bodo Oktober 2017

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2,50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer

bodo

Oktober 2017

GA DAS STRASSENMA

NUR MIT AUSWEIS

Z IN

SCHLECHTE VERSTECKE MATTHIAS SCHAMP | ÜBER SCHEITERN OLIVER POLAK | ÜBER ALLES

1


DER BODO-SHOP

1|2

Schöne Dinge, die Sie bei uns auch kaufen können: für sich, für Freunde, für unsere Verkäufer. Erhältlich in unserem Dortmunder Buchladen und in unserer Bochumer Anlaufstelle oder auf Wunsch per Post. Bestellen Sie per Postkarte, per Mail oder kommen Sie vorbei – wir freuen uns auf Sie.

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bodo e.V. Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Tel. 0231 – 950 978 0 info@bodoev.de Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr Sa. 10 – 14 Uhr www.bodoev.de 2

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Name, Adresse

bodo e.V. Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund


INHALT | EDITORIAL

04

Matthias Schamp Schlechte Verstecke, Frittieren als Kunstform, Hegel-Hooliganismus. Auf den ersten Blick

ist „der Schamp“ einfach komisch. „Aber Humor“, sagt der Bochumer Künstler, „ist nur die erste Zwiebelschicht, die den Leuten einen Zugang zu meiner Arbeit ermöglicht.“ Von Max Florian Kühlem

12

Der Mitmachbauernhof Es ist Freitagmittag auf dem Lernbauernhof Schulte-Tigges. Ernte-

helfer ernten Rote Bete, Tomaten oder Radieschen. Was auf den ersten Blick nach normaler Land-„Wirtschaft“ aussieht, funktioniert ganz ohne Markt.

32

Von Peter Hesse

Die 80er im Ruhrgebiet Mit Alltagszenen aus dem Ruhrgebiet der 1980er Jahre begeistert der weit-

gereiste Fotograf Reinhard Krause Tausende Fans im Netz. Nun versammelt das Buch „Woanders is auch scheiße!“ die 200 besten Bilder seines Frühwerks. Ein Interview. Von Jens Mayer

42

„Wir haben jahrelang gekämpft“ Ibrahim Arslan überlebte, als Neonazis 1992 das Wohnhaus seiner Familie

in Mölln in Brand setzten. Auch 25 Jahre später muss darüber geredet werden, wer eigentlich über den Umgang mit Opfern rassistischer Gewalt bestimmt, sagt er. Am 20. Oktober kommt er zu bodo. Von Alexandra Gehrhardt 02 bodo Shop 04 Menschen | Matthias Schamp 07 Straßenleben | Die BO-Fabrik 07 Impressum 08 Neues von bodo 12 Reportage | Solidarische Landwirtschaft 16 News Liebe Leserinnen und Leser,

16 Kommentar | Was einsickert 17 Recht | Sparen für die Behörde?

Ende September beklagten unsere KollegInnen der Düsseldorfer

17 Die Zahl | Das Foto

Straßenzeitung „fiftyfifty“, dass VerkäuferInnen zunehmend

18 Interview | Oliver Polak

Geld zugesteckt werde, ohne ein Heft mitzunehmen. „Die gut ge-

22 Kultur | Prinzregenttheater

meint zugesteckten Münzen verkehren den ursprünglichen Sinn

23 Wilde Kräuter | Eberesche

– nämlich aus Bettlern Zeitungsverkäufer zu machen – ins Gegenteil“, sagte Ge-

23 Soziales | Toilettengate

schäftsführer Hubert Ostendorf der NRZ. Wir beobachten das gleiche Phänomen,

24 Veranstaltungskalender | Verlosungen

und uns interessiert Ihre Meinung dazu: Müssen wir deutlicher machen, dass

30 bodo geht aus | Oma Rosa

es für unsere VerkäuferInnen ein Unterschied ist, etwas zu verkaufen oder ein

32 Interview | Die 80er im Ruhrgebiet

Almosen zu erhalten? Wie kann das Straßenmagazin wieder attraktiver werden

36 Netzwelt | www.refill-deutschland.de

für ehemalige LeserInnen? Was wünschen Sie sich von bodo? Schreiben Sie uns!

36 Kinotipp | Green Movies 37 Bücher

Weil das am Wahlabend geschrieben wird, nur drei Sätze: Die entscheidende

38 Reportage | Der absurde Geldfluss

Fähigkeit der AfD als Bewegung und ihrer netzgestützten Basis ist das Vergiften

41 Soziales | Josef Anton Gera

von Diskursen: Den wirklichen Schaden richtet ein Journalismus an, der die

42 Interview | Ibrahim Arslan

Sorgen der restlichen 87 Prozent ignoriert, und eine Politik, die versucht, den Hass

45 Soziales | Notunterkünfte

durch Ähnlichkeit zu besiegen. Die Wahl ist kein Rechtsruck, sie ist das Ergebnis

46 Leserseite | Comic

der Rechtsverschiebung des vergangenen Jahres,selbst der Legislative – in einem

bodo SCHA FFT CHAN CEN

Bundestag ganz ohne AfD. Gegen Ängste hilft nicht, in den Ausgrenzungswettbewerb der Rassisten einzusteigen, sondern z.B. eine – so langweilig das klingt – funktionierende Sozialpolitik. Es gibt viel zu tun, machen wir das Beste draus. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3


MENSCHEN

Zum Beispiel die Ampelperformance: Matthias Schamp steht an einer Dorfstraße, trägt eine gelbe Sturmhaube, hält einen roten Ball über den Kopf und einen grünen Salatkopf darunter. Wenn man dieses Bild sieht, muss man unweigerlich lachen. „Aber Humor“, sagt der Bochumer Künstler, „ist nur die erste Zwiebelschicht, die den Leuten einen Zugang zu meiner Arbeit ermöglicht.“ Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski

Schöner Scheitern mit dem Schamp D

er Zugang durch Humor klappt bei

Wenn man Matthias Schamp in seiner Woh-

Paul, der war Kulturdezernent von Duisburg

beit allerdings so gut, dass er lange Jahre

Straße besucht, wird gleich klar: Eine Tren-

nicht allzu weit entfernt. Matthias Schamp

Matthias Schamps künstlerischer Ar-

eine Reihe im Satire-Magazin Titanic hatte.

„Schlechte Verstecke“ heißt die und besteht

aus Polaroid-Schnappschüssen, auf denen sich der Künstler zum Beispiel gut sichtbar

hinter eine Elefanten-Schaukel auf einem Spielplatz krümmt – oder hinter einer Säule steht und einen verräterischen Schatten

wirft. Man muss das sehen und wird garantiert lachen.

Aber dann gibt es da eben noch die weiteren

Ebenen in dieser Kunst – das, was Matthias

Schamp als changierenden Sinn oder Kon-

text-Hopping bezeichnet. „Die schlechten

nung in einem Hinterhaus an der Wittener

nung zwischen Kunst und Leben, die gibt es hier nicht. Küche, Schlaf- und Wohnzimmer

sind zugleich Atelier und Ausstellungsraum. Im Flur muss jeder Quadratzentimeter als Bibliotheksregal herhalten, über dem Bett hängt

wie aggressiven Charakter. Zwischen ihnen kann der Betrachter umspringen – was eine

Gedichte und Geschichten.

es mit dem Schreiben zu versuchen. Aber

Museen aufgebaut hat. Und über dem Arbeitstisch hängt ein Fan-Schal der Hegel-Hooligans,

mit denen Matthias Schamp über den Campus der Ruhr-Universität zog und Slogans wie „Das Ganze ist das Wahre“ skandierte.

den, grau-schwarzen Haaren und mar-

für ihn genauso einen kindlich-spielerischen

rätzeichnen, Radieren und schrieb daneben

Grill“ gehört, den er schon in vielen deutschen

alltagsarchäologischen Spielstätte „Mythos-

schnellste Läufer zu sein, kann ich nicht ver-

ten sein sollen…“ Die Ampelperformance hat

schen Angebote wahr, lernte Töpfern, Port-

„Ich wollte eigentlich kein Künstler werden“,

Fragt man ihn nach seinem Werdegang,

stehen. Oder warum Sieger am interessantes-

nahm alle möglichen museumspädagogi-

ein Pommesgabel-Gemälde, das zu seiner

Verstecke symbolisieren auch das Scheitern als Methode“, sagt er. „Diese Anstrengung, der

– und die Welt von Kunst und Literatur so

sagt er. Es gab eher den vorsichtigen Plan,

eigentlich war alles offen, als er zum Studium zurück nach Bochum ging, ans kunstgeschichtliche Institut des legendären Professors Max Imdahl. „Damals studierte man nicht so pragmatisch. Selbstverwirklichung galt als Eigenwert.“

dann wird der Mann mit den hochstehen-

Um das Jahr 1990 rum hat sich seine kunstge-

kanter, schwarz umrandeter Brille etwas

selbst zu kunstpraktischer Arbeit transfor-

mundfaul. 1964 in Bochum geboren, stand ihm erstmal eine Kindheit in Krefeld bevor. Die Eltern im Handwerk tätig, aber Onkel

Ampel sonst von selbst tut.

schichtliche Arbeit allerdings quasi wie von

miert. Für eine Seminararbeit zum Thema Land-Art marschierte Matthias Schamp im

späten Winter durch ein Feld und trampelte

einen Satz in den Schnee: „Ich kann Richard Long schreiben.“ Der Dozent war mit diesem Bezug auf den großen englischen Land-Art-

Künstler zwar nicht wirklich glücklich – aber der Student ahnte immer mehr, dass viel-

Geb. 1964 in Bochum, aufgewachsen in Krefeld

leicht selbst ein Künstler in ihm steckt.

1983 bis 1990: Studium der Kunstgeschichte und Philosophie in Bochum, ohne Abschluss Lieblingsorte: Biercafé, Goldkante, Freibeuter, Trinkhalle (Auswahl), Botanischer Garten, Schurenbachhalde Lieblingsbücher: B. Sterchi – Blösch, W. Bauer – Der Fieberkopf, B. S. Frizell – Arkadien, Mythos und Wirklichkeit, J.-M. Pelt – Das Leben der Pflanzen 4

Vorher – und heute immer noch nebenbei – ist er allerdings beim Schreiben geblie-

ben. Und hat dabei gelernt, hartnäckig zu

bleiben: „26 Verlierer von A bis Z“ heißt

eine Sammlung garstiger Grotesken, die er


„Diese Anstrengung, der schnellste Läufer zu sein, kann ich nicht verstehen. Oder warum Sieger am interessantesten sein sollen…“

5


MENSCHEN

an annähernd 100 Verlage schickte. Keiner

Manchmal besteht der Mythos-Grill einfach

schriften, da waren einzelne drin“, erinnert

an denen Menschen aus Kartoffeln aus-

wollte sie haben. „Aber in ein paar Zeitsich Matthias Schamp, „und so ist der ös-

terreichische Rundfunk drauf gekommen

und hat die Ausstrahlung der Geschichten

zum Anlass für eine Verlagsbeschimpfung genommen: Warum druckt sowas keiner?“ So richtig erfolgreich war er zuletzt mit dem

Schreiben von Hörspielen: „Der Aufstand in

den Sinnscheiße-Bergwerken“ heißt eins, das der WDR schon häufig gesendet hat.

