ATLAS 14 - NEU / NEW

Page 1

DAS MAGAZIN VON GEBRÜDER WEISS THE GEBRÜDER WEISS MAGAZINE

AUSGABE ISSUE 14 2020

neu new



Artikel xx

Sehe ich in meinem Material ein Haus? ­ Einen Turm? Eine Pflanze? Will ich eine Stadt bauen oder lieber ein abstraktes Muster? Ein seltsames Tier? Einen Buchstaben? Aus dem ­Vorhandenen können wir Neues schaffen, je nach Laune, je nach Anlass. Wir können Flächen, Steine, Umstände so lange neu arrangieren, bis sie für uns einen Sinn ergeben. Und dann auch von vorne anfangen. Auf die Vision kommt es an. Can I see a house among the pieces I have? A tower? A plant? Do I want to build a city or create an abstract design with them? An un­usuallooking animal? A letter of the alphabet? We have the ability to create new things with what we already have, to capture a mood, ­commemorate an occasion. We can keep rearranging the ­various parts we have until they finally mean something to us. And then start all over again. It’s all a matter of perspective and imagination.

1


Vogelbeobachtung ist die neue Achtsamkeit. Weniger Stress und mehr Ausgeglichenheit – das geht auch ganz ohne Yoga, nur durch die ­stille Anteilnahme am Leben der Vögel. Apps zur ­Vogelbestimmung werden immer beliebter, ­Ornithologie-Verbände verzeichnen steigende ­Anfragen. Vielleicht auch deshalb, weil Vögel nicht nur vielfältige und interessante Verhaltensweisen zeigen, sondern weil sie für etwas ­stehen, das uns in Zeiten der Pandemie schmerzlich fehlt: uneingeschränkte Bewegungsfreiheit. Ornithology is the new mindfulness. Bid farewell to stress and embrace the new tranquility.You don’t need yoga. Simply immerse yourself in your local birdlife. Apps helping to identify different species are gaining in popu­ larity, with more and more enthusiasts contacting birdwatching clubs. Not just because birds’ behavior is so intriguing and varied. Also, perhaps, because our feathered friends have ­something we sadly and badly miss during the pandemic: unrestricted mobility.


3

»Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss.«

“One cannot step twice into the same ­river.”

Der Satz des Philosophen Heraklit begleitet uns nun seit über 2.500 Jahren, und den­noch will sich der Mensch an den steten Wandel nicht so recht gewöhnen.Vielmehr sehnen wir uns nach klaren Rahmenbedingungen so­w ie nach Beständigkeit und Vertrautem. Doch alles Leben ist Veränderung, und andauernd kommt etwas Neues, so wie dieser ATLAS , der dem Neuen gewidmet ist. Wie uns das Neue stärkt und flexibel macht im Hinblick auf die Zukunft, erklärt der Hirnforscher Gerd Kempermann im Interview. Der Blick in die Natur zeigt, dass das Neue per se weder gut noch schlecht ist. Und auch der Brexit bringt allerhand Neu­es mit sich: Unsere Titelreportage gibt Ein­­­blicke, wie die Menschen in England in diesen Tagen auf den Umbruch blicken, in dem sie sich befinden. Der Schriftsteller Stefan Kutzenberger fragt unterdessen, wie lang das Neue eigentlich neu bleibt. Und auch aus unserem Unternehmen gibt es Neuig­keiten zu berichten, die wir mit Ihnen teilen. Das Neue kommt. Es fordert uns, schärft die Sinne und öffnet Horizonte. Entscheidend ist, wie wir ihm begegnen und was wir daraus machen.

The philosopher Heraclitus made this pro­nouncement over 2,500 years ago, and yet we still cannot accustom ourselves to a world in constant flux. As human beings, we find clarity reassuring. We yearn for ­consistency and familiarity. In reality, though, change is our only constant. There is always something new appearing. Like this issue of ATLAS, which is dedicated to that very subject: all things new. In an interview, brain researcher Gerd Kempermann explains how the new gives us the strength and flexibility we need to face the future. A look at the natu­ral world reveals that the new is neither in­her­ en­tly good nor bad. Brexit too is bringing all sorts of changes: our cover story pro­ vides insights into how the people of Britain are responding to the upheaval. The writer Stefan Kutzenberger asks how long the new really stays new. And, of course, there is plenty of news to share with you from our organization. Everything is new at some point. It ­chal­lenges us, hones our senses, and broadens horizons. What matters is how we respond. And what we make of it.

Eine anregende Lektüre wünscht Gebrüder Weiss

Here’s wishing you interesting reading! Gebrüder Weiss



5

Julia Smirnova Was bleibt, was kommt?  6 Comings and goings  15 Frank Haas »Die   Nachfrage nach EU-Gütern ist unersättlich«  20 “The   demand for EU goods is pretty insatiable”  21 Neu  26 New  27 Stefan Kutzenberger Die Zeitung von gestern – Wie lange ist das Neue neu?  33  Yesterday’s news – When does the new get old?  35 Martin Kaluza Gemischte Gefühle  37 Mixed feelings  39

Frank Haas mit Gerd Kempermann Den Reservetank füllen  52 Recharging your batteries   59 Imke Borchers und Miriam Holzapfel Heute schon etwas gelernt?  63 Learned anything new today?  62 Imke Borchers und Miriam Holzapfel Gute Antworten auf die Fragen der Krise  65 Good answers to questions posed by the pandemic  67 Svenja Beller Wir sind die Neuen  71 We’re the newbies  73 Unternehmensalltag  Daily Business  76

Die Welt in Orange  Orange Network  42

Claudia Saltuari ­Wo geht es hin im Landverkehr?  78 The way forward for land transport  81

Anne-Katrin Wehrmann Über das Meer oder durch die Luft?  45 Over the sea or through the air?  47

Denise Peikert Mach alles neu!  84 The seven-year switch  87

Zahlen und Fakten  Facts and Figures  50

Nachgelesen  Update  89 Neu im Netz  New on the Web  90 Impressum  Imprint  92

Gemeinsam auf zu neuen Ufern: Nach der erfolg­rei­ chen Übernahme von Ipsen Logistics begrüßte ­Gebrüder Weiss in Deutschland zum Oktober 180 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Maik Bengs aus ­Bremen ist einer von ihnen. Als Teamleiter LCL /Consol im Bereich Seefracht ist der 29-Jährige in der neuen ­Bremer Niederlassung für das Stückgutgeschäft ­zu­ständig. Joining forces for the future: following the successful merger with Ipsen Logistics, Gebrüder Weiss welcomed 180 new employees in Germany in October. Maik Bengs from Bremen is among them. In his role as team leader LCL /Consol in the Sea Freight division, the 29-year-old is in charge of general cargo operations.



7

Was bleibt, was kommt? text  Julia Smirnova  fotos  Jason Alden

Der Brexit verändert Städte und ihre Bevölkerung im Süden Englands. Im Hafen von Dover wird Chaos an der Grenze befürchtet. Und die Einwohner zweier Dörfer in Kent werden bald neben einer Zollstation leben. Wenn der Himmel über Dover hellblau strahlt, geht Stephen Potter gerne auf den Hügeln der Stadt spazieren. Der 61­-jährige Brite wohnt hier an der Küste und arbeitet für die Grenzpolizei. Von hier oben kann er den Blick zu den ­berühmten weißen Kreidefelsen genießen, den white cliffs of Dover. Für viele Engländer stehen sie für Heimatliebe und Patriotismus, für das Besondere ihrer Insel. Von hier aus ­wurde England gegen Angriffe vom Festland verteidigt. Die Felsen grenzen die Insel von Europa ab. Doch hier wird ­einem auch ganz plastisch vor Augen geführt, wie eng Groß­ britannien mit dem Kontinent immer noch verbunden ist. Auf der anderen Seite des Ärmelkanals liegt Frankreich nur 33 Kilometer entfernt. An heiteren Tagen ist Calais mit bloßem Auge zu sehen. Und unten im Hafen bleibt das ­Leben nie stehen: Eine riesige Fähre steht angedockt und ist bereit, Hunderte Wagen an Bord zu lassen. Weil die ­Check-in-Schleuse noch für ein paar Minuten geschlossen ist, ­stehen Laster wie bunte Teile in einem Baukasten schön aneinandergereiht vor der Rampe. Sie kommen aus zahl­ reichen europäischen Ländern – aus Polen, der Slowakei, Rumänien, der Tschechischen Republik oder Deutschland. Die Schleuse wird geöffnet, und sie fahren über Rampen auf die Fähre, um ihre Reise auf den Kontinent fortzusetzen. An einem typischen Tag kommen rund 8.000 Lastwagen aus allen EU -Staaten durch Dover.

Links: Die steilen Klippen von Dover markieren die britische Grenze. Rechts: Stephen Potter, Wanderer über den ­Kreidefelsen Left: The steep cliffs of Dover delineate the ­border of Britain. Right: Stephen Potter walking the chalk cliffs

Wenn Stephen Potter von den Klippen auf die Hunderte von Lastern schaut, die sich hier sammeln, fürchtet er, dass ­seine Stadt im Januar einen Verkehrskollaps erleben könnte, sollten sich Großbritannien und die Europäische Union nicht auf ein neues Handelsabkommen einigen. »Tausende Laster kommen jeden Tag hierher, verlassen die Fähre und fahren sofort weiter«, sagt er. »Doch bald werden sie irgendwo anhalten müssen.« Am 31. Januar 2020 hat Großbritan­nien die Europäische Union verlassen. Bis zum Ende des Jahres gilt noch eine Übergangsfrist: Die Briten

Stephen Potter


8

Vereinigtes Königreich

halten sich an die EU -Regeln, der Handel über die Grenze erfolgt weiterhin reibungs­los. Doch das wird sich bald ­ändern. Wenn Großbritannien nicht mehr Teil der Zollunion und des Binnenmarktes ist, muss an der Grenze kontrolliert werden, ob die Mehrwertsteuer und Zölle für die impor­ tierten Waren gezahlt wurden. Wie genau das geschehen soll, weiß im Moment noch niemand. Potters größte Sorge ist, dass sich der Verkehr im bottleneck, an der Engstelle von Dover, stark verlangsamt. »Das wird nicht immer so bleiben, aber im ersten Jahr könnte es für die Menschen in Dover schlimm werden, denn wir nutzen dieselben Autobahnen A20 und A2, um aus der Stadt rauszukommen«, sagt er. »   Ein Deal ist besser als nichts.« Der Lkw-Fahrer Steven Jones wird Anfang Januar auf jeden Fall mehr Essen einpacken, wenn er wieder auf den ­Kontinent fahren wird. Der 56-jährige Schotte fürchtet, dass es im schlimmsten Fall am Anfang bis zu zwei Tage dauern könnte, die Zollkontrollen zu passieren, falls Großbritannien ohne Abkommen aus der EU ausscheidet. »Stellen Sie sich vor, so lange im Wagen zu sitzen«, sagt er. Mit seinem Laster wartet er auf einem Parkplatz in der Nähe von Ashford, ­einer Stadt rund 20 Meilen von Dover, um eine Ladung auf-

zunehmen, die mit der Fähre über den Ärmelkanal kommt. Jones erinnert sich noch ganz gut an ein Europa mit Grenzen, in seiner Jugend habe er viel auf dem Kontinent ­gearbeitet und denkt jetzt fast nostalgisch an diese Zeit zurück. »Ich liebte es, all diese unterschiedlichen Währungen, die Fahrten von einer Grenze zur nächsten, das fand ich ­alles ganz ­spannend«, sagt Jones. Doch jetzt bereitet ihm die Unge­wissheit über den Ausgang der Verhandlungen große Sorgen. Ein Streitpunkt sind die Fischereirechte, und hier ist der ­Schotte Jones gespalten. Einerseits sagt er: »Schottisches Gewässer gehört zu Schottland.« Andererseits will er nicht, dass daran das ganze Abkommen scheitert, was dazu führen ­würde, dass er womöglich mehrere Tage an der Grenze war­ ten müsste. »Ein Deal ist am Ende besser als nichts«, sagt er.

Oben: Die Lkw-Fahrer Steven Jones (links) und ­Bouda Petrica (rechts) Rechts: Jährlich passieren etwa eine Million Lkw den Hafen von Dover. Top: The truck drivers Steven Jones (left) and ­Bouda Petrica (right). Right: Some one million trucks pass through the port of Dover every year.



Auch sein Kollege, der 25-jährige Bouda Petrica aus Rumänien, hofft auf ein Abkommen. Sonst fürchtet er, dass er im nächsten Jahr an der Grenze jedes Mal zwei Tage warten muss. Momentan ist er einen Monat lang unterwegs und verbringt danach neun Tage zu Hause. Er würde gerne bald in Rumänien eine Familie gründen, doch das wäre kaum möglich, wenn er etwa zwei Monate am Stück weg von zu Hause sein wird. »Das ist kein Leben für einen jungen Menschen«, sagt er. Es trifft vor allem die Kleinen Die Unsicherheit des Brexit trifft vor allem kleine Unternehmen. Paul Withers betreibt am Rande von Ashford eine ­Speditionsfirma. »Andere Firmen können mehr Geld investieren, um Anlagen und Lager zu bauen und sich auf verschiedene Ausgänge vorbereiten«, sagt er. »Aber wir sind ein kleines Unternehmen, und ich will kein Geld mehr ausgeben, bis ich weiß, was genau passieren wird.« Schon zwei Mal habe er sich auf einen ungeregelten Abschied aus der EU vorbereitet, dann aber wurde die Verhandlungs- oder die Übergangsfrist doch verlängert. »Für uns war das eine große Belastung, denn es gab sehr viel Arbeit auf einmal und dann einen Monat lang keine Aufträge, weil alle Lager voll waren«, erzählt Withers. Wenn er zu seiner Meinung über den Brexit gefragt wird, sagt er nur ein Wort: »Frustration.«

Um das Chaos an der Grenze in Dover zu verhindern, will die britische Regierung mehrere Zollanlagen und Parkplätze entlang der Autobahnen A20 und A2 bauen. Das bedeutet aber auch, dass sich das Leben der Menschen in Ashford und den umliegenden Dörfern stark verändern wird. Im Juli bemerkte Sharon Swandale, dass mehrere Pfade in der Nähe ihres Dörfchens Mersham von heute auf morgen gesperrt wurden. Neben Mersham liegen Felder, die bis vor Kurzem einer Versicherungsfirma gehörten. Im Dorf mun­ kelte man, der Internetriese Amazon wolle hier ein Ver­ sandlager bauen. Doch der Brexit veränderte alles. Die britische Regierung kaufte das Gelände und beschloss, hier eine ­Zollanlage und einen Parkplatz zu bauen, mit einer Kapazität für 2.000 Laster. MOJO heißt das Projekt offiziell. In der Lokalpresse wird es aber immer wieder als »Farage Garage« bezeichnet, nach dem Rechtspopulisten Nigel Farage, der die Brexit-Kampagne anführte. »Wir haben nur durch Zufall erfahren, was hier geplant ist, als ein Dokument an die ­Öffentlichkeit geleakt wurde«, erzählt Swandale. Die Ent­ schei­dung wurde in London getroffen, der Gemeinderat war nicht involviert und nicht einmal rechtzeitig informiert. ­Diese Intransparenz und hektische Planung wühlten die Dorf­ bewohner auf, die sich mehr lokale Mitbestimmung wünschen. Swandale und ihre Gruppe The Village Alliance setzen


11

Vereinigtes Königreich

sich jetzt dafür ein, dass zwischen dem Dorf und der Baustelle ein »green gap« gelassen wird, ein unbebautes Feld. In Mersham reiht sich ein weitläufiger und perfekt gepfleg­ ter Garten an den anderen, zwischen Bäumen und ­grünen Hecken stehen alte geräumige Häuser. Die Familie von ­Sharon Swandale lebt hier schon seit 20 Jahren, ihr Mann arbeitet im IT-Bereich und erreicht von hier aus bequem seine Kunden in London. Das idyllische Landleben und die Nähe zur Autobahn, über die man schnell in der Hauptstadt ist, werden hier von vielen geschätzt. Es ist eine konserva­tive Gegend. Seit über hundert Jahren wird der Wahlkreis von Ashford im britischen Parlament durch Tory-Abgeordnete vertreten, mit einer kurzen Unterbrechung in den 1920ern.

Linke Seite: Noch läuft in Dover alles in ­ geordneten Bahnen. Oben: Spediteur Paul Withers (links) und ­Anwohnerin Sharon Swandale (rechts) Left side: Things are still running smoothly in Dover. For now. Top: Freight forwarder Paul Withers (left) and local resident Sharon Swandale (right).

Vor den Häusern hängt der Junion Jack. Die Nachbarn von Swandale haben nicht die EU -Fahne vor ihren Häusern hängen, wie sie in manchen liberalen Bezirken von London zu sehen ist, sondern die britische Fahne, den Union Jack. Sie hängt hier seit dem VE -Day im Mai, den Feierlichkeiten zur Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs. Viele Menschen unterstützen Premierminister Boris Johnson und den Brexit. Der Wahlkreis stimmte 2016 59 Prozent mehrheitlich für den Austritt aus der EU . Auch eine Zollanlage vor der Tür hat diese Einstellung nicht



13

Vereinigtes Königreich

Links: In Mersham entsteht ein gigantischer LkwParkplatz; der Gemeinderat Paul Bartlett begleitet die Baumaßnahmen (rechts). Left: A gargantuan truck park is being built in ­Mersham; local councilor Paul Bartlett is monitoring its construction (right).

s­ onderlich verändert. Schließlich gab es in der Nähe von Mersham schon eine ähnliche Anlage, die 1993 geschlossen wurde, als der europäische Binnenmarkt entstanden ist. Die Bauarbeiten für MOJO haben gerade angefangen. Auf den Feldern sind Baumaschinen und ein Team von ­Archäologen zu sehen. Denn die Gegend hat eine lange ­Geschichte. »Wir hatten hier schon Funde aus der Bronze-, Eisen- und Steinzeit«, sagt Paul Bartlett, ein Gemeinderat der Konservativen Partei, der selbst im Dorf Sevington, nur ein paar Hundert Meter entfernt, wohnt. Die Bauarbeiten mussten jetzt vorübergehend gestoppt werden, weil man eine alte Mauer im Feld fand, die möglicherweise aus der Zeit vor der normannischen Eroberung der Insel stammen könnte. Bartlett, der sich für die lokale Geschichte interessiert, unterbricht sogar kurz das Interview, um eine E-Mail mit den Einschätzungen eines Archäologen zu der Geschichte der Mauer zu lesen. Nach ein paar Sekunden wirkt er sichtbar enttäuscht. »Es ist das 18. oder 19. Jahrhundert«, liest er vor. Die Mauer hat also keinen besonderen Wert, denn sie ist jünger als einige Häuser in den umliegenden Dörfern, die noch aus der Tudor-Zeit stammen. Bald soll das Gelände ganz anders aussehen. Ein Teil werde vom Ministerium für Umwelt, Ernährung und länd­ liche Angelegenheiten (DEFRA ) genutzt, um die Qualität

von Lebensmitteln zu kontrollieren, die nach Großbritannien eingeführt werden. Doch Bartlett sagt, dieser Teil werde wohl nicht vor Mitte 2021 in Betrieb genommen. Der zweite Teil des Geländes ist für Zollkontrollen bestimmt. Die britische Regierung will ein elektronisches System einführen, das auf Vertrauen basiert, erklärt Bartlett. Wenn die Zolldokumentation elektronisch eingereicht wird, muss man nur eine kleine Anzahl der Laster physisch kontrollieren. »Idealfall versus Chaos« Im Idealfall werden hier also nur 80 Laster täglich kontrolliert. Doch sollte in Dover nach einem ungeregelten Brexit das Chaos ausbrechen oder etwa das IT -System nicht richtig funktionieren, könnte es auch sein, dass alle 2.000 Park­ plätze belegt werden. Die Menschen in Dover hoffen, dass die Parkplätze wie dieser in Ashford helfen werden, den ­Verkehrskollaps in ihrer Stadt zu verhindern. »Das wird einen Unterschied machen«, sagt der Grenzbeamte Stephen P ­ otter. Er nennt den Brexit »eine fürchterliche Entscheidung«, er selbst stimmte dagegen. Nur dass er wahrscheinlich bei der Grenzpolizei mehr Arbeit haben wird, das sei jetzt eine gute Sache für ihn. Am Ende weiß noch niemand genau, wie ein Abkommen zwischen Großbritannien und der EU aussehen wird und


14

Vereinigtes Königreich

wie es implementiert wird. »Vielleicht wird im Januar auch nichts passieren. Vielleicht werden wir noch eine längere Übergangszeit haben«, sagt Sabine Piper, eine Einwohnerin von Dover. Am Ende ihres Arbeitstags im Reisebüro sitzt sie mit ihrer Schwester Pamela ­Danne am Strand. Die zwei Frauen haben eine deutsche Mutter und einen englischen Vater. Ein Teil der Familie lebt in Deutschland, doch die beiden haben nur britische Pässe. Danne hat sogar für den ­Brexit gestimmt. »Ich stehe immer noch zu dieser Entscheidung«, sagt sie. »Wir wollen die ­hiesige Wirtschaft wieder zum Laufen bringen.« Da ­schüttelt Piper nur den Kopf. Sie hat 2016 beschlossen, gar nicht ab­zustimmen. Doch auch sie muss wie die ganze Stadt mit den Konsequenzen leben.

Julia Smirnova ist 1983 in Russland geboren. Sie arbeitet als freie ­Journalistin in London und schreibt für deutsche Medien wie Der Spiegel, Welt oder ZEIT Online Analysen, Porträts und ­Reportagen. Britische Kleinstädte hält sie für eine Fundgrube für ­Geschichten.

Eine Familie, zwei Meinungen zum Brexit: Die Schwestern Sabine Piper (links) und Pamela Danne A single family, divided opinions on Brexit: sisters Sabine Piper (left) and Pamela Danne


15

Comings and goings TEXT

Julia Smirnova

Brexit is transforming towns and lives in the south of England. The prospect of chaos is looming at the border in Dover. And the inhabitants of two villages in Kent will soon have a new neighbor: a customs post. When the skies shine blue over the port town of Dover, Stephen Potter enjoys taking walks across its hills. The 61-year-old Brit, a customs officer, lives on the coast. From the heights he can savor the view of the world-famous white cliffs of Dover. For many of his compatriots, these chalk cliffs epitomize patriotism and love of country. It was here that the English defended themselves against attacks from main­land Europe. This rock face marks the dividing line between the island and the continent. Yet it also brings the close ties between the two land masses sharply into focus. France is only 33 kilometers distant on the other side of the English Channel. On a clear day, Calais is visible to the naked eye. Down at the port, life never stops. A huge ferry has just docked, ready and willing to welcome hundreds of cars on board. As the check-in area is closed for another few minutes, the trucks wait in orderly lines by the ramp, like brightly-­ hued building blocks in a children’s playset. They come from all over Europe – Poland, Slova­ kia, Romania, the Czech Republic, Germany. Finally, the gates open and they wend their way to the ferry. The next leg of their journey will begin on the mainland. On a typical day, some 8,000 trucks hailing from every country in the EU pass through Dover. Gazing down from the cliffs at the legions of trucks, Stephen Potter can’t help but feel concerned. If the UK and EU are unable to close a trade deal, the traffic might grind to a halt in January, producing the ultimate snarl-up in his hometown. “Every day thousands of trucks arrive on ferries here, disembarking and immediately continuing their journeys,” he says. ­“But soon they will be making an enforced stop,” he adds. Britain left the European Union on January 31, 2020, but a transition period will remain in force until the end of the year. The British are still following EU rules, allowing cross-border trade to continue smoothly. That, however, will soon change. Once Britain leaves

the Customs Union and Single Market, imported goods will have to be checked at the border – to make sure their sales tax and customs duty are paid. At present, nobody quite knows how that will work. Potter’s main concern is that Dover will become the bottleneck, effectively crippling lo­cal traffic. “It won’t last forever, but during the first year the people of Dover could find themselves under siege,” he says. “We use the same A20 and A2 motorways to get out of town.” “  Any agreement is better than no deal.” Truck driver Steven Jones will definitely be pack­ ing more food in the new year when he takes his first trip to the continent. In a worst-case scenario, it could take him up to two days to clear customs if Britain leaves without a deal, the 56-year-old Scot fears. “Imagine being stuck in your vehicle for that long,” he says. He is parked in a lot near Ashford, a town some 20 miles from Dover, waiting for a load due to arrive on the cross-Channel ferry. Jones has vivid memories of a Europe with borders. As a young man he spent a lot of time working on the conti­ nent, and now seems almost nostalgic about those years. “I loved all the different currencies, the individual stages between one border and the next. It was all very exciting,” he says. Yet now doubts over the outcome of the negoti­ ations are starting to gnaw at him. Fishing rights are one bone of contention, and here Jones has mixed feelings. “We can’t simply abandon Scotland’s waters,” he says, but he doesn’t want the entire agreement to collapse, either. If that happened, he might have to wait for days on end at the border. “Ultimately any agreement is better than no deal.” His colleague, 25-year-old Bouda Pectrica from Romania, is also praying for consensus. Otherwise, following Brexit, he too might have to spend two days at the border. In each ­direction. Currently he alternates between a month on the road and nine days at home. He would like to start a family in Romania soon, but that would be out of the question if he were away for two months at a time. “That’s no life for somebody of my age,” he says.


