Unzensuriert Jahrbuch 2009

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Martin Graf

UNZENSURIERT JAHRBUCH 2009

Unzensuriert - Verein zur Fรถrderung der Medienvielfalt


ISBN 978-3-9502849 © 2009 unzensuriert – Verein zur Förderung der Medienvielfalt Druck: online Druck GmbH, Brown-Boveri-Straße 8, 2351 Wr. Neudorf Herausgeber: Dr. Martin Graf

Alle Rechte vorbehalten

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Inhalt Vorwort des III. Nationalratspräsidenten Mag. Dr. Martin Graf Unzensuriert – Der Name ist Programm............................................................................................... 4 Unzensurierte Wahrheit gegen verleumderische Politik- und Medienkampagne. 8 Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik.............................. 15 E-Voting: Studenten als Versuchskaninchen .................................................. 15 Versuchter CERN-Ausstieg wird Hahns Waterloo .......................................... 17 Große Geheimniskrämerei bei Uni-Budget und Uni-Gesetz ........................... 20 Hahn verlässt besetzte Unis Richtung Brüssel ............................................... 26 Banken in der Krise Staatsmilliarden und Staatsanwaltschaft ............................ 31 Milliarden verzocken ganz ohne Karibik.......................................................... 31 Der dümmste Bankier des Landes ist….?....................................................... 35 „Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ Causa Muzicant und Solidarität mit Martin Graf .................................................................................... 39 Selbstbestimmung für Südtirol Österreichs Verrat an der Schutzmachtfunktion 47 Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss ................................... 57 Medienberichterstattung Unzensiert oder Unzensuriert? .................................... 81 Unzensuriert mitdiskutieren Die besten Kommentare unserer Leser.................. 91 Personenregister ................................................................................................. 95

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Vorwort des III. Nationalratspräsidenten Mag. Dr. Martin Graf Unzensuriert – Der Name ist Programm

Vorwort des III. Nationalratspräsidenten Mag. Dr. Martin Graf Unzensuriert – Der Name ist Programm Politik braucht Medien. In einer Zeit, in der sich Nachrichten in Minuten über den Globus ausbreiten, ist es gerade auch für Politiker unerlässlich, über geeignete Transportmittel für den eigenen Standpunkt zu verfügen. Das war auch schon in Zeiten vor der Internet-Dominanz so und hat sich durch dieses Phänomen noch weiter verstärkt. Als meine persönliche politische Marke habe ich „Unzensuriert“ gewählt. Erstmals 1994 und danach 1996 im Wiener Wahlkampf erschienen in meinem Heimatbezirk Donaustadt Zeitungen, die an alle Haushalter ausgesandt wurden unter dem Titel: „Unzensuriert – Freiheitliche Informationen aus erster Hand“.

Der Erfolg war groß: Die FPÖ erreichte damals in Wien-Donaustadt fast 30 Prozent der Stimmen – noch zwei Prozentpunkte mehr als in ganz Wien. „Politik unzensuriert“ war auch der Titel meiner monatlichen Infobriefe, die ich nach meinem zweiten Einzug in den Nationalrat im Jahr 2006 regelmäßig an

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tausende Interessenten per Mail und auch per Post verschickt habe. Der letzte dieser Infobriefe im PDF-Format wurde am 10. Februar 2009 produziert und beschäftigte sich mit der zu dieser Zeit schon wochenlangen Vernaderung zweier Mitarbeiter meines Büros:

Dieser Infobrief war gleichzeitig der Wendepunkt zum neuen Medienprojekt, denn am 19. Februar 2009 ging auf www.unzensuriert.at der erste Artikel online. Seither sind dort mehr als 200 Beiträge rund ums politische und insbesondere parlamentarische Geschehen erschienen. Die Anfangsphase war von einer dynamischen Entwicklung geprägt. Das äußere Erscheinungsbild wandelte sich schnell und wurde professioneller. Im Juni landete der Adler Viktor als Maskottchen und „Wappentier“ von unzensuriert.at. Viktor Adler: SPÖ-Gründervater fällt bei den Roten in Ungnade Am heutigen 24. Juni jährt sich zum 157. Mal die Geburt von Viktor Adler, dem großen Gründervater der österreichischen Sozialdemokratie. Die Roten von heute können mit dem stets heimatbewussten Burschenschafter nicht mehr viel anfangen. Umgekehrt wäre es wohl nicht anders. Viktor Adler war die erste Integrationsfigur der ursprünglich zerstrittenen österreichischen Arbeiterbewegung. Mit viel Geschick einigte er die verschiedenen Strömungen von Radikalen bis zu Reformisten am Hainfelder Parteitag zur Jahreswende 1888/89 zur Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, deren erster Vorsitzender er wurde. Durch seine heimatverbundene Einstellung und sein unermüdliches Eintreten für die Rechte der sozial Schwachen würde sich Viktor Adler heute in der sozialen Heimatpartei wohler fühlen als in der von den wahren Problemen der Bürger entfremdeten SPÖ. 5


Vorwort des III. Nationalratspräsidenten Mag. Dr. Martin Graf Unzensuriert – Der Name ist Programm Für die rote Studentenfraktion VSStÖ ist Adler wegen seiner Zugehörigkeit zur Burschenschaft offenbar bereits ein Feindbild. In einem Hetzartikel gegen Burschenschaften1 heißt es: "Bei den übrigen dauernd angeführten korporierten Alibijuden handelt es sich meist um Konvertiten (z.B. Viktor Adler) und/oder Antisemiten (z.B. Ferdinand Lassalle)." Martin Graf unterstrich zuletzt seine Verbundenheit mit Viktor Adler, indem er das Maskottchen von unzensuriert.at, den blauen Adler auf den Namen "Viktor" taufte. Ebenso wie der rote Strich als Hervorhebung jener Passagen, die anderswo vielleicht zensuriert würden, symbolisiert der freiheitsliebende „Viktor“ die Berichterstattung auf unzensuriert.at und das unermüdliche Eintreten für die Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Dieser Linie in der Berichterstattung wird unzensuriert.at weiter treu bleiben, sich in Zukunft aber noch breiter aufstellen. Ich habe daher die Webseite an den Verein „Unzensuriert – Verein für Medienvielfalt“ übertragen, der auch schon als Herausgeber dieses Unzensuriert-Jahrbuches 2009 tätig geworden ist. Parallel zum Erscheinen dieses Buches wandelt sich das Bild der Webseite ein weiteres Mal. Unzensuriert.at wagt den Schritt in Richtung Intenet-Zeitung mit noch größerer Themenvielfalt. Das Jahrbuch fasst die wesentlichen Themen des ersten Jahres meiner Nationalratspräsidentschaft zusammen – von der politisch-medialen Hetzkampagne gegen meine Mitarbeiter und mich selbst über die Irrungen der Wissenschaftspolitik unter dem künftigen EU-Kommissar Johannes Hahn bis hin zu Bankenkrise, Südtirol-Politik und Untersuchungsausschuss, der ausgelöst wurde durch den 1

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http://www.vsstoe-wien.at/themen/antifaschismus/burschenschaften/


Grünen Spitzelskandal. Die interessantesten Artikel gibt es dabei zum Nachlesen. Den Abschluss bilden ein Kapital über die mediale Aufmerksamkeit, die unzensuriert.at erregt hat und eine Sammlung der besten Leser-Kommentare, die einen wesentlichen Bestanteil der Webseite bilden. Denn jede Rückmeldung auf die Beiträge – ob zustimmend oder kritisch - ist eine Bestätigung dafür, dass sich die Menschen mit den Unzensuriert-Themen auseinandersetzen. Diskutieren Sie also mit! Als Käufer des Buches steht ihnen dieses auch online zur Verfügung, sodass Sie die gekennzeichneten Quellenverweise bequem mit einem Klick erreichen können. Viel Vergnügen mit dem Unzensuriert-Jahrbuch 2009!

Ihr Martin Graf

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Unzensurierte Wahrheit gegen verleumderische Politik- und Medienkampagne

Unzensurierte Wahrheit gegen verleumderische Politik- und Medienkampagne Am 28. Oktober 2008 wurde Martin Graf mit 109 Stimmen zum Dritten Nationalratspräsidenten gewählt. Seither ist er massiven politischen Angriffen ausgesetzt. Die Grünen und große Teile der SPÖ begnügen sich nicht damit, Graf nicht gewählt zu haben. Sie nehmen das demokratische Votum im Parlament nicht zur Kenntnis und kämpfen verbissen für eine Abwahl Grafs. Mit Hilfe befreundeter Medien starten sie kurz nach Grafs Wahl eine große Kampagne. Erster Schritt ist der Angriff gegen die Mitarbeiter des Dritten Präsidenten. Vor allem zwei von ihnen werden in den Mittelpunkt gerückt: Sebastian Ploner und Marcus Vetter, beide seit Jahren geringfügig beschäftigt. Der Grün-Abgeordnete Karl Öllinger legt diversen Zeitungen Bestelllisten vor, die beweisen sollen, dass die beiden als Jugendliche vor Jahren bei einem rechtsextremen InternetVersand namens „Aufruhr“ bestellt haben. Dass an der Echtheit dieser Bestelllisten massive Zweifel bestehen und sie zudem bereits ein „alter Hut“ sind, hindert die Medien nicht, gemeinsam mit den Grünen die Faschismus-Keule zu schwingen. Öllinger wird im Standard-Artikel vom 29. Dezember 20081 deutlich: „Ein Gutteil seiner Mitarbeiter sind auch Schlagende beziehungsweise Rechtsextreme mit deutlichen Positionen.“ Kaum ebbt die Hysterie ab, platzt die nächste Bombe: Im Parlament landet ein Auslieferungsbegehren gegen Martin Graf. Ihm werden in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im ARC-Konzern in Seibersdorf Untreue, Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen und Missbrauch von Fördermitteln vorgeworfen. Noch ehe Graf selbst mit dem Auslieferungsbegehren konfrontiert wird, wird es am Abend des 11. Februar 2009 öffentlich. Auf welchem Weg die Salzburger Nachrichten“2 davon informiert wurden, ist bis heute nicht bekannt. Wie so oft finden auch in dieser Diskussion die Argumente der Freiheitlichen beziehungsweise des betroffenen Martin Graf selbst wenig Gehör. Für Graf ist klar, dass es sich hier um einen Justizskandal handelt. Wie sich heraus stellt, 1

http://derstandard.at/fs/1229975081463/Gruene-attackieren-das-Team-um-MartinGraf?sap=2&_pid=11598580 2 http://search.salzburg.com/articles/3100231?highlight=Untreue+Graf

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wird bereits seit zwei Jahren auf Grund einer anonymen Anzeige gegen ihn und andere ermittelt. Das Verfahren ist zwischenzeitlich abgebrochen worden, und erst nach Grafs Wahl zum Dritten Nationalratspräsidenten entschließt sich die Staatsanwaltschaft, die Aufhebung der Immunität zu beantragen. Die neuerlichen Vorwürfe gegen Graf platzen just in die Zeit, als er mit seinen Mitarbeitern an einer neuen Öffentlichkeitsarbeits-Strategie arbeitet. Man hat sich darauf geeinigt, unter dem Titel „Politik unzensuriert“ eine Webseite zu entwerfen, welche die politischen Positionen des Martin Graf darstellen soll – mit besonderem Schwerpunkt auf den Parlamentarismus, zu dessen obersten Hütern er als Dritter Präsident des Nationalrats gehört. Die ersten Artikel auf unzensuriert.at widmen sich nun notgedrungen dem Thema Seibersdorf und Martin Grafs Aktivitäten dort. Anonym wird der Redaktion ein Tonbandmitschnitt der ARC-Präsidiumssitzung vom 4. Oktober 2006 zugespielt. In dieser Sitzung werden die Weichen für die Entlassung Grafs gestellt, obwohl ihm im Vorfeld seiner Kandidatur für den Nationalrat zugesichert worden ist, dass er seinen Posten als Prokurist auch nach der Wahl behalten dürfe, eventuell in zeitlich eingeschränktem Umfang. Im allerersten Unzensuriert-Beitrag vom 19. Februar 2009 werden Auszüge aus einem Tonbandmitschnitt veröffentlicht, aus denen deutlich wird, wie der ÖVPnahe Aufsichtsrats-Vorsitzende Rainer Wieltsch nach Grafs Wahl in den Nationalrat darauf drängt, die gegebene Zusage seiner Weiterbeschäftigung nicht einzuhalten: ARC Aufsichtsratsvorsitzender Wieltsch im Wortlaut bei der Auftragserteilung zur Entlassung von Graf Einerseits halte ich es aus dem Anlass heraus und der politischen Optik und drittens aus der Tatsache, wo auch immer die FPÖ landen wird, ob nun in der Regierung oder in der Opposition, der freiheitliche Wissenschaftssprecher wird Positionen beziehen, die wahrscheinlich, jetzt sag ich einmal aller Wahrscheinlichkeit nach, mit diversen Strategien der Regierung – ob’s jetzt eine Große Koalition ist oder was auch immer - im Widerspruch stehen wird und das halte ich schlichtweg für nicht machbar. (…)

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Unzensurierte Wahrheit gegen verleumderische Politik- und Medienkampagne Deswegen hätte ich vorgeschlagen, oder hätte ich die Geschäftsführung dazu, ich weiß nicht wie ich's formulieren soll, dazu ermuntert oder aufgefordert oder hingewiesen, dass die geltenden Genehmigungsregeln die bei Ihnen ja sind, Sie müssen ja Nebenbeschäftigung schriftlich genehmigen, dazu diese nicht zu genehmigen. (…) Die Geschäftsführung sollte sich an Ihren Prokuristen wenden und sagen, wir lesen in der Zeitung du bist gewählt, du hast gesagt du möchtest beide Positionen machen, wir teilen dir aber mit, dass wir das nicht genehmigen, bitte teile du uns welche Konsequenzen wir ziehen müssen. (…) Bitteschön, dann tun wir das rück abwickeln. (…) Oder er sagt ich mag bei ARC bleiben, dann darf er sein Mandat nicht antreten. Das wäre also meine Bitte. (…) Ich darf nur noch einmal sagen und das nur im kleinen Kreis und bitte ohne Protokoll. Ich möchte, also eine gegenteilige Entscheidung (…) Ganz ohne Protokoll, wie sich der Aufsichtsratsvorsitzende Wieltsch das gewünscht hat, geht es dann doch nicht. Jedoch wird seine Wortmeldung unter dem Moto „Mandatsverzicht oder Entlassung“ doch einigermaßen geschönt wiedergegeben: Protokoll der Präsidiumssitzung 4/2006 vom 4.10.2006 der ARC Es wird im Zusammenhang mit dem zukünftigen Nationalratsmandat von GRAF über die Arbeitskapazität und den politischen Eindruck, den eine Ausübung des Mandates sowie die Innehabung der Prokura bei ARC haben würde, diskutiert. Es wird sich darauf geeinigt, dass trotz des Verlustes für ARC bei einem Ausscheiden von GRAF, das Mandat im Nationalrat nicht als Nebenbeschäftigung genehmigt werden soll. GRAF muss sich für den Verbleib als Prokurist bei ARC oder die Annahme des Nationalratsmandates entscheiden. Die Geschäftsführung wird ehest möglich ein Gespräch mit GRAF führen. Schon aus diesem Protokoll geht hervor: Die Trennung von Graf ist rein politisch motiviert und keineswegs in dessen Arbeit begründet. Ganz im Gegenteil: Auch jene, die ihn jetzt absägen wollen, stellen ihm ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. 10


Die strafrechtlichen Vorwürfe, die zum Auslieferungsbegehren geführt haben, kann selbst in Seibersdorf niemand nachvollziehen. Während erneut der Grün-Abgeordnete Karl Öllinger die schärfsten Attacken gegen Graf reitet und für 20. Februar eine Pressekonferenz mit neuen „Fakten“ zum Thema Seibersdorf ankündigt, veröffentlicht Martin Graf auf unzensuriert.at seine Sicht der Dinge. Fakten statt Gerüchte: Meine Erfolgsbilanz in Seibersdorf Zuerst muss ich einen von den Medien hartnäckig verbreiteten Irrtum aufklären. Ich war nicht verantwortlich für den wirtschaftlichen Erfolg des gesamten Forschungszentrums, sondern nur für die ARC Business Service GmbH. Das ist eine Teil-Gesellschaft mit ca. 70 Mitarbeitern, die Dienstleistungen an den anderen Konzernteilen erbringt: Buchhaltung, Lohnverrechnung, Beschaffung, Logistik,... Diese Gesellschaft war drei Jahre lang von 2003 bis 2006 unter meiner Geschäftsführung und hat sich dabei sensationell entwickelt und alle Unternehmensziele bei weitem übertroffen. Hätten meine Geschäftsführer- und Prokuristen-Kollegen im ARC alle so gearbeitet, gäbe es heute keine Rechnungshof-Kritik, sondern überschwängliches Lob. Faktum ist, dass in der Verwaltungszentrale enorm gespart wurde und in der dezentralen Verwaltung die Kosten unnötig explodiert sind. Dies habe ich stets aufgezeigt. Die meisten Geschäftsführer-Kollegen, die zuständigen Finanzprokuristen und der Aufsichtsrat haben jedoch lieber (partei-)politisiert und waren entweder zu schwach oder wollten keine Maßnahmen ergreifen. Hier ein Auszug aus meiner Erfolgsbilanz basierend auf den Fakten: -) Meine Mitarbeiter haben höchst effektiv gearbeitet. Vor Beginn meiner Tätigkeit gab es einen Dienstleistungs-Mitarbeiter für knapp 10 Leute im ganzen Konzern. 2006 kümmerte sich ein Business-Service-Angestellter schon um 15 Menschen. -) Dadurch haben wir auch die Verwaltungskosten insgesamt deutlich gesenkt. Von € 954 pro Konzernmitarbeiter im Jahr 2003 auf € 624 im Jahr 2006 - also um ein stattliches Drittel.

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Unzensurierte Wahrheit gegen verleumderische Politik- und Medienkampagne -) Noch ein Schlaglicht aus der Leistungsbilanz: Wir haben für den Gesamtkonzern in der Beschaffungsabteilung die Summe der bestellten Güter verdoppelt. Das Bestellvolumen durch komplizierte Ausschreibungsverfahren wurde sogar versiebenfacht. Und das alles wie gesagt ohne mehr Personal als zuvor - sogar mit weniger. -) Durch meine Arbeit hat die ARC Business Service GmbH von 2003 bis 2005 insgesamt 3,6 Millionen Euro eingespart. Dazu kamen 3,8 Millionen Euro Einsparungen im Gesamtkonzern, die durch unsere Arbeit aufgezeigt und erreicht wurden. Ich habe also sämtliche vom Unternehmen gesteckten Ziele nicht nur erreicht, sondern bei weitem übertroffen. Selbst bei meinem Rauswurf kam niemals Kritik an der Leistung auf. Im Gegenteil: Geschäftsführung und Aufsichtsrat der ARC haben keinen Hehl daraus gemacht, dass sie mich aus politischen Gründen loswerden wollen. Übrigens nur mich, weil ich eben für die FPÖ in den Nationalrat eingezogen bin. Bei aller richtigen Kritik am Konzern sollten die Kritiker bedenken, dass nicht ich der Konzernchef gewesen bin, sondern wie 9 andere war ich Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft. Nach Veröffentlichung dieser Erklärung, die die medial kolportierten Vorwürfe ins Reich der Legenden verbannt, kehrt kurz Ruhe ein, ehe die Angelegenheit erstmals das Parlament beschäftigte, nämlich den Immunitätsausschuss. Martin Graf ist für seine Auslieferung und schreibt am 26. Februar 2009: Das Versteckspiel hat ein Ende Heute ist es endlich soweit. Der Immunitätsausschuss des Parlaments berät gerade über meine Auslieferung, damit die Staatsanwaltschaft endlich ihren Ermittlungen gegen mich nachgehen kann. In den Medien ist die politisch motivierte Kampagne um meine Tätigkeit bei ARC schon in sich zusammengebrochen. Zeit wird's also, dass ich die Fakten auch offiziell der Staatsanwaltschaft darlegen kann. Graf übergibt den Mitgliedern des Immunitätsausschusses eine Zusammenfassung der Ereignisse, in der er auch auf den politischen Zusammenhang hinweist, der eindeutig dadurch gegeben ist, dass seine Entlassung in Seibersdorf durch 12


die Annahme des Nationalrats-Mandats begründet wurde. Die anderen Parteien wollen diesen politischen Zusammenhang allerdings nicht erkennen, was der FPÖ-Nationalratsbgeordnete Dr. Walter Rosenkranz – in der Sache Seibersdorf auch Grafs Rechtsbeistand – so kommentiert: Tempo, Tempo, liebe Staatsanwälte! Rot, Schwarz und Grün im Parlament haben jede Achtung vor dem politischen Mandat verloren und damit wohl auch den Rest von Selbstachtung aufgegeben. Für sie ist es normales Business, wenn ein gewählter Nationalratsabgeordneter aus einer Firma gemobbt und mit Entlassung bedroht wird. Ihre verlängerten Arme im ARC waren es zwar, die dieses Mobbing gegen Martin Graf betrieben haben, aber einen politischen Zusammenhang erkennen sie nicht. Mit den roten, schwarzen und grünen Stimmen hat der parlamentarische Immunitätsausschuss heute beschlossen, dass die Aufhebung der Immunität Martin Grafs nicht nötig ist. Diese politische Beurteilung ist ein Skandal. Wenn die Ermittlungen gegen Graf keinen politischen Bezug haben, dann können wir uns von der Immunität der Abgeordneten gleich ganz verabschieden. Bezeichnend auch, dass die anderen Parteien gar nicht ernsthaft interessiert waren, die Frage des politischen Zusammenhangs zu klären. Die FPÖ hat beantragt, als Beweis das Tonbandprotokoll der ARC-Aufsichtsratssitzung vom 4.10.2006 zu hören bzw. ein notariell beglaubigtes Protokoll zu verlesen - abgelehnt! Klar, denn danach hätte sich die Leugnung der politischen Komponente nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Nur zur Klarstellung: Ich bin froh, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Martin Graf zu Ende führen kann. Ihren Akten ist nämlich selbst zwei Jahre nach Eingang einer anonymen Anzeige kein einziger konkreter Vorwurf gegen Graf zu entnehmen. Umso bedenklicher ist es, dass die Staatsanwaltschaft sein Image schädigt, indem sie ihn im Auslieferungsbegehren mit Tatbeständen wie Förderungsmissbrauch und Schädigung von Gläubigerinteressen in Zusammenhang bringt. Ich hoffe sehr, dass die Anklagebehörde nun Tempo aufnimmt und die Ermittlungen schnell abschließt. Dass hier keinerlei Substanz für ein Gerichtsverfahren

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Unzensurierte Wahrheit gegen verleumderische Politik- und Medienkampagne vorhanden ist und die Ermittlungen daher eingestellt werden, ist mittlerweile auch für den Rechnungshof und sogar die Grünen offenkundig. Je mehr die Staatsanwaltschaft die Sache in die Länge zieht, umso mehr spielt sie den politischen Gegnern der freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft in die Hände. Denn solange die Ermittlungen laufen, ist das ein Freibrief für die Linken und verbundene Medien, den III. Nationalratspräsidenten öffentlich mit Dreck zu bewerfen. Ich glaube nicht, dass die Staatsanwaltschaft sich diesem Vorwurf aussetzen möchte und diesen Anlassfall für die berechtigte Forderung nach mehr Dienstposten bei der Staatsanwaltschaft „vorzeigen“ möchte. Rosenkranz’ Hoffnung auf schnelle Ermittlungen bleibt jedoch ein frommer Wunsch. Am 11. März 2009 bestätigt das Plenum des Nationalrats den Beschluss des Immunitätsausschusses und hält fest, dass es keinen politischen Zusammenhang gebe und die Staatsanwaltschaft daher ohne Auslieferung Grafs weiter ermitteln könne. Fast acht Monate später ist kein einziger konkreter Ermittlungsschritt gesetzt worden. Nicht einmal auf der Hand liegende Zeugen wie das ARC-Management oder den Rechnungshof-Präsidenten hat die Staatsanwaltschaft einvernommen. Lediglich ein sündteures Gutachten wurde bislang in Auftrag gegeben. Ohne das Auslieferungsbegehren wüsste Graf bis heute nicht, dass es überhaupt einen Ermittlungsakt gibt. Das junge Internet-Projekt unzensuriert.at wird durch die Seibersdorf-Kampagne gegen Martin Graf ins kalte Wasser gestoßen, lernt dort aber schnell schwimmen. Schon bald kann man von Verteidigung auf Offensive umschalten und sich aktiv politischen Geschehnissen widmen.

