bodo April 2021

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bodo DAS

04 | 21 Die besten Geschichten auf der Straße

IN STRASSENMAGAZ

2,50 Euro Die Hälfte für die Verkäuferin den Verkäufer

DIE HASENAPOTHEKE MIETMARKT IN BO CHUM DIE MODISTIN

Im Interview:

D ORTMUND GOES BL ACK

Robert Habeck Seite 40

Nordstadt: 18 Kameras

REICHTUM UND MORAL

Seite 18

S N E T R E M R O NO M BOC H U M

U M T S N U K M I T R A T S N EU

SE U

NUR MIT AUSWEIS

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IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: Annette Bruhns, Jonas Füllner, Alexandra Gehrhardt, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Kathrin Ostroga, David Peters, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst, Knut Unger Titel: Daniel Sadrowski Bildnachweise: Roland Baege (S. 38), Charité (S. 46), DHK/facebook/Hans Jürgen Landes (S. 24), Michael Grosler (S. 27), Evelyn Hockstein (S. 16), Lutz Jäkel (S. 41), Jean-Ferry Photography (S. 28), Messe Düsseldorf / Constanze Tillmann (S. 37), MUST/EGLV (S. 20, 21), Tim Reckmann, pixelio.de (S. 8), Daniel Sadrowski (S. 3, 5, 6, 12, 13, 14, 15, 18, 19, 30, 32, 33, 34, 35), Sebastian Sellhorst (S. 2, 7, 8, 9, 10, 45), Shutterstock.com (S. 22), Theater Dormund (S. 23), Anneke Wardenbach (S. 25) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Mai-Ausgabe 10. April 2021 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 06. 2019 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

INHALT

Noor Mertens

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Nach 23 Jahren gibt es einen Leitungswechsel am Kunstmuseum Bochum: Die 36-jährige Noor Mertens tritt im Juni 2021 ihre neue Stelle als Direktorin an und löst damit Hans Günter Golinski ab, der in den Ruhestand geht. Ein Gespräch. Von Max Florian Kühlem

18 Kameras

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Weil die Polizei in der Dortmunder Münsterstraße einen Kriminalitätsschwerpunkt verortet, will sie mit 18 Kameras ein Teilstück der beliebten Einkaufsstraße überwachen. Die Initiative „No Cam DO“ klagt gegen die Pläne der Polizei und musste nun eine erste Niederlage hinnehmen. Von David Peters

Die Hasenapotheke

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Er begegnet uns auch jenseits von Ostern im Volksglauben, in Fabeln und Legenden: der (Feld-)Hase. In der Grauzone zwischen Mythen und Realität ist die Hasenapotheke zu verorten, jene achtzig Kräuter, ohne die ein Hase angeblich nicht leben kann. Ein Feldbesuch mit Fachfrau.

Von Wolfgang Kienast

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, Bastian Pütter 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de Buchladen, Spendenannahme Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Spendenannahme Bochum: Kleiderkammer Altenbochum und Laer Liebfrauenstraße 8 – 10, 44803 Bochum Mo. 10 – 13 Uhr, Sa. 10 – 12 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Henriettenstraße 36, Ecke Bessemerstraße 44793 Bochum, Mo., Do., Fr. 11 – 14 Uhr Di. 11 – 17.30 Uhr, Mi. 8 – 14 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Ilie, bodo-Verkäufer in Bochum-Hamme Liebe Leserinnen und Leser, die letzten Monate waren sehr anstrengend. Zum Glück kommt jetzt der Sommer und man kann wieder mehr rausgehen. Meine Tochter Diana ist gerade sechs Jahre alt geworden. Der Winter in der Wohnung hat ihr überhaupt nicht gefallen. Viele meiner Stammkunden haben mir im Winter Spielzeug und Puzzle für sie mitgebracht, wenn sie die bodo gekauft haben. Im Moment geht Diana wieder in den Kindergarten. Sie ist sehr froh, dass sie wieder raus darf. Ich mache mir aber trotzdem jeden Tag Sorgen um sie. Diesen Sommer soll sie in die Grundschule kommen. Ich hoffe, dass sie trotz Corona ganz normal in die Schule gehen kann. Viele meiner Kollegen klagen, dass an ihren Verkaufsplätzen weniger los sei, aber meine Stammkundinnen kommen zum Glück weiterhin zu mir. Mit Maske und Tisch macht der Verkauf der bodo natürlich nicht so viel Spaß, aber es funktioniert, und ich versuche, immer positiv zu denken. Bis bald, bleiben Sie gesund. Ihr bodo-Verkäufer Ilie

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EDITORIAL

04 Menschen | Noor Mertens 07 Straßenleben | Angespannte Lage 08 Neues von bodo 12 Reportage | Die Modistin 16 Das Foto 16 Mieten & Wohnen | Wohnungskonzerne als Krisengewinner 17 Kommentar | Das Privileg der Enttäuschung 17 Die Zahl 18 Reportage | Kameraüberwachung in der Nordstadt 20 Interview | „Die Straße grüner bekommen“ 22 Wilde Kräuter | Löwenzahn 23 Kultur | Dortmund goes Black 24 Kulturlandschaft 30 bodo geht aus | STÜH33 32 Reportage | Die Hasenapotheke 36 Interview | Reichtum als moralisches Problem 39 Bücher 40 Interview | Robert Habeck 43 Eine Frage… | Warum eigentlich QWERTZ? 44 Leserpost | Rätsel 45 Leserpost 46 Verkäufergeschichten | Wissen per Video

Liebe Leserinnen und Leser, hier unser Magazin für die dritte Welle. Gut, das ist vielleicht wirklich nicht der richtige Ton zum Auftakt, hat aber nur die allgemeine Unsicherheit zum Thema, an die wir uns alle inzwischen einigermaßen gewöhnt haben: Erscheint das Heft? Wird es auf der Straße verkauft? Wir gehen davon aus. Oder finden Alternativen. Wir sind ja alle keine Pandemie-Anfänger mehr. Es geht nicht voran, aber das ganz schön schnell. Fordernder als einfache Unsicherheit sind die täglichen Trainingseinheiten im Aushalten von Paradoxien: Einerseits schleppt man die bleierne Langeweile eines Insassen dieser Pandemie durch die Gegend, andererseits halten einen sich manchmal im Stundentakt ändernde Vorgaben auf Trab. Erinnern Sie sich an die kurze Blüte der „Osterruhe“? Aus der Zeit, als wir uns abends mit anderen trafen, erinnern wir uns vielleicht, dass 3-Uhr-morgens-Ideen nach dem Ausschlafen meist nicht die besten sind. Zwischen „Ja“ und „Doch nicht“ haben wir aber die Magazinausgabe verschoben und so viele VerkäuferInnen wie möglich informiert, zweimal Dienstpläne gemacht, doppelt an fünf Eingangstüren in zwei Städten neue Öffnungszeiten ausgehängt und viel telefoniert. Naja, es gibt Schlimmeres. Zumal es uns nicht daran gehindert hat, unsere Arbeit da draußen zu machen – und ein schönes Heft, wie wir finden. Mit Kunst und Kameras, Hüten und Hasen, mit Armut und Reichtum und großer Politik. Gute Unterhaltung und: Bleiben Sie gesund.

Ihre Meinung ist uns wichtig. Seite 44

Viele Grüße von bodo Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Von Nothilfe bis Neuanfang: Helfen Sie helfen.

Unsere gemeinsamen Projekte der Winternothilfe sind beendet, die Pandemie ist es nicht. Wir bedanken uns herzlich für die große Unterstützung unserer Arbeit in der kalten Jahreszeit. Wie unsere Partner haben wir nun die Hilfen für Menschen in Armut und Wohnungslosigkeit neu aufgestellt. Spendenkonto: Mit Ihrer Hilfe.

Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 3


MENSCHEN

Nach 23 Jahren gibt es einen Leitungswechsel am Kunstmuseum Bochum: Die 36-jährige Noor Mertens tritt im Juni 2021 ihre neue Stelle als Direktorin des Kunstmuseums Bochum an und löst damit Hans Günter Golinski ab, der in den Ruhestand geht. Im Gespräch wirkt sie angenehm unaufgeregt und trotzdem voller Freude auf die neue Aufgabe im Ruhrgebiet. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski

Netzwerkerin für das Kunstmuseum Bochum Was hat Sie gereizt an der neuen Aufgabe? Es ging mir um die Tätigkeit als Museumsleiterin und das Ruhrgebiet, das ich als Region im Strukturwandel ziemlich reizvoll finde. Bochum als Stadt kannte ich vorher nicht gut. Dafür gab es persönliche und Arbeitskontakte sowie Besuche im Folkwang Museum in Essen, im Lehmbruck-Museum in Duisburg oder im Kunstverein Dortmund. Mir ging es darum, in einer Institution zu arbeiten, die nicht zu groß ist, aber gleichzeitig größer als der Kunstverein Langenhagen, wo ich zuletzt Leiterin war. In Bochum habe ich die Möglichkeit, mit einem Team zusammenzuarbeiten und mit neuem Publikum in Kontakt zu kommen. Was fanden Sie bei der ersten Begegnung mit dem Museum interessant? Ganz klar: das Gebäude, die Sammlung, die Größe und den regionalen Kontext. Am Gebäude fasziniert mich, dass es im positiven Sinne unspektakulär ist. Es ist kein monumentaler Bau. Es hat einen offenen Charakter. Wenn man drinnen ist, hat man ein angenehmes Gefühl davon, dass man aufgenommen wird. Und vielleicht veraltete Bildungsideale wie zum Beispiel eine offene Bibliothek finde ich eher reizvoll, um zu fragen: Ist das immer noch wirksam, kann man immer noch mit solchen Elementen arbeiten? Mit Eröffnung der neuen Räume in der Villa Marckhoff (bodo 8/20) setzt das Kunstmuseum Bochum verstärkt auf die eigene Sammlung. Ist das ein Auftrag an Sie, sie weiter hervorzuheben? Es ist kein Auftrag. Ich bin frei, damit umzugehen. Ich finde es aber sehr gut und bereichernd, eine Sammlung zu haben, mit der man sich immer wieder neu verbinden und unterschiedlich mit ihr arbeiten kann. Man braucht mit einer Sammlung keine Eile: Ich erinnere mich an meine Zeit als Museumskuratorin in Rotterdam, wo ich auch nach zwei Jahren noch faszinierende Aspekte der Sammlung entdeckt habe. Ich möchte die Sammlungspräsentation deshalb als etwas Veränderbares sehen. Sie wollen also auch die Dauerausstellung in der Villa ab und zu ändern? Das wäre mein Wunsch, und ich muss schauen, wie realistisch das ist. Ich denke, das wird weniger über Ankäufe funktionieren, weil der Etat dafür sehr niedrig ist. Aber vielleicht klappt es über Zusammenarbeit und Austausch mit den Ruhrkunstmu-

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Noor Mertens Noor Mertens, Jahrgang 1984, studierte Kunstgeschichte und Museumskuration in Utrecht und Amsterdam. Seit 2017 Leiterin des Kunstvereins Langenhagen bei Hannover. Davor war sie in Galerien und Privatsammlungen tätig und betreute als Museumskuratorin die Sammlung zur Moderne und zeitgenössischen Kunst sowie die Stadtsammlung im renommierten Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam.

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MENSCHEN

seen. Interessant fände ich Austausch auch in dem Sinne, dass zeitgenössische Künstler mit aktuellen Arbeiten in die Sammlungspräsentation intervenieren. Haben Sie schon Ideen, wie man neue Publikumsschichten erobern kann? Ich denke, es könnte sinnvoll sein für das Museum, eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln. Es geht dabei nicht nur um Digitalisierung. Man muss genau nachdenken, was man will und warum: Die Sammlung online zu präsentieren zum Beispiel ist ein ziemlich langsamer Prozess, der sehr viel Arbeit bedeutet. Ich denke, es müssen im Team grundlegende Fragen geklärt werden wie: Was bedeutet es, zu kommunizieren? Was bedeutet es, das auf verschiedenen Kanälen zu tun – über Einladungen, die Presse, Social Media, die Webseite? Wie geht man um mit Sprache und Gestaltung? Im Kunstverein Osnabrück hat man dieses Jahr experimentiert mit einfacher Sprache. Das finde ich sehr interessant. Haben Sie bestimmte Vorlieben in Ihrer Ausstellungsarbeit? Ihr Vorgänger hat zum Beispiel oft nach Osteuropa geblickt oder Kontakte nach Israel intensiviert. Zuletzt habe ich mich viel damit beschäftigt, was eigentlich aktuell ist – auch am Werk bereits verstorbener Künstler. Oder mit der Frage, wie man eigentlich mit Nachlässen umgeht: Wie können zum Beispiel noch lebende Künstler kreativ mit einem Nachlass arbeiten? Ich bin auch an politischen Kontexten interessiert – etwa wie man The-

men wie Arbeit auf spielerische Weise in einer Ausstellung erfahrbar machen und kritisch erforschen kann. Und was den Kontakt meines Vorgängers nach Israel angeht: Ich denke, meine Generation hat vielleicht eine andere Herangehensweise, mit dem Holocaust umzugehen. Wie würden Sie mit dem Thema umgehen? Vielleicht kann ich es mit einem Projekt erklären, das ich gerade für den Kunstverein Langenhagen erarbeite: Es heißt „Temporäres Heimatmuseum“. Es will das Heimatmuseum ein bisschen provokativ zum Thema nehmen. Wir arbeiten da auch mit einer Heimatgruppe von Vertriebenen aus unterschiedlichen Kontexten, die in Deutschland gelandet sind. Diese Fluchtgeschichten kannte ich in den Niederlanden nicht so sehr, und damit sind sehr interessante Themen verbunden: Nationalismus, Deutschsein, der Wunsch, zurückzukehren. Das wäre eine vielschichtige Art, die deutsche Geschichte zu thematisieren. Ich möchte sie aus unterschiedlichen Perspektiven anschauen und sagen: Was ist das eigentlich? Wie können wir damit umgehen? Wird es weitere personelle Veränderungen im Museum geben? Auch für die Position des stellvertretenden Direktors Sepp Hiekisch-Picard wird es eine Nachfolge geben, und da lohnt es sich, sehr scharf darüber nachzudenken, was das für eine Person sein könnte. Ich finde, es muss jemand sein, der oder die aus einem anderen Kontext kommt als ich, damit man nicht den gleichen Weg geht. Es muss jemand mit einem anderen Hintergrund und anderen Netzwerken sein, damit man nicht das Gleiche sieht. Darüber hinaus ist für mich ein Hauptziel, mit allen Menschen im Team zu sprechen und zu schauen, wer hat welche Rollen und Verantwortlichkeiten, wie glücklich sind sie damit, und läuft das eigentlich gut oder muss es verändert werden. Hans Günter Golinski war ja sehr vom legendären Kunstprofessor der Ruhr-Universität Max Imdahl beeinflusst. Kennen Sie schon die „Situation Kunst“ im Schlosspark Weitmar, die ihm gewidmet ist? Ich habe nicht in Bochum studiert und mich haben deshalb natürlich auch nicht in erster Linie Imdahl oder seine Erbe geprägt. Aber als ich die „Situation Kunst“ entdeckt habe, war ich sehr überrascht und erfreut, dass so etwas in Bochum ist – eine Universitätssammlung von dieser Qualität. Ich würde mich sehr freuen, wenn da in Zukunft irgendeine Form der Zusammenarbeit stattfindet. Sind Sie an weiteren Netzwerken innerhalb der Stadt interessiert? Sehr nah am Kunstmuseum liegen ja das BergbauMuseum, das Planetarium und der Tierpark. Das möchte ich mir gerne einmal genauer anschauen, wie diese Institutionen in der direkten Nachbarschaft arbeiten. Das Bergbau-Museum hat zum Beispiel einen Fokus auf das Thema Arbeit, das mich auch stark interessiert.

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STRASSENLEBEN

Angespannte Lage F

ür die Untersuchung hat „Immowelt“ alle Wohnungen ausgewertet, die 2020 über das Portal inseriert waren. Das Ergebnis: In Bochum sind die Mieten nicht nur so stark angestiegen wie in fast keiner anderen deutschen Großstadt (neun Prozent), die Stadt ist auch beim Mietniveau mit im Mittel 7,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter Spitzenreiter im Ruhrgebiet und hat sogar Essen (7,30 Euro) und Dortmund (7,40 Euro) überholt. Die „Immowelt“-Untersuchung zeigt nur einen Ausschnitt. Auch der städtische aktuelle Wohnungsmarktbericht zeigt aber: Die Lage bleibt angespannt. Denn auch in Bochum treffen steigende Mieten (2019: 7,02 Euro/qm kalt im Bestand und 11 Euro im Neubau) auf gleichzeitig immer knapperen bezahlbaren Wohnraum. Die Folge: „ein Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage“ besonders bei preisgebundenen Wohnungen. Nur noch gut sechs Prozent des Wohnungsbestands sind öffentlich gefördert, haben also eine Mietobergrenze. Fast 500 dieser Wohnungen sind 2019 aus der Preisbindung gefallen. Die Gegenoffensive der Stadt lautet: jährlich 800 neue Wohnungen, davon 200 öffentlich gefördert. In der Wohnungsmarkt-Jahresbilanz 2019 stehen 372 fertiggestellte Wohnungen – insgesamt.

