenüber diesen Jugendlichen nicht freundlich genug ist!“ Solche Beschimpfungen seien bei Jugendlichen in bestimmten Gegenden alltäglich - auf Schulhöfen, aber auch in U-Bahnen, so Schröder. „Wenn bestimmte Strömungen des Islam ein Überlegenheitsgefühl gegenüber Nichtmuslimen vermitteln, wenn Frauen nur dann als würdevoll gelten, wenn sie bestimmte Kleidungsvorschriften einhalten und wenn Homosexuelle dort als minderwertig behandelt werden, dann ist das Teil des Problems“, schildert die junge Familienministerin in dem Gespräch. Schröder will Strafen bis zur Ausweisung Sie will gegen diese Art des Rassismus nun entschiedener vorgehen. Unabhängig von der Nationalität der Täter, sollen empindliche Strafen möglichst schnell verhängt werden. Die Ausweisung bestimmter Jugendlicher sei dabei die richtige „Ultima ratio“. Und Schröder will bereits im Vorfeld Probleme im Integrationsbereich beseitigen, idem die Praxis der Einbürgerungen geändert wird. Den deutschen Pass dürfe man sich nicht mal eben so abholen können, fordert die Ministerin.


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Deshalb wünscht sie sich lächendeckende Einbürgerungsfeiern, bei denen die Nationalhymne gesungen und das Grundgesetz übergeben wird. So ein feierlicher Rahmen soll aufzeigen, dass der deutsche Pass kein KFZKennzeichen sei, das einfach so abzuholen ist. Während innerhalb der deutschen Gesellschaft schön langsam die Problematik ans Tageslicht kommt und Proponenten der politischen Klasse sanfte Schritte wagen, wird Österreich unterdessen wieder von der multikulturellen Realität eingeholt. Selbst hochrangige muslimische Kreise halten ihre wahren Absichten nicht versteckt, wie der undiplomatische türkische Diplomat Kadri Ecvet Tezcan in einem „Presse“-Interview beweist. Die wahren Botschaften des türkischen Botschafters (11.11.) Mit dem Interview des türkischen Botschafters Kadri Ecved Tezcan, das die typischerweise hohen Wellen einer integrationspolitischen Debatte ausgelöst hat, ist der Standpunkt der Türkei und der Türken der einheimischen Bevölkerung einmal mehr klar präsentiert worden. Mit der üblichen türkisch-muslimischen Selbstsicherheit spricht er die Schuld an der misslungenen Integration den Österreichern zu, verlangt die Übernahme türkischer Werte und - was der einzige Anlass für die obligatorische Empörung der rot-schwarzen Regierung ist - attackierte schamlos Mitglieder der österreichischen Regierung. Der Botschafter sprach, trotz seiner offensiven Provokation, auch eindeutig korrekte Punkte an: Etwa, dass die Türken nicht zu den typischen Gastarbeitern Österreichs zählten, da sie zunächst andere Länder wie Deutschland aufgrund der besseren Lohnsituation bevorzugten. Abgesehen von dieser eindeutig opportunistisch-egoistischen Herangehensweise wird durch diese Aussage folgendes klar bzw. steht unausgesprochen im Raum: Wenn die Türken Österreich einige Jahre später nicht wegen des Lohnniveaus als neue Heimat wählten - weswegen dann? Die statistische Verteilung der türkischen Immigranten legt nahe, dass sie dem großzügigen Sozialsystem Österreichs nicht gerade durch etwaige Top-Verdiener zuträglich sind. Türken wollen Integration der Österreicher Doch auch die Annahme, dass Türken Österreich als „Heimat“ wählten, wird angesichts Tezcans Aussagen einmal mehr ins Gegenteil gekehrt:


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Der Islam in unserer Gesellschaft

An vielen Stellen des Interviews legt er den Österreichern nahe, in ihrer Heimat die türkische Kultur zu akzeptieren und zu leben - der Kolonialisierungsgedanke, mit dem die muslimischen Türken in europäische Länder einwandern, wird von Tezcan in strahlendes Licht gerückt. Türken bekommen jährlich Plätze für ihre Feiern zur Verfügung gestellt - doch Tezcan kritisiert, dass keine Österreicher daran interessiert sind, sie zu besuchen! Offenbar ist das Problem, vor dem die türkischen Immigranten stehen, der Unwille der Österreicher, sich in die türkische Kultur zu integrieren. Im Gegensatz dazu jedoch zieht der Botschafter Parallelen zwischen der Akzeptanz von Kopftuchträgerinnen und Nacktbadern - Angesichts der Tatsache, dass Nacktbaden nur in bestimmten Bereichen akzeptiert wird, verlangt er diese Restriktion wohl auch für seine Glaubensgenossinen. Weiters anerkennt er die fehlende Motivation der Türken am Gelingen eines Sozialkonzeptes („Was immer du hast, von Gott gegeben, ist genug für dich.“), möchte Türkisch als Maturasprache einführen (um Türken ohne Deutschkenntnissen einen österreichischen Abschluss zu gewähren - oder doch, um die türkische Kultur effektiver zu verbreiten?), verlangt mehr Propaganda für die 3500 türkischen Unternehmer als Positivbeispiel (um von den anderen 91% der türkischen Immigranten abzulenken?) und kritisiert letzten Endes die Meinung fast eines Drittels der Österreicher: Sie wählten laut seiner Aussage „extrem rechte“ Parteien. „Wenn ihr keine Ausländer hier wollt, dann jagt sie doch fort“ sind seine Worte - hätte ein Österreicher diese in den Mund genommen, wäre ihm ein Prozess wegen Verhetzung sicher. Der türkische Botschafter ist mit der freien Wahl (und damit auch Meinung) offenbar nicht im Geringsten einverstanden: Wir müssten lernen, „mit anderen Leuten zusammenzuleben“. Seine Attacke auf die Demokratie beendet er mit der gewichtigen Frage: „Was für ein Problem hat Österreich?“ Empörungsritale der Regierung sind nicht glaubwürdig Durch solche Äußerungen wird jedenfalls klar, was für ein Problem der Botschafter hat: Türkische Geplogenheiten werden nicht schnell genug von den Einheimischen übernommen. Ganz im Geiste des islamischen Propheten Mohammed, der seine Religion in die Welt tragen will, ruft er den Wiener Kardinal dazu auf, den Islam zu bewerben. Doch während sich sogar die Türkei selbst von ihrem Botschafter distanzieren, folgen die


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österreichischen Grünen ganz ihrer Linie, den Staat völlig zu zersetzen, und gratulieren Tezcan zu seinen provokant gewählten Worten. Die empörte Haltung von Regierungspolitikern sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie jene Probleme, die der Botschafter zurecht angesprochen hat, verursacht haben und nun nicht willens sind, für die nötigen Korrekturen zu sorgen und Menschen, die Integration als Holschuld Österreichs betrachten, mit Bestimmtheit das Gegenteil zu erklären. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die heuer aufgebrochene Debatte über Zuwanderung im Allgemeinen und den Islam im Besonderen fortgesetzt werden und schließlich zu konkreten Maßnahmen führen. Die Versäumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte, in denen die Verantwortlichen glaubten, „Multi-Kulti“ sei als friedliches Nebeneinander verschiedener Kulturen möglich, werden schwer aufzuholen sein.


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Bleiberecht für alle

Bleiberecht für alle Gleich wie in der Zuwanderungspolitik wurden im Jahr 2010 auch die Verfehlungen in der Asylpolitik offenbar. Der Fall der Arigona Zogaj und ihrer Familie fand zunächst ein Ende durch die freiwillige Rückweise in den Kosovo, doch bei Drucklegung zeichnete sich die neuerliche Einwanderung der Zogajs mit Schüler- und Saisonarbeitervisa ab. Dass Asylmissbrauch ein verbreitetes Phänomen ist, erkennt man alleine an dem Umstand, dass durch Beschwerden von - meist zurecht - abgelehnten Asylwerbern mittlerweile der Verfassungsgerichtshof praktisch lahmgelegt wird. Die Lage könnte sich indessen weiter verschlimmern, denn Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) ist vor der Asyllobby in die Knie gegangen und wird die geltenden Gesetze bis auf weiteres nicht vollziehen, wenn Familien mit Kindern von der Abschiebung bedroht sind. Dies wiederum könnte die Attraktivität Österreichs als Asylland erneut drastisch erhöhen, gilt doch jetzt ein Kinde praktisch als unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. In diesem Fall wäre wohl jenes dritte Asyl-Erstaufnahmezentrum, das Fekter zu Beginn des Jahres mit Hilfe tollpatschiger Geheim-Diplomatie errichten lassen wollte, doch notwendig. Undercover-Asylprojekt am Widerstand des Volkes gescheitert (16.01.) Zurück an den Start heißt es nun für ÖVP-Innenministerin Maria Fekter in Sachen Asyl-Erstaufnahmezentrum. In einer ersten Gesprächsrunde zwischen Fekter und Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) sollen nun Alternativen zum Standort Eberau gesucht werden. Dafür wurde nun nach rund 410 Tagen gemeinsamer Regierung auch ein Bruch der Koalitionsvereinbarung hingenommen. Dass sich die Bevölkerung das Lager in Eberau nicht gefallen lassen wird, ist nach einer mächtigen Protestkundgebung mit rund 1000 Teilnehmern klar. Das Asyllager soll nicht mehr nur wie im Regierungsprogramm festgehalten, im Süden Österreichs errichtet werden, sondern kann jetzt in allen Bundesländern stationiert werden. Auch bleibt offen ob es überhaupt nur eine Aufnahmestelle geben soll, oder gleich mehrere.


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Dass es so weit kommen würde, hatte sich die Innenministerin wohl nicht gedacht. Lange Zeit schien ihr Masterplan geradezu perfekt zu sein. Still und heimlich wurden Gemeinden im Land angeschrieben, ob Interesse an einem Erstaufnahmezentrum besteht, dass so ganz nebenbei 130 neue Arbeitsplätze und auch sonst lauter Vorteile mit sich brächte. Freilich blieben die Jubelschreie aus. Mit den vielen Negativ-Schlagzeilen aus Traiskirchen konnten nur wenige Gemeindeoberhäupter etwas anfangen. Viel zu groß war die Gefahr, im eigenen Ort als Buhmann dazustehen und bei der nächsten Wahl gnadenlos abgewählt zu werden. Doch es gab sie, die stillen Interessenten im südlichen Teil Österreichs. Und immer wieder sickerten Gerüchte nach außen, die in souveräner Manier über die Medienabteilung der ÖVP niedergehalten wurden. Auch auf zahlreiche parlamentarische Anfragen nach den potenziellen Bewerbern antwortete die Ministerin nur im Mindestmaß. Das Fragerecht der Abgeordneten wurde bis aufs Äußerste eingeschränkt. Die südburgenländische Tausend-Seelen-Gemeinde Eberau, im Internet als „Weinidylle“ präsentiert, war der Mittelpunkt des Coups. Der dortige ÖVP-Bürgermeister Walter Strobl tanzte mit Maria Fekter ein stilles Duett. Niemand in der Öffentlichkeit durfte etwas davon wissen. Aber es ging noch ein Stückchen weiter: Ein Salzburger Architekt kaufte für das Innenministerium die Grundstücke im Gesamtausmaß von 30.000 Quadratmetern und reichte Pläne für das künftige Bauwerk als Privatperson ein. Dahinter steht eigentlich der Wiener Stadterweiterungsfonds. Der Fonds hat eine Architektengruppe mit der Planung und Bauführung des Asylzentrums beauftragt und über einen Notar ein Mitglied des Asylzentrum-Planungsteams als Käufer eingesetzt. Würde das Zentrum gebaut, wäre die Architektengruppe bis zur Fertigstellung Bauherr, um es danach der Bundesimmobiliengesellschaft zu übergeben. Betreiber wäre schließlich wieder das Innenministerium. Mit diesem Trick schlich man sich nicht nur geinkelt an der burgendländischen Landesregierung, sondern auch an der gesamten Bevölkerung vorbei. Das iel der Ministerin schlussendlich auf den Kopf. In eilig einberufenen Bürgerversammlungen gewann Fekter keinen Meter bei den Bürgern von Eberau. Zu tief sitzt der Ärger, einfach übergangen worden zu sein.


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Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) wies die Bezirkshauptmannschaft Güssing an, den Baubescheid für das Zentrum „als nichtig aufzuheben“. Bundeskanzler Werner Faymann hält indessen an einer verbindlichen Volksbefragung in der Region fest, die vom Regierungspartner aber abgelehnt wird. Vor allem lässt der massive Volksaufstand das Projekt Eberau platzen. Rund 1000 Menschen artikulierten zuletzt in einer Kundgebung mit HC Strache ihren Protest. Für die Ministerin heißt es jedenfalls zurück an den Start. Und diesmal wird die Strategie wohl ein wenig demokratischer sein müssen. Anstatt sich mit Demokratie herumzuärgern, entschied Maria Fekter kurzerhand: Wir brauchen gar kein drittes Asylzentrum. Und damit war die hitzige Diskussion auch wieder beruhigt. Nicht jedoch jene um die junge Kosovarin Arigona Zogaj, deren Mutter und Geschwister, die nach unzähligen ungerechtfertigten Asylanträgen nun vor der Abschiebung standen. Das Heer der Unterstützer war mittlerweile beträchtlich. Im Schatten der Zogajs wurden auch sie zu bekannten Menschen: Der Ungenacher Pfarrer Josef Friedl, Volkshilfe Betreuer Chirtsian Schörkhuber, Rechtsberater Helmut Blum, … Entertainer Alfons Haider gehört auch dazu. Der schwule Showmaster ging sogar soweit, Arigona die Liebesheirat anzubieten, dass sie im Land bleiben darf. Haiders Hetero-Hochzeit mit Arigona (18.06.) Für sie würde er sogar sein rosa Leiberl ausziehen. Der schwule Entertainer Alfons Haider (52) könnte die vor der Abschiebung in den Kosovo stehende Arigona Zogaj (18) heiraten. Natürlich „aus Liebe“, wie er am Mittwochabend in der ATV-Diskussion „Am Punkt“ bekräftigte. „Wenn ich wüsste, dass es ihr helfen würde, dann würde ich Arigona auch heiraten. Das wäre dann aber keine Scheinehe, sondern das wäre aus Liebe“, lautete die doch unerwartete Antwort des Schauspielers auf eine Zuschauerfrage im Studio des Privatsenders. Haider, der die Aussage in anschließenden Interviews allerdings keinesfalls als „Kabarett“ oder „Gag“ abtun möchte, würde das jedenfalls aus reiner Menschlichkeit tun. Problematisch ist die Liebeshochzeit schon alleine deswegen, weil sich der bekennende Homosexuelle nur schwer von seiner Einstellung trennen kann. Eine Hochzeit zwischen einem schwulen Mann und einer Frau wurde


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bis dato wohl nicht einmal als eingetragene Partnerschaft beantragt. Auf Journalistenfragen kam jedoch sogleich die passende Erklärung: Er wolle nur zeigen, wie weit man gehen könne, um zu helfen. Arigona müsste, um durch die Haider’sche Ehe-Interpretation der rechtskräftigen Ausweisung in ihr Heimatland zu entliehen, 21 Jahre alt sein. Davor führt die mögliche Familienzusammenführung im verlogenen und verschissenen Land genauso in die Illegalität wie Arigonas jetziger Aufenthalt in Österreich. Alfons Haiders Avancen waren also umsonst, und so dauerte es kein Monat mehr, ehe Arigona und ihre Familie tatsächlich das Land verlassen mussten. Freilich unter enormem Mediengetöse erklommen die Zogajs erstmals in ihrem Leben ein Flugzeug. Schon damals wussten jedoch alle: Es wird ein Wiedersehen geben. Das Leben ist ein Würfelspiel - Arigona hat gewonnen! (16.07.) Arigona Zogaj hat also das Land verlassen. Die bestbehütete Scheinasylantin Österreichs tritt endlich einen kurzen, wohlverdienten Heimaturlaub an. Ob es sich für die zwei Wochen überhaupt lohnt, das Risiko des ersten Fluges im Leben auf sich zu nehmen? Nach Pristina fahren immerhin auch Busse. Die sind aber eher fürs arbeitende Volk. Der Star und ihr Anhang liegen, für etwas mehr als 600 Euro pro Person, wie man uns auf ATV dankenswerterweise mitteilt. Das Geld kommt von Unterstützern. Dass die so schlau waren, den Rücklug gleich mitzubuchen, bleibt zu hoffen. Die Abreise war hochdramatisch und wurde von den Klatschmedien auf Schritt und Tritt begleitet. Große Erleichterung herrschte, als Arigona und ihre Familie 15 Stunden nach dem Abschiedsbesuch auf der Vöcklabrucker BH endlich wieder auftauchen und in einem Leihauto von Frankenburg nach Salzburg brausen. Der Autoverleiher Buchbinder wird es hoffentlich nicht wagen, dieser exklusiven Kundin eine Rechnung zu stellen - noch dazu wo sein Logo jetzt hundertmal ins Fernsehen kommt. Dann also der erste Flug des Lebens - von Salzburg nach Wien, ziemlich kurz, zum Eingewöhnen eben. Weiter nach Pristina, wo Arigona mit dem Visaantrag den entscheidenden Schritt zur großen Freiheit machen wird. Mit den neuen Aufenthaltsgenehmigungen werden sich die Zogajs frei bewegen können.


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Und Alfons Haider wird hoffentlich eine entspannende Karibik-Reise springen lassen als Ausgleich dafür, dass er Arigona eine Liebesheirat angedroht hat. In Pristina erwartete man die Ankunft des Rehäugleins sehnsüchtig. Der ATV-Reporter hat schon Stunden vorher Aufstellung genommen - etwas verschwitzt, vielleicht ist er mit dem Bus gekommen. Wir erfahren staunend, dass das „Programm“ für Arigona erst nach der Ankunft festgelegt wird. Freilich, das muss sorgsam gestaltet werden. In zwei Wochen kann man kaum den ganzen Kosovo besichtigen. Nachdem noch dazu ein Abstecher nach Mazedonien geplant ist, wird’s noch enger. Ein paar TalkshowBesuche werden sich hoffentlich ausgehen mit praktischen Verhaltenstipps für österreich-hungrige Scheinasylanten. Allzu lange währt der Urlaub nicht, denn, und das befreit unser klammes Herz endgültig: Wenn alles gut geht, dann ist die Familie schon Anfang August zurück in Österreich. Nurie Zogaj wird sogleich als Tellerwäscherin in einem Frankenburger Gasthaus ihr Saisonarbeiter-Visum voll ausnutzen und mit eigener Hände Arbeit sich selbst und die drei Kinder ernähren, woran sie bisher heimtückischerweise durch die unbeugsame Haltung der Asylgerichte gehindert wurde. Arigona, Albin und Albona werden später - ganz wie die Mutter - unser Sozialsystem stets stützen und uns vor den teuren Folgen des Geburtenrückgangs bewahren. Wenn Gesetze konsequent ignoriert werden, ist das Leben zumindest in Frankenburg wieder ein Würfelspiel - und Arigona hat gewonnen! Ganz so schnell, wie von uns vermutet, ging es dann doch nicht mit der neuerlichen Einreise nach Österreich. Verantwortlich dafür waren allerdings nicht die österreichischen, sondern die kosovarischen Beamten. Die hatten nämlich nicht vor, der Familie eine Express-Bearbeitung zuzugestehen, wie es die österreichische Botschaft gewiss vor hatte, und wollten zunächst einmal die Ehe der Zogajs ofiziell geschieden sehen, um die nötigen Dokumente auszustellen. Mitten in der Zogaj-Debatte musste sich Österreich natürlich immer wieder den Vorwurf der Unmenschlichkeit gefallen lassen - in erster Linie von den hier ansässigen Gutmenschen, aber auch von einer Behörde der Europäischen Union wegen einer angeblich geringen Asyl-Anerkennungsrate. Genauer betrachtet, zeigen diese Zahlen jedoch, dass Österreich immer noch ein Asyl-Paradies ist.


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Reihenweise humanitäre Aufenthalte (30.08.) Seit April 2009 besteht für Flüchtlinge die Möglichkeit, Anträge auf humanitären Aufenthalt zu stellen. Durch diese Neuregelung des Bleiberechts hat sich österreichweit eine nicht unerhebliche Zahl an solchen Ansuchen angehäuft. Schon alleine 5881 Anträge wurden bisher gestellt, wobei fast 2000 nur auf das Bundesland Wien entielen. Ein weiterer Spitzenreiter ist Oberösterreich mit 1.274 Ansuchen auf humanitären Aufenthalt. Das zeigt die Antwort von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) auf eine Anfrage, die der FPÖNationalratsabgeordnete Gerhard Deimek im Juni im Parlament einbrachte. Diese stolze Zahl hat natürlich auch eine Reihe an positiven Erledigungen nach sich gezogen. Konkret wurden 37,6 Prozent der Anträge positiv entschieden. Das entspricht einer absoluten Zahl von 2.213, wovon 1.505 Ansuchen unbeschränkt und 708 beschränkt gewährt wurden. Spitzenreiter sind wiederum Wien und Oberösterreich (611 bzw. 462). Die restriktivste Handhabe hat Kärnten mit 36 unbeschränkten und 3 beschränkten Anträgen. Es handelt sich dabei allerdings nur um jene Fälle, die von den einzelnen Bundesländern gemäß der Mitteilungsverplichtung dem Bundesministerium für Inneres gemeldet wurden. In 21 Fällen wurden auch so genannte „Patenschaftserklärungen“ abgegeben. Diese gewährleisten die Selbsterhaltungsfähigkeit der Antragsteller. Ob es sich dabei um Einzelpersonen oder Organisationen handelt und welche das konkret sind, verriet die ÖVP-Ministerin allerdings nicht. Ebenso unklar blieb die Frage, aus welchen Ländern die Antragssteller kommen. Dementsprechende Statistiken würden nämlich nicht geführt, heißt es in der Beantwortung. Bevor humanitäres Bleiberecht in Betracht kommt, können Jahre vergehen. Auch wenn der neu geschaffene Asylgerichtshof die Verfahrensdauer verkürzt, besteht danach immer noch die Beschwerdemöglichkeit beim Verfassungsgericht. Und die wird - dank freundlicher Unterstützung von Flüchtlingshilfevereinen und Bezahlung durch die Republik - ausgiebig in Anspruch genommen.


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Asylwerber blockieren Verfassungsgericht (11.09.) Der österreichische Verfassungsgerichtshof arbeitet mehrheitlich für NichtÖsterreicher. 63 Prozent aller Fälle, die dem Gerichtshof im Jahr 2009 vorgelegt wurden, waren Beschwerden gegen Entscheidungen des Asylgerichtshofs. 3.449 Beschwerden abgewiesener Asylwerber landeten exakt vor dem VfGH, im Jahr 2008 waren es auch schon 1.241, obwohl es hier erst ab 1. Juli eine Zuständigkeit gab. Vor Inkrafttreten der Neuregelung hatten die Höchstrichter mit maximal 2.000 Beschwerden jährlich gerechnet. Der VfGH schreibt daher selbst in seinem Jahresbericht 2008: „Es gibt mit Sicherheit weltweit kein weiteres Beispiel dafür, dass ein nationales Verfassungsgericht in dieser Weise mit Rechtssachen aus einem bestimmten Teilgebiet des Verwaltungsrechts befasst wäre.“ Weniger politisch korrekt ausgedrückt könnte man sagen: Kein anderes Land ist so blöd, sein Verfassungsgericht zu zwei Dritteln Asylschwindlern zur Verfügung zu stellen, denn das sind die meisten dieser knapp 5.000, die sich in den ersten eineinhalb Jahren schon beim VfGH beschwert haben. FPÖ fordert: Asylgerichtshof soll letzte Instanz sein Der freiheitliche Verfassungssprecher Harald Stefan fordert daher, dass der Asylgerichtshof die letzte Instanz und die Beschwerdemöglichkeit beim VfGH gestrichen werden soll. „Der Asylgerichtshof ist eine auf diese Materie spezialisierte Einrichtung. Man kann ihm daher durchaus zumuten und zutrauen, letztinstanzlich Recht zu sprechen“, so Stefan, der sich überdies wundert, wie so viele Asylwerber den Weg zum Höchstgericht beschreiten können: „Was sich ein normaler Bürger in der Wahrung seiner Rechte meist gar nicht leisten kann, wird hier im Überluss angeboten. Das ist eine unangemessene Bevorzugung der Asylwerber gegenüber den Österreichern.“ Das Zauberwort lautet Verfahrenshilfe. Die Kosten der Verfassungsbeschwerden von Asylwerbern treffen auf jeden Fall den Steuerzahler. 2.400 Euro sind der tarifmäßige Satz eines Rechtanwalts, dazu kommen 220 Euro Eingabegebühr. Ist die Beschwerde erfolgreich, leistet der Staat direkt an den Anwalt. Bestätigt der VfGH den Asylgerichtshof, so zahlt der Staat in den Pensionsfonds der Rechtsanwaltskammer ein. Bei den 4.690 Beschwerden der Jahre 2008 und 2009 ielen Kosten von knapp 12,3 Millionen Euro an.


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Hilferuf des VfGH-Präsidenten Doch nicht nur zahlen müssen die Österreicher, auch ihre Rechtssicherheit ist bedroht. Anlässlich einer nötigen Neubesetzung eines Mitglieds des Gerichtshofs schrieb VfGH-Präsident Gerhart Holzinger einen Brief an Nationalratspräsidentin Prammer. Holzinger macht sich darin nicht nur für eine möglichst schnelle und qualitativ hochwertige Nachbesetzung stark, sondern richtet auf Grund der Masse an Asylbeschwerden einen regelrechten Hilferuf an die Präsidentin des Nationalrats: Die große Anzahl an Asylbeschwerden führe dazu, dass die Kernaufgabe, nämlich die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen, schwieriger werde, formuliert Holzinger. Werde die derzeitige Regelung nicht geändert, „so wird dies zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer führen - und zwar für alle beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Fälle. Die Auswirkung ist für uns, aber natürlich auch für die Rechtsschutz suchenden Bürger äußerst unerfreulich.“ In den letzten Tagen des Wiener Wahlkampfes wurden nach und nach Fälle publik, in denen Familien abgeschoben werden. Dies ist die letzte Möglichkeit, Asylschwindler, die sämtliche rechtskräftige Bescheide ignorieren, außer Landes zu bringen. Besonders medienwirksam geschah dies im Falle eines Vaters mit seinen Zwillingstöchtern. Da lag natürlich der Verdacht nahe, dass dies im roten Wien deshalb ein paar Tage vor der Wahl geschieht, um der Partei der schwarzen Innenministerin zu schaden. Dem Fremdenpolizei-Chef hat die Aktion jedenfalls den Job gekostet. Warum der Fremdenpolizei-Chef abgeschoben wird (15.10.) Was haben die linksbewegten Gutmenschen nicht über Innenministerin Fekter geschimpft und gehetzt, ihr gar Teufelshörner aufgesetzt! Und jetzt? Jetzt wird die „Schotter-Mitzi“ von Rührung und Menschlichkeit übermannt ob der Abschiebung von kosovarischen Zwillingskindern, greift prompt durch und setzt den Chef der Fremdenpolizei ab. Da ist doch etwas faul, denkt sich der gelernter Österreicher. Fekter war die Letzte, die in der ÖVP für „Law and Order“ stand. Wollen die Schwarzen der FPÖ tatsächlich das Monopol auf konsequente Gesetzesanwendung überlassen? Wohl kaum. Die plötzliche Entfernung von Stefan Stortecky als Chef der Fremdenpolizei scheint andere Gründe zu haben. Stortecky hat dieses Amt seit Juli 1995 inne.


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Drei Monate nach dem Amtsantritt des (blutroten) Innenministers Caspar Einem ernannte ihn der (ebenfalls blutrote) Wiener Polizeipräsident Peter Stiedl. Ein Jahr nach Amtsantritt war ihm sogar Einem zu rechts. Stortecky beschwerte sich gegenüber dem „Standard“, dass integrierte Flüchtlinge aus Bosnien wieder zurück geschickt würden: „Wer aus Menschlichkeit entscheidet, muss jederzeit damit rechnen, zur Verantwortung gezogen zu werden“, lamentierte der oberste Fremdenpolizist, der die Gesetze offenbar lieber selbst gemacht als vollzogen hätte. Trotzdem hat er alle Umfärbeaktionen - selbst die von Ernst Strasser - überlebt, bis heute. Storteckys Fehler dürfte gewesen sein, dass er sich möglicherweise von der Wiener SPÖ in der letzten Phase des Wahlkampfes vor den Karren spannen ließ. Michael Häupl hat einen schmutzigen Wahlkampf angekündigt und ihn auch geführt. Durchaus realistisch, dass auch die Abschiebe-Aktion gegen die beiden achtjährigen Mädchen und ihren Vater Teil davon war. Die Szene wirkte nämlich ausgesprochen inszeniert. Die nicht einmal ofiziell bevollmächtigte „Rechtsberaterin“ der abzuschiebenden Familie war natürlich bereits um 7 Uhr früh vor Ort und mit ihr jede Menge Medienleute, zunächst nur mit Handkameras. Sie alle warteten bereits vor dem Haus, als die Polizei eintraf. Gemeinsam mit einer Horde offenbar Unbeteiligter betraten die Polizisten die Wohnung. Der Einsatzleiter beschwerte sich zwar kurz („Heans, i kann da net amtshandeln, wenn da mehr Presse is als Polizisten.“), trotzdem ließen die Beamten alle rundum mit ihren Kameras gewähren, schubsten sie bestenfalls ein wenig herum, damit das Bild effektvoll wackelt. Und das Video landete zielsicher bei der Kronen Zeitung, Häupls stärkster Wahlkampfwaffe. Für das unmenschliche Ambiente dieser Festnahme sorgte zwar nur die hysterische Flüchtlingshelferin, die wie ein aufgescheuchtes Huhn dauernd in eine der vielen Kameras gackerte, trotzdem: Das Ei wurde eindeutig der ÖVP gelegt. Und die Terminisierung dieser Abschiebung samt Information der Flüchtlingshelferin und Medienanhang geht - wie auch in Polizeikreisen hinter vorgehaltener Hand bestätigt wird - vermutlich auf das Konto der SPÖ. Deshalb ist Fremdenpolizei-Chef Stortecky fällig. Und nicht weil die Innenministerin vor lauter Herzerweichung die von ihr zu vollziehenden Gesetze nicht mehr akzeptieren will.


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Die Abschiebung der Komani-Zwillinge und ihres stets weinenden Vaters, die mittlerweile längst wieder alle im Land sind, war der Startschuss für eine immense Kampagne diverser Betroffenheits-Vereine im linkskatholischen Bereich in offener Partnerschaft mit Linksextremisten. Die Komani-Abschiebung wurde als besonders menschenunwürdig verteufelt, weil die Mutter der Zwillinge sich zu diesem Zeitpunkt in Spitalsbehandlung befand - wegen Selbstmordgefahr, die bei Asylschwindlern vor der Abschiebung überraschend häuig auftritt. Abschiebungen scheitern an Selbstmorddrohungen (16.10.) Bei der Durchführung von Abschiebungen sehen sich heimische Exekutivbeamte immer öfters mit einem neuen Problem konfrontiert. Trotz rechtlich durchsetzbarer Ausweisungen aufgrund negativer Asylbescheide, Straffälligkeit oder ungültigem Aufenthaltsstatus, scheitern Abschiebungen wegen angeblicher Selbstmordgefahr oder Gewaltandrohung. So entziehen sich die betroffenen Personen in letzter Sekunde ihrer Rückführung. In letzter Zeit häufen sich in Österreich die Meldungen über fehlgeschlagene Abschiebungen wegen Suizidgefahr. Zuletzt bei der Mutter einer untergetauchten 14-jährigen Armenierin. Verfolgt man die mediale Berichterstattung wird klar, dass fast immer die Mütter aufgrund von Selbstmordabsichten stationär aufgenommen und behandelt werden müssen. So auch die Mutter von Arigona Zogaj, Nurie, die sich wegen ihres angeblich im Kosovo untergetauchten Ehemannes die Pulsadern aufschnitt. Dabei hat sich der Europäische Menschengerichtshof mehrmals mit der Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat befasst. Mit überraschendem Ergebnis: „Im Allgemeinen hat kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist“, wird klar festgehalten. Dennoch häufen sich derartige Fälle auch in Deutschland. „Dieses Vorgehen ist längst kein Geheimnis mehr“, meint ein Beamter gegenüber der Zeitung „Die Welt“. Dem Staat entstünden dadurch hohe Kosten für verfallene Flugtickets, den Rücktransport, aber auch für die medizinische Unterbringung und Verplegung. „Es ist unglaublich, wie einfach der Staat erpresst werden kann“, schlussfolgert der Informant.


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Rat und Hilfe am Rande der Legalität Und auch die Flüchtlingshelfer geraten ins Zwielicht, wie die Zeitung schreibt: „Zudem steht der Klientel der von Ausweisung und Abschiebung Bedrohten ein Heer von Helfern und Unterstützern zur Seite. Insbesondere Gruppen und Organisationen, die schon seit Jahren gegen die Asylpolitik der Bundesrepublik zu Felde ziehen, bieten Rat und Hilfe in jeder Form, oft genug auch am Rande oder außerhalb der Legalität.“ Auch in Österreich fällt auf, dass psychische Probleme und Selbstmordgefahr bei jenen abgelehnten Asylwerbern häuig vorkommen, die über „Berater“ aus Hilfsorganisationen verschiedenster Art verfügen. Wer sich, wie hier beschrieben, „am Rande oder außerhalb der Legalität“ bewegt, trachtet naturgemäß danach, seine Tätigkeit zu legalisieren. Ein Rechtsanspruch auf humanitäres Bleiberecht käme da zum Beispiel gerade recht. Abschieben verboten - Bleiberecht für alle! (18.10.) Die Allianz der Gutmenschen holt nun zum Vernichtungsschlag gegen jegliche Rechtsanwendung im Asylbereich aus. Kinder soll man aus Österreich künftig nicht mehr abschieben dürfen. Folglich dann auch ihre Eltern nicht mehr. Und damit existiert das humanitäre Bleiberecht für praktisch alle.


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Dieses humanitäre Bleiberecht - erst seit eineinhalb Jahren in Kraft - wird nun erwartungsgemäß zum Bumerang. Es wird entgegen seiner Konzeption gefordert, dass Asylwerber auch darauf einen Rechtsanspruch bekommen. Das wäre natürlich im Sinne der Asylantenbetreuungs-Vereine ideal: Noch ein paar Instanzen, die sich auf Staatskosten ausschöpfen ließen. In Wahrheit tragen diese Vereine, die sich nun in der Öffentlichkeit als Retter der Menschlichkeit gerieren, die Schuld an menschlichen Katastrophen wie der Abschiebung der achtjährigen Zwillinge in den Kosovo. Nur dadurch, dass diese Rechts- und Lebensberater den Asylwerbern jahrelang falsche Hoffnungen machen, entwickeln sie hier ein Heimatgefühl, das gerade bei kleinen Kindern, die kaum etwas außer Österreich kennen, besonders ausgeprägt ist. Den selbsternannten Flüchtlingshelfern geht es nicht um Menschen, ihnen geht es um Geld. Sie machen einen Job und bereichern sich an diesen Schicksalen, die sie stets selbst produzieren. Die Politik muss endlich aufhören, diesen Scharlatanen auf den Leim zu gehen und sich von ihnen erpressen zu lassen.


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Die Linke in der Defensive Die Linke ist im Zuge der Diskussion über die Schattenseiten der Zuwanderung zusehends in die Defensive geraten, war sie es doch, die den universellen Nutzen möglichst zügelloser Einwanderung stets propagiert und jede Diskussion darüber mit Hilfe der Faschismuskeule stets im Keim erstickt hat. Umso heftiger holte sie auch im abgelaufenen Jahr immer wieder zu Gegenschlägen aus, die teils auch unfreiwillig komisch ausielen. Generell hat sich die Lage der Linksextremisten allerdings verschlechtert. Die Antifa, die bisher immer Seite an Seite mit dem Staat „gegen Rechts“ marschierte, sieht sich zunehmend Kritik ausgesetzt. In Deutschland will man ihr sogar Förderungen streichen. Verfassungscheck für subventionierte Antifa? (01.02.) Brandstiftungen, Steinwürfe und Attacken auf Polizisten. Solche Indizien sprechen für Gewalt gegen Andersdenkende: Gewalt von „Links“. Zuletzt geschehen bei der verbotenen Demonstration gegen den Wiener Korporations-Ball, wo Linksextreme ein Polizeiauto anzündeten und brutale Übergriffe gegen Exekutivbeamte eine gesellschaftliche Veranstaltung begleiteten. Trotz laufender Nationalratssitzung mit dabei: Grün-Parlamentarier Karl Öllinger. Aber nur, weil er den anwesenden Demonstranten die Untersagung der Versammlung mitteilen wollte, wie er jetzt beteuert. Extremisten wenden zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele Gewalt an und treten den Rechtsstaat mit Füßen. Die Verzahnung zwischen anerkannten politischen Gruppierungen im Staat und gewaltwütigen Randalierern ist eng. Subventionierte antifaschistische Umtriebe der orientierungslosen Linken indet der Beobachter beispielsweise immer mittwochs gegen Mittag auf der Rampe der Universität Wien. Deren Flugzettel mit der Forderung nach „Bleiberecht für alle Asylanten“, „Ausländerwahlrecht“ und „mehr Gender Mainstreaming in der Uni“ sind mit dem Logo der Gewerkschaft der Privatangestellten versehen. Aus den Sozialtöpfen der Angestellten wird offensichtlich ein üppiger Geldbetrag für Propaganda linker Chaoten bereitgestellt. In Deutschland stehen nach inofiziellen Berechnungen fast 50 Millionen Euro für den „Kampf gegen Rechts“ zur Verfügung. Ofiziell sind es zumin-


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dest 24 Millionen Euro, die der Bund für diese besondere Form der „Jugendarbeit“ aufbringt. Familienministerin Kristina Schröder (CDU), Nachfolgerin von Ursula von der Leyen, möchte ab 2011 alle Initiativen, die vom Staat Geld für ihre derartigen Aktivitäten bekommen, vom Verfassungsschutz untersuchen lassen. Bislang standen nahezu nur rechte Organisationen im Zentrum der Gesinnungswacht. Diskussionen über das Verbot der NPD sind beispielhaft. Ob sich die 32jährige Ministerin damit selbst einen überdimensionalen Bremsklotz in ihre Bilderbuchkarriere schiebt, bleibt abzuwarten. Bislang galten Antifa-Gruppen und sonstige anarchophile Bewegungen als Gralshüter ihres selbst ausgelegten Demokratieverständnisses und wurden wie bedrohte Singvögel unter Staatsschutz gestellt. Von „Skandal“ spricht die linke Szene - „Eine Kriminalisierung von Antifa-Gruppen und anderer Organisatoren bestärkt die Rechte-Szene in Ihrer Intoleranz und in ihrem Hass gegen Minderheiten“, sagt Steffen Bockhahn, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei. Warum eigentlich? Sind die subventionierten Projekte der Antifa etwa nicht verfassungskonform? Jene mickrigen 2 Millionen Euro, die nun für Projekte gegen Links aufgebracht werden sollen, sind doch kein Grund zur Nervosität. Oder doch? Schon jetzt sorgen die Medienberichte für amüsante Hysterie bei den links-linken Berufsdemonstranten, die sich offensichtlich ihre staatliche Daueralimentierung nicht wegnehmen lassen wollen. Die immer wiederkehrenden Ausschreitungen in Österreich lassen eine solche Debatte auch hierzulande sinnvoll erscheinen. Es kann nicht sein, dass subventionierte Gruppen mit Staatsgeld Hass gegen Andersdenkende säen und dann von den selbst gerufenen Geistern in Form von Gewalt gegen Polizei und fremdes Eigentum nichts mehr wissen wollen. Auf den ersten Blick mag es seltsam anmuten, dass „Antifaschisten“ derartiges Misstrauen entgegenschlägt und sie dem Generalverdacht der fehlenden Verfassungstreue ausgesetzt werden. Ihre öffentlichen Aufrufe und Auftritte lassen jedoch diesen restriktiven Umgang durchaus gerechtfertigt erscheinen – etwa in Zusammenhang mit einer Trauerveranstaltung für die Opfer des Bombardements von Dresden.


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Die Linke in der Defensive

Dresden nazifrei - dafür ausgeliefert an mordbereite Antifa (14.02.) Im badischen Freiburg feierte sich die Autonome Antifa selbst. Ihre Ermittlungen hatten zur Festnahme eines 22jährigen Neonazis geführt, bei dem Zutaten zum Bau einer Bombe gefunden wurden. Angestachelt durch diesen Erfolg setzt die Antifa das „Outing“ von Neonazis (oder jenen, die sie dafür hält) fort und veröffentlicht Namen mit Anschrift, Telefonnummer und Mailadresse im Internet. Über sich selbst geben die Antifaschisten weniger Daten preis, tragen sogar bei ihren Vorträgen Masken und Kapuzen. Hintergrund ist wohl weniger die Angst vor dem politischen Gegner als vor der Polizei. Der Spruch „Wir wollen es den Faschos nicht so einfach machen“ trifft in der Diktion der Linksextremen auf beide zu. Das Gewaltmonopol des Staates wird jedenfalls abgelehnt - ebenso wie rechtsstaatliche Regeln. Und in der Wahl der Mittel im „Kampf gegen Rechts“ wollen sich die Antifa-Aktivisten nicht einengen lassen, wenngleich einer der Vermummten einschränkt: „Derzeit wäre Mord sicherlich schon aus taktischen Gründen kein Mittel, das wir unbedingt wählen würden.“ Trotz dieser bedrohlichen Worte haben Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei in Deutschland kein Problem, sich mit der autonomen Antifa ins politische Bett zu legen. Erst gestern verhinderte man gemeinsam einen Trauermarsch der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) in Dresden, bei dem des verheerenden Bombardements der Stadt im Jahr 1945 gedacht wurde. Der Sieg des Bündnisses „Dresden nazifrei“ wird in den Medien groß gefeiert. Parolen wie „Bomber Harris - do it again!“ stören die linke Idylle nicht. Die Teilnehmer am Trauermarsch hingegen werden samt und sonders als Rechtsextreme bezeichnet. Was bleibt, ist die fortschreitende Verbrüderung unzähliger Politiker von der Mitte bis nach links mit autonomen Antifaschisten, denen Gewalt nicht etwa nur in emotionaler Regung passiert, sondern die sie bewusst einsetzen als Mittel ihres politischen Kampfes. Aus taktischen Gründen Mord derzeit eher nicht - immerhin. Wenn Mord schon kein probates Mittel ist, dann aber wenigstens Telefonterror. Was sogenannte Paziisten den Frauen von deutschen Soldaten antun, überschreitet weit jede Grenze des Anstands.


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Paziistischer Telefonterror bei Soldatenfamilien (30.06.) Mit einer neuen Masche versuchen linke Paziisten, die „militärische Gewalt“ in Deutschland zu bekämpfen. Die Angehörigen von Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz erhalten gezielt anonyme Terror-Anrufe. „Ihr Mann ist gefallen“, lautet ein beliebter Stalking-Spruch. Die Angehörigen sind jedoch noch anderen Schikanen der Antimilitaristen ausgesetzt. Regelmäßig wird in den Wohnungen der Soldaten eingebrochen, während diese etwa in Afghanistan im Einsatz sind. Aus diesem Grund werden die Gesichter der Soldaten auf den Pressefotos von Verabschiedungen nun unkenntlich gemacht. Anlassfall ist die Verabschiedung von knapp 20 Soldatinnen und Soldaten aus der Clausewitz-Kaserne in Nienburg an der Weser (Niedersachsen). Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte die Zensur: „Um die Anonymität der Soldaten zu wahren, werden öffentlich nur mehr die Vornamen genannt und die Gesichter auf Fotos verpixelt“. Die Angehörigen erhalten Informationen über Tod und Verwundung zudem immer persönlich und nicht per Telefon. Den Aufruf zum paziistischen Aktivismus an der Heimatfront liefern die Deutsche Friedensgesellschaft und das Büro für antimilitaristische Maßnahmen (BamM!). Sie laden auf Flugblättern zu Schampus-Besäufnissen ein, wenn Soldaten gefallen sind. Ihr Motto: „Feste feiern, wie sie fallen“. Mittlerweile wurde das Flugblatt auf Druck der Staatsanwaltschaft von der Webseite genommen. Innerhalb von acht Tagen ermittelte die Berliner Polizei gleich zweimal in den Geschäfts- und Wohnräumen der Verantwortlichen. Ebenfalls nichts für schwache Nerven ist die Geschichte eines Rauchfangkehrers aus Sachsen-Anhalt, der wegen seiner politischen Einstellung massivem Mobbing ausgesetzt wird. Die Fahne der Antifa wird in diesem Fall jedoch nicht von vermummten Gewalttätern getragen, sondern vom CDU-Wirtschaftsminister des Landes. Ein Rauchfangkehrer am Opferaltar der Antifa-Scharia (04.08.) Zuwanderer müssen neuerdings unser Rechtssystem anerkennen, verlangt etwa Außenminister Michael Spindelegger als Voraussetzung für weiteren Zuzug, den er sich ausdrücklich wünscht. Für viele Einheimische, darunter auch Politiker scheint das nicht zu gelten. Radikale Moslems stellen die


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Scharia über geltende Gesetze. Genauso gefährlich für unsere Demokratie sind jedoch jene Fanatiker, die dem Antifaschismus zunehmend religiöse Züge verleihen und seine Normen über die Urteile unabhängiger Gerichte erheben wollen. Ein aktuelles Beispiel liefert der Fall eines Rauchfangkehrers aus dem deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt. Er sitzt für die NPD, die man natürlich für einen entbehrlichen Verein halten und gerne auch politisch(!) bekämpfen kann, im Stadtrat des kleinen Orts Laucha an der Unstrut und betreut den dortigen Kehrbezirk. Das Rauchfangkehrer-Gewerbe ist ja nicht nur in der ehemaligen DDR eines der am strengsten regulierten. Fegen darf nur, wer dafür die amtliche Genehmigung hat. Kaum wurde seine Tätigkeit für die NPD über die Grenzen seines Kehrbezirks hinaus bekannt, schlug die Staatsgewalt gnadenlos zu und entzog ihm die Lizenz. Lutz Battke - so heißt der Mann, der von einem seiner Kunden als kompetenter und gewissenhafter Vertreter seiner Zunft charakterisiert wird – wehrte sich vor Gericht gegen die geplante Vernichtung seiner berulichen Existenz und bekam vom Verwaltungsgericht in Halle Recht. Fehlende Verfassungstreue, womit der Entzug der Genehmigung freilich beweislos begründet wurde, rechtfertige nicht den Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister wegen Unzuverlässigkeit. Dies sei erst dann der Fall, wenn der Mann seine Tätigkeit zielgerichtet dazu nutze, seine politische Überzeugung zu verbreiten. Davon ist nicht auszugehen, zumal selbst der zuvor erwähnte Kunde Götz Kubitschek, Herausgeber der konservativen Zeitschrift Sezession, erst nach mehreren Kehrbesuchen Battkes und auf Anregung eines Dritten ein erstes politisches Gespräch mit ihm führte, das aber offensichtlich nicht von diesem ausging. Weil aber Religion eine Sache des Glaubens und nicht des Tuns ist, verstößt selbstverständlich schon die politische Einstellung des Rauchfangkehrers gegen die antifaschistische Heilslehre, und folglich will das Land SachsenAnhalt das Gerichtsurteil nicht zur Kenntnis nehmen und in die nächste Instanz ziehen. Auf Staatskosten natürlich, wie Götz Kubitschek weiter berichtet, während Battke den Prozess gegen das ihm zugefügte Unrecht aus eigener Tasche inanziert - und den Prozessgegner entsprechend dem Anteil seiner Steuerleistung natürlich mit. Argumentativ ist den Vertretern des Landes dabei nichts zu dumm. Der CDU-Wirtschaftsminister Reiner Haseloff führt voll Betroffenheit aus: „Der Mann kann sich mit Hilfe der Polizei sogar


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Zutritt zu Wohnungen verschaffen, in denen vielleicht Menschen mit Migrationshintergrund leben. Da würde ich mich auch bedroht fühlen.“ Polit-Stratege gibt sich harmlos, ist aber brandgefährlich Damit nicht genug soll Lutz Battke auch seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Fußballtrainer in Laucha einstellen, und wenn er das nicht von sich aus tut, so müssen die Eltern handeln, verlangt Haseloff. Diese müssten sofort unterbinden, dass der NPD-Mann ihre Kinder weiter trainiere. Der Experte von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Vereins Miteinander in Halle assistiert: Die Eltern gingen „Battke und der NPD auf den Leim. Battke verkörpert geradezu bilderbuchmäßig die Strategie der Partei, sich in der Mitte der Gesellschaft festzusetzen. Er tritt als engagiert für die Gemeinschaft auf und gibt sich betont harmlos“, sagt Thorsten Hahnel im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung. Obwohl man es dem Mann mit der Vokuhila-Frisur auf den ersten Blick gar nicht ansieht, scheint er also ein großer Polit-Stratege zu sein. Ein Ehrenamt ausüben und dazu noch einen Beruf, mit dessen Hilfe er seinen Lebensunterhalt sichern will. Man könnte fast meinen, er sei ein ganz normales Mitglied der Gesellschaft mit Sinn für die Gemeinschaft. Dem müssen die Religionswächter entschlossen entgegen treten. Weg mit dem Job, das bisschen Hartz-IV-Geld muss sich der Staat zur Rettung der Bürger leisten können. Am besten, Battke verschwindet überhaupt auf Nimmerwiedersehen. Wirtschaftsminister Haseloff hofft jedenfalls, dass das konsequente Vorgehen gegen den Rauchfangkehrer in dessen Heimatort als klare Ansage verstanden wird. Demos vor seiner Haustür, aufgestochene Reifen und ein paar anonyme Drohbriefe sind wohl das Mindeste, was man sich diesbezüglich von der Zivilgesellschaft erwarten kann. Was der CDU-Mann hier in Sachsen-Anhalt aufführt, ist zweifellos verfassungstreu. Allerdings besteht der Staat, dessen Verfassung er hier mit aller Kraft verteidigt, in seiner Heimat seit 1990 nicht mehr. Honecker und Konsorten hätten ihre Freude mit Haseloff und seinen in der Nationalen Volksarmee der DDR ausgebildeten Spießgesellen. Wie verfassungstreu es in einem demokratischen Rechtsstaat ist, jemandem wegen der politischen Gesinnung die Existenz zu zerstören, mag jeder selbst beurteilen. Aber was stört das schon jemanden, der gerade am antifaschistischen Opferaltar die Schlachtmesser wetzt?


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Nach diesem Auslug in die bedrohliche Welt eines deutschen CDU-Politikers kehren wir wieder zum Kern der Antifa zurück, zu jenen Aktivisten, die den Staat und seine Verfassung auch offen ablehnen. In der Erregung über die geplante Subventionskürzung, gab ihr verlängerter politischer Arm, die Linkspartei, das auch unumwunden zu. Linke bestätigen: Antifa ist linksextrem und verfassungsfeindlich (07.10.) Wenn eine Ministerin als Gegenleistung für staatliche Subventionen ein Bekenntnis zur Verfassung fordert, zieht das in Deutschland bereits einen politischen Sturm der Entrüstung nach sich. Wie kann man derart Unleistbares von Organisationen verlangen, die sich dem Kampf gegen Rechtsextremismus verschrieben haben? Grüne, Linkspartei und auch die Geschäftsführerin eines Kulturbüros schlagen Alarm. Derartige Aulagen würden die Zusammenarbeit mit AnitfaGruppen gefährden, weil die sich ja mehrheitlich im linksextremen Milieu bewegen. Ein wohl unbeabsichtigtes Eingeständnis dessen, was neutrale Beobachter längst wissen: Die Antifa ist großteils linksextrem und verfassungsfeindlich. Die zuständige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) bleibt jedoch vorerst hart. Wer Geld will, muss schriftlich bestätigen, auf dem Boden des Grundgesetztes zu stehen: „Wer würde denn allen Ernstes einem bekennenden Pyromanen ein Feuerzeug in die Hand drücken, nur weil der sich auch bei der freiwilligen Feuerwehr engagiert?“ Heuer werden in Deutschland für Initiativen gegen Rechtsextremismus 24 Millionen Euro ausgeschüttet, gegen Linksextremismus und Islamismus sind fünf Millionen reserviert. Angesichts der aktuellen Debatte, wär’s umgekehrt vielleicht gescheiter. Besonders groß ist die Freude der Linken, wenn jemand als „rechts“ identiiziert werden konnte. Dann setzt mit Hilfe der Medien regelmäßig eine immense Diffamierungswelle ein, die erst verebbt, wenn der oder die Betroffene völlig ruiniert ist, den Job, die Freunde - kurz alles, was bisher die Existenz ausmachte - verloren hat. Eine, die dieses Ritual erfahren musste, ist die deutsche Nachrichten-Moderatorin Eva Herman.


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Der Mechanismus der Diffamierung am Beispiel Eva Herman (01.05.) In der heutigen Zeit, in der der Austausch von Informationen und somit auch von Meinungen so leicht möglich ist, sind die Erwartungen an die Freiheit der eigenen Meinung so hoch wie noch nie. Trotzdem (oder gerade deshalb?) gibt es eine Fülle an Menschen, denen trotz vorheriger etablierter Stellung die Verbreitung von Nachrichten zum Verhängnis wurden: Eine Gallionsigur der Opfer gezielter Hetze ist die mittlerweile eher berüchtigte als berühmte Eva Herman. Die erfolgreiche Moderatorin der ARD-Tagesschau wurde im Alter von 39 Jahren Mutter. Auch sie war somit vor die Herausforderung gestellt, ihr Familienleben mit ihrer zweifellos starken Karriere zu verknüpfen - und machte dabei Erfahrungen, die sie als so wichtig erachtete, dass sie sie mit der Öffentlichkeit teilen wollte. Ein fataler Fehler: Als sie 2006 einen Artikel mit dem Titel „Die Emanzipation - Ein Irrtum?“ veröffentlichte, hatte sie den Hass der Feministen (allen voran Alice Schwarzer), und damit den der emanzipierten Gesellschaft auf sich gezogen. Doch der „Grund“ für Eva Hermans Diffamierung tauchte erst ein wenig später auf. Aus einer Tonaufzeichnung Hermans, die sich auf das Buch bezog, wurde mit erstaunlicher Kreativität ein Lob des Nationalsozialismus gefälscht - eine sichere Methode, um einen Menschen zum Abschuss freizugeben. Diese Ente wurde niemals hinterfragt, hatte sie doch genug Potential, um in Windeseile verbreitet zu werden. Herman verlor nicht nur ihren Job als Journalistin, sondern auch jede Berechtigung ihrer Würde. Als sie sich 2007 in der Kerner-Show weigerte, sich selbst im Geiste des Sozialismus selbst zu kritisieren, wurde sie aus der Sendung geworfen. Diese Art der Medien, die Meinung eines Menschen bis ins Unkenntliche zu verzerren und ihn so zu einer Hetzjagd freizugeben, dürfte den Bewohnern Österreichs bekannt vorkommen, erinnert man sich an die Stärke der Kampagne, die gegen die Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz losgetreten wurde. Auch ihre Zitate wurden hemmungslos verfälscht: Die Vehemenz, mit der sie mit Schmutz beworfen wurde, lässt das In-FrageStellen der öffentlichen Informationen gar nicht zu, ohne sich selbst in den Streubereich der Diffamierung zu begeben. An diesem Beispiel ist ersichtlich, mit welcher Schamlosigkeit die Drahtzieher, die hinter der


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„öffentlichen Meinung“ (beziehungsweise, wenn man genauer hinhört, dem Inhalt der Zeitungen und Fernsehsendungen) stecken, diese den Menschen ins Gesicht drücken. Umso wichtiger ist es angesichts dieser Geplogenheiten, was als „allgemein bekannt“ oder „üblich“ gilt, zu hinterfragen. Ist jemand irgendwie „rechts“, wird übrigens so genau nicht mehr geschaut, und so geriet auch die konservative Wochenzeitung „Junge Freiheit“ in die Schusslinie der linken bis linksextremen Agitatoren. Die undifferenzierte Hetzjagd war allerdings sogar einem Journalisten der eher linksliberalen „Süddeutschen Zeitung“ zu viel. „Junge Freiheit“ im Fadenkreuz der Toleranzwächter (14.07.) Von dem Blatt „Neues Deutschland“ wurde unter Kooperation mit 40 anderen Organisationen - inklusive der so ungefährlichen Antifa und anderen autonomen Gruppen - eine „Kampagne gegen rechte Zeitungen“ ausgerufen. Mit einer Reihe der üblichen, Empörung erregenden Schlagworte, unter anderem natürlich „nationalistisch“, werden sämtliche „rechten bis extrem rechten“ Drucke in einen Topf geworfen. Natürlich ist dies inakzeptabel - die Gruppe möchte die Gesamtheit dieser Blätter aus dem Kioskverkauf verdrängen, um „die Erschließung neuer Leserschaften zu erschweren“. Im Endeffekt sollen die Strukturen direkt an den Vertriebszentren angegriffen werden, um schon dort die Verbreitung der unerwünschten Standpunkte zu unterbinden - eine Vorgehensweise, die nun auch in der nicht gerade als konservativ verschrienen Süddeutschen Zeitung für Widerstand sorgt. Marc Felix Serrano zieht die richtigen Schlüsse aus der Aktion dieses „Bundes der Vertreibenden“: „Denkt man die Utopie der rechtsfreien Kioske zu Ende, landet man in einem beklemmenden Szenario: Eine kleine Gruppe, die aber eine große Mehrheit hinter sich weiß, sorgt für ein politisch gesäubertes Medienangebot. Das ist nicht nur grundgesetzfeindlich, das ist letztlich totalitär.“ Und Serrano beklagt auch die mangelnde Unterscheidung zwischen den inkriminierten „rechten“ Blättern. Denn im Gegensatz zu provokant extremen Zeitschriften bezeichnet sich die „Junge Freiheit“ lediglich als konservatives Blatt. Gerade dieses Bekenntnis zu einem konservativen Standpunkt bedeutet im linken Deutschland jedoch bereits einen Skandal sowie politischen Extremismus - zumindest wird die Zeitung von den Meinungspolizisten so behandelt.


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Wo ordnungsgemäß gewählte Parlamente in Europa zusammentreten, ist für die skurillsten Auswüchse linksextremer Ideologie meist irgendwann Endstation. Nicht so im Europarat, wo bei breiter Absenz des Großteils der Delegierten einige Linke gerne ihre gesellschaftspolitischen Visionen zu Beschlüssen machen. Heuer im Mittelpunkt der Phantasien: Die Abschaffung der Geschlechter und der Eltern sowie das Grundrecht auf Abtreibung. Europarat will Unterschiede zwischen Geschlechtern beseitigen (04.02.) Der Europarat wird immer wieder von Fragen bewegt, die scheinbar im Kerninteresse Europas stehen. Beispielsweise war in der letzten Zusammenkunft der parlamentarischen Versammlung die absolute Angleichung der Geschlechter ein so wichtiges Thema, dass Mitgliedsländer ihre Mittel dafür zur Verfügung stellen sollen, Menschen mit gesonderten sexuellen Bedürfnissen den ihnen wohl zustehenden Schutz zu beschaffen. An die Beschlüsse des Europarats sind keine Rechtsfolgen geknüpft, weshalb sie an sich getrost ignoriert werden könnten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich viele gesellschaftspolitische Phantasien von dieser Spielweise relativ schnell in wirklich entscheidungsbefugte Gremien der Europäischen Union verlagern. Laut Europarat stehen Frauen unter einem erhöhten Risiko, geschlechtsbezogener Gewalt zum Opfer zu fallen. Dies hat selbstverständlich keine natürlichen Ursachen, sondern ist auf die ungenügende Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau zurückzuführen: Nursuna Memecan, Mitglied des Komittees der Chancengleichheit für Frauen und Männer und Angehörige der liberalen Fraktion im Europarat, inkludiert sogar in den Begriffsdeinitionen ihrer Stellungahme zu einem entsprechenden Bericht des Schweizer Sozialisten Andreas Gross folgende Idee: „Sexism and discrimination on the basis of sexual orientation and gender identity thus seem to have similar roots and seem be linked, even if the concepts themselves are different.“ Selbst jene Frauen, die sich ihrerseits zu Frauen hingezogen fühlen, sind laut dem Kommitee in den speziell dafür geschaffenen Communities sogenannter „Diskrimination“ ausgesetzt. Ist es schließlich nicht entwürdigend, wenn auf der „Christopher Street Day Parade“ - dem Fest schlechthin für die Gegner des traditionellen Sexualbewusstseins - auch Bordelle ihre Dienste anpreisen und mit Vertretern der Sado-Maso-Subkultur auch


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weibliche Masochistinnen auf der Straße unterwegs sind? Das Komitee der Chancengleichheit für Frauen und Männer ist jedenfalls der Meinung, dass diese wohl übertriebenen Freiheiten eine Diskriminierung ihres Geschlechts darstellen. Das ist praktisch die Forderung nach Befreiung von der sexuellen Befreiung - oder anders gesagt: Diskriminierung durch die DiskriminierungsJäger.

Europarat hält Mütter für passive und minderwertige Wesen (07.06.) Der Genderwahnsinn hat nun scheinbar den Gipfel des Möglichen erreicht. Im Kampf gegen „sexistische Stereotype“ berät der Europarat zurzeit eine Beschlussvorlage, in der unter anderem empfohlen wird, die Verwendung des Begriffs „Mutter“ zu unterlassen, da er die Gender-Gleichheit behindere. In der Beschlussvorlage 12267, eingebracht von der Schweizer Sozialistin und Hardcore-Feministin Doris Stump als Berichterstatterin, heißt es übersetzt, „Frauen sind in den Medien entweder unterrepräsentiert oder nicht wahrnehmbar, oder sie werden häuig in Rollen dargestellt, welche ihnen die Gesellschaft traditionellerweise zuschreibt, als passive und minderwertige Wesen, Mütter oder Sexualobjekte.“ Für die freiheitlichen Frauen im Parlament ist der Kampf gegen den Mutterbegriff ein ungeheurer Anschlag auf die Mutterschaft. „Wie krank und pervers muss eine Gesellschaft sein, die im Europarat eine solche Beschlussvorlage überhaupt andenkt“, meint Nationalratsabgeordnete Heidemarie Unterreiner in einer Aussendung. „Es ist schier unglaublich, wie weit das verordnete Gender-Denken schon geht, dass man Mütter als passive und minderwertige Wesen bewertet“, ergänzt Frauensprecherin Carmen Gartelgruber. Doch der Europarats-Wahnsinn geht noch weiter. Nun sollen nämlich die Parlamente der einzelnen Mitgliedsnationen aufgefordert werden, die Verwendung sexistischer Stereotype generell zu bekämpfen. In der Schweiz hat die Stadt Bern dem Vorstoß der FeministInnen bereits Folge geleistet und die Begriffe Vater und Mutter im neuen Leitfaden für die amtlich verbindliche Sprache unter die Rubrik diskriminierender Begriffe eingeordnet.


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Statt Vater oder Mutter als Ursprung der Kinder sollte besser „der Elternteil“ oder überhaupt nur mehr das Neutrum „das Elter“ verwendet werden. Derartige Sprachformen erleichtern auch die Elternschaft durch homosexuelle Paare sowie atypische Familienverhältnisse. Ein gewünschter Nebeneffekt des dogmatischen Feminismus aus Straßburg und Brüssel.

Chaotischer Europarat stimmt gegen Recht auf Abtreibung (08.10.) Die Parlamentarische Versammlung des Europarats ist der wahnwitzigen Empfehlung der britischen Sozialistin Christine McCafferty gestern nicht gefolgt. Es gibt nach Meinung der Delegierten kein Menschenrecht auf Abtreibung und Euthanasie. Die Resolution wurde inhaltlich ins Gegenteil verkehrt und stärkt nun die Gewissenfreiheit der Ärzte. Eine Empfehlung kam jedoch nicht zustande - Grund ist wohl das Chaos, das im Europarat in dieser Debatte ausgebrochen war. McCafferty wollte einen Beschluss herbeiführen, der medizinische Einrichtungen zur Vornahme von Abtreibungen verplichtet, weil es sich dabei um ein Grundrecht der Frauen auf medizinische Versorgung handle. Wer dem nicht Folge leiste, sollte sogar auf staatlichen Listen erfasst werden. Dazu gab es dutzende Abänderungsanträge, sodass schließlich eine Resolution beschlossen wurde, durch die die Gewissensfreiheit ausdrücklich gestärkt wird. Die Radikal-Feministin McCafferty war den Tränen nahe und sprach von einer Schande für den Europarat. Danach ging es darum, ob der Europarat in dieser Sache über die Resolution – im Wesentlichen eine bloße Meinungsäußerung – hinaus auch eine Empfehlung abgeben soll. Dies wurde jedoch nach weiteren zahlreichen Änderungsanträgen mehrheitlich abgelehnt. FPÖ-Delegierter Johannes Hübner schildert gegenüber Unzensuriert.at die chaotischen Zustände: „Im Verlauf der Debatte ist die Übersetzung vor allem aus dem Französischen nicht mehr mitgekommen. Viele Delegierte waren offenbar überfordert und haben vielleicht vorsichtshalber dagegen gestimmt, weil sie sich über den Inhalt nicht mehr im Klaren waren.“ Dies ist auch eine Erklärung für das seltsame Abstimmungsverhalten österreichischer Delegierter. Während FPÖ-Vertreter Hübner sowohl für die


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Resolution als auch für die Empfehlung im Sinne einer Betonung der Gewissensfreiheit stimmte, war BZÖ-Mann Christoph Hagen zwar für die Resolution, aber gegen die Empfehlung. Ganz eigenartig präsentierte sich die ÖVP: Der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer stimmte gleich wie Hübner, Bundesrat Franz Kühnel stimmte in beiden Punkten dagegen und damit mit der überwiegenden Mehrheit der sozialistischen Fraktion. Von der SPÖ war nur noch Gisela Wurm vertreten, die klarerweise für den lebensfeindlichen Vorstoß ihrer britischen Kollegin eintrat. Grün-Mandatar Alexander van der Bellen war nicht anwesend. Überhaupt nahmen an den einzelnen Abstimmungen in diesem Tagesordnungspunkt nur etwas mehr als 100 Delegierte von insgesamt 318 teil. Für Hübner ist es eine Farce, dass ein Quorum von einem Drittel über derart heikle gesellschaftspolitische Weichenstellungen entscheiden könne. Tatsächlich ist dieses Chaos-Gremium dringend reformbedürftig. Zwar sind die Beschlüsse des Europarats ohne jede Bindungswirkung, allerdings entpuppte sich die Parlamentarische Versammlung – gerade wegen der mangelnden Disziplin der Delegierten - schon des Öfteren als Spielwiese für linke Utopisten. Und nicht selten werden diese Positionen von der Europäischen Union übernommen und dann den Mitgliedstaaten in Form von Richtlinien aufs Auge gedrückt. Gegen Bestrebungen wie ein Grundrecht auf Abtreibung sollte naturgemäß heftiger Widerstand aus den christlichen Kirchen kommen. Doch auch dort hat sich linkes Gedankengut längst breit gemacht. Eine der prominentesten Vertreterinnen der kirchlichen Linken, die Ratsvorsitzende Margot Käßmann, stolperte allerdings heuer und musste zurücktreten - nicht aus politischen Gründen, versteht sich. Moralinstanz im Vollrausch (24.02.) In unserem Nachbarland verlieren selbst die grundlegenden Bastionen einer gesellschaftlichen Moral an Substanz: Am Samstag wurde die Ratsvorsitzende der deutschen Evangelischen Kirche von der Polizei angehalten - sie saß mit 1,54 Promille Alkohol im Blut hinter dem Steuer. Eine Verantwortungslosigkeit, von der fahrlässigen Gefährdung von Menschenleben ganz abgesehen, die den Zustand der Religion und damit der traditionellen Grundwerte in unserem Nachbarland in Frage stellt.


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Wer in diesem fortschrittlichen Europa hält sich schließlich noch an angestaubte, traditionalistische Relikte wie Werte oder Gesetze? Selbst die Person selbst, Margot Käßmann, ist ein Sinnbild für den Verfall dessen, was Kirche und Religion halten sollten. Geschieden, „modern“ und - im Kanon des gesamten Landes - dem Gutmenschentum verfallen, predigt sie von derselben Freiheit und Toleranz, die seit so vielen Jahrzehnten als die „Front gegen Rechts“ lebt. Auch die katholische Kirche kam nicht ungeschoren davon: Forderungen wie Frauenordination, die Entfernung des Zölibats und, natürlich, auch die homosexuelle Ehe müssten von den Katholiken realisiert werden. Schließlich sollten diese neuen Errungenschaften der menschlichen Entwicklung um einiges bedeutender sein als so etwas Konservatives wie das Wort des Oberhauptes dieser Glaubensrichtung. Konservative, „Rechte“ oder gar Mitglieder der NPD sollten übrigens sowieso nicht Mitglied der evangelischen Kirche sein. Die Position der stärksten Kirche in Deutschland spiegelt unweigerlich die Situation des gesamten Landes nieder. Wenn nicht einmal die einst so starke Bastion der Ordnung und der seelischen Erlösung ein Bild aufrecht erhalten kann, das seiner Bestimmung entspricht, wie sollen Deutsche Bürger dann zu ähnlichem ehrhaften Verhalten motiviert werden? Doch die deutschen Parteien ignorieren die Häufung dieser Entgleisungen gekonnt und hacken weiter in die andere Richtung, wie sie es bereits von Kindesbeinen an eingeprägt bekommen haben. Die Wurzel des Übels ist grundsätzlich rechts zu inden. Wie ein Schwarm blinder Vögel rauscht das gesamte Volk in einen Status, den es selbst mit Freiheit und Toleranz zu beschreiben wagt, während Völker mit einer “gesunden“ (oder zumindest noch vorhandenen) Vorstellung von Ehre, Religion und Herkunft sich einen immer stärkeren Standpunkt erkämpfen. Einfach, weil sie dazu in der Lage sind. Immerhin hatte Käßmann den Anstand, nach ihrer Promillefahrt trotz gegenteiliger Aufforderungen ihr Bischofsamt zurückzulegen. Sie iel allerdings weich: In eine Professur an der Ruhr-Universität Bochum. Ähnlich aggressiv wie der linke Kern gehaben sich neuerdings Vertreter angeblich diskriminierter Minderheiten. Die Homosexuellenverbände sind hier an erster Stelle zu nennen. Der folgende, völlig harmlose Artikel, war Auslöser zahlreicher Homophobie-Vorwürfe gegenüber Unzensuriert.at.


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Pride House im Olympischen Dorf: Wo Männer zärtlich zueinander sind (18.02.) Das erste Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele gibt es in Vancouver ein eigenes Zentrum für schwule und lesbische Athleten. Zwischen Trainingsläufen und Kraftübungen können sie im „Pride House“ abgeschirmt vom Heer der Heteros schnell einen Appletini schlürfen. In jedem Lebensbereich leisten die Antidiskriminierungs-Propagandisten mittlerweile ganze Arbeit. Doch muss die sexuelle Orientierung überall Thema sein? Fühlt sich jeder schwule Sportler gleich auf den Schlips getreten, wenn man ihn nicht besonders behandelt, weil er homosexuell ist? Folgt man der in Homo-Kreisen gerne aufgestellten Behauptung, dass jeder zehnte Mensch schwul oder lesbisch ist, dann wären etwa 250 Homosexuelle im Olympischen Dorf untergebracht. Tatsache hingegen ist, dass sich lediglich 4 Sportler offen als homosexuell bezeichnen. Also wozu dann ein eigenes „Homo-Haus“? Da stimmt doch etwas nicht mit dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Allerorts schießen Homovereinigungen aus dem Boden. Zum Beispiel kroch in Wien unlängst ein Großteil der Wirtschaftskammer-Fraktionen bei agpro (austrian gay professionals) zu Kreuze, um einen Beitrag zur Diskussion „Gay, Lesbian, Bisexual and Transgender (GLBT) in der Wirtschaftskammer“ zu leisten. Als wäre es dem Bürger nicht egal, ob er seine Wurstsemmel oder sein Auto bei einer Lesbe kauft oder nicht! Homosexuelle, hat man den Eindruck, wollen sich mit allen Mitteln in den Vordergrund drängen: Wirtschaftsverbände, Sportverbände, Referate an Universitäten und wer weiß, vielleicht kommt auch noch die Schwulen-und-Lesben-Schülervertretung. Die Homosexuellen stellen sich selbst in ein Eck und bilden eine Parallelgesellschaft, aus der sie fordern, besser integriert zu werden. Das permanent gebrüllte Kampfwort „Diskriminierung“ ergibt so nur noch von den Homos ausgehend einen Sinn. In Österreich ist alles ein wenig provinzieller: Auch die linke Szene. Ihre Denunziationsversuche nehmen sich daher mitunter recht hillos aus. Spektakulär gescheitert ist zum Beispiel der Rechtsanwalt Georg Zanger.