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik Als Wissenschaftssprecher der FPÖ ist Martin Graf im Bereich der Universitäten und der Forschungspolitik sehr engagiert. Dabei gerät er unweigerlich in Konflikt mit dem Wissenschaftsminister: Johannes Hahn (ÖVP) trifft in diesem Jahr einige sehr unglückliche und ungeschickte Entscheidungen. E-Voting: Studenten als Versuchskaninchen Unbeirrt jagt Hahn die Studenten in ein demokratiepolitisch höchst bedenkliches Experiment namens „E-Voting“. Das Prestigeprojekt des Wissenschaftsministers wird zum Rohrkrepierer. Martin Graf widmet sich dem Thema erstmals am 10. März 2009. Durch E-Voting Wahlgeheimnis in Gefahr – Grüne haben es auch schon bemerkt E-Voting soll bei den Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft im Mai erstmals eingesetzt werden. Eine Wahl mit traditionell schwacher Beteiligung könnte so ein wenig mehr Wähler anziehen - zulasten des Wahlgeheimnisses allerdings. Eine geheime Stimmabgabe ist nicht kontrollierbar. Gerade Studenten nutzen oft öffentliche Computer an der Universität und können daher bei der Wahl beobachtet und im schlimmsten Fall auch unter Druck gesetzt werden. Doch nicht nur die Stimmabgabe jedes einzelnen ist das Problem, auch das System an sich ist durch Datendiebstahl oder Datenmanipulation bedroht. Jedes Computersystem ist angreifbar, und für Fachleute mit genügend krimineller Energie ist es sicher kein Problem, sich in das Wahlsystem einzuhacken und Wählerstimmen zu ändern bzw. zu manipulieren. Wegen der Sicherheitsrisiken und vor allem wegen der Gefährdung des durch die Verfassung garantierten freien, gleichen, geheimen und unmittelbaren Wahlrechts habe ich Mitte Februar im Nationalrat einen Antrag1 gegen das E-Voting

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http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXIV/A/A_00452/imfname_149936.pdf

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik bei der ÖH-Wahl eingebracht und eine parlamentarische Anfrage1 an Wissenschaftsminister Johannes Hahn von der ÖVP gerichtet. Einerseits möchte ich wissen, wie hoch die Kosten sind für dieses verfassungsgefährdende Projekt und mit welchem Geld das finanziert wird, wo doch die Universitäten ohnehin immer Mangel leiden müssen. Zudem interessiert es mich, welchen Erfolg sich Herr Hahn verspricht, also wie viele zusätzliche Wähler. Das auch vor dem Hintergrund, dass eine Bürgerkarte Voraussetzung für die elektronische Wahl ist. Die Bürgerkarten sind nicht gerade weit verbreitet und daher habe ich gefragt, wie viele Studenten überhaupt eine besitzen. Letzte Woche sind auch die Grünen mit einer eigenen Anfrage an Minister Hahn auf diesen Zug aufgesprungen. Auch sie üben heftige Kritik am E-Voting. Über diese Unterstützung freue ich mich natürlich und hoffe, dass nun auch die Regierungsparteien zur Vernunft kommen. Es darf nicht sein, dass das technisch Mögliche über Vernunft und Verfassung gestellt wird. Die Bedenken gegen das E-Voting werden von einer großen Zahl der Unzensuriert-Leser mitgetragen. 87,22 Prozent der Teilnehmer sprechen sich in einer Umfrage gegen die Zulassung des E-Votings bei den ÖH-Wahlen aus. Argumente gegen E-Voting liefert schließlich sogar die in Hahns Ministerium erlassene ÖH-Wahl-Verordnung, in der es wörtlich heißt: §68 Werden mittels E-Voting abgegebene Stimmen für ungültig erklärt, so sind die betroffenen Wähler schriftlich zu verständigen. Für Martin Graf ist dadurch der endgültige Beweis erbracht. Ja zu E-Voting ist Nein zum Wahlgeheimnis Ein besseres Argument gegen die Zulassung des E-Voting bei den ÖH-Wahlen im Mai kann man gar nicht finden. Wie angesichts dieser klaren Unvereinbarkeit mit dem Wahlgeheimnis der Wissenschaftsminister Hahn sein Prestigeprojekt noch ernsthaft weiterverfolgen kann, ist mir schleierhaft. Schleierhaft ist das neben FPÖ und Grünen auch einigen Sozialdemokraten, allen voran der Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Doch einmal mehr 1

http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXIV/J/J_00873/imfname_149504.pdf

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geht die Koalitions-Treue vor, und die Roten machen Wissenschaftsminister Hahn die Mauer. SPÖ-Umfaller opfern geheimes Wahlrecht der Koalitions-Disziplin Eine Meinung haben und dazu stehen sind bei der SPÖ verschiedene Dinge: Die Umfallerriege der SPÖ-Nationalratsabgeordneten hat soeben bei der namentlichen Abstimmung geschlossen gegen den FPÖ-Antrag gestimmt, das E-VotingExperiment bei der bevorstehenden ÖH-Wahl abzublasen. Besonders das Rückgrat verbogen hat sich meine Präsidiumskollegin Barbara Prammer, zuletzt in den Medien eifrige Kritikerin des E-Votings - belegt etwa in der ORF-Futurezone1 und im Standard.2 Wir haben ja irgendwie damit gerechnet, daher jetzt der nächste Schritt: Unsere Studentenfraktion RFS hat bereits einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof vorbereitet, um dieses Renommier-Projekt von Wissenschaftsminister Hahn doch noch zu Fall zu bringen. Gesagt, getan! Der RFS bringt bereits am 28. April den Antrag an den Verfassungsgerichtshof ein, der dort aber aus formalen Gründen nicht zugelassen wird. Neue Anträge sind in Arbeit, denn der Kampf gegen E-Voting geht weiter, um den Studenten zumindest bei der nächsten Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft diese Farce zu ersparen. Neben allen rechtlichen Problemen ist das E-Voting auch in der Praxis ein Flop: Nur 2161 Studenten machen davon Gebrauch. Bei Projektkosten von 871.655 Euro kostet also jede elektronisch abgegebene Stimme 403 Euro, wie Wissenschaftsminister Hahn in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen penibel darlegen muss. Versuchter CERN-Ausstieg wird Hahns Waterloo Während Minister Hahn sein Prestigeprojekt „E-Voting“ wortreich anzupreisen versteht, ist er in andern Bereichen alles andere als ein Kommunikations-Profi. Völlig ohne Vorwarnung lässt er am 10. Mai 2009 eine forschungspolitische Bombe platzen. 1 2

http://futurezone.orf.at/stories/1503797/ http://derstandard.at/?url=/?id=1237229157816%26sap=2%26_pid=12562568

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik Hahn will nur noch auf dem eigenen Misthaufen krähen: CERN-Ausstieg ist Abschied aus der internationalen Forschungs-Gemeinschaft Der Wissenschaftsminister dreht den heimischen Physikern den Hahn zu. Kein österreichisches Geld mehr soll es geben für das Forschungszentrum CERN1 in der Schweiz. Das ist in jeder Hinsicht eine Schnapsidee, die Österreich zur forschungspolitischen Bananenrepublik macht, denn: 1.) Die CERN-Forscher stehen - unter massiver österreichischer Beteiligung - vor dem Durchbruch in der Forschung um das Wesen der Materie. Das Experiment mit dem riesigen Teilchenbeschleuniger LHC ist bereits angelaufen. Nach 20 Jahren intensiver Arbeit bringt der Wissenschaftsminister die österreichischen Forscher um die Früchte, zu denen in diesem Fall neben einer bahnbrechenden Entdeckung mit Sicherheit auch ein Nobelpreis gehören würde. 2.) Die Mitgliedsbeiträge fließen praktisch zur Gänze nach Österreich zurück. Etwa 170 Österreicher verdienen im CERN ihr Geld. Zahlreiche Firmen bekommen Aufträge und österreichische Forschungszentren unbezahlbares KnowHow. So etwa das Krebs-Zentrum Med-Austron2 in Wiener Neustadt, das gratis Forschung und Entwicklung sowie Schulungen zur Verfügung gestellt bekommt. Wer weiß, wie lange noch, wenn Österreich den Geldfluss in Richtung Schweiz stoppt? 3.) Der Ausstieg aus CERN entspringt einer peinlichen SchrebergartenMentalität. Zu behaupten, man werde sich daher stärker um österreichische Projekte kümmern und die Teilchenphysik habe bei uns ja gar keinen so großen Stellenwert, ist schlicht ein Märchen. Denn ohne die CERNGrundlagenforschung verlieren die österreichischen Institute automatisch an Bedeutung, weil sie praktisch vom Mutterschiff abgekoppelt sind. Das weiß übrigens Minister Hahn schon auch selber und forderte daher noch im September 2008 anlässlich des Starts des Teilchenbeschleunigers LHC eine stärkere Dotierung der Grundlagenforschung.3 Wie soll man das also jetzt verstehen? Weil ihm 1

http://public.web.cern.ch/public/ http://www.medaustron.at/ 3 http://www.bmwf.gv.at/presse_und_news/news_details/cHash/5910c2cb04/ article/cern-hahngratuliert-zum-erfolgreichen-start-des-lhc/newsback/34/?tx_ttnews%255bpointer%255d=6 2

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sein Parteikollege Finanzminister Pröll keine stärkere Dotierung gegeben hat, dreht Hahn die Grundlagenforschung gleich ganz ab? Ich werde mit allen Mitteln versuchen, diese forschungspolitische Katastrophe zu verhindern und bereite mit meinen freiheitlichen Kollegen im Wissenschaftsausschuss eine parlamentarische Petition vor. Zudem unterstütze ich sämtliche Initiativen der österreichischen Physiker und bin auch froh, dass hier sehr schnell reagiert wird. Die Österreichische Physikalische Gesellschaft hat bereits eine eigene Website gegen den CERN-Ausstieg1 sehr informativ gestaltet. Zudem ergreifen die Spitzen der heimischen physikalischen Forschung die Initiative zum Beispiel mit offenen Briefen - hier das Schreiben des em.o.Univ.Prof. Dr. Herbert Pietschmann. Ähnlich wie beim E-Voting ist auch hier die Meinung der Unzensuriert-Leser klar gegen Hahn und für CERN: Diesmal sind es gar 89,22 Prozent, die der Ansicht sind, ein Ausstieg verspiele Österreichs Glaubwürdigkeit und schade den hoch qualifizierten österreichischen Physikern. Ein Standpunkt, dem sich sogar der sonst so devote Koalitionspartner SPÖ anschließt, an der Spitze Infrastruktur-Ministerin Doris Bures, wobei sich unzensuriert.at hier noch die Frage stellt: Hält die SPÖ das durch? Die Glaubwürdigkeit der Kritik am Regierungspartner wird sich überprüfen lassen. Wir werden den Roten die Gelegenheit geben, im Parlament ein Bekenntnis zur weiteren CERN-Mitgliedschaft Österreichs abzugeben und die Pläne des Wissenschaftsministers zu kippen. Hoffentlich hält die SPÖ diesmal, was sie verspricht. Sie hält, allerdings wohl weniger aus eigener Kraft, sondern durch den enormen Druck, den die ausgezeichnet vernetzte Forscher-Gemeinschaft innerhalb von wenigen Tagen aufzubauen vermag: Am 19. Mai 2009 – kaum 10 Tage nachdem die Schnapsidee öffentlich wurde – nimmt sich Bundeskanzler Faymann den Wissenschaftsminister zur Brust. Fazit:

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http://sos.teilchen.at/index.html

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik „Hahn gerupft – FPÖ-Kontrolle weiter wichtig“: Die Forscher-Gemeinschaft atmet auf und mit ihr jeder, dem Österreichs Ruf in der internationalen Forschung ein Anliegen ist. Österreich bleibt dabei, wenn im CERN die letzten Geheimnisse um das Wesen der Materie gelüftet und dafür sicherlich Nobelpreise eingeheimst werden - unter maßgeblicher österreichischer Beteiligung. Kanzler Faymann hat Wissenschaftsminister Hahn gestern ordentlich die Flügel gestutzt. Der machte dabei einen ziemlich gerupften Eindruck, musste aber seinen Fehler eingestehen und verkünden, dass Österreich auch nach 2010 im CERN mitmacht und mitfinanziert. Doch kaum ist die Forschungs-Welt gerettet, kommen schon wieder die ersten Querschüsse. Finanzminister Josef Pröll wacht streng übers Budget und setzt Hahn nun ähnlich wie vor kurzem Unterrichtsministerin Schmied in der Lehrerdebatte das Messer an. Er müsse nun selbst schauen, wo er den CERN-Beitrag anderweitig einsparen könne. Ein klares Bekenntnis zur Forschung sieht anders aus. Daher kommt dem Parlament nach wie vor eine wesentliche Rolle zu, sonst besteht die Gefahr, dass es bei Lippenbekenntnissen der Regierung bleibt. Wer weiß, ob die überhaupt noch im Amt ist, wenn die Budgets ab 2011 beschlossen werden? Daher bringe ich im Nationalrat heute einen Entschließungsantrag ein, der die Regierung in die Pflicht nimmt. Denn erst wenn das gesetzgebende Organ für Klarheit sorgt, können sich die Forscher ihrer Sache wirklich sicher sein. Große Geheimniskrämerei bei Uni-Budget und Uni-Gesetz Anders als beim Prestigeprojekt E-Voting ist Wissenschaftsminister Hahn bei allen anderen wichtigen Entscheidungen im universitären Bereich bemüht, die Informationen so lange wie möglich vor dem Parlament zu verbergen. Früher oder später kommen die Dinge jedoch ans Licht: Als Erstes wird klar, dass Hahn mit seinem Parteikollegen und Finanzminister Josef Pröll schlecht verhandelt hat: Das Budget für das Wissenschaftsressort – erstmals exklusiv am 3. April 2009 auf unzensuriert.at veröffentlicht – ist für Lehrende und Lernende gleichermaßen ein harter Schlag.

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Unis bleiben auch heuer arm: Hahn ist bei den Budgetverhandlungen umgefallen – 103 Millionen weniger! Kein Cent mehr Spielraum für die Universitäten bedeutet der Budgetentwurf für 2009, der mir exklusiv vorliegt. Das Wissenschaftsministerium soll heuer zwar um ca. 380 Millionen Euro mehr bekommen, doch die verpuffen völlig wirkungslos, denn diese Zusatzkosten sind bereits im Vorhinein fix gebunden bzw. stopfen neue Löcher nämlich: -) 157 Millionen für den Entfall der abgeschafften Studiengebühren -) 70,8 Millionen für den Wissenschaftsfonds FWF, der bisher vom Infrastrukturministerium bezahlt wurde - ein Minus von 6,4 Millionen gegenüber 2008 -) 68 Millionen für Bezugserhöhungen beim Personal aus 2008 sowie als Vorsorge und für die Pensionskasse -) 50 Millionen Einmalzahlung aus dem Kollektivvertrag, wobei diese Zahl laut Experten noch um 25 Millionen zu gering angesetzt ist -) 9,4 Millionen Studienförderung wegen der Zunahme der Studenten Die einzigen, die im Vergleich zu 2008 mehr Geld bekommen, sind die zwei Lieblingsprojekte der "Familie Niederösterreich" (oder auch Familie Pröll): Das Forschungszentrum Med-Austron in Wiener Neustadt soll zusätzlich 4,6 Millionen bekommen und die Möchtegern-Elite-Uni im verträumten Maria Gugging zusätzliche 2,8 Millionen. Im Jahr 2010 explodiert das Budget für diese beiden Einrichtungen auf 32,5 Millionen und für 2012 sind gar 39,8 Millionen vorgesehen. Der Blick in die Zukunft ist noch desaströser. Während Wissenschaftsminister Hahn noch im Jänner angekündigt hat, es werde von 2010 bis 2012 eine BudgetErhöhung von gesamt 1,6 Milliarden Euro für die Universitäten geben, so sind die im Voranschlag ziemlich zusammengeschrumpft auf gerade einmal 376 Millionen. Ab 2010 ist praktisch gar keine Erhöhung mehr vorgesehen. Die bösen Vorahnungen bestätigen sich. Das Budget wird so beschlossen.

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik Nicht ganz so schlimm fällt dann die Reform des Universitätsgesetzes aus. Nicht ganz so schlimm zumindest wie jener Entwurf, der unzensuriert.at am 24. Mai 2009 zugespielt wurde. Universitätsgesetz: Was die Regierung verheimlichen wollte Die Regierung wollte die Reform des Universitätsgesetztes im Eilzugstempo durch Ministerrat und Parlament bringen ohne Begutachtungsverfahren. Es sei ja nur ein Reförmchen, wurde argumentiert. Nachdem mir das 59(!) Seiten starke "Reförmchen“ aus dem Wissenschaftsministerium zugespielt wurde, sind mir die Gründe für die Geheimniskrämerei schlagartig klar geworden. In Wahrheit ist das nämlich eine Mega-Reform, die bei weitem nicht beim Organisationsrecht halt macht, sondern auch das Studienrecht sowie die Fachhochschulen und Privatuniversitäten mit einschließt. Die schlimmsten negativen Befürchtungen werden bei weitem übertroffen. Einige Beispiele: 1.) Die Studiengebühren werden von 363 Euro auf 450 Euro pro Semester erhöht - also um satte 24 Prozent. Die Ausnahmeregelungen sind überaus kompliziert gestaltet mit einem Guthaben von ECTS-Punkten. Es ist daher zu befürchten, dass wesentlich mehr Studenten als bisher Studiengebühren zahlen müssen. 2.) Der Zugang zum Studium wird weiter erschwert. Ins Universitätsrecht werden umfangreiche Regelungen über die Zulassung zu den Bachelor- oder Masterstudien aufgenommen. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass jede Universität eine maximale Hörerzahl für die einzelnen Studien festlegen und in den Studieneingangsphasen nach Lust und Laune aussieben kann. 3.) Die Professoren verlieren massiv an Einfluss. Die Professoren-Mehrheit im Senat ist nicht mehr vorgesehen. Anstatt dessen wird wieder auf eine Viertelparität zugesteuert (Professoren, Studenten, Mittelbau, sonstiges Universitätspersonal). Wo gehobelt wird, fallen Späne. Und so wird nach einigen Tagen klar, dass die Unzensuriert-Redaktion hier einer Fälschung aufgesessen ist, die allerdings von zahlreichen Medien aufgegriffen und verbreitet wird. Doch auch durch diese un22


angenehmen Gerüchte lässt sich der Wissenschaftsminister nicht aus der Reserve locken und verheimlicht dem Parlament weiterhin seine Reformpläne. Es dauert weitere zwei Wochen, bis erste Details des diesmal echten Gesetzesentwurfs durchsickern. Schon daraus ergeben sich einige wesentliche Kritikpunkte. Blockade und Geheimniskrämerei bei der Universitätsreform Lehre: Es sind Studieneingangsphasen von 1 bis 2 Semestern vorgesehen. Dabei besteht die Gefahr, dass die Universitäten diese - entgegen dem gesetzlichen Auftrag - zu quantitativen Einstiegshürden umfunktionieren, sprich so viele Studenten "hinausprüfen", dass sie auf die gewünschte Studentenanzahl kommen. Zudem muss sichergestellt werden, dass durch die Eingangsphase nicht ein zusätzlicher Studienabschnitt entsteht und die Gesamtstudienzeit dadurch nicht ausgeweitet wird. Die Möglichkeit, 4jährige Bachelor-Studien einzuführen ist kontraproduktiv, weil damit erneut die Studienzeit unnötig in die Länge gezogen wird. Universitäts-Autonomie: An der bestimmenden Stellung der Professoren im Senat wird wieder gesägt. Eine Mehrheit ist nicht mehr sichergestellt, da die Professoren nur noch 9 von 18 Mitgliedern stellen. Zudem können 20% der Habilitierten in einem verkürzten Verfahren zu Professoren auf Zeit ernannt werden und zählen künftig somit ebenfalls zur Professorenschaft, obwohl sie tatsächlich noch zum universitären Mittelbau gehören. Frauenquote: Es soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass 40 Prozent der Mitglieder in allen Universitätsgremien (Uni-Räte, Rektoren, Senate, Berufungskommissionen) Frauen sind. Die Quote kann vom Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen eingefordert werden. Die freiheitliche Position ist mit einer Quotenregelung nicht vereinbar, zumal ohnehin bereits gewährleistet ist, dass Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt behandelt werden. Alles darüber hinaus ist nicht mehr Frauenförderung, sondern diskriminiert hoch qualifizierte Frauen zu Quoten-Frauen.

