bodo Oktober 2019

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bodo DAS

IN STRASSENMAGAZ

10 | 19 Die besten Geschichten auf der Straße

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

KLIMAFOLGEN IN BO UND DO INDUSTRIENATUR AUF ZOLLERN BOCHUMS PRÄRIE BENJAMIN FERENCZ CorrectivKlimawoche bei bodo

A GLOBAL MESS Margaret Atwood

DER KÖNIG N E D N U B A G A DER V Seite 7

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GR EGOR GOG

NUR MIT AUSWEIS

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IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de

INHALT

Gregor Gog

Von Bastian Pütter

Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Alexandra Gehrhardt, Jane Graham, Peter Hesse, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Jule Lümmen, Bastian Pütter, Ralf, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst, Adam Sennott Titel: Bea Davies / Fritz-Hüser-Institut Bildnachweise: Leopold Achilles (S. 8), A Global Mess (S. 36, 37), benferencz.org (S. 41), Berthold Leibinger Stiftung (S. 15), Bianka Boyke (S. 16), Bea Davies (S. 12, 14, 15), Fritz-Hüser-Institut (S. 13), Uwe Fröhlich (S. 8), Christian Glatthov (S. 27), Hans-Jürgen Landes (S. 43), Picture Alliance / ZUMAPRESS (S. 40), Regionalverband Ruhr (S. 32, 33, 34, 35), Reuters / Fabrizio Bensch(S. 32), Reuters / Thilo Schmuelgen (S. 35), Reuters / Fred Thornhill (S. 6), Daniel Sadrowski (S. 3, 6, 16, 18, 19, 20, 22, 23, 30), Sebastian Sellhorst (S. 2, 8, 9, 10, 11, 45, 46), Liam Sharp (S. 4), Shutterstock.com (S. 22), Zimmermann-Zeitheim (S.28) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die November-Ausgabe 10.10.2019 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 06. 2019 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

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„König der Vagabunden“, Anarchist, Bürgerschreck, Chefredakteur des Vorläufers aller Straßenzeitungen. Gregor Gog ist in der Weimarer Republik so prominent wie gefürchtet. Ein Comic zeichnet nun seine politische Biografie nach.

Klimafolgen

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Hitzerekorde und Jahrhundertregen – Wie werden sich Städte wie Bochum und Dortmund in den kommenden Jahren verändern und wie versuchen sie, die Folgen des Klimawandels für ihre Bewohnerinnen und Bewohner abzumildern? Von Jule Lümmen

A Global Mess

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Diana Ringelsiep und Felix Bundschuh sind dort hingegangen, wo Subkultur noch echte Rebellion bedeutet. Auf ihrer Reise quer durch Südostasien haben sie gefragt, welches Lebensgefühl junge Menschen verschiedener Untergrund-Jugendkulturen miteinander verbindet. Von Peter Hesse

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, Bastian Pütter 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de Buchladen, Spendenannahme Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Spendenannahme Bochum: Kleiderkammer Altenbochum und Laer Liebfrauenstraße 8 – 10, 44803 Bochum Mo. 10 – 13 Uhr, Sa. 10 – 12 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Henriettenstraße 36, Ecke Bessemerstraße 44793 Bochum, Mo., Do., Fr. 11 – 14 Uhr Di. 11 – 17.30 Uhr, Mi. 8 – 14 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Ralf, bodo-Verkäufer in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, im Moment bin ich viel unterwegs. Ich wohne ja in Herne, bin aber zurzeit viel bei meiner Freundin, die in Dortmund im Klinikviertel wohnt. Die besuche ich momentan immer morgens, um sie zu ihren Arztterminen zu begleiten. Viele meiner Leserinnen und Leser erkundigen sich auch immer noch regelmäßig nach meiner Gesundheit. Das freut mich sehr. Ich habe seit meiner Operation am Rücken zum Glück sehr viel weniger Beschwerden und kann auch wieder vernünftig laufen. Auch die Ärztemarathons bleiben mir mittlerweile erspart. Wenn wir unsere Termine dann erledigt haben, geht für mich der bodo-Verkauf los. Auf dem Weg zu meinem Verkaufsplatz an der Katharinentreppe werde ich die erste Zeitung meist schon vor den städtischen Kliniken los. Die Leute, die vor dem Haupteingang stehen und rauchen, haben ja Zeit, und viele kennen mich, weil ich viel in dem Viertel unterwegs bin und dort regelmäßig in die Bahn steige. Aber egal, wo sie die bodo gekauft haben, wünsche ich Ihnen jetzt viel Spaß mit der Oktoberausgabe, Ihr Verkäufer Ralf

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EDITORIAL

04 Menschen | Margaret Atwood 07 Straßenleben | Klimawoche bei bodo 08 Neues von bodo 12 Reportage | Der König der Vagabunden 16 Das Foto 16 Recht | Umzugskosten abgelehnt – und nun? 17 Kommentar | Der autogerechte Städtehaufen 17 Die Zahl 18 Reportage | Halde Zollern 22 Wilde Kräuter | Taubnessel 23 Kultur | Prärie 24 Veranstaltungskalender | Verlosungen 29 Kinotipp | Nevrland 30 bodo geht aus | […]raum 32 Reportage | Klimafolgen 36 Interview | A Global Mess 39 Bücher 40 Porträt | Benjamin Ferencz 43 Eine Frage… | Das U auf dem U 44 bodo Shop | Leserpost 45 Leserpost | Rätsel 46 Verkäufergeschichten | Duilian und Moni

Liebe Leserinnen und Leser, schön, dass sie da sind. Ich freue mich, in diesem Heft die Geschichte von Gregor Gog erzählen zu dürfen, dem leider und zu Unrecht fast vergessenen „König der Vagabunden“. In diesem Monat erscheint ein grandioser Comic über sein Leben. Und fast noch mehr empfehle ich das Interview mit Margaret Atwood direkt auf den folgenden Seiten. Soeben ist nach 34 Jahren die Fortsetzung von „Der Report der Magd“ erschienen, ihres dystopischen Klassikers und feministischen Millionensellers, parallel läuft dessen Serienverfilmung. Bei uns blickt sie wunderbar humorvoll zurück in ihre Jugend. Dann wollten wir wissen, was der Klimawandel in unseren Städten bewirkt und was sich hinter dem sperrigen Begriff „Klimafolgenanpassung“ verbirgt. Auch hier ist es übrigens so wie in vielen anderen Bereichen: Hinter Selbstlob, Wortgeklingel und PR-Sprech der Kommunen verbirgt sich manchmal Konkretes, manchmal nichts. Und weil es viel zu diskutieren gibt in der Stadt, die größter kommunaler Aktionär bei RWE ist und Steag-Beteiligungen hält, die nach Köln fahrradunfreundlichste Großstadt ist und in der der Stadtwerke-Chef einen 400-PS-Dienstwagen fährt, laden wir Sie herzlich ein: Das Recherche-Kollektiv CORRECTIV veranstaltet an vier Abenden in Folge in unserem Dortmunder Buchladen die erste NRW-Klimawoche (s.S. 7), weitere, auch in Bochum, werden folgen.

Ihre Meinung ist uns wichtig. Seite 44

Viele Grüße von bodo Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Von Nothilfe bis Neuanfang: Helfen Sie helfen.

Obdachlosigkeit zu verhindern ist die beste Hilfe. Wer heute seine Wohnung verliert, wird oft lange ohne neuen Mietvertrag bleiben, denn bezahlbarer Wohnraum fehlt. In unseren Anlaufstellen helfen wir Menschen, bevor es zu spät ist. Mit Ihrer Unterstützung. Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00

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MENSCHEN

Die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood hat die bedeutendsten Literaturpreise erhalten, ihre Bücher wurden in Dutzende Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft. Ihren wohl berühmtesten Roman „Der Report der Magd“ hat Atwood 34 Jahre nach Erscheinen nun weitergedacht: Am 10. September erschien weltweit die Fortsetzung unter dem Titel „Die Zeuginnen“. Für die sozialen Straßenmagazine blickt die 76-jährige Atwood hingegen zurück – in einem Brief an die 16-jährige Margaret. Von Jane Graham Fotos: Liam Sharp, Reuters / Fred Thornhill

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m November 1955 war ich 16 Jahre alt und lebte in Kanada. Es war die Zeit von Elvis Presley, Rock'n' Roll, Tellerröcken, steifen Schultänzen mit trägerlosen Kleidern – obwohl ich so weit nicht ging. Stattdessen nahm ich in der 12. Klasse gemeinsam mit meiner Mitschülerin Sally für unsere Schule an einem Hausfrauenwettbewerb teil. Wir mussten eine Ofenkartoffel in einem Gasherd garen und ein Hemd bügeln. Gewonnen haben wir nicht, aber es gab ein paar sehr schöne Schmuckarmbänder.

Ich würde der 16-jährigen Margaret sagen, dass sie aufhören soll, sich um ihr Haar zu sorgen. Es ist, was es ist, und es gibt nichts, was du tun kannst. Nichts. Also vergiss es einfach. In Wirklichkeit erreichte ich diesen Punkt der Akzeptanz erst mit etwa 30 Jahren, nach einigen ungewollten Experimenten. Twiggy war ein Alptraum, muss ich sagen. Als Teenager las ich viel, aber nicht nur. Ich nähte meine eigenen Kleider. Ich habe in der Schule mein eigenes Marionettentheater geleitet. Wir entwarfen die Marionetten und die Bühne, und wir sprachen alle Stimmen. Ich war ziemlich geschäftstüchtig, wir verdienten Geld damit bei Kinderweihnachtsfeiern. Und ich war in der Basketballmannschaft; damals musste man nicht so groß sein.

„Mein Plan war, zum Geldverdienen Liebesgeschichten zu schreiben und am Abend meine Meisterwerke. Ich war nicht gut darin, aber ich dachte, ich sei es. Also machte ich weiter.“

Eine Sache, die ich meinem jüngeren Selbst raten würde, wäre, das Zehnfingersystem zu lernen. Ich kann immer noch nicht richtig tippen. Die Berufsberaterinnen hatten eine kurze Liste möglicher Berufe für Mädchen: Grundschullehrerin, Krankenschwester, Flugbegleiterin, Hauswirtschafterin. Ich wollte nichts davon, also schaute ich mir die Verdienstmöglichkeiten an – und Hauswirtschafterinnen verdienten am besten. So lernte ich, wie man einen Reißverschluss einnäht, aber ich habe nie gelernt zu tippen.

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Ich wurde ein ängstlicherer Teenager, als die schweren Prüfungen kamen. Aber so schlimm war es auch nicht. Ich machte mir nicht zu viele Sorgen um Jungs, es schien immer


Brief an mich selbst ein reichhaltiges Angebot zu geben. Es war die Phase der kontinuierlichen, seriellen Monogamie, und es war vor der Pille. Also musstest du dir keine Sorgen um Sex machen – weil du keinen haben würdest. Mit 16 fing ich an zu schreiben. Meine Freundin erinnert sich, dass ich das in der Schulkantine angekündigt habe. Sie sagte später zu mir: Du warst so mutig und sagtest, du würdest Schriftstellerin werden. Das lag aber daran, dass ich einfach nicht wusste, dass man so etwas nicht sagen sollte. Ich weiß nicht, woher die Inspiration kam. Es gab keine Vorbilder. Ich hatte keine Ahnung.

Margaret Atwood geboren 1939 in Ottawa, lebt in Toronto ausgezeichnet u.a. mit dem Man Booker Prize, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund liest am 19. Oktober bei der Literaturgala der Frankfurter Buchmesse aus „Die Zeuginnen“

Aber ich las Hemingway und Orwell und viel Science-Fiction sowie die Klassiker des 19. Jahrhunderts in der Schule. Ich ging los und kaufte ein Buch, das einem empfahl, wo man seine Texte verkaufen konnte. Liebesgeschichten brach-

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MENSCHEN

ten das meiste Geld ein. Mein Plan war, zum Geldverdienen Liebesgeschichten zu schreiben und am Abend meine Meisterwerke. Ich war nicht gut darin, aber ich dachte, ich sei es. Also machte ich weiter. Ich denke, ein Teil meines unabhängigen Denkens kam von meinen Eltern. Auch meine Mutter sagte nie, dass es Dinge gibt, die ich nicht tun könne, weil ich ein Mädchen war. Meine Eltern waren trotzdem nicht glücklich über die Schreibidee. Wenn ich jetzt die 16-jährige Margaret treffen würde, würde ich denken: Von welchem Planeten kommst du? Ich bin buchstäblich in den kanadischen Wäldern aufgewachsen. Da war keine Großfamilie oder Dorfgemeinschaft, in der wichtig ist, was alle voneinander denken. Ich war sarkastisch, machte mich über alles lustig. Meine Freunde und ich waren ziemlich hart, das hatten wir aus dem Kino.

manen würde sie „Der Report der Magd“ wahrscheinlich am liebsten mögen – sie las „Fahrenheit 451“, „1984“, düstere Science-Fiction. Ich würde meinem jüngeren Ich sagen: Lass das Melodrama, es wird alles gut. Es wird besser, wenn du 30 bist. Dann wird es noch besser, wenn du 40 bist. Als ich 20 war, wusste ich nicht, was kommen würde, also war ich voller Ängste: Werde ich den Richtigen treffen, wird meine Karriere funktionieren, werde ich glücklich sein? Als ich 40 Jahre alt wurde, kannte ich zumindest schon die Hälfte der Geschichte. Außerdem wirst Du als 40-jährige Frau eher gehört, wenn du in deiner Karriere Fortschritte gemacht hast, als in deinen 20ern.

Wenn ich der jüngeren Margaret einen Rat geben würde, würde ich ihr sagen, dass sie aufhören soll, ihren Terminkalender zu überfrachten. Aber das sage ich schon seit 50 Jahren. Und ich würde ihr sagen, dass sie etwas dagegen tun soll, ein „Helpaholic“, eine zwanghafte Helferin zu sein. Ich muss einen Weg finden, das nicht zu tun, weil es viel Zeit verschlingt. Es wäre nicht einfach für mich, in der Zeit zurückzureisen und der jungen Margaret von meiner späteren Karriere zu berichten. Sie war nicht leicht zu beeindrucken. Wenn ich ihr von meinem Erfolg erzählte, würde sie sagen, sicher, ja, ja, so hast du es gemacht. Von meinen Ro-

„Meine Freundin erinnert sich, dass ich mit 16 in der Schulkantine angekündigt habe, Schriftstellerin zu werden. Ich weiß nicht, woher die Inspiration kam. Es gab keine Vorbilder. Ich hatte keine Ahnung.“

Wenn du bei 76 ankommst, gibt es eine ganze Reihe von Menschen, die bereits gestorben sind und die du nie dazu gebracht hast, alles zu sagen, was du hören wolltest. Als meine Eltern starben, waren sie zu solchen Gesprächen nicht wirklich fähig gewesen, aber ich hab früh damit angefangen. Weil man einfach nie weiß. Wenn ich in der Zeit zurückreisen könnte, würde ich eine unserer Reisen in die Arktis wiederholen. Die ist wirklich ein fantastischer Ort. Wir lebten 1991 auch eine Weile in Frankreich; vielleicht würde ich zurückgehen und einen dieser sehr schönen Herbsttage noch einmal erleben. Oder einen Sommer im Norden Kanadas, wunderschön. Aber was mich morgens aufstehen lässt, ist die Vorfreude auf das, was als nächstes kommt. Wer zu lange zurückschaut, wird nur alt. Mit freundlicher Genehmigung von INSP.ngo / The Big Issue UK

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STRASSENLEBEN

Klimawoche bei bodo A

m Montag wird es um die konkreten Auswirkungen der Klimakrise in unseren Städten gehen. WissenschaftlerInnen aus der Region werden erklären, wie sich das Leben in unseren Städten verändern wird und was wir tun müssen, um sie lebenswert zu halten. Lesen Sie dazu unsere Reportage auf Seite 32. Der zweite Abend am Dienstag trägt den Titel „Leugnen zwecklos“: Je stärker die Klimakrise die öffentliche Debatte bestimmt, desto mehr Lügen und Fehlinformationen kursieren durch die sozialen Medien. Was sind die größten Lügen der Klimaleugner? Und wie kann man ihnen begegnen? Die CORRECTIV Faktencheck-Redaktion checkt täglich Falschmeldungen im Netz, bei bodo gibt sie Einblicke in ihre Arbeit. Am Mittwoch geht es um unsere Mobilität. CORRECTIV hat dazu eine groß angelegte Bürgerrecherche gestartet: „Wo stehst Du?“ soll die Stillstände in der Region beleuchten. Mit Kennern und Expertinnen der kommunalen Verkehrssituation werden wir an diesem Abend diskutieren, wo es konkret in Dortmund stillsteht und was verbessert werden kann und muss.