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Die Terror-Spinne hat ihr Netz ausgelegt (19.05.) Rechtsanwalt Georg Zanger will am heutigen 19. Mai 2010 in einer Pressekonferenz ein „Spinnennetz des Rechtsextremismus“ präsentieren und dagegen bei der Staatsanwaltschaft Graz eine Anzeige wegen „Verdacht einer kriminellen Organisation“ erstatten. Noch bevor das neue Terrorismus-Präventionsgesetz beschlossen ist, soll der darin verschärfte Verhetzungsparagraph zur Wunderwaffe gegen den politischen Gegner, vorzugsweise gegen die FPÖ und ihre Politiker gemacht werden. In der Einladung zur Pressekonferenz schreibt Zanger: „Obwohl Einzelpersonen wegen Verhetzung und nach dem Verbotsgesetz verurteilt wurden, sah die Staatsanwaltschaft - zum Unterschied von Ermittlungen gegen Tierschützer - bis heute keine Veranlassung, die unsere Demokratie bedrohenden rechtsradikalen Banden und ihre Netzwerke als kriminelle Organisation einzustufen und als solche zu verfolgen.“ Während das Zanger‘sche Spinnennetz voll ist mit Namen von vorzugsweise freiheitlichen Politikern, ist die Spinne im Zentrum namenlos. Vermutlich handelt es sich dabei um Georg Zanger selbst, der versucht, rechtschaffene Bürger hinterhältig gefangen zu nehmen, um sie dann genüsslich zu verspeisen. Interessant bleibt die Frage, ob die Spinne das Netz für sich selbst gewoben hat oder Auftragsweber für (politische) Interessensgemeinschaften ist - was bei einem Rechtsanwalt ja anzunehmen wäre. Die Pressekonferenz Zangers ließ kaum Wünsche offen. Schockiert saß er vor einem riesigen Netzwerk, das er selbst gemalt hatte, und wunderte sich, warum sich so viele FPÖ-Politiker darin fänden. Den anwesenden Journalisten verging das Lachen spätestens, als Zanger auch den angesehenen ORFKorrespondenten Hanno Settele als Teil des rechten Netzwerks bezeichnete, ohne dafür eine auch nur annähernd befriedigende Begründung zu liefern. Seine Rechtfertigung, dutzende unbescholtene Menschen pauschal zu denunzieren und anzuzeigen, leitete Zanger übrigens aus dem Holocaust und seiner persönlichen Betroffenheit als Nachkomme von Opfern ab. Währed er mit seinem Netzwerk gehörig daneben lag, hätte er anderswo tatsächlich Antisemiten inden und anzeigen können: Bei einer gemeinsamen Demonstration von Linsextremen und Islamisten in Wien.


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Islamisten und Linksextremisten inden sich im Antisemitismus (05.06.) Als Folge des israelischen Angriffs auf die Gaza-Solidaritätslotte fand am Freitag, 4.6.2010, in Wien eine anti-israelische Demonstration über die großteils gesperrte Ringstraße bis zum Ballhausplatz statt. Eine pro-palästinensische Solidaritätsplattform hatte zur „Verurteilung des israelischen Angriffs gegen Friedensaktivisten aus 40 Ländern“ aufgerufen. Wie die vor dem Parlament aufgenommenen Fotos zeigen, war der Aufmarsch mit mindestens 10.000 Teilnehmern enorm stark und fanden sich unter den mehrheitlich aus der Türkei stammenden Teilnehmern zahlreiche auch radikale Islamisten. Der verurteilenswerte Angriff der israelischen Armee ist die eine Seite, die andere keinesfalls zu unterschätzende Seite zeigt, wie stark bereits Islamisten in Wien verankert sind und welch starkes Mobilisierungspotential sie haben. So war die Demonstration insgesamt getragen von erheblichen Ressentiments, teilweise Hass gegenüber Israel – Gefühle, die bei vielen der Teilnehmer nicht erst durch den Angriff auf die Hilfslotte entstanden sein dürften. Ein vermutlich türkisch-stämmiger Teilnehmer der ersten GazaDemonstration am Dienstag sehnt sich - wie auf einem Youtube-Video zu sehen ist - nach einer Rückkehr Adolf Hitlers und fordert auf einer Papptafel geschrieben „Wach auf Hitler“. Wenige Sekunden später ziehen linke Gruppen vorbei und rufen „Hoch die internationale Solidarität!“. Zahlreiche linksextreme Plattformen fanden offenbar nichts dabei, in die zutiefst antisemitischen, teilweise das Existenzrecht Israels leugnenden Chöre einzustimmen bzw. unter entsprechenden Transparenten zu marschieren, so etwa die Liga der sozialistischen Revolution, die Linkswende und die Kommunistische Jugend. Die antisemtischen Ausfälle im Zuge der Gaza-Demonstrationen blieben unseres Wissens ohne juristisches Nachspiel. Auch in anderen Bereichen tun sich rechtsfreie Räume für Linksextreme auf. Hausbesetzungen etwa scheinen die Exekutive gar nicht mehr zu interessieren. Die Besetzer bleiben in Wien meist tagelang unbehelligt. Wien: Hausbesetzungen an der Tagesordnung - Polizei schaut zu (27.08.) In der Nacht vom 19. auf den 20. August 2010 war es wieder so weit: Still und heimlich wurde das derzeit leer stehende Haus in der Humboldt-


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gasse 32 im 10. Wiener Gemeindebezirk Favoriten von einer Gruppierung namens „Hausprojekt“ besetzt. Das war aber schon das Einzige, das still verlief. In den folgenden Nächten kam es zu massiven Ruhestörungen und folgend zu Anrainerbeschwerden bei der Polizei. Ein Anrainer, Herr Molnar, berichtet, dass er bei seiner Beschwerde von einer sehr freundlichen Polizeibeamtin dahingehend aufgeklärt wurde, dass die Polizei aufgrund „einer Weisung von oben“ nicht gegen die Hausbesetzer vorgehen werde.

Diesbezüglich ist auf der Homepage der Hausbesetzer auch folgendes zu lesen: “Pozilei war am frühen Nachmittag schon da und stellte nach langem herumlungern und ein paar Telefonaten fest, dass sie hier nichts mehr zu tun haben, die Obrigkeit sich darum kümmern muss […]”. Die Aktion in der Humboldtgasse ist die bisher letzte in einer Reihe von Hausbesetzungen in diesem Sommer. Respekt vor dem Eigentum ist für diese Menschen ein Fremdwort. Ideologisch unterstützt werden sie von Leuten wie der Grünen-Kandidatin zum Wiener Landtag, Martina Wurzer. Sie fordert allen Ernstes ein Gesetz, das es ermöglicht, Immobilien, die länger als ein Jahr leer stehen, in Anspruch zu nehmen. Das käme einer Enteignung gleich und erinnert an tiefsten Steinzeitkommunismus. Wurzer gibt auch zu, bereits an Partys und „Workshops“ in besetzten Häusern teilgenommen zu haben. Soviel zur Integrität einer zukünftigen Wiener Gemeinderätin. Passenderweise ist sie auch noch die Mitarbeiterin des Justizsprechers und Abgeordneten Albert Steinhauser.


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Die Linke in der Defensive

Zum Abschluss dieses Kapitels über die Irrungen der überzeugten Linken noch ein Beispiel für das Menschenbild, das diese von denjenigen haben, die nicht ihrer Meinung sind. Efgani Dönmez, türkisch-stämmiger Bundesrat der Grünen, empiehlt einem Bürger, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Grüner Bundesrat will Bürger psychiatrieren (16.09.) Der professionelle Umgang mit Bürgeranliegen gehört zum Tagesgeschäft aller Politiker. Menschen wenden sich mit konkreten Fragen oder Sorgen, aber auch mit inhaltlichen Vorschlägen an die Volksvertreter. Manchmal wollen sie auch nur einfach etwas loswerden. Ein Bürger schrieb Anfang August einen Brief an Außenminister Spindelegger, um seinem Wunsch nach mehr Zuwanderung zu widersprechen. Seiner Meinung nach ist Bevölkerungswachtstum - ob durch Geburten von Österreichern oder durch Zuwanderung - nicht nötig. Man solle sich vom Gedanken des ewigen Wirtschaftswachstums verabschieden und einem Schrumpfen der Bevölkerung positiv gegenüber stehen, weil dadurch auch die globalen Probleme wie Umweltzerstörung, Klimawandel und Grünlächenvernichtung gelindert werden könnten. Schlüssig argumentiert kam der Bürger zu dem Schluss, die Forderung nach mehr Zuwanderung sei kriminell, weil dadurch die Umweltprobleme noch verstärkt würden. Was Spindelegger geantwortet hat, ist uns nicht bekannt, wohl aber was der grüne Bundesrat Efgani Dönmez zurückgeschrieben hat - er hat den Brief in Kopie erhalten. Die Antwort zeugt von der Präpotenz und Abgehobenheit der Grünen: Sehr geehrter Herr X, ich bin überzeugt, dass Ihnen auf die Form und den Inhalt Ihrer aufgeworfenen Fragen eine Antwort gegeben werden kann: Verein Freiräume für Menschen mit psychischen Problemen Mosergasse 6/10 A-1090 Wien Telefon: 0699/81 35 82 45


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http://www.freiraeume.at/ mfG Efgani Dönmez Man muss nicht den Standpunkt aller Bürger - und damit potentieller Wähler - teilen. Wer aber auf eine ernstgemeinte Botschaft mit der Empfehlung reagiert, der Schreiber solle sich in psychiatrische Behandlung begeben, gönnt sich selbst zu viele „Freiräume“. Die These des von Dönmez beleidigten Bürgers wurde mittlerweile übrigens von Forschern der Technischen Universität Wien bestätigt. Ihrer Studie zufolge ist keine Zuwanderung nötig, um den Wohlstand zu erhalten. Voraussetzung ist, dass der Staat in Bildung investiert.


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Schmutzige Wahlkämpfe

Schmutzige Wahlkämpfe Der Bundespräsident sowie die Landtage der Steiermark, Burgendlands und Wiens waren heuer zu wählen. Zwei Kandidaten der FPÖ standen im Mittelpunkt des Interesses: Barbara Rosenkranz, die Heinz Fischer erwartungsgemäß klar unterlag, und Heinz-Christian Strache, der in Wien einen sensationellen Triumph feierte. Beide wurden nicht nur vom politischen Mitbewerber, sondern auch von Medien heftig bekämpft. Den ersten Probelauf für die große Schlacht um Wien startete der SPÖ-Bürgermeister schon zu Jahresbeginn mit einer Volksbefragung, die allerdings eher eine Verhöhnung der direkten Demokratie war. Unzensuriert.at hat sich mit den seltsamen Fragen auf ironische Weise auseinander gesetzt. Wien will‘s wissen - wir aber auch! (19.01.) Herr Häupl und seine absolute Mehrheit im Wiener Landtag wollen es jetzt genau wissen. Was wollen die Wiener wirklich? Die Gelegenheit ist günstig, im Herbst stehen Wahlen an, und so ein Zwischenwahlkampf unter dem Mäntelchen der direkten Demokratie, natürlich von Steuergeldern inanziert, kommt da gerade richtig. Allerdings ist es auch interessant festzustellen, dass eine Partei, die seit dem Jahre 2001 absolut regiert, nach neun Jahren noch immer nicht weiß, was die Bevölkerung bewegt und deswegen mit dieser Volksbefragung ein Interesse am Wiener Bürger andeutet. Freilich wenn man sich die genaue Formulierung der Fragen durchliest, stellt man fest, dass diese Fragen, die allesamt eine erklärende Präambel haben, so formuliert sind, dass der Ausgang dieser Volksbefragung mit höchster Wahrscheinlichkeit genau solcherart ist, wie es sich die Bonzen im ehrwürdigen Gebäude Friedrich von Schmidts ausgedacht haben. Frage 1 - Hausbesorger - Die SPÖ behauptet: Im Jahr 2000 wurde durch den Bundesgesetzgeber die Möglichkeit abgeschafft, Hausbesorger/innen anzustellen. Eine bundesgesetzliche Neuregelung ist seither nicht zustande gekommen. Wien will wissen: Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird, neue HausbesorgerInnen (mit modernem Berufsbild) einzustellen?


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Wir wollen wissen: Sind Sie bereit, deutlich höhere Betriebskosten für die Versorgung roter Günstlinge als Hausbesorger zu zahlen, die dann - dem modernen Berufsbild entsprechend - als Auftrags-Denunzianten für „Wiener Wohnen“ tätig werden? Frage 2 - Ganztagsschulen - Die SPÖ behauptet: Internationale Studien zeigen, dass die Ganztagsschule der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellt sowie das Bildungsniveau der Bevölkerung deutlich hebt. Wien will wissen: Sind Sie für ein lächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen in Wien? Wir wollen wissen: Soll Ihr Kind sprachlich und bildungsmäßig absolut nach unten nivelliert werden und als Ausgleich dafür die orientalische Kultur besser kennen lernen als die eigene? Frage 3 - Citymaut - Die SPÖ behauptet: Einige Großstädte (z. B. London, Stockholm) haben zur Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs eine Einfahrtsgebühr für das Stadtzentrum eingeführt (Citymaut). In Wien konnte durch die Verkehrspolitik (Ausbau öffentlicher Verkehr, Parkraumbewirtschaftung, Wohnsammelgaragen, Ausbau Radwegenetz) in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden. Wien will wissen: Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden? Wir wollen wissen: Wollen Sie, dass die überbezahlten Bankmanager und abgehobenen Politiker für ihre Luxuskarossen ordentlich zur Kasse gebeten werden? Frage 4 - 24-Stunden-U-Bahn - Die SPÖ behauptet: In Wien fahren täglich Nachtbusse von 0.30 bis 5.00 Uhr. Ein 24-StundenU-Bahn-Betrieb am Wochenende (Freitag und Samstag) kostet pro Jahr 5 Millionen Euro und bewirkt veränderte Fahrtrouten der Nachtbusse an Wochenenden. Wien will wissen: Sind Sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt?


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Wir wollen wissen: Wollen Sie weiterhin Woche für Woche teures Geld fürs Taxi ausgeben, wenn Sie sich am Freitag oder Samstag nach einer arbeitsreichen Woche das eine oder andere Bier genehmigen und es in geselliger Runde etwas später geworden ist? Frage 5 - Kampfhunde - Die SPÖ behauptet: Seit 2006 wird in Wien ein freiwilliger Hundeführschein angeboten. Der Hundeführschein ist eine fundierte Ausbildung für Hundehalter/innen, bei welcher der richtige Umgang mit Hunden erlernt wird. Bei der Prüfung müssen die Hundehalter/innen zeigen, dass sie den Hund auch in schwierigen Situationen im Griff haben. Wien will wissen: Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte „Kampfhunde“ einen verplichtenden Hundeführschein geben soll? Wir wollen wissen: Können Sie damit leben, dass ihr Nachbar demnächst ihren herzigen Dackel oder ihren possierlichen Pudel beim Magistrat als Kampfhund denunzieren kann und Sie dann die sündteure Ausbildung für einen Hundeführerschein zahlen müssen? Außerdem wollen wir noch gerne wissen, wie weit weg vom Bürger man schon sein muss, um ein derart verheerendes Demokratieverständnis zu haben. Man kann nur ernsthaft hoffen, dass die Beteiligung an dieser Volksbefragung einen Grad der Lächerlichkeit erreicht, damit die Stadtroten ihre künftigen Fehlentscheidungen nicht auch noch auf die Bürger schieben können. Das war dann auch durchaus so, und die Ergebnisse kamen wie bestellt. Nur die Nacht-U-Bahn ist irgendwie durchgerutscht - nach Wahlschluss übrigens erst. Mit der Briefwahl ist es überhaupt so eine Sache. Der Umstand, dass Wahlkarten bis zu acht Tage nach der Wahl einlangen dürfen, ermuntert geradezu zum Wahlbetrug. Gleich eine Fülle von Anfechtungen wegen dubioser Vorfälle verursachte die Wirtschaftskammer-Wahl in Wien. Da wurden Wahlkarten mit der Post geschickt und von Funktionären gleich abgeholt, ohne dass sie der Wahlberechtigte jemals zu Gesicht bekam.


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WK-Wahl: Der Mann fürs Grobe holt die Wahlkarte ab (20.02.) Die Wirtschaftskammer-Wahl hat mit Demokratie nur ganz entfernt zu tun. Da gibt es Fachgruppen mit einem Mitglied, das sich selbst zum Mandatar und Vorsitzenden wählt. Da gibt es eine Wahlkommission, die bestimmt, auf welcher Liste Kandidaten antreten dürfen - notfalls auch gegen den Willen dieser Unternehmer. Da wird Kandidaten - also passiv Wahlberechtigten das aktive Wahlrecht verweigert. Und neuerdings werden von „Wirtschaftskammer-Funktionären“ auch Wahlkarten aus Lokalen abgeholt. Bei der FPÖ pro Mittelstand gingen letzte Woche mehrere Beschwerden ein, dass jemand „von der Wirtschaftskammer“ einfach ins Lokal gekommen sei und die eben erst per Post eingetroffene Wahlkarte abgeholt habe - unausgefüllt wohlgemerkt. Hier zwei der eingetroffenen Mails, das erste davon schickte ein Gastwirt aus Wien-Ottakring: „Heute früh erfuhr ich von meiner Angestellten, daß am Dienstag 16.02.2010 zwei Herren von der Wirtschaftskammer mein Lokal besucht haben. Sie waren sehr freundlich, und haben das Kuvert, welches kurz zuvor mit der Post gekommen ist gleich mitgenommen. Sie hinterließen eine Visitenkarte von Herrn KommR Turecek. Darauf wurden handschriftlich die Namen Bambule und Fischlmaier vermerkt.


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Da ich nicht wusste um was es ging habe ich heute früh Herrn Bambule angerufen. Auf meine Frage, was er mitgenommen hat, antwortete er: „Ich habe ihre Wahlkarte abgeholt, die sie bestellt haben“. Als ich sagte, daß ich keine Wahlkarte bestellt habe, da ich immer selbst wählen gehe, meinte er: „Die Karte haben sie schon irgendwann Oktober oder November bestellt und können sich sicher nicht mehr daran erinnern“. Weiters informierte er mich, daß ich nicht mehr wählen gehen muss, da er das alles für mich erledigt. Ich kann aber sicher ausschließen, daß ich eine Wahlkarte bestellt habe und will sicher mein Wahlrecht persönlich auswählen. Ganz, ganz sicher bin ich, daß ich bei der Wirtschaftskammerwahl FPÖ-Pro Mittelstand wählen will und keinesfalls eine andere Liste.“ Unzensuriert-Recherchen ergaben, dass sowohl der - an der Aktion nicht beteiligte - Kommerzialrat Turecek als auch der „Mann fürs Grobe“ Fischelmaier dem Spartenpräsidium „Tourismus und Freizeitwirtschaft“ des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes (SWV) angehören - just jener Fraktion also, die sich unlängst selbst beschwert hat, dass Keiler vom ÖVPWirtschaftsbund ihren Sympathisanten die Wahlkarten entlocken. Schnell gelernt, kann man da nur sagen.


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Bei der Volksbefragung und der Wirtschaftskammerwahl waren also eher die Begleiterscheinungen als die politischen Inhalte die Aufreger. Eine fade Wahl sollte, glaubte man den Medien, auch die zum Bundespräsidenten werden. Vom Ergebnis her sollten sie auch Recht behalten. Der Wahlkampf allerdings wurde mit großer Heftigkeit geführt und machte die Kandidatin der FPÖ, die niederösterreichische Landesrätin Barbara Rosenkranz, zum Ziel einer beispiellosen Kampagne, die vom politischen Gegner in trauter Einheit mit den meisten Medien des Landes geführt wurde. Auch die „Kronen Zeitung“, die ursprünglich die Unterstützung Rosenkranz’ in Aussicht gestellt hatte, resignierte früh. Gegen Rosenkranz war ihren Gegnern kein Argument zu billig. Selbst ihre zehnfache Mutterschaft wurde ihr zum Vorwurf gemacht. Feindbild Mutter (04.03.) Wenn man die Medien in den letzten Tagen beobachtet, kann man nicht mehr von einem Desinteresse am Amt des Bundespräsidenten sprechen. Das Umfeld des amtierenden Kandidaten scheint sich ihres Protegés nicht mehr ganz so sicher zu sein, denn es werden schon die ersten Schmutzkübel-Kampagnen gestartet. Mitten im Schussfeld: Die intakte Familie der Barbara Rosenkranz. Vielen Frauen aus dem linken Lager ist es offenbar ein besonderer Dorn im Auge, dass die Kandidatin für das höchste Amt im Staat zehn Kinder in die Welt gesetzt hat. Das ist für die emanzipierten(?) Frauen des rot-grünen Lagers kontraproduktiv, führt es doch die Diskussionen über das angebliche Hineindrängen der Menschen in ihre Geschlechterrollen ad absurdum. Dass nur eine Frau Kinder in die Welt setzen kann, ist der genderdeinierten Sexualforschung ohnehin schon etwas unangenehm, aber dass eine Frau den Mut hat, der ungeheuerlichen Anzahl von zehn Kindern das Leben zu schenken und dann noch dazu für diese heranwachsenden Menschen als Mutter und Hausfrau in einer funktionierenden Partnerschaft die Verantwortung übernommen hat, ist geradezu eine Verspottung des fortschrittlichen Frauenbildes. Eine Frage der Zeit, bis die erste verhärmte Feministin Barbara Rosenkranz auffordern wird, sich endlich von ihren Kindern zu distanzieren.


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Von ihren Kindern distanzierte sich Barbara Rosenkranz nicht, wohl aber vom Nationalsozialismus. Nach einem Interview in der Zeit-im-Bild 2 wurde ihr - trotz gegenteiliger Wortwahl - vorgeworfen, sie wolle das NS-Verbotsgesetz abschaffen. Rosenkranz hielt mit einer eidesstattlichen Erklärung fest, dass sie das nicht wolle und sie sich entschieden vom Gedankengut der Nazis distanziere. Ihre Erklärung wurde zwar gehört, aber nicht akzeptiert. Die Hetzjagd auf Rosenkranz ließ kaum nach. Eine unterirdische Rolle spielten die Medien, und hier vor allem die Fernsehsender, die sogar Zitate manipulierten, um Rosenkranz zweifelhafter Gesinnung zu bezichtigen. ORF manipulierte Zitat für Fernseh-Diskussion (19.04.) Kein Tag vergeht ohne neue Einlussnahme des roten Staatsfunks in die Politik. Bezahlte Nazi-Statisten für freiheitliche Parteiveranstaltungen oder die Zensurierung der Live-Übertragungen aus dem Parlament sind nur Einzelheiten aus dem umfangreichen Manipulations-Repertoire. Nun geht es noch eine Stufe weiter. Sogar Zitate aus literarischen Quellen werden vom ORF extrem verfälscht, wenn es dem politischen Gegner Schaden zufügen könnte. So geschehen in der gestrigen Fernseh-Diskussion zwischen den beiden Bundespräsidentschaftskandidaten Barbara Rosenkranz und Rudolf Gehring. Gegen Ende der Diskussion zitierte ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher einen Satz aus Rosenkranz’ Buch „MenschInnen“, offenbar mit dem Ziel, Stimmung gegen die Bundespräsidentschaftskandidatin zu machen. Thurnher präsentierte das „Zitat“ folgendermaßen: „Wenn nicht jede Frau zwei Kinder hat, ist unsere Gesellschaft zum Aussterben verurteilt und wird von einem archaischen oder vormodernen Volk aus dem Spiel genommen.“ Im Original hingegen heißt es: „Im Durchschnitt muss also jede Frau zwei Kinder bekommen und großziehen, um den Bestand der Gesellschaft zu gewährleisten. Ist dies nicht der Fall, wird dies aus irgendeinem Grund verweigert, ist diese Gesellschaft jeder noch so archaischen und vormodernen Gesellschaft unterlegen, muss dieser weichen und wird sich in kurzer Zeit selbst aus dem Spiel genommen haben.“ Obwohl Rosenkranz auf das falsche Zitat hinwies, beharrte Thurnher darauf, diese Passage wörtlich abgeschrieben zu haben. Dennoch ist der nicht besonders durchdachte Manipulations-Coup gehörig in die Hose gegangen.


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Der ORF ist, wie dieses Beispiel und der später im Buch besprochene Skandal um bezahlte Statisten bei einer Strache-Veranstaltung zeigen, beileibe kein Hort journalistischer Objektivität. Noch bunter treiben’s allerdings die Privaten. ATV am Tiefpunkt - Journalismus auf Pornoilm-Niveau (22.04.) Bei der Ankunft der Gäste in der ATV-Redaktion ergötzte sich die Regieplatz-Mannschaft an einem Pornoilm. Die gestrige Sendung „Am Punkt“ beschäftigte sich zwar thematisch mit Politik, wurde aber auf ähnlichem Niveau moderiert. Im ersten Teil der Sendung durfte das obligate Falschzitat nicht fehlen, das sich nach seiner Anwendung im ORF und bei Puls4 immer mehr als journalistisches Stilmittel etabliert. Diesmal wurde versucht, Barbara Rosenkranz in den Mund zu legen, sie habe Homosexuelle als Gefahr für die Gesellschaft dargestellt. In Wahrheit hatte sie nur Kritik an der Privilegierung homosexueller Paare geübt. Am Tiefpunkt angekommen war die Sendung dann nach der ersten Werbeunterbrechung, als sich Moderatorin Silvia Saringer anschickte, sich mit „Rosenkranz’ Geschichtsbild“ auseinanderzusetzen. Nach einer Kritik der mangelnden Qualität von Geschichte-Schulbüchern aus den siebziger Jahren offenbarte die Moderatorin, dass sie selbst daraus noch einiges dazulernen könnte. Was nützen auch die besten Bücher, wenn man sie nicht liest? Folgerichtig griff Saringer sofort in den braunen Schmutzkübel und warf Rosenkranz vor, auf einer Sonnwendfeier das Lied „Wenn alle untreu werden“ gesungen zu haben. Mit dem entwaffnenden Satz „Wir haben gegoogelt“ leitete sie ein Video von singenden Nazi-Soldaten ein. Dass dieses Lied aus dem Jahr 1814 stammt, aus der Zeit der Befreiungskriege, als sich die ersten Bewegungen für Demokratie und Freiheitsrechte auf deutschsprachigem Gebiet formierten, und wie vieles andere von den Nazis missbraucht wurde, ließ Saringer selbstverständlich nicht gelten. Wer durch seine journalistische Arbeit so klar dokumentiert, von Demokratie und Meinungsfreiheit nichts zu halten, muss auch über deren Geschichte und Entstehung nichts wissen. Am Ende der Sendung war Saringer wohl ähnlich „in Stimmung“ wie die Kollegen am Regieplatz. Quoten-Idioten ist eben nichts verboten.


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Während die Medien in der Vergangenheit der Barbara Rosenkranz genüsslich herumstocherten, ohne jemals etwas tatsächlich Delikates zum Vorschein zu bringen, interessierte sich für das Vorleben des Titelverteidigers niemand. Dabei hätte der Sozialist Heinz Fischer dafür durchaus Stoff geboten. Insbesondere sein ausgesprochen schlampiges Verhältnis zu menschenverachtenden kommunistischen Diktaturen scheint höchst hinterfragenswert - vor allem zu Nordkorea. Wann distanziert sich Heinz Fischer endlich von Nordkorea? (20.03.) Einmal mehr hat das nordkoreanische Regime seine besondere Grausamkeit bewiesen. Anstatt die Verantwortung für die verheerende Wirtschaftskrise in dem steinzeit-kommunistischen Land auf sich zu nehmen, ließ Diktator Kim Jong Il den bisherigen Finanzchef hinrichten, weil er angeblich Schuld sei an der hohen Inlation im Land. Nordkorea ist laut den spärlichen Berichten ein Land mit permanenter Hungersnot, öffentlichen Exekutionen, Sippenhaft und grässlichen Internierungslagern mit Gaskammern. Trotzdem sind manche Österreicher dem mörderischen Regime in Freundschaft verbunden, unter ihnen auch Bundespräsident Heinz Fischer. Nordkorea, 1992 - ein Journalist des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ bereist das abgeschiedene Land, eine der letzten Bastionen des Kommunismus, ein Überbleibsel des totalitären Schreckens, der das 20. Jahrhundert heimgesucht hat und den man nach dem Zusammenbruch des Ostblocks endgültig für überwunden glaubte. Seine Recherche bringt grauenhaftes zu Tage. George Orwells Vision des totalen Überwachungsstaates scheint in Nordkorea zur Wirklichkeit geworden zu sein. Jeder Schritt der Bevölkerung wird überwacht. „Rowdys“ - Menschen die aus Hunger zu Dieben wurden, werden öffentlich exekutiert, ihre Familien verschwinden im Arbeitslager. Die Bevölkerung hungert, da die wenigen Ressourcen des Landes zur Aufrüstung eines gigantischen Militär- und Überwachungsapparates verschwendet werden. Das Auge des Diktators Kim Il Sung sieht jeden Untertanen, sein brutaler Arm bestraft jeden, der sich nicht dem totalen Konformismus fügt. Wien, 1973 - im noblen 1. Wiener Gemeindebezirk gründen österreichische Freunde des stalinistischen Regimes von Nordkorea eine Gesellschaft, die diese Freundschaft vertiefen soll. Wenig verwunderlich wird ein braver Kommunist zum ersten Obmann der „Gesellschaft für die Förderung


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der Beziehungen zur Koreanischen Volksdemokratischen Republik“ gekürt. Neben dem Obmann Herbert Steiner, Funktionär der KPÖ und Obmann des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands, das er nach seinem Studienabschluss in der kommunistischen CSSR gründete, ist auch ein Sozialdemokrat (damals noch Sozialist) mit von der Partie: Heinz Fischer wird Obmannstellvertreter des neuen Vereins. Fischer scheint ein Herz für kommunistische Diktaturen zu haben. Nicht nur Nordkorea hat es ihm angetan, auch in einer österreichisch-kubanischen und einer österreichischjugoslawischen Freundschaftsgesellschaft ist er Mitglied. Ein Zitat aus dem Jahr 1975 könnte diese seltsame Vorliebe für brutale Diktaturen erklären: „Auch wir wollen ja letzen Endes eine wahrhaft sozialistische Gesellschaft.“ offenbart Heinz Fischer seinen Traum gegenüber der italienischen Zeitung „Il Giorno“, wie unter anderem der ÖVP-Seniorenbund zu berichten weiß. Nordkorea, 1994 - der brutale Diktator Kim Il Sung stirbt. Im Ausland trauern nur wenige, immerhin führte er über Jahrzehnte eines der grausamsten Regime der Welt. Unter diesen letzten Getreuen inden sich auch die österreichischen Freunde der „Sonne“ (Kim Il Sung ist nur ein Deckname, der „Die Sonne“ bedeutet). In ihrem Namen soll Heinz Fischer im Juli 1994 als Vizepräsident der nordkoreanisch-österreichischen Freundschaftsgesellschaft ein Schreiben unterzeichnet haben, im dem er seine „tiefempfundene und respektvolle Anteilnahme“ anlässlich Kim Il Sungs Todes ausgedrückt haben soll. Eine Stellungnahme dazu liegt bisher nicht vor. Auch über andere Details seine Freundschaft zu Nordkorea betreffend schweigt sich Heinz Fischer bisher aus. Südkorea, 2002 - ein Komitee des US-Senats führt eine Anhörung zur Menschenrechtssituation in Nordkorea durch. Soon-ok Lee, die aus Nordkorea liehen konnte, berichtet über ihre Erfahrungen in einem der Lager, in dem sie nach einem Geheimprozess gefangen gehalten wurde. Dort werden die Häftlinge zur Sklavenarbeit gezwungen, gefoltert, ermordet oder sterben an Hunger und Entkräftung. Der ehemaligen tschechische Präsident und Menschenrechtsaktivist Vaclav Havel hat klare Worte für dieses Unrechtsregime gefunden: „Diese (die demokratischen Anm.) Länder müssen unmissverständlich klarstellen, dass sie keine Konzessionen an einen totalitären Diktator machen werden. Sie müssen festhalten, dass Respekt vor grundlegenden Menschenrechten ein wesentlicher Bestandteil aller künftigen Diskussionen mit Pjöngjang ist.


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Entschlusskraft, Beharrlichkeit und Verhandlungen von einer Position der Stärke aus: Diese Dinge sind das Einzige, das Kim Jong Il und Gleichgesinnte verstehen. Hoffentlich ist das etwas, das zu erkennen die Welt keiner weiteren entsetzlichen Beweise bedarf.“ Als Präsident eines Staates, der selbst die Erfahrung von Diktatur und Unterdrückung gemacht hat, würde es Heinz Fischer gut anstehen, auch endlich klare Worte zu Nordkorea zu inden und so auch seine persönliche Vergangenheit aufzuarbeiten. Im Gegensatz zu Barbara Rosenkranz, die aus ihrer tief empfundenen Ablehnung jeglicher Diktatur und Unterdrückung niemals ein Hehl gemacht hat, scheint es Heinz Fischer äußerst schwierig zu fallen, einen klaren Trennstrich zwischen sich und einem totalitären Unrechtsregime zu ziehen. Trotz dieser und anderer dunkler Flecken in der persönlichen Vergangenheit stimmten 78,9 Prozent für eine zweite Amtszeit von Heinz Fischer. Auf Barbara Rosenkranz entielen 15,6 Prozent, auf Rudolf Gehring von der Christen-Partei 5,4 Prozent. Das Wahljahr komplett machten drei Landtagswahlen. Die erste davon - im Burgenland - zeichnete bereits den Trend vor, der sich in den weiteren Wahlgängen bestätigen und noch verstärken sollte: SPÖ und ÖVP verlieren, die FPÖ gewinnt. Während die Freiheitlichen im Burgenland mit 9 noch unter der Zehn-Prozent-Schwelle blieben, gelang in der Steiermark der Sprung darüber, obwohl die Freiheitlichen bis zur Wahl nicht im Landtag vertreten waren. FPÖ räumt in der Steiermark ab (14.08.) Das Schönreden von Wahlniederlagen gehört sicherlich nicht zu den leichtesten Übungen in der Politik. Aber SPÖ und ÖVP haben darin mittlerweile schon Übung. Nach der Landtagswahl in der Steiermark traten sie dabei mit gewieften Strategien an, die nur daran scheiterten, dass beide Parteien die gleiche Strategie hatten und zwar: die großartige Aufholjagd. Aufholjagd war bei Rot und Schwarz das Wort des Abends. Wenn man den Generalsekretären, Geschäftsführern, Spitzenkandidaten und Klubobleuten so zuhörte, musste man annehmen, dass die beiden Parteien in den letzten zwei Wochen zusammen 50 Prozent der Wählerstimmen „aufgeholt“ hatten. Fragt sich nur, wo die vorher waren.


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Tatsächlich aufgeholt hat nur die FPÖ - und zwar gegenüber den Umfragen, die in den Wochen vor der Wahl kursierten, von denen die meisten den Freiheitlichen nur zwischen 6 und 8 Prozent Zustimmung gaben. Die Freiheitlichen kamen schließlich auf 10,67 Prozent und sind mit Gerhard Kurzmann auch in der neuen Landesregierung vertreten. Die SPÖ verlor zwar mehr als die ÖVP, hielt aber einen knappen Vorsprung und stellt mit Franz Voves weiterhin den Landeshauptmann. Die ÖVP bleibt trotz massiver Querelen in der letzten Periode Koalitionspartner, weil Voves der angekündigte Mut zur Veränderung in letzter Minute doch verließ. Stand in der Steiermark der Kampf um den Landeshauptmann im Mittelpunkt des Interesses, so ging die SPÖ ins Rennen um die Bundeshauptstadt als haushoher Favorit und auch als inanzieller Krösus. Michael Häupl kämpfte um den Erhalt der absoluten Mehrheit im roten Wien. Wiener-Wahl-Wettrüsten für David gegen Goliath (14.08.) Am 10. Oktober wählt Wien einen neuen Landtag und Gemeinderat. Die verbleibenden zwei Monate werden allerdings nicht mehr nur für Erholungsurlaube der Politspitzen im In- und Ausland genutzt, auch wenn Wiens Bürgermeister Michael Häupl seit Wochen von der Bildläche verschwunden ist und derzeit das süße Leben in der Toskana genießt. Hinter den Kulissen steigt nämlich die Unruhe vor dem Sturm. Die Kriegskassen sind gefüllt, Wahlhelfer werden angestellt und Zusatzquartiere bezogen. Die Sozialisten haben eigens für den Wahlkampf ein Quartier angemietet. Auf 400 Quadratmetern, verteilt auf zwei Geschoße, werden sich in einer ehemaligen Bank-Austria-Filiale an der Ecke Babenbergerstraße/Getreidemarkt ab Mitte August fünfzig bezahlte Wahlhelfer tummeln. Die Parteizentrale in der Löwelstraße sei zu klein gewesen, argumentierte SPÖ-Landesparteisekretär Christian Deutsch die Expansionspläne. Beim Budget gibt sich die absolut regierende Partei hingegen bescheiden, wenn nicht sogar unglaubwürdig. Nur fünf Millionen Euro sollen in die Wahl investiert werden. Eine Summe, die nicht nur den Oppositionsparteien ein Lächeln kostet, weil getrost von einem mindestens doppelt so hohen Budget ausgegangen werden kann.


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Es ist allerdings längst nicht mehr jenes Geld entscheidend, welches die Partei laut Medienberichten ofiziell in den Wahlkampf einbringen möchte. Hinter der für die Bevölkerung geschönten Zahl, steckt ein weit mächtigeres und wirksameres Zahlenwerk, das durch die institutionellen und personellen Verlechtungen des Parteiapparates mit den vielen Stadtbetrieben, ausgegliederten Unternehmungen und nicht zuletzt auch Zeitungen ermöglicht wird. Das Nachrichtenmagazin „Proil“ bezifferte Ende Juli in einem Bericht die jährlichen Ausgaben der Stadt Wien und ihrer Unternehmen für Werbung aller Art mit 80 und 100 Millionen Euro. Schon alleine das Jahresbudget für den Presse- und Informationsdienst (PID) der Stadt Wien, der dem Informationsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) untergliedert ist, beträgt laut Kostenvoranschlag 2010 47 Millionen Euro. Von den Wiener Stadtwerken kamen laut dem Werbebeobachter Focus 2008 zwei Millionen Euro für Inserate in den Zeitungen „Krone“, „Heute“ und „Österreich“. Daneben ließen Millionen in Sponsorverträge mit dem SPÖ-dominierten Sportklub Rapid Wien. In den Parteien ÖVP, FPÖ und Grüne sind diese Zahlen naturgemäß nicht zu erwarten. Die Volkspartei gibt sich zwar ebenfalls wie die SPÖ sehr bescheiden, wenn es um die Summe für den Wahlkampf geht (2,5 Millionen Euro), dürfte aber zumindest auf das Doppelte kommen, um im Duell SPÖ gegen Freiheitliche mitzuhalten. Zuletzt wurde das Personal um fünf Personen auf zwanzig aufgestockt, die künftig in der Parteizentrale am Rathausplatz arbeiten werden. Weil aber schon die Grünen alleine auf einen Etat von mindestens vierzig Mitarbeitern zurückgreifen werden, ist auch bei den Schwarzen eine Aufstockung zu erwarten. Die FPÖ will auf die Anmietung weiterer Räume als auch auf Zusatzpersonal verzichten. Das Wahlkampfbüro wird in der Bundes- oder Landesgeschäftsstelle eingerichtet werden, heißt es. Im Wahlkampftopf befänden sich zwischen 3 bis 4 Mio. Euro, so Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein. Entscheidend in einer Wahl ist nicht (nur) das Geld, sondern vor allem die richtige Themenwahl. Die Freiheitlichen landeten gleich zu Beginn den ersten Volltreffer. „Wiener Blut“ zog sich als Melodie durch den ganzen Wahlkampf und sorgte - wie gewohnt - für hysterische Reaktionen der anderen Parteien.


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Wiener Blut (17.08.) Es ist recht schade, wie sehr sich manche Leute über den Nationalsozialismus deinieren, wo doch so viele aktuelle Probleme unserer Gesellschaft ungelöst vor uns liegen, die mit der Vergangenheit reichlich wenig zu tun haben. So vermerkt der Internet-Tagebuchschreiber Helge Fahrnberger, der einmal mehr große antifaschistische Ehren erwarb, indem er als Erster über die neue Plakatserie der Wiener FPÖ bloggte, über das heftig diskutierte „Wiener Blut“-Sujet folgendes: „Es widerstrebt mir, die Nazikeule auszupacken, aber ,Wiener Blut’ und ‚Zu viel Fremdes’ erinnert halt doch sehr an den ‚Wochenspruch der NSDAP’ in der Woche vom 21. November 1938, keine zwei Wochen nach der ‚Reichskristallnacht’.“ Und dieser Spruch, falls er Ihnen nicht so wie Herrn Fahrnberger auch sofort eingefallen ist, der lautet: „Ein Volk, das sein Blut vom Juden freihält, wird ewig leben.“ Kommentar von Martin Graf Die Ähnlichkeit zu „Mehr Mut für unser ‚Wiener Blut’ – Zu viel Fremdes tut niemandem gut.“ ist wahrlich unglaublich. Und die Wochensprüche der NSDAP gehören ja ohnehin zum Standard-Rezitationsreservoir jedes aufrechten Bürgers, um jederzeit den Anfängen wehren zu können, wann und wo immer es nötig ist. So viel zur gewiss sehr widerwillig ausgepackten Nazikeule des Herrn Fahrnberger, der sich immerhin die Mühe gemacht hat, sein persönliches Sprucharchiv zu durchforsten. Das sofort einsetzende Gestänkere drittklassiger Grün- und Rot-Politiker war derartig niveaulos, dass ich mich dazu eines Kommentars enthalte. Wenn ich, der ich mich aus dem Geschichtsunterricht auch noch an anderes als an die Jahre 1938 bis 1945 erinnern kann, den Spruch auf dem Plakat der FPÖ lese, dann denke ich bei „Wiener Blut“ zunächst an Kultur, Operette, vielleicht ein bisserl an Falco und insgesamt an den liebenswerten Charakter dieser großen Kulturstadt. Und bei „Zu viel Fremdes tut niemandem gut.“ denke ich an die Einwanderungsdebatte, die jüngst völlig unbestellt von den Regierungsparteien losgetreten wurde. Ich denke an Ausländerkriminalität, die von vielen Medien nicht mehr beim Namen genannt wird. Ich denke an Zuwanderer, die unsere demokratischen Werte nicht teilen, und das auch lauthals verkünden, indem sie - zum Beispiel jüngst in Belgien - zur Ermordung des vermutlich künftigen Regierungschefs aufrufen, weil sich dieser öffentlich zur Homosexualität bekennt.


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Jeder Bürger hat die Wahl, im FPÖ-Slogan zu erkennen, was er will. Die Interpretation eines mutigen, aber verantwortungsbewussten Umgangs mit sozialen Problemen unserer Wiener Gesellschaft erscheint mir jedoch als einzig zulässige Deutung im 21. Jahrhundert. Alles andere wäre ewiggestrig. Mit „Wiener Blut“ war die Zuwanderungsdebatte also eröffnet. Sie wurde schnell zur Islam-Debatte. Den Grund dafür lieferte der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, mit seiner Forderung nach mindestens einem Minarett pro Bundesland. Schakfehs Wunschzettel für eine islamischere Gesellschaft (22.08.) Anas Schakfeh hat in einem ausführlichen Interview mit der Austria Presse Agentur, das von sämtlichen namhaften Medien übernommen wurde, seinen Wunschzettel ans Christkind - wie auch immer das im Islam heißt – vorgelesen. Der verlängerte politische Arm der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, der Schakfeh vorsteht, - die (Wiener) SPÖ - wird nichts unversucht lassen, die Bitten der Muslime zu erhören, wie das auch brave Eltern mit den Wünschen ihrer Kinder vor Weihnachten zu tun plegen. Was wünscht er sich also, der Herr Schakfeh? 1.) Eine Moschee mit Minarett in jedem Bundesland. Während ÖVP, SPÖ und Grüne artig zuhörten, kam von FPÖ und BZÖ Widerstand gegen dieses Ansinnen. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky erteilt Schakfeh eine klare Absage: „Minarette werden ja auch von gläubigen Muslimen als Siegessymbol des Islam über andere Gesellschaften bewertet. Vor diesem Hintergrund sind die Aussagen des Präsidenten der islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, eine Provokation der Sonderklasse.“ 2.) Keine Deutschprüfungen vor Zuwanderung. Die Leute müssten dann nämlich zweimal auswandern, fürchtet Schakfeh, denn Deutschkurse gebe es meist nur in der Hauptstadt. Bei allem Verständnis: Für die hinterwäldlerische Infrastruktur vieler islamischer Länder kann Österreich nun wirklich nichts. Wer sich unbedingt hier niederlassen will, muss eben schauen, wie er zu seinen Deutschkenntnissen kommt. Viel wird ja nicht verlangt. 3.) Ein Staatssekretariat für Integration und Immigration. Da könne man nämlich „Programme und Pläne entwickeln, die für alle befriedigend sind“. Wer MAN ist und wie „befriedigend“ deiniert wird, bleibt im Dunklen.


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Dass sich die Islamische Glaubensgemeinschaft den Kopf über Integration zerbricht, ist allerdings neu. Vielleicht würde ein Staatssekretariat nur für Immigration auch genügen. Was spricht das politische Oberhaupt der österreichischen Muslime sonst noch? Die FPÖ habe ein „Monopol auf Fremdenfeindlichkeit“. Wenig überraschend kurz vor den Wiener Wahlen. Die Schäfchen sollen doch rot wählen, sofern sie das Kreuz am Stimmzettel mit der eigenen Einstellung zur Demokratie vereinbaren können. Was nicht zur Sprache kommt, ist das Monopol auf Frauenfeindlichkeit, das der Islam sich in Österreich auf beeindruckende Weise gesichert hat. Bezogen auf das Kopftuch sagt der IGGiÖ-Präsident: „Man muss garantieren können, dass die Frau wirklich ihre eigene Entscheidung trifft.“ – Wieder MAN – der Islam garantiert das allerdings nicht. Die doch recht ausführlichen Wünsche des Herrn Schakfeh führen dazu, dass wir dessen Verein einmal etwas genauer betrachten. Da kann dann keine Rede mehr sein von einer Glaubensgemeinschaft, die - wie mit einer Stimme - für die rund 500.000 Muslime in Österreich spricht. Ob der iranisch-stämmige Rapper „Nazar“ Mitglied der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist, darf bezweifelt werden. Mit der Wiener SPÖ ist aber auch er im Bunde. Und mit radikalen Islamisten, denn neben seinen hasserfüllten Tiraden gegen den FPÖ-Spitzenkandidaten HC Strache fällt Nazar vor allem damit auf, den 11. September zu feiern. Rapper Nazar: Mütter icken, SPÖ wählen und 9/11 feiern (23.08.) HC Heinz kuck uns an HC Wir bereichern dein Land HC Kuck ich spuck auf dein Verein Und ick ich deine Mutter ist dein Blut auch wieder rein So reimt der Rapper Nazar, mit bürgerlichem Namen Ardalan Afshar, vor sich hin. Der Brachial-Poet, der aus dem Iran stammt und in Wien-Favoriten lebt, ist zwar schon einige Jahre älter als das rappende Liebkind der Wiener SPÖ, das HC Strache jüngst in einem Song den gewaltsamen Tod gewünscht hat, Nazars Texten merkt man das aber gar nicht an.


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Doch hinter den spätpubertären Gewaltsprüchen wirkt der 26jährige ideologisch gefestigt. Islamistischer Terror ist für ihn allemal ein Grund zum Feiern, wie er in seinem Song „Präsidentenwahl“ zum Ausdruck bringt: Kids lachen, würd dich gerne schlagen bis zum Blut doch die Tränen meinter Mutter Junge lassen dies nicht zu es tut mir leid Maman, doch ich werd mich nicht ändern ich bleibe Straße, feier weiterhin den 11. September An Nazars Lippen hingen unlängst auch die Reporter von Rap.de. Unter dem Titel „Wählen gehen statt Döner kaufen“ kommt dann auf Seite 7 für alle, die bis dahin durchgehalten haben, die politische Vision des Rappers, die freilich mit dem Wahlrecht wenig zu tun hat: „Viele in Österreich belächeln HC Strache noch. Ich wünsche mir manchmal, dass in Österreich ein bisschen eine Mentalität wie in Frankreich herrschen würde, dass die dann wirklich komplett Mütter icken auf der Straße. Aber da herrscht einfach die Mentalität: Es geht uns ja allen so gut in Österreich und es ist mir scheißegal, was der Politiker labert, denn es geht mir ja so gut und ich hab meine Papiere. Deshalb wird einfach nichts dagegen unternommen.“ Mütter icken dürfte überhaupt so eine Art Lieblingsbeschäftigung des jungen Sterns am Gesangshimmel sein - alle außer der eigenen versteht sich, denn, so Nazar im „Standard“: „Ich bin Moslem, ich habe vor niemandem mehr Respekt als vor meiner Mutter.“ Was die nette Standard-Reporterin gleich zum Anlass nahm festzustellen, dass Nazars derbe Sprache keine Rückschlüsse auf sein Frauenbild zuließe. Überhaupt gewinnt der Leser dort den Eindruck, er sei so etwas wie ein Musterbeispiel gelungener Integration. Das indet wohl auch die Wiener SPÖ, spätestens nach diesem Satz: An einer roten Musik-Aktion wollte sich Nazar nicht beteiligen, wählen will er aber jedenfalls die Sozialdemokraten, denn: „Man muss Strache als Bürgermeister verhindern!“ Und so legt sich Peko Baxant, Jugendsprecher und Landtagsabgeordneter der Wiener SPÖ, auf seiner Webseite gleich mächtig ins Zeug für Nazar und fordert, dass man seine Musik endlich im österreichischen Radio spielen soll, vor allem im ORF - wegen des verfassungsrechtlichen Bildungsauftrags, ver-


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steht sich, denn: Nazar stehe für echte Streetcredibility und künstlerische Qualität. Recht glaubwürdig dürfte er vor allem aufgetreten sein, bevor er für einige Wochen in Untersuchungshaft landete, weil ihm ein bewaffneter Raubüberfall vorgeworfen wurde. Dabei war die Sache doch ganz harmlos, wie sein Anwalt damals gegenüber der Zeitung „Österreich“ schilderte: „Im Zuge der Auseinandersetzung hat mein Mandant eine Pistole gezogen und den anderen damit geschlagen. Er hat ihn auch bedroht“, so der Rechtsbeistand des Musikers. [...] Jetzt sei der Rapper natürlich erleichtert, dass ihm ein Verfahren wegen schweren Raubes erspart bleibt: „Bei einer Verurteilung wären fünf Jahre Haft die Mindeststrafe gewesen!“ Die Staatsanwaltschaft wird gegen den 25-Jährigen in den kommenden Wochen vermutlich einen Strafantrag wegen gefährlicher Drohung einbringen. Im Fall eines Schuldspruchs ist von einer Bewährungsstrafe auszugehen. Ob es zur dieser Bewährungsstrafe überhaupt kam oder der Fall von der Justiz einfach unter „Streetcredibility“ eingeordnet und eingestellt wurde, ist nicht bekannt. Und überhaupt gelten für Nazar andere Regeln, wie er in seinem Lied „Kinder des Himmels“ singt, das dem Jungroten Baxant so sehr gefällt, dass er es gleich auf seine Seite gestellt hat: Wenn Dir was zustößt junge bist Du selbst schuld, denn es gibt Regeln die stehn nicht im Gesetzbuch. Und wenn Du Stress suchst bist Du hier am rechten Ort, doch Du musst wissen man das Stärkste hat das letzte Wort. Lieder, wie sie das Leben so schreibt in Favoriten - Häupl und der SPÖ sei‘s gedankt! Gegen solche Brachialattacken wirkten die Werbeattacken der ÖVP im Wahlkampf recht kümmerlich. Wenn aber schon bei den Jungroten dauernd vom „Ficken“ die Rede ist, so dachte man sich bei den Jungschwarzen wohl, konnte man selbst am Thema Sex auch nicht ganz vorüber gehen. Sex sells: ÖVP will Wiener Wähler aufgeilen (09.09.) Sex scheint ein großes Thema zu sein in Wien. Die von der SPÖ geförderten Vertreter der „Jugendkultur“ reden - pardon: rappen - andauernd nur


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vom „Ficken“, und auch die Marek-ÖVP begibt sich auf die Ebene der Fleischeslust: In Wien wurden zuletzt „Geil-o-Mobile“ gesichtet mit dem kreativen Spruch „Schwarz macht geil“ und einem Hinweis auf die ÖVPWebseite. Die Grünen kritisieren, dass die ÖVP mit Klimakillern wie Hummer und Jeep unterwegs ist. Presse-Redeakteur Rainer Nowak stellt im Blog der Zeitung nüchtern fest: „Wer so ein Fahrzeug fährt, hat wenig Stil. Wer solche Sprüche schätzt, noch weniger. Aber vielleicht gewinnt die ÖVP mit der Linie Prolo-statt-Bobo ein paar Wähler.“ Die Geil-o-Mobile waren wirklich ein peinlicher Anblick und nach der Wahl zum Glück wieder aus der Stadt verschwunden. Verschwinden lassen wollten Grüne und Rote auch eine Straße in Wien-Simmering: Die Strachegasse - damit bloß niemand an den FPÖ-Chef erinnert wird. Simmerings Linke wollen Strachegasse umtaufen (09.09.) Simmering ist eine der Kernzonen im Wiener Wahlkampf. Der Bezirk ist nicht nur einer der größten, sondern traditionell seit einiger Zeit jener mit dem höchsten Wähleranteil der FPÖ. Die rote Bezirksvorsteherin hat jüngst sogar befürchtet, die FPÖ könne bei der Wahl ihren Sessel erobern. Umso hemmungsloser gebärden sch die Roten dort jetzt. Ein Dorn im Auge ist ihnen und den Grünen die Strachegasse.


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Damit ja niemand glaubt, diese sei nach dem FPÖ-Obmann benannt, wollen sie den Namen auf Hugo-Strache-Gasse ändern lassen. Die Bezirksvorstehung beschloss mit den Stimmen der beiden Parteien einen entsprechenden Antrag an den Gemeinderat. Hugo Strache war der Erinder des Doppelgases und verstarb 1927. Die FPÖ ortet bei Rot und Grün die nackte Angst vor Strache und kritisiert die Aktion scharf - auch aus inanziellen Gründen: „Die auf die Anrainer zukommenden Kosten durch die Umschreibung von Dokumenten, etc. haben SPÖ und Grüne bei ihrer Panikattacke offenbar vergessen“, stellt der Simmeringer FP-Klubobmann Manfred Hofbauer fest. Für den nächsten größeren Eklat im Wahlkampf sorgten Comics. Zunächst landeten die „Sagen aus Wien“ der FPÖ in jedem Wiener Postkasten - und sorgten für wüsteste Diskussionen und Spekulationen. Der Comic-Streit und die Humorlosigkeit der Linken (29.09.) Ein paar Comic-Bilder genügen, um in Österreich bei der Linken ungeahnte Relexe auszulösen. Die Grünen behaupten, dass Kinder mit Steinen auf Kinder werfen. Medien suchen verzweifelt nach Parallelen mit der NS-Zeit, die in den Köpfen mancher Journalisten offenbar omnipräsent ist. „Sagen aus Wien“ heißt das Heft, das die FPÖ den Wiener in den letzten Tagen per Post geschickt hat. Darin inden sich sowohl ein historischer Rückblick auf die Türkenbelagerung von 1683 als auch überlieferte Geschichten etwa vom Basilisken, vom Donauweibchen oder vom lieben Augustin. Daneben sind Comics gezeichnet, die Parallelen zu der aktuellen politischen Situation ziehen. Das Basilisken-Ungeheuer ist rot-grün, Bürgermeister Häupl will die Stadt den Türken übergeben, wogegen HC-Man Strache energisch ankämpft. Die Grünen waren auch diesmal schnell mit einer Sachverhaltsdarstellung zur Stelle. Ein Junge feuert mit einer Steinschleuder auf HCs Geheiß auf Mustafa. Gemeint ist der historische Heerführer Kara Mustafa. Die Grünen behaupten, assistiert von den Medien, dass ein türkisches Kind mit Steinen beworfen werde. Die Comic-Szenen belegen, dass dies nicht stimmt. Der türkische Heerführer hat im nächsten Bild ganz klar ein blaues Auge. Kein Kind kann wohl derartigen Bartwuchs vorweisen.


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Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ist die Argumentation der Grünen entlarvend: „Was den Grünen nicht passt, muss offenbar verschwinden: Die Türkenbelagerungen aus der Geschichte oder die Strachegasse aus Wien-Simmering“. Noch schlimmer treiben’s manche Medien in dem verzweifelten Versuch, der FPÖ vor der Landtagswahl am 10. Oktober noch zu schaden. Im „Standard“ wird unter Berufung auf einen Blog mit dem Namen „Bassena“ berichtet, die HC-Figur sei einer Zeichnung aus dem NS-Kampfblatt „Stürmer“ ähnlich. Und „Proil“ stößt sich am Mundwasser des Basilisken mit dem Namen „Odal“. Jeder halbwegs denkende Mensch erkennt zwar sofort, welches Produkt gemeint ist.


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Den Journalisten fällt dazu hingegen schlagartig eine gleichnamige „Monatsschrift für Blut und Boden“ aus der NS-Zeit ein. Hätte man das Mundwasser „Adol“ und nicht „Odal“ genannt, wäre wohl sofort behauptet worden, das sei eine Anspielung auf Adolf Hitler… Die hysterischen Reaktionen auf den Sagen-Comic belegen vor allem eines: Die völlige Humorlosigkeit der Linken. Doch die wollten dann doch auch noch lustig sein, und so brachte die SPÖ auch ein Comic-Heft auf den Wahlkampfmarkt. Dieses ließ den Leser allerdings reichlich ratlos zurück. Humor wurde durch Gewalt ersetzt, der Feind ausgelöscht. Erklärungsversuche für das neue SPÖ-Comic (06.10.) Die SPÖ geht mit brachialer Comic-Gewalt gegen ihren politischen Hauptgegner in Wien vor. Angesichts der Hass- und Gewaltphantasien, die hier im Auftrag der Wiener Roten zu Papier gebracht werden, fragt man sich, ob man für die Verantwortlichen dieses Machwerks eher Groll oder Mitleid empinden soll. Im Einzelfall lässt sich das sicher behandeln. Steht jedoch eine ganze Organisation dahinter, offenbart sich ein Gedankengut, das keine Vergleiche zu scheuen braucht. Die Argumentation des roten Jugendsprechers Baxant, es handle sich nicht um einen Aufruf zu Gewalt, weil die gezeichneten Zombies ja eh schon tot seien (hihi!) ist in ihrer Dämlichkeit geradezu maßgeschneidert für die österreichische Medienlandschaft, die sich in ihrer Hysterie über ein paar harmlose Sagen-Männchen gar nicht mehr einkriegen wollte. Sich darüber aufzuregen, ist dennoch unnütz. Gewaltbereite Horden aus dem Sozi-Mileu sind ohnehin längst Realität in Wien. Sie werden verschwinden, so wie die SPÖ langsam verschwinden wird – von Wahl zu Wahl. Also liefern wir einmal ein paar hobbypsychologische - sicher völlig unrealistische - Erklärungsversuche zur Entstehung des Comics: 1.) Das Werk entstand im Zuge einer Mal-Therapie in der Betty-Ford-Klinik. Wer da gemalt haben könnte, überlassen wir der Phantasie der Leser, geholfen hat‘s aber eher nicht.


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2.) Peko Baxant thematisiert darin seine armselige Rolle als Marionette des gewichtigen Puppenspielers und projiziert sie auf den politischen Gegner. 3.) Die SPÖ lüchtet angesichts der drohenden Wahlniederlage vor der Realität in eine virtuelle Welt. Vorbild war vermutlich ein Video von A-Ha. Den Roten sei ein ebenso strahlendes Lächeln gegönnt, wenn sie am Ende auf die Nase fallen. Trotz aller Versuche, die Blauen aus dem Tritt zu bringen, zeichnete sich wenige Tage vor der Wahl schon ein Riesenerfolg für HC Strache und die FPÖ ab. Die Schlusskundgebung absolvierten die Freiheitlichen auf dem Stephansplatz und tauchten den Dom in blaues Licht. Da wurde dann selbst die Kirche noch aktiv. Der Dompfarrer reihte sich in die rote Wahlkampfphalanx ein. Don Promillo Faber attackiert die FPÖ mit Häupl-Zitat (10.10.) Seitenblicke-Pfarrer Toni Faber meldete sich in der Endphase des Wiener Wahlkampfs zu Wort und verurteilte die Abschlusskundgebung der FPÖ am Stephansplatz. So kritisierte er das Einspielen von Kirchenglocken und das Einsetzen von Lichteffekten im Zuge der blauen Wahlveranstaltung. Aber immerhin habe er „dem Versuch widerstanden, Don Camillo und Peppone zu spielen.“ Dies hätte er zweifellos tun können – und zwar ganz allein, nennt er doch das gleiche Amt wie Don Camillo sein Eigen, während seine politische Einstellung eher an den kommunistischen Bürgermeister Peppone erinnert. Passender wäre „Don Promillo“ in Erinnerung an seinen Alko-Unfall im Jahr 2009. Die linke evangelische Bischöin Käßmann trat in Deutschland immerhin zurück, nachdem sie besoffen eine rote Ampel ignoriert hatte. Faber blieb im Amt und wurde der Society, in der er sich bevorzugt bewegt, durch seine „kleine Sünde” noch sympathischer. Der Dompfarrer, der sonst auch regelmäßig durch Segnungen von HomoPaaren für Aufregung sorgt, hat sich nun in seiner Diktion verräterisch an die Wortwahl des Wiener Bürgermeisters Häupl angelehnt. So nannte er den Wahlkampf - so wie Häupl zuvor - eine Zeit der Unintelligenz und lehnte großzügig die Mithilfe von Freiheitlichen bei der Renovierung des Wiener Wahrzeichens ab.


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Ob Faber und Häupl sich auf diese Linie bei einem Vierterl eingeschworen haben, kann nur vermutet werden. Faber hätte wohl auch keine Probleme damit, wenn man dem Stefl eine rote Schleife in Anlehnung an den Life-Ball umhängt, denn dort fühlt er sich anscheinend wohler als bei einer Veranstaltung der einzigen österreichischen Partei, die stark gegen den Islamismus auftritt. Erwartungsgemäß blieb auch die unpassende Einmischung des Dompfarrers in den Wahlkampf folgenlos. Der Sieg der Freiheitlichen, der schon vor dem Wahltag feststand, iel noch deutlicher aus als erwartet. Die absolute Mehrheit kam der SPÖ abhanden, ÖVP und Grüne kassierten bittere Niederlagen. Blauer Erdrutschsieg bei Wien-Wahl - Häupls Absolute weg (10.10.) Die Häupl-SPÖ hat bei der Wiener Gemeinderatswahl ihre absolute Mandatsmehrheit verloren. Laut vorläuigem Endergebnis (ohne Wahlkarten) kommen die Sozialdemokraten nur mehr auf 44,29 Prozent der Stimmen, ein Minus von 4,80 Prozent gegenüber 2005. Die FPÖ schraubt ihren Stimmenanteil auf sensationelle 26,98 Prozent hoch, ein Plus von 12,15 Prozent (2005: 14,83%). Damit steigt die Zahl der Mandate für die Freiheitlichen von 13 auf 28.


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Für ÖVP und Grüne hagelt es Wahlverluste auf tiefem Ausgangsniveau. Die ÖVP verlor 5,52 Prozent und kommt auf lediglich 13,25 Prozent (2005: 18,77%). Die Grünen landen bei 12,21 Prozent (2005: 14,63%) und verloren damit 2,42 Prozent. BZÖ und KPÖ sind am Einzug in den Gemeinderat klar gescheitert. FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache erklärte sich und seine Partei zum einzigen Gewinner der Wien-Wahl - „ein blauer Orkan“ sei heute über Wien gefegt. Die SPÖ müsse nun die „Ausgrenzung beenden“ und auf die Freiheitlichen zugehen, um Gespräche zu führen, sagte er bei einem ersten Interview im Rathaus. Für Wahlverlierer Michael Häupl ist das parteieigene Ergebnis „bedauerlich“, er wolle aber weiterhin Bürgermeister bleiben. Eine Koalition mit den Freiheitlichen schloss er erneut aus. Mehrere Fälle von Wahlbetrug? Quer durch die Bundeshauptstadt verdichten sich unterdessen die gemeldeten Fälle von Wahlbetrug. In der Bezirkswahlbehörde von Favoriten soll heute Vormittag einem Wähler die Stimmzettelausgabe verwehrt worden sein, weil er laut Auskunft der Behörde eine Wahlkarte beantragt habe. Nachforschungen ergaben allerdings, dass seine Unterschrift gefälscht wurde, berichtet FPÖ-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein. In Meidling seien in mindestens 3 dokumentierten Fällen die Wahlkarten vorab ausgefüllt gewesen. Aber auch in einem Wahllokal im 2. Bezirk erlebte eine Wienerin eine ganz besondere Überraschung, als sie bemerkte, dass auf ihrem Stimmzettel bereits ein Name bei den Vorzugsstimmen eingetragen war. Die kritisierten Wahlkarten führten noch zu einer leichten Korrektur im Ergebnis: Am Ende erreichten die SPÖ 44,34 Prozent, die FPÖ 25,77 Prozent, die ÖVP 13,99 Prozent und die Grünen 12,64 Prozent. Die Freiheitlichen stellten, obwohl von Bürgermeister Häupl stets konsequent ausgegrenzt, sofort den Anspruch, als einziger Wahlgewinner mitzuregieren. Auch Umfragen in der Bevölkerung signalisierten große Zustimmung zu einer großen, also rot-blauen Koalition. Doch des Bürgermeisters Eitelkeit stand da wohl im Wege, und so wurden auch etwas überraschend - die Grünen zum Koalitionspartner erkoren. Keine Rolle bei den Verhandlungen spielte jedoch der ehemalige Bundessprecher Alexander Van der Bellen.


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Wiener Grüne lassen ihr Zugpferd Van der Bellen im Stall (27.10.) In nur einer Woche soll die anvisierte Koalition aus SPÖ und Grünen stehen. Die Verhandlungsteams sind bereits nominiert. Eine prominenten Mann sucht man darin vergebens: Alexander Van der Bellen, der mit mehr als 10.000 Vorzugsstimmen auf Platz eins der Liste sprang und damit auch die Niederlage seiner Partei in Grenzen hielt, wird keines der neun Kapitel verhandeln. Die Truppe, die für die Grünen Verantwortung übernehmen will, ist klar links getrimmt. Drei Kapitel (Stadtplanung und Verkehr; Integration und Frauen; Europa und Sicherheit) verhandelt die Landeschein und vermutlich nächste Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Die ehemalige Aktivistin der linksradikalen Studentenorganisation GRAS bewies im Wahlkampf volle Härte gegen moderate Grüne, die in den Bezirken Josefstadt und Mariahilf eiskalt ausgebootet wurden, was die Grünen letztlich auch den Bezirksvorsteher in der Josefstadt kostete. Zweiter Chefverhandler ist der nicht amtsführende Stadtrat David Ellensohn, der sich der Finanzen, des Wohnbaus und des Themenblocks Gesundheit und Soziales annimmt. Der Studienabbrecher (Wikipedia schreibt schmeichelnd von „Teil-Studien“ in Betriebswirtschaftslehre und Politikwissenschaften) hat keinerlei Berührungsängste zum linksextremen Spektrum. Erst heuer im März referierte er laut Einladung gemeinsam mit dem Kabarettisten Leo Lukas („Einmal möcht‘ ich gern am Tag der Fahne auf die Fahne brunzen.“) bei den Sozialismus-Tagen 2010 der Revolutionär-Sozialistischen Organisation zum Thema „Die Linke und die Grünen“. Ebenfalls im Programm dieser bewegenden Veranstaltung: Vorträge zu den Themen „Ficken im Kapitalismus“ und „Die Krise ist da - wie steht’s mit den Kämpfen?“ Weitere Verhandler der Grünen sind die Familiensprecherin des Parlamentsklubs, Daniela Musiol (Bildung, Sport und Jugend), und die Landessprecherin Silvia Nossek (Kultur und Wissenschaft). In ihrem angeblichen Kernbereich Umwelt bietet die Partei mit dem Bezirksparteichef von WienAlsergrund, Stefan Freytag, ein absolutes Polit-Leichtgewicht auf, was die Präferenzen klar zeigt. Ob der ehemalige Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, bereit ist, sich von einer derartig linksgedrillten Chaostruppe in die


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Stadtregierung entsenden zu lassen, darf bezweifelt werden. Vermutlich ging es der Führungsriege nur darum, billig an Stimmen aus dem bürgerlichen Lager zu kommen, das sie selbst nicht einmal ansatzweise zu vertreten imstande ist. Und tatsächlich bleibt Van der Bellen im Stall. Er darf zwar künftig seine Rolle als Nationalratsabgeordneter mit der eines Mittelsmannes zu den Unis verknüpfen, wechselt aber nicht in die Stadtregierung. Dafür wird die gebürtige Griechin Maria Vassilakou neue Vizebürgermeisterin von Wien. Sie hievt Häupl mit Kraftenanstrengung in den Bürgermeistersessel. „Häupls Rache“: Vassilakou wird Vizebürgermeisterin (12.11.) Zweieinhalb Wochen haben beide Parteien intensiv verhandelt. Nun ist die Einigung ix. In Wien wird Wahlverlierer Michael Häupl (SPÖ) mit Unterstützung der Griechen-Grünen Maria Vassilakou erneut in den Bürgermeistersessel gehievt. Details zum Koalitionspakt blieben beim ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt nach der Koalitionsvereinbarung vom Freitag aber geheim. Fest steht, dass die gebürtige Griechin Maria Vassilakou künftig für das riesige Sammelressort Verkehr, Stadtplanung, Klimaschutz und Energie zuständig sein wird. Hinzu kommt der Posten einer Vizebürgermeisterin. Die weiteren Ressortzuteilungen und Personalangelegenheiten sowie den genauen Wortlaut der Koalitionsvereinbarung will die neue rot-grüne Stadtregierung erst in der kommenden Woche verkünden. Zuvor müssen die Grünen den Koalitionspakt noch in der Landesversammlung der Partei absegnen. Der bisherige Verkehrs- und Planungsstadtrates Rudolf Schicker (SPÖ) wird jedenfalls sein Büro für Vassilakou räumen müssen und könnte möglicherweise als SP-Klubchef im Rathaus fungieren. Die übrigen alten Gesichter der SPÖ-Garde sollen erhalten bleiben. „In der Riege der sozialdemokratischen Stadträte wird es keinen Wechsel geben“, kündigte Bürgermeister Michael Häupl an. Präsentiert wurden vorerst nur die Eckpunkte der 70 Seiten umfassenden Koalitionsvereinbarung mit dem Titel „Gemeinsame Wege für Wien“.


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Vorgesehen sind unter anderem im Integrationsbereich eine „Wiener Charta des Zusammenlebens“ und ein „Wiener Vertrag“, der die Rechte und Plichten von Zuwanderern festschreibt. Bis 2013 soll ein neues Verkehrskonzept erarbeitet werden, mit dem der motorisierte Individualverkehr unter anderem um ein Drittel reduziert wird. Wenig Anklang fand die rot-grüne Koalition bei FPÖ-Obmann HC Strache, der am 10. Oktober mit 26 Prozent als klarer Wahlsieger in Wien hervorging. Rot-Grün sei „Häupls Rache“ an den Wienern und zugleich eine Strafe an die Wähler für das geringe Vertrauen in seine Person. Es sei auszugehen, dass der Bürgermeister nicht die ganzen fünf Jahre durchdiene, sondern sich in Bälde in die Pension verabschiede. „Mit dieser Koalition wird Wien endgültig zum Zuwanderungs- und Asylparadies“, warnte Strache. Gewählt wurde 2010 natürlich nicht nur in Österreich, sondern auch in einigen Nachbarländern, darunter auch in Deutschland. Die Wahl zum Bundespräsidenten fand dabei jedoch vorzeitig statt, weil Amtsinhaber Horst Köhler mitten in der turbulentesten Phase der Wirtschaftskrise seinen Rücktritt erklärte. Die Wahl von Köhlers Nachfolger war mäßig spannend, wird sie doch durch die Bundesversammlung vorgenommen, in der die Mehrheitsverhältnisse natürlich von vorneherein klar sind. SPD und Grünen gelang durch die Nominierung von Joachim Gauck dennoch ein beachtlicher Coup. Der Pastor und DDR-Bürgerrechtler hätte sich in einer Volkswahl zweifelsohne durchgesetzt, das schwarz-gelbe Establishment entschied sich aber - teilweise zähneknirschend - für Christian Wulff. Wulff gewählt: Bundespräsident der politisch Korrekten (30.06.) Regierungskandidat Christian Wulff, CDU-Ministerpräsident von Niedersachsen, ist neuer deutscher Bundespräsident. Im 3. Wahlgang erhielt er 625 Stimmen, nachdem er die in den ersten beiden Durchgängen für eine Wahl nötigen 623 Stimmen verfehlt hatte. Für Joachim Gauck blieb erwartungsgemäß nicht mehr als der Achtungserfolg, einige Wahlmänner aus dem Regierungslager für sich eingenommen zu haben. Die Linkspartei verhinderte Gaucks möglichen Erfolg, indem sie ihm auch im entscheidenden Wahlgang die Unterstützung versagte. Wulffs Nominierung war auch als Schachzug von Kanzlerin Merkel interpretiert worden, einen potentiellen parteiinternen Widersacher wegzuloben.