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik Wissenschaftsminister Hahn will eine Experten-Diskussion vermeiden, stellte daher erst zwei Tage vor dem Wissenschaftsausschuss am 6. Juli 2009 den kompletten Gesetzestext1 zur Verfügung. In kurzen Worten zusammengefasst: Universitäten: Autonomie an der kurzen Leine „Autonomie" war das große Schlagwort, als 2002 das Universitätsgesetz beschlossen wurde. Jetzt wird jedoch heftig zurückgerudert. Was bleibt, lässt sich als "Autonomie an der kurzen Leine" bezeichnen. Die Einmischungsmöglichkeiten des Ministeriums sind mannigfaltig, etwa über zurückgehaltene Budgetmittel, die dann als Gestaltungsbeiträge separat verteilt werden. Bei Zahlungsunfähigkeit ist sogar ein vom Ministerium ernannter Universitätskurator vorgesehen, quasi ein ministerieller Masseverwalter. Dieses Szenario ist gar nicht so utopisch, wenn man bedenkt, dass ein Ausufern der Wirtschaftskrise zu erheblichen finanzielle Einbußen bei den Drittmitteln führen könnte und der Staat dies nicht kompensieren wird, wie den budgetierten staatlichen Leistungen bis 2011 zu entnehmen ist. Professoren verlieren Mehrheit im Senat Die Professoren würden durch die Reform erneut ihre Mehrheit in den Universitätssenaten verlieren. Statt 50% plus eins sind nun nur noch 50% für die Professoren vorgesehen, was zu einer Blockadepolitik führen könnte und international völlig unüblich ist. Auch sind die Professoren gegen das für den Rektor vorgesehene Recht, außerordentliche Professoren ohne offizielles Berufungsverfahren in die Gruppe der ordentlichen Professoren aufzunehmen. Bis zu 20 Prozent der Habilitierten können so im Schnellverfahren befristet auf bis zu 5 Jahre aufgewertet werden. Studenten droht Verlängerung der Studienzeit Höchst umstritten sind die flächendeckend vorgesehenen Studieneingangsphasen, die eine qualitative Selektion vorsehen. Es wird befürchtet, dass es dadurch insgesamt zu einer Verlängerung der Studiendauer kommt. Gerade in Österreich, wo durchschnittlich immer noch viel zu lang studiert wird, wäre das ein

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http://www.bmwf.gv.at/fileadmin/user_upload/Regierungsvorlage_UG.pdf

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verheerendes Signal. Immerhin hat hier der Wissenschaftsausschuss die Möglichkeit geschaffen, auf Antrag der Studenten während dieser ein- bis zweisemestrigen Eingangsphase Lehrveranstaltungen des weiteren Studienplans abzulegen. Professoren, Assistenten und Studenten – sie alle müssen mit den verschlechterten Bedingungen an den Universitäten nun leben, denn erwartungsgemäß wird Hahns Reformentwurf kaum verändert im Parlament beschlossen. Damit nicht genug, kommen vom Wissenschaftsminister kurze Zeit später wieder Angriffe auf den freien Hochschulzugang: Die unseligen Studiengebühren will er wieder zurück – und zusätzlich mehr quantitative Zugangsbeschränkungen. Anlass dafür sind die vielen deutschen Studenten an unseren Universitäten, für die SPÖ und Grüne gar deren Heimatland zu Kasse bitten wollen. Unzensuriert.at fragt sich da: Deutschland soll für Studenten zahlen – Türkei für Schüler auch? Deutschland soll für seine Studenten zahlen. Losgetreten vom Innsbrucker Uni-Rektor Töchterle1 ist eine absurde Diskussion entflammt, die dem ÖVPWissenschaftsminister Johannes Hahn erneut Gelegenheit gibt, seine untauglichen alten Rezepte zu präsentieren: Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen. Die SPÖ träumt hingegen davon, die Deutschen zur Kasse zu bitten und verkleidet dieses Anliegen in die Forderung nach einem EU-weiten Ausgleichsmodell. Nur einer sieht keinen Grund für Änderungen: FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf freut sich darüber, wenn viele ausländische Studenten kommen. Sie seien eine Bereicherung, würden die "Marke Österreich" in ihren Heimatländern bekannt machen und überdies hier durch Konsum und Wohnungskosten auch Steuern zahlen. Wegen 7 oder 8 Prozent deutscher Studenten ein solches Theater zu machen, hält Graf für grotesk: In Deutschland etwa gibt es 178.000 Bildungsausländer. Die Forderung nach Ausgleichszahlungen hält Graf für völlig

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http://tirol.orf.at/stories/396057/

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik abwegig: "Da müssten wir ja auch von der Türkei kassieren für die vielen Schüler mit türkischer Staatsbürgerschaft in unseren Volks- und Hauptschulen." Tatsächlich ist die Knappheit an Studienplätzen zum Teil künstlich geschaffen. Die Engpässe ergeben sich durch ein zunehmend verschultes Universitätswesen. Wenn die Professoren den Begriff "Lehre" ernster nehmen würden, wäre auch schon geholfen. Viele widmen sich mit Vorliebe ihren Nebentätigkeiten. So mancher Professor der Universität Wien ist öfter an der Donau-Uni in Krems anzutreffen. Hahn verlässt besetzte Unis Richtung Brüssel Was nach der verpfuschten Uni-Reform absehbar ist, tritt noch schneller ein als erwartet: Die Studenten machen gegen die immer schlechter werdenden Studienbedingungen mobil und besetzen Hörsäle, allen voran das Audimax der Wiener Universität. Sie fordern mehr Geld und protestieren gegen Zugangsbeschränkungen. Dazu mischen sich sehr eigenartige Gesellschafts-Phantasien, dich sich auch in den von der Österreichischen Hochschülerschaft ausgesendeten Botschaften an alle Studenten widerspiegeln: Was den Audimax-Besetzern wirklich wichtig ist Auszug aus einer E-Mail der Österreichischen Hochschülerschaft an der Uni Wien an die Studenten. Betreff: Information der ÖH Uni Wien: FREIE BILDUNG MUSS AUCH FREI VON SEXISMEN SEIN Da leider auch die Audimax Besetzung nicht frei von Sexismen ist und es in den letzen Tagen immer wieder zu sexuellen Übergriffen und Vorfällen gegen Frauen gekommen ist, wird es innerhalb der morgigen studentischen Proteste einen gemeinsamen feministischen FrauenLesben- und FrauenLesbenTrans*block geben. Außerdem wollen wir alle Menschen daran erinnern, dass Sexismus, Transphobie, Homophobie, Antisemitismus, Rassismus und alle weiteren diskriminierenden Zumutungen nicht nur auf dieser Demonstration KEINEN Platz haben! 26


Für die weitere Zeit der Besetzungen in der Hauptuni muss dem Hetero-Sexismus entschieden entgegen getreten werden. Dafür gibt es unter anderem einen FrauenLesbenTrans*-Raum und eine SchwulenTrans*-Versammlung. Das sind die wahren Sorgen der Audimax-Besetzer. Die fleißigen Studenten sind doppelt gestraft: einerseits durch die unzumutbaren Bedingungen an den Universitäten, die der designierte EU-Kommissar Hahn zu verantworten hat, andererseits durch solche Kommilitonen, die sich zu Studentenführern aufschwingen, um ihrem krausen Gesellschaftsbild mehr Öffentlichkeit zu schaffen. Es wäre jedoch falsch, die gesamte protestierende Studentenschaft wegen solcher Auswüchse zu verteufeln. Die Zustände sind in der Tat unhaltbar. Martin Graf fordert eine Uni-Milliarde zur Verbesserung der Infrastruktur, Stärkung von Lehre und Forschung und Neuorganisation der Studiengänge weg von der Verschulung zurück zum freien Lehren und Lernen. Rektorenchef Christoph Badelt und Wiens Bürgermeister Häupl schließen sich dieser Forderung an. Doch der Adressat der Forderungen geht verloren. Wissenschaftsminister Johannes Hahn wird nach einem unwürdigen Gezerre aus heiterem Himmel als Österreichs EUKommissar vorgeschlagen. Hahn: Ideenlos, überfordert... reif für die EU-Kommission Seit Wissenschaftsminister Johannes Hahn Anfang 2007 in sein Amt eingesetzt wurde, kann er mit „Stolz“ auf eine äußerst magere politische Bilanz zurück blicken. Er mag ein hervorragender Rhetoriker sein, aber ist er auch ein hervorragender Minister und wird er ein guter EU-Kommissar sein? Wundervolle Namen hat er sich für seine Projekte ausgedacht: "Excellence-Programm“, "Qualitätsoptimierung“, "Universität der Zukunft“, "Projektevaluation“. Diese täuschen jedoch nur über Hhans fundierte Hilflosigkeit hinweg, die er nun als Österreichs Beitrag in die neue EUKommission einbringen darf. Zu seiner Dissertation sagte einst Univ-Prof. Herbert Hrachovec:1 „Arbeit minderer Qualität, die stellenweise an das Banale und sogar Peinliche grenzt. In ihrer 1

http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Hahn_(Politiker)#Diskussion_um_Hahns_Doktorarbeit

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Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik Abfassung sind elementare Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens vielleicht missachtet worden. (...) Mit Wissenschaft hat das nur als abschreckendes Beispiel zu tun.“ Die Beurteilung der Hahn'schen Dissertation ist eine sehr gute Beschreibung seiner Wissenschafts- und Forschungspolitik: banal, peinlich und wissenschaftlich bedenklich. Man erinnere sich nur an den Flop rund um den von Hahn angestrebten CERN-Ausstieg, die groteske Diskussion um die UG-Reform oder das unsägliche E-Voting-Experiment bei der ÖH-Wahl. Bei den aktuellen Studentenprotesten fehlt ihm folgerichtig auch der Durchblick. Einerseits versucht er krampfhaft, alle Studienrichtungen in das Bologna-Schema mit Bachelor und Master zu pressen. Andererseits hat er als Universalantwort auf Probleme nur Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen parat. Offenbar will die ÖVP nun die Gunst der Stunde nutzen, ihren Schwachpunkt auf die europäische Ebene zu verlagern. Den Parteistrategen graut wohl schon vor dem Untergang, in den Hahn die Schwarzen bei der Wien-Wahl führen würde. Seinem Verlierer-Image entsprechend, hat Hahn dort ja den Kampf um den Bürgermeister längst aufgegeben.1 Sein Wahlziel beschränkte sich auf "Mehrheitsbeschaffung" - für wen auch immer. Dies war aber auch schon die einzige konkrete Aussage, die ihm in der Fernseh-Pressestunde zu entlocken war. Zu seinem Kernthema Wissenschaft fiel ihm außer leeren Phrasen nichts ein. Die darf er in Brüssel nun sogar mehrsprachig dreschen. Doch bevor es soweit ist, muss Hahn doch noch einmal im österreichischen Nationalrat ran. Die Grünen berufen eine Sondersitzung zur Uni-Misere ein. Martin Graf verlangt einen nationalen Kraftakt und beantragt einen 12-Punkte-Plan für Österreichs Universitäten, dem die Grünen zustimmen. 12-Punkte-Plan für Österreichs Universitäten Im Nationalrat wird in einer Sondersitzung über die Lage an Österreichs Universitäten diskutiert. Klar ist, dass sich die Politik nicht in Geiselhaft weniger verbliebener Berufsdemonstranten nehmen lassen darf. Klar ist aber auch, dass die Zustände unhaltbar sind - hervorgerufen durch ein von

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http://www.oe24.at/oesterreich/politik/Hahn-gibt-Kampf-um-Buergermeister-auf-0552802.ece

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Anfang an viel zu geringes Budget, das von den Rektoren zum Teil auch noch falsch eingesetzt wird. FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf erachtet daher einen nationale Kraftakt für unabdingbar und hat einen Antrag auf Umsetzung eines 12-Punkte-Plans eingebracht. Die Maßnahmen und Fordrungen darin lauten: 1. Festhalten am Prinzip der forschungsgeleiteten Lehre - keine "Klassenzimmeruniversität" 2. Freier Hochschulzugang ohne Zugangsbeschränkungen 3. Oberstufenreform 4. Evaluierung der Tätigkeit des Universitätsmanagements mittels „Kunden“=Studierendenbefragung 5. 2% BIP Ziel bis 2015 - das heißt Universitätsmilliarde 6. Zusätzliche Studienplätze für österreichische Studierende mit dem Ziel, 300.000 Studienplätze im Jahr 2015 zu ermöglichen 7. Schaffung von 3000 zusätzlichen Stellen für Lehrpersonal an Österreichs Universitäten bis 2015 – 500 Stellen mehr pro Jahr zur Verbesserung des Betreuungsverhältnisses 8. Erhebung der Nebentätigkeiten des Lehrpersonals an Universitäten zwecks weiterer Verbesserung des Betreuungsverhältnisses 9. Umsetzung des Online-Studiums an allen Universitäten 10. Schaffung einer studienplatzbezogenen Finanzierung der Lehre an Universitäten 11. Erstellung einer Gesamtsanierungs- und Neubauplanung inklusive einer Zeit- und Kostenplanung auf Basis einer Evaluierung des Raumangebotes an Österreichs Universitäten 12. Evaluierung des Bologna-Prozesses Graf sieht nun die Regierung, allen voran Noch-Wissenschaftsminister Hahn, unter Zugzwang: "Der Crash-Kurs der Universitäten muss gestoppt werden!" Die anhaltenden Proteste einer zusehends kleiner werdenden Gruppe von Studenten spalten das Land immer mehr. In der Bevölkerung herrscht großer Unmut. Unter den Studenten selbst formiert sich eine große Gruppe, die endlich wieder studieren will. Und auch die Medienlandschaft ist geteilt. Während die 29


Der Hahn auf dem Mist – Kritik an der Wissenschaftspolitik „Neue Kronen-Zeitung“ den Hörsaal-Besetzungen äußerst kritisch gegenüber steht, stellt sich die U-Bahn-Zeitung „Heute“ – obwohl aus dem selben Medienhaus – auf die andere Seite. Heute-Chefredakteur Richard Schmitt bricht Tag für Tag eine Lanze für die Besetzer und duldet dabei keinen Widerspruch – auch nicht von einer studierenden Schönheitskönigin. Miss Austria gegen Mister Audimax Christine Reiler, Miss Austria des Jahres 2007, findet ein klares Wort für Hörsaal-Besetzungen und Studenten-Demos: Saufgelage. Der journalistische "Mister Audimax", Heute-Chefredakteur Richard Schmitt, ist darob erzürnt und zieht Reilers Vorschlag, den Ansturm aufs Medizin-Studium zu bremsen, ins Lächerliche. Reiler schlägt vor - wie übrigens ähnlich auch schon von FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf gefordert, die Studienanfänger eine Zeit lang als Krankenpfleger arbeiten zu lassen. Schmitt in "Heute" dazu1: "Und die Publizisten? Und die Pädagogen? Egal: Das Leben ist doch fast so simpel wie eine Misswahl..." Wie wär's damit: Die Pädagogen absolvieren gleich zu Beginn ein Unterrichtspraktikum in einer Schule mit sozialen und ethnischen Spannungen, damit sie wissen, was auf sie zukommt. Und die Publizisten? Könnten ein Volontariat bei "Heute" ableisten. Schwerpunkt: Unabhängiger Qualitätsjournalismus frei von jeder parteipolitischen Beeinflussung. Das Leben ist nicht immer so, wie es auf Audimax-Wänden und DemoTransparenten steht, wenn sie auch ähnlich bunt sind wie die eigene Zeitung.

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http://www.heute.at/news/politik/Saufgelage-Miss-legt-sich-mit-Studenten-im-Audimaxan;art422,152154

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Banken in der Krise Staatsmilliarden und Staatsanwaltschaft Wie auch der Rest der Welt steht Österreich im Jahr 2009 ganz im Zeichen der immensen Auswirkungen der globalen Finanzkrise. Der Staat muss MilliardenLöcher bei den heimischen Banken stopfen und kann noch immer nicht sicher sein, dass sie damit über den Berg sind. Bei manchen Geldinstituten nützt auch das nichts mehr. Sie werden notverstaatlicht. Prominentestes Beispiel ist die Kommunalkredit-Bank, die dank einer Anzeige von Martin Graf und einigen Kollegen auch ein Fall für den Staatsanwalt ist. Milliarden verzocken ganz ohne Karibik Noch 2007 meint man, die größten Verfehlungen im heimischen Finanzsektor seien bekannt. Der Bawag-Skandal wurde gerichtlich abgehandelt. Wenn auch der verurteilte Ex-Vorstandsdirektor Helmut Elsner nach wie vor auf die Berufungsverhandlung wartet und noch immer keine Rede ist vom angekündigten Bawag-II-Prozess, so bringt doch der Banken-Untersuchungsausschuss unter Vorsitz von Martin Graf die wesentlichen Grauslichkeiten der österreichischen Finanzwelt ans Tageslicht. SPÖ und ÖVP ist das jedoch schon zuviel, und so drehten sie den Untersuchungsausschuss ab, bevor er alle Skandale aufarbeiten kann. Die Banken im ÖVP-Einflussbereich werden geschont. Doch es dauert nicht lange, da kommen die nächsten Finanzskandale. Eine herausragende Dimension hat dabei die Pleite der Kommunalkredit-Bank, die im Dezember 2008 durch eine Not-Verstaatlichung gerettet wird. Die gescheiterten Manager versuchen – wie derzeit üblich – alles auf die Finanzkrise zu schieben. Ein Blick hinter die Kulissen und Bilanzen offenbart jedoch, dass sich die Bank von ihrem ursprünglichen Geschäftszweck – der Finanzierung von Gebietskörperschaften – weit entfernt und eine riesige Spekulations-Abteilung eingerichtet hat. Am 17. März 2009 zieht Martin Graf die Konsequenzen und bringt gemeinsam mit seinen freiheitlichen Abgeordneten-Kollegen Harald Vilimsky, Norbert Hofer, Dagmar Belakowitsch-Jenewein und Werner Königshofer eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien ein. 31


Banken in der Krise Staatsmilliarden und Staatsanwaltschaft Staatsanwaltschaft soll gegen Kommunalkredit ermitteln Die Kommunalkreditbank musste bekanntlich vom Staat vor der Insolvenz gerettet werden. Dabei verfolgt die Bank an sich das wohl konservativste aller vorstellbaren Geschäftsmodelle, nämlich die Finanzierung von Gebietskörperschaften, die als Schuldner die höchste Bonität überhaupt haben. Daher war es mir ursprünglich schleierhaft, wie sich diese Bank in eine solche Schieflage manövrieren konnte. Auf den zweiten Blick war allerdings ersichtlich, dass das Geschäftsmodell mit Genehmigung aller zuständigen Organe zum Teil verlassen wurde. Eine Tochtergesellschaft hat auf Zypern massive WertpapierSpekulationen durchgeführt mit bis zu 16 Milliarden Euro Volumen, und das bei einem Eigenkapital dieser Tochter von nur 200 Millionen. Angeblich sind dabei Verluste von mehr als einer Milliarde Euro entstanden. Das hat erst die Muttergesellschaft Kommunalkredit ins Wanken gebracht, dann natürlich auch den Hälfte-Eigentümer Volksbank, und zahlen tut's letztlich der Steuerzahler über die Milliardenspritzen, die sowohl Kommunalkredit als auch Volksbank jetzt nötig haben, um weiter bestehen zu können. Die Kommunalkredit bekommt nach der staatlichen Zwangsübernahme natürlich einen neuen Chef: Alois Steinbichler bemüht sich nach Kräften, das ihm von seinen Vorgängern hinterlassene Chaos aufzuräumen. Steinbichler bestätigt in einem Interview mit der Wiener Zeitung1 die umfangreichen WertpapierSpekulationen: Man kann nicht sagen, dass die Bank in ihrem Kerngeschäft, der Kommunalfinanzierung, nichts verdient hat. Aber manche Geschäftsfelder, die man darüber hinaus betrieben hat, waren vor allem durch die Verfügbarkeit von Liquidität und die Refinanzierungsmöglichkeit dank einer guten Bonitätseinstufung getrieben. Das Haus hat ein ziemlich großes Wertpapierportfolio aufgebaut, (...) Auf der Basis hat das funktioniert. Als dann aber weltweit die Liquiditätsströme zum Erliegen kamen, hat das zu Problemen geführt und dazu beigetragen, dass die Bank relativ rasch in eine Krisensituation geriet.

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http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4921&Alias=wzo&cob= 403347

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Steinbichler ist ein Meister des Understatements, wie sich später herausstellen soll. Ende März wird klar, dass die Kommunalkredit-Verluste jene der Bawag in den Schatten stellen. Martin Graf stellt auf unzensuriert.at die Frage: Wer braucht zum Milliarden-Verzocken noch die Karibik? Meine Befürchtungen über das Finanzdebakel bei der Kommunalkreditbank bewahrheiten sich immer mehr. Die Zypern-Geschäfte einer Tochterfirma sind vom Schaden her offenbar durchaus vergleichbar mit den Karibik-Geschäften der Bawag. Das Format1 berichtet von mehr als zehn Milliarden Euro in Anleihen und zwölf Milliarden in Credit Default Swaps. Und Offenbar ist das Ausmaß der Verluste noch gar nicht absehbar, weil Teile der Wertpapiere weiterhin der Bank gehören - scheinbar derzeit unverkäuflich. Die Frage nach der Verantwortung werden wohl die Gerichte klären. Die zuständige Wirtschafts-Staatsanwaltschaft hat sich meiner Sachverhaltsdarstellung in der Causa bereits angenommen. Bemerkenswert ist, wie unterschiedlich die handelnden Personen mit dem Debakel umgehen. Franz Pinkl - in der fraglichen Zeit auch Aufsichtsrats-Vorsitzender der Kommunalkredit - hat als Vorstands-Chef der Volksbank unlängst seinen Rücktritt eingereicht hat und räumt damit wohl Fehler ein. Reinhard Platzer ehemaliger Vorstand der Kommunalkredit und damit direkt Verantwortlicher für die Zypern-Zockereien - will hingegen noch eine Abfertigung, Pensionsansprüche,... in Summe 3,5 Millionen Euro vor dem Arbeitsgericht erstreiten. Erst manövriert er also "seine" Bank in die Zwangs-Verstaatlichung, dann will er dafür noch Geld. Achja, ich vergaß: Schuld ist ja immer nur die Finanzkrise... Relativiert werden muss die Einschätzung, Franz Pinkl habe mit seinem Rücktritt als Volksbank-Chef Fehler eingeräumt. Wie sich später zeigte, wechselte er fliegend zur Hypo Alpe Adria, die aus den Schlagzeilen auch nicht herauskommt und zuletzt sogar mit Hausdurchsuchungen konfrontiert war. Im September kommt endlich wieder Schwung in die KommunalkreditAngelegenheit. Die Staatsanwaltschaft hat sich bis dahin nicht sonderlich beeilt, wird dann aber auf ein bankinternes Gutachten aufmerksam, das dem Nachrich1

http://www.format.at/articles/0913/525/237567/kommunalkredit-ex-chef-reinhard-platzer-3-5millionen-euro

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Banken in der Krise Staatsmilliarden und Staatsanwaltschaft tenmagazin Format zugespielt wird. Brisanter Inhalt: Bereits in der Zeit der jetzigen Bildungsministerin Claudia Schmied wurden die Risiko-Geschäfte massiv in die Höhe gefahren. Wie das so üblich ist, muss das SPÖ-Parteisekretariat ausrücken, um die Ministerin in Schutz zu nehmen – was aber in diesem Fall gründlich misslingt, denn: Rudas’ bizarre Logik bringt Schmied noch mehr in Bedrängnis: Für Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) wird's eng: "Format" berichtet über ein internes Gutachten1 über jene Geschäfte, die zum Zusammenbruch und zur Not-Verstaatlichung der Kommunalkredit-Bank geführt haben. Daraus geht hervor, dass schon in Schmieds Vorstandszeit bis Ende 2006 die Risiko-Geschäfte mit undurchschaubaren Papieren massiv in die Höhe gefahren wurden - auf das Fünffache. Die Wirtschaftsprüfer kritisieren, dass bei den Geschäften nur der kurzfristige Prämienertrag ohne Berücksichtigung der langfristigen Risken gezählt habe. Die SPÖ schickt ihre kämpferische Generalsekretärin Laura Rudas ins Rennen, doch die versagt an der deutschen Sprache. Zitat aus dem SPÖ-Pressedienst: "Fakt sei, dass Schmied seit ihrem Wechsel in die Bundesregierung Anfang 2007 nicht mehr in der Kommunalkredit tätig war. ‚Wie die heute erschienene Wochenzeitung 'Format' klar zeigt, betreffen alle Vorwürfe in Richtung der Kommunalkredit die Zeit davor‘, bekräftigte Rudas." Die ÖVP bedankte sich für die Steilvorlage,2 die FPÖ reagierte mit Spott und Hohn.3 Bei Rudas fehlte wohl schon die Konzentration, nachdem ihre Tage in der Parteizentrale laut Medienberichten4 gezählt sind. Aber Spaß beiseite: Um die strafrechtliche Klärung der Vorwürfe voranzutreiben, ist der neue Kommunalkredit-Vorstand jetzt aufgefordert, das Deloitte-Gutachten rasch der Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Immerhin wird der Steuerzahler für

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http://www.format.at/articles/0936/525/250207/kommunalkredit-geheimer-pruefberichtspekulationen-07 2 http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090904_OTS0156 3 http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090904_OTS0154 4 http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/505989/index.do?_vl_backlink= /home/politik/innenpolitik/index.do

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die Kommunalkredit-Bank noch viel tiefer in die Tasche greifen müssen als damals für die Bawag. Der dümmste Bankier des Landes ist….? Über diese Frage ließe sich trefflich streiten. Geld versenkt haben schließlich fast alle. Bei der Sanierung hingegen stellen sie sich schlau an. Da ist etwa Unicredit, die sich mit ihrer Österreich-Tochter Bank Austria die Sache zunächst so vorstellt: Österreich soll italienische Bank stützen: Unicredit-Chef kennt keinen Genierer Unicredit-Chef Alessandro Profumo hat - wie man auf Wienerisch sagt - offenbar wirklich keinen Genierer. Erst übernimmt seine Bank die Bank Austria und wird damit einer der größten Akteure im Hoffnungsmarkt Osteuropa. Dann wird bekannt, dass die österreichischen Mitarbeiter der Bank Austria schon bald nichts mehr vom Ostgeschäft haben sollen, weil nämlich der "Bank-der-RegionenVertrag" plötzlich nur noch ein paar Jahre gelten soll. Dieser Vertrag garantiert die Bündelung der Osteuropa-Aktivitäten in Wien. Nach Ablauf des Vertrags kann die Österreich-Sparte herausgelöst werden, und dann kann Unicredit die Osteuropa-Zentrale natürlich genauso gut nach Prag oder Warschau verlegen. Jetzt setzt Herr Profumo noch eins drauf, indem er auch in Österreich und nicht nur in Italien um finanzielle Hilfe für sein kränkelndes Banken-Imperium ansucht. Von den 4 Milliarden Euro, die die Unicredit insgesamt braucht, könnte sie bis zu 2,7 Milliarden in Österreich beantragen. Die Gewinne aus Osteuropa sind also schön nach Italien geflossen, die Verluste lässt uns Profumo in Österreich. Die Banken-Beteiligungsgesellschaft FIMAG ist daher dringend aufgeordert, hier andere Konditionen auszuhandeln als für die österreichischen Banken Erste Bank, Raiffeisen oder Volksbank. Geld darf es nur geben, wenn folgende Bedingungen eingehalten werden: 1.) Garantie des "Bank-der-Regionen-Vertrags" und somit Sicherung der Osteurropa-Zentrale in Wien bis zumindest ins Jahr 2025