16

United Kingdom

Tough on small businesses The uncertainty revolving around Brexit is par­ ticularly tough on small businesses. Paul ­Withers runs a freight-forwarding company on the outskirts of Ashford. “Other firms have more money to invest in new facilities and ware­ houses, to prepare for the various potential outcomes,” he says. “But we’re a small operation and I don’t want any further outlays until I know exactly what they’re for.” He had already prepared twice for an unregulated departure, only for the negotiations to be extended each time. “That was a real pain. We suddenly had masses of work, and then no orders at all for a month because all the warehouses were full,” Withers says. When asked what he thinks of Brexit, only one word comes to mind: “Frustration.” To prevent the projected mayhem at the Dover border, the British government wants to build customs facilities and parking lots along its A20 and A2 motorways. That will, how­ ever, bring major changes to the inhabitants of Ashford and the villages nearby. In July, Sharon Swandale noticed that several paths near her home village of Mersham had been closed off overnight. Until recently, the fields they crossed had been owned by an insurance company. There were rumors cir­ culating in town that the internet giant Amazon might build a distribution center there. But Brexit changed everything. The British government purchased the site and decided to erect a customs facility and car park accommodating 2,000 trucks. While the project’s official name is MOJO , the local press often calls it the “Farage Garage” – after the nationalist politician Nigel Farage who piloted the Brexit movement. “It was pure coincidence that we found out what was in the pipeline. An official document got leaked,” Swandale says. The decision was made in London, and local government was not involved. In fact, it was kept in the dark until it was too late. The cloak-and-dagger tactics and breakneck pace of the planning angered the villagers, who want a bigger say in the project. Swandale and her group Village Alliance are now campaigning for a “green gap” between their homes and the construction site. In the shape of an uncultivated field. Expansive, perfectly manicured gardens form rows in Mersham, with old, generously pro­ portioned houses punctuating the trees and hedges. Sharon Swandale’s family has lived

here for 20 years. The inhabitants appreciate the com­bination of idyllic, rural lifestyle and fast motorways – which give them quick access to London. Her husband works in IT and can easily reach his customers there. It’s a politically conservative area. For over a century now, the Ashford constituency has almost exclusively elected Tory Members of Parliament, with a brief interruption in the 1920s the sole exception. The locals fly the Union Jack There are no EU flags wafting from her neighbors’ homes as they do in liberal parts of the capital. Instead the locals fly the Union Jack, the British flag, and have done so since the VE Day celebrations commemorating the end of World War II in Europe in May 1945. Lots of locals support Prime Minister Boris Johnson and Brexit. Fifty-nine percent of them voted to leave the EU in 2016. Not even the prospect of a customs post on their doorsteps can change their minds. After all, until 1993 when the EU ’s Single Market was launched, a similar facility already existed near Mersham. Building work on MOJO has just begun. Construction equipment and a team of archae­ ologists can be seen out in the fields. This area has a long history. “We’ve had finds from the Bronze, Iron and Stone Ages here,” says Paul Bartlett, a Conservative Party councilor from the village of Sevington just a stone’s throw down the road. Work has been temporarily halted after an ancient wall was discovered in the field. It might even predate the Norman Conquest of 1066, the last foreign invasion of mainland Brit­ain. Bartlett, a local history buff, even interrupts the interview to read an email containing an archaeological assessment of the find. After a few seconds he appears visibly downcast. “It’s from the eighteenth or nineteenth century,” he recites. In other words, the wall has no special historical value, having been built more recently than homes in the surrounding villages, some of which can be traced back to the Tudor period. Ideal vs. chaos Soon the area will be unrecognizable. “It’s going to be all action here on January 2,” Bartlett predicts. The Department for Environment, Food and Rural Affairs (DEFRA ) will be using part of the site to monitor the quality of food imports. But that operation, Bartlett says, is unlikely to be up and running until mid-2021. The second


United Kingdom

part of the site is reserved for customs pro­ cessing. The UK government wants a ­trust-based electronic system, Bartlett explains. If customs documents are submitted online, only a small number of trucks will need physical checks – ideally a mere 80 a day, Bartlett surmises. But if pandemonium breaks out in Dover after a hard Brexit, or the IT systems fail, then all 2,000 parking spots might well be needed. Dover residents hope that truck parks of the kind in Ashford can help prevent major congestion in their town. “It’s going to make a real difference,” says customs officer Stephen Potter. He calls Brexit “a terrible decision,” and he himself voted against it. The upside for him: he will likely have more work with the border authorities now. Ultimately, no one knows exactly what shape an EU -UK deal will take, and how it will be implemented. “Maybe nothing will happen in January at all, at least not immediately. Maybe we’ll get a longer transition period,” says Sabine Piper, a Dover local. She is spending early evening on the beach with her sister Pamela Danne following a day’s work at a travel agency. The two women share a German mother and English father. Although part of their family lives in Germany, they only have British passports. Danne even voted for Brexit. “I still stand by that decision,” she says. “We want to get our economy back on the rails.” Piper simply shakes her head. She opted not to vote at all in 2016. But like all the townsfolk, she too will have to live with the consequences.  Julia Smirnova was born in Russia in 1983. The London-based freelance journalist pens analyses, portraits and reports for German media such as Der Spiegel, Die Welt and ZEIT Online. In her view, small British towns are a treasure trove of fasci­ nating stories.

17




20

»Die Nachfrage nach EU -Gütern ist unersättlich« Frank Haas im Gespräch mit Michael Stephenson

Davies Turner ist seit 40 Jahren die Partnerspedition von Gebrüder Weiss in Großbritannien. Im Interview spricht Geschäftsführer Michael Stephenson über seine persönlichen Brexit-Erwartungen. Wir stehen zurzeit vor dem sogenannten No-Deal-Brexit. Wie haben Sie, als Logistikunternehmen, sich auf diese Situation vorbereitet? Das hat uns viel Zeit und Geld gekostet. Es ist schwierig, ­Pläne zu machen, wenn man nicht weiß, wofür. In letzter ­Minute scheint sowohl bei der EU als auch bei der britischen Regierung der ehrliche Wunsch zu bestehen, ein Han­dels­ abkommen zu vereinbaren, also hoffen wir das Beste.­Un­­ab­ hängig vom Ergebnis werden wir gut vorbereitet sein. Wir haben zusätzliches Zollpersonal eingestellt und ge­schult, und wir entwickeln unsere Import-und-Export-Systeme ­weiter. Die Herausforderung besteht darin, die konkurrenz ­fähigen Vorlaufzeiten, die für unsere gemeinsamen Kunden ­mittlerweile selbstverständlich sind, bestmöglich einzuhalten. Haben Sie Angst um die Wettbewerbsfähigkeit britischer Produkte? Ein No-Deal-Abkommen wird sich sicherlich auf die Wett­ bewerbsfähigkeit britischer Produkte und Dienstleistungen auswirken; dies könnte jedoch durch den sinkenden Wert des Britischen Pfunds ausgeglichen werden. Auch wenn sie nicht mehr in britischem Besitz sind, sind Autohersteller wie ­Jaguar Landrover (JLR ) sowie große Fertigungsanlagen für Nissan und Toyota neben der Luft- und Raumfahrt und dem Finanzwesen äußerst wichtig für die britischen Exporte in die EU . Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden diese Industrien stark von einem Freihandelsabkommen abhängen, und eine gewisse Flexibilität bei den Ursprungsregeln, die scheinbar einen schwierigen Punkt in den Verhandlungen darstellen, wird notwendig sein. Was ist Ihre persönliche Meinung zur Behauptung, der Brexit werde die britische Wirtschaft ankurbeln? Die Vor- und Nachteile werden sich möglicherweise letztendlich gegenseitig aufheben, aber die Gründe für einen Brexit

Davies Turner wurde 1870 gegrün­ det und betreibt heute über 20 Standorte in Großbritannien und Irland mit rund 100.000 Quadratmeter ­Lagerfläche. Das Familienunternehmen wird von Philip Stephenson und ­Michael Stephenson (links) geführt. Founded in 1870, Davies Turner now has 20 sites in Britain and Ireland and around 100,000 square meters of warehouse space. The family-run business is led by Philip Stephenson and Michael Stephenson (left).

sind wahrscheinlich sowohl ideologischer als auch kommerzieller Art. Kurzfristig wird erwartet, dass der Austritt aus der EU erhebliche negative Auswirkungen auf die britische Wirtschaft haben wird, aber natürlich wird sich dies deutlich verringern, wenn ein Handelsabkommen erreicht wird. Wird der Brexit die lokale Wirtschaft stärken? Und wenn ja, wie wird sich dies auf die logistischen Rahmen­bedingungen vor Ort auswirken? Auf dem Logistikmarkt wird es Gewinner und Verlierer ­geben. Einige Unternehmen im Vereinigten Königreich verlegen ihre Lagerhaltung in Lagerhäuser auf dem Kontinent, um den freien Umlauf und den reibungslosen Handel mit EU -Kunden aufrechtzuerhalten. Umgekehrt errichten einige EU -Unternehmen Vertriebslagerhäuser hier, um den bri­­ti­ schen Markt zu bedienen. Es könnte interessante regionale Auswirkungen für Davies Turner haben, da die Regierung ein strenges Verfahren zur Vermeidung von Staus um das Hafen­gebiet einführt, bei dem Lkw auf dem Weg nach Kon­ tinentaleuropa das Ausfuhrzollverfahren abgeschlossen ­haben müssen, bevor sie in die Grafschaft Kent, in der Dover liegt, einfahren dürfen. Unser wichtigster Knotenpunkt für den Weg nach Europa liegt in Dartford, Kent. Dort werden wir die Exportdokumente online an das computergestützte System der Regierung übermitteln, um so die Genehmigung zu erhalten, dass die Lkw ohne weitere Ausfuhrformalitäten direkt zum Fährhafen oder zum Eurotunnel fahren können.


21

“The demand for EU goods is pretty insatiable” Frank Haas interviews Michael Stephenson

Forwarding and logistics organization Davies Turner has been Gebrüder Weiss’ partner in Great Britain for over 40 years now. Managing Director Michael Stephenson talks about his personal expectations regarding Brexit. We are facing the so-called No-Deal-Brexit. How did you, as a logistics company, prepare for this situation? It took a lot of time and money! It is very difficult to make plans when one does not know what one is actually planning for. Finally, at the elev­ enth hour there seems a real desire by both the EU and British Government to reach a Trade Deal and so we are hoping for the best. What­­­ ever the outcome, we will be ready and prepared. We have been recruiting and training additional customs staff and developing and enhancing our import and export systems. The challenge is to maintain, as best we can, the competitive lead times our mutual clients have come to expect. Are you afraid for the competitiveness of British products? What British products do you have in your portfolio, which you do – and still want to – export to the EU? A No-Deal-agreement will certainly impact the competitiveness of British products and services but this may be offset by the falling value of sterling. Although, no longer British owned carmakers such as Jaguar Landrover (JLR), as well as major manufacturing plants for Nissan and Toyota are extremely important for UK exports to the EU along with Aerospace and Finance. To stay competitive these industries will be very dependent on a free trade agreement and some flexibility in terms of rules of origin, which we understand is a difficult point in the negotiations, will be necessary. People who voted for LEAVE claim that Brexit will boost the British economy. ­ What is your personal opinion on that? The advantages and disadvantages may eventually cancel each other out, but the reasons for Brexit are probably ideological as much as com­mercial. In the short term the UK economy is expected to experience a considerable

nega­tive effect, but of course this will be much reduced, if a Trade agreement can be reached. Do you feel that Brexit will strengthen the local economy? And if so, what would be the impact on the local logistics framework? There will be winners and losers on the logistics market. Some companies in the UK are relo­ cating their stock-holding to warehouses on the Continent to retain free circulation and frictionless trading with EU customers. In reverse some EU companies are setting up distribution warehouses in the UK to serve the UK market. There could be interesting local effects for Davies Turner as the Government is introducing a strict process to avoid traffic jams around the port area whereby trucks on route to continental Europe will need to have completed the export customs process prior to entering the county of Kent in which Dover is located. Our leading hub for continental Europe is situated at Dartford in Kent where we will be able to complete the export documentation online to the Government computerized system and obtain per­mission for the trucks to travel straight to the ferry port or Eurotunnel with no further export formalities. However, the Government’s com­ puter system is not yet ready which is a concern as we approach January 2021! Talking about import – what products do you expect to still be preferred by British consumers even when prices rise due to custom fees? The demand for EU goods is pretty insatiable – technology, consumer goods like washing machines and motorcars and of course wine and cheese. The consumption of alcohol has substantially increased during Covid-19 lockdown! Apart from the obvious challenges that Brexit will pose to your business, could you imagine benefits, as well? Even in the free trade area, which we hope for, there will be many more Customs clear­ances for Davies Turner to handle. We have the staff, the systems and the Customs-controlled prem­ises to process the extra work fast and profitably. But to complete our preparations,


22

United Kingdom

we need a detailed agreement between Brussels and Westminster, without further delay! There is a lot of concern among forwarders regarding timeliness of border clearance. What do you expect in this regard? Initial delays are inevitable but we will be prepared for any scenario that a EU and UK trade deal will lead to. British Customs will also be under strain so may show some flexibility during the six month introductory period through to 06/30/21. Davies Turner controls a great deal of Ocean and Air freight, including successful relationships with Gebrüder Weiss branches in the East Asia. We already handle a large num­ ber of trailer movements from countries outside the EU such as Turkey and Morocco, which means we have a lot of experience working un­ der all Customs regimes. We offer reassurance to our customers and partners that all areas within our control will be taken care of. Elsewhere, we are expecting some initial difficulties but the forwar­ding industry is as flexible as it is resilient and so I’m sure we will all soon settle into the new working methods that will become necessary.

If asked today, would you expect the British people to vote for LEAVE again? The British people effectively had a second vote on Brexit during the turbulent politics and Christmas election last year which Boris Johnson won with what he now famously described as an “oven-ready deal”. So for better or worse this question has been settled for the time being. However, the country remains split down the middle. The younger generation are mainly supportive of remaining in the EU and so who knows perhaps in the future there will be a vote to re-join someday, if it is felt better to be in than out.

Brexit – a chronicle 2016  In the June referendum, the British people vote to leave the EU by a narrow margin 2017 The UK invokes Article 50 of the Lisbon Treaty, triggering negotiations on its withdrawal from the EU . 2019  Following endless debates in the House of Commons and protracted negotiations in Brussels, the 27 EU countries and the British Parliament approve the Withdrawal Agreement in November.

January 31, 2020  Britain leaves the EU and ­begins an eleven-month transition period during which the parties pursue a future trade agreement. What follows, remains to be seen.


23

Vereinigtes Königreich

Allerdings ist das Computersystem der Regierung noch nicht fertig, was uns Sorgen macht, da der Januar 2021 näher rückt! Apropos Import – welche Produkte werden Ihrer Meinung nach auch dann noch von den britischen Verbrauchern bevorzugt, wenn die Preise aufgrund von Zollgebühren steigen? Die Nachfrage nach EU -Gütern ist ziemlich unerschöpflich – Technologie, Konsumgüter wie Waschmaschinen und Autos und natürlich Wein und Käse. Der Alkoholkonsum ist während des COVID -19-Lockdowns erheblich angestiegen. Abgesehen von den offensichtlichen Herausforderungen, die der Brexit für Ihr Unternehmen mit sich bringen wird, sehen Sie auch Vorteile? Selbst in der Freihandelszone, die wir uns erhoffen, wird Davies Turner sehr viel mehr Zollabfertigungen zu bewältigen haben. Wir verfügen über das Personal, die Systeme und die vom Zoll kontrollierten Räumlichkeiten, um die zusätzliche Arbeit schnell und rentabel abzuwickeln. Aber um unsere Vorbereitungen abzuschließen, brauchen wir eine verlässliche Vereinbarung zwischen Brüssel und Westminster, und das ohne weitere Verzögerung. Unter Spediteuren herrscht große Sorge bezüglich der Wartezeiten bei der Grenzabfertigung. Was sind Ihre Erwartungen in dieser Hinsicht? Anfängliche Verzögerungen sind unvermeidlich, aber wir werden auf jedes Szenario vorbereitet sein, zu dem ein Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien

führen wird. Der britische Zoll wird ebenfalls stark ausgelastet sein, sodass es während der halbjährigen Einführungsphase bis zum 30. Juni 2021 flexible Lösungen geben könnte. Davies Turner macht See- und Luftfrachtgeschäfte in großem Umfang, auch in erfolgreicher Zusammenarbeit mit Gebrüder Weiss in Ostasien. Schon jetzt wickeln wir regelmäßig Transporte aus Ländern außerhalb der EU wie der Türkei und Marokko ab, wir haben also viel Erfahrung in der Verzollung. Wir bieten unseren Kunden und Partnern die Gewissheit, dass alle Prozesse, die wir selbst kontrollieren können, gut laufen. Woanders erwarten wir anfängliche Schwierigkeiten, aber das Speditionsgewerbe ist ebenso flexibel wie widerstandsfähig, deshalb bin ich sicher, dass wir uns alle schon bald an die neuen Arbeitsmethoden gewöhnen werden. Wenn Sie heute gefragt werden, würde das britische Volk erneut für Leave stimmen? Das britische Volk hat ja bereits quasi zum zweiten Mal über den Brexit abgestimmt, während der turbulenten Phase mit der Wahl um Weihnachten im vergangenen Jahr, die Boris Johnson mit einem »ofenfertigen Deal«, wie er es nannte, gewann. Diese Frage ist also wohl oder übel vorläufig geklärt. Dennoch bleibt das Land gespalten. Die jüngere Generation befürwortet den Verbleib in der EU größtenteils, und wer weiß, vielleicht wird es eines Tages eine Abstimmung geben, um wieder beizutreten, falls es sich herausstellt, dass es doch besser ist drin zu sein statt draußen.

Brexit – eine Chronik 2016 Per Referendum stimmt die britische Bevölkerung im Juni mit knapper Mehrheit für einen Austritt aus der EU.

KOPEN H AGEN

Großbritannien

LON DON

A MST ER DA M

BER LIN

BRÜS SEL

2017 Großbritannien stellt einen schriftlichen Antrag auf Austritt; die Verhandlungen beginnen. 2019 Nach Endlos-Debatten im britischen Unterhaus und langen Verhandlungstagen in Brüssel stimmen im November sowohl die 27 EU -Länder als auch das britische Parlament dem Brexit-Vertrag zu.

PR AG

PA R IS

31.01.2020 Großbritannien verlässt die EU ; bis Ende des Jahres gilt eine Übergangsregelung, nach der sich zunächst für Wirtschaft und Handel nichts ändert. Um ein zukünftiges Handelsabkommen wird gerungen.


Planet 9 ist der neue Pluto. Seit Pluto 2006 zum Zwergplaneten degradiert wurde, sind es eigentlich nur noch acht Planeten in unserem Sonnensystem. US -Forschern ­zu­folge gibt es aber einen Ersatz: Man vermutet den Planeten 9 mit fünf- bis zehnfacher Masse irgendwo dort, wo wenig Sonnenlicht hingelangt. Im Dunkeln also. Planet 9 is the new Pluto. After Pluto was downgraded into a dwarf planet in 2006, there were only eight planets left in our solar system. But according to U. S. scientists, an unknown replacement might be waiting in the wings. Planet 9 is thought to have between five and ten times the mass of Earth. However, because little sunlight reaches it, it remains largely in the dark. Rather like the scientists.


Slow Food ist das neue Fast Food. In Zeiten der Pandemie spendet die Hinwendung zu einfachen, guten Lebens­mitteln mehr Trost denn je. Selten wurde so viel zu Hause ­gekocht und experimentiert wie in diesem Jahr. Denn frisch zubereitetes Essen macht nicht nur satt, sondern auch zufrieden. Slow food is the new fast food. The expression “comfort food” has never rung truer than now, during the pandemic. Homecooking and experimenting have never been as popular as this year. After all, freshly prepared meals not only fill you up; they also make you feel good.


NEU

Südkorea

rund 1.020 km

Seoul

GW-STANDORTE /

E XPORT-SCHWERPUNKTE TOP 3

MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

Elektronik Fahrzeuge Schiffe

1  / 13 LANDESSPRACHE

Koreanisch

IMPORT-SCHWERPUNKTE TOP 3

DURCHSCHNITTSALTER

Maschinen Elektronische Geräte und Ausrüstung Erdöl

40,8 Jahre DURCHSCHNITTSTEMPERATUR

zwischen 11,8 °C (Seoul) und 14,7 °C (Busan) LANDFLÄCHE

100.210 km2 NATIONALPFLANZE

Mugunghwa – Hibiskusblüte AUSSENHANDELSQUOTE

77,6 %

NATIONALFEIERTAG

15. August: Erinnerung an das Ende der japanischen Kolonialzeit 1945 TYPISCHES GERICHT AN EINER RASTSTÄTTE

Tteokboukki – das sind längliche, scharf gebratene ­kleine Reiskuchen BUCH ODER FILM ZUR REISEVORBEREITUNG

Bong Joon-ho: Okja (2017) GEFÜHLTER EXPORTSCHLAGER

Kimchi, K-Pop und Dalgona-Kaffee


27

NEW

South Korea Seoul

GW locations/ employees 1 / 13 Language Korean Average age 40.8 Average temperature Between 11.8°C (Seoul) and 14.7°C (Busan) Land area 100,210 km2 National plant Mugunghwa – hibiscus blossom Foreign trade quota 77.6 %

Top three export areas Electronics Vehicles Ships Top three import areas Machinery Electronic equipment Oil National holiday August 15 commemorating the end of the Japanese colonial era in 1945 Typical comfort food Tteokbokki – oblong, spicy, stir-fried rice cakes Book or film on preparing for travel Okja (2017) by Joon-ho Bong Perceived leading export Kimchi, K-Pop and Dalgona coffee


28

NEW

Australia Sydney

GW locations/ employees 2  / 6 Language English Average age 37.9 Average temperature Between 19.6°C (in the south) and 31.9°C (in the north)

Top three export areas Coal Iron ore Natural gas Top three import areas Vehicles Machinery Telecommunications equipment National holiday January 26, Australia Day

Land area 7,688,287 km²

Typical comfort food Meat pie, a baked pot pie filled with ground or diced beef and served with tomato sauce

National plant Golden wattle

Book or film on preparing for travel Crocodile Dundee (1986) by Peter Faiman

Foreign trade quota 40.0%

Perceived leading export Blundstone footwear, Vegemite, Hollywood actors


NEU

Australien

rund 383 km

Sydney

GW-STANDORTE /

E XPORT-SCHWERPUNKTE TOP 3

MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

Steinkohle Eisenerz Erdgas

2  / 6 LANDESSPRACHE

Englisch

IMPORT-SCHWERPUNKTE TOP 3

DURCHSCHNITTSALTER

Fahrzeuge Maschinen Nachrichtentechnik

37,9 Jahre DURCHSCHNITTSTEMPERATUR

zwischen 19,6 °C (im Süden) und 31,9 °C (im Norden) LANDFLÄCHE

7.688.287  km2 NATIONALPFLANZE

Goldakazie AUSSENHANDELSQUOTE

40,0 %

NATIONALFEIERTAG

Australia Day: 26. Januar TYPISCHES GERICHT AN EINER RASTSTÄTTE

Meat Pie – eine mit Hackfleisch oder gewürfeltem ­Rindfleisch gefüllte Pastete, mit einer reichhaltigen ­Tomatensoße serviert. BUCH ODER FILM ZUR REISEVORBEREITUNG

Peter Faiman: Crocodile Dundee (1986) GEFÜHLTER EXPORTSCHLAGER

Blundstones-Schuhe, Vegemite, Hollywood-Schauspieler*innen


NEU

Neuseeland

rund 1.600 km

Auckland

GW-STANDORTE /

E XPORT-SCHWERPUNKTE TOP 3

MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER

Lamm-, Schaf- und Rindfleisch Schafwolle Früchte

2 /10 LANDESSPRACHE

Englisch

IMPORT-SCHWERPUNKTE TOP 3

DURCHSCHNITTSALTER

Erdöl Konsumgüter Kraftfahrzeuge

37,8 Jahre (Stand: 2016) DURCHSCHNITTSTEMPERATUR

15°C im Norden, 9°C im Süden LANDFLÄCHE

268.021 km2 NATIONALPFLANZE

Silberfarn AUSSENHANDELSQUOTE

55,1 %

NATIONALFEIERTAG

Waitangi Day: 6. Februar (in Erinnerung an den Vertrag zwischen englischer Krone und den Maori) TYPISCHES GERICHT AN EINER RASTSTÄTTE

Fish-and-chips BUCH ODER FILM ZUR REISEVORBEREITUNG

Peter Jackson: Der Hobbit. Eine unerwartete Reise (2012) GEFÜHLTER EXPORTSCHLAGER

Kiwis


31

NEW

New Zealand Auckland

GW locations/ employees 2  / 10 Language English Average age 37.8 (in 2016) Average temperature 15°C in the north, 9°C in the south Land area 268,021 km2 National plant Silver fern Foreign trade quota 55.1%

Top three export areas Lamb Mutton and beef Sheep’s wool, fruit Top three import areas Oil Consumer goods Motor vehicles National holiday February 6, Waitangi Day, commemorating the birth of the nation following a treaty ­between Britain and Maori chiefs of 1840 Typical comfort food Fish-and-chips Book or film on preparing for travel The Hobbit. An Unexpected Journey (movie of 2012) by Peter Jackson Perceived leading export Kiwifruit