„Ich mag es, den knochentrockenen Theoretiker raushängen zu lassen.“

So richtig blüht der Schamp (so heißt auch sei-

aus ein paar Tischen in einem Museum, gestellte Skulpturen nachschnitzen und

anschließend frittieren. Manchmal gestal-

tet Matthias Schamp weltbekannte Werke der informellen Malerei mit dem billigst vorstellbaren Material nach: der Plastik-

Pommesgabel. Und manchmal ist der My-

thos-Grill auch einfach ein Vortrag über die Kunst des Kontext-Hoppings. „Ich mag es,

den knochentrockenen Theoretiker raushängen zu lassen“, sagt Matthias Schamp.

ne Homepage: der-schamp.de) allerdings vor

Zuletzt hat er sich auch öfter in das Ge-

„Dada, die Situationisten, Fluxus – das ist al-

eingeschaltet. Als die Stadt das innerstäd-

allem auf, wenn er über seine Kunst spricht.

les in meine Arbeit eingeflossen. Aber im My-

thos-Grill zum Beispiel ist auch viel Pop-Art drin, informelle Malerei und antike Kunst.“ Deshalb hat er den Mythos-Grill schon mal

bezeichnet als „Maschine, die Kunstgeschich-

te frisst“. Pate für seine Erfindung standen die aufgeklebten Plastik-Säulen in griechischen Grill-Imbissen, die auf die Wiege der abendländischen Kunst verweisen.

schehen in seiner Heimatstadt Bochum tische Brachgelände neben dem Club Riff

umzäunte, auf dem der Hobby-Botaniker

gern spazieren ging, erfand er aus Protest das Situative Brachlandmuseum und lud

renommierte Künstler ein, Kunstwerke über den Zaun zu werfen. Da berichtete dann sogar die Bild-Zeitung, als auf einmal

das Riesen-Gehirn von Christine Biehler verschwunden war.

Und als ihm in einer seiner Stammkneipen, der Goldkante im Ehrenfeld, zunehmend die kommunikationsverhindernden Blumen auf dem Tresen ein Dorn im Auge wurden,

gestaltete der Schamp einen Protest-Bierdeckel in Anlehnung an russische Revolutionskunst: „Schlagt die Vasen mit dem roten

Keil“. Die Blumen sind noch da. Aber Matthias Schamp ist hartnäckig.

Am 6. Oktober, 17 Uhr, ist Matthias Schamp in den Rottstr5-Kunsthallen in Bochum als Amateur-Puppenspieler zu erleben: Das Schamperl und das Mauermännchen spielen „Metaperformance-Miniaturen“. 6


STRASSENLEBEN

IMPRESSUM

Die BO-Fabrik Bislang hat bodo seine Bochumer Adresse gemeinsam mit Suppenküche und Tagesaufenthalt der Diakonie im verbliebenen Teil der alten BO-Fabrik an der Stühmeyerstraße. Endlich soll der denkmalgeschützte und seit Jahren größtenteils leerstehende Komplex eine neue, sogar gemeinnützige Nutzung erhalten. Von Bastian Pütter | Foto: Sebastian Sellhorst

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Egon, Alexandra Gehrhardt, Peter Hesse, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Jens Mayer, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst, Benjamin von Wyl Titelfoto: Daniel Sadrowski Fotos: Blond (S.24, 28), Bianca Boyke (S.17), Dr. KlausUwe Gerhardt / pixelio.de (S.11), Reinhard Krause (S. 3, 32, 33, 34, 35), Axel Martin (S. 3, 9), Markus Mlynek (S. 24, 28), David Prior (S. 18, 20), Bastian Pütter (S. 16), Sabrina Richmann (S. 42), Abdul Saboor (S. 38, 40), Daniel Sadrowski (S. 3, 5, 6, 12, 13, 14, 15, 22, 30), Sebastian Sellhorst (S. 7, 8, 9, 10, 11, 16, 17, 23, 41, 45, 46), Claudia Siekarski (S. 11), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (S. 23) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die November-Ausgabe 10.10. 2017 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 01.2015

Vor sieben Jahren vermietete uns –

Stadtteilzentrum werden. Wir freuen

Teile des Erdgeschosses im denkmalge-

Rahmen der Konferenz „Ankommen und

dankenswerterweise – die Stadt Bochum schützten Verwaltungsgebäude, als wir mit der Sanierung des Hochbunkers am Springerplatz unsere alte Anlaufstelle verloren. Auf dem freien Markt wollte uns niemand ein Ladenlokal „für Obdachlose“ vermieten.

Da die Stadt eine „Vermarktung“ des Ge-

bäudes plante, erhielten wir einen einmonatigen Mietvertrag, der sich fast sieben Jahre lang monatlich um weitere vier

Wochen verlängerte. Käufer fanden sich nicht. Für uns waren das keine idealen

uns sehr, dass aus dem Planspiel, das im Dableiben“ im April 2016 eine Zukunft

der „Stü“ entwarf, nun Wirklichkeit wird. Im Sozialausschuss teilte Sozialdezer-

nentin Britta Anger Ende September mit, man habe Gespräche mit den Beteiligten geführt und einvernehmlich entschie-

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de

den. Uns hat die Stadt mitgeteilt, dass sie

Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de

Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe

Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de

Wir werden wohl nächstes Jahr mit der

Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de

das Mietverhältnis beenden wird, den

wurden Ausweichquartiere angeboten. Inneren Mission in ein leerstehendes Gebäude nahe der Eisenhütte Heintzmann ziehen, 40 Fußminuten entfernt von

bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

Suppenküche und Übernachtungsstelle,

die zum Stadion in den Neubau der Über-

Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr

Endlich scheint sich die Stadt nun einig

Wann und wie es mit uns weitergeht,

Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr

Stiftung. Das Ensemble soll erhalten

wird – wir sind selbst gespannt. Sobald

Bedingungen, ärgerlicher jedoch erschien uns, dass über die Jahre und selbst in der Ausnahmesituation der sogenannten

„Flüchtlingskrise“ ein Großteil des Gebäudes weiter leer stand und verfiel.

zu sein mit der gemeinnützigen Montagwerden, aus dem Klinkerbau soll ein

nachtungsstelle wechseln (s. S. 45).

und was genau aus der alten BO-Fabrik wir es wissen, lesen Sie es hier.

Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

7


NEUES VON BODO

Mithelfen

bodo sucht…

Zahlen, bitte

Ohne Ihre Unterstützung gäbe es unseren

…neue KollegInnen. Zum Beispiel Verkäu-

Wie hoch wäre ein Stapel aller gespende-

gemeinnützigen Verein nicht. Ihre Geld-,

ferInnen des Straßenmagazins. Unsere An-

ten Bücher? Wieviel Kunden waren pro Tag

Buch- und Sachspenden, Ihre Einkäufe

laufstellen haben eine offene Tür für jeden,

in unserem Buchladen? Wie viele Tonnen

bei unseren VerkäuferInnen des Stra-

der ein kostenloses Frühstück gebrauchen

hat unser Transportteam bewegt? Wie vie-

ßenmagazins und in unserem Buchladen

kann oder Unterstützung in Ämter-, Woh-

le Stunden Sozialberatung wurde geleis-

sowie Ihre Aufträge für unser kleines

nungs- sowie Geld- und Rechtsfragen sucht.

tet? Wer verkaufte das Straßenmagazin?

gemeinnütziges Transportunternehmen ermöglichen unsere Arbeit für Menschen in sozialen Notlagen.

Für Menschen in Armut und Wohnungslosigkeit ist zudem der Verkauf des Straßen-

Und, vielleicht noch spannender: Wofür gibt bodo Geld aus und woher kommt es?

magazins ein erster Wiedereinstieg ins

Sie merken es, zurzeit sind wir in den Vorbe-

Doch etwas fehlt in dieser Aufzählung: Die

Erwerbsleben: unbürokratisch, selbstbe-

reitungen für unseren Jahresbericht. Ganz

Öffnungszeiten unserer Ausgabestellen,

stimmt, orientiert an den eigenen Möglich-

unüblich veröffentlichen wir ihn auch dieses

die Zeitungsausgabe, unser Jobcafé, die

keiten. Einfach vorbeikommen, am selben

Jahr bereits im Dezember. Statt auf das

Veranstaltungen und Infostände – dies

Tag beginnen! Unser Transport-Team freut

Kalenderjahr zu blicken, untersuchen wir

und vieles mehr wäre ohne Menschen, die

sich auf KollegInnen, die sich einen an-

die ersten drei Quartale 2017 und das letzte

uns in ihrer Freizeit ehrenamtlich unter-

strengenden Job und ein festes Anstellungs-

Quartal 2016. Das hat den Vorteil, dass der

stützen, nicht möglich. An dieser Stelle ein

verhältnis zutrauen. Für unsere sozialen

16-Seiter mit allen Zahlen und Hintergrün-

herzliches Dankeschön an Lina und Wiebke

Stadtführungen suchen wir in Bochum und

den unserem Dezemberheft beigeheftet

aus unserer Bochumer Anlaufstelle in der

Dortmund Menschen mit Straßenerfahrung,

werden kann, das die meisten Leser erreicht.

alten BO-Fabrik und an alle anderen Hel-

die Lust haben, ihr Wissen weiterzugeben

ferinnen und Helfer, die uns regelmäßig

und mit uns neue Touren zu erarbeiten.

unterstützen.

Oder lieben Sie Bücher? Unser gemeinnützi-

Wenn auch Sie Interesse haben, zum Beispiel einen Tag im Monat bei uns mitzuarbeiten,

ger Buchladen am Dortmunder Schwanenwall sucht ebenfalls Verstärkung.

Wir sind nämlich nicht nur gerne so transparent wie irgend möglich, sondern freuen uns auch, wenn sich Menschen über unsere Arbeit informieren, die nicht zu unseren regelmäßigen LeserInnen gehören. Den

freut sich unsere Kollegin Susanne Schröder

Kommen Sie vorbei (Schwanenstr. 38, Dort-

Bericht bekommen Sie übrigens auch einzeln

auf Ihre Nachricht: Telefon 0231 – 950 978 0,

mund, oder Stühmeyerstraße 33, Bochum)

und natürlich kostenlos, auf Papier oder

ehrenamt@bodoev.de.

oder rufen Sie uns an: 0231 – 950 978 0.

digital per Mail.

Djelem Djelem Das Dortmunder Roma-Kulturfestival geht in

schließend liest der Roma-Schriftsteller Sa-

die vierte Runde. Vom 3. bis 9. Oktober gibt es

muel Mago und tags darauf Roma-Aktivist

Lesungen, Diskussionen, Konzerte, Theater-

Gianni Jovanovic aus dem Roman „Nachts,

und Filmvorführungen, eine Fachtagung und

wenn Schatten aus dunklen Ecken kommen“

ein großes Familienfest an insgesamt sieben

über ein Roma-Leben zwischen Tradition

verschiedenen Orten der Stadt.

und Aufbruch (5. Oktober, 20 Uhr). Der Ein-

Die offizielle Eröffnung am Mittwoch, dem 4. Oktober, 18 Uhr, im Theater im Depot steht

8

tritt ist jeweils frei, bodo ist Mitveranstalter beider Lesungen.

unter dem Motto „Wie tickst du eigentlich?

Musikalische Höhepunkte sind das Konzert

– Rhythmus und Heimat“. Zu sehen ist eine

der „Mahala Rai Banda“ aus Bukarest am Vor-

multimediale Performance mit Roma- und

abend der Eröffnung im Jazzclub domicil und

anderen Dortmunder Jugendlichen. An-

die „Djelem Djelem Blockparty“ am 6. Okto-


www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

„Nach dem Brand“ In der Nacht zum 23. November 1992 setzten Neonazis das Wohnhaus der Familie Arslan in Mölln in Brand. Yeliz Arslan, Ays,e Yilmaz und Bahide Arslan starben bei dem Anschlag.

Und wohin im Winter?

Mölln stand mit Hoyerswerda, Rostock und Solingen für eine Welle rassistischer Gewalt

Am 17. Oktober, dem Internationalen Tag für

Der Rat der Stadt hat angesichts dieser Krise

die Beseitigung der Armut, laden der Suppen-

eine grundlegende Überarbeitung des Kon-

küche Kana e.V., die Wohnungsloseninitiative

zepts gegen Wohnungslosigkeit beschlossen.

Gast-Haus und das Straßenmagazin bodo zur

Unter anderem sollen erstmals auch obdachlo-

Diskussion vor das Dortmunder Rathaus.

se EU-BürgerInnen „in die Betrachtung mit ein-

Angesichts des nahenden Winters möchten die freien Träger der Wohnungslosenhilfe um 17 Uhr auf dem Friedensplatz Ansätze und Forderungen für die Unterbringung und Versorgung Wohnungsloser vorstellen und diskutieren. In Dortmund steigen die Wohnungslosenzahlen drastisch an. Die Stadt hat für das vergangene Jahr 660 sogenannte Wohnungsnotfälle an das Land gemeldet, ein Anstieg um mehr

der frühen 1990er Jahre. Im Nachgang lag der mediale Fokus auf den Tätern, während die Hinterbliebenen von Verdächtigungen gegen sie sprachen. „Mölln fühlt sich unschuldig“, titelte die ZEIT damals.

bezogen werden.“ Für die konstant überbelegte

Ibrahim Arslan überlebte den Anschlag als

Männerübernachtungsstelle ist ein erweiterter

Kind. Gemeinsam mit der Initiative „Freun-

Neubau bereits beschlossen, der Ausweich-

deskreis Mölln“ kämpft er heute dafür,

standort an der Adlerstraße bereits bezogen.