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Er wird dem konservativen Lager der CDU zugerechnet - zu Unrecht, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt. Ronald Gläser bezeichnet ihn auf der Webseite „eigentümlich frei“ als „Handlanger der politischen Korrektheit“. Darin wird unter anderem geschildert, wie sich Wulff wegdrehte, als ihm Jörg Haider einst in Bremen „von Ministerpräsident zu Ministerpräsident“ bei einem zufälligen Treffen auf dem Marktplatz die Hand schütteln wollte. Eine besonders schäbige Rolle soll er auch bei der Demontage des CDU-Abgeordneten Martin Hohmann gespielt haben, dem - ähnlich der Fernsehmoderatorin Eva Herman - die Worte so lange im Mund umgedreht wurden, bis man ihn mit der Faschismuskeule aus seinen Funktionen jagen konnte. Vor einem Schlesier-Treffen 2007, bei dem Wulff als Festredner geladen war, ließ er wiederum den Stand der Zeitung „Der Schlesier“ von Verfassungsschützern kontrollieren. Dem Standbetreiber wurde verboten, ein Buch über die Bombardierung Dresdens zu verkaufen. Gläser kommt angesichts dieser Vorfälle zu dem Schluss: „Christian Wulff aber steht für Denk- und Sprechverbote. Er lässt sogar Parteifreunde ohne Grund wie eine heiße Kartoffel fallen, nur weil die Lügenpresse dummes Zeugs über sie quakt, und er verfolgt unbedeutende Vertriebenenblättchen, denen er den Buchverkauf untersagen lässt. Und er ist wirklich schlimmer als der Rest seiner Partei. Das sehen wir daran, dass Haider ein Jahr später bei einer anderen Gelegenheit Wolfgang Schäuble traf, der keine Probleme hatte, dem Kärntner die Hand zu schütteln - so wie das unter zivilisierten Mitteleuropäern üblich ist. Wie kann Christian Wulff, ein Mann mit so eingeschränkten menschlichen Qualitäten, Präsident aller Deutschen sein?“


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Die Finanzkrise bedroht den Euro

Die Finanzkrise bedroht den Euro Die europäische Gemeinschaftswährung stand im Zuge der Finanzkrise kurz vor dem Aus und konnte nur durch enormen inanziellen Einsatz und eine deutliche Kompetenzüberschreitung der Regierenden gerettet werden, nachdem zunächst einmal Griechenland vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt werden musste. Doch ist der Euro damit über den Berg - oder droht ihm wie auch dem US-Dollar der völlige Zusammenbruch? Zunächst zu den Griechen: Als klar war, dass sie entweder gerettet werden müssen oder pleite gehen werden, stellte sich natürlich auch die Frage, wie diese bedrohliche Situation überhaupt entstehen konnte. Schnell war klar: Schon der Beitritt Griechenlands zur Währungsunion war auf Lügen aufgebaut. Kaum wurde die brenzlige Situation ruchbar, brach eine Spekulationswelle über Griechenland herein und drückte die Bonität des Landes weiter nach unten. Treu an der Seite der Griechen stand in allen Phasen die Investmentbank Goldman Sachs. Griechenland: Goldman Sachs zieht weiter die Fäden (16.02.) Spekulation hat nach Ansicht von Experten nicht nur die Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöst, sondern jetzt auch den ersten Staat in die Knie gezwungen. Die Rede ist von Griechenland. Eine Studie von Barclays Capital kam zu dem Schluss, dass Credit Default Swaps wesentlich für den Niedergang dieser Volkswirtschaft verantwortlich waren. Derartige Papiere stellen Kreditrückversicherungen dar und laufen, bis dieser Kredit entweder zurückgezahlt ist oder nicht mehr getilgt werden kann. Im ersten Fall zahlt der Sicherungsnehmer Prämien an den Sicherungsgeber, im zweiten muss der Sicherungsgeber für die faulen Kredite einspringen. Die erwähnte Studie kommt zu dem Schluss, dass diese Papiere die Bonität Griechenlands nach unten gedrückt haben. Spekulanten setzten auf steigende Risikoprämien, in diesem Fall auf griechische Staatsanleihen, die nach Bekanntwerden der Haushaltsprobleme tatsächlich nach oben schnellten. Je höher die Risikoprämie ausfällt, desto höher ist allerdings auch das Ausfallsrisiko, was dazu führt, dass noch mehr CDS gekauft werden, um sich abzusichern. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou bezeichnet diese Vorgänge als „beispiellosen spekulativen Angriff“.


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Dieser schädigt jedoch nicht nur die angeschlagene griechische Volkswirtschaft und deren Steuerzahler, sondern die gesamte Europäische Union. Die Stabilität des Euro wurde bereits aufgeweicht, und die europäische Einheitswährung hat seit Dezember des Vorjahres bereits sieben Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren. Erhebliche inanzielle Schwierigkeiten von Griechenland, Spanien, Portugal und Irland verdeutlichen die Probleme der gemeinsamen Währungspolitik. Eric Maskin, Wirtschaftsnobelpreisträger, prophezeit: „Jedes Mal, wenn die Wirtschaft zurückgeht, wird es für den Euro problematisch werden.“ Andere Fachleute kamen zu dem Schluss, dass die Krise Griechenlands mit externer Hilfe bewältigt werden könne. Informierten Kreisen zufolge wird China Staatsanleihen im Wert von 25 Milliarden Euro kaufen. Die US-amerikanische Investmentbank Goldman Sachs, die für die inanzielle Situation Griechenlands wesentlich mitverantwortlich ist, soll der „Financial Times Deutschland“ zufolge der chinesischen Regierung dieses Geschäft vorgeschlagen haben. China hatte sich dazu unter der Bedingung bereit erklärt, einen strategischen Anteil an der National Bank of Greece zu erwerben. Dieser Handel wurde griechischerseits allerdings vorerst abgelehnt. Die berühmt-berüchtigte Investmentbank Goldman Sachs war auch am Entstehen der brenzligen Situation maßgeblich beteiligt. Sie hatte die Bilanzen des fast bankrotten Balkanstaates schon beim Beitritt zur Währungsunion frisieren geholfen. Obwohl die Politik von Anfang an in Richtung einer Rettung Griechenlands um jeden Preis marschierte, mahnten Ökonomen vor den Gefahren, und insbesondere in Deutschland wurden auch verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Das nährte - je nach Standpunkt - Hoffnungen oder Befürchtungen, der Euro gehe seinem Ende entgegen. Gemeinsam mit Griechenland aus dem Euro? (09.03.) Griechenland braucht innerhalb kurzer Zeit 20 Milliarden Euro, um nicht in weitere Turbulenzen zu geraten und ein Einschreiten des Internationalen Währungsfonds zu verhindern. Insbesondere Frankreichs Präsident Sarkozy hat sein Interesse daran bekundet, diese außereuropäische Einmischung zu verhindern. Die Bundeskanzlerin der größten Volkswirtschaft des Euroraumes steht deshalb vor einem Dilemma.


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Verweigert die Melkkuh Europas Hilfszahlungen an Griechenland, werden die vielgepriesenen Partner sehr empindlich darauf reagieren. Kommt sie deren Wünschen bzw. Forderungen nach, könnte dies Hand in Hand mit drastischen staatspolitischen Konsequenzen gehen. Sollten Finanzhilfen an Griechenland bezahlt werden, wäre dies eine Verfassungsübertretung - der Vertrag von Maastricht schließt derartige Zahlungen nämlich aus. Sollten dennoch Zahlungen erfolgen, würde dies der Bundesrepublik aus verfassungsrechtlichen Gründen den Austritt aus der Eurozone ermöglichen bzw. diesen erzwingen. Die Währungsunion, ursprünglich für die Ewigkeit gedacht, zeigt erstmals massive Zerfallstendenzen. Die volkswirtschaftlichen Indikatoren der Euro-Staaten sind zu unterschiedlich. In Krisenzeiten treten ohnehin vorhandene Interessenkonlikte besonders intensiv zutage. Die Europäische Zentralbank ist nicht in der Lage und kann es auch in Zukunft nicht sein, diese Divergenzen unter den Hut einer gemeinsamen Währungspolitik zum Vorteil aller zu bringen. Die Konsequenz könnte eine durch wirtschaftliche Notwendigkeiten erzwungene Aulösung der Währungsunion sein. Diese Variante würde aber von weiteren, schwer vorauszusehenden Krisenerscheinungen begleitet werden und ist deshalb für alle Betroffenen wenig wünschenswert. Es scheint viel mehr endlich an der Zeit, die Eurozone gesundzuschrumpfen. Die wirtschaftlichen Gegebenheiten in der Bundesrepublik Deutschland, den Benelux-Staaten und Österreich sind weitgehend vergleichbar. Vor der Einführung des Euro gehörten die nationalen Währungen dieser Staaten zu den stabilsten der Welt. Sollten sich diese Wirtschaftsräume für eine gemeinsame Währung und damit weitgehend identische Wirtschaftspolitik entscheiden, würden die Ähnlichkeiten dieser zentraleuropäischen Volkswirtschaften gemeinsame Währungspolitik erst mit Sinn erfüllen bzw. diese ermöglichen und nicht wie momentan zu einer Geißel für die betroffenen Staaten machen. Damit nicht genug, rettete die Währungsunion nach Griechenland auch gleich sich selbst bzw. ihr Kind, den Euro. Da wurden ganz andere Summen bewegt - für Österreich aber auch kein Problem, wie Finanzminister Pröll den staunenden Parlamentariern erklärte.


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750-Milliarden-Paket: Pröll-Info ans Parlament auf einer A4-Seite (11.05.) Mit all seinem Gewicht und einem einzigen A4-Zettel marschierte Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll heute in die Sonder-Präsidiale des Parlaments und warb für die Zustimmung zu den notwendigen Gesetzesänderungen für die Griechenland-Hilfe (2,3 Milliarden Euro) und die Beteiligung Österreichs am Euro-Stabilisierungspaket (15 Milliarden Euro), das die EUFinanzminister in der Nacht auf Montag aus dem Hut gezaubert haben. Pröll sprach dabei von der schwersten Krise Europas seit 1930. (Gab‘s dazwischen nicht auch einen Weltkrieg?) Bundeskanzler Faymann sieht dies wohl weniger dramatisch und glänzte mit Abwesenheit, obwohl es - wie auch Pröll und Nationalratspräsidentin Prammer einräumten - seine Aufgabe wäre, die Koordination von Regierung und Parlament zu übernehmen. Für die Illustration des 750-Milliarden-Euro-Pakets begnügte sich Pröll mit einem einzigen locker beschriebenen A4-Zettel, ergänzt durch eine Graik, welche die Risikoaufschläge auf Staatsanleihen der gefährdeten EuroLänder im Vergleich zu Österreich illustriert. Erklärung über Art und Wirkungsweise des Pakets gab es keine. Man müsse sich da eben auf die Experten verlassen. Auf die Frage, ob das dieselben Experten seien, die diese größte Krise jahrelang nicht bemerkt und so mit verursacht hätten, blieb Pröll eine Antwort schuldig. Bestärkt wurde der Eindruck, dass hier nur Phantom-Geld herumgeschoben wird, durch die Zusicherung des Finanzministers, man werde die 15 Milliarden für das EuroStabilisierungspaket einfach aus dem Bankenpaket umschichten, weil sie dort ohnehin nicht gebraucht würden. Dafür beschwichtigte Pröll die Skeptiker mit dem Argument, es handle sich ja nur um Haftungen, die ohnehin nicht schlagend würden. Im Vergleich dazu bietet jede Bank im Kreditgespräch mit Häuslbauern ein Musterbeispiel an Transparenz. Griechenland war also gerettet und der Euro gleich mit. In Wirklichkeit ging es aber auch bei dieser Rettungsaktion in erster Linie um die Banken, die Milliarden an Griechenland ausgeborgt hatten und jetzt auf den zunehmend wertlosen Staatsanleihen saßen. Vor allem die französischen Geldinstitute nutzen blitzartig die Gelegenheit, die Ramschpapiere an die Europäische Zentralbank zu verscherbeln.


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EZB - Die europäische Deponie für Finanzmüll? (07.06.) Diesmal hat der bekannte Buchtitel Erich-Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ keine Gültigkeit. Frankreich exportiert nämlich seit neuestem nicht nur guten Wein und technisch anfällige Automobile, sondern auch schrottreife Wertpapiere, „Toxic Papers“ genannt. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, hat die Europäische Zentralbank innerhalb einer Woche 25 Milliarden Euro alleine für griechische Staatsanleihen ausgegeben. Diese massiven Käufe halten den Kurs der Bonds künstlich auf hohem Niveau. Cui bono, könnte man sich fragen. Französische Banken verkaufen ihre griechischen (Schrott-)Anleihen zu diesem künstlich gestützten Kurs. Im Gegensatz zum deutschen Finanzminister, der „seine“ Banken verplichtet hat, griechische Bonds bis Mai 2013 zu halten, erlaubt ihnen das der französische Amtskollege. Vermutungen werden laut, wonach es sich um ein fränkisches Komplott zwischen Nicalos Sarkozy und dem Chef der EZB, Jean-Claude Trichet, handle. Die Rechnung für diese inanzpolitische Art der „Müllentsorgung“ trägt vornehmlich die altbekannte Melkkuh Europas, die Bundesrepublik Deutschland. Sie hält 27 Prozent der Anteile an der EZB und ist damit zu diesem Prozentsatz am Finanzmüll und den daraus resultierenden Risiken beteiligt. Der Beginn der Sparbemühungen Griechenlands war überschattet von Krawallen, die von linksextremen Gruppen angezettelt wurden. In einer in Brand gesteckten Bank verbrannten hillos drei Mitarbeiter. Bei sich selbst nahm es die griechische Regierung mit dem Sparen nicht so genau. Sparen auf griechisch: 12 zusätzliche Regierungsmitglieder (07.09.) Die griechische Regierung steht nach der Rettung vor der Pleite durch die EU-Kollegen gehörig unter Druck. Der lässt sich leichter ertragen, wenn er auf mehr Schultern verteilt wird. Und so hat Premierminister Giorgos Papandreou in einer nächtlichen Aktion seine Regierung nicht nur umgebildet, sondern auch erheblich vergrößert - um ein sattes Dutzend von 36 auf 48 Mitglieder, unter ihnen 17 Minister.


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Das durch die Umbildung angestrebte Ziel, die von den internationalen Geldgebern geforderten Sparmaßnahmen noch besser umzusetzen, erscheint durch die Aufblähung der Regierung in ziemlich schiefem Licht. Zwölf zusätzliche Arbeitsplätze hätte man auch billiger schaffen können. Der neue Landwirtschaftsminister heißt übrigens Skandalidis... Schon vor dieser nur kurz kontrovers diskutierten Regierungsvergrößerung in Griechenland nutzten die EU-Bürokraten die Gunst der Stunde und stellten die Weichen Richtung mehr Kompetenzen für die Brüsseler Zentrale. Was bei Griechenland und beim Euro-Rettungsschirm aus der Not geboren und über Nacht unter Umgehung zahlreicher selbst gegebener Regeln umgesetzt wurde, soll nun künftig zum Normalfall werden. EU-Wirtschaftsregierung: Mehr vom Gleichen statt Reformen (16.06.) Angela Merkel und Nikolas Sarkozy haben sich beim Berlinbesuch des französischen Präsidenten darauf geeinigt, für eine europäische Wirtschaftsregierung einzutreten. Wer dies für einen totalitären Ansatz hält – weit gefehlt. Zumindest wenn man Merkel und ihrem etwas adretteren Besucher Glauben schenkt. Mit gewohntem Selbstbewusstsein und mediterraner Lässigkeit kommentierte Sarkozy dieses fragwürdige Vorhaben wie folgt: „Jeder ist heute damit einverstanden, dass eine europäische Wirtschaftsregierung notwendig ist, um das ökomische Miteinander zu stärken. Diese Regierung besteht natürlich aus den 27 EU Staaten. Aber wir wollen auch pragmatisch vorgehen, denn es gibt 16 Länder mit einer Währung, die sich bei Bedarf treffen, wenn es Probleme in der Eurozone gibt“. Die Losung lautet also „Mehr vom Gleichen“. Anstatt auf die Meinung unzähliger Ökonomen zu hören und den Gesetzen der Wirtschaft endlich Rechnung zu tragen, soll der gegenwärtige Kurs, geht es nach diesen beiden ungleichen Freunden, einzementiert werden. Das krisengebeutelte „Projekt Euro“ wird nicht den Gegebenheiten angepasst, sondern in der gegenwärtigen Form mit Zähnen und Klauen verteidigt. Dass alle 27 EU-Staaten in dieser demokratisch nicht legitimierten Regierung vertreten sein würden, gibt nur wenig Anlass zur Beruhigung. Sollen die einzelnen Mitgliedsländer einen Rest von Autonomie behalten, wäre nämlich


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auch dieser Ansatz zum Scheitern verurteilt. Ein Land, das die Hoheit über seine Währungspolitik abgibt - wie durch die Mitgliedschaft in der Eurozone geschehen – und womöglich auch keine Wirtschaftskompetenz mehr besitzt, ist von einem eigenständigen Staatsgebilde meilenweit entfernt. Ähnlich angeschlagen wie Griechenland war auch Ungarn, wobei dies die EU-Mächtigen weniger kratzte, zahlen die Magyaren doch nach wie vor mit Forint und nicht mit dem Euro. Trotzdem rückte der Internationale Währungsfonds aus, um dem Land beizustehen. Die damit verbundenen Aulagen ließen sich die Ungarn unter der Führung des wieder gewählten konservativen Regierungschefs Viktor Orban jedoch nicht lange gefallen. Trotz vieler Warnungen beschlossen sie, die Banken zur Kasse zu bitten. Ungarn geht ins Match gegen den IWF und kassiert bei Banken (20.07.) Banken müssen in Zukunft jährlich 0,45 Prozent ihrer Bilanzsumme an den magyarischen Fiskus abliefern. Das durch die Krise schwer in Mitleidenschaft gezogene Land zieht damit Konsequenzen und bittet nicht den wehrlosen Steuerzahler, sondern die Verursacher der Krise zur Kasse. Der Aufschrei der betroffenen - oft österreichischen - Institute ist erwartungsgemäß laut ausgefallen, vor allem Raiffeisen und die Erste Group empinden die Steuer als ungerecht, würden sie doch dadurch mit 150 Millionen Euro belastet werden. Die Einführung ist ein mutiger Vorstoß. Der national-konservative Regierungschef Viktor Orban und sein Kabinett zeigen, dass auch ein kleiner Staat gegenüber der Finanzwelt durchaus Zähne zeigen kann und zum Vorteil seiner Bürger auch muss. Das vor allem hierzulande gebetsmühlenartig wiederholte Argument, wonach eine sinnvolle Bankensteuer nur europaweit eingeführt werden könne, ist entkräftet. Es liegt nicht am fernen Brüssel, sondern am Mut unserer gewählten Politiker. Dabei ist die Bankensteuer nur ein ungarischer Nadelstich gegen die internationale Finanzindustrie. Die Magyaren wollen sich nicht nur in dieser Angelegenheit, sondern auch über ihren Sparkurs und ihr Budget insgesamt keine Vorschriften vom Internationalen Währungsfonds und der EU machen lassen. Der IWF stoppte daraufhin die Kreditvergabe aus einem bereits länger vereinbarten 20-Milliarden-Euro-Paket, das Ungarn - so hieß es damals - vor dem Staatsbankrott retten sollte.


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Die Marktturbulenzen haben sich zwischenzeitlich beruhigt, doch viele Experten trauen dem Frieden nicht und erwarten eine noch tiefere Krise, als wir sie schon gesehen haben. Vor allem das Währungsgerüst gerät zusehends aus dem Rahmen. Das Ende der Leitwährungen? (08.08.) Die vor kurzem noch schwankende europäische Gemeinschaftswährung scheint stabilisiert. Der milliardenschwere Fallschirm hat den schon von vielen als unvermeidlich angesehenen harten Aufschlag auf den Boden der wirtschaftlichen Realität verhindert. Das behauptet die Europäische Zentralbank, in Wahrheit ist die Sache differenzierter zu betrachten. Die Realwirtschaft erholt sich langsam. Die Achterbahnfahrt der Aktienkurse ist beendet oder hat sich zumindest verlangsamt. Von einem unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch unserer Volkswirtschaft zu sprechen, wäre angesichts dieser Entwicklung übertrieben. Staatsbankrott, Währungsreform, Revolution? Doch Optimismus hin oder her, einige Finanzbomben bedrohen dennoch unser Wirtschaftstreiben und unsere Währung im Besonderen. Die Krise führte zu einem rasanten Anstieg der Verschuldung aller relevanten europäischen Volkswirtschaften. Die Budgetdeizite erreichten bisher kaum für möglich gehaltene, schwindelerregende Höhen. Griechenland, das Sorgenkind der Währungsunion, ging beinahe Pleite. Umfangreiche Notkredite, Haftungsübernahmen und der Ankauf der wertlosen griechischen Staatsanleihen retteten das Land vor dem Bankrott. Der Euro wurde durch diesen Kraftakt geschwächt und verlor im Vergleich zum US-Dollar an Kaufkraft. Außerdem ist er jetzt auch in griechischen Schatzbriefen unterlegt, was im Falle weiterer Erschütterungen des Balkanstaates das Vertrauen der Märkte in die Gemeinschaftswährung untergraben würde. Sollten Portugal oder gar Spanien ebenfalls ernsthaft ins Trudeln kommen und Liquidität aus dem Finanzfallschirm benötigen, wäre Maastricht am Ende. Der euro-kritische Volkswirtschafts-Professor Bernd-Thomas Ramb erachtet in einem Interview mit der „Sezession“ die ausufernde Verschuldung als irreparabel. Nicht einmal im wirtschaftsstarken Deutschland werde sie künftig inanzierbar sein, geschweige denn rückzahlbar. Staatsbankrott oder Währungsreform sind für ihn die logischen Auswege.


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Und er rechnet mir revolutionärem Widerstand insbesondere der jungen Generation dagegen, die Schulden ihrer Vorväter zu bezahlen. Weshalb der US-Dollar aus dem Schussfeld der Medien gekommen ist, lässt sich aus ökonomischer Sicht nicht beantworten. Er steht keinen Deut besser da als sein europäisches Pendant - im Gegenteil. Die Druckerpressen der Federal Reserve glühen, mehr und mehr grüne Scheine werden herausgegeben. Realen Hintergrund besitzt dieses Zahlungsmittel schon lange keinen mehr. Walter K. Eichelburg, Betreiber der meistgelesenen deutschsprachigen Gold- und Krisenwebseite hartgeld.com, geht in einem Kommentar davon aus, dass mindestens 25 Billionen druckfrische amerikanische Dollar die Finanzmärkte in den nächsten Monaten heimsuchen werden, um erwartete Kreditausfälle abzufedern. Auf die Dauer kann es jedoch nicht gut gehen, Schulden mit immer neuen Krediten zu „begleichen“. Irgendwann müssen eine Inlationswelle und damit der Verfall des Dollar die Folge sein. „In God we trust“ steht nicht nur auf jeder Dollarnote, es handelt sich dabei gleichzeitig um das geldpolitische Motto des FED-Vorsitzenden Ben Bernanke. Während Dollar und Euro der Wirtschaft aktuell mehr Schwierigkeiten machen, als sie Nutzen stiften, wurde auch der Nimbus der europäischen Gemeinschaftswährung als friedensstiftendes Projekt gehörig beschädigt. Wie historische Erkenntnisse zeigen, wurde er nicht wegen der großen Einigkeit der bedeutendsten Länder der Union eingeführt, sondern weil man Deutschland dazu zwang - als Preis für die Wiedervereinigung. Der Euro - Friedensprojekt oder Faustpfand? (27.09.) Westeuropa war über die sich vor 20 Jahren abzeichnende Wiedervereinigung des getrennten Deutschlands nicht glücklich. Allen voran Frankreich blickte mit Argusaugen auf die Entwicklungen östlich des Rheins. Westdeutschland hatte eine ähnliche Bevölkerungszahl wie Frankreich, Italien und Großbritannien. Die Wirtschaftsleistung war zwar höher, konnte aber allein die „Balance of Power“ im damaligen Europa nicht nach Germanien verschieben. Die Wiedervereinigung würde einen seit 45 Jahren schlafenden Giganten in Mitteleuropa wecken. Um sich gegen mögliche imperialistische oder revanchistische Bestrebungen des neuen Staates abzusichern, verlangte Francois Mitterand, Deutschland fester in Europa einzubinden.


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Der Euro schien ihm ein geeignetes Mittel zu sein und diente ihm als Faustpfand. Schließlich bedurfte die Vereinigung der beiden deutschen Staaten der Zustimmung Frankreichs als Siegermacht des Zweiten Weltkrieges. Mit der Einführung einer Gemeinschaftswährung ist nicht nur ein neues Zahlungsmittel verbunden. Der einzelne Staat gibt seine Hoheit über Geld- und Zinspolitik ab. Zwei der drei „Stellschrauben der modernen Volkswirtschaft“, wie der Ökonom Hans-Werner Sinn argumentierte, zu denen dieser ansonsten noch die Lohnstückkosten rechnet. Folglich stellt der Euro einen bedeutenden Einschnitt in nationale Hoheitsrechte dar. Dem im Entstehen begriffenen deutschen Riese wurden enge Zügel angelegt. „Mitterand wollte keine Wiedervereinigung ohne einen Fortschritt bei der Europäischen Integration, und das einzige Terrain, das vorbereitet war, war der Euro“, plaudert sein früherer Berater Hubert Vedrine gegenüber dem Spiegel aus dem Nähkästchen. Tatsächlich widersprechen viele Maßnahmen der Europäischen Zentralbank den Interessen der Bundesrepublik und ihrer Wirtschaft. So mussten deutsche Banken in großem Stil griechische Staatsanleihen kaufen und dürfen diese erst nach Ablauf von drei Jahren wieder verkaufen. Damit sollte ein inanzieller Zusammenbruch Griechenlands verhindert werden, denn ohne Hilfe hätte sich der bankrotte Balkanstaat nicht mehr reinanzieren können. Deutsche Banken wurden dazu verdammt, diesen inanziellen Sondermüll in ihren Büchern zu horten. Die Euro-Gegner bekamen im Laufe des Jahres also viel Wasser auf ihre Mühlen. Im September trafen sie sich zu einer Konferenz im Berliner Osten unter dem Titel „Der Euro vor dem Zusammenbruch“. Eine längst nicht mehr genutzte ehemalige Industriehalle diente ihnen als schaurig-romantischer Treffpunkt. Viele Teilnehmer hielten die morbide Endzeitstimmung in diesem Raum für passend für den Euro. Über alle politischen Grenzen hinweg nahmen prominente Euro-Kritiker teil. Unzensuriert.at berichtete als eines von ganz wenigen deutschsprachigen Medien von dieser Konferenz. In den aulagenstarken Zeitungen und im deutschen Fernsehen wurde die Veranstaltung totgeschwiegen. Prominentester Gast war der britische EU-Abgeordnete Nigel Farage.


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Farage bei der Euro-Konferenz: EU entscheidet, Deutschland zahlt (25.09.) So lautete die Kritik des britischen Europaabgeordneten Nigel Farage. Der hagere Brite mit seiner etwas abgewetzten Aktentasche ist Sprecher der United Kingdom Indepenet Party, einer sehr erfolgreichen brüsselkritischen Bewegung, die bei den letzten Wahlen zum Europaparlament mehr Stimmen erreichte als die damals noch regierende Labour Party. Farage mahnte die Bewohner Kontinentaleuropas, gegen die Errichtung eines EU-Imperiums anzukämpfen und aus der Geschichte nicht nur Schuldkomplexe abzuleiten, sondern Lehren aus ihrem Verlauf zu ziehen: „Wenn man heute nach Nordafrika reist, kann man, zum Beispiel n der heißen Wüste Ägyptens die Ruinen üppiger Gebäude des ehemals mächtigen Römischen Imperiums sehen. Die Überreste der Gerichtsgebäude, der Paläste und Sportstätten des Römischen Imperiums sind über den ganzen Kontinent verteilt und über andere. Den Leuten wurde damals beigebracht, dass das Römische Imperium für immer bestehen würde, dass es unbesiegbar, unzerstörbar - und vor allem unvermeidlich wäre. Dass es keine Alternative gäbe, außer gehorsam zu sein und sich seiner politischen und militärischen Macht zu unterwerfen.“ Die Geschichte hat bewiesen, dass auch die Macht römischer Kaiser und Feldherrn Grenzen kannte und das dekadente Rom in seine Grenzen gewiesen. Multikulturelle Gesellschaften und Weltreiche zerfallen, dafür lassen sich viele Beispiele anführen: Das Reich Alexanders des Großen und Rom. In näherer Vergangenheit die Donaumonarchie, das Osmanische Reich der Kalifen und Sultane ebenso, wie die Sowjetunion in den 90ern. „Sie sind alle abgetan, ihre ehemals stolzen Monumente sind vom Sand der Zeit bedeckt“, beendet Farage die historische Rückschau. Die in Brüssel und Straßburg ansässige Eurokratie ist dabei, ein weiteres Imperium auf tönernen Füßen zu errichten - auch dieser Versuch wird sich dem Lauf der Dinge nicht entziehen können. Unter dem Schlagwort des „Friedensprojektes Europa“ werden die Völker Schritt für Schritt ihrer Selbstbestimmung beraubt. Die Gemeinschaftswährung nimmt ihnen einen Teil ihres Wohlstandes. Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl fasste diese Entwicklung in einem Satz zusammen: „Die Europäische Einigung ist eine Frage von Krieg und Frieden […] und der Euro ist Teil unserer Garantie für Frieden.“


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„Deutschland muss seinen Schuldkomplex endlich überwinden!“ Ganz im Gegensatz zur Mehrheit deutscher Politiker rief Farage Deutschland auf, wieder stolz auf sich, seine Geschichte und seine Bedeutung zu sein: „Deutschland muss seinen Schuldkomplex endlich überwinden. Der Rest der Welt hat sich offensichtlich weiterentwickelt und begangenes Unrecht verziehen. […] es ist der Kriegsschuldkomplex, der viele Politiker emotional dazu gepresst hat, die EU-Integration zu unterstützen und zu inanzieren. Aber die gute Nachricht ist, dass die Welt Deutschland verziehen hat und dass die Zeit der Kriegsreparationen (die jetzt als EU-Subventionen gezahlt werden), vorbei ist. Die momentane Situation sieht so aus, dass die EU entscheidet während Deutschland zahlt.“ Während ausländische Politiker die Bundesrepublik dazu auffordern, die Rolle des Financiers europäischer Armenhäuser abzuschütteln und zu einem längst überfälligen Nationalbewusstsein zu inden, nützt Merkel die Krise für das Gegenteil. Die EU brauche der Kanzlerin zufolge mehr Macht, um künftige Krisen verhindern zu können. Außerdem natürlich mehr Geld, aber das wird Deutschland selbstverständlich auf den Tisch legen. „More of the same“, nannte der smarte Brite diese chronische Unterwürigkeit. Die Teilnehmer der Konferenz wollen sich mit dem Meinungsaustausch alleine nicht begnügen und planen weitere Aktionen. Zunächst verabschiedeten sie eine Erklärung, die zum Volkswiderstand gegen den Euro-Wahn aufruft. Ergebnis der Konferenz „Der Euro vor dem Zusammenbruch“ (28.09.) Im einst blühenden Industriezentrum Berlin-Schöneweide fand am 25. September 2010 die Konferenz „Der Euro vor dem Zusammenbruch - Wege aus der Gefahr“ statt. Helmut Kohls Vision von „blühenden Städten“ hat sich in diesem Viertel der deutschen Hauptstadt nicht erfüllt. Der Tagungsort war von einer beeindruckenden Kulisse umgeben - den verfallenden Überresten des Stadtviertels „Elektropolis“. So wurde jener Teil der deutschen Bundeshauptstadt genannt, als diese noch das weltweite Zentrum der ElektroIndustrie war. Für das leibliche Wohl der rund 700 Euro-Kritiker aus unterschiedlichen politischen Lagern und allen sozialen Schichten wurde durch die Veranstalter gesorgt. Bezahlt wurde allerdings nicht in Euro, sondern mit der eigens


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kreierten Konferenzwährung „Volksmark“. Dadurch sollte die Forderung nach einer Rückkehr zu nationalen Währungen unterstrichen und im Kleinen bereits vorgelebt werden. Möglich wäre diese Rückkehr bzw. wenigstens eine Reform des Euro deinitiv, wie die zahlreichen fachkundigen Referenten erläuterten. Der Rundfunksender Russia Today war während der Veranstaltung anwesend und berichtete darüber. Deutsche oder mitteleuropäische Medien hüllten sich dagegen bezeichnenderweise in tiefes Schweigen.

Abschlusserklärung fordert Initiativen gegen den „Euro-Wahn“ Doch es wurde nicht nur vorgetragen und diskutiert. Um der Versammlung und ihren Forderungen Gehör zu verschaffen und Gewicht zu verleihen, einigte man sich auf eine Abschlusserklärung. Diese wurde von den Anwesenden unterzeichnet. Der Beschluss lautet: „Volkswiderstand gegen das Euro-System: Die ‚Rettungspakete‘ für den Euro nützen nur den Spekulanten und Bankern. Wir lehnen alle Sparmaßnahmen ab, mit denen Steuerzahler und kleine Leute zur Finanzierung dieser Politik zur Kasse gebeten werden! Den gewaltlosen Widerstand gegen


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die Folgen des Euro-Systems in Ländern wie etwa Griechenland sehen wir als vorbildlich an. Auch bei uns muss etwas passieren! •

Wir regen an, in den Städten und Gemeinden öffentliche Komitees (Stammtische, Bürgerinitiativen, Volksinitiativen) zu bilden, die die Argumente gegen den Euro-Wahn verbreiten.

Wir begrüßen juristische und verfassungsrechtliche Vorstöße zur Ver hinderung der Euro-‚Rettungspakete‘.

Wir rufen zu Protestkundgebungen und Streiks gegen unsoziale Politik auf.

Zudem soll im Frühjahr oder Frühsommer 2011 ein ‚Volkskongress gegen Finanzdiktatur‘ stattinden.“ Die Veranstaltung kann trotz eigenartigem - manche meinten, für den Euro sehr passendem - Ambiente als gelungen bezeichnet werden, weil die Alternativen zum bestehenden System deutlich aufgezeigt wurden. Wie sagte doch der ehemalige DDR-Staatssekretär Klaus Blessing: „Der Sozialismus ging an mangelnder Anpassungsfähigkeit und den von Dialektik geprägten Scheuklappen seines Führungskaders zugrunde. Dem Liberalismus/Kapitalismus droht ein ähnliches Schicksal.“ Insofern ist es wünschenswert, dass die Volksinitiative an Breite gewinnt, wobei hier auch mediale Breite vonnöten wäre. Vielleicht spricht es sich ja bis zur nächsten Veranstaltung herum, dass es sich nicht um eine Stammtischrunde kruder Verschwörungstheoretiker handelt, sondern um einen Kreis anerkannter Experten, die - im Gegensatz zu den staatlichen Stellen - in der Lage sind, auch über den Tellerrand zu blicken.

EU-Gipfel der Verantwortungslosigkeit (29.10.) Vor knapp einem Jahr ist der umstrittene Vertrag von Lissabon in Kraft getreten. Jetzt soll das Vertragswerk um einen dauerhaften Krisenbewältigungsmechanismus ergänzt werden. Diesem kommt die Rolle zu, einen etwaigen Die EU lässt sich indessen nicht beirren und führtabzuwenden ihren Wirtschaftszentralismus Zusammenbruch der Gemeinschaftswährung oder einzelnen weiter fort. In einem Gipfel Ende Oktober wurde beschlossen, den EU-RetMitgliedern der Währungsunion im Bedarfsfall mit Steuermilliarden unter die tungsschirm zu verlängern und jeden Staat zu retten, der aus welchen GrünArme zu greifen. den immer in eine Krise schlittern sollte.


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Ratspräsident Herman Van Rompuy wurde im Rahmen des EU-Gipfels beauftragt, bis Dezember detaillierte Vorschläge zur Errichtung dieses dauerhaften Rettungsschirmes auszuarbeiten. 2011 soll das Konzept unter Dach und Fach sein, zwei Jahre später wird die Vertragsänderung in Kraft treten. 2013 läuft nämlich der im Zuge der Causa Griechenland geschaffene Rettungsschirm aus. Van Rompuy argumentierte ganz im Stil eines Brüsseler Bürokraten: „Es ging nicht um Zögern, oder darum, wer dafür oder dagegen ist. Das ist überhaupt nicht mehr von Belang.“ Bundekanzler Faymann sieht die Sache ähnlich. Er meinte, dass aus österreichischer Sicht keine Änderung der EU-Verfassung notwendig sei, und wurde wieder einmal wortbrüchig. Er versprach, im Falle einer weiteren Änderung der EU-Verfassung, eine Volksabstimmung - alles Schnee von gestern. Schließlich wünscht er sich „einen Euro-Rettungsschirm nach 2013.“ Moralisches Risiko Van Rompuy und Faymann verschweigen in der Diskussion ein wesentliches Detail. Der gegenwärtige Rettungsschirm wurde als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise - ein hoffentlich einmaliges Ereignis - geschaffen. Dass er zu einer dauerhaften Institution werden muss, liegt keineswegs auf der Hand. Die Folgen des neuen, dauerhaften Fallschirms bezeichnet man in der Ökonomie als „moralisches Risiko“. Regierungen werden geradezu animiert, ihre Länder in immer höhere Schulden zu stürzen. Der Grundpfeiler jeder Marktwirtschaft - inanzielle Eigenverantwortung - wurde ausgehebelt. Wie schon Banken und ihren Managern ist es jetzt auch Staaten möglich, sich im Fall des Falles ganz einfach retten zu lassen. Sollten Griechenland, Spanien, Portugal und Italien weiterhin über ihre Verhältnisse leben, müssen die Steuerzahler anderer Länder einspringen und inanzieren im Endeffekt den überhöhten Lebensstandard des europäischen Südens. Angela Merkel beharrte darauf, Ländern, die die Maastricht-Grenze überschreiten, das Stimmrecht zu entziehen. Mit dieser Forderung konnte sie sich nicht durchsetzen. Die deutsche Bundeskanzlerin scheiterte am Widerstand der Kommission und anderer Regierungschefs, unter ihnen auch Österreichs Bundeskanzler Faymann. Die Frage des Stimmrechts ist in einem nur entfernt demokratisch organisierten Staatengebilde wie der EU allerdings sekundär. Fakt ist, dass sowohl Faymann als auch Merkel durch die Zustimmung zur Verlängerung des Rettungsschirms klar gegen die Interessen der Bürger ihrer Länder verstoßen haben.


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Als erstes Land wird wohl Irland den 750 Milliarden Euro teuren inanziellen Rettungsschirm in Anspruch nehmen müssen und sich damit gleichzeitig auch auf Kosten der österreichischen Steuerzahler sanieren. Irland muss als nächstes Land unter den Rettungsschirm (14.11.) Auf Finanzminister Pröll könnten schwierige Zeiten zukommen. Möglicherweise wird die Haltbarkeit des mühsam erstellten Budgets auf eine harte Probe gestellt, denn das regnerische Irland und das Urlaubsziel vieler Österreicher, Griechenland, haben zumindest eine Gemeinsamkeit: Beide haben ein rekordverdächtiges Haushaltsloch vorzuweisen. In diesem Jahr wird das des kleinen Inselstaates sagenhafte 32 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen. Die Maastricht-Grenze läge bei drei Prozent. Verantwortlich dafür ist ein durch die Regierung verabschiedetes Bankenrettungspaket. Anders als die österreichische, war die irische Volkswirtschaft nicht in der Lage, diese Ausgaben zu schultern. Die Zinsen auf irische Staatsanleihen sind mittlerweile auf acht Prozent gestiegen, ein bedrohliches Zeichen für sinkendes Vertrauen der Finanzmärkte. Für die Republik wird es deshalb schwierig werden, sich zu reinanzieren – Griechenland hatte dasselbe Problem. Am Ende einer solchen Entwicklung stünde der Staatsbankrott. 110 Milliarden Euro, Großteils Geld europäischer Steuerzahler, hat es gekostet, dem maroden Balkanstaat wieder auf die Beine zu helfen. Um den Staatsbankrott eines Mitgliedsstaates des Euroraumes zu verhindern, wurde gemeinsam mit dem IWF ein 750 Milliarden Euro umfassender Rettungsschirm angespannt. Auch Österreich hat sich daran beteiligt. Ökonomisch gesehen, handelt es sich um eine abgewandelte Neuaulage des Bankenpakets. Die Regierung schoss heimischen Banken 35 Milliarden Euro in den Rachen - ohne irgendeine Bedingung. Nahezu alle Banken seien systemrelevant, der Zusammenbruch eines einzigen Instituts würde unvorhersehbare Folgen haben. Diese scheinbare Rechtfertigung ermöglichte es dem Bankensektor, eingefahrene Verluste direkt an den Steuerzahler weiterzureichen. Der hochdotierte europäische Rettungsschirm hingegen erlaubt es Regierungen, die Folgen oft katastrophaler Fehlentscheidungen auf die Steuerzahler der übrigen EU abzuwälzen. Wieder wird das Fundament der Markt-


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wirtschaft außer Kraft gesetzt: Wer Entscheidungen trifft, muss auch die damit einhergehenden Konsequenzen tragen. Während der Staatshaushalt quietscht und kracht, hat die Regierung 23 Milliarden Euro in die kaum mehr lebensfähige „Anglo Irish Bank“ gepumpt. Experten von Standard & Poors vermuten, dass die Bank mindestens noch einmal so viel zum Überleben benötigen wird. Das Finanzministerium behauptet, keine Hilfen zu benötigen, aber das tat das griechische auch. Schließlich würde ein Hilferuf die Zinszahlungen auf Staatsanleihen weiter steigen lassen und das Land dadurch möglicherweise in den Ruin treiben. Das Geld liegt ja schließlich bereit, es wartet nur mehr darauf, abgerufen zu werden. Kommissionspräsident Barroso hat im Rahmen des G-20-Gipfels Hilfe zugesagt. Irland wird’s brauchen, wenn man Simon Johnson, dem ehemaligen Chefökonom des Internationalen Währungsfonds glaubt. Er schätzt die wirtschaftliche Lage des Inselstaates als mindestens ebenso schlecht wie jene Griechenlands zu dem Zeitpunkt ein, bevor es die 110 Milliarden an Hilfsgeldern bekam. Diese Einschätzung ist nicht von der Hand zu weisen, denn während sich die meisten europäischen Volkswirtschaften langsam erholen, hat Irland ein negatives Wirtschaftswachstum auszuweisen. Die EU-Staaten haben also ihre Bereitschaft bekundet, brav jede Suppe auszulöffeln, die zumeist jenseits des großen Teiches - also in den USA - eingebrockt wird. Dort steht die Wiege der Finanzkrise, dort steckt die Wirtschaft weiterhin in der Krise - und dort glühen die Gelddruckpressen, um die hausgemachten Probleme möglichst dem Rest der Welt aufzubürden. USA kämpfen mit Dollarlut gegen Europa und Asien (26.10.) Während der Rest der Welt sich langsam zu erholen scheint, verharren die USA weiterhin in der Krise. Doch Ben Bernanke, Chef der US-amerikanischen Notenbank, greift zu einem altbekannten Zaubermittel. Ab November werden in den Vereinigten Staaten die Notenpressen glühen. Experten erwarten, dass bis Jahresende eine Flut von 500 Milliarden US-Dollar über die Finanzmärkte hereinbrechen wird. Diese Politik heizt den Währungsstreit mit der neuen Wirtschaftsmacht China weiter an. Die Volksrepublik wirft den Vereinigten Staaten berechtigterweise vor, den Dollar künstlich zu schwächen.


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Der Schweizer Vermögensberater Marc Faber ortet bereits neue Blasen am Horizont der Finanzmärkte. „Die Notenbank kann zwar Dollars drucken, aber sie kann nicht kontrollieren, wohin das Geld ließt“, kritisiert Faber die US-amerikanische Währungspolitik. Entscheidungsträger behaupteten, aus der Finanzkrise gelernt zu haben, doch die Realität sieht leider anders aus. Die Weltwirtschaft erholt sich langsam von den Nachwirkungen der größten geplatzten Blase seit 1929 - währenddessen wird bereits kräftig an der nächsten gebastelt. Obama lässt immer mehr frische Dollars drucken und fordert Deutschland auf, zum Wohl der Weltwirtschaft immer neue Schuldenberge aufzutürmen, während er gleichzeitig einen protektionistischen Handelskrieg mit China führt. Es ist an der Zeit, dass sich Europa gegen diese ökonomische Bevormundung, die ein enormes Gefahrenpotential für unsere Wirtschaft birgt, aulehnt. John Conally, Finanzminister unter Richard Nixon, hat es bereits eindeutig ausgesprochen: „Der Dollar ist unsere Währung, aber Euer Problem.“ Damals inlationierte die Federal Reserve den Dollar und zerstörte so das Wechselkurssystem von Bretton-Woods zum kurzfristigen Vorteil der amerikanischen Wirtschaft. Entwicklungsländer geraten in die Zinsfalle Um der hervorgerufenen Inlation Herr zu werden, hoben die USA die Zinssätze an. Schließlich lagen diese im zweistelligen Bereich. Entwicklungsländer konnten deshalb die Zinsen für ihre Schuldenberge nicht mehr bedienen und wurden oftmals endgültig zu „failed states“. In Kooperation mit der japanischen Notenbank drückte die FED den Kurs des Yen innerhalb von zwölf Monaten um 60 Prozent. Die bis dahin aufstrebende Exportindustrie der Tigerstaaten brach deshalb im Jahr 1997 zusammen. Diese Beispiele zeigen, wie rücksichtslos die USA ihre Währung zum eigenen Vorteil einsetzen – auf Kosten der übrigen Welt. China rebelliert bereits gegen diese Großmannssucht, während die Notenbanker Europas in Untätigkeit verharren. Österreichs Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny räumte in einem Interview mit dem „Wirtschaftsblatt“ ein, dass der Euro die Hauptlast der amerikanischen Währungspolitik zu tragen habe. Insbesondere Exporte in Länder außerhalb des Euroraumes werden durch den künstlich niedrigen Kurs erschwert.


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Einzig der französische Präsident Nicolas Sarkozy spricht das Problem direkt an: „Niemand kann leugnen, dass die Instabilität der Kurse eine schwere Bedrohung für das Wachstum der Weltwirtschaft darstellt.“ Man wird sehen, ob dieser Erkenntnis auch die entsprechenden Taten folgen. Die Befürchtungen der Experten wurden von der Realität übertroffen. Anfang November beschloss die FED, 600 Milliarden frische Dollar zu drucken und damit Anleihen zu kaufen sowie zusätzlich auslaufende Papiere im Ausmaß von bis zu 300 Milliarden zu ersetzen. Dies macht klar, dass die Weltwirtschaft auch in den nächsten Jahren massiven Turbulenzen ausgesetzt sein wird.


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Klimahysterie überdeckt die wahren Umweltprobleme

Klimahysterie überdeckt die wahren Umweltprobleme Der Mythos des von Menschen verursachten Klimawandels bekam 2010 einige Kratzer ab. Dennoch gilt er weiterhin als Dogma, während tatsächliche Umweltgefahren, wie die weltweite Verschmutzung der Meere oder das Waldsterben, wenig Beachtung inden. Die Propagandisten des Klimawandels haben eine mächtige Lobby, angeführt vom ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore, und sie gehen nicht gerade zimperlich mit ihren Gegnern um. Das Dogma des Klimawandels schränkt mittlerweile die Freiheit der Wissenschaft massiv ein. All jene Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass der Einluss des Menschen auf die Atmosphäre äußerst gering ist, haben kaum eine Chance auf Öffentlichkeit. Klimawandel: Unerwünschte Forschungsergebnisse werden totgeschwiegen (22.02.) Wer ist nicht der Meinung, dass der Mensch das Klima zerstört? Der Treibhauseffekt und die furchtbaren CO2-Emissionen sitzen den Bürgern tief im Hinterkopf. Deshalb bemühen sich die hochrangigsten Politiker, das Klima zu „retten“ und den Ausstoß von CO2 zu mindern - logischerweise mit dem Geld der Bevölkerung. Doch ist dieses hehre Ziel wirklich so dringend, wie gerne behauptet wird? Oder hat die systematische Umstrukturierung unserer Gesellschaft andere Gründe? Das Forscherteam von „KE-Research“ hat das Thema neu untersucht und kommt zu dem Ergebnis: Wir brauchen „Rettung vor den Klimarettern“. Der Treibhauseffekt: Von der Volksschule an lernen Kinder, wie die Atmosphäre unseren Planeten aufheizen soll. Das Licht träfe auf die Erde, diese relektiere die wärmenden Infrarotstrahlen zurück gen Weltall - doch die Atmosphäre sei für Infrarot-Strahlung nicht durchlässig und hielte die Wärme so in der Nähe der Erde. Die sogenannten „Treibhausgase“ sind jene, die wärmende Infrarot-Strahlung relektieren - CO2 ist eines davon. Bereits 1909 stellte Robert W. Wood, Professor für Experimentalphysik, diese Deutung in Frage und führte einen Versuch durch, der seine Vermutungen bestätigte. Die aktuelle Treibhaus-Hypothese beruht laut „KE-Research“ auf drei schon zu diesem Zeitpunkt falsiizierbaren Grundsätzen:


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„Das Sonnenlicht durchdringt die Erdatmosphäre ungehindert.“ Ein großer Teil der im Sonnenlicht enthaltenen Infrarotstrahlung wird durch die IR-aktiven Gase in der Atmosphäre von vorneherein abgeblockt. „Der Boden wird durch die Abstrahlung von Infrarotstrahlung gekühlt. Die Treibhausgase verhindern dies.“ Die Abstrahlung von Infrarot spielt kaum eine Rolle in der Kühlung des Bodens. Die Mechanismen, die auf anderem Wege die Wärme zurück in die Atmosphäre transportieren, sind viel stärker. „Die Klimakatastrophe ist ein Produkt der eingesperrten Infrarotstrahlen.“ Das Zurückhalten der gesamten Bodenstrahlung hätte eine Erwärmung von weniger als 1°C zur Folge. Ein Bruchteil dieser Wirkung durch verstärkte CO2-Emission könnte daher auch nur einen Bruchteil des Effektes zur Folge haben. Trotz gegenteiliger Erkenntnisse ist die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt so tief in das Gedächtnis der Menschheit eingesickert, dass nonkonforme Studien kaum bis gar nicht berücksichtigt werden: Ist auch die grundsätzliche Reduzierung der durch Brennstoffe erzeugten Energie ein hehres Ziel, so hat dies keinen direkten Einluss auf die so dramatisch dargestellte „Rettung des Planeten“. Durch verschiedenste Schuldzuweisungen werden Nationen und Unternehmen der Umweltzerstörung bezichtigt - und müssen CO2-Emissionen, die ein bestimmtes Level erreichen, durch Zertiikate „erkaufen“. Einige Unternehmen sind davon jedoch ausgenommen, sie bekommen die begehrten Zertiikate vom Staat geschenkt. Dadurch verringert sich natürlich die Anzahl der verfügbaren Zertiikate - der Preis für die benachteiligten Unternehmen steigt. Es loriert der Handel, der gewünschte Effekt rückt dadurch nicht näher. Ebenso gibt es einige offensichtliche Gewinner der Situation: Hersteller von Solaranlagen und Windkraftwerken erhalten zwangsweise große Mengen an neuen Kunden. Ob die Klimadebatte also nur eine riesige Farce ist, um gezielt bestimmte Industriezweige zu schwächen und andere zu stärken, ist für den Normalverbraucher nicht ersichtlich. Politik und Medien drängen die Freiheit der Wissenschaft in diesem Themenbereich allerdings extrem zurück, sodass


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nur noch jene Ergebnisse verbreitet werden, welche die von der Politik postulierte These stützen, andere dagegen werden totgeschwiegen. Das politische Meinungsdiktat wird wohl auch in Zukunft weitere Untersuchungen des Treibhauseffektes ignorieren, sofern sie die „falschen“ Ergebnisse bringen. Wer im Dienste der Klimarettung unterwegs ist, schert sich zumeist auch wenig um die Nebenwirkungen, die er mit seiner Arbeit anrichtet. Ein Beispiel dafür sind die in Entwicklungsländern forcierten Müllverbrennungsanlagen, die jenen Menschen den Boden unter den Füßen entziehen, die vom Müll leben müssen. Klimakult entzieht Müllsammlern die Lebensgrundlage (09.08.) Die Vereinten Nationen treiben unter dem Terminus „clean development mechanism“, kurz CDM, den Bau unzähliger Müllverbrennungsanlagen in Entwicklungsländern voran. Finanziert werden sie von Industrieländern, die sich damit von zu hohen Emissionen freikaufen. Umweltschutz soll Hand in Hand mit wachsendem Wohlstand der Bevölkerung gehen. Soweit die Theorie. „Gaia“, eine Allianz aus 500 Anti-Müllverbrennungsgruppen kämpft gegen dieses Programm. Es würde nämlich tausenden Wertstoffsammlern, die Müllkippen nach verwertbaren Materialien durchsuchen um diese dann zu verkaufen, der Existenzgrundlage berauben. Die Klimaprediger der Vereinten Nationen gaben sich in ihrer Antwort auf diese Problematik überheblich und halten an ihrem Programm fest. Eine CDM-Sprecherin erklärte gegenüber „The Guardian“, dass die arbeitslos gewordenen Wertstoffsammler doch einfach von den UN bereitgestellte Klimakredite beantragen sollen: „Wenn sie mit Hilfe der korrekten Methodologie zeigen können, dass sie Emissionen einsparen, hätten sie auch einen Anspruch darauf.“ Wertstoffsammler zählen in Entwicklungsländern zu den ärmsten Bevölkerungsschichten. Wohl nur die allerwenigsten haben in ihrer Jugend das Privileg genossen, eine Schule zu besuchen. Außerdem handelt es sich nicht um einen Beruf, dem eine „Methodologie“ zugrunde liegen würde, sondern um die einzige Möglichkeit vieler Menschen, ein zwar primitives Leben zu führen, aber wenigstens am Leben zu bleiben. Wie genau diese Personen einen UN-Klimakredit beantragen sollen, verraten die Vereinten Nationen


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unterdessen nicht. Wahrscheinlich haben die Ökonomen der Weltbank dieses soziale „Randproblem“ einfach übersehen. Aber wo gehobelt wird, fallen Späne und schließlich geht es ja um den heiligen Klimaschutz. Der Schutz der Lebensgrundlage von Wertstoffsammlern und deren Familien erscheint den Ökonomen und Klimaforschern der UN in diesem Zusammenhang wohl bestenfalls zweitrangig, müssen doch Ziele von globaler Bedeutung erreicht werden. Wiederverwertung wesentlich effektiver als Verbrennung Doch selbst wenn man davon ausginge, dass der Klimawandel menschlichen Ursprungs sei, geht die Rechnung mit den Müllverbrennungsanlagen nicht auf. UN und Weltbank dürften einen weiteren Aspekt übersehen haben: Wertstoffsammler bergen wiederverwertbare Stoffe, deren Gewinnung oder Erzeugung mit großem Energieaufwand verbunden war. Diese würden in Zukunft einfach der thermischen anstatt der Wiederverwertung zugeführt werden. Gaia argumentiert, dass Wiederverwertung 25mal so effektiv sei, wie die Verbrennung der oft wertvollen Materialien. Doch wen interessiert es? Die Anhänger von Al Gores Klimakult jedenfalls nicht. Sie setzen weiter auf ihr CDM-Programm, das auch aus vielen anderen Gründen umstritten ist. So stiftet es die Entwicklungsländer zu möglichst geringen Umweltaulagen an, um im Gegenzug mehr Investitionen von sich freikaufenden Industrieländern anzuziehen. Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass Projekte eingereicht werden, die auch ohne die Bezahlung durch „Klimasünder“ errichtet worden wären. Die abstrakte Bedrohung durch den Klimawandel ist in den Medien omnipräsent. Die reale Bedrohung durch jenes Leck einer gesunkenen Bohrplattform, durch das Millionen Liter von Öl in den Atlantik lossen, ging zwar heuer auch wochenlang durch alle Zeitungen. Allzu nahe durften Journalisten der Katastrophe allerdings nicht kommen. US-Regierung untersagt Ölkatastrophen-Journalismus (06.07.) Täglich gehen Bilder von verklebten Möwen, toten Fischen und riesigen Ölteppichen um die Welt. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko sorgt ununterbrochen für Schlagzeilen und berührt die Menschen. Doch damit ist jetzt Schluss. Nicht etwa weil BP das Leck im Griff hat, sondern weil die US-


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Regierung vor kurzem eine Regelung in Kraft gesetzt hat, die Recherchen und damit Bildmaterial unmöglich macht. Wer sich auf etwa 20 Meter einer Gerätschaft nähert, die zur Ölbeseitigung dient, wird festgenommen, verurteilt und bekommt eine Strafe von bis zu 40.000 Dollar. Was möglicherweise wie ein schlechter Scherz klingt, ist in Wahrheit eine neue Form der Orwell’schen Gedankenpolizei. Jedem Bürger, einschließlich Journalisten, ist es verboten, sich einem zur Säuberung des Strandes oder des Meeres eingesetzten Gerät, zum Beispiel einer nicht rechtzeitig ausgetauschten Ölsperre, zu nähern. Das berichtet die Webseite „eigentümlich frei“ unter Berufung auf den amerikanischen Nachrichtensender „CNN“. Die Zensurmaßnahmen gegen die mediale Verbreitung der Aufräumarbeiten entlang der Küste dürften am Wochenende während eines Telefonats zwischen dem britischen Premier David Cameron und US-Präsident Barack Obama ausverhandelt worden sein. Schließlich sorgt sich Cameron um das einstige Flagschiff der britischen Wirtschaft. Er warnt vor einer „Destabilisierung“ des Ölkonzerns. Obamas scharfe Kritik an BP-Chef Tony Hayward löste in Großbritannien heftige Verstimmung aus. Sie wurde teilweise als „antibritisch“ wahrgenommen. Schätzungsweise 18 Millionen Briten investieren in BP-Aktien, die Pensionsfonds sind ebenfalls an dem Öl-Konzern beteiligt. Weltweit beschäftigt der Konzern zudem mehr als 80.000 Mitarbeiter. Die anfänglich versprochene Transparenz und die wohlklingend harten Regressforderungen an BP sind angesichts der jüngsten Regelung nur noch Show. Barack Obama hat den Weg für bislang unbekannte Zensur- und Kontrollmaßnahmen freigemacht. Die Menschen sollen ein Bild vermittelt bekommen, das nicht der Realität entspricht. Keiner außer der politischen Klasse weiß schließlich, was sich wirklich außerhalb des „Cordon sanitaire“ rund um die Umweltkatastrophe abspielt. Wiederholungen bei anderen unangenehmen Themen sind freilich nicht ausgeschlossen. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko war zu groß und mächtig, um sie verschweigen zu können. Dennoch ist es mittlerweile still geworden. Die langfristigen Auswirkungen können nicht abgeschätzt werden und sind auch kaum noch Thema in den Medien. Völlig totgeschwiegen werden hingegen wissenschaftlich erwiesene, schleichende Bedrohungen für das globale Ökosystem. Zwei Beispiele dafür: Das Waldsterben und die Verschmutzung der Weltmeere.


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Das Meer als Müllhalde: Plastikabfall bedroht unser Ökosystem (25.07.) Während alle Welt auf die Ölpest im Golf von Mexiko blickt, ist eine andere Umweltkatastrophe kaum bekannt. Im Paziik zirkulieren hunderte Tonnen Plastik und vergiften die dortige Flora und Fauna. Das Phänomen wird „Great Paciic Garbage Patch“ (Großer Paziischer Müllleck) genannt und hat inzwischen die doppelte Größe von Texas erreicht. Als „Tränen der Meerjungfrau“ werden die unzähligen kleinen Plastikteilchen bezeichnet, die in allen Meeren zu inden sind. Etwa ein Fünftel des Abfalls stammt von Schiffen und Plattformen, der Rest kommt von Land. Verpackungen, Spielzeug, Plastiklaschen und vieles mehr wird täglich im Meer entsorgt. Durch Umwelteinlüsse werden die Abfälle dann zerkleinert, aber sie zersetzen sich nicht oder nur sehr langsam. Nach vielen Jahren sind die Stücke so klein wie Sandkörner, von denen sie mit bloßem Auge auch nicht zu unterscheiden sind. Meeresströmungen verteilen den Müll Verschiedene Meeresströmungen verteilen den Müll über die ganze Welt. 1992 verlor ein chinesischer Frachter mehrere Container mit fast 30.000 Spielzeugtieren, die seither auf den Meeren treiben. Von Forschern als „friendly loatees“ (freundliche Schwimmer) bezeichnet, geben sie Auskunft über Strömungen. 2007 wurde eine Plastikente an der englischen Küste angespült. Der größte Teil des Abfalls bleibt aber über einen längeren Zeitraum in den Ozeanen und wird von großen Meereswirbeln zusammengehalten. Fünf größere derartige Müllstrudel sind bisher bekannt, neben dem nordpaziischen Müllstrudel ist die Ansammlung von Abfall in der nordatlantischen Sargassosee besonders hoch. Manche Tiere wie Albatrosse und Schildkröten verwechseln den Müll mit ihrer eigentlichen Nahrung und vergiften so sich selbst oder ihre Nachkommen. Im Naturschutzgebiet der Midway Inseln sterben ca. ein Drittel der Albatrossjungen an dem Plastikmüll, den ihnen ihre Eltern verfüttern. In manchen Gebieten sinkt der Müll wie ein Teppich zu Boden und erstickt alle Lebewesen unter sich. Laut Schätzungen beinden sich rund 13.000 Plastikteilchen in jedem Quadratkilometer Meer.


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Daneben wirkt der Plastikmüll wie ein Magnet auf verschiedene Giftstoffe, die sich im Meer angesammelt haben. Das berüchtigte Schädlingsbekämpfungsmittel DDT wird ebenso vom Plastik gebunden wie der Weichmacher PCB, beide sind weltweit verboten. Nehmen Fische und andere Meereslebewesen derartig kontaminierte Plastikteile auf, so gelangen diese Gifte über die Nahrungskette auch wieder zum Menschen. Hätte Christoph Columbus eine Plastiklasche ins Meer geworfen, so wären die Rückstände davon heute noch nachweisbar. So werden auch noch in hunderten von Jahren unsere Plastikabfälle die Ozeane vergiften. Um eine Lösung des Problems ist dennoch abseits von Umweltschutzorganisationen niemand bemüht. Die Meere sind staatenlos, sodass sich kein Land für ihre Verschmutzung verantwortlich fühlt. Außerdem ist es derzeit technisch fast unmöglich, die Ozeane wieder zu säubern. Wollte man die „Tränen der Meerjungfrau“ aus dem Wasser iltern, so würde dabei auch ein großer Teil des Planktons und anderer Mikroorganismen zerstört - dies könnte sich für das Ökosystem der gesamten Welt als fatal erweisen. Auch wenn eine Säuberung mit derzeitigen technischen Mitteln kaum machbar ist, so ist doch dringendes Handeln geboten, damit die Müllstrudel zumindest nicht noch weiter anwachsen.

Die Zerstörung der Wälder - eine ökologische Katastrophe (05.09.) Jeden Sommer bietet sich dem Beobachter das gleiche Szenario: Waldbrände rund um den Globus vernichten riesige Flächen. Die Ursachen reichen von Achtlosigkeiten wie weggeworfenen Zigaretten bis zu gezielter Brandstiftung. Doch eines haben fast alle Brände gemeinsam: Zu 95 Prozent werden sie vom Menschen verursacht. Auch durch Rodungen und Umweltverschmutzung schrumpfen die Waldbestände weltweit jährlich um ungefähr 14 Millionen Hektar, was nicht ganz der Fläche der Steiermark entspricht. Kontrollierte Eingriffe in das System Wald sind wichtig und notwendig, aber vor allem in Entwicklungsländern kommt es zu unkontrollierter Waldzerstörung mit verheerenden ökologischen und ökonomischen Folgen. Die wichtigsten Ursachen für die unkontrollierte Zerstörung von Wäldern sind Brandrodungen, illegaler Holzeinschlag und gelegte Brände.


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Brandrodung dient in erster Linie der Gewinnung neuer Wirtschaftslächen für Viehwirtschaft sowie Ackerbau und ist eines der ältesten Verfahren zur Gewinnung von Nutzlächen. Die durch Brandrodung gewonnenen Flächen, gerade in tropischen Zonen, sind kurzzeitig sehr ergiebig, die nährstoff- und mineralreichen Böden sind aber schnell ausgelaugt. Darauf folgt oft massive Erosion, die zu Versteppungen und Verwüstungen führt. Besonders katastrophal sind die Auswirkungen von Viehwirtschaft, da der fruchtbare Boden dann zerstampft und schließlich einfach weggeweht wird.

Um einerseits Brenn- und Bauholz, andererseits seltene tropische Hölzer zu gewinnen, kommt es zu illegalem, nicht nachhaltigem Holzeinschlag. Vor allem starkes Bevölkerungswachstum und große Armut machen den illegalen Holzschlag in Entwicklungsländern zu einem großen Problem. Außerdem fehlen in diesen Ländern oft der Wille oder die Möglichkeiten, effektiv dagegen vorzugehen; grassierende Korruption verschlimmert die Situation weiter. Ähnlich den „Blutdiamanten“ gibt es auch „Konlikthölzer“, die aus Bürgerkriegsländern geschmuggelt werden, um die Konliktparteien zu inanzieren. Der illegale Holzeinschlag kann ungeahnten Schaden anrichten: Das United Nations Environment Programm schätzt, dass in den nächsten 15 bis 20 Jahren mehr als 90 Prozent der ursprünglichen Waldbestände Indonesiens vernichtet sein werden.


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Im Gegensatz zur Brandrodung und zum illegalen Holzeinschlag ist gezielte Brandstiftung auch in Europa ein großes Problem. Die alljährlichen Waldbrände in großen Teilen Südeuropas sind größtenteils darauf zurückzuführen. In vielen Fällen sind es Spekulanten, die so die Umwidmung in Bauland mit entsprechender Wertsteigerung erreichen wollen; in Süditalien soll die Maia ihre Finger im Spiel haben. Daneben gibt es auch andere Motive: Bauern wollen Land für agrarische Zwecke nutzen oder Bäume stehen Bauvorhaben im Weg. Relativ neu ist ein bizarr anmutendes Motiv: Wälder werden abgefackelt, um danach an der - oftmals von der EU inanzierten - Wiederaufforstung zu verdienen. Vom Menschen verursachte Luft- und Wasserverschmutzung setzen den Wäldern ebenfalls stark zu. Bezeichnend dafür ist das - mittlerweile großteils wieder aufgeforstete - Elbsandsteingebirge an der sächsisch-böhmischen Grenze. Massive Luftverschmutzung durch die intensive Nutzung von Braunkohle in der DDR und CSSR haben den Baumbestand stark beschädigt, sodass 1990 in manchen Gebieten nur noch schwefelgelbe Stümpfe statt Bäumen zu sehen waren. Die Umweltschäden, die aus der Waldvernichtung folgen, sind zahlreich und kaum abschätzbar. Neben den ebenfalls bedrohten Ozeanen sind die Wälder die größten Sauerstoffproduzenten und gleichzeitig bedeutende Kohlenstoffsenken. Das bedeutet, Wälder speichern CO2 und tragen so zur Stabilisierung unseres Klimas bei. Daneben säubern Wälder sowohl Luft als auch Wasser, indem sie Schadstoffe wie diverse Schwebeteilchen, Gifte und auch Radioaktivität speichern und damit dem natürlichen Kreislauf entziehen. Auf Waldböden ließt Wasser wesentlich langsamer ab, sodass Wälder zu wichtigen Wasserspeichern werden. Bäume dienen dem Bodenschutz, indem sie Erosion und Auswaschung der Böden verhindern. Dazu bieten sie Schutz vor Überschwemmungen und Steinschlägen sowie Lawinen. Insbesondere Urwälder sind komplexe Ökosysteme mit einer zahlreichen Flora und Fauna. Intakte Wälder garantieren so eine große Artenvielfalt. Die Schäden der Waldzerstörungen für unser Klima und den Wasserhaushalt sind auf Grund der zahlreichen Faktoren schwer zu erfassen. Als Folge der Entwaldung kommt es zu artenarmen Kahllächen, die anfällig für Verwüstungen und Überschwemmungen sind.


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Wirtschaftliche Einbußen in Milliardenhöhe Holz ist einer der wichtigsten nachwachsenden Rohstoffe der Menschheit, der vor allem als Baumaterial und Energieträger von großer Bedeutung ist. Durch den Einsatz von Bäumen in der Agrarforstwirtschaft können große Ertragssteigerungen unter Vermeidung der Nachteile von Monokulturen erzielt werden. Daneben dienen andere Waldprodukte als Nahrungsmittel, zur Herstellung von Heilmitteln und vielem mehr. Wälder besitzen großen Wert als Erholungs- und Freizeitgebiete, auch wenn dies meist eine kostenlose Leistung ist und schwer dargestellt werden kann. Müsste der Mensch die „Dienstleistungen“ der Wälder selbst erbringen, so wären die Kosten um ein Vielfaches höher als der Erhalt der bisherigen Waldlächen und der Verzicht auf kurzfristige wirtschaftliche Vorteile durch Abholzungen. Der indische Ökonom Pavan Sukhdev schätzt den Verlust für die Weltwirtschaft durch Zerstörung der Wälder auf 2 bis 5 Billionen Dollar jährlich - bei weitem teurer als die Finanzkrise. Die Ausgaben zur Erhaltung von Naturschutzgebieten im selben Wert würden dagegen nur etwa 45 Milliarden Dollar kosten. Viele Aufgaben der Wälder entziehen sich zudem einer derartigen Betrachtung, da sie vom Menschen bei fortschreitender Zerstörung nicht ersetzt werden könnten. Angesichts dieser drängenden Probleme wie Waldsterben und Meeresverschmutzung erstaunt es, dass in der öffentlichen Wahrnehmung der Klimawandel als drängendstes, wenn nicht gar einziges globales Umweltproblem dargestellt wird. Erklärbar ist das nur ökonomisch: An der Bekämpfung des Klimawandels können viele Industriebranchen direkt Geld verdienen. Wer gegen Waldsterben und die Verschmutzung der Meere auftritt, verdient daran selbst nichts.


