bfg München Tätigkeitsbericht 2020

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Themen

Teilerfolg gegen „Kreuzerlass“

Foto: Thomas Karsten

Der Bund für Geistesfreiheit München und der Bund für Geistesfreiheit Bayern zeigten sich erfreut über den Beschluss des Verwaltungsgerichts München (VG) vom 27. Mai 2020 zum sog. „Kreuzerlass“ der bayerischen Staatsregierung. Unter anderem hat das Gericht festgestellt, dass der „Kreuzerlass“ einen Eingriff in die Religions- und Weltanschauungsfreiheit darstellt und dass dieser „gezielt darauf gerichtet (ist), jeden Behördenbesucher mit dem Kreuz zu konfrontieren.“

Ulrike Gote

Markus Apel

RA Dirk Asche

Am 5. Oktober 2018 hatten die beiden Körperschaften des öffentlichen Rechts zusammen mit 25 weiteren Mitstreiterinnen und Mitstreitern Klage eingereicht. Ziel der Klage ist es, die bayerische Staatsregierung dazu zu verpflichten, den Kreuzerlass bzw. § 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern (AGO) zurückzunehmen. Dort heißt es: „Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“ Darüber hinaus geht es in der Klage darum, dem Freistaat aufzuerlegen, die angebrachten Kreuze in den über 1.100 staatlichen Dienststellen zu entfernen sowie den Gemeinden, Landkreisen, Bezirken und sonstigen Körperschaften zu empfehlen, die Kreuze wieder abzunehmen. Alle Klägerinnen und Kläger eint, dass sie auf Einhaltung der staatlichen, religiösen und weltanschaulichen Neutralität pochen und sich durch die Anbringung von Kreuzen im Eingangsbereich staatlicher Dienststellen in ihrer Glaubens-, Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit verletzt sehen.Das VG ist am 27. Mai 2020 zu dem Beschluss gekommen, dass einer der Anträge der Klägerinnen und Kläger, nämlich § 28 AGO aufzuheben, im Wege der sog. Normenkontrollklage zu behandeln ist. Daher hat das VG diesen Teil der Klage an den Bayerischen Verwaltungs-

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Konstantin Wecker

gerichtshof (VGH) verwiesen, der in diesem Fall zuständig ist. Denn aus Sicht des VG greift § 28 AGO unmittelbar in das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG ein („Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich“). Damit widerspricht das Gericht der Auffassung des Freistaats Bayern, dass es sich beim „Kreuzerlass“ lediglich um eine rein behördeninterne Geschäftsordnungsregelung handle, die keine unmittelbare Außenwirkung auf die Bürgerinnen und Bürger habe, sondern stellt fest, dass § 28 AGO eine Verwaltungsvorschrift mit Außenwirkung ist und einen Eingriff in die Religions- und Weltanschauungsfreiheit darstellt. Assunta Tammelleo, stellvertretende Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit München und Initiatorin der Klage, sieht sich durch das VG bestätigt: „Alle Klägerinnen und Kläger müssen in ihrem Leben eine Behörde aufsuchen oder werden gar dort hingebracht – z. B. von der Polizei oder einem Rettungsdienst. Von der Geburtsanzeige bis zur Sterbemitteilung, von der Kfz-Zulassung bis zu einem Bauantrag, von einer Gewerbeanmeldung bis zur Eheschließung – es gibt kaum einen Bereich, in dem die Klägerinnen und Kläger nicht damit konfrontiert sind, dass ihnen das Kreuz als quasi-staatliches Symbol demonstrativ vorgehalten wird.“


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