Betroffene von rassistischer Gewalt in den

Vor dem Rathaus möchten Kana, Gast-Haus und bodo sich über den Stand der Entwicklungen informieren und mit Ihnen diskutieren. Es wird ein musikalisches Rahmenprogramm geben.

Mittelpunkt von Erzählungen zu stellen. Der Film „Nach dem Brand“ dokumentiert diese Kämpfe. Anlässlich des 25. Jahrestags des Anschlags ist Ibrahim Arslan am 20. Oktober in Dortmund und erzählt, eingeladen von der Auslandsgesellschaft NRW und bodo, über

als 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zur

17.10, 17 Uhr: Und wohin im Winter?

offenen Straßenobdachlosigkeit gibt es keine

Rathaustreppe, Friedensplatz

Statistik, die Akteure beobachten aber auch

Opferperspektiven und rassistische Gewalt. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr im bodo-Buchladen, Schwanenwall 36 – 38.

hier deutliche Zunahmen.

Egon, bodo-Verkäufer in Dortmund Als vor einigen Wochen ein Foto von mir auf bodos Facebookseite ber – bei der wir uns auf ein Wiedersehen mit der Gipsy Mafia (Foto) freuen. Während des Festivals können sich Schulsozialarbeiter zum Thema Antiziganismus qualifizieren (5.10., Theater im Depot), es gibt eine Dokumentation über die Lage der Roma in Europa („The Awakening“ am 8.10., 19 Uhr im Kino sweetSixteen, Eintritt frei) und ein Symposium zum Thema „Roma in Europa – der Kampf für ein würdiges Leben“ (9.10, ab 9.30Uhr im Dortmunder U).

erschien, auf dem meine Hündin Hanni nicht zu sehen war, klingelte gleich mehrfach das Telefon in der Redaktion, und Leserinnen wollten wissen, wie es Hanni geht. Darum nochmal an dieser Stelle die Info: Hanni geht es bestens. Unser Zelt konnten wir vor einigen Tagen netterweise auf einem Privatgrundstück aufschlagen. Das schafft natürlich ein bisschen mehr Sicherheit als die letzte Zeit im Wald. Ansonsten haben wir uns in den letzten Tagen schon gut auf die kalte Jahreszeit vorbereitet. Unser Zelt ist in Ordnung, und wir haben uns in der bodo-Anlaufstelle mit einem neuen Schlafsack ausgerüstet. Wer mir und Hanni persönlich einen Besuch abstatten möchte, kann das natürlich wie gewohnt an unserem Verkaufsplatz am Rodenberg-Center in Aplerbeck tun. Hanni freut sich über eine extra Streicheleinheit, und ich mich natürlich, wenn Sie mir eine bodo abkaufen. Herzliche Grüße, Ihr bodo-Verkäufer Egon 9


ANZEIGEN

NEUES VON BODO

Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an: n n n n n n n

Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Ein Bücherturm Was schätzen Sie, wie hoch ein Stapel aller

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

Bücher wäre, die Sie innerhalb eines Jahres gespendet haben? Wir wissen es auch – noch – nicht. Für unseren Jahresbericht

Achtung, neue Adresse.

erheben wir zurzeit naheliegende und weniger naheliegende Zahlen, um unsere Arbeit bestmöglich zu dokumentieren.

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Zeigen Sie, wofür Sie stehen! zin 2014 Werben im Straßenmaga

Anzeigenberatung: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Tel. 0231 – 950 978 0

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Wir finden dabei Dinge heraus, wie dass der beliebteste Wochentag in unserem Buchladen jeden Monat ein anderer ist (seltsam…), dass samstags – nicht nur wegen der Kilopreise – richtig Betrieb ist, und dass uns im Schnitt fast 1.000 Menschen pro Monat besuchen. Als nächstes schauen wir, in wie viele Länder wir im vergangenen Jahr Bücher versandt haben und was das wertvollste Buch in unseren Regalen war. Alles zusammen lesen Sie dann in unserem Dezemberheft. Am besten aber, Sie machen sich vor Ort ein Bild und stöbern in unserem modernen Antiquariat am Dortmunder Schwanenwall 36 – 38. Hier gibt es Romane, Krimis, Sach-, Fach-, Kinder- und Kochbücher – gut erhalten, oft neuwertig und günstig.

Besuchen Sie uns Wir sind montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr für Sie da. Einzige Ausnahme: Am 11. Oktober schließen wir bereits um 14 Uhr, da fährt unser Team zur Buchmesse in Frankfurt. Rund um die Uhr bestellen können Sie in unseren Online-Shops bei den großen Antiquariatsportalen oder direkt auf ww.bodoev.de. Buchspenden nehmen wir gerne während der Öffnungszeiten in Dortmund oder in unserer Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße 33 in Bochum an (Mo. bis Do. 10 – 13, Fr. 14 – 17 Uhr).

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ANZEIGEN

An der Uni

Fachkonferenz

bodo-Redaktionsleiter Bastian Pütter ist

Unter dem Titel „arm in Arm – Armut in

am 25. Oktober auf Einladung der Fakultät

unserer Stadt“ findet am 11. Oktober in

Kulturwissenschaften der TU Dortmund

Dortmund eine Fachkonferenz mit dem

Gast der „Ringveranstaltung Berufsfeld

Schwerpunkt Langzeitarbeitslosigkeit statt.

Sprach- und Kulturwissenschaften“ und spricht über die enge Verknüpfung von

Trotz sogenannter Entspannung auf dem Arbeitsmarkt bleiben die Arbeitslosenzah-

Journalismus, Aktivismus und sozialer

len im Bundesvergleich hoch, gleichzeitig

Arbeit bei sozialen Straßenmagazinen.

verfestigen sich Armutslagen. Allein in

In der Woche zuvor, am 17. Oktober ist bodo

Dortmund sind rund 15.000 Menschen

darüber hinaus zur Blattkritik des neuen

betroffen. Bei der Konferenz soll gemein-

Campusmagazins eingeladen. Die Lehrre-

sam mit Betroffenen und ExpertInnen

daktion des Journalistik-Studiengangs der

aus Dortmund diskutiert werden, was in

TU und die bodo-Redaktion hatten bereits

unserer Stadt, in unserem Land getan wer-

mehrmals ihre Hefte gegenseitig kritisch

den kann, um die Situation von langzeit-

unter die Lupe genommen – zur Hori-

arbeitslosen Menschen und ihren Familien

zonterweiterung beider Seiten. Gleich-

zu entschärfen.

zeitig sollen wir unsere Auffassung zur Berichterstattung über die Dortmunder Nordstadt darstellen – das wird bestimmt spannend und vielleicht kontrovers.

Koordiniert durch das Arbeitslosenzentrum sind die Wohlfahrtsverbände sowie Akteure wie Kinderschutzbund, Schuldnerberatung und die Jüdische Kultusgemeinde

Parallel unterstützen wir weiterhin Bache-

vertreten. Gemeinsam mit der Wohnungs-

lor- und Masterarbeiten und freuen uns

loseninitiative Gast-Haus e.V. betreibt

über Studierende, die sich mit Themen wie

bodo einen Diskussionsstand. 11. Oktober,

Wohnungslosigkeit, Armut, öffentlicher

13 bis 16.30 Uhr, Katholische Stadtkirche,

Raum etc. beschäftigen.

Propsteihof 3, Dortmund.

Im November 2017 sind wir 20 Jahre für Sie da. Ambulante Pflege Sprave Stahlbaustraße 8 44577 Castrop-Rauxel Tel. 0 23 05 / 9 73 90 www.pflegedienst-sprave.de

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0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de

Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de

bodos Bücher Suzanne Präkelt buch@bodoev.de

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

von 9 bis 16 Uhr unter dieser

zentralen Rufnummer:

Fax: 0231 – 950 978 20

Oder Sie besuchen uns: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund

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Mieter schützen · Mietern nützen!

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit Bastian Pütter redaktion@bodoev.de

bodos Bücher Online Gordon Smith basar@bodoev.de

Vertrieb Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de

Transporte und Sachspenden Brunhilde Dörscheln transport@bodoev.de

Sa. 10 – 14 Uhr

Stühmeyerstraße 33,

44787 Bochum

Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr Fr. 14 – 17 Uhr

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Mieterverein

Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

Kampstr. 4 44137 Dortmund Tel. 0231/557656-0 mieterverein-dortmund.de

Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

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REPORTAGE

Gesundes Gemüse gemeinschaftlich geerntet: das ist das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft. Es ist Freitagmittag auf dem Lernbauernhof Schulte-Tigges in DortmundDerne. Etwa 15 Erntehelfer stehen auf dem Feld und ernten Rote Bete, Tomaten oder Radieschen, die dann später abgeholt werden. Was auf den ersten Blick nach ganz normaler Erntearbeit aussieht, ist ein faszinierendes System zwischen Nachhaltigkeit und Gemeinschaftsvergnügen. Von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski

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Der Mitmachbauernhof Dortmunds solidarische Landwirtschaft Im Prinzip ist es ganz einfach: „In der solidarischen Landwirtschaft tragen mehrere private Haushalte die Kosten eines

landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen

Ernteertrag erhalten“, erklärt es das Netzwerk Solawi, eine Art

Trägerverein der deutschlandweit mehr als 150 Betriebe. „Durch den persönlichen Bezug zueinander erfahren sowohl die Erzeu-

gerInnen als auch die KonsumentInnen die vielfältigen Vorteile

einer nicht-industriellen, marktunabhängigen Landwirtschaft.“ Mittlerweile haben sich im äußersten Dortmunder Norden, der ersten Landwirtschafts-Gemeinschaft im Ruhrgebiet, rund 150 Abnehmer gefunden, die an diese Form regionaler Gemüse-

Ökologie glauben. Jeder von ihnen erhält wöchentlich eine große (oder eine halbe) Kiste mit saisonalen Gemüsespezialitäten di-

rekt vom Erzeuger und zahlt dafür einen monatlichen Richtwert von 69 (oder 34 Euro).

Tradition und Neuanfang Ab dem Jahr 2000 wurde der Schulte-Tigges-Hof eine Zeit lang nicht mehr bewirtschaftet, der Vater von Elmar Schulte-Tigges

verabschiedete sich nach einem langen Arbeitsleben in die Rente. Der Senior beäugte die Ambitionen seines Sohnes, der frischen Wind in die festgefahrene Landwirtschaft bringen wollte, zu-

nächst kritisch. Elmar studierte zuerst Geographie, und mitten in den Vorbereitungen zu seiner Promotion geriet er in eine

berufliche Krise und suchte nach einem sinnvollen Neuanfang. „2009 bin ich mit meiner Frau Miriam endgültig zurück zum Hof gekommen – und ich habe das nicht bereut“, sagt Elmar.

Die beiden starteten 2013 neu und verwandelten den ruhenden

Betrieb in einen Lernbauernhof für Kinder und Jugendliche, Kindergartengruppen und Schulklassen. Seitdem gibt es hier einen Mitmachbauernhof auf Grundlage des Konzepts BNE (Bildung

für Nachhaltige Entwicklung). Im gleichen Jahr beschäftigte sich eine Verbrauchergruppe mit dem Konzept Solawi, das ist die

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REPORTAGE

gängige Kurzform der solidarischen Landwirtschaft, und fand

angebaut werden. Das fördert ihr Bewusstsein für regionale

ist dieses Konzept fernab von Supermärkten und Großhändlern

tel und für die Natur. „Bei uns landen Anfragen von Leuten,

Studentin bis zum Rentner, haben sich in der Solawi „Kümper

ternehmen oder Leute, die Coachings gemacht haben für

mit Elmar und seiner Frau begeisterte Unterstützer. Mittlerweile sehr begehrt. Ganz unterschiedliche Personengruppen, von der

Heide“ zusammengeschlossen und beziehen hier ihr Gemüse für den täglichen Verbrauch. Es gibt alles von Karotten über Mangold bis hin zu Kopfsalat, grünen Kräutern oder Knoblauch.

