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Verurteilt wegen „ästhetischer Interventionen” am „Ehrenmal“ des Nazikriegsverbrechers

Verurteilt wegen „ästhetischer Interventionen” am „Ehrenmal“ des Nazikriegsverbrechers Alfred Jodl auf der Fraueninsel

Am 9. Oktober 2018 stand der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner aufgrund seiner Kunstaktionen am Kenotaph auf der Fraueninsel im Chiemsee zum dritten Mal vor Gericht.

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Der Grabnutzungsberechtigte, ein Neffe der Witwe Alfred Jodls, hatte auf Erstattung von über 4.000 EUR Putz- und Reinigungskosten vor dem Landgericht München geklagt. Der Künstler hatte seit 2015 mit mehreren ästhetischen Interventionen gegen das 1953 errichtete Kenotaph auf der Fraueninsel im Chiemsee protestiert. Das Landgericht verurteilte Kastner zur Erstattung der Reinigungskosten. Der Künstler hat jetzt Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt.

Der Bund für Geistesfreiheit München unterstützt Wolfram Kastner von Anfang an bei den Verfahrenskosten, die sich bisher auf ca. 20.000 EUR belaufen. Das Kenotaph ist ein Scheingrab, denn Jodl liegt dort nicht begraben. Er gehörte zu den 24 im „Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher“ vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Personen. Am 1. Oktober 1946 wurde er in allen vier Anklagepunkten schuldig gesprochen und mit neun weiteren Verurteilten am 16. Oktober 1946 in Nürnberg hingerichtet, seine Leiche wurde verbrannt und seine Asche in einen Seitenarm der Isar gestreut. Damit sollte ein Gedenken an den Kriegsverbrecher Jodl verhindert werden. Auch die alliierte Kontrollratsdirektive Nr. 30 vom 13. Mai 1946 untersagte ausdrücklich die Errichtung, die Aufstellung oder Zurschaustellung von Gedenksteinen, „die darauf abzielen, die deutsche militärische Tradition zu bewahren und lebendig zu erhalten (und) den Militarismus wachzurufen (…).“

Trotz des Verbots und obwohl die Friedhofssatzung die Errichtung eines Kenotaphs nicht vorsieht, befindet sich seit 1953 der Gedenkstein Jodls auf der Fraueninsel. Auf dem großen Steinkreuz eingemeißelt sind neben Jodls Namen und dem Geburts- und Sterbedatum ein Eisernes Kreuz wegen seiner „militärischen Verdienste“ sowie sein militärischer Rang. Dass Jodl Schuld an der Ermordung hunderttausender Menschen trägt und dass er als Chef des Wehrmachtführungsstabs im Oberkommando der Wehrmacht einer der engsten Berater Hitlers war, ist auf dem Stein nicht zu lesen.

Einer Bitte Kastners diesen Missstand am Gedenkstein zu beheben, wollten weder der Grabnutzungsberechtigte noch die Gemeinde Chiemsee als Grabeigentümer entsprechen. Der Künstler hatte daraufhin das Steinkreuz im Sommer 2015 mit einer Hinweistafel versehen, auf der „Keine Ehre dem Kriegsverbrecher“ zu lesen war.

Im Jahr 2016 brachte er zweimal rote Farbe als Symbol für das Blut an, das der Kriegsverbrecher Jodl vergossen hatte. In einer weiteren Aktion hatte er zudem den Buchstaben J vom Namen entfernt und an das Historische Museum in Berlin geschickt, übrig blieb „Odl“ – in Bayern das Wort für Jauche bzw. Gülle.