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Familien zahlen alles Das Budget für 2011 war schon vor seiner Fertigstellung in den Schlagzeilen. Verfassungsbruch aus niederen wahltaktischen Motiven warf die Opposition der Regierung vor. Das Ergebnis lässt die Kritik nicht verstummen: Die Familien zahlen die Krise. Auf lang ersehnte gesetzliche Maßnahmen wie ein Steuersplitting oder die gemeinsame elterliche Obsorge im Scheidungsfall müssen sie hingegen weiter warten. Die Familienpolitik setzt sich dabei bewusst über die Wünsche ihrer Adressaten - sprich der Familien - hinweg. Auch wenn es vielen ideologisch nicht in den Kram passt, wurde auch heuer bestätigt: Die meisten Mütter kümmern sich gerne eine Zeitlang ausschließlich um ihre Kinder und wollen nicht so schnell wie möglich zurück an ihren Arbeitsplatz. Inakzeptabel für Rot-Grün: Eltern sind gerne bei ihren Kindern (03.04.) Jetzt können auch die Grünen nicht mehr behaupten, sie hätten es nicht gewusst. Aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Daniela Musiol geht klar hervor: Die längste Bezugsvariante des Kindergeldes ist die mit Abstand beliebteste. Die neue einkommensabhängige Kurzvariante hingegen ist ein Flop. Fast drei Viertel der Eltern bleiben 30 oder - wenn Mutter und Vater in Karenz gehen - 36 Monate zu Hause bei ihren Kindern. Für die einkommensabhängige Variante mit bis zu 2000 Euro Kindergeld für 12 oder bei Karenz beider Elternteile 14 Monate haben sich im Jänner nur 9 Prozent entschieden. Für die Grünen ist das Ergebnis nicht akzeptabel. Anfragestellerin Musiol beklagt sofort, dass die Motive nicht erhoben werden, warum sich wer für welche Variante des Kindergeldes entscheidet. Dabei liegt das Motiv doch klar auf der Hand: Wenn drei Viertel der Eltern 30 oder 36 Monate mit geringem monatlichem Zuschuss auszukommen versuchen, dabei auch noch in Kauf nehmen, dass nach zwei Jahren sinnloserweise die Maximalkarenz in ihrer Arbeit ausläuft und sie somit ihr Rückkehrrecht verlieren, dann liegt wohl in den meisten Fällen der Wunsch zugrunde, sich in den ersten Lebensjahren voll und ganz dem Wohl des Kindes zu widmen.


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Rot-Grün: Kinderbetreuung am besten außer Haus Durch die ideologische Brille der Grünen sieht die Sache natürlich anders aus: Frauen bleiben ihrer Meinung nach nur deshalb bei ihren Kindern, weil es an Kinderbetreuungsangeboten mangelt. Im Zuge des großen Sparens steht nun allerhand zur Disposition - nicht jedoch der staatliche Zuschuss zu den Kinderbetreuungseinrichtungen, wenn es nach SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek geht. Dafür will sie kämpfen und den Alleinverdienerabsetzbetrag jenen streichen, deren Partner keine Kinder (mehr) betreuen, was die ÖVP aber ablehnt. Gegenüber der „Presse“ äußerte sich Heinisch-Hosek diesmal jedoch vergleichsweise diplomatisch. Vor wenigen Wochen ließ sie gemeinsam mit der fragwürdigen WIFO-Expertin Margit Schratzenstaller die wahren Ziele ihrer „Familienpolitik“ erkennen. Wenn es endlich genug Kinderbetreuungseinrichtungen gibt, dann könnte man ja die Langvariante des Kindergeldes abschaffen, so Heinisch-Hosek. Es führe ohnehin nur zu Dequaliizierung, wenn Frauen so lange zu Hause bleiben, assistierte die Dame vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Bei so viel Realitätsverweigerung durch die linke Seite des Parteienspektrums erstaunt ein weiteres Studienergebnis nicht mehr. Eltern fühlen sich von Politik und Gesellschaft vernachlässigt (28.04.) Österreichs Eltern stellen der Politik und der Gesellschaft ein katastrophales Zeugnis aus. Laut einer Karmasin-Umfrage fühlen sich zwei Drittel nicht ausreichend wertgeschätzt. Nur 17 Prozent glauben, dass wir in einer sehr kinderfreundlichen Gesellschaft leben. Und gar 82 Prozent fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Man müsste davon ausgehen, dass angesichts dieser Daten bei der zuständigen Familien-Staatssekretärin Christine Marek die Alarmglocken schrillen - noch dazu, wo die Umfrage vom ÖVP-nahen Katholischen Familienverband in Auftrag gegeben wurde. Doch es dauerte fast eine Woche, bis Marek dazu ihr erstes Wort verlor und selbst das nur über ihren Sprecher, der in der gestrigen „Wiener Zeitung“ das Umfrageergebnis unkommentiert ließ und lediglich dementierte, dass im Bereich Familie mehr gespart werden müsse als woanders. In Prozentpunkten mag er Recht haben, in absoluten Zahlen wohl kaum.


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Einzelmaßnahmen wie die Streichung der 13. Familienbeihilfe oder des Gratis-Kindergartenjahres sowie die ebenfalls bereits ins Spiel gebrachte Abschaffung der längsten - und weitaus beliebtesten - Variante des Kindergeldes werden in Wahlkampfzeiten in Abrede gestellt. Unabhängig davon fehlt jedes Konzept, um dem durchaus begründeten Gefühl der Benachteiligung, das die meisten Eltern verspüren, entgegen zu wirken. Puncto gesellschaftlicher Anerkennung hat sich erst im Bundespräsidentschafts-Wahlkampf gezeigt, was manche Politiker und Journalisten von funktionierenden Familien halten. Eine 10fache Mutter wurde als Gebärmaschine verunglimpft, ihrer Großfamilie als anormale Kuriosität abgetan. Dass eine derartige Diffamierung auch bei anderen Müttern und Vätern Spuren hinterlässt, zeigen die Ergebnisse der aktuellen Umfrage. Nicht nur die Familienpolitiker haben das Wohl der Familien aus den Augen verloren, bei den Juszitpolitikern verhält es sich gegenüber dem Kindeswohl nicht anders. Mehr als eine Diskussion und Lippenbekenntnisse brachte auch das Jahr 2010 in der Frage der lange geforderten und in vielen Staaten längst verwirklichten gemeinsamen Obsorge im Trennungsfall nicht. Kinder lieben ihre Eltern - auch nach einer Trennung (22.06.) Im Parlament indet kommenden Donnerstag eine parlamentarische Enquete zur gemeinsamen Obsorge statt. Diese ist trotz überwältigend positiver Auswirkungen in Österreich kein gesetzlicher Regelfall, in vielen anderen europäischen Ländern hingegen schon. Justizministerin Claudia BandionOrtner (ÖVP) spricht sich im Vorfeld der Debatte nun ebenfalls für eine gemeinsame Obsorge aus. Die SPÖ sperrt sich noch gegen dieses Modell. Seit dem Jahr 2001 gibt es in Österreich die Möglichkeit, die „Obsorge beider Elternteile“ im Falle einer Scheidung zu vereinbaren. Eine Evaluierungsstudie des Justizministeriums aus dem Jahre 2002 zeigte, dass entgegen vieler Vorbehalte die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge im Untersuchungszeitraum in über 53 Prozent der Fälle in Anspruch genommen wurde. In dem jüngst präsentierten Familienbericht wird die positive Wirkung bestätigt. Die gemeinsame Obsorge verbessert die Lage der Scheidungskinder.


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Positive Auswirkungen sind vor allem die schnellere Beruhigung des Konliktniveaus, weniger Konlikte um die Ausübung des Besuchsrechts, hohe Zufriedenheit mit der Obsorge beider Elternteile, häuigere Kontakte der Kinder mit dem getrennt lebenden Elternteil und eine zehnmal niedrigere Kontaktabbruchsrate als bei alleiniger Obsorge. Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland sieht das Kindschaftsrecht in Österreich allerdings nur eine freiwillige Inanspruchnahme der gemeinsamen elterlichen Obsorge vor. Somit ist die gemeinsame Obsorge kein gesetzlicher Regelfall nach einer Scheidung. Im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte heute FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller, dass in Österreich einzig und allein wegen der SPÖ kein dem Kindeswohl taugliches Modell zustande käme. „Partner bleiben auch nach einer Trennung Eltern. Wenn Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die gemeinsame Obsorge als ‚fatal‘ und ‚Wahnsinn‘ bezeichnet, muss man ihr jeden Familiensinn absprechen“, reagiert die Nationalratsabgeordnete empört. Es sei hier vor allem der „Kampf der Geschlechter“ dem die SPÖ einen höheren Stellenwert einräume als dem Wohl der Kinder, führte Kitzmüller weiter aus. Vom Koalitionspartner ÖVP kommt seit einigen Tagen Zustimmung zur Novellierung des Familienrechts. „Die gemeinsame Obsorge ist der natürliche Zustand, unnatürlich und aufgezwungen ist das Ausschalten eines der leiblichen Elternteile“, meint Justizministerin Bandion-Ortner. Nur im Problemfall soll das Gericht einem Elternteil das Sorgerecht entziehen können. Wie ungerecht die derzeitige Regelung des Sorgerechts ist, schilderten zwei betroffene Frauen in berührender Weise gegen Ende der Pressekonferenz. Ihnen wurde auf Initiative ihrer geschiedenen Ehemänner vom Gericht der Kontakt zu ihren Kindern untersagt. Seither kämpfen sie gegen Windmühlen. Ähnliche Fälle werden der unabhängigen Plattform „Trennungsopfer“ nahezu täglich zugetragen. Damit zeigt sich, dass nicht nur Väter von der schmerzlichen Trennung von ihren Kindern betroffen sind. Die gemeinsame Obsorge scheitert in Österreich letztlich nur noch am Widerstand der SPÖ und hier der Frauen, die in ihrer feministischen Denkart den Männern pauschal die Schuld am Scheitern von Beziehungen zuschieben und sie durch das im Regelfall den Müttern übertragende Sorgerecht bestrafen wollen.


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Die SPÖ bleibt also hart, dafür knickt die ÖVP in Familienfragen gerne ein. Schon im Sommer zeichnete sich ab, dass die 13. Familienbeihilfe demnächst geopfert werden könnte - die FPÖ stemmte sich dagegen. FPÖ kämpft für Erhalt der 13. Familienbeihilfe (29.06.) Die FPÖ hat eine Petition für den Erhalt der 13. Familienbeihilfe gestartet. Frauensprecherin Carmen Gartelgruber übt in einer Pressekonferenz Kritik an der ÖVP, die diese im letzten Wahlkampf mit großen Worten propagiert und als Wahlzuckerl eingeführt habe, nun aber wieder davon abrücke und sie in der Spardebatte sofort zur Disposition stelle. Die 13. Familienbeihilfe sei zu Schulbeginn im September eine wichtige Unterstützung: „Hier zu sparen, heißt Familien bewusst zu schädigen.“ Es brauche Rahmenbedingungen, damit Familien nicht in die Armut gedrängt werden, wenn sie mehr als ein Kind haben wollen, erklärte Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller. Sie kritisierte auch die Pläne, Familien Bargeld wegzunehmen und ihnen anstatt dessen (verplichtende) Kindergartenplätze anzubieten: „Jede Familie muss selbst entscheiden können. Man versucht, die Familien in eine Richtung zu drängen, die sie nicht wollen.“ Bevor man seine wohltätige Ader Richtung Griechenland entdecke, sei es nötig, unsere Familien zu unterstützen.


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FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein rückte den neuerlichen Anschlag auf die Familien in einen gesellschaftspolitischen Zusammenhang: „Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft wird sehr oft als antiquiert gesehen. Das hat begonnen mit den 68ern über Adorno, Horkheimer bis zur Frankfurter Schule, und leider ist es in den Köpfen mancher sozialdemokratischer Sozialromantiker immer noch verhaftet.“ So sei es auch nicht verwunderlich, dass Frauenministerin Heinisch-Hosek vor kurzem gesagt habe, das Daheimbleiben von Frauen dürfe nicht länger subventioniert werden. Die FPÖ-Frauen erinnerten daran, dass die 13. Familienbeihilfe nicht einmal den Wertverlust abdeckt, der in Jahren ohne Erhöhung durch die Inlation entstanden ist. Die Regierungsparteien hätten sich bewusst gegen die Valorisierung und für die 13. Familienbeihilfe entschieden, weil es nun leichter sei, sie einfach wieder abzuschaffen, anstatt generell zu kürzen. Die geplante Streichung der 13. Familienbeihilfe sei nur ein erster Schritt, den es aufzuhalten gelte. Als nächstes stünde das Plegegeld zur Disposition, das durch Sachleistungen ersetzte werden soll, sodass sich viele Familien die Plege zu Hause nicht mehr leisten können. Die Debatte über die 13. Familienbeihilfe ist ein kleiner Ausschnitt jener Diskussion, der sich die Regierungsparteien bewusst entziehen. Familie bedeutet nicht nur individuelles Glück für viele Menschen, sondern ist auch ein enormer Wert für die Gesellschaft. Die Geburtenarmut in Österreich droht Folgen für den Sozialstaat nach sich zu ziehen. Umso mehr bedarf es einer konsequenten Förderung der Familien, um jungen Menschen Mut zu machen, wieder mehr Kinder in die Welt zu setzen. Von Kindern proitiert inanziell, wer keine hat (10.08.) Indem sich die Regierungsparteien und hier vor allem die ÖVP derzeit an Zuwanderungsdebatten ergötzen, versuchen sie bestenfalls, Symptombekämpfung zu betreiben. Die Wurzel der demographischen Probleme unseres Landes aber liegt in der Geburtenarmut, auf Grund derer die heimische Bevölkerung nicht in der Lage ist, ihren konstanten Fortbestand zu sichern. Der Schlüssel zum Erfolg ist folglich die Familienpolitik.


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Ein Hauptgrund für die sinkende Geburtenrate liegt mit Sicherheit in der Tatsache, dass Kinder einen inanziellen Abstieg bedeuten. Ist ein Kind durch Kindergeld und nachherigen Wiedereintritt des erziehenden Elternteils in den Arbeitsmarkt noch inanzierbar, so wird es mit zwei oder mehr Kindern immer enger, zumal dann eine volle Berufstätigkeit beider Eltern kaum noch erstrebenswert, wenn überhaupt möglich erscheint. Wie ist der inanzielle Abstieg möglich im Lichte der angeblich in Österreich so vorbildlichen Familienpolitik, die zu loben die Familie nicht müde wird? Der Freiheitliche Familienband hat in einer Studie von Professor Herbert Vonach dargelegt, wie viel Geld von den - insbesondere kinderreichen - Familien in die Taschen der Kinderlosen wandert. Jeder fünfte verdiente Euro wandert von Kinderreichen zu Kinderlosen Unter dem Titel „Fairer Leistungsausgleich zwischen Familien und Kinderlosen - Grundlage einer geburtenorientierten Familienpolitik“ berechnet Vonach den Umverteilungseffekt und beziffert ihn auf rund drei Milliarden Euro jährlich. Diese Summe wird von der Gruppe der Familien mit drei oder mehr Kindern zur Gruppe der Kinderlosen umverteilt. Dies entspricht rund einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts sowie 18 bzw. 12 Prozent der Lohnsummen der betroffenen Gruppen. Kinderreiche Familien sind also gezwungen, fast jeden fünften verdienten Euro zur Finanzierung der Kinderlosen aufzuwenden. Auch wer zwei Kinder hat, gehört zu den Nettozahlern. Familien mit nur einem Kind proitieren noch leicht von der Umverteilung. Vonach geht davon aus, dass die heute niedrige Fertilität zu einem großen Teil die Folge der Umverteilung zu Lasten kinderreicher Familien ist. Dieser Umstand ist nicht nur aus dem Blickwinkel der Gerechtigkeit zu hinterfragen, sondern bedroht langfristig auch die weitere Finanzierbarkeit unserer Sozialsysteme. Entscheidung für Familie bedeutet 30 Prozent weniger Einkommen Wenn kinderreichen Familien 18 Prozent ihres Einkommens weggenommen und den Kinderlosen gegeben werden, so stellt sich für den Studienautor die Frage, ob dies mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist. Das Steuersystem benachteiligt Familien enorm. Wenn ein Elternteil sich wegen der Erziehung der Kinder aus dem Erwerbsleben (vorübergehend) zurückzieht,


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schlägt der Fiskus beim zweiten Elternteil trotzdem weiter erbarmungslos zu. Absetzbeträge sowie Kindergeld und Familienbeihilfe gleichen das nur unzureichend aus. Familien haben im Vergleich zu Kinderlosen über das ganze Berufsleben gesehen mit einem Einkommensverlust von 30 Prozent zu rechnen, in der intensiven Zeit der Kinderbetreuung sind es sogar bis zu 55 Prozent. Ein Lehrereinkommen schrumpft so auf den Lohn eines Hilfsarbeiters zusammen. Höchste Priorität bei der Beseitigung der Ungerechtigkeiten kommt für Vonach der Einführung eines Familiensteuer-Splittingmodells zu, bei dem das gesamte Einkommen der Familie durch die Zahl der Familienmitglieder geteilt und erst von diesem Betrag die Steuer berechnet wird. Ein derartiges System ist in Frankreich seit langem verwirklicht und wohl der Hauptgrund dafür, dass die Geburtenrate dort nicht so schwächelt wie fast im gesamten übrigen Europa. Das vorgeschlagene Steuersplitting für Familien wurde im Sommer von den Freiheitlichen präsentiert. Frankreich ist das einzige Land in Mittel- und Westeuropa, das dieses Modell verfolgt. Der Erfolg ist klar sichtbar: Mit 2 Kindern pro Frau hat Frankreich die mit Abstand höchste Geburtenrate innerhalb der Europäischen Union. Ein gerechtes Steuersystem für unsere Familien (10.08.) FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller und Finanzsprecher Lutz Weinzinger präsentierten heute in ihrer Pressekonferenz familienfreundliche freiheitliche Steuerpolitik. Das derzeitige Steuersystem benachteiligt Familien gegenüber Kinderlosen erheblich. Die inanzielle Situation eines Steuerzahlers hängt nämlich nicht nur von dessen Einkommen, dafür umso mehr von seinen Unterhaltsplichten – der Familiengröße – ab. Steuerliche Absetz- und Freibeträge sind keine Alternative zum gerechten System des Familiensteuersplittings, wie es sich in Frankreich seit Jahren bewährt. Und so funktioniert das freiheitliche Modell des Steuersplittings: Das Einkommen der Haushaltsmitglieder wird addiert, anschließend wird der individuelle „Familiendivisor“ ermittelt. Erwerbstätige Erwachsene werden mit 1 gewichtet, nicht erwerbstätige mit 0,6 und jedes Kind mit 0,5. Ein Beispiel für die Ersparnis: Wenn bei einer Familie mit drei Kindern nur ein


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Familien zahlen alles

Elternteil arbeitet und ein Bruttoeinkommen von 3500 Euro monatlich erzielt, so beträgt der Familiendivisor 3,1 (1 + 0,6 + 0,5 + 0,5 + 0,5). Entsprechend reduziert sich die Steuerbemessungsgrundlage auf 1130 Euro monatlich. Dieses Einkommen ist steuerfrei. Auch bei Multiplikation mit dem Familiendivisor bleibt somit eine Steuerlast von Null, während der Alleinverdiener nach dem gültigen Individualsteuermodell mehr als 600 Euro abgezogen bekommt. Netto bleiben der Familie somit statt 2200 mehr als 2800 Euro übrig. Pro Haushaltsangehörigen, sprich Vater, Mutter und Kinder, kann mithilfe dieses Konzeptes die Steuerbelastung um bis zu 4.000 Euro jährlich verringert werden. Für eine vierköpige Familie bedeutet das eine Entlastung von bis zu 16.000 Euro im Jahr. Familien- und kinderfreundliche Familienpolitik und in der Folge eine höhere Geburtenrate sind der einzige Ausweg aus der Vergreisung unserer alternden Gesellschaft. Massenzuwanderung, wie sie in den letzten 40 Jahren praktiziert wurde, ist keine wünschenswerte Lösung und bringt gesellschaftliche Probleme mit sich. Es wäre sinnvoller, eine Familiendebatte anstatt der gegenwärtigen Zuwanderungsdiskussion zu führen. Ungeachtet dieser Fakten, erkor die Regierung die Familien zum Hauptziel ihrer unsozialen Budgetpolitik. Nachdem man mittels Verfassungsbruch den Menschen vor den Wahlen in der Steiermark und in Wien die Wahrheit vorenthielt, präsentierten Kanzler Faymann und sein Vize Pröll kurz danach ein völlig phantasieloses Budget, das alle zur Kasse bittet, um die versprochenen Struktur- und Verwaltungsreformen inanzieren zu können. Neben den Autofahrern, den Pensionisten, den Rauchern und den Behinderten sind die Familien die Hauptzahlmeister. Dies umso mehr, als sie sich mit den vorgenannten Gruppen im Regelfall auch überschneiden. Budgetsanierung auf dem Rücken der Familien (26.10.) 311 Millionen Euro beträgt der Aderlass, den Familien ab kommendem Jahr hinnehmen müssen. Etwa durch eine Streichung der Familienbeihilfe ab 24 Jahren, eine Streichung des Mehrkindzuschlags ab dem dritten Kind und durch eine Reduktion der 13. Familienbeihilfe. Sind hierzulande rund 1,8 Millionen Personen bezugsberechtigt, werden es 2011 um 35.000 weniger sein.


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So will es jedenfalls die rot-schwarze Bundesregierung. Deren Sparpläne sehen vor, dass die gesamte 13. Familienbeihilfe im September nur mehr für 6- bis 15-jährige Kinder in pauschaler Höhe von 100 Euro ausbezahlt wird. Gestrichen wird auch der Mehrkindzuschlag (monatlich 36,40 Euro) für das dritte und jedes weitere Kind. Die Anspruchsdauer der Familienhilfe wird auf das vollendete 24. Lebensjahr gesenkt und endet darüber hinaus nach Beendigung einer Ausbildung. Arbeitslose Jugendliche zwischen 18 und 21 Jahren bekommen daher keine Beihilfe mehr. Der Präsident des Katholischen Familienverbandes, Clemens Steindl, bezeichnet die Sparpläne der Regierung als „familienpolitische Schande“ und „Schlag ins Gesicht der Familien“. Die freiheitliche Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller kritisiert das Budget als „Strafe der Bundesregierung für Familien“. Sie könne die massiven Einschnitte bei der Familienbeihilfe und beim Mehrkinderzuschlag nicht nachvollziehen: „Funktionierende Familien sind die Stütze unserer Gesellschaft und unsere Versicherung für die Zukunft“, so Kitzmüller. Der massiven Kritik an diesen unsozialen Plänen begegnet die Regierung mit Gleichgültigkeit. In Gesprächen sollen aufmüpige Religions- oder Interessensgemeinschaften beruhigt werden, ohne die Belastungen selbst in Frage zu stellen. In der Familienpolitik versuchen sich ÖVP und SPÖ mit Ablenkungsmanövern aus der Affäre zu ziehen. Auch die Ernennung einer neuen, völlig unbekannten Familien-Staatssekretärin ist nicht mehr als das.


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Die Uni brennt - wer „brennt“ die Uni?

Die Uni brennt - wer „brennt“ die Uni? Die Universitäten sind ein Hort des Widerstands gegen die bildungsfeindliche Politik der Bundesregierung. Rund um den Budgetbeschluss, der den Hochschulen erneut nicht die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt hat, solidarisierten sich diesmal auch die Lehrenden bis hinauf zu den Rektoren mit den protestierenden Studenten. Die Kundgebungen werden jedoch regelmäßig auch für einseitige politische Agitation missbraucht. Bevor die Lage allerdings noch einmal eskalierte, wurde nach den wochenlangen Hörsaalbesetzungen im Vorjahr vom damaligen Wissenschaftsminister Johannes Hahn der „Hochschuldialog“ ins Leben gerufen und von seiner Nachfolgerin Beatrix Karl fortgesetzt. Riesige Runden von „Experten“ debattierten monatelang in zahlreichen Arbeitsgruppen. Manchen wurde das zwischenzeitlich zu langweilig. Übrig blieb nichts außer hohe Kosten. Hochschuldialog: Außer Spesen nichts gewesen (06.09.) 250.000 Euro hat der vom ehemaligen Wissenschaftsminister Hahn initiierte und von seiner Nachfolgerin Karl (beide ÖVP) vorangetriebene Hochschuldialog gekostet. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der steirischen FPÖ-Abgeordneten Susanne Winter hervor. Die außerparlamentarische Beschäftigungstherapie für zahlreiche zweitklassige Experten wurde auch mit Inseraten beworben, wofür rund elf Prozent dieses Betrags aufgewendet wurden. 18 Prozent gingen für Mieten drauf, 9 Prozent für „Expertisen“, 2% für „Sicherheit“ und der Löwenanteil von 59% für die Sitzungen und einen eigenen Webauftritt. Was die Anfragebeantwortung nicht offenlegt, sind die internen Kosten der involvierten Beamten. Das Ergebnis dieser kostspieligen Maßnahme ist kaum wahrnehmbar. Schon während des Sitzungsreigens verabschiedeten sich wichtige Teilnehmer, wie die Rektoren, aber auch die Österreichische Hochschülerschaft und die FPÖ-Abgeordneten, weil sie die fehlende Perspektive erkannten. Dennoch scheint für derartige Inszenierungen genug Geld vorhanden zu sein, für effektive Unterstützung der Universitäten jedoch nicht. Die Hochschulgesetzgebung ist Angelegenheit des Parlaments. Einmal mehr wurde gezeigt, dass Bereiche der Legislative nicht durch die Exekutive vorangetrieben werden können.


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Mit ein Grund weshalb letztendlich das Parlament auf Drängen des Obmannes des Wissenschaftsausschusses, Martin Graf (FPÖ), dem Unterausschuss zur Hochschulreform zugestimmt hat. Noch bevor es dort jedoch zu tragfähigen Lösungen kommen kann, sind die nächsten Querschüsse von Ministerin Karl zu verzeichnen. Anstatt der von ihr bisher propagierten lächendeckenden Wiedereinführung von Studiengebühren fordert sie jetzt Lehrveranstaltungs- und Prüfungsgebühren, will aber gleichzeitig keine Garantie abgeben, dass Studenten die von ihnen angestrebten Lehrveranstaltungen auch besuchen und die dazugehörigen Prüfungen ablegen können. Graf mahnte daher erneut eine große Reform der Universitäten ein. Wichtigstes Ziel müsse es sein, den freien Hochschulzugang zu sichern und die Studienbedingungen zu verbessern. Karls Vorschlag ist für ihn Stückwerk und diene nur dazu, Budgetlöcher zu stopfen. Wenngleich Bildung und Wissenschaft in Österreich zweifellos nicht ausreichend durch den Staat inanziert werden, darf man dabei auch die Rolle der Universitäten nicht vergessen. Im Rahmen der ihnen zugestandenen Autonomie haben die Rektoren einen erheblichen Spielraum, den sie jedoch höchst unterschiedlich nutzen. Mancherorts explodieren die Verwaltungskosten. Schlechte Rektoren schreien am lautesten nach Geld (18.09.) Den Universitäten fehlt Geld, aber auch vieles darüber hinaus: Management-Kompetenz etwa. Die Leistungen der Rektoren auf diesem Gebiet sind höchst unterschiedlich, messbar zum Beispiel anhand der Efizienz der Universitätsverwaltung. Wissenschaftsministerin Beatrix Karl hat davon keine Ahnung, wie sie in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des FPÖ-Wissenschaftssprechers Martin Graf einräumt. Unzensuriert.at hat die übermittelten Zahlen der Beschäftigten in der Verwaltung mit der Entwicklung der Hörerzahlen verglichen und kommt auf bemerkenswerte Ergebnisse: Boku und VetMed top - Medizinunis inefizient So ist an keiner anderen Universität die Studentenzahl von 2005 bis 2009 derart explodiert wie an der Universität für Bodenkultur in Wien. Aus rund


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5600 wurden gut 9100 Hörer - ein Plus von 62 Prozent. Die Angestellten in der Verwaltung sind jedoch erstaunlicherweise weniger geworden, sogar deutlich weniger: Anstelle von 362 sind nur noch 238 Vollzeitbeschäftigte tätig - ein Minus von 34 Prozent. Die Boku hat offenbar die Möglichkeiten der Universitätsautonomie erkannt und efizient umgesetzt. Ebenfalls gut verwaltet ist die Veterinärmedizin mit 24 Prozent Personaleinsparung bei fast gleichbleibender Hörerzahl. Am anderen Ende der Skala beinden sich die Medizineischen Universitäten in Graz und Innsbruck. Dank Zugangsbeschränkungen hat sich die Studentenzahl deutlich verringert - in Graz um 23, in Innsbruck um 22 Prozent (in Wien sogar um 29 Prozent). Das Verwaltungspersonal jedoch explodierte in Graz um 28 und in Innsbruck um 26 Prozent. WU-Rektor: Lieber politisieren, als efizient verwalten Meist schreien jene Rektoren am lautesten, die ihre eigenen Hausaufgaben am schlechtesten gemacht haben. Auch an der Wiener Wirtschaftsuni, wo Christoph Badelt stets mehr Geld und restriktive Zugangshürden verlangt, sind um 12 Prozent mehr Verwaltungsangestellte als vier Jahre davor. Wie Badelt in einem Standard-Interview verrät, hat er aber ohnehin ganz andere Prioritäten in der Arbeit: „Ich muss den Mund aufmachen und gesellschaftspolitische Positionen erarbeiten, unabhängig, ob sie wem andren gerade passen oder nicht. Ich hab‘ das auch immer getan.“ Und wenige Absätze später stellt Badelt auf die Frage, wer das Klima vergiftet, klar fest: „Die rechtspopulistischen Bewegungen“. Vor diesem ideologischen Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass sich die Rektoren zum Start der nächsten Protestbewegung mit den großteils linken Studentenvertretern solidarisiert haben. Als erste Maßnahme gegen die Sparpläne der Regierung standen Vollversammlungen auf dem Programm. Versammlung an der WU Wien: „Absurde Situation - Chaos pur!“ (19.10.) Einig wie selten zuvor zeigten sich Dienstagvormittag Professoren wie Studierende im Festsaal der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), als über die „absurde“ Situation der größten Wirtschaftshochschule Österreichs debattiert wurde.


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Gefolgt waren dem Protestaufruf etwa 400 Wirtschafts-Studenten, Professoren und Lektoren, noch einmal 150 verfolgten die Diskussion per Videokonferenz über eine Leinwand in der Aula. Die derzeitige Kapazität an der WU sei nicht ausreichend, um dem jährlichen Ansturm der Studierenden gerecht zu werden. Zurzeit gebe es vier Mal so viele Anfänger wie man eigentlich aufnehmen könne. Verbunden mit den geplanten Budgetkürzungen der Bundesregierung, müssten im schlimmsten Fall Kapazitäten zurückgefahren werden, führte der zuständige Rektor Christoph Badelt aus. Dies sei zwar nicht wünschenswert - jeder müsse das Recht auf Bildung haben - allerdings herrsche derzeit schon das Chaos pur auf den Universitäten. Allein, um den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten, bräuchten die österreichischen Universitäten aber rund 300 Millionen Euro jährlich. „Die Regierung muss etwas für die Unis tun. Kanzler und Vizekanzler sollen ihre Pingpong-Spiele auf eine Freizeitbeschäftigung nach Dienst reduzieren“, lauteten Badelts scharfe Worte gegen die Politik. Badelt forderte erneut eine Regulierung des freien Uni-Zugangs, bis die Kapazitäten von Seiten der Politik erweitert werden. Die derzeitigen Dropout-Prüfungen in der Studieneingangsphase und die „Anmeldelotterie“ für Lehrveranstaltungen, über die eine verärgerte Studentin lautstark ihrem Unmut Ausdruck verlieh, seien laut dem Rektor „schlichtweg notwendig“. Derzeit kümmere sich ein Professor um 375 Studierende, Universitätsangestellte würden „prekäre Anstellungsverhältnisse“ vorinden. Rektor für Zugangsbeschränkungen, Studenten dagegen In diesem Punkt regte sich dann auch Widerstand seitens der Studierenden. Die aktuellen Zugangsregelungen seien nicht akzeptabel, es müsse einen freien Bildungszugang für alle geben. Eine Studentin führte sogar die Maturareife als rechtliche Zugangsbeschränkung an. Gegen Ende der Vollversammlung wurden die geäußerten Stellungnahmen der Studenten zunehmend emotionaler und richteten sich auch gegen den Rektor persönlich. Dieser solle seine „persönlichen Ansichten zu Zugangsbeschränkungen nicht auf eine allgemeine Stufe stellen“. In diesem Punkt war es mit der Anfangs beschrieben Einigkeit über die missliche Lage des tertiären Bildungssektors schnell wieder vorbei.


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Während an der Wirtschaftsuniversität einander der Rektor und die Studenten in die Haare gerieten, ging der Unfrieden bei der Vollversammlung der Universität Wien im Juridicum von linksextremen Teilnehmern aus. Die Uni brennt: Studenten mit Gewalt gegen Studenten (20.10.) Hunderte Studenten versammelten sich gestern ab 14.30 Uhr vor dem Wiener Juridicum zu einer Protestkundgebung gegen die geplanten Budgetkürzungen. Die Stimmung war entsprechend aufgeheizt. Der Verband Sozialistischer Studenten, die linksextreme Linkswende sowie diverse Splittergruppen verteilten Propagandamaterial gegen Budgetkürzungen, Sparpakete, Kapitalismus im Allgemeinen und die Freiheitliche Partei Österreichs. Unter den meist farbenfroh und gekleideten und mit Lenin-Buttons geschmückten Studenten erweckten etwa zehn Personen die Aufmerksamkeit ihrer Kollegen. Dann erschallte auch schon das Megafon. Es handelte sich um Mitglieder von Studentenverbindungen, die prompt als Faschisten bezeichnet und lautstark mit „Nazis-raus-Rufen“ bedacht wurden. Im Anschluss an diesen kurzen Zwischenfall begaben sich die Teilnehmer der Demonstration ins U10 des Juridicums. Der Weg dorthin war mit eigens angeheuertem Sicherheitspersonal gesäumt, das


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leider nicht in der Lage war, teilweise randalierenden Studenten Einhalt zu gebieten. Im Hörsaal angekommen, meldete sich die Organisation zu Wort. „Jetzt ist Demonstration, um 16.30 Vorlesung Bilanzrecht“, ertönte es durch den Saal. Des weiteren würden alle Fälle von Abwesenheit pauschal durch das Rektorat entschuldigt, schließlich beteiligt sich der Lehrkörper ja an den Protestmaßnahmen. Leider nutzten teils vermummte Angehörige der autonomen Szene die Veranstaltung, um sich eine politische Bühne zu verschaffen. Der Saal wurde über die Anwesenheit der Verbindungsstudenten aufgeklärt, die laut den Agitatoren gekommen waren um „den Zweiten Weltkrieg weiterzuführen, Frankreich zu besetzen und Kommunisten ins Konzentrationslager zu sperren.“ Keine Rede war mehr von den eigentlich bildungspolitischen Anliegen der versammelten Menge. Die Stille wurde durch den einsetzenden Klang von Sirenen unterbrochen und aufgeheizte Gemüter drängten ihre zehn Kollegen teils mit Gewalt und unter lautem Gejohle aus dem Hörsaal. Auch der Unzensuriert-Reporter war von der undemokratischen Aktion betroffen, seine weitere Berichterstattung wurde verhindert. Die Zustände erinnern an jene vor etwa einem Jahr. Mittlerweile ist auch das Audimax wieder besetzt und die Österreichische Hochschülerschaft hat für weitere Maßnahmen vorläuig ein Budget von 100.000 Euro beschlossen. Der Universitätsbetrieb wird dadurch beeinträchtigt und Rektor Georg Winckler scheint - wie schon vor einem Jahr - überfordert. Eines ist jedenfalls klar: Welche Interessen die ÖH und ihre Verbündeten auch immer vertreten, jene unserer Studenten sind es nicht. Die gemeinsamen Vollversammlungen von Studenten und Lehrpersonal endeten also in Streit und Chaos. Einig zeigte sich hingegen die Regierung bei der Budgeterstellung. Das Bisschen mehr an Geld, das die Universitäten bekommen, müssen die Studenten bezahlen, indem sie nun nur noch bis 24 die Familienbeihilfe bekommen. Unis bekommen Aufnahmeverfahren, Studenten weniger Geld (25.10.) Über mickrige 80 Millionen Euro zusätzlich dürfen sich heimische Universitäten ab nächstem Jahr freuen. Das hat die rot-schwarze Bundesregierung bei der Budget-Klausur in der steirischen Therme Loipersdorf ixiert.


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Obwohl Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) in den vergangenen Monaten noch zusätzlich 250 Millionen Euro für die Zeit ab 2013 gefordert hatte, gibt sie sich nun mit dem deutlich reduzierten Betrag ebenfalls zufrieden. „Es geht darum Anreize zu schaffen, dass sich die Wirtschaft verstärkt an den Unis beteiligt“, versucht Karl als Erklärung zu inden. Für die Unis, die die vielzitierte „Uni-Milliarde“ brauchen würden, sei die Summe ein Tropfen auf dem heißen Stein, der praktisch nichts bewirke, meint hingegen der Technologiesprecher der FPÖ, Gerhard Deimek: „Österreich liegt bei den Uni-Absolventen 15 Prozent hinter dem OECD-Schnitt und wird weiter zurückfallen.“ Dafür müsse künftig fast jeder Student arbeiten gehen, um sich sein Masterstudium inanzieren zu können, so der freiheitliche Parlamentarier in Hinblick auf die Senkung des Auszahlungsalters für die Familienbeihilfe von 26 auf 24 Jahre. Darüber hinaus wird es auch eine neue Studieneingangsphase in den Massenfächern geben, wobei das Weiterstudieren nur noch dann möglich sein wird, wenn die Eingangsphase positiv absolviert wurde. Wie diese Regelung aussehen soll und welche Fächer sie betrifft, ist noch nicht ixiert. Allerdings beinhalte die Liste der 20 beliebtesten Studienrichtungen laut Ministerin „heiße Kandidaten“. Für die ÖVP ist der Anschlag auf die Studenten damit noch nicht beendet, wie ihre wichtigsten Wissenschaftspolitikerinnen wenige Tage danach feststellten. Auch lächendeckende Studiengebühren sollen wieder kommen. Unbemerkt von der Öffentlichkeit verteuert sich auch der Nachkauf von Studienzeiten für die Pension enorm. ÖVP will Studenten noch mehr bluten lassen (31.10.) Die ÖVP hat die Studenten als Hauptmelkkühe ihrer „Sparpolitik“ entdeckt. Neben der ausgabenseitigen Budgetsanierung (Streichung der Familienbeihilfe ab 24, des Kinderabsetzbetrags, gegebenenfalls auch des Mehrkinderzuschlags und des Alleinverdienerabsetzbetrags) sollen sie künftig auch die Staatseinnahmen gehörig erhöhen. Was bisher kaum angesprochen wurde: Auch der Nachkauf von Studienzeiten für die Pension wird erheblich teurer. Für sechs Jahre kostet das ab 2011 um 22.484 Euro mehr als bisher, wie der freiheitliche Wissenschaftssprecher


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Martin Graf am Sonntag in der ORF-Sendung „Hohes Haus“ vorzurechnen versuchte – dabei allerdings von der aggressiven Sprechblasen-Rhetorik seiner ÖVP-Kollegin Cortolezis-Schlager erheblich gestört wurde. Junge Menschen, die bis 26 studieren, müssen künftig in Summe 29.456,94 Euro mehr bezahlen. Graf überreichte der ÖVP-Wissenschaftssprecherin daher einen Zahlschein über 412.397,16 Euro - für jene 14 ÖVP-Nationalratsabgeordneten, die noch zu besseren Zeiten ihr Studium absolviert haben. Und jetzt sollen auch noch Studiengebühren dazu kommen. 500 Euro pro Semester will Cortolezis-Schlager von den Studenten. Wissenschaftsministerin Beatrix Karl blieb in der ORF-Pressestunde etwas weniger konkret und konnte sich verschiedene Möglichkeiten vorstellen, ebenso wie eine Festlegung im Rahmen der Universitäts-Autonomie. Klar wurde hingegen, dass die SPÖ, die sich bisher gegen Studiengebühren sperrt, zustimmen wird, denn Karl deutete bereits das Gegengeschäft an. Die ÖVP werde demnächst ein Bildungskonzept präsentieren, das eine gemeinsame Schule der 10 bis 14-jährigen vorsehen soll. Der klassische PolitDeal also: Tausche Gesamtschule gegen Studiengebühren. Martin Graf reagiert auf die bedrohlichen Ankündigungen der ÖVP-Politikerinnen mit Ironie: „Früher hatten wir den Eindruck, die ÖVP will nur die Wohlhabenden studieren lassen, jetzt sind es gar nur mehr die Reichen.“ Heftige Kritik übte Graf auch an Karls Zynismus zur Rechtfertigung der Familienbeihilfe-Kürzung, wonach man bis 24 leicht den Bachelor-Titel erreichen könne: „Das ist ein Titel ohne Mittel, und das weiß Frau Karl natürlich. Als vollwertiger akademischer Abschluss ist bei uns erst der Master anerkannt. Ein Bachelor gilt in der Wirtschaft nicht viel mehr als ein Studienabbrecher.“


Die Justiz in der Krise

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Die Justiz in der Krise Schlamperei oder Absicht? Diese Frage drängt sich angesichts der zahlreiche Justizpannen auf. Die ehemalige Höchstrichter Adamovich und Rzeszut schlagen wegen der verpfuschten Ermittlungen im Entführungsfall Natascha Kampusch Alarm. Die Urteile im BAWAG-Prozess werden von der Generalprokuratur zerplückt, was die Stellung von Justizministerin Bandion-Ortner extrem schwächt. Zu beobachten war aber auch heuer eine klare politische Schlagseite der Justiz. Aus dem Untersuchungsausschuss im Vorjahr, der die ungleiche Behandlung von Regierungs- und Oppositionspolitikern klar belegt hatte, wurde also nichts gelernt - trotz vollmundiger Ankündigungen Bandion-Ortners. Prominentestes Opfer der einäugigen Politjustiz: FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. Gegen Strache ist die Justiz blitzschnell (18.08.) So schnell kann’s gehen: Ein Sendungsverantwortlicher, der die Ereignisse auf einer Wahlveranstaltung in Wiener Neustadt am 12.3.2010 nur vom Hörensagen kennt, zeigt FPÖ-Obmann HC Strache wegen falscher Zeugenaussage und Verleumdung an, und prompt verlangt die Staatsanwaltschaft Straches Auslieferung. Die Anzeige des Schauplatz-Leiters Christian Schüller datiert vom 19. Mai 2010. Drei Monate sind eine ziemlich kurze Frist, wenn man weiß, in welcher Geschwindigkeit die Justiz sonst gegen Politiker ermittelt. Schüller bezieht sein Wissen über den Vorfall, als bezahlte Nazi-Statisten vom ORF auf eine FPÖ-Veranstaltung kutschiert und für ihren Auftritt entlohnt worden sein sollen, wohl überwiegend von seinem ergebenen PolitRedakteur Ed Moschitz, der die Reportage arrangiert hat und für den die Unschuldsvermutung gilt. Trotzdem ist der Staatsanwaltschaft die Anzeige so wichtig, dass sie Straches Auslieferung verlangt und auch ankündigt, sie werde - falls diesem Wunsch nicht entsprochen wird - keine weiteren Ermittlungsschritte in dem Verfahren gegen ORF-Redakteur Moschitz und die ebenfalls angezeigten Skinheads setzen. Für solche Drohungen gibt es juristisch auch einen Tatbestand, der aber natürlich nur erfüllt ist, wenn er nicht von Staatsanwälten gesetzt wird.


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Zur Vermeidung allfälliger Verfolgungshandlungen unserer Webseite durch die Staatsgewalt wird dieser hier auch nicht namentlich genannt. Die Justiz liefert mit ihrem Vorgehen den nächsten Beweis für die Ungleichbehandlung von Politikern, abhängig von ihrer Zugehörigkeit zu Regierungsoder Oppositionsparteien. Dies zu belegen, gelang vor kurzem einem Untersuchungsausschuss des Nationalrats. Die Erkenntnis dürfte jedoch trotz vollmundiger Ankündigungen der Justizministerin nicht zur nachhaltigen Einsicht bei den Strafverfolgungsbehörden geführt haben. Denn: Alleine aus unserer journalistischen Arbeit bei Unzensuriert.at wissen wir, dass gegen zumindest drei hochrangige Regierungspolitiker teilweise schon länger als ein Jahr Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft liegen, die bis dato zu keinem Auslieferungsbegehren geführt haben, obwohl die „Anzeiger“ ganz offensichtlich mehr Einblick in die Materie hatten als Herr Schüller in den von seinem Kollegen Moschitz verursachten Medienskandal. Da wären also: 1.) Eine Sachverhaltsdarstellung in Zusammenhang mit den milliardenschweren Malversationen der im Dezember 2008 notverstaatlichten Kommunalkredit-Bank. Eine der Betroffenen ist die heutige Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ), die im Vorstand dieser Bank tätig war. Eingebracht wurde die Anzeige am 16. März 2009 durch die FPÖ-Abgeordneten Graf, Vilimsky, Hofer, Belakowitsch-Jenewein und Königshofer. Bisher ist kein Ergebnis der Ermittlungen bekannt, sofern es überhaupt (noch) welche gibt. 2.) Eine Sachveraltsdarstellung gegen Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung, Körperverletzung und Gemeingefährdung durch die unterlassene Warnung der Bevölkerung vor den tödlichen Listerien in Quargel-Käse aus steirischer Produktion, eingebracht von FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein am 19. Februar 2010. Bisher keine Ermittlungen bekannt. 3.) Eine Sachverhaltsdarstellung über die Neuerstellung der Webseite des Parlaments wegen Verdachts der Umgehung des Vergabegesetzes durch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), eingebracht durch FPÖGeneralsekretär Herbert Kickl am 1. Juni 2010. Bisher kein Auslieferungsbegehren, keine Ermittlungen bekannt. Unseren Informationen zufolge ist Prammer mit weiteren Anschuldigungen konfrontiert, weil sie sich seit Jahren weigert, die durch das baufällige Parlamentsgebäude bestehenden


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Gefahren für Leib und Leben zu beseitigen. Auch hier wurde der Sachverhalt der Staatsanwaltschaft bekannt gemacht - auch hier gibt’s keine sichtbaren Ermittlungshandlungen und kein Auslieferungsbegehren. Das Verspekulieren von Milliarden, der Tod von neun Menschen, der sorglose Umgang mit Steuergeld und die Gefährdung sämtlicher Mitarbeiter und Besucher des Parlaments sind natürlich Kleinigkeiten im Vergleich mit einem Verleumdungsvorwurf eines linken ORF-Redakteurs zur Rettung des eigenen Jobs und Rufs der Firma. Vor allem, weil in Wien bald Wahlen sind. Apropos Wahlen: Die standen damals ja auch in der Steiermark vor der Tür. Folglich wurde neben dem Wiener FPÖ-Spitzenkandidaten Strache auch der steirische FPÖ-Frontmann Gerhard Kurzmann mit einem Verfahren eingedeckt. Da ging es sogar noch schneller als gegen Strache. Minarett-Spiel: So schnell war die Justiz noch nie (04.09.) Keine 48 Stunden nach der schnell hingekritzelten, rechtlich nicht einmal ansatzweise argumentierten Sachverhaltsdarstellung der Grünen hat die Justiz die Auslieferung des steirischen FPÖ-Obmanns und Nationalratsabgeordneten Gerhard Kurzmann beantragt. So schnell ging es noch nie. Anzeigen gegen Regierungspolitiker liegen üblicherweise jahrelang folgenlos in den staubigen Schreibtischschubladen der Staatsanwaltschaft herum. Im Idealfall verjähren sie dabei gleich. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl übte heute heftige Kritik an der „Schlagseite Richtung Links, Mächtig und Prominent“, wie er die Tendenz der Justiz zusammenfasst: „Während linke Umtriebe wie Hass-und Gewaltvideos gegen FPÖ-Politiker, Musikclips, in denen der Terroranschlag des 11. September von SPÖ-nahen Rappern verherrlicht wird, oder laufende Gewaltaktionen und Gewaltaufrufe von linken Organisationen gegen demokratische Veranstaltungen und Organisationen trotz unzähliger Anzeigen weiter ungehindert betrieben werden und keinerlei Konsequenzen für die Täter haben, reagieren Staatsanwaltschaft und Justiz bei einem Videospiel auf Zuruf aus Parteizentralen quasi über Nacht.“ Die FPÖ Steiermark sah sich indessen gezwungen, das Spiel im Netz zu deaktivieren.


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Hier die Nachricht über die Zensur: Die steirischen Freiheitlichen geben der Justiz nun Gelegenheit, ihr Spitzentempo in Zusammenhang mit dem Moschee-Spiel ein weiteres Mal unter Beweis zu stellen. Sie werden gegen zahlreiche Medien, darunter die Tageszeitungen „Österreich“ und „Heute“, rechtlich vorgehen. Unter anderem wird behauptet, dass beim Online-Spiel „Moschee baba“ Minarette, Moslems bzw. Muezzins „abgeschossen“ oder „weggeballert“ würden. Die Tageszeitung „Österreich“ hat in der Ausgabe vom 2. September sogar auf der Titelseite ein grünes Fadenkreuz in den roten Ring gebastelt und damit den Eindruck erweckt, als würde man mit einem Visier auf Moslems schießen. Fakt ist, dass nicht „geballert“ und auch nicht der Eindruck erweckt werde, dass jemand getötet wird. Der rote Kreis verwandelt sich lediglich in ein Stoppschild, was dazu führt, dass die Muezzine blinkend wieder abziehen und die Moscheen und Minarette untertauchen. Genauso ärgerlich wie die Verfolgungswut gegenüber freiheitlichen Politikern ist die Untätigkiet der Justiz in anderen Causen von öffentlichem Interesse. Im Laufe der letzten Jahre sind mindestens 25 Fälle zusammengekommen, die weiter auf Klärung warten. Justizskandale: FPÖ will Untersuchungsausschuss (25.08.) Die FPÖ will die heutige Sondersitzung im Nationalrat nicht nur zur Kritik an der Bundesregierung wegen der Verschiebung des Budgetbeschlusses nutzen, sondern auch einen Untersuchungsausschuss beantragen. Nach der hitzigen Sommerdiskussion über unzureichende Ermittlungen in zahlreichen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse (Grasser, Haider, ...) soll untersucht werden, ob die Behörden in gesetzwidriger Weise untätig geblieben sind und wenn ja, ob dies auf Grund von Interventionen oder Weisungen geschehen ist. Der Ausschuss zur „Untersuchung des Verhaltens von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft in Fällen von besonderem öffentlichen Interesse“ wird von FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz beantragt und begründet. Im Text des Antrags, der Unzensuriert.at vorliegt, werden beispielhaft 25 Skandale aus den letzten Jahren angeführt, die juristisch zu keinen oder nur zu


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sehr dürren Ergebnissen geführt haben. Aus dem Umfeld von Ministern sind dies etwa die Postenschacher-Vorwürfe gegen Ex-Innenminister Strasser, die Involvierung von Bildungsministerin Schmied in das KommunalkreditDebakel, die versuchte Vertuschung des Listerien-Skandals durch Gesundheitsminister Stöger sowie die Rolle von Ex-Finanzminister Grasser bei der Buwog-Privatisierung und im Meinl-Firmengelecht. Auch Ungereimtheiten aus den Bundesländern sollen aufgearbeitet werden. Als besonders skandalträchtig erweist sich Niederösterreich. Hier stehen die Aufenthaltsgenehmigung für Kasachstans Ex-Botschafter Aliyev, die vertuschten Spekulationsverluste der Hypo-Bank, der Milliarden-Flop bei der Veranlagung von Wohnbaugeld sowie Manipulations-Vorwürfe bei der Briefwahl auf der Liste der zu behandelnden Causen. Die Aufarbeitung der Rolle der Ermittlungsbehörden in politisch heiklen Fällen scheint in der Tat geboten, konstatieren doch selbst regierungsfreundliche Medien wie jüngst „Die Presse“ bei den Staatsanwälten „eine gewisse Beißhemmung vor allem bei Regierungspolitikern“. Strafrechts-Professor Alois Birklbauer spricht gar von vorauseilendem Gehorsam und subtiler Korruption. Für die FPÖ ist die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geboten, weil „der begründete Verdacht besteht, dass durch die Untätigkeit von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft in Fällen von besonderem öffentlichem Interesse Straftaten ungesühnt bleiben“. Selbstverständlich wurde daraus nichts. Die Gründe, warum die Regierungsparteien gegen den Untersuchungsausschuss stimmten, sind dem Antrag zu entnehmen. In fast alle ungeklärten Fälle sind rote oder schwarze Politiker verwickelt. Die größten Justiz-Bomben waren zu diesem Zeitpunkt aber noch gar nicht geplatzt - zum Beispiel der von der jetzigen Justizministerin und ihrem Kabinettschef geführte BAWAG-Prozess. BAWAG-Prozess in Trümmern - Justizministerin muss gehen (20.10.) Justizministerin Claudia Bandion-Ortner steht vor den Trümmern ihrer Arbeit: Der BAWAG-Prozess, ihr größtes Verfahren, das ihr landesweite Bekanntheit bescherte, muss vermutlich neu geführt werden. Die Generalprokuratur übt auf fast 300 Seiten massive Kritik an den Urteilen - auch und vor allem


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an dem gegen den früheren BAWAG-Direktor Helmut Elsner, der seit vier Jahren in Untersuchungshaft sitzt. Elsner ist vermutlich bald ein freier Mann und Bandion-Ortner könnte demnächst frei von der Last ihres Ministeramtes sein. Der damalige Vorsitzende des parlamentarischen Banken-Untersuchungsausschusses, Martin Graf (FPÖ), zeigt sich von den Entwicklungen wenig überrascht. Sowohl im Ausschuss als auch in seinem Buch „Pleiten, Betrug und BAWAG“ kritisierte er, dass nur ein Ausschnitt der BAWAG-Malversationen gerichtlich abgehandelt wurde. Auf den von Staatsanwalt Krakow angekündigten BAWAG-II-Prozess wartet man bis heute vergeblich. Nun stellt sich heraus, dass auch der erste Prozess weitgehend umsonst geführt wurde.

Für Graf war es politisch motiviert, dass der Verhandlungsgegenstand damals auf die Jahre bis 2000 eingegrenzt wurde: „Es sollte ein roter Prozess werden und verwickelte ÖVP-nahe Personen herausgehalten werden“, sagt Graf der Tageszeitung „Österreich“. Gegenüber Unzensuriert.at wird er noch deutlicher: „Richterin Bandion-Ortner und Staatsanwalt Krakow haben sich in ein Boot gesetzt, um gemeinsam zu rudern“. Und das mit Erfolg: Bandion-Ortner wurde Justizministerin, Krakow ihr Kabinettschef. Ziel war es offenbar, Helmut Elsner als Hauptschuldigen umfassend zu verurteilen, die anderen Beteiligten - allen voran Zocker Wolfgang Flöttl - weitgehend ungeschoren zu lassen.


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Pikantes Detail am Rande: Die Auslieferung des nach Frankreich gelohenen Elsner wurde damals durch den Vorwurf der Bilanzfälschung im Jahr 2001 erwirkt. Dieser Vorwurf wurde jedoch nie angeklagt und ist mittlerweile verjährt. Auch darauf soll sich die Kritik der Generalprokuratur beziehen. Für die Oppositionsparteien ist klar, dass Bandion-Ortner zurücktreten muss. Nicht nur, aber vor allem wegen der BAWAG-Farce: „Die Führung des BAWAG-Prozesses war die einzige Tat, die Bandion-Ortner - zumindest in den Augen der ÖVP - für das Ministeramt qualiiziert hat. Dieser Prozess liegt jetzt in Trümmern“, sagt Martin Graf. Das Fass zum Überlaufen könnte Bandion-Ortner selbst gebracht haben mit ihrer naiven Rechtfertigung für das Prozess-Chaos in Sachen BAWAG: „Man kann nicht erwarten, dass in einem so riesigen Verfahren keine Fehler passieren“, übte sie sich in Selbstverteidigung. Das treibt sogar den Koalitionspartner auf die Palme. SPÖ-Klubobmann Cap: „Diese Äußerung steigert nicht gerade das Vertrauen in die Justiz. Das heißt im Umkehrschluss ja, dass man in allen großen Verfahren Fehler erwarten muss.“ Dieses Vertrauen ist längst zerstört. Der Rücktritt der Ministerin ist das Mindeste, um es wieder langsam aufzubauen. Doch auch in diesem Fall war der Kleber zwischen dem Hosenboden der Ministerin und ihrem Sessel zu stark. Ein Misstrauensantrag des BZÖ wurde im Nationalrat ebenso niedergestimmt wie ein neuerlicher Antrag der Freiheitlichen auf Einsetzung eines U-Ausschusses, diesmal zum Fall der entführten Natascha Kampusch - dazu gleich mehr. Dem inhaftierten ehemaligen BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner brachte auch das Gutachten der Generalprokuratur nicht die lang ersehnte Freiheit. Seine Frau Ruth kämpft indessen verbissen und medienwirksam gegen die Justiz. Ruth Elsners kryptische Anschuldigungen gegen die Justiz (22.10.) Die ATV-Diskussion über den BAWAG-Prozess hatte ein seltsames Ende. Für die Fernseh-Zuschauer höchst kryptisch war das Schluss-Statement von Ruth Elsner. Sie wolle noch fünf Wörter sagen: „Korruption - Absprachen - Krakow - Eichenseder - Pleischl“. Herbert Eichenseder ist der Anwalt des Spekulanten Wolfgang Flöttl und tritt immer wieder als Verteidiger in großen Wirtschaftsprozessen in Erscheinung. Werner Pleischl, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, steht derzeit auch in Zusammenhang mit


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den (vorsätzlich?) verpfuschten Kampusch-Ermittlungen in der Kritik. Der BAWAG-Staatsanwalt Krakow hat im Verein mit Richterin Bandion-Ortner das Verfahren gegen Elsner geführt und ist jetzt ihr Kabinettschef. Dass Ruth Elsner gerade diese drei Namen nennt, steht möglicherweise in Zusammenhang mit Vorwürfen, innerhalb der Justiz bestehe ein Netzwerk, das durch Kompetenzzuteilungen von großen Wirtschaftscausen innerhalb der Staatsanwaltschaft auf die Verfahren massiven Einluss nehme, Anzeigen willkürlich zurücklege oder Personen schütze. Ebenso liegt dem wohl die ungleiche Behandlung der BAWAG-Angeklagten Elsner und Flöttl zugrunde. Während Elsner seit fast vier Jahren eingesperrt ist, spaziert Flöttl als freier Mann durch die Welt und sieht nach der Kritik der Generalprokuratur womöglich sogar einem Freispruch entgegen. Von Unzensuriert.at mit den kryptischen Andeutungen Ruth Elsners konfrontiert, sagt Oberstaatsanwalt Pleischl, er habe Verständnis für ihre Situation, wolle jedoch Elsners Aussagen grundsätzlich nicht kommentieren. Rechtsanwalt Eichenseder weist jeden Zusammenhang mit Korruption und Absprachen zurück: „Krakow und Pleischl waren meine erbittertsten Gegner in diesem Verfahren. Krakow wollte Flöttl in Haft nehmen, die Oberstaatsanwaltschaft hat seine Anträge bestätigt“, schildert er. Nur der Untersuchungsrichterin sei es zu verdanken, dass Flöttl nicht genauso in U-Haft genommen worden sei wie Helmut Elsner. Neues Verfahren oder Freispruch für Wolfgang Flöttl? Eichenseder rechnet nicht zwingend mit einem neuen Verfahren in der Causa BAWAG. „Fünfzig - Fünfzig“, sagt er und erwartet, dass die Schuldsprüche gegen seinen Mandanten demnächst aufgehoben werden. Sollte dies eintreten, wäre das jedoch zusätzliches Wasser auf die Mühlen von Ruth Elsner, denn ihren Ehemann will die Staatsanwaltschaft auch nach dem vernichtenden Gutachten der Generalprokuratur nicht enthaften. Ihre Aussagen auf ATV waren ganz offensichtlich nicht an die Zuseher gerichtet, sondern eher eine Botschaft, wenn nicht gar eine Drohung gegen manche Vertreter der Justiz. Man darf gespannt sein, ob sie ihr diesbezügliches Wissen bald in einer Form präsentiert, das auch für den Durchschnittsbürger nachvollziehbar ist.


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Parallel zum nachträglichen Platzen des BAWAG-Prozesses wurde offenkundig, dass die Justiz auch bei den Ermittlungen zum Entführungsfall Natascha Kampusch ernsten Vorwürfen ausgesetzt ist. Sie kommen vom ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Johann Rzeszut, der nach dem ehemaligen Verfassungsgerichtshof-Präsidenten Ludwig Adamovich der zweite pensionierte Top-Richter ist, der sich hier massiv einmischt und angesichts der Untätigkeit der Ermittlungsbehörden einen Hilferuf aussendet. Aus dem umfangreichen Dossier Rzseszuts ergeben sich viele Fragen, unter anderem diese: Fall Kampusch: Hatte Priklopil doch einen Komplizen? (23.10.) Kampusch-Entführer Wolfgang Priklopil, der nach der Flucht seines Opfers am 23. August 2006 Selbstmord begangen haben soll, war laut Oberstaatsanwaltschaft ein Einzeltäter. Der Verdacht der Mittäterschaft gegen Ernst H., einen Freund und Berufskollegen des Nachrichtentechnikers, habe sich nicht erhärtet. Eine Mehrtäter-Theorie gilt demnach als ausgeschlossen, auch, weil eine Zeugin ihre Aussage nach einiger Zeit widerrief. Das ist zumindest die ofizielle Version der Justiz. Nun liegen allerdings Informationen vor, die dem Fall Kampusch nach zwei Jahren wieder neue Brisanz einhauchen. In einem Schreiben hat sich der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes und Mitglied der sogenannten „Kampusch-Evaluierungskommission“, Dr. Johann Rzeszut, an die fünf Klubobleute im Nationalrat gewandt. Darin schildert Rzeszut sachlich nicht nachvollziehbare Vorgangsweisen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Entführungs- und Abgängigkeitsfall. Unkontrollierte Räumung des Priklopil-Hauses Unter anderem soll die Justiz das Priklopil-Haus in Straßhof bei Wien noch am Tag der Flucht von Natascha Kampusch zur „teilweisen, unkontrollierten Räumung“ durch den Freund und Geschäftspartner des Peinigers freigegeben haben. „Dieser berief sich bei der (noch während der sicherheitsbehördlichen Tatortaufnahme einsetzenden umtriebigen) Wegschaffung nicht mehr feststellbarer Objekte auf eine angebliche mündliche Bevollmächtigung durch die Mutter des Verstorbenen, die - dazu in der Folge befragt - eine derartige Gesprächseinlassung und eine Auftragserteilung der behaupteten Art nicht bestätigte“, heißt es in dem Schreiben.


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Jene DNA-Spuren, die in Prikopils Haus von den Untersuchungsbehörden an diesem Tag sichergestellt wurden, lieferten dann laut Oberstaatsanwaltschaft keine Hinweise auf weitere Täter. Konkret heißt das: Obwohl es noch in keinster Weise bewiesen war, dass Wolfgang Priklopil keine Mittäter oder Mitwisser hatte, wurde seinem engsten Freund und Geschäftspartner Ernst H. erlaubt, den Tatort unter Vorgabe tatsachenwidriger Behauptungen zu säubern. Wer hat Priklopils Abschiedsbrief geschrieben? Für den FPÖ-Abgeordneten Werner Neubauer existiert aber noch eine Reihe „weiterer krasser Ungereimtheiten“ im Rzeszut-Dossier, die bislang nicht Thema von Ermittlungen gewesen sein sollen. So habe Ernst H. einen „Abschiedsbrief“ Priklopils präsentiert, der mehr grafologische Ähnlichkeiten mit seiner eigenen Handschrift aufwies als mit der Handschrift des vermeintlichen Schreibers. Dem daraus folgenden gravierenden Fälschungsverdacht habe die damals zum Ermittlungsabbruch entschlossene Staatsanwaltschaft keine wie immer geartete Beachtung geschenkt, kritisiert Neubauer in einer Aussendung. Er hat aus diesem Grund mehrere schriftliche Anfragen an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) eingebracht, die sich mit dieser Thematik befassen. Eine dieser Anfragen umfasst die sogenannte Mittäter-Theorie und die Rolle der Justiz zur Freigabe der Hausräumung des mutmaßlichen Komplizen Ernst H. Im Parlament wurde in der letzten Nationalratssitzung von der FPÖ ein Untersuchungsausschuss beantragt, der die Causa restlos aufklären und abschließen hätte sollen. Dieser blieb jedoch ohne Zustimmung. Das Rzeszut-Dossier enthält zahlreiche weitere Ungereimtheiten, die durch danach aufgetauchte Dokumente erhärtet und ergänzt werden. Auf der Webseite von Unzensuriert.at inden sich dazu noch folgende Artikel zum Fall Kampusch: • • • •

Schwere Vorwürfe gegen Ermittlungsbehörden Firmeneintrag trotz Gefangenschaft Besuchte Priklopil doch Kinderporno-Seiten? Rufdaten wurden nie ausgewertet


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Hohes Haus bleibt Baustelle Das Parlament wartet immer noch auf den dringend nötigen Umbau. Dafür bekam es einen neuen Internet-Auftritt verpasst, dessen enorme Kosten allerdings ebenso zu gerichtlichen Ermittlungen führen könnten wie die Verzögerung der Sanierung. Die Life-Ball-Gesellschaft fühlte sich dafür erstmals pudelwohl im Parlament. Zunächst zum lange geplanten Umbau: Es wird wieder alles teurer. „Schwankungsbreiten“ bei der Gutachter-Schätzung eingerechnet, könnte die Neugestaltung bis zu einer halben Milliarde Euro kosten und schraubt sich damit in luftige Höhen, die man zuletzt vom Wiener Flughafen kannte. Prammer macht Parlamentsumbau zum zweiten Skylink (16.02.) Eine Firma mit mehr als 1000 Beschäftigten in einem angeblich baufälligen historischen Gebäude zu leiten, bedarf mehr als sozialistischer Kampfrhetorik. Leider hat Barbara Prammer nicht mehr zu bieten, und so wächst sich die dringend nötige Sanierung des Parlaments zu einem Planungsiasko aus, das schon bald Skylink-Dimensionen annimmt. Auch am Flughafen lag der Hund schon in der Planung begraben. Die aktuellste Entwicklung im Hohen Haus: In einer Sitzung des Baukomitees präsentierte Nationalratspräsidentin Prammer gemeinsam mit einem Gutachter ein Konzept für einen Komplett-Umbau des Parlaments: Kosten zwischen 261 und 326 Millionen Euro - Schwankungsbreite plus/minus 40 Prozent. Noch gar nicht mitberechnet sind die Kosten für ein Ausweichquartier, das zwei bis vier Jahre lang nötig wäre. Wer österreichisch lesen kann, weiß also: Die Sache kostet mindestens eine halbe Milliarde Euro. Das war nicht immer so, wie der Unzensuriert-Chronologie über Prammers Aussagen zum Umbau seit 2007 zu entnehmen ist: Mitte 2007 war schon alles in trockenen Tüchern. Prammer trat mit ihrem damaligen Kollegen Michael Spindelegger vor die Presse. Man sei sich einig, der Umbau des Nationalrats-Sitzungssaals könne im Herbst 2008 beginnen. 21 Millionen Euro werde das Projekt kosten. Seither herrscht Chaos: Architekturwettbewerb, Baustopp, Gefahr im Verzug, Parlamentsentschließung, Baukomitee-Gründung, Gutachten um Gutachten und jetzt: Die neuerliche Verschiebung des Umbaus. Prammer wird ein neuerliches Gutachten in Auftrag geben


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für etwa zwei Millionen Euro. In einem Jahr will man sich darüber unterhalten. Prammer negiert dabei die Tatsache, dass in vorherigen Gutachten bereits Gefahr im Verzug festgestellt wurde und in manchen Bereichen der Zustand des Hauses nicht gesetzeskonform ist, etwa beim Brandschutz. Mittlerweile muss von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden, wenn täglich Besuchergruppen durch das Hohe Haus geführt werden und Woche für Woche große Veranstaltungen stattinden. Angesichts der explodierenden Kosten fühlt man sich jedenfalls an das Skylink-Debakel am Wiener Flughafen erinnert. Der Gutachter für die Planung ist übrigens derselbe. Dass es auch virtuelle Baustellen gibt, bewies das Parlament mit seinem neuen Internet-Auftritt. Nach langen Geburtswehen ist er endlich fertig gestellt. Die enormen Kosten dafür werden allerdings nicht ersichtlich. Halbe Million Euro für Webseitenbaustelle des Parlaments (28.05.) 2008 wurde von der Parlamentsdirektion ein Projekt zur Neugestaltung des Internetauftritts gestartet. Voraussichtlich im Spätsommer 2010 soll der Neustart stattinden. Mittlerweile sind dafür aber nicht unwesentliche Kosten in der Höhe von 453.613, 22 Euro angefallen. Nicht alle Leistungen für die Noch-Baustelle der Webseite scheinen bei genauerer Betrachtung gerechtfertigt. Unzensuriert.at nimmt eine parlamentarische Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Norbert Hofer und deren Beantwortung durch die Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) zum Anlass, um eine genaue Aufschlüsselung der bisherigen Kosten vorzunehmen. Besonders hohe Positionen an externe Dienstleister lassen dabei die Vermutung aufkommen, es könnte das Bundesvergabegesetz umgangen worden sein. Fünf Internetagenturen wurden im Sommer 2008 durch einen dem Projekt beigezogenen Kommunikationsberater ausgewählt. Eine Kommission, bestehend aus Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, wählte schließlich drei Firmen zu einer Eigenpräsentation und einem Verhandlungsverfahren aus. Dabei iel der Zuschlag auf die Firma „Fonda Interaktive Medien und Kom-


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munikation GmbH“ aus Wien. Sie konnte „den ersten Platz in allen vier beurteilten Kategorien Startseite, Design und Optik, technische Umsetzbarkeit und Qualität sowie übergeordnete Kommunikationsziele erzielen“, erklärt Prammer in der Anfragebeantwortung. Als Vergabeverfahren wurde ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, sprich Ausschreibung, gewählt. Das kann für Dienstleistungen gewählt werden, wenn der geschätzte Auftragswert 60.000 Euro (netto) nicht übersteigt. Der geschätzte Auftragswert lag nach Angaben Prammers unter diesem Betrag. Eine erste Überraschung erfolgte sogleich bei den tatsächlichen Kosten. Für das Basispaket ielen nämlich 71.708 Euro (brutto) an. Schon damit schrammt man knapp an den gesetzlich vorgeschriebenen Auftragswert für Dienstleistungen nach dem Vergabegesetz heran und liegt weit über dem geschätzten Auftragswert der hauseigenen Kommission. Eine klassische Fehleinschätzung also, doch dabei allein blieb es bei weitem nicht. In dem Basispaket dürfte nämlich kaum etwas enthalten gewesen sein. Für eine bessere Skalierbarkeit der Startseite, eine „Lightbox“ zur optimalen Darstellung von Fotos, diverse Internet-Applikationen, eine Personalisierung der Website und einen Web- und Redaktionsguide mussten nochmals 59.955,20 Euro bezahlt werden. Die technische Umsetzungsbegleitung schlug mit 38.400 Euro zu Buche. Auch damit nicht genug. Eine Volltextsuche kostete 52.502,02 Euro an Hardwarekosten und 135.000 Euro an Lizenzkosten, beschafft über Rahmenverträge der Bundesbeschaffungsgesellschaft. Zur Installation und Koniguration der Volltextsuche ielen zusätzlich 54.048 Euro an. Die hausinternen Entwicklungstätigkeiten für die neue Webseite werden aus dem laufenden EDV-Aufwand gedeckt und sind daher nicht konkret zu beziffern. Zusätzliche Kosten werden voraussichtlich noch für Übersetzungen in Gebärdensprache, Übersetzungen für das englischsprachige Angebot, redaktionelle Arbeiten sowie für die Herstellung diverser Videos anfallen, verrät Prammer. Und für einen Sicherheits-Check und die weitere technische Umsetzungsbegleitung beim Neustart des Parlamentsauftritts fallen dann nochmals 20.000 Euro bzw. 22.000 Euro an. Weitere Kosten für die Weiterbetreuung sind darüber hinaus noch fraglich.


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Insgesamt sind das Kosten von 453.613,22 Euro, die sich nach ehrlicher Berechnung, also auch nach Berücksichtigung der internen Kosten, allerdings noch in Richtung Millionenhöhe bewegen werden. Die Parlamentswebseite ist, ähnlich wie das ehrwürdige Haus selbst, eine sündteure Baustelle. Die Unzensuriert-Recherchen mündeten schließlich in eine Anzeige gegen die Parlamentspräsidentin. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl brachte sie ein. Prammer wegen Parlaments-Homepage angezeigt (02.06.) Die FPÖ geht der Sache mit der sündteuren Neugestaltung der Parlaments-Homepage jetzt auf den Grund. Generalsekretär Herbert Kickl hat der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt mit dem Ersuchen, wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Untreue Ermittlungen gegen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer aufzunehmen. Unzensuriert.at liegt die Sachverhaltsdarstellung exklusiv vor. Hintergrund sind die exorbitanten Kosten für die Webseite - mittlerweile rund 450.000 Euro. Für Kickl steht der Verdacht im Raum, dass das Bundesvergabegesetz umgangen wurde, weil das von Prammer eingesetzte Vergabeverfahren nur für Dienstleistungen bis zu einem Wert von 60.000 Euro netto möglich ist. „Dieser halbseidene Beschaffungsvorgang gehört dringend aufgeklärt“, so Kickl gegenüber der Zeitung „Heute“. Die FPÖAbgeordnete Susanne Winter wird zudem eine weitere Anfrage an Prammer in dieser Causa richten. Sie will den Rechnungshof einschalten und verspricht volle Transparenz. Die Nationalratspräsidentin ist indessen mit einer weiteren Anzeige konfrontiert. Diesmal geht es um den desolaten Zustand des Parlaments. Die „Kronen Zeitung“ bezeichnet das Hohe Haus als „eine Mischung aus Ruine und Bruchbude“ Der FPÖ-Landtagsabgeordnete Toni Mahdalik führte die Krone-Reporter durch den Dachboden, „der aussieht wie ein Spukschloss: Feuchte Dachbalken, zerbröckelte Verstrebungen, verbogene Schrauben für schwere Luster, eine abgewrackte Dachkonstruktion.“ Mahdalik und FP-Stadtrat Johann Herzog haben in dieser Angelegenheit mehrere Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft übermittelt.