Das System Solawi zu etablieren, ist nicht leicht, erklärt Elmar.

Viele Menschen finanzieren einen Betrieb mit, haben aber auch

Wirtschaftsstrukturen, für die Produktion ihrer Lebensmit-

das ist echt irre. Da gibt es Top-Berater von Wirtschaftsun-

Anwaltskanzleien – die machen einen Bruch mit ihrem Leben und üben zum Teil hinterher den Beruf des Öko-Landwirts

aus. Ich glaube, wenn man etwas zu tun hat mit den wirklich grundlegenden Dingen, also Lebensmittelproduktion, Erde

und Natur – da habe ich das Gefühl, dass das einfach zieht.“

entsprechend die Möglichkeiten, in gewisser Weise die Ausrich-

Auch auf dem Lernbauernhof Schulte-Tigges und in der Solawi

wirt, der sein Leben lang allein entschieden hat, den wirst du

rina, die auf dem Hof auch in der Bauernhofpädagogik tätig ist,

tung mit zu gestalten. „Ein konservativer westfälischer Landnicht so schnell für das Solawi-Konzept begeistern können.“

gibt es erstaunliche berufliche Biografien. Die Gärtnerin Kathaist von Haus aus gelernte Theaterwissenschaftlerin. „Bis auf

unseren Gärtner Hennes sind alle aus fachfremden Bereichen.

Aussteiger als Einsteiger

Und sie sind alle super gut – weil sie total für die Sache brennen.“

In Derne ging es trotzdem ganz schnell, wenn auch das Kon-

Das Solawi-Konzept ist aber nicht nur ein Menschenmagnet.

strukt zuerst auf unsicheren Beinen stand. Die Mitglieder der Gemeinschaft können sich dabei nicht nur auf die Qualität

der Produkte verlassen, sondern wissen genau, wo und wie sie

Dieses Modell unterscheidet sich von handelsüblichen Gemüsekistenmodellen, weil die Teilnehmer hier den kompletten

Prozess inklusive Lohnkosten für die Gärtner, Versicherungen,

Reparaturen und notwendige Investitionen mitfinanzieren. Die Abnehmer erhalten im Gegenzug die gesamte Ernte – das heißt

jedoch nicht, dass das erhaltene Gemüse zwangsläufig dem Wert ihres eingezahlten Anteils entspricht. Die Höhe des Jahresetats, also der Bedarf für das folgende Wirtschaftsjahr, wird jährlich neu ermittelt und für alle Abnehmer transparent gemacht.

Entscheidend ist auf’m Acker „Eigentlich müsste man den ganzen Tag Unkraut jäten, das

regnerische und warme Wetter sorgt für alle möglichen Bei-

kräuter“, stöhnt Elmar. „Wir sind außerdem nicht so maschi-

nell unterwegs, bei uns ist eher Handarbeit angesagt.“ Gerade werden bei den Kartoffeln die mit Krautfäule infizierten

6 Stück Rote Bete, 3 Bund Lauchzwiebeln, 460g Tomaten und 2 Bund Radieschen: Die Solawi-Teilnehmer finanzieren den Hof und erhalten im Gegenzug anteilig die gesamte Ernte. 14


Blätter von Hand entfernt. Direkt neben den Kartoffeln wurde ein bunter Blühstreifen angelegt, der mit vielen Wild- und

Sonnenblumen wunderschön aussieht und für viele Insekten und Vögel wichtige Nahrung bietet. Elmar erklärt dann die

Widrigkeiten: „Dieser Streifen ist quasi Engel und Teufel zu-

gleich. Wir brauchen zur Bestäubung Insekten, das ist wichtig. Schlecht ist aber, dass da auch Zeug wächst, das wir eigentlich

nicht haben wollen und entsprechend per Hand jäten müssen. Wir haben dieses Jahr eine Epidemie von Hühnerhirse. Das ist ein typisches Beikraut von Mais und wächst sehr schnell.“

Insgesamt ist das Gelände des Lernbauernhofes Schulte-Tigges

„Bis auf unseren Gärtner Hennes sind alle aus fachfremden Bereichen. Und sie sind alle super gut – weil sie total für die Sache brennen.“

etwa 26 Hektar groß und zum Teil noch verpachtet: Neben den Solawi-Feldern gibt es Gatter für Ziegen und Schafe, Weideflächen für Pferde und zwei Rinder. Zudem stehen ab und an Zelte von

Kindergruppen im Garten, die hier Lernferien auf dem Bauernhof absolvieren können. Wie ein Orchesterdirigent wirbelt Elmar durch die

unterschiedlichen Bereiche und Tagesaufgaben. „Momentan ist es auch

schwer, alles gleichzeitig zu organisieren. Aber wir haben ein ganz

tolles Team an unserer

Seite, und dann klappt

das auch.“ Beim Blick auf die Uhr

wird klar, dass nun Tempo angesagt

ist. Gärtner Hennes und Praktikant Dennis

müssen noch die letzten Kisten mit Zwiebeln, Zucchini und den Kopfsalaten zur Scheune bringen, weil schon bald die ersten Solawi-Abnehmer kommen, um ihre Wochenware abzuholen. Schnell im Vorbeigehen dürfen wir noch die

Tomaten probieren, die so kräftig schmecken, als wären

sie in der Mittelmeersonne gereift – würde nicht das Hintergrundrauschen der Autobahn A2 daran erinnern, dass dieser reizende Bauernhof mitten im Ruhrgebiet liegt.

www.solawi-dortmund.org

www.lernbauernhof-schultetigges.de

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NEWS

DER KOMMENTAR

Asyl für TürkInnen Die Zahl der türkischen Staatsangehörigen, die in Deutschland Asyl suchen, steigt. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 haben nach Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge rund 8.500 TürkInnen in Deutschland Asylanträge gestellt. Mehr als 5.000 wurden als unbegründet abgelehnt. Anders sieht es bei Diplomaten aus: Etwa 80 Prozent der Asylanträge, die Militärs und Menschen mit Diplomatenpass bis September gestellt hätten, seien bewilligt worden, berichtet Hürriyet Daily News mit Berufung auf das BAMF. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 sind in der Türkei 150.000 Staatsbedienstete entlassen worden. Mindestens 44 JournalistInnen sind derzeit in der Türkei in Zusammenhang mit ihrer Arbeit inhaftiert, darunter die in Deutschland lebenden und arbeitenden Mes‚ale Tolu (seit 30. April 2017) und Deniz Yücel (seit 27. Februar 2017).

Zu wenig Wohnraum für alle Der Dortmunder Wohnungsmarkt bleibt angespannt. 6,33 Euro Kaltmiete kostete der Quadratmeter Wohnraum im Mittel im Jahr 2016, 33 Cent mehr als 2015. Gleichzeitig gibt es weniger freie Wohnungen, stellt der aktuelle Wohnungsmarktbericht fest: Die Leerstandsquote ist von zwei auf 1,7 Prozent gesunken. Grund ist vor allem das weitere Wachstum der Stadt – Studierende und andere allein lebende Menschen suchen in der Regel kleine Wohnungen. Schwierig bleibt auch die Suche nach günstigem Wohnraum. Der Bedarf ist weiter gestiegen, rund ein Sechstel der über 600.000 Einwohner erhält Transferleistungen, und 2016 sind auch mehr geförderte Wohnungen neu gebaut worden, die nicht mehr als 5,25 Euro/qm Kaltmiete kosten dürfen. Insgesamt hat sich die Zahl der Wohnungen, die mit Fördermitteln finanziert wurden, und die darum preisgebunden sind, gegenüber 2015 fast halbiert. Infos: www.wohnungsamt.dortmund.de

Was einsickert Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Bastian Pütter

Einem „Abschiebeflieger voller Sextäter“ blickte die BILD auf ihrer

Titelseite vom 13. September hinterher. Abends zuvor waren acht – kein Flugzeug voll – Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden. Es

gab mehrere Demonstrationen, mit dabei war in Dortmund auch die

Initiative „Flüchtlingspaten“. Dann bekam die Gruppe Morddrohungen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière verteidigte die Ausweisung mit dem Hinweis, alle seien wegen „erheblicher Straftaten“ verurteilt. Die „Flüchtlingspaten“ unterstützen abschiebebedrohte Geflüchtete, auch aus Afghanistan, und fordert wie viele andere Initiativen Ab-

schiebestopps für das Land. Nach dem Bombenanschlag in Kabul im

Mai ist die Lage weiter unsicher, die deutsche Botschaft noch so stark beschädigt, dass Konsularisches direkt mit dem Auswärtigen Amt geklärt werden soll.

Mehr als 90 Abgeordnete der in Teilen völkischen, rassistischen, offen faschistischen AfD werden dem nächsten Bundestag angehören. Sie sind ebensowenig vom Himmel gefallen wie der Glaube, Menschen, die anders handeln, leben oder woanders herkommen, Gewalt und

Tod wünschen zu dürfen. Beides ist Teil eines Prozesses des Sagbar-

machens und des Einsickerns menschenfeindlicher Positionen in die

Kein Recht zur Preisbremse Das Berliner Landgericht hat die Mietpreisbremse für verfassungswidrig erklärt. Das Gesetz soll eigentlich verhindern, dass Vermieter, wenn eine Wohnung frei wird, die Miete für die neuen Mieter deftig erhöhen können. In dieser Form ist das seit 2015 bundesweit geltende Gesetz aber nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, sagen die Berliner Richter. Denn weil die örtliche Vergleichsmiete in unterschiedlichen Regionen unterschiedlich hoch ist, würden Vermieter ungleich behandelt. Konkrete Auswirkungen hat das Urteil vorerst nicht, weil nur das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheiden kann. In NRW steht es nach dem Start der schwarz-gelben Koalition auf der Kippe, weil CDU und FDP es für wirkungslos halten. Mietervereine hatten das Gesetz vor allem kritisiert, weil Mieter keine effiziente Handhabe haben, die zur Umsetzung nötige Transparenz einzufordern. 16

gesellschaftliche Mitte, der sowohl durch pauschale Diskreditierung und die Verbreitung willkürlicher Zahlen zu Flüchtlingskriminalität durch den Innenminister als auch durch tendenziöse Berichterstattung bestärkt wird.

Die Behörden „schoben die Richtigen ab!“, (ver)urteilte BILD, der Bayernkurier bemerkte zum Gegenprotest am Düsseldorfer Flughafen:

„Offenbar wussten sie nicht oder ignorierten, dass sie für Kriminelle protestierten.“ Und suggeriert: Wer diese Menschen immer noch

unterstützt, macht sich mit ihnen und ihren Taten gemein. „Ihr habt uns diesen Abschaum ins Land geholt“, stand in der E-Mail an die

„Flüchtlingspaten“. Dieser Hass kommt nicht aus dem Nichts – er ist

bestätigt und genährt durch das, was Politik und Medien platzieren und diskutabel machen.

Die Flüchtlingspaten haben Anzeige erstattet. Die Drohungen zu

ahnden ist Aufgabe von Polizei und Justiz. Sagbarkeitsgrenzen nicht weiter ausdehnen zu lassen, rechtsstaatliche Prinzipien nicht über

den Haufen zu werfen und Betroffene nicht allein zu lassen, ist Aufgabe aller. Damit es eben nicht normal wird.


RECHT

Sparen für die Beerdigung oder für die Behörde? Von Rechtsanwalt René Boyke Eine ältere Dame

und verwies auf eine wichtige Entschei-

völlig Recht, ist vor dem Hintergrund der

Hilfe zur Pflege und

11.12.2003 (5 C 84.02). Dieses stellte klar, dass

richtsfeste betragsmäßige Fixierung nicht

bezog finanzielle

hatte für ihre eigene

Beerdigung finanzielle Vorsorge getroffen,

genauer gesagt, einen sogenannten Bestattungsvorsorgevertrag abgeschlossen.