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Banken in der Krise Staatsmilliarden und Staatsanwaltschaft 2.) Übertragung von Aktien an die Republik Österreich zumindest im Ausmaß einer Sperrminorität als Gegenleistung für die Kapitalspritze 3.) Verkauf der Anteile an der Österreichischen Nationalbank an die Republik Österreich. Die Bank Austria hält über die ihr zuzurechnende B&C Beteiligungsgesellschaft GmbH 4,27% der Anteile. So wie die BAWAG ihre Anteile an die Republik Österreich verkaufen musste, so sollte es auch für alle Banken und Versicherungen gelten, die jetzt Geld vom Staat fordern. Die Unicredit erholt sich offenbar schnell und gibt im September bekannt, sie werde auf Staatsgeld pfeifen – egal ob aus Italien oder aus Österreich. Hätte sie doch ein paar Milliarden haben wollen, hätte Österreich sie gewiss bereitwillig zur Verfügung gestellt – möglichst ohne irgendwelche Bedingungen. Und so lässt sich die Kapitalüberschrift am 6. Mai 2009 vervollständigen: Der dümmste Bankier des Landes ist… der Staat! Soviel steht für mich fest, seit ich gestern die ZIB2 gesehen habe und daher weiß, dass die Banken die Zinsen für die staatlichen Geldspritzen nur dann zahlen müssen, wenn es ihnen auch gut geht. Wenn ich es nicht trotz Leugnen von Rot und Schwarz geahnt hätte, wäre ich wohl von der Couch gefallen, denn die Realität des Bankenpakets ist so: Wer Verlust schreibt, zahlt keine Zinsen, und zwar überhaupt nicht und nicht etwa erst später. Ich will Finanzminister Pröll nicht der Lüge bezichtigen, denn das würde seiner Intelligenz zu sehr schmeicheln. Aber was er uns im Zuge dieser Finanzkrise schon an halbwahren und unhaltbaren Dingen vorgestammelt hat, ist keine Kleinigkeit. Da präsentiert er ein Budget auf der Basis von Wirtschaftsprognosen, von denen praktisch jeder weiß, dass sie nicht halten werden. Die Bestätigung lässt keine zwei Wochen auf sich warten. Da fällt er einem Wirtschaftsnobelpreisträger mit finsteren Verschwörungstheorien Marke Raiffeisen ins Wort und hofft auf den goldenen Giebelkreuzorden, wenn er Paul Krugman als unwissenden Ami hinstellt. Und da freut er sich noch öffentlich über die vielen Zinsen, die die Banken für die Rettungsmilliarden zahlen, und weiß, dass sie das gar nicht tun müssen, wenn sie Verluste schreiben. Was ist denn gerade in den nächsten

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Jahren anderes zu erwarten als Verluste, wo die Ostkredite jetzt erst auszufallen beginnen? Dieser Finanzminister ist kein Kapitän in der stürmischen Flut der Wirtschaftskrise. Der ist bestenfalls ein kleiner Ruderer auf einem untergangsgeweihten lecken Kahn. Ich traue ihm ja sogar zu, dass er das mit dem Zinsausfall bei Verlusten auch erst aus der ZIB2 erfahren hat. Immerhin hat er ja die "vertrauten Leute" in die Finanzmarkt-Beteiligungs AG FIMBAG gesetzt, um mit den Banken zu verhandeln. Im Aufsichtsrat die Herren Androsch, Ex-Finanzminister, und Sorger, Industriellenvereinigungs-Chef, im Vorstand die Herren Liebscher und Wala, ExGouverneure der Nationalbank. Diese Herren werden die Interessen des Staates sicher bis aufs Blut verteidigt haben gegen die Bankvorstände Treichl und Konrad - ganz bestimmt! In Wahrheit sitzt hier die geballte Finanz- und Industrie-Lobby und macht die Banken um jeden Preis flott, nur um den eigenen Interessen zu dienen. Zahlen soll es der einfache Steuerzahler. Zu dem haben diese abgehobenen Herren ohnehin keinerlei Kontakt mehr. Dieses Land wird regiert von einer Haberer-Partie von Bankern, die sich als Finanzminister einen Bauernbündler hält, der wohl der Meinung ist, Neffe zu sein sei schon eine ausreichende Lebensleistung. Und neben ihm steht ein alles niederlächelnder Kanzler, der gar nur Hobby-Neffe ist. Es ist Zeit, die Reißleine zu ziehen. Weg mit diesem Bankenpaket! Kein Institut darf mehr zu diesen Konditionen bedient werden. Und schon gar keines in ausländischem Besitz wie die Bawag oder die Bank Austria. Soll doch der milliardenschwere Cerberus sein Investment retten oder die Unicredit ihres. Vielleicht kommt die ja in Italien ähnlich leicht zu Geld. Oder vielleicht doch nicht in einem Land, in dem der Premierminister ein Unternehmer ist und im Gegensatz zu unseren Staatsspitzen auch schon einmal anderes als fremdes Geld verwaltet hat? Das Geld des Steuerzahlers muss dringend gerettet werden. Wenn eine Bank in Zahlungsverzug gerät - also wegen Verlustes keine oder geringere Zinsen zahlt muss das geborgte Eigenkapital sofort in Aktien gewandelt werden. Erster Prä-

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Banken in der Krise Staatsmilliarden und Staatsanwaltschaft zedenzfall wäre die Hypo Alpe Adria. Mir ist bewusst, dass das einer (Teil-) Verstaatlichung gleich kommt, doch die ist auch dringend nötig. Der Staat muss das heimische Bankensystem neu ordnen im Sinne des Bürgers und dann gegebenenfalls wieder privatisieren. Die Gier in dieser Branche hat die Verantwortlichen blind gemacht, und diese Blindheit hat offenbar auch die Politik angesteckt. Es wird Zeit, die Finanzwirtschaft wieder zurückzustutzen auf ihren Nutzen für die Gesellschaft, sonst können wir den Bundesadler gleich gegen das Giebelkreuz austauschen. Der Artikel über den dümmsten Bankier des Landes ist zweifellos einer der meistbeachteten Kommentare von Martin Graf im Jahr 2009 – und das nicht nur auf unzensuriert.at, sondern auch bei einer gerade in wirtschaftlichen Dingen besonders qualifizierten Leserschicht. Auf Einladung des Chefredakteurs Christian Drastil veröffentlicht Martin Graf seine wirtschafts- und finanzpolitischen Beiträge nämlich auch im Blog des Börse-Express.1 Dort löst der Kommentar eine lange und intensive, vor allem aber fachlich fundierte Diskussion2 aus, die ihn in die Top-10 der meistdiskutierten Beiträge des Jahres im Börse-Express führt.

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http://www.be24.at/ http://www.be24.at/blog/entry/622672

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„Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ Causa Muzicant und Solidarität mit Martin Graf Seit der Wahl Martin Grafs zum Dritten Nationalratspräsidenten lässt sich eines beobachten: Die Demonstrationen „gegen Rechts“ mehren sich und auch die dabei verübten Gewalttaten, denn immer ist ein Haufen gewaltbereiter Linksextremisten dabei, die im Schatten der meist friedlichen „gutmenschlichen“ Demonstranten ihr Unwesen treiben. In den Medien gibt es einige, die sich rhetorisch gegen die FPÖ und Martin Graf besonders etablieren: Grün-Politiker wie Karl Öllinger und Harald Walser gehören dazu, der Schriftsteller Robert Menasse fällt wiederholt mit ungustiösen NaziVergleichen auf, und dann ist da der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Ariel Muzicant, dessen skandalöse Attacken auf die FPÖ und ihre Funktionäre schon ein halbes Buch füllen würden. Am 21. Mai 2009 zieht Martin Graf eine Verbindung zwischen den Hetzern wie Muzicant und den Gewalttätern im Gefolge der Demonstrationen und verfasst für das FPÖ-Parteiorgan „Neue Freie Zeitung“ diesen Kommentar:

Der besseren Lesbarkeit wegen hier noch einmal der Text: Der Unterschied zwischen rechts und links tritt dieser Tage wieder verstärkt hervor. Während wir Rechten politische Auseinandersetzungen mit dem Ziel führen, 39


„Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ Causa Muzicant und Solidarität mit Martin Graf die Andersdenkenden von unseren Positionen zu überzeugen, führen die Linken Feldzüge mit dem Ziel, den politischen Mitbewerber zu vernichten. Natürlich finden wir Freiheitlichen deutliche Worte, wenn es darum geht, unsere Kultur, unser gemeinsames Abendland gegen den Einfluss ungehemmter Immigration ohne den Willen zu einer Integration zu verteidigen. Dabei scheuen wir uns nicht, mit denjenigen zu diskutieren, die die Folgen dieses Zuzugs offenbar noch nicht am eigenen Leib verspüren und daher (noch) eine andere Meinung vertreten. Wenn aber ein Herr Muzicant ein Totschlag-Argument in diese Diskussion wirft, indem er uns Goebbels-Rhetorik vorwirft, dann hört sich jede kultivierte Diskussion auf. Dann geht es ihm nur darum, uns von der Bildfläche zu verbannen, uns politisch auszuradieren. Das hat er ja auch mehrfach so oder ähnlich gesagt. Wie sonst wäre seine Internet-Seite zu interpretieren, auf der er unbescholtene Mitglieder unserer Gesinnungsgemeinschaft als Kellernazis bezeichnet? Verlängerter Arm des Herrn Muzicant ist der gewalttätige linke Mob auf den Straßen. Mit seinen Beschimpfungen schafft der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde ein Klima der politischen Brutalität, weswegen sich schon viele Bürger fragen, ob er nicht als Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus bezeichnet werden sollte. Hinter den Menschen, die aufgehetzt von Muzicant und Konsorten gegen „Nazis" demonstrieren, verstecken sich gewalttätige Anarchisten-Banden, die die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen und die Demokratie in unserem Land destabilisieren wollen. Dabei besteht kein großer Unterschied zu Herrn Muzicant, der fein gekleidet in der Zeit-im-Bild seine Attacken reitet, denn auch ihm geht es um die Einschränkung der Meinungsfreiheit bis hin zum Tod jeder echten Demokratie. Was folgt, ist einer der größten politischen Aufreger des Jahres. Auslöser ist Ariel Muzicant selbst, der sich am Abend des 26. Mai 2009 in einem Mail an die Parlamentsfraktionen von ÖVP, SPÖ und Grünen bitterlich über den Kommentar beschwert und Konsequenzen fordert. Dienstfertig ist es sofort die GrünenKlubobfrau Eva Glawischnig, die den Graf-Kommentar schon am frühen Morgen des 27. Mai 2009 zum Thema einer Geschäftsordnungs-Debatte im Nationalrat macht. Sie behauptet dabei fälschlicherweise, Grafs Kommentar sei auf unzensuriert.at erschienen. Der Werbewert dieser Falschmeldung für unzensuriert.at ist immens. Fast alle Medien verlinken die Webseite. Der 27. Mai 2009 ist der 40


Tag mit den meisten Besuchern in der noch kurzen Geschichte der Webseite. Dort selbst erscheint nur ein Artikel zur „Causa Muzicant“, in dem Martin Graf auf die zahlreichen Ausritte Muzicants gegen die FPÖ hinweist: „Majestätsbeleidigungen und Tabus“ Die Hetze geht weiter. Die Obfrau der Grünen Eva Glawischnig ist offenbar eine aufmerksame Leserin unseres Parteiorgans "Neue Freie Zeitung" und hat darin meinen Kommentar über die Rolle von Ariel Muzicant in der inszenierten Hetzkampagne gegen die FPÖ entdeckt. Jetzt habe ich dort ja nur geschrieben, dass sich viele Bürger die Frage stellen, ob Muzicant nicht als Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus bezeichnet werden sollte. Fragen sind ja sonst eher die Spezialität des Herrn Muzicant, hat er doch erst am 12. Mai nach den Vorfällen von Ebensee in der ZIB-2 eine Frage von Armin Wolf so beantwortet: "...ich würde mich fragen, was der Nährboden ist, damit so etwas passiert. Was ist in diesem Land in den letzten Jahren passiert, dass man zum Beispiel einen Graf zu einem Dritten Nationalratspräsidenten gewählt hat, von und mit Stimmen von ÖVP und SPÖ, der dann Mitarbeiter hat, die sich Nazi-Literatur bestellen, der dann jemanden ins Parlament einlädt, der den Holocaust leugnet?" In die Frage hat er noch elegant zwei Unwahrheiten verpackt, um die Anti-FPÖAgitation auf die Spitze zu treiben. Unter diesen Umständen bleibe ich natürlich dabei: Ariel Muzicant spielt in der Jagdgesellschaft eine wesentliche Rolle. Verschanzt hinter der Fassade einer Interessensvertretung für eine Glaubensgemeinschaft, agiert er wie ein Parteipolitiker vom Feinsten. So verunglimpft er seit Monaten zahlreiche FPÖ-Funktionäre, indem er sie auf einer Webseite als "Kellernazis"1 denunziert. Inspiriert wird er dabei von den kommunistisch angehauchten Gefälligkeitsgutachten des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW) und organisiert eine Kriminalisierungskampagne gegen die FPÖ und deren Repräsentanten, in der uns Holocaustleugnung und vieles andere mehr unterstellt wird.

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http://www.kellernazisinderfpoe.at/

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„Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ Causa Muzicant und Solidarität mit Martin Graf Die Austria Presse Agentur zitiert Muzicant am 20. Februar mit dem Aufruf zu einer "Koalition der Bürger gegen Österreichs Rechtsradikale, ,Kellernazis’ und Antisemiten in politischen Funktionen", wobei er diesen Aufruf begründet mit einer "Häufung von Vorfällen, nicht zuletzt unter FPÖ-Funktionären". Was sich in letzter Zeit tatsächlich häuft, sind gewalttätige Ausschreitungen von Linksextremisten, etwa bei Demonstrationen in Wien und Graz, die allesamt zum Ziel haben, Andersdenkenden das demokratische Recht auf Versammlungs- und damit auch auf Meinungsfreiheit zu verwehren. Körperliche Angriffe auf HC Strache sowie seine Mitarbeiter und andere FPÖ-Funktionäre bis hin zu Morddrohungen sind bereits auf der Tagesordnung. Wer so wie z.B. Muzicant über die FPÖ spricht, bereitet nach meiner Betrachtung den Nährboden für Krawalle auf, die unsere Polizisten unter Einsatz ihrer Gesundheit unter Kontrolle halten müssen, anstatt im Sinne aller Bürger gegen die sonstige Kriminalität zu kämpfen. Nur fest hinhauen und wehleidig "Aua" schreien, wenn jemand Gegenwehr zeigt, zeugt von schwacher Einstellung. Wer der Parteipolitik nicht gewachsen ist, soll sich aus ihr heraus halten! Und den Parlamentsparteien sei empfohlen, die Hysterie einzustellen. Doch die Verteidigung gelingt nicht: Muzicants Angriffe auf die FPÖ werden von den Medien völlig ausgeblendet. Martin Graf wird sofort des Antisemitismus beschuldigt, obwohl sich sein Kommentar einzig gegen die parteipolitische Agitation des Ariel Muzicant gerichtet hat und in keinster Weise gegen die von ihm in der Israelitischen Kultusgemeinde vertretenen Mitglieder einer Religionsgemeinschaft. Es dauert keinen Tag, da werden die ersten Rufe nach dem Rücktritt von Martin Graf laut. Die Grünen sind die Ersten und organisieren sofort eine InternetKampagne: „Martin Graf muss gehen“1 lautet die Forderung, der sich etwa 34.000 Menschen anschließen, unter ihnen sämtliche Nationalratsabgeordnete der Grünen und ein Großteil der SPÖ.

1

http://www.ruecktritt-martin-graf.at/

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Auf unzensuriert.at formieren sich die Graf-Befürworter. Etwa 45.000 Menschen stimmen im Internet dieser Erklärung zu: Solidarität mit Martin Graf Ich wünsche, dass Martin Graf weiterhin Dritter Präsident des Nationalrats bleibt. Gleichzeitig verurteile ich die Kampagne gegen die FPÖ sowie gegen ihre Funktionäre, Mitglieder und Wähler. Es ist die Pflicht der obersten Repräsentanten des österreichischen Staates, dem entschieden entgegenzutreten und sich für Versammlungs- und Meinungsfreiheit einzusetzen. Unterstützung kommt auch aus der freiheitlichen Familie. Die Organisationen Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), Ring Freiheitlicher Studenten (RFS), Initiative Freiheitlicher Frauen (IFF), Wiener Seniorenring (WSR) und Österreichischer Pennälerring (ÖPR) übergeben am 18. Juni 2009 ca. 5000 zusätzliche Unterstützungserklärungen für den Dritten Nationalratspräsidenten.

Von links: Ing. Udo Gugenbichler (ÖPR-Vorsitzender), Dr. Martin Graf, Michael Raml (RFS), Bundesrätin Monika Mühlwerth (IFF-Vorsitzende), Philipp Schrangl (RFS-Vorsitzender), Dominik Nepp (RFJ-Vorsitzender)

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„Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ Causa Muzicant und Solidarität mit Martin Graf Was in der ersten Aufregung über Grafs Muzicant-Schelte etwas untergeht, war die Kritik des Dritten Nationalratspräsidenten am sogenannten „Antifaschistischen Grundkonsens“, den die linken Parteien im Parlament einmal mehr wild beschwören. In einem Ö1-Interview stellt Martin Graf dazu unmissverständlich klar: Wir hören hier seit Tagen im Parlament, dass die Grundlage dieser Demokratie angeblich Antifaschismus sein soll. Wenn ich jetzt jemandem sage, er ist Antifaschist, dann frage ich, wie ist das zu bewerten? Wir sehen das ja nicht so, dass der antifaschistische Grundkonsens das Wesen unserer Demokratie ist. Peter Daser (ORF): Wie meinen Sie das? Graf: Der antifaschistische Grundkonsens war derjenige, den die DDR als Sprachgebrauch verwendet hat. Der Grundkonsens unseres Staates ist der demokratische Grundkonsens, ist die Ablehnung aller totalitären Regime und selbstverständlich gehört dazu auch der Nationalsozialismus, keine Frage. Hier kommt der Aufschrei mit etwas Verzögerung, aber kaum weniger laut. Besonders SPÖ-Klubobmann Josef Cap stößt sich des Öfteren an den obigen Aussagen, kann dafür jedoch nie eine vernünftige Begründung vorlegen. Dafür kommt von anderen Organisationen Rückendeckung für Grafs Bekenntnis zum demokratischen Grundkonsens. Die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung etwa schreibt in einem Artikel über Antifaschismus als Teil des Linksextremismus:1 Somit ist Antifaschismus ebenso wie Antikommunismus keine per se demokratische Position. Graf beendet die Diskussion am 26. August 2008 mit einer unmissverständlichen Presseerklärung unter dem Titel:

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http://www.bpb.de/themen/Y8K5VO,0,0,Antifaschismus_als_Thema_ linksextremistischer_Agitation_B%FCndnispolitik_und_Ideologie.html

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„Graf stellt ein für allemal klar: Österreichs Grundkonsens ist die Demokratie!“:1 Angesichts permanenter Angriffe der politischen Mitbewerber stellt der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf ein für allemal klar: "Das Fundament der Republik Österreich ist der demokratische Grundkonsens. Dies schließt die Ablehnung sämtlicher diktatorischer Regime vom Faschismus bis hin zum Kommunismus ein. Zu diesem demokratischen Grundkonsens bekenne ich mich vollkommen und erwarte das auch von allen anderen Politikern in Österreich." Graf reagiert mit dieser Klarstellung auf wiederholte Behauptungen von SPÖ und Grünen, er würde den antifaschistischen Grundkonsens ablehnen. "Ich habe immer wieder klar gesagt, der Antifaschismus ist für dieses Land zu wenig. Nur ein umfassendes Bekenntnis zur Demokratie gewährleistet eine Abgrenzung gegenüber allen Extremismen." Seinen Kritikern stellt er die Frage: "Wie halten Sie es mit den bekennenden Antifaschisten Stalin, Fidel Castro oder Erich Honecker? Würden Sie deren Standpunkte etwa in der politischen Auseinandersetzung in Österreich tolerieren, nur weil sie Antifaschisten waren und sind?" Graf plädiert für eine differenzierte Betrachtung des Antifaschismus in unserer Gesellschaft: "Als Grundeinstellung ist er für mich selbstverständlich, weil durch meine demokratische Gesinnung ohnehin abgedeckt. Als Kampfbegriff zur Denunzierung aller politischen Kräfte rechts der Mitte lehne ich den Antifaschismus ab, weil er in dieser Ausprägung eben demokratiefeindlich ist." Graf verwies in diesem Zusammenhang auf eine entsprechende Feststellung im aktuellen Verfassungsschutzbericht, der zufolge unter dem gemeinsamen Mantel des Antifaschismus zahlreiche linksextreme Straftaten verübt wurden. Auch die deutsche Gesellschaft für politische Bildung stellt auf ihrer Webseite fest, dass der Antifaschismus ebenso wie der Antikommunismus keine per se demokratische Position sei. Wie weit Antifaschismus und demokratische Gesinnung voneinander entfernt sein können, zeigt sich im linksextremen Spektrum. 1

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090826_OTS0048

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„Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ Causa Muzicant und Solidarität mit Martin Graf Antifa im Kampf gegen Faschismus und Demokratie Dass es sich dabei keineswegs um Haarspalterei handelt, zeigt sich immer wieder in Publikationen und Aktionen der extremen Linken. Die sind nämlich antifaschistisch, aber dezidiert nicht demokratisch. Bestes Beispiel dafür ist dieser Aufkleber, fotografiert an einer Wiener Bushaltestelle. Da legt die "Antifaschistische Aktion" ein offenes Zeugnis ihrer krausen Weltsicht ab, in dem es heißt: "Demokratie und Faschismus sind zwei Herrschaftsformen des Kapitalismus!" Dies sind Belege dafür, wie nichtssagend ein Bekenntnis zum "antifaschistischen Grundkonsens" ist und wie wichtig ein Bekenntnis zum "demokratischen Grundkonsens". Denn jeder Demokrat ist automatisch Antifaschist, aber längst nicht jeder Antifaschist ist auch Demokrat.

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Selbstbestimmung für Südtirol Österreichs Verrat an der Schutzmachtfunktion 200 Jahre Tiroler Freiheitskampf sind heuer ein großer Anlass für Feiern und Gedenkveranstaltungen. Doch zu sehr mit der Tiroler Geschichte beschäftigen sollte man sich dabei nicht, vor allem nicht mit der Geschichte der Teilung des Landes. Damit haben viele politische Kräfte erhebliche Probleme, die sich erstmals schon beim Kommers der waffenstudentischen Verbindungen am 21. Juni in Innsbruck zeigen. Linksextreme Kreise drohen mit Gewalt. Grüne, SPÖ und auch weite Teile der ÖVP stimmen ein in das Protestgeschrei gegen eine Veranstaltung zu Ehren der Tiroler Freiheitskämpfer und im Gedenken an das seit 90 Jahren bestehende Unrecht der Teilung Tirols. Der Schlachtruf der Demonstranten lässt schon im Vorfeld nichts Gutes erwarten: Alpenfestung schleifen, Männerbünde angreifen! Zweifelsfrei kann man die Südtirol-Problematik aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachten – in einem Europa des Jahres 2009 sollte es allerdings möglich sein, eine Thematik, welche nach wie vor aktuell ist, auf einer würdigen Ebene zu behandeln, dies wären wir schon den Opfern auf beiden Seiten schuldig. Die Argumentation verschiedenster Organisationen gegen den Kommers, wie etwa der Antifaschistischen Aktion, der KPÖ Tirol der Grünen Tirol bzw. der Privatinitiative eines Herrn Hetfleisch - selbiger organisierte schon die letzten Demonstrationen gegen die Feiern der studentischen Korporationen - ist auch beim besten Willen nur als unseriös zu bezeichnen, der Schlachtruf "Alpenfestung schleifen"1 spricht wohl Bände über die angeblich friedlichen Demonstranten. Genauso wie „Männerbünde angreifen“ mit einem blutigen Messer in der Hand.

