Die Presse: Controlling

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Samstag, 6. September 2008

TRENDS AM BILDUNGSMARKT

Erbsenzähler? Sparringpartner!

PROJEKTMANAGEMENT

FINANZEN. Controller unterstützen heute Manager bei der Entscheidungsfindung.

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s gibt ihn noch, den typischen Erbsenzähler, der sich hartnäckig in seine Konten verbeißt und vor jeder Investition sorgenvoll die Stirn runzelt. Dass er oder sie dafür den Kontakt mit anderen Abteilungen meidet, wird von Chefs nicht nur in Kauf genommen. „Viele Firmen suchen gezielt nach solchen Zahlentypen“, sagt Elisabeth Utri, fachliche Koordinatorin des Masterstudiengangs „Controlling & Finance“ an der FH Vorarlberg. „Ihnen ist nicht bewusst, wie wichtig der Controller ist, um das Unternehmen nach vorne zu bringen.“ Denn das Controlling erlebt derzeit einen grundlegenden Wandel des Berufsbildes. „Früher haben oft Personen den Weg in diesen Beruf eingeschlagen, die nicht gut mit Menschen umgehen konnten“, sagt Utri. „Heute ist es ihre Aufgabe, an der Schnittstelle zu vielen anderen Abteilungen zu arbeiten.“ Fehlende Sozialkompetenz ist in diesem Kontext kein Merkmal für übergroße Genauigkeit, sondern schlicht ein Handicap.

Kritische Fragen erwünscht

Experten dringend gesucht Die Wirtschaft hat jedenfalls großen Bedarf an qualifizierten Finanzmenschen. „Man hört immer nur vom Technikermangel, dabei gibt es im Controlling das gleiche Problem“, sagt Losbichler. „Die Materie ist in kurzer Zeit so komplex geworden, das Berufsfeld hat ein so massives Wachstum erlebt, dass Experten an allen Ecken und Enden fehlen.“ Daher gibt es auch Aus- und Weiterbildungsangebote für alle Hierarchie-

WEITERE STUDIENGÄNGE Q „Finanz-,

Rechnungs- und Steuerwesen“, Bachelor, FH Wien Studiengänge der WKW, www.fh-wien.ac.at Q „Rechnungswesen & Controlling“, Bachelor, Campus 02 Fachhochschule der Wirtschaft, Graz, www.campus02.at Q BCI – International Accounting and Finance“, Master, FH Wr. Neustadt, www.fhwn.ac.at

„Ein Job für Pioniere“ Langsam konsolidiert sich ein neuer Karriereweg neben der traditionellen Linienhierarchie.

VON PAMELA KRUMPHUBER

Tatsächlich gibt es kaum mehr Unternehmensbereiche, die vom Controlling nicht berührt werden. „Der Controller prüft Projekte kritisch“, sagt Heimo Losbichler, Studiengangsleiter „Controlling, Rechnungswesen und Finanzmanagement“ an der FH Oberösterreich Campus Steyr. „Er ist frei von den Verpflichtungen, denen Produktion und Verkauf unterliegen, und hat daher auch ein Recht auf eine kritische Position.“ Andreas Zwickle, Programm-Manager des „MBA Controlling & Finance“ von Controller-Institut und WU Executive Academy, erläutert diese neue Rolle im Unternehmen: „Controller sind nicht mehr nur Zulieferer von Daten, sondern Kommunikationspartner für den Finanzvorstand. Dieser braucht einen aktiven Mitarbeiter, der die Unternehmensstrategie mitlebt.“ Gemeinsam setzen sie die „financial Leadership“ um, indem die Unternehmensziele mit Zahlenmaterial unterlegt und durchgerechnet werden. Die fachlichen Kenntnisse, die ein solcher „Sparringpartner für Manager“ (Losbichler) braucht, haben sich jedenfalls vervielfacht. Losbichler: „Früher kamen viele Controller aus der Kostenrechnung und waren stark am internen operativen Geschäft orientiert. Heute wachsen der interne und der externe Bereich eines Unternehmens zusammen, man muss daher etwas vom Geschäft verstehen, mit dem das Unternehmen sein Geld verdient. Die internationale Rechnungslegung hat neue Aufgaben mit sich gebracht. Und auch Finanzierung und die damit verbundenen Instrumente sind ein Thema. Das heißt, man muss auch die Kapitalmärkte verstehen.“ Doch ebenso rasch, wie die Aufgaben gewachsen sind, verändern sich die geltenden Standards, betont Utri: „Nach jedem neuen Wirtschaftsskandal wird diskutiert, wie man Betrug noch effizienter verhindern kann. Die internationale Rechnungslegung entwickelt sich daher extrem dynamisch. Es ist die Aufgabe des Controllers, da am Ball zu bleiben, weil er die Schnittstelle zur internen Revision darstellt.“

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Keine falsche Scheu: Wenn das Management loslegt, hält das Controlling die Zahlen bereit.