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Von Ermittlungen ist nach beiden Anzeigen selbstverständlich nichts bekannt, die Kosten für die Webseite kletterten allerdings weiter in die Höhe, wie Barbara Prammer in der Beantwortung der eben erwähnten Anfrage einräumen musste. Luxus-Parlamentswebseite: Kosten schon bei über 700.000 Euro (11.08.) Die Beantwortung einer aktuellen parlamentarischen Anfrage der FPÖ-Nationalratsabgeordneten Dr. Susanne Winter an Parlamentspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) liefert nun weitere interessante Details zur luxuriösen Neugestaltung der Parlamentswebseite. Der neue Internetauftritt ab Mitte Herbst unterscheidet sich zwar optisch nur marginal vom alten, kommt allerdings seriös berechnet auf über 700.000 Euro. Unzensuriert.at listet sämtliche Kosten für die technische Umsetzung, Beratertätigkeiten und sonstige zusammenhängende Aktivitäten auf. So interessant die Details auch sind, wir fassen uns kurz: Rund 200.000 Euro betragen die internen Kosten für Hauspersonal. Alleine die Volltextsuche schlägt mit einer viertelmillion Euro an. Ähnlich verschwenderisch ist das Parlament übrigens beim Betrieb seiner Kinder- und Jugendseiten „DemokratieWEBstatt“ sowie „reininsparlament.at“. Rein ins Parlament durfte heuer erstmals auch die schrille Gesellschaft des Life Balls. Organisator Gery Keszler freute sich über die schöne „Location“. Wem die überhaupt gehört und wer da sonst so arbeitet, wenn er gerade nicht feiert, scheint ihm jedoch nicht ganz klar zu sein. Regierung stellt ihr Parlament für Life Ball zur Verfügung (01.04.) Der Life Ball indet dieses Jahr in Wien an außergewöhnlichen Standorten statt: Neben Rathaus, Rathausplatz und Burgtheater wird sogar im Parlament gefeiert. Kein Wunder also, wenn die monumentale Symboligur des österreichischen Parlamentarismus plötzlich ein rotes Schleiferl auf ihrer Brust trägt. Der Initiator des Events, Gerald „Gery“ Keszler, freute sich bei der Vorstellung seines Programmes vorige Woche ganz besonders, dass „die Regierung ihr Parlament zur Verfügung stellt“. Es ist das erste Mal, dass ein öffentliches Gebäude dieser Klasse Schauplatz des Life Balls wird.


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Im Parlament regt sich deshalb auch schon der erste Widerstand. Wie einer Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Harald Vilimsky zu entnehmen ist, befürchtet der Dienststellenausschuss, dass für den geplanten Empfang der lustig kostümierten AIDS-Prominenz am 17. Juli weder Kosten noch Mühen gescheut werden. Durch die Aussage von Keszler, die Regierung stelle ihr Parlament zur Verfügung, tritt jedoch noch eine andere Frage auf: Wer bestimmt, welche Veranstaltungen im Hohen Haus stattinden? Die Bundesregierung? Oder geschäftsordnungsgemäß der Präsident des Nationalrates - also aktuell Barbara Prammer von der SPÖ? Es wird wohl doch die Präsidentin gewesen sein, die natürlich auch gerne den Ehrenschutz für die Veranstaltung übernahm und das Parlament tatsächlich mit einer riesigen roten Schleife ausstatten ließ. Eine rote Schleife für das Parlament (16.07.) Morgen ist es endlich soweit. Dann geht in Wien der 18. Life-Ball über die Bühne. Das Aufatmen bei Anrainern und Autofahrern wird hörbar sein. Die Teilsperrung der Ringstraße zwischen Operngasse und Schottentor sowie zwischen Schwarzenbergplatz und Schottentor ist im baustellengeplagten Wien eine mittlere Katastrophe. Dazu noch die schrill-obskuren Geräusche am Veranstaltungstag, die für die meisten Durchschnitts-Wiener ohnehin nicht zuordenbar sind. Die Sommerhitze macht schon genug zu schaffen. Wer braucht da noch tanzende Bunt-Vögel in der Innenstadt? Auch die Aufbauarbeiten sind Gott sei Dank im Endstadium. Auf den monumentalen Säulen des Parlaments wurde am Dienstag wie erwartet eine riesige rote Schleife montiert. Hausherrin Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist mit der Anbringung des „Red Ribbon“ zufrieden: „Wir setzen damit ein Zeichen für Toleranz und Solidarität“, sagt sie. Und: Die rote Schleife soll in Zukunft jedes Jahr zum Welt-Aids-Tag am Parlament hängen. Wenn das nicht die Statik des baufälligen Gebäudes massiv beeinträchtigt! Nicht auszudenken, wenn gerade am Samstag wegen der von Meteorologen prophezeiten Schlechtwetterfront das löchrige Dach plötzlich zur Riesen-Brause für unsere kostümierten Volksvertreter in der Säulenhalle würde. Im schlimmsten Fall könnten sogar Hagelkörner die Häupter der angekarrten Promis treffen. Sei’s drum: Wenigstens wird der Österreicher dank parlamentarischem Anfragerecht über die Kosten des Schleiferls und der dazugehörigen Gala im Hohen Haus informiert.


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Da können auch die germanischen Gottheiten, die heuer für den Life-Ball zweckentfremdet wurden, nichts dagegen bewirken. Ob Organisator Gerald „Gery“ Keszler auch Fullo, den germanischen Gott des Überlusses, gemeinsam mit Bürgermeister Michael Häupl und Berlins schwulem Bürgermeister Klaus Wowereit zur Eröffnung auf die Bühne bringen lässt, ist angesichts der Kommerzialisierung der Veranstaltung nicht mehr auszuschließen. Die Einnahmen für das eintägige Spektakel gehen schließlich in die Millionen. Problematisch ist allerdings, dass der Gott des Überlusses der Sphäre der Fruchtbarkeit angehört. Das wird wohl bei vielen Teilnehmern bestenfalls wieder in die Forderung nach dem Adoptionsrecht für Homo-Paare münden. Die Gala ging, wie von Prammer gewünscht, reibungslos und unter vollstem Einsatz des scharenweise verplichteten Hauspersonals über die Bühne. Sogar eigene Sicherheitsschleusen wurden am Eingang der Säulenhalle errichtet. Für andere Veranstaltungen zeigte die Nationalratspräsidentin seltsamerweise weniger Engagement.


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Prammer untersagt Veranstaltung zum Frauentag (04.01.) Von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist man in ihrer Amtsführung schon einiges gewohnt. Ihre eigenmächtigen Entscheidungen sorgen immer wieder für Kopfschütteln - und müssen auch meist wieder revidiert werden. Stichwort Baustopp im Parlament oder Aktenzensur im Untersuchungsausschuss. Prammers Kollege Martin Graf hat auch mit nicht genehmigten Veranstaltungen schon Erfahrung gemacht, besonders erstaunt das aktuelle Verbot einer Veranstaltung zum internationalen Frauentag. Graf hatte gemeinsam mit der Initiative Freiheitlicher Frauen (IFF) sowie FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller eine frauen- und familienpolitische Diskussionsveranstaltung geplant, die jedoch von der Nationalratspräsidentin nicht genehmigt wurde. Ihr Büroleiter teilte mit: „Ich ersuche um Verständnis, dass Nationalratspräsidentin Mag.a Prammer, wie auch in den vergangenen Jahren, bereits eine Veranstaltung für den 8. März 2010 vorbereitet und parallel dazu keine Veranstaltung genehmigt wird.“ Hochmut kommt vor dem Fall. Die Zeit der sozialistischen Erbpachten läuft schneller ab, als den Genossen lieb ist. Das Geld sitzt bei der Präsidentin nicht nur locker, wenn es um pompöse Veranstaltungen oder überteuerte Internet-Auftritte geht, auch persönlich lässt es sich Barbara Prammer gut gehen, etwa wenn sie eine Reise tut. Exorbitante Flugkosten auf Prammers Luxusreisen (01.06.) Ein Flug von Wien nach Genf mit einer heimischen Fluglinie kostet im Durchschnitt 350 Euro in der Economy Class. Bei diversen Ticket-Suchmaschinen sind sogar Billiglüge um die 150 Euro zu haben. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer schafft es noch eine Spur außergewöhnlicher. Für eine zweitägige Reise zur IPU-Konferenz in die Schweizer Stadt kommt sie samt zwei Begleitpersonen auf sensationelle 3.131,21 Euro Flugkosten. Die Aufenthaltskosten von 1.511,13 Euro mit einberechnet, kostet Prammers Zwei-Tages-Trip nach Genf somit 4.642,34 Euro. Auch zwei andere Veranstaltungen der Interparlamentarischen Union verursachten großzügige Steuergeldausgaben, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Dr. Johannes Hübner jetzt zeigt.


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Beim 2. Vorbereitungstreffen für die 3. IPU-Weltkonferenz in New York kostete kostete die Reise 13.934,16 Euro. Die Flugkosten machten auch hier den Großteil der Rechnung aus, nämlich 11.522,23 Euro. Pro Person immerhin 2.880,56 Euro. Anlass war ein Arbeitsgespräch mit der stellvertretenden UNO-Generalsekretärin und die Überbringung eines österreichischen Ehrenzeichens. Ein wenig günstiger ging es beim bilateralen Besuch in Namibia. Dort wurde löblicherweise der Aufenthalt fürs anschließende Wochenende privat bezahlt, bei den Flugtickets ist allerdings auch hier kein Sparwille erkennbar. 7.871,82 Euro (2.623,94 pro Person) von insgesamt 8.805,38 an eine Fluglinie. Alle drei Reisen können mit einem Gesamtkostenaufwand von 27.381,88 Euro sicherlich als Luxusreisen bezeichnet werden. Besonders die Flugkosten in der Höhe von 22.525,26 Euro sind angesichts vorausschauender Planungsmöglichkeiten und der enormen Preis- und Vergleichsvielfalt im Internet schier unbegreilich. Nach all diesen Unregelmäßigkeiten in ihrer Amtsführung hätte Barbara Prammer heuer dennoch die Gelegenheit gehabt, sich als wichtige Stütze unserer Demokratie zu präsentieren. Denn die Regierung hat die Verfassung gebrochen, um das Budget über die festgeschriebene Frist hinaus zu verschieben. Da hätte sich das Parlament auf die Hinterbeine stellen können, ja sogar müssen. Prammer versuchte anfangs, sich einigermaßen rollengerecht zu verhalten, tadelte die Regierung, obwohl sie zur Hälfte aus ihren Parteifreunden besteht, und versuchte den Anschein zu erwecken, dass ihr als einer von ganz wenigen Abgeordneten der Regierungsfraktionen der Parlamentarismus und die Gewaltentrennung in Österreich noch etwas bedeuten würden. Doch dann kam der Nationalfeiertag. Prammer-Lob für Verfassungsbruch der Regierung (26.10.) Mehr als 10.000 Menschen aus dem In- und Ausland besuchten am Nationalfeiertag das Parlament an der Wiener Ringstraße und konnten damit den Eindruck gewinnen, dass demokratische Einrichtungen offen zugänglich sind und einen freien Raum des politischen Diskurses bieten. Die drei Nationalratspräsidenten nutzten den Tag der offenen Tür im Hohen Haus um mit den Besuchern genauer ins Gespräch zu kommen. Dabei stand nicht nur der desolate Zustand des vor 130 Jahren errichteten Parlamentsgebäudes im Mittelpunkt des Besucherinteresses, sondern aus aktuellem


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Anlass auch das Belastungsbudget der rot-schwarzen Bundesregierung. Wie es am Nationalfeiertag jährlicher Usus ist, richteten die Hauptakteure des Parlaments dabei ihre Appelle an die Öffentlichkeit. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) sah den enormen Besucherzustrom als Handlungsauftrag an die Parlamentarier, im Wege der Gewaltenteilung „die Regierung zu kontrollieren und auf ihre Plichten hinzuweisen“. Die Regierung dürfe sich nicht über die Verfassung, die den demokratischen Grundkonsens gewährleiste, hinwegsetzen“, so Graf in Anspielung auf den Verfassungsbruch bei der Budgeterstellung. Eine andere Sicht der Dinge hatte Parlamentspräsidentin Prammer (SPÖ), die in der Vergangenheit schon mehrmals wegen der Führung „ihres“ Hauses Unmut erregt hatte. So auch diesmal, als sie den von der Bundesregierung vorgelegten Budgetentwurf als „die tagtägliche Überzeugungsarbeit in Form von redlicher, sachorientierter Politik“ bezeichnete und sich dann noch freute, dass es bis Jahresende einen Budgetbeschluss geben wird. Dieses Lob für einen Verfassungsbruch sorgte für gehörigen Unmut bei FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der die Aussagen Prammers als „unglaubliche Beschönigung von Verfassungsbruch und Wählertäuschung“ kritisierte. Die Entstehung des Budgets sei ein Musterbeispiel, wie Demokratie nicht funktionieren dürfe und alles andere als redlich, so Vilimsky. Als Nationalratspräsidentin habe Prammer die Interessen der Abgeordneten und damit des Volkes zu vertreten und nicht die der Mächtigen, die offenbar glauben, dass die Gesetze und die Verfassung für sie nicht gelten. Zum Abschluss dieses Kapitels noch eine groteske Geschichte. Nationalratspräsidenten sind hohe Repräsentanten der Republik und empfangen ebenso hohe Vertreter anderer Staaten. Dabei werden sie oft beschenkt. Nicht allen dürfte jedoch klar sein, dass diese Geschenke nicht ihnen persönlich, sondern der Republik gemacht werden. Wo sind Glawischnigs Gastgeschenke? (11.07.) Eva Glawischnig wurde am 30. Oktober 2006 zur Dritten Präsidentin des Nationalrats gewählt. Knapp zwei Jahre verbrachte die grüne Klubobfrau in dieser Funktion. In dieser Zeit bekam sie den Usancen bei Besuchen und diplomatischen Empfängen zufolge sicherlich auch Gastgeschenke.


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Hohes Haus bleibt Baustelle

Die Beantwortung einer Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Johannes Hübner durch Nationalratspräsidentin Prammer zeigt nun allerdings, dass über den Verbleib der Gastgeschenke keinerlei Aufzeichnungen geführt wurden. Das heißt, entweder hat die ehemals Dritte Präsidentin keine Geschenke bekommen - was angesichts der historischen Tradition dieses zwischenstaatlichen Zeremoniells eher unwahrscheinlich ist - oder Eva Glawischnig hat die kleinen Aufmerksamkeiten schlicht und einfach selber eingesackelt. Vielleicht sogar als Wohnzimmerdekoration? Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) fordert daher nun, dass die Geschenke zwingend inventarisiert und nach dem Ausscheiden des Amtsträgers der Parlamentsdirektion übergeben werden. Er kann sich auch vorstellen, die schöneren Stücke in Vitrinen im Parlament auszustellen. Derzeit gibt es kein vollständiges Inventar: Schon seit Anton Benyas Zeiten (1971 bis 1986) lagern einige „Relikte“ in einem kleinen Kabinett im Hohen Haus, andere quer verstreut durch das Parlamentsgebäude. Glawischnig ließ den Vorwurf, sie habe mit Geschenken ihre Wohnung möbliert, nicht auf sich sitzen. Ihre Erklärung war jedoch nicht sehr überzeugend. Wo sind Glawischnigs Gastgeschenke? - Fortsetzung (13.07.) Jetzt wissen wir zwar immer noch nicht, wo die Geschenke sind, die Eva Glawischnig in ihrer Amtszeit als Dritte Nationalratspräsidentin erhalten hat, aber immerhin wissen wir, wer davon proitiert hat. Sie seien, so Glawischnig im „Standard“, zugunsten des Anti-Rassismus-Vereins ZARA versteigert worden. Gut 1.000 Euro seien dafür zusammengekommen, der größte Teil davon allerdings „durch von ihr selbst angefertigte Bilder für das Büro“. Wir wussten nicht, dass Glawischnig sich auch als Malerin oder Fotograin betätigt.


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Will man der nunmehrigen Klubobfrau der Grünen nicht Lüge vorwerfen, so ist ihre Schilderung des karitativen Akts zumindest mit einigen Erinnerungslücken behaftet. Der Verein ZARA vermerkt nämlich auf seiner Webseite, dass der Erlös nicht aus einer Versteigerung, sondern aus einer Tombola stammt, und beziffert den von Glawischnig erhaltenen Betrag mit 780 Euro. Weitere Details waren von ZARA leider nicht zu erfahren, weil sich dort all jene, die darüber Auskunft geben könnten, bis Ende August auf Urlaub beinden. Ohne jetzt um die starken zwei Hunderter streiten zu wollen, fällt eines auf: Glawischnig dürfte das Republikeigentum jedenfalls deutlich zu billig hergegeben haben. Der Fernsehsender ATV ließ drei Geschenke, die dem derzeitigen 3. Präsidenten Martin Graf überreicht wurden, schätzen. Für einen Dolch aus Saudi-Arabien, eine Kristallskulptur aus Kasachstan und ein Teeservice aus Thailand setzte der Kunstexperte jeweils 1.500 bis 2.000 Euro an Wert an. Es scheint doch etwas befremdlich, solche Kostbarkeiten mit ein paar Tombolalosen - womöglich noch im Kreis der eigenen Polit-Freunde - zu verschleudern.


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Pressefreiheit in Gefahr

Pressefreiheit in Gefahr Der ORF lieferte den Medienskandal des Jahres, indem er bezahlte Skinheads zu einem Auftritt von FPÖ-Obmann Strache mitnahm. Dennoch stilisierte er sich sogar aus dieser Affäre heraus zum Opfer und sah die Pressefreiheit bedroht. Dabei sind Inseratenabhängigkeit und das geplante Terrorismus-Präventionsgesetz wesentlich größere Gefahren für Meinungs- und Pressefreiheit. Was die - an sich lobenswerte - Bekämpfung des Terrorismus mit Grundrechten wie Presse- und Meinungsfreiheit zu tun haben soll, erschließt sich auf den ersten Blick nicht. Umso größer war die Überraschung bei der Begutachtung des von der Justizministerin vorgelegten Gesetzesentwurfs. Meinungseinschränkung als Terrorismusprävention (07.02.) Still und leise ist von Justizministerin Bandion-Ortner ein Terrorismuspräventionsgesetz vorbereitet worden. Ein schöner Titel, der sich bei näherer Betrachtung als eine Ungeheuerlichkeit entpuppt, die glücklicherweise einigen aufmerksamen Menschen aufgefallen ist. Was für Frau Bandion-Ortner unter Terrorismusprävention fällt, ist - so steht‘s im Entwurf unter §283 - auch die freie Meinungsäußerung! Und sie begründet es, wie sonst in Diktaturen üblich (Dollfuß lässt grüßen, sein Bild hängt immer noch im ÖVP-Klub im Parlament), mit der Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Die steirische Nationalratsabgeordnete Susanne Winter - schon einmal mit einem sehr fragwürdigen Urteil ihre Meinung betreffend bedacht - kommentiert diesen Entwurf so: „Wer darauf hinweist, dass Drogendealer mehrheitlich Schwarzafrikaner sind, steht mit einem Fuß im Kriminal. Ebenso, wer anprangert, dass Gewalt gegen Frauen im islamischen Kulturkreis überdurchschnittlich verbreitet ist.“ Aber: „Wegen Verächtlichmachung von christlichen heterosexuellen Österreichern wird wohl nie jemand vor dem Richter stehen.“ Winter erkennt die Gefahr, die sich in diesem Gesetzestext verbirgt. Man möchte in erster Linie kritische Politiker, die sich nicht der Political Correctness unterwerfen wollen, mit - und da wird‘s wirklich ungemütlich - Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahren den Mund verbieten. Freilich ist auch jeder Leserbriefschreiber, der mit dem Namen zeichnet, außerordentlich gefährdet. Und wenn jemand nur unter einem Decknamen im Internet einen Kommentar abgibt, wird es Mittel und Wege geben,


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diesen Gesinnungstäter auszuforschen und der Bandion-Ortner‘schen Gerechtigkeit auszuliefern. Auch der anerkannt kritische Journalist Andreas Unterberger, der die Schauerlichkeit dieser Textformulierung sofort erkannt hat, wird sich dann hüten müssen, überhaupt eine Meinung abzugeben. Das kostete bisher nur den Job, bald vielleicht die Freiheit. Denn nach den unbequemen Politikern sind die unbequemen Journalisten dran. Und nach diesen dann alle anderen unbequemen Staatsbürger. Unzensuriert.at widmete sich in der Folge dem Kampf gegen das geplante Terrorgesetz und startete eine Petition unter dem Titel „JA zur Meinungsfreiheit - NEIN zum Terrorgesetz“. Unterstützung bekamen wir dabei vom Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf und auch von FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache, der im ausführlichen Video-Interview mit Unzensuriert klare Worte fand. Interview mit HC Strache: Anti-Terror-Gesetz ist „Rückschritt Richtung Mittelalter!“ (08.05.) Das Terrorismus-Präventionsgesetz soll demnächst novelliert werden. SPÖ und ÖVP haben im Ministerrat bereits ihre Zustimmung gegeben. Kritiker orten einen Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Mit bis zu zwei Jahren Haft wird bedroht, wer bestimmte Gruppen von Menschen verächtlich macht selbst dann, wenn er dabei die Wahrheit sagt. Im Unzensuriert-Exklusivinterview kündigt FPÖ-Klubobmann HC Strache Gegenwehr gegen dieses „Willkürgesetz“ an und verurteilt die Pläne von SPÖ und ÖVP mit scharfen Worten. Er ortet „massive Demokratiedeizite und einen Weg in Richtung einer willkürlichen totalitären Gesellschaft, die wir nicht wollen.“ Das Gesetz sei offenbar gegen die Opposition, gegen die Wahrheit und gegen die Aufklärung gerichtet: „Das ist ein Rückschritt Richtung Mittelalter.“ Schon das derzeitige Gesetz sei offenbar überschießend, denn es gebe bereits jetzt unfassbare Entwicklungen, so Strache mit Verweis darauf, dass sogar eine Väterinitiative, die für das Recht des Kindes auf beide Eltern kämpft, mit Ermittlungen nach dem Anti-Terror-Gesetz konfrontiert ist.


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Pressefreiheit in Gefahr

„Gewisse Herrschaften wollen Wahrheit in Zukunft verhindern“ Wenn das von Rot und Schwarz geplante Gesetz komme, sei es noch einfacher, politische Gegner mundtot zu machen und wegen Verhetzung anzuklagen. Ein Beispiel: „In Wien ist es ein Faktum, dass von rund 8000 Drogendealern 6300 Schwarzafrikaner sind. Wenn das aufgezeigt wird, wollen gewisse Herrschaften des rot-schwarzen Systems offenbar diese Wahrheit in Zukunft verhindern“, so Strache. Er hoffe jedoch noch auf Einsicht bei den Regierungsparteien und kündigt an, für eine Verhinderung dieses Gesetzes zu kämpfen „mit allen demokratischen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen.“ Und tatsächlich: Unsere Petition und der Einsatz der FPÖ im Parlament zeigte Wirkung. Vor der Sommerpause des Nationalrats wurde der bereits im Ministerrat beschlossene Gesetzestext wieder von der Tagesordnung genommen. Bis jetzt ist kein geänderter Entwurf vorgelegt worden. Terrorgesetz: Petition kippt Schnelldurchlauf im Parlament (18.06.) Erster Erfolg für die von mehreren tausend Österreichern unterzeichnete Petition „JA zur Meinungsfreiheit - NEIN zum Terrorgesetz“. Der Gesetzesentwurf wurde jetzt von der Tagesordnung des Justizausschusses am 1. Juli genommen. Er werde weiter verhandelt, heißt es aus dem Justizministerium. Von massiver Kritik aus allen Teilen der Gesellschaft ist das von den Regierungsparteien geplante Terrorismuspräventionsgesetz betroffen. Jene gesetzlichen Formulierungen, die terroristischen Aktivitäten unterbinden sollen, wenden sich in der aktuellen Fassung des Gesetzestextes praktisch gegen jeden Bürger. Sogar das Oberlandesgericht Graz äußerte in einer Stellungnahme große Bedenken, ob die Bestimmungen tatsächlich präventiv wirken. Vielmehr sei mit dem „Maiaparagraf“ 278 StGB die Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung in Gefahr. Journalisten könnten keine Missstände mehr aufzeigen und Blondinenwitze wären ein Fall für die heimischen Gerichte. Das Terrorgesetz sei im besten Falle sinnlos, schlussfolgert die Piratenpartei. Während das Gesetz noch fast regungslos durch den Ministerrat gebracht wurde, hat der anschließend entfachte öffentliche Sturm einen Schnell-


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durchlauf im Hohen Haus verhindert. Bereits im Juli sollte das Gesetz beschlossen werden. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) dürfte nun kalte Füße bekommen haben und hat den vorliegenden Entwurf nun kurzerhand gestoppt. „Es sei nicht ausgeschlossen, dass es Änderungen gebe“, so die Ministerin. Auch Koalitionspartner SPÖ zeigt sich vom Druck der zahlreichen Kritiker gebeugt: „Es gibt einen erheblichen Diskussionsbedarf, nachdem es von allen Seiten massive Vorwürfe gegeben hat“, meint etwa Justizsprecher Johannes Jarolim. Die Formulierungen sollen nun bis zum Herbst „präzisiert“ werden. Die Oppositionsparteien sprechen unisono von einem „großen Erfolg“. Für die Initiatoren der Petition dennoch kein Grund locker zu lassen: „Nur mit möglichst breiter Unterstützung aus allen Teilen der Bevölkerung kann die demokratiegefährdende Orwell’sche Gedankenpolizei abgewendet werden!“ Weniger erfreulich als dieser erste Teilerfolg ist das, was der zur Objektivität verplichtete öffentlich-rechtliche ORF heuer alles ablieferte. Dabei ging es immer wieder darum, der FPÖ Kontakte zu Rechtsextremen zu unterstellen. Im März führte das zu einer Verurteilung durch den Bundeskommunikationssenat. ORF wegen tendenziöser Berichterstattung gegen FPÖ verurteilt (11.03.) Die klare Tendenz vieler ORF-Journalisten gegen die FPÖ und ihre Vertreter ist täglich im Fernsehen zu spüren. Immer öfter wird der Staatsfunk allerdings auch wegen Verletzung des Objektivitätsgesetzes verurteilt. Zuletzt vor wenigen Tagen auf Grund eines Berichts über die Frauen-Enquete im Parlament am 7. Oktober 2009, wo hetzerische Aussagen auf einer rechtsextremen Internet-Seite direkt mit der Aussage der freiheitlichen Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller in Verbindung gebracht wurden. Die Webseite „Alpen-Donau-Info“ hetzte gegen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Der ORF-Bericht zeigte die Seite und leitete nahtlos zum Statement der FPÖ-Rednerin über. Im Text hieß es: „Von Weiberwirtschaft ist dort die Rede, und von einer Tracht Prügel. Ein Link dieser Internetseite führt unter anderem zur FPÖ. Deren Frauenbild wird heute so aufgezeigt.“ Der Bundeskommunikationssenat gab in seinem Beschluss der FPÖ Recht und begründete: „Durch die Darstellung von Bild und Text wurde eine


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Verbindung zur Freiheitlichen Partei Österreichs hergestellt, was im Kontext und in der Ausgestaltung des - ansonsten ausschließlich auf der Wiedergabe von Fakten und der Einblendung von Debattenbeiträgen der einzelnen Abgeordneten bestehenden - Beitrags eine ‚hervorstechende und den Gesamtzusammenhang in den Hintergrund drängende Wirkung‘ entfaltet, der beim Durchschnittsbetrachter einen verzerrten Eindruck entstehen lässt.“ Doch es kam noch wesentlich schlimmer. Durch die Inszenierung einer Reportage über Neonazis sorgte ein Redakteur der Sendung „Am Schauplatz“ für einen der größten Medienskandale der Zweiten Republik. Nazi-Skandal: Strache vermutet weitere Manipulationen des ORF (19.03.) Schauplatz-Redakteur Eduard Moschitz soll für eine Wahlkampfveranstaltung mit HC Strache in Wiener Neustadt Skindheads angeworben und sie dazu aufgefordert haben, sich vor laufender Kamera in Gegenwart des FPÖ-Obmanns im nationalsozialistischen Sinn wiederzubetätigen. Zusätzlich bestehe nun, so Strache, der Verdacht, dass der ORF mit kriminellen Methode versucht habe, die Aufnahmen des Schauplatz-Teams zu manipulieren, indem die entscheidende Passage, als einer der Skinheads auf Aufforderung des Redakteurs „Sieg Heil“ ruft, entfernt wurde, bevor das Band der Polizei übergeben wurde. Ein Mitglied der ORF-Führung, das mit derartigen strafrechtlich relevanten Vorgängen (Beweismittelunterdrückung) nichts zu tun haben wolle, habe dies Strache gegenüber auch bestätigt. Es ist dies nicht der erste, sicher aber der frechste bisher bekannte Versuch des ORF, die FPÖ in ein schiefes Licht zur rücken. Ähnlich zu beurteilen sei im Nachhinein auch jene Aktion, als ein Passant dem damaligen Wiener FPÖ-Chef Hilmar Kabas vor laufender Kamera eine Torte ins Gesicht drückte - just an jenem Platz, zu dem ihn das ORF-Team wenige Minuten davor für ein Interview gebeten hat. Auch Unzensuriert.at hat bereits über einen Versuch berichtet, die Berichterstattung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Report-Chef Robert Wiesner hatte im Mai 2009 Aussagen von Nationalratspräsidentin Prammer „bestellt“, um die Debatte über die Neonazi-Provokationen im KZ Ebensee und einen Rechtsruck in Österreichs Jugend „weiterzudrehen“.


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Nach diesen Vorwürfen gingen die Wellen hoch. Die beiden Skinheads bestätigten zunächst die Version Straches, ruderten danach aber wieder zurück. Zugeben musste der ORF, dass die beiden mit dem ORF-Team zur Wahlkampfveranstaltung angereist und für ihre Mitarbeit an der Reportage inanziell entschädigt worden waren. Täter-Opfer-Umkehr im ORF-Nazi-Skandal (29.03.) Die beiden Nazi-Statisten der ORF-Sendung „Am Schauplatz“ widerrufen nun ihre Vorwürfe, sie hätten bei der FPÖ-Kundgebung in Wiener Neustadt „Sieg Heil“ gerufen. Angeblich wurden sie beim Verhör unter Druck gesetzt und zu dieser Aussage genötigt. Kevin M., einer der Protagonisten, gab zwar bei der ersten Einvernahme an, den Ausspruch leise getätigt zu haben, jedoch nur, weil die Polizei ihm mit U-Haft gedroht habe. Er sprach von einer Falschaussage gegenüber der Polizei. „Die 80€ für den Nazi-Sager waren gelogen.“ Auch sein Freund Philipp R. erzählt vom „Druck der Ermittler“ und will vom Geldangebot nichts mehr wissen. Inzwischen ist die von ORF-Redakteur Eduard Moschitz, in der Szene liebevoll „Ed“ genannt, inszenierte Sendung über die rechte Szene in Österreich zum Politikum geworden. Der Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz will heute Montag eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch und Nötigung gegen die Ermittler einbringen. Er hegt den konkreten Verdacht, „dass die beiden von Polizisten im Interesse von Strache und der FPÖ zu Falschaussagen gezwungen worden sind“. Auch die SPÖ sieht die Schuld bei der Polizei. Deren Justizsprecher Johannes Jarolim forderte die Einsetzung einer Kommission, die sich mit den Ermittlungsmethoden auseinandersetzen sollte. Das BZÖ fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit Ewald Stadler als Vorsitzendem. Und der ORF bringt indessen eine Anzeige gegen Strache wegen „übler Nachrede, falscher Zeugenaussage und Anstiftung zum Amtsmissbrauch“ ein. Weiterhin aufrecht bleibt der Vorwurf, dass der ORF seinen instrumentalisierten Nazi-Statisten pro Drehtag hundert Euro bezahlt haben soll. Darüber hinaus gab es von „Ed“ weitere Gelder für Verplegung und rechte Utensilien aus einem „Army-Shop“. Insgesamt sollen 700 bis 1.000 Euro gelossen sein. Die politisch motivierte Diskussion ob neonazistische Sprüche gefallen sind


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oder nicht, ist deshalb nur ein Nebenschauplatz in diesem ORF-Skandal. Eine „Täter-Opfer-Umkehr“, wie sie derzeit von den linken Parteien in Kooperation mit der roten Küniglbergspitze betrieben wird, ist ein skandalöser Vorgang und eine gezielte Vernaderung der ermittelnden Beamten.

Ungeachtet der widersprüchlichen Aussagen und der unbeholfenen Rechtfertigungsversuche durch die ORF-Verantwortlichen litt die Glaubwürdigkeit des größten Mediums im Land erheblich. ORF mit massivem Glaubwürdigkeitsproblem (30.05.) Unzensuriert.at hat seinen Lesern unmittelbar nach dem Skandal mit bezahlten Nazi-Statisten bei HC Straches Veranstaltung in Wiener Neustadt die Frage gestellt: Ist der ORF noch ein objektives Medium? Die Antwort war eindeutig. 92 Prozent der Unzensuriert-Leser vermissen Unabhängigkeit und Objektivität beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Zeitung „Weekend“ hat nun eine ähnliche Umfrage durchgeführt, und auch dort kommt der ORF extrem schlecht weg. 61 Prozent sind der Meinung, der Sender sei nicht objektiv genug. Fazit: Mit Manipulation und tendenziöser Berichterstattung, vor allem gegen die FPÖ, hat sich der Staatsfunk in eine massive Glaubwürdigkeitskrise manövriert. Was in der Sache weiter geschah, machte aus dem Medienskandal zusätzlich einen Justizskandal. Plötzlich richteten sich die Ermittlungen in erster Linie gegen Strache, also gegen das Opfer der ORF-Inszenierung. Verfahren gegen Strache: Weisung aus dem Ministerium verhinderte Einstellung (23.09.) Was spät nachts noch im Parlament debattiert wurde, könnte sich zu einem handfesten Justizskandal auswachsen: Wie der FPÖ-Abgeordnete Walter Rosenkranz berichtete, wurde das Verfahren gegen FPÖ-Obmann HC Strache wegen angeblicher falscher Zeugenaussage nur deshalb fortgeführt, weil es eine Weisung aus dem Justizministerium von Claudia Bandion-Ortner gab.


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Die Vorgeschichte: HC Strache hatte nach einer Wahlveranstaltung in Wiener Neustadt zwei Skinheads wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung und einen ORF-Journalisten wegen Anstiftung angezeigt. Der ORF hatte die jungen Rechtsextremisten bekanntlich auf die Veranstaltung mitgenommen. Der ORF - konkret Schauplatz-Sendungschef Christian Schüller, der gar nicht vor Ort war - zeigte Strache daraufhin wegen falscher Zeugenaussage an, denn es habe gar keine Wiederbetätigung und folglich auch keine Anstiftung dazu stattgefunden. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wollte - so berichtete Rosenkranz im Parlament - das Verfahren gegen Strache einstellen und übermittelte einen entsprechenden Vorhabensbericht. Immerhin ist auch das zugrunde liegende Verfahren noch nicht abgeschlossen. Jeder potentielle Zeuge, der die „Sieg-Heil“-Rufe bestätigen könnte, wird sonst abgeschreckt. Auch er muss dann mit einem Verfahren wegen falscher Zeugenaussage rechnen. Doch der logische Plan der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ging nicht auf, denn, so Rosenkranz im Plenum: „Nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Justiz - und das Bundesministerium für Justiz ist einfach die Frau Bundesministerin, so ist unser Verfassungsaufbau - ergeht die Weisung: Das Verfahren wegen Verleumdung und falscher Beweisaussage gegen Herrn Strache muss geführt werden. Macht gefälligst alles, was notwendig ist, leitet die Auslieferung ein!“ Parlament leugnet klaren politischen Zusammenhang Die Auslieferung war kein Problem. Die Regierungsfraktionen mit begeisterter Unterstützung der Grünen stellten fest, dass gar kein politischer Zusammenhang bestehe. Das leuchtet ein: Strache war gewiss zu seinem Privatvergnügen in Wiener Neustadt, hat vor Freunden eine kleine Grillparty mit ein paar launigen Worten eröffnet. Der ORF hat sich nur zufällig dorthin verirrt. Rosenkranz dazu: „Es stellt sich aufgrund dieser Vorgangsweise die Frage, ob Freiheitliche überhaupt irgendetwas in einem politischen Zusammenhang machen, oder ob man diesen von vornherein negiert nach dem Motto, was Freiheitliche tun, ist ausschließlich kriminell, hat mit Politik nichts zu tun?“


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Es scheint so, denn gleich wie Strache ging es dem steirischen FPÖ-Obmann Gerhard Kurzmann, weil er das Moschee-Spiel auf der Webseite der FPÖ veröffentlicht hatte. Ganz klar kein politischer Zusammenhang, stellte das Parlament fest. Zwei Grüne (Pilz und Moser), gegen die die Staatsanwaltschaft ebenfalls ermitteln wollte, sind natürlich bis in die letzte Faser ihres Körpers Politiker und werden daher von der Immunität geschützt. Freilich ging die unglaubliche Vorgehensweise der Justiz gegen Strache medial weitgehend unter, da gleichzeitig die Staatsanwaltschaft anordnete, dass der ORF die gesamten Bänder zur Schauplatz-Reportage herauszugeben habe. Da stand plötzlich die Pressefreiheit auf dem Spiel. Selbsthilfegruppe beleidigter Journalisten (24.09.) Niemand ist so arm in diesem Land wie die Journalisten. Da erfrecht sich doch glatt eine Staatsanwaltschaft und verfügt die Herausgabe von Bändern, nur weil der Verdacht besteht, dass das ORF-Team ein bisserl nationalsozialistische Wiederbetätigung geilmt haben könnte. Das Redaktionsgeheimnis ist schließlich das Redaktionsgeheimnis, und wenn damit Verbrechen oder die Anstiftung dazu vertuscht werden sollen, dann ist es immer noch das Redaktionsgeheimnis. Die Journalisten haben prompt reagiert und - vor den Augen der Öffentlichkeit, wie es ihrem Beruf entspricht - eine Selbsthilfegruppe eingerichtet, in der sie einander Mitgefühl, Empörung und Betroffenheit bekunden. Während die Zahlen der Wirtschaftsforschungsinstitute - immerhin die Basis für Budget und Belastungen im nächsten Jahr - auf der ORF-Webseite im Lokalteil versteckt werden, lässt sich die Redaktion intensiv aus über den „Angriff auf Pressefreiheit“, den die Justiz angeblich gerade führt. Auch die Zeitungen sind voll mit schaurigen Geschichten über diesen ultimativen Schlag der Justiz gegen die gerade hierzulande ja so freie Presse. Groß war auch der Aufschrei, als ein SPÖ-Hinterbänkler einem Fotografen im Parlament kommunizierte, dass er sich nicht so gern in die Unterlagen knipsen lässt. Die Tageszeitung „Österreich“ - Speerspitze der freien Qualitätspresse - ließ nicht locker, ehe der Übeltäter sein Mandat zurücklegte. Weniger mutig sind die Hüter der Meinungsfreiheit, wenn es wirklich ums Eingemachte geht. Die chronische Abhängigkeit der Medien von Parteien und ihnen nahestehenden Organisationen über Inserate trauen sie sich nur


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ganz selten und ganz leise zu kritisieren. Das geplante Terrorismus-Präventionsgesetz, das Journalisten genauso treffen kann wie Politiker und im Prinzip jeden, der mit Meinung oder gar Wahrheit einer geschützten Gruppe zu nahe tritt, ist ihnen nicht allzu sehr im Weg. Kein Wunder: Dagegen anzukämpfen hieße, es sich mit den Mächtigen zu verscherzen. Denn hinter diesen Systemen stehen die Regierungsparteien in voller Größe, nicht bloß ein kleiner Staatsanwalt, dem schon die Oberbehörde und die Justizministerin in den Rücken gefallen sind, oder ein kleiner Roter, der längst den Rückhalt in der eigenen Partei verloren hat. Und soweit geht die Liebe zur Pressefreiheit dann doch nicht. Aber vielleicht steht das später noch auf dem Therapieplan der Selbsthilfegruppe beleidigter Journalisten. Am Ende des Jahres kam dann noch einmal Bewegung in die Angelegenheit mit der Schauplatz-Reportage. Während ein Gerichtsgutachter keine Manipulationen am Drehmaterial erkennen konnte - diese aber auch nicht deinitiv ausschloss - legte die FPÖ ein Gutachten des renommierten FraunhoferInstituts vor, das den Verdacht gegen den ORF wieder erhärtete. Fraunhofer-Institut vermutet Manipulation auf ORF-Band (04.11.) Die FPÖ hat heute ein Gutachten des renommierten Fraunhofer-Instituts präsentiert, das Hinweise auf eine Manipulation des Filmmaterials zur umstrittenen Schauplatz-Reportage enthält. Es geht um jene Passage, bei der vom ORF-Reporter Ed Moschitz begleitete Skinheads laut FPÖ-Chef HC Strache „Sieg Heil“ gerufen haben - laut ORF-Darstellung aber nicht. Interessanterweise wurde just diese heikle Passage von acht Sekunden in der Sendung nicht ausgestrahlt. Konkret geht es um ein „Schnaufen“, wie Strache es formulierte, das nicht echt klingt. Das Fraunhofer-Institut hat festgestellt, dass dadurch Klangkomponenten überlagert sind, die Stimmen sehr ähneln, und weiter: „Der Fakt, dass das stimmhafte Signal so stark vom Ausatmen überdeckt wurde, könnte darauf hinweisen, dass es in einiger Entfernung von den Mikrofonen ausgesprochen wurde und das Ausatmen zu diesem Zeitpunkt absichtlich zum Zweck der Verdeckung beigemischt wurde.“ Auf dem Video der FPÖ lässt sich nachvollziehen, wie dies zu verstehen ist:


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Der ORF kontert, verstrickt sich dabei allerdings in die nächste Widersprüche: Es handle sich beim untersuchten Material nicht um die Originalaufnahme, sondern um jenen - offenbar bearbeiteten - Teil, der online gestellt wurde. Und für diese Version habe man jeweils jene der insgesamt vier Tonspuren lauter gedreht, auf der Worte zu hören waren, erklärt der Kommunikationschef des ORF, Pius Strobl. Er straft damit den ORF selbst Lügen, der - noch heute lesbar - auf seiner Webseite geschrieben hat: „In Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion stellt der ORF das ungekürzte, nicht bearbeitete oder geschnittene Original-Drehmaterial (Wahlkampfveranstaltung der FPÖ) zur Ansicht.“ Selbstverständlich ist das - offenbar abwechselnde - Ausblenden einzelner Tonspuren eine Bearbeitung. Abgesehen davon, dass der ORF in zunehmender Nervosität beginnt, sich selbst zu überführen, erkennen sogar die sonst nicht sehr FPÖ-freundlichen Poster im „Standard“ die übrigen Fehler in Strobls Argumentation. „Das Schnaufen (und nicht möglicherweise zeitgleich in ein anders Mikro gesprochene Worte, Anm.) war anscheinend dramaturgisch so wichtig, dass man die betreffende Tonspur lauter gedreht hat“, schreibt „Grigio“. Und zur Behauptung Strobls, das Fraunhofer-Institut wäre bei Vorliegen des Original-Materials zur gleichen Feststellung gekommen, wie der unabhängige Gerichtsgutachter, der keine Manipulationen nachweisen konnte, zitiert derselbe Poster aus diesem Gutachten: „Es konnten bei grober Betrachtung keine derartigen zusätzlichen Bearbeitungsspuren gefunden werden.“ Ein klarer Hinweis darauf, welche Gutachter sich eingehend mit dem Material auseinander gesetzt haben und welche nicht. Die FPÖ hat das Gutachten den ermittelnden Justizbehörden übergeben und fordert personelle Konsequenzen im ORF - konkret die Entlassung von Informationsdirektor Elmar Oberhauser, zu dessen Verantwortungsbereich die Sendung „Am Schauplatz“ gehört, und den Rücktritt von Generaldirektor Alexander Wrabetz. Immerhin erhärten die Ergebnisse des FraunhoferGutachtens den Verdacht der Beweismittelfälschung. Für die Beteiligten und Verantwortlichen im ORF gilt die Unschuldsvermutung. Für den vom Schauplatz-Sendungsverantwortlichen Christian Schüller wegen Verleumdung angezeigten und auf Grund einer staatsanwaltschaftlichen Weisung nach Rücksprache mit dem Justizministerium auch tatsächlich verfolgten HC Strache gilt nach Vorlage dieses Gutachtens eine mittlerweile an Sicherheit grenzende Unschuldswahrscheinlichkeit.


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Im Zuge der Affäre um die Schauplatz-Reportage beweinten Journalisten beinahe aller bekannten Medien kollektiv den Untergang der Pressefreiheit. Für die wahren Gefahren, denen dieses 1848 erkämpfte Grundrecht ausgesetzt ist, interessieren sie sich hingegen kaum. Diese zu nennen, blieb am internationalen Tag der Pressefreiheit wenigen kritischen Stimmen vorbehalten. Gefahren für die Pressefreiheit: Gesetze, Political Correctness, Meinungskauf (03.05.) Der 3. Mai ist als internationaler Tag der Pressefreiheit in Österreich und auch anderswo Anlass für Grundsatzerklärungen. Fast alle Wortspender sehen die Pressefreiheit bedroht, allerdings von unterschiedlichen Seiten und auf verschiedenen Ebenen. Die Journalistengewerkschaft pocht auf Jobsicherheit und eine vernünftige wirtschaftliche Basis der Journalisten. Ein Appell, der positiv auf die für heute angesetzten Kollektivvertragsverhandlungen wirken soll. „Wenn JournalistInnen einen Manager interviewen sollen, dabei aber im Hinterkopf haben, wie sicher ihre Arbeitsplätze sind, kann das kein gutes Interview werden“, erklärt der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft Franz C. Bauer wenig einleuchtend. Warum soll das nur für Interviews mit Managern gelten? Wirkt sich die instabile Lage am Arbeitsmarkt nur auf Journalisten negativ aus? Schlüssiger argumentiert der Österreichische Journalistenclub ÖJC. Er fordert verfassungsrechtlichen Schutz für Pressefreiheit und Redaktionsgeheimnis und ortet Konliktlagen mit dem Sicherheitspolizeigesetz, dem Mediengesetz, aber auch mit der geplanten Verschärfung des Terrorismuspräventionsgesetzes. Bei der von der EU geforderten Vorratsdatenspeicherung will der ÖJC Ausnahmen für sensible Berufsgruppen wie Journalisten, aber auch Ärzte, Rechtsanwälte und Notare. Deutsche Burschenschaft: Subtile Denkverbote und Political Correctness als Gefahren Noch grundsätzlicherer Natur sind die Bedenken, die von der Deutschen Burschenschaft - dem Dachverband von rund 120 Burschenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Chile - vorgetragen werden. Gefahren sehen die Burschenschafter, die sich seit 1815 für Pressefreiheit und Bürgerrechte einsetzen, in einem schleichenden Konzentrations-


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prozess beim Besitz von Medien. Kritisiert werden insbesondere Medienbeteiligungen durch politische Parteien wie die SPD. In Österreich nimmt der ÖVP-nahe Raiffeisen-Konzern mit seinem Medienimperium eine ähnliche Rolle ein. Die Deutsche Burschenschaft stellt zudem „subtile Denkverbote“ fest, die „durch den Prozess der ,Political Correctness‘ und den Versuch selbsternannter Tugendwächter im Bemühen entstehen, missliebige Inhalte und Meinungen in der Medienöffentlichkeit zu unterdrücken.“ Viel Kritik am Zustand des Journalismus und der Medien wurde auch vor einer Woche im Rahmen einer Diskussion beim „European Newspaper Congress 2010“ in Wien geübt. Aufsehen erregen hier vor allem die Aussagen von Charles E. Ritterband, dem langjährigen Korrespondenten der „Neuen Zürcher Zeitung“ In Wien. Für ihn gehören die Medien zur Demokratie, weil sie die Sache kritisch verarbeiten und nicht nur Häppchenjournalismus bieten sollen. Ritterband beklagt jedoch einen verheerenden Niveauschwund durch das Internet, denn es werde das Lustige angeklickt, das Skandälchen - und nicht was für die Demokratie entscheidend sei. NZZ-Korrespondent: „Wohlwollen wird direkt inanziert“ Ritterband sieht die österreichischen Medien in einem wesentlich stärkeren Abhängigkeitsverhältnis als jene in der Schweiz. „Da werden der Journalismus und das Wohlwollen direkt inanziert.“ Am Abend des Tags der Pressefreiheit fand in Wien eine mit prominenten Journalisten und einem Medienanwalt besetzte Diskussion zum Thema „Was dürfen Medien?“ statt. Nachdem die Teilnehmer dabei nur an der Oberläche kratzten, nutze Unzensuriert.at die Gelegenheit, zwei prominenten Vertretern der schreibenden Zunft etwas tiefer gehende Fragen zu stellen, und bekam darauf erstaunliche Antworten. „Manche Journalisten sehen sich als politische Akteure“ - Interview mit Christoph Kotanko und Martina Salomon (04.05.) Kurier-Chefredakteur Christoph Kotanko und die Leiterin der Innenpolitik der Zeitung „Die Presse“, Martina Salomon, standen Rede und Antwort. Kotanko äußerte sich durchaus kritisch zu Inseraten von Parteien und staatsnahen Betrieben - Stichwort „Meinungskauf“ -, appelliert dabei allerdings an die Verantwortung der Inserenten. Ein frommer Wunsch freilich, denn


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diese bezwecken damit ja offensichtlich, dass sich die Berichterstattung zu ihren Gunsten wendet. Eine inanzielle - und damit auch politische - Abhängigkeit der Medien von der Presseförderung stellen sowohl Kotanko als auch Martina Salomon in Abrede. Eine oft geäußerte Kritik betrifft den fehlenden Qualitätsjournalismus in Österreich - bedingt durch eine kleinere Leser und damit Käuferschar und natürlich auch geringere Werbeinnahmen, als sie etwa deutsche Zeitungen verbuchen dürfen. Der österreichische Journalist Martin Lichtmesz, der in Deutschland arbeitet, formulierte es unlängst sehr drastisch: „Es gibt schlechthin keine Qualitätspresse in Österreich, weit und breit keine FAZ, keine SZ, ja nicht mal eine Frankfurter Rundschau oder taz. Wir sprechen von einem Land, in dem man ein seichtes Linksliberalen-Blättchen wie den Standard für ,intellektuell‘ hält, weil einem das die näselnde Stimme von Oscar Bronner zwölftausendmal in der Radiowerbung erzählt hat.“ Ein Vorwurf, den weder Salomon noch Kotanko gelten lassen wollen. Im Journalisten-Report II attestierten Medienwissenschafter den österreichischen Journalisten einen Hang zum Meinungs- und Kampagnenjournalismus und den überdurchschnittlichen Willen zur Einlussnahme auf die politische Agenda. Bemerkenswert ist auch, dass sich 34 Prozent der Journalisten als den Grünen nahestehend bezeichneten - also der kleinsten im Parlament vertretenen Partei. Darauf angesprochen, kritisiert Kotanko die übermäßige Einmischung mancher Journalisten in die Politik, hält das aber für kein österreichisches Speziikum. Es gebe Journalisten, die „glauben, dass sie Akteure des Geschehens sein sollen und nicht Beobachter und Kommentatoren“. Einig sind sich Salomon und Kotanko in der Bewertung des geplanten Terrorismuspräventionsgesetzes. Es könne nicht sein, dass bei Tierschützern und Väterrechtlern Terrorismusgefahr heraufbeschworen werden soll, sagt Salomon. Für Kotanko setzt das Gesetzesvorhaben einen Trend aus den USA fort. Die Meinungs- und Pressefreiheit sollte unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung nicht untergraben werden. Die Inseratenabhängigkeit ist jedenfalls ein wichtiges Thema. Allerdings nehmen sich Medien dann und wann auch heraus, Inserate abzulehnen - allerdings nur dann, wenn diese von einer bestimmten Partei kommen.


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Wenn Medien die Meinungsfreiheit boykottieren (02.09.) In Österreich herrscht angeblich Meinungsfreiheit. Doch gewisse Meinungen scheinen nicht erlaubt, besonders wenn Wahlkampf ist. Diese Erfahrung musste nun der Wahlkampleiter der steirischen Freiheitlichen Fritz Probst machen. Er buchte in mehreren Tageszeitungen halbseitige Inserate. Darunter waren auch die Kronen Zeitung und die Kleine Zeitung, also die beiden meistgelesenen Zeitungen des Landes.

Obwohl die Aufträge bereits platziert wurden, weigerten sich diese und weitere lokale Medien, das Inserat der FPÖ abzudrucken. Dies wohl deshalb, weil die FPÖ ein Tabuthema aufgreifen wollte, nämlich die Islamisierung der Steiermark, die sich innerhalb von 30 Jahren verzwanzigfacht hat. Dem Inserat ist zu entnehmen, dass es 1971 nur 944 Muslime gab. Im Jahr 2001 waren es 19.007 - eine Steigerung um 1.913,45 Prozent. Dabei wurden die Daten der letzten Volkszählung herangezogen, die allerdings schon fast zehn Jahre zurückliegt. Tatsächlich sind es mittlerweile wesentlich mehr. In den Zeitungs-Redaktionen war man um Ausreden nicht verlegen: Die Gitterstäbe seien zu brutal, der Schleier passe nicht oder auch die Prozentzahlen, [...] „Es ist offensichtlich hier eine Order ausgegeben worden, weil die Themen im Fleisch des Mitbewerbers bohren“, ist Probst sicher.


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Es ist dies übrigens nicht das erste Mal, dass Inserate der FPÖ nicht abgedruckt wurden. So gab es anlässlich einer Kampagne für ein Volksbegehren ein Sujet, bei der eine verschleierte Frau zu sehen war. Der Schleier war in Blau gehalten mit EU-Sternen. Die meisten wichtigsten Medien verweigerten den Abdruck. Auch „HC-Man” ist nicht mehr willkommen. Einst gab es Comic-Schaltungen wie bei der letzten Wiener Landtagswahl und auch vor einer Nationalratswahl. Doch die Meinungsfreiheit verkraftet den HCMan genauso wenig wie verschleierte Frauen. Wesentlich willfähriger verhalten sich die Medien gegenüber den Machthabern, ganz besonders im roten Wien. Dort wird mit enormem inanziellem Aufwand über Inserate die Berichterstattung gesteuert, ganz besonders natürlich zu Wahlkampf-Zeiten. Inseraten-Boom: Bürger müssen für SPÖ-Propaganda zahlen (15.09.) Kann Bürgermeister Michael Häupl bei den Medien in Ungnade fallen? Kaum. Da müsste er schon vor der Linse eines „Krone“-Fotografen einen kleinen Hund treten. Allerdings bleibt dann die Frage offen: Wird eher das Bild veröffentlicht oder der Fotograf gekündigt? Die journalistische Milde mit dem Ober-Wiener in den Tageszeitungen ist teuer erkauft. Gerade jetzt vor der Wien-Wahl schnellten die Inseratenpräsente für mediale Willfährigkeit zum Nutzen der SPÖ in noch nie dagewesene Höhen. Laut einer Erhebung des Marktforschungsinstitutes Focus haben die stadtnahen Betriebe ihre Werbeaktivitäten im Zeitraum Juni bis August von 7 auf 13 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesteigert. Damit der unangestrengte Umgang mit Häupl wohl Regel ohne Ausnahme wird, haben Wien Energie und die Wiener Linien ihre Werbeaktivitäten gleich verdreifacht. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Denn so gering der journalistische Wert der Bürgermeisterplege, um so höher der kaufmännische. Dies alles geschieht zum Nutzen der Stadt-SPÖ und zum Nachteil der Steuerzahler, die viel Geld für die Propaganda im Sinne der Sozialisten ausgeben müssen. Sie werden zur Kasse gebeten, wenn die Stadt über Serviceleistungen und Angebote informiert - immer mit dem Ziel, einen der Stadträte oder ihren Chef ins Bild zu bringen und so indirekt Werbung für die Partei zu machen. Manche sprechen gar von versteckter Parteieninanzierung.


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Je mehr Inserate, desto besser die Berichterstattung Wer zahlt, wird publizistisch verwöhnt. Wenn „Österreich“-Boss Wolfgang Fellner gegenüber dem „Proil“ sagt, dass seine Zeitung noch die kritischste Berichterstattung über die Stadt mache, hat das damit zu tun, dass sein Blatt von der Stadt Wien deutlich weniger Inserate erhält als „Krone“ oder „Heute“. Von Fellners Barrakuda-Redakteuren blieb das Stadtoberhaupt dennoch bislang verschont. Wer Häupl in Wien medial auf die Zehen steigt, muss büßen. So berichten Redakteure des kürzlich von der Mediaprint vom Markt genommenen „Bezirksjournals“, dass schon wenig spektakuläre Berichte wirtschaftliche Konsequenzen hätten. Ein an und für sich harmloser Artikel über das „rostige Mozartgrab“ am Zentralfriedhof, erschienen im Mozartjahr, hat die Wiener SP-Stadtpolitiker dermaßen verärgert, dass es einige Monate keine Einschaltung in dieser Gratiszeitung gab. Bezirksjournal war kritisch - und wurde eingestellt Das „Bezirksjournal“ hatte sich aber zuvor schon den Unmut der „Roten“ zugezogen, weil es in einer Serie über Fälle des Kontrollamtes berichtet hatte. Unter anderem über die Anschaffung eines millionenteuren Mähbootes für die Alte Donau. Es sollte die wild wuchernden Algen stutzen, musste aber in der Garage bleiben, weil es aufgrund seiner Größe nicht unter den Brücken durchfahren konnte. Über solche Verfehlungen der Stadtpolitik zu schreiben muss sich in Wien erst einmal einer trauen. Der freie Journalismus indet nicht statt. Weil alle Medien am 15-Millionen-Budget, das die Gemeinde Wien jährlich in hiesige Zeitungen steckt, mitnaschen wollen. Traurig nur, dass die Bürger dafür gleich doppelt die Rechnung präsentiert bekommen: Sie zahlen das Selbstbelobigungsfestival von Häupl und Co durch ihre Steuern und bekommen dafür in den meisten Medien Hofberichterstattung serviert. Hofberichterstattung erwartet sich natürlich auch die Regierung. Daher ist man dort empört, wenn einmal etwas aus dem Ruder läuft. Die prompte Intervention galt im nun geschilderten Fall dem Standard-Redakteur Conrad Seidl. Der ließ sich aber nichts gefallen, was freilich auch damit zusammenhängen könnte, dass Seidl als „Bierpapst“ ein zweites beruliches Standbein hat.


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Darabos-Sprecher schwingt Faschismus-Keule gegen Standard-Redakteur! (13.03.) Stefan Hirsch, der Pressesprecher des Verteidigungsministers, muss nicht oft solche Mails schreiben. Meist klappt die Jubel-Berichterstattung in den Medien ohne gesonderte Aufforderung. Die Redakteure wissen, woher die Inserate kommen. Und so beginnt Hirsch seinen Text an Standard-Herausgeber Oscar Bronner mit den Worten: „Es liegt mir als Pressesprecher eines Ministers fern, die Nachrichtenselektion und die redaktionelle Arbeit einer Tageszeitung zu kritisieren. In diesem Fall ist es mir aber ein Anliegen, [...]“ Es folgt Wehklagen darüber, dass dem Standard-Redakteur Conrad Seidl die Darabos-Pressekonferenz über Grabungen nach möglichen SS-Opfern in der Grazer Kaserne Wetzelsdorf nur eine vierzeilige Meldung wert war, während er an anderer Stelle in einem Artikel zum geschrumpften Heeres-Budget anmerkte, dass sich Darabos „lieber darauf konzentrierte, die Geschichte aufzuarbeiten“, während er das aufgebrummte Sparziel einfach an das Generalstabsbüro delegierte. Den Pressesprecher bringt diese aufmüpige Berichterstattung in Rage. Er greift zur schärfsten Waffe - der Faschsimuskeule - und versteigt sich zu folgendem Satz: „Ich darf anmerken, dass die Bemühungen ‚des kroatischen Wehrdienstverweigerers‘ (wie er von den Rechtsextremen genannt wird) bereits mehrfach ähnlich zynisch von der rechtsextremen Internet-Plattform Alpen-Donau Info kritisiert wurden.“ Doch der Schlag zeigt beim Standard-Redakteur und „Bierpapst“ keine Wirkung. Der setzt sich nämlich gegen Hirschs Attachen zur Wehr: „Ich antworte darauf, auch wenn Sie es nicht der Mühe wert gefunden haben, mir eine Kopie dieses diffamierenden Schreibens zu senden.“ Seidl weist den Rechtsextremismus-Vorwurf scharf zurück und bezeichnet die Darabos-Pressekonferenz als Ablenkungsmanöver: „Wenn man es böse formulieren wollte - was ich vermieden habe - könnte man sagen: Der Herr BM missbraucht das Gedenken an Nazi-Opfer, um von seinem eigenen Versagen bei der Budgeterstellung abzulenken.


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Ich bin - offenbar anders als Sie - kein regelmäßiger Besucher des AlpenDonau-Internetauftritts. Ich weiß daher auch nicht, ob dort wahrheitsgemäß berichtet wird oder nicht und auch nicht, ob der Herr BM dort in zynischer Weise kritisiert wird. In Ihrem Schreiben unterstellen Sie mir allerdings, dass ich wie ein Rechtsextremer argumentierte.“ Dem hölichen Gruß an den Pressesprecher lässt Conrad Seidl noch ein Post-Scriptum folgen: „Dass ein Sprecher eines Verteidigungsministeriums einen Journalisten durch die Unterstellung einer niedrigen Gesinnung zu diffamieren und denunzieren versucht, kommt sonst eigentlich nur in Staaten mit wenig gefestigter demokratischer Kultur vor. Ihre implizite Drohung, dass Sie sich nicht ‚negativ beeindrucken lassen‘ würden, haben Sie wahrscheinlich nicht so böse gemeint, wie sie rübergekommen ist. Ich meine es auch nicht böse, wenn ich verspreche, mich von Ihnen nicht einschüchtern zu lassen. Ich werde mir erlauben, diesem Schreiben die nötige Öffentlichkeit zu verschaffen.“ Was Seidl zumindest insoweit gelang, als der Mailverkehr nun der Unzensuriert-Redaktion vorliegt. Es ist freilich erirschend, wie Seidl die rotzfreche Intervention des Pressesprechers aufs Korn nimmt. In diesem Fall ist Herr Hirsch offenbar an den Falschen geraten. Dennoch dürfte es sich nur um die Spitze des Eisbergs handeln, denn vielfach werden derartige Mails aus den Ministerien von Erfolg gekrönt sein. Und um sich die Maßregelung durch Chefredakteur oder Herausgeber zu ersparen, werden wohl viele Journalisten schon vorab jede Berichterstattung vermeiden, die ein Regierungsmitglied oder dessen Pressesprecher in Rage versetzen könnte. Einlussnahme auf die Medien ist kein rein österreichisches Phänomen, wenngleich es hier besonders verbreitet ist. Einen spektakulären Versuch unternahm auch die mit Migrationshintergrund ausgestattete Integrationsministerin im deutschen Bundesland Niedersachsen - biss sich dabei allerdings die Zähne aus. Ministerin Özkan scheitert mit Sprachkodex für deutsche Medien (26.07.) Niedersachsens Sozial- und Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU) will Journalisten eine „Mediencharta“ unterschreiben lassen. Darin sollen sich Medien im Vorfeld einer öffentlichen Podiumsdiskussion zum Thema „Integration in den Medien“ zu einer „kultursensiblen Sprache“ verplichten.


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Außerdem wird diesen angeraten, über „Herausforderungen der Integration zu berichten“. Knapp drei Monate ist die aus Ankara in der Türkei stammende Rechtsanwältin nun als Landesministerin von Niedersachsen tätig. Der damalige Ministerpräsident und nunmehrige Bundespräsident Christian Wulff hatte Özkan als erste türkischstämmige Ministerin und gläubige Muslimin in das Ministeramt für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration geholt, „um die schwerwiegenden Fehler, die jahrelang in der Integrationspolitik gemacht wurden, auszugleichen“. Doch bereits vor diesem Aufreger in Deutschlands Medienlandschaft sorgte die Ministerin mit der Äußerung für Wirbel, dass in Schulen weder Kreuze noch Kopftücher erlaubt sein sollten. Wulff distanzierte sich ebenso wie seine Parteikollegen rasch von ihrer Position. Sie selbst machte ebenfalls wenig später klar, dass sie das Interview „in Unkenntnis der in Niedersachsen gelebten Praxis“ gegeben habe. Auch der Wirbel um die von Özkan geplante „Mediencharta“ zum Thema Ausländerintegration führte nun zu einem erneuten Rückzieher. Die per EMail an alle Journalisten versandte Charta sei lediglich eine „erste mögliche Diskussionsgrundlage“ und es liege ihr fern, „die Unabhängigkeit der Medien in irgendeiner Form zu berühren“. Scharfe Kritik an den geplanten Zensurmaßnahmen kommt naturgemäß von den Medienvertretern. „Unverblümter hat seit langem kein Politiker mehr versucht, Zeitungen und elektronische Medien auf Kurs zu bringen“, bringt es der Chefredakteur der „Nordwest Zeitung“, Rolf Seelheim, in seinem Kommentar auf den Punkt. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hält die Mediencharta für „überlüssig“, da ohnehin ein Pressekodex bestehe. Die von Özkan aufgestellte Forderung erinnert an die Geißelung der Medienlandschaft durch die Europäische Kommission gegen Intoleranz und Rassismus (ECRI). Manche Artikel und Reportagen würden „fremdenfeindliche Klischees verbreiten“, heißt es darin. Aus diesem Grund sollten Pressemitarbeiter eine gründliche „Bewusstseinsbildung“ erhalten, um die „diversiizierte“ Gesellschaft durch ihre Arbeit zu fördern. Auch wird im ECRI-Bericht des Europaretes empfohlen, einen „Regelungsmechanismus der Presse“ einzuführen, um „ein Berufsethos zu fördern“, das notfalls über das Gesetz erzwungen werden sollte.


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Detaillierte Berichte über die abstrusen Forderungen dieser Kommission hat Unzensuriert.at in folgenden Artikeln veröffentlicht: • •

ECRI 1: Sprechverbot über negative Aspekte der Zuwanderung ECRI 2: Glückliche Bürger brauchen bessere Nachrichten

Das Kapital über die Medien wäre in diesem Jahr nicht vollständig ohne die Erwähnung des heuer verstorbenen Hans Dichand. Er führte die „Kronen Zeitung“ mehr als fünfzig Jahre lang, zuletzt als Herausgeber. Als einer von ganz wenigen Journalisten widerstand er stets der Einlussnahme durch die Politik - und nahm umgekehrt immer wieder Einluss auf die politische Agenda. „Cato“ ist tot - Hans Dichand verstarb 89jährig (17.06.) Mit Hans Dichand verstarb der wohl einlussreichste österreichische Journalist. Er führte die „Neue Kronen Zeitung“ seit 1959 und machte sie zur aulagenstärksten Zeitung des Landes mit auch international einzigartiger Reichweite. Dichands Liebe zum Journalismus war schon in jungen Jahren ausgeprägt. Bereits mit 14 bewarb sich der 1921 geborene Steirer erstmals bei der Kronen Zeitung, wollte jedoch auf Anraten des damaligen Chefredakteurs zunächst eine Lehre als Schriftsetzer machen. Der Zweite Weltkrieg durchkreuzte diesen Plan. Dichand meldete sich freiwillig zur Marine und stand bis 1945 in ihrem Dienst. Nach Krieg und kurzer Gefangenschaft nach Graz zurückgekehrt, übernahm er bereits 1946 den Posten des Chefredakteurs und Verlagsleiters der Murtaler Zeitung. Weitere Stationen waren das Steirerblatt, die Kleine Zeitung und der Kurier. Hans Dichand fuhr mit der „Krone“ eine Linie der völligen inhaltlichen Eigenständigkeit, engagierte sich redaktionell zwar immer wieder stark als mächtiger Wahlkampfhelfer für einzelne Kandidaten oder Parteien, begab sich aber nie in Abhängigkeit der Politik. So schlug sich die „Krone“ 1986 auf die Seite Kurt Waldheims, als dieser einer von der SPÖ losgetretenen internationalen Kampagne wegen seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg ausgesetzt war, und trug maßgeblich zu dessen Wahl zum Bundespräsidenten bei. Die Linie der Freiheitlichen unterstützte


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die „Krone“ immer wieder wegen der EU-kritischen Positionen, die Dichand teilte, womit er sich wohltuend vom Großteil der strikt auf EU-Linie beindlichen Journalisten der Konkurrenz abhob. Zu seinen Freunden zählte auch Bundeskanzler Werner Faymann, der in einem Brief an den Krone-Herausgeber eine Änderung der europapolitischen Linie der SPÖ mitteilte und Volksabstimmungen über künftige EU-Vertragsänderungen ankündigte. Zuletzt stand Dichand mit der Unterstützung der Präsidentschaftskandidatur von Barbara Rosenkranz im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Offenbar wegen massiver Drohungen mit Entzug von Werbegeld konnte er seine Linie nicht wie geplant durchhalten. Die „Krone“ blieb in der Berichterstattung über Rosenkranz jedoch neutral, während sie die politischen Sünden der Vergangenheit des schließlich wiedergewählten Präsidenten Heinz Fischer schonungslos aufdeckte. Dichands größter Gegenspieler war sein ehemaliger Kompagnon Kurt Falk, mit dem er 1959 die „Neue Kronen Zeitung“ gründete. 1974 kam es zum Bruch zwischen den beiden, weil Falk Dichand als Chefredakteur ablösen wollte. Obwohl nach wie vor 50-Prozent-Eigentümer, brachte Falk 1985 die Wochenzeitung „Die ganze Woche“ auf den Markt und 1992 die bunte Tageszeitung „Täglich alles“, die jedoch nach acht Jahren wieder eingestellt wurde. Falks Anteil an der Krone übernahm in der Zwischenzeit 1987 die deutsche WAZ-Gruppe. Auch mit dem neuen Miteigentümer war Dichands Verhältnis bald getrübt. Streit gab es vor allem, weil Dichand seinen Sohn Christoph zum Nachfolger als Chefredakteur machte, was die WAZ erfolglos bekämpfte. Im letzten Jahr tauchten Gerüchte auf, Dichand wolle den 50-Prozent-Anteil wieder zurückkaufen und somit zum Alleineigentümer der „Krone“ werden. Zuletzt hieß es jedoch Ende Mai, die Zeit sei noch nicht reif für ein Angebot. Hans Dichand verstand es wie kein Zweiter, in die Seele des Volkes zu blicken und die Anliegen der Menschen in seiner Zeitung zu transportieren. Bis zuletzt verfasste er pointierte Kommentare unter seinem Pseudonym „Cato“.