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http://alpenfestungschleifen.blogsport.de/

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Selbstbestimmung für Südtirol Österreichs Verrat an der Schutzmachtfunktion

Die Polizei hat die Demonstranten gut im Griff, sodass es kaum zu Gewalttaten kommt. Die enormen Kosten für den Schutz der Kommersteilnehmer werden medial jedoch den Waffenstudenten angelastet: Wie können sie es nur wagen, von der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen, wo sich doch offensichtlich so viele Gutmenschen dadurch provoziert fühlen? Die Medien sind auch redlich bemüht, die Berichterstattung über den Kommers möglichst ins Negative zu ziehen. Besonders hervor tut sich dabei die Tiroler Tageszeitung. Dort ist Patricio Hetfleisch – der Sohn des GegendemoOrganisators Gerhard Hetfleisch – Chefredakteur der Online-Ausgabe. Dies macht sich rasch bemerkbar, denn schon bald wird der Südtiroler Treueschwur zum Hitlergruß umgeschrieben.

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Geht’s noch tiefer, liebe Journalisten? Die mediale Hetzkampagne gegen den waffenstudentischen Tirol-Kommers am Samstag war ja schon im Vorfeld beachtlich. Doch die "Tiroler Tageszeitung" kann noch tiefer: Das Bekenntnis zu Südtirol wird zum Hitlergruß umgeschrieben.1 Schöner als der TTJournalist Matthias Christler kann man fehlende historische Bildung nicht mehr offenbaren. Wenn beim Südtiroler Trutzlied2 einige Kommers-Teilnehmer durch die erhobenen Schwurfinger ihre Treue zu Südtirol bekunden, erkennt der ambitionierte, aber ahnungslose Journalist den Hitler-Gruß. Jeder bilde sich anhand der Vergrößerung selbst sein Urteil: Eine schlimmere Beleidigung für Verfechter eines geeinten Tirol ist nicht vorstellbar, war es doch Hitler der 1939 durch das Abkommen mit Mussolini den Verbleib Südtirols bei Italien bestätigte. Dass diese Beleidigung auch noch der Redaktion einer Tiroler Zeitung entstammt, wo diese Zusammenhänge bekannt sein müssten, legt den Verdacht nahe, dass die Falschinformation absichtlich verbreitet wird. Kaum besser gebärden sich der ORF3 und die meisten anderen Zeitungen beim Abschreiben des TT-Märchens. Dabei hätte der ORF nur ins Archiv schauen müssen. Zumindest 1994 haben die Journalisten dort die Schwurhände beim 1

http://tt.com/tt/home/story.csp?cid=9772468&sid=57&fid=21# http://www.youtube.com/watch?v=uJjBFxdMalg 3 http://orf.at/?href=http%3A%2F%2Forf.at%2Fticker%2F332005.html 2

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Selbstbestimmung für Südtirol Österreichs Verrat an der Schutzmachtfunktion Südtiroler Trutzlied noch richtig gedeutet in ihrem Beitrag für den Inlandsreport1 (ab 3.50 Minuten). Gibt es in Österreich eigentlich noch Mindest-Anforderungen an die Bildung eines Politik-Journalisten? Auch die Staatsanwaltschaft braucht nicht lange um zu erkennen, dass Schwurfinger und Hitlergruß nichts miteinander zu tun haben und stellt das auf Grund der Medienberichte eingeleitete Verfahren nach wenigen Wochen ein:

Schon angesichts dieser medialen Vorkommnisse hätte klar sein müssen: Die Südtirol-Problematik hat im Tiroler Gedenkjahr keinen Platz. Sind es beim Kom1

http://www.youtube.com/watch?v=gpiJ-VZgI6s

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mers der Waffenstudenten noch linksextreme Eiferer, die den Widerstand anzetteln und voran tragen, so ist es bald die ÖVP, die sich federführend im Verdrängen und Verleugnen jeder Verantwortung der Schutzmacht Österreich für die deutsche und ladinische Volksgruppe in Südtirol übt. Der Schreck steckt den Schwarzen tief in den Gliedern, als Martin Graf in einem Interview mit der Sonntags-Presse1 das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler aufs Tapet bringt. Was besonders aufregt, ist nicht der Inhalt des Interviews, sondern der Titel, der allerdings der journalistischen Freiheit des Presse-Redakteurs entspringt und nicht den Worten Grafs:

Dass er genau diese Forderung im Interview gar nicht erhebt, bleibt den meisten Kommentatoren dieses Vorschlags wohl verborgen, weil sie das Interview schlicht nicht durchgelesen haben. Hier die wesentlichen Passagen daraus: Wie österreichisch ist das heutige Südtirol für Sie? Martin Graf: Südtirol ist Teil des gesamten Tirol. Das ist der wichtigste Identifikationspunkt. Südtirol hat eine deutsche Mehrheitsbevölkerung, die auch so bezeichnet wird. Und Südtirol ist derzeit italienisches Territorium. Derzeit? Klingt, als würden Sie davon ausgehen, dass Südtirol wieder zu Österreich kommen wird. Ich glaube nach wie vor fest an das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Den Südtirolern wird seit dem Zuschlag an Italien nach dem Ersten Weltkrieg das Selbstbestimmungsrecht vorenthalten. Es gibt eine weitgehende Autonomie.

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http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/497999/index.do

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Selbstbestimmung für Südtirol Österreichs Verrat an der Schutzmachtfunktion Die Frage der Autonomie ist eine zweite Frage. Dass es besser ist, eine Autonomie zu haben, als keine Autonomie, ist ohne Zweifel richtig. Aber genauso richtig ist, dass es eine legitime politische Forderung ist, dass man die Einheit Tirols auch politisch fordern kann. Selbst im Andreas-Hofer-Gedenkjahr spielt diese Forderung aber offenbar keine Rolle mehr: 2009 scheint es politische Realität zu sein, dass Südtirol nicht mehr zu Österreich gehört und auch nie wieder gehören wird. Im Frühjahr 1989 hat man das Gleiche über die DDR gesagt. Es ist alles eine Frage der politischen Rahmenbedingungen. Manche Fragen kommen in den Fokus der Berichterstattung und der öffentlichen Wahrnehmung, dann wird wieder eher weniger berichtet. Es gibt noch sehr, sehr viele Tiroler, sowohl im Süden als auch im Norden, die dafür politisch eintreten. Aber das weiß man so lange nicht, solange man die Bevölkerung nicht fragt. Und welche Frage stellt man . . . . . . welche Frage sollte man stellen? Die Frage ist, ob es ein Tirol geben soll. Aber die DDR war eine Diktatur und Italien ist eine Demokratie. Das ist doch ein gewaltiger Unterschied. Es ist richtig, dass es da unterschiedliche Herangehensweisen gab. Aber wenn wir uns die Geschichte Südtirols anschauen, dann merke ich wenig Unterschied zwischen dem Verhalten des demokratischen Italien gegenüber der deutschen Bevölkerung in Südtirol und dem in durchaus nichtdemokratischen Staaten. Das hat sich mit dem Autonomiepaket verbessert, diese Vorgehensweise Italiens gegenüber der Bevölkerung. Aber es gibt bis heute Konfliktstoff. Nach wie vor stehen faschistische Denkmäler dort und werden von der Staatsgewalt saniert. Und das ist schon eine Frage, ob eine Demokratie des 21. Jahrhunderts, die sich selbst als Demokratie bezeichnet, faschistische Symbole aufrechterhält. Sie fordern eine Volksabstimmung, respektieren Sie als offiziell vierter Mann im Staat eigentlich die Grenze?

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(Lacht leise.) Ich bin für das gewaltlose Selbstbestimmungsrecht der Völker. Wenn sich dadurch Grenzverschiebungen ergeben, weil es die Bevölkerung will, dann sehe ich in Zeiten wie diesen keine Veranlassung, dem nicht nachzukommen. Das Gleiche haben wir im auseinanderbrechenden Jugoslawien gehabt. Und die Rechte, die Slowenien, Kroatien und andere Völker hatten, warum enthält man das den Südtirolern vor? Diese Frage muss man sich stellen. Es sei denn, man ist politisch davon beseelt, dass Völkerrecht für alle Völker gilt, mit Ausnahme der Deutschen. Das ist dann eine andere politische Diskussion, die man führen muss. . . . wo gilt denn das Völkerrecht sonst nicht? Generell. Ich lebe unter dem Eindruck, dass man der deutschen Bevölkerung in Europa aus politischen Überlegungen heraus weniger Rechte zugestehen möchte als anderen Völkern. Nach diesem Interview hagelt es erneut Rücktrittsaufforderungen an den Dritten Nationalratspräsidenten, diesmal auch von ÖVP-Politikern. Als Erster kritisiert der Südtiroler Landshauptmann Luis Durnwalder den Graf-Vorstoß, bleibt dabei jedoch nicht konsequent. Die kritischen Töne sind eher zur Unterstützung seiner schwarzen Freunde in Österreich gedacht, während er zu Hause in Südtirol der Selbstbestimmungs-Idee durchaus etwas abgewinnen kann. Besonders hartnäckig im Kampf gegen jede Südtirol-Debatte gerieren sich der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol und Außenminister Michael Spindelegger. Beide haben dafür Gründe, wenn auch keine guten: Khol will als Organisator des Landes-Festumzugs in Innsbruck jede Dissonanz vermeiden und ein Fest in Frieden und Harmonie. Spindelegger fürchtet sich vor seinem italienischen Amtskollegen Frattini und möchte von ihm nicht auf das SüdtirolThema angesprochen werden. Was die beiden dabei völlig ausklammern, ist die Meinung der Bevölkerung, gerade in Tirol.

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Selbstbestimmung für Südtirol Österreichs Verrat an der Schutzmachtfunktion Zurück zu Österreich ist für die Jugend kein Tabu Was Khol am Selbstbestimmungsrecht so sehr fürchtet, bleibt unklar. Vielleicht meint er ja nur, die Südtirol-Frage sei nicht mehr modern genug und dürfe daher nicht mehr diskutiert werden. Die Jugend in Österreich hat offenbar weit weniger Probleme mit einer offenen Diskussion als der ÖVP-Senior. In einer Umfrage der Online-Plattform chilli.cc1 aus dem Oktober 2007 zeigt sich, dass mehr als die Hälfte der aktuell fast 5000 Umfrage-Teilnehmer die Rückkehr Südtirols zu Österreich entweder klar fordern oder sich diese nach Klärung der Modalitäten zumindest gut vorstellen können. Chilli.cc nennt sich "Europas Jugendseite - jung, scharf unabhängig". So völlig deplaziert wie Schwarz, Rot, Grün und Orange meinen, ist die von Martin Graf angestoßene Diskussion also nicht. Es kann übrigens noch abgestimmt werden. Während Khols Attacken gegen Martin Graf wohl eher auf beleidigte Eitelkeit zurückzuführen sind, scheint Spindeleggers Vorgehen weit gefährlicher. Unzensuriert.at deckt auf, dass es offenbar sogar Geheimabsprachen zwischen Spindelegger und Frattini gab, der deshalb weiß: „Selbstbestimmung wird für Österreich nie ein Thema sein“: Der italienische Außenminister Franco Frattini hat offenbar so gute Kontakte zu seinem österreichischen Kollegen Michael Spindelegger, dass er sogar schon in dessen Namen sprechen kann. Anders ist sein Zitat gegenüber der italienischsprachigen Südtiroler Zeitung "Alto Adige" in der Ausgabe vom 29. Juli nicht zu interpretieren, in dem er zur Selbstbestimmung sagt: "Sie wird nie ein Thema für Italien sein, und - wie wir wissen auch nie ein Thema für Österreich." Frattinis verblüffend tiefe Einblicke in die österreichische Südtirolpolitik brachte heute der freiheitliche Südtirol-Sprecher Werner Neubauer ans Tageslicht. Ganz offensichtlich hat es geheime Absprachen zwischen Frattini und Spindelegger sowie dem Tiroler Landeshauptmann Platter gegeben, wie Frattini in der Zeitung 1

http://chilli.cc/index.php?id=74-8-5

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auch ohne Umschweife einräumt: "Der österreichische Außenminister Spindelegger und der Tiroler Landeshauptmann Platter haben uns versichert, dass sie alles unternehmen werden, um Provokationen zu vermeiden und nun halten sie bereits Wort mit ihren negativen Reaktionen auf Graf." Werner Neubauer forderte bei seiner Pressekonferenz1 auf Grund dieses offensichtlichen Skandals dringend die Einberufung des parlamentarischen SüdtirolUnterausschusses: "Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf zu erfahren, wie weit die Geheimabsprachen Frattini-Spindelegger-Platter gegen Südtirol gehen.“ Sollte sich bewahrheiten, dass die beiden hinter dem Rücken der deutschsprachigen Bevölkerung deren Interessen verraten haben, sind die beiden ÖVPPolitiker für Neubauer rücktrittsreif. Höhepunkt des Gedenkjahrs ist der Landesfestumzug in Innsbruck am 19. September 2009. Es beginnt mit einer unwürdigen Groteske, die die Organisatoren aufführen, um den Dritten Nationalratspräsidenten von der Ehrentribüne zu verbannen, was der sich zu Recht nicht gefallen lässt. So darf auch er gemeinsam mit Bundespräsident, Kanzler und Vizekanzler den Formationen zuwinken und applaudieren. Als auch die absichtlich ans Ende des Umzugs verbannten politischen Forderungen nach Landeseinheit erhoben werden, applaudiert Graf auf der Ehrentribüne alleine und das sonstige Publikum viel lauter als zuvor. Da ist allerdings die österreich-weite Fernsehzeit schon zu Ende. Gelegenheit für unzensuriert.at, sich näher damit zu beschäftigen: Die ausgeblendeten Facetten des Tirol-Umzugs Der Landesfestumzug in Innsbruck war ein großes Bekenntnis zur Tradition des Landes Tirol. Weil die VP-Politiker die Parole einer gemeinsamen europäischen Zukunft ausgaben, blieben die Wunden der Vergangenheit unbehandelt und wurden vom diensteifrigen ORF-Landesstudio Tirol gekonnt ausgeblendet. So war die österreichweite Übertragung des Umzugs eine sympathische folkloristische Angelegenheit, bei der die schwarzen Politiker mit leeren Floskeln die weiter bestehende Teilung des Landes thematisch aussparten. Als die Kameras 1

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090730_OTS0150

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Selbstbestimmung für Südtirol Österreichs Verrat an der Schutzmachtfunktion dann nur noch fürs Tiroler Publikum filmten, rückten auch die kritischen Stimmen ins Bild mit Transparenten wie "Los von Rom!" oder "Selbstbestimmung für Südtirol". Jene Gruppen, die auf das fortwährende Unrecht der Teilung Tirols aufmerksam machten, wurden vom Publikum hörbar mit mehr Applaus bedacht. Der Protest war teilweise sehr subtil und nur für Kenner der Südtirol-Problematik erkennbar. Einige Beispiele: - Mit zerrissenen Herzen und schwarzen Binden verliehen Festzugsteilnehmer ihrer Trauer über die Teilung Tirols Ausdruck. Die schwarzen Binden in Gedenken an Andreas Hofer, die normalerweise nur von den Südtiroler Schützenkompanien getragen werden, sah man auch bei vielen anderen Traditionsverbänden, auch bei vielen Frauen. - Die ladinische Minderheit aus Cortina und Ampezzo forderte die Reintegration ihrer Gebiete in die Provinz Südtirol, von der sie willkürlich abgetrennt wurden. - Welschtiroler Gruppen aus dem Trentino trugen Transparente mit Tirol-Karten von Kufstein bis Borghetto und dem zweisprachigen Hinweis, dass es nur ein Tirol gebe - Auf einem Transparent waren die Namen aller Tiroler Freiheitskämpfer von Andreas Hofer bis zu den "Dinamitardi" der Sechziger Jahre vermerkt - verbunden mit dem Appell an Italien, endlich die Südtirol-Aktivisten zu begnadigen und zu rehabilitieren. Wie stark weiterhin in der italienischen Zentralregierung das Misstrauen gegenüber den Südtirolern ausgeprägt ist, zeigt diese Anekdote: Die Südtiroler Schützen, die ohnehin erst seit zwei Jahren wieder Waffen tragen dürfen, bekamen keine Genehmigung, ihre Gewehre über den Brenner nach Innsbruck zum Festumzug zu bringen. Die Waffen mussten über den Felbertauern eingeführt werden. Als Resümee des Umzugs bleibt: Die Harmonie war inszeniert. Die Bevölkerung hat ein gutes Gespür für das weiter bestehende historische Unrecht. So lang in Südtirol die Selbstbestimmung nicht verwirklicht ist, bleibt Österreich als Schutzmacht weiter gefordert.

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss Am 10. Juli 2009 machen zwei FPÖ-Abgeordnete einen seltenen Fund. Johannes Hübner und Harald Stefan machen einen öffentlich zugänglichen Drucker im Bereich des Parlaments-Plenums wieder flott, der zuvor an Papierstau litt. Heraus kommen zur großen Überraschung E-Mails des Grün-Abgeordneten Karl Öllinger, in denen der sich angeregt mit einem gewissen Uwe Sailer über Rechtsextremismus in Österreich unterhält – immer mit dem Unterton, man wolle dabei Verbindungen zur FPÖ und ihren Funktionären suchen. Rasch war klar: Öllinger mailt mit einem Polizisten. Im Plenum des Parlaments zitiert FPÖKlubobmann HC Strache aus den Mails und spricht vom größten Spitzelskandal der Zweiten Republik. Freiheitliche Abgeordnete sind rasch mit einer Botschaft an die Grünen zur Hand: „Euer Spitzel heißt Sailer“. Indessen veröffentlicht unzensuriert.at als erstes Medium Auszüge aus dem brisanten Mailverkehr zwischen Öllinger und Sailer: Spitzelskandal Grüne und Kriminalbeamter Uwe S. In der heutigen Sitzung des Nationalrates verlangte der Klubobmann der FPÖ, Heinz Christian Strache, eine Sonderpräsidiale und kündigte an, dass die FPÖ einen Antrag für einen Untersuchungsausschuss zum Thema „Spitzel und Datenmissbrauchskandal in den Sicherheitsministerien (Innen, Landesverteidigung und Justiz)“ im Laufe des Tages einbringen werde, da ihm Unterlagen vorliegen, wonach der Grüne Abgeordnete Karl Öllinger den Kriminalbeamten Uwe S. beauftragt habe, Abgeordnete und Parteifunktionäre zu bespitzeln. Auszüge aus den den Freiheitlichen zugespielten Unterlagen liegen unzensuriert.at exklusiv vor. Aus diesen Auszügen geht hervor, dass es einen intensiven Mailverkehr zwischen dem Abgeordneten Karl Öllinger und dem Kriminalbeamten Uwe S. gegeben hat. Bespitzelt wurden Mitarbeiter von Klubobmann Heinz Christian

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss Strache, das Büro von Präsident Dr. Martin Graf, der Abgeordnete Dr. Peter Fichtenbauer und einige Funktionäre. Der von Strache verlangte Untersuchungsausschuss lässt nicht lange auf sich warten, denn auch die anderen Parteien betrachten ein solches Gremium plötzlich als unerlässlich, wobei zusätzlich Ermittlungen gegen Abgeordnete und auch allfällige Beeinflussungen von Abgeordneten durch ausländische Geheimdienste untersucht werden sollen. Schließlich einigen sich SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grüne auf einen eigenen Antrag auf Einsetzung eines U-Ausschusses,1 der klarerweise die Mehrheit findet, während die FPÖ mit einem weiter führenden Antrag in der Minderheit bleibt. Die beim Spitzelskandal ertappten Grünen versuchen sofort den Spieß umzudrehen und behaupten, die gefundenen Mails seien ihnen von Freiheitlichen gestohlen worden. Befreundete Journalisten greifen diesen Vorwurf begeistert auf. Von unzensuriert.at gibt es daher Journalistische Nachhilfe für den „Falter“ Die Wiener Stadtzeitung "Falter" färbt den grünen Spitzelskandal um Karl Öllinger auf blau um. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wird einfach der Überbringer der schlechten Nachricht geköpft. In diesem Fall eben Martin Graf als Medieninhaber von unzensuriert.at, weil auf dieser Seite der Mail-Verkehr zwischen dem grünen Abgeordneten Öllinger und einem Linzer Kripo-Beamten veröffentlicht wurde. Der Autor des "Falter"-Artikels2 Florian Klenk ist Politik-Ressortleiter der Wiener Stadtzeitung und zugleich ein in Österreich hochdekorierter Journalist. Wie er selbst auf "Klenks Watchblog"3 schreibt, war er unter anderem 2005 Journalist des Jahres und unterrichtet Recherche an der Fachhochschule für Journalismus in Wien. Wer recherchieren kann, der muss wissen, dass das Ergebnis einer Recherche oftmals auch sein kann, dass eine Geschichte keine Geschichte ist. So wäre das 1

http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/GO/GO_00071/imfname_164818.pdf http://www.falter.at/web/print/detail.php?id=954 3 http://www.florianklenk.com/ 2

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auch hier gewesen, wie Martin Graf mit einer kurzen Pressemeldung1 aufklären konnte. Herr Klenk hätte durchaus selbst zu diesem Ergebnis kommen können, wenn er sich bei der Recherche die richtigen Fragen gestellt hätte, wie zum Beispiel: 1.) Was ist daran bemerkenswert, wenn auf Martin Grafs Webseite unzensuriert.at ein Mailverkehr veröffentlicht wird, der am selben Tag auch auszugsweise von HC Strache auf einer Pressekonferenz2 präsentiert wird? 2.) Kann der Mailverkehr unter der Annahme, die FPÖ sei eine Partei mit intakten Kommunikationsstrukturen, nicht von jedem Abgeordneten oder Mitarbeiter gefunden bzw. diesem zugespielt worden sein? 3.) Was ist daran bemerkenswert, wenn Martin Grafs Büroleiter Walter Asperl als Mitglied der Unzensuriert-Redaktion zum Zweck der Veröffentlichung ein PDFDokument aus dem zugespielten Mailverkehr erstellt? 4.) Was ist daran verwunderlich, wenn gerade Martin Graf diesen Mailverkehr veröffentlicht, wo er doch seit Monaten Ziel einer Kampagne ist, die bei den Grünen federführend von Karl Öllinger betrieben wird? 5.) Wollen mir die Grünen mit der Geschichte von dem auf ihrem WC gefundenen Klubausweis einer freiheitlichen IT-Beauftragten vielleicht einen Bären aufbinden? 6.) Wer bitte sollte denn - um den darin implizierten Verdacht weiter zu spinnen so dumm sein, erst Mails zu stehlen, danach das WC des Bestohlenen zu benutzen und dort auch noch einen Ausweis zu verlieren? 7.) Wäre es daher nicht auch denkbar, dass der Ausweis ganz woanders verloren und von den Grünen gefunden wurde? 8.) Warum konzentriere ich mich als objektiver Journalist so sehr auf die Herkunft des Mail-Verkehrs uns ignoriere dessen brisanten Inhalt weitgehend, während meine Redaktion es bei den von Karl Öllinger präsentierten angeblichen Bestelllisten eines deutschen Online-Versands doch ganz umgekehrt gehandhabt hat? 1 2

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090714_OTS0183 http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090710_OTS0250