Vier Tage, ein Thema – das gemeinnützige Recherchezentrum CORRECTIV lädt in Kooperation mit bodo und dem Onlineportal Ruhr24 an vier Abenden in Folge in unseren Dortmunder Buchladen. Vom 14. bis zum 17. Oktober geht es um die Klimakrise: Wo spüren wir sie – jetzt und hier? Was können wir konkret tun – privat wie politisch? Und wie viel Verantwortung liegt bei meiner Kommune? Wir freuen uns auf vier spannende Abende. Von Bastian Pütter | Foto: Daniel Sadrowski

Zum Abschluss der Reihe heißt es am Donnerstag „Aktivismus trifft Realpolitik“. Was fordern die „Fridays for Future“ konkret – so konkret, dass es auch in unserer Stadt direkt umgesetzt werden kann? Und was sagt dazu die Politik? Lokale PolitikerInnen und AktivistInnen sitzen bei bodo auf einer Bühne, denn der generationenübergreifende Dialog ist wichtig: Eine Lösung für die Klimakrise lässt sich nur gemeinsam finden. Die Klimawoche wird der Auftakt sein für Veranstaltungsreihen in Bochum, Essen und weiteren Ruhrgebietsstädten.

bodo-Buchladen Schwanenwall 36 – 38, Dortmund Alle Veranstaltungen beginnen um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Sitzplatzreservierungen sind leider nicht möglich. Mo., 14. Oktober: Klimakrise lokal Di., 15. Oktober: Leugnen zwecklos – Die größten Klimalügen Mi., 16. Oktober: Mobilität und Klima Do., 17. Oktober: Aktivismus trifft Realpolitik

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NEUES VON BODO

Sehfest für bodo Am 27. Oktober findet von 11 bis 19 Uhr das 13. Hörder Sehfest statt, so der anspielungsreiche Name der offenen Ateliers in Hörde. Die jährliche Einladung, durch die Ateliers, Werkstätten und temporären Kulturorte zu flanieren, ist damit älter als die künstliche Wasserfläche auf Phoenix-Ost. In diesem Jahr haben uns die beteiligten Künstlerinnen und Künstler mit einer Aktion überrascht: 20 Kunstwerke stellten sie zur Verfügung, die am 27. Oktober zugunsten unserer Anlaufstelle für Wohnungslose verkauft werden. Den ganzen Oktober über präsentieren wir die Bilder in unserem Buchladen, bevor sie beim Sehfest in den Ateliers der KünstlerInnen erworben werden können.

TERMINE

Alle Informationen zum Sehfest auf kulturquartier-hoerde.de und auf bodoev.de

Soziale Stadtführungen Dortmund, 12. Oktober, 11 Uhr Bochum, 19. Oktober, 11 Uhr Anmeldung unter 0231 – 950 978 0 Correctiv-Klimawoche Mo., 14.10.: Klimakrise lokal Di., 15.10.: Klimalügen Mi., 16.10.: Mobilität und Klima Do., 17.10.: Aktivismus trifft Politik jeweils 19 Uhr, Eintritt frei bodo-Buchladen Kundgebung am Tag der Armut Do., 17. Oktober, 17 Uhr Friedensplatz, Rathaustreppen Dortmund Lesung: Said Boluri „Der Himmel über der Grenze“ Do., 24. Oktober, 19 Uhr bodo-Buchladen 8

Lesung: Said Boluri

Vortrag

Said Boluri ist neun, als seine Familie aus dem Iran in ein Deutschland flieht, in dem auch Anfang der 1990er die Flüchtlingsheime brennen. Heute lebt er als Sozialwissenschaftler am Rande des Ruhrgebiets und erzählt in „Der Himmel über der Grenze“ vom Schrecken des totalitären Mullah-Regimes und von den Bedrohungen durch deutsche Neonazis. „Die Stärke dieses Buches ist seine Authentizität, ja Intimität“, schreibt Günther Wallraff im Vorwort. Dabei bleibe Boluri „sachlich wie ein Chronist“. In Kooperation mit der Alevitischen Gemeinde Dortmund, Planerladen e. V. und Bezent e. V. Gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Eintritt frei. Do., 24. Oktober, 19 Uhr, bodo-Buchladen

Wer wird obdachlos und warum? Wie viele Menschen leben in Dortmund auf der Straße? Wie organisiert man den Alltag ohne Wohnung? Welche Angebote helfen? Bastian Pütter, Redaktionsleiter des Straßenmagazins, spricht auf Einladung des Martener Forums am 29. Oktober im „Meilenstein“ über Lebenslagen auf der Straße. Er stellt die Hilfenetzwerke in der Stadt und die Angebote des bodo e.V. vor und zeigt, wie das Straßenmagazin Obdachlosigkeit beendet. Di., 29. Oktober, 18 Uhr, Eintritt frei Meilenstein, Nachbarschaftswerkstatt Marten, In der Meile 2, 44379 Dortmund (Gerne besuchen wir auch ihre Gruppe oder Gemeinde, rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns: 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de)


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Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

Kunstbücher Malerei, Fotografie, Design oder Architektur: Im Oktober gibt es in unserem Buchladen wieder 1.000 hochwertige Großformate besonders günstig. Aus den vielen tollen Buchspenden, die uns täglich erreichen, hat das Team um Buchhändlerin Suzanne Präkelt für unsere Aktion kistenweise Kunstbücher zusammengestellt – zum halben Preis.

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Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

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Modernes Antiquariat Schwanenwall 36 – 38 Mo. – Fr. 10 bis 18 Uhr 44135 Dortmund Sa. 10 bis 14 Uhr

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Beim Genießerabend des Dortmunder Bio-Lieferservice „Die AboKiste“ auf dem Gelände der Werkhof-Gärtnerei in Grevel übergab Betriebsleiter Marc SchmittWeigand eine Spende in Höhe von 1.500 Euro an bodo. Die Erlöse stammen aus der Aktion „Solidarmöhre“. Seit Herbst letzten Jahres bietet die „AboKiste“ dabei gemeinsam mit dem Biolandwirt Vitus Schulze-Wethmar „krumme“ Möhren an, die normalerweise verfüttert würden. Diese „Solidarmöhre“ können die Kunden zu einem günstigeren Preis kaufen, pro Kilo spendet die AboKiste 50 Cent. bodo freut sich über die Unterstützung seiner Dortmunder Anlaufstelle und über das Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung.

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NEUES VON BODO

Kundgebung am Tag der Armut Am 17. Oktober, dem Welttag zur Beseitigung der Armut, laden wir zum inzwischen dritten Mal zum Dortmunder Rathaus. Gemeinsam mit dem Gast-Haus e.V., der Kana Suppenküche und der Suppenküche Wichern möchten wir in Wortbeiträgen und Interviews über die Situation der Wohnungslosen in Dortmund informieren. Gemeinsam unterstützen wir die Erklärung von Suppenküchen und Tagestreffs in NRW, die vier Forderungen vor dem nahenden Winter formuliert haben: Keine Vertreibung – Für das Recht auf Teilhabe am öffentlichen Leben! Öffnung von geschützten, trockenen, öffentlichen Räumen bei Minustemperaturen! Unterbringung nach den Bedürfnissen der Betroffenen – ohne Ämtergänge, ohne Kostenträger! Bezahlbaren Wohnraum schaffen! Wohin im Winter? | Do, 17. Oktober, 17 Uhr | Rathaustreppen Dortmund

SOZIALES Mehr Neubau und besseren Mieterschutz fordert das Bündnis „Wohnen ist Menschenrecht“, das sich im September in Berlin gegründet hat. Das Bündnis aus Mieter- und Sozialverbänden sowie Gewerkschaften hält ein Jahr nach dem Wohnungsgipfel im Bundeskanzleramt eine „radikale Kursänderung der Wohnpolitik“ für nötig. Im Oktober und November sind deutschlandweit Veranstaltungen zu Wohnthemen geplant. Der Ausstieg aus „Hartz IV“ gelingt nur selten, zeigt der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspf lege NRW. 2018 hätten monatlich nur zwei Prozent der 1,16 Mio. erwerbsfähigen Leistungsbeziehenden in NRW sozialversicherungspf lichtige Arbeit gefunden, über die Hälfte blieb dabei im Hartz-IV-Bezug. Auch hielten diese Beschäftigungsverhältnisse oft nur kurz: Mehr als ein Viertel endete binnen der ersten drei Monate. „Netz 2020“ für den Bochumer Nahverkehr: Ab 15. Dezember fahren Busse und Bahnen im Stadtgebiet häufiger, 2020 sollen 50 neue Haltestellen und eine neue Straßenbahnlinie in Betrieb gehen. So will die Bogestra ihr Netz besser an den Regionalverkehr anbinden. Es gibt aber auch ein Weniger: Besonders sonntags wird auf einigen Linien die letzte Bahn am Abend künftig früher fahren. In Dortmund fehlen nach wie vor öffentliche Toiletten. Ein Konzept für ein f lächendeckendes Angebot, mit dem die Verwaltung 2017 vom Rat beauftragt wurde, existiert noch immer nicht. Auch das Behindertenpolitische Netzwerk kritisiert die Stadt und fordert als „ersten Schritt“ mindestens 30 behindertengerechte öffentliche Toilettenanlagen. Bisher gibt es davon lediglich 16 im gesamten Stadtgebiet. 10

Forderungen Angesichts nicht abgerufener Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau in Millionenhöhe sieht das Dortmunder Netzwerk „arm_in_Arm“, dem auch bodo angehört, die Stadt in der Pflicht, die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt durch eigene Projekte zu entschärfen. 32.000 bezahlbare Wohnungen fehlen in der Stadt. Die setzt nach Ansicht des Netzwerkes zu sehr auf die Bautätigkeit privater Investoren, was sich nun rächt. „Der kommunale Wohnungsbau hat eine Steuerungsfunktion und ist wichtig, um der sozialen Spaltung und Steigerung des Armutsrisikos entgegenzuwirken“, so das Netzwerk. „Es gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge, bezahlbaren Wohnraum anzubieten.“


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info@bodoev.de 0231 – 950 978 0 bodo ist für Sie da Zentrale Rufnummer 0231 – 950 978 0 Mo. bis Fr. 9 – 16 Uhr Mail: info@bodoev.de Fax: 0231 – 950 978 20 Spendenannahme DO Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr Sa. 10 – 14 Uhr Spendenannahme BO Kleiderkammer Altenbochum und Laer Liebfrauenstraße 8 – 10 44803 Bochum Mo. 10 – 13, Sa. 10 – 12 Uhr

Ansprechpartner Geschäftsleitung: Tanja Walter verein@bodoev.de Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt Bastian Pütter redaktion@bodoev.de Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de

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Westenhellweg 81 • 44137 Dortmund Mo - Fr 8.30 - 19.00 Uhr • Sa 9.00 - 19.00 Uhr Tel./WhatsApp 0231 84 01 00 90 schwanen@ausbuettels.de

Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Suzanne Präkelt buch@bodoev.de

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Haushaltsauflösungen und Entsorgungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln transport@bodoev.de

Das faire Abo für 15 Euro: Ein Gutscheinheft für sechs Ausgaben des Straßenmagazins zum Einlösen direkt bei unseren Verkäufern auf der Straße.

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Rotaract für bodo

Im September verabschiedeten wir unseren „dienstältesten“ Ehrenamtlichen Ulrich Kloda nach genau 10 Jahren bei bodo. Wir hoffen, dass es eher eine Auszeit als ein Abschied ist – Anlass, Danke zu sagen, ist es in jedem Fall. Immer einfach war es nicht bei uns: Uli hat alle Transformationen, Kulturveränderungen, Wachstumsschmerzen unseres Vereins begleitet, mitgeprägt – und ausgehalten. Seit Uli im Mai 2009 ein Praktikum im Rahmen des Seniorenstudiums an der TU Dortmund absolvierte, hat sich so vieles geändert bei bodo. Außer der Haltung vielleicht, mit der wir unsere Arbeit machen. Danke, Uli, für Deine Unterstützung – und für Deine Widerworte.

„Lernen, Helfen, Feiern“ ist das Motto von Rotaract, der Jugendorganisation des Rotary Clubs. Auch in Bochum engagieren sich junge Leute für jene, denen es weniger gut geht – zum Beispiel am 21. September: Vor dem Rewe-Markt Mokanski in der Hattinger Straße sammelte Rotaract Bochum Lebensmittel für Bedürftige. Alle Rewe-KundInnen bekamen eine Liste nützlicher Dinge wie Müsliriegel, Kekse, Trockenfrüchte oder Hygieneartikel. Wer wollte, konnte einfach etwas davon kaufen und am Rotaract-Stand abgeben. Mehrere pickepackevolle Einkaufswagen sind so für die Wattenscheider Tafel und uns zusammengekommen. Vielen Dank an Rotaract und alle SpenderInnen!

Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Tel. 0231 – 950 978 0

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Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

Kampstr. 4 44137 Dortmund Tel. 0231/557656-0 mieterverein-dortmund.de

Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

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REPORTAGE

„König der Vagabunden“, Anarchist, Bürgerschreck, Chefredakteur des Vorläufers aller Straßenzeitungen, Organisator des „Ersten Internationalen Vagabundenkongresses“. Gregor Gog ist in der Weimarer Republik so prominent wie gefürchtet. Ein Comic zeichnet nun seine politische Biografie und damit einen fast vergessenen Teil deutscher Sozial- und Bewegungsgeschichte nach. Von Bastian Pütter | Illustrationen: Bea Davies Fotos: Berthold Leibinger Stiftung, Fritz-Hüser-Institut

„Wo der Bürger aufhört, beginnt das Paradies“

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s ist die Zeit der gesellschaftlichen Transformationen, der Revolutionen und der Menschheitskatastrophen in Europa, in die Gregor Gogs Lebensspanne fällt. 1891 in Schwerin an der Wartke (heute Skwierzyna) geboren und in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, ist Gogs Biografie selbst geprägt von Umbrüchen und Richtungswechseln, von kurzem Ruhm – und von Leid und Entbehrungen bis zum frühen Tod im sowjetischen Hinterland 1945. Eigentlich will Gog nur die Welt sehen. Mit 19 zu alt zum Anheuern auf Handelsschiffen, geht er zur Kriegsmarine – und wird 1914 unfreiwillig zum Kriegsteilnehmer,

der Beginn seiner politischen Biografie. „Gog ist spätestens während des Ersten Weltkrieges mit anarchistisch gesinnten Matrosen zusammengekommen und hat dort einen illegal organisierten Lesezirkel besucht“, sagt Patrick Spät, Autor des soeben im Avant-Verlag erschienenen Comics „König der Vagabunden“. „Ab da war er, um es kurz zu machen, Anarchist.“

1918 beteiligt er sich am Kieler Matrosenaufstand und wandert nach dem Scheitern der Revolution ins schwäbische Bad Urach. Die „Kommune am Grünen Weg“ ist Anziehungspunkt für Anarchisten, Kommunisten, Künstler, Proto-Hippies, Lebensreformer, Wanderprediger.

Mehrmals steht Gog wegen Anstiftung zur Meuterei und der Verbreitung antimilitaristischer Propaganda vor Militärgerichten, wird in „Irrenhäuser“ eingewiesen, nierenkrank durch die Haft wird er 1917 als „dauernd kriegsunbrauchbar“ entlassen.

Der Comic zeigt Gog mit seiner Frau Anni Geiger-Gog, mit dem Dichter und Räterepublikaner Erich Mühsam, mit dem Wunderprediger und „Vater der Alternativbewegungen“ Gusto Gräser und dem späteren DDR-Hymnendichter und -Kulturminister Johannes R. Becher in einer Art libertärem Paradies. Gog verlässt es, weil er die Wanderschaft und die praktische Politik den neochristlichen Heilslehren vorzieht. Unterwegs lernt er den Dortmunder Maler Hans Tombrock und die Tänzerin und Dichterin Jo Mihaly kennen. Die „Tippelschwester“ mit dem angenommenen Roma-Namen wird viele Gedichte für Gogs Zeitschrift „Der Kunde“ schreiben. Ihre Bücher werden von den Nazis verboten und verbrannt.

1930 – Gregor Gog im Alter von 39 Jahren.

Herberge für alle

Tombrock war 1920 im Kampf gegen den Kapp-Putsch mit der Roten Ruhrarmee in Dortmund einmarschiert und hatte dafür bis 1924 im Gefängnis gesessen. Seitdem war er auf Wanderschaft und lebte vom Verkauf seiner Zeichnungen. Wie Michaly und Gog gelang ihm 1933 die Flucht in die Schweiz. Im späteren schwedischen Exil lernte er Bertolt Brecht kennen und arbeitete mit ihm zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er die „Schule für Bildende und Angewandte Kunst Dortmund“, bevor er 1949 in die DDR übersiedelte. Tombrocks Nachlass wird wie der Gregor Gogs und der vieler Protagonisten der Vagabundenbewegung im Dortmunder Fritz-Hüser-Institut gepflegt. „Ich mag Tombrocks Arbeiten sehr“, sagt Bea Davies, die „König der Vagabunden“ gezeichnet hat. „Seine Zeichnungen sind ja sehr schwarz und rau in ihrer Ausarbeitung. Ich habe mit einem Pinselstift gearbeitet, der sehr feine und sehr genaue Linien macht, die aber auch eher rau und nicht so kontrolliert sind. Vielleicht spiegelt sich das nicht so in meiner Arbeit, aber ich wurde sehr durch ihn inspiriert.“

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REPORTAGE

Generalstreik das Leben lang Im vom Hüser-Institut herausgegebenen Sammelband zur „Epoche der Vagabunden“ beschreiben die Autoren die Wanderschaft, auf der nun auch Gregor Gog ist, als „ein Pendeln zwischen Reflexion und Widerstand, Arbeitslosigkeit und Arbeitsverweigerung, zwischen Entwurzelung und Aufbruch, Isolation und Freiheit“. Das alles radikalisiert durch die Armut in den vorgeblich goldenen Zwanzigern. In Folge der Weltwirtschaftskrise wuchs die Zahl der Obdachlosen von 70.000 auf 450.000 an. „Dass momentan so etwas wie die Wiederentdeckung der Weimarer Republik

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stattfindet, war für uns ein weiterer Motivationspunkt, diesen Comic zu machen“, sagt Patrick Spät. „Wir schätzen Produktionen wie ,Babylon Berlin‘ sehr, aber der Fokus liegt sehr oft auf diesem bürgerlichen Glanz-und-Glamour-Leben, was wirklich toll, aufregend und progressiv ist“, sagt Spät. „Was jedoch häufig unter den Tisch fällt, ist das massive soziale Elend, das in Deutschland und Europa herrschte. Das zu zeigen, buchstäblich zu zeigen, weil es ja ein Comic ist, lag uns sehr am Herzen.“

1927 gründet Gregor Gog die „Internationale Bruderschaft der Vagabunden“. Patrick Spät: „Die Haltung der Bruderschaft war: Wir erwarten überhaupt nichts mehr vom Staat. Wir wollen keine Hilfe, die ohnehin nicht kommt, und wenn doch, verbunden mit Repressalien. Wir organisieren uns zur Selbsthilfe.“ Kurz darauf wird Gog Chefredakteur der Zeitschrift „Der Kunde“.