33

Die Zeitung von gestern – Wie lange ist das Neue neu? text  Stefan Kutzenberger

Who wants yesterday’s papers, fragen die Rolling Stones in einem Song aus dem Jahr 1967, in einem Jahr, in dem das Alte und das Neue aufeinanderstießen wie kaum je zuvor, in dem in Frankreich die Concorde präsentiert wurde, in den USA heftige Rassenkämpfe herrschten, in Vietnam ein fürchter­ licher Krieg wütete und in San Francisco der Summer of Love ausgerufen wurde. Wenn so viele Gegensätze praktisch ­zeitgleich aufeinanderprallen, was können uns dann noch die Zeitungen von gestern interessieren? Gibt es etwas Älteres als die Neuigkeiten vom Vortag, scheinen uns die Stones zu fragen. Wie lange aber gilt das Neue als neu? Verliert die Tageszeitung um Mitternacht ihre Gültigkeit oder mit ­Erscheinen der nächsten Ausgabe? Die neue Ausgabe würde heutzutage nicht mehr 24 Stunden auf sich warten lassen, da Plattformen online ihre News alle paar Stunden aktualisie­ ren, oft sogar noch öfter. Dieser Zyklus der Neuigkeiten ist bei den politischen Nachrichten am erbarmungslosesten, aber auch ein durchaus träges Medium wie der Roman hat immer schnellere Halbwertszeiten: Noch immer planen die Verlagshäuser in Halbjahresprogrammen, doch das heißt nicht, dass das neue Buch ein halbes Jahr lang Zeit hat, bis es zum alten Buch wird. Verkauft es sich in den ersten Wochen nach dem Erscheinen nur schlecht, wird es verramscht, so wie alter Tand. Das englische Wort für Roman ist novel und kommt vom französischen nouvel für »neu«. Die schottische Schriftstel­ lerin Ali Smith wagte vor ein paar Jahren das Experiment, diese Textsortenbezeichnung wörtlich zu nehmen: Sie kündigte an, einen vierteiligen Romanzyklus zu schreiben – Herbst, Winter, Frühling und Sommer – in dem sie praktisch in Echtzeit schildert, was in ihrem Umfeld passiert. Die Literatur­kritik verfolgte dieses Unterfangen skeptisch, man fragte sich, ob Romane, die in so rasantem Tempo produziert ­würden, überhaupt gut sein konnten. Herbst, der erste Teil, erschien im Oktober 2016, nur vier Monate nach dem BrexitReferendum, und Ali Smith schaffte es, den ersten Brexit-­ Roman vorzulegen, und noch dazu einen großartigen, der von der New York Times zu den zehn besten Büchern des Jahres gewählt wurde. Sommer, der letzte Teil dieser Serie, erschien im August 2020, und wieder gelang es der Autorin, trotz des

trägen Mediums hochaktuell zu sein und einen Roman über die Lockdown-Zeit während des Corona-Frühlings vor­zu­ legen. Wie lange diese Romane »neu« bleiben, hängt dann aber letztlich doch nicht von der Thematik ab, sondern von der Qualität des Kunstwerks. Der Jugendstil ist noch immer Kunst, wenn auch nicht mehr jugendlich, genauso wie seine französische Entsprechung art-nouveau nicht mehr neu ist. Das Neue ist aber das Wesentliche der modernen Kunst: Während sich die Kunstepochen früher in großen Bögen durch die Jahrhunderte zogen, Gotik, Renaissance, Barock und so fort, beginnt die Moderne aufs Gas zu steigen: ­Plötzlich ist nicht mehr das gut, was dem herrschenden Ideal am nächsten kommt, sondern das, was neu ist. Wenn es dann nicht mehr neu ist, muss es von etwas Neuerem abgelöst werden, und auf einmal dauerte eine Kunstepoche nicht mehr Jahrhunderte, sondern nur mehr Jahre, und ein Ismus löste den anderen in immer haarsträubenderer Geschwin­ digkeit ab: Impressionismus, Expressionismus, Symbolismus, Kubismus, Surrealismus und so weiter, bis keine Steigerung mehr möglich war. In diesem Moment besann man sich auf die Vergangenheit, plötzlich war es wieder erlaubt, zurück­zublicken, alte Epochen zu zitieren und sich aus diesen Zitaten eine eigene, neue Welt zu erschaffen. Und damit hatte man doch wieder etwas Neues, eine neue Epoche, die Postmoderne nämlich, geschaffen. Unsere Postmoderne ist also nur eine Spielart der Moderne, weshalb wir uns nicht gemächlich ausrasten dürfen, denn noch immer herrscht das Gebot der Geschwindigkeit und des Neuen. Gut ist das, was neu ist (und nicht unbedingt das, was gut ist, möchte man boshaft ergänzen). Das erinnert an den Mann, der sich einen neuen Mantel kauft, und plötzlich gefällt ihm seine übrige Kleidung nicht mehr. Er kauft sich alles neu, so lange, bis der Mantel das Alte ist und ausgetauscht werden muss, womit der Zyklus wieder von vorne beginnt. Nach dieser Logik scheint unsere ganze Warenwelt zu funktionieren, das Handy ist nur dann gut, wenn es die neueste Nummer trägt, auch wenn die alte Nummer gerade ein Jahr alt ist. Wie willkürlich diese Jagd nach dem Neuen ist, zeigt sich sehr schön, wenn das Neue älter als das Alte ist. Die National Gallery in London stellte 2011 bei einer Leonardo-da-Vinci-


34

Artikel xx

Ausstellung ein neu entdecktes Gemälde des italienischen Meisters aus: Salvatore Mundi aus dem Jahr 1500. Die Mona Lisa wurde wahrscheinlich erst fünfzehn Jahre später ­fertiggestellt, trotzdem ist das Jesusbild heute als der »neue« ­Leonardo bekannt. Oder vielmehr als der »teure«, denn bei einer Auktion im Jahr 2017 wurde es für 450 Millionen Dollar ersteigert und ist bis heute das bei Weitem teuerste Gemälde der Welt. Jesus ist es ja gewohnt, der Neue zu sein, denn auch das Buch über sein Leben wird, obwohl schon fast 2.000 Jahre alt, noch immer das Neue Testament genannt. Der Begriff »neu« ist also ziemlich elastisch und kann schon mal auch ganz schön alt werden, wie ja auch die »Neue Welt« schon fünfhundert Jahre lang von Europäern besiedelt wird und längst aus dem Teenager-Alter raus sein ­müsste. Obwohl, sich über »die Jugend von heute« zu beklagen, ist weder originell noch neu. Vor 5.000 Jahren entstanden die ersten Schulen, und auf einer Tontafel der Sumerer beschwert sich ein Lehrer: »Die Jugend achtet das Alter nicht mehr«, was zweieinhalbtausend Jahre später bei den alten Griechen noch immer der Fall war, wie Sokrates kritisch ­festhält: »Die Jugend liebt heutzutage den Luxus, hat schlechte Manie­ ren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.« Als die Jugend in den 1960er Jahren begann, eine eigene Jugend­kultur für

sich zu beanspruchen, kam es zu einem besonders ener­ gischen Konflikt zwischen der alten und neuen Generation, was sich ja auch schön am eingangs erwähnten Lied der ­Rolling Stones zeigt, dessen Refrain ein für alle Mal festhält, niemand auf der Welt brauche die Neuigkeiten des Vortags. Die zweite Zeile fragt allerdings Who wants yesterday’s girl, wer mag schon das Mädchen von gestern? Das ist eine harte Ansage, und vielleicht wäre es am Feld der Liebe doch angebrachter, eine etwas größere Gelassenheit an den Tag zu legen, sodass aus »der Neuen« dann auch einmal »die Alte« werden kann.

Stefan Kutzenberger wurde 1971 in Linz geboren und lebt als Schrift­ steller und Literaturwissenschaftler in Wien. In seinem aktuellen Roman ­Jokerman (Berlin Verlag, 2020) beschreibt er eine geheimnisvolle Bob-­Dylan-Verschwörung, die Donald Trump stürzen möchte.


35

Yesterday’s news – When does the new get old? TEXT

Stefan Kutzenberger

Who wants yesterday’s papers, the Rolling Stones wanted to know in 1967 – a year that saw almost unprecedented clashes between old and new. It was the year Concorde made its debut in France, race riots erupted in the United States, a horrific war raged in Vietnam, and the Summer of Love was proclaimed in San Francisco. Inundated as we are by these constant collisions of polar opposites, why should we still find yesterday’s headlines interesting? “Is there anything older than yesterday’s news?”, the Stones would seem to be asking. But how long do new things stay new? Do newspapers lose their validity at midnight, or when the next issue is published? Today we needn’t even wait 24 hours for the next issue: online platforms update their news every few hours, and often even more frequently. This news cycle is most remorseless in the coverage of politics, but the lifespans of otherwise sedate mediums like novels are shrinking too. Publishers still operate on six-monthly cycles for their new releases, but that doesn’t mean a new book is guaranteed six months’ grace before becoming outmoded. If it doesn’t prove popular during its first few weeks, it gets sold off cheap like a piece of dated kitsch. The adjective and literary genre “novel”, both derive from “nouvel”, the French word for “new”. A few years ago, the Scottish writer Ali Smith began an experiment in which she took the term literally. She announced that she planned to pen a four-part cycle of novels – ­entitled Autumn, Winter, Spring and Summer – in which she described what was happening around her, practically in real time. Literary critics were skeptical about this venture, wondering aloud whether a novel produced at such speed could possibly be good. “Autumn”, the first part, was published in October 2016, just four months after the Brexit Referendum. And not only could Ali Smith claim to have written the first Brexit novel. It was a great nov­­el too, selected as one of the ten best books of the year by the New York Times. Summer, the series finale, was published in August 2020. Again, despite her antiquated medium, the au­thor managed to produce an ultra-topical nov­ el about the lockdown during the pandemic. Ultimately, how long these novels remain “new”

does not depend on their subject matter: it ­hinges on their quality as works of art. Art Nou­veau is still regarded as art although it is no longer regarded as “new.” Yet the ­never-seen-before comprises the essence of modern art. While the eras of the past took ages to end – think of the Gothic period, Renaissance, Baroque and so on – contemporary art has really stepped on the gas. All of a sudden, the benchmark was no longer a proximity to prevailing ideals. It was being new and different that counted. And when movements are no longer new, they need to be replaced. Almost overnight, the longevity of art epochs shrank from centuries to a few years, as one new “ism” replaced the previous and the pace grew ever more relentless. Impressionism, Expressionism, Symbolism, Cubism, Surrealism all followed in quick succession – until no more acceleration was possible. At that point, people remembered the past. Looking back became acceptable again, as did citing the styles of former periods and creating a new world from their building blocks. With that, the world embarked on a new era: postmodernism, which is basically an incarnation of modernism. In other words, we can’t afford to rest on our laurels, because the imperatives of speed and novelty still reign supreme. What is new is deemed good (begging the evil-twin question: is good still deemed good?). One thinks of a man who buys a new coat, only to discover that he no longer likes his other clothes. He gradually upgrades his ­ex­is­ting wardrobe until the new coat has become the oldest item, and itself needs replacing. And so the cycle begins anew. Our consumer society as a whole seems to follow this pattern: a new cellphone is only good if it is the latest model, even if the previous one is only a year old. The arbitrary nature of our fixation with the new is highlighted when the new happens to be older than the old! In a 2011 exhibition of Leonardo da Vinci’s works, the National Gallery in London presented a newly discovered piece by the Italian master. Created in 1500, it was entitled “Salvator Mundi.” Although Mona Lisa was probably completed 15 years later, “Savior of the World” is now known as “the new Leonardo.” Or rather as “the expensive Leonardo,” because it fetched 450 million dollars at an


36

Yesterday’s news

auction in 2017, making it the world’s most costly painting by far. Jesus is accustomed to being called “new”; after all, his biography – now nearly 2,000 years old – is still called the New Testament. The term “new” is therefore quite elastic and can even start to age itself – rather like the “New World” that has been ­inhabited by Europeans for five centuries and should therefore have grown old long ago. That said, complaining about “the youth of to­­day” is neither original nor new. The first schools were built 5,000 years ago, and on one Sumerian clay tablet a teacher ­complains that “the young no longer respect their elders.” That was still the case with the ancient Greeks two and a half millennia later, as Socrates commented: “The children now love luxury; they have bad manners, show contempt for author­ity; know no respect for the old and prefer chitchat to exercising.” When the youth claimed a culture of their own in the 1960s, there was a particularly spirited conflict between the ­gener­ations, which brings us back to the Rolling Stones’ so very apt take. Their refrain states, once and for all, that nobody wants to hear yesterday’s news. The following line, however, asks “Who wants yesterday’s girl?” – which sounds both harsh and condescending. Perhaps, in matters of love, a little more tolerance might be called for. Because in real life, s­ ometimes that “new girl” just never gets old. Born in the Austrian city of Linz in 1971, Stefan Kutzenberger now lives in Vienna, where he works as a writer and liter­ary critic. In his latest novel, Jokerman (2020) he describes a ­mysterious conspiracy to overthrow Donald Trump based on a Bob Dylan song.


37

Gemischte Gefühle text Martin Kaluza

Menschen reagieren auf manche Neuerungen enthusiastisch, auf andere wiederum sehr verhalten. Doch warum? Der US -amerikanische Soziologe Everett Rogers (1931–2004) beschäftigte sich mit dieser Frage ein Leben lang. Als in den 1930er Jahren eine neue Hybrid-Saat für Mais auf den Markt kam, waren nicht alle Farmer in Iowa überzeugt. Rogers’ Vater war einer von ihnen: Er war zwar aufgeschlossen für neue Ackergeräte, aber von biochemischen Neuerungen hielt er nichts. Im Dürrejahr 1936 änderte er seine Meinung, als er sah, dass seine Nachbarn, die die neue Maiszüchtung gesät hatten, weniger Ernteausfälle hatten als er selbst. 1962 beschrieb Sohn Everett, der während der Dürre erst fünf Jahre alt war, in der »Diffusionstheorie«, wie sich Innovationen durchsetzen. Er prägte den Ausdruck »Early Adopter« für Menschen, die Innovationen früh annehmen. Was Ackergeräte anging, war sein Vater ein Early Adopter – bei neuem Saatgut zählte er zu den spät Überzeugten. Die Top 7 der Neuerungen, die teils sehr skeptisch beäugt, teils euphorisch begrüßt wurden, geben einen Einblick in gesellschaftliche Stimmungszustände zu unterschiedlichen Zeiten.

Eisenbahn: Wahnsinn und Angst vor der Höllentechnik Europa verdankt seine Industrialisierung zu großen Teilen der Eisenbahn. Doch sie hatte keinen leichten Start. Bevor in Deutschland 1835 der erste Zug zwischen Nürnberg und Fürth rollte, hatte der Pfarrer der nahe gelegenen Gemeinde Schwabach gewarnt: »Die Eisenbahn kommt aus der Hölle, und jeder, der mit ihr fährt, kommt geradezu in die Hölle hinein.« Ärzte waren besorgt – wer mit so hoher Geschwindigkeit unterwegs sei, riskiere Gehirnkrankheiten und Lungenentzündungen. In England fuhren die ersten Züge schon zehn Jahre früher. Doch dort häuften sich in den 1860er Jahren Fälle, in denen sich zunächst unauffällige Passagiere an Bord plötzlich verrückt benahmen – zumindest solange die Räder der Waggons rollten. Beim Halt beruhigten sie sich zwischenzeitlich.

Den Erfolg der Bahn bremste das nicht: 1885 waren in England 30.000 Kilometer Strecke verlegt, in Deutschland sogar bereits 40.000.

Röntgenstrahlen: Begeisterung für den Durchblick Einfach so in einen Menschen hineinschauen, ohne ihn aufzuschneiden? Die Zufallsentdeckung, die Wilhelm Conrad Röntgen 1895 gemacht hatte, wurde begeistert aufgenommen. Bei Arbeiten in seinem Labor hatte der Physiker festgestellt, dass einige Strahlen aus seiner Kathodenstrahl-Anode Kristalle zum Leuchten brachten – selbst dann, wenn er die Röhre mit Karton abdeckte. Die »X-Strahlen«, wie er sie nannte, durchdrangen Holz, Wasser und auch den menschlichen Körper. Als Erstes durchleuchtete Röntgen die Hand seiner Frau. Die Erfindung half, Knochenbrüche und Skeletterkrankungen zu diagnostizieren. Bald konnte man sich auf Jahrmärkten zur Unterhaltung durchleuchten lassen. Schuhgeschäfte überprüften, ob die Füße ihrer Kunden gut in den Schuhen saßen. Röntgen erhielt für seine Erfindung, die er übrigens mit Absicht nie zum Patent anmeldete, 1901 den ersten Physiknobelpreis. Bald erhielt die Begeisterung jedoch einen Dämpfer: Es stellte sich heraus, dass seine X-Strahlen Krebs verursachen. Seit 1941 dürfen die Strahlen nur unter Sicherheitsvorkehrungen und von geschultem Personal eingesetzt werden – meist zu medizinischen Zwecken.

Anschnallpflicht: Unliebsame Erinnerung an die Gefahr Die Anschnallpflicht zählt zu den ungeliebten Neuerungen. Und das, obwohl der Nutzen des Sicherheitsgurts im Auto schon vor ihrer Einführung – in Österreich und Deutschland galt sie für die Vordersitze ab 1976 – unbestritten war. Im Vorjahr erlebte die Öffentlichkeit eine hitzige Debatte. Der Gurt schränke die Bewegungsfreiheit ein, mäkelten die Gegner. Wenn das Auto unter Wasser gerate oder brenne, sei man an den Sitz


38

Neuerungen

gefesselt. Eine psychologische Studie stellte damals fest, dass der Sicherheitsgurt »primär mit den Gefahren eines Unfalls und seinen Folgen assoziiert wird und erst sekundär mit seiner eigentlichen technischen Funktion, nämlich vor diesen Gefahren zu schützen«.

Frauenwahlrecht: Widerstand gegen die Gleichstellungsidee Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Das Motto der Revolution galt explizit nicht für alle Franzosen – die Schwestern blieben beim frisch eingeführten Wahlrecht außen vor. Die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges forderte dies 1791, zwei Jahre nach der Revolution, in ihrer »Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin« ein. De Gouges bezahlte ihren Einsatz für die Gleichstellung mit dem Leben – während der Terrorherrschaft Robespierres wurde sie unter dem Vorwand, Royalistin zu sein, zum Tode verurteilt und starb unter der Guillotine. Politik galt nach wie vor als Männersache. Innerhalb und außerhalb Europas kämpften Frauen über hundert Jahre, bis sie wählen und in Wahlen antreten durften. Als weltweit erste Stadt führte Vélez im Norden Kolumbiens das Wahlrecht für Frauen ein. Die meisten europäischen Staaten nach dem Ersten Weltkrieg zwischen 1918 und 1920. Als erstes mehrheitlich muslimisches Land bescheinigte Aserbaidschan 1918 Frauen und Männern gleiche politische Rechte – und war damit ein Jahr schneller als die USA . Die afrikanischen Länder, die unter französischer Verwaltung standen, sowie Italien bekamen das Frauenwahlrecht 1946. Deutlich später war die Schweiz dran: Offiziell beschlossen wurde das Stimmrecht für Frauen 1971, doch im Kanton Appenzell Innerrhoden dauerte es bis 1990, dass es umgesetzt wurde – gegen den Beschluss der Männer vor Ort.

Tonfilm: Angst vor dem Jobkiller »You ain’t heard nothing yet!« »Sie haben noch gar nichts gehört!« Das waren 1928 die ersten Worte, die im Kinofilm The Jazz Singer gesprochen wurden. Er gilt als der erste Tonfilm überhaupt, doch das stimmt nicht ganz: Drei Jahre zuvor hatte die deutsche UFA einen Kurzfilm mit Ton produziert. Dummerweise versagte bei der Premiere von Das Mädchen mit den Schwefelhölzern der Ton. Der Tonfilm revolutionierte die Filmindustrie, aber er stieß zunächst nicht auf einhellige Begeisterung. Die Studios zögerten, schließlich waren die Streifen viel aufwendiger zu produzieren – man brauchte Mikrofone, um die Stimmen der Schauspieler einzufangen. Und man konnte die Filme nicht mehr so einfach international verkaufen, denn nun gab es plötzlich eine Sprachbarriere. Schauspieler, die keine gute Stimme hatten, verloren ihre Jobs. Und nicht nur sie: Allein in Berlin wurden Hunderte Musiker arbeitslos, die zuvor in Stummfilm-Orchestern die

musikalische Untermalung in den Kinosälen beigesteuert hatten. Von den Zuschauern hingegen sind kaum Beschwerden über die neue Technik bekannt.

Smartphone: Desinteresse bei den Kunden Smartphones haben in den letzten zehn Jahren die ganze Welt erobert. Die Idee ist schon älter, doch für die ersten Geräte interessierte sich kaum jemand. Das IBM Simon war trotz Touchscreen 1992 ein Flop. Mit einem halben Kilo Gewicht und 23 Zentimetern Länge war es zwar ausgesprochen kompakt. Aber um E-Mails und Faxe zu verschicken, musste man einen Server anrufen, die Verbindung mit dem Internet war nicht ohne Kabel möglich. Nach einem Jahr gab IBM auf. Zehn Jahre später brachte Sony Ericsson mit dem P800 das erste Mobiltelefon mit farbigem Touchscreen auf den Markt. Es erkannte sogar die Handschrift – allerdings musste man den mitgelieferten Stift nutzen. So blieb es ein Gerät für Liebhaber. Erst Apple gelang 2007 mit dem iPhone der Durchbruch.

Fußball: Spott über die »Englische Krankheit« »Englische Fußkrankheit!« »Dem Hundstritt abgeschautes, widernatürliches Spiel, das den Menschen zum Affen erniedrigt!« 1874 hatte in Deutschland das erste Fußballspiel stattgefunden, und noch 1898 veröffentlichte der Gymnasialprofessor Karl Planck eine Schmähschrift mit dem Titel »Fußlümmelei«. Es waren vor allem die Turnlehrer, die den neuen Sport für nicht deutsch genug befanden, der von England aus seinen Siegeszug um die Welt antrat. 1867 hatten bereits englische Auswanderer den ersten Fußballverein Argentiniens gegründet. Und auch die Schweizer waren aufgeschlossener als die turnenden Deutschen. Am Genfer See entstanden 1870 die ersten Fußballclubs Kontinentaleuropas, und es waren Schweizer, die den FC Barcelona und Inter Mailand gründeten.

Martin Kaluza, Jahrgang 1971, arbeitet als Journalist in Berlin. Beim Thema Internet zählt er nicht zu den Early Adoptern. Als sein Vater Ende der 80er Jahre einen BTX -Anschluss bestellte und am Grünmonitor Zugfahrpläne nachschlug, zweifelte er am Nutzen der neuen Technik. Für Fahrplanauskünfte konnte man schließlich direkt beim Bahnhof anrufen.


39

Mixed feelings TE XT

Martin Kaluza

People respond enthusiastically to some innovations and very cautiously to others. But why? The American sociologist Everett Rogers (1931 – 2004) spent a lifetime investigating this very question. When a new hybrid seed for corn became available in the 1930s, not all the farmers in Iowa were thrilled. Rogers’ father was among them: he was open-minded about new farm equipment, but took a dim view of biochemical innovations. The drought of 1936 changed his mind: his neighbors who had sown the new seeds were suffering much fewer crop failures than he was. In 1962 his son Everett, who was only five years old when the drought struck, described in his “diffusion of innovations” theory how new inventions catch on. He coined the expression “early adopters” for people who embrace innovations early and used “laggards” to describe those who joined the game late. When it came to farm equipment, his father was an early adopter; with regard to new seeds, he was a laggard. The top seven innovations, some of which were greeted with euphoria and others eyed with stern skepticism, provide insights into evolving mindsets over the ages. 1  Railway: Insanity and the technology from hell Europe owes much of its industrialization to the railways. That said, they got off to a slow start. Before the first train line in Germany opened in 1835 – the Nuremberg to Fürth route – the pastor of the local town of Schwabach issued a stark warning: “The railway comes from Hell. And anyone riding it is heading straight back through its gates!” Doctors expressed concern that people traveling at such high speeds were risking brain damage and pneumonia. The first trains had started running ten years ear­ lier in England. But in the 1860s, there were mounting cases of ostensibly innocuous passen­ gers suddenly freaking out – at least as long as the wheels were turning beneath them. Their erratic behavior subsided whenever the trains stopped. But none of that slowed the spread of the railway: by 1885, 30,000 kilometers of track had been laid in England and 40,000 in Germany.

2  X-rays: See-through people Seeing inside someone’s body without cutting it open? That really was novel. The accidental breakthrough made by Wilhelm Conrad ­Roentgen in 1895 met with great enthusiasm. While working in his laboratory, the physicist had found that cathode rays made crystals glow – even when he blocked them with cardboard. The X-rays, as he called them, pene­ trated wood, water, and even the human body. The first object X-rayed by Roentgen was his wife’s hand. The invention helped diagnose fractured bones and skeletal diseases. Soon people could get themselves X-rayed at funfairs. Shops checked to see if their shoes were a good fit for customers’ feet. Roentgen deliberately refrained from patenting his invention and received the first Nobel Prize in Physics for it in 1901. Enthusiasm soon waned, however, when it emerged that the rays caused cancer. Since 1941, the technology has only been used under tight restrictions – by trained personnel and chiefly for medical purposes. 3  Mandatory seatbelts: threat or savior? The obligation to buckle up numbers among the world’s unloved innovations. And that despite the fact that the benefits of seat belts were un­disputed even before their intro­ duction. In Austria and Germany, they became mandatory in 1976, following a fierce public debate the previous year. Opponents pointed out that they restricted movement, predicting that passengers would be unable to escape if the car caught fire or became submerged in water. A contemporary study found that seat belts were “mainly associated with the dangers and consequences of accidents, and only secondarily with the function of protecting passengers from them.” 4  Women’s suffrage: the battle against ­inequality Liberty, equality, fraternity! The French Revolution’s mantra did not extend explicitly to all French citizens: brothers may have gained the vote, but their sisters remained disenfranchised. In 1791, two years after the overthrow of the monarchy, women’s rights activist Olympe de Gouges demanded parity in her Declaration


40

Innovations

of the Rights of Woman. De Gouges paid the ultimate price for her campaign: during Robespierre’s reign of terror, she was sentenced to death for allegedly being a royalist and ultimately met her end under the guillotine. Politics was still considered a male preserve. In Europe and beyond, women fought for over a century to secure the right to vote and stand for election. Vélez in northern Colombia was the first city in the world to allow women to vote, with the majority of European countries doing so within two years of the First World War. In 1918, Azerbaijan became the first Muslim-majority na­ tion to approve equal political rights for wom­en and men – a year before the United States. Italy and the African countries under French rule followed suit in 1946. Switzerland, however, lagged well behind, with women being disenfran­ chised until 1971. Women enfranchised until 1971. And in the Canton of Appenzell Inner­ rhoden, the menfolk considered equality a male privilege for even longer – a huge liberty that denied women suffrage until 1990. 5  Talkies: The scourge of silence “You ain’t heard nothing yet!” Those were the opening words in “The Jazz Singer” of 1928. It is often considered the first sound movie ever, but that isn’t strictly true: three years earlier, the German production company UFA had re­ leased a short film based on Hans Christian Andersen’s tale “The Little Match Girl”. Unfor­ tunately, the sound failed at its premiere. While talkies revo­lu­tionized the film industry, not everybody greeted them with enthusiasm. The studios hesitated: after all, they were much more complicated to produce. Microphones were needed to capture the actors’ voices. The movies could no longer be sold abroad because of the built-in language barrier. ­Established actors disappeared from the silver screen if their voices weren’t up to scratch. And they weren’t the only victims. The stage musicians who had traditionally provided the musical backdrop to silent movies also became redundant. In Berlin alone, hundreds lost their jobs and livelihoods. By contrast, there were very few complaints from audiences about the new technology. 6  Smartphones: Ignored by consumers During the past decade, smartphones have­con­ quered the world. The idea is not new, but there was hardly any interest in the first devices.