[ Fotolia ]

Wenn ein Weltkonzern ein neues Produkt entwickelt oder ein Familienbetrieb seine erste Filiale eröffnet, dann haben beide so verschiedenen Unternehmen etwas gemeinsam: Sie haben ein Projekt vor sich, das optimal gemeistert werden muss. Gute Organisation ist dabei nur ein Teil der Aufgabe. Ein ebenso großer, nach Einschätzung mancher Experten vielleicht der größte Teil, besteht aus Kommunikation, aus der Vermittlung zwischen den oft sehr unterschiedlichen Beteiligten. Auch bei Projekten, die ausschließlich mit firmeneigenem Personal abgewickelt werden, müssen schließlich Mitarbeiter verschiedener Abteilungen gut zusammenarbeiten. „Projektmanager sind so etwas wie Unternehmer auf Zeit“, sagt Günter Rattay, Geschäftsführer der auf Projektmanagement spezialisierten Beratungsfirma primas. „Sie haben für eine begrenzte Zeit Führungsverantwortung und Entscheidungskompetenz.“

Kompetenz und Hausverstand ebenen und Unternehmensgrößen. Der berufsbegleitende Bachelor am FH Oberösterreich Campus Steyr etwa wendet sich an Buchhalter, Steuerberater oder an Geschäftskundenberater in Banken, die sich für den nächsten Karriereschritt qualifizieren möchten. Die Vollzeitvariante wird vor allem von HAK- und HLW-Maturanten gewählt. Ab 2010 wird dann auch der darauf aufbauende Master „Managerial Finance“ angeboten, der die Ausbildung auf ein strategisches Niveau hebt und mit Managementwissen anreichert.

An der FH Vorarlberg ist der berufsbegleitende Master „Controlling & Finance“ bereits eine von drei möglichen Vertiefungen zum betriebswirtschaftlichen Bachelor, der ebenfalls berufsbegleitend oder Vollzeit studiert werden kann. Den MBA wiederum wählen Spezialisten mit abgeschlossenem Studium und mehrjähriger Berufserfahrung. Manche von ihnen sind bereits CFO (Chief Financial Officer), manche leiten strategische Abteilungen – oder sich machen mit dem MBA den ersten Schritt in diese Richtung.

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In kleineren Unternehmen wird die Verantwortung für Projekte dabei häufig nach inhaltlichen Kriterien vergeben: Wer auch im Tagesgeschäft nahe am Thema des Projektes arbeitet, bekommt die Aufgabe aufgebrummt. „Das verführt dazu, sich aufs Inhaltliche zu konzentrieren und die Führungsaufgabe zu vernachlässigen“, warnt Rattay. Nationale und internationale Verbände bemühen sich daher, ebenso wie viele Unternehmen, das Berufsbild des Projektmanagers zu definieren und als eigenen Ausbildungs- und Karriereweg zu etablieren. „Die wichtigsten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Projektmanager sind soziale Kompetenz und Hausverstand“, sagt Günther Lauer, Vorstandsmitglied von Projekt Management Austria (PMA), dem österreichischen Verband. „Neben der Kenntnis der Methoden und viel praktischer Projekterfahrung braucht man außerdem Führungskompetenz und den festen Willen, das jeweilige Projekt voranzutreiben und umzusetzen.“ Kenntnisse und Erfahrung können dann nach den Kriterien der International Project Management Association IPMA oder des Project Management Institutes international vergleichbar zertifiziert werden.

An der Schnittstelle kann es knirschen Auch Firmen bemühen sich um standardisierte Ausbildung. Siemens startete im Jahr 2001 das Programm „PM@Siemens“, um konzernweite Kriterien für sein Projektmanagement zu entwickeln. Seit 2004 ist auch Siemens Österreich im Boot, dort ist Wolfgang Raschka aus der Zentralabteilung Quality Management & Operational Excellence für die Umsetzung verantwortlich. Für Projektmanager wurde eine vierstufige Karriereleiter etabliert, an dessen Spitze der Projektdirektor steht. „Er kann Projekte leiten, die vom Volumen her so groß sind wie ein ganzer Unternehmensbereich“, sagt Raschka. „Es ist eine Herausforderung, das in der Organisation sichtbar zu machen.“ Denn die Schnittstelle zwischen Projektleitung und Linienmanagement muss moderiert werden: Sobald sich die Koordinaten eines Projektes wesentlich ändern, ist der Linienvorgesetzte gefordert, sich einzumischen. Dieser wiederum sorgt sich nicht selten, durch das Delegieren an Projektmanager eigene Verantwortung einzubüßen. Auch Rattay hat erlebt, dass Konkurrenz entstehen kann, wenn in einem früher stark über die Linie geführten Unternehmen professionelles Projektmanagement installiert wird. Er plädiert für ein modernes Talentemanagement: „Manche Menschen funktionieren gut im Routinebetrieb, andere brauchen mehr Abwechslung und sind so etwas wie Pioniere.“ Wenn das Projektmanagement einen eigenen Karriereweg eröffnet, finden beide Persönlichkeitstypen ihren optimalen Arbeitsplatz.


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