Bea Davies, geboren 1990 in Italien, ist freie Illustratorin und Comiczeichnerin in Berlin. Sie studierte in New York und Berlin und zeichnete unter anderem für das ehemalige Berliner Straßenmagazin strassen|feger. Patrick Spät, geboren 1982 in Mannheim, ist Journalist, unter anderem für Spiegel Online und Zeit Online, und Buchautor. Für „König der Vagabunden“ wurde er gemeinsam mit Bea Davies als Finalist des Comicbuchpreises der Berthold Leibinger Stiftung ausgezeichnet.

„Die Straßenzeitung lieferte Lebens- und Überlebenstipps, empfahl Kunstausstellungen und Begegnungsorte, denn allein die physische Begegnung ist sehr wichtig, wenn es darum geht, sich zu organisieren“, sagt Patrick Spät. Und in der Tat entwickeln sich Vagabundenabende, bis schließlich an Pfingsten 1929 zum „Ersten Internationalen Vagabundenkongress“ in Stuttgart aufgerufen wird. Die Behörden reagieren fast panisch, die Medienresonanz ist international und feindselig. Rund 600 TeilnehmerInnen schaffen es durch die Polizeisperren. Ein großer Erfolg und ein weiterer Popularitätsschub für den „König der Vagabunden“. Sogar in einem Stummfilm spielt Gog gemeinsam mit Tombrock.

Barbarei und Wirkung Was dann folgt, ist der vielleicht drastischste Bruch im Leben Gregor Gogs. Auf einer Reise in die Sowjetunion im Juli 1930 wird aus dem Antiautoritären, dem Anarchisten ein Parteikommunist, der mit der grundlegend gewendeten Straßenzeitung „die Vagabunden in eine Reservearmee des kämpfenden Proletariats zu verwandeln“ trachtet. Viele bisherige Weggefährten wenden sich enttäuscht und irritiert ab. Gog hatte früh geahnt, was eine Machtübernahme der Nazis bedeuten würde. Wenige Wochen nach der Machtübernahme der Nazis wird er festgenommen, kommt ins KZ und wird gefoltert. Unter abenteuerlichen Umständen gelingt ihm Heiligabend 1933 die Flucht in die Schweiz. In seinem

Tagebuch schreibt er: „Die Landstraße verlor sich im Dschungel faschistischer Barbarei (…). Konzentrationslager, Zwangsarbeit und Prügel: Die deutsche Bourgeoisie hat uns das schon immer gewünscht.“ Über Paris gelangt er in die Sowjetunion, wo er schwerkrank unter immer schwierigeren Bedingungen lebt. Einen Suizidversuch 1945 überlebt er, stirbt aber zwei Wochen später in Taschkent. „Die Jahre des Leidens haben wir im Comic ausgespart, für uns stand die Bruderschaft und auch die Wende zum Kommunisten im Vordergrund“, sagt Patrick Spät. „Wir haben die Geschichte mit der Flucht vor den Nazis in die Schweiz gerahmt, denn das war uns wichtig. Obdachlose, Vagabunden und ,Landstreicher‘ werden als Opfergruppe der Nationalsozialisten bis heute weitgehend ignoriert.“

Patrick Spät, Bea Davies Der König der Vagabunden. Gregor Gog und seine Bruderschaft ISBN: 978-3-96445-015-9 Avant | 160 S. | 25 Euro

Und was bleibt sonst von Gregor Gog? „Bei allen Widersprüchen war er eine gute Person mit einem klaren Blick auf die Welt“, sagt Bea Davies. „Und mit der Perspektive auf heute: Ich sehe seinen Mut nicht. Diese Gesellschaft ist so informiert, aber trotzdem so stumm. So kommt es mir vor. Gogs Ansatz, auf den Staat ,zu pfeifen‘, erscheint extrem. Aber schau ich die Regierungen der Welt an, denke ich mir schon: Wir machen das besser selbst.“ Patrick Spät: „Gog hat für eine Zeit erfolgreich vermocht, Obdachlose, Vagabunden, Ausgeschlossene zusammenzuführen und zu organisieren. Das verdient Bewunderung.“

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DAS FOTO

Auch eine Art Mobilitätskonzept: „Nicht lang kreisen, gleich ins Parkhaus.“ Oder: „Kinder zur Schule laufen lassen.“ Auf 108 Großflächenplakaten, 328 City-Light-Postern, 20 Infoscreens sowie auf Bierdeckeln und Postkarten gab die Stadt Bochum im September Verhaltensregeln auf den Weg. Das erste Plakat klebten Oberbürgermeister und Stadtbaurat selbst. Foto: Daniel Sadrowski

RECHT

Umzugskosten abgelehnt – und nun?

Von René Boyke

Würden Sie gerne in einer vermüllten Wohnumgebung wohnen, Anfeindungen und stetigem Lärm ausgesetzt? Wahrscheinlich würden Sie in so einer Situation gerne umziehen wollen. Sie müssten dafür wohl niemanden groß um Erlaubnis bitten – es sei denn, Sie beziehen ALG 2. Die Kostenerstattung für den Umzug ist dann nämlich in der Regel davon abhängig, ob das Jobcenter den Um-

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zug ebenfalls für notwendig hält. Erst dann nämlich soll gem. §22 Abs. 6 SGB II die Zusicherung dafür erteilt werden, dass Umzugskosten erstattet werden. Hält das Jobcenter die Wohnumgebung dagegen nicht für laut oder vermüllt genug, müssen Sie dort wohnen bleiben, wenn Sie den Umzug nicht selbst zahlen können. So ging es einem Mann vor dem Jobcenter Braunschweig. Er beantragte vor sei-

nem Umzug eine Zusicherung für die Kostenübernahme; doch das Jobcenter lehnte ab. Da die Wohnsituation jedoch eben unerträglich war, zog er trotzdem um und zwar in eine angemessene Wohnung. Im Nachhinein beantragte er die Erstattung der entstandenen Umzugskosten vom Jobcenter. Das lehnte ab, denn er sei schließlich bereits umgezogen und daher könne man seinen Antrag nicht mehr bearbeiten.


KOMMENTAR

Der autogerechte Städtehaufen Von Bastian Pütter Wir schreiben das Jahr 1899. Im schnell wachsenden Rheinisch-Westfälischen Industriebezirk erkennt man die Notwendigkeit eines regionalen Nahverkehrsplans: In Dortmund fährt seit 1881 eine Pferdebahn, 1893 wird die Elektrifizierung beschlossen, da fährt Essen schon elektrisch. 1894 wird die erste Straßenbahnstrecke von Bochum nach Herne eröffnet. Höchste Eisenbahn, sich abzustimmen. Neben städteübergreifenden, möglichst nahtlosen Verbindungen wird auch ein verständliches und einfaches Preis- und Fahrscheinsystem gefordert.

Regionaler Nahverkehrsplan des RVR

Das ist natürlich alles Blödsinn. Der letzte Satz stammt fast wörtlich aus dem Mobilitätsentwicklungskonzept des Regionalverbands Ruhr aus dem September 2019, und es gibt keinen Grund, sich darüber lustig zu machen. Der RVR versucht völlig zu Recht, das Ruder herumzureißen. Der öffentliche Nahverkehr im Ruhrgebiet ist der teuerste, komplizierte und schlechteste, den man sich für eine Großregion vorstellen kann. Die stadtplanerische Jahrhundertkatastrophe der „autogerechten Stadt“ ging im Ruhrgebiet mit einem Rückbau der Straßenbahninfrastruktur einher. Die Großstädte verwalten inzwischen funktionierende U- und Stadtbahnsysteme, alles abseits davon ist ein Elend. 12 Ruhrgebietskommunen haben nicht einmal einen Bahnhof. Stadtgrenzen sind meist hermetisch. Neben 53 Verkehrskonzepten leisten sich die Ruhrgebietsstädte 13 eigene Verkehrsunternehmen. Einige zahlen ihren Chefs Gehälter, die deutlich über dem der Bundeskanzlerin liegen. Alle fahren teure und oft seltsame Werbekampagnen (Bei der DSW21 „öffelt“ man, die Fahrkarten-App der Bogestra heißt „Mutti“!). Der Fahrkartenkauf schon in der Nachbarstadt ist ein Erlebnis. Apropos: Werden die Kosten für den Nahverkehr verglichen, gruppieren sich die Ruhrgebietsstädte mit zum Beispiel Berlin immer irgendwo im Mittelfeld ein. Jede einzelne. Fährt man eine Stunde quer durch die Hauptstadt, von Spandau bis Hellersdorf, kostet das 2,70 Euro. Von Oberhausen nach Dortmund sind es 12,80 Euro. Die Folge: 58 Prozent der Wege werden im Ruhrgebiet mit dem Auto zurückgelegt, in Berlin sind es keine 25 Prozent. Nebenbei: Keiner unserer Verkäufer kann es sich leisten, die nicht einmal 10 Kilometer von Witten zu uns nach Bochum zu kommen. Also bringen wir das Straßenmagazin nach Witten. Die bessere Koordination der bestehenden Angebote und der geförderte Ausbau der Netze sind so richtig wie notwendig. Das strukturelle Problem der ineffizienten und teuren Städtekonkurrenz im Ruhrgebiet lösen sie nicht.

Tatsächlich sieht das Gesetz vor, dass eine Zusicherung zur Kostenübernahme vor dem Umzug vorliegen muss. Gleichzeitig kann es jedoch nicht sein, dass man in einem unerträglichen Wohnumfeld gefangen ist, weil die Zusicherung durch die Behörde rechtswidrig verweigert wird. Der Betroffene konnte die unhaltbaren Zustände nachweisen und klagte daher vor dem Sozialgericht Braunschweig (52 AS 1446/18) – und obsiegte. Das Gericht hielt die Wohnsituation für erwiesen und wer-

tete sie als plausiblen und nachvollziehbaren Grund, bei dem auch jemand ausziehen würde, der nicht ALG 2 bezieht. Im vorliegenden Fall wertete das Gericht den Antrag auf einen Umzug auch gleichzeitig als einen Antrag auf Übernahme der Umzugskosten und erkannte ihn als rechtzeitig gestellt an. Die Kosten mussten daher von der Behörde erstattet werden.

DIE ZAHL

8 Euro Die Bundesregierung hat eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um 1,9 Prozent beschlossen. Alleinstehende Erwachsene erhalten ab Januar 2020 monatlich acht Euro, Erwachsene mit PartnerIn sieben Euro, Kinder je nach Altersgruppe zwischen fünf und acht Euro mehr.

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REPORTAGE

Vor etwa fünfunddreißig Jahren, zwischen 1982 und 1986, wurde das Dellwiger Bachtal renaturiert. Auf Dortmunder Boden war es die erste Maßnahme dieser Art und gleichzeitig Pilotprojekt für den damals bereits angedachten naturnahen Umbau des Emschersystems. Als ökologisch besonders wertvoll gilt die breite Aue mit vitalen Röhricht- und Schilfbeständen im unteren Bereich. Auf seinem Weg dorthin teilt der kleine Bach, einem canyonartigen Einschnitt gleich, die ehemalige Bergehalde der Zeche Zollern. Und diese ebenso faszinierende wie eigenartige Landschaft wird uns die Naturpädagogin und Diplom-Geografin Birgit Ehses bei einem Rundgang erklären. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

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Halde Zollern Expedition ins Industrienaturschutzgebiet

Zeche Zollern II/IV in Dortmund-Bövinghausen. Am heutigen Ankerpunkt der Route der Industriekultur begannen anno 1898 die Abteufarbeiten, vier Jahre später wurde die Kohlenförderung aufgenommen. Der Volksmund nannte die Musterzeche der Gelsenkirchener Bergwerks-AG bald „Schloss der Arbeit“. Nicht ohne Grund. Auf den ersten Blick erinnert der Gebäudekomplex über Tage, insbesondere die symmetrische Anlage aus Verwaltung, Lohnhalle und Werkstattgebäude, eher an einen großzügigen barocken Herrensitz als an einen Pütt. Überregional bekannt dürfte vor allem das Jugendstilportal der Maschinenhalle sein. Der ovale, bunt verglaste Eingangsbereich ist europaweit einzigartig und diente 1987 als Motiv für eine Briefmarke.

Kein Tal statt ein Berg Mit Birgit Ehses sind wir an den Torhäusern zum Bergwerksgelände verabredet. Regelmäßig zeigt sie Besuchergruppen das Areal. Das mache sie wirklich sehr gern, verrät sie uns, noch mehr aber freue sie sich darüber, dass wir weniger an der Zeche als an der dazugehörigen Halde interessiert seien. Es ist eine kleinere und früh stillgelegte der rund 230 Bergehalden im Revier. Von unserem Treffpunkt bis dorthin ist es Luftlinie kein halber Kilometer. Wir laufen ein Stück weit durch ein Wohngebiet, dann über eine zunächst unauffällig scheinende Brache. An dieser Stelle hätten in der Vergangenheit Betriebsgebäude der Zeche gestanden, erfahren wir. Der Boden ist trocken, steinig und nährstoffarm. Sukkulente, Wasser speichernde Pionierpflanzen haben das Terrain erobert. Am Rand der Brache wachsen, neben wärmeliebenden Hochstauden, auch die Wilde Karde und die seltene Geißraute. „Der Platz bietet Insekten einen idealen Lebensraum“, sagt Frau Ehses. „Ich mag diesen Ort. Es ist ein kleines Paradies.“ Eine postindustrielle Oase, die im Übrigen bedroht ist. Laut Bebauungsplan ‚Lue 181 – Rhader Hof‘ soll hier nämlich eine Siedlung entstehen. Als nächstes macht uns unsere Begleiterin aufmerksam auf einen Streifen dichten Buschwerks linker Hand. „Wenn Sie da reingehen, sollten Sie eigentlich Fundamente einer Seilbahn finden können. Die wurde 1926 in Betrieb genommen. Abraum musste von der Halde zurück zur Zeche transportiert werden. Man benötigte ihn als Versatzmaterial, um Bergsenkungen infolge abgekohlter Stollen zu mildern. Auf alten Fotografien kann man die Bahn noch sehen.“

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REPORTAGE

Was man nicht sehen kann, ist ein Berg – oder wenigstens ein Hügel. Der Weg führt mit sanftem Gefälle durch ein Maisfeld auf ein unscheinbares Wäldchen zu. „Die Halde!“ Frau Ehses deutet in die bewusste Richtung. „Die Halde, also der Boden, in dem die Pflanzen wurzeln. Man hat hier keinen Berg auf-, sondern ein Tal zugeschüttet. Die Topografie des Geländes mit dem Dellwiger Bach bot sich an. Großartiger Planung bedurfte es nicht. Für den Transport des Abraums zur Halde bekam die Zeche einen Anschluss an die nahe Emschertalbahn, und für den Bach hat man Rohre in der Talsohle verbaut. Im Prinzip war das alles.“ Wir müssen sehr genau hinschauen, um den Haldenfuß auszumachen, die Stelle, wo das natürlich gewachsene in das dorthin verbrachte nährstoffärmere Erdreich übergeht. Anhand der Vegetation ist der Grenzbereich erkennbar, jenseits besagter Linie weist sie einen geringeren Artenreichtum auf. Unabhängig davon dauert es in der Praxis aber nie besonders lang, bis die Natur freie Flächen erobert.

Naturpädagogin und DiplomGeografin Birgit Ehses: „Bei dieser Schiene komme ich auch nicht weiter. Niemand konnte mir bislang sagen, wo die hinführt.“

Industrienatur Auf Zollern wurde die Kohlenförderung 1955 eingestellt. Die Zeche Germania im benachbarten Marten nutzte die Halde noch drei weitere Jahre, dann überließ man das Gelände erst einmal sich selbst. Fotografien aus jenen Tagen zeigen bereits erste Gräser und Sträucher. Zwanzig Jahre später, die Gelsenkirchener Bergwerks-AG war zwischenzeitlich in Gelsenberg AG umbenannt worden, endete die Bergaufsicht des Konzerns über das Terrain. Die Halde wurde an die Stadt Dortmund verkauft. An die Übernahme war eine Bedingung geknüpft: Weil zukünftige Probleme mit der unterirdischen Rohrleitung nicht auszuschließen waren, sollte der Dellwiger Bach wieder freigelegt werden.