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss 9.) Warum nehme ich nicht einfach Kontakt zur Unzensuriert-Redaktion auf, wenn mir alle anderen Fragen schon nicht von selbst in den Sinn kommen? Nächster Schritt der Grünen Verteidigungsstrategie ist der Vorwurf, unzensuriert.at hätte die Mails nicht vollständig veröffentlicht. Das stimmt: Wir wollten die Interessen darin genannter Menschen wahren, die bis dahin wohl gar nicht wussten, dass sie Thema in einem Mailverkehr zwischen einem Grün-Politiker und einem Kriminalpolizisten und Datenforensiker sind. Nachdem es die in diesem Bereich sonst sehr sensiblen Grünen mit dem Datenschutz hier nicht so genau nehmen, zieht auch unzensuriert.at nach und veröffentlicht den kompletten Mailverkehr. Hier einige Auszüge aus den Mails:

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss

Wenige Tage nach dem Beschluss zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fallen auch die Personalentscheidungen. Für die FPÖ werden die Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Werner Neubauer und als Fraktionsführer Dr. Martin Graf in den Ausschuss entsandt. Damit ist der Schwerpunkt für die nächsten Wochen und Monate klar vorgegeben:

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Unzensuriert aus dem U-Ausschuss Der Ausschuss beschäftigt sich mit einem breiten Spektrum an Spitzelund Spionagevorwürfen. Untersucht werden drei Themengebiete: 1.) Versuchte Einflussnahme ausländischer Geheimdienste auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrats: Die "Causa Kasachstan" fand in den Medien bereits viel Beachtung. Hintergrund: Der ehemalige Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten, Rakhat Aliyev, war Botschafter seines Landes in Wien, fiel dann in Ungnade und sollte mit allen Mitteln nach Kasachstan gebracht werden. Über Mittelsmänner versuchten der kasachische Geheimdienst bzw. die Botschaft politisch zu intervenieren, damit der in Kasachstan zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilte Aliyev und einige andere Kasachen ausgeliefert werden. Es gab aber auch Entführungsversuche. Deren Drahtzieher stand dabei offenbar in Kontakt mit den SPÖ-Politikern Anton Gaal und Karl Blecha. Gaal soll den Kontakt zu einem ehemaligen Heeres-Agenten hergestellt haben, der die Aufenthaltsorte von Aliyev und Co. ausfindig machen sollte. 2.) Überwachung von politischen Mandataren: Da Abgeordnete den Schutz der Immunität genießen, muss die Staatsanwaltschaft die Auslieferung begehren, bevor sie Ermittlungen gegen Mandatare aufnimmt. Dies wurde in zwei Fällen umgangen, indem die beschuldigten Mandatare als Zeugen tituliert wurden, was eine Überwachung möglich machte. So wurden die Telefonkontakte des BZÖ-Abgeordneten Peter Westenthaler erfasst, nachdem dieser behauptet hatte, von einem Polizisten über angebliche Drogenermittlungen gegen einen Parteikollegen informiert worden zu sein. Außerdem wurde die Beschlagnahme von Datenträgern des Grün-Abgeordneten Peter Pilz angeordnet, nachdem dieser interne Mails des ehemaligen Innenministers Strasser (ÖVP) auf seiner Internet-Seite veröffentlicht hatte. Hier interessiert den Ausschuss, wie es zu einer solchen Umgehung des Immunitätsrechtes kommen konnte und wer dafür die (politische) Verantwortung trägt. 3.) Bespitzelung von Personen im politischen Umfeld des Parlaments durch Organe der Republik auf Grund von Ersuchen von Mandataren: Der Grüne Spitzelskandal ging vom Abgeordneten Karl Öllinger aus, der den Linzer Kriminalbeamten Uwe S. beauftragte, Recherchen im Umfeld freiheitlicher Politiker 63


Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss anzustellen. Ziel war es, Verbindungen zwischen FPÖ-Funktionären und Rechtsextremen herzustellen. Es gilt als erwiesen, dass Uwe S. dabei mehrfach dienstlich erworbenes Wissen an Öllinger weitergegeben hat. Gegen Öllinger soll daher wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch und zum Verrat von Amtsgeheimnissen ermittelt werden. Ein entsprechendes Auslieferungsbegehren der Korruptions-Staatsanwaltschaft liegt bereits seit mehr als einem Monat im Parlament, wird dort jedoch wegen der Sommerpause nicht im Immunitätsausschuss behandelt. Unzensuriert.at hat den Grünen Spitzelskandal durch die Veröffentlichung des Mail-Verkehrs zwischen Öllinger und Uwe S. aufgedeckt. Schon vor der ersten inhaltlichen Sitzung am 26. August 2009 geht es zwischen den Parteien hoch her, wobei sich hier eine grün-orange Twinni-Mini-Koalition zwischen den Grünen und dem BZÖ bildet. Deren Fraktionsführer Peter Pilz und Ewald Stadler schießen sich voll auf den Ausschussvorsitzenden Martin Bartenstein und den Verfahrensanwalt Klaus Hoffmann ein. Bartenstein steht wegen der Geschäfte seiner Firma in Kasachstan unter Beschuss, Hoffmann wegen seiner Treuhänder-Tätigkeit für Bartenstein, die auf Grund des Unvereinbarkeitsgesetztes erfolgte, dem Parlament allerdings seit Jahren bekannt und immer wieder ordnungsgemäß gemeldet wurde. Vor und während der ersten Sitzung werden gegenseitig Vorwürfe des Geheimnisverrats erhoben. Pilz beschuldigt Graf, bei einer Pressekonferenz aus Geheimakten zitiert zu haben. Der kontert, er habe nur längst bekanntes Zeitungswissen zusammenfasst und sich danach die Frage gestellt, ob die Causa Kasachstan nicht eine Angelegenheit von Geldwäsche und Parteifinanzierung in Richtung SPÖ gewesen sein könnte. Unmittelbar nach der vertraulichen ersten Sitzung informieren dann Pilz und Stadler die Presse brühwarm über das eben Diskutierte. Eine Sonder-Präsidiale unter Leitung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer soll Ordnung schaffen. Bis dahin werden die gegenseitigen Anschuldigungen jedoch weitgehend fallen gelassen. Noch ehe die ersten Zeugen befragt werden, hebt der Nationalrat die Immunität des Grün-Abgeordneten Karl Öllinger in Zusammenhang mit dem Spitzelskandal auf. Öllinger steht im Verdacht der Anstiftung zum Verrat von Amtsgeheimnissen. Die Auslieferung Öllingers ist zwiespältig zu bewerten:

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Der U-Ausschuss lebt, das Immunitätsrecht ist tot Der Grün-Abgeordnete Karl Öllinger wird ausgeliefert. Die KorruptionsStaatsanwaltschaft kann ihren Ermittlungen in Zusammenhang mit dem Grünen Spitzelskandal damit ungehindert nachgehen. Ein Ruhmesblatt des Parlamentarismus war der heutige einstimmige Beschluss dennoch nicht, denn die Immunität wird immer weiter ausgehöhlt. Die Delikte, die Öllinger angelastet werden, lauten Beteiligung am Amtsmissbrauch sowie Verletzung des Amtsgeheimnisses. Wie berichtet, soll Öllinger den Linzer Kriminalpolizisten und Datenforensiker Uwe S. beauftragt haben, Ermittlungen zu rechtsextremen Internet-Auftritten anzustellen. Die politische Motivation des Grün-Abgeordneten: Er wollte Verbindungen zwischen Rechtsextremen und FPÖ-Funktionären konstruieren. An sich hätte Öllinger nicht ausgeliefert werden dürfen, weil ein politischer Zusammenhang eindeutig gegeben war. Dem Schutz der Immunität steht in diesem Fall jedoch ein zweites wesentliches Interesse des Parlaments entgegen, nämlich der laufende Untersuchungsausschuss, in dem die Spitzeleien von S. im Auftrag Öllingers ein Hauptthema sind. Die Staatsanwaltschaft stoppte bis zu einem Beschluss des Nationalrats alle Ermittlungen, wobei diese Vorgehensweise höchst fragwürdig ist. Zwar darf gegen Öllinger nicht ermittelt werden, solange er unter dem Schutz der Immunität steht. Dies hätte jedoch keinerlei Einfluss auf die Ermittlungen gegen Uwe S. haben dürfen. Der Ermittlungsstopp in dieser Sache hätte jedoch auch den U-Ausschuss ausgehungert, weil keine neuen Erkenntnisse gekommen wären. Der Immunitätsausschuss musste sich letztlich dem Druck der Staatsanwaltschaft und auch der Medien beugen um nicht zu riskieren, dass die Ermittlungen in dieser Causa völlig im Sand verlaufen. Dem Immunitätsrecht wurde damit jedoch ein weiteres Mal ein schlechter Dienst erwiesen. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf findet drastische Worte: "Das Immunitätsrecht in seiner jetzigen Form ist spätestens mit diesem Beschluss tot. Kein Abgeordneter kann sich noch auf irgendetwas verlassen." Graf fordert seit längerem eine Reform. Es soll klar festgelegt werden, welche Delikte durch die Immunität geschützt sind und welche nicht. "Es kann nicht sein, dass jeder Abgeordnete der Willkür der 65


Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss Mehrheit ausgeliefert wird, die einmal so und einmal anders entscheidet. Das geht immer zu Lasten von Oppositions-Abgeordneten." Am 7. September 2009 stehen die ersten Befragungen von Auskunftspersonen auf der Tagesordnung des U-Ausschusses. Den Anfang macht der BZÖAbgeordnete Peter Westenthaler in eigener Sache. Der Ausschuss will wissen, woher Westenthaler den Tipp hatte, dass Parteikollegen angeblich Ziel von Drogenermittlungen waren. Dabei stellt sich heraus: Anonyme Briefe sind für Westenthaler glaubwürdige und verlässliche Quellen Westenthaler inszenierte sich im Eingangs-Statement als Opfer der Justiz. Die Staatsanwaltschaft Wien habe einen dokumentierten Verfassungsbruch begangen. Westenthaler zielte damit nicht auf die bereits öffentlich bekannte SMSAffäre ab, sondern auf eine Anzeige des BIA-Chefs Kreutner, nach der es Ermittlungen gegen ihn unter Umgehung des Immunitätsrechts gegeben habe. Dessen ungeachtet interessierten sich die Abgeordneten in der erste Fragerunde vor allem für die Vorgeschichte der SMS-Affäre, insbesondere für die Quelle, durch die Westenthaler Kenntnis über angebliche Drogenermittlungen gegen BZÖ-Funktionäre informiert wurde. Westenthaler hatte in seiner damaligen polizeilichen Einvernahme abgestritten, ein SMS aus dem Bundskriminalamt bekommen zu haben, wie das der Anzeiger behauptet hatte. Er hatte jedoch ausgesagt, dies von einer "glaubwürdigen und verlässlichen Quelle" erfahren zu haben. Auf Nachfrage des FPÖ-Abgeordneten Walter Rosenkranz musste Westenthaler heute im Ausschuss einräumen, dass es außer eines - von ihm bereits vernichteten - anonymen Schreibens keine Quelle für diese Vorwürfe gegeben habe. Das anonyme Schreiben - so ist daraus zu schließen - war für Westenthaler also glaubwürdig und verlässlich. Inhalt des Schreibens: Namen von BZÖ-Funktionären, gegen die Ermittlungen wegen Drogenvergehen laufen würden. Im zuerst behandelten Punkt „Überwachung von politischen Mandataren“ stellt sich bald heraus, dass die Staatsanwälte ihre Befugnisse des Öfteren überschreiten und das Immunitätsgesetz nach Gutdünken auslegen. Die Tendenz

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geht klar gegen Oppositionsabgeordnete und für Regierungsmitglieder. Ebenfalls im Kreuzfeuer der Kritik: das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium. Ein besonders spektakulärer Fehler passiert Staatsanwalt Christian Walzi in den Ermittlungen zu den bei Peter Pilz aufgetauchten brisanten E-Mails des früheren Innenministers Ernst Strasser (ÖVP). Staatsanwaltschaft lässt möglichen Amtsmissbrauch verjähren Ein Staatsanwalt "übersieht" Hunderte E-Mails und ermittelt daher einfach nicht. Inzwischen verjährt der Amtsmissbrauch, der dem ehemaligen Innenminister Ernst Strasser vorgeworfen wird. Im "Revanche-Verfahren" Strassers gegen den Grünen Abgeordneten Pilz werden die "Anregungen" Strassers minutiös befolgt, was beinahe zu Beschlagnahme von Pilz' Laptop geführt hätte. Staatsanwalt Christian Walzi bot bei seiner Befragung im Untersuchungsausschuss ein Bild von Inkompetenz und Hilflosigkeit. Doch auch diese Rolle befreite ihn nicht von dem Verdacht, bei seinen Ermittlungen zu den StrasserMails ein treuer Diener schwarzer Herren gewesen zu sein. Ob Ernst Strasser durch seine Anweisungen zur Postenbesetzung in der Polizei Amtsmissbrauch begangen hat, kann wegen der eingetretenen Verjährung nicht mehr geklärt werden. Wer die Mails gelesen hat, die in Strassers Kabinett kursierten, kann sich davon jedoch ohnehin ein eigenes Bild machen. Die Befragung des Staatsanwalts Walzi rundet das Bild der politisch motivierten Staatsanwaltschaft ab. Während in der Westenthaler-Affäre die befragten Staatsanwälte und Polizisten die Verantwortung für dubiose Ermittlungsschritte sehr professionell wie eine heiße Kartoffel aneinander weiterreichten, waren Walzis Aussagen ein lückenloses Eingeständnis katastrophaler Ermittlungen ausschließlich zum Vorteil des schwarzen Ex-Innenministers. Die Zusammenarbeit mit dem polizeilichen Büro für interne Angelegenheiten (BIA) lief wie geschmiert. Die den Mails zu entnehmenden Strasser-Anweisungen haben im Polizeiapparat und besonders im BIA offenbar für eine ausreichende Färbung gesorgt. Ob und welche Interventionen den Postenbesetzungen im Justizministerium vorausgegangen sind, ist bislang noch nicht bekannt. Vielleicht auch nur deshalb, weil man dort mit Datenträgern sorgsamer umgeht. 67


Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss Zwischendurch kommt es zu zahlreiche Ungereimtheiten: Einmal bricht der Vorsitzende Martin Bartenstein die Befragung von Staatsanwalt Gerhard Jarosch ab, obwohl die FPÖ-Fraktion noch zahlreiche Fragen hat. Jarosch wird auf Druck der Freiheitlichen erneut geladen. Dann wieder sorgt Nationalratspräsidentin Barbara Prammer für Aufregung, weil sie alle Akten als „geheim“ klassifizieren will, sodass sie nur noch zu Bürozeiten in einem eigens dafür vorgesehenen Raum gelesen und händisch abgeschrieben werden können. Die Anordnung ist jedoch nicht lange aufrecht zu erhalten, denn: Aktenzensur durch Prammer ist rechtswidrig Für den ersten Aufreger in der heutigen Sitzung des Untersuchungsausschusses sorgte die Nationalratspräsidentin. Barbara Prammers Anweisung zur Aktenzensur wurde mehrheitlich scharf kritisiert - und ist offenbar auch rechtswidrig. Hintergrund der von Prammer verfügten Verschärfung der Geheimhaltung war das Auftauchen der Haider-Akten im Magazin "News".1 Anstatt sich schützend vor die Abgeordneten zu stellen, lenkte Prammer sofort den Generalverdacht aufs Parlament und legte fest, dass sämtliche künftig eintreffende Akten nicht mehr an die Fraktionen verteilt werden, sondern nur noch im Leseraum zu Bürozeiten händisch abgeschrieben werden dürfen. Für den FPÖ-Abgeordneten Walter Rosenkranz2 überschreitet Prammer damit ihre Kompetenzen deutlich, weil ihr laut Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse nur zusteht, die Akten zu kennzeichnen. Weit schwerer als die rechtliche Verfehlung wiegt für Rosenkranz jedoch der Umstand, dass Prammer den Abgeordneten in den Rücken fällt, anstatt davon auszugehen, dass die Schuldigen für die Aktenweitergabe woanders - etwa im Justizministerium - sitzen. Nachdem Prammer im Vorfeld ihrer Entscheidung niemanden - nicht einmal Ausschussobmann Bartenstein - informiert hat, will sie nun am Donnerstag mit

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http://www.news.at/articles/0939/10/251702/endlich-klarheit-akte-joerg-haider-die-obduktion-so http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090929_OTS0059

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den Fraktionen darüber reden. Die FPÖ verlangt jedoch eine sofortige Rücknahme der Maßnahme. Und hat damit Erfolg. Prammer geht in die Knie. Es bleibt alles beim Alten. Während sich die organisatorischen und verhandlungstechnischen Fragen also klären lassen, verhärtet sich die Front zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen zusehends. Grund: ÖVP und SPÖ weigern sich, die politisch verantwortlichen Minister als Auskunftspersonen in den Ausschuss zu laden. Erstmals wird am 6. Oktober 2009 mit einer Sondersitzung des Nationalrats gedroht Knalleffekt im U-Ausschuss: Regierungsfraktionen blockieren, Opposition will sich mit Sondersitzung wehren Im Untersuchungsausschuss verhärten sich die Fronten. ÖVP und SPÖ haben heute die Ladung sämtlicher Minister abgelehnt. Die Oppositionsparteien beharren auf deren Befragung, um die politische Verantwortung der seltsamen Ermittlungsvorgänge bei Polizei und Staatsanwaltschaft zu klären. Wie unwichtig Rot und Schwarz die Aufklärung ist, belegt schon der Umstand, dass derzeit während laufender Befragung die Fraktionsführer von ÖVP und SPÖ, Amon und Pendl, zu einer Pressekonferenz gebeten haben. Zuvor haben sie sämtliche Anträge niedergestimmt, die eine weitere Ladung von Auskunftspersonen zum Inhalt hatten, insbesondere der (ehemaligen) verantwortlichen Minister Bandion-Ortner, Berger, Fekter und Strasser. Die Opposition reagiert mit einer gemeinsamen Erklärung, die ein Ultimatum beinhaltet: Sollten die Minister bis 14. Oktober nicht geladen werden, wollen sie die Blockade durch die Regierungsfraktionen in einer Sondersitzung des Nationalrats anprangern. Während des Ultimatums werden weitere Details über Missstände in den Ministerien bekannt. Besonders eifrig beim Zudecken ist man im Justizministerium, wo offenbar wider besseres Wissen offenkundige Fehler ignoriert und stur weiter in die falsche Richtung marschiert wird. Dennoch bleiben die Regierungsparteien hart und weigern sich konsequent, Minister zu laden. Die Oppositionsparteien verständigen sich darauf, ihre Fragen 69


Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss im Zuge von Sondersitzungen an die Regierungsmitglieder zu richten. Der erste Antrag auf eine Sondersitzung wird am 22. Oktober 2009 eingebracht. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner darf sich als Erste zu den Vorgängen in ihrem Ressort äußern. Während das erste Thema mangels Ministerladungen also noch gar nicht richtig beendet ist, wird im Ausschuss schon mit dem zweiten begonnen. Jetzt steht der Spitzelskandal auf dem Programm. Die Medien erwarten ein Match „Blau gegen Grün“, und dazu wird es auch. Die Freiheitlichen versuchen nachzuweisen, dass zwischen Karl Öllinger und Uwe Sailer ein Auftragsverhältnis bestand. Doch Öllinger behauptet zunächst, er habe gar nicht gewusst, dass Sailer Polizist ist. Eine Aussage, die allerdings bei der Befragung von Sailer gehörig ins Wanken gerät. Falschaussage? Öllinger erneut unter schwerem Verdacht Der Grün-Abgeordnete Karl Öllinger droht im Spitzelsumpf zu versinken. Nicht einmal sein Polizei-Kontaktmann Uwe Sailer hält ihm noch die Treue. Sailer widersprach heute im U-Ausschuss vehement Öllingers Darstellung, er habe nicht gewusst, dass Sailer Polizist sei. Auch auf mehrmaliges Nachfragen des FPÖ-Abgeordneten Walter Rosenkranz beharrte Sailer darauf, er habe Öllinger schon beim ersten Gespräch auf seine polizeiliche Tätigkeit hingewiesen und auch darauf, dass er dienstliche und private Tätigkeit streng trenne. Selbst als ihm der Widerspruch zu Öllingers Aussagen vorgehalten wurde, blieb Sailer bei seiner Darstellung. Damit steht Öllinger erneut unter schwerem Verdacht, nämlich im U-Ausschuss falsch ausgesagt zu haben. FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf kündigte bereits eine diesbezügliche Sachverhaltsdarstellung1 an die Staatsanwaltschaft an. Für Graf ist Öllinger nach dem heutigen Tag völlig unglaubwürdig und daher rücktrittsreif. Man darf gespannt sein, ob er sich auch beim drohenden Verfahren wegen Falschaussage hinter seiner Immunität verschanzen wird und sich weiter an sein Mandat klammert. Sollte das so sein, ist seine Partei gefordert, einen Rest an Anstand zu zeigen und ihn aus dem Klub auszuschließen. 1

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20091014_OTS0223

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Die angekündigte Sachverhaltsdarstellung wurde von den FPÖ-Abgeordneten des U-Ausschusses am 19. Oktober 2009 tatsächlich eingebracht. FPÖ-Fraktion zeigt Öllinger und Sailer an Die FPÖ macht Ernst und setzt ihre Ankündigung von der letzten Ausschusssitzung in die Tat um: Nach Auswertung der Befragungsprotokolle wurde jetzt eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Der Grün-Abgeordnete Karl Öllinger und der Linzer Kriminalpolizist Uwe Sailer werden darin der Falschaussage vor dem U-Ausschuss verdächtigt. Für FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf steht fest: "Einer von den beiden hat die Unwahrheit gesagt." Basis für die Anzeige waren die widersprüchlichen Aussagen von Öllinger und Sailer zum Zeitpunkt, wann Öllinger erfahren hat, dass Sailer Polizist ist. Während Sailer auf mehrfache Nachfrage bestätigte, Öllinger schon beim ersten persönlichen Treffen am 6. Juli informiert zu haben, erklärte Öllinger, er habe dies erst nach dem Fund der Emails durch die FPÖ erfahren nämlich von HC Strache, der den Grünen Spitzelskandal im Parlament losgetreten hat. Es ist nun zu erwarten, dass die Staatsanwaltschaft rasch ein Auslieferungsbegehren an den Nationalrat richtet, weil Öllinger als Abgeordneter unter dem Schutz der Immunität steht. Für den Grünen ein Deja-vu-Erlebnis. Zuletzt wurde er ja wegen des Verdachts der Anstiftung zum Amtsmissbrauch ausgeliefert. Die Grünen, die zunächst tatenlos zusehen, wie ihrem Angeordneten die Glaubwürdigkeit abhanden kommt, versuchen noch einmal, ihn vom Täter zum Opfer zu machen. Das Argument: Ähnlich wie bei Westenthaler und Pilz seien Ermittlungshandlungen gesetzt worden, bevor Öllingers Immunität aufgehoben wurde. Der Versuch scheitert kläglich. Die Grünen sind entzaubert. Öllingers Rundumschläge gegen das rechte Lager werden selbst medial nicht mehr ernst genommen. Kein Wunder, denn auch sein Informant Uwe Sailer hat sich in der Befragung völlig entzaubert. Niemand glaubt mehr, dass es sich um einen der qualifiziertesten Datenforensiker Österreichs handelt, denn Uwe Sailer stellt sich selbst dar als:

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss Der Wikipedia-Ermittler Der Linzer Kriminalpolizist Uwe Sailer fristet ein seltsames Dasein. Er hat keinen eigenen Dienstcomputer, seine Dienst-Mailadresse kann kaum größere Datenmengen transportieren, sodass er auf private Behelfe zurückgreifen muss. In seiner Dienststelle geht er kaum jemandem ab, wie aus den Befragungen im U-Ausschuss hervorgeht, und so flüchtet er sich offenbar gerne in eine virtuelle Welt, in der es von rechtsextremen Bedrohungen nur so wimmelt. Seltsam wie sein ganzes Berufsleben sind auch Sailers Ermittlungsmethoden. "Man könnte ihn als Wikipedia-Ermittler bezeichnen", stellt FPÖAusschussmitglied Walter Rosenkranz fest. So hat er über ein rechtsextremes "Thiazi-Forum" große Grundlagenforschung betrieben und zur Herkunft des Namens folgendes herausgefunden: "Thiazi ist ein Riese, oft näher bezeichnet als Sturmriese oder Frostriese in der germanischen Mythologie (...) Eines Tages verwandelte sich Thiazi in einen großen Adler und flog nach Midgard, da angekommen sah er Hönir, Loki und Odin, welche gerade einen Ochsen über dem Feuer brieten. Er bot seine Hilfe bei der Zubereitung an und nahm sich nach Fertigstellung der Mahlzeit die besten Stücke. Loki, darüber verärgert, schlug mit einem Stock nach ihm..." Wer die Geschichte spannend findet, kann sie zur Gänze und wortident mit Sailers Enthüllungen bei Wikipedia nachlesen.1 Wenig spannend findet das allerdings der oberösterreichische Landespolizeikommandant Andreas Pilsl, der auf Rosenkranz' Frage festhielt, dass das Lesen und Abschreiben von WikipediaArtikeln in seiner Auffassung von Polizeiarbeit keine kriminologische Bedeutung habe. Kein Wunder, kann doch dort jeder etwas schreiben und dann selbst zu Beweiszwecken zitieren. Doch Uwe Sailer hat auch andere bemerkenswerte Dinge herausgefunden, zum Beispiel über die Bedrohung der Kommunisten aller Welt durch einen Eispickel. So soll nämlich jemand mit dem Decknamen "Eispickel" in einem rechtsextremen Forum den oberösterreichischen Grün-Landtagsabgeordneten Gunther Trübs1

http://de.wikipedia.org/wiki/Thiazi

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wasser mit dem Tod bedroht haben. Eispickel - so recherchiert Sailer - ist ein Synonym für die Waffe, mit der der sowjetische Revolutionär Trotzki 1940 ermordet wurde. Der Eispickel sei somit für die Rechtsextremen offenbar ein Symbol für die weltweite Vernichtung des Kommunismus. Zu so manchem Kommunisten dürfte die Bedrohung durch Eispickel allerdings noch nicht durchgedrungen sein. So ruft etwa die Internet-Zeitung "Jungleworld" unter dem Titel "Hammer, Sichel, Eispickel"1 die Kommunisten aller Länder im Europaparlament dazu auf, sich zu vereinigen. Für Walter Rosenkranz lassen die bisherigen Befragungen zu Öllinger und Sailer einen klaren Schluss zu: "Da haben einander zwei große Verschwörungstheoretiker gefunden. Nach dem Beschuldigten Uwe Sailer werden im Ausschuss dessen Vorgesetzte und die Ermittler gehört. Dabei stellt sich heraus, dass die Untersuchungen der Causa Sailer seit vier Monaten stillstehen. Nach anfänglichen Ermittlungen des Büros für Interne Angelegenheiten kommt der Fall zur Staatsanwaltschaft, und dort liegt er seither. Nicht einmal die konfiszierten Computer Sailers werden durchsucht. Sie stehen in einem versiegelten Büroraum im Linzer Stadtpolizeikommando. Der sonst in Ämtern weit verbreitete Platzmangel dürfte dort nicht herrschen. Für den Fall, dass doch noch früher oder später weiter ermittelt werden soll, hat FPÖ-Ausschussmitglied Walter Rosenkranz für den zuständigen Ermittler ein paar Tipps parat: Auskünfte für die Auskunftsperson Vertauschte Rollen heute im Untersuchungsausschuss: Befragt wurde Chefinspektor Johann Gärtner vom Büro für Interne Angelegenheiten, der die Ermittlungen gegen den Kriminalpolizisten Uwe Sailer leitet. Er wurde jedoch weniger befragt als vielmehr informiert. Der FPÖ-Abgeordnete Walter Rosenkranz lieferte ihm einige Anhaltspunkte2 für die weiteren Ermittlungen.

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http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_99/33/12b.htm http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20091103_OTS0117

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss Konkret geht es um eine Broschüre des Landes Oberösterreich aus dem Umfeld des Grün-Landesrates Rudi Anschober.1 Im Impressum auf der letzten Seite steht unter "Redaktion" eingetragen: Susanna Sailer, Freies Redaktionsbüro, Römerstraße 70, 4020 Linz - die Ehefrau des Datenforensikers Uwe Sailer. Die Broschüre ist im August 2009 erschienen - nur wenige Wochen nach dem intensiven Mailkontakt zwischen Uwe Sailer und dem Grün-Abgeordneten Karl Öllinger zum Zwecke der Bespitzelung freiheitlicher Politiker. Chefinspektor Gärtner räumte auf Fragen Rosenkranz' ein, dass es bei derartigen Fällen durchaus üblich sei, im wirtschaftlichen Umfeld des Beschuldigten zu ermitteln und auch die Möglichkeit eines Umgehungsgeschäftes geprüft werden könnte. Umso mehr zumal das wirtschaftliche Umfeld des Ehepaars Sailer tatsächlich untersuchungswürdig erscheint. Im Internet findet sich auf einer Subseite des Mediencoaching-Unternehmens ein Impressum,2 das auf eine eingetragene Handelsgesellschaft "Sailer und Partner EHG" verweist. Im Firmenbuch findet sich die Gesellschaft jedoch nicht eingetragen. Möglicherweise sind auch beide Ehegatten Sailer in dieser Firma Partner, sodass ein Auftrag an Frau Sailer auch automatisch Herrn Sailer finanzielle Vorteile bringen würde. Vergeblich sucht man hingegen die Startseite des umtriebigen Ehepaars: Mediencoaching.at3 ist eine Baustelle. Bei den Einvernahmen zum Grünen Spitzelskandal gerät schließlich auch die gemeinsame Vereinbarung der Oppositionsparteien gehörig ins Wanken. Grünen-Fraktionsführer Peter Pilz überschreitet eine Grenze des politischen Anstands, indem er der FPÖ Querverbindungen zu rechtsextremen Kreisen vorwirft, die er wiederum für eine Morddrohung gegenüber dem ehemaligen oberösterreichischen Landtagsabgeordneten Trübswasser verantwortlich macht. Die Herstellung des Zusammenhangs zwischen FPÖ und einer Morddrohung bringt wiederum Martin Graf in Rage. Er spricht von Stasi-, KGB- und GestapoMethoden.

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http://www.anschober.at/files/materialien/98/Brosch%C3%BCre_Gentechnik_NEU_DinA4.pdf http://mediencoaching.at/_datenforensik/impressum.html

http://mediencoaching.at/

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Pilz attackiert FPÖ - Oppositionsfront bröckelt Die gemeinsame Front der Opposition gegen die Regierungsfraktionen bröckelt nach der heutigen U-Ausschuss-Sitzung. Grünen-Fraktionsführer Peter Pilz ritt wilde Attacken gegen die FPÖ und behauptete mehrmals Verbindungen zwischen rechtsextremen oder neonazistischen Kreisen und der FPÖ. Martin Graf hielt dagegen und sprach von Stasi-, KGB- oder GestapoMethoden. Die Zusammenarbeit mit den Grünen sieht er nun in Frage gestellt. Pilz spielte mit seinem Parteikollegen Gunther Trübswasser ein perfides Spiel und versuchte, die Grünen im Spitzelskandal vom Täter zum Opfer umzudeuten. Schon zu Beginn der Befragung stellte Pilz klar, in welche Richtung die Reise gehen sollte: "Kollege Steinhauser und ich werden in dieser Befragung (...) versuchen, herauszuarbeiten, worum es in diesem Fall, der etwas irreführend als Fall Sailer/Öllinger nach wie vor bezeichnet wird, wirklich geht: um schwerwiegende politische und persönliche Bedrohungen aus einer gewaltbereiten Szene rechtsextremer Organisationen (...) mit eindeutig nachweisbaren und gravierenden Querverbindungen in den Bereich der Funktionäre und Organisationen der Freiheitlichen Partei hinein." In diesem Ton ging es minutenlang dahin. Auskunftsperson Trübswasser durfte dazwischen einige Male zustimmend nicken. Pilz weiter: "Sie haben darauf hingewiesen, dass diese Bedrohung nicht von Einzelpersonen gekommen ist, sondern dass diese Bedrohung im Rahmen einer größeren Neonazi-Szene mit Querverbindungen zur Freiheitlichen Partei in Oberösterreich gekommen ist." Schließlich wurde es FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf zuviel. Er wies nachdrücklich darauf hin, dass Pilz für die behaupteten Querverbindungen keinen einzigen Beweis liefern könne, weil es keinen Beweis gebe. Und weiter: "Ich frage jetzt, ob das (...) Sinn macht, derartige Fragen überhaupt zuzulassen, wo nämlich an dieser Stelle von Kollegen Pilz permanent versucht wird, die Freiheitliche Partei zu kriminalisieren. Der stellt auch in seinen Erklärungen immer alles als Faktum dar, ohne einen einzigen Beweis liefern zu können. Man beruft sich dann auf die eigenen selbst erzeugten Urkunden, auf das, was man selber ins Internet stellt, und das ist dann das Beweismittel. Das sind Methoden, die bezeichnet man juris-

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss tisch vornehm als Zirkelbeweise, und unvornehm würden wir sagen, Stasi-, KGBund Gestapo-Methoden, und die haben wir hoffentlich alle hinter uns, die Zeit." Der Ausdruck "Gestapo-Methoden" wurde von Graf später zurückgenommen, an den Vergleichen mit Stasi und KGB hatte sich Pilz ohnehin nicht gestoßen. Der FPÖ-Fraktionsführer will nun über eine weitere Zusammenarbeit mit den Grünen nachdenken. Bereits fix ist nur die für Donnerstag angesetzte Sondersitzung. Weitere Sondersitzungen sollen folgen, falls die zuständigen Minister nicht in den U-Ausschuss geladen werden. "Man muss sich allerdings fragen, ob wir mit solchen Grünen zusammenarbeiten wollen, die nichts anderes im Sinn haben, als die FPÖ zu kriminalisieren", so Graf. Die Zusammenarbeit bleibt trotz des heftigen Disputs vorerst aufrecht. Die erste gemeinsam einberufene Sondersitzung zitiert Justizministerin Claudia BandionOrtner in den Nationalrat. Dort kommt es gleich zum nächsten Eklat, denn die ÖVP macht keinerlei Anstalten, von ihrer Blockade-Haltung abzurücken, und nutzt die Sitzung auch noch dazu, sich zu inszenieren. Keine Einsicht erkennbar: ÖVP liefert Minister-Show Die erste Nationalrats-Sondersitzung zum Untersuchungsausschuss ist geschlagen. Hoffnungen, es könnte auch die letzte gewesen sein, sind nicht angebracht. Die ÖVP hat ihre Blockadehaltung eisern durchgezogen und noch zusätzliches Öl ins Feuer gegossen. Die SPÖ blieb, was sie bisher war: das Anhängsel. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner beantwortete artig alle Fragen, gestand da und dort Fehler ein, machte ihren Staatsanwälten aber ansonsten die Mauer. Sichtbar wurde, dass sie persönlich mit einer Aussage im U-Ausschuss kein Problem hätte, wohl aber die ÖVP. Der waren Bandion-Ortners Aussagen zu zahnlos, und so schickte sie zur Verstärkung noch Innenministerin Fekter ins Rennen, die sehr zur Empörung der Oppositionsparteien das Plenum niederredete mit Phrasen, die nur entfernt mit dem U-Ausschuss zu tun hatten. Der Auftritt der ÖVP bestätigte die Aussagen von FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf, wonach sich die Regierung einen kontrollfreien Raum geschaffen habe, den sie mit allen Mitteln verteidigen will. Dabei geht sie sogar soweit, das Parla76


ment zur Redebühne für schwarze Ministerinnen umzufunktionieren in einer Situation, in der es an sich um deren Kontrolle ginge. Weitere Sondersitzungen sind nun wahrscheinlich, zumal ein Entgegenkommen der ÖVP nicht zu erwarten ist. Allerdings belasten nach wie vor die wilden Attacken des Grünen Peter Pilz, der die FPÖ in Zusammenhang mit einem Mordaufruf aus der rechtsextremen Szene gebracht hatte. Die Freiheitlichen erwarten sich deshalb eine Entschuldigung der Grünen Klubobfrau Glawischnig und machen ihr weiteres Mitwirken in der von Pilz als "Notwehrgemeinschaft" bezeichneten Oppositions-Allianz vom weiteren Verhalten der Grünen abhängig. Immerhin: In der heutigen Sondersitzung fanden die Angriffe der Grünen auf die FPÖ keine Fortsetzung. Danach ist wieder der U-Ausschuss am Zug und beschäftigt sich am 10. November 2009 noch einmal mit dem Grünen Spitzelskandal. Nachdem die Glaubwürdigkeit des Kriminalpolizisten und Datenforensikers Uwe Sailer schon durch vorherige Befragungen schwer erschüttert worden ist, gelingt noch zusätzlich der Beweis, dass Sailer für konkrete Ermittlungen im rechtsextremen Bereich nach Wien geholt wurde und gleichzeitig in engem persönlichen und auch MailKontakt mit dem Grün-Abgeordneten Karl Öllinger stand. Daraus folgt: Grüner Spitzelskandal geklärt - Graf veröffentlicht Chronologie Was heute medial völlig untergeht: Im Untersuchungsausschuss ist es der FPÖ-Fraktion gelungen, den Grünen Spitzelskandal lückenlos zu dokumentieren. Nicht nur das: Nach Auffliegen versuchten offenbar Beamte im Landesamt für Verfassungsschutz auch noch, die Sache unter den Teppich zu kehren. Uwe Sailer sei gar nicht für konkrete Ermittlungen angefordert worden, sondern ausschließlich für technische Fragen. Er hat den Beamten dort offenbar nur gezeigt, wie man einen Computer startet und ins Internet einsteigt. Nach der Befragung des leitenden LVT-Beamten Franz Pöchhacker präsentierte FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf eine komplette Chronologie des Grünen Spit-

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss zelskandals.1 Grafs Fazit: Die Beweise liegen auf dem Tisch, das Gericht muss sie nur noch einsammeln. Der Linzer Kriminalpolizist Uwe Sailer tat den Erkenntnissen des U-Ausschusses zufolge am 6. und 7. Juli 2009 am Wiener LVT Dienst und half mit, einen Bericht an die Staatsanwaltschaft zu verfassen. Konkretes Thema: Ermittlungen gegen die Betreiber der Internetseite Alpen-Donau-Info. Am folgenden Tag berichtete Sailer per Mail an Öllinger über seine Beratungen mit Experten in dieser Angelegenheit und über die Amerikaner, die keine Informationen herausrücken wollen. Die Formulierungen waren fast wortgleich mit jenen, die sich auch in dem Bericht über die gemeinsamen Ermittlungen finden. Nach dem Auffliegen des Skandals lassen die Leute vom Verfassungsschutz Sailer fallen wie eine heiße Kartoffel, ziehen seine Objektivität in Zweifel und wollen ihm, den sie zuvor noch als großen Experten extra von Linz geholt haben, gar keine Akteneinsicht gewährt haben. Sailer reagiert gekränkt und macht seinem Ärger in einem Schreiben Luft. In Anbetracht der Vorfälle wolle er bis auf weiteres keinen Dienst mehr für LVT und BVT versehen, formuliert er sinngemäß. Die Freiheitlichen wollen nun noch jenen Beamten im Ausschuss hören, der mit Sailer am 7. Juli zusammen gearbeitet hat. Er könnte bestätigen, dass es dabei sehr wohl um konkrete Ermittlungen in einem laufenden Verfahren ging und nicht bloß um technische Fragen. Wenn die anderen Fraktionen an einer restlosen Klärung des Grünen Spitzelskandals interessiert sind, werden sie dem Ladungsantrag zustimmen müssen. Zur Überraschung der FPÖ wird dieser Beamte vom Ausschuss tatsächlich geladen – ebenso noch zwei weitere Auskunftspersonen, deren Einvernahmen allerdings erst nach Drucklegung des Unzensuriert-Jahrbuchs 2009 stattfinden. Dafür wird der U-Ausschuss gleich ganz abgedreht, denn jetzt ginge es für SPÖ und ÖVP ans Eingemachte. Das wohl komplexeste Thema stünde bevor: die Steuerung von Abgeordneten durch ausländische Geheimdienste. Wird hier im

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http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20091110_OTS0243/graf-zu-u-ausschuss-beweis-fuerden-gruenen-spitzelskandal-ist-erbracht

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Sommerloch 2009 noch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky in den Mittelpunkt gerückt, so ist mittlerweile klar, dass es nicht um das Schreiben parlamentarischer Anfragen geht. Es geht vielmehr um Entführungsversuche, Geldwäsche, möglicherweise auch um Parteienfinanzierung. Die Kontakte der mächtigen kasachischen Interessensgruppen laufen in die Regierungsparteien; SPÖ und ÖVP sind gleichermaßen betroffen. Entsprechend eindeutig auch die Entscheidung der Koalitionsparteien: Fünf Zeugen für Kasachstan sind genug, Ende November ist Schluss mit den Befragungen. Die FPÖ beantragt vergeblich die Ladung von 23 Auskunftspersonen. Selbstredend werden auch keine Minister in den Ausschuss geladen. U-Ausschuss ignoriert Kasachstan und löst sich demnächst auf Die Regierungsfraktionen zeigen einmal mehr ihr gestörtes Verhältnis zur parlamentarischen Kontrolle. Es werden keine Minister in den Ausschuss geladen, der nach dem Zeitplan von Rot und Schwarz noch im November zu Ende gehen könnte. Für das umfassendste Kapitel des Untersuchungsausschusses wurden heute mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ gerade einmal fünf Zeugen geladen. Der große Komplex der Steuerung von Abgeordneten durch ausländische Geheimdienste rund um die Causa Kasachstan wird praktisch zur Gänze unter den Teppich gekehrt. Für diese Vorgehensweise gibt es nur eine Erklärung: ÖVP und SPÖ sind tief in die Causa Kasachstan verstrickt. Dies ist medial auch schon in Teilbereichen bekannt geworden, etwa die Verwicklung des ehemalige SPÖ-Abgeordneten Gaal in die Entführungsversuche kasachischer Oppositioneller oder die eifrige Hilfestellung der ÖVP an den früheren kasachischen Botschafter Aliyev, eine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich zu bekommen. Diese Vorgänge sind möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs. FPÖFraktionsführer Martin Graf vermutet darunter Geldwäsche und Parteienfinanzierung1 und will morgen im Rahmen einer Pressekonferenz Details an die Öffentlichkeit bringen. Die Oppositionsparteien werden den Druck aufrecht erhal-

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http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20091112_OTS0164/graf-zu-u-ausschussregierungsparteien-legen-letzte-reste-des-politischen-anstands-ab

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Spitzel und Spione Unzensuriert aus dem U-Ausschuss ten, weitere Sondersitzungen einberufen und auch den Regierungsparteien im Nationalrat zu keiner Zweidrittelmehrheit mehr verhelfen. Bei der Pressekonferenz nennt Graf weitere Einzelheiten. So würden zahlreiche Politiker in den umfangreichen Akten auftauchen, auch in Telefonüberwachungsprotokollen. Ein Politiker soll vom ehemaligen kasachischen Botschafter Aliyev und einem anderen Mann Geldkoffer mit einer oder zwei Millionen Euro entgegen genommen haben. Zudem fällt laut Graf auf: Immer wenn Politikernamen von Rot oder Schwarz auftauchen, wird nicht weiter ermittelt. Für die Regierungsfraktionen könnte sich das jähe Abdrehen des SpitzelUntersuchungsausschusses zu einem Pyrrhus-Sieg entwickeln, denn die Opposition will auf alle Fälle hart bleiben. Und das bedeutet: Sondersitzungen des Nationalrats auch nach Ende des Ausschusses und generell keine Zustimmung zu Gesetzen, die einer Zweidrittelmehrheit bedürfen. Denn der U-Ausschuss ist bis zum Ende der Legislaturperiode bestellt und kann jederzeit wieder aufgenommen werden. Es ist somit nicht unwahrscheinlich, dass die Regierung einlenkt und früher oder später doch ihre Minister für die Befragung zur Verfügung stellt. Immerhin ist Österreich auch gegenüber der Europäischen Union in der Pflicht, bestimmte EU-Richtlinien in nationales Recht umzusetzen, derzeit etwa die Dienstleistungsrichtlinie. Wenn das nicht passiert, drohen einerseits Vertragsverletzungsverfahren durch die EU und andererseits werden Kanzler Faymann und Vizekanzler Pröll ihren Kollegen in Brüssel erklären müssen, warum in Österreich nichts mehr weitergeht: weil sie um jeden Preis die Aufklärung skandalöser Zustände und die Klärung der politischen Verantwortung dafür verhindern wollen.

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Medienberichterstattung Unzensiert oder Unzensuriert? Wenn sich der Dritte Nationalratspräsident entschließt, eine eigene Webseite zu machen und unter die Blogger zu gehen, bleibt das natürlich nicht lange unentdeckt. Gerade ein Monat nach Erscheinen der allerersten Artikel widmet die „Wiener Zeitung“ am 18. März 2009 Unzensuriert die erste Notiz: Martin Graf ganz „unzensuriert“. Nur Zwei Tage später wird „Österreich“ am 20. März auf unzensuriert.at aufmerksam. Anlass ist die Diskussion um den oberösterreichischen Pfarrer Josef Friedl, der nach dem Verstecken von Arigona Zogaj nun auch mit allen kirchlichen Konventionen bricht und sich zu seiner Freundin bekennt.

Unzensuriert.at hate sich wenige Tage zuvor die Frage gestellt:

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Medienberichterstattung Unzensiert oder Unzensuriert? Wann schafft Schönborn endlich Ordnung in der Diözese Linz? Da fragt man sich, was Friedl noch anstellen muss, damit Schönborn endlich tätig wird, wenn Schleppertätigkeiten und offen zur Schau getragene Priesterunzucht hierfür nicht genügen? Muss Pfarrer Friedl noch die Pfarrkasse auf den Aktienmärkten dieser Welt versenken? Auch für den - angeblich über die skandalösen Unzuchtzustände in Ungenach informierten - Bischof Schwarz besteht allerhöchster Handlungsbedarf. Spätestens jetzt kann er niemandem mehr weismachen, dass er keinen Aufpasser braucht. Bereits mehr als zwei Monate nach Erscheinen dieses kirchenkritischen Artikels kommt er ein weiteres Mal zu Zeitungsehren – am 28. Mai 2009 im „Neuen Volksblatt“.

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Für Martina Salomon in der „Presse“ vom 18. April ist Martin Graf ein Problemfall. In ihrem Kommentar nimmt sie in der Wortwahl Bezug auf Grafs Webseite, indem sie immerhin das Recht zugesteht, dass jeder in diesem Land öffentlich und unzensuriert Blödsinn reden darf.

Dauergast in den Zeitungen ist unzensuriert.at nach der „Affäre Muzicant“. Während sich vor allem grüne und rote Politiker den Kopf zerbrechen, wie Martin Graf aus dem Präsidentenamt verbannt werden könnte, sammeln sich hüben wie drüben Unterstützer und Gegner des Dritten Nationalratspräsidenten. „Die Presse“ berichtet am 3. Juni über den Zwischenstand, die „Wiener Zeitung am 5. Juni, und der „Kurier“ widmet dem Unterschriften-Kampf am 4. Juni 2009 folgenden ausführlichen Artikel.

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Medienberichterstattung Unzensiert oder Unzensuriert?

Zuletzt findet auch „Neue Kronen Zeitung“-Innenpolitik-Redakteur Claus Pandi Inspiration bei der Lektüre von unzensuriert.at und berichtet am 23. September ausführlich über Martin Grafs Betrachtungen über den Tiroler Landesfestumzug.