Despite boasting a touchscreen, the IBM Simon proved a flop. Weighing in at half a kilogram and measuring 23 centimeters in length, it was quite compact. That said, to send e-mails and faxes, users had to access a server via a wired internet connection. After a year, IBM abandoned the project. Ten years later, Sony Ericsson launched its P800, the first cellphone with a color touchscreen. It even recognized handwriting – but owners had to use the companion pen; as a result, it remained a niche product. Apple finally made the breakthrough in 2007 with its iPhone. 7  Soccer: Contempt for the “English ­disease” “An English disease of the foot!” “An unnatural game inspired by people kicking dogs! It degrades men to monkeys!” The first soccer match in Germany took place in 1874, and as late as 1898 the high school teacher Karl Planck published a diatribe entitled “Uncouth Footplay.” Gymnastics instructors led the defamation campaign, condemning the new sport as “insufficiently German.” The new pastime from England nonetheless continued its triumphal march to global supremacy. In 1867, English expats established Argentina’s first soccer club. The Swiss were more open-minded than the Germans. In 1870, the first teams in continental Europe were formed near Lake Geneva. And it was Swiss immigrants who founded Barcelona and Inter Milan, two of the world’s most successful soccer clubs ever.  Martin Kaluza, born in 1971, works as a journalist in Berlin. He was no early adopter of the Internet. When his father ­ordered a computer-based videotext system in the late 1980s, and looked up train times on its green screen, he doubted the benefits of the new technology. After all, that same information was available by phone from your local station.


Der Mars ist der neue Mond. ­ Der Mars ist das wichtigste Ziel der internatio­ nalen Raumfahrt – zumindest, wenn es um ­existierendes oder ausgestorbenes Leben auf ­einem ­anderen Himmelskörper des Sonnen­ systems geht. Bisher war es jedoch noch nicht möglich, beman­nte Missionen auf den Roten ­Planeten zu schicken. Für diesen großen Schritt wird aber in irdischen Missionen unter möglichst realen Mars-Bedingungen geprobt, zum Beispiel schickt das österreichische Weltraum­ forum im nächsten Jahr ein internationales Team in die israe­lische ­Wüste, mit logistischer Unterstützung von Gebrüder Weiss. Mars is the new Moon. Mars has become the top destination in international space travel – at least when it comes to finding evidence of life in other parts of our solar system. Until now, however, manned missions to the red planet have been impossible. To pre­ pare for this next giant leap, rehearsals are taking place on earth – under as realistic conditions as possible. Next year, for example, the Austrian Space Forum is dispatching an international team to the deserts of Israel – with logistics support from Gebrüder Weiss.


42

Die Welt in orange  Orange network

2 Österreich Wien Im ersten Halbjahr 2020 steigerte Gebrüder Weiss bei der Endkundenzustellung die Zahl der ausgelieferten Sendungen von rund 410.000 auf 580.000. Die Sparte Home Delivery realisierte in Österreich und fünf mittel- und osteuropäischen Ländern dieses Plus von 40 Prozent im Vergleich zu den ersten sechs Monaten im Jahr 2019. Um den gestiegenen Anforderungen als Marktführer in Österreich noch besser gerecht zu werden, erweiterte das Unternehmen seinen Wiener Standort um rund 5.000 Quadratmeter Umschlags­ fläche.

Austria Vienna In the first half of 2020, Gebrüder Weiss increased its volume of shipments to end customers from some 410,000 to 580,000. Compared to the first six months of last year, the Home Delivery division posted an overall 40 percent increase in Austria and five central and eastern European countries. The company is expanding its Vienna location by some 5,000 square meters of handling space to meet the growing requirements of national market leadership.

1

7

2 8

5

3 Australien Sydney 1 Deutschland Bremen Gebrüder Weiss übernimmt weite Teile des operativen Geschäfts der ­Ipsen Logistics. Damit stärkt das ­Unternehmen seine Präsenz in Deutschland und erweitert zu­ gleich sein globales Air & Sea-Netz um ­Landesgesellschaften in Belgien, ­Polen und Malaysia. Im Bereich Air & Sea sind insgesamt 500 Mitarbeiter bei Ipsen beschäftigt, davon ­allein 180 an den acht Standorten in Deutschland. Zum 1. Oktober fir­ mieren die Standorte von Ipsen in Deutschland unter dem Namen ­Gebrüder Weiss.

Germany Bremen Gebrüder Weiss is acquiring large parts of Ipsen Logistics’ operating business. This will boost its presence in Germany and simultaneously add national subsidiaries in Belgium, ­Poland and Malaysia to its global Air & Sea network. Ipsen employs a total workforce of 500 in Air & Sea transport, including 180 at eight ­German locations. Effective October 1, the I­psen sites in Germany will oper­ ate under the name Gebrüder Weiss.

Jetzt auch in Down Under: Der Logistiker gründete im Juli 2020 Landesgesellschaften in Australien und Neuseeland und ist damit erstmalig auch auf der Südhalbkugel vertreten. Die neuen Air & Sea-Standorte ­befinden sich in den australischen Metropolen Sydney und Melbourne sowie im neuseeländischen Auckland und seit Oktober auch in Christchurch. Das Unternehmen folgt ­damit seiner globalen Strategie zur Erschlie­ßung neuer Märkte und ­erweitert sein bereits existierendes Standortnetz in der Gebrüder WeissRegion East Asia /O   ceania.

Australia Sydney The “land down under” joins the club! National subsidiaries were set up in Australia and New Zealand during July 2020, extending ­Gebrüder Weiss services to the southern hemisphere for the first time. The new Air & Sea locations are situated in Australia’s ­Sydney and Melbourne as well as Auckland and Christchurch, New Zealand. This step marks another milestone in the ­global ­strategy of securing new ­markets and extending the ­company’s ­existing network in its East Asia /  Oceania ­region.

4 Südkorea Seoul Im Juni eröffnete Gebrüder Weiss ein Air & Sea-Büro in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Mit diesem Schritt erschließt sich der Logistiker einen weiteren asiatischen Markt, der für Export- und Importgeschäfte gleichermaßen attraktiv ist. Von der neuen Präsenz profitieren viele ­Kunden in Europa, die schon jetzt ­intensive Geschäftsbeziehungen mit Südkorea unterhalten. Das Büro in Seoul ergänzt das asiatische Netzwerk aus 36 Standorten.

South Korea Seoul In June, Gebrüder Weiss established an Air & Sea office in the South ­Korean capital of Seoul, opening up yet another Asian market that is equally attractive for exporters and importers. The new base will benefit numerous European customers who already maintain close commercial ties with South Korea. The Seoul office augments an Asian ­network that already spans 36 sites.


43

7 Schweiz Altenrhein

Switzerland Altenrhein

Im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Förderverein H2 Mobility Schweiz unterstützt Gebrüder Weiss die Erprobung wasserstoffbetriebener Nutzfahrzeuge. In Altenrhein wurde jetzt der nächste Schritt gesetzt: Ab November testet Gebrüder Weiss dort seinen ersten Wasserstoff-Lkw im Praxisalltag. Dieser wird auf der Strecke Altenrhein – Basel sowie im Aargau eingesetzt. Im Frühjahr 2021 soll ein zweiter Lkw folgen. Das Unternehmen engagiert sich seit Jahren bei der Erprobung von alternativen Antrieben und hat mehrere Gas-Lkw und einen E-Lkw im Einsatz.

6

As part of its membership in H 2 Mo­bil­ ity Switzerland, Gebrüder Weiss is supporting trials of hydrogen-powered commercial vehicles. A new phase has now been reached in Altenrhein, where Gebrüder Weiss has been ­testing the first hydrogen truck in its ­regular services since November; it currently plies the route between ­Altenrhein and Basel and serves the Aargau region. A second is scheduled to follow in spring 2021. For years, the company has been actively testing alternative drive technologies for trucks. Its fleet already includes sev­ eral gas-powered vehicles and an electric truck.

4

5 USA Los Angeles Im Westen der USA baut Gebrüder Weiss seine Lagerlogistik-Aktivitäten weiter aus. Zusätzlich zum Standort bei Los Angeles hat der Logistiker ein weiteres Lager in Südkalifornien eröffnet. Auf mehr als 9.000 Quadrat­ metern Fläche bietet das Unternehmen nun auch im Landesinneren ­Lagerlogistik- und Fulfillment-Lösun­ gen an. Als Full-Service-Logistiker mit weltweit standardisierten ­Logis­tikprozessen verfügt Gebrüder Weiss insgesamt über 90 Logistikstandorte – in Europa, den USA , ­Asien und entlang der ehemaligen Seidenstraße.

United States Los Angeles Gebrüder Weiss is further consolidating its warehouse logistics oper­ ations in the western United States: complementing its Los Angeles ­location, another warehouse has now been opened in southern California. With capacity exceeding 9,000 square meters area, it equips the company to offer storage logistics and fulfillment solutions in the country’s interior as well. A full-service logistics provider with globally standardized logistics processes, Gebrüder Weiss currently has a total of 90 logistics locations – in Europe, the United States, Asia and along the former Silk Road.

6 Russland Moskau Seit Anfang des Jahres bietet das ­Unternehmen seinen Kunden Land­ transporte in alle Regionen ­Russlands an. Die flächendeckende ­Zustellung im größten Land der Welt stellt der Logistiker durch ­seinen neuen Exklusivpartner JDE (Zheldor Ekspeditsiya) sicher. Mit 244 Standorten allein in Russland verfügt die Stückgutspedition JDE über eines der größten inlän­ dischen Netzwerke des Landes. Russland ist aufgrund seiner enormen Größe und geografischen Lage ein Schlüsselmarkt für Gebrüder Weiss und seine Kunden.

Russia Moscow Since the start of the year, Gebrüder Weiss has been offering compre­ hensive overland deliveries to every ­corner of Russia – thanks to its new, exclusive partnership with JDE (Zheldor Ekspeditsiya). With 244 locations, the general freight carrier boasts one of the largest domestic networks in the world’s largest country. Its vast land area and geographical position make Russia a key market for both Gebrüder Weiss and its customers.

8 Kroatien Zagreb

3

Gebrüder Weiss ist bereits seit 20 Jahren in Kroatien vertreten und zählt dort zu den führenden Logistikern. Nun wurde ein neues Logistik­­­­ terminal nahe Zagreb errichtet, das die ­bisherige Niederlassung er­setzt. Das neue Lager beinhaltet auch ein ­Gefahrgutlager für besonders sen­ sible Waren. Mit 18.000 Quadrat­ metern wurde die Logistikfläche fast ­ver­dreifacht. Das Unternehmen ­rea­giert d ­ amit auf das stark gestiegene Auftrags­volumen im internationalen und einheimischen Warenverkehr.

Croatia Zagreb Gebrüder Weiss has been represented in Croatia for a full 20 years and numbers among the country’s leading logistics providers. Now a new l­ogistics terminal has been erected near Zagreb, superseding the existing branch. The new warehouse also includes a depot for particularly p ­ articularly sensitive goods. At 18,000 square meters, the logistics area has almost been tripled: the company’s response to the sharp rise in its international and domestic order intakes.



45

Über das Meer oder durch die Luft? text  Anne-Katrin Wehrmann

Die Corona-Pandemie stellt auch die Transportwirtschaft vor neue Herausforderungen. Doch gibt es in der ­Branche dauerhafte Verschiebungen, oder bleibt am Ende ­alles beim Alten? Ein Blick in die See- und Luftfracht. Rund 90 Prozent der weltweit gehandelten Güter werden auf dem Seeweg transportiert, nur etwa 2 Prozent per Flugzeug. Mit Beginn der Corona-Krise wurden beide Verkehrs­ träger ausgebremst. Allein in chinesischen Häfen stauten sich im März mehrere Millionen Leercontainer, während Schiffe mit vollen Containern nicht ablegen konnten und feststeckten. Die Luftfracht, die bis dahin rund 50 bis 60 Prozent ­ihres Volumens als Beiladefracht transportiert hatte, geriet durch die zwischenzeitlich fast komplett eingestellte Passagierluftfahrt in ernste Turbulenzen. Zugleich gingen die ­globalen Handelsaktivitäten zurück, was laut Weltluftfahrtverband IATA im ersten Halbjahr 2020 die Nachfrage nach Luftfracht weltweit um 15 Prozent und europaweit um 20 Prozent sinken ließ. »Corona war für die Luftfracht ein großer Einschnitt«, bestätigt Christopher Stoller, Professor für Logistikmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Präsident des Aircargo Clubs Deutschland. »Insgesamt hat die klassische Luftfracht dadurch aber eine Aufwertung erfahren: Das wird unter anderem daran deutlich, dass zuletzt viele Passagierflugzeuge zu Frachtflugzeugen umgebaut wurden.« Der akute Bedarf an Schutzausrüstung und an­de­ ren medizinischen Produkten habe die Systemrelevanz ­dieser Branche noch einmal unterstrichen. Eine nachhaltige Verschiebung der Transportanteile zwischen See- und Luftfracht sieht er nicht. »Es gibt sehr viele Akteure, die ent­lang der gesamten Lieferkette Güter anfassen und weitertransportieren. Ich kann mir eher vorstellen, dass es jetzt zu Konsolidierungen kommen könnte.« Wer zum Beispiel hauptsächlich mit Kunden aus der­Automobilindustrie zusammenarbeite, stehe derzeit vor großen Herausforderungen. Wer dagegen Personal Protective Equipment (PPE ) zum Schutz gegen Corona im Portfolio habe, sei gut im Geschäft. Ähnlich lautet die Einschätzung von Harald Kostial, Head of System Management Air & Sea bei Gebrüder Weiss.

­ Wegen des Wegfalls der Kapazitäten in den Passagierflug» zeugen sind die Raten in der Luftfracht zeitweise auf das Fünffache angestiegen«, berichtet er. Während es der Schifffahrtsbranche gelungen sei, ihre Preise durch Flottenan­ passungen von Anfang an vergleichsweise stabil zu halten, würden sich inzwischen auch die Luftfrachtraten langsam wieder auf niedrigerem Niveau einpendeln. »Gerade im ersten Halbjahr mussten wir aber sehr schnell auf die schwan­ kenden Preise und die sich verändernden Kapazi­täten auf Schiffen und in Flugzeugen reagieren.« Auch Kostial geht davon aus, dass es dauerhaft keine massiven Volumenverschiebungen zwischen den Verkehrsträgern geben wird. Inzwischen haben die meisten Reedereien ihre Container­ flotten wieder auf die Reise über die Weltmeere geschickt. »Die Frage ist, wie sich der Welthandel infolge der Coro­naKrise insgesamt entwickeln wird«, meint Schifffahrtsex­per­ te Max Johns, Professor an der Hamburg School of Business Administration. Für das laufende Jahr sei etwa im Con­­ tainerhandel mit Einbußen von rund 10 Prozent zu rech­nen. ­»Darüber hinaus wird es spannend zu beobachten, wie die aktuell wieder verstärkt geführte Debatte um Sinn und ­Unsinn von Deglobalisierungsbemühungen weitergeht.« Er nehme an, dass die sich vielerorts zeigende protektio­nis­ tische Grundhaltung auch für künftige Handelsbeziehungen bestehen bleibe. »Die größte Neuordnung, die ich sehe, ist eine breitere Streuung der Quellen auf Produktions­ standorte in verschiedenen Ländern«, so Johns. Wie und auf ­welche Verkehrsträger sich der Transport letztlich im Detail verteilen werde, müsse sich zeigen: »Das hängt davon ab, wo die P ­ roduktionen sind – und daraus ergeben sich dann die Transportketten.«

Anne-Katrin Wehrmann ist freiberufliche Journalistin und lebt in Bremen. Zu ihren Schwerpunkten gehören neben Logistik auch maritime Themen, erneuerbare Energien sowie Wissenschaft und Forschung.


Eckig ist das neue Rund. Zugegeben: Vieles wird runder. Aber seit einiger Zeit schon ist kubisches Design ein Trend in der Architektur, geschwungene Waschbecken sind kantigen gewichen. In Japan werden sogar e­ ckige Melonen gezüchtet – ein Segen für Lagerung und Transport. Ob sich Ecken auch bei anderen Früchten durchsetzen, bleibt abzuwarten. ­Praktisch wäre es. Curves now have corners. True, many things in our world are getting ­rounder. But for some time now, cubic shapes have been trending in architecture, with curved sinks yielding to more angular designs. The Japanese are even cultivating melons with ­corners – a boon for warehouses and transport providers. It remains to be seen whether rect­ angular shapes catch on for other types of fruit. It would certainly be practical.


47

Over the sea or through the air? TEXT

Anne-Katrin Wehrmann

The coronavirus pandemic is posing new challenges for the transport industry as well. But will it result in permanent realignments or will everything revert to normal at some point? Sea and air freight through the looking glass. Some 90 percent of the world’s traded goods are transported by sea, and only about two percent by air. With the advent of the novel coronavirus, both modes of transport suffered slowdowns. March saw several million empty containers gridlocked in Chinese ports alone, while some vessels carrying full containers found themselves stranded and unable to sail. The air freight industry, which had previously transported between 50 and 60 percent of its cargo on passenger flights, endured turbulent times when the airlines’ schedules collapsed. Global trade has shrunk as well: according to the International Air Transport Association ( IATA ), demand for air freight plummeted by 15 percent worldwide and 20 percent in Europe during the first half of 2020. “The pandemic proved a major watershed for air freight,” confirms Christopher Stoller, Professor of Logistics Management at the Baden-Württemberg Cooperative State University and President of the German Air Cargo Club. “Overall, however, traditional air freight has experienced an upgrade: among other things, this is demonstrated by the fact that lots of passenger aircraft have recently been ­converted into cargo planes.” Urgent needs for protective gear and other medical supplies reaffirmed the industry’s systemic relevance. Stoller is not, however, expecting a sustained shift in the balance between sea and air freight. “There are plenty of players handling and ­trans­porting goods along the supply chain. In my view, consolidations are more likely over the next few months.” For example, companies that mainly service customers from the auto­ motive industry are currently facing major challenges. On the other hand, those with port­folios that include Personal Protective Equipment ( PPE ) for the pandemic are prospering. Harald Kostial, Head of System Management Air & Sea at Gebrüder Weiss, takes a similar view. “After capacity on passenger planes

subsided, air freight rates rose five-fold at times,” he says. While the shipping industry has made adjustments to its fleets and kept its prices relatively stable from the outset, charges for air freight are now slowly adjusting downwards. “In the first half of the year in particular, we were forced to react rapidly to the fluctuating prices and varying capacities on ships and aircraft.” In the long term, Kostial too is not anticipating major shifts in the loads handled by the two modes. The majority of shipping companies have now sent their fleets back to sea. “The big question facing them is how world trade will evolve overall in the aftermath of the crisis,” says shipping expert Max Johns, a professor at the Hamburg School of Business Administration. In the current year, for example, container trade is expected to fall by some ten percent. “Additionally, it will be interesting to watch the resurgent debate playing out on the rights and wrongs of deglobalization.” He believes that the widespread protectionist attitudes will still underpin trade relations in the future. “The biggest reorganization I envisage is in a diver­ sification of sources to production sites in different countries,” Johns explains. It remains to be seen how exactly the different modes of transport share out the distribution of goods, he believes. “It all hinges on where the production facilities are – that will define the tomorrow’s transport chains.”  Anne-Katrin Wehrmann is a freelance journalist who lives in Bremen. Alongside logistics, her focuses include maritime subjects, renewable energies, science and research.



Weniger ist das neue Mehr. Verzicht ist das neue Ding. Verzicht auf Fleisch, Verzicht auf ein eigenes Auto, Verzicht auf weite Reisen. Stattdessen wird geteilt, getauscht und mehr Zeit zu Hause verbracht denn je. Natürlich ist nicht jeder Verzicht freiwillig. Aber er kann eine interessante Erfahrung sein. Schon Seneca wusste, dass arm nicht derjenige ist, der wenig hat. Sondern derjenige, der viel wünscht. Less is the new more. Renunciation is all the rage: no more meat, ­owning your own car or taking long trips. Instead, we are sharing and swapping, and spending more time than ever at home. Of course, not every sacrifice is voluntary. That said, it can prove an enlightening experience. Long ago, Seneca asserted that the poor are not those with little, but those who want more.


50

Zahlen und Fakten  Facts and Figures

Neu zugelassen 7.886.500 Elektroautos fuhren 2019 weltweit über die ­Straßen, 2015 waren es nur 1.398.050. Quelle: Statista

1.398.050

New cars

2015 1,398,050

7.886.500

7,886,500 electric cars traveled the world’s roads in 2019, up from 1,398,050 in 2015. Source: Statista

2019 7,886,500

Alte Straße, neue Wege

670 Milliarden

China importiert aus den Ländern entlang der Neuen Seidenstraße jährlich Waren im Wert von 670 Milliarden US -Dollar und hat Exporte in ebendiese Länder im Wert von 775 Milliarden US -Dollar.

Import

775 Milliarden Export

Quelle: Statista

Old road, new trade China imports an annual 670 billion U.S. dollars’ worth of goods from countries along the New Silk Road, balancing its outlay with exports to the same nations worth 775 billion dollars. Source: Statista

Neues Gefühl

A new lifestyle

Fast die Hälfte der Japaner*innen fühlt sich einer Umfrage zufolge gesünder als vor Ausbruch der Coronavirus-Pan­ demie. Bei der Online-Umfrage der japanischen Versicherungsgesellschaft Meiji Yasuda Life Insurance wurden rund 5.600 Erwachsene im Alter von 20 bis 79 Jahren ­befragt. 50,9 Prozent achten auf bessere ­Ernährung, 35,3 Pro­zent treiben mehr Sport als vorher. 6 Prozent sagten, sie ­hätten ihren Alkoholkonsum reduziert.

Nearly half of all Japanese feel healthier than before the coronavirus pandemic, according to recent research. The online survey by the Japanese company Meiji Yasuda Life Insurance questioned some 5,600 adults aged between the ages of 20 and 79 and found that 50.9 percent are paying more attention to their diets, while 35.3 percent are getting more exercise than before. Six percent claimed to have reduced their alcohol intake.

Quelle: enorm-magazin.de

Source: enorm-magazin.de

50,9 %

35,3 %

6 %


Artikel xx

51

Neue Brücke

New bridge

2018 stürzte im norditalienischen Genua eine Autobahn­ brücke ein. Bei dem Unglück starben 43 Menschen. Im August dieses Jahres wurde nun der Neubau eingeweiht. 1.000 Arbeiter waren 24 Stunden am Tag sieben Tage die Woche am Werk und haben die 1 Kilometer lange Brücke »San Giorgio« über das Polcevera-Tal gebaut – in weniger als einem Jahr Bauzeit.

In 2018, a major road crossing over the River Polcevera collapsed in the northern Italian city of Genoa. Fortythree people lost their lives as a result. In August of this year, its replacement was inaugurated. A thousand workers had toiled 24/7 to build the new, kilometer-long San Giorgio Bridge in under a year’s time.

1 km

1.000

Arbeiter  Employees

Neues Fliegen

New aircraft

Die kalifornische Firma Otto Aviation hat das neue Propellerflugzeug Celera 500L vorgestellt. Das eiförmige Flugzeug ist durch seine Bauform bis zu 8-mal effizienter gegenüber herkömmlichen Maschinen, da die Luft sozusagen laminar um die Maschine herumströmt. Ein Rumpf aus kohlefaserverstärktem Kunststoff macht das Kleinflugzeug, das auch in Höhen von bis zu 18 Kilometern fliegen kann, besonders leicht.

The Californian firm, Otto Aviation, has introduced the new Celera 500L propeller aircraft. The egg-formed airplane flies up to eight times more efficiently than conventional craft, using the air flow around the aircraft in a “laminar” manner. A fuselage made of carbon fiber reinforced plastic makes the small aircraft, which can fly at altitudes of up to 18 kilometers, particularly light.

Neue Eisenbahn-Alpentransversale

New transalpine train tunnel

In der Schweiz wurden die Bauarbeiten am Ceneri-Basis­ tunnel beendet. Wenn die Strecke im Dezember 2020 in ­Betrieb genommen wird, kann insbesondere der Güter­ verkehr auf dem Nord-Süd-Korridor zwischen Rotterdam und Genua gestärkt werden. Die Strecke reduziert nicht nur die Fahrzeit um rund zwei Stunden, bei voller Auslastung ­er­setzen die Güterzüge auch bis zu 3.000 Lkw-Fahrten und sparen damit etwa 900 Tonnen CO 2.

In Switzerland, construction work on the Ceneri Base Tunnel has been completed. When the line goes into operation in December 2020, it will enable freight traffic on the north-south corridor between Rotterdam and Genoa in particular to be strengthened. Not only will the route reduce travel time by around two hours, but when fully loaded the freight trains will also replace up to 3,000 truck journeys, saving around 900 tons of CO2.