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Das erfahren wir, bevor wir endlich die Halde betreten. Wir folgen Frau Ehses auf einem schmalen Pfad unter dichtem Blätterdach, nahezu ebenerdig und beidseitig gesäumt von Erlen und Brombeerranken. Doch bald gelangen wir an eine lichtere Stelle. Mit einem Mal überwiegen Birken, und zwischen ihren Stämmen hindurch blicken wir unvermittelt in eine tiefe Schlucht. Die Böschung ist steil, ihre Neigung beträgt 45 Grad, manchmal mehr. Fünfzehn Meter unter uns fließt der Bach in einem Betonkorsett. Sogar im Zuge der erwähnten Renaturierung war es unmöglich, ihn daraus zu befreien; im engen Schnitt durch den Haldenkörper käme der Steilhang ins Rutschen. Der Boden ist stellenweise dunkel, nahezu schwarz. Die Zollernhalde besteht nicht nur aus Sandstein, Schiefer, Ton und Mergel aus den Schächten und untertägigen Hohlräumen, sondern auch aus feinen Kohleresten. Auf den offenen, nährstoffarmen und trockenwarmen Flächen zwischen den Birken kann sich eine spezifische Flora und Fauna entfalten. Frau Ehses nennt Waldeidechse, Feld-Sandlaufkäfer und Nachtigall-Grashüpfer, sie zeigt uns, wo Natternkopf und Salbei-Gamander wachsen. Und dann macht sie uns auf eine Problematik aufmerksam, die im Kontext von Naturschutzgebieten des Öfteren diskutiert wird. „Denken Sie zum Beispiel an die Lüneburger Heide. Das ist ja keine Natur-, sondern eine Kulturlandschaft. Würde der Mensch nicht mehr eingreifen, wäre die Heide in einer absehbaren Spanne ein Wald. Die Situation ist vergleichbar. Wir haben es mit Industrienatur zu tun und die verändert sich auch. Pflanzen werfen Laub ab, das wird zu Humus, der Boden wird fruchtbarer und höhere Pflanzen als die bisherigen halten Einzug. Die Vegetation wird dichter. Damit kommen einige der Pioniere nicht mehr zurecht. Es ist möglich, dass die Waldeidechsen schon verschwunden sind. In diesem Jahr habe ich noch keine gesehen. Es stellt sich also die Frage, ob der Mensch eingreifen sollte, um den Charakter einer Landschaft zu erhalten, oder ob er sich raushält und der Natur im Schutzgebiet ihren Lauf lässt.“ Eine Antwort auf die Frage kann sie uns nicht geben. Während wir darüber nachdenken, gelangen wir an eine Treppe. Sie befindet sich am östlichen Rand und damit am Ende der Halde, die, aus der Vogelperspektive betrachtet, wie ein Tropfen im Dellwiger Bachtal sitzt. Wir gehen die Stufen hinunter und überqueren den Bach. Als lebendes Pflanzenfossil wächst Riesen-Schachtelhalm an seinem Ufer. Gigantische Formate wie zu Urzeiten, als er baumlang die Basis für die späteren Kohlenflöze bilden sollte, erreicht er heute zwar nicht mehr, dass er aber am Fuß einer Zechenhalde wächst, scheint uns passend. Eine zweite Treppe bringt uns auf die gegenüberliegende Terrasse. Hier führt uns unsere Begleiterin noch an einen Punkt, wo aus dem Abhang ein rostender Schienenstrang ins Freie ragt. „Selbst auf der Zeche gibt es wenig Wissen über die Halde und ihre Geschichte. Bei dieser Schiene komme ich auch nicht weiter. Niemand konnte mir bislang sagen, wo die hinführt. Um das in Erfahrung zu bringen, müsste man sie vermutlich ausbuddeln.“ Hoch über unseren Köpfen hämmert es derweil. Der Grünspecht fühlt sich wohl auf Halde Zollern. Wie der Zilpzalp. Und der Zaunkönig.


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WILDE KRÄUTER

Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

TAUBNESSEL

V

on stramm rechter Warte aus betrachtet dürfte es sich bei den Wildkrautkolumnentexten um linksgrün versiffte Elaborate handeln. Als Verfasser dieser Zeilen denke ich im Gegenzug, dass die braune Kacke echt am Dampfen ist. Vor allem im Osten. Vor allem in Sachsen. Wobei das ja keine Überraschung war, nach den entsprechenden Prognosen vor dem 1. September. REZEPT für eine Taubnessel-Möhren-Suppe: 400 g Möhren schälen und in Scheiben schneiden. 150 g Sellerie würfeln. Das Gemüse über heißem Wasser bissfest dämpfen. 200 g Taubnesseln (obere, nicht zu harte Teile des Krauts) blanchieren, abtropfen lassen und grob hacken. Von 1 Zitrone die Schale abreiben und den Saft mit Wasser mischen. 3 Äpfel schälen, sechsteln, die Kerngehäuse entfernen, die Fruchtstücke würfeln und ins Zitronenwasser geben, damit sie nicht bräunen. 2 kleine Zwiebeln grob hacken und in Öl und Butter glasig dünsten. Mit 125 ml trockenem Weißwein ablöschen. Gemüse, Taubnesseln und Zitronenschale zugeben, 750 ml Gemüsebrühe angießen und etwa 10 Minuten bei mittlerer Hitze simmern lassen. Die Apfelstücke zufügen, pürieren, 200 ml Sahne einrühren und weitere 5 Minuten bei sanfter Hitze köcheln. Vor dem Servieren noch mit schwarzem Pfeffer abschmecken.

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Für einen Wessi wie mich ist es kaum nachvollziehbar, wie dieses knappe Drittel der zur Wahl gegangenen Sachsen tickt. Ein Urlaub, den die Liebste und ich im Erzgebirge machten, brachte mehr neue Fragen als Antworten. Die Gespräche mit Einheimischen begannen meist in höflich freundlichem Plauderton. Die Stimmung der Leute schlug aber im Verlauf für gewöhnlich um in ein Lamentieren über die allgemeine und persönliche Lage der Dinge, die per se als hundsmiserabel empfunden wurde, bis schließlich die „Schuldigen“ genannt wurden, also die Merkel und diese ganzen Asylanten, die alles so einfach nachgeworfen bekämen. Menschen mit offensichtlichem Migrationshintergrund sahen wir vergleichsweise selten. Gesehen, in einer Buchhandlung, habe ich „Das erzgebirgische Kräuterbuch“ und als an solchen Dingen Interessierter da natürlich auch gekauft. Ein Kapitel handelt von traditionellem Schnupftabak auf Kräuterbasis, den man noch in einer Apotheke in einem Örtchen namens Bockau bekäme. Die Apotheke haben wir gefunden, den Tabak nicht. „Die Nachfrage war zu groß. Wir haben die Produktion deswegen eingestellt“, hieß es dazu jenseits jeder Ironie. Wie bereits erwähnt, die Zahl der Fragen sollte sich erhöhen. Wohingegen: Bin ich nicht selbst, in jungen Jahren schon,

Lamium

wider den Terror des Konsums auf Barrikaden gestiegen? Vielleicht war dies ein Beispiel des gelebten Partisanentums und ich nur zu blöd, das zu begreifen. Konsumiert hatte ich ohnehin – besagtes Buch. Kolumnenbezüglich wäre es jetzt großartig, hätte der Autor auch der Taubnessel ein paar Zeilen gewidmet. Hat er nicht. Das wiederum ist kein sonderliches Wunder, denn obschon sie lecker ist und sehr gesund, wird sie im Kräuterküchenkontext in der Regel ignoriert. Sie hat eben ein graumausiges Image. Im Gegensatz zur taffen Brennnessel gilt sie als ‚taub‘ im Sinn von leicht zu übergehen, und, mit Verlaub, es passt zum AfD-gestrickten Opfermythos. Doch halt. Bei aller Liebe zur gedrechselten Metapher, diesen Status hat das fabelhafte Wildkraut wirklich nicht verdient.

Taubnesseln werden oft zu Tee verarbeitet. Geerntet werden die Blätter und Blüten von Mai bis September. In der Naturheilkunde werden Taubnesseln unterstützend eingesetzt, beispielsweise gegen Asthma-Erkrankungen oder Beschwerden während der Wechseljahre.


KULTUR

Prärie ist ein utopischer Ort Die Utopie ist ein ruhrgebietsweites Netz aus vielen freien, solidarisch organisierten Kunstorten, die alle miteinander kooperieren. Mit der Eröffnung der Prärie in Bochum ist die Region ihr wieder ein Stück näher gerückt. Ein Jahr haben junge Aktive um die 23-jährige Awa Winkel im innenstadtnahen Raum an der Hattinger Straße gewirkt, um ihre Vision zu verwirklichen. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski Während Awa Winkel gerade einen wohlverdienten Urlaub genießt und mit dem Interrailticket durch Europa reist, empfängt Max Frische in einem Raum, der auf den ersten Blick nicht viel über seinen Zweck preisgibt: ein ehemals leer stehendes Ladenlokal mit großen Schaufenstern, geschwärztem Boden, einem beigen Cord-Sofa. Gemälde und Fotografien an der Wand und ein in buntem Disco-Licht leuchtender, ausgehöhlter alter Röhrenfernseher lassen jedoch klar den Kunstort erkennen. Zusammen mit sechs weiteren jungen Künstlern bilden Max und Awa den Verein „infantilerie.“, der die Prärie betreibt – unter anderem, indem sich die Mitglieder die Miete teilen. Weil der Raum während Romy Schmidts Intendanz schon als Proberaum für das Bochumer Prinzregenttheater fungierte, wo Awa Winkels auch mitarbeitete, wird er noch oft für einen Theaterraum gehalten. „Aber wir sind keine Theatergruppe – und auch keine Band“, sagt Max Frische. Künstler aus unterschiedlichen Richtungen hätten sich zusammengetan. „Unsere Stärke ist, dass wir inhaltlich unbestimmt sein können, wir stehen Gruppen offen, die interdisziplinär arbeiten.“ Awa Winkel experimentiert zum Beispiel mit Lichtkunst, Max Frische produziert Musik, zu der Vereinskollegin Hannah Kümper eine Tanzchoreographie

erarbeitet hat. Paul Boos organisiert eine Reihe mit vornehmlich akustischen Konzerten. Im Prinzip ist das Konzept der Prärie dem freien Kunst- und Produktionsort Atelier Automatique nicht unähnlich, das sich vor einiger Zeit an der Rottstraße gegründet hat. „Tatsächlich haben wir überlegt, ob wir uns als Gruppe einfach dem Atelier anschließen und geschlossen ihrem Verein beitreten“, erzählt Max Frische. Aber ein Workshop zum Thema Vernetzung im Ringlokschuppen Mülheim gab den Impuls, einen eigenen Ort zu eröffnen: „Der Tenor war: Es braucht mehr Räume im Ruhrgebiet, die sich vernetzen können. Jeder ist ein Dazugewinn.“ Feststehende Termine in der Prärie gibt es momentan vor allem im Musikbereich. Neben den Konzerten soll es einmal im Monat sonntags eine Jamsession geben – die wurde in der Eröffnungswoche besonders gut angenommen. Angedacht ist außerdem ein Tanz-Jam zu R’n’B- und Hip Hop. Und „infantilerie.“ plant auch längerfristig: Im März nächsten Jahres steht etwa eine Ausstellung des Kollektivs Anthrazit zum Thema „Identität und Sexualität“ an. Wer in der Prärie spielen, ausstellen, proben oder mitmachen möchte, erreicht den Verein am besten über facebook.com/infantilerie.

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Kalender

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10 & 11 | 2019

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diversen DJs. Dazu gibt es Frikadellen, Kuchen und Eierlikör aus dem Ruhrrevier sowie Bier in buntester Vielfalt. Trinkhalle, Bochum, 14-20 Uhr

DO 10 | 10 | 19 Show | „Aussem Pott inne Welt“ Nach fünf Jahren steht Esther Münch wieder als Kult-Reinigungsfachkraft Waltraud Ehlert alias Walli auf der et cetera-Bühne und nimmt die Heimatländer der ArtistInnen ins Visier. Sie vergleicht sie mit unseren ganz eigenen Gepflogenheiten im schönen Pott, während sie mit der „MS Et Cetera“ auf große Fahrt geht. Mit dabei sind: Margo Darbois (Handstandakrobatik), Charlotte de la Breteque (Multicordes), Alexander Koblikov (Jonglage), Naoto Okada (Yoyo), Francisco Obregon (Puppenspiel) und die Hatsey Brothers (Akrobatik). Bis 3.11., www.variete-et-cetera.de Varieté et cetera, Bochum, 20 Uhr

Theater | Ein Fest für Mackie „Ein Fest für Mackie“ wird als vergnügliches wie groteskes Ruhrgebiets-Spiel auf die Bühne gebracht – dirigiert von BoSy-Generalmusikdirektor Steven Sloane und inszeniert von Schauspielhaus-Intendant Johan Simons. Die Kneipen-Kantate für Bettler, Bergleute und Betrunkene – so der Untertitel – ist anlässlich der 100-jährigen Jubiläen der Bochumer Symphoniker und des Schauspielhauses Bochum ein Auftragswerk an den Komponisten Moritz Eggert und den Autor Martin Becker. Anneliese Brost Musikforum Ruhr, BO, 20 Uhr

FR 11 | 10 | 19 Kabarett | Lioba Albus – „Hitzewallungen“ Erderwärmung, Klimakatastrophe, Geldbeutelschwund, Mallorcaphobie… Jede Menge Gründe, um die schönste Zeit im Jahr auf Balkonien zu verbringen. Eine langweilige Idee? Moment – mit einem Koffer voller Ideen

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BODO-TIPP Seit 50 Jahren ist das domicil Heimstatt für Jazzmusik in Dortmund und Spielstätte für KünstlerInnen aus der ganzen Welt. Derzeit blick nicht nur der Club selbst zurück, sondern, in einer großen Ausstellung, auch das Museum für Kunst und Kulturgeschichte.

Ausstellung 50 Jahre domicil bis 27. Oktober Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund

Das domicil, der heutige Angelpunkt im Ruhrgebiet für JazzliebhaberInnen, wurde 1969 als Reaktion auf die Schließung des Hot Clubs im Keller einer Kindertagesstätte gegründet. Heute ist das domicil in der Hansastraße, in direkter Nachbarschaft zum MKK. In der dortigen Ausstellung zeigt ein großformatiger Zeitstrahl die Anfänge des domicils vom Kellerclub und seine Entwicklung zur angesagten Adresse, die in den vergangenen Jahren stets zu den Top-100-Jazzclubs weltweit gekürt wurde. In Bildern und teils bislang unveröffentlichten Tondokumenten erleben die BesucherInnen ein Stück Club- und Jazzgeschichte.

reist Mia durch die Lande und nimmt sich der urlaubsgeschädigten Menschheit an. „Hitzewallungen“ ist sowohl ein Programm für Urlaubsverweigerer als auch für Sonnenanbeter. Cabaret Queue, DO, 19.30 Uhr (auch 12.10.)

SA 12 | 10 | 19 Mischmasch | Tag der offenen Tür Tag der offenen Tür in der Hauptwerkstatt der Werkstätten Gottessegen: In der Zeit von 10.30 bis 16.30 Uhr laden die Werkstätten wieder herzlich zum Bummeln und Verweilen auf dem gesamten Werkstattgelände ein. Hauptwerkstatt Gottessegen, Dortmund, 10.30 – 16.30 Uhr Musik | Chor-Fest Wir lieben Vielfalt Ein musikalischer Zusammenklang in Vielfalt soll zwischen vielen Menschen in der Stadt mit einem ganztägigen Chorfest in diesem Jahr abgerundet werden. Musik macht

die Vielfalt kultureller Zusammenhänge und Stimmungen deutlich. Vor allem im Chorgesang, wenn sich Brücken zwischen Mitwirkenden und Zuhörenden aufbauen. 15 Chöre mit über 400 SängerInnen werden den ganzen Tag über mit ihren Stimmen ein Signal setzen. Für Dortmund wird damit einmal mehr deutlich, wie engagiert Menschen für ein „DortBunt“ eintreten. Eintritt frei. Immanuelkirche, DO-Marten, 10.30 – 19.30 Uhr Musik | Ritournelle Als Format berühmt und berüchtigt aus Ruhrtriennale-Zeiten, präsentiert sich hier die Schnittmenge aus internationaler ClubAvantgarde und digitalen Künsten. Aufwändige audiovisuelle Konzertshows wechseln mit Performances und DJ-Sets bis in die frühen Morgenstunden. Zu den bislang bestätigten Acts gehören Jon Hopkins, Zebra Katz, Giant Swan, Sophia Kennedy. Schauspielhaus, Bochum, 20 Uhr

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02.10.19

05.10.19 Hordengrölen Im Rudel rockt‘s sich leichter!

08.10.19 Russischer Kulturtag im DKH

10.10.19 Konzert Brazil – Lisboa Alexandre Santos & Leonardo Barbosa

12.10.19

Benefizkonzert für Indonesien Musik, Tanz und Kulinarisches

Leopoldstr. 50-58 · 44147 Dortmund Tel. 0231 50-25145 · Fax 0231 50-26019 facebook.com/DietrichKeuningHaus

Comedy | Sybille Bullatschek – „Ich darf das, ich bin Pflägekraft!“ Auch diesmal gibt es wieder jede Menge Drama im Haus Sonnenuntergang. Die goldene Bettpfanne, die Auszeichnung, die das Heim achtmal in Folge gewonnen hat, soll aberkannt werden. Im Fußboden im Wohnbereich „Nordcorega“ wurde Asbest gefunden und die SeniorInnen müssen umquartiert werden. Frau Baumann und Frau Häfele liefern sich einen erbitterten Kampf bis auf die Schnabeltasse. Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

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KALENDER

MO 14 | 10 | 19 Lesung | Achim Albrecht – „Die Besucher“ Eine obskure Internet-Gruppe, die Mutproben ins Netz stellt. Menschen werden gestalkt, Wohnungen „besucht“. Es gibt keine Grenze. Kameras fangen das Geschehen ein. Dann ein erstes Opfer. Das Geschehen gerät außer Kontrolle. Einer der „Besucher“ wird in den Strudel aus Verdacht und Verfolgung gerissen. Ein Psychothriller, der mit Urängsten spielt. Studio B der Stadt- und Landesbibliothek, Dortmund, 19.30 Uhr

MI 16 | 10 | 19 Mischmasch | Poetry Jam Ganz gleich, ob Tränen vor Lachen oder zu Tode betrübt, ob Kriminalroman oder Tagebucheintrag, ob Live-Hörspiel oder Geräuschexperiment, ob Vers-Epik oder kreativer Einkaufszettel: Hier können sich alle NachwuchspoetInnen und Möchtegern-Storyteller ganz ohne Wettbewerbsdruck ausprobieren. Eintritt frei. subrosa, Dortmund, 20 Uhr