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Am intensivsten, längsten und nachhaltigsten vertreten ist unzensuriert.at auf der jungen, scharfen und unabhängigen Intenet-Plattform Chilli.cc, die sich selbst „Europas Jugendseite“ nennt - wenn auch nicht ganz freiwillig. Chilii.cc wirbt gratis für www.unzensuriert.at Da gibt es eine Truppe von jungen ambitionierten und hoffnungsvollen Journalisten, die leben sich auf der Plattform chilli.cc1 so richtig aus. Das sind die, denen der Presse-Fleischhacker Redaktions-Asyl gegeben hat,2 weil sie genauso gern und voll Begeisterung auf die FPÖ hinhauen wie er selbst. Und unter diesen lieben jungen Chillis gibt es einen, der ist besonders originell. Der Nikolaus Keusch, der schreibt jede Woche über die rot-weiß-rote Bananenrepublik.3 Und dabei setzt er natürlich auch mit Vorliebe den Freiheitlichen die Bananenschalen auf. Unlängst auch einmal mir. Da hat er sich natürlich besonders ins Zeug gelegt, der liebe Nikolaus. Bei einer Saal-Schutzstaffel wär ich gewesen bei einem Neo1

http://chilli.cc/ http://www.ots.at/presseaussendung.php?schluessel=OTS_20080930_OTS0216 3 http://chilli.cc/index.php?id=91-1-201 2

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Medienberichterstattung Unzensiert oder Unzensuriert? nazi-Vortrag. Und als Dritter Nationalratspräsident unserer Bananenrepublik könnt ich doch gar nicht so ein wilder Pfui-Gack-Bräunling sein. Neben dem Artikel eine freche kleine Fotomontage, passend zum Text: mein Kopf auf einem Körper, der den rechten Arm zum Hitlergruß ausstreckt. Leider kann ich jetzt auf den Artikel gar nicht verweisen, weil den gibt's nicht mehr. Den haben die Chillis gelöscht - als Teil einer freiwilligen Vereinbarung. Seine Anwälte dürften den Herrn Keusch und seine Kollegen dann doch einmal aufgeklärt haben, dass tatsachenwidrige und ehrenkränkende Behauptungen auch in einer Bananenrepublik nicht so gut kommen. Und deshalb bedauert er das jetzt auch, und seine Redaktion hat noch dazu diesen Widerruf1 abgedruckt. Dazu werden noch 500 Euro bezahlt, die ich umgehend an einen wohltätigen Verein weiterleiten werde. Und weil bei den Chillis das Geld sonst eher knapp ist, haben sie mir als Wiedergutmachung noch "Naturalleistungen" angeboten: Ferner verpflichten sich Chilli - Verein für neue Medien sowie Nikolaus Keusch der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) sowie deren Vorfeldorganisationen unentgeltliche und nicht glossierte Werbeeinschaltungen nach den inhaltlichen Vorgaben der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) sowie deren Vorfeldorganisationen auf www.chilli.cc auf der Startseite sowie unter der Rubrik "Politik" bis einschließlich 07.06.2009 zur Verfügung zu stellen. Das wird natürlich meine jungen Freunde vom Ring Freiheitlicher Studenten2 freuen, wo doch die ÖH-Wahl vor der Tür steht. Werbung genau dort, wo die Studenten sich gerne aufhalten - im Internet. Chilli.cc macht's auch für eine Fraktion mit kleinem Budget möglich. Sie fragen sich, warum ich so oft verweise auf diese Chilli-Seite, obwohl mich die bis vor kurzem noch gar nicht mochten? Weil wenn Sie dort richtig klicken,

dann kommen Sie ohnehin zurück zu mir.

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http://chilli.cc/index.php?id=91-1-2 http://www.rfs.at/

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Im Nachhinein betrachtet wissen wir: Chilli.cc ist eine ziemlich überbewertete Intenet-Plattform. Nicht einmal 300 Nutzer haben im Laufe eines Monats auf das Unzensuriert-Banner geklickt. Potentielle Werbekunden sollten den Preis gut verhandeln. Doch nicht nur im Bereich der klassischen Print- und Online-Medien findet unzensuriert.at zahlreich Erwähnung. Auch in der Blogger-Szene erregt Martin Grafs Auftritt einigen Wirbel, wobei am Anfang die Frage nach der Korrektheit des Namens steht, als auf dem Blog der Alten Knacker1 die alles entscheidende Frage gestellt wird: Zensuriert oder Zensiert?2 3. März 2009 | Von Andy | Kategorie: Politik Ich war gerade auf dem Blog des 3. Nationalratspräsidenten, und bevor ich noch irgendeinen Artikel gelesen habe, ist mir die Überschrift aufgefallen: Nun, ich habe in meiner Schulzeit noch gelernt, dass es “unzensiert” heißt, da es von der “Censur” kommt, also aus dem Lateinischen, dessen ein gelernter Jurist mächtig ist. Ich nehme also an, dass es entweder ein Fehler ist, der in der Eile vorkommen kann, oder aber, dass sich die Grammatik bei uns derart weiterentwickelt hat, dass noch nicht einmal die schon länger hier verweilenden Asylanten die korrekte Sprache jemals erlernen können. Möglicherweise hilft mir aber ein Gelehrter auf die Sprünge, denn auf die Schnelle habe ich im Internet nichts dazu gefunden! Der Duden beantwortet die Frage für beide Seiten positiv.3 „Zensurieren“ ist die in Österreich und der Schweiz gebräuchliche Form, „zensiert“ wird vor allem in der Bundesrepublik Deutschland. Abgesehen von dieser interessierten Nachfrage halten sich die Freundlichkeiten in der eher links dominierten Blogger-Szene in Grenzen. Helge Fahrnberger4 1

http://www.alteknacker.at/ http://www.alteknacker.at/2009/03/03/zensuriert-oder-zensiert.html 3 http://www.duden.de/definition/zensurieren 4 http://www.helge.at/ 2

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Medienberichterstattung Unzensiert oder Unzensuriert? Initiator des heiß umstrittenen Projekts „Grüne Vorwahlen“ in Wien – zieht die Intention des Seitennamens in Zweifel Martin Graf – und was heißt eigentlich “unzensuriert”?1 March 19, 2009 Der FPÖler Martin Graf der kann was, neuerdings sogar bloggen. Wobei, er lässt bloggen. Unter Unzensuriert.at.2 Das ist der Graf, den die Schwarzen und Roten zum dritten Nationalratspräsident gemacht haben, der der im Parlament Mitarbeiter beschäftigt, die beim AufruhrVersand3 rechtsextreme T-Shirts bestellen.4 Bei dieser kaputten Geisteshaltung kann ich sogar verstehen, dass er ein Bedürfnis nach ungefilterter Kommunikation hat. Seine Sensibilität gegenüber “Zensur” ist allerdings ein bisschen einseitig: Am 16. um 20:03 habe ich diesen Beitrag kommentiert: Wieso spricht Martin Graf im Blog von Martin Graf in der dritten Person über Martin Graf? Und wieso steht in Martin Grafs Blog ein anderer Name im Autorenfeld? Hat da jemand das Thema “Blog” nicht ganz verstanden? Der Kommentar wurde bis heute, drei Arbeitstage später, nicht freigeschalten. Verträgt auch überhaupt keine Kritik, der Graf. Zu Ehrenrettung der Redaktion: Der Kommentar kam nie an, war wohl ein technischer Fehler. Auf unzensuriert.at meldeten sich Kritiker oft mit wesentlich schärferen und unfreundlicheren Sätzen und wurden auch veröffentlicht. Ein kleines Blog-Gefecht hatte Martin Graf mit dem Grün-Abgeordneten Harald Walser, sattsam bekannt als Träger selbstgemachter T-Shirts. Der attestierte zunächst Graf am 17. März 2009

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http://www.helge.at/2009/03/martin-graf-und-was-heisst-eigentlich-unzensuriert/ http://www.unzensuriert.at/ 3 http://www.v7versand.com/aufruhrversand/ 4 http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/445880/index.do?_vl_backlink=/ home/index.do 2

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Probleme mit der Wahrheit1 Der 3. Nationalratspräsident Dr. Martin Graf wirft uns Grünen in einem Leserbrief in den Vorarlberger Nachrichten vor, wir hätten die Bestelldaten seiner Mitarbeiter bei einem rechtsradikalen Online-Versand manipuliert. Das ist unwahr. Interessant ist, dass Herr Graf mit dieser Unwahrheit an die Öffentlichkeit geht er steht im Schutz der parlamentarischen Immunität - und nicht seine Mitarbeiter. Wir haben die Listen den Medien zur Verfügung gestellt und sie wurden veröffentlicht. Wenn sie manipuliert wären, könnten die Mitarbeiter von Herrn Graf gerichtlich dagegen vorgehen. Schade, dass sie das nicht tun. Die Begründung aber ist einfach: In diesem Fall würde die Echtheit auch gerichtlich bestätigt. Die Replik sitzt, denn für Martin Graf ist klar: Der Vorarlberger Schuldirektor hat da etwas nicht ganz verstanden: Oberlehrer Walser mit Leseschwäche Lieber Herr Dr. Walser! Jahr für Jahr zeigt uns die PISA-Studie ein schlechtes Bild über den Wissensstand der österreichischen Schüler. Aber von wem sollen sie es denn besser lernen, wenn selbst Sie als ehemaliger Schuldirektor in Ihrem aktuellen BlogEintrag2 eine klare Leseschwäche offenbaren. Sie unterstellen mir da, ich hätte in einem Leserbrief an die "Vorarlberger Nachrichten" behauptet, die Grünen hätten die Bestelldaten meiner Mitarbeiter bei einem deutschen Online-Versand manipuliert. Dabei steht hier ganz deutlich: "Die Grünen haben dazu Bestelldaten vorgelegt, die offensichtlich manipuliert sind." Lesen Sie den Satz doch bitte noch einmal aufmerksam und sagen Sie mir bitte, wo ich behauptet hätte, dass die Grünen die Manipulation durchgeführt hätten! Sollten Sie sich als Grüner ertappt fühlen, entspringt dieses Gefühl nur Ihren eigenen Gedanken.

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http://haraldwalser.twoday.net/stories/5587189/ http://haraldwalser.twoday.net/stories/5587189/

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Medienberichterstattung Unzensiert oder Unzensuriert? Aus Ihrem Lese-Hoppala heraus bezichtigen Sie mich dann noch der Lüge. Ich gehe davon aus, dass Sie das richtig stellen werden, wenn wir einander das nächste Mal im Parlament begegnen. Bis dahin herzliche Grüße! Ihr Martin Graf Harald Walser muss sich geschlagen geben und vermerkt in seinem Blog: harald.walser - 17. Mrz, 17:03 Wo er Recht hat, hat er Recht: Auf seinem Blog nimmt Martin Graf zu meinem Eintrag Stellung (siehe Beitrag von "Blogleser") und verweist dort auf seinen Leserbrief. In diesem steht: "Die Grünen haben dazu Bestelldaten vorgelegt, die offensichtlich manipuliert sind." Meine Schlussfolgerung über seine Absicht und eigentliche Botschaft (nämlich dass wir das manipuliert hätten) ist SEHR wahrscheinlich, aber nicht beweisbar. Das muss ich zugeben. Der Oberlehrer Und Martin Graf notiert genüsslich: Ergänzung am 18.3.2009: Nachhilfe erfolgreich! Herr Dr. Walser hat seinen Lesefehler eingesehen.

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Unzensuriert mitdiskutieren Die besten Kommentare unserer Leser Unzensuriert.at ist nicht nur ein Medium für den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, sondern natürlich auch für die Leser. Zu allen Artikeln gibt es die Möglichkeit, Kommentare abzugeben. Besonders interessante Meinungen sind auf den folgenden Seiten zusammengefasst. Lehrerin zu Lehrer-Arbeitszeit: Zurück an den Start! Danke für Ihre vernünftige Beurteilung der Lage in der Prima Causa der Bildungs-Politik. Kann als Lehrerin Ihre Bestandaufnahme nur unterschreiben! – Mir ist inzwischen ein vernünftiger Kompromiss-Vorschlag seitens der Lehrer zu Ohren gekommen. Wir verlängern die Unterrichtsstunde von 50 auf 55 Min. à arbeiten die gewünschten 10% mehr ohne Abgeltung und sind auf diese Weise tatsächlich mehr bei unseren Schülern im Gegensatz zum Modell von BM Schmied, das derzeit am Tisch ist. Das hieße nämlich 2 Stunden mehr in anderen Klassen, d.h. noch weniger Ressourcen und Zeit pro Schüler und de facto eine 44Stunden Woche, die man ganz offensichtlich nur einer in der Öffentlichkeit so verpönten Berufsgruppe wie den Lehrern aufs Aug drucken kann. Wir fühlen uns als Lehrer zu Unrecht von den Medien (vorwiegend BoulevardMedien) diffamiert. Karl socher zu Die Pseudo-Rettung des Bankgeheimnisses ist der nächste Kniefall vor der EU Das Bankgeheimnis wird auch für Österreicher aufgehoben werden müssen, wenn es einen einheitlichen Sozialraum gibt. Das Bankgeheimnis ist in Deutschland vollkommen aufgehoben worden, weil man nur dadurch überprüfen kann, ob ein Notstands-Geld wirklich nur an Bedürftige gezahlt wird. In Österreich ist es noch möglich Notstandshilfe zu bekommen, aber ein Vermögen auf der Bank zu besitzen.

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Unzensuriert mitdiskutieren Die besten Kommentare unserer Leser

Walter Klemmer zu Unser Kreuz mit Schönborn, Fürnsinn und Co. - Teil I Es ist wirklich interessant zu beobachten, dass die Kirche öffentlich nichts gegen die Homoehe hat. Das ist ja von SPÖVP so geplant. Und in der EU sieht man das als "Fortschritt". Es ist auch interessant, dass Vertreter der Kirche nicht gegen den Pakt von PröllÖVP und Nitsch vorgehen. Denn was dieser Nitsch von sich gibt hält kein normaler Mensch aus. Mir wird schlecht, wenn ich so höre, was der für Satansorgien aufführt. Da ist der Spruch "Abendland in Christenhand" und das Kreuz bei einer Islamdemo ein Klax dagegen. Wenn die Kirche zu Nitsch schweigt und über die FPÖ schimpft, dann ist sie heuchlerisch und jedes Kommentar von ihr lächerlich. LesBiSchwul- u. Transgender Re... zu Gegen Genderwahn und Gio Hahn: RFS wählen! Lieber Herr Graf, bevor Sie über ein Referat der HochschülerInnenschaft hetzen, sollte Sie sich vielleicht vorher etwas informieren. Die "LesBiSchwule Aktionswoche" war KEINE Aktion der TU Wien. Wir haben das Event auf unserer Homepage angekündigt. Hier war kein Geld der HTU im Spiel, vielmehr ist diese Ankündigung ein Service für Studierende, das wir ehrenamtlich in unserer Freizeit übernehmen. Hier kommt niemand zu Schaden, außer vielleicht die Weltanschauung mancher Personen, die es nicht schaffen über den Tellerrand hinauszublicken. Die Universität ist bunt und vielschichtig, und niemand hat es verdient, diskriminiert zu werden.

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Sie sind gerne eingeladen, mal vorbeizukommen und mit der "kleinen und seltsamen Minderheit" persönlich zu sprechen. Für Anregungen und Kritik sind wir immer offen. Für Hetze jedoch nicht. Das LesBiSchwul- u. Transgender Referat der TU Wien. Patricia Geringer zu Majestätsbeleidigungen und Tabus! Es ist einfach unglaublich, dass so ein Wirbel um eine Aussage gemacht wird, die weder antisemitisch, faschistisch noch rassistisch, sondern nur gegen eine bestimmte Person gerichtet war, die schon seit Monaten gegen Martin Graf selbst sowie seit Jahren gegen die FPÖ hetzt und zwar auf tiefstem Niveau. Wenn Ariel Muzicant ständig beleidigende Meinungen von sich gibt und die FPÖ mit Nazis (z.B.: Kickl mit Goebbels) vergleicht, dann wird es doch wohl auch erlaubt sein, sich zu verteidigen. Außerdem hat Herr Graf noch einmal deutlich gemacht, dass er in keinster Weise Angehörige der israelitischen Kultusgemeinschaft angreifen wollte, sondern sich eben nur gegen die Attacken des Herrn Muzicant gewehrt hat. Franz Fussl zu Solidarität mit Martin Graf Abgelöst gehören jene Leute, die ständig die Ablöse des Nationalratspräsidenten Martin Graf fordern! Lisa P zu Solidarität mit Martin Graf Ich stehe der FPÖ und ihren Aussagen kritisch gegenüber. Aber die Situation um Herrn Graf ist für mich davon unabhängig eine Gefährdung der demokratischen Mechanismen in Österreich. Sollte er abgesetzt oder zum Rücktritt gezwungen werden, so sehe ich mich als Wählerin nicht mehr von SPÖ, ÖVP und Grünen vertreten, da diese Parteien damit die demokratischen Grundregeln verletzen. Wenn Herr Muzicant sich beleidigt oder verletzt fühlt, dann soll er seine rechtlichen Möglichkeiten nutzen und klagen. Aber hier wird das Parlament dazu missbraucht, ideologische Hexenjagden zu veranstalten, und dafür sind die Abgeordneten nicht gewählt worden.

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Unzensuriert mitdiskutieren Die besten Kommentare unserer Leser Benno Trebo zu Tirol-Kommers: Geht's noch tiefer, liebe Journalisten? Wenn sich die Tiroler Tageszeitung, wie gemeldet, mit Presse, Kleine Zeitung und anderen zu einem der größten Medienkonzerne in unserem Land zusammenschließt, dann wird man sehr wohl von Linkspresse sprechen dürfen. Beim ORF hat wohl niemand mehr Zweifel daran, welche politische Gesinnung Wolf, Thurnher und andere haben. SR Peter Moser, 2880 Kirchberg zu Die ausgeblendeten Facetten des TirolUmzugs Wir waren schwer enttäuscht, dass der ORF die vollständige Übertragung des Umzuges nicht gebracht hat. Keiner der Politiker erwähnte die Namen der Freiheitskämpfer von 1961 u.a. Sepp Kerschbaumer, Luis Amplatz, Jörg Klotz, Georg Pircher usw. Nur ihnen allen ist es zu verdanken, dass Südtiol heute diese Autonomie besitzt. Aber ihre Opfer (langjährige Kerkerstrafen, Folterungen usw. Franz Höfler, Anton Gostner) wurden bewusst verschwiegen - eine Liebdienerei Italien gegenüber! O.D. zu Sarrazin muss für seinen Realismus bezahlen: Gericht und Parteiausschluss drohen Kaum nennt jemand das Kind beim Namen, schon versucht man mittels Volksverhetzung jegliche Kritik abzuwürgen, in Deutschland wie bei uns! Das Grundrecht der Meinungsfreiheit führen solche Gummiparagraphen ad absurdum. Derartige Maulkörbe drücken mühsam den Deckel am längst überkochenden Topf runter. Wie einst in der DDR wird die „politisch falsche Meinung“ kriminalisiert und der Bürger damit zunehmend verängstigt, sich entsprechend öffentlich zu deklarieren. Was hat das multikulturelle Experiment bis dato den Bürgen gebracht, außer eklatanten Belastungen für unser soziales Netz, Gewalt und Kriminalität? Auf den Luxus nun an jedem Eck Kebab verzehren zu können, hätten wir getrost verzichten können. Abgelöst gehören jene Leute, die ständig die Ablöse des Nationalratspräsidenten Martin Graf fordern!

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Personenregister Adler, Viktor ............................... 5, 6 Aliyev, Rakhat .................. 63, 79, 80 Amon, Werner.............................. 69 Amplatz, Luis ............................... 94 Androsch, Hannes ....................... 37 Badelt, Christoph ......................... 27 Bandion-Ortner, Claudia .. 69, 70, 76 Bartenstein, Martin................. 64, 68 Belakowitsch-Jenewein, Dagmar. 31 Berger, Maria ............................... 69 Blecha, Karl.................................. 63 Bures, Doris ................................. 19 Cap, Josef.................................... 44 Castro, Fidel................................. 45 Christler, Matthias........................ 49 Daser, Peter................................. 44 Drastil, Christian........................... 38 Durnwalder, Luis.......................... 53 Elsner, Helmut ............................. 31 Fahrnberger, Helge...................... 87 Faymann, Werner ............ 19, 20, 80 Fekter, Maria.......................... 69, 76 Fichtenbauer, Peter ..................... 58 Fleischhacker, Michael ................ 85 Frattini, Franco....................... 53, 54 Friedl, Josef ........................... 81, 82 Gaal, Anton ............................ 63, 79 Gärtner, Johann ..................... 73, 74 Glawischnig, Eva ............. 40, 41, 77 Gostner, Anton............................. 94 Graf, Martin1, 2, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 25, 27, 28, 29, 30, 31, 33, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 51, 53, 54, 55, 58, 59, 62,

64, 65, 70, 71, 74, 75, 76, 77, 79, 80, 83, 88, 89, 90, 91, 92, 93 Gugenbichler, Udo ....................... 43 Hahn, Johannes .... 6, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 92 Häupl, Michael ............................. 27 Hetfleisch, Gerhard ................ 47, 48 Hitler, Adolf................................... 49 Hofer, Andreas ....................... 52, 56 Hofer, Norbert .............................. 31 Höfler, Franz ................................ 94 Honecker, Erich............................ 45 Hrachovec, Herbert ...................... 27 Hübner, Johannes........................ 57 Jarosch, Gerhard ......................... 68 Kerschbaumer, Sepp ................... 94 Keusch, Nikolaus ................... 85, 86 Khol, Andreas......................... 53, 54 Kickl, Herbert................................ 93 Klenk, Florian ............................... 59 Klotz, Jörg .................................... 94 Königshofer, Werner .................... 31 Konrad, Christian ......................... 37 Kreutner, Martin ........................... 66 Liebscher, Klaus........................... 37 Mühlwert, Monika ......................... 43 Mussolini, Benitto ......................... 49 Muzicant, Ariel..... 39, 40, 41, 42, 44, 83, 93 Nepp, Dominik.............................. 43 Neubauer, Werner............ 54, 55, 62 Nitsch, Hermann .......................... 92

95


Personenregister

テ僕linger, Karl ... 8, 11, 39, 57, 58, 59, 60, 63, 64, 65, 70, 71, 73, 74, 75, 77, 78 Pandi, Claus................................. 84 Pendl, Otto ................................... 69 Pietschmann, Herbert .................. 19 Pilz, Peter 63, 64, 67, 71, 74, 75, 76, 77 Pinkl, Franz .................................. 33 Pircher, Georg.............................. 94 Platzer, Reinhard ......................... 33 Ploner, Sebastian........................... 8 Pテカchhacker, Franz....................... 77 Prammer, Barbara 16, 17, 64, 68, 69 Profumo, Alessandro ................... 35 Prテカll, Josef ................. 19, 20, 36, 80 Raml, Michael .............................. 43 Rosenkranz, Walter .. 13, 14, 62, 66, 68, 70, 72, 73, 74 Rudas. Laura ............................... 34 Sailer, Uwe.... 57, 58, 63, 64, 65, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 77, 78 Salomon, Martina......................... 83 Schmied, Claudia............. 20, 34, 91 Schmitt, Richard........................... 30

96

Schrangl, Philipp .......................... 43 Schwarz, Alois.............................. 82 Sorger, Veit .................................. 37 Spindelegger, Michael...... 53, 54, 55 Stadler, Ewald .............................. 64 Stalin, Josef.................................. 45 Stefan, Harald .............................. 57 Steinbichler, Alois................... 32, 33 Strache, Heinz-Christian . 42, 57, 58, 59, 71 Strasser, Ernst.................. 63, 67, 69 Thurnher, Ingrid............................ 94 Treichl, Andreas ........................... 37 Trotzki, Leo................................... 73 Trテシbswasser..................... 73, 74, 75 Vetter, Marcus ................................ 8 Vilimsky, Harald...................... 31, 79 Wala, Adolf ................................... 37 Walser, Harald............ 39, 88, 89, 90 Walzi, Christian ............................ 67 Westenthaler, Peter ... 63, 66, 67, 71 Wieltsch, Rainer ....................... 9, 10 Wolf, Armin............................. 41, 94 Zogaj, Arigona .............................. 81


      

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