Der Landkreis, von dem sie die Leistungen bezog, war jedoch der Meinung, die Dame hätte zuviel Vorsorge getroffen – jedenfalls

zuviel, um anrechnungsfrei zu bleiben, und kürzte aufgrund ihres Vermögens die finanzielle Hilfe.

dung des Bundesverwaltungsgerichts vom

eine angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall unter den Vermögensschutz fällt; heute geregelt in § 90 Abs. 3 SGB XII.

tung sich im Bundesdurchschnitt auf circa

Verwertung eines Vermögens abhängig ge-

runter liegen würden.

Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der

Bestattungskosten daher keinesfalls da-

macht werde, soweit dies eine Härte bedeuten würde. Nicht klar ist jedoch, wann die

Grenze für eine solche Härte überschritten

wäre; sprich: Wieviel Vermögen darf man

gumentierte, die Kostenaufstellung des

Einige Gerichte haben sich bisher mit der

und zudem seien die Kinder in erster Linie

tungsvorsorgeverträgen beschäftigt und

indem er die Schablone anlegte und ar-

tungen kürzen darf?

Bestattungsunternehmens sei zu hoch

Frage der Angemessenheit von Bestat-

ge (Urteil vom 25.07.2017, Az. S 18 SO 160/16)

dass die Kosten für eine einfache Bestat-

5.000 Euro beliefen und die angemessenen

zurücklegen, ohne dass die Behörde Leis-

erteilte das Sozialgericht Gießen eine Absa-

möglich. Das Gericht stellte dabei fest,

Aus der Vorschrift geht hervor, dass die

Zu dieser Auffassung kam der Landkreis,

bestattungspflichtig. Diesen Argumenten

notwendigen Einzelfallprüfung eine ge-

dabei Beträge zwischen 3.200 Euro und

8.800 Euro anerkannt – eine erhebliche

Spannbreite. Allerdings, da hat das Gericht

DIE ZAHL

31 Prozent beträgt der Frauenanteil im künf tigen Bundestag, in der AfD-Frak tion liegt er bei nur 10 Prozent. Es werden mehr als doppelt so viele Männer wie Frauen im Parlament sitzen.

DAS FOTO

Für die einen Haltepunkt einer Reise, ist der Hauptbahnhof für andere ein Ort zum Schlafen. Wie unauffällig Obdachlosigkeit meist ist, zeigt bodo-Fotograf Sebastian Sellhorst im Fotoprojekt „(Un)Sichtbar in Bochum“. Am 9. Oktober werden seine Bilder im Rahmen eines Benefizabends zum 90-jährigen Bestehen der Diakonie Bochum gezeigt. Foto: Sebastian Sellhorst 17


INTERVIEW

DER UNRUHESTIFTER

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Oliver Polak

Im Jahr 2010 gab es auf 3sat ein TV-Feature, das mit dem Ka-

barettisten Georg Kreisler und dir zusammen gedreht wurde. Dort wird über Georg Kreisler gesagt, dass er den einen zu

böse sei und den anderen nie ernsthaft genug. Das trifft doch

Er liebt die Rolle des Enfant terrible und ist doch ein lupenreiner Moralist. Die Antworten auf die Fragen zu seiner Identität als deutscher Jude lieferte er im Bühnenprogramm „Jud Süß-Sauer“, seine Depression beschreibt er schonungslos in dem Buch „Der jüdische Patient“. Für sein aktuelles Programm mit dem wieder anspielungsreichen Titel „Über alles“ posiert er nackt mit Deutschlandfahne. Oje.

auch sehr gut auf dich zu, oder?

Ich denke vorher nicht drüber nach, wie ich wirke,

sondern ich will Geschichten erzählen. Ich denke nicht, dass

Von Peter Hesse | Fotos: David Prior

Humor vordergründig erstmal ernst sein sollte – er sollte in erster Linie die Leute zum Lachen bringen. Georg Kreisler als Person fand ich schon sehr interessant, aber Parallelen sehe ich da nicht direkt, außer dass er auch ein Außenseiter ist.

Über die Arbeit als Gag-Schreiber prägte der Showmaster

Rudi Carrell mal den Ausspruch: Bevor ein Stück aufgeführt wird, landen 40 Fehlversuche im Papierkorb. Ist das bei dir ähnlich? Bist du ein Text-Arbeiter, der viel wegwirft?

Ich hatte gerade eine Pause von vielen Fernsehforma-

ten, und da merke ich schon, dass ich so eine Art Working Comedian bin. Das heißt, gerade in den letzten Wochen habe ich

ein bis zwei Testauftritte gemacht. Gerade in Berlin gibt es viele

offene Bühnen mit Open Mics, da trete ich dann zwischen sie-

ben und neun Minuten auf. Ideen und Notizen, die sich so über den Tag angesammelt haben, probiere ich dann aus. Manche

Dinge funktionieren sofort und manche nicht. Andere muss man erstmal zehnmal auf die Bühne bringen, bis man merkt,

da liegt doch was drin – die Idee war ganz gut und muss umgearbeitet werden. Im Prinzip habe ich eigentlich viel zu viel

Material vorliegen. So kann man von Abend zu Abend variieren

und das Programm auf Tour lebendiger gestalten. Aber vieles wird auch einfach improvisiert, du hast ja auch jeden Abend andere Leute im Publikum sitzen.

Ist es so denn auch regional abhängig, was du aufführst? Ge-

rade weil man in Aurich vielleicht über andere Dinge lacht als in Jena oder Regensburg?

Nein, so fange ich erst gar nicht an. Es mag sicher so

sein, dass die Leute in unterschiedlichen Regionen anders la-

chen. Im Osten sind die Leute vielleicht etwas offener als in

Süddeutschland, aber ich nehme da keine Rücksicht. Das Gute

ist ja auch: Wenn es jemandem nicht gefällt, kann der ja auch aufstehen und gehen.

Deine Abendkassenpreise fallen im Gegensatz zu manchen deiner Kollegen sehr moderat aus. Achtest du sehr darauf, wie hoch die Preise deiner Tickets sind?

Klar, ich möchte schon, dass meine Tickets nicht viel

mehr als 20 Euro kosten. Wenn es einen interessiert, kann

man darauf schon Einfluss haben. Ich komme ja selber aus der Indie-Musikszene und ich finde es wichtig, dass sich junge Leute die Eintrittskarten leisten können. Im September

führe ich ja extra etwa zehn Pre-Shows auf. Das kann man vom Prozedere her in etwa mit einer Musicalaufführung am

Broadway vergleichen: Sieben Tage vor der eigentlichen Pre-

miere gibt es ein paar öffentliche Probeshows – und da sind die Tickets ja auch günstiger.

19


INTERVIEW

Der Musiker und Autor Rocko Schamoni sagte mal, dass er seinen

Witz mache und wegen einer Zeile direkt im Gefängnis lande.

Ideen zu neuen Romanen gebracht. Wie ist das bei dir, bist du

Bruchteil davon mit. Kürzlich gab es den Fall einer kurdischen Ma-

Depressionen auch sehr viel Gutes verdankt – sie hätten ihn auf deinen Depressionen auch in irgendeiner Art und Weise dankbar? Nein, so denke ich nicht. Ich wäre dankbar, wenn ich keine

Depressionen gehabt hätte. Was sich daraus ergibt, das ist dann halt so. Klar, vielleicht habe ich mit „Der jüdische Patient“ ein ganz

okayes Buch geschrieben – aber wenn ich es mir hätte wünschen

Das ist die brutale Realität, und wir bekommen hier ja nur einen

lerin. Sie hat ein Dorf gemalt mit einer türkischen Berglandschaft – sie macht einen falschen Strich auf der Leinwand und bekommt dafür zwei Jahre Gefängnis. In solchen Momenten kann man doch sehr froh sein, dass man hier lebt.

können, dann hätte ich es lieber nicht schreiben müssen. Es ist

Wir haben auch genug Skandale: Nazis bei der Bundeswehr, ge-

dem Buch verarbeitet habe. Ich habe das eher nicht. Wenn Bücher

aus dem NSU-Prozess, die für 120 Jahre eingelagert werden...

bei mir auch immer die Frage, ob ich die Depression überhaupt in

Depressionen heilen könnten, dann würde ja jeder Zweite einfach

ein Buch schreiben – was ja eine gute Sache wäre. Aber in der Realität sieht das halt anders aus. Wie geht es Dir denn gerade?

Momentan ist alles gut. Man lernt ja auch in der Thera-

pie, wie man sich selber ein gutes Grundgerüst gibt. Man muss vielleicht achtsamer sein als andere: Wie viel kann ich machen und wie viel nicht?

Neben Leuten wie Jan Böhmermann oder Thomas Gottschalk

walttätige Ausschreitungen beim G-20-Gipfel oder Aktenordner Bitte vergiss in deiner Aufzählung nicht das Neonazi-

Festival in Themar, wo rund 6.000 Anhänger der rechten Szene ein regelrechtes Volksfest gefeiert haben. Aber wenn ich die Wahl

hätte zwischen der Türkei und unserem Land, dann würde ich

mich schon für Deutschland entscheiden. Ich hinterfrage mich selbst auch immer, wie ich meinen Teil dazu beitragen kann, dass die Welt ein wenig besser wird.

Das ist ein gutes Stichwort: Was wird den Zuschauer bei deinem neuen Programm „Über alles“ erwarten?

Das ist mein drittes wirkliches Stand Up-Show-Programm.

hast du dich sehr für die Freilassung des Journalisten und Tür-

Das erste, also „Jud Süß-Sauer“, war ja vor etwa sieben Jahren.

verhaftet wurde und seitdem im Gefängnis sitzt.

Jahre lang wurden mir dumme Fragen gestellt und das waren die

kei-Korrespondenten Deniz Yücel eingesetzt, der Mitte Februar In den letzten Jahren war ich häufiger in der Türkei in einer

Art Robinson-Club in der Nähe von Antalya. Ich hatte jetzt wieder

die Anfrage, ob ich da hinkommen würde – aber derzeit ist das für mich absolut undenkbar, in das Land zu gehen. Fast täglich gibt es Nachrichten, dass beispielsweise Leute von Amnesty International verhaftet werden. Es ist absurd. Irgendwelche Zeitungen,

Das Kernthema war da schon, als Jude in Deutschland zu leben: 35

dummen Antworten dazu. Mein Humor ist ja schon Geschmackssache – und nicht jedem muss alles gefallen. Dann hatte ich die Show „Krankes Schwein“ vor dreieinhalb Jahren entwickelt, und da ging es primär um das Kaputte im Menschen und die Einsamkeit.

Die neue Show nennt sich „Über Alles“, weil es sich um alles dreht.

bei denen der türkische Präsident Erdogan die Strippen im Hinter-

Und worum geht’s?

sei schlimmer als Hitler. Es ist für mich undenkbar, dass ich einen

tigsten Dinge: Anne-Frank-App, Vergewaltigung, Horror-Clowns,

grund zieht, haben Angela Merkel auf dem Titel und schreiben, sie

Ich hab hier eine Stichwortliste, darauf stehen die vielfäl-

IS, Down-Syndrom, Schnarchen, Baby-Strich, Rollkoffer, die Bedeu-

tungslosigkeit deutscher Schauspieler, Narkose oder Schwimmen mit Haien. Ich habe zudem etwas richtig Verrücktes gemacht:

Ich war 24 Stunden offline, ohne Handy und ohne Computer. Das klingt erstmal banal, das war aber richtig interessant. Wie du siehst: Es geht um alles und das ist auch gut so für die Show.

Es ist immer wieder eine Herausforderung, denn ich will ja auch nicht immer wieder dasselbe machen.

Oliver Polak wurde 1976 in Papenburg geboren. Sein Vater überlebte als deutscher Jude den Holocaust und kehrte 1945 in seine Heimatstadt Papenburg zurück, seine Mutter stammt aus St. Petersburg (Leningrad). Für die Late-Night-Show „Applaus und Raus“ erhielt Polak in diesem Jahr den Grimme-Preis, für „Das Lachen der Anderen“ den Deutschen Fernsehpreis. Zurzeit ist er auf Tour mit dem Programm „Über alles“. 10.10. 2017 Düsseldorf, ZAKK 11.10. 2017 Münster, Pension Schmidt

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Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.

Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Kaum beschwerte ich mich in der letzten Glosse über das einseitige Kanzlerinnen-Jubelinterview auf Youtube, lud man dort reumütig und schnell noch Martin Schulz zum bodo war gedruckt und ich der Doofe. Interview. Zu spät, die BoDo Versuche ich es also mit längeren Dingen, etwa mit der Ewigkeit. Die beginnt im Ruhrgebiet am 1. Januar 2019, am Tag nach Schließung der letzten Zeche. Ab dann laufen jedenfalls diese Ewigkeitskosten, ein sicheres Indiz. Ewigkeit, darum kümmern sich sonst die Kirchen. Da man kein genaues Eintrittsdatum hat, behilft man sich mit anderen Festtagen. Am 31. Oktober feiert die Evangelische Kirche ihren 500. Geburtstag. Das ist zwar nur eine halbe Ewigkeit, aber Grund, uns allen einmalig einen freien Tag zu spendieren. Man scheint PR bitter nötig zu haben, kennt doch jeder unter 40 den Reformationstag nur noch als Halloween. Mir ist das Evangelische bis heute fremd, dieser Hang zum Pietkong, wo man Gott dankt, wenn das Graubrot Schimmel ansetzt, weil so endlich mal Farbe in den grauen Alltag kommt. Schuld daran ist falsche Liberalität. Gefährliche Sachen sind in diesem Land für Jugendliche tabu. So sind Schnaps, Sexund Gewaltfilme wie Wahlen erst ab 18 freigegeben. Erbauungsfilme hingegen werden feiertags gesendet, wenn Kinder allein vor der Glotze hocken. Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Sie Mitglied Werden auch in der AWO! eder die AWO li g it M r h e m Je hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil

So sah ich als Blag, schwarzweiß, zwei Kinder in der Kirche. Der kniende, ergo: katholische Junge, zischte dem dort fremden Mädchen zu: „Ihr habt unseren Heiland ermordet!“ Ich war schockiert. Da Erwachsene zu der Zeit vom Nichtmehrvorhandensein jüdischer Menschen schwiegen, war klar: Das Biest musste evangelisch sein. Der Evangelischen Kirche läuft die Zeit für eine Aussöhnung mit mir davon. Gerade hat der ADAC die Grenze von 20 Millionen Mitgliedern überschritten. Bald wird er die EKD überholt haben. Wir feiern dann Dieseldienstag und den Großen Mai-Stau, früher bekannt als Christi Himmelfahrt.

wo-ww.de .de • www.a w w oaw @ info

Unterbezirk Dortmund

Unterbezirk Ruhr-Mitte

Unterbezirk Unna

Klosterstraße 8-10 • 44135 Dortmund 0231 - 99 340

Bleichstraße 8 • 44787 Bochum 0234 - 96 47 70

Unnaer Straße 29a • 59174 Kamen 02307 - 91 22 10 21


KULTUR

Gesprächsthema Nummer eins in Bochums Kulturszene ist seit Wochen das Prinzregenttheater. Auf der Vorstellung ihrer dritten Spielzeit hatte die aktuelle Leiterin Romy Schmidt (Bild) verkündet, dass der Trägerverein ihren Vertrag nach Ende der Saison nicht verlängern wird. Damit hatte die Stadt Bochum einen handfesten Theaterskandal, der Wellen bis zum Oberbürgermeister schlug. Von Max Florian Kühlem Foto: Daniel Sadrowski

Skandal um das Prinzregenttheater D

ie Gemüter erregte vor allem die

verlängert hätten.“ Es habe eine münd-

aber unrechtmäßig Rücklagen gebildet

Sibylle Broll-Pape, mittlerweile Intendan-

dass der Verein über einen neuen, sogar

in Zeiten der Haushaltssperren immer

Tatsache, dass Schmidts Vorgängerin

tin in Bamberg, weiter als Vorstand im Trägerverein sitzt und ihre Nachfolgerin trotz erfolgreicher Arbeit quasi entlassen hat.

Olaf Kröck, Intendant des Schauspielhauses Bochum, sah dadurch die „professionellen Spielregeln“ des Theaterbetriebs verletzt. Autor Frank Goosen, der den

Trägerverein des Prinzregenttheaters vergangenes Jahr verlassen hat, sagte: „Man kann sehr kritisch sehen, dass der Verein ausschließlich aus engen persönlichen

Freunden von Sibylle Broll-Pape besteht.“

besser dotierten Vertrag nachdenke, der die Art, miteinander zu kommunizieren,

Romy Schmidt dem Verein immer wieder

dass Broll-Pape nach ihrem Weggang

bleme rührten vor allem daher, dass

Thomas Eiskirch die Tatsache kritisierte,

Misstrauen entgegengebracht habe.

weiter als Vorstand des Trägervereins

Romy Schmidt erklärte in einer Gegen-

Fall ankündigte, gibt es nun ein neues

darstellung, dass ihr ein neuer Vertrag

wirkung des Theaters sei man zu hundert Prozent zufrieden, aber das Vertrau-

ensverhältnis sei zerstört. Am Gerücht, Sibylle Broll-Pape plane eine Rückkehr

nach Bochum, sei allerdings nichts dran. Nach einigen Tagen meldete sich auch Si-

bylle Broll-Pape selbst zu Wort: „Es stimmt

nicht, dass wir Romy Schmidt einfach nicht

Mediationsangebot. Gespräche mit Kul-

turdezernent Michael Townsend hatten zu

verhalten‘ meinerseits im Hinblick auf

Landmann, ehemaliger Leiter der Kultur-

sicht gestellt worden sei und „ein ‚Wohlmeine Zusammenarbeit unter anderem

Augen kein ernsthaftes Angebot dar.

der künstlerischen Arbeit und der Außen-

fungiert, und eine Beschäftigung mit dem

nur mündlich „auf der Straße“ in Aus-

dem Vorstand des Trägervereins „anhalzwischen Verein und Frau Schmidt.“ Mit

meine Mitarbeiter bezahlen zu können.“ Nachdem auch Oberbürgermeister

mit Behörden beinhaltete.“ In Form

tende und nicht auflösbare Differenzen

hat, um nach eigener Aussage „auch

neu regele. Die Kommunikationspro-

Als Grund für die Nicht-Verlängerung

nannte Susanne Muthig-Beilmann aus

22

liche Vereinbarung darüber gegeben,

und Inhalt stellte das Gesagte in ihren

Damit spielte sie indirekt auf die Prüfung des Landesrechnungshofs am PRT an, bei

keinem positiven Ergebnis geführt. Peter

abteilung im NRW-Ministerium, wird jetzt Gespräche mit den Streitparteien führen. In der Zwischenzeit hat sich ein breites

Bündnis aus freien Kulturschaffenden in der Stadt organisiert. Sie fordern: Romy Schmidt soll Leiterin des PRT bleiben.

der Unregelmäßigkeiten in der Zeit von

Der Trägerverein täte gut daran, für mehr

wurden. Das Land hat daraufhin seine

wäre, wenn mindestens ein Vertreter

Sibylle Broll-Papes Intendanz festgestellt Förderung eingestellt. Die Stadt Bochum zahlt seine Förderung von rund 300.000

Euro (inklusive Gebäudemiete) allerdings weiter aus – sonst wäre das Haus sofort

pleite. Mittlerweile ist bekannt, dass Sibylle Broll-Pape wohl kein Geld veruntreut,

Transparenz zu sorgen. Ein gutes Signal der Öffentlichkeit eintreten würde.


SOZIALES

WILDE KRÄUTER

Toilettengate

EBERESCHE

von Wolfgang Kienast

Von A. Gehrhardt | Foto: S. Sellhorst In Schwerte sorgt die Frage nach öffentlichen Toiletten für Diskussionen in der

Stadtpolitik. Eigentlich sollte im Stadtpark eine neue Sanitäranlage installiert werden. Dort aber halten sich auch „Trinker“ auf – Am Ende dieser Kolumne finden Sie

gabetermin liegt weit vor dem 24.

Suppe. Ich vermute, dass diese, sollte

ist längst nicht das Ende der Fahnen-

ein Rezept für eine Ebereschen-Lauch-

sie tatsächlich von Ihnen nachgekocht und auch gegessen werden, kaum un-

geteilte Begeisterung findet. Denn sie ist bitter.

Vogelbeeren, die Früchte der Eberesche,

sind bitter. In einigen Wildkräuterbü-

chern wird empfohlen, sie nach dem ersten Frost zu sammeln. Das mag in

Hochlagen funktionieren, wo es früher im Jahr kalt wird als hier. Wer im gemäßigten Klima des Ruhrgebiets auf den Frost wartet, kann derweil zuschauen,

wie die Früchte schwinden. Sie sind Nahrungsquelle für mehr als sechzig heimische Vogelarten.

Man kann die Beeren einfrieren. Es hilft

September. Und dieses Wahlergebnis

und sich mit denen eine Toilette teilen will anscheinend nicht jeder.

stange in Bezug auf Sachen, die nicht so laufen, wie sie in einer besseren Welt laufen würden.

Dabei ist – um aufs Kulinarische zurückzukommen – nicht alles schlimm, was bitter ist. Im Gegenteil: Gerade

Bitterstoffe haben eine herausragende Wirkung auf das Wohlbefinden, da sie unter anderem positiv auf die Verdau-

ung wirken. Viele Ernährungswissen-

Der CDU scheinen alkoholtrinkende Men-

Lebensmittel in der Regel auf süß oder

im Auge zu sein – weil sie sich „rumtreiben“,

bitterstoffhaltigen Gemüsesorten, bei-

Ruhr Nachrichten den CDU-Ratsherren Hans-

Bitterstoffe weggezüchtet werden.

Toilette her, außerhalb des Stadtparks. Die

schaftler kritisieren, dass vorgefertigte

schen aus verschiedenen Gründen ein Dorn

salzig getrimmt oder dass ursprünglich

weil sie „keine Schwerter“ sind, zitieren die

spielsweise Endivie oder Chicorée, die

Georg Rehage. Darum soll nun eine zweite im Park sei dann für die „Trinker“, die andere

tatsächlich, deren Bitternis zu reduzie-

In Wildkräutern findet man sie noch. In

ben, für eine Weile in verdünnten Essig.

Sie einfach mal folgende fruchtig-

Eigentlich waren 50.000 Euro für einen

schmeckt sie.

100.000 Euro zu Buche schlagen. Für die

ren. Ich lege sie, wie im Rezept beschrieDas ist weniger effektiv als das Eisfach,

was mir mehr oder weniger egal ist,

denn als Geschmacksrichtung finde

ich ‚bitter‘ gar nicht sooo unangenehm.

Zumindest als Geschmacksrichtung. Ansonsten nutze ich selbstredend das Präfix ‚bitter‘, um zu betonen, dass das einfache Adjektiv nicht reicht, auszudrücken, wie unangenehm ein Umstand wirklich ist. Bitterkalt. Bitterernst. Bitterböse. Auch ist es ziemlich

bitter, dass der FC Bayern München vermutlich wieder Deutscher Fußballmeister werden, für einen Fan der Gel-

senkirchener, dass sein Verein es wohl niemals schaffen wird. Doof.

Meine Freundin dagegen meint, das wäre nur ein Spiel. Okay. Wesentlich bitterer ist, dass die AfD im Bundestag sitzt. Davon gehe ich an dieser Stelle

einfach mal aus; mein Kolumnenab-

Vogelbeeren in großer Zahl. Versuchen bittere Ebereschen-Lauch-Suppe. Mir

REZEPT

200 g Vogelbeeren zum Entbittern für mindestens 48 Stunden in verdünntem Apfelessig (1 Teil Essig, 2 Teile

Wasser) ruhen lassen. Die Beeren anschließend abspülen und zusammen

mit einem zerteilten Boskop in 125 ml trockenem Rosé etwa 20 Minuten köcheln lassen. Pürieren. 500 g dünn geschnittenen Porree in Butter dünsten, bis er zusammenfällt. Mit 25 g Mehl

bestäuben, das Fruchtmus unterzie-

für die übrigen.