Drückt die Pandemie auf die Wohnungsmieten? Wenn es nach „Immowelt“ geht: Nein. Nach einer Untersuchung des Onlineportals sind die Mieten in Bochum allein im Coronajahr 2020 um neun Prozent gestiegen – so stark wie in fast keiner anderen Großstadt. Auch der städtische Wohnungsmarktbericht zeigt: Die Lage in Bochum ist problematisch. Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Sebastian Sellhorst

15 Millionen Euro an Landesmitteln flossen über die Wohnraumförderung in 160 Wohnungen. Bei mehr als 90 handelte es sich aber um Bestandsinvestitionen, nicht um Neubau. Von 2017 bis 2019 waren nur 14 Prozent der neu gebauten Wohnungen öffentlich gefördert. Die Stadt hofft auf Besserung. Auch Bochum ist 2019 in die höhere Mietstufe 4 des Landes NRW aufgerückt, was die Konditionen für Investoren, die mit Landesmitteln bauen, deutlich verbessert. Ob das den Sozialen Wohnungsbau in Bochum ankurbelt, bleibt abzuwarten. Bisher, sagt der Wohnungsmarktbericht, „halten sich die Investoren mit der Abnahme von Fördermitteln […] weiterhin zurück.“

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NEUES VON BODO

Winternothilfe verabschiedet sich Es war ein Projekt mit überregionaler Strahlkraft: Seit Mitte November stand in der Dortmunder City ein Großzelt als witterungsgeschütztes Nothilfeangebot für den Winter, betrieben von den Hilfsorganisationen Gast-Haus, Kana Suppenküche, Dortmunder Wärmebus und bodo im Verbund mit der Stadt Dortmund. Morgens konnten wohnungslose Menschen im Großzelt am U frühstücken, nachmittags gab es eine warme Mahlzeit, Kaffee und Kuchen. Die Stadt stellte Grundstück und Zelt, Toilettenanlage und Infrastruktur, die Einrichtungen übernahmen die Versorgung: Etwa 500 Besuche zählten die Teams jeden Tag – weit mehr als 61.000 waren es bis Ende März. Rund 280 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer pro Woche machten das Projekt erst möglich.

NEUES VON BODO

Was wir tun, wie es weitergeht bei bodo – aktuelle Kontaktund Öffnungszeiten und vieles mehr finden Sie auf www.bodoev.de

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Nach dem Winter

Sicherer Verkauf

Essensausgaben und Tagesaufenthalte der Wohnungslosenhilfe können auch nach dem Winter nicht oder nur stark eingeschränkt betrieben werden. In Dortmund haben sich die Träger der „Winternothilfe am U“ deshalb neu aufgestellt. Ermöglicht von der Stadt Dortmund versorgen seit Ostern Gast-Haus und Team Wärmebus Wohnungslose im Freizeitzentrum West, das auch Toiletten zur Verfügung stellt. Hier wird es wie zuvor im wenige Meter entfernten Großzelt zwei Mahlzeiten pro Tag geben. Kana und bodo schaffen wieder eigene Angebote, die vor allem mit dem zum Tagesaufenthalt der Diakonie umgenutzten Wichernhaus helfen, die Versorgung Wohnungsloser in der Stadt zu entzerren.

Im Interesse, sowohl die KäuferInnen des Straßenmagazins als auch unsere Verkäufer- und MitarbeiterInnen bestmöglich zu schützen, haben wir eine Teststrategie als weiteren Baustein installiert. Zweimal haben wir in den vergangenen 12 Monaten den Verkauf des Straßenmagazins ausgesetzt, um mit den jeweils bestmöglichen Instrumenten neu zu starten. Nach Hygieneschulungen, kostenlosen FFP2Masken und Hilfsmitteln zum kontaktlosen Verkauf kommen nun sowohl für die Arbeit auf der Straße als auch für Beratungskontakte in Innenräumen CoronaSelbsttests zum Einsatz. Noch sind die Ressourcen knapp, wir hoffen jedoch auf den raschen Ausbau unserer Bestände in diesem Monat.


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Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

So schöne Bücher! Nach all den Beschränkungen und Schließungszeiten der vergangenen Monate drohte unseren Buchteams die Ware und damit die Arbeit auszugehen. Nach unserem Aufruf kamen und kommen so viele tolle Buchspenden, dass wir kurz Danke sagen möchten! Unseren Onlineshop, alles zu Öffnungszeiten und Spendenannahmen finden Sie auf www.bodoev.de

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Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

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bodo-Bringdienst Das Wichtigste am Straßenmagazin ist sein „Vertriebsweg“: Ohne unsere VerkäuferInnen würde und müsste es bodo nicht geben. Es geht um die Erfahrung, dass eigenes Handeln Positives bewirkt, darum, in Kontakt zu kommen, Verantwortung zu übernehmen, die nächsten Schritte zu machen. Auch unter dem Eindruck von Corona suchen wir neue Möglichkeiten, die positiven Effekte dieses Angebots für unsere VerkäuferInnen zu vergrößern: Unser Firmenabo ermöglicht Einrichtungen und Betrieben, bequem per Rechnung zu bezahlen. Ihr fester bodo-Verkäufer / Ihre bodo-Verkäuferin kommt ab fünf bestellten Exemplaren jeden Monat mit der druckfrischen bodo zu Ihnen. Rufen Sie uns gerne an.

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bodo DAS STRASSEN MAGAZIN

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NEUES VON BODO

Warum nicht Hotels? Bereits in der ersten Corona-Welle begannen Kommunen weltweit, Wohnungslose in Hotels einzuquartieren. Sammelunterkünfte bedeuten hohe Infektionsrisiken, gleichzeitig kämpfen Hotelbetreiber um ihre Existenz. Im Mai wandten wir uns in Bochum mit einer großen Zahl an Organisationen in einem offenen Brief an die Stadt. Eine Petition unseres Netzwerks der sozialen Straßenzeitungen im Januar unterzeichneten 120.000 Menschen. Gleichzeitig setzten Wärmebus, bodo und Gast-Haus gemeinsam mit dem A&O-Hostel Dortmund ein eigenes Modellprojekt um. Auf unsere Kosten brachten wir Menschen, die sonst ungeschützt auf der Straße schliefen, unter – um zu zeigen, wie gut diese Form der Unterbringung umzusetzen ist. Am 31. März endete das Projekt. Unsere Auswertung und was es für die Hotelgäste bedeutet hat, stellen wir dem Rat der Stadt im April vor.

SOZIALES Der Sozialwohnungsbau in Dortmund ist eine „wohnungspolitische Dauerbaustelle“, kritisiert der Mieterverein. Obwohl 2020 mehr als 43 Millionen Euro an Landesmitteln nach Dortmund geflossen sind, mache der Neubau mit 80 Wohnungen nur einen kleinen Teil aus, es fehlten vor allem Wohnungen für Ältere und große Familien. Der Mieterverein fordert die Stadt erneut auf, mehr langfristig günstigen Wohnraum zu schaffen und selbst zu bauen. Schlechte Noten für Radverkehr im Ruhrgebiet: Im aktuellen Fahrradklima-Test des ADFC landen Essen und Dortmund auf Platz 12 und 13 von 14 bei Städten über 500.000 Einwohner, Bochum liegt bei den Städten über 200.000 auf Platz 16 von 26. Hagen bildet in seiner Kategorie gar das Schlusslicht. 230.000 Menschen hatten an der Umfrage teilgenommen – insgesamt bekam die Fahrradfreundlichkeit in Deutschland die Schulnote 3,9. Mehr Toiletten für Dortmund-Nord fordert die Ratsfraktion „Linke +“. Nach drei Jahren sei der Ratsbeschluss, die Nordmarkt-Toilette zu sanieren und eine weitere in der Nordstadt zu schaffen, nicht umgesetzt. Die Stadt zählt zwölf öffentliche Toiletten in der erweiterten Innenstadt – die meisten allerdings sind in coronabedingt geschlossenen Bürgerbüros oder kostenpflichtig in gewerblichen Anlagen und U-Bahn-Haltestellen. Wittener gegen Miethaie: Nach dem Verkauf tausender Wohnungen des Immobilienriesen Grand City an den Schweizer Konzern Peach kämpfen MieterInnen in Witten gegen Zahlungsaufforderungen in vierstelliger Höhe und fristlose Kündigungen. Der Mieterverein Witten sieht darin ein strukturelles Problem: „Diese Wohnungen gehören nicht an die Börse. Sie gehören in öffentliche oder gemeinnützige Hand“, so Sprecher Knut Unger. 10

Gegen die Wohnungsnot Wohnen ist ein umkämpftes Thema, vor allem für die, die es schwer haben bei der Wohnungssuche: Einkommensschwache, Ältere, große Familien, Menschen mit Behinderungen, Wohnungslose. In einer Reihe von Veranstaltungen sucht das Bündnis „Wir wollen wohnen!“, zu dem auch bodo gehört, vom 20. April bis zum 4. Mai „Wege aus der Wohnungsnot“. Wie läuft der Mietendeckel in Berlin, und geht das auch bundesweit? Wie schafft man mehr barrierefreien Wohnraum und für Menschen mit wenig Geld? Wie verhindert man Verdrängung und dass Wohnen zur Ware wird? Und wie lässt sich die Bodenfrage (neu) diskutieren? Eine Anmeldung ist erforderlich. Alle Infos: www.mieterbund-nrw.de


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instagram.com/bodo_ev facebook.com/bodoev info@bodoev.de

Ansprechpartner

0231 – 950 978 0

Geschäftsleitung: Tanja Walter verein@bodoev.de

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Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt Bastian Pütter redaktion@bodoev.de Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de

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Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Julia Cöppicus buch@bodoev.de Haushaltsauf lösungen und Entsorgungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln transport@bodoev.de

Radentscheid

Tag der Solidarität

Als Fahrradstadt ist Bochum nicht bekannt. Wer in der Stadt mit dem Rad unterwegs ist, weiß: Auf wichtigen Strecken fehlen Radwege, wo es sie gibt, sind sie oft schlecht in Schuss, im Autoverkehr mitfahren ist riskant. Nach Berliner und Essener Vorbild haben Bochumer Initiativen, Vereine und Einzelpersonen nun ein Bürgerbegehren für eine bessere Radinfrastruktur eingereicht und fordern mehr und bessere Radwege, sichere Kreuzungen und Ampeln. Nach der Kostenprüfung durch die Stadt soll es Ende April mit der Sammlung der 11.000 nötigen Unterschriften losgehen – unter anderem in unserem Buchladen in der Königsallee: Auch wir unterstützen den Radentscheid.

Zum 15. Mal jährt sich am 4. April der rechtsterroristische Mord an Mehmet Kubaşık durch den NSU in Dortmund. Seit der Selbstenttarnung des Kerntrios organisiert das Bündnis Tag der Solidarität/Kein Schlussstrich das Gedenken an Mehmet Kubaşık, die Opfer des NSU und rechter Gewalt. Die zentrale Kundgebung am 4. April beginnt um 14 Uhr vor der Auslandsgesellschaft. Vorab diskutieren am 31. März Katharina König-Preuss und Anwältin Antonia von der Behrens über die Gefahr von rechts, am 3. April spricht Caro Keller von NSU Watch über den Lübcke-Prozess und Spuren der Neonaziszene von Kassel nach NRW und Dortmund. tagdersolidaritaet.wordpress.com

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REPORTAGE

Die Modistin

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„Ein kleiner frecher Herrenhut, der auch von Frauen getragen werden kann“, wäre Bärbel Wolfes-Maduka aus Witten, wenn sie ein Hut sein könnte. Vor ziemlich genau 25 Jahren übernahm sie den Hutladen im Wittener Wiesenviertel. Heute trägt er den schlichten wie stilvollen Namen „Hutsalon“. Viele kleine, größere, bunte Herren- und Damenhüte zieren das Schaufenster und den dahinterliegenden Verkaufsraum. Aus der kleinen angrenzenden Werkstadt kommt das leise Surren einer Nähmaschine. Von Kathrin Ostroga | Fotos: Daniel Sadrowski

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chwarz auf weißem Papier und gerahmt hängt er mitten im Laden: „Der Hut ist ein Gruß an den Himmel.“ Der Spruch passt in Bärbel Wolfes-Madukas „Hutsalon“ genauso gut wie sie selbst. Sie trägt die Haare zu zwei Zöpfen gebunden, im Gesicht eine markante Brille. Die Augen – lebensfroh und ein bisschen frech. Wie man sich eine Hutmacherin vorstellt. „Modistin oder Hutmacherin, das geht heute beides“, sagt Wolfes-Maduka und weist auf die kleine Sitzecke mitten im Laden. Überall Farben, Stoffe, Hüte. „Auf den Schal setzen Sie sich einfach drauf.“ Der ehemals typische Frauenberuf ModistIn, wie die Hutmacherkunst offiziell bei der Handwerkskammer heißt, ist vom Aussterben bedroht. „In Deutschland gibt es nur noch etwa 40 ModistInnen, hier in der Umgebung gibt es noch Läden in Iserlohn oder Essen. Mein einziger männlicher Lehrling arbeitet jetzt in Bielefeld“, sagt Bärbel Wolfes-Maduka. „Wenn ich durch die Stadt laufe, fallen mir vor allem Kopfformen auf, auf Hüte achte ich nicht so sehr. Es tragen ja auch nur noch recht wenige Leute Hüte. Bei einigen billigen Exemplaren denke ich mir allerdings: Das ginge auch schöner.“ Bärbel Wolfes-Maduka hatte ihn schon immer, sagt sie, den Hut-Tick. Trotzdem machte sie erst einmal eine Schneiderlehre. Für ein Pflichtpraktikum arbeitete sie in ihrem jetzigen Salon, bei ihrer Vorgängerin Angelika Kersting. Damals trugen noch mehr Wittener eine Kopfbedeckung, wobei es schon seit den 1960ern langsam weniger wurde mit dem Hut. „Früher kauften die Menschen zu jedem Outfit den passenden Hut, das ist schon lange nicht mehr so.“

Wagner, Verdi, Witten Es folgten Jahre, in denen die anderen Hutläden aus Witten verschwanden und die Hüte auf den Köpfen der Menschen zunehmend weniger wurden. Bärbel blieb, genauso wie in einer kleinen Seitenstraße parallel zur Fußgängerzone im Wiesenviertel der „Hutsalon Erika“. „Im Sommer habe ich oft Aufträge beim Theater gehabt. Ich habe zum Beispiel am Bayreuther Festspielhaus gearbeitet oder an der Düsseldorfer Oper. Auch am Theater des Westens hatte ich Stückverträge, zum Beispiel bei ,Der blaue Engel‘ mit Eva Matthes. In Berlin war ich unter einem Dach mit der Theaterwäscherei – wir

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REPORTAGE

„Der Hut ist ein Gruß an den Himmel.“

konnten die Bühne direkt mithören“, erinnert sie sich. „Ich habe auch schon überdimensional große Hüte fürs Theater gemacht – als Bühnendeko –, das war nicht immer einfach. Doch als Modistin lebt man nach dem Motto: Es gibt für alles eine Lösung.“ Mit Witten blieb sie in Verbindung und arbeitete immer wieder zeitweise im heutigen „Hutsalon“. 1996 entschied ihre Vorgängerin, in den Ruhestand zu gehen. Nach dem Bestehen ihrer Meisterprüfung übernahm Bärbel Wolfes-Maduka den Laden. „Ich mag das Kleine, ein bisschen Pumpelige an dem Laden. Trotzdem hatte ich am Anfang auch Angst vor der Verantwortung. Ich habe das Geld ganz schön festgehalten“, sagt sie. Der Austausch mit den KundInnen und die Jahre haben ihr Sicherheit gegeben. Der Spaß ist ihr dabei niemals verlorengegangen. „Ich liebe es, den Menschen mit einem Hut einen kleinen Anstubser zu geben. Es hat manchmal schon fast ein bisschen was Therapeutisches. Die Menschen kommen in den Laden und wir quatschen – dabei redet man länger und tiefer als beim Bäcker.“ Die Kundschaft kommt zwar aus dem gesamten umliegenden Ruhrgebiet, trotzdem ist längst nicht jeder auf den Hut gekommen. „Wer hier Hüte verkauft, kann es überall“, sagt Bärbel lachend. „Das hat meine Chefin manchmal gesagt.“ Durchaus hilfreich sind heute die sozialen Netzwerke: „Wir bekommen auch viele Anfragen bei Instagram – manche Menschen haben eine genaue Vorstellung, andere wollen einfach mal einen Hut.“ Und Hüte verkaufen kann sie. So gut, dass vor einigen Jahren die „Met“, die Metropolitan Opera New York in Witten anklopfte und für eine Otello-Inszenierung Hüte bestellte. Aber auch abseits der Bühne sind Hüte nicht verschwunden: „Es kommen mehr Männer als Frauen, früher war es andersrum. Die Leute schätzen das Selbstgemachte.“ Dafür braucht Bärbel im Schnitt zwischen drei und zehn Stunden. Strohhüte dauern am längsten. „Das Material ist störrisch“, sagt Wolfes-Maduka mit einem Augenzwinkern. Für einen Hut zahlen ihre KundInnen zwischen 160 und 500 Euro.