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Wohnen muss wieder leistbar werden Stetig steigt der Anteil des Einkommens, den die Menschen für Wohnraum ausgeben müssen. Der soziale Wohnbau ist längst Geschichte, anstatt dessen werden die Mieter auf gesetzlicher Basis abgezockt. Ein Musterbeispiel dafür bilden die gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen, die von den Nutzern wesentlich mehr kassieren, als sie für ein kostendeckendes Wirtschaften benötigen. Seit September widmet sich der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf intensiv diesem Thema und kämpft für gesetzliche Änderungen zum Wohle der Wohnungsnutzer. Dabei hat er mächtige Gegner. Graf kämpft gegen Zinsknechtschaft durch rot-schwarze Saurier (02.09.) Als die letzten rot-schwarzen Dinosaurier bezeichnet der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf die gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen, landläuig auch Genossenschaften genannt. Genossenschaftswohnungen sind günstiger als Wohnungen am freien Markt, suggerieren die Wohnbauvereinigungen mit ihren Werbeinseraten. In Relation zu den milliardenschweren Fördermitteln, die Bund und Länder einsetzen, müssten die Wohnungen allerdings wesentlich günstiger sein. Martin Graf spricht in einer Pressekonferenz gar von „moderner Zinsknechtschaft“, in die SPÖ und ÖVP und die in ihrem Einluss stehenden Genossenschaften die Menschen bringen: „Früher hat die Sozialdemokratie noch gegen die Zinsknechtschaft gekämpft, heute ist sie Teil dieses Systems“, kritisiert der freiheitliche Nationalratsabgeordnete. Wie so ein System aussieht, hat er anhand der Lage in Wien anschaulich gemacht. Die Linien von Beteiligungen und informellen Beziehungen über SPÖ-Parteimitglieder laufen kreuz und quer, auch die Stadt Wien mischt kräftig mit. Die handelnden Personen sind fast immer die gleichen: „An den entscheidenden Stellen sitzen immer brave rote Parteigänger und sichern den Einluss ab.“ Inwieweit die Herrschaften an den hebeln selbst noch den Durchblick haben, ist offen. Die Verhältnisse sind so kompliziert, dass die Sozialbau AG - mit rund 45.000 Wohnungen eine der größten Gemeinnützigen in Wien - in der Konzernbilanz der Wiener Städtischen konsolidiert wird, obwohl die


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Versicherung direkt nicht ein einziges Prozent an der Sozialbau hält. Was im Netz auffällt: Es gibt zahlreiche Gesellschaften, die alle den gleichen Zweck erfüllen - für Graf ein klares Indiz, dass die Strukturen verschleiert werden sollen.

Wem nützt das System und wem schadet es? Bezahlen dürfen das opulente System die Nutzer der Wohnungen. Gesetzlich gedeckt, aber dennoch dem vorgeschriebenen Kostendeckungsprinzip zuwider laufend, werden sie mehrfach zur Kasse gebeten. Sie müssen die Annuitäten - die Beiträge zur Rückzahlung der Darlehen für die Wohnungserrichtung - auch dann noch zahlen, wenn die Kredite längst getilgt sind. Und wenn sie die Wohnungen ins Eigentum übernehmen wollen, wird ihnen ein am Verkehrswert orientierter Barkaufpreis in Rechnung gestellt, obwohl sie die Wohnungen über die Annuitäten bereits größtenteils oder ganz bezahlt haben. Graf will Änderungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, die solche Praktiken abstellen. Die Proiteure sind die meist roten oder schwarzen Funktionäre der Genossenschaften, die sich dank sprudelnder Einnahmen fette Gagen genehmigen können, ohne dass es besonders auffallen würde. Durch die Mehrfachleistungen der Nutzer können die Wohnbauvereinigungen dennoch


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milliardenschwere Rücklagen auftürmen. Und die Parteien haben natürlich etwas davon, wenn in Wahlkampfzeiten besonders viele schöne neue Wohnprojekte präsentiert werden - in doppelseitigen Zeitungsinseraten, stets mit dem zuständigen Stadtrat oder Bürgermeister, der schon die Wohnungsschlüssel für die nette Jungfamilie in der Hand hält. Gegen die unverhältnismäßig hohen Beträge, die Genossenschaften von den meisten Nutzern verlangen, lässt sich nur politisch vorgehen, denn die Praktiken sind gesetzlich gedeckt. Zu holen wäre dabei für die Menschen viel Geld. Wie die „Gemeinnützigen“ bei den Wohnungsnutzern abkassieren (07.09.) Genossenschaften sollten das Ziel verfolgen, ihren Mitgliedern Leistungen zu Kosten zur Verfügung zu stellen, die unter dem üblichen Marktpreis liegen. Die Arten von Genossenschaften können unterschiedlich sein, der Bogen reicht von Versicherungs- bis hin zu Wohnbaugenossenschaften. Letztere nehmen in Österreich den bedeutendsten Platz ein. Jeder sechste Österreicher lebt in einer Wohnung, die von einer Wohnbaugesellschaft mit dem Prädikat „gemeinnützig“ errichtet wurde bzw. verwaltet wird. Viel Fördergeld, aber wenig Kontrolle Die Gemeinnützigkeit ist im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) geregelt. Gesellschaften gleich welcher Rechtsform, die diesem Gesetz unterliegen, sind von allen Ertragssteuern befreit. Ein Vorteil, den sie an die Bewohner in Form günstiger Nutzungsgebühren weitergeben sollten. Im Sinn der Gemeinnützigkeit sollten sie kostendeckend, aber eben nicht gewinnorientiert arbeiten. Die Einhaltung dieses Grundsatzes wird vom sogenannten „Revisionsverband“ überwacht. In Anbetracht der Höhe der im Bereich des sozialen Wohnbaus eingesetzten Steuermittel, wären efiziente Kontrolle und größtmögliche Transparenz zwingend erforderlich. Der Revisionsverband ist aufgrund massiver personeller Überschneidungen mit den zu prüfenden Genossenschaften jedoch nicht in der Lage, die genannten Anforderungen zu erfüllen. Man prüft sich selbst. Den Preis dafür müssen die Bewohner zahlen: Mit zwei gesetzlich gedeckten Tricks werden sie über Gebühr zur Kasse gebeten. Zum einen sind das die Annuitätenzahlungen. Genossenschaften inanzieren die Errichtung


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neuer Anlagen mithilfe von Eigenmitteln, Geldern der Bewohner, Krediten und der Wohnbauförderung. Die Nutzer einer Genossenschaft haften gemeinsam für die Kredite und tilgen diese auch. Diese Kreditraten werden irreführenderweise „Auslaufannuitäten“ genannt. Genau das, nämlich auslaufen, tun sie jedoch nicht. Selbst nach Ausinanzierung ihrer Wohnung müssen die Bewohner weiterhin diese Kreditraten bezahlen. Die Nutzer zahlen dann rund 3 Euro pro Quadratmeter zu viel - bei einer 80-Quadratmeter-Wohnung also stolze 264 Euro inklusive Umsatzsteuer. Verkaufspreis liegt weit über den Errichtungskosten Geschröpft werden die Nutzer zum anderen auch, wenn sie die Wohnungen ins Eigentum übernehmen wollen. Anstatt zu den Errichtungskosten verkaufen die Genossenschaften ihre Wohnungen zum „Barkaufpreis“, der zum Zeitpunkt des Verkaufs nach dem Verkehrswert festgelegt wird und damit in der Regel wesentlich höher ist. Durch diese Praktiken fahren die Gemeinnützigen zum Nachteil der Bewohner regelmäßig fette Gewinne ein, die nach dem Kostendeckungsprinzip nicht vorgesehen wären. So freut sich beispielsweise der Vorstand einer vergleichsweise kleinen Kärntner Genossenschaft, in deren Besitz sich knapp 500 Wohnungen beinden, über Rücklagen in der Höhe von 30 Millionen Euro - wesentlich mehr, als betriebswirtschaftlich notwenig wäre. Graf will Gesellschaften zur Gemeinnützigkeit zwingen Der FPÖ-Abgeordnete Martin Graf hat es sich zur Aufgabe gesetzt, die Genossenschaften, die er als die letzten rot-schwarzen Dinosaurier bezeichnet, wieder zur wirklichen Gemeinnützigkeit zu zwingen. Dazu hat er einige Gesetzesanträge im Nationalrat eingebracht. Primäres Ziel ist es, die Praktiken zu Lasten der Wohnungsnutzer und damit die Anhäufung immenser steuerfreier Rücklagen zu unterbinden. Martin Graf hat zu diesem Thema unter www.wohnbaugenossen.at eine Petition für leistbares Wohnen im gemeinnützigen Wohnbau ins Leben gerufen, die Unzensuriert.at unterstützt. Wir haben auch einige Fälle dokumentiert, welche die Praktiken der Genossenschaften anschaulich machen, etwa im riesigen Wiener Wohnpark Alt Erlaa.


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Wohnpark Alt Erlaa: Mieter zahlen jährlich zwei Millionen zuviel (22.09.) Die Genossen schaffen billiges Wohnen ab. Weil sie ihre Nutzer in Zinsknechtschaft nehmen, obwohl die Darlehen schon längst zurückgezahlt sind. Statt gemeinnützig handeln sie eher „gemein“ und „eigennützig“ und agieren in einem System, das ihnen die Parteienlandschaft geschaffen hat. Warum auch nicht? So kommen die aufgeblähten Verwaltungsapparate - ohne dafür zu arbeiten - leicht zu Geld. Ein Gesetz, das die Leute massiv benachteiligt, hilft ihnen auch noch dabei. Wer sich mit Genossenschaften auseinandersetzt, begibt sich auf ein schwieriges Feld. Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Karl Korinek, soll einmal gegenüber einem Vorstand einer Wohnbaugenossenschaft gesagt haben, dass sich das Wohungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und das Mietrechtsgesetz (MRG) gar widersprechen. Selbst Akademiker, die sich damit berulich beschäftigen, geben unumwunden zu, in der Sache nicht immer irm zu sein. Der Rechnungshof stellt in einem Bericht im September 2010 fest: „Die Mietzinsbildung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes orientiert sich am Grundsatz der Kostendeckung.“ Er billigt den gemeinnützigen Bauvereinigungen zwar zu, auch Gewinne machen zu dürfen, doch sollte diese Maßnahme nicht zum Nachteil der Mieter erfolgen. NICHT ZUM NACHTEIL DER MIETER - Ein wichtiger Satz, den sich die Bewohner des A-Blockes im Wiener Wohnpark Alt-Erlaa auf der Zunge zergehen lassen sollten. Denn hier läuft 34 Jahre nach Bezug die Annuitätenzahlung aus, also jenes Darlehen, das die Gesiba für die Errichtung des Gebäudes bei einer Bank aufgenommen hat. Anstatt das Nutzungsentgelt merkbar zu reduzieren, nämlich um den Kapitaldienst, der für die Darlehensrückzahlung eingehoben wurde, „schenkt“ die Gesiba ihren „Mietern“ durchschnittlich nur 70 Euro im Monat. Selbst bei einer Erhöhung des Erhaltungsbeitrages müssten das aber mindestens 200 Euro pro Mieter und Monat sein. So ließen allein vom A-Block in Alt Erlaa, in dem es ca. 1.000 Wohnungen gibt, jedes Jahr 2,4 Millionen Euro in die Genossenschaftskasse - ZUM NACHTEIL DER MIETER. Die Gesiba bestreitet das nicht, argumentiert aber, dass die Annuitäten (also die Dahrlehensrückzahlung) weiter eingehoben werden, um Geld für


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Reparaturarbeiten zu haben. So habe die Genossenschaft bereits Eigenmittel für notwendige Verbesserungen aufgewendet, welche nun die Nutzer zurückzahlen müssten. Samt Zinsen. Leidtragende der unsinnigen Annuitätenfortzahlung sind nicht nur die Bewohner in Alt Erlaa, sondern ein großer Teil jener zwei Millionen Menschen, die eine Wohnung bei einer Genossenschaft haben. Fest steht: Sozial ist dieses System nicht. Laut Auskunft eines Mitgliedes des Mieterbeirates können im Wohnpark Alt Erlaa bereits 45 Prozent der „Mieter“ ihr Nutzungsentgelt nicht mehr bezahlen. Fast die Hälfte aller Bewohner ist also auf Wohnbeihilfe angewiesen. Nach Zuschuss durch die Wohnbauförderung müssen die Steuerzahler jetzt auch noch Geld für die teuren Mieten hinlegen. Anstatt das Nutzungsentgelt zu reduzieren, damit das Wohnen wieder leistbar wird, hortet die Genossenschaft Millionen an Rücklagen. Der FPÖ-Abgeordnete Martin Graf schätzt, dass sich die gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen dadurch rund 87 Millionen Euro Körberlgeld jährlich erwirtschaften, in Wien wären das rund 26 Millionen. Große Projekte bringen den Genossen also große Gewinne, doch auch der Proit aus kleineren Wohnanlagen kann sich sehen lassen, wie dieses Beispiel aus dem Burgenland beweist. 66.000 Euro Körberlgeld für die Genossenschaft (29.09.) Die Betroffenen sprechen von „gesetzlich legalisiertem Diebstahl“ und sogar ein Vorstand einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung spricht gegenüber Unzensuriert.at von einer „Schweinerei sondergleichen“. Die Wogen gehen hoch beim Fall der VP-nahen „Neue Eisenstädter Siedlungsgenossenschaft“, die 66.000 Euro, die ihre Nutzer zehn Jahre lang für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten eingezahlt hatten, einfach einkassierte, als die „Mieter“ Eigentümer ihrer Wohnungen wurden. Kaum zu glauben, aber die Genossenschaften dürfen das. Im Gesetz steht, dass bei Eigentumsbildung der Wohnungen der Erhaltungsbeitrag, der nicht verbraucht wird, in den Besitz der Genossenschaft übergeht. Wider dem Hausverstand kommt es dadurch zu großen Überraschungen für die Nutzer. In Neusiedl am See war es nicht anders: 1996 zogen 33


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„Mieter“ in die Wohnhausanlage der „Neuen Eisenstädter“ ein, mit der Option, ihre Wohnungen nach zehn Jahren ins Eigentum übernehmen zu können. Von dieser Möglichkeit machten am 1. Jänner 2007 exakt 17 Nutzer Gebrauch - mit fatalen Folgen. Denn als es 2008 zum ersten großen Schaden in der Anlage kam, zu einem massiven Kanalgebrechen, waren die 66.000 Euro, die die Bewohner zehn Jahre lang für solche Fälle ansparten, plötzlich weg. Nachforschungen ergaben, dass die „Neue Eisenstädter“ - gesetzlich völlig legal - das Geld einkassierte, als die 17 Wohnungen 2007 ins Eigentum übergegangen sind. Somit war das Guthaben weg. Und die Überraschung bei den Betroffenen groß. „Wir Eigentümer hatten keine Ahnung davon, und natürlich hat es auch niemanden gegeben, der uns darauf aufmerksam gemacht hat“, beschwert sich Helga Doret, eine pensionierte Lehrerin, die ebenfalls bitteres Lehrgeld zahlen musste. Zu einer Klage haben sich die „Geschädigten“ aber nicht durchringen können, obwohl da vielleicht ein Präzedenzfall zugunsten der „Mieter“ geschaffen hätte werden können. Jene 17 Nutzer, die ihre Wohnung nach zehn Jahren ins Eigentum übernahmen, zahlen die Wohnbauförderung und den Bankkredit zurück und mussten zudem eine Summe von 20.000 Euro als Barkaufpreis hinlegen. Wofür, fragt man sich. Denn die Häuser werden von den Nutzern sowieso vollständig bezahlt. Der Barkaufpreis dient den Gemeinnützigen nur dafür, beträchtlichen Gewinn zu machen, den sie unversteuert in Rücklagen verwandeln. Das Geld wird auch verwendet, um die fetten Gagen für Vorstände und Aufsichtsräte zu bezahlen. Doch es geht auch anders: In der Marktgemeinde Hohenberg in Niederösterreich gingen einige Betroffene vor Gericht und hatten Erfolg. Auch hier wollte die Genossenschaft bei der Eigentumsübertragung einen zusätzlichen Kaufpreis kassieren, obwohl die Käufer alle Darlehen übernahmen. Genossenschaften: Das gallische Dorf in Niederösterreich (24.09.) Mut und Ausdauer bewiesen 14 Bürger in der Marktgemeinde Hohenberg. Sie zogen gegen eine Wohnbaugenossenschaft vor Gericht, weil sie bei Übernahme der Häuser ins Eigentum keinen Barkaufpreis zahlen wollten. Ein Musterprozess im Bezirksgericht Lilienfeld, der für Aufsehen sorgte. Nach dreieinhalb Jahren gingen die Kläger als Sieger hervor. Eine Sensation!


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Wenn Asterix und Obelix im gallischen Dorf gegen die übermächtigen Römer kämpfen, haben sie alle Sympathie der Welt. Wie immer, wenn David gegen Goliath antritt. Ähnlich die Situation in Hohenberg: 14 Bürger gegen die Erste burgenländische Siedlungsgenossenschaft regGenmbH. Diese wollte von jedem Nutzer der Häuser einen Barkaufpreis in Höhe von 28.500 Euro kassieren, als die Bewohner nach dem 10. Jahr einen Antrag stellten, die Häuser ins Eigentum zu übernehmen. Die Nutzer wehrten sich, klagten und bekamen vom Richter tatsächlich recht: Sie übernahmen die Häuser ohne Bezahlung des Barkaufpreises ins Eigentum, stiegen lediglich in den laufenden Kredit, der 25 Jahre lang zurück zu zahlen ist, ein und entrichteten die üblichen Kosten wie Grunderwerbssteuer. Der Gegenanwalt sagte zu einer Klägerin: „Nicht ganz neidlos muss ich anerkennen, dass Sie mehr Recht haben, als uns lieb ist.“ Der Ausgang dieses Prozesses ging in den Medien fast unter. Erstmals hatte ein Richter das Verlangen eines Barkaufpreises verboten. Zum ersten Mal wurde aufgrund des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG), wonach sich Genossenschaften am Grundsatz der Kostendeckung zu orientieren haben und keinen Gewinn machen sollen, entschieden. Ein Urteil aber auch, das bis dato keine Veränderung brachte. Denn nach wie vor verkaufen die Gemeinnützigen die Wohnungen und Häuser an die Nutzer doppelt. „Das ist ein Unding“, kritisiert der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Martin Graf, „wenn die Wohnung abbezahlt ist, dürfen nur noch die Grunderwerbssteuer und die Rechtsgebühr anfallen.“ Genau das passiert nicht bei allen Genossenschaften. Bei den meisten funktioniert das so: Der „Mieter“ zahlt einen Finanzierungsbeitrag, der je nach Größe der Wohnung oder des Hauses zwischen 30.000 und 70.000 Euro ausmacht und das Nutzungsentgelt, das sich aus der Darlehensrückzahlung (dem größten Brocken), den Betriebs- und Verwaltungskosten, dem Erhaltungsbeitrag, der Rücklagen-Komponente und zehn Prozent Mehrwertsteuer zusammensetzt. Der Antrag auf Eigentum kann frühestens nach zehn Jahren gestellt werden, weil zu diesem Zeitpunkt die 20prozentige Mehrwertsteuer entfällt. In der Regel, so auch die Auskunft bei der Siedlungsgenossenschaft „Neues Leben“, errechnet dann ein Gutachter den Verkehrswert, zu dem der Nutzer die Wohnung oder das Haus ins Eigentum übernehmen kann.


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Barkaufpreis lässt Genossenschaften immense Rücklagen anhäufen Geht man vom Fall „Hohenberg“ aus, dürfte das nicht so sein. Sondern: Der Nutzer zahlt keinen Verkehrswert, übernimmt lediglich den laufenden Kredit (mit einer Laufzeit von meistens 25 Jahren) und entrichtet die Grunderwerbssteuer und die Rechtsgebühren. So wär‘s richtig und auch im Sinne des Rechnungshofes, der anmerkt, dass Maßnahmen nicht zum Nachteil der Mieter anzuwenden sind. Die derzeit durchgeführten Praktiken schaden aber den Nutzern und bevorteilen die Wohnbauvereinigungen, die dadurch immense Rücklagen anhäufen. Graf schätzt diese konservativ auf acht Milliarden Euro bei einer Gesamt-Bilanzsumme von 30 Milliarden. Unzensuriert.at wird auch 2011 am Thema Wohnbaugenossenschaften dran bleiben und weitere Fälle dokumentieren.


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Aus für die Wehrplicht?

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Aus für die Wehrplicht? Deutschland macht es vor, und in Österreich wollen viele mitziehen. Die allgemeine Wehrplicht steht plötzlich zur Disposition. Wiens Bürgermeister Michael Häupl versuchte vergeblich, mit diesem Thema die Landtagswahl zu retten. Grüne und BZÖ wollen ein Berufsheer, die Regierungsparteien sind diskussionsbereit. Nur die Freiheitlichen beharren weiter auf der Wehrplicht. Wird nächstes Jahr das Volk entscheiden? Das Bundesheer wurde heuer zunächst zum politischen Sommerthema. In einer ihrer nicht seltenen Allianzen versuchten die Grünen und das BZÖ, die öffentliche Meinung in Richtung Abschaffung der Wehrplicht zu lenken. Die beiden Kleinparteien forderten stattdessen ein Berufsheer. Obwohl zunächst niemand mit ihnen in diese Richtung marschieren wollte, organisierte sich der Widerstand schnell, auch diesmal in Form einer Petition. Petition fordert Beibehaltung der Wehrplicht (28.07.) In vielen Ländern Europas wird derzeit über die Abschaffung der allgemeinen Wehrplicht diskutiert. In 20 von 27 EU-Ländern ist diese allerdings faktisch ohnehin nicht mehr existent. Mit Schweden hat sich vor kurzem das nächste Land davon verabschiedet. Die neutralen Staaten wie Finnland, Schweiz und Österreich halten zwar derzeit noch an der Wehrplicht fest, die Frage ist allerdings, wie lange noch. In der österreichischen Gesellschaft halten sich Befürworter und Gegner bislang weitgehend die Waage. Einer „Proil“-Umfrage zufolge sind 48 Prozent für die Abschaffung, 42 Prozent der Befragten für eine Beibehaltung des derzeitigen Systems. Unter den Unzensuriert-Lesern ist die Stimmung hingegen viel klarer. Aktuell sprechen sich 70 Prozent für den Erhalt der Wehrplicht und nur 30 Prozent dagegen aus. Innerhalb der Politik sind die Meinungen ebenfalls gestreut. Die Bundesregierung will unisono mit den Freiheitlichen nichts von einem reinen Berufsheer wissen. Das bisherige System habe sich bewährt, heißt es. Zudem seien die Kosten geringer, und der Katastrophenschutz müsse ebenfalls aufrecht erhalten bleiben. Das BZÖ fordert eine Aussetzung des Wehrdienstes auf unbestimmte Zeit, die Grünen eine Volksabstimmung für eine leichte UNBrigade mit rund 6.000 Beschäftigten und 4.000 Berufssoldaten.


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Kosten für Berufsheer annähernd dreimal so hoch wie jetzt Eine breite Front gegen ein Berufsheer hat sich bei den Betroffenen selbst gebildet. Hochrangige Vertreter aus dem Österreichischen Bundesheer (ÖBH) plädieren für eine Beibehaltung der Wehrplicht, allerdings unter den Voraussetzungen, dass ein klarer politischer Wille dafür erkennbar ist und die Bereitstellung ausreichender inanzieller Mittel erfolgt. Günter Höler, Kommandant der Streitkräfte, meint etwa, wie viele seiner Berufskollegen, dass sich die derzeitigen und künftigen Aufgaben des Bundesheeres unter Berücksichtigung der speziellen österreichischen Rahmenbedingungen, der gesetzlichen Bestimmungen und des erwartbaren budgetären Rahmens am besten mit der Wehrplicht bewältigen ließen. Im Inland seien dies die Assistenzleistungen bei Katastrophenhilfen und sicherheitspolizeiliche Assistenzleistungen, auf internationalem Parkett die Teilnahme an humanitären Einsätzen. Die Kosten für ein Berufs- oder Freiwilligenheer würden annähernd beim Dreifachen der jetzigen Ausgaben für das Bundesheer liegen. Doch auch innerhalb der Bevölkerung formt sich nun eine Bewegung zur Beibehaltung der allgemeinen Wehrplicht, die ihre Wurzeln in der Bürgerrevolution von 1848 hat. Damals wurde die Forderung erhoben, bewaffnete Verbände zu organisieren, die unter der Volkssouveränität stehen. Mit der Petition „Ja zur allgemeinen Wehrplicht – Ja zur umfassenden Landesverteidigung“ soll dem Nationalrat ein breit unterstütztes Plädoyer zum Erhalt der allgemeinen Wehrplicht überreicht werden. Das unabhängige Österreichische Bundesheer soll überdies mit den dafür notwendigen Budgetmitteln ausgestattet werden. Ein Berufsheer berge die Gefahr, dass sich das Militär zu einem abgeschlossenen Apparat ohne Bezug zum Volk entwickle, befürchten die Initiatoren. Unterstützter können sich auf www.prowehrplicht.at eintragen. Auch die Gegner der Wehrplicht blieben entschlossen, allen voran der Heeresexperte der Grünen, Peter Pilz. Er versuchte die Regierung vor sich herzutreiben und drohte mit einem Volksbegehren. Pilz holt zum Vernichtungsschlag gegen das Bundesheer aus (24.09.) Der Grüne „Heeresexperte“ Peter Pilz droht mit einem Volksbegehrens, um die Wehrplicht abzuschaffen. Dieses will er starten, wenn die Regierung


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die Wehrplicht nicht noch heuer von sich aus aufhebt. Interessanterweise scheint Pilz seine Ideen direkt von den deutschen Unionsparteien und ihrem Verteidigungsminister zu Guttenberg übernommen zu haben – ideologisch nicht gerade die engsten Verbündeten der Grünen. Pilz‘ Plan, der schon auf den ersten Blick recht unüberlegt scheint, offenbart bei genauerer Untersuchung Punkte, die der grünen Linie, die österreichische Kultur zu zersetzen, nahtlos folgen. Während der Grenzschutz, natürlich im Hinblick auf ein „offenes Europa“, vollkommen abgeschafft werden soll, muss trotzdem eine „hoch professionelle“ Truppe erhalten werden, die jedoch nur für von der UN veranlasste Auslandseinsätze verfügbar ist. Auch beinhaltet Pilz‘ angebliche Heeresreform den Punkt der Terrorbekämpfung - das Instrument, womit derzeit in der gesamten EU erfolgreich gegen die Meinungsfreiheit vorgegangen wird. Vielsagend auch, dass sich dafür just jener Politiker einsetzt, der die Strafbarkeit des Besuchs von Terror-Camps aus dem bevorstehenden Terrorismus-Präventionsgesetz heraus reklamiert hat. Dass das österreichische Bundesheer einer Verbesserung bedarf, steht außer Frage - solche Probleme lassen sich jedoch nicht durch radikale Vernichtung lösen. Der freiheitliche Wehrsprecher Peter Fichtenbauer kreidet ebenfalls die Ressourcenverschwendung im Heer an, zeigt jedoch auf, dass ein Berufs- oder Freiwilligenheer die dreifachen Kosten verursachen würde. Aufgaben des Staates, so Fichtenbauer, müssten bei einem souveränen Volk auch Aufgaben des Bürgers sein. Ebenso müsse die Wehrplicht ihren aktuellen „Frustrationseffekt“ ablegen, der aus dem Mangel „sinnvoller Aufgabenstellungen“ entspringt: Im Moment müssen 60 Prozent der Grundwehrdiener systemerhaltende Aufgaben (wie Küchengehilfen oder Schreiber) ausführen. Pilz will für seine heeresfeindliche Initiative nun im Facebook Unterstützer sammeln und bekam dafür von der Zeitung Österreich gleich einiges an Werbeläche geschenkt. Die Fronten schienen also klar, änderten sich jedoch schlagartig, als sich der wahlkämpfende Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl wenige Tage vor der Wahl des Themas annahm und seine Parteigenossen nötigte, mit ihm plötzlich für die Abschaffung der allgemeinen Wehrplicht einzutreten.


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SPÖ opfert Wehrplicht für Wien-Wahl und Kronen Zeitung (06.10.) Alle gegen die Wehrplicht? So scheint es mittlerweile in Österreich politisch zu laufen. Wiens Bürgermeister Häupl spricht sich plötzlich für eine Volksabstimmung über ihre Abschaffung aus, und Verteidigungsminister Darabos zieht nach. Wieder einmal springt die SPÖ auf Kommando der größten Zeitung des Landes, um kurz vor dem Wahltermin noch ihr Ergebnis zu retten. Die Kronen Zeitung berichtete, dass 48 % der von ihr Befragten sich für eine Abschaffung der allgemeinen Wehrplicht aussprechen würden und nur 35,5 % für ihre Beibehaltung. 17 % seien hingegen für eine Beibehaltung, sofern auch Frauen Dienst leisten müssen. Die SPÖ springt und verabschiedet sich blitzartig von ihren Grundätzen, war sie doch stets Anhängerin des Bürgers als Soldaten. 1934 sollte sich schließlich nicht mehr wiederholen, als ein Berufsheer im Bürgerkrieg zwischen Christlich-Sozialen und Sozialisten die Einheiten des Republikanischen Schutzbundes gemeinsam mit der Heimwehr gewaltsam niederschlug. Noch vergangenen Samstag beim Tag der Leutnante in Wiener Neustadt bekundeten Bundespräsident Heinz Fischer und Minister Norbert Darabos ihre uneingeschränkte Solidarität zur allgemeinen Wehrplicht, jedoch mit dem Zusatz, dass sie für eine Diskussion offen wären - wissend, was der Wiener Bürgermeister am nächsten Tag für ein Schauspiel inszenieren würde? Nicht einmal die ausgesprochen SPÖ-freundliche Zeitung „Österreich“ kommt umhin zu vermerken, es handle sich um eine „perfekt abgestimmte Aktion, die offenbar der SPÖ im Wiener Wahlkampf die nötigen Jungwählerstimmen bringen soll.“ War die Wehrplicht einst eine Errungenschaft der demokratischen Revolution 1848, so scheint sie heute vielen nicht mehr „zeitgemäß“. Auch jenen Bewegungen, die ihre Wurzeln selbst auf diese Zeit zurückführen, wie die Sozialdemokratie. Eine Abschaffung der Wehrplicht wäre somit ein Rückschritt von rund 160 Jahren. Wollen wir so weit zurück? Nur die FPÖ steht noch uneingeschränkt für die Beibehaltung der Wehrplicht und somit der umfassenden Landesverteidigung. Ihre Befürworter sammeln sich hinter der Petition „JA zur Wehrplicht“.


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Häupl pokerte hoch und verlor, wie das Wiener Wahlergebnis belegt. Seine Partei nahm er jedoch in Geiselhaft. Doch abgesehen von allen grundsätzlichen Überlegungen, die für die Wehrplicht und gegen ein Berufsheer sprechen, zeigen auch die Zahlen des Budgetentwurfs eine eindeutige Sprache. Die Umstellung auf ein Berufsheer ist mit den budgetierten Mitteln nicht drinnen. Umstellung auf Berufsheer mit diesem Budget nicht möglich (30.10.) Anlässlich des Nationalfeiertags wurde die Debatte über die allgemeine Wehrplicht wieder aufgenommen. War noch vor den wichtigen Wahlen in der Steiermark und in Wien der Großteil von Rot, Schwarz und Grün für eine Abschaffung, so scheint nun ein Umdenkprozess stattgefunden zu haben. Denn sowohl Verteidigungsminister Darabos als auch Vizekanzler Pröll hielten an der Beibehaltung des bewährten Mischsystems aus Grundwehrdienern, Miliz- und Berufssoldaten fest, nicht ohne jedoch eine Volksbefragung zu diesem Thema zu versprechen. Lediglich die Grünen forderten weiterhin die Abschaffung der ihrer Meinung nach nicht mehr zeitgemäßen Wehrplicht. Minister Darabos hat nun angekündigt, dass er sich bis Ende des Jahres vom Generalstab verschiedene Wehrsystem-Modelle und Varianten vorlegen lassen wird, um im Anschluss eine offene Diskussion über ein Ende der Wehrplicht zu führen. Auch zu diesem Zwecke trafen am 29. Oktober der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf und die Nationalratsabgeordnete Anneliese Kitzmüller mit zahlreichen internationalen Militärattachés im Parlament zusammen. Thema war vor allem die Umstellung einer Wehrplichtigen-Armee auf ein Berufsheer. Viele der Teilnehmer, in deren Ländern bereits eine Umstrukturierung stattgefunden hat, berichteten von den Schwierigkeiten, die damit einhergingen. Berufsheer ist entweder zu viel oder zu wenig Ganz abgesehen von den personellen Problemen ist eine solche Umstellung mit enormen Kosten verbunden, die jedoch im neuen Budget in keinster Weise vorgesehen sind. Es sei daher „unehrlich, wenn die SPÖ jetzt eine


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Volksbefragung zur Wehrplicht verspricht, während inanziell für eine Abkehr in Richtung Berufsheer in keiner Weise vorgesorgt ist“, erklärt Kitzmüller. So verlockend der Gedanke an ein Berufsheer für manche Politiker mit Blick auf die Wählerstimmen derer, denen man damit den Grundwehrdienst ersparen würde, erscheint, so sehr zeigt der Blick auf internationale Beispiele, dass sich viele Länder mit ihren Berufsarmeen erhebliche Probleme eingehandelt haben. Berufsarmeen setzen auf Einwanderer und Häftlinge (02.11.) Indem er eine Debatte über die Wehrplicht in Österreich lostrat, versuchte Michael Häupl das Ruder im Wiener Wahlkampf doch noch herumzureißen. Auch wenn die Rechnung des roten Landesfürsten nicht aufging, so ist das Thema einer Berufsarmee doch weiter aktuell - Anlass genug, um einen Blick auf die Armeen anderer westlicher Staaten zu werfen. Mehrheit der EU- und NATO-Staaten setzt auf Berufssoldaten Das Ende des Kalten Krieges brachte für die Mehrheit der europäischen Staaten auch ein Ende der Wehrplicht. Inzwischen setzen 21 von 27 EUStaaten und 23 von 28 NATO-Mitgliedsstaaten auf eine Freiwilligenarmee. Noch 1990 war Großbritannien das einzige EU-Land ohne Wehrplicht. Die USA sind ein Sonderfall, da sie zwar eine Berufsarmee unterhalten, die Wehrplicht seit 1973 aber nur ausgesetzt ist. Von Österreichs Nachbarländern halten nur noch Deutschland und die Schweiz an der Wehrplicht fest, wobei auch in Deutschland laut über ein Freiwilligenheer nachgedacht wird. Die Gründe liegen auf der Hand: Mit dem Zerfall des Ostblocks war die Gefahr eines Konliktes zweier großer Blöcke in Europa gebannt und die Aufgaben der nationalen Streitkräfte änderten sich dementsprechend. „Friedensschaffende und -erhaltende“ Einsätze in allen Teilen der Erde traten an die Stelle der klassischen Landesverteidigung. Freiwillige schienen für diese neuen Aufgaben im Ausland besser geeignet als Wehrplichtige. Die Berufsarmeen setzen sich aus Berufssoldaten, die in der Regel ihr ganzes Leben in der Armee verbringen, und Zeitsoldaten, die sich nur für mehrere Jahre verplichten und danach meist eine Reserve für die stehende Armee bilden.


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In der NATO wird nicht von Berufsarmeen sondern von Freiwilligenarmeen gesprochen. Ofiziere und Unterofiziere gehören größtenteils zur Gruppe der Berufssoldaten, während die Mannschaften von Zeitsoldaten gestellt werden. Doch gerade in diesem Bereich haben viele Berufsarmeen mit akuten Rekrutierungsproblemen zu kämpfen. Vor allem besser ausgebildete junge Männer und teilweise auch Frauen wollen immer seltener Soldaten werden. Das Phänomen betrifft große Streitkräfte wie die der USA und Großbritanniens ebenso wie kleinere, wie die Beispiele der Niederlande, der Slowakei und Schwedens zeigen. Um diesem Problem zu begegnen haben die Rekrutierer ihren Wirkungsbereich inzwischen stark ausgeweitet. In Großbritannien und den USA werden inzwischen vermehrt ehemalige Häftlinge in die Streitkräfte aufgenommen. Von 2004 bis 2007 stieg der Anteil Vorbestrafter in den US-Streitkräften um 65 %, in Großbritannien können Häftlinge direkt zur Armee, bei guter Führung wird ihnen der Rest der Haftstrafe erlassen. Doch auch eine andere Gruppe haben die Berufsarmeen inzwischen für sich entdeckt: Ausländer, die so schneller die Staatsbürgerschaft erlangen können. Spanien wirbt Soldaten in seinen ehemaligen Kolonien in Südamerika und Afrika an - ein Rekrutierungsfeld, das sich die Spanier mit der USArmee teilen müssen. Der erste 2003 im Irakkrieg gefallene US-Soldat war Staatsbürger Guatemalas und erhielt die US-Staatsbürgerschaft erst posthum. Zehntausende dieser sogenannten „Green Card Soldiers“ dienen in den US-Streitkräften. Ähnlich Spanien sind auch für Großbritannien die ehemaligen Kolonien weltweites Rekrutierungsfeld. Neben den legendären Ghurkas aus Nepal stammen die britischen Soldaten aus Ghana, den Fiji-Inseln, Jamaica und unzähligen anderen englischsprachigen Ländern, so dass die „Times“ bereits 2005 von der britischen Armee als Fremdenlegion schrieb. Auch die Voraussetzungen, um Dienst an der Waffe tun zu dürfen, wurden in den angesprochenen Ländern immer weiter gesenkt. Fast schon 40 % der USSoldaten sind funktionelle Analphabeten. In Spanien mussten der geforderte Intelligenzquotient und die Mindestgröße mehrmals gesenkt werden, in Großbritannien wurde der zulässige maximale Bodymassindex auf 32 erhöht, ab 30 ist man krankhaft fettleibig.


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Finanzielle Gründe werden von Befürwortern und Gegner eines Berufsheeres bemüht. Dabei rückt in den Hintergrund, dass auch bisher nichts gegen einen verantwortungsvollen Umgang mit den Budgetmitteln im Bereich Landesverteidigung gesprochen hätte. Im Gegenteil wurde jedoch massenhaft Geld beim Fenster hinausgeworfen, vor allem durch den Ankauf der Euroighter, oder besser: Durch den Versuch des aktuellen Verteidigungsministers, diesen Kauf rückgängig zu machen. Darabos‘ Sparwut machte die Euroigther richtig teuer (19.07.) Dass der Zivildiener und „Euroighter-Fighter“ Norbert Darabos 2007 von Kurzzeit-Kanzler Gusenbauer zum Verteidigungsminister gemacht wurde, war dessen Dank für den erfolgreichen Wahlkampfmanager 2006, an dessen Lizitationsstrategie (z.B. Verlängerung der „Hacklerregelung“ für pragmatisierte Beamte, die frühzeitig in Pension gehen wollen) die österreichischen Steuerzahler noch lange zu kiefeln haben werden. Darabos sollte die Gelegenheit bekommen, sein Versprechen umzusetzen, den Euroighter-Kauf rückgängig zu machen. Dabei musste er aber widerwillig eingestehen, dass ein anderer Abfangjäger nicht billiger zu haben war. Dennoch glaubte er, er könne das Versprechen zumindest teilweise halten: Er reduzierte sowohl die Stückzahl als auch die Leistungsfähigkeit. Er beschaffte - entgegen aller Warnungen - Flieger der ausgelaufenen Tranche 1 unter Ausschluss der Aufrüstoption auf den bereits eingeführten Typ 2. Für 15 Stück davon bezahlte er zwar etwas weniger als für 24 Stück der modernsten Version, aber dennoch weit zu viel (wie schon damals aus dem Umfeld des Lieferanten hinter vorgehaltener Hand hämisch zu hören war). Und er nahm in Kauf, dass die Wartung weit teurer wurde, weil die Ersatzteile nun als Sonderanfertigungen lieferbar waren. Heute werden die letzten Stücke des Typs 1 von den Streitkräften moderner Armeen (wie z.B. Italien) bereits ausgemustert, ins Museum gestellt oder an militärische Habenichtse geliefert - Rumänien bekommt diese derzeit zum Okkasionspreis, weil sie schon lange nicht mehr in Produktion sind. Darabos aber kaufte sie trotzdem. Dass sie nicht allwettertauglich sind und auch nicht nachtkampffähig, wird er ebenso wegdiskutieren wollen wie die teure Sinnlosigkeit des Grenz-Assistenzeinsatzes.


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Der Fehler lag nicht in der Grundsatzentscheidung der schwarz-blauen Regierung für einen hochmodernen, vielseitig einsetzbaren Abfangjäger, sondern in der rein politisch motivierten Vertragsänderung auf einen abgespeckten Prototyp, dessen Ablaufdatum bekanntermaßen schon vor dem Lieferzeitpunkt lag. Das ist die unverzeihliche Dummheit eines erfolgreichen Parteisekretärs, der zum völlig unvorbereiteten Heeresminister hochgelobt worden ist. Das für Landesveteidigung vorgesehene Geld wird auch in wesentlich geringerem Umfang verplempert. Am Ende des Kapitels über das Bundesheer sei daher noch die folgende amüsante Episode vermerkt: Umstandsmode für Soldatinnen (07.08.) Das Österreichische Bundesheer gilt als notorisch unterinanziert. Zuletzt machte das Heeresbudget nur noch 0,63 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus. Zwischen 1,11 und 1,18 Prozent müsste es allerdings liegen, um die operativen Fähigkeiten des Heeres sicherzustellen. Dennoch muss das von einem ehemaligen Zivildiener geführte Verteidigungsressort heuer nochmals um 80 Millionen Euro abspecken, um zur Sanierung des Staatshaushaltes beizutragen. Während die Kasernen verfallen und die Waffen eingemottet werden, ist hingegen für maßgeschneiderte Uniformen offenbar genug Geld vorhanden. Anlass für einen Erlass des Ministeriums war die Schwangerschaft einer Salzburger Berufssoldatin, deren Uniformteile angepasst werden mussten, weil der Babybauch im Dienstanzug 75 keinen Platz hatte. Künftig wird es daher ergänzend ein Umstandsfeldhemd und eine Umstandsfeldhose geben. Beim Kampfanzug 03 sind Jacken und Hosen ohnedies relativ weit geschnitten, weshalb die Teile während der Schwangerschaftsphase in entsprechender Größe auszufassen sind, heißt es in dem Erlass. Gleiches gilt für Nässeschutzjacken und -hosen sowie für die Thermobekleidung. Bei Bedarf könnten Anpassungen zudem in der Bundesheerschneiderei erfolgen. Den Ausgangsanzug in grau oder weiß wird es aus Kostengründen nicht als Umstandsmodell geben. Er könnte aber bei einem Vertragsschneider adaptiert werden. Allzu viele Frauen wird die Maßschneiderei dennoch nicht betreffen: Derzeit sind 363 Soldatinnen beim Bundesheer im Einsatz.


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Der Konsument als Allesfresser Um die Lebensmittelsicherheit und auch um die Qualität steht es in Österreich nicht zum Besten. Aus dem Käse-Skandal mit neun Todesopfern wurden nicht die nötigen Konsequenzen gezogen. Anstatt die Kontrollen zu verschärfen, achtet der Gesundheitsminister nicht einmal auf die Einhaltung der schon jetzt vorgeschrieben Proben. Auch Gütesiegel geben den Konsumenten keine Sicherheit. Besorgnis bei Konsumenten vermag auch der Umstand hervorrufen, dass die tödliche Listerien-Verseuchung von Käse aus steirischer Produktion im Februar nur zufällig bekannt wurde. Der Gesundeitsminister hätte von sich aus kein Wort darüber verloren. Käse-Skandal: Zwei Minister müssten gehen (17.02.) Österreichs Minister stehen offenbar unter besonderem medialen Schutz, wenn sie nicht gerade Maria Fekter heißen. Da sterben sechs Menschen an verseuchtem Käse. Die Öffentlichkeit erfährt davon nur über verschlungene Umwege, aber die Frage nach der politischen Verantwortung wird nicht gestellt. Klar ist jedoch: Wer so agiert, hat in verantwortungsvoller Position nichts (mehr) verloren. ORF-Online stellt zwei Tage nach Bekanntwerden der Todesfälle die richtige Frage „Skandal vertuscht?“, beantwortet sie aber falsch: Im Artikel geht es im wesentlichen um die Hersteller-Firma, Vorwürfe eines anonymen Informanten und die bedenkliche Tatsache, dass im steirischen Käse kein einziger Tropfen steirische Milch stecken soll. Doch bei aller Ursachenforschung im betroffenen Betrieb muss angesichts einer so dramatischen Entwicklung auch die Frage nach der Reaktion der zuständigen Politiker gestellt werden. Noch einmal kurz zusammengefasst: 14 Listerien-Fälle im Dezember 2009 konnten nach langwierigen Recherchen und Proben durch die Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) auf den oststeirischen Käse zurückgeführt werden. Daraufhin wurde der Hersteller, die Firma Prolactal in Hartberg, informiert und durfte selbst reagieren: Am 23. Jänner wurden acht Käseprodukte aus dem österreichischen und deutschen Handel zurückgerufen. Das Unternehmen sprach von „einzelnen Proben“, „Verdachtsfällen“ und


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„empfahl“, bereits gekauften Käse nicht mehr zu essen. Man würde sogar sein Geld zurück bekommen, wenn man den Käse zurück in den Supermarkt bringe. Wie beruhigend: Sogar drohender inanzieller Schaden wurde abgewendet. Was sich rund um diese Rückholaktion ereignet hat, kann nur als informationspolitischer Skandal bezeichnet werden: Zunächst werden dem Käsehersteller die Todesfälle verschwiegen, der sich daraufhin mit einer eher weichen Erklärung aus der Affäre und die Käsesorten aus dem Verkehr zieht. Dann publizieren Mitarbeiter der AGES am 4. Februar auf einem europäischen Internet-Portal für Prävention und Kontrolle von Infektionskrankheiten einen englischsprachigen Bericht über die Angelegenheit und bestätigen dort bereits 4 Todesfälle: „At the time of writing this report, the outbreak was known to account for 14 outbreak cases in 2009, including four cases with lethal outcome.“ Auf diesen Bericht wird das „dlz Agrarmagazin“ aufmerksam und schreibt - auch in seiner Online-Ausgabe - von sechs Todesfällen, die der Rückholaktion vorausgegangen waren. Diese Toten waren der AGES klarerweise seit langem bekannt, waren sie doch Anlass für die gründlichen Recherchen, die schließlich zum Erzeuger führten. Über diese Umwege wurde das Ausmaß des Käse-Skandals endlich auch der breiten Öffentlichkeit bekannt - viel zu spät jedoch. FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein spricht aus, was sich wohl jeder Konsument denkt, der eins und eins zusammenzählen kann: „Wenn ich weiß, dass daran Menschen gestorben sind, schaue ich im Kühlschrank sicher genauer nach als bei einer x-beliebigen Rückrufaktion.“ Und noch deutlicher ausgedrückt: Durch das Zurückhalten der Information wurde das Leben weiterer Menschen gefährdet. Die AGES hätte also sofort handeln müssen, was uns zu der Frage führt, wer für deren Handeln verantwortlich ist: Eigentümer der AGES ist die Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Gesundheit, Alois Stöger, und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich. Beide präsentieren auch stolz ihre Konterfeis auf der Webseite. Es ist nicht glaubwürdig, dass die Mitarbeiter der AGES einen Vorfall dieser Tragweite nicht an die Spitze gemeldet haben.


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Warum haben die Minister also geschwiegen? Darüber kann nur gemutmaßt werden. Landwirtschaftminister Berlakovich (ÖVP) konnte vielleicht im Vorfeld der Landwirtschaftskammer-Wahlen in einigen Bundesländern keinen Skandal im Bereich „heimischer“ Agrarprodukte brauchen. Und Gesundheitsminister Stöger (SPÖ) hat sich vielleicht gedacht, er will nach der künstlichen Schweinegrippe-Hysterie nicht schon wieder Panik in der Bevölkerung verbreiten. Unabhängig von den Motiven: Politiker, die mit der Gesundheit der Menschen in diesem Land einen solchen Umgang plegen, gehören weg. In Ländern mit besserer Polit-Hygiene hätten sie längst ihren Rücktritt eingereicht. Nicht so in Österreich. Da bleibt es der Opposition vorbehalten, dies zu fordern und sich von den Regierungsparteien milde belächeln zu lassen. In weitere Folge kristallisierte sich heraus, dass die Verantwortung für diese Nicht-Kommunikation im Bereich des SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger lag. Die freiheitliche Gesundheitssprecherin übermittelte der Staatsanwaltschaft daher eine Sachverhaltsdarstellung. Sachverhaltsdarstellung: FPÖ verlangt Ermittlungen gegen Stöger wegen Käse-Skandal (20.02.) Österreichs Minister stehen offenbar unter besonderem medialem Schutz. Schön langsam wächst der Druck auf Gesundheitsminister Alois Stöger nach dem Informationsdesaster um listerien-verseuchten Käse. FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein hat der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt, die Unzensuriert.at exklusiv vorliegt. In dem Ermittlungsersuchen an die Staatsanwälte wird der bisher bekannte Informationsluss genau dokumentiert. Belakowitsch-Jenewein geht davon aus, dass Stöger spätestens am 22. Jänner über das volle Ausmaß und auch über die bis dahin eingetretenen Todesfälle Bescheid wusste: „Es ist denkunmöglich, dass eine derartige Information durch die Mitarbeiter der AGES an den BM Stöger nicht ergangen ist. Trotz dieser Kenntnis wurde seitens des zuständigen Bundesministers keine Warnung an die Bevölkerung ausgesprochen. Wäre nicht durch Recherchen der Fachpresse dieser Skandal ans Licht der Öffentlichkeit gelangt, wären wohl bis dato keine


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geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung von Erkrankungen an Listeriose ergangen.“ Für Belakowitsch-Jenewein ist nun zu prüfen, ob sich Stöger durch die unterlassene Warnung der fahrlässigen (§ 177 StGB) oder gar vorsätzlichen Gemeingefährdung (§ 176 StGB) schuldig gemacht hat. Für die nach dem Datum der Warnung erkrankten Menschen kommt auch § 88 (fahrlässige Körperverletzung) in Betracht bzw. § 80 (fahrlässige Tötung), sollte es weitere Todesfälle geben. Nachdem sich Minister Stöger der politischen Verantwortung beharrlich entzieht, indem er zur Vertuschung des Käse-Skandals keine Worte indet, sollte nun wenigstens seine strafrechtliche Verantwortung untersucht werden. Ein besonders schockierendes Element in diesem Käse-Skandal war, dass der listerien-befallene Käse von der Erzeuger-Firma an Sozialmärkte geliefert wurde, weil er offenbar zu den normalen Handelspreisen keine Abnehmer mehr fand. Eine couragierte Frau aus dem Raum St. Pölten deckte dies auf. Killer-Käse massenhaft an Bedürftige verkauft (04.03.) Theresia Dimm ist eine 50jährige Invalidenrentnerin aus Gerasdorf bei St. Pölten. Ende Oktober oder Anfang November hat sie im Sozialmarkt 10 Packungen „Bauern-Quargel“ von der Hartberger Firma Prolactal gekauft - genau jene Sorten, die später zurückgerufen wurden und die für den Tod von mittlerweile acht Menschen verantwortlich sind. Plötzlich, schildert Frau Dimm, tauchte der Käse massenhaft im Sozialmarkt auf - und war sogar noch einige Zeit haltbar, obwohl sonst dort fast nur abgelaufene Ware verkauft oder verschenkt wird. Frau Dimm aß ein Stück Quargel und verstaute den Rest im Gefrierschrank - ihr Glück, wie sich später herausstellte, denn wie heute bekannt ist, war der Käse schon seit Sommer 2009 immer wieder mit den tödlichen Listerien verseucht. Als dann Mitte Februar die Sache über Umwege ans Licht kam, erinnerte sich Frau Dimm an das überraschende Riesenangebot im Sozialmarkt - und ging der Sache nach.


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Sie erkundigte sich im Gesundheitsministerium und beim Land Niederösterreich. Nirgends nahm man sie besonders ernst. Als sie den Beamten von Minister Stöger lästig wurde, hieß es dann: „Seien Sie doch nicht so hysterisch!“. Parallel schickte Frau Dimm eine Probe an ein ihr bekanntes Labor, das den Käse an die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) weiter. Dort gab man ihr die Auskunft, eine Untersuchung sei nicht mehr möglich, weil die Kühlkette unterbrochen wurde. Einzig die St. Pöltner Staatsanwaltschaft bemühte sich wenigstens zu helfen und empfahl Frau Dimm, den gesamten Inhalt ihres Gefrierschranks sicherheitshalber zu entsorgen. Das tat sie und erstattete gleichzeitig Anzeige beim Polizeiposten Prinzersdorf. Die Zeitung „Heute“ berichtet groß über den unglaublichen Fall, der erneut und noch viel stärker als bisher die Frage aufwirft, ab wann Minister Stöger von der Angelegenheit informiert war. Frau Dimm ist sicher, dass er schon lange davon weiß. Im Unzensuriert-Interview indet sie harte Worte: „Ihm ist sein Gehalt wichtig, aber kein Mensch.“ Der Gesundheitsminister nahm kaum zu den erhobenen Vorwürfen Stellung und redete sich auf Probenpläne und auf das Gesetz aus, das vorsehe, dass der Produzent die Bevölkerung vor gefährlichen Lebensmitteln zu warnen habe. Der Käse-Skandal, der auch noch einer gerichtlichen Klärung bedarf, war jedoch nur der Beginn einer Reihe zumindest ungustiöser Erkenntnisse über die Praktiken der heimischen Lebensmittelindustrie. Fleisch im Supermarkt: Außen hui, innen pfui! (05.08.) Fleisch in der Kühltheke sieht meistens schön rot und wunderbar frisch aus – selbst wenn es seit Tagen abgepackt in der Kühlvitrine liegt. Möglich macht das ein mit Sauerstoff angereichertes Gasgemisch, das als Schutzatmosphäre in der Verpackung dient. Dieses sorgt dafür, dass das Fleisch lange frisch aussieht. Leider aber eben nur aussieht. Im Inneren werden die Fäulnisprozesse durch den erhöhten Sauerstoffanteil beschleunigt. Der Spruch „Außen hui, innen pfui!“ bewahrheitet sich in diesem Fall. Die „Messer Group“, ein österreichischer Anbieter des verwendeten Gases, versucht das Produkt seinen Kunden mit folgender Argumentation schmackhaft zu machen: „Verursacht die Oxidation von Fetten/Ölen. Erlaubt das Wachstum von aeroben Bakterien und Schimmel, aber erhält die


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rote Farbe von Fleisch und hemmt anaerobe Bakterien.“ Wissenschaftler kamen zu der Erkenntnis, dass mit dieser Methode nicht nur wir ahnungslosen Konsumenten getäuscht werden, sondern auch gleich unsere Gesundheit gefährdet wird. Es bilden sich in dieser Atmosphäre Substanzen, die als Cancerogene, sprich krebsfördernd, wirken. Konsumentenschützer der unabhängigen deutschen Verbraucherschutzorganisation „foodwatch“ recherchierten und kamen zu Ergebnissen, die Käufer nachdenklich stimmen. Insgesamt wurden 154 Frischleischpackungen aus verschiedenen Handelsketten überprüft. In 120 Fällen wurde der Sauerstoffgehalt gemessen, das Ergebnis: Alle führen den Konsumenten mithilfe der beschriebenen Methode hinters Licht. Die übrigen 34 Stichproben wurden auf Verderbtheit überprüft. Das Ergebnis waren deutliche Hinweise, dass das Fleisch bereits ranzig war, obwohl es noch frisch aussah. Den Behörden ist die Problematik bekannt, unternommen wurde bis jetzt nichts. Spätestens die Berichte über die Entdeckung der deutschen Konsumentenschützer warf die Frage auf, warum in Österreich derlei nicht bekannt wird. Der Verein für Konsumenteninformation, der sich schon beim Käse-Skandal eher in Desinformation geübt hatte, fand auch in diesem Fall keine klaren Worte. Sauerstoff-Fleisch: Das Schweigen der Konsumentenschützer (07.08.) Abgepacktes Fleisch ist meist von einem mit Sauerstoff angereichertem Gasgemisch umgeben. Auf Initiative von „foodwatch“ - einer privaten, in der Bundesrepublik Deutschland angesiedelten Verbraucherschutzorganisation - befasste sich das Bundesverbraucherministerium mit der Angelegenheit und rief das „Bundesinstitut für Risikobewertung“ zu Hilfe. Dieses bestätigte zwar grundsätzlich die Kritikpunkte von „foodwatch“. Doch wer denkt, das Verfahren würde verboten, liegt falsch. Eine Sprecherin des Ministeriums gab allen Bedenken zum Trotz folgende Erklärung ab: „Es besteht keine Gesundheitsgefahr, wenn das frisch verpackte Fleisch mit einem bestimmten Gasgemisch angereichert wird.“ Der Unterschied in der Bewertung durch staatliche und private Organisationen - beide angeblich im Dienste des Konsumentenschutzes - ist signiikant.


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In Österreich, wo vermutlich die Methode der Fleischverpackung keine andere ist, werden die Konsumenten gleich gar nicht gewarnt, denn hier sind die Stellen, die das tun könnten, samt und sonders staatlich alimentiert. Weder der „Verein für Konsumenteninformation“ noch die Arbeiterkammer nahmen sich der Sache bis dato an. Die Tageszeitung „Der Standard“ thematisiert als einziges österreichisches Medium die Fleischverpackungen, bricht in ihrem Artikel eine Lanze für das ranzige „Frischleisch“. Es bestünden, schenkt man der Zeitung Glauben, keine Gefahrenpotentiale für die Gesundheit des Verbrauchers. Nach Lektüre des Textes ist man beinahe versucht, Cholesteroloxide für unentbehrliche Bestandteile ausgewogener Ernährung zu halten. Die Erzeugerlobby hat sich in Österreich auf ganzer Linie und ohne jeden Widerstand des VKI durchgesetzt. Das war schon beim Käse-Skandal so, als die VKI-Experten meinten, das Abkratzen der Rinde sei ausreichend, um der für neun Menschen tödlichen Listeriose-Gefahr zu entgehen. Die Fülle der Skandale und Ungereimtheiten veranlasste zwei FPÖ-Abgeordnete zu einer grundsätzlichen Kritik der heimischen Lebensmittelindustrie und deren Kontrolle. Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein und Konsumentensprecher Gerhard Deimek stellten sich die Frage, ob der Konsument in Österreich schon zum Allesfresser gemacht worden sei. Der Konsument als Allesfresser? (12.08.) In einem von der FPÖ verfassten Dossier mit dem Titel „Der Konsument als Allesfresser?“ sprechen FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar BelakowitschJenewein und Konsumentensprecher Gerhard Deimek zahlreiche Missstände in der österreichischen Lebensmittelindustrie an und fordern von der Regierung ein ernsthafteres Vorgehen gegen Täuschung und Gefährdung von Konsumenten. Nicht nur der Listerien-Skandal, bei dem neun Menschen ihr Leben lassen mussten, lässt bei Konsumenten die Alarmglocken schrillen. Es gibt viele Missstände, denen durch lasche Politik kein Einhalt geboten wird. Es existiert zum Beispiel ein so genannter „Revisions- und Probenplan“ des Gesundheitsministeriums, der eine gewisse Anzahl von Lebensmittelkontrollen vorschreibt. Dieser wird aber beinahe in ganz Österreich eher belächelt als eingehalten. Als Negativbeispiel ist Salzburg zu nennen, wo im Jahr 2008


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die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Kontrollen nicht einmal 50 Prozent der vorgeschriebenen 2.786 Kontrollen darstellt. Ebenfalls thematisiert wird das grundsätzliche Problem, dass wir Konsumenten eigentlich gar nicht wissen, wovon wir uns ernähren. Wenn, dann wird zu undurchsichtig auf Inhaltsstoffe an Produkten verwiesen, außerdem muss man Chemiker sein, um die Zahlencodes und Bezeichnungen zu verstehen. Belakowitsch-Jenewein und Deimek weisen darauf hin, dass in Deutschland eine unabhängige Organisation namens „foodwatch“ existiert, die sich um Aufklärung in Fragen der Lebensmittelqualität und -sicherheit kümmert, so etwas würde uns in Österreich auch gut tun. Hierzulande seien der Verein für Konsumenteninformation und die Arbeiterkammer aber politisch abhängig. Sauer stößt es den beiden Nationalratsabgeordneten auf, wenn man sie auf Gesundheitsminister Alois Stöger anspricht, der sich „mit einer Arroganz, die Ihresgleichen sucht, als Gesundheitspapst feiern lässt, während fast zeitgleich Menschen sterben, die von ihm hätten gewarnt werden müssen“, so Belakowitsch-Jenewein. Für Deimek ist es unglaublich, dass sich Stöger anscheinend keines Fehlers bewusst ist: „Dennoch sollte er jetzt zumindest soweit sein, das System zu ändern, um Transparenz in unsere Lebensmittelindustrie zu bekommen und solche folgenschweren Fehler wie beim Listerien-Skandal zu vermeiden. Wenn er aber den zweiten Fehler macht und das unterlässt, dann ist er rücktrittsreif. Auch in der Wirtschaft sind Manager in der Regel beim zweiten Fehler fällig.“ Das Dossier der beiden Abgeordneten geht neben den bereits erwähnten Missständen auch auf die Probleme der Kennzeichnung, vor allem auf die Gütesiegel ein. Dabei wird deutlich, dass selbst die Agrarmarkt Austria GmbH mit ihrem überaus anerkannten AMA-Gütesiegel massive Glaubwürdigkeitsprobleme hat. Das AMA-Gütesiegel und seine Glaubwürdigkeit (13.08.) Die mit dem AMA-Gütesiegel versehenen „Freiland- und Qualitätseier“ der Firma Goldmund haben sich, dank der Anzeige einiger couragierter Mitarbeiter, als Massenimportware ungarischer Legebatterien entpuppt. Warum dieser Missstand nicht durch Kontrollen der AMA entdeckt wurde, ist rätselhaft.


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Die Anzahl der verkauften Eier überstieg bei weitem die Kapazitäten der Zulieferbetriebe. Die verbreiteten Probleme der mangelnden Lebensmittelkontrollen betreffen nunmehr also auch jene Prüfstellen, die für die Österreicher eigentlich Garanten kontrollierter, einwandfreier Ware darstellen sollten. Doch selbst dieses Konzept ist nicht so gründlich, wie es scheint: Die blumige Werbung für die AMA-Gütesiegel, die ausdrücklich die unabhängigen Kontrollen und die Forderung nach 100 Prozent österreichischer Ware anpreist, wird durch deren Bestimmungen demaskiert: 30 Prozent der in einem mit dem Gütesiegel versehenen Produkt enthaltenen Lebensmittel dürfen aus dem Ausland stammen – die Kontrollen wurden sogar noch dreister beschönigt. Diese „vollständige und korrekte Dokumentation der Produktion und Eigenkontrolle liegt in der Verantwortung des Betriebsleiters“, wie aus den Produktionsbestimmungen zu entnehmen ist. Die Gründungsgeschichte der AMA gibt Aufschluss über ihre Leitmotive – diese beziehen sich auf die Interessensvertretung der Bauern. Obwohl 90 Prozent der Österreicher dem Gütesiegel Vertrauen schenken, liegt der Schutz der Konsumenten nicht im Zuständigkeitsbereich der Organisation. Aus diesem Grund stellt die FPÖ die Forderung nach eindeutigen Gütesiegeln, die die staatlich überprüfte Herstellung des Produkts sowohl aus ausschließlich österreichischen Inhaltsstoffen als auch aus rein biologischem Anbau garantieren. „Die Kontrolle der Produkte muss von deren Marketing getrennt werden“, fordert Konsumentschutzsprecher Gerhard Deimek. Die Problematik der Gütesiegel tangiert nur einen kleinen Teil der erhältlichen Lebensmittel. Offen bleibt die Frage, wie die übrigen zu bewerten sind und was von der Kennzeichnung dieser Produkte zu halten ist. Das Vertrauen der Menschen ist jedenfalls gering, was in Österreich auch an den Konsumenteschützern liegt, die ihrer Rolle nicht ausreichend nachkommen. Produktkennzeichnung: Konsumententäuschung im Supermarkt (14.08.) Leider sind längst nicht alle Lebensmittel von so hoher Qualität, dass sie für ein auch noch so fragwürdiges österreichisches Gütesiegel infrage kommen. Die Angaben, die auf den Verpackungen enthalten sind, stellen für die Bürger meist zu wenig Information bereit. Eine deutsche Umfrage zeigte,


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dass die Hälfte der Verbraucher sie nicht versteht. Wie kann nun bei der Kennzeichnung von Nahrung mehr Transparenz erlangt werden? Aufgabe des Gesundheitsministers ist es dessen Ansicht nach offenbar nicht, für Klarheit zu sorgen: Seine Bemühungen gipfeln in der Empfehlung der wohlbekannten Ernährungspyramide. Währenddessen steht die um ihre Gesundheit besorgte Bevölkerung vor dem Problem, unnötige oder sogar möglicherweise schädliche Substanzen auf den Packungen nicht ausindig machen zu können. Diese Inhaltsstoffe werden von den Herstellern bevorzugt in chemische Bezeichnungen oder Zahlencodes wie E437 gehüllt. Doch auch die österreichischen Konsumentenschützer machen ihrer Position keine Ehre: Im Zuge des Listerienskandals empiehl der Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation, der ehemalige grüne Spitzenpolitiker Franz Floss, doch einfach die Rinde des Käses abzukratzen, um sich vor eventuellen Gefahren zu schützen. Was angesichts der Listeriosetoten wie Spott klingt, erklärt sich durch die Abhängigkeitsverhältnisse des Vereins mit der Regierung: Mitglieder sind die Kammer für Arbeiter und Angestellte, für Wirtschaft und Landwirtschaft sowie der Gewerkschaftsbund. Ein Außerordentliches Mitglied ist die Republik Österreich selbst - repräsentiert durch den Konsumentenschutzminister - die die faktische Steuerung und Kontrolle des Vereins innehat. Die erforderliche scharfe Kritik an den Geschehnissen rund um die Listerien wäre mit einer Bloßstellung des Gesundheitsministers verbunden gewesen der der gleichen Partei wie der Konsumentenschutzminister angehört. Ähnlich verhält es sich mit den Konsumentenschützern der Arbeiterkammer. Solcherlei Abhängigkeiten verhindern objektive Informationspolitik im Sinne der Konsumenten. Zudem stellt der Verein für Konsumenteninformation seine Untersuchungen nur gegen Bezahlung auf der Website www.konsument.at zur Verfügung angesichts der Finanzierung des Vereins aus Zwangsbeiträgen zu Kammern sowie Steuergeldern eine untragbare Vorgehensweise. Österreich mangelt es dringlich an Organisationen, die unabhängig Fragen der Lebensmittelsicherheit und -qualität aufklären - ein vorbildhaftes Beispiel dafür ist die Organisation „foodwatch“, die unter anderem für eine Aufsehen erregende Publikation betreffend der Verpackung von Fleisch verantwortlich war.


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In Österreich gelangte dieses Problem jedoch nicht an die Öffentlichkeit geschweige denn äußerten sich die „Konsumentenschützer“. Aufgrund dieser Missstände stellt die FPÖ die Forderung nach einer Verbesserung des Konsumentenschutzes. Eine völlig unabhängige Organisation muss gebildet werden und die Qualität der verkaufen Lebensmittel prüfen. Weiters fordert sie eine Erweiterung der Lebensmittelkennzeichen: Ein Warnhinweis soll auf möglicherweise krankheitserregende, geschmacksverändernde, konservierende oder genveränderte Substanzen in dem Produkt hinweisen. Weiters ist es bisher noch nicht gesetzlich verankert, die Verwendung genmanipulierten Futtermittels auf den Verpackungen von Milchprodukten oder Eiern zu deklarieren - Obwohl weltweit 80 % aller gentechnisch verändertet Planzen als Futtermittel dienen. Ebenso sollen krebserregende oder gesundheitsgefährdende Stoffe wie Acrylamid in Form eines Ampelsystems dargestellt werden. Auch die Nährwertangaben, beziehungsweise der Gehalt von Zucker, Fett und Salz, soll auf den Nahrungsmittelverpackungen durch das Ampelsystem bewertet werden. Man darf sich nicht der Illusion hingeben zu glauben, dass die Initiativen der Freiheitlichen die Regierung auch nur einen Schritt in die richtige Richtung bewegt hätten. Wie zum Trotz bewies Gesundheitsminister Stöger im Oktober, dass er aus allen Vorkommnissen nichts gelernt hat, und warnte wieder nicht vor einem mit Listerien verseuchten Produkt - diesmal was es Lachs. Wieder Listerien-Alarm, und wieder schweigt der Minister (26.10.) Es ist wieder einmal soweit, die Listerien lassen grüßen. Es scheint sich um eine unendliche Geschichte zu handeln. Der international tätige Konzern „HMF Food Production“ hat offenkundig die Nachfolge von Prolactal angetreten. „Vertrauen durch Kontrolle, denn Qualität ist nicht verhandelbar“, steht auf der Webseite des Konzerns zu lesen – die Realität sieht leider anders aus. Wie Vertreter der Firmengruppe berichten, musste am Montag der Räucherlachs „Almare Seafood“ zurückgerufen werden. Der Grund waren, wie Analysen ergaben, überhöhte Listerienwerte. Wie eine Infektion mit dem Erreger enden kann, führen die neun Todesopfer des Skandalkäses


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von Prolactal drastisch vor Augen. Der gefährliche Lachs war in der Supermarktkette Hofer erhältlich und kann dort zurückgegeben werden. Gesundheitsminister Alois Stöger lässt sich davon nicht beeindrucken und bleibt untätig. Wieder überlässt er die Warnung der betroffenen Firma in Form einer Rückrufaktion und wendet sich nicht selbst an die Menschen. Möglicherweise wurde das Budget für Inserate zur „Information aus dem Ministerium“ schon vor der Wien-Wahl aufgebraucht.