DO 17 | 10 | 19 Theater | Traum eines lächerlichen Menschen Ein junger Mann ist Opfer seiner Überzeugung: Die Welt sei lächerlich, die anderen noch mehr und er selbst am allermeisten. Alles ist ihm gleichgültig. Seinen Entschluss, sich deshalb das Leben zu nehmen, stellt er nach einer sonderbaren Begegnung mit einem kleinen Mädchen und einem Traum, der ihm wieder die Augen für das Wesentliche öffnet, in Frage. Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr Musik | Deux Swing Dada Volker Wendland – einem breiteren Publikum bekannt durch sein Schlagzeugspiel bei „Die

Kassierer" – wird vor allen Dingen an seinem Erstinstrument, der Gitarre, in der Disziplin des Gypsyswing hoch gehandelt. Sein Hang zu obskurem und ominösem Humor findet in Gregor Hengesbach einen idealen Partner. Zusammen lassen die beiden eine humoreske Melange entstehen aus rasantem Swing mit charmant grotesken Zwischenfällen. Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr Musik | Max Prosa Max Prosa ist mit seinem neuen Album „Mit anderen Augen“ auf Tour. Der Berliner Singer-Songwriter zählt zur Spitze einer neuen Generation von Liedermachern, hat mehrere Alben und eine Buchveröffentlichung im Gepäck, ist Musiker, Lyriker und Theaterautor. Prosa schreibt intensive Lieder über Erinnerungen, Sehnsüchte und die Auseinandersetzung mit den Widersprüchen dieser Welt. Dampfgebläsehaus / Jahrhunderthalle Bochum, Bochum, 20 Uhr

FR 18 | 10 | 19 Festival | Internationales Festival des Fahrrad-Films Das International Cycling Film Festival stellt das Fahrrad in den Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung. Das Rad wird als ökologisch sinnvolles Verkehrsmittel gezeigt. Daneben öffnet das Festival den Blick dafür, dass das Rad mehr sein kann: Sportgerät, Arbeitsplatz, Lebenseinstellung und Instrument der Befreiung. Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr (auch 19.10., 17 Uhr)

MI 23 | 10 | 19 Lesung | Andreas Weißert – „…ja, das möchte ich noch erleben…“ Seine Silvesterlesung ist Kult, doch wer nicht so lange warten möchte, kann den Schauspie-

ler Andreas Weißert jetzt schon mit einem besonderen Programm im Schauspiel Dortmund erleben. In der Lesung „…ja, das möchte ich noch erleben…“ widmet er sich dem bekannten Dichter Theodor Fontane. Weißert möchte die ganze Vielseitigkeit Fontanes zeigen und wird aus seinen Romanen und Balladen lesen, aber auch aus seinen Kritiken, Briefen und autobiographischen Texten. Studio im Schauspiel, Dortmund, 20 Uhr

DO 24 | 10 | 19 Comedy | Quichotte – „Die unerträgliche Leichtigkeit des Neins.“ Nein oder nicht nein? Das ist hier die Frage. Quichotte beschäftigt in seiner neuen Show die Schwierigkeit, sich in einer immer komplexer werdenden Welt klar zu positionieren. Dabei werden existenzielle Fragen aufgeworfen wie: „Bin ich gut genug?“, „Gibt es einfache Wahrheiten?“; „Habe ich eine klare Haltung?“ oder „Sind eigentlich noch Chiasamen da?“ Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

FR 25 | 10 – SA 26 | 10 | 19 VERLOSUNG Klangsphäre Ambientfestival 2019 Das Festival „Klangsphäre“ präsentiert internationale Größen der aktuellen elektronischen Musik unter der Sternenkuppel des Planetariums Bochum. Zur zweiten Ausgabe des außergewöhnlichen Events reisen u. a. Künstler aus Portugal, Belgien und Griechenland an. Headliner ist der Ambientproduzent Murcof aus Mexico, der seit fast 20 Jahren zu den Speerspitzen des Genres zählt. An zwei Abenden verspricht das Programm ein abwechslungsreiches Line-Up mit jeweils

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Tag der offenen Tür

12. Oktober 2019 | 10.30 - 16.30 Uhr Großer Herbstbasar mit Produkten aus der Werkstatt und Kunstgewerbe Gutes vom Grill und aus der Küche Marktplatz mit Gemüse, Säften, Honig, Essig und Ölen Aktionen für und mit Kindern

Kennen Sie uns schon?

Die Werkstätten Gottessegen stellen in Dortmund und Bochum Menschen mit Unterstützungsbedarf Arbeitsplätze zur Verfügung. Besuchen Sie uns und überzeugen Sie sich von der Qualität unserer Arbeit, den Produkten und Dienstleistungen. Wir empfehlen die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Werkstätten Gottessegen

Christopherus-Haus Werkstätten Gottessegen gGmbH · Kobbendelle 40 · 44229 Dortmund · Tel. 02 31 / 97 38-0 · www.werkstaetten-gottessegen.de 26


BODO-TIPP „Urbanatix“. Das Wort geht so geschmeidig und kraftvoll über die Lippen wie die Bewegungen der jungen KünstlerInnen, die in ihren Shows markanten Hip-Hop mit Akrobatik, Tanz, Biken und Musik- und Videokunst verbinden.

10 Jahre Urbanatix – „X“ 6. bis 17. November Jahrhunderthalle Bochum

Eigentlich war „Urbanatix“ im Jahr 2010 als einmaliges Projekt geplant: Junge KünstlerInnen erarbeiten, in der entwidmeten Bochumer Marienkirche, zusammen ein Programm für eine Bühnenshow in der Jahrhunderthalle. Spoiler: Es blieb nicht bei dem einen Mal.

Westfälischen Ärzteorchesters, Anna Lucia Struck (Junge Oper Dortmund) und Fidel Caro freuen. Des Weiteren gibt es eine Ausstellung von Mathias Schubert sowie einen Spieleparcours für Kinder. Eintritt frei, um eine Spende wird gebeten. Pauluskirche, Dortmund, 14 – 18 Uhr Anzeige

Heute gilt „Urbanatix“ als Kultveranstaltung und feiert im November sein zehnjähriges Jubiläum mit einer großen Geburtstagsshow in der Jahrhunderthalle. Publikumsliebling Rémi Martin als Spezialist für subtile Komik und poetische Bilder blickt mit den Gästen zurück auf zehn Jahre Bühnengeschichte und spürt mit dem Ensemble großen und kleinen Momenten von „Urbanatix“ nach. Infos unter www.urbanatix.de

drei Sets: Freitag: Stephan Mathieu, Hior Chronik, Stefan Gubatz; Samstag: Vitor Joaquim, Sky H1, Murcof. Planetarium, Bochum, jeweils 21 Uhr

FR 25 | 10 | 19 Ausstellung | Artists & Agents – Performancekunst und Geheimdienste Nach 1990 wurden viele Geheimdienstarchive der ehemaligen Ostblock-Länder für die wissenschaftliche Forschung geöffnet. Dadurch war es erstmals möglich, die Dokumentation von Kunst durch Spitzel und die Einflussnahme der Geheimdienste auf künstlerische Arbeiten zu untersuchen. Die Ausstellung will vor allem die Interaktion von Geheimdienstaktionen und Performancekunst zeigen, jener Kunstrichtung, vor der sich die totalitären Staaten Osteuropas am meisten fürchteten. Eintritt frei. Bis 22.3.20. www.hmkv.de HMKV im Dortmunder U, DO, 19 – 22 Uhr Ausstellungseröffnung | Human Impact – Sicherheit und Gesellschaft Welche äußeren Umstände beeinflussen unser Gefühl von Sicherheit und Unsicherheit? In einer medial durchformten Welt sind Fake und Lüge als Schwestern der Fotografie allgegenwärtig geworden. Und dennoch lässt sich Fotografie immer noch auf eine dokumentarische Haltung ein, die das Geschehene konservieren und/oder vor den Folgen warnen will. Die Ausstellung zeigt fotografische Arbeiten, von diesem dokumentarischen Ansatz bis hin zu einer seriell angelegten Paraphrase der Fotografiegeschichte. Bis 1.12. Künstlerhaus, Dortmund, 20 Uhr

LI V E DIE MIT Ö M O K 0.2019 AB 5.1

- MUSIK

SA 26 | 10 | 19 Tanz | Inhouse Monica Fotescu-Uta, ehemalige Primaballerina des Dortmunder Balletts, ist mit einem außergewöhnlichen Tanzabend zu Gast im Schauspiel Dortmund. Mit zahlreichen KünstlerInnen sowie Tanzgruppen aus Argentinien, Deutschland, Griechenland, Indonesien, Kolumbien, Korea, Rumänien, Spanien, Türkei, Peru und vielen weiteren Nationen hat die Profitänzerin nicht nur Neues erprobt, sondern einen eigenen Stil erfunden: „Inhouse“ verknüpft Elemente des Folkloretanzes ihrer Herkunftsländer mit modernen Tanzschritten und Theater. Schauspielhaus, Dortmund, 19.30 Uhr Musik | Hannes Weyland & Band „Irgendwo in uns glänzt pures Gold“ heißt es in der aktuellen Single der Hannes-Weyland-Band „Gold“. Und tatsächlich ist da ein neuer, gediegener Glanz. Denn nach ihrer EP „Fluchtwagen“ (2016) wagte die Band mit ihrem Werk „Gold“ den Sprung vom akustischen zum elektrischen Pop-Sound mit prominentem Synthie-Einsatz, verliert aber nicht den jazzigen Unterton. domicil, Dortmund, 20 Uhr

SO 27 | 10 | 19 Fest | Jahresfest des Ambulanten Kinderund Jugendhospizdienstes Löwenzahn Löwenzahn feiert sein einjähriges Bestehen in der Pauluskirche mit einem vielfältigen Kulturprogramm. Die BesucherInnen dürfen sich auf eine Weltpremiere des Lippisch27


KALENDER

BODO-TIPP Alle zwei Jahre lädt der Dortmunder Kunstverein aufstrebende KünstlerInnen ein, um ihre Arbeiten vorzustellen, sich zu vernetzen und weiterzuentwickeln. Damit ist das „Emerging Artists“-Festival für zeitgenössische Kunst Präsentations- und Lernort zugleich.

MI 30 | 10 | 19 Lesung | Manfred Flügge – „Stadt ohne Seele“ Der „Anschluss“ Österreichs durch die Nazis im März 1938 und ihr Einmarsch in Wien waren ein traumatischer Wendepunkt in der europäischen Geschichte. Anschaulich und detailreich erzählt Manfred Flügge vom tragischen Irrtum Kurt Schuschniggs und dem Versagen der Weltöffentlichkeit. In einem Wechsel von historischer Darstellung und beispielhaften Lebenserzählungen von Akteuren und Opfern, unter ihnen Sigmund Freud, Egon Friedell, Robert Musil, Franz Werfel, entsteht ein Roman, der zum vielfältigen Schicksalspanorama wird. Eintritt frei. Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Dortmund, 19 Uhr

FR 01 | 11 | 19 Musik | Fatoni Bei Fatoni ist’s alles ein bisschen anders. Vor ein paar Jahren glaubte er selbst nicht mehr an eine Musikkarriere. Dann wurde er Deutschraps schärfster Beobachter, mit schelmischem Humor und zynischem Zeigefinger. Und nun, wo es drauf ankommt, auf dem vorläufigen Hoch seiner Karriere, tritt er mit „Andorra“ die Flucht nach vorn an: Fatoni erzählt zum ersten Mal so richtig von sich selbst. Die schönsten Geschichten schreibt das Leben, so sagt man. Die zweitschönsten schreibt Anton „Fatoni“ Schneider, und zwar dann, wenn er aus seinem Leben erzählt. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

Emerging Artists Festival für zeitgenössische Kunst bis 17. November UZWEI Dortmunder U Dortmund

Infos unter www.emerging-artists.com

SA 02 | 11 | 19 VERLOSUNG Das Reich der Tiere Seit Jahren stehen fünf Schauspielerinnen und Schauspieler in einem Tier-Musical auf der Bühne. Als Löwe oder Zebra, Marabu, Antilope oder Ginsterkatze erzählen sie Abend für Abend, wie der Löwe mit List dem gutmütigen Zebra die Herrschaft entreißt. Jetzt soll die Show abgesetzt werden. Ob die SchauspielerInnen ein Folgeengagement an ihrem Theater bekommen, ist mehr als ungewiss. Klug und auf pointierte Weise amüsant verbindet Roland

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Kunstförderung

Wissenschaft

Denkmalschutz

Jugendsport

Soziales & Bildung

Werner Richard - Dr. Carl Dörken Stiftung Herdecke

28.09.19 - 26.01.20 | MALEREI # 2019 | Werke aus dem Studiengang Kunst der Uni Siegen 27.10.2019 | Meister von Morgen | Ivan Karizna, Julia Okruashvili / Violoncello, Klavier Dr. Carl Dörken Galerie der Werner Richard - Dr. Carl Dörken Stiftung | Infos, Tickets & Öffnungszeiten: s. Website

Wetterstraße 60 · 58313 Herdecke · www.doerken-stiftung.de 28

Schimmelpfennig die Metapher des Scheiterns und des Selbstverlusts mit der Fabel vom Untergang einer gerechten Herrschaft. Schauspielhaus, Dortmund, 19.30 Uhr Kabarett | Dittsche Olli Dittrich verlegt erstmals seine Paraderolle dorthin zurück, wo sie 1991 begann: auf die Bühne. Dittsche im Bademantel, mit Oberhemd, Jogginghose und Schumiletten, eine Flasche Bier in der Hand, eine Alditüte mit Leergut dabei. Der Saal wird zur Muggelbude, wenn Dittsche anderthalb Stunden allein am Mikrofon steht und von Ingo, Kröti, den Kargers oder Giovanni erzählt, von Kim Jong-un, Putin, Donald Trump oder Olli Kahn. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

MI 06 | 11 | 19

Anzeige Musikförderung

Bis zum 17. November zeigen zehn Kunstschaffende – Malerinnen, Installationskünstler, Szenografinnen, Bildhauerinnen – ihre Arbeit im Dortmunder U; Führungen, Künstlergespräche und Vorträge begleiten das Festival. Dabei geht es darum, für das fit zu machen, was zum Traum als KünstlerIn auch dazugehört: finanzielle Sicherheit als Selbstständige, der Verkaufswert des eigenen Schaffens zum Beispiel. So gibt es Gespräche und Workshops zur Frage nach „Selbstvermarktung als Tabu oder zeitgenössischer Notwendigkeit“ (5.10., Rekorder II), um Fördertöpfe (11.10., UZWEI) oder „KünstlerIn sein im Kapitalismus“ (15.11., Rekorder II).

Lesung | Frank Goosen – „Kein Wunder“ „Kein Wunder“ ist eine Komödie über die Zeit, in der es mehr Deutschlands gab, als man brauchte. 1989 – „Fränge“ Dahlbusch, Anfang zwanzig, lebt in Berlin und genießt das Leben in vollen Zügen. Freundinnen hat er gleich zwei: Marta im Westen und Rosa im Osten. Natürlich wissen beide nichts voneinander. Und Fränge möchte auch, dass das so bleibt. Er ist also nicht unbedingt scharf auf eine Veränderung der politischen Verhältnisse. Werkstadt, Witten, 20 Uhr

DO 07 | 11 | 19 Fußball | Ben Redelings trifft Fußball-Legenden Nach der ausverkauften Premiere auf der Lit. Cologne 2019 kommt das Trio nun auch nach Bochum. Uli Borowka, den man mit Fug und


KINO-TIPP

Recht einen der härtesten Kicker aller Zeiten nennen darf. Manni Breuckmann, dessen Radioreportagen und Sprüche Millionen begeisterte. Gastgeber Ben Redelings freut sich auf einen stimmungsvollen Abend mit zwei echten Legenden des Fußballs. Riff, Bochum, 19.30 Uhr Literatur & Musik | „It ain’t me, Babe …“ – Bob Dylan??? Ein Abend mit Bob Dylan, an welchem der Protagonist naturgemäß mal wieder nicht persönlich, jedoch ideell anwesend sein wird, und zwar in Gestalt der beiden Dortmunder Künstler Hannes Sänger (Musik & Gesang) und Oscar Borkowsky (Rezitation), und das in Form von Songs, Gedichten und diversen Spielszenen zur Biografie des Sängers und Dichters. Wer dieser Bob Dylan ist? Der Titel des Programms liefert einen Hinweis darauf, wer er einmal war und vielleicht auch nicht mehr ist. Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

FR 08 | 11 | 19 Musik | Götz Widmann Götz Widmann ist ein Liedermacher, der lieber den Mittelfinger als den Zeigefinger erhebt. Exemplare dieser Gattung sind ausgesprochen selten, was einen Abend mit dem Punk unter den Songpoeten zu einem Erlebnis macht. Es ist hochgradig amüsant, manchmal schockierend, immer aber erfrischend, einem unabhängigen Geist zu lauschen, der gegen Maulkörbe allergisch ist, sich vor keinen politischen Karren spannen lässt und Denkverbote mit seinem Witz einfach beiseite fegt. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

SA 09 | 11 | 19 VERLOSUNG Tom Gaebel – November Swing Seit Tom Gaebel 2005 sein Debütalbum „Introducing: Myself“ veröffentlicht hat, ist der Mann mit der unnachahmlichen Stimme aus der Musikszene nicht mehr wegzudenken. Leidenschaftlich verbindet er knackige Big-Band-Sounds mit der mitreißenden Leichtigkeit des Easy Listening. Ob nachdenklich-feines Crooning oder große, theatralische Freddie-Mercury-Geste, ob James-Bond-Anklänge, ob Elvis-Imitation – dieser Tom Gaebel hat all seine Lektionen gelernt und brilliert als Sänger und Entertainer. Gemeinsam mit dem WDR Funkhausorchester bringt er den November zum Swingen. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