Etwas Besonderes, nicht Alltägliches Auch wenn ihr Handwerk langsam auszusterben scheint, für ihre Auszubildenden sieht Bärbel Wolfes-Maduka auf jeden Fall eine Zukunft. „Es gibt immer was zu tun.“ Ihr Optimismus überrascht, setzt doch die Krise auch ihrem kleinen Laden mächtig zu. „Momentan lebe ich von einem Kredit. Es kommen wenige Kunden. Doch es gab immer schlechte und dann wieder bessere Phasen. Meine ehemalige Chefin zum Beispiel erzählte, dass viele Menschen sich nach dem Krieg von ihrem wenigen Geld einen Hut gegönnt haben. Sie wollten etwas Besonderes, nicht Alltägliches. Vielleicht passiert das nach der Pandemie ja auch.“ Nach dem Krieg wurden Hüte aus allem Möglichen gefertigt, zum Beispiel aus alten Jacken oder Handschuhen. Was früher der Armut geschuldet war, liegt heute im Trend und trägt einen modernen Namen. „Upcycling“ – aus alt wird neu, möglichst wenig wegwerfen, für Klima und Umwelt. Das passt gut ins alternative Wiesenviertel und gehört zum Modisten-Handwerk einfach dazu. „Manche Leute bringen alte Hüte von ihren Großeltern oder so. Die arbeiten wir gerne auf. Verkaufen ist schwierig, wir waschen sie und geben sie günstig ab. Manche verschenken wir auch.“

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Nicht nur das hat einen bleibenden Eindruck im Viertel hinterlassen, finden Freunde, Kunden und Bekannte. Sie helfen Bärbel durch die Pandemie. „Für viele gehört der kleine Laden einfach zu Witten, sie wollen ihn nicht missen und bieten mir Unterstützung an.“ Man sieht ihr deutlich die Freude darüber an. „Welchen Anspruch haben die Leute denn heutzutage an einen Hut?“ – „Das ist ganz unterschiedlich. Viele finden Hüte praktisch: Sie schützen vor Kälte, vor einem Sonnenbrand oder helfen kahle Stellen am Kopf zu verbergen. Für viele Männer ein erheblicher Grund für einen Hut. Es gibt aber auch Menschen, die mit einem Hut provozieren möchten oder sich selbst ein Stück weit mit einem Hut ausdrücken. Entsprechend ist Persönlichkeit in diesem Beruf sehr wichtig. Wäre ich ein Hut, wäre ich wohl ein kleiner frecher Herrenhut, den auch eine Frau tragen kann. Am Ende ist es wichtig, sich mit Mode zu beschäftigen. Man muss dabei nicht modisch sein. Aber eine ausgeprägte Persönlichkeit, gepaart mit dem Interesse an Mode, wäre schon sinnvoll.“ Bärbel nimmt uns mit in die Werkstadt, das Herzstück ihres Hutsalons. Es türmen sich Stoffe. Überall sind kleine, liebevoll beschriftete Kästchen, mit kleinen Knöpfchen und anderen Utensilien. Die Nähmaschine summt. Bärbel lächelt, setzt sich und vertieft sich sofort in einen Hut. Dabei trägt sie zwei Brillen, eine über der anderen. Um noch besser sehen zu können, sagt sie. „Muss man ein bisschen besonders oder verrückt sein, um Hutmacherin zu werden?“, frage ich sie. Sie näht ein kawasaki-grünes Band an den Hut und lächelt. „Das gehört auf jeden Fall dazu.“

„Es kommen mehr Männer als Frauen, früher war es andersrum.“

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DAS FOTO

Ein Mann und eine Frau streiten über das „Emancipation Memorial“ im Lincoln Park, Washington DC. Im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung wird in den USA und Europa neu über koloniale Geschichtsbilder diskutiert. Das Foto, das Evelyn Hockstein für die Washington Post machte, ist nominiert für den World Press Photo Award. Ab dem 8. Mai ist die Ausstellung der weltbesten Pressefotografien im Dortmunder Depot zu sehen. Foto: Evelyn Hockstein

MIETEN & WOHNEN

Wohnungskonzerne als Krisengewinner: Werdet Mietrebellen! Von Knut Unger, MieterInnenverein Witten und Plattform kritischer ImmobilienaktionärInnen Die Wohnungskonzerne haben im März ihre Geschäftsergebnisse für das Krisenjahr 2020 vorgelegt. Während zahlreiche MieterInnen ihre Ersparnisse auf brauchen oder auf Sozialleistungen angewiesen sind, will die Vonovia 956 Millionen Euro Dividende, 7,6 Prozent mehr pro Aktie, ausschütten. Bei der LEG sind es 272,5 Mio. Euro (plus fünf Prozent). Die Mieteinnahmen stiegen 2020 trotz Corona weiter an. Die Personalkosten 16

sind niedrig. Kaum jemand bei Vonovia arbeitet noch zu Tarif bedingungen. Beide Konzerne schreiben sich über Tochtergesellschaften einen Gutteil der mietenwirksamen Rechnungen für Betriebskosten und Modernisierungen selbst und machen auch damit Gewinne. Das Ergebnis: Bei Vonovia werden noch 27 Prozent der Mieteinnahmen des CoronaJahres 2020 für die laufende Bewirtschaf-

tung eingesetzt, bei der LEG sind es nur 25 Prozent. Für die Dividenden dagegen will die Vonovia aber 38 Prozent, die LEG 43 Prozent der Mieteinnahmen ausschütten. Für die nächsten Jahre sind weitere Steigerungen in Aussicht gestellt. Kann denn keiner diese Mietenabsauger bremsen? Doch! In Berlin hat der vom rotrot-grünen Senat eingeführte Mietendeckel dazu geführt, dass auch bei der Vonovia hohe


KOMMENTAR

Das Privileg der Enttäuschung Von Bastian Pütter Immer schon machen Leute nicht mit. Die einen überbetonen wir. Wegen ihrer vermeintlichen Gefährlichkeit, der Beklopptheit ihre Ideen oder weil die Kameras sie mögen. Die anderen ignorieren wir, weil es auch ohne sie geht. Gedacht ist das aus der Überzeugung heraus, das Relevante, Große, Sichere, Stabile sei die Mittetm.

Long Covid in der Mitte

Bei der letzten Landtagswahl 2017 konnte noch niemand ahnen, was für Folgen es haben würde, dass Liberale in der Corona-Krise für Schulen und Kitas in NRW zuständig sein würden und der politische Katholizismus für „Gesundheit“ und die „Richtlinien der Politik“. Bei dieser Wahl gingen im Dortmunder Süden 71,8 Prozent der Wahlberechtigten wählen, in der Nordstadt 43,3 Prozent. Die Armen wählen nicht. Politische Desintegration ist, wenn sie Klassencharakter hat und passiv bleibt, akzeptiert. Die Menschen, die grundsätzlich andere Auffassungen haben, was ein Virus ist, die wissen, wer in Hinterzimmern die Geschicke der Welt lenkt, die in schillernden Varianten von Esoterik und Sozialdarwinismus Polonäsen auf verbotenen Großdemos tanzen usw., sind eher wenige. Lauten Minderheiten hört man zu. Spannender ist, finde ich, dass es neben der Fundamentalopposition und über den Abgehängten einen nach allen Umfragen stabil großen Teil der Bevölkerung gibt, der seiner Regierung Lösungskompetenzen zuschreibt, ihren Institutionen vertraut und ein bemerkenswertes Zutrauen in Wissenschaft als Ordnungs- und Beschreibungsinstanz hat. Das Vertrauen dieser Mitte zerlegt sich gerade in einer Kette von größten anzunehmenden Unfällen und narzisstischen Kränkungen. Dass in den Entbehrungen der Pandemie zu drastischen Fehl- und Nichtentscheidungen, zu Kommunikationsdesastern, zur vielleicht irreparablen Beschädigung des Föderalismus, zur geradezu als Verletzung empfundenen Stressunfähigkeit von Bürokratie auch noch der Korruptionssumpf einer ehemaligen Volkspartei kommt, ist auch wirklich ein bisschen viel. Es ist ein sehr bürgerliches Privileg, sich von Politik überraschend enttäuscht fühlen zu dürfen. Gleichwohl erscheint bemerkenswert, mit welcher Wucht sich im März Teile der Mitte abwandten von ihren gewählten Vertretern. Die Empörung hat keine Richtung, auch weil fünf Parteien in Landesregierungen Mitschuld tragen und sich die AfD für das Völkische und gegen einen charismatischen Populismus entschieden hat. Das mag gut sein. Doch es ist wie bei allem in Bezug auf Corona: Zu Langzeitschäden lässt sich noch nicht viel sagen.

Mieten gesenkt wurden. Den vielen Mietrebellen in der Hauptstadt ist das nicht genug. Seit einigen Wochen sammelt die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ Unterschriften für ein Volksbegehren, das den Senat zwingen soll, die Wohnungen aller Großvermieter nach Artikel 15 des Grundgesetzes zu vergesellschaften. Auch im Ruhrgebiet wäre ein Mietendeckel vonnöten, der die Konzerne daran hindert, die Wohnkosten weiter in die Höhe zu treiben. Auch hier wäre es ein Segen, wenn die Privatisierung der Werks- und Landes-

wohnungen rückgängig gemacht werden könnte. Dazu wird es ohne breiten Mieterwiderstand nicht kommen. Deshalb ist es ein wichtiger Schritt, dass sich Mieterorganisationen aus verschiedenen Städten zusammengeschlossen haben, um sich gegen die Falschabrechnungen der Vonovia zur Wehr zu setzen. Auch an der Ruhr brauchen wir viele Mietrebellen.

DIE ZAHL

50 Prozent

Nach Zahlen des RobertKoch-Instituts lag im Januar und Februar, auf dem Höhepunkt der zweiten Corona-Welle in Deutschland „die Covid-19-Sterblichkeit in sozial stark benachteiligten Regionen um rund 50 bis 70 Prozent höher als in Regionen mit geringer sozialer Benachteiligung“.

Mieterinnenverein Witten und Umgebung e.V. Schillerstraße 13, 58409 Witten

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REPORTAGE

Weil die Polizei in der Dortmunder Münsterstraße einen Kriminalitätsschwerpunkt verortet, will sie mit 18 Kameras ein Teilstück der beliebten Einkaufsstraße überwachen. Die Initiative „No Cam DO“ klagt gegen die Pläne der Polizei – vor Gericht mussten sie aber eine erste Niederlage hinnehmen. Von David Peters | Fotos: Daniel Sadrowski

18 Kameras Für viele gilt die Münsterstraße als Herzstück der Dortmunder Nordstadt. Zu beiden Seiten der Straße reihen sich Läden, Cafés, Shishabars und Restaurants aneinander. In den Sommermonaten herrscht bis in die Nacht hinein reges Treiben. Für die Dortmunder Polizei ist die Münsterstraße aber vor allem ein Kriminalitätsschwerpunkt. 2019 zählte die Polizei auf dem 300 Meter langen Teilstück zwischen Kirchplatz und der Mallinckrodtstraße 464 Straftaten. Um der Lage Herr zu werden, kündigte Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange Anfang des Jahres 2020 an, dieses Stück mit mehreren Kameras überwachen zu lassen. Dabei sank die Zahl der Straftaten in der Dortmunder Nordstadt von 2014 bis 2019 bereits um 39 Prozent. „Es ist der Auftrag der Polizei, die bereits erreichten Erfolge nicht nur abzusichern, sondern dabei zu helfen, sie auch auszubauen“, erklärte Lange dazu im vergangenen Oktober, als die Installation der Kameras startete. Bei einer Pressekonferenz verwies die Polizei darauf, dass die Videoüberwachung nur ein Teil ihres Konzepts zur Bekämpfung der Kriminalität in der Münsterstraße sei: „Unsere ohnehin schon hohe Präsenz in der Nordstadt verbinden wir jetzt mit den Möglichkeiten der Videobeobachtung.“ Der Probebetrieb der Kameras sollte eigentlich im November 2020 starten, doch die Initiative „No Cam DO“ kämpft gegen die Kameraüberwachung. Ihr Sprecher ist Martin Pilpul. Er erklärt, dass die Initiative sich nach Bekanntwerden der Pläne zur Videoüberwachung gegründet habe. „Für uns ist die Videoüberwachung keine Maßnahme, die hilft, die Probleme in der Münsterstraße zu beheben“, fasst Pilpul zusammen. Die Kosten der Überwachung seien in sozialen Projekten wesentlich besser aufgehoben, finden die Überwachungsgegner. Die Initiative gibt offen zu, dass es in der Münsterstraße Probleme mit Kriminalität gibt und hat auch das Gespräch mit Geschäftsleuten und AnwohnerInnen gesucht, um sich über die Überwa-

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chungspläne der Polizei auszutauschen. „Da gibt es eine Diskrepanz zwischen denen, die hier Geschäftsinteressen haben, und den Menschen, die hier leben“, erklärt Pilpul. Mehrere LadenbesitzerInnen hatten sich positiv zur Videoüberwachung geäußert.

„Tendenziell keine positive Wirkung“ Die Initiative „No Cam DO“ bezweifelt den Nutzen der Kameras und verweist auf eine Untersuchung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Diese hatte 2018 ähnliche polizeiliche Überwachungsprojekte in Nordrhein-Westfalen untersucht. Darunter auch die Dortmunder Brückstraße, die nur wenige hundert Meter von der Münsterstraße entfernt


„Die Ergebnisse aus Dortmund sprechen daher tendenziell gegen eine positive Wirkung der Videobeobachtung im Sinne einer Reduktion des Kriminalitätsaufkommens.“

Oben: Die Münsterstraße in der Dortmunder Nordstadt ist Einkaufs- und Gastromeile. Für die Polizei gilt ein 300 Meter langes Teilstück als Kriminalitätsschwerpunkt. Rechts: „Für uns ist die Videoüberwachung keine Maßnahme, die hilft, die Probleme in der Münsterstraße zu beheben“, sagt Martin Pilpul von der Initiative „No Cam DO“.

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REPORTAGE

liegt. „Das erwartete Ergebnismuster, dass eine Reduktion der Kriminalität vor allem in den videobeobachteten Räumen während der Betriebszeiten nachzuweisen ist, zeigte sich nur vereinzelt“, stellten die ForscherInnen fest. In der Brückstraße stieg die Kriminalität sogar um 3,7 Prozent – im unbeobachteten Bereich war hingegen ein Rückgang von mehr als 10 Prozent zu verzeichnen. „Die Ergebnisse aus Dortmund sprechen daher tendenziell gegen eine positive Wirkung der Videobeobachtung im Sinne einer Reduktion des Kriminalitätsaufkommens“, so die Schlussfolgerung des Forschungsinstituts.

„Es gibt auch im öffentlichen Raum ein Recht auf Privatsphäre.“ Neben den Statistiken der niedersächsischen ForscherInnen stellt für Pilpul die Videoüberwachung einen Eingriff in die Privatsphäre dar: „Es gibt auch im öffentlichen Raum ein Recht auf Privatsphäre.“ Der Dortmunder fühle sich unwohl, wenn er bei einem Besuch in einem Café dauerhaft im Visier einer Kamera sei: „Man denkt die ganze Zeit darüber nach, wie man sich verhält. Sieht meine selbstgedrehte Zigarette tatsächlich nach einer Zigarette aus oder wirkt sie auf den Kamerabildern wie ein Joint? Wirkt es verdächtig, wenn ich plötzlich anfange zu laufen, weil ich mich beeilen muss?“ Weil auf ihre Kritik nicht eingegangen wurde, entschloss sich die Initiative, gegen die Kameraüberwachung vor Gericht zu ziehen. Pilpul, der stellvertretend für die Initiative klagt, reichte zudem einen Eilantrag ein. „Die Situation hatte sich verschärft, als im Oktober die ersten Kameras in der Münsterstraße aufgehängt wurden. Das wollten wir stoppen.“ Durch die Klage stoppte die Polizei den Start der Videoüberwachung vorläufig.

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INTERVIEW

„Schnellstmöglicher Start“ Im Februar lehnte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Eilantrag ab. Für das Gericht stellt die „geplante Videoüberwachung weder eine drohende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts beziehungsweise des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung noch eine sonstige Grundrechtsverletzung“ dar. Für Polizeipräsident Lange ein Erfolg: „Wir begrüßen diese Entscheidung, die unser Konzept und meine polizeirechtliche Anordnung klar bestätigt hat. Unser Versprechen für die Menschen in der Nordstadt gilt: Wir schöpfen unsere rechtlichen Befugnisse aus, um die sicherer zu machen.“ Bei der Klage spielte auch die alternative Kneipe „Nordpol“ eine Rolle. Sie sollte von mehreren Kameras überwacht werden. Laut den Kameragegnern fänden in den Räumlichkeiten des „Nordpols“ auch Veranstaltungen statt, die unter dem Schutz des Versammlungsrechts stehen, deshalb sei die Überwachung unzulässig, weil sie einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit darstelle. Die Polizei hatte allerdings im Vorfeld klargestellt, dass der „Nordpol“ nicht das Ziel der Überwachung sei und die Front des Lokals deswegen geschwärzt werde. Für die Initiative zumindest ein Teilerfolg, dennoch wolle man sich damit nicht zufriedengeben. „Uns geht es aber nicht nur um den ,Nordpol‘, sondern um die ganze Münsterstraße“, so Pilpul. Die Initiative will deshalb Widerspruch einlegen. Ihrer Meinung nach habe das Gelsenkirchener Gericht „die fehlenden Nachweise der Wirksamkeit von Videoüberwachung mit dem Verweis auf ein ,Sicherheitsgefühl‘ abgetan“, und auch die Grundrechtseingriffe seien nicht ausreichend gewürdigt worden: „Wir sind weiterhin der Meinung, dass die negativen Folgen der Überwachung in keinem Verhältnis zu den erwarteten Effekten stehen.“ Das muss jetzt das Oberverwaltungsgericht Münster klären. Als Reaktion auf die Ablehnung des Eilantrages hatte Polizeipräsident Lange angekündigt, dass man nun „schnellstmöglich“ mit der Videoüberwachung beginnen wolle.