Standort geplant, zwei Anlagen würden mit

Nutzung Geld zu verlangen, war ein weiterer Vorschlag der CDU, ergänzt von der Überle-

gung der Wählergemeinschaft, die Toiletten mit Kameras zu überwachen, um „Schmutz-

finken“ auf die Schliche zu kommen, so die Ruhr Nachrichten. Ob das diejenigen, die die

CDU im Stadtpark im Visier hat, zur Nutzung

einer solchen Anlage animiert, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass sie den Toilettengang im Freien vorziehen oder ihren Aufenthaltsort ändern. Womöglich dahin, wo es kostenfreie Sanitäranlagen gibt.

hen und 1 l Gemüsebrühe zugeben.

Die Frage der Entgeltpflicht ist wohl vom Tisch,

1 Becher Sahne mit 1 Eigelb verquir-

noch nicht. Ob die zusätzliche, außerhalb des

10 Minuten vom Herd nehmen. Mit

denn kommt, dann auch von auf dem Nach-

fer abschmecken.

nutzt werden darf oder nicht, ist nicht bekannt.

Weitere 20 Minuten köcheln lassen.

die, ob die Doppellösung überhaupt kommt,

len, unter die Suppe ziehen und nach

Stadtparks zu errichtende Toilette, wenn sie

frisch gemahlenem schwarzem Pfef-

hauseweg vorbeikommenden „Trinkern“ be-

23


VERANSTALTUNGEN 10 | 17 SO 01 | 10 | 17 Kino-Konzert | Hans Zimmer LIVE Er ist der erfolgreichste Filmkomponist unserer Zeit: 10 Oscar-Nominierungen, 10 Grammy-Nominierungen, 13 Golden Globe-Nominierungen, über 19 Millionen verkaufte Soundtracks weltweit. Sein Auftritt im Juni in Prag wurde mitgeschnitten und kommt nun für nur einen Abend ins Kino. Hans Zimmer wird dabei von 72 Musikern begleitet, darunter ein kompletter Chor, ein Symphonie-Orchester und seine eigene 21-köpfige Band aus handverlesenen Musikern wie u.a. Johnny Marr (The Smiths), Lisa Gerrard (Dead Can Dance) und Mike Einziger (Incubus). Schauburg, Dortmund, 19 Uhr Theater | Die Zofen Die Schwestern Claire und Solange sind Zofen der „gnädigen Frau“. In deren Abwesenheit spielen sie ein Ritual der Erniedrigung, ein demütigendes Spiel von Herrschaft und Knechtschaft: Eine von beiden übernimmt die Rolle der „Gnädigen“, die andere spielt ihre Dienerin. Sie wollen sich an der „Gnädigen“ für ihre Erniedrigung rächen. Doch die Pläne missglücken, und am Ende gelingt ihnen die Rache nur im Spiel: Claire als „gnädige Frau“ lässt sich von ihrer Schwester vergifteten Tee reichen. prinzregenttheater, Bochum, 19.30 Uhr (auch 14. & 15.10.)

DI 03 | 10 | 17 Theater | Gefährliche Liebschaften Paris. Kurz vor der französischen Revolution. Die Marquise de Merteuil spielt ein riskantes Spiel mit der Liebe. Im Vicomte de Valmont, ihrem ehemaligen Geliebten, findet sie einen kongenialen Verbündeten. Die beiden schließen eine Wette ab: Schafft er es, der verheirateten, überaus tugendhaften Madame de Tourvel die Ehre zu nehmen, soll eine Liebesnacht mit der Marquise der Preis sein. Bald aber werden die beiden selbst Opfer der Ereignisse, die sie lostraten. Schauspielhaus, Bochum, 19 Uhr (auch 08.10., 19 Uhr & 15.10., 17 Uhr) Lesung | Nicholas Müller Der ehemalige Sänger der Band „Jupiter Jones“ veröffentlicht am 2. Oktober sein erstes Buch „Ich bin dann mal eben tot – wie ich lernte mit Angst zu leben“. Nicholas stieg 2014 bei Jupiter 24

BODO VERLOSUNGEN 17.10. | Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen sweetSixteen-Kino, Dortmund | 1 x 2 Karten 22.10. | BLOND | FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten 26.10. | Die Jubiläumsshow – 25 Jahre Varieté et cetera! Varieté et cetera, Bochum | 3 x 2 Karten 26.10. | Sarah Lesch Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten 27.10. | Hairspray | Opernhaus, Dortmund | 1 x 2 Karten 28.10. | Kulturbrigaden „Europa Express reloaded“ Fletch Bizzel, Dortmund | 2 x 2 Karten Mitmachen und Karten gewinnen: Schicken Sie das Lösungswort aus unserem Kreuzworträtsel und Ihren Wunschgewinn mit Name, Telefon, Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@ bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund.


BODO-TIPP

Ihren 90. Geburtstag gestaltet die

terreise“ eine „Oper für Obdach“ er-

anders wahrnehmen. „(Un)Sichtbar“

Diakonie Ruhr Bochum mit einem

arbeitet. Mit ihr ist er seit mehreren

heißt Sellhorsts Arbeit. Zur Projektion

Benefizabend in der Christuskirche.

Jahren in Deutschland unterwegs.

der Bilder in der Christuskirche sind

Am Abend wird auch das Fotopro-

(Un)Sichtbar in Bochum

die Menschen im Originalton hörbar.

jekt „(Un)Sichtbar“ zum ersten Mal

Der von Kabarettist Fritz Eckenga mo-

„Wir wollen zeigen, dass Wohnungs-

gezeigt – gestaltet von bodo-Foto-

derierte Benefizabend beginnt mit

lose immer unter uns sind, auch wenn

graf Sebastian Sellhorst.

einer Arbeit unseres Fotografen Se-

nicht alle auffallen“, sagt Christiane

bastian Sellhorst. Er ist mit Bochumer

Caldow, Leiterin der Diakonie-Woh-

„Fremd bin ich eingezogen, fremd

Wohnungslosen an die Orte gegan-

nungslosenhilfe.

Mo. 9.10., 19 Uhr

zieh‘ ich wieder aus“, singt Bariton

gen, die für sie im Alltag Schutz und

Christuskirche, Bochum

Christoph von Weitzel. Er hat aus

Geborgenheit bedeuten, die wahr-

Der Eintritt ist frei, die Diakonie

Platz des europäischen Versprechens 1

Franz Schuberts Liederzyklus „Win-

scheinlich viele kennen, aber ganz

freut sich über Spenden.

Jones aus, weil er zu diesem Zeitpunkt beinahe

Freunde und heute ein großer Teil der deutsch-

sehen. An diesem Abend wird es sehr jazzlas-

schon zehn Jahre mit einer Angststörung und

sprachigen Facebook-Community. Stefanie Sarg-

tig, da er Neuerwerbungen im Gepäck hat, die

Panikattacken zu kämpfen hatte. Es war an der

nagel ist Schriftstellerin, Karikaturistin, Künstle-

unbedingt gehört werden sollten. Dazwischen

Zeit, gesund zu werden und ein neues Kapitel zu

rin und Mitbegründerin der ersten weiblichen

gibt es smoothen Hip Hop und ein paar elektro-

beginnen. Und genau das hat er getan. Zunächst

„Burschenschaft Hysteria“. In ihren gesammelten

nische Leckerbissen aus dem Hause MoWax, K7

in Form von Musik – mit seiner neuen Band „von

Statusmeldungen schreibt sie radikal und weise

und Ninja Tunes. Eintritt frei.

Brücken“ – und jetzt auch in Form eines Buches.

über das sogenannte einfache Leben, über Femi-

Goldkante, Bochum, 20 Uhr

Kino im U, Dortmund, 20 Uhr

nismus, über Aussichtslosigkeit und Depression. Zeche, Bochum, 19.30 Uhr

Musik | Djelem Djelem: Mahala Raï Banda Mahala Raï Banda, übersetzt „die Noblen aus

Konzert | Tatort Jazz – Asia meets Europe

FR 06 | 10 | 17 Kabarett | RuhrHOCHdeutsch: Lisa Feller – „Der Nächste, bitte!“

der Vorstadt“, ist eine zeitgemäße Antwort auf

Es spielen an diesem Abend die Gastsolisten

die puren Speedfreaks der Balkan Brass Bands.

Markus Conrad und Tobias Bülow zusammen

Lisa hat es schon längst verinnerlicht: Liebe dei-

Sie spielen mit Melodien und Grooves zwischen

mit der Tatort Jazz Hausband: Gero Koerner,

nen Nächsten wie dich selbst. So steht es schließ-

HipHop, Pop, Jazz und Gypsyfolk im Rahmen

Casper van Meel und Uwe Kellerhoff. Die Gast-

lich im Buch der Bücher. Dumm nur, wenn der

des Roma-Kulturfestivals Djelem Djelem, das in

solisten entwickeln in ihren Stücken virtuose

Nächste ein Vertreter des angeblich starken

2017 zum vierten Mal an verschiedenen Orten in

Klangbrücken zwischen Weltmusik und Jazz

Geschlechts ist und aus Bindungsangst nicht

Dortmund stattfindet. Das Programm reicht von

sowie einer neuen Form der Kammermusik, die

geliebt werden will. Schon gar nicht von einer

Lesungen über Konzerte, Theater und Film sowie

mit rhythmischer Dynamik und ausdrucksstar-

selbstbewussten und witzigen Frau, die keine

Diskussionsveranstaltungen.

ken Melodien eigene Wege geht.

Lust hat, sich zu ihren zwei Kleinkindern noch

domicil, Dortmund, 20 Uhr

Kunstmuseum, Bochum, 20 Uhr

ein erwachsenes Unvernunftswesen ins Haus zu holen. Dann doch lieber: „Der Nächste, bitte!“

MI 04 | 10 | 17 Lesung | Lit.Ruhr 2017: Stefanie Sargnagel

DO 05 | 10 | 17 Musik | Hans Karlsson Lounge Abend

Spiegelzelt Westfalenhallen, Dortmund, 20 Uhr Musik | The Jooles

Es begann mit kleinen Postings im Internet. Erst

Hans bringt seine Platten in die Goldkante, um

Ihre Musik bezeichnet die Berliner Band selbst

lasen ihre Freunde mit, dann die Freunde der

sie live und vor Ort mit neuen Kratzern zu ver-

als „Vintage Pop“. Vintage, weil ihre Liebe zu den ANZEIGE

25


VERANSTALTUNGEN OKTOBER 2017

musikalischen Klängen der 60er & 70er Jahre ein

Talk & Musik | Songs & Lyrics by ... Peter Licht

her, während sich Kisten füllen mit Dingen, die

unverkennbarer Einfluss ist. Pop, weil sich ihre

Das Konzert- und Talkformat „Songs & Lyrics by…“

nicht mehr gebraucht werden. Pidos Kinderkram

Musik nicht in eine einzige Genre-Schublade

stellt Musikerinnen und Musiker vor, die über

ist Trödel-Umschlagplatz für all die Tretautos,

stecken lässt, sondern stattdessen die Eingän-

ihre Arbeit mit dem Journalisten und Musiker

Anoraks und Märchenbücher. On top gibt es ein

gigkeit und ansteckende Energie der Songs und

Max Kühlem sprechen. Den Beginn macht der

Kultur- und Kreativprogramm für Kinder.

Darbietungen im Fokus stehen. So sind auch ihre

Indie-Pop-Musiker und Autor Peter Licht, der

Depot, Dortmund, 11 – 15 Uhr

Live-Shows eine Reise durch verschiedene Stile

aktuell mit seiner Lese- und Konzerttournee

wie Beat, Soul, Disco, Garage & Psychedelia.

„Emotionale hört die Signale!“ unterwegs ist.

subrosa, Dortmund, 20 Uhr

Kammerspiele, Bochum, 20 Uhr

DO 12 | 10 | 17 Kabarett | Lena Liebkind – „Auf die harte Tour“

Party | #placetobetween

Lena zeigt, dass Mädchen auch anders können.