CO2



53

Den Reservetank füllen Frank Haas im Gespräch mit dem Neurowissenschaftler Gerd Kempermann über Altwerden und Neubleiben illustrationen  Shiwen Sven Wang

Für einen moderat gebildeten Laien ist das Hirn eine sehr komplexe Angelegenheit. Wie ist das für Sie als Fachmann: Ist das Gehirn durch Ihre Studien noch ­komplizierter geworden, oder hat es sich eher entzaubert, seit Sie so viel darüber wissen? Beides. Je mehr man weiß, desto mehr Fragen tun sich natürlich auf. Und man lernt in der Wissenschaft schnell, dass es auf einiges eben keine Antworten gibt – auf anderes aber durchaus. Es gibt Etappensiege, bei denen man das Erlebnis hat, Dinge aufzudecken, die zuvor unverstanden waren. ­Insgesamt aber ist das Gehirn tatsächlich unfassbar komplex, und wir kratzen immer noch nur an der Oberfläche der ­Erkenntnis herum. Das aber ist unheimlich faszinierend.

Als Neurowissenschaftler beschäftigt sich Gerd Kempermann damit, wie wir die Leistungsfähigkeit des Gehirns erhalten ­können. Er ist Professor an der TU Dresden und leitet den Dresdner Standort des Deutschen Zentrums für Neuro­ degenerative Erkrankungen (DZNE ).

Ihr Forschungsgebiet ist das Altern des Gehirns, und Sie fokussieren sich dabei auf ein Areal, das man Hippocampus nennt. Und dieser Hippocampus ist flexibel? Nicht einfach nur flexibel, eher plastisch und formbar. Anders als ein Computer ist ein Gehirn andauernd im Umbau. Und wenn dieser Umbau nicht mehr funktioniert, dann funktioniert das ganze Gehirn nicht mehr. Das Interessante ist, dass es eine Gehirnregion gibt, die man auch das »Tor zum Gedächtnis« nennt – und das ist dieser besagte Hippocampus, und der ist ganz besonders formbar. Alle Informationen, die uns erreichen und die abgespeichert werden, müssen hier verarbeitet werden, damit wir sie überhaupt speichern können. Und ausgerechnet diese zentrale Hirnregion zeichnet sich gegenüber anderen Hirnregionen dadurch aus, dass sie lebenslang neue Nervenzellen produziert. Man nennt das Neurogenese. Das tut das übrige Gehirn nicht, und deswegen sind degenerative ­Erkrankungen so problema»   Wir müssen uns erinnern können, tisch: Da ist nichts, was nachwächst. Man kann eine um ganz wir Blutspende machen, dann ­selber zu sein.« wächst das Blut ziemlich schnell nach. Oder man geht einmal im Monat zum Friseur, weil die Haare nachwachsen. Die Stammzellen der Haut produzieren laufend nach. Auch der Darm ist ein Organ, das sich dauernd erneuert. Aber das

Gehirn tut das nicht – bis auf diese eine Ausnahme. Die Erneu­ erung ist dort aber nicht ein Ersatz von etwas, das verloren g­e­­gangen ist, sondern sie ist ein Prozess, der das Nervenzellennetzwerk in dieser Region lebenslang anpasst.

Gerd Kempermann is a professor at Dresden Technical University and director of the German Center for Neurodegenerative Diseases based in Dresden. In his research, the neuroscientist is chiefly concerned with sustaining brain functions.

Wie kann ich mir das genau vorstellen? Welche Funktionen kann ich konkret erhalten oder ausbauen? Der Hippocampus ist die Hirnregion, wo Information gefiltert wird, wo sie aufgearbeitet, komprimiert und in eine ­zeitliche Ordnung gebracht wird, damit wir in der Lage sind, uns flexibel auf unsere Umgebung und das, was wir erleben, anzupassen. Das ist am menschlichen Gehirn wirklich besonders: dass wir uns gut auf neue Situationen einstellen können. Wir können die ganze Erde besiedeln, von Gegenden mit Minusgraden an den Polen bis zu sehr heißen Regionen, weil wir über eine hohe kognitive Flexibilität verfügen. Und mit dem Radius steigt auch die kognitive Herausforderung, das heißt, je größer unser Bewegungsradius, desto mehr müssen wir uns merken, was gerade passiert ist oder welche Infor­ mationen wir bekommen. Und wir müssen diese Informationen zeitlich zuordnen können, das nennt man das episodische Gedächtnis. Auch dafür ist der Hippocampus zuständig. Damit wir zum Beispiel einen Weg irgendwohin zurückfinden, müssen wir die ganzen Wegmarken in unserem Kopf rückwärts abspielen können. Das heißt, wir müssen wissen, welche Ordnung die Dinge hatten. Erinnerungen in zeit­


54

Alt werden, neu bleiben

licher Ordnung halten zu können, ist für Menschen extrem wichtig, weil darauf unser autobiografisches Gedächtnis beruht, ­welches entscheidend dafür ist, dass wir uns überhaupt als Person wahrnehmen können. Zu einem sehr großen Teil sind wir unsere Geschichte, und wir müssen uns erinnern können, um ganz wir selber zu sein. Es ist schrecklich, wenn Patienten bei einer Demenz die eigene Biografie ver­ lieren. Sie verlieren nicht ihre Würde oder ihren Stellenwert als Menschen, aber sie verlieren sich als Person. Wir haben nun herausgefunden, dass es neu entstehende Nervenzellen sind, die diese flexiblen Anpassungen ­mög­lich machen können, dass wir auseinanderhalten können, was alt ist und was neu, obwohl das vielleicht sehr nah beiein­anderliegt. Wenn Sie Ihr Auto jeden Tag auf einem großen Parkplatz abstellen, aber nicht immer in derselben Lücke, dann müssen Sie sich stets neu merken, wo Sie Ihr Auto ­stehen haben. Dafür müssen Sie sich aber nicht jedes Mal den ganzen Parkplatz neu merken, sondern nur ein ­Up­­date auf Ihrer internen Karte machen. Wo Sie an den Tagen zuvor geparkt haben, ist dann als Information wert­los geworden, wird aber trotzdem weiter gespeichert. Die ak­tu­ elle von der überholten Information unterscheiden zu können und sich flexibel daran anzupassen, ist eine Funktion des Hippocampus und ganz besonders dieser neuen Zellen. Wenn der Hippocampus nicht mehr so richtig funktioniert, dann finde ich mein Auto also nicht wieder? Ja, genau. Die Alzheimer-Demenz, eine typische Demenz des Alters, fängt sehr häufig im Hippocampus an und äußert sich in Gedächtnisproblemen. Viele andere Funktio»   Die Fallhöhe ­unterscheidet sich nen können dann noch ganz normal da sein. Andere von Person zu ­Demenz-Formen fangen ­Person.« dagegen eher mit Problemen der sozialen Interaktion an, während das Gedächtnis noch wie gewohnt funktioniert. Die Symptome hängen von den betroffenen Gehirn­regionen ab. Aber verliert der Hippocampus nicht so oder so im Laufe eines Lebens an Leistungsfähigkeit? Grundsätzlich gilt: Use it or lose it, benutz es, sonst geht’s verloren. Und jeder, der mal die fünfundvierzig, fünfzig überschritten hat, wird merken, dass das Gedächtnis ein bisschen anders geworden ist. Meistens ist das gar nicht schlimm, es funktioniert eben nur nicht mehr ganz so gut. Trotzdem kommt man damit in aller Regel noch extrem weit, und der Abbau hat keine ernsthaften Konsequenzen. Er ist spürbar, mit steigendem Alter umso mehr, aber man ent­ wickelt dann eben so seine Strategien, mit diesen Verlusten umgehen zu können. Nun zerstört eine Alzheimer-Demenz aber viel mehr als das, was wir für gewöhnlich an Verlusten hinnehmen müssen. Die Fallhöhe unterscheidet sich allerdings von Person zu Person – und damit auch die Fähig-

keit, mit der Sache fertigzuwerden. Wer ein sehr aktives ­Leben führt, dessen Reservetank ist besser gefüllt, sodass mehr ausfallen kann, bis der Verlust deutlich spürbar wird. Jemand mit weniger Reserve hat sehr viel schneller größere Probleme. Und dieses Phänomen versuchen wir zu verstehen, also wie man altersabhängige kognitive Verluste aufhält. Dass es möglich ist, ist bekannt. Aber wir wissen noch nicht genau, wer von einem Training wie profitiert, und vor allen Dingen, in welchem Maße – wobei Training eigentlich das falsche Wort ist. Es geht mehr um ein Aktivhalten und darum wie das vor Alzheimer-Demenz schützt, die eben vorrangig den Hippocampus betrifft.

»Es geht um  eine gewisse  Grund­aktivität.«

Wie kann man sich so ein Aktivhalten konkret ­vorstellen, was kann man unternehmen? Wir wissen aus den großen Studien, dass körperliche Aktivität, Bildung sowie eine ausgewogene Ernährung die Joker sind. Natürlich gibt es auch sehr gebildete Menschen, die Demenz bekommen. Aber grundsätzlich bietet Bildung einen guten relativen Schutz. Man kann die Krankheit damit vielleicht nicht verhindern, aber wenn man den Ausbruch zumindest herausschiebt, dann ist schon viel gewonnen, und man hat möglicherweise noch einige gute Jahre mehr. Wenn ich 95 werde und erst mit 93 dement werde und nicht schon mit 88, dann ist das doch ein Gewinn! Ich behandele also mit dem Aktivhalten nicht die Demenz, aber ich verbessere meine Vorausset­ zungen dafür, mit dem Zustand der Erkrankung umzugehen. Eine gewisse Sportlichkeit des Geistes ist demnach ­günstig im Hinblick auf das Altwerden. Welche Rolle spielt die körperliche Aktivität? Körperliche Aktivität ist der Superfaktor schlechthin, die alte Weisheit mit dem gesunden Geist in einem gesunden Körper ist nach wie vor gültig. Und dafür muss man gar nicht ex­ zessiv Sport betreiben. Es geht wirklich nur um Bewegung, um eine gewisse Grundaktivität. Das lässt sich damit erklären, dass das Gehirn ursprünglich die Aufgabe hatte, Bewe­ gung zu ermöglichen. Körperliche Aktivität war von geistiger ­Aktivität gar nicht trennbar. Auch Sprechen ist Bewegung, selbst beim reinen Denken sind motorische Areale aktiviert. ­Deshalb ist Bewegung wahrscheinlich der adäquate Input für das Gehirn. Dagegen ist die Entkopplung der geistigen Leistung von der körperlichen zwar durchaus menschlich, aber eigentlich völlig unnatürlich – dass wir also unseren Bewegungsradius nicht mehr erweitern, sondern ein Buch auf­schlagen oder uns vor einen Bildschirm setzen und so die Welt zu uns kommen lassen. Das heißt natürlich nicht, dass etwas dagegenspricht, im Sessel zu sitzen und zu lesen. Aber es gibt da einen Zusammenhang, den man nicht igno­rie­ ren sollte: Wer den ganzen Tag nur sitzend zubringt, der ist nicht nur körperlich eine Couch-Potato, sondern auch geistig.




Alt werden, neu bleiben

Wäre es denn auch möglich, nicht nur langsamer zu altern, sondern das Gehirn durch gezielte Anregungen sogar zu verjüngen? Das wissen wir nicht. Es gibt in der Psychologie das Konzept der »kognitiven Reserve«, das besagt, dass man sozusagen ein Optimum hat, das man zwar eine ganze Zeit lang halten kann, über das man aber nicht hinauskommt. Damit man das überhaupt erreicht, ist frühkindliche Bildung wichtig, mit anderen Worten: Die Demenz-Prophylaxe beginnt bereits im Kindergarten. Das Optimum erreicht man dann angeblich so ungefähr mit Mitte zwanzig. Nach pessimistischen Darstellungen geht es danach nur noch bergab, ohne dass man das überhaupt spürt. Je besser aber der kognitive Reservetank gefüllt ist, desto flacher ist der Abfall und desto weiter kommt man. Dass man grundsätzlich aus dem eigenen Gehirn dabei mehr rausholen könnte, als man je zuvor hatte, glaube ich allerdings nicht. Ich sehe die Herausforde»Wenn   ich nie etwas Komplexes rung eher darin, dass ich das erhalte, was ich habe, inerlebt habe, bin dem ich es optimal nutze. ich irgendwann Punktuell kann ich natürlich immer noch Dinge lernen, nicht mehr in der die ich vorher nicht konnte, Lage, mit Komdas ist klar. Dass wir aber plexität fertigzuin fortgeschrittenem Alter werden.« etwas ganz Neues dazuschaffen, wofür die Grundvoraussetzungen im Gehirn nicht schon angelegt waren, ist wohl nicht so. Nun widerspricht aber die Sache mit den neuen Nervenzellen dieser These ein bisschen, weil da ja durchaus etwas strukturell Neues dazukommt. Und tatsächlich muss der Hippocampus als Filterstruktur lebenslang immer komplexer werden, weil wir eben immer mehr sehen und mit immer mehr Erinnerungen und Erfahrungen klarkommen müssen. Dazu tragen diese neuen Zellen entscheidend bei. Aber auch hier gilt die Formel »Use it or lose it«, denn wenn ich nie etwas Komplexes erlebt habe, dann baut sich dieser Muskel ab, und ich bin irgendwann nicht mehr in der Lage, mit Komplexität fertigzuwerden, wenn sie kommt. Jetzt leben wir aber im Zeitalter der Digitalisierung und der Virtualität, und da werden etwa die Hände ja nicht mehr so komplex eingesetzt wie früher, lediglich der sogenannte Smartphone-Daumen scheint vor allem bei vielen Jugendlichen eine größere Rolle zu spielen. Wie sehen Sie auf dieses Phänomen? Aus zahlreichen Studien zu virtueller Realität und Bildschirmnutzung ist bekannt, dass ein Bildschirm die Realität recht gut ersetzen kann, und natürlich kann ich in der Simulation Dinge lernen, die ich in der Realität nicht lernen könnte. Auch das ist wieder ein Ausdruck unserer unglaublichen kognitiven Flexibilität. Problematisch ist eher das dauernde Verfügbarsein, das Multitasking ohne Ende und

57

die Panik, etwas zu verpassen, wenn man nicht ständig auf mehreren Kanälen gleichzeitig erreichbar ist. Da kommt unser System doch an seine Grenzen. Dann zurück zur realen Welt: Wie sieht es mit dem Spielen eines Musikinstruments aus? Ist das nicht eine sehr gute Übung? Ja, völlig richtig. Musik ist etwas ganz Besonderes, das wirklich nur Menschen in dieser Form so hervorgebracht haben, eine ganz spezielle Leistung unseres Gehirns. Sie hat soziale, kommunikative, motorische und sensorische Komponenten, aber auch spirituelle oder mentale Dimensionen. Gemeinsam etwas zu singen oder Musik zu hören, kann sehr archaisch sein. Auch tanzen ist gut. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Aktivität, die uns jung hält, sehr gut über Musik erreicht werden kann. Jetzt haben wir über verschiedene Erfolgsfaktoren gesprochen, über Denken, Musizieren, Tanzen, Bewegen. Wie sieht es mit der Ernährung aus, gibt es so etwas wie Brain-Superfood? Ich sage es mal stark vereinfacht: Wenn mein Körpergewicht sich in einem normalen, vernünftigen Rahmen bewegt, dann habe ich eine gute Chance, dass mein Metabolismus in Ordnung ist. Und wenn mein Metabolismus in Ordnung ist, dann geht es auch tendenziell meinem Gehirn besser. Außerdem wissen wir, dass Antioxidantien irgendwie gut sind und Omega-3-Fettsäuren und so weiter. Aber alle Studien, die das ganz festklopfen wollen, kommen damit nicht so richtig weit. Vermutlich liegt das daran, dass wir diese ganzen Dinge, die häufig in qualitativ hochwertigen Lebensmitteln vorkommen, normalerweise nicht isoliert aufnehmen würden. Man isst ja nicht nur Fischölkapseln und ernährt sich sonst unmöglich. Vielmehr sind all diese kleinen Einzelmaßnahmen »     Die Herausfordemeist der Ausdruck eines rung liegt darin, Problembewusstseins oder eines besonderen Geschmacks ein Gefühl dafür zu entwickeln, und einer insgesamt ausgewogenen, bewussten Ernähwas für mich perrung. Wie bei der Wahl der sönlich das Richgeeigneten körperlichen Aktitige ist.« vität liegt die Herausforderung auch bei der Wahl der Lebensmittel darin, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was für mich persönlich das Richtige ist, wie ich mich als Individuum vernünftig ernähren kann. Das heißt dann nicht, dass man nicht auch mal über die Stränge schlagen kann. Aber man sollte doch zu einem Grundfluss kommen, der einigermaßen adäquat ist. Wenn ich selber koche, mit viel Grün, nicht so viel Zucker und wenig Fleisch, dann habe ich immer noch ein Riesenspektrum von Dingen, die grundsätzlich adäquat für meinen Körper sind. Und damit tue ich wahrscheinlich auch meinem Gehirn etwas Gutes.


Vor dem Hintergrund Ihrer eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Ihrer Erfahrungen: Womit möchten Sie nie aufhören beziehungsweise gern noch anfangen? Womit ich nie aufhören möchte? Das ist eine tolle Frage! Ich möchte gerne Klavier spielen können, und daran arbeite ich schon jetzt. Und ich möchte gern in Bewegung bleiben, auch draußen im Freien. Es ist ein ganz richtiger Gedanke, dass man Dinge, die man einmal machen möchte, nicht erst nach der Pensionierung beginnt. Dass man in der Gegenwart dranbleibt und eine Kontinuität herstellt. Diese Idee, man könnte irgendein Denksportprogramm machen, damit man mit achtzig Jahren noch einmal Italienisch lernen kann, die finde ich seltsam, und das ist aus meiner Sicht kein vernünftiger Ansatz. Ich muss heute mein Leben so gestalten, dass ich im Alter noch Italienisch lernen kann, wenn ich das möchte. Und das bedeutet: Am besten jetzt schon damit anfangen.

Frank Haas ist Leiter Markenstrategie und Kommunikation bei G   ebrüder Weiss – und als Chefredakteur verantwortlich für den ATLAS .


59

Recharging your batteries Frank Haas in conversation with neuroscientist Gerd Kempermann about getting old and staying new ILLUSTRATIONS Shiwen Sven Wang

For the moderately educated layperson, the brain is a very complex matter. What’s it like for you as a professional? Considering everything you have learned, has it become even more complicated or are you resolving its many mysteries? A bit of both. The more you know, the more questions you have, of course. And in the sciences you soon find out that, for some things, there are no answers – yet for others there are clear explanations. You may have the occasional victory along the way, when you discover something that had previously been misunderstood. All in all, however, the brain is incredibly complex, and, when it comes to understanding it, we are still really scratching at the surface. But that’s what makes it so fascinating. The aging of the brain is your main field of research, and you focus on an area called the hippocampus. And this hippocampus is flexible? Not just flexible. More like plastic and malleable as well. Unlike a computer, a brain undergoes constant reconstruction. And if this process grinds to a halt, then the brain as a whole stops working too. Interestingly, there is one region of the brain that is also known as the “gateway to memory.” That is the hippocampus you referred to, and it is particularly malleable. All the information we receive and absorb has to be processed there if we want to store it. And what distinguishes this central region of the brain is the fact that it produces new nerve cells throughout life. These new nerve cells are called neurons, and the process is known as neurogenesis. The rest of the brain lacks this ability, which is why degenerative diseases are such a problem: nothing grows back. You can donate blood and soon you will have your full complement again. Or you might go to the hairdresser’s once a month because your hair keeps growing back. The skin’s stem cells continuously regenerate. The intestine is another organ that constantly renews its cells. The brain doesn’t do that, with this one exception. The renewal in the hippocampus is not the replacement of something lost, though. Instead it’s a continuous

process that never stops adapting its network of neurons in this region until the day we die. How exactly can I best visualize this? In concrete terms, which functions can I acquire or extend? The hippocampus is the place where information is filtered, where it is processed, compressed, and structured chronologically in a way that allows us to adjust flexibly to our environment and our experiences. That’s a very special feature of the human brain: it helps us adapt well to changing circumstances. The human race is able to colonize the whole planet, from areas at the poles with sub-zero temperatures to scorching hot regions, because we possess a high level of cognitive flexibility. As our geographical range increases, so do the cognitive challenges entailed. The more we move around, the more we have to remember – about what is happening currently and which information we have received. And we need to be able to organize this information by its time. This is called episodic memory. The hippocampus is also responsible for this function. For example, in order to find our way back to a place we’ve been, we need to replay the turns and directions we have taken backwards. In other words, we need to keep things in order. Storing memories in a chronological sequence is extremely important for humans because it lays the foundations for our autobiographical memory, without which we could not conceive of ourselves as people at all. To a very large extent, we are composites of our pasts, and we depend on our ability to remember to be ourselves. It’s horrible to see dementia patients losing track of their own biographies. They do not lose their dignity or status as human beings, but they lose sight of themselves as human beings. We have now discovered that it is these regenerating neurons that make flexible adjustments possible, enabling us to distinguish between what is old and new, even when there may be very little difference in time between them. If you leave your car in a large parking lot every day, but not necessarily in the same spot, you always have to remember where it is.


60

Growing old, staying new

You don’t have to memorize the entire lot every time; you just need to update your internal map. Information on where you parked earlier then becomes obsolete, although the brain still retains it. The capacity to differentiate be­tween current and past information, and to adapt to it flexibly, is a function of the hippocampus, particularly of these new cells. So if my hippocampus ceases to function properly, I won’t be able to find my car? Exactly. Very often the onset of Alzheimer’s, a typical form of geriatric dementia, takes place in the hippocampus and manifests itself in losses of memory. Many other brain functions might still be perfectly normal. By contrast, other forms of dementia tend to start with prob­ lems of social interaction, while the memory still keeps working as before. The symptoms depend on the brain regions affected. But doesn’t the hippocampus begin to deteriorate either way during the course of a lifetime? Use it or lose it, that’s the golden rule. Anyone who has passed the 45 or 50 mark will notice a slight change in their ability to remember. Most of the time it isn’t serious; your memory just doesn’t work quite as well as it used to. For the most part, people can still manage for an extremely long time without facing serious consequences. They do notice the differences, particularly the older they get, but then they simply devise strategies for coping. Alzheimer’s dementia, however, causes far more damage than the typical losses in brainpower. And the degree of decline varies from individual to indi­ vidual, and hence also the ability to deal with it. For example, people who lead very active lives keep their batteries fully charged, which allows them to function longer before they start to go flat. Someone with less in reserve will experience more severe problems more quickly. We are trying to understand this ­phe­nom­­enon, i.e. how to stop age-related cog­ nitive loss. We know that it’s possible. What we don’t know exactly yet is who benefits from training and, above all, to what extent they benefit. Training is actually the wrong word. It’s more about staying active and how that protects us from Alzheimer’s ­disease, which primarily affects the hippocampus.

How would you define staying active in concrete terms? What can we actually do? We know from major studies that physical activity, education and a balanced diet are the aces in the pack. Of course, there are highly educated people who get dementia as well. But as a general rule, education offers a relatively solid line of defense. You may not be able to prevent the disease, but if you can at least postpone the outbreak of symptoms, that is already a bonus and you might still have a few good years left. If I live to the age of 95 and get dementia at 93 rather than at 88, then that’s a big plus! So staying active doesn’t actually treat the dementia, but I improve my prospects of managing the condition. What role does physical activity play? Physical activity is the super factor per se; the traditional saying that a healthy body keeps you healthy of mind still holds true. And it doesn’t entail excessive amounts of exercise. All that’s really required is a degree of movement, a basic level of activity. That’s because the brain originally had the function of facilitating movement. Physical and mental activity were inseparable. Speaking is a form of movement too. And the brain areas that control motor functions are even activated when we are only thinking. So movement is likely the correct fuel for the brain. By contrast, decoupling mental from phys­ical activity might be human, but ceasing to extend our range of movement, and picking up a book, sitting at a monitor and letting the world come to us instead, is actually completely unnatural. Of course, that doesn’t mean there’s anything wrong with reading in a comfy armchair. But there’s a lesson we would do well to heed. People who spend the whole day seated become mental couch potatoes too. So would it be possible not only to slow the aging process but even to rejuvenate the brain by subjecting it to specific stimuli? That we don’t know. There’s the concept of “cog­nitive reserve” in psychology, according to which you have, so to speak, an optimum that you can maintain for a while but can’t exceed. Education during early childhood is key to achieving this maximum. In other words, dementia prophylaxis begins in kindergarten. Supposedly, people then reach their peak during their mid-20s. Pessimists believe that it’s all downhill from there, although we remain


Growing old, staying new

oblivious to the changes. However, the more fully your cognitive batteries are charged, the slower the decline is and the further you can go. Ultimately I don’t believe you can get more out of your brain than was originally there. For me, the challenge is rather about maintaining what I have by using it in the best possible way. Of course, occasionally I can still learn things that I couldn’t before. That much is clear. But it seems unlikely that we can create something completely new at an advanced age if the foundations for it have not been laid in the brain earlier. However, this thesis is somewhat undercut by the generation of new nerve cells, because there really is something structurally new here. Indeed, in its filtering function, the hippocampus needs to become increasing­ ly complex as we grow older, for the simple rea­son that we see more and more, and have to manage mounting quantities of experiences and memories. The new cells play a vital role in this process. Yet here again the formula “use it or lose it” applies. If I have never experienced anything complex, at some stage the muscle will degrade and I will lose the ability to cope with complexity when I do encounter it. But now we’re living in the age of digitalization and virtuality, and our hands aren’t being used in the complex ways they once were. Numerous studies of virtual reality and screen usage have shown that displays can replace reality quite effectively. And, of course, there are things I can learn in simulations that would be impossible in real life. That too is testament to our incredible cognitive flexibility. The greater problems are the pressure to be constantly available, the endless multitasking, and the fear of missing something because people are trying to reach you on multiple channels simultaneously. That’s where our systems start to fail. What about playing musical instruments? Isn’t that a great form of exercise? Yes, absolutely right. Music is something very unique that only human beings have really produced in this form, a very special capacity of our brains. Beyond its social, communicative, motor and sensory elements, it also has spiritual and mental dimensions. Singing or listening to music together can be a very primeval experience. Dancing is also good. It’s more than likely that music is an excellent vehicle for producing the activity we need to keep young.

