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Sputnik, der Indianer

Ob sie es glauben oder nicht, einmal, in den Bergen auf einem Bauernhof in Osttirol entdeckte ich „Indianer“. Richtige Indianer mit schwarzweißen Federn, roten Köpfen, echte Rothäute eben, amerikanische Ureinwohner reinsten Blutes. Sie konnten sogar ihre Kriegsbemalung von türkisgrün auf hellblau umfärben, wenn sie die Luft anhielten. Am Hals trugen sie ein Amulett aus schwarzen langen Haaren, einem Skalp nicht unähnlich. Ihre langen Beine waren verwachsen mit Leggins aus schuppiger Schlangenhaut. Sie schlichen sich lautlos an und brummten wie der Grizzly hinter meinem Rücken, dann glucksten sie vor Schadenfreude, wenn mir mein Bleichgesicht in die Hose gerutscht war. Beeindruckende Krieger, stolz und unnahbar, beobachteten sie mit Adlerblick argwöhnisch den Himmel. Der Adler war ihr Feind, auch anderes Raubzeug musste sich in Acht nehmen.

Diese Indianer wollte ich unbedingt für die „Dozen Creek“ Ranch gewinnen. („Dozen Creek“ steht für: Bach 12 - unsere Adresse). Nach langen, zähen Verhandlungen und viel Feuerwasser am Lagerfeuer begleitete mich die wilde Schar nach Hause. Am nächsten Abend war der Häuptling verschwunden. Nur die Squaws saßen unbeeindruckt vor ihrem Lager. Von ihnen war nicht zu erfahren, auf welchen Raubzug ihr Krieger ausgeschwärmt war, das mochte wohl an den Sprachschwierigkeiten liegen, oder sprechen sie indianisch? Vergeblich suchte ich die Weiden ab, bis es dunkel wurde. Nicht die leiseste Spur des Abtrünnigen war zu entdecken. Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang, ich mistete gerade die Ställe aus, wurden die Squaws unruhig und liefen geschäftig vor dem Stall auf und ab. Mit hochgereckten Hälsen starrten sie die Sonne an, die sich gerade über das Dach wälzte. Etwas verwundert, über ihren


fremdartigen Sonnentanz, trat ich hinaus in das gelbe Licht. Geblendet und blinzelnd erkannte ich einen Schatten auf dem Dach. Da oben saß er, mein vermisster Häuptling, und verschaffte sich einen Überblick über sein neues Stammesgebiet. Manitu sei Dank landete unser Puter sicher auf dem Hof, als der Hunger größer wurde und seine Squaws auf den Mais einhackten. „Sputnik“ wurde bald mein Liebling und hauchte unserer Ranch Wildwestromantik ein, wenn er sich wie ein Geier erstarrt auf den Holztoren, Zäunen und Dächern zur Schau stellte.

Puten oder „Indianer“, wie sie am Land genannt werden, ziehen mit unseren Hühnern über die Wiesen und verscheuchen durch ihr urtümliches Aussehen und ihre Größe Raubvögel und andere Angreifer aus der Luft, wie Drachenflieger oder Paragleiter.

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