Was macht eine Stadt lebenswert? Was wünschen sich Menschen für die Straßen vor ihrer Haustür? Das untersucht das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gerade in Dortmund. Am Beispiel des Neuen Graben im Dortmunder Kreuzviertel will das Forschungsteam um Dr. Steven März zusammen mit AnwohnerInnen und Verwaltung Entwürfe für den Straßenumbau entwickeln. Von Katrin Ostroga Grafiken: MUST/EGLV

Das Dortmunder Kreuzviertel der Zukunft? Platz für Fußgänger und Radfahrer, mehr Grün, hohe Aufenthaltsqualität.


„Die Straße grüner bekommen“ Dr. Steven März, Sie leiten die Machbarkeitsstudie „Lebenswerte Straßen, Orte und Nachbarschaften“. Was steckt dahinter? Wir haben 2019 vom Land NRW den Auftrag bekommen, Konzepte für lebenswerte Quartiersstraßen zu entwickeln. Im Fokus stehen das Klima, die Verkehrswende und die Aufenthaltsqualität. Der Neue Graben bot sich an, weil hier in Zukunft Kanalbauarbeiten stattfinden und die Straße sowieso umgestaltet wird. Was soll am Ende herauskommen? Wir fragen uns: Wie kann eine lebenswerte und moderne Straße aussehen, was ist eine moderne Stadt? Auf dieser Basis erstellen wir mit der Emschergenossenschaft und der Stadt Konzepte für mehr Fußgänger und Radfahrer, wir schauen, dass Autos möglichst aus dem Straßenbild verschwinden, und wie wir die Straße grüner bekommen. Unser Ziel ist es, von der Planungsebene zu einer Umsetzung zu kommen. Dabei geht es nicht nur um den Neuen Graben. Das Pilotprojekt soll einen generellen Planungsstandard für den Straßenbau anschieben. Sie haben auch etwa 1.300 AnwohnerInnen befragt. Was wünschen die sich? Sie passen gut zu unseren zentralen Themen: Parken, Infrastruktur, FußgängerInnen und Orte im Grünen zum Verweilen. Wir treffen hier auf offene Ohren. Viele haben durch den Geräuschpegel und das urbane Erscheinungsbild einen gewissen Leidensdruck. Sie wünschen sich Veränderungen. Inwiefern dienen Städte wie Kopenhagen als Vorbild? Projekte aus anderen Städten und Ländern bieten uns Erfahrungswerte. Wie nehmen die Menschen die Veränderung an? Wie bindet man sie am besten ein? Das bietet Inspiration für Ideen. Wie schaffen wir Erfolgsfaktoren, damit das Konzept auch umgesetzt wird? Wir lernen von anderen und können zeigen, was funktioniert. Am Ende geht es auch um Klimaschutz, oder? Es geht uns vor allem um die Rolle der Autos. Wir möchten die Verkehrswende vorantreiben. Dafür braucht es auch Carsharing oder Fahrradverleihe. Wir denken über verschiedene Möglichkeiten nach, z.B. eine Quartiersgarage. Doch ehrlich gesagt ist der Verbleib der Autos noch ein Knackpunkt. Die Anwohner haben keine große Lust, für eine Quartiersgarage Geld auszugeben. Im Sommer wird der Neuen Graben testweise gesperrt. Was passiert dort? Wir stellen Sitzmöglichkeiten auf, schaffen Platz für die Liege vor der Haustür. Wir denken für den Sommer

Bislang gehört der öffentliche Raum am Neuen Graben vor allem den Autos. Das könnte sich nun ändern.

an Nebelduschen, das war bei einem anderen Projekt ein großer Erfolg. Außerdem könnten wir uns Tischtennisplatten vorstellen. Wir regen aber auch an, selbst mitzugestalten und sich mit den eigenen Sachen rauszusetzen. Wann wird die Theorie zur Praxis? Hier richten wir uns nach dem Zeitplan für den Kanalbau. Ende des Jahres entscheidet sich, ob das Projekt weitergeführt und umgesetzt wird. Uns geht es erst einmal um die Forschungswerte, wir würden das Projekt aber gern umgesetzt sehen. Die jetzige Studie ist ja ein Pilotprojekt. Was glauben Sie, wie wir in 30 Jahren wohnen? Ich glaube, dass es deutlich weniger private Autos geben wird, weil das autonome Fahren eine große Rolle einnimmt. Es gibt dann viel mehr freie Fläche, die es zu gestalten gilt. Auf der anderen Seite müssen wir etwas am Straßenbild ändern, aus Klimaschutzgründen. Dunkle, asphaltierte Straßen ohne Schattenplätze heizen sich im Sommer einfach zu stark auf.

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WILDE KRÄUTER

Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

LÖWENZAHN

M REZEPT 500 g Kandiszucker in 500 ml Wasser auflösen, den Sirup auf die Hälfte reduzieren. 1 Bio-Zitrone in Scheiben schneiden, 125 g Löwenzahnblüten zufügen und beides mit dem noch heißen Sirup übergießen. Durch ein Sieb laufen lassen, die Flüssigkeit auffangen. Die Zitronenscheiben entfernen, die Blüten sehr gut ausdrücken und auch diesen Saft mittels Sieb filtern. Beide Flüssigkeiten zusammengießen und im Verhältnis 1:1 mit Weizenkorn mischen (wer es weniger süß oder süßer mag, kann das Verhältnis nach Belieben ändern). In sterile Flaschen füllen.

athe war heikel, Chemie schlimmer. Zwar entwickelt man als Schüler Tarnkappenstrategien, um im Unterricht unsichtbar zu werden, früher oder später aber kommt die Wahrheit dennoch ans Licht – bei Klassenarbeiten. Eine ungenügende Klausur ist deprimierend, aber kein Vergleich zu den Erfahrungen, die man als Nulpe regelmäßig im Sportunterricht sammeln muss. Mannschaftssportarten sind riskant – schon vor dem Spiel. Wer stets beim Wählen übrig bleibt („Müssen wir den wirklich noch nehmen? Sch***, da können wir ja gleich hinschmeißen!“), kann so traumatisiert werden fürs Leben. Oder Bundesjugendspiele. Ob es heute noch so ist, weiß ich nicht. Zu meiner Zeit gab es abgestufte Urkunden, um die es zu ringen galt. Die Granaten bekamen eine Ehren-, der Rest (theoretisch) eine Siegerurkunde. Oder umgekehrt. Prinzipiell sollte niemand leer ausgehen. Doch irgendwer hatte wohl entschieden, dass auch für die B-Urkunde eine gewisse Mindestpunktzahl nötig war. Als zusätzliche Motivation vielleicht? Ich habe sie in meiner Schullaufbahn nur ein einziges Mal erlangt. Obwohl ich mich nach Kräften bemüht habe, schlich ich in den übrigen Jahren ohne Zertifikat nach Hause. Nicht weit genug, nicht hoch genug, zu langsam, zu schwach. Ich weiß, unter Corona kann es missverstanden werden, aber damals ein Sportunterrichtlockdown, das wäre die Rettung gewesen. Ich vermute, hier liegt mein Faible für alles Langsame begründet. Mir gefallen Schnecken, Faultiere und Schildkröten. Ein Krokodil, im Übrigen Zootier des Jahres 2021, kann reglos stundenlang auf Beute lauern. Okay, dann wird es plötzlich doch sehr schnell. Das blende ich aus, als Krokodil wäre ich wohl verhungert. Wobei ich de facto bis zu einem

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Taraxacum

Jahr ohne Nahrung hätte überleben können. Das finde ich bemerkenswert, aber übertrieben. Ich esse gern, sonst würde ich diese Kolumne gar nicht schreiben. Mehr Weile als Eile gilt in der Regel auch bei den wilden Kräutern. Der Eichellikör, den ich hier einst vorgestellt habe, muss zwölf Monate reifen, bis er seinen runden, weichen Charakter entwickelt hat. Dann freilich übertrifft er manch einen Cognac. Auf Hinweise zu mehrwöchiger Lagerung stoßen Sie in der Regel, wenn Sie nach Rezepten für einen Aufgesetzten aus Löwenzahnblüten suchen. Aber wenn es doch mal schnell gehen soll? Den Granaten zum Trost: Es gibt eine Turbovariante, die zu einem durchaus respektablen Ergebnis führt.

Die gelben Blüten eignen sich zur Herstellung eines wohlschmeckenden, honigähnlichen Sirups oder Gelees (französisch cramaillotte, mit Orange, Zitrone und Zucker). Die jungen, nur leicht bitter schmeckenden Blätter können als Salat verarbeitet werden. Die Wurzel kann ebenfalls als Salat verarbeitet oder gekocht werden. Aus der getrockneten und gerösteten Wurzel der Pflanze wurde in den Nachkriegsjahren ein Ersatzkaffee hergestellt.


KULTUR

„Dortmund goes Black“ Das Netzwerk steht unter der Projektleitung der neuen Schauspielintendantin Julia Wissert, die sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat, mit anderen Zugängen zum Theater ein vielfältigeres Publikum zu erreichen. Es setzt sich neben dem Schauspiel Dortmund aus dem Internationalen Frauenfilmfestival Dortmund / Köln, dem Dietrich-Keuning-Haus und dem Dortmunder Kunstverein zusammen. Ausgangspunkt der Programmüberlegungen war der Black History Month, der 1926 vom afroamerikanischen Historiker Carter Godwin Woodson ins Leben gerufen wurde, um Errungenschaften sowie Perspektiven Schwarzer Menschen im Februar jeden Jahres sichtbar zu machen. Doch warum aus einem Monat nicht gleich ein ganzes Jahr machen? Mit einem offenen Aufruf suchte das Netzwerk KünstlerInnen, Kulturschaffende und KuratorInnen aus oder in Verbindung mit Dortmund und dem Ruhrgebiet, die sich als Schwarz, Afrikanisch, Afrodeutsch und / oder Afrodiasporisch positionieren und Lust hatten, zwischen Februar 2021 und Februar 2022 eine fertige Arbeit zu präsentieren. Im April stellt die bildende Künstlerin Sheila Elethy Kipling im Dietrich-Keuning-Haus aus. Das Regisseurinnen-Duo Ruth Mensah und Milena Castao Kolbowski hat einen Performance-Walk entwickelt, der im Mai an mehreren Terminen vom Schauspiel Dortmund angeboten wird. Im Mai lädt auch Oxana Chi zum ersten von drei Salongesprächen mit lokalen und internationalen KünstlerInnen ein – ebenfalls ins Schauspiel Dortmund.

Ein neues Netzwerk wichtiger Kulturakteure will unter dem Motto „There are black people in the future“ (Zitat: Alisha B. Wormsley) eine Reihe von Ausstellungen, Erzählungen, Performances, Präsentationen, Lectures, Workshops von AkteurInnen aus Dortmund oder mit Verbindung zu Dortmund und dem Ruhrgebiet präsentieren. Von Max Florian Kühlem | Foto: Theater Dortmund

Einen Monat später stellen dann Princela Biya und Marny Garcia Mommertz als Teil der Association of Black Artists die Ergebnisse einer spannenden Recherche vor: Beauftragt vom Internationalen Frauenfilmfestival Dortmund / Köln und Interkultur Ruhr haben sich mit der politischen Liedermacherin Fasia Jansen beschäftigt, die in den 1950er-Jahren von Hamburg ins Ruhrgebiet gekommen war und 1997 in Oberhausen gestorben ist (bodo 12/20). Sie wollen einen besonderen Fokus auf ihr Schwarzsein legen. Ebenfalls im Juni zeigen Peter Ekemba und Fresher Blue als Teil des Pride Festivals des Schauspiels Dortmund eine Tanzperformance. Im Juli bieten Theresa Weber und Anys Reimann ein performatives Format zum Thema Fluidität am Dortmunder Kunstverein an. Am selben Ort lädt außerdem Clarisse Akouala im Oktober zu einer postkolonialen Erzählung kolonialer Raubkunst. Mehr Details zum Programm kann man auf dem Instagram-Account „Dortmund goes Black“ und mit Nutzung des Hashtags #dortmundgoesblack erfahren.

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Kulturlandschaft April | 2021

Als Corona kam, suchten Kulturschaffende gleichzeitig neue Ausdrucksmöglichkeiten und alternative Wege zu ihrem Publikum. Inzwischen ist klar: Gut geklappt hat das nicht. Ein Stream ersetzt keinen Theaterbesuch, ein Musizieren vor dem Balkon kein Konzerterlebnis. Und noch etwas ist klar: Das viel beklagte Auf und Ab von Reglementierungen und Lockerungen gab es im Kultursektor nicht. Für viele währt die Zwangspause inzwischen über ein Jahr. Vieles wirkt wie eingefroren, manche Akteure sind nicht einmal mehr erreichbar. Es wird viel wieder aufzubauen sein, auch in unserer Kulturlandschaft. Einige positive Ausblicke finden sich trotzdem.

Dietrich-Keuning-Haus In den vergangenen Monaten waren die Türen des Dietrich-Keuning-Hauses für BesucherInnen zwar pandemiebedingt geschlossen, doch hinter den Kulissen hat sich das Kultur- und Soziokulturzentrum neu erfunden. Einen frischen Anstrich haben nicht nur viele Wände und Räume erhalten: Mit einem neuen Logo, einem Programmheft im neuen Look und einem vielfältigen OnlineProgramm ist es als „Keuning.haus“ ins erste Quartal 2021 gestartet. Bereits im vergangenen Frühjahr hatte das Keuning.haus damit begonnen, sein Programm, soweit möglich, ins Digitale zu verlegen. Zahlreiche Talks mit bundesweit prominenten Gästen, Interviews, Lesungen in verschiedenen Sprachen oder Do-It-Yourself-Kurse sind seitdem im YouTube-Kanal „Keuninghaus to go“ abruf bar. Ausschließlich virtuell geht es vorerst leider weiter: An jedem Dienstag

und Donnerstag und bei besonderen Specials auch freitags lädt das Team des Keuning.haus neue Videos hoch. Freuen dürfen sich die ZuschauerInnen demnächst u.a. auf den feministischen Talk „Feel the Weibz“ mit Deniz Greschner. Ganz neu in diesem Jahr ist die Kooperation mit Wolfgang Kienast und seiner Salonkultur-Reihe „Ekamina – Abende am elektrischen Kamin“: Nachdem der bisherige Spielort, das „Sissikingkong“ an der Landwehrstraße, im vergangenen Jahr geschlossen wurde, findet die seit über 20 Jahren beliebte Ekamina-Reihe nun im Keuning.haus ihr neues Zuhause. Literatur und Tonkunst kommen fortan aus dem neu gestalteten „Studio“. Zahlreiche weitere neue Formate warten darauf, endlich ihre Premiere vor Publikum zu erleben. Die Reihe „Pottkultur“ bietet KünstlerInnen verschiedener Genres ein Forum. „Das Pentagon“ ist eine polit-

Mit neuem Logo und neuem Programm macht das keuning.haus weiter – hier hat auch „Ekamina“ ein neues Zuhause gefunden.

satirische Diskussionsrunde moderiert von Aladin El-Mafaalani, der außerdem weiterhin die erfolgreiche Reihe „Talk im DKH“ moderiert. www.dkh.dortmund.de

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Bronzen gegen den Klimawandel

Eisbär mit Koffer | Hurrikan | Kampf um Wasser | Dürre | Fracking | Die letzte Welle

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Diese Bronzen des Dortmunder Bildhauers Bernd Moenikes sind 10 bis 12 cm groß und kosten jeweils 400 Euro. Der Guß kostet pro Figur 200 Euro – 200 Euro werden an ein Klimaprojekt von Greenpeace gespendet. Die Bronzen haben eine Auflage von je 25 Stück. Bestellungen an: bernd.moenikes@t-online.de oder Tel. 0170 – 38 36 298


Juicy Beats Park Sessions

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steckungsrisiko: „Als kleine, erfreuliche Info: Im letzten Jahr ist dieser Fall kein einziges Mal eingetreten – auch weil sich alle an die Regeln gehalten haben.“ www.parksessions.net

Kulturort Depot Was die Programmplanung betrifft, schweben über dem Depot – wie über allen Kultureinrichtungen – momentan noch viele Fragezeichen. Ein dickes Ausrufezeichen kann aber schon hinter den Veranstaltungsschwerpunkt 2021 gesetzt werden: Fotografie. Die World Press Photo Ausstellung wird auch in diesem Jahr wieder Halt in der ehemaligen Straßenbahnwerkstatt im Dortmunder Norden machen. Damit ist Dortmund einer der ersten Spielorte weltweit, an dem die preisgekrönten Pressefotos zu sehen sind. Voraussichtlicher Ausstellungszeitraum ist vom 8. bis zum 30. Mai. Doch das Depot-Team hat noch mehr fotografische Asse im Ärmel: Vom 7. bis zum 27. Juni geht das f² Fotofestival bereits zum dritten Mal an den Start. An unterschiedlichsten Orten präsentieren renommierte FotografInnen und aufstrebende Talente ihre Werke zum diesjährigen Thema „Identität“ – und das alles bei freiem Eintritt. Wer mehr über das Festival erfahren möchte, wird unter www.f2fotofestival.de fündig. Im Herbst wartet dann die „Rückblende“ – der deutsche Preis für politische Foto-

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

Die Kulturbranche hat unter den notwendigen Coronamaßnahmen in erheblichem Maße gelitten, daher müssen sich gerade Veranstaltende weitestgehend autark Möglichkeiten suchen, um stattzufinden, aber auch um finanziell zu überleben. Einer dieser Wege sind die Juicy Beats Park Sessions, die das Dortmunder Festival nach der pandemiebedingten Absage des letzten Jahres als Alternativkonzept vorstellte und mit über 60 Terminen erfolgreich durchführte. Nun gehen die Park Sessions von Ende Mai bis Mitte August in die zweite Runde und binden, wie schon im letzten Jahr, andere Veranstaltende mit ein, um ihnen nicht nur eine Bühne, sondern auch Einnahmemöglichkeiten bieten zu können. Doch auch fürs Publikum lohnt sich der Besuch im Dortmunder Westfalenpark, denn mit dabei sind u.a. Helge Schneider alias Helge & The Snyders – Let‘s Lach! (18.7.), Olli Schulz und Band (29.5.), Element Of Crime (9.8.), The Notwist (31.7.), Lisa Simone (11.6.), Annett Louisan (18.6.), Michael Schulte (27.5.), Markus Krebs (13.7.), Jupiter Jones (13.6.) und Mighty Oaks (15.6.). Die Veranstaltenden der Juicy Beats Park Sessions haben sich ein umfassendes Hygienekonzept überlegt, das nicht zuletzt auf den Erfahrungswerten des letzten Jahres beruht. Dafür stünde das Team hinter dem Juciy Beats Festival im ständigen Austausch mit dem Gesundheitsamt. Auf der neuen Homepage der Veranstaltung finden sich die Regeln ausführlich erklärt und mit ihnen dann auch ein beruhigender Satz in Bezug auf das An-

Corona und den nötigen Maßnahmen sind im letzten Jahr auch Festivals in ganz Europa zum Opfer gefallen. Für diesen Sommer sind die ersten Absagen bereits eingegangen, andere Veranstalter überlegen sich alternative Wege.

Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Mieterverein

Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

Kampstr. 4 44137 Dortmund Tel. 0231/557656-0 mieterverein-dortmund.de

Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

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gutes BROT B ▪ Hattinger Str. 188, 44795 Bochum Tel. 0234 – 450 590

▪ Hattinger Str. 264, 44795 Bochum Vom 7. bis zum 27. Juni geht das f² Fotofestival bereits zum dritten Mal an den Start. An unterschiedlichsten Orten präsentieren FotografInnen ihre Werke zum diesjährigen Thema „Identität“.

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KULTURLANDSCHAFT

grafie und Karikatur – auf die BesucherInnen. Die zugehörige Fotoausstellung ist wieder in der Mittelhalle des Depots zu Gast und bietet einen spannenden Rückblick auf das politische Jahr in Deutschland. Der konkrete Termin und alle weiteren Infos werden in den kommenden Wochen auf der Homepage des Depots veröffentlicht. In der Zwischenzeit empfiehlt sich immer mal wieder ein Blick auf die Social Media Kanäle des Kulturortes: Via Facebook und Instagram hält die Depot-Crew alle KulturfreundInnen auf dem Laufenden. www.depotdortmund.de

Rotunde „Wir hoffen, dass wir den von MitarbeiterInnen mit großem Einsatz in ihrer Freizeit liebevoll neu gestalteten Garten der Rotunde ab Mai wiedereröffnen dürfen und dort gegebenenfalls kleine, CoronaVorgaben konforme Listening-, Biergarten- und Chill-Out-Veranstaltungen mit

„Es gibt also schon einiges in der Rotunde“, sagt Steffen Korthals. „Wir lassen den Kopf nicht hängen und freuen uns sehr darauf, wenn wir noch mehr spannende Veranstaltungen umsetzen dürfen.“

DJs, Live-Acts oder Bands sowie Streams von diesen Events anbieten können“, erklärt Steffen Korthals, Booker, DJ und Pressesprecher der Rotunde Bochum. Aktuell wartet man darauf, dass das Projekt „Neustart Kultur“ durchgeführt werden kann. Wenn es erlaubt ist, wird die Rotunde Konzerte, künstlerische DJ-Sets zum Hören, Talks und Performances realisieren. Dies, so möglich, vor kleinem Publikum plus Streams im Internet als Hyb-

rid-Format. Sollten diese Events nur ohne ZuschauerInnen durchführbar sein, dann gibt es sie rein als Stream. „Inhaltlich möchten wir bei diesen Veranstaltungen heimische KünstlerInnen – und am besten auch den Austausch mit internationalen Kreativen – fördern sowie gesellschaftlich besonders relevante Aspekte aus dem Kontext Gender, Migration, Diversität mitkommunizieren. Wir hoffen, dass erste Veranstaltungen dieser Reihe ab Herbst

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Liebe Keuning.haus – Community, wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht für euch! Theater Zauberkasten: „Jedes Jahr bringen ca. 120 KünstlerInnen ihr Programm bei uns auf die Bühne – alle stehen in den Startlöchern…“

oder Ende dieses Jahres möglich sein werden.“ Für die kälteren Tage im Herbst und Winter – falls die Veranstaltungshallen und Floors noch nicht wieder regulär aufgemacht werden dürfen wird es eine gemütliche Wohnzimmerbar geben, wie es sie schon kurz vor dem zweiten Lockdown unter dem Glasdach der Rotunde im Eingangsbereich zum Abhängen, Quatschen, Musikhören und Drinks-Schlürfen gab. Des Weiteren besteht zurzeit die Möglichkeit, die Rotunde mit Streaming-Technik zu mieten, wovon schon einige Institutionen, Firmen und Veranstaltungsformate Gebrauch machen. „Es gibt also schon einiges in der Rotunde. Wir lassen den Kopf nicht hängen und freuen uns sehr darauf, wenn wir noch mehr spannende Veranstaltungen umsetzen dürfen.“ www.rotunde-bochum.de

Theater Zauberkasten Der Zauberkasten in Bochum-Gerthe ist ein kleines Theater mit ca. 80 Sitzplätzen und wird von Angelika und Robinson seit 28 Jahren in Eigenregie betrieben. Von der Programmplanung über Technik, Kartenverkauf bis hin zum Aufräumen nach den Vorstellungen machen die beiden alles selbst. „Corona hat uns natürlich auch einen dicken Strich durch alle Planungen gemacht, in 2020 waren wir sechs Monate und in 2021 immerhin schon drei Monate geschlossen“, erklärt Angelika. „Vom 13.3.20 bis heute haben wir Monat für Monat die Veranstaltungen terminlich verschoben und die gebuchten Karten abgesagt, immer in der Hoffnung, irgendwie muss es doch mal weitergehen. Bei jeder Kartenumbuchung hörten wir: ,Nee, lassen Sie die Karten mal stehen, wir

Bad news: vom 22.03. bis zum 08.05. ist unser Haus aufgrund der Wartung unserer Sprinkleranlage für den Publikumsverkehr geschlossen. möchten doch so gerne wiederkommen.‘“ Doch trotz aller Unsicherheiten wird natürlich weiterhin geplant. Sobald der Zauberkasten wieder öffnen darf, gibt es einen Stream mit Walli (Esther Münch), Ende April steht u.a. „Der Ausbilder“ auf dem Programm, im Mai René Steinberg, Roberto Capitoni u.v.m. Im Sommer bietet der Zauberkasten wie jedes Jahr Zauberkurse für Kinder an sowie den Comedy-Sommer mit vielen KünstlerInnen. Auch die Herbst- und Winterplanungen mit Kabarett, Comedy, Zauberei, Travestie, Musikkabarett, Weihnachtsprogrammen und Jahresrückblicken laufen bereits auf Hochtouren. Sofern möglich, soll es auch wieder Kindergeburtstage, Weihnachtsfeiern und die Silvesterparty geben. „Jedes Jahr bringen ca. 120 KünstlerInnen ihr Programm bei uns auf die Bühne, alle stehen in den Startlöchern, und viele mussten sich zwischendurch in der Arbeitswelt umorientieren und sich ein zweites Standbein schaffen. Daran kann man sehen, wir haben den festen Willen, wieder zu arbeiten und durchzuhalten. Bis bald, wenn es wieder heißt: Herzlich willkommen im Zauberkasten, mein Name ist Angelika und…“ www.zauberkasten.de

Good news: wir sind weiterhin online für euch da und bieten euch ein vielfältiges Programm auf unserem YouTube-Kanal „Keuninghaus to Go“!

Alle aktuellen News findet ihr natürlich auch auf unseren Social Media Kanälen: Checkt es aus! facebook.com/DietrichKeuningHaus keuninghausofficial YouTube "Keuninghaus to Go" Das neue Programmheft findet ihr auf unserer Internetseite www.dortmund.de/dkh

Varieté et cetera Das Bochumer Varieté et cetera gehört seit fast 30 Jahren zu den Top-Adressen für Live-Entertainment und hat sich damit als feste Größe der Ruhrgebietskultur etabliert. Artistik, Comedy und Gastronomie – mit begeisternden Shows und schmackhaften Speisen bietet et cetera ein wunderbares Ausflugsziel für die ganze Familie. Jede neue Show besteht aus

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KULTURLANDSCHAFT

einem wechselnden Ensemble internationaler Artisten und besten Comedians, vereint in einer erfrischenden Inszenierung. Die BesucherInnen erwartet beeindruckende Jonglage, kraftvolle Trapezkünste, leidenschaftliche Partnerakrobatik und vieles mehr. Doch das Besondere am Varieté ist nicht allein die Kunst auf der Bühne. Mit Liebe zum Detail kümmert sich die hauseigene Gastronomie um die kulinarischen Top-Acts und ermöglicht ein besonderes Dinner im Rahmen einer eindrucksvollen Theaterkulisse, gemütlichem Ambiente und familiärer Atmosphäre. „Leider ist so Anzeige „DSW21-App“ A5 hoch schnell keine Öffnung des Theaters in Sicht“, berichtet die Mitbegründerin und Geschäftsführerin Silvia Cabello. „Wir hoffen, im Frühsommer irgendwann wieder spielen zu dürfen. Unser Hygi-

Varieté et cetera: „Wir sind bereit – unsere MitarbeiterInnen und KünstlerInnen freuen sich sehr darauf, das Publikum bald wieder verzaubern zu können.“

ene-Konzept mit allen erforderlichen Änderungen und nur noch der Hälfte der Sitzplätze, hat im Herbst großen Anklang gefunden. Wir sind bereit – unsere MitarbeiterInnen und KünstlerInnen freuen sich sehr darauf, das Publikum bald wieder verzaubern zu können.“ www.variete-et-cetera.de

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WERK°STADT In der Wittener „Werkstadt“ wurde die veranstaltungsarme Zeit dazu genutzt, intensiv an der Neuausrichtung des Wittener Jugend- und Kulturzentrums zu einem zeitgemäßen Begegnungs-, Veranstaltungs- und Kommunikationszentrum zu arbeiten. Mit Mitteln aus dem Bundesprogramm „Neustart“ wurde die graue Industriehalle zu einem gemütlichen Kulturgarten umgebaut – mit viel Grün, einladenden Sitzecken und einem abwechslungsreichen Kulturprogramm bei freiem Eintritt, etwa mit Lesungen oder Singer-Songwriter-Auftritten. Auch die Queerstadt, ein Stammtisch für LGBTQ+, deren FreundInnen und Interessierte wird im Kulturgarten beheimatet sein, sobald er geöffnet werden darf. „Unsere Vorstellung von der ,Werkstadt‘ ist die eines offenen Hauses. Ein Haus, in dem Menschen die Initiative für ihr Projekt ergreifen können und den dafür passenden Raum finden“, sagt Geschäftsleiter Christian Adams. So sollen sich hier künftig auch engagierte Gruppen im Rahmen des Projektes „Ein Ort für alles“ in eigenen Projekten ausprobieren können. Bei der Planung des Kulturprogramms setzt die „Werkstadt“ ansonsten vorerst auf Open-Air-Veranstaltungen, die ebenfalls in aller Regel kostenlos besucht werden können. So ist vor dem angeschlossenen Jugendcafé „Treff“ der „Werkstadt“-Sommer mit Konzerten, Poetry Slams und einer Neuauflage des Fahrradkinos geplant. Auch das Unmöglich!-Festival wird unter freiem Himmel stattfinden. Hier treten unter anderem die feministische Deutschrapperin Ebow und die Hip-Hopperin Kaleo


Sansaa auf. Nicht zuletzt wird derzeit in Kooperation mit dem Kulturforum Witten ein großes Sommerprogramm rund um den Saalbau vorbereitet. „Erst für den Herbst haben wir dann wieder ein Programm geplant, das an das anknüpft, was vor Corona war“, sagt Christian Adams. „Mit Comedy und Kabarett, Partys für alle Altersgruppen, Trödelmärkten und Familiensonntagen“. www.werk-stadt.com

Die Kinos Am 28. Februar 2021 haben bundesweit die Kinos gestrahlt. Unter dem Motto „Kino leuchtet. Für dich.“ haben zahlreiche Kinos für einen Tag die Lichter angestellt, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, denn seit Monaten heißt es dort nach wie vor „Vorübergehend geschlossen“. Einen Tag lang wurde gestreamt, wie Kinosäle im alten Glanz erstrahlen, SpaziergängerInnen wurden aufgefordert, Fotos der beleuchteten Fassaden zu machen und in den sozialen Netzwerken hochzuladen und zu beschreiben, was sie am Kino vermissen und wovon sie träumen. Und ja, Kino fehlt – es fehlt, sich in der Schlange anzustellen, um sich kurz vorm Film noch mit frischem Popcorn, Nachos und Getränken einzudecken, es fehlt der Moment, in dem der Vorhang aufgeht, und das Gefühl, in den Film einzutauchen, der dort über die große Leinwand flimmert, und es fehlt sogar der Moment, in dem klar wird, dass der Mensch auf dem Vordersitz ein bisschen

größer ist als man selbst. Den KinobetreiberInnen bleibt momentan nicht viel mehr als zu hoffen, dass es irgendwann wieder weitergeht. Tatenlos bleiben sie dennoch nicht. Einige Kinos bieten regelmäßig Popcorn und Getränke per Fenster- oder Türverkauf an, andere streamen Filmgespräche aus leeren Kinosälen oder bieten Online-Workshops an. Auch in den sozialen Medien melden sich viele Kinos regelmäßig zu Wort, zeigen Trailer verschobener Blockbuster, die hoffentlich bald ihren Weg auf die Leinwand finden, geben Einblicke hinter die Kulissen eines Kinobetriebes, denken sich kleine Gewinnspiel-Rätsel rund um das Thema Film aus. Es lohnt sich also, dort vorbeizuschauen. Wer sein Lieblingskino unterstützen möchte, kann dies mit dem Kauf von Gutscheinen tun, spenden oder Filme über den Video on demand-Service leihen, den einige Kinos anbieten.

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Auch das vielfach ausgezeichnete Programmkino „sweetsixteen“ hofft, dass es bald weitergeht. Unterstützen kann man die Lichtspielhäuser der Region zum Beispiel mit dem Kauf von Kinogutscheinen

Capitol (Bochum) www.capitol-bochum.de Casablanca (Bochum) www.casablanca-bochum.de CineStar (Dortmund) www.cinestar.de endstation.kino (Bochum) www.endstation-kino.de Kino im U (Dortmund) www.dortmunder-u.de Metropolis (Bochum) www.metropolis-bochum.de Roxy Kino (Dortmund) www.roxykino.com Schauburg (Dortmund) www.schauburg-kino.com SweetSixteen (Dortmund) www.sweetsixteen-kino.de UCI (Bochum) www.uci-kinowelt.de Union Filmtheater (Bochum) www.kino-bochum.de

Nehmen Sie Kontakt auf

Martina Buchbinder Projektleiterin

Tel.: (0160) 74 42 333 E-Mail: Martina.Buchbinder@ jugendhilfe-elisabeth.de

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BODO GEHT AUS

STÜH33 Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum

STÜH33

Kaffee in der KoFabrik „Es gibt bestimmt bessere Zeiten, ein Café aufzumachen“, sagt Ronny Hanatschek lachend. Im September 2020 eröffnete er gemeinsam mit Franziska Mann das STÜH33 im denkmalgeschützten Backsteinbau an der Stühmeyerstraße – als Gewinner eines Bewerbungsverfahrens. 2018 übernahm die „Montag-Stiftung Urbane Räume“ den Gebäudekomplex, die hier versammelten Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe mussten weichen. Es entstand die „KoFabrik – ein Ort für nachbarschaftliche Begegnung, kooperatives Arbeiten und urbane Produktion“. Zum Konzept gehört eine „Hausgastronomie“, die sich den Ideen der KoFabrik verpflichtet fühlt. „Ich muss einfach Dinge entwickeln und neue Ideen umsetzen. Wenn ich nur Bestehendes verwalte, habe ich schnell keine Lust mehr“, erklärt Ronny, der eigentlich aus der Medien- und Werbebranche kommt. Den Traum vom eigenen Café hat er seit der Restaurierung seiner ersten SiebträgerMaschine. Aus der Freude an gutem Kaffee wurde eine Obsession: von der fairen, transparenten Lieferkette bis zur Röstung durch den zweifachen deutschen Röstmeis-

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Von Sebastian Sellhorst Fotos: Daniel Sadrowski

ter Benjamin Pozsgai. Elitär und teuer soll es trotzdem nicht sein. „Wir wollen einfach für jedermann eine Welt eröffnen, die Spaß macht. Man kriegt bei uns auch einfach einen Filterkaffee mit Milch, aber halt einen verdammt guten. Und vielleicht bekommt man dann Lust, etwas Ausgefalleneres zu probieren“, so Ronny. Eine leicht fermentierte, helle Röstung aus Äthiopien etwa, die den ungeübten Kaffeetrinker wohl eher an schwarzen Tee als an Kaffee erinnert.