61

We’ve now discussed a variety of factors that can help us to success. But what about diets? Is there such a thing as a brain superfood? Let me put it in simplified terms: if my body weight remains within a normal, reasonable range, then there’s a good chance that my meta­bolism is OK . And if my metabolism is OK , then my brain is likely to be doing better too. We also know that antioxidants help in some way, as do omega-3 oils and so on. But none of the studies trying to prove as much are mak­ ing much progress. That’s presumably because we wouldn’t normally consume all these things on their own, even if they often feature as in­ gredients in high-quality foods. We don’t simply swallow fish oil capsules and otherwise abandon nutrition in our diets. All these small steps usually simply reflect an awareness of the issues, our personal taste, or the conscious de­ ci­sion to maintain a balanced overall diet. As with choosing the right type of physical activity, the challenge with choosing food is to develop a sense of what is right for me personally, of how I can nourish myself sensibly as an indi­ vidual. That doesn’t mean you can’t cut yourself some slack occasionally. You need to steer a generally steady course that is reasonably ade­ quate. If I do my own cooking, use lots of greens, less sugar and little meat, then I still have a huge range of dishes that are basically suitable for my body. And I’m probably giving my brain a treat as well. In light of your own scientific knowledge and experience, what do you never want to stop and what would you still like to start doing? What I never want to stop? That’s a great ques­ tion! I’d like to be able to play piano and am already working on that. And I’d like to keep my­ self mobile, including outdoors. It’s absolutely correct that we shouldn’t wait until retirement to try something we want to do. We should keep striving in the here and now, and create a sense of continuity. This notion that you could engage in some regime of mental exercises that allows you to start learning Italian at the age of eighty is something I find strange. It isn’t a sen­sible approach in my view. I need to be living my life today in a way that lets me learn Italian when I’m old, if I want to. In other words: it’s best to get started right now.  Frank Haas is Head of Brand Strategy and Communications at Gebrüder Weiss – and editor-in-chief of ATLAS .


62

Learned anything new today? TEXT

Imke Borchers and Miriam Holzapfel

Finger knitting Knitting is great training for your fingers and hands, helping to counterbalance their one-­ sided deployment on smartphones. Apparently, it also helps keep you sharp: knitting regularly between the ages of 50 and 65 reduces the risk of dementia. If you find the constant clickclack of the needles irritating, try your hand at finger knitting first. Using wool and the fingers of one hand, you can knit a long cord in no time. And in the process create gift decorations and other useful items. Sun salutations Originally, sun salutations were directed by yogis towards the rising sun, hence their name. Today they are part of every yoga session, and many of fitness regimes as well. The sequence of eleven positions involves all the main muscle groups, stretching and strengthening them while improving the circulation. The coor­ dination of movement and breathing is at once stimulating and relaxing. And, needless to say, sun salutations are even good on rainy days. Juggling You don’t have to go out to get fit. You can hone your juggling skills at home, or even in an open-plan office. The controlled movements as you toss and catch the balls will improve your circulation, too. The left and right sides of the brain need to work together to maintain coordination, which also boosts cognitive skills. You don’t need special skills or talent. It’s practice that makes perfect, however old you are. Playing the harmonica So you skipped the music classes at school? Abandoned the violin just a few lessons in, and didn’t even try the recorder? Then the har­­mon­ ica could be the instrument for you. It’s easy to learn on your own, and small enough to hide in your pocket if a tune doesn’t sound perfect first time around. But once you’ve mastered the basics, you can always pull it out and serenade your friends. To everyone’s delight – not to men­tion their surprise.

Baking bread If you have friends working at your local bakery, skip this tip. Otherwise we would highly recommend baking bread yourself. It’s a piece of cake! Thanks to a simple trick, it will taste really professional: you just have to put a lid on your baking tin and ensure the oven is hot enough – and of course muster a little patience, because good dough takes time to rise. That said, it does so all on its own, so mix that dough today and you’ll have something to be proud of tomorrow. Producing a podcast Tackling new technologies can often be a chal­ lenge. So most people stick to equipment they already know. Nevertheless, learning more and extending your skills is always great exercise for your hippocampus. So why not share some of your thoughts, publish a travelogue or recommend your favorite recipes? There are lots of blogs – but far fewer podcasts. And you don’t need to be a geek to make one.


63

Heute schon etwas gelernt? text Imke Borchers und Miriam Holzapfel

Eine kleine Sammlung an Dingen, die bis ins Alter noch angefangen werden können: Fingerstricken Stricken trainiert die durch Smartphone einseitig belasteten Finger und Hände sowie das Gehirn – angeblich vermindert regelmäßiges Stricken im Alter zwischen 50 und 65 das Risiko, an Alzheimer zu leiden. Wen das Klappern der Nadeln stört, dem sei als Einstieg Fingerstricken empfohlen: Nur mit Wollfaden und den Fingern einer Hand lässt sich im Nu eine lange Schnur stricken, die zum Beispiel ein Geschenkband werden kann. Sonnengruß Ursprünglich wurde der Sonnengruß von den Yogis morgens in Blickrichtung zur Sonne praktiziert, daher der Name. Heute ist er Bestandteil jeder Yoga-Stunde, wird aber auch in Fitnessprogramme integriert. Denn die Abfolge der elf Figuren spricht alle wichtigen Muskelgruppen an, dehnt und stärkt sie und aktiviert den Kreislauf. Die Koordination von Bewegung und Atmung sind anregend und entspannend zugleich. Und selbstverständlich lässt sich der Gruß auch bei Regen ausführen. Jonglieren Wer für Fitness nicht vor die Tür gehen möchte, dem sei Jonglieren empfohlen, das geht auch im Großraumbüro. Denn durch die kontrollierten Bewegungen beim Werfen und Fangen der kleinen Bälle wird die Durchblutung angeregt. Und damit die Bälle nicht auf den Boden fallen, müssen linke und rechte Gehirnhälfte eng zusammenarbeiten – das fördert die Wahrnehmung. Dabei kommt es weniger auf Talent oder Geschicklichkeit an, sondern auf beharrliches Üben, das die Meisterin oder den Meister macht, und zwar in jedem Alter. Mundharmonika spielen Sie haben in der Grundschule den Flötenkurs verpasst? Und das Geigespielen schon nach wenigen Stunden wieder aufgegeben? Dann könnte die Mundharmonika Ihr Instrument

sein. Es lässt sich gut im Selbststudium lernen und ist handlich genug, um nach ein paar schiefen Tönen schnell in der Tasche zu verschwinden. Und wenn man es dann beherrscht, kann man die Mundharmonika hervorziehen und die Mitmenschen mit einem kleinen Ständchen überraschen. Zur Freude aller – und mit Sicherheit auch zu deren Verblüffung. Brot backen Wenn Sie sich gut mit Ihrem netten Bäckereiverkäufer verstehen, dann überspringen Sie diesen Tipp. Allen anderen sei geraten, Brot einmal selbst zu backen. Mit einem einfachen Trick schmeckt es wie aus der Profibackstube: Man muss lediglich einen Deckel auf die Backform aufsetzen und für ausreichend Hitze im Ofen sorgen – und natürlich ein bisschen Geduld mitbringen, denn ein guter Teig braucht Zeit zum Gehen. Das macht er aber ganz von allein, und so können Sie schon morgen stolz sein, wenn Sie heute noch einen Teig ansetzen. Einen Podcast produzieren Die Hürden, neue Technik auszuprobieren, sind bisweilen sehr hoch. Deshalb begnügt man sich meist mit dem Equipment, das man ohnehin beherrscht. Aber auch in diesem Bereich ist es hilfreich, sein Handeln zu erweitern und dem Hippocampus neue Reize zu liefern. Und warum nicht mal interessante Gedanken teilen, einen Reisebericht veröffentlichen oder die Lieblingsrezepte vorstellen? Einen Blog haben viele – einen Podcast noch nicht ganz so viele. Und die technischen Barrieren dafür sind dank einfach zu bedienender Programme niedriger, als man denkt.


Sitzen ist das neue Rauchen. Arbeiten im Homeoffice verleitet zu Bewegungsmangel. Häufiges und langes Sitzen erhöht ­allerdings das Risiko für zahlreiche ernste Erkran­ kungen. Abhilfe ist zum Glück leichter als eine Raucherentwöhnung: Schon ein kleiner Spaziergang am Tag hilft. Sitting is the new smoking. A lack of exercise is one consequence of working from home. And long and frequent stints at a desk increase our vulnerability to serious illness. Fortunately, the remedy is far less arduous than stopping smoking: even a short daily walk helps.


65

Gute Antworten auf die Fragen der Krise text  Imke Borchers und Miriam Holzapfel

Die alte Binsenweisheit, dass Krisen immer auch Chancen enthalten, wird derzeit eindrucksvoll be­stä­ tigt: Überall auf der Welt reagieren Menschen auf die unterschiedlichen Herausforderungen der Krise mit Erfindergeist, Pragmastismus und guten Ideen. Das gilt für den beruflichen Bereich genauso wie für den privaten, für Entwicklungen in der Öffentlichkeit ebenso wie für individuelle Entwicklungen und Veränderungen. ­Ei­nige Neuerungen werden vielleicht wieder in Vergessenheit geraten, wenn sich der Zeitgeist oder das Geschehen wieder ändert. Und andere Ideen werden die Pandemie vermutlich überdauern.

Die sich selbst versorgende Stadt

Von Angesicht zu Angesicht

Auch die Stadtplanung reagiert auf die Erfahrungen der Pandemie: Bei einem Wettbewerb zum Bau der neuen Stadt Xiong’an nahe der chinesischen Hauptstadt Peking hat sich das Architekturbüro Guallart aus Barcelona mit ­einem Entwurf für eine autarke Stadt durchgesetzt, die auf biologischer Kreislaufwirtschaft basiert. Nach der Vorstellung des chinesischen Präsidenten soll sie zum neuen Standard für die Post-COVID -Ära werden. Das vorgeschlagene Format sieht neben den Wohneinheiten auch gemeinschaftlich nutzbare Co-Working-Räume vor, die über 3-D-Drucker verfügen. Dort könnten bei einer Unterbrechung der Lieferketten benötigte Ersatz­ teile gedruckt werden. Mehrere Gewächshäuser und Beete versorgen die Bewohner zudem mit frischen Lebens­ mitteln, Energie wird über Solarpanele auf den Dächern gewonnen. Die Straßen sind Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Und über ein 5G-Netz sind die Bewohner der Stadt stets miteinander verbunden, um sich über ­mögliche Quaran­tänen, Ansteckungen und andere Entwicklungen direkt austauschen zu können.  guallart.com

»Ich habe mich in meinem Leben schon mehrfach neu ­erfunden: Als ich vor 20 Jahren für eine Schauspielaus­ bildung nach Hamburg gezogen bin etwa. Davor hatte ich ein paar Semester Psychologie studiert. Oder als ich ­plötzlich ein Kochhaus geleitet und interdisziplinäre KunstEvents organisiert habe. Insofern ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass ich mich jetzt noch einmal umorientiere und eine Ausbildung zur systemischen Coachin ­beginne. Die Corona-Krise war ein Beschleuniger für meine Entscheidung. Durch die Pandemie brachen ja nicht nur meine Jobs vor der Kamera weg. Mir wurde in den Wochen des Lockdowns auch klar, dass ich andere Menschen nicht nur über die Leinwand begleiten möchte, sondern auch direkt, von Angesicht zu Angesicht. Mir wurde außerdem bewusst, wie vergänglich alles ist. Durch Corona hat sich die Welt von einem Tag auf den nächsten verändert. Worauf also warten, wofür seine Lieblingsideen auf­schieben? Das sage ich mir auch im Moment, wo ich den Wander­­urlaub mit meinem siebenjährigen Sohn in Bayern plane. Wir verreisen zu zweit, ich freu mich sehr. Ich möchte nicht später einmal denken: Ach, hätte ich damals doch …« Elke Jochmann, Schauspielerin Protokoll: Carola Hoffmeister


66

Umbrüche

stattdessen eine neues Geschäftsmodell entwickelt: ­Unter dem Namen The Style Fílos (von griechisch: philos = Freund) versenden sie seit dem Sommer individuell ­zusammengestellte Schmuck- und Accessoireboxen mit Schals, Ohrringen, Ketten und Make-up für einen ­möglichst professionellen Auftritt vor dem Bildschirm. Aber nur für die obere Hälfte des Körpers, versteht sich. Denn was unterhalb der Tischkante liegt, bleibt im ­Homeoffice schließlich im Dunkeln.  thestylefilos.com

Engagement für Umweltschutz »Aus eigenem Antrieb hätte ich meinen Job als IT -Spezialist bei Boeing wohl nicht aufgegeben. Ich war fast 19 Jahre lang im Betrieb, erst in Brüssel, jetzt in Madrid, und habe mit Mitte fünfzig und als Familienvater ein gewisses ­Sicherheitsbedürfnis. Aber nach dem ersten Schock der Corona-bedingten Kündigung war mir klar: Das ist eine Riesenchance. Denn insbesondere in den letzten Jahren bot mir die Arbeit wenig Herausforderungen. Jetzt kann ich gar nicht anders, als mir die Sinnfrage neu zu stellen: Was möchte ich noch erleben? Wofür meine Zeit nutzen? Ich hatte immer den Wunsch, meine kulturellen Ein­ drücke, die ich auf Reisen gewonnen habe und während der Zeit, in der ich mit Native Americans gelebt habe, zusammenzubringen, um etwas Gutes daraus zu machen. Um etwas zu hinterlassen. Vielleicht möchte ich in einer NGO anheuern und mich für Umweltschutz engagieren. Oder an meinen Master in Business Administration anknüpfen und irgendwo meine Sprachkenntnisse einbringen. Wer spricht schon wie ich fünf Sprachen fließend? Angesichts der Mög­lichkeiten wird mir manchmal ­schwindelig. Aber gut – ich bin Optimist und freue mich auf neue Perspektiven!« Dieter Herrmann, IT -Spezialist Protokoll: Carola Hoffmeister

Guter Stil für obenrum Die Schwestern Vicky und Nikoleta Lirantonakis aus ­Boston, Massachusetts, betreiben eigentlich einen Kleider­ verleih. Doch mit dem Lockdown gab es plötzlich keinen Bedarf mehr für Abendgarderobe, denn Kleider brauchen Leute – und die trifft man zurzeit meist in Videokonfe­ renzen und nicht mehr auf Partys. In den USA zum Beispiel haben im Juni fast die Hälfte aller Arbeitnehmer im ­Home­­office gearbeitet, aber nur 3 Prozent haben einer Studie zufolge dabei Kleidung getragen, mit der sie auch am ­Arbeitsplatz erscheinen würden. Daher haben die Schwestern kurzerhand ihren Kleiderverleih geschlossen und

Produktpalette erweitert »Aus der Krise habe ich gelernt, dass es tatsächlich im ­Leben oft ganz anders kommt, als man denkt. Unser ­Unternehmen hat es zunächst voll erwischt. Wir beliefern vor allem die Gastronomie und Großküchen mit Spiri­­ tuosen, Suppen, Soßen, Essig, Öl und Ähnlichem. Durch den Lockdown ist dieses Geschäft dramatisch einge­ brochen, und wir mussten über neue Lösungen nachdenken. Nach wie vor machen wir den Großteil unseres ­Geschäftes mit hochqualitativen österreichischen Nah­ rungs- und Genussmitteln. Aber zusätzlich ist jetzt die Idee entstanden, statt Schnaps Desinfektionsmittel zu pro­ du­zieren. Meine gesamte Belegschaft hat die Ärmel ­hochgekrempelt. Ob Prokurist oder Produktionsmitarbeiter, ­niemand war sich für irgendeine Hilfsarbeit zu schade. Das hat uns ­extrem zusammengeschweißt und macht mich bis heute stolz. Die entsprechende Erlaubnis ­bekamen wir durch eine Notverordnung der Regierung. Viele Dinge wussten wir allerdings nicht, zum Beispiel wie viele Liter wir ­über­­haupt ausliefern dürfen, ohne das P ­ rodukt als ­Gefahrgut deklarieren zu müssen. Wir haben viel ­dazugelernt in ­dieser Zeit und ganz neue Kunden gewonnen: Vom Friseur über den Apotheker bis hin zu unserem ­Büro­bedarfslieferanten – alle wollten Desinfektionsmittel ­haben.« Markus Pfarrhofer, Geschäftsführer der Firma Nannerl in Anthering bei Salzburg, nannerl.at Protokoll: Claudia Saltuari


67

Good answers to questions posed by the pandemic TEXT

Imke Borchers and Miriam Holzapfel

The old hypothesis that every crisis brings opportunities has rarely been truer than today: across our planet, people are rising to the challenges of Covid-19 – with inge­­ nuity, pragmatism and fresh ideas. This applies to innovations in our work and home life, to developments in the public domain, and to our personal growth. Some innovations will soon be forgotten when events or the zeitgeist change. But other ideas may well outlast the pandemic. The self-sufficient city Urban planners are responding to the pandemic in their own ways. The Barcelona-based firm Guallart Architects won a competition to design the new city of Xiong’an near the Chinese capi­­­tal of Beijing – as a self-sufficient entity based on a biocycle economy. President Xi hopes it will become the new standard for the post-Covid era. In addition to residential units, the proposed design also foresees shared co-working spaces. These will come equipped with 3D printers which can be deployed to produce spare parts or components delayed in supply chains. ­Greenhouses and vegetable beds will provide suf­ficient fresh foodstuffs, while power will be generated by roof-mounted solar panels. The roads are to be reserved for pedestrians and cyclists. What is more, the city’s residents will be continuously connected via a 5G network, enabling them to share information about potential quarantines, infections and other developments. guallart.com Face to face “I’ve reinvented myself several times during my lifetime. Like when I moved to Hamburg 20 years ago to learn acting. Before that, I had studied psychology for a couple of years. Or when I suddenly found myself managing a cookhouse and organizing interdisciplinary art events. So maybe it’s no real surprise that now I’m reorienting again and training to be a systemic coach. The Corona crisis made this decision more urgent. When the pandemic began, my acting gigs disappeared. During the weeks of lockdown, I realized that I didn’t only want to communicate with people from

a screen. I wanted to engage with them directly, eye to eye. I also came to appreciate how transient everything is. Coronavirus changed the world overnight. So why wait, why keep postponing your most exciting ideas? I’m asking my­self the selfsame questions at the moment, as I make plans for a hiking vacation in Bavaria with my seven-year-old son. It will be just the two of us. I couldn’t be happier. I couldn’t bear looking back and thinking: I really wish I had done that back then.” Elke Jochmann, actress Reported by: Carola Hoffmeister Committed to protecting the environment “I doubt I would have given up my job as an IT specialist, at least of my own volition. I’ve been with Boeing for more than 19 years, first in Brussels, now in Madrid. I’m in my mid-50s with a family, so I have a stronger need for security. But after the initial shock of losing my job through the pandemic, I realized it was also a huge opportunity. Work was no longer really a challenge, especially during the past few years. Now I can’t help but ask myself the ultimate question. What else do I want to do with my life? How should I be using the time left to me? I have always wanted to do something with the cultural impressions I’ve gained traveling and living with Native Americans – to create something that would benefit others. To build my legacy to the world. I might start working for an NGO and devote my energies to protecting the environment. Or pick up on what I learned during my MBA studies and use my language skills somewhere. How many people speak five languages fluently, as I do? The options sometimes make my head spin. Then again, I’ve always been an optimist and I’m looking forward to pursuing something new!” Dieter Herrmann, IT specialist Reported by: Carola Hoffmeister Top styling on top Sisters Vicky and Nikoleta Lirantonakis from Boston, Massachusetts, usually run a clothing-­ rental business. But when the lockdown ­descended, eveningwear became redundant overnight. Nowadays, people are more likely to


68

Transitions

be seen on video conferences than at gala events. In the United States, for example, almost half of all employees worked remotely in June. But, according to one study, only three percent donned clothes they would have worn to work. So the sisters promptly closed their rental service and adopted a new business model. Under the name “The Style Filos” (from the Greek word for friend, “philos”), they have been selling individually configured ­jew­elry and accessory sets since the summer. Their mini-collections include scarves, earrings, necklaces, and make-up – everything needed for a professional appearance on computer monitors. Only, of course, for wear from the waist up. After all, talking heads don’t need skirts and shoes. thestylefilos.com Product range expanded “The pandemic taught me that you can never know what to expect in life. At the beginning, our company felt the full force of the crisis. We mainly supply restaurants and industrial kitchens with liquor, soups, sauces, vinegar, oil and the like. As a result of the lockdown, our order intake plunged and we needed some fast solutions. We hit upon the idea of producing disinfectant instead of liquor. We still do most of our business with high-quality Austrian foodstuffs and beverages, but we also managed to get official approval for the plan thanks to emergency government regulations. That said, we had a lot to learn – like how much we could deliver without declaring the goods as hazardous. My entire team rolled up their sleeves. From our top management down to the staff on the factory floor, everyone happily got their hands dirty. That forged a bond between us all and filled me with pride. We learned a great deal during this period and acquired brand new customers. From hairdressers and pharmacists through to our stationery supplier: everybody wanted disinfectant.” Markus Pfarrhofer, Managing Director of ­Nannerl, based in Anthering near Salzburg, nannerl.at Reported by: Claudia Saltuari


Glamourös ist das neue Rustikal Das Reisen während einer Pandemie ist kom­pli­ ziert, gleichwohl sind die Bedürf­nisse nach ­Erholung bei vielen größer denn je. Der Mensch drängt hinaus – doch wohin? Er will an die ­­­ Luft – doch wie? Wo Nähe zur Natur früher mit ­Verzicht auf Komfort einhergehen musste, ­versöhnt heute »Glamping« die Sehnsucht nach Einfachheit mit dem Bedürfnis nach Verwöhnung. ­Glamour und Camping – best of both worlds, ­sozusagen. Ein gutes Mückenspray empfiehlt sich aber nach wie vor. Glam is the new rustic Traveling during a pandemic is onerous, but the craving for fun and adventure often greater. People are desperate to get away, but where to? They yearn to escape to the Great Outdoors – but how? In the old days, nature was all but synonymous with discomfort. Today “glamping” has removed the sacrifice from simplicity with its combination of countryside and convenience. Glamour and camping – the best of both worlds, so to speak. Don’t forget your bug spray, though. When you feel like a bite, the mosquitos might well too.