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SO 10 | 11 | 19 Musik | Maryam Akhondy’s Paaz Maryam Akhondy ist eine der weltweit bekanntesten iranischen Sängerinnen. Auch wenn die gesungenen Texte persische sind, die Musik von „Paaz“ klingt international, groovt jazzig und schillert in unterschiedlichsten welt-musikalischen Klangfarben. Maryam Akhondy hat für dieses Projekt vier hochtalentierte, junge Instrumentalisten verpflichtet. Sie gießen bekannte persische Melodien in eine frische musikalische Form mit Bezügen zur Heimat der beteiligten Musiker. Dr. Carl Dörken Stiftung, Herdecke, 19 Uhr

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WALDSCHUTZ IST KLIMASCHUTZ

ERST STIRBT DER WALD, DANN STIRBT DER MENSCH!

sweetSixteen-Kino | NEVRLAND Der 17-jährige Jakob wohnt mit seinem Vater und dem Großvater in einer kleinen Wohnung in Wien. Neben dem Studibodo um jobbt er als Aushilfe verlost im Schlachthof, in dem 1x2 Karten auch sein Vater arbeitet. Jakob will nichts weiter, als sich lebendig fühlen, doch eine zunehmende Angststörung macht ihm das Leben immer schwerer. Eines Nachts lernt er in einem Sex-CamChat den 26-jährigen Künstler Kristjan kennen. Aus dem Gespräch entwickelt sich eine virtuelle Freundschaft, und auch in der realen Welt kreuzen sich ihre Wege, ohne dass es zu einer richtigen Begegnung kommt. Nach einem schweren Schicksalsschlag nimmt Jakob allen Mut zusammen und verabredet sich mit dem mysteriösen Fremden. Als die beiden sich in Kristjans Wohnung treffen, hat Jakobs Reise nach Nevrland und zu den Wunden seiner Seele längst begonnen. „Nevrland war eine Möglichkeit, mich auch auf eine künstlerische Art mit dem Thema Angst zu beschäftigen und zugleich mit dem Thema der Selbstwerdung“, sagt Regisseur Gregor Schmidinger, der selbst in der Vergangenheit von Angststörungen betroffen war. Bildgewaltig und atmosphärisch dicht zeigt er in seinem ersten Langfilm den Prozess des sexuellen Erwachens und der Selbstfindung als existenziellen Trip, in dem die Grenzen zwischen Realität und Fantasie immer mehr verwischen. Neben Newcomer Simon Frühwirth glänzt der österreichische StarKabarettist und Schauspieler Josef Hader als Jakobs stoischer Vater. Bundesstart am 15. Oktober, alle weiteren Termine unter www.sweetsixteen-kino.de

MEHR INFOS UNTER: GRUENE-DO.DE

sweetSixteen-Kino Immermannstr. 29, 44147 Dortmund www.sweetsixteen-kino.de

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BODO GEHT AUS

[....] raum Wiesenstraße 25 58452 Witten

[...] raum Kultur, Arbeit, Café

Eigentlich steht das gastronomische Witten ja für gutbürgerliche Schnitzel, ein paar italienische Restaurants und Dönerbuden. Doch besonders im Wiesenviertel ändert sich gerade viel. Neben der uralten Milieukneipe Klimbim sind dort jetzt auch die Begegnungsstätte local., ein Repaircafé, der Unverpacktladen Füllbar und der […] raum zu finden. Die drei Freunde Alex, Jan und Frederik haben das vielseitige Café im Spätsommer 2014 gegründet. Alex blickt zurück: „Wir drei waren an einem Punkt angekommen, an dem wir was Neues gesucht haben. Ich und Jan hatten damals unseren Job gekündigt, Frederik hatte seine Bachelor-Arbeit an der Uni fertig, und es stand im Raum, ob wir hier bleiben oder woanders hingehen.“ Mittlerweile haben sie eine Crew aus insgesamt 17 Leuten um sich. „Wir waren vorher nie Chefs“, sagt Alex – „im Team wird alles relativ fair entschieden. Es gibt immer wieder Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen. Das ist eine schöne Entwicklung.“ Der Laden ist vielseitig, gemütlich und stylisch, zugleich Café, Arbeits- und Kulturort und dank W-Lan eine beliebte Anlaufstelle für Freaks, Studenten und Freiberufler.

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Von Peter Hesse Fotos: Daniel Sadrowski Die Räume sind groß und luftig. Es gibt einen abgetrennten Glaskasten, in dem man konzentriert arbeiten kann – und draußen einen wunderschönen Biergarten, in dem man sich ein bisschen wie im Hamburger Schanzenviertel fühlt. „Es gibt ja eine Privat-Uni hier in Witten, von dort kommen viele Studenten zu uns. Aber unser Publikum ist mit den Jahren viel diverser und offener geworden“, erklärt Alex. Seit 2017 gibt es Musikveranstaltungen im Laden. „Wir haben das gekoppelt mit antirassistischen und queer-feministischen

Themen, und dadurch haben uns noch mal ganz andere Leute wahrgenommen.“ Jeder kann hier einfach Gast sein: „Man muss nichts verzehren, wir wollen einfach ein offener Ort sein, wo auch Obdachlose hinkommen können. Zu unseren Stammgästen gehören auch ein paar Leute mit Psychosen“, sagt Alex und bestätigt, dass jeder, der keinen Ärger vom Zaun bricht, hier willkommen ist. Auf der Karte stehen täglich wechselnde Kuchen und Torten. Im Oktober feiert der […] raum seinen fünften Geburtstag.


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Feigenkuchen

Einfach nah.

Der Boden ist ein klassischer Mürbeteig aus Mehl, Butter, Ei und Zucker, der in einem Verhältnis von 4 zu 2 zu 1 hergestellt wird: 300 g Mehl, 150 g Butter, 75 g Zucker. Kalte Butter und Zucker mit dem Knethaken verrühren, dann Mehl und zum Schluss ein Ei dazugeben. Den fertigen Teig mindestens eine halbe Stunde in den Kühlschrank stellen, bis er weiterverarbeitet wird. Den Teig in einer Backform als Boden ausrollen. Darauf kommt eine Quarkmasse mit Rosmarin, Rosmarinsirup und Feigen. „Zu den süßen Feigen wollte ich einen herben Kontrast addieren und bin auf Rosmarin gekommen“, sagt Frederik, der häufig für das Backen zuständig ist. Der Feigenkuchen kommt eine knappe halbe Stunde bei mittlerer Hitze in den Ofen. Die Zutaten bestellt die Küchen-Crew bei einem Bio-Großhändler. „Immer wenn ich eine Bestellung dort aufgebe, schaue ich, welche saisonalen Produkte gerade erhältlich sind“, so Frederik, „meist haben wir auch eine vegane Variante im Angebot, damit alle zufrieden sind.“

Energie für eine ganze Region

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Entdecken Sie sich selbst! Mit über 1.800 Veranstaltungen bietet die VHS Dortmund wieder ein abwechslungsreiches Programm:

Elementarbildung, Mathematik und Schulabschlüsse Beruf und Wirtschaft Sprachen und interkulturelle Bildung Politik, Gesellschaft und Ökologie Kunst, Kultur und Kreativität Psychologie und Pädagogik Gesundheit VHS.nach Maß Es erwarten Sie Kurse und Seminare, Workshops und Exkursionen, interessante Vorträge und vieles mehr ...

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REPORTAGE

Tropennächte und Jahrhundertregen

Jährliche Anzahl an Tropennächten für die Jahre 2021 – 2050

bis 3 über 3 bis 6 über 6 bis 12 über 12 bis 15 über 15 bis 18 über 18 bis 21 über 21 bis 24 über 24 bis 27 über 27 bis 30

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Die statistische Häufung extremer Wetterphänomene trifft Großstädte in besonderem Maße. Wie werden sich Städte wie Bochum und Dortmund in den kommenden Jahren verändern und wie versuchen sie, die Folgen des Klimawandels für ihre BewohnerInnen abzumildern? Von Jule Lümmen | Fotos: Reuters / Fabrizio Bensch, Thilo Schmuelgen | Karten: Regionalverband Ruhr

Das gegenwärtige Entsetzen über die sichtbaren Auswirkungen der rasanten Erwärmung der Atmosphäre und der Ozeane lässt leicht vergessen, dass der menschengemachte Klimawandel bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts wissenschaftlich erforscht wird. Spätestens seit der ersten Weltklimakonferenz 1979 steht er auch auf der politischen Agenda, seit Anfang der 1990er Jahre betreiben die Städte Bochum und Dortmund konkrete Klimaschutzpolitik. In der Wissenschaft gibt es wenig Diskussionsbedarf über Existenz und Dimension, stattdessen wird weiter geforscht – zu den wachsenden Dynamiken etwa, aber auch anwendungsbezogen zur Klimafolgenanpassung.

10 Grad wärmer als im Ruhrtal

Bereits vor mehr als einem Jahrzehnt, im Dezember 2008, beschloss das Bundeskabinett die „deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ und benannte Handlungsfelder von menschlicher Gesundheit über Bauwesen, Industrie und Verkehr bis zu Land- und Forstwirtschaft und biologischer Vielfalt. Sie rückte bereits die Großstädte in den Fokus. Eine aktuelle Studie der ETH Zürich zeigt die Dimension der Klimafolgen auf: eine massive Erwärmung des Stadtklimas in europäischen Metropolen bis 2050.

Nächte mit Temperaturen über 20 Grad waren zwischen 1961 und 1990 eine Seltenheit, zeigen die Klimakarten des RVR. Nicht mehr als drei gab es in der Dortmunder Innenstadt pro Jahr. Für den Zeitraum von 2021 bis 2050 rechnen die Forscher mit 27 bis 30 solcher Tropennächte, die Meteorologen „Tn20GT“ nennen, jährlich. Diese Zunahme sei mit konkreten Gesundheitsrisiken verbunden, betont Dr. Andreas Rienow, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Geomatik des Geographischen Instituts der Ruhr-Universität Bochum. „Besonders für vulnerable Gruppen, also kleine Kinder unter vier Jahren und ältere Menschen ab Mitte 60, sind sie eine schwere Belastung.“

Auch im Ruhrgebiet als stark verdichtetem und dicht besiedeltem Raum sorgt der Stadtklimaeffekt bereits heute für drastische Temperaturzunahmen im Sommer. „Der hohe Anteil versiegelter Flächen speichert Wärme und gibt sie als Strahlungswärme in den Nächten wieder ab“, erklärt Professor Stefan Greiving, der das Institut für Raumplanung an der TU Dortmund leitet und zur Klimafolgenanpassung forscht. „Dieser Hitzeinseleffekt kann zu acht bis zehn Grand höheren Nachttemperaturen gegenüber dem ländlichen Umland führen.“

In Tropennächten sinkt die Tages-Minimumtemperatur zwischen 19 und 7 Uhr nicht unter 20 Grad. Tropennächte treten meistens während Hitzewellen auf, d.h. an mehreren heißen Tagen hintereinander. Für dicht besiedelte Gebiete von Bochum und Dortmund werden 27 bis 30 Tropennächte jährlich prognostiziert.

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REPORTAGE

Eine zweite Primärfolge, sagt Stefan Greiving, sei eine Veränderung in den Niederschlägen. Die Zunahme „konvektiver Ereignisse“, Wetterlagen, in denen feuchte und warme Luft schnell aufsteigt und zu Gewittern mit Starkregen führen kann, stellt die Städte vor große Probleme. Die Auswirkungen und die Schäden durch Überschwemmungen sind dabei vor allem durch den Grad der Oberflächenversieglung beeinflusst. „Von diesen veränderten Temperaturen und Niederschlägen gehen weitere Auswirkungen zweiter und dritter Ordnung aus, auf Wasserangebot, Lebensqualität, Biodiversität“, so Stefan Greiving. Wetterlagen im Sommer mit wenig Niederschlägen, und wenn, dann mit Starkregen, hätten in den beiden vergangenen Jahren zu erheblichen Belastungen der Vegetation geführt, mit zum Teil komplexen Wechselwirkungen. „Man muss davon ausgehen, dass längerfristig die meisten jetzt als heimisch bekannten Spezies nicht mehr hier heimisch sein werden.“

Auch die Emschergenossenschaft und der RVR sind aktiv, zum Beispiel in der Vernetzung der Kommunen. Auch Andreas Rienow sieht die Handlungsbereitschaft in den Stadtverwaltungen: „Viele Kommunen haben nicht nur Klimaschutz, sondern auch Klimaanpassung im Sinn – weil es leider auch schon sehr spät ist, eigentlich zu spät.“

Das Kind im Brunnen

Umweltgerechtigkeit

Eine ganze Reihe von Maßnahmen kann helfen, den „First-Order Impacts“, den direkten Folgen des Klimawandels in den Städten – veränderte Niederschläge und steigende Temperaturen – zu begegnen. Für die Gesamtstadt sind es Luftschneisen und Grünzüge, die beide Folgen abmildern können. Andreas Rienow, der im Bochumer Projekt KlimNet anhand von aus Satellitenbildern abgeleiteten Daten zur Flächenversiegelung Möglichkeiten zur Gestaltung einer nachhaltigen Klimalandschaft erforscht, sagt: „Wir müssen versuchen, grüne Flächen, die wichtig sind für Kaltluftentstehung und Versickerung, nicht zu versiegeln.“ Dabei sei wichtig herauszufinden, welche Flächen klimarelevant sind. Gerade im Ruhrgebiet gebe es einen „Schatz an Konversionsflächen“, sagt Rienow; viele frühere Industrieflächen könnten heute ohne weitere Versiegelung anderweitig genutzt werden.

Auch wenn der Wille zum Handeln da ist, stehen die Kommunen vor zum Teil erheblichen Zielkonflikten. Der Wohnraummangel ist ein Beispiel. Urbanisierung und Flächenverbrauch führen dazu, dass die Überwärmung der Städte sich weiter verstärkt. „Das berechtigte Interesse nach bezahlbarem Wohnraum und nach dem Recht auf Wohnen in der Stadt steht eben auch den berechtigten Interessen derjenigen entgegen, die schon in Städten wohnen und sich vor zusätzlichen Belastungen

In den Stadtvierteln reduzieren Grünflächen, Dach- und Fassadenbegrünung signifikant die Wärmeabstrahlung der Gebäude und binden CO 2 . Dortmund etwa hat im vergangenen Jahr die Dachbegrünung für Neubauten und -bedachungen verpflichtend gemacht, auch in Bochum gilt das künftig für Neu- und Umbauten in bestimmten Hitzeregionen der Stadt. Gleichzeitig kühlen in das Stadtbild integrierte Gewässer das Viertel. „Es gibt innovative Konzepte wie das der Schwammstadt“, erklärt Andreas Rienow. „Dabei werden teildurchlässige Materialien genutzt, um Niederschlagswasser zwischenzuspeichern, statt es direkt über die Kanalisation abzuleiten.“ „Vor allem in den größeren Städten ist die Relevanz der Thematik in den letzten Jahren zunehmend bewusst geworden“, sagt Stefan Greiving. „Die Stadt Dortmund hat gemeinsam mit uns ein Pilotprojekt zur Klimafolgenanpassung für den Stadtbezirk Hörde durchgeführt, dessen Erkenntnisse zurzeit auf die Gesamtstadt übertragen werden.“ Seit Kurzem gibt es eine Starkregengefahrenkarte, auf der für jeden Ort verzeichnet ist, wie hoch

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das Überschwemmungsrisiko bei Starkregen ist. Das spielt eine Rolle, wenn Kanäle gebaut oder Häuser errichtet werden oder wenn die Stadt entscheiden muss, wo Notwasserwege oder Rückhaltebecken gebaut werden, damit Wasser bei Starkregen besser abfließt. Bochum hat ein Konzept zur Klimaanpassung entwickelt und, modellhaft am neu entstehenden Wohngebiet Ostpark, untersucht, wie sich städtebauliche Maßnahmen wie Grünflächen, wasserdurchlässige Gehwege, hitze- und regenresistente Bäume, kühlende Stadtseen und Überflutungsschutz in Wohngebieten und urbanen Räumen umsetzen lassen.


schützen möchten.“ Stefan Greiving betont, dass Klimaschutz ebenso wie Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung nicht getrennt von sozialen Fragen betrachtet werden dürfen. Verkehr, Energie und Konsum aus Klimaschutzgründen einfach zu verteuern, treffe diejenigen Haushalte mit geringen frei verfügbaren Einkommen übermäßig viel härter. Das Gleiche gelte für den Bereich Klimafolgenanpassung, sagt der Dortmunder Forscher. „Diejenigen, die ohnehin in Quartieren wohnen, die multiplen Umweltbelastungen ausgesetzt sind, sind auch überproportional betrof-

fen von Klimafolgen wie zunehmender Überwärmung. Und sie wohnen häufig in Gebäudebeständen, die nicht gedämmt sind und nicht über Außenbeschattung, Rollläden oder gar Klimatisierung verfügen.“ Wer arm ist, den trifft auch der Klimawandel härter. Und: Der Klimawandel verstärkt soziale Ungleichheit. „Die Herausforderung ist das, was man im Englischen als ,environmental justice‘ bezeichnet: Umweltgerechtigkeit“, sagt Greiving. „Wir müssen die Perspektive der sozial-ökologischen Gerechtigkeit einnehmen: Kann Klimaanpassung ungewollt bestehende Ungleichheiten verstärken?“

bis 5 über 5 bis 10 über 10 bis 15

Jährliche Anzahl an heißen Tagen für die Jahre 2021 – 2050

über 15 bis 20 über 20 bis 25 über 25 bis 30

Bei einem Tages-Maximum der Lufttempe-

über 30 bis 35

ratur von ≥ 30 Grad handelt es sich um einen

über 35 bis 40 über 40

„heißen Tag“ oder „Hitzetag“. Für Teile von Bochum und Dortmund werden über 40 solcher Hitzetage jährlich angenommen.