Ronnys Geschäftspartnerin Franziska ernährt sich vegan, und so sind viele der hausgemachten Kuchen und Snacks, die man im STÜH33 bekommt, das auch. „Zu unserem Markenzeichen entwickelt sich zurzeit unsere Zimtschnecke.“ Zu sehr festlegen auf Kaffee und Kuchen wollen sich die beiden aber nicht, auch wenn die Pandemie Café wie KoFabrik noch ziemlich ausbremst. „Es ist nicht einfach, wenn du den Kopf und die Schublade voller Ideen und Konzepte hast – wir hoffen, möglichst bald richtig loslegen zu können.“


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BO-Fabrik Hinter dem erhaltenen Verwaltungsbau an der Stühmeyerstraße lagen ursprünglich die Werkhallen der Heintzmann-Gießerei – „die schönste Halle Deutschlands“ (Claus Peymann). Die Stadt hatte das Areal 1974 von Heintzmann erworben, Peymann machte die Halle zum Spielort des Schauspielhauses. Nach einer Aufführung des Gastspiels „Die Hausbesetzer“ blieben 300 BesucherInnen. Es war die letzte einer ganzen Reihe von Besetzungen zur Schaffung eines „Autonomen Zentrums“ in Bochum. In den zwei Monaten der Besetzung etablierten die BesetzerInnen Vollversammlungen, Arbeitsgruppen, Kneipe, Café und Küche. Ton, Steine, Scherben spielten vor Tausenden, Kundgebungen erhöhten den politischen Druck auf die Stadt. Die blieb jedoch bei ihrem „Dialog mit dem Vorschlaghammer“ (Bochumer Studentenzeitung). Ende Januar 1982 beschloss eine große Koalition im Rat den Abriss, am 10. Februar erfolgte mit einem massiven Polizeieinsatz die Räumung, der Komplex wurde umgehend abgetragen. Übrig blieb die heutige KoFabrik.

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REPORTAGE

Die Hasenapotheke Der Hase begegnet uns im Volks- und Aberglauben, in Fabeln und Legenden. Auch jenseits dieser Geschichten gibt es Erstaunliches über Meister Lampe zu erzählen, über faszinierende Tricks zum Beispiel, mit denen er dem Fuchs ein Schnippchen schlägt. In der Grauzone zwischen Mythen und Realität ist die Hasenapotheke zu verorten, jene achtzig Kräuter, ohne die ein Hase angeblich nicht leben kann. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

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ei angenehm milden Temperaturen sind wir Ende Februar mit Maria-Theresia Niehues auf dem flachen Land, südlich von Waltrop, zwischen Lippe und DattelnHamm-Kanal verabredet. Keine zwei Wochen ist es her, da lag hier noch Schnee, näherte sich das Thermometer der unwirtlichen Minus20-Grad-Marke. Die Natur hat sich rasch vom Frost erholt, allseits sprießt frisches Grün. Gemeinsam queren wir eine Wiese. Am Horizont dampft Datteln 4, dieses, mit Verlaub formuliert, unter strittigen Umständen geplante und in Betrieb genommene Kohlekraftwerk. Wir sehen die Aufbauten vom Sperrtor am Kanal. Über uns hängen Hochspannungsleitungen. „Wir sind Pott“, bringt es Frau Niehues auf den Punkt. Selbst hier, wo Gehölze die vergleichsweise kleinen Felder begrenzen, wo Buschwerk und überschaubare Wäldchen die Landschaft auflockern, wo kaum Häuser stehen, sich Gräben und Brachstreifen ziehen, längst nicht jeder Weg geteert ist, kurz, wo sich dem Volksmund nach Fuchs und Hase eine Gute Nacht wünschen, ist Industrie präsent. Frau Niehues, beruflich leitet sie das Ernährungsteam im Dortmunder St.-Elisabeth-Krankenhaus, wohnt in dieser Gegend. Ihre Freizeit verbringt sie mit ihren Hunden – oder geht auf die Jagd. Bei Waltrop kennt sie sich aus. „Die Wiese, auf der wir stehen, gehört zu einem nahegelegenen BioBauernhof “, weiß sie. „Die Betreiber haben sie angelegt, um Heu für ihre Pferde zu machen. Die vielen Kräuter bringen ein fett- und eiweißreiches Heu. Das ist gut für Pferde und gut für die wilden Tiere. Für die ist diese Grünfläche ein absoluter Magnet. Da ist der Bär los. Da brüten Enten, und natürlich sind auch Hasen drin.“ Das Klischee stimmt, Hasen lieben wohl vor allem den Klee, der hier wächst.

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REPORTAGE

Ein empfindlicher Magen Doch nicht allein der Klee ist wichtig. Meister Lampe hat ein vertracktes Verdauungssystem und benötigt ein vielfältiges Nahrungsangebot. „Im Prinzip sind Hasen Wiederkäuer“, erklärt Frau Niehues. „Grobfaserige Nahrung geht bei ihnen vom Dünndarm direkt in den Dickdarm. Um aber die lebensnotwendigen Fettsäuren, Vitamine und Aminosäuren der weichen Kräuter aufnehmen zu können, werden diese Partikel zunächst in den Blinddarm gespült. Dort schließen Bakterienstämme das Ganze auf, das funktioniert so ähnlich wie im Pansen von Kühen. Das Ergebnis wird in eine Art Schleim gepackt, als Blinddarmkot ausgeschieden und sofort wieder aufgenommen. Im Fachjargon spricht man von Caecotrophie. Im zweiten Durchlauf können die essenziellen Stoffe dann von der Darmflora verwertet werden.“ Wir gehen weiter. Neben Klee finden wir Vogelmiere, Gundermann, Brennnesseln, Wegerich und viele andere Kräuter. Die eingangs erwähnten achtzig sind es nicht, aber es ist ja noch früh im Jahr. Die bestimmte Zahl kommt durch die sogenannte Hasenapotheke ins Spiel. Unter Jägern ist das ein feststehender Begriff. Wir fragen Frau Niehues, was es damit auf sich hat. „Ganz ehrlich“, gesteht sie, „ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie man auf die Achtzig gekommen ist. Es gibt keine definierte Liste. In den letzten Tagen habe ich nochmal in der alten Literatur recherchiert.“ Den Begriff „Hasenapotheke“ habe sie erstmals um 1860 gefunden. „In einem alten Jagdbuch aus Tschechien wird die Bedeutung einer möglichst großen Palette an Kräutern herausgestellt. Offenbar hatte man bereits damals geahnt, dass speziell Hasen ein besonders abwechslungsreiches Futter benötigen. Heute weiß man, dass es mit ihrem komplexen Verdauungsapparat zusammenhängt. Ich kümmere mich beruflich den

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ganzen Tag um Ernährung und den Einfluss der Nahrung auf den menschlichen Körper. Die Wissenschaft kommt gerade dahinter, dass das Mikrobiom, also unsere Darmflora, von entscheidender Bedeutung für das Immunsystem ist. So wird es auch beim Hasen sein. Und ich glaube, Hasen sind viel empfindlicher in Sachen Mikrobiom als unsereins.“

Häschen in der Grube Plötzlich gibt uns Frau Niehues ein Zeichen. Sie deutet auf einen Baum, der in einiger Entfernung am Rand eines Feldes steht. Hasen! Tatsächlich! Drei Langohren sitzen in der Nähe der Eiche. Ohne den Wink der Jägerin wären wir wohl achtlos vorbeigegangen. Das geschulte Auge macht sich bemerkbar. Als waidmännisch unbeleckte Laien sollen wir später noch Schwierigkeiten haben, weitere Hasen in der Landschaft von dösenden Gänsen oder selbst Holzblöcken zu unterscheiden. Okay, Kaninchen kennen wir sogar aus der Stadt, Hasen bekommt man selten zu Gesicht. Dabei galt NordrheinWestfalen einst als Hasenland schlechthin. Diese Zeiten sind passé. Zwar ist der Bestand nach Angaben des Landesjagdverbands im Bundesland „seit 2017 stabil mit einer erfreulichen Tendenz leicht nach oben“, doch stehen Hasen in NRW noch immer auf der Vorwarnstufe zur Roten Liste der bedrohten Arten. Meister Lampe hat es nicht leicht, was nicht zuletzt an der geringen Reproduktionsrate liegt. Das Weibchen bekommt im Schnitt dreimal drei Junge im Jahr (zum Vergleich: bei Kaninchen sind es sechsmal sechs), von denen in der Regel nur dreißig Prozent überleben. Dann ist der Hase im Ursprung ein Steppentier und mag als solches Nässe nicht. Die heftigen Regenfälle infolge des Klimawandels machen ihm zu schaffen. Und er hat Fressfeinde: Raubvögel und Krähen aus der Luft, Wildschweine und Füchse am Boden.

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„Die aber müssen einen Hasen erst einmal kriegen“, sagt Frau Niehues. „Generell ist er ein Fluchttier und kommt auf bis zu achtzig Stundenkilometer. Dabei schlägt er Haken. Was ich total faszinierend finde: Der Hase hat keinen Bau, er schläft in seiner Sasse. Auf die läuft er nie direkt zu, sondern seitlich versetzt. Ist er auf der Höhe seiner Sasse, springt er mit einem Satz rein. Sollte jetzt ein Fuchs auf seiner Fährte folgen, läuft der also vorbei. Dann hat der Hase Zeit zu reagieren. Bis der Fuchs geschnallt hat, dass sich der Hase nicht mehr vor seiner Nase befindet, ist der längst geflüchtet.“

Monokultur und Artenschwund Von großer Tragweite ist natürlich das erwähnte Futter, konkret der Mangel an Vielfalt im Angebot. Biodiversität ist ein Thema, das derzeit oft diskutiert wird. Der Artenschwund ist zu einem großen Teil auf die industriell bewirtschafteten Monokulturen der noch konventionell arbeitenden Höfe zurückzuführen. Lebensraum wird vernichtet, weil die einst allgegenwärtigen Hecken und Gehölze im Zuge immer größer werdender Flächen verschwinden. Auf den Feldern werden zudem sämtliche Wildkräuter per Pestizid beseitigt.

Aber stehen, weil sie Tiere töten, nicht auch Jäger in der Kritik? Frau Niehues, selbst Jägerin, weiß um das Imageproblem. Insgesamt gesehen aber mache das eigentliche Jagen nur einen Teilbereich der Arbeit eines Jägers aus, erklärt sie. Von übergeordneter Bedeutung seien Bestandserhebungen, wenn es eng würde, auch das Zufüttern sowie die Landschaftspflege. „Dazu gehört im Übrigen das Anlegen von Wildwiesen im Jagdrevier. Im Fachhandel werden sogar spezielle Samenmischungen angeboten. Eine wird als ‚Hasenapotheke‘ verkauft. Die ist echt. Das ist kein MarketingFake.“ Und einen Hasen habe sie seit Jahren nicht mehr geschossen.

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„Natur haben wir ohnehin nicht mehr“, gibt sich auch Frau Niehues keiner Illusion hin. „Wir leben in einer Kulturlandschaft. Wir müssen aber unsere Möglichkeiten nutzen, dass nicht alles aussieht wie ein gebügeltes Oberhemd. Es sollte auch mal Kraut und Rüben erlaubt sein, es sollte wachsen wie es will. Da muss die Landwirtschaft mitziehen.

Zum Glück ändert sich die Denkweise. Wer nur am Konventionellen festhält, wird früher oder später untergehen. Wobei das bei uns ja ein Jammern auf hohem Niveau ist. Am Niederrhein, in Niedersachsen oder Ostdeutschland sieht es schlimmer aus, da sind die Flächen noch viel größer.“

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INTERVIEW

„Niemand sollte mehr als eine Million Euro verdienen“ Der Dortmunder Philosoph Christian Neuhäuser macht in seinem Buch „Reichtum als moralisches Problem“ Vorschläge, die auch aus der derzeitigen Krise führen sollen. Von Jonas Füllner | Fotos: Roland Baege, Messe Düsseldorf / Constanze Tillmann

Professor Neuhäuser, Sie haben sich zuletzt viel mit Reichtum beschäftigt. Wie behält man dabei die Kehrseite der Medaille, die Armut, im Blick? An der Universität befindet man sich tatsächlich in einer Elfenbeinturm-Welt. Aber es ist nicht so, dass ich keine Debatten mehr außerhalb führe. Eines meiner schönsten Erlebnisse hatte ich vor zwei Jahren in einem Sozialkaufhaus in Stuttgart. Da waren bei einer Veranstaltung etwa 15 Obdachlose, alle hatten mein Büchlein in der Hand und diskutierten darüber wöchentlich in ihrem Lesekreis. Da ist mir das Herz aufgegangen! Ich selber komme aus einer Arbeiterfamilie. Wir waren nicht hart arm. Aber Dinge, die für meine MitschülerInnen normal waren, waren für mich undenkbar. An der Universität habe ich erst zu Armut geforscht und später dann zu Reichtum. Auslöser war auch ein Job in der Schweiz, bei dem mir Reichtum in einer Opulenz begegnet ist, die ich so zuvor nicht kannte. Die Schweiz verbindet wohl jeder mit Geld. Ab wann ist man in Ihren Augen reich? Wir denken immer schnell an superreich. Ich arbeite deswegen gerne mit der 300-Prozent-Grenze. Reich ist, wer pro Kopf das Dreifache des durch-

schnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens erhält. Das liegt aktuell bei etwa 1.800 Euro. Wenn jemand 6.000 Euro pro Monat zur Verfügung hat, finde ich es angemessen zu sagen, dass er oder sie reich ist. Und diesen Reichtum würden Sie gerne abschaffen. Warum? Reichtum beruht nie nur auf Leistung, sondern auf gesellschaftlichen Strukturen, von denen man profitiert, ohne sie selber geschaffen zu haben. Es gibt ja beispielsweise Menschen in der Pf lege, die sehr hart arbeiten und trotzdem niemals reich werden. Dabei möchte ich gar nicht leugnen, dass auch Reiche für ihr Geld viel leisten. Ich würde auch nicht sagen, dass reich sein per se problematisch ist – so wie sexistisch oder rassistisch zu sein. Reichtum ist dann ein Problem, wenn er Dinge hervorbringt, die schlecht sind: politischer Lobbyismus oder eben sehr große Ungleichheit. Aus moralischer Perspektive muss man konstatieren, dass der Überf luss ab einem gewissen Punkt für Luxus verschwendet wird. Da stellt sich die Frage, ob man dieses Geld nicht viel besser ausgeben kann – etwa für Wohnungen für Menschen, die keine haben.

Christian Neuhäuser, 43, ist Professor für Philosophie an der TU Dortmund. Er studierte in Göttingen, Berlin und Hongkong. Seine Forschungsschwerpunkte sind Theorien der Würde, der Verantwortung und des Eigentums.

„Aus moralischer Perspektive muss man konstatieren, dass der Überfluss ab einem gewissen Punkt für Luxus verschwendet wird.“

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Das würden unsere VerkäuferInnen sicherlich begrüßen! Ungleichheit zeigt sich aber ja vor allem am Lohngefälle. Seit Monaten beschwert sich das medizinische Personal darüber. Durch die Coronakrise ist die Ungerechtigkeit von Ungleichheit sichtbarer geworden. Wobei ich sagen muss: Eine Ärztin trägt im Unterschied zu einem Pfleger mehr Verantwortung und hat eine längere Ausbildung hinter sich. Als Chirurgin fällt sie womöglich Entscheidungen über Leben und Tod. Das sind ganz schöne Belastungen. Wenn so jemand dann zwei- oder dreimal so viel verdient, ist das in Ordnung. Aber oft verdienen Menschen in solchen Positionen zehn- oder 20-mal so viel. Da stellt sich schon die Frage, ob sich das noch mit der höheren Leistung und Verantwortung rechtfertigen lässt.

Die Pandemie spült Verteilungsdebatten auf die Agenda. Sehen Sie darin eine Chance? Das wäre zu hoffen. Schließlich geht es jetzt um diejenigen, die ihre Arbeit aus Pflichtgefühl und Menschenliebe machen und nicht, um damit reich zu werden.

Die hohe Bezahlung liegt natürlich auch an der Knappheit an ÄrztInnen. Richtig, wir müssen Anreize setzen, damit Menschen diese Jobs machen. Man stelle sich vor, jemand ist besonders gut darin, als Chirurgin oder als Philosophin zu arbeiten. Dann müssten wir ihr als Chirurgin deutlich mehr Geld zahlen. Wir brauchen einfach mehr Chirurginnen als Philosophinnen! Als Chirurgin leistet sie – das räume ich als Philosoph offen ein – einen größeren gesellschaftlichen Beitrag. Über die Entlohnung können wir Anreize setzen und müssen das bis zu einem gewissen Punkt auch machen. Aber das ist derzeit ziemlich aus dem Ruder gelaufen.