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Der gläserne Mensch im Internet Google und Facebook gehören zu den meistkritisierten, aber immer noch zu den erfolgreichsten Unternehmen im Internet-Bereich. Ihr Umgang mit persönlichen Daten wird heftig kritisiert. Google will in unser Schlafzimmer fotograieren, Facebook schnappt sich die Mailadressen unserer Freunde. Ist Privatsphäre im Internet überhaupt noch möglich? Der Umgang mit dem sozialen Netzwerk Facebook scheint jedoch nicht nur aus datenrechtlicher Sicht hintrfragenswert. Eine junge Generation gerät immer mehr in Abhängigkeit dieses neuen Mediums. Facebook & Co: Individualismus im Herdentrieb (12.01.) Unsere Jugend wächst im Geiste des Globalismus auf. Über 90 Prozent der heimischen Jugendlichen bilden ihr reales Leben in einem Social Network ab und stellen so die Daten ihres Lebens verschiedensten gewinnorientierten Unternehmen zur Verfügung - eine Vorstellung, die noch vor wenigen Jahrzehnten in pessimistischen Zukunftsromanen zu inden war, dort jedoch ohne der dazugehörigen freiwilligen Basis. Freiwilligkeit ist im Leben eines Jugendlichen jedoch auch relativ, ist seine Vorstellung von Selbstwertgefühl doch in der Phase der Rebellion gegen das Elternhaus hauptsächlich durch die Akzeptanz des Freundeskreises bestimmt. Ein Social Network wie beispielsweise Facebook bietet einerseits die Möglichkeit, ein jedes Detail aus dem Privatleben öffentlich zu machen, um begehrte Kommentare und Zustimmungen zu erhalten und andererseits die Gelegenheit, den „Freundeskreis“ und somit die Anzahl der Reaktionen zu vergrößern. Abgesehen davon, dass im Rausch der Aufmerksamkeit albenweise Fotos in die weltweite Datensammlung geladen werden, die eine spätere Karriere ruinieren oder ganz verhindern können, treten User auch sogenannten Gruppen bei, die ihre Meinung repräsentieren. Logischerweise erhält man dafür mehr positive Rückmeldung, je mehr Freunde mit der Meinung dieser Gruppe übereinstimmen. Anstatt der individuellen Selbstverwirklichung bestehen die meisten Proile aus einem Einheitsbrei belangloser Aussagen und vorgefertigter Meinungen. So ist unsere Gesellschaft unter dem Banner des technologischen Fortschritts auf dem Weg, sich selbst in eine Schafher-


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de zu verwandeln, die nun nicht einmal mutige Sprachrohre braucht, um eine an die Masse angepasste Einheitsmeinung herauszublöken. Gut zu wissen, dass wirkliche Veränderung immer von jenen ausgeht, die dem herrschenden Trend die Stirn bieten können. Und so ist es wichtig, auch einmal auf die Akzeptanz der 1.000 „Freunde“ (hier wohl eher ein Synonym für „Personen, mit denen ich einmal ein Wort wechselte“) zu verzichten, um aufzustehen und eine wohlrelektierte Weltsicht zu vertreten, so wie man eine wohlrelektierte Vorstellung für sein eigenes Leben haben sollte. Dies ist zweifellos eine Wunschvorstellung und nicht die Realität. Und so wundert es auch nicht, dass sich viele - vor allem junge - Menschen auf Gedeih und Verderb dem Internet und seinen „sozialen“ Interaktionsmöglichkeiten verschreiben - was sie vielfach auch zu Opfern macht. Cyber-Mobbing geht zwar von konkreten Tätern aus, wird aber durch das System natürlich begünstigt. Cyber-Mobbing: Psychoterror im Internet (26.04.) Mit der zunehmenden Verlagerung der zwischenmenschlichen Kommunikation in Medien wie das Internet, werden leider nicht nur die positiven Seiten menschlichen Austauschs übernommen: Durch die breite Verfügbarkeit der persönlichen Daten sind die Benutzer nicht nur durchschaubar, sondern auch direkt angreifbar. Ein weit verbreitetes Phänomen nennt sich „Cyber-Mobbing“. Dabei werden Personen über ihre Online-Präsenz beleidigt und verspottet. Diese Erniedrigung kann bis zum Selbstmord der betroffenen Person führen. Am meisten sind von dieser Entwicklung Lehrer und Schüler betroffen: Sehen die Mobber ihre Aktivitäten auch nur als harmlosen Scherz an, so werden dem Opfer dennoch tiefe seelische Wunden geschlagen. Parallelen zum „realen“ Mobbing sind nicht zu übersehen. In Amerika beispielsweise hat sich eine 15-jährige selbst erhängt, nachdem ihre Schulkollegen ihr mehrmals täglich per Facebook schwere Beleidigungen und Aufrufe zum Selbstmord zukommen ließen. Doch Cyber-Mobbing muss grundsätzlich nicht ungestraft bleiben: Im Fall dieser Schülerin ermittelt die Polizei. Mobbingopfer sind durchaus berechtigt, selbst nach Hilfe zu suchen. Die Fälle müssen offen angesprochen und


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thematisiert werden (besonders unter Schülern ist die Intervention mit Eltern und Klassenlehrern ratsam). Auch sollte nicht vergessen werden, dass die meisten Formen des Cyber-Mobbings sogar strafbar sind. Wie auch im realen Leben bezieht sich das Gesetz auf Beleidigung, üble Nachrede und im Falle veröffentlichter Fotos, auch auf das verletzte Persönlichkeitsrecht. Fällt man in sozialen Netzwerken also Mobbing zum Opfer, so wird die typische Opfermentalität, mit der die Beleidigungen still ertragen werden, oft zu noch größerem Druck führen. Angriffe auf die eigene Person müssen, genau wie im echten Leben, mit aller Energie bekämpft und verfolgt werden. Plattformen wie Facebook haben neben der Zurschaustellung privater Belanglosigkeiten und dem Umstand, dass dies von anderen zu Mobbing-Zwecken missbraucht werden kann, natürlich auch kommerzielle Aspekte. Was über Facebook und vergleichbare Dienste an Nachrichten verschickt wird, hat teilweise nur noch entfernt mit Sprache oder Text zu tun. Wertvoll ist es für die Wirtschaft allemal, auch wenn dem Mitteilungsbedürfnis der Nutzer - wie etwa bei Twitter - enge Grenzen gesetzt werden. Unternehmen gewinnen Infoberge aus winzigen Nachrichten (18.02.) Das Mitteilungsbedürfnis der Menschen lässt durch das Internet eine wahre Informationslut aus der Erde schießen. Und je einfacher es ist, seine Meinung kundzutun, umso kleiner wird die einzelne Portion. Der Online-Dienst Twitter nahm diesen Trend rechtzeitig wahr - nun ist er der führende Anbieter des Microblogging. Auf verschiedensten Wegen können Nutzer zu jeder Gelegenheit veröffentlichen, was ihnen gerade durch den Kopf geht. Niemand möchte seinen „Followern“ - sozusagen Abonnenten der eigenen Nachrichten - Informationen vorenthalten. Die Menge an Informationen ist immens - und nicht nur die Nutzer selbst können sie einsehen. Besucht man die Startseite, so hat man sofort die Möglichkeit, die Gedanken der Twitter-Teilnehmer nach einem Schlagwort zu durchsuchen. Aufgrund der Diversität der Beiträge scheint es schwer, ein speziisches Thema voll abzudecken - dies lösen die Zwitscherer jedoch durch eigenständige Kategorisierung ihrer Texte.


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Das Voranstellen einer Raute verwandelt ein beliebiges Wort in einen sogenannten „Tag“, der das Thema des Beitrags beschreibt. Man braucht nicht viel vom Informationsmanagement zu verstehen, um das gewaltige Potential hinter dieser Maschinerie zu erkennen. Die gespeicherten Gedanken der ganzen Welt liegen Interessenten offen, was geradezu nach einer kommerziellen Nutzung schreit. Die „Attensity Group“ beispielsweise schaffte es mit ihrem Tool „Attensity Analyze“, die Reaktionen der Twitterwelt auf die Ankündigung des iPads von Apple zu untersuchen und die Kaufabsichten festzustellen. Um eine repräsentative Datenmenge zu erhalten, wurden 20.000 Beiträge jeweils zwei Stunden vor und nach der Ankündigung sowie weitere 15.000 vier Tage später aufgefangen und auf ihre Kernaussagen untersucht. Aus diesen Informationen konnten nicht nur eine fünfgradige Beliebtheitsskala, sondern auch die Wertschätzung sowie Kritik der Features und die Anzahl der vorraussichtlichen Käufer ermittelt werden. Solcherlei Daten sind genau das, was Marktforscher seit Jahren verzweifelt versuchen, dem Volk zu entlocken. Doch die Tatsache, dass das Internet einen perfekten Nährboden für das Mitteilungsbedürftnis der Menschen bietet, ist auch der Grund für sein enormes Wissenspotential. Denn im Internet wird jeder wahrgenommen. Wer durch sein Online-Angebot derartige Möglichkeiten schafft, hat allerdings auch einen entsprechend diskreten Umgang mit den erworbenen Daten zu garantieren. Im Fall von Facebook ist dies jedoch nicht gewährleistet. Die Bundesrepublik Deutschland ist einer - derzeit noch wenigen - Staaten, die bemüht sind, dem unklaren Verhältnis von Facebook zum Datenschutz den Kampf anzusagen. Dem Angebot können sich nämlich auch jene Menschen kaum entziehen, die an der Plattform nicht teilnehmen. Facebook soll fürs Absaugen von Daten bestraft werden (12.07.) Facebook spielt eine Schlüsselrolle bei der Vernetzung kommunikationsfreudiger Internetnutzer. Zahlreiche Funktionen ermöglichen den Benutzern die möglichst einfache Verbindung mit all ihren Freunden: Unter anderem können die User ihre Kontaktlisten anderer Dienste Facebook zur


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Verfügung stellen, um die ihnen bekannten Menschen in das Online-Netzwerk einzuladen. Diese Praktik stößt nun in Deutschland auf Kritik: Der Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar ortet eine Verletzung des deutschen Datenschutzrechtes und möchte nun eine Strafe von bis zu 300.000 Euro erwirken. Durch den automatischen Versand von Einladungen erhält Facebook nämlich nicht nur Daten des bereits registrierten Nutzers, der die Einladungen veranlasst. Auch die Adressen, an die die Einladungen verschickt werden, werden gespeichert und ausgewertet. Bei etlichen Betroffenen erweckt dies berechtigte Sorge: Trotz ihrer Entscheidung, nicht an der Datensammlung teilzuhaben, besitzt Facebook nun ihre Adresse und ist in der Lage, aus den Anfragen soziale Beziehungen auszuiltern. Angesichts der in den Einladungen enthaltenen Kontaktvorschläge geschieht das vermutlich bereits. Während die Praktiken auf Facebook für den Nutzer auf den ersten Blick nicht erkennbar sind, bleiben die Tätigkeiten des zweiten Internet-Riesen Google kaum jemandem verborgen. Schließlich will das Unternehmen jedes einzelne Haus fotograieren. Google Street View - Ein Blick ins Nachbarhaus (29.03.) Die Informationssammlung des Mega-Konzerns Google wird beständig größer - und auch die Artenvielfalt des gesammelten Wissens steigt ständig an. Mit Google Earth wurde bereits vor einigen Jahren ein Dienst kreiert, der die Oberläche der Erde bis ins kleinste Details der Bevölkerung zur Betrachtung freigibt. Was einst noch wie eine Wirklichkeit gewordene Fantasie schien, ist mittlerweile längst nicht mehr genug. Wie soll man schließlich einen Straßenzug eindeutig erkennen, wenn man ihn nur von oben sieht? Doch Google zögert nicht, mit der Datenbeschaffung nachzuziehen: Google Street View ermöglicht einen 360°-Rundblick auf die aufgezeichneten Straßen. Und so dringt der Konzern wieder einmal einen Schritt weiter in die Privatsphäre der Menschen ein. „Wenn es etwas gibt, von dem Sie nicht wollen, dass es irgendjemand erfährt, sollten Sie es vielleicht ohnehin nicht tun.“ Der Google-Boss Eric


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Schmidt spricht aus, was besorgte Internet-Nutzer seit jeher befürchten. Laut ihm ist im technisierten Zeitalter der Aufenthalt im öffentlichen Raum quasi schon eine Anerkennung der Tatsache, dass man durch die verschiedensten digitalen Kanäle aufgezeichnet wird. Lässt es sich also nicht vermeiden, dass unsere Privatsphäre mit der fortschreitenden Entwicklung der Datenjagd mehr und mehr aufgelöst wird?

Dass auch sensible Daten des Staates der Sammlung des Konzerns zum Opfer fallen könnten, kümmert die aktuellen Minister recht wenig: „Einen umfassenden Schutz der Bediensteten davor, bei Ausübung ihres Dienstes in der Öffentlichkeit nicht abgelichtet zu werden, kann der Dienstgeber nicht gewährleisten. Vergleichbares gilt hinsichtlich eines generellen Schutzes vor Abbildungen in der Öffentlichkeit.“ Mit dieser schwammigen Antwort von Bildungsministerin Claudia Schmied auf eine entsprechende Anfrage der FPÖ wird eine angebliche Machtlosigkeit gegenüber der Freigabe persönlicher und staatlicher Informationen akzeptiert.


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Doch damit war die Sache in Österreich zumindest noch nicht ganz gegessen. Der Widerstand vieler Bürger dagegen, ihr Haus von Google Street View ablichten zu lassen, veranlasste schließlich immerhin Bundeskanzler Werner Faymann zu einer Stellungnahme, nachdem bekannt wurde, dass beim Fotograieren auch Daten gesammelt wurde, die Google gar nichts angehen. Google-Datensammlung: Faymann verspricht Überprüfung (09.07.) Vor kurzem wurden vom Internetriesen Google im Zuge der bereits umstrittenen Fotograien österreichischer Straßenzüge „versehentlich“ auch die dazugehörigen WLAN-Daten der Bevölkerung aufgesammelt - nachdem dies bekannt wurde, wurden die dafür vorgesehenen Geräte aus den Google-Fahrzeugen ausgebaut. In Deutschland fordern Politiker eine Offenlegung von Struktur und Verwendung der erfassten Daten und sprechen die Sorgen der Datenschützer an: Eine Sammlung solch privater Daten sei „höchst zweifelhaft“. Google jedoch hält, wie der ofiziellen Website zu entnehmen ist, die Kartographierung der WLAN-Netze für eine „normale Praxis“, um die Positionsbestimmung mobiler Internetnutzer zu vereinfachen. Eine Anfrage der FPÖ-Verfassungssprechers Harald Stefan bezüglich der gesammelten Informationen wurde von Bundeskanzler Werner Faymann beantwortet. Darin stellt er fest, dass die Meldung, die die Datenschutzbehörde von Google Street View erhalten hat, keinerlei Verwendung von WLAN-Daten inkludierte. Aus diesem Grund wurden von Google weitere Informationen sowie die Beantwortung eines Fragebogens eingefordert, die im Moment in einem Prüfverfahren bearbeitet werden - vorerst wurden dem Unternehmen weitere Fahrten untersagt. Doch ob WLAN-Daten überhaupt unter das Datenschutzgesetz fallen, geht aus der Antwort nicht hervor - beziehungsweise hängt davon ab, ob direkt bzw. indirekt personenbezogene Daten aufgesammelt wurden. Grundsätzlich haben Betroffene trotzdem das Recht, die Löschung ihrer Daten zu verlangen - dies kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn die betreffenden Daten „nur“ indirekt personenbezogener Natur sind. Das sind solche Daten, bei denen der Personenbezug der Daten vom Auftraggeber, Dienstleister oder Empfänger mit rechtlich zulässigen Mitteln nicht bestimmt werden kann.


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Nichtsdestotrotz erklärt Faymann stolz, das Bundeskanzleramt habe für die Republik die „notwendigen“ Schritte zur Rechtswahrung bereits gesetzt was auch immer er darunter versteht. Dass dem nicht so ist, wurde der Unzensuriert-Redaktion klar, als ein Mitglied zufällig ein Kamera-Fahrzeug in Wien dabei ertappte, wie es - noch dazu gegen die Einbahn - unterwegs war. Trotz intensiver Recherchen anhand eines Fotos, auf dem die Firma und das schwedische Kennzeichen des Fahrzeugs erkennbar waren, konnte nicht ermittelt werden, in wessen Auftrag es unterwegs war. Weder die Firma noch Google noch die Datenschutzkommission im Bundeskanzleramt konnten oder wollten dazu sachdienliche Hinweise geben. Indessen macht sich Google auch in einem anderen Bereich unentbehrlich. Immer mehr des weltweiten Wissens, das in den größten Bibliotheken der Welt gesammelt ist, gerät in die Hände des Internet-Riesen - zuletzt auch die Bestände der Österreichischen Nationalbibliothek. Bekommt Google das Monopol auf Wissen? (20.06.) Der US-Konzern Google wird in den nächsten 6 Jahren 400.000 Bücher aus der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) digitalisieren. Neben Harvard, Oxford oder der Bayrischen Nationalbibliothek geraten nun auch heimische Wissensbestände in die krakenartigen Fänge des Suchmaschinenkonzerns. 120 Millionen Seiten aus urheberrechtsfreien Werke der Bibliothek vom 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts (Ausnahme: Bücher mit konservatorischen Bedenken) werden bis 2011 gescannt, digitalisiert und den Benutzern im Volltext zum Herunterladen angeboten. ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger zeigt sich über die Public-Private-Partnership sehr zufrieden, weil den österreichischen Steuerzahlern 30 Millionen Euro erspart würden. Kritiker wie die „IG Autorinnen und Autoren“ sehen hingegen die „Verwertungswege der österreichischen Buchwirtschaft unterlaufen“ und fordern eine sofortige Offenlegung des Vertrags zwischen der Bibliothek und Google. Die Autoren inden es zudem „degoutant“, dass der Suchmaschinenbetreiber die Werke, die die Nationalbibliothek im Wege der Plichtablieferung kostenlos und honorarfrei bezogen hat, geliefert bekommt.


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Gegenwärtig betreibt Google das Projekt mit 26 großen Bibliotheken weltweit. Ingesamt werden bis zu Fertigstellung 30 Millionen Bücher gescannt. Auch wenn die Digitalisierung eine Renaissance der wissenschaftlichen Kommunikation und Forschung bringen wird, so sind wesentlich komplexere Fragen bislang ungeklärt. Warum macht Google das? Das Kerngeschäft besteht sicherlich nicht aus der Aufbereitung historischer Bücher für wissenschaftliche Forschungszwecke, sondern aus Online-Werbung. Es geht also letztlich darum, die von Google gesammelten gigantischen Datenberge noch weiter anzuhäufen, um Nutzerverhalten noch genauer zu analysieren und dem Konsumenten das richtige Produkt der richtigen Firma in unmittelbarer Umgebung anzupreisen. Damit sichert sich das Unternehmen seine Position als Marktführer ab. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Digitalisierung führt sämtliche Urheber- und Nutzungsrechte ad absurdum. In den USA darf Google laut einer jüngsten Einigung bereits urheberrechtlich geschützte Bücher scannen und auszugsweise längere Passagen ins Internet stellen. Autoren würden durch eine pauschale Entschädigungssumme von ihrem geistigen Eigentum zwangsbefreit. In Europa sollen bisweilen nur Bücher eingescannt werden, die urheberrechtsfrei sind. Die EU will jedoch eine amerikanische Regelung. Wie genau der von Google gesteckte Rahmen eingehalten wird, zeigt ein Fall aus Frankreich. Dort wurde Google zu einer Strafzahlung von 300.000 Euro verurteilt, weil es schätzungsweise 100.000 geschützte Bücher ohne Genehmigung digitalisiert hatte. Das in wissenschaftlichen Kreisen verpönte Copy&Paste dürfte durch die Massendigitalisierung bedeutender literarischer Werke wieder neuen Aufschwung bekommen. Schutzmechanismen zur Vermeidung von digitalen Plagiaten existieren de facto nämlich nicht oder müssen kostenaufwendig programmiert werden. Schließlich ist der für die Öffentlichkeit unsichtbare Vertrag zwischen Google und der Nationalbibliothek ein weiterer Gefahrenherd. Wie sehen die Nutzungsrechte Dritter aus? Dürfen kleine Bibliotheken, die aufgrund der prestigeträchtigen Digitalisierungswelle ernorm unter Druck stehen, keine solchen Werke mehr beziehen? Wäre es nicht verantwortungsvoller, das heimische Kulturgut durch im Inland ansässige weltmarktführende Firmen zu digitalisieren, die nicht nur für ihre Seriosität bekannt sind, sondern womöglich auch preisgünstiger scannen?


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Ein weiterer Gigant im Bereich des Wissensmanagements ist die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Im Gegensatz zu Google steht hier nicht nur die Verbreitung von Wissen im Mittelpunkt, sondern auch die Gestaltung. Die demokratische - oder besser oligarchische - Erstellung der veröffentlichten Artikel schafft freilich die Möglichkeit, sich über Fakten hinweg zu setzen, wenn die Mehrheit der Autoren das so will. Wikipedia: Eine kleine Gruppe diktiert der Welt ihr Wissen (26.07.) Wikipedia steht für freies Wissen. Damit wirbt die 2001 gegründete freie Online-Enzyklopädie auch öffentlich. Was so unbeschwert zugänglich ist, muss allerdings noch lange nicht qualitativ hochwertig sein. Und schon gar nicht stimmen. Ein Lied davon kann die deutsche Wählervereinigung „Bürger in Wut“ singen, die seit geraumer Zeit mit allen Mitteln versucht, falsche Passagen in ihrem Wikipedia-Artikel zu ändern. Bislang leider ohne Erfolg. Wie die „Junge Freiheit“ ausführlich berichtet, will die bundesweite Wählervereinigung „Bürger in Wut“ die falsche Behauptung im Wikipedia-Beitrag ändern, sie sei „rechtspopulistisch“. Auch über das Gründungsdatum gibt es Unstimmigkeiten. Die Änderung gestaltet sich jedoch äußerst schwierig. Denn kaum haben die Bürger die Textänderungen durchgeführt, wird der Beitrag von angemeldeten Benutzern wenige Minuten später wieder im jeweils anderen Sinn geändert. Das ist problemlos möglich, nachdem nahezu alle Wikipedia-Beiträge selbst von Besuchern quasi im Vorbeischauen modiiziert werden können. Ausnahme sind besonders umstrittene Artikel, bei denen unangemeldete Gäste sowie neu registrierte Benutzer keine Änderungen vornehmen dürfen. Ein Administrator kann sogar jegliche Bearbeitung untersagen. Der frei wirkenden Enzyklopädie wird dadurch ein hierarchisches Korsett verpasst, das über Fakten nach Belieben bzw. nach Meinung entscheidet. Der Soziologe Christian Stegbauer untersuchte im Jahr 2006 das WikipediaNetzwerk und kam zu dem Schluss, dass sich die Gruppe der Administratoren durch soziale Exklusion der später kommenden Mitarbeiter immer mehr abkoppelt. Ein besonders kurioser Fall aus dem Jahr 2007 zeigt auch, dass es mühelos möglich ist, unter falscher Identität in die höchsten Verantwortungsbereiche des zugänglichen Wissenskomplexes zu kommen. Der damals 24-jährige Ryan Jordan hatte sich auf der Plattform fälschlicherweise


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als Theologie-Professor an einer Privatuniversität ausgegeben und wurde sogar als Recherche-Quelle vom US-Magazin „The New Yorker“ kontaktiert. Erst ein Stellengesuch als hauptamtlicher Mitarbeiter für die WikipediaCommunity entlarvte den Hochstapler. Er musste seine Funktion als Administrator schließlich aufgeben. Vor Gericht ist niemand zuständig Rechtlich gesehen verhält sich Wikipedia wie eine riesige Tauschbörse ohne festem Sitz. Jeder darf seinen Teil dazu beitragen, aber niemand kann im schlimmsten Fall für seine freiwillige Leistung auch wirklich belangt werden. Der Betreiber der deutschsprachigen Seite ist die amerikanische „Wikimedia Foundation Inc.“ mit Sitz in San Francisco, die sich für das Internetangebot inhaltlich nicht verantwortlich zeichnet. Zwar könnte sie bei Rechtsverletzungen auch von einem deutschen Gericht geklagt werden, praktisch hat das jedoch kaum Sinn. In Amerika haften die Betreiber nicht für fremde Beiträge. Ansprechpartner in Deutschland könnte ja auch der Verein „Wikimedia Deutschland - Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens“ mit Sitz in Berlin sein, dachten sich die „Bürger in Wut“. Betreiber ist aber auch der nicht. Selbst eine Anzeige bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg blieb erfolglos, weil Wikipedia „kein journalistisch-redaktionelles Angebot“ sei, sondern eine Datenbank. Als letzte – wohl ebenso aussichtslose Chance – bleibt den zu Recht empörten Mitgliedern der Wahlvereinigung eine Beschwerde bei der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten. Und selbst wenn es gelingen würde, einen der verantwortlichen Autoren zu inden, würde es wahrscheinlich die Pressefreiheit verbieten, gegen die Inhalte vorzugehen. Einen schaler Beigeschmack hat dieses Beispiel: Mit Wikipedia wurde ein juristisches Wurmloch geschaffen, das im Ernstfall, also bei ruf- und kreditschädigenden Beiträgen, aber auch bei verhetzenden Bestandteilen, kaum zur Verantwortung gezogen werden kann. Angesichts der Beliebtheit des Online-Nachschlagewerkes bei Schülern, Studenten, aber auch honorigen Wissenschaftlern, mutiert es zur gefährlichen Waffe. Was Wikipedia stark macht - die freie Zugänglichkeit von Informationen -, macht es in Kombination mit den administrativen Machtstrukturen im Hintergrund und dem juristischen Leerraum noch umso gefährlicher.


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Die Anfälligkeit von Wikipedia für Falschinformationen geht weit darüber hinaus, ob sich ein einzelner Mensch oder auch eine bestimmte Gruppe – wie die eben beschriebenen „Bürger in Wut“ - durch den ihn oder sie betreffenden Artikel falsch beschrieben fühlt. Gerade im wissenschaftlichen Bereich sind die Manipulationsmöglichkeiten viel größer. Der Klimawandel etwa war auf Wikipedia viel stärker als in der realen Welt vertreten - mit gutem Grund. Klimawandel-Propaganda auf Wikipedia aufgelogen (18.10.) Durch den Online-Dienst Wikipedia ist eine Fülle verschiedenster Informationen jederzeit vom Internet-Nutzer abrufbar. Das Modell der Wissensdatenbank orientiert sich stark am Web 2.0, der interaktiven Vernetzung von Menschen und den Daten, die sie der Welt zur Verfügung stellen möchten. Jeder, der zu Wikipedia beitragen möchte, kann sein Wissen zu einem Thema auf die Website hinzufügen. Grundsätzlich eine gute Idee - die Realität sieht leider anders aus: Statt einer Abbildung allen Wissens der Welt wird Wikipedia, trotz des stets hochgehaltenen neutralen „Point of View“, oft zu einem Schauplatz verschiedenster Konlikte und Meinungsverschiedenheiten. Kann man darauf vertrauen, dass diese neutral gelöst werden? Nun ist ein besonders schwerwiegender Fall eines manipulierten Meinungskrieges offenbar geworden: Mittels einer breit angelegten Kampagne wurden, nicht nur im Online-Lexikon, ausgewählte meteorologische Fakten dazu benutzt, der Bevölkerung eine bevorstehende Klimakatastrophe zu suggerieren. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Theorie ist der ehemalige amerikanische Präsidentschaftskandidat Al Gore - ein weniger bekannter Sprecher der Klimaerwärmung heißt William Connolley. Dieser war jedoch nicht minder einlussreich: In Wikipedia hatte Connolley den Posten eines Administrators - und konnte so die Bearbeitung von Artikeln regeln und steuern. Die Konsequenz war offensichtlich: Connolley ilterte jahrelang Informationen aus Wikipedia, die der Theorie der vom Mensch gemachten Klimaerwärmung widersprechen könnten. Und nicht nur das - auch die Biographien von Forschern, die anderer Meinung waren, editierte er, um deren Glaubwürdigkeit zu mindern. So wurde Wikipedia zu einer verlässlichen Hauptquelle für die Klimahetze. Die Organisation Wikipedias nahm sich der Sache an - und entzog Connolley jetzt die Kompetenz, Artikel dieses Themas zu bearbeiten.


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Dieser Vorfall ist ein Musterbeispiel dafür, was am Konzept des freien Wissens nicht funktionieren kann: Im Gegensatz zur Demokratie, bei der Meinungen gewählt werden, ist es für Fakten nicht relevant, ob mehr oder weniger Leute etwas für richtig halten. Der Aufbau Wikipedias erlaubt es Gesinnungsgruppen jedoch mit Leichtigkeit, Artikel zu durchforsten und nach ihrem Gutdünken zu ändern. Gibt es auch noch in bestimmten Sprachregionen eine vorherrschende Meinung, so ist es unwahrscheinlich, in Wikipedia eine neutrale Abbildung der Realität zu inden. Was dem Internet und der mobilen Kommunikation insgesamt innewohnt, ist ein Trend zum Herdentrieb. Die meisten Menschen nutzen Google, Facebook und Wikipedia. Und ist man unterwegs, verwendet man dafür - und zum seltener gewordenen Telefonieren - am besten ein iPhone von Apple, was sich der Konzern auf kreative Weise zu Nutze macht. App-Boom: Apple kassiert an allen Enden (06.07.) Die aktuelle Beliebtheit mobiler Kommunikationsdienste hat einen neuen, starken Markt eröffnet: Aktuell gibt es um die 75 Millionen sogenannter „Smartphones“ am Weltmarkt - der Elektronikriese Apple stellt mit seinem iPhone mehr als die Hälfte davon. Doch die kultverdächtigen Geräte bieten Ansatzpunkte, die über die bloße Benutzung zur Kommunikation weit hinausgehen: Die sogenannten „Apps“ sind kleine Programme, die dem iPhone nahezu unbegrenzte Anwendungsgebiete (z.B. Spielbrett) eröffnen. Diese Erweiterungen werden von den Benutzern selbst entwickelt - dafür werden „nur“ ein Mac-PC, Kenntnisse in der Programmiersprache „Objective C“ sowie eine Entwicklerlizenz um 80 Euro im Jahr benötigt. Danach können die selbstgeschriebenen Applikationen auf einer (selbstverständlich auch von Apple bereitgestellten) Plattform zum Verkauf angeboten werden - durchschnittlich werden für eine Applikation um die 3 Dollar erzielt, ein Spiel bringt es lediglich auf 1,40 Dollar. Die meisten Programmierer werden wohl kaum mehr als ihre besten paar Freunde überzeugen, sich ihr Werk zu kaufen und somit auf 10 Euro Erlös gegenüber dem Vielfachen an Investitionskosten sitzen bleiben. Trotz der scheinbar geringen Summen wird der Umsatz von Apples AppStore dieses Jahr auf 2,3 Milliarden Euro geschätzt - Tendenz rasant steigend.


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„Willst Du etwas gelten, mach Dich selten“, lautet eine alte Weisheit, die Apple trotz enormen Verbreitung nach wie vor beherzigt. Nicht jeder Telefonkunde darf eines der begehrten Geräte verwenden. Durch Exklusivverträge zwingt Apple die Kunden zum Abschluss von Mobilfunkverträgen mit bestimmten Anbietern, was in den USA nun zu einer Klage geführt hat. Exklusivvertrieb des iPhone: Klage wegen Monopolbildung (16.07.) Um das begehrte iPhone von Apple zu erhalten, muss der Interessent sich oft an einen bestimmten Mobilfunkanbieter wenden - in den USA ist dies das Unternehmen AT&T. Nach dem Abschluss eines Vertrages, der sich über 2 Jahre erstreckt, darf man sich iPhone-User nennen - doch auch nach dessen Ablauf haben die Kommunikationsriesen den Kunden fest im Griff: Das iPhone ist mit einem sogenannten SIM-Lock versehen, der verhindert, dass Angebote anderer Betreiber auf dem Gerät benutzt werden können. Der Exklusivvertrag, der den ausschließlichen Vertrieb des iPhone über AT&T regelt, ist über einen Zeitraum von 5 Jahren gültig und läuft 2012 ab - ob eine Verlängerung geplant ist, ist nicht bekannt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Nutzer also an die Unternehmen gebunden, auch wenn der abgeschlossene ZweijahresVertrag zu einem früheren Zeitpunkt endet. Nun wurde eine bereits 2007 eingereichte Sammelklage für gültig erklärt: 20 Millionen iPhone-Nutzer könenn sich nun daran beteiligen, Apple und AT&T wegen der Gründung eines illegalen Monopols (und daher auch der Schädigung des Wettbewerbs und der Preiserhöhung für den Kunden) zu klagen. Gefordert wird der Verkauf von SIM-Lock-freien iPhones und die Beendigung der Kontrolle Apples darüber, was auf dem Gerät installiert werden kann. Auch in Österreich ist der Vertrieb des iPhones durch einen Exklusivvertrag geregelt: Hierzulande wird ab dem 28. Juli auch das neue iPhone 4 - wie seine Vorgängerversionen - zunächst nur von den langjährigen Apple-Partnern T-Mobile und Orange verkauft. Auch in Deutschland hat Apple einen Exklusivvertrag abgeschlossen: Dort ist der Vertrieb bis 2012 nur über die Telekom möglich. Hierzulande gibt es keine Regelung, die diese Monopolbildung verhindern kann - im Gegensatz zu Ländern wie Belgien, Italien oder Tschechien, in denen das Handy auch ohne Vertrag - und damit auch ohne SIM-Lock - verkauft werden muss.


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Von den Verkaufstricks einzelner Firmen nun wieder zu einem grundsätzlicheren Problem. Noch ist es nicht so weit, dass sämtliche gespeicherte Daten online zur Verfügung stehen. Immerhin sammelt jeder Staat auch Material über seine Bürger, welches die Öffentlichkeit gar nichts angeht - durch die Polizei zum Beispiel. Doch ein wenig Druck von jenseits des Atlantik war ausreichend, um den US-Amerikanern Zugriff aus sämtliche österreichische Polizei-Daten zu verschaffen. Datenschutz ade - Österreich buckelt und kniet vor den USA (29.09.) Wir Österreicher sind wieder einen Schritt weiter auf dem Weg zur Realisierung von George Orwells Schreckensvision „1984“. Die Bundesregierung räumte US-amerikanischen Behörden ganz freiwillig und nebenbei Zugriff auf sämtliche Daten österreichischer Polizeicomputer ein. Buckeln und Knien scheint ein fester Bestandteil unseres diplomatischen Protokolls geworden zu sein. Der Europäischen Kommission werden sämtliche Wünsche beinahe im Voraus von den Augen abgelesen, und sogar dreisten Wünschen der anderen Seite des Atlantiks beugt sich Kanzler Faymann ohne Wenn und Aber. Der Souveränität Österreichs misst er offenbar keinen großen Stellenwert bei - ganz im Gegenteil: Er tritt sie mit Füßen. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht einmal bereit, über die Forderungen der Vereinigten Staaten nach Zugriffsrechten auf polizeiliche Daten zu diskutieren. Die französische Regierung zeigte sich erzürnt über den aggressiven Ton der Forderung unseres „großen Bruders“ und empfahl allen betroffenen Ländern, „keinesfalls vorschnell auf die US-Forderungen einzugehen“. Das Außenamt ignorierte diesen Ratschlag und zeigte sich gesprächsbereit. Schließlich fuhren die USA beängstigende Geschütze auf. Sie drohten, unsere Republik aus dem „Visa-Waiver“-Programm zu nehmen. Das hätte zur Folge, dass österreichische Staatsbürger wieder ein Visum zur Einreise benötigen würden - was für eine Katastrophe! Um sich nicht gänzlich vor dem Wahlvolk zu blamieren und das Gesicht der Verhandler zu wahren, wurde Stillschweigen vereinbart. Keinerlei Informationen über den Verlauf der Verhandlungen sollten an die Öffentlichkeit geraten. Tja, irgendwer hat sich daran nicht gehalten und so kam ein peinliches Detail ans Licht: Auf Drängen des Außenministeriums wurde vereinbart, dass die österreichischen Diplomaten und fragwürdigen Datenschützer von amerikanischer Seite den Medien gegenüber als „harte Verhand-


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lungspartner“ bezeichnet werden. So sieht rot-schwarzer Verrat am Wähler aus: Freiwillige Zugeständnisse und die schrittweise Aufgabe unserer eigenstaatlichen Souveränität werden - wider besseren Wissens - als diplomatische Heldentaten verkauft. Nach all diesen negativen Aspekten der modernen Kommunikationsformen sei ans Ende dieses Kapitels ein Artikel gestellt, der einen Blick in die Zukunft riskiert. So manchem wird wohl auch dabei ein wenig mulmig werden, andere werden die prognostizierten Entwicklungen mit Spannung erwarten. Zwei „Gurus“ der Szene wagten im Oktober im Parlament kühne Voraussagen. Computer-Gurus prognostizieren futuristische Entwicklungen (20.10.) Im Zuge des „Future Talk 2010“ war das Wiener Parlament Schauplatz einer Diskussion über Technik, Information und deren Zukunft. Geladen waren Pioniere der Zusammenkunft von Alltag und Technik: Steve Wozniak, der Mitbegründer des IT-Riesen Apple, und Ray Kurzweil, der Guru der künstlichen Intelligenz. Diskutiert wurden die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung, deren Integration in den Alltag der Menschen und die heikle Frage, ob Menschen eines Tages zu Maschinen werden. Die technische Entwicklung ist zwar nicht vorhersehbar, deren Rate jedoch sehr wohl: Seit Anbeginn der Industrialisierung verläuft die technische Entwicklung exponentiell. Auch die Zeit, die eine Entwicklung braucht, um in den Alltag der Bevölkerung eingegliedert zu werden, wird zunehmend geringer. Kurzweil vertritt die Meinung, dass die Identität des modernen Menschen bereits jetzt von Geräten wie PCs oder Mobiltelefonen geprägt ist. Durch die zunehmende Leistungsfähigkeit bei abnehmender Größe der Computer, die offenbar ebenfalls exponentiell steigen bzw. sinken, erwarten die Forscher in den nächsten zehn Jahren Nanocomputer, die sich in die Blutbahnen eines menschlichen Körpers injizieren lassen. Ein entscheidender Treiber ist auch die Gentechnologie, die in den USA längst nicht denselben Beschränkungen wie in Europa unterliegt. Dort ist sie bereits auf einem Niveau, auf dem experimentell verschiedenste Reaktionen des Körpers durch Aktivierung oder Deaktivierung einzelner Gene hervorgerufen werden können. Diese Entwicklungen geben Aufschluss über die Zukunft der Medizin: Laut Kurzweil werden bereits Menschen der heutigen Generation über 300 Jahre leben können.


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20 Jahre nach dem Kommunismus Der Vielvölkerstaat Sowjetunion überwand vor zwanzig Jahren den Kommunismus. Russland musste daraufhin die einzelnen Sowjetrepubliken in die Unabhängigkeit entlassen. Unzensuriert betrachtet ihre Entwicklung in den letzten beiden Jahrzehnten - von Estland bis Tadschikistan. Im Jahrbuch 2010 drucken wir vier der insgesamt 15 Bestandsaufnahmen ab: Russland als Kern der ehemalige Sowjetunion; Estland als eines der drei nunmehrigen EU-Mitglieder; Armenien als einer der Staaten am Pulverfass Kaukasus sowie Kirgisistan, eine der fernöstlichen Republiken, die heuer Schauplatz schwerer Unruhen war. 20 Jahre danach: Russland am Scheideweg (08.05.) 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands, ein Wendepunkt der Geschichte, der das Ende der Nachkriegsordnung in Europa und der Hegemonie kommunistischer Regime über weite Teile Eurasiens markiert, scheint es ein guter Zeitpunkt, die Entwicklung der ehemals kommunistisch beherrschten Staaten genauer zu betrachten. Als Ausgangspunkt dieser Betrachtung bietet sich Russland als ehemaliges Kernland des roten Imperiums an. Nach dem missglückten Putsch orthodoxer Kommunisten 1991 war das Ende der Sowjetunion nicht mehr aufzuhalten, die in 15 Nachfolgestaaten zeriel. Um sich die Größenordnung dieser Veränderung vor Augen zu halten, muss man sich Gewahr werden, dass das Einlussgebiet Moskaus, das vor 25 Jahren noch von der innerdeutschen Grenze bis zum Stillen Ozean und weit nach Zentralasien hinein reichte, binnen drei Jahren von ca. 25 auf 17 Millionen Quadratkilometer schrumpfte. (Die Staaten des Warschauer Paktes und die Mongolei sind mit eingerechnet, da ihre Eigenständigkeit stark begrenzt war.) In Bevölkerungszahlen nimmt sich der Machtverlust noch viel dramatischer aus: ca. 400 Millionen Einwohnern (Warschauer Pakt) bzw. ca. 290 (Sowjetunion) stehen 142 Millionen Einwohnern des heutigen Russlands gegenüber. Das russische Imperium war auf den Stand Peters des Großen zurückgeworfen worden. Die Tatsache, dass sowohl ein großer Teil der Bevölkerung als auch die wesentlichen Entscheidungsträger des heutigen Russland diese schmerzlichen Veränderungen bewusst miterlebt haben, sollte nicht übersehen werden.


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Großmachtanspruch bleibt auch nach Ende des Imperiums Seit Wladimir Putins Regierungsantritt versucht die neue Führung wieder verstärkt, den russischen Großmachtanspruch durchzusetzen, und es scheint als ob das große Spiel des 19. Jahrhunderts um den Einluss in Zentralasien mit den USA und China als neuen Mitspielern wieder auflammt. Durch die „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit“ bildet Russland mit Armenien, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Usbekistan und Weißrussland ein Verteidigungsbündnis, teilweise sind auch russische Truppen in diesen Staaten stationiert. Als strategischer Partner ist China für Russland besonders wichtig; 2002 unterzeichneten diese beiden und vier weitere zentralasiatische Staaten in St. Petersburg das Abkommen der „Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“. Drei große gemeinsame Militärmanöver sollten auch als Machtdemonstration nach außen, vor allem gegenüber den USA, dienen. Insbesondere das aggressive Auftreten der USA seit 2001 hat die Gegensätze zwischen China und Russland in dieser Region bisher überdeckt. Auch der Iran ist ein möglicher Partner trotz russischer Vorbehalte gegen dessen Atomprogramm, wie die Teilnahme des iranischen Präsidenten an den Treffen der Shanghai-Gruppe 2008 und 2009 zeigte. Der Einluss in Osteuropa ist mit Ausnahme Weißrusslands und der Ukraine stark zurückgegangen. Russland wird vor allem als Rohstoffexporteur gesehen. Anders verhält es sich allerdings im Kaukasus, wie der Krieg gegen Georgien 2008 zeigte, als Russland seine Muskeln spielen ließ. Den außenpolitischen Ansprüchen Russlands stehen große Probleme im Inneren gegenüber. Neben 80% Russen leben knapp hundert andere Völker auf dem Territorium Russlands, viele von ihnen Muslime. Während insbesondere die muslimischen Minderheiten ein starkes Bevölkerungswachstum aufweisen, ist die Demographie der Russen selbst eines der größten Probleme des Landes. Die Geburtenrate hat sich seit 1950 halbiert, die durchschnittliche Lebenserwartung ist niedrig, vor allem bei Männern (EUSchnitt: ca. 76 Jahre, Russland ca. 59 Jahre). Die russische Regierung bemüht sich seit 2007, diesem Trend u.a. durch ein neues Mutterschaftsgeld entgegenzuwirken. Die Wirkung dieser Maßnahmen ist positiv, aber gering; außerdem dämpft die Rückwanderung vieler Russen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken den Bevölkerungsschwund. Neben der schwachen Geburtenrate ist insbesondere die Ausbreitung sozialer Krankheiten (Alkoholismus, Drogenmissbrauch, Tuberkulose, HIV, Depressionen), unter denen


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© Sergei Dorokhovsky / Wikimedia

ca. 10% der Russen - hauptsächlich Männer - leiden, verheerend. Alkoholismus verkürzt nicht nur die Lebenserwartung sondern reduziert auch die Lebensarbeitsfähigkeit um etwa 15 Jahre. Hohe Abtreibungs-, Unfall- und Selbstmordraten runden das Bild einer kranken Gesellschaft ab. Dazu kommen große regionale Unterschiede zwischen aufstrebenden Regionen und Landstrichen ohne Zukunft.

Die russische Wirtschaft schien bis zum Beginn der Finanzkrise auf dem Erfolgsweg - hohe Wachstumsraten, zunehmende Investitionen und großes Exportvolumen spiegelten eine Ökonomie im Aufschwung vor. Dass die Finanzkrise Russland besonders stark trifft, liegt nicht nur an äußeren Faktoren sondern vor allem an großen Strukturproblemen. Die russische Wirtschaft ist in sehr hohem Maße vom Rohstoffexport abhängig. Knapp zwei Drittel aller Ausfuhren in Nicht-GUS-Länder (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten; Staatenbund von Nachfolgestaaten der UdSSR) entfällt auf Rohstoffexporte, an zweiter Stelle steht die Waffenindustrie. Zusammen machen diese beiden Industriezweige etwa 25% des BIP aus; dadurch wird Russland in hohem Maß für Schwankungen des Weltmarktes anfällig.


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Ein weiterer Hemmschuh für positive Wirtschaftsentwicklung sind die grassierende Korruption und die organisierte Kriminalität, die vor allem Auslandsinvestoren abschrecken, aber auch den russischen Klein- und Mittelbetrieben schwer zu schaffen machen. Russland liegt auf Platz 146 von 180 des Corruption Perception Index 2009 von „Transparency International“. Ob das 2009 beschlossene Antikorruptionsgesetz Früchte tragen wird, bleibt abzuwarten. Die Wirtschaftsprognosen sind dennoch positiv. Noch immer ist Russland ein Gebiet mit hohem Investitionsbedarf; dazu kommt ein Aufschwung der russischen Konsumgüterindustrie, die mit billigen Produkten vor allem im asiatischen Raum neue Absatzmärkte erschließt. Probleme an den Rändern Der weiterhin ungelöste Konlikt in Tschetschenien verdeutlicht die Probleme der russischen Zentralmacht an ihren Rändern. Bisher ist es aber in den meisten Gebieten Südrusslands, des Kaukasus und Sibiriens, in denen die unzähligen muslimischen Minderheiten leben, nicht zu einem Flächenbrand gekommen. Dennoch liegen die Ursachen für das harte Durchgreifen der Regierung in Tschetschenien sicherlich in der Furcht vor einer Ausbreitung der Separatismusbestrebungen dieser Völker. Eine ganz andere Entwicklung zeichnet sich im dünn besiedelten äußersten Osten Russlands am Paziik ab: Entlang der Grenze zu China dominieren inzwischen zugewanderte Chinesen die Region. Vor allem im westlichen Ausland stößt das Konzept der „gelenkten Demokratie“ auf Kritik. Wie die Mehrheit der Russen selbst diesem System gegenübersteht, ist schwer abzuschätzen, kommen in westlichen Medien doch hauptsächlich entweder Kritiker des Systems oder Vertreter des Staates zu Wort. Systemkritiker haben es aber ohne Zweifel schwer im heutigen Russland, und die Ereignisse um die Ermordung von Anna Politkowskaja und Alexander Litwinenko haben den Einluss der Geheimdienste und maiöser Strukturen in Russland verdeutlicht. Russland im 21. Jahrhundert Ob Russland weiterhin eine Großmacht im Eurasischen Raum bleibt, wird vor allem von der Fähigkeit der russischen Führung abhängen, die


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gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Die Bevölkerungsentwicklung stellt sicherlich die größte Herausforderung Russlands dar. Ein weiterer Zerfall des riesigen Landes hätte auf jeden Fall gravierende Auswirkungen auf die Stabilität sowohl Europas als auch Asiens. Trotz positiver Ansätze und Entwicklungen bleibt es fraglich, ob Russland, wie es heute existiert, das 21. Jahrhundert überleben wird.

Estland - Der baltische Tiger (22.08.) In Anlehnung an die Tigerstaaten Ostasiens werden die baltischen Staaten wegen ihrer dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung oftmals als baltische Tiger bezeichnet. Estland, das von allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion den höchsten Lebensstandard bei der niedrigsten Staatsverschuldung erreicht hat, verdient diesen Namen noch vor Litauen und Lettland, auch wenn diese beiden Staaten ebenfalls enorme Fortschritte erzielt haben. Neben seinen wirtschaftspolitischen Errungenschaften blüht seit dem Ende des Kommunismus auch die estnische Kultur wieder auf, sodass das kleine Land in Nordosteuropa einer sehr positiven Zukunft entgegenblickt. Ritter und Kauleute, Schweden und Russen Wie auch in Lettland so standen im Hochmittelalter große Teile Estlands unter der Herrschaft zuerst des Schwertbrüder und dann des Deutschen Ritterordens. Bereits in dieser Zeit siedelten sich viele Deutsche in der Region an, sodass auch Estland zu einem der Zentren der Deutschbalten wurde. Begünstigt wurde diese Entwicklung noch durch die engen wirtschaftlichen Beziehungen zur deutschen Hanse. Neben Deutschen kamen auch viele Schweden ins Land, so dass diese beiden Gruppen die größten und einlussreichsten Minderheiten bis zum Zweiten Weltkrieg bildeten. Nach dem Zerfall des Ordensstaates wurde der größte Teil Estlands schwedisch, 1629 dehnten die Schweden ihre Herrschaft über ganz Estland aus. Nach der Niederlage Schwedens im Großen Nordischen Krieg iel Estland 1710 an das Zarenreich. Konnten die deutsch-schwedische Oberschicht und die estnische Landbevölkerung ihre alten Freiheiten zunächst noch längere Zeit erhalten, so setzte im ausgehenden 19. Jahrhundert eine Politik der Russiizierung ein, welche die alten Eliten ebenso einschränkte wie die entstehende estnische Nationalbewegung.


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Noch vor dem Einmarsch deutscher Truppen proklamierte der estnische Nationalrat im Februar 1918 die Unabhängigkeit. Doch erst mit dem estnischen Selbstständigkeitskrieg von 1918 bis 1920, in dem sich die Truppen der jungen Republik zunächst mit deutscher, dann mit britischer Hilfe gegen die Bolschewiki durchsetzten, wurde die neu erlangte Freiheit gefestigt. Bis zur Weltwirtschaftskrise entwickelte sich das Land wirtschaftlich und kulturell sehr gut, politisch war es stabil. Nach 1933 erhielt die rechts stehende, teilweise als faschistisch bezeichnete Bewegung der Veteranen des Freiheitskrieges immer mehr Zulauf. Um einen Sieg dieser Bewegung bei den Präsidentschaftswahlen 1934 zu verhindern, übernahm der konservative Politiker Konstantin Päts im März dieses Jahres nach einem Staatsstreich die Macht und regierte das Land bis Juni 1940 autoritär. Nachdem Estland im Hitler-Stalin-Pakt der sowjetischen Einlusssphäre zugesprochen worden war, besetzte die Rote Armee im Juni 1940 das Land, im August wurde es als Estnische SSR der Sowjetunion eingegliedert. Bereits zuvor waren die meisten Deutschen in das Deutsche Reich umgesiedelt worden. Von Sommer 1940 bis zum Einmarsch der Deutschen Wehrmacht im August 1941 wurden zehntausende Esten in die kommunistischen GULAGs deportiert, wo der Großteil umkam. Nach dem Rückzug der Wehrmacht 1944 wurden abermals tausende deportiert, danach setzte eine starke Russiizierungswelle ein, so dass der Anteil der Russen von ca. 8% 1934 auf ein Drittel der Bevölkerung anstieg. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 erlangte Estland seine Unabhängigkeit wieder. 2004 trat das Land sowohl der NATO als auch der EU bei. Verein Studierender Esten Von besonderer Bedeutung für die Ausbildung eines eigenen Nationalgefühls war der „Verein Studierender Esten“. Nach dem Vorbild der DeutschBaltischen Studentenverbindungen, die an den Universitäten des Baltikums bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dominant waren, wurde 1883 an der Universität Tartu/Dorpat der „Verein Studierender Esten“ von einer Gruppe junger estnischer Studenten gegründet. Der Verein beschäftigte sich intensiv mit estnischer Kultur und Geschichte und wurde zum Sammelpunkt


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patriotischer estnischer Intellektueller. 1918 wurden die Farben des Vereins Blau-Schwarz-Weiß zur estnischen Nationallagge erklärt. Nach seinem Verbot während der Sowjetzeit existiert der Verein seit 1988 wieder und ist heute ein wichtiger Sammelpunkt für national gesinnte Studenten und Akademiker. Wie kein anderer Nachfolgestaat organisierte Estland nach 1991 sein Wirtschaftsleben neu. Die aufgeblähte staatliche Verwaltung wurde stark reduziert und transparent gestaltet, der Anteil des Staatssektors am Wirtschaftsaufkommen liegt bei nur knapp über zehn Prozent. Das Budget konnte nach 1993 regelmäßig ausgeglichen gestaltet werden, sodass die Staatsverschuldung extrem niedrig ist. Durch strenge Vorgaben von der Bundes- bis zur Gemeindeebene ist es den staatlichen Verwaltungsorganen kaum erlaubt, Schulden zu machen. Die Einkommenssteuer liegt derzeit bei einem Einheitssteuersatz von 21 Prozent. Durch steuerliche Begünstigungen ist das Land auch für ausländische Investoren sehr attraktiv, sodass Estland im Verhältnis zu Größe und Einwohnerzahl eine sehr hohe Investitionsquote aufzuweisen hat; Hauptinvestor ist Schweden. Die Estnische Krone ist sehr stabil, und Estland soll 2011 Mitglied der Eurozone werden. Der Dienstleistungssektor ist in Estland sehr gut entwickelt, vor allem im Bereich der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien. Jeder Bürger hat einen gesetzlich garantierten Zugang zum Internet; im ganzen Land sind Hot-Spot-Internetzugangspunkte aufgebaut. Außerdem gibt es fast tausend öffentliche Terminals für Gratis-Internetzugang. Von Mythen, Legenden und Sängerfesten Ab dem 19. Jahrhundert begannen sich Intellektuelle mit der estnischen Volkskultur zu beschäftigen und diese auch schriftlich festzuhalten. Das bedeutsamste Ergebnis dieser Bemühungen ist das Epos um den heldenhaften Riesen Klevipoeg, das 1857 erschien und großen Einluss auf die weitere Entwicklung der estnischen Lyrik und Schriftsprache hatte. Daneben fanden ab den 1860er Jahren große Sängerfeste in Estland statt. Am 11. September 1988 wurde das Sängerfest „Estlands Lied 1988“ zu einem kraftvollen Bekenntnis zur estnischen Kultur und Eigenständigkeit. Die Veranstaltungen haben weiterhin große Tradition.


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© Tallinna Lilleküla Gümnaasium / lickr

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Die Wirtschaftskrise hat Estland nach 2008 schwer getroffen, so stieg die Arbeitslosigkeit von unter vier auf über zehn Prozent. Inzwischen beginnt sich das Land wieder zu erholen und ist trotz dieses Rückschlages gut gerüstet für das 21. Jahrhundert. Die efiziente Verwaltung, geringe Staatsverschuldung, ein modernes Steuersystem und die gut ausgebaute Infrastruktur, vor allem im Bereich des IT-Wesens bilden eine solide Grundlage für eine positive künftige Entwicklung. Mit der russischen Minderheit bestehen ähnliche Probleme wie in Lettland, die allerdings nicht so konliktreich sind.

Armenien - Der älteste christliche Staat (24.07.) Im Jahr 2001 feierte die armenisch-apostolische Kirche ihr 1700jähriges Bestehen. Mit der Übernahme des Christentums als Staatsreligion im Jahr 301 wurde Armenien damit zum ersten christlichen Staat der Erde. Über die Jahrhunderte hinweg war die Religion ein einigendes Band aller Armenier, das maßgeblich zum Erhalt der armenischen Kultur trotz unterschiedlicher Herrscher beitrug.


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Auch für das Leben der armenischen Diaspora, in der mehr als zwei Drittel des Volkes lebt, spielt die Kirche eine wichtige Rolle. Dass es noch immer ein armenisches Volk gibt, ist erstaunlich, wenn man in die Vergangenheit blickt. Bereits in der Antike war Armenien immer ein Zankapfel zwischen dem römischen Imperium und dem persischen Reich der Sassaniden und ihrer Nachfolger, der Byzantiner und Perser. Obwohl die Byzantiner ebenfalls Christen waren, kam es besonders mit diesen immer wieder zu ernsthaften Konlikten über Glaubensfragen. Die armenische Kirche blieb aber schließlich unabhängig. Verschiedene Fremdherrscher wie Araber, Seldschuken, Mongolen, Georgier, Türken und Perser wechselten einander im weiteren Verlauf ab, wobei das armenische Volk stark unter den unterschiedlichen Invasoren litt. Zum ersten Mal versuchte ein byzantinischer Kaiser, den armenischen Widerstand durch Deportation zu brechen, ähnliche Repressionen unter türkischen und persischen Herrschern folgten. Im 18. Jahrhundert waren nur noch wenige Gebiete des ehemaligen Königreichs mehrheitlich armenisch besiedelt. Nach dem Vordringen des zaristischen Russlands in den Kaukasus war Armenien dreigeteilt in einen russischen, einen persischen und einen türkischen Teil. Während sich die Lage der Armenier in Russland stark verbesserte, wurde die Situation im Osmanischen Reich immer schlimmer, am Ende stand der Völkermord. Vom Völkermord zur Unabhängigkeit Nach dem Völkermord (im Bild auf der rechten Seite eine Gedenkstätte) an den Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges entstand aus den Wirren der Oktoberrevolution die erste Armenische Republik von 1918 bis 1920, die aber bereits 1921 ofiziell zwischen der UdSSR und der Türkei aufgeteilt wurde. 1988 brach mit dem Erdbeben von Spitak die größte Naturkatastrophe in der Geschichte Armeniens über das Land herein. Mindestens 25.000 Menschen kamen ums Leben, die Stadt Spitak selbst wurde aufgegeben und an anderer Stelle neu aufgebaut. Als der Historiker Lewon Ter-Petrosjan Armenien 1991 in die Unabhängigkeit führte, stand das Land bereits im Konlikt mit Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach. Auch wenn Armenien den Krieg gewann, so waren die wirtschaftlichen Folgen für das Land, das noch unter den Auswirkungen


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des Erdbebens von 1988 litt, verheerend. In der Zwischenzeit hat sich die Situation stabilisiert, obwohl es 2008 nach den Präsidentschaftswahlen zu Demonstrationen und Ausschreitung kam. Ter-Petrosjan, der damals als Kandidat der Opposition antrat, warf dem Wahlsieger und jetzigen Präsidenten Sersch Sargsjan Manipulation und Wahlfälschung vor.

© z@doune / lickr

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Obwohl Armenien als enger Verbündeter Russlands gilt, von wo das Land vor allem im Krieg gegen Aserbaidschan unterstützt wurde, sind auch die Kontakte zur NATO, zur EU und den USA sehr gut. Zu den Nachbarländern Türkei und Aserbaidschan sind die Beziehungen gespannt. Diplomatische Kontakte zu Aserbaidschan bestehen derzeit nur auf informeller Ebene, da der Berg-Karabach-Konlikt noch immer nicht gelöst ist; die Grenzen sind geschlossen. Das Verhältnis zur Türkei verbesserte sich in den letzten zwei Jahren, 2009 wurden zwei Abkommen über Grenzöffnung und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen abgeschlossen. In Bezug auf den Völkermord an den Armeniern, den die Türkei nicht als solchen anerkennt, wurde beschlossen, dies von Historikern aufarbeiten zu lassen. Ob die Türkei aber wirklich bereit ist, von ihrer These der „kriegsbedingten Verluste“ abzugehen, erscheint äußerst fraglich. Außerdem fühlen sich die Türken den Aserbaidschanern eng verbunden. Die Annäherung zwischen der Türkei und Armenien trotz des ungelösten Berg-Karabach-Konliktes wird in weiten türkischen Kreisen argwöhnisch beobachtet. Wirtschaftshilfe von Auslandsarmeniern Obwohl Armenien im letzten Jahrzehnt ein zweistelliges Wirtschaftswachstum zu verzeichnen hatte, steht die Wirtschaft auf schwachen Beinen. Durch die unsichere Lage in Georgien sind nur die Transportwege über den Iran uneingeschränkt nutzbar. Die Industrie ist wenig leistungsfähig und die Infrastruktur schlecht. Auch die Einnahmen aus Rohstoffexporten - vor allem Bauxit, Molybdänund Kupfer - sind im Zuge der Wirtschaftskrise stark gesunken. Ein besonders wichtiger Faktor für die Wirtschaft sind Überweisungen und Investitionen der in der ganzen Welt verstreuten Armenier.


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Von geschätzten zehn Millionen Armeniern weltweit leben nicht ganz sieben Millionen außerhalb Armeniens. In Osteuropa von Polen bis zum Balkan etablierten sich bereits im Mittelalter armenische Gemeinden, die armenische Gemeinde im Iran geht gar bis in die Antike zurück. Im 19. und 20. Jahrhundert lohen Armenier aus der Türkei vor allem in die USA und nach Frankreich, wo sie große und einlussreiche Gemeinschaften bilden. Inzwischen lebt die größte Anzahl an Auslandsarmeniern in Russland. Da in der armenischen Kultur Familien und Clanverbände einen hohen Stellenwert haben, überweisen viele Armenier im Ausland ihren Verwandten in Armenien beachtliche Summen. Auch der Staat selbst proitiert von unzähligen Stiftungen, die über die ganze Welt verstreut sind. Für die weitere Zukunft Armeniens wird es von großer Bedeutung sein, ob der Berg-Karabach-Konlikt entschärft werden kann. Da es aber momentan keine Annäherung zwischen Aserbaidschan und Armenien in dieser Frage gibt, ist eine baldige Lösung nicht in Sicht. So wird das schwierige Verhältnis zur Türkei und zu Aserbaidschan auch weiterhin ein Hemmschuh für die künftige Entwicklung Armeniens sein. Kirgisistan - Jurten im Himmelsgebirge (20.06.)

© Andrzej Barabasz / Wikimedia

Kirgisistan liegt eingebettet mitten im Tian Shan Gebirge, in einer der letzten unberührten Naturlandschaft der Welt. Das Land, das mit seinen schneebedeckten Gipfeln, seinen Hochwiesen und Steppen ein Paradies für


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naturverbundene Wanderer und Kletterer sein könnte, gerät leider immer wieder durch politische Wirren in die Schlagzeilen. 1999 versuchten Islamisten, im Ferghanatal im Süden Kirgisistans fuß zu fassen, 2005 wurde Präsident Akajew in der so genannten Tulpenrevolution gestürzt, 2010 erlitt sein Nachfolger Bakijew dasselbe Schicksal und im Süden des Landes brachen heftige ethnische Konlikte aus, über deren Hintergrund wir berichtet haben. Ein unruhiges Land in einer unruhigen Region? Zentralasiatische Ilias als Gründermythos der Kirgisen Das frühmittelalterliche Manas-Epos beschreibt den mythologischen Kampf des Helden Manas, der gemeinsam mit seinen Mitstreitern erfolgreich gegen die benachbarten Uiguren kämpfte und so die Unabhängigkeit der Kirgisen verteidigte. Das fast eine halbe Million Verse zählende Werk existiert erst seit Ende des 19. Jahrhunderts in Schriftform und wurde bis dahin immer von „Manastschtis“ zu festlichen Anlässen mit musikalischer Begleitung vorgetragen. Die Kirgisen konnten, bis sie 1876 endgültig von den Russen unterworfen wurden, trotz nomineller Oberherrschaft zuerst der Mongolen und dann der Chinesen relative Unabhängigkeit bewahren, was auch an der Unzugänglichkeit ihres Landes liegt. Außerhalb der städtischen Zentren um Bischkek im nördlichen Tschüital und Osch im südlichen Ferenghatal erhielt sich die traditionell nomadische Lebensweise der Kirgisen, geprägt durch Pferdezucht - Pferde gelten als Statussymbol - und die Jurten, typisch asiatische Zelte. Auch die Jagd zu Pferd, mit dem Falken oder anderen Raubvögeln und mit Windhunden als Jagdgehilfen hat eine große Tradition. Erster Präsident Kirgisistans wurde 1991 Askar Akajew, der, wie viele andere Staatsoberhäupter in Nachfolgestaaten der UdSSR, auf eine Vergangenheit in der KPdSU zurückblickte. Obwohl das Land weder besonders hoch entwickelt war, noch über größere Rohstoffvorkommen verfügt, verliefen die ersten Jahre in der Unabhängigkeit positiv. Akajews Führungsanspruch war zwar unangefochten, dennoch gab es eine vielfältige Opposition, die von der Regierung kaum eingeschränkt wurde; auch die Medienlandschaft konnte sich frei entfalten.


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1999 kam die erste große Herausforderung auf Kirgisistan zu: Im Ferghanatal, das von Kirgisistan über Usbekistan bis nach Tadschikistan reicht und in dem neben diesen drei Nationalitäten auch Angehörige verschiedenster anderer asiatischer Völker leben, starteten Rebellen der Islamischen Bewegung Usbekistans (IBU), unterstützt von den Taliban, mehrere Anschläge. Nach einem erneuten Auflackern islamistischer Angriffe im Folgejahr gab es allerdings keine weiteren Aktionen derartiger Gruppen mehr. Nachdem Akajew im Jahr 2000 verfassungswidrig zum dritten Mal unter fragwürdigen Umständen zum Präsidenten gewählt worden war, warfen ihm Kritiker einen autokratischen Führungsstil vor. Auch bei den Präsidentschaftswahlen 2005 kam es wieder zu Unregelmäßigkeiten, die schließlich zur „Tulpenrevolution“ führten. Akajews Nachfolger wurde Kurmanbek Bakijew. Wie auch bei der orangenen Revolution in der Ukraine wurden Stimmen laut, die auf Einlussnahme auf dem Ausland hinwiesen. Nach den jüngsten Unruhen musste auch Bakijew das Land verlassen, Rosa Otunbajewa ist jetzt interimistische Präsidentin Kirgisistans. Lavieren zwischen Russland und den USA In der Außenpolitik suchte die Regierung in Bischkek sowohl die Zusammenarbeit mit den USA als auch mit Russland. In Manas bei Bischkek betreibt die US Air Force einen großen Luftwaffenstützpunkt, über den die Nachschubversorgung der NATO-Truppen in Afghanistan gesichert wird. 2009 wollte Bakijew den Stützpunkt aulösen; durch großzügige Geldzuwendungen seitens der USA wurde dies aber verhindert. Doch auch Russland unterhält in Kant seit 2003 einen Stützpunkt, der unter anderem zur Versorgung der Truppen in Tadschikistan dient. Noch vor Gold und Uranvorkommen ist Wasser der wichtigste Rohstoff Kirgisistans. Das Wasser stammt aus mehreren zentralasiatischen Flüssen wie Taras, Naryn und Tschüi. Allerdings bieten diese Flüsse im sonst eher wasserarmen Zentralasien auch immer wieder Konliktstoff mit den Nachbarn Kasachstan und Usbekistan. Während das Verhältnis zu Kasachstan sich immer weiter verbessert hat, kommt es mit Usbekistan vermehrt zu Unstimmigkeiten um die Nutzung des Wassers des Naryn. Dies ist nicht der einzige Konliktpunkt zwischen den Nachbarn. Das Verhältnis zwischen den eher urbanen Usbeken, die mit ca. 13 Prozent die


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größte Minderheit im Land stellen, und den nomadischen Kirgisen ist seit langem angespannt. Religiöse Differenzen heizen diese Spannungen noch an. Die Kirgisen hängen einem volkstümlichen, mit vielen regionalen Bräuchen durchsetzten Islam an. Außerdem gelten sie im Vergleich zu den Usbeken als weniger religiös. Die russische Minderheit, ca. 10 Prozent der Bevölkerung, schrumpft seit dem Zerfall der Sowjetunion zusehends und auch die deutsche Minderheit - bis 1990 etwa 100.000 Menschen - ist auf ein Zehntel ihrer einstigen Größe zusammengeschmolzen. Daneben leben noch muslimische Chinesen, Tartaren, Tadschiken, Kasachen, Uiguren und unzählige weitere Minderheiten vor allem im Süden des Landes um das Ferghanatal. Unklare Lage nach schweren Unruhen Wie sich die bürgerkriegsähnlichen Unruhen im Süden weiter entwickeln werden, ist ebenso ungewiss wie die Frage, ob sich die neue Führung nach der überstürzten Flucht Bakijews etablieren kann. Die weitere Zukunft Kirgisistans steht auf des Messers Schneide. Folgende Artikel über die Nachfolgerepubliken der Sowjetunion inden sich zusätzlich auf der Unzensuriert-Webseite: • • • • • • • • • • •

Die Ukraine - zerrissenes Land zwischen Ost und West Weißrussland - Europas Stiefkind Lettland - Das Land der Ordensitter und der Lieder Litauen - Europäische Zukunft nach wechselvoller Vergangenheit Moldawien - Ein Land auf der Suche nach seiner Identität Aserbaidschan - Das schwarze Gold von Baku Georgien - Stalins unbotmäßige Söhne Tadschikistan - Das Armenhaus Zentralasiens Usbekistan - Das stolze Erbe Tamerlans Turkmenistan - Das Reich des „Turkmenbashi“ Kasachstan - Von Stalins Völkerkerker zum begehrten Handelspartner


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Die Welt im Zeichen des Fußballs Die Weltmeisterschaft in Südafrika war für Unzensuriert ein Anlass, sich in neue Geilde vorzuwagen. Mit dem WM-Tagebuch warfen wir Schlaglichter auf Ereignisse und Zusammenhänge, die in der sportlichen Berichterstattung kaum Platz fanden. Deutschland kämpfte gleich zu Beginn mit der multikulturellen Zusammensetzung seiner Mannschaft, zumal einige zwar für Deutschland spielen, aber nicht singen wollten. Der stolze Deutsche fehlt, die Söldner singen nicht (13.06.) „Ich bin ein stolzer Deutscher“, sprach Michael Ballack nach seinem Rauswurf beim FC Chelsea. Mehr als nötig gewesen wäre, um seine Rückkehr in die deutsche Bundesliga anzukündigen. Ein Satz wie dieser geht in Deutschland ohnehin nur zu WM-Zeiten einigermaßen diskussionslos durch. Schnell ist sonst von Nationalismus, Chauvinismus oder Provokation die Rede. Doch Deutschland muss bei dieser WM auf seinen stolzen Kapitän verzichten. Ballack ist verletzt und daher nicht im Kader. Deutschland läuft heute unter der Führung von Philipp Lahm zum ersten Gruppenspiel gegen Australien aufs Feld. Mindestens vier aus der vermeintlichen Startelf werden zu den Klängen der Hymne schweigen. Ihr Migrationshintergund erlaubt es Lukas Podolski, Piotr Trochowski, Mesut Özil und Sami Khedira offenbar nicht, sich in Worten zu ihrem Staatsbürgerschafts-Geber zu bekennen. Özil gibt sich in Gedanken sogar dem Memorieren von Koranversen hin, während die Fans und eine Handvoll seiner Mannschaftskollegen von Einigkeit, Recht und Freiheit singen. Mit Mesut Özil war das überhaupt so eine Sache. Der begnatete Techniker übt offenbar nicht nur auf dem Feld eine magische Anziehung auf die Fans aus, sondern auch im Privatleben auf seine Lebensgefährtin. Die trat seinetwegen sogar zum Islam über. Özils Engel als Werbung für den Übertritt zum Islam (25.06.) Konnte man im Mitteleuropa der 1980er-Jahre die Entwicklung beobachten, dass aus Pseudo-Christen Pseudo-Buddhisten werden, so ist mittlerwei-


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le der Islam „in“ geworden. Fernsehsender, die das gerne transportieren, haben in Mesut Özils Freundin, jung, attraktiv und der bundesdeutschen Schickeria angehörend, nun ein neues Vorzeigebeispiel gefunden. Nach der überraschenden und peinlich zustandegekommenen 0:1-Niederlage gegen Serbien im zweiten WM-Spiel drohte die frühe Heimreise für die DFB-Elf. Mit seinem Goldtor zum 1:0-Sieg gegen Ghana sicherte Mesut Özil Deutschland nicht nur den Aufstieg, sondern sogar noch den Gruppensieg. Das türkischstämmige Riesentalent Özil hatte für Diskussionen gesorgt, weil es anstatt die Hymne mitzusingen lieber Koran-Verse memoriert. Am Höhepunkt seiner Popularität verkündete seine Freundin Anna Maria Lagerblom, Noch-Ehefrau eines anderen Kickers und Schwester des PopStars Sarah Connor, dass sie sich für Özil scheiden lassen werde und als „Liebesbeweis“ noch zuvor zum Islam übergetreten ist. Neuer Name der Ex-Protestantin: Melek (Engel). Wie kommt es, dass junge Frauen wie Lagerblom, die wahrscheinlich nicht zu Unrecht sehr oberlächlich wirken und sich evidenter Weise gerne in der Öffentlichkeit als Sex-Objekt präsentieren, ebenso zum Islam tendieren wie intellektuelle Feministinnen? Eine zutreffende Erklärung ist vermutlich, dass einige Frauen den gewaltigen emanzipatorischen Wandel (man vergleiche die heutige Gesellschaft mit jener vor 50 Jahren) und das Mehr an Freiheit und Selbstbestimmung einfach nicht „packen“ und sich nach alten „Ich Tarzan - du Jane“-Zeiten zurücksehnen. Medien mit begeisterten Konvertiten-Portraits Nicht zu unterschätzen ist aber sicher auch die Rolle der Medien. In der „Kreuz und quer“-Reihe des ORF gibt es beispielsweise alle paar Monate ein Portrait einer Konvertitin. Dabei handelt es sich zumeist um ältere, einsame Damen, die in blinder Verliebtheit ihrem jüngeren, muslimischen Mann auch religiös folgen. Die Aufarbeitung dieser Übertrittsgeschichten wird vom ORF völlig unkommentiert und unkritisch vorgenommen, es schwingt eher noch eine Spur Faszination mit. So darf dann auch eine Konvertitin, eine alte Bauersfrau in der Steiermark, ihre Banalitäten ungehindert vom Stapel lassen: Als ihr muslimischer Mann beim wunden Punkt der Katholikin einhakte, nämlich dass sie zwar an Gott, nicht aber an die Göttlichkeit Jesu glaubt, hatte er sie rasch überzeugt,


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dass sie dann eigentlich Muslimin sei (wobei Juden und andere das auch so sehen). Im Islam seien Frauen sogar bevorzugt, darf die Kopftuchträgerin weiters ausführen: Wenn sie ihrem Mann ein gutes Essen koche oder ihm sonstwie diene, erfreue sie Gott - Möglichkeiten, die ihr Mann als Oberhaupt so nicht habe. Wenn´s das Fernsehen gutheißt, wird´s schon stimmen, ist das Motto. Eine junge Halb-Prominente an der Seite eines neuen Volkslieblings bringt da wohl wieder einen kleinen Schub. Wir springen zurück zum ersten Spiel der deustchen Elf. Sie startete mit einem eindrucksvollen 4:0 gegen Australien. Durch den verbalen Fehltritt einer ZDFModeratorin ging der Plichtsieg jedoch nahezu unter. WM-Tagebuch 4: Reichsparteitag beim ZDF (14.06.) Die Deutschen haben ihren Triumph über Australien mit einem kleinen Skandal gewürzt. ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein mutmaßte, der Treffer zum 2:0 sei für Miroslav Klose „ein innerer Reichsparteitag“ gewesen. Olli Kahn verzieht zwar keine Miene, doch dem erfahrenen Medienkonsumenten ist sofort klar: Eine derartige Entgleisung bleibt nicht folgenlos. Da stellt sich ja die Frage: Ist das überhaupt noch eine Redewendung - oder ist das schon reine Nazi-Propaganda? Nun, allzu einzigartig dürfte die Formulierung nicht sein, bietet doch die Webseite Redensarten-Index eine umfassende Erklärung samt zahlreichen Belegen der Verwendung. Als Erläuterungen werden angeboten: 1. Gefühl tiefster Befriedigung/Genugtuung; 2. private Zelebration rechtsradikalen Gedankengutes. Als erste in die Tasten hauten - neben Scharen von Twitterern und Facebookern - die Online-Journalisten der „Welt“, sonst manchmal eine Qualitätszeitung. Um die Betroffenheit noch etwas zu heben, erklärt man dem staunenden Leser noch, was Reichsparteitage waren, und zieht den Vergleich, der kommen musste, nämlich jenen mit Eva Herman. Soll heißen: Werft sie raus, die Nazi-Göre!


