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Wie das Sulmtaler Huhn zu seiner Federkrone kam, - eine Geschichte zum Vorlesen, inspiriert von meinen Hühnern Christoph Zerbst

Vor langer Zeit schickte der Kaiser von Österreich, der ein kluger Mann war, seinen Sohn durch die Erbländer um zu lernen. Eines Tages fuhr die königliche Kutsche in der südlichen Steiermark durch das Sulmtal, als ein Rad zerbrach und der Kutscher Hilfe holen musste. Des langen Wartens müde, machte sich der junge Kaiser auf und spazierte zu einem Bauernhof in der Nähe.

Da bemerkte er eigenartige, hellbraune Vögel, die hierhin und dorthin liefen und sich gar nicht um ihn kümmerten.


Eines jedoch scharrte direkt zu seinen Füßen in der Erde herum und gackerte frech: „Du stehst im Weg!“. Der junge Kaiser machte erschrocken einen Schritt zurück, hatte er doch solche Vögel noch nie gesehen. „Was suchst du denn da?“, fragte er verwundert. „Ich suche die klügsten Regenwürmer für unseren Kaiser“, gockelte der Vogel und hieb mit kräftigen Tritten in einen dicken Batzen Pferdemist. Der Mist spritzte nur so auseinander und legte sich fein zerkrümelt auf die Erde, - und auf die Schuhe des Kaisers. „ Ich sehe keine Regenwürmer und schon gar keine klugen“, rief der Kaiser erbost. Der Vogel betrachtete ihn mit seinen klugen Knopfaugen und schief gelegtem Kopf und meinte versöhnlich: „Schau ich verteile den Mist auf den Feldern damit die Regenwürmer unter der Erde Dünger erzeugen. Einige fresse ich auch, aber nur die klügsten. Die, die ihre Köpfe aus der Erde strecken und wissen wollen, wie es oben aussieht. In der gelockerten Erde wächst das Getreide fürs Brot viel besser. Auf den Wiesen verteile ich die verschiedenen Samen der Gräser, Kräuter und Blumen. Da findet dann jedes Tier, was ihm schmeckt, Kräuter und Blätter für die Ziegen des Bauern, die langen hohen Gräser für die Pferde und die kurzen für die Schafe, und die Misthaufen verteile ich dann auf den abgefressenen Wiesen und Feldern“.


Der junge Kaiser war beeindruckt und sah sich um. Der Vogel hatte recht, - überall blühten die Wiesenblumen, die Bienen summten, die Schwalben

jagten

Mücken

im

Tiefflug,

die

Schmetterlinge

schaukelten auf den Halmen, die kleinen Hasen versteckten sich unter den Blättern der Kräuter und die großen Tiere standen mampfend und schmatzend im grünen Futter. Das Getreidefeld versprach eine reiche Ernte und der Kaiser wusste, dass auch ein Teil des Getreides für ihn bestimmt war und er freute sich. Inzwischen hatte sich der Vogel wieder einen neuen Misthaufen gesucht und bearbeitete ihn unermüdlich. Dankbar und nachdenklich sah ihm der Kaiser zu und fragte dann: „Woher weißt du das alles?“. Der Vogel zog einen langen Wurm aus der Erde, warf stolz seinen Kopf hoch und schluckte den Wurm hinunter. „Meine Ur-UrUrgroßeltern kamen mit dem Schiff aus Amerika und lange Zeit saßen sie in Käfigen und Volieren in vielen Fürstenhöfen Europas auf der Stange. Wir waren wenige und sehr wertvoll, unser Federkleid war bunt und schillerte und erfreute die Könige und Fürsten. In Amerika setzte man den Königen sogar Kronen aus unserem Gefieder auf. Doch meine Urgroßeltern waren traurig in ihren prachtvollen Käfigen. Sie wollten im Sand baden, am Boden scharren, Nester bauen, auf Bäumen sitzen, hierhin und dorthin laufen und vieles mehr. So beschlossen sie, viele Eier zu legen und ihren vielen Kindern die


Flucht zu ermöglichen. Einigen gelang das auch, andere wurden an die Gärtner verkauft und die tauschten sie bei den Bauern ein. Und so kamen wir hier her, und jetzt dürfen wir so leben, wie wir es uns immer gewünscht hatten.“

Ergriffen hob der junge Kaiser ein paar kleine Federn vom Boden und steckte sie dem Huhn an den Kopf. „Zum Dank dafür, dass du dem zukünftigen Kaiser ein kluger Lehrer bist, tragen

du und deine

Nachkommen vom heutigen Tag an eine kaiserliche Federkrone auf dem Kopf.“

So wurden die Sulmtaler Hühner in den Adelsstand der Hühner gehoben und in den kaiserlichen Kochbüchern für alle Ewigkeit ob ihrer Klugheit und des guten Geschmacks wegen gelobt und gepriesen.

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