Ein 100-Prozent-Steuersatz dürfte auf Widerspruch stoßen. Dafür würden wir als Gesellschaft enger zusammenwachsen, wenn die Einkommens- und Vermögensunterschiede nicht so astronomisch ungleich wären. Außerdem lässt mein Vorschlag weiterhin Ungleichheit zu. Manche arbeiten hart, andere nicht, manche haben Glück, andere Pech. Für solche Faktoren muss Raum sein. Es ist also kein Sozialismus, was ich vorschlage.

Der Zeitpunkt zur Abschaffung des Reichtums könnte also günstig sein. Was wären für Sie die notwendigen Schritte? Die Idee ist, dass bei Einkommen die Progressionskurve der Steuern bis zu diesen 300 Prozent recht flach ist und dann rasant steigt. Alles, was ein Supereinkommen von einer Million Euro im Jahr übersteigt, sollte an den Staat gehen, also mit einem Steuersatz von 100 Prozent belegt werden. Mehr sollte niemand verdienen. Ähnliches sollte für Vermögen gelten.

Was halten Sie davon, das Pferd von hinten aufzuzäumen: statt des Reichtums die Armut abzuschaffen, etwa durch ein bedingungsloses Grundeinkommen?

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INTERVIEW

Ich glaube schon auch an Leistung. Dass also jemand mehr haben sollte, der viel leistet, als jemand, der das nicht tut. Und ich glaube an die Arbeitsgesellschaft. Es wird in der Bildung, Pflege und im Sozialen perspektivisch eher mehr Arbeit geben, statt dass uns die Digitalisierung Arbeitsplätze kostet. Ich bin nur dann für ein staatlich finanziertes Grundeinkommen, wenn man aus gesundheitlichen oder psychischen Gründen einer Arbeit nicht nachgehen kann oder eine Arbeitsvermittlung gescheitert ist.

nie konsequent gegangen worden. Ich sehe da Chancen auf politischer Ebene. Die Grünen sind im Moment stark und müssen sich entscheiden: Wollen sie sozial-liberal oder ökologisch-konservativ sein? Wenn man die Klimakrise technologisch nicht in den Griff bekommt, dürfte nur die sozial-liberale Alternative bleiben. Dann wären auch linke Mehrheiten möglich. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Hinz&Kunzt /INSP.ngo

Was soll mit denjenigen passieren, die scheitern und obdachlos werden? Auch diese Menschen sollten ein Grundeinkommen bekommen, um gesellschaftlich teilhaben zu können. Für mich ist die entscheidende Frage die der Verantwortung. Ein Scheitern, wie Sie es benennen, hängt immer mit Faktoren zusammen, für die man nichts kann. Ich selbst hatte auch Krisen in meinem Leben. Aber da war dann immer jemand, der mir den Rücken gestärkt hat. Es wäre wahnsinnig arrogant, so zu tun, als hätte ich es aus eigener Kraft geschafft. Genauso funktioniert das neoliberale Denken. Aber das ist ein Pseudo-Heldentum. Wird sich durch Corona die Ungleichheit also verstärken? Ich befürchte ja. Wer sein Geld gerettet hat, wird jetzt noch stärker in Immobilien investieren. Das treibt die Mietpreise nach oben und sorgt dafür, dass Wohneigentum noch ungleicher verteilt wird. Sie formulieren kein neues kommunistisches Manifest. Aber das letzte Kapitel könnte man als sozialliberales Manifest interpretieren. Als einen Ruf nach einem Linksliberalismus, den es seit den 1970er-Jahren nicht mehr gibt. Sie meinen, ich sei ein Ewiggestriger? (Lacht.) Im Ernst: Der Weg einer sozialliberalen Alternative ist leider

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Wir spielen trotz Abstand! Theaterpädagogische Spiele für Schule & Freizeit

Marie Mangold ist als Theaterpädagogin täglich in Schulen unterwegs, um Spiele-Workshops mit Übungen zu unterschiedlichen Schwerpunkten durchzuführen. Doch wie sollen gemeinsam Spiele gespielt und eine positive Gruppendynamik etabliert werden mit all den strengen Vorgaben zur Einhaltung einer körperlichen Distanz? Genau dieses Rätsel bewegt in diesen Zeiten viele Pädagog*innen und die Autor*in bietet mit der hier vorgelegten Spielesammlung einen Lösungsvorschlag. Ihre Spiele und Übungen für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren sowie für alle Junggebliebenen, adaptierte Marie Mangold an die Anforderungen der jetzigen Gesundheitsfürsorge: Sämtliche Spiele dieser Sammlung sind auf Abstand spielbar und erfordern kein Material. Die meisten vorgestellten Spiele sind Klassenzimmer-tauglich. Sie sind schnell erklärt, zum Teil unter einer Minute spielbar, benötigen nur wenig Platz und machen einfach riesigen Spaß! Die Spiele sind für die Kinder, wie auch für die Pädagog*innen ein wunderbares Mittel, gemeinsam in den Tag zu starten oder auch die Lernprozesse an ausgesuchten Stellen spielerisch zu untermalen. Sie bieten ein geeignetes Handwerkszeug, mit welchem die Kinder gruppendynamisch gestärkt und ihre Konzentrations- und Aufnahmefähigkeit unterstützt werden können. Die Spiele ermöglichen einen körperlichen Ausgleich zum Sitzen im Schulalltag und sorgen für eine gute Stimmung innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers! vml

Schleefstr. 14 • D-44287 Dortmund • Tel. 02 31 - 12 80 08 • FAX 02 31 12 56 40 Ausführliche Buch-Informationen (Leseproben) und Bestellen im Internet: www.verlag-modernes-lernen.de Oder besuchen Sie uns in der Schleefstraße 14: Mo - Do von 8 bis 16 Uhr, Fr von 8 bis 15 Uhr

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2021, 144 S., Format DIN A5, br Alter: 6–12 ISBN 978-3-8080-0902-4 Bestell-Nr. 1331, E 14,95


BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Peng! Peng! Peng! Wenn sich auf einem Shell-Event eine Ölfontäne über die Bühne ergießt, wenn der Energiekonzern Vattenfall auf einer Pressekonferenz seine sofortige Umstellung auf erneuerbare Energien mitteilt, wenn ein CDU-Ortsverein an die Kanzlerin appelliert, im Namen des „C“ Waffenexporte zu stoppen oder sich der Bundespräsident mit einem lockeren „Sorry“ bei LeistungsempfängerInnen für die Hartz-Drangsalierungen entschuldigt, steckt das „Peng! Kollektiv“ dahinter. Ja, und wenn die AfD-Lautsprecherin Beatrix von Storch eine Sahnetorte ins Gesicht bekommt auch.

Alles für alle

Dinner for one

Große Aufregung herrscht nicht gerade zum 150. Jahrestag der „schönsten Revolution der Weltgeschichte“ (Marx). Nach 72 Tagen endete die Pariser Kommune am 28. Mai 1871 in einem Massaker. Den postutopischen Zug der Zeit bringt vielleicht am besten der Historiker Gerd Koenen auf den Punkt, wenn er über die Pariser Kommune sagt, sie sei „ein isoliertes Ereignis in einer belagerten Stadt, in der unter den Zwängen auch eben dieser Belagerung Sozialisten oder Revolutionäre verschiedener Provenienz sozusagen die Führung übernehmen in einem notgedrungen basisdemokratischen Zentralkomitee einer Nationalgarde“. So kann man es formulieren.

Manchmal ist der Anlass zum Lesen eine Irritation. Diana Kinnert irritiert mich. JournalistInnen begegnen vermeintlichen Abweichungen in der Regel, indem sie sie mit Labels überschütten. Also: Kinnert ist 30. Katholikin. Erfolgreiche Unternehmerin. Politikberaterin. Offen lesbisch. Migrationshintergrund. Und sie hat schon vor Jahren ein kluges Buch über die CDU geschrieben, in der sie keine ganz unbedeutende Rolle spielt.

„Wenn die Hoffnung stirbt…“ wird so paraxoderweise zu einer Ermutigung. So lange es Leute gibt, die mit diesem solidarischen, radikalen, klugen und komischen Investigativ-Kunst-Tech-Aktivismus die Welt retten, ist nicht alles verloren.

Andererseits ist für ein blutig gescheitertes, lokales Experiment die Strahlkraft der Commune über die vergangenen 150 Jahre geradezu atemberaubend. Dieses Paradox versucht die New Yorker Literaturprofessorin Kristin Ross zu fassen, deren Essay „Communal Luxury“ nun in deutscher Übersetzung erschienen ist. Statt die Tage von Paris nachzuerzählen, rekonstruiert sie das politische Erdbeben, das die Praxis einer „Gleichheit in Aktion“ unter der Fahne der Weltrepublik bedeutete: „Aktionen ergeben Träume – nicht umgekehrt.“

Mit dem Autor Marc Bielefeld hat Kinnert nun einen 450-Seiten-Wälzer geschrieben. Zunächst ist „Die neue Einsamkeit“ gebaut auf einem ganzen Gebirge an Material. Studien, fachwissenschaftliche Abschweifungen, journalistische Recherchen, sehr persönliche Anekdoten machen das Buch unglaublich dicht. Kinnerts und Bielefelds Rundgang durch Stadt und Land und Internet, von der Generation Lost zu den Alten ist vor allem aber in der Klarheit seiner Aussagen überraschend: Wir haben uns mit der Ideologie des flexiblen Kapitalismus und der Auslieferung an digitale Strategien der Vereinzelung ein Problem gezüchtet, das für Gesellschaften bestandsgefährdend ist. Die Pandemie hat es eskaliert und damit auf die Agenda gesetzt. Zeit, daran zu arbeiten.

Jean Peters | Wenn die Hoffnung stirbt, geht‘s trotzdem weiter. Geschichten aus dem subversiven Widerstand ISBN: 978-3-10-397087-6 S. Fischer | 256 S. | 21 Euro

Kristin Ross | Luxus für alle. Die politische Gedankenwelt der Pariser Kommune ISBN: 978-3-75180-324-3 Matthes & Seitz | 203 S. | 20 Euro

Diana Kinnert, Marc Bielefeld Die neue Einsamkeit und wie wir sie als Gesellschaft überwinden können ISBN: 978-3-455-01107-4 Hoffmann & Campe | 448 S. | 22 Euro

Nach kurzer Einleitung beginnt Jean Peters, der noch eine Reihe anderer wunderbarer Pseudonyme hat, mit der Beschreibung dieser „Tortung“ – Schuld und Sahne – und sofort schwindet die Sorge, dass hier heroische Lagerfeueranekdoten „aus dem subversiven Widerstand“ erzählt werden. Vielmehr wird greifbar, was auch die Aktionen des Kollektivs und die Auftritte von Jean Peters bestimmt: eine in ihrer Radikalität einzigartige Verbindung von Wärme, Haltung, Reflexion und Spaß.

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Interview der Straßenzeitungen zur Bundestagswahl 2021

„Herr Habeck, wer bezahlt das Recht auf Wohnen?“ Herr Habeck, vor Ihnen sitzen 18 deutsche Straßenzeitungen, angesiedelt zwischen Kiel und München, Düsseldorf und Dresden. Gemeinsamer Nenner unserer Fragen: Wie rot sind diese Grünen eigentlich, die womöglich ab Herbst mitregieren? Wenn mit „rot“ gemeint ist, eine gerechtere, sozialere Gesellschaft zu schaffen, kann ich sagen: Wir haben in den letzten drei Jahren unser sozialpolitisches Profil deutlich geschärft. Tatsächlich will Ihre Partei Hartz IV abschaffen und durch eine „Grundsicherung“ ersetzen, eine staatliche Leistung, die mehr Geld verspricht und an weniger Bedingungen geknüpft wäre. Der Einstieg in ein bedingungsloses Grundeinkommen? Es ist richtig, dass wir Hartz IV überwinden wollen. Wir wollen eine Garantiesicherung, damit jede und jeder verlässlich vor Armut geschützt ist. Sie sollte mit mehr Geld mehr Teilhabe ermöglichen und Anreize geben anstatt die Menschen mit Sanktionen zu gängeln. Von einem bedingungslosen Einkommen unterscheidet sich das, weil es eben doch an eine Bedingung geknüpft ist: Die Garantiesicherung sollen die erhalten, die es brauchen.

„Alle Kinder sollten dem Staat gleich viel wert sein.“ Gegen Kinderarmut wollen die Grünen auch etwas tun: Eine steuerliche „Kindergrundsicherung“ soll Kinder unabhängig vom Beziehungsstatus der Eltern fördern. Dafür soll das Ehegattensplitting weichen. Würden Sie eine schwarz-grüne Regierungsehe für die Abschaffung der ehelichen Splittingvorteile riskieren? Alle Kinder sollten dem Staat gleich viel wert sein. Das ist heute nicht der Fall. Gutverdiener erhalten für ihre Kinder faktisch mehr Geld, Kinder aus einkommensschwachen Haushalten haben deutlich schlechtere Chancen. Deshalb wollen wir eine Kindergrundsicherung, die allen Kindern garantiert, was sie zum Leben brauchen.

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Und wenn nicht, würden Sie dann über eine Abschaffung des Ehegattensplittings Koalitionsgespräche platzen lassen? Politik bedeutet, Veränderungen voranzubringen – und nicht, sich durch rote Linien zu lähmen. Wir argumentieren jeweils für unsere Ideen und versuchen, das Beste zu erreichen. ... und Hartz IV? Wäre die Abschaffung für Sie verhandelbar? Es geht darum, politische Mehrheiten zu schaffen und dann möglichst viel durchzusetzen. Eine Status-Quo-Regierung wird es mit uns nicht geben. Was wir dann klima-, sozial- oder europapolitisch durchsetzen, hängt auch davon ab, wie gut wir bei der Wahl abschneiden. Im grünen Grundsatzprogramm steht oft das Wort „Umverteilung“. Würden unter einem Kanzler oder Vizekanzler Robert Habeck die Reichen zur Kasse gebeten? Ich halte die höhere Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen für angemessen und notwendig. Ihre Partei will das Recht auf Wohnen im Grundgesetz verankern. Was versprechen Sie sich davon? Eine Umkehr von der sozialpolitischen Logik, wonach ein wohnungsloser Mensch erst beweisen muss, dass sie oder er mit den eigenen vier Wänden verantwortungsvoll umgehen kann, bevor er einziehen darf. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die Sicherheit eines Dachs über dem Kopf animiert dazu, verantwortlicher und selbstbestimmter zu leben. Das Wohnrecht und die Grundsicherung sind für uns Pfeiler einer die Würde des Menschen achtenden Gesellschaft. Apropos Würde: Viele Obdachlose wollen nicht in die Winternotprogramme, weil sie Angst vor den Sammelunterkünften haben. Sie befürchten, ausgeraubt zu werden oder sich mit Corona anzustecken. In Hamburg trägt die grüne Regierungspartei die Großunterkünfte mit. Wie stehen Sie zum Ruf nach Einzelunterbringung? Die Hotels und Hostels stehen leer: Dort Zimmer bereitzustellen, könnte sowohl den Hoteliers wie Obdachlosen helfen. Es gibt ja dazu Vorstöße, vor allem


Erster Teil: Robert Habeck

Vor der Bundestagswahl am 26. September haben die deutschen Straßenzeitungen Fragen. Mit Partei- und Fraktionsspitzen demokratischer Parteien im Bundestag führen sie deshalb Interviews zu Sozialpolitik, Wohnungspolitik und Armutsbekämpfung. Den Auftakt macht Robert Habeck, der gemeinsam mit Annalena Baerbock den Bundesvorsitz von Bündnis 90 / Die Grünen innehat. Im nächsten Heft: SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz. Von Annette Bruhns | Foto: Lutz Jäkel

Im nächsten Heft: Olaf Scholz

von privaten Initiativen, aber auch von der öffentlichen Hand. Ich finde es absolut richtig, angesichts der Pandemie diese Angebote deutlich zu erweitern.

„,Housing First‘ überzeugt und korrespondiert mit unserer Forderung nach Wohnen als Grundrecht. Studien zufolge finanziert sich das quasi selbst.“ Bundestag und Europaparlament haben beschlossen, bis 2030 die Obdachlosigkeit abzuschaffen. Klingt schön, allerdings halten sich die Dinge oft nicht an EUBeschlüsse. Sonst wären die EU-Gewässer seit 2015 in einem „guten Zustand“. Würde eine grüne Regierung Bundesmittel bereitstellen, damit die Kommunen Obdachlose in Wohnungen einquartieren wie es etwa Finnland vormacht mit seinem „Housing First“Programm? „Housing First“ überzeugt und korrespondiert mit unserer Forderung nach Wohnen als Grundrecht. Studien zufolge finanziert sich das quasi selbst: Man stellt am Anfang das Geld bereit, das man später wieder einspart, etwa für Sozialarbeit, Psychotherapie, Polizei, Prozesse. Wenn der Bund ernst machen will mit der Abschaffung der Obdachlosigkeit, sollte er den Kommunen bei „Housing First“-Programmen helfen. Der Trend geht in die gegenläufige Richtung: In Großstädten wie Hamburg hat sich die Zahl der Obdachlosen in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Die Mehrheit stammt aus armen EU-Staaten. Sie kommen, um zu arbeiten, landen in prekären Beschäftigungsverhältnissen und stranden am Ende auf der Straße. Wie wollen die Grünen diese Elendsspirale beenden? Wenn Menschen ihr Leben in ihrem Heimatland aufgegeben haben, um hier zu arbeiten und dann scheitern, sind sie ja trotzdem da. Wenn dann nur Obdachlosigkeit bleibt, verschärft sich das Elend. Deshalb wollen wir sie besser sozial absichern. Entscheidend ist aber, schon früher anzusetzen, also konsequent gegen Schwarzarbeit und Drückerlöhne zu kämpfen. Damit beginnt die Spirale ja viel zu oft.

