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„Lulu“

Welche unerwarteten Verwicklungen das Aufziehen von Lämmern mit sich bringen kann, liest du in dieser Geschichte. Wer viel trinkt, der muss müssen können. Das „Nomen est Omen“ –Schaf hieß deshalb Lulu. Lulu, aufgewachsen in unserem Wohnzimmer zwischen Couch und Kaminofen, war alt genug um zum Schaf im eigentlichen Sinn zu werden. Unsere Kuvasc – Hündin Kalinka, unser Herdenschutzhund, hatte sich liebevoll um sie gekümmert. So siedelten beide hinaus, - aus unserem Wohnzimmer. Lulu auf die Weide zu den anderen Schafen und Kalinka zurück in ihren Zwinger mit freiem Zugang zu den Wiesen. Jedoch Lulu schlief lieber in der Hundehütte, eng an Kalinka gekuschelt, als sich der Schafherde anzuschließen. In der Nacht, wenn Kalinka ihre Runden drehte und die Füchse von den Weiden vertrieb, half Lulu engagiert mit und jagte mit hängender Zunge und pumpenden Flanken hügelauf und hügelab den armen Füchsen hinterher. Den ganzen Tag verschliefen dann beide erschöpft in der Hütte. Doch Lulu war ein Schaf, sie sollte doch Gras fressen, wiederkäuen und die Nächte im Schutz der Herde verbringen und – keine - Füchse jagen, oder? Als Lulu, mangels vernünftiger Ernährung – Gras gehörte nicht dazu- mit Kalinka das Hundefutter partnerschaftlich teilte, kamen mir – nicht das erste Mal – Zweifel, ob der versuchten Wiedereinbürgerung. Sollte ich dem Schaf ein gutes Beispiel geben und mich grasend auf die Wiese legen? Welche Verantwortung habe ich als Schaf, welche Pflicht auf unersetzbaren Erfahrungsaustausch, welche schafspezifischen Lernvorgänge, auf die Lulu ja angewiesen war, muss ich auf mich nehmen?


Mir graute bei dem Gedanken an intelligente, Fleisch fressende, Raubtiere jagende und sich zusammenrottende Schafe in George Orwell`scher Tradition. Soweit wollte ich es nicht kommen lassen und beschloss eine Radikalkur zum Schaf. Ich trieb die Herde auf eine abgelegene Weide, ohne Hund und ohne Hundefutter, überließ Lulu der Schafherde und gestattete den Füchsen ihr angekratztes Image als gefürchtete Raubtiere wieder instand zu setzen. Obwohl ich anfangs noch Angst, unbegründet oder nicht, um Lulu hatte, war mir wohler bei der Tatsache, dass aus dem Lamm Lulu ein richtiges Schaf wurde.

P.S. Welche Hoffnungen und Schlüsse ihr als Eltern pubertierender Kinder aus dieser Geschichte zieht, sei dahingestellt, - aber ein Gedanke wert.

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