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INTERVIEW

Die Journalistin Diana Ringelsiep und der Musikmanager Felix Bundschuh sind dort hingegangen, wo Subkultur noch echte Rebellion bedeutet. Auf ihrer Reise quer durch Südostasien sind die gebürtige Bochumerin und ihr Kollege, der zuvor viele Jahre in Dortmund gearbeitet hat, der Frage nachgegangen, welches Lebensgefühl junge Menschen verschiedener UntergrundJugendkulturen weltweit miteinander verbindet. Nach der Reise haben die beiden ein Buch geschrieben, einen Film gemacht und eine CDCompilation herausgebracht. Wir haben die beiden in Essen getroffen – wo sie inzwischen leben und arbeiten – und zu ihren Erlebnissen befragt. 36


A Global Mess

Eine Reise zu den Abenteuern Von Peter Hesse | Fotos: A Global Mess Ihr wart mehrere Monate in Südostasien unterwegs. Habt ihr die Reise als Gegengift zum Alltag gebraucht oder als eine Art Burn-Out-Prophylaxe? Diana Ringelsiep: Wir befanden uns vor der Reise beide in Jobs, in denen wir sehr gut funktionierten – was natürlich auch immer mit viel Druck verbunden war. Schließlich kamen wir an einen Punkt, an dem wir mal wieder etwas mit mehr Herzblut machen wollten, denn wir arbeiteten bereits lange genug vorgegebene Themen ab, die auf unseren Schreibtischen landeten. Sicher, unsere Arbeit hat uns Spaß gemacht, aber wir waren auf der Suche nach mehr Freiheit; wir wollten an kreativen Prozessen beteiligt sein und selbst entscheiden, wo die Reise hingehen soll.

konkreter wurde, probierten wir einfach unser Glück. Danach ging alles sehr schnell. Der Verlag fand unsere Idee gut, und im Anschluss haben wir ihnen vier Probe-Kapitel geschickt. So ging es immer weiter, bis das Buch diesen Sommer erschienen ist. Zeit zum Durchatmen hatten wir nicht. Als wir vor rund einem Jahr von der Reise zurückkamen, haben wir bereits 24 Stunden später bei Felix im Wohnzimmer gesessen und einen Plan für die nächsten Schritte erarbeitet. Anders wäre es nicht gegangen. Ingo Knollmann ist nicht nur Sänger der Band Donots, er hat für euer Buch auch zahlreiche Karikaturen gezeichnet. Wie kam der Kontakt zustande? Diana: Ich habe Ingo und seine Bandkollegen in den vergangenen sechs Jahren mehrfach interviewt, seitdem besteht ein loser Facebook-Kontakt. Als wir mitbekommen haben, dass der Sänger auch so genial zeichnen kann, haben wir beschlossen, ihn einfach zu fragen. Und so kam es dann. Was ist in Südostasien komplett anders als bei uns? Felix: Es gibt dort eine große Punk-Szene, die sehr offen und durchlässig ist. Auf den Philippinen wird zum Beispiel kein Unterschied gemacht, ob du ein Metaller bist oder meinetwegen ein Hip-Hopper. Dort sind alle in denselben Netzwerken unterwegs, gehen auf die gleichen Konzerte und denken nicht so sehr in Schubladen. Außerdem spielen auf den Konzerten extrem viele Bands, meistens sind es sechs oder mehr.

Felix Bundschuh: „A Global Mess“ ist für uns das erste Job-Projekt gewesen, bei dem wir nicht für eine Firma oder einen Auftraggeber gearbeitet haben, sondern quasi selbst zur „Firma“ wurden. Die damit verbundene Freiheit eröffnete uns vollkommen neue Möglichkeiten. War von Anfang an klar, dass ein Buch, ein Film und ein Vinyl-Sampler dabei herauskommen? Diana: Es bestand bereits ein loser Kontakt zum Ventil Verlag, und als die „A Global Mess“-Idee

Im Punkrock-Kontext steht neben der soziokulturellen und der politischen Komponente auch immer der Do-it-Yourself-Gedanke im Fokus. Kann man sagen, dass in Südostasien die Leute diesen Gedanken intensiver verfolgen als in Mitteleuropa? Felix: Definitiv! Die Bereitschaft, Dinge selbst anzufassen und Lösungen zu finden, ist dort sehr viel höher als bei uns. In der hiesigen Szene stehen Bands häufig vor gefühlten Hürden. Hier und da fehlt dann immer etwas und die Leute sehen Probleme: „Das geht ja nicht, so kann man das nicht machen.“ In Südostasien herrscht viel eher der Spirit: „Scheiß drauf, wir machen das jetzt so.“ Auf den Philippinen habe ich ein Konzert mit sieben Bands gesehen, die alle über dieselbe Gitarre gespielt haben. Es gab auch keinen Mikrofonständer, den haben sie sich einfach aus einem Besenstiel und einem Stuhl gebastelt.

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INTERVIEW

Das klingt sehr abenteuerlich. Im Buch kommen ja auch einige Situationen vor, in denen es ziemlich gefährlich für euch geworden ist… Diana: Ja, das stimmt. Richtig bedrohlich wurde es in Bangkok, als uns ein Tuk-Tuk-Fahrer heimlich ein Päckchen mit Kokain zugesteckt hat und dann das Geld dafür verlangte. Doch da hatte er die Rechnung ohne Felix gemacht, denn anstatt zu bezahlen, hat er die Drogen einfach von der Brücke, auf der wir standen, auf eine vierspurige Autobahn heruntergeworfen. In dem Moment hatte ich wirklich große Angst und bin um mein Leben gerannt. Aber am Ende sind wir zum Glück mit einem Schrecken davongekommen. Interessant ist jedoch, dass uns das in einer klassischen Touristen-Situation passiert ist – und nicht im vermeintlich gefährlichen Underground. Aktuell steht Hongkong mit politischen Unruhen im Fokus der Medien. Felix, was waren deine Eindrücke vor Ort? Felix: Hongkong wird in unserem Buch nur kurz angeschnitten, weil ich nicht sehr lange dort war. Aber ich habe mich damals mit Riz getroffen, der das OnlineMusikmagazin uniteasia.org verwaltet. Er ist politisch sehr engagiert und teilt seine Eindrücke fast täglich auf seinem persönlichen Facebook-Account. Riz

Diana Ringelsiep, Felix Bundschuh A Global Mess. Eine SubkulTOUR durch Südostasien. ISBN: 978-3-95575-112 Ventil | 280 S. | 27 Euro

befindet sich genau in der Mitte zwischen Szene und Bürgertum. Er ist Familienvater und Lehrer. Ich habe ihn als einen sehr lieben und pazifistischen Menschen kennengelernt, aber durch seine Postings merke ich gerade, dass selbst bei ihm die Stimmung kippt. Er ist wütend, und durch seine öffentliche Meinungsäußerung erfahre ich gelegentlich Details, die es nicht in die Medien schaffen. Hongkong ist eine sehr schöne Stadt, und es ist wirklich schlimm, was dort gerade passiert. Welche kulturellen Unterschiede sind euch besonders im Gedächtnis geblieben? Felix: In Südostasien gibt es zwar große politische Probleme, aber die Leute kämpfen dagegen an. Es gibt eine Jugend, die etwas verändern will und die bereit ist, die Dinge anzupacken. Auf unserem „A Global Mess“-Vinyl-Sampler sind einige Bands zu hören, deren Songs zu Hause im Schlafzimmer aufgenommen worden sind. Bei uns würde man wahrscheinlich erst mal ein teures Studio buchen, obwohl es total unnötig ist. Aber aus irgendeinem Grund haben hier alle Angst, etwas zu verlieren. Diana: In Malaysia haben wir eine junge Frau namens Syahida kennengelernt, die verhaftet worden ist, weil sie in einer Wohngemeinschaft mit männlichen Mitbewohnern lebte. Malaysia ist streng muslimisch, und es gelten die Gesetze der Scharia. Frauen und Männer dürfen nur zusammenwohnen, wenn sie verheiratet sind. Das sind Dinge, die man vielleicht schon mal irgendwo aufgeschnappt hat. Doch es ist etwas anderes, einer gleichgesinnten und gleichaltrigen Person in die Augen zu schauen, wenn sie von solchen Erfahrungen berichtet. Das macht etwas mit einem. Seit unserer Rückkehr nehme ich Meldungen über Südostasien daher auch weniger distanziert wahr als vorher.

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Ben Furman

Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben Schwierige Bedingungen in der Kindheit führen nicht unweigerlich zu einem unglücklichen, gefährdeten Erwachsenenleben. Furman lässt eine große Zahl von Betroffenen selbst zu Wort kommen, die einen schwierigen Start ins Leben hatten und trotzdem, oder gerade deshalb ein gelungenes Leben führen konnten. Hier geht es nicht darum, die Wahrheit zu schönen oder zu verbiegen und uns selbst zu belügen, damit wir die traurige Vergangenheit in rosarotem Licht sehen! Wir sollen auch nicht so tun, als hätten wir eine glückliche Kindheit gehabt, wenn es nicht so war. Aber tief in ihrem Herzen wissen die Menschen oft, was ihnen helfen könnte, und schaffen es trotz widriger Umstände glücklich zu werden. Das Buch will Mut machen, auf die innere Stimme zu hören. LeserInnenstimmen: „Ein tolles und berührendes Buch” • „Spitze! Ich habe es in kürzester Zeit ,verschlungen’! Es hat mich sehr berührt und bewegt mich noch!”• „Dieses Buch ist sehr interessant. Ich habe es in zwei Tagen ausgelesen. Es trifft meine Vergangenheit und auch meine Zukunft, und ist hilfreich für meinen Sohn, der gerade 4 ½ Jahre alt ist. DANKE!” vml

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BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Abgesang Stefan Laurin schwingt die journalistische Axt auf seinem Blog Ruhrbarone und hat es damit auf eine beachtliche Feindesliste gebracht. Die beeindruckende Kampagnenfähigkeit des Blogs durfte im September (abermals) die Stadt Dortmund erleben, die nach Intervention der Ruhrbarone den angesehenen Nelly-Sachs-Literaturpreis dieses Jahr nicht verleiht. Die Unerbittlichkeit des Bloggers täuscht oft darüber hinweg, dass der Journalist Laurin nicht nur seinen Job versteht, sondern auch einer der profunden Kenner des Ruhrgebiets, seiner Gremien, Verwaltungen und Vorstandsetagen ist. Anders als der Titel samt Oli-HilbringKarikatur nahelegt, sind die knapp 100 Seiten ein ernsthafter, gar nicht besonders bösartiger Essay über die ausgelassenen Chancen einer Region, die sich entschieden hat, keine geeinte Ruhrstadt zu sein, statt neuer oder alter Industrien Versorgungsansprüche zu kultivieren und die Zukunft in der Inszenierung der Vergangenheit zu suchen. Gut, das hebt nicht gerade die Laune – „Stimmungskiller“ heißt passend das Schlusskapitel vor dem ebenfalls kaum euphorischen Ausblick. Erhellend und erstaunlich unterhaltsam ist diese kleine Geschichte der Ruhrgebiets-Fehlentwicklungen trotzdem. Stefan Laurin | Versemmelt. Das Ruhrgebiet ist am Ende ISBN: 978-3-942094-98-6 Henselowsky Boschmann 96 S. | 9,90 Euro

Stadtrundgang

Ruhrkrieg

Der ehemalige Leiter der Evangelischen Stadtakademie Bochum, Manfred Keller, erzählt in seinem soeben erschienenen Buch jüdische Lokalgeschichte als Stadtrundgang. Ausgangspunkt ist der Stelenweg: An bislang sieben Orten im Bochumer Stadtgebiet – drei weitere sollen folgen – erinnern große Text- und Bildtafeln an jüdisches Leben in der Stadt, von den Anfängen im 17. Jahrhundert über Aufstieg und Wachstum der Gemeinde im 19. Jahrhundert bis zur Shoah, den Deportationen und der Ermordung der jüdischen BochumerInnen. Und auch die zwei Neuanfänge erzählt Keller: Die Gemeindegründung Überlebender im Dezember 1945 und die neu konstituierte Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen mit der 2007 erbauten Synagoge an der Castroper Straße.

Als am 13. März 1920 ein rechter Putsch unter Kapp und von Lüttwitz die noch fragile Weimarer Demokratie beseitigen will, übernehmen in den Ruhrgebietsstädten spontan gebildete lokale „Vollzugsräte“ die politische Macht. Die SPD-geführte Reichsregierung fürchtet einen bolschewistischen Umsturz und entsendet Truppen. Am 15. März besiegen noch unorganisierte Arbeiter das reaktionäre Freikorps Lichtschlag in Wetter. Innerhalb kürzester Zeit bildet sich die 50.000 Mann starke Rote Ruhrarmee, erobert am 16. März Dortmund und kontrolliert wenige Tage später das gesamte Ruhrgebiet. Nach erfolglosen Verhandlungen über ein Ende des Generalstreiks und die Demobilisierung beendet die Reichswehr den Konflikt mit großer Brutalität militärisch.

In einem zweiten Kapitel zeichnet Keller Bochumer Erinnerungskultur nach, vom Engagement des VVN und dem jahrzehntelangen Schweigen der Stadt über die heutigen Gedenkorte bis zum Stelenweg. Das Schlusskapitel lädt ein zum Stadtspaziergang von der ersten Stele am Springerplatz bis zur siebten an der Brückstraße. Weil die Texte und die meisten Abbildungen der Stelen aber mit abgedruckt sind, funktioniert er auch auf dem heimischen Sofa. Manfred Keller | Im jüdischen Bochum. Spurensuche auf dem Stelenweg ISBN: 978-3-00-063500-7 F.A. Gimmerthal | 113 S. | 14,90 Euro

„Zurück blieben nicht nur weit über 1.500 Tote, zahlreiche Verletzte und viele materielle Zerstörungen, sondern auch eine tiefe politische Kluft zwischen Teilen der Arbeiterschaft und den SPDgeführten Regierungen in Preußen und im Reich“, schreibt der Paderborner Historiker Rainer Pöppinghege in seiner unaufgeregten, quellennahen Überblicksdarstellung, die auch die Peripherie des Ruhrgebiets mit einbezieht. Rainer Pöppinghege Republik im Bürgerkrieg. Kapp-Putsch und Gegenbewegung an Ruhr und Lippe 1919/20 ISBN: 978-3-87023-443-0 Ardey | 152 S. | 12.90 Euro 39


PORTRÄT INTERVIEW

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Benjamin Ferencz, 99, ist der letzte noch lebende Staatsanwalt der Nürnberger Prozesse. Mit 27 Jahren war er Chefankläger im Einsatzgruppenprozess, in dem Kommandeure der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD für die Verbrechen in der besetzten Sowjetunion verurteilt wurden – der größte Mordprozess der Geschichte. Später war er maßgeblich an der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag beteiligt und verteidigt diese Errungenschaft gegen die Politik der vergangenen und des gegenwärtigen US-Präsidenten. Von Adam Sennott | Fotos: benferencz.org, picture alliance / ZUMAPRESS

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enjamin Ferencz kam 1920 in Siebenbürgen zur Welt, das nach dem Ersten Weltkrieg zwischen Ungarn und Rumänien aufgeteilt worden war. Judenhass gab es in beiden Ländern, also „war es klug, dass meine Familie versuchte, dort wegzukommen“. Sie bestieg ein Schiff Richtung USA und wurde vom Ruf der Freiheitsstatue begrüßt, als der, erinnert er sich, noch etwas bedeutete: „Give me your tired, your poor, your huddled masses yearning to breathe free” („Gebt mir Eure Müden, Eure Armen, Eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren“) heißt ein auf dem Sockel der Statue eingravierter Vers aus dem Sonett der amerikanischen Dichterin Emma Lazarus.

„Recht statt Krieg“ Ferencz‘ Familie fand eine Kellerwohnung in Manhattans Armenviertel „Hell's Kitchen“, der Vater eine Stelle als Hausmeister. „Man konnte kaum einen schlechteren Start haben als meinen und den meiner Eltern“, sagt Ferencz. Doch Benjamin war ein guter Schüler und erhielt schließlich ein Stipendium der Harvard Law School. „Ich wollte lieber Anwalt als Gauner werden“, schmunzelt er. In Harvard unterstützte Ferencz die dortige Forschung über Kriegsverbrechen. „Ich hatte alles gelesen, was jemals zu diesem Thema veröffentlicht wurde“, sagt er. Während er studierte, griffen die Japaner Pearl Harbor an. Ferencz bewarb sich beim Geheimdienst, wurde aber abgelehnt, weil er noch nicht lange genug US-Bürger war. Stattdessen ging er zur Armee, überlebte

die Landung in der Normandie und die Ardennen-Schlacht. Dann wurde er in die Abteilung für Kriegsverbrechen von George S. Patton versetzt, wo er unter anderem in den gerade befreiten Konzentrationslagern Beweise sammelte. Traumatische Bilder: „Leichen, die überall herumliegen und mit den Augen um Hilfe bitten; Verhungernde, die in Müllhaufen nach Essbarem suchen.“ Vor den Krematorien „Leichen, die wie Holz aufgestapelt darauf warteten, verbrannt zu werden“, erinnert sich Ferencz. „Die SSWachmannschaften versuchten zu fliehen. Häftlinge, die es noch konnten, verfolgten sie, wen sie erwischten, erschlugen sie“, erzählt Ferencz. „All das habe ich gesehen.“ Nach dem Krieg kehrte er in die USA zurück und wurde für die Teilnahme an den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen rekrutiert. Der Internationale Militärgerichtshof hatte bereits begonnen, prominente Nazis

„Ich wollte lieber Anwalt als Gauner werden.“ Mit nur 27 Jahren brachte Ben Ferencz 24 ehemalige SS-Führer für die Verbrechen der Einsatzgruppen in der Sowjetunion vor Gericht.