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Zum Glück bleiben heutzutage auch Betroffenheits-Journalisten bei ihrer Arbeit nicht unbeobachtet: Medienjournalist Stefan Niggemeier zerplückt den Welt-Artikel in seinem Blog gekonnt und weist mit drei Zitaten gleich nach, dass der „innere Reichsparteitag“ auch in der Welt öfters zu Ehren kommt. Die spannende Frage ist nun: Überlebt Frau Müller-Hohenstein das? Oder moderiert sie bald Seite an Seite mit Eva Herman die Nachrichten für den Kopp-Verlag? Hoffentlich nicht, denn das wäre den Linken womöglich ein Gefühl tiefster Befriedigung/Genugtuung, anders ausgedrückt... na, Sie wissen schon! Bleiben wir bei Deutschland und den Diskussionen abseits der erfolgreichen Auftritte seiner Mannschaft. Beim 4:1-Erfolg im Achtelinale über England wurde den Engländern nach einem Lattenpendler ein reguläres Tor aberkannt, das den Ausgleich zum 2:2 bedeutet hätte. Dieser Treffer beschäftigte sogar den Bundestag. WM-Tagebuch 20: Schenkt den Engländern ihr Tor! (30.06.) Was für ein merkwürdiger Geist steckt wohl in jenem deutschen Bürger aus Mönchengladbach, der dem zuständigen Ausschuss des deutschen Bundestags nun eine Petition übermittelt hat, den Engländern das nicht gegebene zweite Tor gegen Deutschland nachträglich anzuerkennen? Ist es ein überzeugter Gutmensch, der nicht mit der schweren Schuld leben will, als Deutscher vom Fehler des Schiedsrichters proitiert zu haben? Der Hinweis auf Fairplay als oberstes Gebot deutet in diese Richtung. Oder ist es eher ein bösartiger Zyniker, der den Engländern noch eins reinreiben will, weil sie sich mit einem 2:4 wohl kaum besser fühlen werden als mit einem 1:4? Der Hinweis, die Deutschen hätten sich 1966 nach dem legendären Wembley-Tor über ein solches Angebot ebenfalls gefreut, spricht für die zweite Variante. Wir haben zwar keine Ahnung, was mit diesem wichtigen Bürgeranliegen im deutschen Bundestag jetzt geschäftsordungsgemäß zu geschehen hat, und auch die Vorsitzende des Petitionsausschusses scheint etwas unschlüssig („Wir werden gucken, wie wir mit dieser Petition umgehen.“), aber es wäre empfehlenswert, diese Sache heute noch schnell vor der Wahl


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des neuen Bundespräsidenten positiv zu erledigen. Dann kann Wulff oder Gauck das Tor gleich im Rahmen eines Staatsbesuches der Queen verehren. Sie wäre gewiss (not?) amused. Weiter ging es für Deutschland mit einem Erfolg im Viertelinale gegen den großen Favoriten Argentinien. Hauptverantwortlich für diesen Erfolg waren die beiden „Polen“ Miroslav Klose und Lukas Podolski. WM-Tagebuch 24: Der Schlesier-Express rollt weiter (04.07.) Deutschland hat nach England auch die vom besten Fußballer der Welt angeführten Argentinier zerlegt. Zwei der vier Tore erzielte Miroslav Klose, eines davon exzellent herausgespielt von Lukas Podolski. Es hat sich bis jetzt ausgezahlt, dass Nationaltrainer Joachim Löw an den beiden festhielt, obwohl Medien forderten, sie nicht zu berücksichtigen, nachdem beide eine schwache Saison gespielt hatten. Die Namen Klose und Podolski tauchen immer wieder auf, wenn es darum geht, wie erfolgreich im DFB-Team „Ausländer“ integriert werden. Dabei sind beide Deutsche, die 1987 als Spätaussiedler aus Oberschlesien in die Bundesrepublik gekommen sind. Sie hatten Anspruch auf die Aufnahme in Deutschland, weil die Großeltern vor dem Krieg Reichsbürger waren. Kloses Vater - selbst ein erfolgreicher Fußballer - stellte schon vor vier Jahren unmissverständlich fest: „Ich bin Schlesier und Europäer. Alles, was Mirek im Fußball erreicht hat, verdankt er deutschen Clubs und mir.“ In Kloses Geburtsstadt Oppeln stellt die deutsche Minderheit noch heute rund 30 Prozent der Bevölkerung. Die Existenz dieser Minderheit wollen viele Polen offenbar nicht wahrhaben, liest man etwa diesen Bericht einer deutschen Katholikeninitiative. Da macht doch glatt einer eine Fanseite für den Schlesier Lukas Podolski nach dem Motto „Polnisches Blut - Deutsches Herz“, und andere werfen Klose und Podolski Vaterlandsverrat vor, weil sie für Deutschland spielen. Dort wiederum arbeitet man dieser Argumentation auch noch zu, indem man die beiden zu Polen im deutschen Dress stempelt. Man hat den Eindruck, Özil, Boateng und Khedira gehen in den Medien als „neue Deutsche“ durch - Klose und Podolski hingegen werden immer Polen bleiben.


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Das wird sich auch kaum ändern, wenn der Schlesier-Express Deutschland zum vierten Weltmeistertitel führen sollte. Zu ihm gesellt sich übrigens im Halbinale voraussichtlich noch Piotr Trochowski, ebenfalls ein Spätaussiedler mit deutschen Wurzeln. Er stammt aus Dirschau aus der Danziger Gegend in Westpreußen. Der begeisternde Fußball des deutschen Teams blieb auch in Österreich nicht unbeachtet. Während die Österreicher sonst praktisch jeden unterstützen, der gegen Deutschland spielt, gesellten sich diesmal viele ins schwarz-rotgoldene Fanlager. WM-Tagebuch 27: Österreich für Deutschland (07.07.) Deutschland kann heute ein emotionales Trauminale bei dieser FußballWM perfekt machen. Ein Endspiel gegen den Erzrivalen Niederlande - das hätte Stil. Doch davor muss noch Spanien überwunden werden. Miroslav Klose gegen David Villa lautet hier das Duell der beiden wohl stärksten Stürmer der WM. Die Sympathien der Österreicher vor dieser Partie zu lesen, ist eine komplizierte Angelegenheit. Der Neidkomplex gegenüber dem großen Nachbarn Deutschland ist ein wohl geplegtes Ventil einer österreichischen Spielart von „Fremdenfeindlichkeit“, zuletzt erst in voller Blüte, weil die bösen Deutschen den armen Österreichern ach so viele Studienplätze wegnehmen. Der Staatsfunk ORF verstärkt in seinen Kommentaren gerne diese antideutsche Tendenz und versteht das vermutlich als Beitrag zum Bildungs- und Kulturauftrag. Doch nach der Vorstellung der deutschen Elf bei dieser WM weicht die Front auf. Die Tageszeitung „Heute“ schlägt sich überraschend ins deutsche Lager und nennt zehn Gründe, warum wir den Deutschen - oder zumindest ihrem Jogi - den Weltmeistertitel gönnen. Auch eine IMAS-Umfrage bestätigt: Deutschland wird als Lieblingsmannschaft bei dieser WM am häuigsten genannt. Dafür verantwortlich sind gewiss auch die netten Geschichten, die die Deutschen rund um ihren WM-Auftritt liefern: Bilder von friedlich feiernden Fanmassen, darunter auch zahlreiche neue Deutsche, die sich zumindest anlässlich der WM als Beispiele gelebter Integration zeigen.


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Und der inofizielle WM-Song als Persilage des letzten großen Triumphs der Deutschen in einem internationalen Wettkampf - Lenas Sieg beim SongContest - ist ein echter Ohrwurm und verbreitet Nationalstolz mit einem Augenzwinkern. Und so bekennen auch wir gerne: Schland, oh Schland, wir sind von Dir begeistert! Doch gegen Spanien fand der Erfolgslauf der Deutschen im Halbinale ein jähes Ende - und damit auch der landesweit zur Schau gestellte Patriotismus - oder doch nicht? WM-Tagebuch 28: Deutschland draußen - Patriotismus adé? (08.07.) Den Deutschen bleibt nach der 0:1-Niederlage gegen Spanien nur das Spiel um den dritten Platz. Der Traum vom vierten Stern ist geplatzt. Und so werden auch die deutschen Fähnchen wieder aus dem Straßenbild verschwinden - ebenso wie die Riesenfahne des arabischen Ladenbesitzers in Berlin-Neukölln. Was bleibt vom zeitweiligen Patriotismus, den Fußball-Großereignisse in unserem Nachbarland vor allem seit der Heim-WM 2006 auslösen? Wird dadurch das Selbstbewusstsein des Landes und seiner Bürger gesteigert, oder folgen die Fans einfach nur gedankenlos einem schwarz-rot-goldenen Herdentrieb? Kann man angesichts der Zusammensetzung der deutschen Elf überhaupt noch von Patriotismus sprechen, oder wird hier die multikulturelle Gesellschaft in den Köpfen der Menschen endgültig durchgesetzt? In Deutschland entstand angesichts der guten Auftritte der aus Spielern vieler Nationen gebildeten Mannschaft bestimmt auch ein Multi-Kulti-Hype, in Frankreich war das Gegenteil der Fall, wie Martin Lichtmesz in der „Sezession“ beschreibt. Sogar der Obergrüne Daniel Cohn-Bendit beklagt dort nun „die Zerrissenheit, den Hass und den Neid dieser Gesellschaft“ und meint damit den Kampf der in Frankreich ansässigen Kulturen gegeneinander. Abgesehen von dieser Diskussion haben sich jedenfalls die Idioten klar deklariert. Eine sehenswerte Spiegel-TV-Reportage auf Unzensuriert.at dokumentiert linksextreme Fahnenklauer und Kommunisten, die beim WMSchauen den Ton abdrehen, wenn die deutsche Hymne erklingt.


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Auf der anderen Seite hat der eine oder andere Politiker versucht, den Deutschland-Hype zu nutzen und sich als Schwarz-Rot-Goldener zu bekennen - etwa durch das Tragen einer Krawatte in Nationalfarben, die der Thüringer CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring im Landtag angelegt hat. Auch hier hat sich die Linke entlarvt, indem ihr Fraktionschef Ramelow empfahl, Mohring solle doch lieber gleich einen braunen Binder tragen. Ob sich die Krawattenfarben des CDU-Manns künftig auch in seiner Politik niederschlagen werden, muss sich noch zeigen. Nebenbei bemerkt, gab es auch unschöne Episoden im Deutschland-Taumel. Während das Land - von den oben erwähnten Randiguren abgesehen - wie ein Mann hinter seinem Team stand, machte der Deutsche Fußballbund Politik und untersagte das Interview eines Ex-Nationalspielers mit der konservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“. WM-Tagebuch 15: Interviewverbot nach Kritik am DFB (25.06.) Jeder Fernsehsender, jede Zeitung bereichert die WM-Berichterstattung durch Wortspenden ehemaliger Fußballer. Auch die „Junge Freiheit“ wollte da mitziehen und führte ein Interview mit Horst Eckel aus der deutschen Weltmeistermannschaft von 1954 (Wunder von Bern). Doch dann schlug die Zensur des Deutschen Fußballbunds zu. Der DFB will den Abdruck des Interviews unbedingt verhindern. Dafür ausschlaggebend ist offenbar nicht dessen Inhalt und auch nicht - zumindest nicht direkt - die politische Ausrichtung der JF rechts der Mitte, deren lautstarke Bekämpfung durch Gutmenschen sonst manche Interviewpartner abschreckt. Nein, es ist der Umstand, dass in dieser Zeitung schon einmal Kritik geübt wurde an DFB-Präsident Theo Zwanziger wie der verantwortliche JF-Redakteur am Telefon mithören konnte. Diese Kritik jedoch bezog sich auf den Umstand, dass sich Zwanziger immer stärker vor den Karren des „Kampfes gegen Rechts“ spannen lässt und den Fußball dadurch politisiert. Nach stundenlangem Hin und Her war Horst Eckel mürbe gemacht und der Abdruck des Interviews somit verboten. Die „Junge Freiheit“ entschloss sich dazu, die Chronologie dieses Medienskandals zu veröffentlichen, ebenso ein Interview mit Redakteur Moritz Schwarz zu den unglaublichen Vorgängen.


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Der Deutsche Fußballbund orientiert sich offenbar an seinem nordkoreanischen Bruder und duldet daher keine Kritik, schon gar nicht, wenn sie gegen die intern festgelegte politische Positionierung des Verbands gerichtet ist. Vergleichsweise dürfte dann die CDU all ihren Politikern Interviews mit einer bestimmten Zeitung verbieten, wenn die einmal Kritik an Angela Merkel geübt hat. Von Deutschland zu einem anderen Mitfavoriten, für den die WM in einem Waterloo endete: Frankreich. An der Aufarbeitung der rüden Vorfälle während der WM arbeitet der Verband noch heute. Zahlreiche Spieler wurden gesperrt, zum Teil für immer. WM-Tagebuch 25: Konvertiten-Gang ist Frankreichs Problemherd (05.07.) Wir erinnern uns nur noch entfernt an die Auftritte der Franzosen bei dieser WM. Sie selbst sind aber nach wie vor mit der Aufarbeitung der skandalösen Leistungen ihrer Mannschaft beschäftigt - und mit deren unschönen Begleiterscheinungen in Form von Trainerbeschimpfung und Spielerstreik. Der scheidende Präsident des französischen Fußballverbands, Jean Pierre Escalettes, stellte nun klar, Nicolas Anelka werde nie wieder im Nationalteam spielen. Das gelte nicht nur, so lange er selbst FFF-Präsident sei, sondern auch für seinen Nachfolger. Anelka hatte Trainer Raymond Domenech in der Pause der Niederlage gegen Mexiko wüst beschimpft. Konkret bezeichnete er ihn, um es in halbwegs erträgliche Worte zu kleiden, als dreckigen Sohn einer Prostituierten und forderte Domenech auf, sich von ihm anal penetrieren zu lassen. Diese Form der Beleidigung ist in muslimischen Jugendgangs gang und gäbe und kommt hier nicht überraschend, ist Anelka doch zum Islam konvertiert. Mit seinen Worten zeigt er die Arroganz des islamischen Herrenmenschen gegenüber dem Ungläubigen, der es - in seiner Funktion als Trainer - auch noch gewagt hat, ihn zu belehren. Anelka log raus, und prompt zettelten Franck Ribery und Eric Abidal, zwei weitere Konvertiten in der Mannschaft, einen Trainingsstreik an. Sofort gaben sie die Devise aus, nun müsse nach dem Verräter gesucht werden, der Anelkas Worte an die Presse weitergegeben hat.


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Gottseidank, ist man geneigt zu sagen, hatte in diesem Team noch jemand die Courage, sich der „Muslimbruderschaft“ in der „Equipe tricolore“ zu widersetzen. Jetzt ist also Anelka für immer raus. Bleibt abzuwarten, wie seine muslimischen Brüder Ribery und Abidal darauf reagieren und ob sich der neue Trainer Laurent Blanc von einem der beiden ähnliches anhören wird können. Vielleicht weiß der, was ihm droht, und macht gleich den großen Schnitt in der Mannschaft. Mit besonderen Leistungen haben sich die meisten, die bei der WM im Einsatz waren, ohnehin nicht für eine weitere Einberufung empfohlen. Frankreich hat jedenfalls ein massives Islam-Problem in der Mannschaft, das identische Wurzeln hat wie dasselbe Problem in der Bevölkerung: mangelnden Integrationswillen und fehlenden Respekt vieler Muslime. Genauso wie in den Vororten von Paris brennt es auch im Team. Der Fußball ist eben tatsächlich der Spiegel der Nation. Fehlenden Frieden musste man auch im Veranstalterland der Weltmeisterschaft befürchten. Wider Erwarten war die Sicherheit in Südafrika gegeben. Ob sich damit am Klima der Gewalt in diesem Land auf Dauer etwas geändert hat, darf bezweifelt werden. WM-Tagebuch 29: Die Legende vom Friedensparadies Südafrika (09.07.) Wenn nicht noch Unvorhergesehenes passiert, dann war die WM in Südafrika doch sicher. Fans wurden, soweit berichtet, nicht beraubt, vergewaltigt, ermordet. Das Land und sein Polizeiapparat haben ganze Arbeit geleistet, um die sonst Angst erregende Kriminalität wenigstens für die Dauer der Fußballspiele einzudämmen. Doch wie lange ist dieser Zustand erzwungener Sicherheit aufrecht zu erhalten? Südafrika hat 40.000 zusätzliche Polizisten vor der WM eingestellt und 1,2 Milliarden Euro investiert. Ein langfristiger Effekt darf jedoch bezweifelt werden. Hauptproblem ist der Rassismus in diesem multiethnischen Land. Nicht nur zwischen Schwarzen und Weißen, sondern auch unter den verschiedenen afrikanischen Völkern herrscht teils offene Feindschaft. In den Townships werden bereits Angriffe angekündigt. „Wenn die WM-Fans gehen, müsst ihr auch weg“, lautet die Parole gegen Ausländer, die in einer


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Stärke von rund sechs Millionen beschuldigt werden, den Einheimischen die Arbeitsplätze wegzunehmen. Die Legende vom Friedensparadies Südafrika wird wohl pünktlich am 12. Juli Vergangenheit sein. Eine Studie des deutschen Instituts für Staatspolitik zeichnete unmittelbar vor Beginn der WM ein düsteres Bild der Entwicklung Südafrikas seit dem Ende der Apartheid-Politik 1994. Sie zeigt, dass Südafrika in allen Bereichen (v.a. Bildung, innere und äußere Sicherheit, medizinische Versorgung) hinter den Standard von 1990 zurückgefallen ist – in einem Maß, das die Stabilität und den Bestand der Nation gefährdet. Diskriminiert werden jetzt die Weißen. Ein Vertreter der Mischlinge brachte es auf den Punkt: Wo er früher nicht weiß genug war, sei er jetzt nicht schwarz genug. Am Ende der WM blieben zwei Mannschaften übrig: Spanien und die Niederlande. Eine spannende Geschichte. Bei den Spaniern vor allem deshalb, weil sich ihre Mannschaft zum Großteil aus Katalanen rekrutiert und die in Barcelona zu den Tagen der entscheidenden Spiele in großer Zahl für ihre Unabhängigkeit demonstrierten. WM-Tagebuch 30: Für wen spielt Spanien? (10.07.) Auch Spanien hat bei der WM seine „Multi-Kulti-Geschichte“. Hier kommen die Spieler nicht aus beinahe allen Kontinenten, wie bei Deutschland oder Frankreich, sondern aus allen Landesteilen und sorgen, wenn man den aktuellen Jubelberichten vieler Medien glaubt, für großes Zusammengehörigkeitsgesfühl trotz massiver Wirtschaftskrise und vielerorts gelebtem Separatismus. Doch in Wahrheit wird gerade in jenen Regionen, deren Autonomie am weitesten entwickelt ist, die sich dennoch lieber ganz von Madrid abwenden würden - nämlich in Katalonien und im Baskenland - die aufkeimende Begeisterung für die spanische Nationalelf mit großer Skepsis beäugt, wenn nicht sogleich brutal unterdrückt. In der baskischen Stadt Pamplona stachen Extremisten unlängst den Träger eines spanischen Nationaltrikots nieder.


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Auch ein echter Katalane hält nicht zu Spanien, obwohl in dessen Mannschaft großteils Spieler des FC Barcelona stehen und Urgestein Carles Puyol die Mannschaft gegen Deutschland ins Endspiel geköpfelt hat. Emotional wurden die Katalanen nur, als Superstar David Villa nach einem Tor falsch gejubelt hat, nämlich in der Pose eines Torerros. Stierkampf ist in Katalonien verpönt. Es hätte kaum jemanden gekratzt, wäre Villa „nur“ Nationalspieler, nachdem er nächste Saison jedoch für den FC Barcelona spielt, muss er wissen, wie man sich dort benimmt - er entschuldigte sich auch sogleich artig. Doch auch Villa ist kein Spanier im engeren Sinn - er ist Asturier und nutzt seine Beliebtheit gern für eine politische Botschaft: „Katalanisch, Galizisch und Baskisch werden ofiziell als Amtssprachen anerkannt. Asturien hat es verdient, gleichberechtigt behandelt zu werden.“ In der spanischen Mannschaft haben die Zwistigkeiten zwischen den unterschiedlichen Volksgruppen im Land offenbar keinen Platz. Tiqui-Taqua läuft von Katalanen zu Basken zu Asturiern, Andalusiern und Madrilenen. Sie alle spielen brav für Spanien - doch für wen spielt Spanien? Die Niederlande im Endspiel werden den Buren in Südafrika gewiss Freude gemacht haben, auch wenn Fußball am Kap nicht gerade die Sportart der weißen Minderheit ist. WM-Tagebuch 31: Holland greift im Land der Buren nach dem Titel (11.07.) Deutschland hat Platz drei gesichert, damit ist es doch noch eine durch und durch europäische WM geworden mit den ersten drei Plätzen. Dass heute die Holländer ausgerechnet in Südafrika zum dritten Mal in einem WM-Finale stehen, hat einen gewissen Charme, sind die Buren oder auch Afrikaner doch hauptsächlich niederländisch-stämmig. In der alten Fahne ist das Orange noch eine der hervorstechenden Farben, aus der neuen, die seit 1994 über dem Kap weht, ist es trotz offensichtlicher Farbenfreude verschwunden. Ähnlich steht es um den Einluss der weißen Bevölkerung in Südafrika. Seit dem Ende der Apartheid haben sich die Verhältnisse ins Gegenteil verkehrt. Die Schwarzen sind die uneingeschränkten Machthaber.


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Unter ihnen inden sich Gestalten wie der ANC-Jugendführer Julius Malema, der bei jeder Gelegenheit das alte Kamplied „Kill the boer“ anstimmt. Ein Lied ist es auch, das der afrikaans-sprachigen weißen Bevölkerung wieder Hoffnung gibt. Bok van Blerk besingt den legendären General Koos De la Rey, einen der wichtigsten militärischen Führer im zweiten Burenkrieg. Das Lied ist auf dem besten Weg, eine Art neue Hymne der Afrikaaner zu werden. Einige Radiosender weigern sich, den Song zu spielen. Viele Weiße sehen sich heute in einer ähnlichen Situation wie damals die Buren in ihrem aussichtslosen Kampf gegen die haushoch überlegenen Engländer. Übersetzt, so fürchten Kritiker, könnten die Weißen durch das Lied dazu aufgerufen werden, sich wieder einen Anführer zu suchen - einen wie damals De la Rey. Das Finale gewannen die Spanier. Ausnahmsweise hielten wir uns mit politischen und gesellschaftlichen Bewertungen diesmal zurück und kommentierten fast nur sportlich. Für diesen Artikel ernteten wir allerdings die meiste Kritik im Laufe der Berichterstattung. Die Kritik am spanischen Spielstil kam nicht bei allen Lesern gut an. WM-Tagebuch 32: Zum Einschlafen fad, dieses Tiqui-Taqua (12.07.) Jetzt sind die Spanier also auch noch Weltmeister mit ihrem erbärmlich langweiligen Tiqui-Taqua-Fußball. Die Holländer sind zwar nicht ganz so staunend daneben gestanden wie die Deutschen im Halbinale, aber genutzt hat es ihnen letztlich auch nichts. Dabei war die Härte-Taktik an sich erfolgversprechend - gut, der eine mit dem Tritt aufs Brustbein hat‘s ein wenig übertrieben -, gescheitert sind die Niederlande aber aus dem gleichen Grund wie die Deutschen: Die paar Chancen, die sich geboten haben, wurden vernebelt. Und im Überluss bekommt man sie gegen Spanien eben nicht, denn Tiqui-Taqua ist so etwas wie eine moderne Form des italienischen Catenaccio - Beton anrühren und zuschlagen, wenn der Gegner mürbe geworden ist. Selbstverständlich sind die Spanier jetzt in allen Medien auch verdient Weltmeister geworden. Wir sehen das weniger euphorisch. Viermal 1:0 in den K.o.-Spielen ist ziemlich minimalistisch, noch dazu wo Deutschland das einzige richtige A-Team als Gegner war, Portugal und Holland sind ja doch


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eher nur B und Paraguay C. Gerade in der Vorrunde haben sie zwei Spiele mit zwei Toren hingelegt - gegen die grottenschlechten Honduraner und gegen die etwas besseren Chilenen. Dafür dürfen sich die Schweizer jetzt Weltmeister-Bezwinger nennen. Aber was soll‘s: Schuld ist ohnehin nur dieser gefräßige Oktopus namens Paul. Gespannt dürfen wir sein, wer diesen Titel in vier Jahren verteidigt. Wenn das so weiter geht mit dem katalanischen Separatismus, könnte 2014 in Brasilien schon das Team Catalunya aulaufen. Mehr Fremdarbeiter als etwa die Deutschen hätten sie dann auch nicht, wenn die Mannschaft so bleibt, wie sie ist. Vor dem Finale haben gestern immerhin eine Million Katalanen auf einer Großdemonstration die Richtung vorgegeben. Unzensuriert widmet sich nun wieder verstärkt seinen angestammten Themen. Somit schließen wir das Buch und stoßen noch einmal kräftig ins Vuvuzela-Horn - auf dass uns dieser Folterton für den Rest unseres Lebens erspart bleibt!


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Diese Bücher sollten Sie lesen

Diese Bücher sollten Sie lesen „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin war sicherlich das Buch des Jahres 2010. Doch es gab auch andere interessante Neuerscheinungen - von Heisig über Schwarzer bis Steinbach. Einige davon wollen wir Ihnen in unserem Jahrbuch noch ans Herz legen und beginnen natürlich mit dem „Buch des Jahres“. Deutschland schafft sich ab (30.08.) Das medienwirksamste Schreckgespenst der bundesdeutschen Tugendwächter, Thilo Sarrazin, hat sich mit seinem neu erschienenen Buch zu Wort gemeldet und das Interesse der Öffentlichkeit geweckt. Er beschäftigt sich darin eingehend und kritisch mit den Folgen der Politik ungeregelter Masseneinwanderung und gescheiterter Integration in den letzten 40 Jahren. In Einwanderern aus dem islamisch-arabischen Raum und Afrika erkennt das SPD-Mitglied die größte Bedrohung für die abendländische Kultur und die mit ihr verbundenen Werte. Die islamische Einwanderergruppe ist bis heute, im Gegensatz zu anderen, kaum in unsere Gesellschaft integriert. Im Gegenteil: Muslimische Jugendliche sind meist sogar religiöser als ihre Eltern. Sarrazin spricht sich folgerichtig für einen völligen Einwanderungsstopp aus diesen Regionen aus. Doch wer sich - wie es linke Politiker und Medien zu suggerieren versuchen – stumpfe Polemik gegen Ausländer erwartet, der liegt falsch. Sarrazin beharrt darauf, dass wir ein Recht darauf haben auszusuchen, wer zu uns kommen und in unserem Land leben darf. Deshalb befürwortet er eine zielgerichtete Einwanderungspolitik, wie sie von Australien, Kanada und den Vereinigten Staaten seit Generationen mit Erfolg betrieben wird. Durch entsprechende Sozialgesetzgebung verhindern diese Staaten Einwanderung in den Wohlfahrtsstaat und sind so für minderqualiizierte und möglicherweise auch nicht arbeitswillige Personen wenig attraktiv. Unsere herrschenden Gesetze hingegen ermöglichen es beispielsweise Türken, auch ohne hier irgendeiner Arbeit nachzugehen, besser zu leben als die anatolische Mittelschicht. Es liefert der sozialen Unterschicht, die zu einem überproportionalen Anteil aus Migrantenfamilien besteht, einen inanziellen Anreiz möglichst viele Kinder auf Kosten des Staates zu bekommen


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und so die individuelle Lage zu verbessern. Die Folgen sind weitreichend und rütteln an den Fundamenten des - trotz immer höherer Abgaben kaum mehr zu inanzierenden Sozialstaates. Von der bedenklichen demographischen Entwicklung ganz abgesehen. In Berlin, wie Sarrazin erwähnt, wird ein Fünftel aller Straftaten von nur rund 1.000 türkischen und arabischen Jugendlichen begangen. Das entspricht 0,3 Promille der Bevölkerung der deutschen Hauptstadt. Der „Skandalautor“ bringt es in gewohnter Weise auf den Punkt: „Es reicht aus, dass Muslime unsere Gesetze beachten, ihre Frauen nicht unterdrücken, Zwangsheiraten abschaffen, ihre Jugendlichen an Gewalttaten hindern und für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen. Darum geht es.“ Deutlich islamkritische Positionen nahm neben dem Sozialdemokraten Sarrazin auch die Feministin Alice Schwarzer ein. Einsicht war im linken Lager heuer kein Einzelfall. Die große Verschleierung: Frauen Europas vom Islam bedroht (17.10.) Auch in Deutschland wird die bisher erfolgreich unterdrückte Kritik an der zunehmenden Islamisierung des Landes immer lauter. Nachdem bisher die Zweifel an der immer stärker ausgeprägten östlichen Religion ausschließlich von konservativen bis rechten Standpunkten aus angesprochen wurden, gesellt sich nun überraschend eine neue Gruppe auf die Seite der Islamkritiker: Mit dem neuen Buch „Die große Verschleierung“ von Alice Schwarzer gibt es nun eine eindeutige Botschaft westlicher, emanzipierter Frauen gegen die muslimische Unterdrückung. Neben Beiträgen der berühmten Feministin beinhaltet das Buch Erzählungen von verschiedensten Frauen, die den Islam aus unterschiedlichen Perspektiven kennenlernten - der Konsens ist jedoch eindeutig: Die von islamischen Glaubensvertretern immer wieder zitierte Phrase, dass Frau und Mann im Auge des Herrn gleichgestellt seien, ist schon bei geringer Auseinandersetzung mit dem Thema eine Farce sondergleichen. Begibt man sich tiefer in die Materie, so stellt sich die Religion als eine einzige niederhaltende Manipulation heraus, die gläubige Frauen davon überzeugt, dass Gewalt und Unterdrückung durch ihre Männer ein Zeichen von Liebe und Freiheit darstellen. Muslimas auf der ganzen Welt wird das Selbstbestimmungsrecht genommen, viele dürfen kaum das Haus verlassen.


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Mutige Frauen, die sich für ihre Freiheit einsetzen, ernten dafür nicht selten Beschimpfungen oder Schläge - wenn sie mit dem Leben davonkommen. Frauen sind Heilige oder Huren In fünf Kapiteln erzählt das Buch über die Religion, die sich in Europa immer mehr als stärkste und wahrhaftigste Glaubensgemeinschaft präsentiert, die oftmals zitierte „Hingabe“ an Allah aber regelmäßig als reine Unterwerfung unter die Gesetze des Glaubens erzwingt. So werden Frauen in den Augen der Islamisten in „Heilige“, die sich der islamischen Vorstellung entsprechend kleiden und verhalten, und „Huren“ eingeteilt. Dass Frauenrechte in islamischen Ländern wie Pakistan, Afghanistan etc. mit Füßen getreten werden, dürfte bereits vor dem Lesen des Buches offensichtlich gewesen sein - die Situation in Frankreich aber, der ein eigenes Kapitel gewidmet ist, erweckt im europäischen Rechtsverständnis blankes Entsetzen: Hier wurde, nach den männlich dominierten Krawallen in den Vorstädten, nach Mülltonnen und Autos auch ein junges islamisches Mädchen mit Benzin übergossen und verbrannt - weil sie sich westlich gekleidet hatte. Fast das ganze französische Volk unterstützte daraufhin Gesetze, die einer zu starken Unterdrückung durch den Islam Einhalt gebieten sollten die linken und sozialdemokratischen Kräfte im Parlament enthielten sich jedoch ihrer Stimmen. Alice Schwarzer kritisiert die Tendenz dieser Politik, den Islam mit geschlossenen Augen zu tolerieren, aufs Schärfste. Unverhohlener Angriff auf westliches Wertesystem Doch auch die Gefahr, in der die europäischen Rechtsstaaten sich beinden, wird thematisiert: Für gläubige Muslime gilt zweifellos das Dogma „Nichts über dem Islam“ - so ist klarerweise die Scharia ihr präferiertes Rechtssystem. Ihre Religion sei die Verfassung, argumentieren die Fundamentalisten. Angesichts der Tatsache, dass westliche Religionen bei weitem keinen so starken Zusammenhalt mehr bilden können, scheint dieser Vergleich berechtigt - nichtsdestotrotz stellt er die Unverfrorenheit zur Schau, mit der Islamisten das europäische Wertesystem zu unterwerfen versuchen. Eine Erklärung dafür, warum es in Deutschland derart emotionale Debatte auslöst, wenn jemand die Wahrheit im Sinne der einheimischen Bevölkerung ausspricht, lieferte heuer Thorsten Hinz.


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Die Psychologie der Niederlage - Über die deutsche Mentalität (25.08.) „Thorsten Hinz ist ein richtiger aufglühender Stern am Himmel der konservativ-kritischen Journalistik.“ - Günther Zehm Der konservative Erfolgsautor und Stammschreiber der Jungen Freiheit, Thorsten Hinz, widmet sich mit seinem neuen Buch der deutschen Schuldmentalität nach 1945. Er beschreibt die militärische und politische Niederlage 1945 als das deutsche „Kernereignis“, welches die bundesdeutsche Gesellschaft in all ihren Facetten als „Mythos“ gebrauche, um sich selbst zu deinieren. Ohne Bildung in den Abgrund „Die Entwicklung in Deutschland und die Mentalität, die sie stützt und duldet, gehorchen dem Gesetz der Niederlage, die Tag für Tag bestätigt, erneuert und vertieft wird.“ Der Autor beschreibt die katastrophalen Zustände in der deutschen Bildungspolitik, wie etwa die explodierende Anzahl an Analphabeten in den Ballungszentren und die daraus resultierende intellektuelle „Verarmung“ der Deutschen. Dies ist umso bedrohlicher, als Deutschland ein nicht gerade von Rohstoffen gesegnetes Land und die wirtschaftliche Kraft Deutschlands im technologischen Vorsprung begründet ist. Hinz zeigt aber auch noch weitere gravierende Fehlentscheidungen der gebildeten Schichten Deutschlands auf, etwa den Verzicht auf Nachwuchs und den daraus resultierenden Verlust an „begabten“ Kindern, welche später die intellektuellen und künstlerischen Leistungen erbringen könnten, dies alles in Verbindung mit einer stetigen Vergreisung der angestammten Bevölkerung. „Der Anblick kindlicher und jugendlicher Anmut wird seltener, ebenso die schöpferische Kraft, denn bahnbrechende Erindungen und Leistungen inden eher in der vierten als in der siebten Lebensdekade statt.“ Das dies zwar von den politischen Eliten erkannt wurde, ist sich Hinz sicher, allerdings wird eine Bevölkerungs- und Sozialpolitik, welche dem negativen, geradezu vernichtenden Trend entgegenwirkt, entschieden abgelehnt.


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Als einzig probate Lösung scheint nur die Zuwanderung in Frage zu kommen, deren Kosten dann auf die angestammte Bevölkerung abgewälzt und im gleichen Zuge die staatsrechtlichen Privilegien sukzessiv beseitigt werden. Die gravierenden Folgen der derzeitigen Zuwanderungspolitik wie der Aufbau einer Parallelgesellschaft ohne jegliche Ausbildung, dafür aber mit einem enormen Konliktpotenzial, wird in bundesdeutschen und europäischen Ballungszentren noch einiges an sozialen Unfrieden bringen. Die traditionellen Krawalle zum 1. Mai in Berlin wie auch die Ausschreitungen muslimischer Jugendlicher in Frankreich dürften nur ein kleiner Vorgeschmack dessen sein, was uns alle noch erwartet. Staatlich verordneter Schuldkult Hinz geht mit der zur bundesdeutschen Staatsraison erklärten Neigung, diese erkannten Entwicklungen zu ignorieren bzw. durch ideologische Einwürfe unerkenntlich zu machen, hart ins Gericht. Besonders interessant ist hier der Vergleich mit der ehemaligen DDR, welche den sogenannten „Antifaschismus“ zur Staatsreligion erklärte und derart unlexibel wurde, dass diverse Entwicklungen vielleicht sogar erkannt, aber wegen fehlender geistiger Flexibilität nicht mehr korrigiert werden konnten. Die deutsche „Vergangenheitsbewältigung“ ist somit zu einem staatlich verordneten Kult geworden, der bequem gegen alle konservativen und freiheitlichen Bürger Deutschlands in Form der „Faschismuskeule“ eingesetzt werden kann. Allein die Unterstellung, dass man an nationalsozialistischem Gedankengut anstreife, bedeutet soziale Isolation bzw. wirtschaftliche Vernichtung. Der - sich nun langsam wandelnde - Umgang mit Thilo Sarrazin, wohlgemerkt ein Politiker der SPD, ist als eines der jüngsten Beispiele zu nennen. Thorsten Hinz erklärt die deutsche Schuldmentalität, die Freude an der Niederlage 1945, am Beispiel der Siegesfeiern am Landeabschnitt der alliierten Truppen „Omaha Beach“ in der Normandie. Bekanntermaßen leitete die Eröffnung dieser „Zweiten Front“ die militärische Vernichtung Deutschlands im Zweiten Weltkrieg ein. Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl lehnte 1984 eine Teilnahme an den Siegesfeiern noch kategorisch ab und sagte: „Es ist für den deutschen Bundeskanzler kein Grund zum Feiern,


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wenn andere einen Sieg in einer Schlacht begehen, in der Zehntausende Deutsche elend umgekommen sind.“ Ebenso sah dies auch der hochrangige Unionspolitiker Alfred Dregger, selbst ein mehrfach verwundeter Frontsoldat: „Das sind Siegesfeiern. Da haben wir nichts zu suchen […]“ Doch bereits zehn Jahre später kannte ein Gerhard Schröder diese Bedenken nicht mehr, obwohl er selbst 1944 zum Halbwaisen geworden war, weil sein Vater 1944 in Rumänien gefallen war. Wie sehr man mit Aussagen über den Zweiten Weltkrieg Gefahr läuft, in ein rechtsextremes Eck gestellt zu werden, erlebte heuer auch die CDU-Politikerin und Vorsitzende des „Bundes Deutscher Vertriebener“, Erika Steinbach. Die Macht der Erinnerung (25.10.) Kaum eine deutsche Politikerin steht derzeit so im Focus der politisch korrekten Berichterstattung wie die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV) und hessische CDU-Politikerin Erika Steinbach. Auf Druck des FDPChefs und Außenministers Guido Westerwelle wird sie dem Rat der geplanten Vertriebenen-Stiftung nicht angehören. Doch auch die von ihr vorgeschlagenen Vertreter Saenger und Tölg gerieten prompt unter Beschuss. Ihnen wird vorgeworfen, mit Aussagen über die Kriegsvorbereitungen Polens vor dem Zweiten Weltkrieg die deutsche Kriegsschuld relativiert zu haben. Steinbach platzte in dieser Debatte in einer Sitzung des Parteivorstands der Kragen: „Und ich kann es auch leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat.“ Das Zitat wurde in Windeseile den Medien zugespielt. Steinbach legte ihre Funktion im Parteivorstand zurück. Der immer größer werdende linke CDU-Flügel versagte ihr daraufhin bei der Wahl in den Vorstand der Bundestags-Fraktion die Zustimmung. Steinbach erhielt nur 71 Prozent der Stimmen. Klar hinter sie stellte sich jedoch der Bund der Vertriebenen, der Steinbach mit 94 Prozent der Stimmen als seine Präsidentin bestätigte. Es sei allein ihr zu verdanken, dass in Berlin jetzt ein Dokumentationszentrum zu Flucht, Vertreibung und Deportation errichtet werde, hob Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in seiner Gratulation zu Steinbachs Wiederwahl hervor.


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Mitten in der Debatte um ihre Person präsentierte Erika Steinbach ihr neues Buch „Die Macht der Erinnerung“. Es befasst sich mit dem Leid der Deutschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wo eigentlich wieder Frieden einkehren sollte, begann für die Menschen deutscher Sprache in den Ostgebieten ein Leidensweg ohne Beispiel. Millionen von Deutschen wurden vertrieben - viele davon ermordet. Auch die über 2 Millionen deutschen Frauen, welche oft mehrmals vergewaltigt wurden, was viele nicht überlebten, dürfen hier nicht vergessen werden. Steinbach macht deutlich, dass die Vertriebenen nicht nur den Verlust materieller Werte sowie den Verlust von Angehörigen und Freunden durch Mord und Totschlag zu verkraften hatten, sondern am Beginn ihrer Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland oftmals auch auf Ablehnung stießen. Vertriebene trugen maßgeblich zum Wirtschaftswunder bei Sicherlich, das besiegte Deutschland war am Boden zerstört, und es gab für die „angestammte“ Bevölkerung kaum genug zu essen. So empfanden viele die Heimatvertriebenen als zusätzliche Belastung. Aber spätestens in der Zeit des Wirtschaftswunders hätte die deutsche Regierung den Wert dieser Menschen erkennen müssen, denn ohne die wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen der „Deutschen aus dem Osten“ wäre ein Aufschwung in dieser Form kaum möglich gewesen – weder in Deutschland noch in Österreich. Auch die Bereitschaft zur Integration der Vertriebenen darf nicht vergessen werden, denn nur so konnten soziale Sprengsätze wie wir sie heute in Berliner Problembezirken, aber auch in Wien-Fünfhaus vorinden, vermieden werden. Steinbach macht dem Leser deutlich, dass das Opfer und die Tragödie der Vertriebenen nicht nur die Betroffenen und deren Angehörige etwas angeht, sondern die Solidarität aller Bundesbürger erfordert. Die Vertreibungen berühren die Identität des deutschen Volkes, weshalb sich Steinbach mutig gegen jeden Versuch der Relativierung durch linke Kreise stellt. Menschenrechte sind und bleiben auch für die Deutschen unteilbar.


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Mit den Leistungen der Vertriebenen für die Gesellschaft beschäftigt sich auch eine Erscheinung aus dem Unzensuriert-Verlag. Martin Graf und die FPÖVertriebenensprecherin Anneliese Kitzmüller als Herausgeber tragen damit zu einer Würdigung ihrer großen Verdienste bei. Die Wiederaufbauleistungen der Altösterreicher in der 2. Republik (29.09.) Über 60 Jahre nach der Vertreibung ist endlich ein Buch erschienen, das die grandiosen Leistungen der altösterreichischen Vertriebenen nach 1945 würdigt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges mussten viele Menschen deutscher Muttersprache ihre seit Jahrhunderten angestammte Heimat verlassen, meist unter menschenunwürdigen Begleiterscheinungen. Die berüchtigten „Sühnemärsche“ dienten meist nur dem Zweck, möglichst viele Menschen deutscher Muttersprache zu eliminieren. Denjenigen, die das Glück hatten dem Einlussbereich der Roten Armee zu entkommen und in Österreich bzw. in der Bundesrepublik Deutschland eine neue Heimat inden konnten, ist dies nun vorliegende Buch gewidmet. Kaum in Österreich angekommen, meist ohne jeglichen Besitz begann für die hunderttausenden volksdeutschen Heimatvertriebenen ein neuer Leidensweg. Die neue Heimat war zerbombt und besetzt, und vielfach waren sie nicht willkommen. Trotz des Verlustes ihres gesamten Eigentums wie auch oft von Familienangehörigen und Freunden verwendeten sie nun ihre Energie wie auch ihr wirtschaftliches und künstlerisches Wissen zum Wiederaufbau der Republik Österreich. Bei vielen „Altösterreichern“ galten die Vertriebenen zunächst als unnütze Esser, welche die Not im Land nur noch weiter verschärften - auch wurden viele aus Österreich in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Ebenso wurde ihnen der Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt beträchtlich erschwert. In dem nun vorliegenden Buch werden auch die unvorstellbaren Bedingungen in den einzelnen Sammellagern beschrieben. Trotz dieser widrigen Umstände haben sich die Vertriebenen bewährt und im künstlerischen, aber auch im wirtschaftlichen Bereich Großartiges geleistet. Viele schufen als Unternehmer tausende von Arbeitsplätzen und hatten somit großen Anteil am Wirtschaftswunder in Deutschland und in Österreich.


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Dieses Buch spannt einen breiten Bogen von der Vertreibung der Altösterreicher zur Aufnahme in den diversen Sammellagern bis hin zu der gelungen Integration in den österreichischen Staatsapparat. Herausgeber sind der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf - er war von 1995 bis 2006 Vertriebenensprecher der FPÖ - sowie die aktuelle Vertriebenensprecherin Anneliese Kitzmüller, auch Obfrau der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen. Ihre Familie wurde aus Czernowitz vertrieben. Die Vertreibung war bei weitem nicht alles, was Millionen Deutschen & Österreichern nach dem Zweiten Weltkrieg widerfuhr. Die Rote Armee zog durch die deutschen Ostgebiete eine blutige Spur von Mord und Vergewaltigung. Eine heute über 80jährige Frau bricht mit ihrem Buch das Schweigen. Warum war ich bloß ein Mädchen? (09.03.) „Brecht mit Gewalt den Rassehochmut der germanischen Frauen, nehmt sie als rechtmäßige Beute!“ (Ilja Ehrenburg sowjetischer Propagandaschreiber) Die Rote Armee überrollt 1945 die nur noch schwachen deutschen Verteidigungsstellungen und überlutet in einer noch nie dagewesenen Masse an Soldaten die deutschen Ostgebiete. Die Autorin Gabi Köpp beschreibt in diesem Buch die Befreiung, wie sie sie erlebte: Nicht mit Fahnen schwenkenden, kleine Kinder streichelnden Rotarmisten, sondern als schreckliche Serie von Vergewaltigungen. Der Leser wird immer wieder in die brutale Realität der Kriegsführung durch die Rote Armee zurück geholt. Eine Kriegsführung, wo die Vergewaltigung und Tötung von Frauen kein „Versehen“ ist. Hier sei nur an die Aufrufe des sowjetischen Propagandaschreibers Ilja Ehrenburg erinnert. Die Autorin schildert ihr persönliches wie auch das Martyrium der anderen Frauen, welche in die Hand der Roten Armee gefallen sind – und da sie die jüngste und die schwächste der gefangenen Frauen ist, wird sie auch immer wieder von den anderen Leidensgenossinnen vorgeschoben, um so selbst einer Vergewaltigung zu entgehen. Auch beschreibt sie den langen Weg zurück in ein lebenswertes Leben und den späten Entschluss, ihre furchtbaren Erlebnisse in einer Therapie zu verarbeiten.


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Dieses Buch greift ein heikles Thema auf, das lange Zeit totgeschwiegen wurde, aber dennoch im Bewusstsein der Kriegsgeneration verankert ist. „Der Spiegel“ schreibt einen berührenden Artikel über das erschütternde Buch, kommt aber dabei nicht ohne den völlig deplatzierten Hinweis aus, das Martyrium der Autorin hätte seine Ursache in den Verbrechen der Deutschen. Die Autorin wurde 1929 in Schneidemühl geboren, studierte nach ihrer Flucht in Hamburg Physik und war seit 1966 als Dozentin für Theoretische Physik an der Technischen Hochschule Aachen tätig. Heute lebt Gabi Köpp in Berlin. Schrecken des Krieges verarbeitet auch der russische Schriftsteller Arkadi Babtschenko. Und dieser Krieg ist kaum vorbei. Babtschenko kämpfte für die russische Armee in Tschetschenien. Ein guter Ort zum Sterben (08.06.) „Ein guter Ort zum Sterben“ ist das zweite in Buch des jungen russischen Literaten Arkadi Babtschenko über den Krieg in Tschetschenien. Bereits sein Erstlingswerk „Die Farbe des Krieges“ brachte dem 1977 in Moskau geborenen Schriftsteller internationale Anerkennung ein. Sein unverwechselbarer Stil und seine schonungslose Offenheit über die Zustände in der heutigen russischen Armee und deren Kriegseinsätze erschüttern auch den hartgesottenen Leser militärischer Literatur. In seinem neuen Buch nimmt uns der Autor mit auf einen Horrortrip durch die Kriegshölle von Tschetschenien. Diesmal beschreibt Babtschenko die Erlebnisse des jungen Soldaten Artjom, der einerseits ohne die Droge Krieg nicht mehr leben kann und sich andererseits nichts sehnlicher wünscht, als endlich diesem Horror zu entkommen und ein Leben ohne Heckenschützen und Sprengfallen in seiner geliebten russischen Heimat zu genießen. Sehr eindringlich schreibt Babtschenko vom alles verschmutzenden Lehm Tschetscheniens, welcher allgegenwärtig zu seien scheint. Ebenso wird die inefiziente russische Militärführung entlarvt, welche nicht in der Lage ist, den kämpfenden Soldaten mit genügend Essen und Ausrüstungsgegenständen zu versorgen.


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Als Rahmenkulisse dient ein kleines Dorf in der Nähe der tschetschenischen Hauptstadt Grosny. In der Nähe dieses Dorfes werden die Protagonisten des Buches „abgeladen“ und müssen sich auf ein Gefecht mit den Rebellen einrichten. Der Autor beschreibt in einer beklemmenden Art die ständige Angst vor Tod und Verwundung wie auch die Nässe und Kälte der tschetschenischen Erde und als schlimmsten Feind den Schlamm, der die Uniform und die Waffen unbrauchbar macht. Nur unzureichend mit Nahrungsmitteln ausgerüstet warten, die jungen Soldaten - die meisten von ihnen Wehrplichtige im Alter von kaum 20 Jahren auf den Beginn des Angriffes. In dieser Situation, wo ein Feuer zum Wärmen der steif gefrorenen Glieder oder auch nur eine Zigarette den Tod durch feindliche Scharfschützen bedeuten könne, wird die Verrohung der Soldaten offensichtlich. Der nur noch auf die absolut wichtigsten lebenserhaltenden Maßnahmen programmierte Körper der reagiert wie die Seele der jungen Männer - und verroht. Eben dieser Verlust jeglichen menschlichen Mitgefühls bringt die jungen Soldaten ihrem Ziel - wissentlich oder nicht näher. Kein Erbarmen, kein Mitgefühl, keine zivilisierte Regung – sondern nur überleben und zwar um jeden Preis. Das Werk des Arkadi Babtschenko soll jedoch keine Anklage gegen den russischen Soldaten sein, sondern eine Anklage gegen unfähige Politiker wie den im Buch erwähnten Boris Jelzin und gegen die berühmte Unfähigkeit der russischen Verwaltung. Der Stil des wortgewandten Babtschenko erinnert ein wenig an den amerikanischen Schriftsteller Tim O´Brien, der selbst als Soldat in Vietnam seinen Dienst versah und mit dem Buch „Was sie trugen“ eine breite Öffentlichkeit für die Leiden der amerikanischen Soldaten im vietnamesischen Dschungel sensibilisierte.


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Die Meinung der Unzensuriert-Leser Jede Woche fragen wir die Unzensuriert-Leser nach ihrer Meinung zu einem aktuellen Thema. Am stärksten war die Beteiligung bei der Frage, was mit Arigona Zogaj und ihrer Familie geschehen soll: Die Zogajs sollen sofort in den Kosovo abgeschoben werden und dort bleiben

77%

Für die Familie soll eine humanitäre Lösung gefunden werden

15%

Arigona soll mit einem Schüler-Visum wieder einreisen, ihre Familie nicht

8%

Ähnlich klar das Meinungsbild zur Frage des Rauchens in Lokalen: Ich bin für ein totales Rauchverbot in der Gastronomie Die neue gesetzliche Regelung mit getrennten Räumen ist ausreichend Jeder Gastronom soll selbst entscheiden, ob bei ihm geraucht wird oder nicht

77% 8% 64%

Die Unzensuriert-Leser befürworten überwiegend den Erhalt der allgemeinen Wehrplicht. Schon im Juli sprachen sich 70% dafür und nur 30% dagegen aus. Die konkrete Frage, ob die allgemeine Wehrplicht ein Auslaufmodell sei, ergab folgendes Bild: Ja, das Bundesheer soll abgeschafft werden

9%

Ja, ein Berufs-/Söldnerheer soll die Aufgaben übernehmen

15%

Nein, sie ist nach wie vor wichtig

44%

Nein, jedoch ein Adaptierung in Richtung allgemeine Dienstplicht ist notwendig

32%

Optimismus herrscht in der Frage, ob ein familienfreundlicheres Steuersystem die Geburtenrate im Land erhöhen würde:


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Ja. Es sind vor allem inanzielle Gründe, die mehr Kindern im Weg stehen

66%

Vielleicht. Wichtiger als Geld ist aber ein lächendeckendes Angebot an Kinderbetreuungsplätzen

15%

Nein. Die kinderreiche Familie ist in unserer Gesellschaft ein Auslaufmodell

19%

Skeptisch hingegen steht eine Mehrheit dem Klimawandel gegenüber: Die Menschen haben maßgeblichen Einluss auf die Erderwärmung. Daher muss noch mehr für Klimaschutz unternommen werden

15%

Die Menschen haben kaum Anteil an der Veränderung des Klimas. Die Hysterie ist daher unangebracht

40%

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind noch nicht ausreichend. Schonung der Umwelt ist in jedem Fall wichtig

45%

Nach der Sarrazin-Debatte in Deutschland, dem Erfolg der Tea Party in den USA und dem FPÖ-Triumph in Wien fragten wir: Sind die „Rechten“ auf dem Vormarsch? Ja, zum Glück. Dadurch besteht die Chance auf eine sozialere Politik für die eigenen Bürger

70%

Ja, leider. Das wird zu mehr Rassismus und Ausländerfeindlichkeit führen

9%

Nein. Es handelt sich nur um die üblichen Schwankungen im politischen Getriebe

9%

Nein. Die Linke hat das System völlig vereinnahmt. Neue Kräfte werden daran scheitern

12%

Am spannendsten war übrigens die Entscheidung in der Frage, ob Österreich am nächsten Eurovision-Song-Contest teilnehmen soll: 51% sprachen sich dafür, 49% dagegen aus.


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Nach der Wien-Wahl stellte sich die Frage nach der künftigen Regierungskoalition. Rot-Grün war für die Unzensuriert-Leser nur dritte Wahl: Rot/Blau Rot/Schwarz

50% 9%

Rot/Grün

19%

Blau/Schwarz/Grün

22%

Ganz klare Ergebnisse brachten folgende Umfragen: Ist der ORF noch ein objektives Medium? Ist die Kritik von Thilo Sarrazin an der deutschen Zuwanderungspolitik berechtigt?

92% NEIN / 8% JA 85% JA / 15% NEIN

Soll Österreich zusätzlich 100.000 Arbeitskräfte ins Land holen?

92% NEIN / 8% JA

Ist der (radikale) Islam in Österreich eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit?

91% JA / 9% NEIN

Ist der Umgang Frankreichs mit den Roma eine „Schande“?

87% NEIN / 13% JA

Soll der Steuerzahler für Griechenland 2,3 Milliarden zahlen & für weitere 15 Milliarden haften?

94% NEIN / 6% JA

Soll die Anwesenheitsplicht für Asylwerber auf die ganze Verfahrensdauer ausgeweitet werden?

93% JA / 7% NEIN

Soll die Regierung zurücktreten, wenn sie nur durch Verfassungsbruch ein neues Budget zustande bringt?

94% JA / 6% NEIN

Nicht ganz ernst gemeint war die Frage, ob unsere Leser beim Life-Ball im Parlament für Kostümzwang sind. Die meisten hätten dabei gerne Nationalratspräsidentin Barbara Prammer mit Gery Keszler tanzen gesehen. Ja. Und für einen Eröffnungswalzer der Nationalratspräsidentin mit Gery Keszler

41%


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Ja. Und Designer-Gast Cavalli soll auf Staatskosten für alle schneidern. Wir haben’s ja

11%

Nein. Halbnackte Politiker beleidigen mein Auge

24%

Nein. Wegen des löchrigen Parlamentsdachs wären Regenmäntel sinnvoller

13%

Ja/Nein, weil… (Vorschläge bitte als Kommentar posten)

11%


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Das historische Rätsel Woche für Woche stellen wir unseren Lesern eine kniflige Aufgabe und verloren unter den Einendern der richtigen Antwort ein Unzensuriert-Jahrbuch. Im historischen Rätsel inden sich Hinweise auf eine Persönlichkeit oder ein Ereignis aus der Geschichte. Hier ein Beispiel: Gewinnspiel: Das historische Rätsel (09.08) Diesmal suchen wir eine Persönlichkeit, der wir alle viel zu verdanken haben - so mancher Urlaub wäre ohne diesen Mann nicht vorstellbar. „Die Phantasie in ihrem höchsten Flug, Sie strengt sich an und tut sich nie genug. Doch fassen Geister, würdig, tief zu schauen, Zum Grenzenlosen grenzenlos Vertrauen.“ Johann Wolfgang von Goethe, Faust II Unsere Persönlichkeit wurde im Mai der „Deutschen Revolution“ als erstes von acht Kindern eines Kaufmanns und dessen Frau Caroline geboren. Leider verstarben fünf ihrer Geschwister schon sehr früh. Auch der Vater starb, als unser Genie gerade erst zwölf Jahre alt war. Bemerkenswert ist auch die Mutter unserer gesuchten Persönlichkeit. Sie studierte in Dresden und Berlin Musik, dies war für die damalige Zeit alles andere als selbstverständlich. Durch den Tod des Vaters kam die Familie zwar in inanzielle Schwierigkeiten, aber die Mutter - eine sehr ehrgeizige und willensstarke Frau - schaffte es trotz alledem, ihren Kindern eine fundierte Ausbildung zu ermöglichen. Schon während der Schulzeit iel unsere gesuchte Persönlichkeit durch einen äußerst wachen Geist auf. Nach der Ausbildung fand sie den Weg in die Selbstständigkeit. Leider aber hatte die Firma nur wenig kommerziellen Erfolg, der entwickelte Heißluftmotor entwickelte sich zu einem Flop, und die Schrämmaschine wurde zwar in Serie gebaut, allerdings in einer anderen Firma. Später stellte sich dennoch Erfolg ein. Auch die soziale Komponente war für unseren hellen Kopf immer sehr wichtig: Er beteiligte die Arbeiter in seiner Fabrik mit 25% am Reingewinn. Dies war im 19. Jahrhundert eine Seltenheit - und ist es auch heute noch.


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Der gesuchte Mann schrieb auch ein heute noch vielbeachtetes Buch. Sein rastloser, erinderischer Geist spornte ihn immer wieder zu Höchstleistungen an, so wurden seine Erindungen immer besser und dadurch wegweisend in der Geschichte der Technik. Wie viele Erinder, die ihrer Zeit geistig um einiges voraus waren wurde auch er Opfer seines Erindergeistes: Er verstarb bei der Erprobung einer seiner Geräte gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Beerdigt ist er in einem Ehrengrab der Stadt Berlin. Sein Name allerdings blieb unvergessen. Noch heute tragen Schulen und Museen wie auch Kasernen der Bundeswehr und Flughäfen den Namen des „rastlosen Geistes“. Auch Briefmarken sind mit seinem Konterfei auf den Markt gebracht worden. Kleiner Tipp: Auch der berühmte deutsche Musiker Reinhard Mey widmete ihm ein Lied. Hätten Sie dich richtige Antwort gewusst? In diesem Rätsel war der deutsche Luftfahrt-Pionier Otto Lilienthal die gesuchte Persönlichkeit. Wir werden die Rätseltradition auch im Jahr 2011 fortsetzen und wünschen viel Glück bei den Verlosungen!


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Personenregister Akajew, Askar 249 Abidal, Eric 260, 261 Adamovich, Ludwig 146, 154 Afshar, Ardalan 83 Al-Rawi, Omar 13, 14 Aliyev, Rakhat 150 Anelka, Nicolas 260, 261 Babtschenko, Arkadi 275 Badelt, Christoph 140, 141 Bakijew, Kurmanbek 249 Ballack, Michael 252 Bandion-Ortner, Claudia 130, 131, 146, 150, 151, 152, 153, 155, 168, 169, 171, 174 Barack, Obama 115, 122 Barroso, José Manuel 114 Battke, Lutz 52, 53 Bauer, Franz C. 179 Baxant, Peko 84, 85, 89 Beck, Kurt 27 Beckmann, Reinhold 20 Belakowitsch-Jenewein, Dagmar 133, 147, 211, 212, 213, 216, 217 Benyas, Anton 166 Berlakovich, Nikolaus 211, 212 Bernanke, Ben 106, 114 Birg, Herwig 6, 8 Birklbauer, Alois 150 Blanc, Laurent 261 Blessing, Klaus 111 Blum, Helmut 38 Boateng, Kevin 256 Bockhahn, Steffen 49 Bronner, Oscar 185 Cap, Josef 152 Caspar, Johannes 226 Cavalli, Roberto 280

Cohn-Bendit, Daniel 258 Columbus, Christoph 124 Conally, John 115 Connolley, William 233 Connor, Sarah 253 Cortolezis-Schlager, Katharina 145 Darabos, Norbert 24, 36, 185, 203, 204, 207 De la Rey, Koos 264 Deimek, Gerhard 41, 144, 216, 217, 218 Deutsch, Christian 79 Dichand, Christoph 189 Dichand, Hans 188, 189 Dimm, Theresia 213, 214 Dinghofer, Franz 4 Dollfuß, Engelbert 168 Domenech, Raymond 260 Dönmez, Efgani 66, 67 Doret, Helga 196 Dregger, Alfred 271 Eckel, Horst 259 Ehrenburg, Ilja 274 Eichelburg, Walter K. 106 Eichenseder, Herbert 152, 153 Einem, Caspar 44 Ellensohn, David 93 Elsner, Helmut 151, 152, 153 Elsner, Ruth 152, 153 Erlitz, Wolfgang 25 Escalettes, Jean Pierre 260 Faber, Anton 90, 91 Faber, Marc 115 Fahrnberger, Helge 81 Falk, Kurt 189 Farage, Nigel 107, 108, 109 Faymann, Werner 38, 101, 112,


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136, 189, 228, 236 36, 37, 38, 41, 43, 210 Fellner, Wolfgang 184 Fichtenbauer, Peter 202 Fischer, Heinz 68, 76, 77, 78, 189, 203 Floss, Franz 219 Flöttl, Wolfgang 151, 152, 153 Ford, Betty 89 Freytag, Stefan 93 Friedl, Josef 38 Friedman, Michel 21 Gabriel, Sigmar 20 Gartelgruber, Carmen 58, 132 Gauck, Joachim 95, 256 Gehring, Rudolf 78 Giordano, Ralph 19 Gläser, Ronald 96 Glawischnig, Eva 165, 166, 167 Goethe, Johann Wolfgang von 282 Gore, Albert Arnold 118, 121, 233 Graf, Martin 5, 81, 138, 139, 145, 147, 151, 152, 163, 165, 166, 167, 169, 190, 191, 193, 195, 204, 273, 274 Grasser, Karl-Heinz 149, 150 Gross, Andreas 57 Große, Peter der 238 Gusenbauer, Alfred 207 Guttenberg, Karl-Theodor zu 27, 202 Hagen, Christoph 60 Hahn, Johannes 138 Hahnel, Thorsten 53 Fekter, Maria

Haider, Alfons 38, 39, 40 Haider, Jörg 96, 149 Haseloff, Reiner 52, 53 Häupl, Michael 44, 68, 79, 85, 87, 90, 91, 92, 94, 162, 183, 184, 200, 202, 203, 204, 205 Havel, Vaclav 77 Hayward, Tony 122 Heinisch-Hosek, Gabriele 129, 133 Heisig, Kirsten 16, 17, 31, 266 Herman, Eva 54, 55, 96, 254, 255 Herzog, Johann 159 Hinners, Wilhelm 31 Hinz, Thorsten 268, 269, 270 Hirsch, Stefan 185, 186 Hitler, Adolf 64, 89, 243 Hofbauer, Manfred 87 Hofer, Norbert 147, 157 Höferl, Alexander 15 Höler, Günter 201 Hohmann, Martin 96 Holzinger, Gerhart 43 Honecker, Erich 53 Hübner, Johannes 59, 60, 163, 166 Jarolim, Johannes 171, 173 Jenewein, Hans-Jörg 80, 92 Johnson, Simon 114 Jordan, Ryan 231 Kabas, Hilmar 172 Kahn, Oliver 254 Kampusch, Natascha 5, 146, 152, 154 Karl, Beatrix 138, 139, 144, 145 Käßmann, Margot 60, 61, 90 Kelek, Necla 19 Keszler, Gery 160, 161, 162, 280 Khedira, Sami 252, 256


286

Kickl, Herbert 88, 147, 148, 159 Kim, Il-sung 76, 77 Kim, Jong-il 76, 78 Kitzmüller, Anneliese 4, 131, 132, 135, 137, 163, 171, 204, 205, 273, 274 Klevipoeg 244 Klose, Miroslav 254, 256, 257 Kohl, Helmut 108, 270 Köhler, Horst 95 Königshofer, Werner 147 Köpp, Gabi 274 Korinek, Karl 194 Kotanko, Christoph 180, 181 Krakow, Georg 151, 152, 153 Kubitschek, Götz 52 Kühnel, Franz 60 Kurzmann, Gerhard 79, 148, 176 Kurzweil, Ray 237 Lagerblom, Anna Maria 253 Lahm, Philipp 252 Leyen, Ursula von der 49 Lichtmesz, Martin 181, 258 Lilienthal, Otto 283 Löw, Joachim 256, 257 Lukas, Leo 93 Mahdalik, Toni 159 Malema, Julius 264 Marek, Christine 86, 129 Maskin, Eric 99 McCafferty, Christine 59 Memecan, Nursuna 57 Merkel, Angela 27, 95, 103, 109, 112 Messerschmidt, Morten 29 Mey Reinhard 283 Meyer-Landrut, Lena 258 Mitterand, Francois 106, 107

Mohring, Mike Mölzer, Andreas Moschitz, Eduard

259 11 146, 147, 172, 173 Moser, Gabriele 176 Müller-Hohenstein, Katrin 254, 255 Musiol, Daniela 93, 128 Mustafa, Kara 87 Muzicant, Ariel 13, 14 Nahles, Andrea 20 Neubauer, Werner 155 Neugebauer, Fritz 60 Niessl, Hans 38 Niggemeier, Stefan 255 Nixon, Richard 115 Nossek, Silvia 93 Nowak, Rainer 86 Nowotny, Ewald 115 O‘Brien, Tim 276 Oberhauser, Elmar 178 Öllinger, Karl 48 Orban, Viktor 104 Orwell, George 76, 122, 171, 236 Oxonitsch, Christian 80 Özil, Mesut 252, 253, 256 Özkan, Aygül 186, 187 Papandreou, Giorgos 98, 102 Päts, Konstantin 243 Pilz, Peter 173, 176, 201, 202 Plasberg, Frank 20 Pleischl, Werner 152, 153 Podolski, Lukas 252, 256 Poier, Alf 25 Politkowskaja, Anna 241 Popinski, Judith 11 Poß, Joachim 20 Prammer, Barbara 43, 101, 131,


287 unzensuriert.at

147, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 171, 280 Priklopil, Wolfgang 154, 155 Probst, Fritz 182 Pröll, Josef 100, 101, 113, 136, 204 Putin, Wladimir 239 Puyol, Carles 263 Rabl, Andreas 25 Rachinger, Johanna 229 Ramb, Bernd-Thomas 105 Ramelow, Bodo 259 Ranstorp, Magnus 10 Remarque, Erich-Maria 102 Reusch, Roman 31 Ribery, Franck 260, 261 Ritterband, Charles E. 180 Rosenkranz, Barbara 55, 68, 73, 74, 75, 77, 78, 189 Rosenkranz, Walter 149, 174, 175 Rzeszut, Johann 146, 154 Sabuni, Nyamko 10 Saenger, Hartmut 271 Salomon, Martina 180, 181 Sargsjan, Sersch 247 Saringer, Silvia 75 Sarkozy, Nicolas 99, 102, 103, 116 Sarrazin, Thilo 6, 8, 19, 20, 21, 26, 27, 29, 30, 266, 270, 279 Schakfeh, Anas 82, 83 Schäuble, Wolfgang 96 Schavan, Annette 18 Schicker, Rudolf 94 Schmidt, Eric 226 Schmidt, Helmut 19 Schmied, Claudia 147, 150, 227

Schörkhuber, Christian Schratzenstaller, Margit Schröder, Gerhard Schröder, Kristina Schüller, Christian

38 129 271 32, 49, 54 146, 147, 175, 178 Schwarz, Moritz 259 Schwarzer, Alice 55, 266, 267, 268 Schwing, Karl 22 Seehofer, Horst 271 Seelheim, Rolf 187 Seidl, Conrad 184, 185, 186 Serrano, Marc Felix 56 Sevindim, Asli 21 Sinn, Hans-Werner 107 Sloterdijk, Peter 19 Soon-ok, Lee 77 Spindelegger, Michael 18, 51, 66, 156 Stadler, Ewald 173 Stalin, Josef 243 Stefan, Harald 42, 228 Stegbauer Christian 231 Steinbach, Erika 266, 271, 272 Steindl, Clemens 137 Steiner, Herbert 77 Steinhauser, Albert 65 Stiedl, Peter 44 Stöger, Alois 147, 150, 211, 212, 213, 214, 217, 221 Stortecky, Stefan 43, 44 Strache, Heinz-Christian 19, 38, 68, 83, 84, 87, 92, 95, 146, 148, 168, 169, 170, 172, 173, 174, 175, 176, 177, 178 Strache, Hugo 87 Strasser, Ernst 44, 150


288

Strobl, Pius 178 Strobl, Walter 37 Stump, Doris 58 Sukhdev, Pavan 127 Ter-Petrosjan, Lewon 246, 247 Tezcan, Kadri Ecvet 33 Thurnher, Ingrid 74 Tรถlg, Arnold 271 Trichet, Jean-Claude 102 Trochowski, Piotr 252, 257 Turecek, Wilhelm 71 Unterreiner, Heidemarie 58 Van Blerk, Bok 264 Van der Bellen, Alexander 60, 92, 93, 94 Van Rompuy, Herman 112 Vassilakou, Maria 93, 94 Vedrine, Hubert 107 Vilimsky, Harald 22, 82, 147, 161, 165 Villa, David 257, 263 Vogel, Johannes 18 Vonach, Herbert 134 Voves, Franz 79 Waldheim, Kurt 188 Weinzinger, Lutz 135 Westerwelle, Guido 271 Wiesner, Robert 172 Wikan, Unni 10 Wilders, Geert 27, 30 Winckler, Georg 143 Winter, Susanne 25, 138, 159, 160, 168 Wowereit, Klaus 162 Wozniak, Steve 237 Wrabetz, Alexander 178 Wulff, Christian 18, 26, 27, 95, 96, 187, 256 Wurm, Gisela 60

Wurzer, Martina 65 Zanger, Georg 62, 63 Zogaj, Arigona 4, 36,38, 39, 40, 45, 278 Zogaj, Nurie 40, 45 Zwanziger, Theo 259


2010 war in Jahr mit neuen Erfahrungen und Entwicklungen. Entgegen allen Beteuerungen mussten die Menschen erkennen, dass auch im modernen Europa Staaten bankrott gehen können. Die Rettung Griechenlands belastet die Steuerzahler europaweit und zwingt nicht nur die dortige Regierung zu drastischen Sparmaßnahmen. In diesem Zusammenhang durften die Österreicher lernen, dass die Verfassung zwar für alle Bürger, aber nicht für deren Regierung gilt. Um die mit dem Budget geplanten schmerzhaften Einschnitte möglichst lange - nämlich bis nach den Wahlen - geheim zu halten, entschieden sich Bundeskanzler Faymann und Finanzminister Pröll, die Verfassung zu brechen und den Budgettermin zu verschieben. Die Fassade des kompromisslosen Beschönigens der multikulturellen Gesellschaft bekam erstmals heftige Kratzer ab. Thilo Sarrazin lieferte in Deutschland den Anstoß zu einer großen Diskussion über die negativen Begleiterscheinungen der Massenzuwanderung, in deren Verlauf sogar Kanzlerin Angela Merkel Multi-Kulti als gescheitert bezeichnete. In Österreich entzündete sich eine ähnliche Debatte an den anmaßenden Forderungen des Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft und des türkischen Botschafters. Das Unzensuriert Jahrbuch 2010 greift all diese und viele weitere Themen auf und setzt die einzelnen, im Laufe des Jahres in Artikeln verarbeiteten Ereignisse in einen Zusammenhang.

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