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Interview der Straßenzeitungen zur Bundestagswahl 2021

Viele Unions- aber auch SPD-Politiker befürchten eine Sogwirkung, wenn EU-ArbeitnehmerInnen gleichbehandelt würden, also dass dann immer mehr Arbeitslose aus Rumänien, Polen oder Bulgarien einwandern. Wie sehen Sie das? Im Moment geraten die Leute ja vor allem in miserable Beschäftigungsverhältnisse. Wenn man die Gleichbehandlung an das Suchen und die Aufnahme von Arbeit knüpft, ist sie gerechtfertigt. Die Leute kommen her, um zu arbeiten, und nicht, um zu verarmen. Wie wollen die Grünen für billigen Wohnraum in Städten sorgen? Bauen! Vor allem öffentliches Bauen hilft. Und wenn privat gebaut wird, sollten Quartiere einen Wohnungsanteil für Ärmere vorhalten müssen. Berlin hat einen Mietendeckel statt der Mietpreisbremse, der grüne Bezirk Friedrichshain trommelt für ein starkes Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand bei Immobilien. Modelle für den Bund? Das sind Modelle für die extremen Hochpreisgebiete in den Kommunen. Es sind Eingriffe in den Markt, und man wird sehen, wie das Bundesver-

fassungsgericht entscheidet. Aber wenn Wohnen ein Recht ist, braucht der Staat auch Mittel, um es durchsetzen zu können.

„Die größte Gerechtigkeitslücke, die wir haben, sind nichtbezahlte Steuern.“ Aus welchen Etats soll das Geld herkommen – für die Grundsicherung, für „Housing First“-Wohnungen, für Frauenhäuser: Wollen die Grünen weniger für Rüstung zahlen? Oder den Bauern weniger geben? Sollen die Steuern steigen? Die Investitionsausgaben würden wir kreditfinanzieren. Dazu gehören Neubauten und Sanierungen, aber auch der Bau von Frauenhäusern, Obdachlosenunterkünften. Wir werben seit langem dafür, die Schuldenbremse dafür zu reformieren, und es gibt jetzt auch Stimmen aus der CDU in die Richtung. Konsumtive Ausgaben wie die Garantiesicherung müssen sich aus Steuern refinanzieren. Die größte Gerechtigkeitslücke, die wir haben, sind dabei nichtbezahlte Steuern. Wenn wir konsequent Steuerbetrug bekämpfen würden, stünden EU-weit zwei- bis dreistellige Milliardensummen zur Verfügung. Da müssen wir handeln.

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FAŢADĂ | FASSADE Ausstellung | Expoziție | Diskursort Tribună 24. Oktober 2020 Gefördert durch: Förderer Rahmenprogramm:

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Atelier | Werkstatt de discursuri 21 martie 2021


Eine Frage, Herr Mock:

Warum eigentlich QWERTZ?

Wolfgang Mock vom Internationalen Forum Historische Bürowelt e.V.

Mehr als 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland verfügen über einen Computer. Auf einem Großteil der Tastaturen wird – egal ob mit einem oder zehn Fingern bedient – das im deutschsprachigen Raum übliche „QWERTZ“-Layout zu sehen sein. Aber warum sind die Buchstaben auf bekannte Art und Weise angebracht und nicht einfach in alphabetischer Reihenfolge sortiert?

„Dieses Problem löste erst 1868 der Buchdrucker und Erfinder Christopher Latham Sholes, indem er häufig gemeinsam vorkommende Buchstabenkombinationen weit entfernt voneinander anbrachte, um ein Verklemmen zu verhindern“, so Mock. Die restlichen Buchstaben des Alphabets verteilte er dazwischen, um die linke und die rechte Hand gleichmäßig zu belasten. Das klassi-

„Die Anordnung der Tasten auf aktuellen PC-Tastaturen ist gleich mehreren Gründen geschuldet“, weiß Wolfgang Mock vom Internationalen Forum Historische Bürowelt e.V. Eines der wichtigsten sei ein technisches Problem aus den Kindertagen des Maschinenschreibens. Mit einer Patentanmeldung von Henry Mill beginnt im Jahr 1714 die Entwicklung der Schreibmaschine. Abgesehen von skurrilen Prototypen, wie zum Beispiel Modellen, die nur eine Taste verwendeten, verfügten die Schreibmaschinen, die in den Jahrzehnten danach entwickelt wurden, über alphabetisch sortierte Tasten und krankten alle an dem gleichen Problem: Liegen Buchstaben auf der Tastatur nebeneinander, so liegen auch die Typenhebel im Inneren der Maschine direkt nebeneinander und können sich beim schnellen Tippen leicht verhaken.

Schreibmaschinen der frühen Jahre hatten alphabetisch sortierte Tasten – und damit alle das gleiche Problem… sche QWERTY-Tastaturlayout war geboren, und der Siegeszug der Schreibmaschine begann. In Deutschland wurden das „Z“ und das „Y“ getauscht, da das „Z“ in der deutschen Sprache sehr viel häufiger vorkommt und es so an eine beim Zehnfingerschreiben sehr viel günstigere Position wechselte. Mittlerweile haben klemmende Typenhebel an elektronischen PC-Arbeitsplätzen natürlich keinerlei Bewandtnis mehr, und unter rein ergonomischen Gesichtspunkten wären andere Tastaturlayouts sehr viel sinnvoller. An eine Änderung sei aber nach über 150 Jahren „QWERTZ“ nicht mehr zu denken.

SCHAU FENSTER #25

VALIE EXPORT

IRRITATION DES BLICKS 04.12. 20— 02.05.21

MO KUNSTPREIS 2020 Museum Ostwall im Dortmunder U

Body Sign C, 1970, s/w Fotografie © VALIE EXPORT, Bildrecht Wien 2020, Foto: Gertraud Wolfschwenger. Courtesy VALIE EXPORT.

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RÄTSEL

LESERPOST & MEINUNGEN

bodo 03.21

Kommentar: Wenn Corona vorbei ist Vielleicht eine kleine Beobachtung zu Ihrer erstaunlich hoffnungsfrohen Aufforderung, im Blick zu behalten, dass „,die da oben‘ ihre zusammengeklaubten Befugnisse brav wieder abgeben“ nach der Pandemie. Ohne über das große Ganze sprechen zu wollen: Ist Ihnen bei der Versorgung der Obdachlosen in der Dortmunder Innenstadt schon einmal die Veränderung in der Präsenz von Ordnungskräften aufgefallen? Bestimmt. Sogar die in Ordnungsfragen unterwürfigen Ruhrnachrichten sahen sich genötigt, bei der Stadt nachzufragen, was denn bewaffnete 6er-Gruppen zur Sicherheit in der leeren Innenstadt beitrügen. Die Stadt antwortete gewohnt schmallippig und deutete an, dass man jetzt auch Azubis im Pulk auf die Straße bringe. Wohl damit sie gleich lernen, wie Machtdemonstration sich anfühlt. Wer weiß, was uns noch bevorsteht, bis wir an die von Ihnen genannte Aufgabe gehen können. Optimismus ist eh ein rares Gut, aber einen Staat, der zurzeit vor Kraft kaum laufen kann, zur Selbstbescheidung zu bewegen, wird keine Kleinigkeit werden. H. D. bodo 03.21

Mieten & Wohnen: Mietenstopp! Ich finde wichtig, dass ihr das Thema immer wieder aufgreift! Wenn ihr schreibt, dass innerhalb eines Jahres „der durchschnittliche Mietpreis für neuvermittelte Wohnungen in Bochum um 9 Prozent gestiegen“ ist, sollte dem letzten klar sein, wie groß das Problem ist, in das wir gerade hineinlaufen. Grüße, H. G. bodo 03.21

„46.000-fache Hilfe“ Liebe Redaktion, das ist ja eine richtige bodo-bodo diesmal. Nicht falsch verstehen, ich mag eure Berichte über Gott und die Welt gerne und kaufe bodo eigentlich ohne Ausnahme, aber ich finde auch wichtig, im Straßenmagazin auch von der Straße zu hören. Euer Hotel für Obdachlose, das Winterhilfe-Zelt, euer Verkäufer Ralf jetzt in eigener Wohnung – das sind beeindruckende, gute Nachrichten. Macht weiter so, H. D. bodo 03.21

AUFLÖSUNG HEFT 03.21

Grüner Salon. Das Kochbuch

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Sooo verdient, dass es bei bodo vorgestellt wird: das Kochbuch vom Grünen Salon auf dem Dortmunder Nordmarkt. Ein Ort zum Genießen ist das hier, mit hohem Wohlfühlfaktor in vielerlei Hinsicht. Betrieben von tollen jungen Leuten, die super freundlich sind und super kochen können. Auf eine Art, die sowas von kreativ ist, dass sie ihresgleichen sucht – in einem Preissegment, das wirklich in Ordnung ist. Das Kochbuch zur Vor-Corona-Küche ist der absolute Hammer. Was


Wir freuen uns sehr über unseren Buchladen an der Bochumer Königsallee, die tolle Lage und das nette Umfeld. So sehr, dass wir außerhalb der Ladenöffnungszeiten nun hier auch eine zusätzliche Ausgabestelle des Straßenmagazins eingerichtet haben. Für kurze Wege in die Innenstadt. Foto: Sebastian Sellhorst

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Schreiben Sie uns: redaktion@bodoev.de Telefon: 0231 – 950 978 0 im Salon sonst auf Tisch und Teller kommt, gibt es hier als Rezept - mit Fotos zum Niederknien schön. Witzig, ungewöhnlich, überbordend und voller herrlich-verrückter Fantasie. Food-Fotografie vom Feinsten. Wenn das die Zukunft ist, muss uns nicht bange sein. Mit freundlichem Gruß, U. W. bodo 03.21

„Hier will ich alt werden“ Hallo! Ich finde diese Zeitung wirklich gut, interessante und gut geschriebene Artikel. Am liebsten lese ich die Erfolgsgeschichten wie die von Ralf in der Märzausgabe. Ich schmeiße bodo nie ins Altpapier, sondern lege sie irgendwo hin, wo sie ein Interessierter mitnehmen kann. In diesem Sinne, A. B.

bodos Bücher online Bücherkauf online klappt „wie am Schnürchen“ – gute Übersicht, einfache Handhabung. Die Inhaltsangaben habe ich nebenher gegoogelt; es wäre schön, wenn hierzu die Buchrückseiten zusätzlich als Foto eingestellt wären. Lieferung erfolgte blitzschnell ein über den anderen Tag, gut verpackt und Bücher auch in günstiger Preiskategorie in einem TOP Zustand. Da ich gleich sieben Bücher bestellt habe, wurden die Versandkosten entsprechend der Paketgröße angepasst – großartig (und keine Selbstverständlichkeit im sonstigen Onlinehandel). Bin mehr als zufrieden! B. N.

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VERKÄUFERGESCHICHTEN

Zum Kampf gegen Corona gehört auch, über das Virus Bescheid zu wissen: Warum ist Abstandhalten wichtig, was bringen Masken und wie läuft das mit den Tests? Für obdachlose Menschen ist der Zugang zu Informationen aber schwieriger. Das Covid-19-Projekt für und mit Obdachlosen der Berliner Charité will das ändern: mit mehrsprachigen Erklärvideos für und mit Betroffenen. Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Charité

Wissen per Video Schon im Sommer untersuchte das Charité-Team in einem Pilotprojekt, wie obdachlose Menschen Schnelltests in den Unterkünften annehmen und wie sich durch systematische Tests dort Ausbrüche verhindern lassen. „Wir haben gemerkt, dass bei Slogans wie ‚stay at home‘ Obdachlose nicht mitgedacht werden und dass vielen unklar war, wo es Desinfekti-

Das will das Charité-Projekt ändern: mit Erklärvideos, die mit Obdachlosen und in Zusammenarbeit mit dem Robert-KochInstitut entwickelt wurden und auf der Straße lebenden Menschen alle nötigen Informationen über Covid-19 liefern sollen. In einem Film erklärt der Hauptdarsteller, auch er lebt lange draußen, was es mit dem Virus auf sich hat, welche Symptome

Es sei nicht einfach gewesen, mit einem partizipativen Angebot Augenhöhe herzustellen, ohne Klischees zu bedienen, und zudem ein Angebot zu schaffen, das die, die gemeint sind, auch tatsächlich erreicht. „Im Skript geht es zum Beispiel an einer Stelle um ein ‚Substitutionsangebot‘“, sagt Theresa Hellmund. „Ein Protagonist sagte uns aber: ‚Das versteht kein Schwein.‘“ So wurden die Texte mehrmals überarbeitet, bis sie passten. Auch die Texte in anderen Sprachen – die Videos sind auf Deutsch, Englisch, Rumänisch, Polnisch und Russisch verfügbar – wurden vor allem von wohnungslosen Menschen eingesprochen. Das Projekt ist zu Ende, der nächste Schritt steht an: die Impfung. Auch hier ist Aufklärung essenziell. Zurzeit entsteht eine Reihe an Plakaten, die zum Impfen ermutigen und in Unterkünften und Einrichtungen aufgehängt werden sollen. Damit das Ziel und Motto bald erreicht ist: „Wir halten Corona von der Straße.“

onsmittel und Masken gibt, wenn man die finanziellen Mittel nicht hat“, sagt Theresa Hellmund, Rehabilitationspädagogin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt. Dazu kommt: Wo vieles über das Internet läuft, braucht man Zugang zu Computern und Smartphones – den haben aber lange nicht alle, die auf der Straße leben. Für die, die ihn haben, gibt es nur wenige auf sie zugeschnittene digitale Angebote in Sachen Corona.

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es gibt und warum Hygiene und Abstand wichtig sind. In einem zweiten Video geht es um die Testungen: wo sie angeboten werden, wie sie ablaufen, was passiert, wenn ein Test positiv ist. Dabei geht es auch um Ängste, Zwischentöne, die „normale“ Materialien nicht ansprechen: dass man auch ohne Krankenversicherung ein Recht auf Behandlung hat zum Beispiel. Oder dass man positiv getestet in Quarantäne individuell versorgt wird – „auch, wenn du konsumierst“, beruhigt der Mann im Film.

Der Link zu den Videos „Wir halten Corona von der Straße.“


Anzeige Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.

Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Immer, wenn es um Rechte und Bezahlung von Altenpflegekräften geht, geht es dabei schnell um die ach so aufopfernde Arbeit an unseren verdienten Senioren. Das klingt gut. Es kitzelt auch das schlechte Gewissen der alleinerziehenden Mutter in Wechselschicht, die sich außerstande sieht, auch noch ihren dementen Vater zu pflegen. Doch die Ernennung der Seniorenheimarbeiter zu Hilfsheiligen deckt die Kehrseite der Medaille auf. Heilige berechnen keine Überstunden. Und was man in Stellvertretung verhinderter Angehöriger leistet, kann kaum mehr (wert) sein als praktische Nächstenliebe. Ein kirchentypisches „Vergelt´s Gott!“ muss da reichen als Vergütung. Fast scheint es, als hätten die Beschäftigten ihre miserablen Arbeitsbedingungen selbst herbeischwadroniert. Gerade sollte im Bereich der Altenpflege ein Tarifvertrag geschlossen werden, gültig für kapitalistische, christliche und soziale Träger. Kurz vor Schluss grätschte die Caritas dazwischen. Sie wollte sich nicht ihre Freiheiten als Christenmenschen-Boss nehmen lassen. Das Abkommen ist gescheitert. „Dritter Weg“ nennt sich der Quatsch, der dafür sorgt, dass Kirchenbeschäftigte von normalen Arbeitsrechten ausgeschlossen sind und für ihre Sache beten, aber niemals streiken können.

Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Sie Mitglied Werden auch in der AWO! eder die AWO li g it M r h e m Je hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil

Man will den katholischen Teil der angewandten Nächstenliebe nicht überfordern. Schon dürfen dort Frauen unaufgefordert sprechen, darf die Erde sich um die Sonne drehen und der Mensch vom Affen abstammen. Das will auch erst mal verdaut werden. Die Caritas hat also zugeschlagen. Erleichtert atmen andere auf. Zum einen Teile der dortigen Mitarbeitervertretung, die sich komfortabel in ihre Machtlosigkeit eingekuschelt haben. Die evangelische Schwester, die Diakonie, wäscht ihre Hände selig lächelnd in Unschuld. Die katholischen Kumpel haben ihnen die Dreckarbeit abgenommen. Kaum bemerkt, zündet der Verband der privaten Pflegeanbieter im nächstgelegenen Dom eine Kerze an. Er sollte den Opferstock nicht vergessen.

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