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PORTRÄT

anzuklagen. Ferencz konnte Beweise dafür sammeln, dass die Einsatzgruppen mehr als eine Million Juden, Roma, kommunistische Funktionäre und sowjetische Intellektuelle getötet hatten. Für weitere Prozesse fehlten Personal und Geld, also übernahm der damals 27-jährige Benjamin Ferencz seinen ersten Strafprozess, zusätzlich zu seiner Ermittlungsarbeit. „Und damit wurde ich zum Chefankläger im größten Mordprozess der Geschichte“, sagt er. Alle Angeklagten, Kommandeure und Führer der Einsatz- und Sonderkommandos wurden schuldig gesprochen, 13 von ihnen erhielten Todesurteile. In seinen Plädoyers hatte er betont, dass „Rache nicht unser Ziel ist“, und bat das Gericht, „durch internationale Strafverfolgung das Recht des Menschen auf ein Leben in Frieden und Würde unabhängig von seiner Herkunft oder seinem Glauben zu bekräftigen“. Der Fall, so Ferencz vor Gericht, sei „ein Appell der Menschlichkeit an das Gesetz“. In den 72 Jahren danach, sagt Ferencz heute, habe die Welt nichts aus den Gräueltaten der Nazis gelernt. „Statt unser Geld auszugeben, um die legitimen Sorgen und Nöte der Menschen zu lindern, geben wir es für den Bau besserer Waffen aus, um mehr Menschen zu töten“, sagt er. „Das ist verrückt, selbstmörderisch und einfach nur dumm.“ Nach den Nürnberger Prozessen ging Ferencz in eine Privatkanzlei. Als sich die Vereinigten Staaten in den Vietnamkrieg

verstrickt hatten, widmete er seine Bemühungen dem Einsatz für den Weltfrieden. In den folgenden Jahrzehnten schrieb er mehrere Bücher darüber und die Notwendigkeit eines Internationalen Strafgerichtshofs. Der ist heute Wirklichkeit: Mehr als 60 Länder ratifizierten bei der UN-Generalversammlung 2002 das Römische Statut, mit dem der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) offiziell geschaffen wurde. Auch die USA haben das Gesetz unterzeichnet; der Kongress hat es nie ratifiziert. Seitdem haben sich die Beziehungen der USA zum IStGH verschlechtert. Im März verhängte die Trump-Administration Visasperren gegen ICC-Mitarbeiter aufgrund einer möglichen Untersuchung in Afghanistan, die auch das Verhalten von USBeamten umfassen könnte. Nicht nur Donald Trump steht in der Kritik. 2011 schrieb Benjamin Ferencz an die New York Times und fragte, ob Osama Bin Laden tatsächlich in Notwehr getötet wurde, als ein Seal-Team sein Versteck in Pakistan stürmte. Die Razzia war von Präsident Barack Obama angeordnet worden. „Jubel über den Tod des meistgejagten Massenmörders ist verständlich, aber war es wirklich gerechtfertigte Selbstverteidigung, oder war es ein vorsätzliches illegales Attentat?“, schrieb Ferencz. „Die Nürnberger Prozesse bekamen weltweite Anerkennung, als sie den schlimmsten Handlangern Hitlers einen fairen Prozess gaben, damit Gerechtigkeit nach geltendem Recht durchgesetzt werden konnte. Geheime

außergerichtliche Entscheidungen, die auf politischen oder militärischen Erwägungen beruhen, untergraben die Demokratie. Die Öffentlichkeit hat das Recht, die ganze Wahrheit zu erfahren.“ Auch in die Einwanderungspolitik des USPräsidenten Trump mischt der Jurist sich ein: „Die Einwanderungspolitik der Vereinigten Staaten ist heute ein Verbrechen“, sagt Ferencz. „Es ist absolut kriminell. Was wir im Namen der Vereinigten Staaten getan haben, ist beschämend.“ Kinder illegaler Einwanderer von ihren Eltern zu trennen, „ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, für das die Verantwortlichen vor ein Strafgericht gestellt werden sollten“. Auch als Trump 2017 vor der UN-Generalversammlung drohte, Nordkorea „völlig zu zerstören“, sei Ferencz entsetzt gewesen. Eine Vernichtungsdrohung mit Selbstverteidigung zu rechtfertigen komme ihm allzu bekannt vor. „Ich habe mein ganzes Leben dem Versuch gewidmet, Kriege zu verhindern, weil der Krieg aus sonst anständigen Menschen Massenmörder macht“, sagt Ferencz. Das Motto „Recht statt Krieg“ leite ihn heute noch, doch um zukünftige Generationen sorge er sich. „Meine Sorge gilt nicht mir. Ich bin ein hundert Jahre alter Weltkriegsüberlebender“, sagt Ferencz. „Ich mache mir keine Sorgen um mich. Ich mache mir Sorgen um Euch.“ Mit freundlicher Genehmigung von Street Roots / INSP.ngo

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JULI JOHANA BATZDORF NA LEA FRBIELAWSKI ENS ALEXA NDER L CH ANGE ANNA L E V I N LOM-O E KATJA F-LAMA LAILA MUDRAYA MANUE SCHUBERT LUCRE L SOBOTTKA ZIA ZAN ARDI


Eine Frage, Herr Herrmann:

Wer wechselt die Glühbirnen im Dortmunder U? Es gibt wohl kaum jemanden im Ruhrgebiet, der das zwölf Meter hohe, vergoldete und beleuchtete U auf dem ehemaligen Gär- und Lagerkeller der Dortmunder Union Brauerei nicht kennt. Seit 1968 strahlt das U, das der Architekt Ernst Neufert auf das 1926 errichtete Gebäude gesetzt hat, weit über die Stadt. Im Rahmen der Renovierung 2008 wurde über ein halbes Kilo Blattgold auf die 140 Quadratmeter große Fläche aufgetragen. Doch wer wechselt dort eigentlich die Glühbirnen? Seit 1968 prangt das „U“ auf dem ehemaligen Gär- und Lagerturm der Dortmunder Union Brauerei. Zwölf Meter hoch, vergoldet, beleuchtet, 2008 komplett restauriert.

„Wir haben es natürlich nicht mit klassischen Glühbirnen zu tun, sondern mit Leuchtstoffröhren, die für eine extra lange Lebensdauer ausgelegt sind“, sagt Armin Herrmann, Leiter der Haustechnik im Dortmunder U. 64 dieser Leuchtstoffröhren sind auf jeder Seite in der vergoldeten Stahlkonstruktion hinter großen Plexiglasscheiben angebracht – also insgesamt 256 Röhren, die über der Stadt leuchten. „Jetzt ist es aber nicht so, dass wir jeden Morgen in das U klettern und überprüfen, ob noch alle Röhren funktionieren.“ Man würde es auch gar nicht merken, wenn mal eine der Röhren ausfällt. „Auch wenn mehrere Röhren defekt wären, wirkt sich das nur unwesentlich auf die Leuchtkraft des U aus, daher tauschen wir den gesamten Röhrenbestand alle zwei bis drei Jahre komplett aus“, so Herrmann.

„Wie oft das genau passiert, hängt von der Lebensdauer der Röhren ab. Die fallen mit zunehmendem Alter nicht unbedingt aus, sondern werden eher dunkler, wie man es vielleicht auch von zu Hause kennt, wenn dort eine neue Röhre neben einer alten läuft.“

64 Leuchtstoffröhren sind auf jeder Seite in der vergoldeten Stahlkonstruktion hinter großen Plexiglasscheiben angebracht – also insgesamt 256 Röhren. Die anspruchsvollste Aufgabe beim Lampenwechsel sei allerdings der Materialtransport auf das Dach des 70 Meter hohen Gebäudes. „Einige Teile des Weges müssen wir mit einer PSA, einer Persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz, zurücklegen. Das heißt, im besten Fall hat man zwei Hände frei. Bis man damit die 256 Röhren über das Dach und durch die Leitern der ‚Tonne‘, also der Stahlkonstruktion, an der das U montiert ist, an Ort und Stelle hat, vergeht also eine Weile.“

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bodo 09.19

„Wir brauchen Ergebnisse“ Interessant, dass Ihr jetzt auch auf den Zug der „Fridays for Future“-Fans aufgesprungen seid. Schon wieder ein Text, der mit seiner distanzlosen Bewunderung nicht hinterm Berg hält. Im Sinne der Menschen, die Ihr unterstützt, wäre eher, den sozialen Protest gegen die Ungerechtigkeiten unseres Wirtschaftssystems zu unterstützen und nicht das fröhliche „Klimastreiken“ von GymnasiastInnen aus gutem Hause. H. F. Sehr geehrter Herr F., mit Bewunderung haben wir‘s nicht so. In der Reportage über den Sommerkongress der „Fridays for Future“ habe ich versucht, eine soziale Bewegung zu beschreiben, die völlig anders funktioniert als alle bisherigen. Und was den vermeintlichen Gegensatz von sozialer und Klimafrage angeht: Auf Seite 32 geht es unter anderem darum, wie die Folgen des Klimawandels soziale Ungleichheiten verstärken. Am Beispiel unserer Veranstaltungen in diesem Monat: Wir demonstrieren am Tag der Armut vor dem Dortmunder Rathaus für die Rechte Obdachloser. Wir sprechen bei einer Lesung über Rassismuserfahrungen Geflüchteter. Und wir diskutieren bei der CORRECTIV-Klimawoche vier Tage lang in unserem Buchladen über den Klimawandel, auch mit den „Fridays for Future“. Ich sehe keinen Widerspruch. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter Bücher und Magazine

Was das Herz begehrt Der Buchladen ist einfach topp! Das Personal immer sehr freundlich und die Auswahl der Bücher richtig gut. Alles, was das Herz begehrt! Auch die Zeitung lese ich immer von der ersten bis zur letzten Seite. Interessante Interviews, aktuelle Themen und ein aktueller Veranstaltungskalender. Meine Lieblingsseite ist die Wildkräuterseite, habe schon einige Rezepte probiert. Danke, liebe bodos! C. S. bodo 09.19

Abschiednehmen von Marcus Liebe bodos, danke für diese wieder sehr informative Ausgabe der Zeitschrift! Wie immer habe ich die neue bodo erst durchgeblättert und wollte, wie immer, sie von vorne nach hinten durchlesen. Bei der Überschrift „Abschiednehmen von Marcus“ bin ich hängengeblieben. Ich musste den Artikel sofort lesen und bin erschüttert. Marcus war doch noch so jung! Den Angehörigen, Freunden, Bekannten wünsche ich ganz viel Kraft! W. P.


RÄTSEL

Manchmal – selten – bekommen wir Buchspenden, die so groß sind, dass unsere Buchhändlerin Suzanne Präkelt zum Vorsortieren nicht nur in unseren Transporter, sondern sogar in Kartons steigen muss. Es scheint aber Spaß zu machen. Foto: Sebastian Sellhorst

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Ferien im Wohngebiet Würde airbnb sich wirklich darauf reduzieren, im Sinne der ursprünglichen Geschäftsidee selbst bewohnten Wohnraum bei Abwesenheit auf Zeit zu vermieten, wäre alles ok. Aber hier und jetzt wird Wohnungssuchenden Wohnraum entzogen. H. v. D. ----Das Thema sollte auf jeden Fall weiter verfolgt werden. Allerdings ist Dortmund nicht Berlin, und es liegt an der Stadt, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Wir haben immer mehr teure neue Wohnprojekte statt leistbaren Wohnraum. Am Phoenixsee ist nur eines davon. S. P. bodo 08.19

„Sabrinas Karriere“

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AUFLÖSUNG HEFT 09.19

Die Geschichte über „Sabrinas Karriere“ gehört zum Besten, was ich je bei Euch gelesen habe! Ich würde glatt noch ein wenig mehr über die Karriere dieser wunderbaren Frau bei der Feuerwehr in Großbritannien wissen wollen. Vielleicht sollte sie nach dem Brexit nach Deutschland übersiedeln. Jede Berufsfeuerwehr hierzulande würde sie bestimmt mit Kusshand übernehmen. P. W.

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VERKÄUFERGESCHICHTEN

Vor einigen Wochen ist bodos langjährige Verkäuferin Monika in den Ruhestand gegangen. Doch natürlich nicht, ohne sich um einen Nachfolger für ihren Verkaufsplatz in Altenbochum zu kümmern. Seit einigen Monaten verkauft jetzt Duilian am Rewe Lenk an der Wittener Straße das Straßenmagazin. Wir haben die beiden an ihrem alten und neuen Verkaufsplatz auf einen Kaffee getroffen. Text und Foto: Sebastian Sellhorst

Schichtwechsel in Altenbochum Als wir wie verabredet an einem Donnerstagmorgen bei der kleinen Bäckerei neben ihrem bodo-Verkaufsplatz ankommen, sind die beiden schon da und sitzen zusammen auf dem kleinen Vorplatz. Bereits vorigen Monat hat sich Monika mit einem Brief in der bodo von ihren Stammkundinnen und -kunden verabschiedet. „Aus gesundheitlichen Gründen musste ich den bodo-Verkauf an den Nagel hängen“, erzählt sie. „Wegen meiner Multiplen Sklerose bin ich schon von einer Wohnung in der dritten in eine in der ersten Etage umgezogen. Außerdem kümmere ich mich nach dem Tod meines Vaters viel um meine Mutter“, erzählt Monika. „Da passt es einfach nicht mehr.“ Duilian habe sie kennengelernt, als sie ihn mit einer auswärtigen Straßenzeitung hier in der Stadt traf. „Als ich ihn dort stehen sah, hab ich ihn sofort angesprochen.“ Auch Duilian erinnert sich: „Wir haben uns dann noch mal getroffen und lange unterhalten. Da habe ich Monika erzählt, dass ich auch gerne bodo verkaufen würde, und das am liebsten hier in Altenbochum, da ich die Gegend schon etwas kannte.“ Daraufhin sind die beiden gemeinsam in die bodo-Anlaufstelle gegangen, und Duilian hat seinen Verkäuferausweis bekommen. „Es war mir wichtig, dass hier weiterhin jemand das Straßenmagazin verkauft, und Duilian ist ja ein netter Kerl. Und er freut sich ja bestimmt auch, wenn ich ab und an mal vorbeikomme und ihm ein paar Verkaufstipps gebe“, so Monika.

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Während sich Monika an ihre Anfangszeiten bei bodo erinnert, die nun mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegen, muss Duilian lachen. „Du bist so lange bei bodo wie ich alt bin.“ Vor drei Jahren ist der 23-Jährige aus Rumänien nach Deutschland gekommen. „Ich komme aus ClujNapoca bzw. aus einer eher ländlichen Gegend 30 Kilometer entfernt.“ Mittlerweile wohnt Duilian mit seinem Bruder und seinen Eltern in Witten und fährt mit dem Bus zu seinem Verkaufsplatz. „Ich werde jeden Tag mehrfach gefragt, wo Monika denn ist. Dann ist es natürlich schön, auch antworten zu können“, so Duilian. Diese Gespräche mit bodo-LeserInnen helfen ihm auch, sein Deutsch zu verbessern. „Im Moment mache ich einen Deutschkurs, jeden Abend.“ Die Gespräche mit Kunden seien auch das, was Monika in ihrem Ruhestand am meisten fehle. „Ich kenne gefühlt die Lebensgeschichte aller Leute hier aus Altenbochum. Und die Leute haben auch alle Anteil an meinem Leben genommen. Das fehlt schon sehr, wenn das nicht mehr da ist. Dass ich jetzt mit Duilian jemanden habe, zu dem ich sie schicken kann, macht es schon viel einfacher für mich.“ Dass die beiden fortwährend von Passanten gegrüßt werden, während wir nach unserem Treffen noch ein gemeinsames Foto machen, wundert uns daher nicht mehr.


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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Der Mann bastelt gerne an der Abschaffung der Sommerzeit. Hauptberuflich ist Herbert Reul Innenminister von NRW, hin und wieder schwappt sein Hobby ins Berufliche. Man denkt: Wie kann der vergessen, dass er sich mit der RWE-Spitze getroffen hat? Dabei ist die Antwort simpel. Wenn er zwischendurch in die Winterzeit umgeschaltet hat, in den Blitz-Winterschlaf, war er gar nicht anwesend bei diesen Terminen. Reul hat so einen baffigen, mit Sicherheit alternativlosen Gesichtsausdruck, mit dem er Skandale einfach wegguckt. Zu Erinnerungslücken kommen populistische Forderungen nach einer volkstümlichen Justiz. Im Fall Lügde stellte er sich weder vor noch hinter seine Polizei, lieber stellte er sie bloß. Jetzt möchte Reul, dass bei Straftaten erst mal ermittelt und im Polizeibericht mitgeteilt wird, welcher Nationalität Verdächtige angehören. Das sei das „beste Mittel gegen populistische Bauernfängerei“. Wie entspannend das funktioniert, konnte man bei einem WDR-Facebook-Post sehen. In Hamm waren drei „Syrer“ und ein „türkischstämmiger Mann“ in eine blutige Auseinandersetzung verwickelt. 300 Kommentare schaute ich mir an. Davon teilten sich 290 in „Merkel muss weg“, „sofort abschieben, diese Einzelfälle!!!“ und „ich sage mal nichts, käme dafür ins Gefängnis“. Acht Menschen versuchten zu beschwichtigen. Zwei Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Kommentare stammten von mir. Kein Kommentar zeigte Mitleid mit dem Opfer. WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock begrüßte den Herkunfts-

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pranger. Journalisten könnten frei entscheiden, ob sie die Herkunft Verdächtiger nennen. Blöd nur, wenn der öffentlich

eder die AWO Je mehr Mitgli hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil

zugängliche Onlinebericht der Polizei: „Türke! Türke! Türke!“ schreibt, die WAZ aber nicht. Dann könnte es beim Normalempörten mit der Entspannung schnell vorbei sein. In Hamm gab es dann ein Wochenende ohne Straftaten. Ob auch Syrer unter den Nicht-Tätern waren, wurde nicht gemeldet.

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