71

Wir sind die Neuen text  Svenja Beller

Seitdem der Mensch sich frei über den Globus bewegt, siedelt er auch Tiere und Pflanzen um. Das Ausmaß lässt sich bislang nur erahnen – genauso wie die Folgen. Wir verteilen die Welt um. Wo welche Tier- oder Pflanzenarten leben, hängt zunehmend von uns Menschen ab. Denn wir steuern Schiffe quer durch die Weltmeere, fliegen mit Flugzeugen zwischen den Kontinenten hin und her, wir bauen Kanäle und Brücken, wir halten Haustiere und vergessen nachts die Käfigtür zu schließen, wir importieren exotische Blumen für unsere Gärten und bringen Souvenirs aus dem Urlaub mit, auf denen winzig kleine Krankheitserreger leben. In der Folge lebt heute die weltweit größte wilde Kamel­ herde in Australien und nicht in Nordafrika. In Spanien wachsen südamerikanische Opuntien, in Deutschland nisten sich nord­amerikanische Waschbären auf den Dachböden ein, und in Portugal haben australische Eukalyptusbäume die ein­ heimischen Baumarten zahlenmäßig überholt. Solche durch Menschenhand in fremden Gebieten verbreitete Pflanzen heißen Neophyten, das tierische Pendant sind die Neozoen, alle gemeinsam heißen sie Neobiota – ­zusammengesetzt aus den altgriechischen Wörtern néos (neu) und bios (Leben). Die beispiellose Intensität, mit der wir Menschen die Neobiota über den Globus verstreuen, verschiebt die bisherigen Grenzen der natürlich angestammten Lebensräume von Pflanzen und Tieren. In welchem Ausmaß, das ist allerdings weitgehend unbekannt. 2015 veröffentlichte der niederländische Biologe Mark van Kleunen in

Links oben: Treibende Kraft für die Eukalyptisierung Portugals war die Papierindustrie, die eigene Wälder bewirtschaftet. Unten: Das Grauhörnchen sieht niedlich aus, verdrängt in Europa aber das ­einheimische eurasische Eichhörnchen. Top left: The force driving the spread of eucalyptus trees in Portugal was the paper industry, which has its own forests. Below: The gray squirrel may be cute, but it is slowly but surely displacing its red domestic cousin in Europe.

dem renommierten Wissenschaftsmagazin Nature erstmals eine Zahl für die weltweit verbreiteten Neophyten: 13.168. Das entspricht in etwa der Größe der gesamten einheimischen europäischen Pflanzenwelt. Eine vergleichbare Erfassung der gebietsfremden Tierarten auf der Welt gibt es nicht, auch weil sie nicht in jedem Land gleich gut dokumentiert werden. Experten bemühen sich derzeit um den Aufbau einer weltweiten Datenbank, aber auch Laien können bei der Erfassung von Neobiota mithelfen. So bittet etwa die Europäische ­Kommission EU-Bürger, über eine eigens zu diesem Zweck entwickelte App ­»Inva­sive Alien Species Europe« gebietsfremde Arten zu melden. In Deutschland zum Beispiel zählt das Bundesamt für Naturschutz 319 gebietsfremde Tier- und 566 Pflanzenarten, die sich in der Bundesrepublik etabliert haben. Dazu kommen weitere rund 450 Tier- und 1650 Pflanzenarten, die zwar schon vereinzelt nachgewiesen wurden, bei denen es aber noch unklar ist, ob sie sich auch fest ansiedeln werden. Wie genau sie in ihren neuen Lebensraum gekommen sind, variiert von Art zu Art stark, weiß Jonathan Jeschke. Er ist Ökologe und forscht an der Freien Universität Berlin und am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnen­ fischerei. »Man kann die Einfuhrwege in absichtliche und unabsichtliche unterteilen«, sagt er. »Wobei man bei den absichtlich transportierten Arten auch nochmals unterscheiden muss zwischen freigelassenen und entkommenen.« Zur Veranschaulichung: Der Asiatische Laubholzbockkäfer reiste mit Bau- und Verpackungsholz als blinder Passagier nach Deutschland ein, er wurde also unabsichtlich eingeführt und entkam. Der Afrikanische Krallenfrosch hingegen wurde absichtlich zu Forschungszwecken in ein portugie­ sisches Labor gebracht. Als das Institut wegen starken Regens von dem benachbarten Fluss geflutet wurde, entkamen die Frösche und breiteten sich über Jahre unbemerkt im Groß­ raum Lissabon aus. Und das Grauhörnchen wurde etwa in Italien und England absichtlich eingeführt und freigelassen, wo es sich anschließend explosionsartig vermehrte. »Tendenziell werden Wirbeltiere und Pflanzen eher absichtlich verbreitet, Wirbellose und Krankheitserreger eher unabsichtlich«, beobachtet Jonathan Jeschke. Als Stunde null


72

Neobiota

Afghanische Händler haben das Kamel Mitte des 19. Jahrhunderts nach Australien gebracht. ­Heute verschmutzen die frei lebenden Herden das Trinkwasser der Ureinwohner. Afghan traders introduced camels to Australia in the mid-nineteenth century. Today the roaming herds contaminate the indigenous people’s drinking ­water.

der Verbreitung der Neobiota gilt das Jahr 1492, als Christoph Kolumbus Amerika entdeckte. »Ab da nahm der Mensch immer massiver die Ausbreitungsbarrieren für Tiere und Pflan­zen weg«, erklärt Jeschke. Im 19. Jahrhundert schleppten die europäischen Siedler massenhaft Arten in ihre neuen Wohnorte ein, seit dem 20. Jahrhundert bewegt der immer weiter zunehmende Welthandel neben Waren auch Pflanzen und Tiere rund um den Globus – und zwar mit bis heute ­steigender Tendenz. Selbst in den Sohlen von Wanderschuhen oder den Klettverschlüssen von Jacken reisten blinde Pas­sagiere schon aus Versehen bis in die Antarktis. Das kann sehr unterschiedliche Folgen haben. Was der Asiatische Laubholzbockkäfer, der Afrikanische Krallenfrosch und das Grauhörnchen gemein haben: Sie alle gelten als invasiv, so nennt die Weltnaturschutzunion (IUCN ) ­Ar­ten, die in ihrer neuen Heimat Probleme verursachen. Der Käfer bohrt Höhlen in die Rinden von Laubbäumen, von denen aus sich die Larven weit durch den Stamm fressen – er kann so ganze Wälder töten. Der Frosch frisst kurzerhand alle ihm unterlegenen Amphibien auf und treibt damit ­einheimische Arten an den Rand der Ausrottung. Und auch das Grauhörnchen macht Probleme, denn es trägt ein Virus in sich, an dem es selbst nicht erkrankt, das in Mitteleuro­ paheimische rostrote Eichhörnchen kann daran aber sterben. Invasive Arten sind nach IUCN -Einschätzung der wichtigste Grund für das Artensterben unter Amphibien, Rep­ tilien und Säugetieren auf der von ihr geführten Roten Liste. Der ökonomische Schaden, den sie anrichten, wird auf ­Hunderte Milliarden Euro jährlich geschätzt. Um bewerten zu können, welche invasive Art bekämpft werden muss, baut Jonathan Jeschke gerade zusammen mit anderen Wissen­ schaft­lern für die IUCN eine Datenbank auf, in der die Aus­­­ wir­kungen jeder Art von minimal bis massiv eingestuft werden. Ab wann eine Auswirkung ein Schaden ist, ist aber gar nicht so leicht zu beurteilen. »Schaden ist nur eine Perspek­ tive«, sagt etwa der amerikanische Pflanzenökologe und ­Autor des Buches Invasion Biolog y Mark Davis. Was viele

­Naturschützer als ökologischen Schaden bewerten würden, sei in Wahrheit bloß eine Vorliebe für einheimische Arten. Dass heimisch automatisch gut und fremd automatisch schlecht sei, hält er für falsch. Gestützt wird er von ­einer Studie, laut der gebietsfremde große Pflanzenfresser wie etwa Wildpferde durch Grasen Ökosysteme stützen und bereichern können. Die Ausbreitung an einem neuen Ort schützt sie zudem oft vor dem eigenen Verschwinden – wie die eingangs erwähnten Kamele in Australien, die in ihrer ursprünglichen Heimat immer weiter verdrängt werden. Wenn Neuankömmlinge keinen erheblichen Schaden anrichten, dann wirbt Mark Davis für die beinahe romantische, von ihm »LTL « genannte Methode. LTL ist die Abkürzung für »Learn to Love ’em« – »Lerne, sie zu lieben«. Und das fällt bei einigen Arten sicher leichter als bei anderen.

Svenja Beller arbeitet als freie Journalistin für diverse Magazine und ­Zeitungen. 2017 veröffentlichte sie ihr erstes Buch Einfach loslaufen (­DuMont Reiseverlag). Sie lebt und arbeitet in Hamburg und Lissabon.


73

We’re the newbies TEXT

Svenja Beller

When people started moving freely around the globe, they also began relocating the world’s flora and fauna. To what extent is open to speculation – as are the consequences. We are redistributing our world. More and more frequently, we humans are determining the ­habitats of plant and animal species. It’s unavoidable as we navigate ships across the oceans, jet back and forth between continents, build canals and bridges, forget to lock our pets’ cages at night, import exotic flowers for our gardens, and return from vacation with souvenirs hosting tiny pathogens. As a result, the world’s largest herd of wild camels now lives in Australia, not in northern Africa. South American prickly pears are growing in Spain. North American raccoons are nesting in German attics. And Australian eucalyptus trees are more widespread in Portugal than the country’s native tree species. Plants introduced into alien areas by human hand are called neophytes, their animal ­counterparts neozoa. Together they are known as neo­biota – a term composed of the ancient Greek words néos (new) and bios (life). The unprecedented enthusiasm with which we humans are scattering neobiota across our planet is shifting the boundaries between the natural, ancestral habitats of our flora and fauna. To what extent, however, is largely un­known. In 2015, the Dutch biologist Mark van Kleunen produced the first-ever headcount of globally-distributed neophytes, publishing his total of 13,168 in the esteemed scientific journal “Nature”. This is roughly equivalent to the sum total of Europe’s native flora species. There is no comparable coverage of alien species in the animal kingdom, partly because the levels of documentation differ from country to country. Experts are currently compiling a global database, but even amateur naturalists can help with the collation. For example, the European Commission is asking EU citizens to report non-­ native flora and fauna using the specially-developed Invasive Alien Species Europe app. In Germany, for example, the Federal Office of Nature Conservation has listed 319 non-­ native animal species and 566 plant species that

have become established in the country. ­Additionally, there are some 450 animal and 1,650 plant species that have been spotted occasionally but are yet to form permanent colonies. How exactly they reached their new homes varies greatly from species to species, says Jonathan Jeschke, an ecologist and researcher at the Free University of Berlin and Leibniz Institute of Freshwater Ecology and Inland Fisheries. “You can divide the newcomers between intentional and unintentional imports,” he says, “with the intentionally transported species further subdivided into released and escaped categories.” By way of illustration, the Asian long-horned beetle entered Germany as a well-hidden stowaway in wood destined for construction and packaging. It was inadvertently introduced and then escaped. The African clawed frog, on the other hand, was deliberately imported – for research in a Por­ tuguese labo­ratory. When heavy rain caused a local river to overflow, the institute was flooded and the frogs escaped – multiplying unno­ ticed for years in the Greater Lisbon area. And the gray squirrel was intentionally released in countries like Italy and England, after which it proliferated exponentially. “Vertebrates and plants tend to be imported on purpose, invertebrates and pathogens accidentally,” observes Jonathan Jeschke. The year 1492, when Christopher Columbus landed in America, is thought of as the zero hour for neobiota. “From that point onwards, humans progressively dismantled the barriers hindering the spread of animals and plants,” explains Jeschke. In the nineteenth century, European settlers smuggled species en masse into their new homes, and since the turn of the twen­ tieth century, world trade has been moving ever-­larger quan­tities of plants and animals around the globe – with the numbers still rising annually. Uninvited guests have even been discovered in Antarctica, having completed the voyage by chance on the soles of hiking boots or the Velcro fasters on jackets. The consequences are manifold. What do the Asian long-horned beetle, African clawed frog and gray squirrel have in common? They are all considered invasive, species characterized by the International Union for Conservation


74

Neobiota

of Nature (IUCN ) as proving disruptive in their new homelands. The beetle chews pits in the bark of deciduous trees, from which its larvae tunnel deep into the trunks; in this way it can destroy entire forests. The frog devours all infe­ rior amphibians within its range, pushing native species to the brink of extinction. And the gray squirrel transmits a virus. While the host animals are immune to its effects, it can be fatal to the indigenous red squirrels of central Europe. According to the IUCN , invasive species are the main causes of extinction among the amphibians, reptiles and mammals enumerated in its directory of flora and fauna at risk: the Red List. The economic damage they cause has been estimated at hundreds of billions of euros a year. In order to assess which invasive species to target, Jonathan Jeschke and other scientists are currently creating a database for the IUCN that classifies the threat level of each species. However, establishing what is harmful can prove challenging. “Harm is just a perspective,” says Mark Davis, an American plant ecologist and author of the book “Invasion Biology”. What many conservationists regard as ecological harm is actually just a preference for native species, he argues. He rejects the assumption that home-grown automatically means good and non-native automatically bad – a stance supported by a study showing that large alien herbivores such as wild horses can benefit and enrich ecosystems through their grazing. Moreover, the opportunity to flourish in new environments often helps preserve species com­ pletely – like the above-mentioned camels in Australia, which are being increasingly displaced in their original homeland. If new breeds do not cause significant damage, Mark Davis promotes the almost romantic approach he calls “LTL ” – the abbreviation for “Learn to Love ’Em.” And that is definitely easier with some species than with others.  Svenja Beller freelances for a range of magazines and ­newspapers. In 2017 her first book, Einfach loslaufen (“Just start running”) was published by Dumont Reiseverlag. She lives and works in Hamburg and Lisbon.

Nicht auf der Mauer, aber auf der Lauer: der Asiatische Laubholzbockkäfer Hunting for prey: the Asian long-horned beetle



76

Unternehmensalltag  Daily Business

Nachwuchs

Next generation

In der D -A -CH -Region sind 2020 71 neue Lehrlinge ins ­Unternehmen eingetreten. Herzlich willkommen!

Seventy-one fresh apprentices have joined the Group in the Germany, Austria and Switzerland region since January 2020. A warm welcome to you all!

71 71

Lehrlinge Apprentices

Mehr Bewegung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gebrüder Weiss ­haben im Jahr 2020 91 Job-Bikes erworben, das sind ­E-Bikes, die das Unternehmen über eine Kooperation zu günstigen ­Konditionen vermittelt.

147 147

Job-Bikes

Job-Bikes

More movement During 2020, Gebrüder Weiss employees have already purchased 91 job-bikes – e-bicycles available at low cost under an agreement negotiated by the company.

Mehr Solarstrom 2020 gab es ein Plus um 91.000 kWh bei der Strom­ erzeugung durch Solarenergie für den Eigenverbrauch – und zusätzlich 39.000 kWh für die Netzeinspeisung.

Solar gain Over 91,000 kWh more solar energy was generated for the company’s own use in 2020 – with a further 39,000 kWh being fed into the electricity grid.

+ 91.000 kWh + 91,000 kWh


Artikel xx

77

Zuwächse im Internet Über 6.000 Follower sind innerhalb eines Jahres auf den ­Gebrüder Weiss-Kanälen in den sozialen Medien ­hinzu­gekommen.

Internet increase Over 6,000 followers have signed up to the Gebrüder Weiss social media channels during the past twelve months.

+ 6.000 Follower

Anschwellender Online-Austausch Die Nutzeranzahl bei Online-Meetings über Microsoft Teams hat bei Gebrüder Weiss von Januar bis Juli 2020 um 673 zugenommen.

Teleconferencing surge Between January and July 2020, the monthly totals for users attending Microsoft Teams teleconferences at Gebrüder Weiss increased by 673.

+ 673

Fleißig gechattet Wurden im Jänner 2020 noch 11.000 einzelne Chat-­Nachrichten über Microsoft Teams verschickt, stieg die Zahl danach sprunghaft an: Im Juli 2020 waren es 150.000 Nachrichten.

11.000

Chatterboxes! While just 11,000 chat messages were sent using Microsoft Teams in January 2020, the volume rose exponentially in the following months, reaching 150,000 in July 2020.

150.0000



79

­Wo geht es hin im Landverkehr? text  Claudia Saltuari

Digitalisierung, Nachhaltigkeit und E-Commerce – das sind nur einige Bereiche, in denen sich das wirtschaft­ liche Umfeld schnell verändert. Daran muss sich auch das Transportgeschäft anpassen. Automatisierte Frachtvermessung mit Cargometer Eine clevere Technik für noch effizienteres Verladen hat ­Gebrüder Weiss seit einiger Zeit im Einsatz: Mit der »Cargometer«-Volumenmessung können Frachtstücke beim ­Passieren eines Verladetors direkt am fahrenden Gabel­stap­ ler vermessen und gewogen werden – ganz ohne Stopp oder zusätzlichen Personalaufwand. Möglich macht das eine platzsparende Hardware, die an allen Ladetoren eines Umschlag­terminals angebracht wird. Mittels Tiefenbild­ kamera wird der transportierte Gegenstand dreidimensional vermessen. Bis zu 30 Aufnahmen pro Sekunde machen ­spe­zielle Sensoren vom vorbeifahrenden Stapler. Die automatisierte Vermessung bringt viele Vorteile: kürzere Pro­zess­ abläufe, eine korrekte Tarifeinordnung sowie die Opti­mie­ rung der Lkw-Auslastung. Momentan haben die Gebrüder Weiss-Standorte Wien, Prag und Nürnberg das System in ihren Logistikhallen installiert. Weitere Standorte sollen folgen. Bosch Secure Truck Parking Lkw-Fahrer können ein Lied davon singen: Wenn die eigene Fahrtzeit zu Ende ist, beginnt die lästige Parkplatzsuche auf überfüllten Autohöfen. Abhilfe schafft das »Bosch Secure Truck Parking«, eine europaweite Online-Buchungsplattform. Verfügbare Lkw-Parkplätze auf Autohöfen und Firmen­ geländen werden in Echtzeit erfasst. Fahrer oder Disponenten können via Online-Portal oder per App Plätze reservieren und für eine bestimmte Zeit kostenpflichtig mieten. Stunden­

Sieht aus wie Tetris, ist aber für die Fahrer alles andere als ein lustiges Spiel: Parkplatzsuche auf einer Raststätte. It may look like Tetris, but for drivers it is anything but a game: finding a parking spot at a rest stop.

langes Suchen erübrigt sich damit. Zusätzlicher Vorteil: Der Lkw steht auf einem abgesicherten Gelände. Die ParkplatzSchranken öffnen sich erst nach dem Check des Lkw-Kennzeichens mittels Kamera. Seit 2016 ist Gebrüder Weiss offizieller Kooperationspartner des »Parkplatz-Projekts« aus dem Haus der Robert Bosch GmbH. Nach Wien und Wels stellt seit Juli 2019 auch der Gebrüder Weiss-Standort in Nürnberg auf dem Firmengelände ein eigenes Areal für die Buchungsplattform zur Verfügung. Alternative Antriebe: Mobil mit Gas, Strom und ­Wasserstoff Der Gebrüder Weiss-Standort Memmingen hat seit Sommer 2019 ein gasbetriebenes Wechselbrückenfahrzeug für den Nahverkehr im Einsatz. Ebenfalls mit Gas fährt eine Sattelzug­ maschine im Großraum Wien. Der dritte Gas-Lkw ist für den Konsumgüterhersteller Henkel unterwegs und übernimmt Transporte zwischen den Henkel-Werken in Wien und Kruševac (Serbien). Auf diesem rund 1.700 Kilometer langen Rundkurs spart der Gas-Lkw etwa 20 Prozent CO 2 pro Tour ein – verglichen mit einem EURO -6-Diesel. Seit September 2018 testet Gebrüder Weiss zudem einen vollelektrisch angetriebenen Lkw, ebenfalls im Großraum Wien. Dabei geht es vorrangig um die Elektrifizierung des städtischen Verteilerverkehrs, wo Emissionsfreiheit und geringe Lärm­ belastung eine wichtige Rolle spielen. Seit Oktober tes­tet Gebrüder Weiss Schweiz einen wasserstoffbetriebenen Lkw im normalen Transportalltag auf der Strecke Altenrhein-­ Basel sowie im Aargau. Abbiege-Assistenzsysteme Die Problematik des »toten Winkels« ist im Arbeitsalltag der Berufskraftfahrer allgegenwärtig. Immer wieder kommt es beim Abbiegen zu Zusammenstößen mit Radfahrern oder Fuß­gängern, die im Spiegel nicht erkannt werden. Neben der zunehmenden Sensibilisierung aller Verkehrsteilnehmer für dieses Thema versucht auch die Technik Abhilfe zu schaffen: Abbiege-Assistenzsysteme weisen Lkw-Fahrer auf alle ­beweglichen Objekte hin, die sich rechts neben dem Fahrzeug befinden, und warnen ihn bei einem beginnenden


80

Entwicklungen im Landverkehr

Abbiegevorgang durch optische und akustische Signale vor einer möglichen Kollision. Auch Gebrüder Weiss setzt auf dieses technische Hilfsmittel. Alle neuen Lkw sind bereits mit einem entsprechenden Abbiegeassistenten ausgestattet, ältere Fahrzeuge werden kontinuierlich nachgerüstet. Lieferinformation in Echtzeit: ETA Wo befindet sich eine Sendung aktuell, und wann wird sie zugestellt? Die Übermittlung der erwarteten Ankunftszeit ETA (kurz für: Estimated Time of Arrival) wird von Paketdienstleistern schon länger als besonderer Kundenservice eingesetzt. Im klassischen Speditionsbereich war dieser Service noch nicht Standard, ist es nun aber bei Gebrüder Weiss. Über das neue Kundenportal myGW hat der Kunde jederzeit und überall direkten Zugriff auf die Echtzeit-Daten seiner Sendung.

Claudia Saltuari hat Germanistik und Geschichte studiert. Seit zehn Jahren ist sie Project Manager Communications bei Gebrüder Weiss.

In Serbien und an weiteren Standorten beliefert Gebrüder Weiss seine Kunden mit einem Gas-Lkw. In Serbia and other locations, Gebrüder Weiss deploys gas-powered trucks for its deliveries.


81

The way forward for land transport TEXT

Claudia Saltuari

Digitalization, sustainability and e-commerce – just three areas where the economy is in flux, forcing the transport industry to adapt in real time. Automatic freight measurement with Cargometer For some time now, Gebrüder Weiss has been implementing an intelligent technology that makes freight dimensioning even more efficient. The Cargometer, as it is known, can calculate the weight and size of a forklift’s cargo as it passes loading gates – without the help of staff and without it having to stop. The secret lies in the space-saving hardware that is attached to all the loading gates at transhipment terminals. This accurately measures the size of a load using 3D cameras, with special sensors triggering up to 30 photos a second of the forklift. This automated measuring system offers numerous benefits, including speeding up handling, calcu­ lating the billing price, and making sure that trucks are full to capacity. The Gebrüder Weiss locations in Vienna, Prague and Nuremberg already have the system installed at their logis­ tics facilities. Other sites are due to follow suit. Bosch Secure Truck Parking It’s the bane of long-distance drivers. When the day’s work is done, the ordeal of finding a parking spot in overcrowded truck stops begins. The Bosch Secure Truck Parking service comes to the rescue. The Europe-wide online booking platform displays available parking spots in real time, whether they be at truck stops or on company premises. Drivers and dispatchers can reserve and rent spots using the app or online portal. And drivers can bid farewell to hours of scouring for spaces. An additional perk: the parking areas are secured and the gate only opens after a camera has checked the vehicle’s license plate. Since 2016 Gebrüder Weiss has been an official partner in this program, which was launched by the technology company Robert Bosch GmbH. The Vienna and Wels locations were the first to provide areas for the service on company premises. In July 2019 the Nuremberg site followed suit.

Alternative drive technologies: fueled by natural gas, electricity and hydrogen Since summer 2019 the Gebrüder Weiss site in Memmingen has been using a gas-powered swap body truck for its local services. A tractor-trailer using the same fuel has also been operating in the Vienna area. And a third natural gas-driven truck is running routes for the consumer goods company Henkel. On a 1,700-kilometer round trip between its works in Vienna and Kruševac (Serbia), the hydrogen truck generates approximately 20 percent less CO2 than a euro-6 diesel truck. Since September 2018, Gebrüder Weiss has further been testing a fully electric truck, also in the Greater Vienna area. The primary aim here is to support the electrification of the urban distribution sector, where low minimal emissions and noise pollution are crucial. Since October Gebrüder Weiss Switzerland has been testing a hydrogen truck as part of its regular operations in Aargau and on the Altenrhein-Basel route. Turning assistance systems Blind spots are a constant hazard faced by pro­ fessional drivers. Every time they make a turn, they risk failing to spot cyclists or pedestrians in their mirrors. Alongside attempts to raise awareness of this risk, engineers are also trying to find a practical solution. Turning assistance systems draw drivers’ attention to any moving objects alongside their trucks and emit visual and acoustic warning signals whenever a collis­ ion might occur. Gebrüder Weiss too is championing this high-tech aid. New vehicles are all being equipped with assistance systems, while older vehicles are being progressively retrofitted. Real-time delivery information: ETA Today’s customers are demanding increasing reliability and transparency from logistics services. Most of them attach particular importance to obtaining information on their shipment’s status, to where a consignment is currently located and when it will be arriving. Notifying customers of a delivery’s estimated time of arrival has long been a popular feature of traditional parcel services. However, in regular forwarding operations it has yet to become standard, although that is now chang-


82

Developments in land transport

ing at Gebrüder Weiss. In future, real-time delivery data will not only be accessible inter­ nally; It will also be made available to customers using a variety of channels and tools. However, in regular forwarding operations it has yet to become standard, although that is now changing at Gebrüder Weiss. On the new myGW portal, customers can access real-time data on their shipments – anytime and from anywhere.

Claudia Saltuari studied German and History. For the past ten years she has held the position of Project Manager Communications at Gebrüder Weiss.


Draußen ist das neue Drinnen. Balkone und Terrassen werden mit größter Sorgfalt möbliert, Outdoor-Läden schießen wie die Pilze aus dem Boden, und die Außenbereiche von Cafés und Restaurants sind selbst im nordeuropäischen Winter gut besucht. Und das nicht erst, seitdem Aerosole in diesem Jahr in Verruf geraten sind. Das echte Leben spielt sich draußen ab. Outside is the new inside. Balconies and terraces are being furnished with consummate care, shops selling outdoor equipment sprouting everywhere, and the tables outside cafés and restaurants are even wellfilled in northern Europe during winter – and not only since aerosols fell into disrepute this year. Much of our lives has relocated into the open air.


84

Sieben-Jahre-Regel


85

Mach alles neu! text  Denise Peikert

Angeblich ist jeder von uns alle sieben Jahre ein neuer Mensch – die Figur ändert sich, die Haare und sogar die Persönlichkeit. Was ist da dran? Die Sieben-Jahre-Regel ist eine bequeme Regel, denn sie erklärt immer das, was gerade zufällig zur Debatte steht: den Zahnwechsel beim Schulkind, den stärker werdenden Kinderwunsch um den 28. Geburtstag herum und dass man sich mit 35 plötzlich um so vieles älter fühlt als kürzlich noch. Alle sieben Jahre, heißt es dann gerne mal, ändere sich ja der Körper, manche Menschen bekämen dann sogar eine neue Figur und ganz andere Haare. Ein herrliches Small-Talk-Thema, unverfänglich und nachvollziehbar, eines, bei dem man stets wieder fragen kann: Ist das jetzt nur ein Mythos, oder ist da auch medizinisch was dran? Zuerst der Mythos: Die Zahl Sieben hat die Menschen schon immer fasziniert, und wer von »schon immer« spricht, kommt selten an den alten Griechen vorbei. Der Philosoph Philon von Alexandria hat kurz nach Christi Geburt das ­Leben generell betrachtet und es auf der Suche nach einem Muster in Jahrsiebte eingeteilt. Heißt also, frei nach Philon: Am Ende des ersten Jahrsiebts kommen die Milchzähne, im zweiten die Geschlechtsreife, im dritten beim Mann der Bart, im vierten wird geheiratet, bevor noch Verstand und Gelassenheit fertig ausgebildet wer­ den. »Im zehnten Jahrsiebt aber«, schreibt der Philosoph, »ist es am besten zu sterben, da in dem darüber hinaus­ge­hen­ den Alter der Mensch nur ein gebrechlicher und un­nützer Greis ist.« Zumindest Letzteres ist inzwischen überholt, die Idee hat es trotzdem in die Neuzeit geschafft. Das liegt vor allem an Rudolf Steiner. Er hat, als er Anfang des 20. Jahrhunderts sein anthroposophisches Weltbild entwickelte, ebenfalls in Jahrsiebten gedacht. Ihm ging es dabei weniger um Milchzähne und Barthaare, sondern vor allem um die Entwicklung der Psyche und des Charakters eines Menschen. Bis hierhin ist die Sieben-Jahre-Theorie genau das: eine Theorie, die im Leben der Menschen nach allgemeinen ­Gesetzen sucht. Am stärksten davon geprägt ist heute die

Waldorfpädagogik nach Rudolf Steiner, die von Geburt bis Zahnwechsel, von Zahnwechsel bis Geschlechtsreife und von Geschlechtsreife bis Mündigkeit denkt – wobei moderne Waldorfpädagogen eine allzu starre Phasenlehre ablehnen. Nun zur Medizin. Wer etwas über Jahrsiebte in der ­Wissenschaft wissen will, kann zum Beispiel in Lahnstein in Rheinland-Pfalz anrufen. Dort ist Henning Elsner Chef­ arzt im psychosomatischen Krankenhaus Lahnhöhne. Elsner hat lange als Internist gearbeitet, klassisch schulmedizinisch. Er hatte aber, so erzählt er, schon immer das Gefühl, körperliche Leiden hingen stark mit seelischen zusammen. Heute arbeitet Elsner vor allem psychotherapeutisch, und er sagt, dass er in vielen Biografien einen Sieben-Jahre-Rhyth­ mus erkenne. »Bestimmte Lebensthemen fallen einem in bestimmten Lebensphasen einfach mehr auf die Füße«, sagt er. Wenn also um den 21. Geburtstag herum etwas ganz anderes passiere, als da vorgesehen sei, dann sei das manchmal ein Grund für spätere Depressionen oder Angststörungen. »Oft stelle ich mit den Patienten fest, wenn sie dann Jahre später zu mir kommen, dass es damals schon die ersten ­depressiven Phasen gegeben hat«, sagt Elsner. Elsner arbeitet ganz konkret mit den Jahrsiebten. Er lässt seine Patienten Fragen zu den einzelnen Lebensabschnitten beantworten. Was war da los in den ersten sieben Jahren? Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Sinneseindruck? Den ersten Teddy? Elsner nennt das eine heilsame Wiederaneignung der eigenen Lebensgeschichte. Die Jahrsiebte sind eine Art Kompass, eine Erleichterung für Therapeuten und Patienten: Man könne sich so an ­all­gemeinen Gesetzmäßigkeiten durch die eigene Biografie hangeln. »Es gibt einfach Herausforderungen, die in bestimmte Lebensphasen gehören – wenn die Menschen sehen, dass da was dran ist, sind sie oft entlastet«, sagt Elsner. Nun beruht die Anthroposophie auf Annahmen und Beob­­ achtungen und versteht sich nur als Anregung, selbst über das Leben nachzudenken. Mindestens als Geistes­wissen­schaft ist sie also immun gegen die Frage, ob es für die Erkenntnisse einen medizinischen Beweis gibt oder nicht. Steiner, der Erfinder des anthroposophischen Weltbildes, hat sich trotzdem weiter in die Wissenschaft vorgewagt: »Der Mensch«,


86

Sieben-Jahre-Regel

Schon vielmals sieben Jahre miteinander ­überschritten: Über mehr als ein Jahrzent hat der ­Fotograf Vincent Migeat seine Eltern in den ­Ferien auf Korsika porträtiert. Seven years plus: for more than a decade, French photographer Vincent Migeat has been portraying his parents during their vacations on Corsica.

schrieb er, »stößt im Laufe von sieben bis acht Jahren seine sämtliche physische Materie ab und erneuert sie.« Zeit, sich mit der Arbeit des Zellbiologen Jonas Frisén zu beschäftigen. Frisén arbeitet am Karolinska-Institut in Stockholm, einer der angesehensten medizinischen Universitäten in Europa. Er hat, so sagt er, ein bisschen »Amateur-Forschung« zu dem Sieben-Jahre-Mythos betrieben. ­Seine Forschungen besagen: Der Mensch hat tatsächlich alle sieben bis zehn Jahre einen fast neuen Körper – nur geht die Erneuerung auf der Haut langsamer als im Gehirn. Wie genau das abläuft, damit hat Frisén schon 2005 für Furore gesorgt. Er errechnete für verschiedene Teile im ­Körper die Zeit, die es braucht, bis sie sich einmal komplett ausgetauscht haben. Demnach dauert es zwei bis vier Tage, bis das Oberflächengewebe im Dünndarm vollständig ­ersetzt ist, und acht, bis unsere Lungenbläschen wie neu sind. Eine Fettzelle lebt dagegen acht Jahre, und etwa alle zehn Jahre haben wir ein erneuertes Skelett. So präzise die Angaben auch sein mögen, das Ganze bleibt noch ein ziemliches Rätsel. Da ist zum Beispiel das Herz, eine der am stärksten beanspruchten Strukturen un­ seres Körpers. Friséns neueren Studien von 2015 zufolge bildet das Herz eines jungen Erwachsenen jedes Jahr maximal ein ­Prozent neue Zellen. Senioren schaffen höchstens

noch ein halbes Prozent. Und selbst wer lange lebt, hat am Ende kein ganz neues Herz: Höchstens 40 Prozent der verschie­denen Zellen in dem Organ werden in einem Menschenleben ersetzt. Und da kommt man dann wieder von der Wissenschaft zum Mythos: Auch wenn man sich in verschiedenen Lebensphasen innerlich und äußerlich verändert, bleibt man doch derselbe Mensch.

Denise Peikert arbeitet als Journalistin in Leipzig, unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die ZEIT und den MDR . Am Schreibtisch wühlt sie sich durch klinische Studien und Anklageschriften, draußen trifft sie Menschen in Kuhställen oder Zirkusmanegen.


87

The seven-year switch TEXT

Denise Peikert

Allegedly each one of us becomes a new person every seven years: our figures change, as do our hair and personality. How true is this? The seven-year rule cites a convenient interval that seems to fit everything we are discussing: the second dentition when children start school; the desire for offspring around the age of 28; and the fact that, at 35, you suddenly feel much older than a few days earlier. Every seven years, people like to claim, the body changes; some even say it morphs completely, as does one’s hair. The subject is a great source of small talk: innocuous yet plausible. One where you can always ask yourself: is this just a myth, or is it based on science? Let’s begin with the myth. Through the annals of human history, the number seven has always held a special fascination. Those annals obviously include the ancient Greeks. Shortly after the birth of Christ, when the philosopher Philo of Alexandria was opining about life in gene­­ral, his quest for a structure led him to posit seven-year periods. To paraphrase the philo­­so­ pher: the first septennial marked tooth replace­ ment, the second puberty, the third – in men – the growth of facial hair, and the fourth marriage; these were followed by intellectual maturity and the equanimity of old age. “Yet in the tenth septennial,” the philosopher wrote, “it is best to die. At any age beyond that, human beings become frail and useless.” While that last hypothesis is no longer true, the basic idea has survived to this day. Why? Because of Rudolf Steiner. When first postulating his anthro­ posophical world view in the early 20th century, he too approached life through septennials. However, he was less concerned with baby teeth and beard growth and more interested in the evo­lution of the human psyche and char­ acter. Until then, the seven-year theory was just that: a theory seeking to identify general rules that govern a human lifetime. This has most strongly influenced today’s Waldorf philosophy based on Rudolf Steiner. It defines an indivi­d­ ual’s evolution from birth to second dentition, from there to puberty, and from there to matu­ rity. That said, modern Waldorf educators tend to reject a strict septennial dogma.

And now to the medical aspect. If you want to know more about the scientific side of the septennial, you can contact Henning Elsner, Chief Physician at the Lahnhöhne Hospital in Lahnstein, which specializes in psychoso­ matic afflictions. Elsner worked as an internist for many years while adhering to the orthodox school of medicine. Yet, he says, he had always had the feeling that physical ailments were closely related to psychological problems. Today Elsner works largely in the field of ­psychotherapy – and recognizes the septen­ nial rhythm in many of his patients’ biographies. “Certain vital issues simply affect people more during a certain phase of their lives,” he says. In other words, if something unexpected hap­pens around a person’s twenty-first birthday, that could sometimes be the reason be­ hind later struggles with depression and anxiety. “With patients who come to me years later, I often realize that they initially suffered from depression long ago,” says Elsner. He specifically addresses the septennial cycle, asking his patients to respond to questions about phases of their lives. What happened in your first seven years? Do you recall your first sensory experience? Your first teddy bear? Elsner regards this as a therapeutic reconnection with a person’s own life story. The septennials serve here as a compass of sorts, a navigation aid for both therapists and patients that provides signposts through the course of a person’s life. “Quite simply, there are challenges that belong in certain stages – if people realize that, they often experience it as a relief,” Elner has found. That said, anthroposophy is based on assumptions and observations; it can only offer cautious impulses for people to reflect on their lives. Being a philosophy, it is immune to the test of medical proof. Steiner, the founder of the anthroposophical world view, nonetheless ven­tured into scientific waters. He wrote that, over a period of seven to eight years, human beings rejected their physical material and re­newed it. Last but not least, it is time to address the work of the stem-cell and molecular biolo­ gist Jonas Frisén, who teaches at the Karolinska Institute in Stockholm, one of Europe’s most highly respected medical schools. He says he


88

Seven-year rule

has done a bit of “amateur research” on the seven-year myth. His research has shown that human beings actually do undergo a complete physical renewal every seven to ten years – but the process proceeds faster in the brain than in the skin. Frisén’s findings on exactly what takes place created a sensation in 2005: he computed the amount of time it took for each part of the body to be rejuvenated or re­ placed in full. Accordingly, it takes only two to four days for the walls of the small intestine to be renewed; the air sacs in our lungs need eight days. In contrast, fat cells have a life­time of eight years, and our skeletons need about a decade to morph. As precise as these findings may seem, the mysteries remain. Take the heart, for instance, one of the hardest-working body parts. In his more recent studies from 2015, Frisén found that a young adult’s heart produces a maximum of one percent of new cells every year, the elderly only up to half a percent. And even those who live long lives will never have a new heart: at most, 40 percent of the various cells in this organ are replaced during a lifetime. And this takes us back to the science of the myth: even if a human being changes inside and out in the course of life’s different phases, he or she will ultimately remain the same person.  Denise Peikert works as a journalist in Leipzig and writes for media such as MDR television and Die ZEIT and Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung newspapers. She spends her time at her desk poring over clinical studies and bills of indictment. Outdoors she is more likely to be conducting interviews in ­cowsheds and circus rings.


Nachgelesen  Update

Marketing-Managerin, Gebrüder Weiss ­Tschechien Marketing manager, Gebrüder Weiss Czech Republic

Lagermitarbeiter, Gebrüder Weiss Singapur Warehouse Employee, Gebrüder Weiss Singapore

89

Die neue Normalität

The new normal

In der Sonderausgabe des ATLAS vom April 2020 haben wir Menschen zu Wort kommen lassen, die während der ­ersten Welle der Pandemie beson­ders gefordert waren. Fast ein halbes Jahr später haben wir bei einigen der porträtierten Kolleginnen und ­Kollegen nachgefragt: Wie geht es Ihnen jetzt? Und wie hat sich Ihr Leben in ­diesem Jahr verändert?

In our special edition of ATL AS in April 2020, we heard from people who faced new challenges during the pandemic. Nearly six months later we asked some of those colleagues for updates: How are you doing now? And how has your life changed this year?

Šárka Hálová

Šárka Hálová

»Ich versuche immer, optimistisch zu sein. Für mich ist das der richtige Weg, um negativen ­Gedanken und Ängsten nicht zu viel Raum zu geben. Ich kann der Situation auch etwas Positives abgewinnen: Ich mache mehr Sport und ­Ausflüge im Freien. Wir sind innerhalb der Familie näher beiein­ander als früher. Und das Gleiche gilt für die Gesellschaft.«

“I always try to stay optimistic. For me, that’s the best way to keep fears and unpleasant thoughts at bay. There are good things I can take away from this situation as well: I’m doing more sports and outdoor activities. Our family bonds are even closer.”

Janbasah A/L Mariaman (John)

Janbasah A/L Mariaman (John)

»Ich bin jetzt schon fast ein halbes Jahr in Singapur, und ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt, hier zu leben. Ich vermisse meine Familie sehr. Aber das Gute an der Situation ist, dass ich mehr Zeit zum Ausruhen und Auftanken habe, die ich sonst im Stau auf dem Arbeitsweg verbracht habe. Manchmal fühle ich mich nieder­ge­ schlagen, aber ich unterstütze meine Familie in Malaysia finanziell. Das motiviert mich. Jeden Tag nach der Arbeit telefoniere ich per Video­­ anruf mit meiner Frau und meinen Eltern. Ich habe meiner Frau versprochen, ein gesünderes Leben zu führen. Ich habe mit dem Rauchen aufgehört und trinke keinen Alkohol mehr, ich gehe früher schlafen. Ich achte mehr auf meine Ernährung.«

“I’ve been in Singapore for almost half a year now and have still haven’t got used to it. I really miss my family. But the good thing about the situation here is that I get more time to relax and refuel – time I would otherwise have spent stuck in traffic traveling to and from work. Although I do get depressed sometimes, I’m supporting my family in Malaysia financially and that keeps me motivated. Every day after work, I make a video call to my wife and parents. I promised my wife that I’d improve my lifestyle. I quit smoking, cut out alcohol, and go to bed earlier. I pay more attention to my diet, too. And my colleagues are taking great care of me.”



Artikel Best of xx both worlds

91

Neu im Netz

New on the Web

GW moves smarter, das bedeutet: Das Engagement und die Erfahrung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bei Gebrüder Weiss mit digitalen Technologien zusammengebracht. Neue digitale Services machen die Abläufe transparent und jederzeit abrufbar. Das gilt auch für Publikationen: Das Magazin ATLAS , das Sie in den Händen halten, wird fortan durch eine digitale Version ergänzt und erweitert.

GW moves smarter. Digital technologies are augmenting the dedication and experience of our employees at Gebrüder Weiss. New online services are lending our processes transparency and 24/7 accessibility. That extends to our publications as well: from now on, the ATLAS magazine will be supplemented by an expanded digital version.

myGW Spät am Abend noch eine Sendung beauftragen? Genau wissen, wie die Bestände im Lager sind? Die Lieferkette zu jedem Zeitpunkt im Blick behalten? Für alle Belange genügt nun ein einziger Account: Seit Mitte Juni ist die Einführung des neuen Kundenportals myGW in vollem Gange. Die Idee hinter myGW ist einfach, die Anwendung auch: Über ihren Account können Kunden verschiedene Services abrufen, darunter die Sendungsverfolgung Track and Trace, ETA (Estimated Time of Arrival), aber auch ein persönliches Archiv mit Buchungsbelegen oder Rechnungen. Zudem können Sendungen rund um die Uhr online gebucht oder Lagerbestände unkompliziert abgefragt werden. Und das ist nicht nur für Kunden angenehm, sondern auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen: Transparent und schnell können sich alle Beteiligten stets auf denselben Stand bringen.

myGW Want to place an order late in the evening? Find out exactly what stocks are in the warehouse? Keep track of the supply chain from anywhere? Now you can find everything with a single account – thanks to the new customer portal myGW which has been up and running since mid-June. The idea behind myGW is simple, as is its use: customers can access various services via their accounts, including Track and Trace, ETA (Estimated Time of Arrival) and their personal archive containing accounting records and invoices. Additionally, orders can be placed and stock levels easily checked online around the clock. That’s good news for both customers and company employees. Transparent and fast, the systems ensure that everyone is on the same page.

www.gw-atlas.com Die besten Geschichten, Reportagen und Interviews aus dem ATLAS haben auf der neuen Webseite des Magazins eine Heimat gefunden, wo sie jederzeit gelesen werden können: zum Beispiel die erste Reportage über einen Transport von Istanbul nach Tiflis, das Interview mit Heidi SengerWeiss oder mit dem Verhaltensforscher Norbert Sachser sowie hoffnungsvolle Geschichten aus Österreich, Kroatien und Kasachstan. Die digitale Präsenz ist nicht einfach ein Archiv, sondern bietet auch exklusive Geschichten rund um das Unternehmen, um Mobilität und Welterleben, die nicht in den gedruckten Ausgaben erscheinen. Mittels der Suchfunktion sind Themen und Autoren schnell auffindbar, ein Newsletter informiert über neue Artikel und selbstverständlich auch über eine neue gedruckte Ausgabe. Denn auch hier gilt: Best of both worlds – das eine ersetzt nicht das andere, beide Medien ergänzen sich wunderbar.

www.gw-atlas.com The best stories, reports and interviews from ATLAS have now found a home on the magazine’s new website where they are accessible 24/7. Some examples: the first report about a delivery from Istanbul to Tbilisi; interviews with Heidi Senger-Weiss and the behavioral scientist Norbert Sachser; and tales of hope from Austria, Croatia and Kazakhstan. The digital platform is much more than an archive. It also features exclusive reports about the group, mobility and world travel not contained in the print versions. There’s a speedy, built-in search function and a newsletter that will keep readers posted about new articles and – of course – new print editions. Because here, too, we have the best of both worlds – the website will not be replacing the traditional format. The two will complement each other perfectly.


Der nächste ATLAS: im Frühjahr 2021 The next ATLAS: in spring 2021

Wir freuen uns, dass Sie bis hierher ­gelesen oder zumindest geblättert haben. Noch mehr freuen wir uns, wenn Sie uns ­sagen, wie Ihnen dieser ATLAS gefallen hat, damit wir das, was wir tun, noch besser tun können. Schreiben Sie uns doch per E-Mail: redaktion@gw-atlas.com

Thank you for taking an i­ nterest in our magazine and c­ ompa­ny. We are always looking to make this publication even better and would be delighted to hear any thoughts or ­comments you might have. P ­ lease send your feedback to r­ edaktion@gw-atlas.com. Thank you.

Gerne nehmen wir Sie in unseren ­Verteiler auf. Schicken Sie einfach eine E-Mail an: abo@gw-atlas.com Bitte informieren Sie uns ebenso, wenn sich Ihre ­ Anschrift ändern sollte oder falls Sie den ATLAS nicht mehr erhalten möchten.

We would be happy to add you to our mailing list. Just send an e-mail to abo@gw-atlas.com. Please also let us know if your ­address changes or if you no longer wish to receive ATLAS .

ATLAS ist das Kundenmagazin der Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. und erscheint zweimal im Jahr. Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Bundesstraße 110, A-6923 Lauterach, www.gw-world.com. © 2020 Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet. Printed in Austria. Alle Rechte vorbehalten. redaktion@gw-atlas.com Redaktionsschluss: 1. Oktober 2020 Chefredaktion und V. i. S. d. P.: Frank Haas für die ­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. in Zusammenarbeit mit Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH, ­Hamburg; ­www.groothuis.de. Idee und Konzeption: Frank Haas für­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. und Rainer Groothuis  Redaktion und Projektmanagement: Merlin Herrmann für­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Miriam Holzapfel, Imke Borchers  Gestaltung: Sandra Gerstenfeldt, Susan Schulz  Korrektorat: Regina Louis  Herstellung: Raimund Fink für Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Katja Hecking, Steffen Meier, Miriam Kunisch  Lithografie: Alexander Langenhagen, edelweiß publish, Hamburg  Druck und Bindung: BULU – Buch­druckerei Lustenau GmbH, Millennium Park 10, A-6890 Lustenau  Gedruckt auf: FLY Schneeweiß und Primatcolor Seegrün  Artikelnummer: 6054

ATLAS is the customer magazine of Gebrüder Weiss ­ Gesellschaft m. b. H. and is issued twice a year. Publisher, issuer and owner of content: Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Bundesstrasse 110, 6923 Lauterach, Austria, www.gw-world.com. © 2020 Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H.; reproduction – even in part – is not permitted. Printed in Austria. All rights reserved. redaktion@gw-atlas.com Press deadline: October 01, 2020 Chief editorship and liability for the content in accordance with Austrian press legislation: Frank Haas for ­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. in collaboration with Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH, Hamburg; www.groothuis.de.  Idea and design: Frank Haas for Gebrüder Weiss Gesell­schaft m. b. H. and Rainer Groothuis  Editor and project management: Merlin Herrmann for ­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Miriam Holzapfel, Imke Borchers  Layout: Sandra Gerstenfeldt, Susan Schulz  Proof­reading: Tessa Scott Production editor: Raimund Fink for ­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Katja Hecking, Steffen Meier, Miriam Kunisch  Litho­graphy: Alexander ­ Langen­hagen, ­edelweiß publish, Hamburg  Printing and binding: BULU – Buch­druckerei L ­ ustenau GmbH, Millennium Park 10, 6890 Lustenau, Austria  Printed on: FLY Schneeweiß and Primatcolor Seegrün  Article number: 6054

klimaneutral

carbon neutral

gedruckt

print production

natureOffice.com | AT-157-JPVBTX2

natureOffice.com | AT-157-JPVBTX2

Die hierin enthaltenen Informationen wurden mit größt­­möglicher Sorgfalt ­zusammen­gestellt und auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Eine Gewährleistung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen wird dennoch nicht über­­­­nom­men. Haftungs­ansprüche gegen das Unternehmen wegen fehlerhafter oder unvollständiger Informat­ionen sind ausgeschlossen, sofern sie sich nicht auf eine Verletzung von Körper, Leben und Gesundheit und /oder vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln beziehen. Bild- und Copyrightnachweis: S. 4: Jakob Börner; S. 6 –14: Jason Alden; S. 14 unten: privat; S. 20: privat; S. 34: iStock / Youst (oben), privat (unten); S. 3 7/38: Illustrationen von Shiwen Sven Wang; S. 38 unten: privat; S. 44: iStock / Travel Wild; S. 45: privat; S. 5 2, 55, 56, 58, 63: Illustrationen von Shiwen Sven Wang; S. 5 3: CRTD; S. 58 unten: Göran ­Gnaudschun; S. 65: Bernd Brundert; S. 66: privat; S. 70: iStock /d   avidf (oben), iStock /A   drian Coleman (unten); S. 72: iStock / Capstoc (oben); privat (unten); S. 75: ­iStock / Anghi; S. 78: Unsplash /N   igel Tadyanehondo; S. 80: Gebrüder Weiss; S. 84/86: Migeat / V U / laif; S. 86 unten: privat; S. 89: Gebrüder Weiss; S. 90: Gebrüder Weiss.

The information contained herein has been compiled with the greatest possible care and has been checked for accuracy. However, we accept no responsibility for the accuracy or completeness of the information. No claims can be made against the company due to erroneous or incomplete in­for­mation, except in cases of gross and/ or deliberate negligence, loss of life, bodily harm or endangered health. Imagery and copyright holders: p. 4: Jakob Börner; p. 6 –14: Jason Alden; p. 14 below: private; p. 20: private; p. 34: iStock / Youst (above), private (below); S. 3 7/38: illustrations by Shiwen Sven Wang; p. 38 below: private; p. 44: iStock / Travel Wild; p. 45: private; p. 5 2, 55, 56, 58, 63: illustrations by Shiwen Sven Wang; p. 5 3: CRTD; p. 58 below: Göran Gnaudschun; p. 65: Bernd Brundert; p. 66: private; p. 70: iStock / davidf (above), ­iStock / Adrian Coleman (below); p. 72: iStock / Capstoc (above); private (below); p. 75: iStock / Anghi; p. 78: Unsplash / Nigel Tadyanehondo; p. 80: Gebrüder Weiss; p. 84/86: Migeat / V U / laif; p. 86 below: private; p. 89: Gebrüder Weiss; p. 90: Gebrüder Weiss.

Translations for the English part: GILBERT  &  BARTLETT GbR, Hamburg, Germany


2021 ist das neue 2020. Zu Beginn von 2020 freute sich die Sportwelt noch auf die Eröffnung. Im Juli aber blieb das Olympiastadion in Shinjuku leer, die ­»Tokyo 2020«-­Fahnen hingen kraftlos in den Straßen. Die Spiele sollen nun genau ein Jahr später stattfinden. Aber wenn die Pandemie eins ­gelehrt hat, dann doch wohl dies: So ganz sicher sein kann man eigentlich nie. 2021 is the new 2020. In January 2020, sports fans were waiting with bated breath for the opening ceremony. Come July, however, the Olympic Stadium in Shinjuku was deserted, the Tokyo 2020 flags lining the streets limp reminders. The Games are now scheduled to begin exac­tly one year later than planned. On the other hand, if the pan­­demichas taught us one thing, it is this: you never real­ly know.


Gebrüder Weiss Transport und Logistik /  transport and logistics gw-world.com gw-atlas.com


Articles inside

Impressum Imprint

4min
pages 94-96

Neu im Netz New on the Web

3min
pages 92-93

Nachgelesen Update

2min
page 91

The seven-year switch

5min
pages 89-90

The way forward for land transport

4min
pages 83-85

Mach alles neu

5min
pages 86-88

Wo geht es hin im Landverkehr?

3min
pages 80-82

We’re the newbies

5min
pages 75-77

Wir sind die Neuen

5min
pages 73-74

Good answers to questions posed by the pandemic

5min
pages 69-72

Daily Business

1min
pages 78-79

Gute Antworten auf die Fragen der Krise

4min
pages 67-68

Heute schon etwas gelernt?

2min
pages 65-66

Learned anything new today?

2min
page 64

Recharging your batteries

11min
pages 61-63

Over the sea or through the air?

3min
pages 49-51

Die Welt in Orange Orange Network

5min
pages 44-46

Über das Meer oder durch die Luft?

3min
pages 47-48

Den Reservetank füllen

12min
pages 54-60

When does the new get old?

5min
pages 37-38

Mixed feelings

7min
pages 41-43

Was bleibt, was kommt?

10min
pages 8-16

Gemischte Gefühle

6min
pages 39-40

»Die Nachfrage nach EU-Gütern ist unersättlich«

2min
page 22

Comings and goings

9min
pages 17-21

“The demand for EU goods is pretty insatiable”

8min
pages 23-27

Die Zeitung von gestern – Wie lange ist das Neue neu?

5min
pages 35-36
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.