Party | 17 Jahre Cosmotopia – Geburtstagssause

Die Eve Bar ist zurück: Unter den Bühnenbret-

Kaum ein anderer Club im Ruhrgebiet ist so sa-

Sie ist die böse beste Freundin, die sich jeder

tern des Schauspielhauses entsteht für ein

genumwoben wie das Cosmotopia mit seinem

Mann wünscht und die jede Frau braucht. Bild-

Jahr ein Ort, an dem sich Gegensätze aufheben

lauschigen 60s-Retro-Flair und der berüchtigten

haft lässt sie die Menschen an ihrem verrückten

und Grenzen fließend werden. Mit einem Pro-

Teppichtanzfläche. Nachdem die Location einem

Alltag teilhaben und erklärt, wie man mit der

gramm aus Klub, Konzerten, Late-Night-Talks

Supermarkt weichen musste, hat sich die Crew in

richtigen (bösen) Einstellung am besten durchs

und Stehgreif-Performances gibt die Eve Bar

den Räumen der Großmarktschänke neu erfun-

Leben kommt.

sich dem hin, was jenseits von starren Kategori-

den. Zur Geburtstagssause kommen die Funk-

Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr

en und hartgezogenen Linien liegt. In der ersten

tronix & Martini sowie der Wolf und Martin Juhls.

Klubnacht werden unter anderem Sarah Farinas

Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr

FR 13 | 10 | 17

genre-verwerfender Rainbowbass und 333Boyz’s kaleidoskopische Reise von R&B bis Nu Metal die Ohren in Verwirrung und die Füße in Verlegen-

DI 10 | 10 | 17

Musik & Vortrag | Anschläge – Konzert der 95 Thesen Was, wenn ein heutiger Luther seine kirchliche Sicht auf unsere Lebenswelt um politische und

Musik | Manu Delago Handmade

heit bringen, sich zu bewegen.

Im Januar 2017 meldete sich der Hang- und

soziale Perspektiven ergänzte und sie zu 95

Percussion-Spieler, Produzent und Komponist

neuen Thesen zusammenstellte? Um diese fik-

Manu Delago mit seinem dritten Album „Me-

tiven Thesen erklingen zu lassen, hat Michael

tromonk“ zurück. Auf der Platte dringt Delago

Em Walter eigens eine zeitgenössische, klassi-

in immer neue Klangregionen vor und erkundet

sche Musik für Chor und Instrumentalensem-

Beim 2. landesweiten Fotomarathon gehen 6- bis

dabei die unterschiedlichsten Stimmungen und

ble komponiert. Hierzu hinterfragt und kom-

16-Jährige allein oder in der Gruppe auf Motiv-

Dynamiken. Er nahm bereits mit Björk auf, war

mentiert der Chor, und André Wülfing rezitiert.

jagd durch die Stadt. Beim Start am Dortmunder

Percussionist für The Cinematic Orchestra und

Pauluskirche, Dortmund, 20 Uhr

U erhalten die Beteiligten zehn Aufgaben, die sie

arbeitete mit Anoushka Shankar zusammen.

innerhalb einer bestimmten Zeit fotografisch

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

Eve Bar, Bochum, 22 Uhr

SA 07 | 10 | 17 Mischmasch | Fotomarathon NRW

SA 14 | 10 | 17

mit dem eigenen Handy oder der Digitalkamera „lösen“ und zum Abschluss wieder auf die UZWEI bringen. Hier werden die Fotos digital gesammelt und zum zentralen Wettbewerb in NRW weiter-

SA 14 | 10 | 17

Markt | Design Gipfel

Markt | Pidos Kinderkram

Rund 60 Designer aus Deutschland bieten wieder handgemachte und innovative Produkte

geleitet. Anmeldung: U2@dortmund.de

„Du bist aber groß geworden!“ Permanent wach-

abseits der Massenproduktion an – genau das

UZWEI Dortmunder U, Dortmund, 10 – 16 Uhr

sen Kinder aus ihren Sachen raus. Neues muss

Richtige für Individualisten, die für clevere, au-

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Tag der offenen Tür

21. Oktober 2017 | 10.30 - 16.30 Uhr Großer Herbstbasar mit Produkten aus der Werkstatt und Kunstgewerbe Gutes vom Grill und aus der Küche Marktplatz mit Gemüse, Säften, Imkereiprodukten, Essig und Ölen Aktionen für und mit Kindern

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BODO-TIPP

„Aber dieser trockene Humor und

das Leben im Ruhrgebiet auf eine

gemeinsam mit den Dortmunder

dieses sich so ein bisschen durchs

ganz eigene, lakonische Weise be-

Jazz-Gefährten Frank Scheele und

Leben mogeln, irgendwie auch Spaß

schreiben. Zu lesen sind sie im Blog

Peter Köcke. Der Sänger und der

neben der Arbeit haben, das gibt

von stadt.land.text.

Pianist, Teile zweier Musiker-Gene-

es schon, oder?“, fragte Melanie

Revier-Ruhrgebiet Alltägliche Nicht-Ereignisse in Wort und Ton

rationen, bewegen sich irgendwo

Huber im September im Interview

Jetzt geht Hubers Kurzaufenthalt im

zwischen Jazz und Pop, schaffen

mit bodo. Vier Monate lang hat die

Ruhrgebiet zu Ende, und bei Ekami-

emotionale Pop-Musik und setzen

Kielerin als Regionsschreiberin das

na – den Abenden am elektronischen

so den bewussten Gegenpunkt zur

Ruhrgebiet und die Menschen, die

Kamin – liest Melanie Huber einige

bewussten Sprödigkeit von Melanie Hubers Texten.

hier leben, erkundet. Aus ihren Be-

ihrer „alltäglichen Nicht-Ereignisse

Do. 12.10., 20 Uhr

obachtungen hat sie „Pottcams“ ge-

in Wort und Ton“. Den literarisch-

Sissikingkong, Landwehrstr. 17, DO

sogen – ganz alltägliche Szenen, die

musikalischen Abend gestaltet sie

ßergewöhnliche Produkte zu begeistern sind. Nebenbei gibt es noch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm. Depot, Dortmund, 12 – 18 Uhr

MI 18 | 10 | 17 Kabarett & Musik | Konstantin Wecker Anlässlich seines 70. Geburtstags geht Konstan-

Weitere Infos: www.ekamina.de

es die Lieblingsdrinks diverser Kultfiguren serviert und on top noch die passenden Songs im Hintergrund. Eintritt frei. Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

tin Wecker unter dem Titel „Poesie und WiderMusik | Erstbezug: Chor-WG für einen Abend

stand“ auf Tour. Nicht nur in seinen zahlreichen

FR 20 | 10 | 17

Der eigenwillige Bochumer Chor „Crashendo“

Alben und Konzerten spielen politische Themen

hat ein Zimmer frei: für 250 „Mitbewohner“ in

eine große Rolle. Auch bei der Jubiläumstour soll

einer „Chor-WG für einen Abend“. Nach ihrem

der Fokus auf gesellschaftlichem Engagement,

Der erfolgreiche Autor Gustav Aschenbach

Kurzauftritt beim Eröffnungsfest wollen die

seinem vielfältigen Schaffen und seinem Lieb-

bricht auf, um fern seiner Heimat „das Fremde

vierzig Sängerinnen und Sänger die Bühne des

lingsgenre Lovesongs liegen.

und Bezuglose“ zu suchen. Er landet in Venedig,

Musikforums jetzt richtig „bewohnen“. Man

Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

wo Prunk und Verfall unzertrennlich verbunden sind. Aschenbach erkennt, dass die Begegnung

darf gespannt sein, was sich der Chorleiter Oliver Noack für diesen WG-Abend ausgedacht hat. Anneliese Brost Musikforum, Bochum, 19.30 Uhr

SO 15 | 10 | 17 Familie | Familiendisko

Theater | Der Tod in Venedig

Mischmasch | Geschüttelt, nicht gerührt

mit einem Knaben, den er für göttlich schön

Du wolltest schon immer mal lässig an der Bar

hält, finstere, unmoralische Triebe in ihm aus-

lehnen und wie James Bond einen geschüttelten

löst. Unterdessen wird Venedig selbst von einer

Martini bestellen, deinen letzten Strike wie Jeff

beunruhigenden Seuche heimgesucht…

Lebowski mit einem White Russian begießen,

Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

einfach eine Runde über die heißen Typen von

Kinder feiern mit ihren Eltern in einer richtigen

gegenüber an der Bar tratschen und dabei wie

Disko mit DJ, guter Musik, Lasershow und mehr.

Carrie Bradshaw am Cosmopolitan nippen? Kein

Sebastian Schnoy zeigt, mit welchen Tricks es

Unsere Familiendisko ist eine Party, die nicht

Problem – bei „Geschüttelt, nicht gerührt“ gibt

Adel, Fabrikanten und Spekulanten in den letz-

Kabarett | Sebastian Schnoy

nur als Erlebnis für Kids gedacht ist. Auch die

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Erwachsenen sollen ihren Spaß haben. Tanzen, Bekannte und Freunde treffen, sich austauschen und neue Kontakte knüpfen. Erwachsene feiern mit Erwachsenen, Kinder feiern mit Kindern – alle feiern gemeinsam. FZW, Dortmund, 14 – 19 Uhr Kabarett | Matthias Jung – „Generation Teenietus“ Matthias Jung hat die „Generation Teenietus“ genau betrachtet und mit Hilfe mehrerer Schüler

s. Sonntag r. Fahre

und einschlägiger Fachliteratur alle wichtigen senen zusammengetragen. Spaßpädagogik für Matthias Jung gibt lehrreiche Tipps für Eltern und lachbereite Erwachsenen, die hinterher verständnisvoll sagen: „Kind, du musst jetzt ganz stark sein. Das WLAN ist ausgefallen.“

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Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr 27


VERANSTALTUNGEN OKTOBER 2017

ten 3.000 Jahren gelang, sich die Taschen vollzustopfen. Warum sind alle Versuche, ohne Geld zu

die Geheimnisse von Druckerschwärze, Tinte,

SO 22 | 10 | 17

Druckerpressen und Buchbinden ein. Dabei

leben, am Geld gescheitert? Warum war Krösus

Kindertheater | Theater Wilde Hummel –

drucken sie ihre eigenen Gedichte oder Bücher

so prägend? Welche Rolle muss Geld spielen, da-

„Tiermärchen aus aller Welt“

und verzieren und binden sie anschließend. Für

mit Geld keine Rolle mehr spielt? Und was mein-

Am Anfang der Zeit, als die Welt noch funkel-

Kinder zwischen 8 und 12 Jahren.

te Henry Ford, als er sagte: „Wenn die Menschen

nagelneu war, stellten sich die Menschen wun-

DASA, Dortmund

das Geldsystem verstehen würden, gäbe es eine

dersame Fragen: Warum bekam das Rhinozeros

Revolution, noch vor morgen früh.“?

eine runzelige Haut? Woher haben die Tiere ihre

Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

Farben? Diese und andere Geheimnisse werden

DO 26 | 10 | 17

auf einer fantastischen Reise zu fernen Konti-

VERLOSUNG | Die Jubiläumsshow –

Poetry Slam | Open Stage:

nenten und Meeren gelüftet. Ein Figurenspiel

25 Jahre Varieté et cetera

New Generation Poetry Slam U20

für Kinder ab vier Jahren, angelehnt an die Er-

Das Varieté et cetera feiert Geburtstag. 25 Jahre

Beim New Generation Poetry Slam im KJT tref-

zählungen von Rudyard Kipling.

heißt es nun schon: „Vorhang auf“. Silvia und

fen die besten NachwuchsslammerInnen NRWs

Fletch Bizzel, Dortmund, 11 Uhr

Ronny Cabello werden an diesem Abend eini-

aufeinander. Hier geben sich die Slamgrößen von morgen die Hand und kämpfen in einer wohligen

ge Anekdoten erzäh-

VERLOSUNG | BLOND

Atmosphäre um die Gunst des Publikums. Das

BLOND sind eine Chemnitzer Band. Auf ihrem

Besondere dabei? Sie sind allesamt unter 20.

Debüt-Tonträger zeigen fünf Pop-Songs das

KJT in der Sckellstr., Dortmund, 20 Uhr

Theater | Hamlet

als

Moderator

durch

feierwütiger

die Show und als Magier genauso gekonnt in

Teens. BLOND sind drei

die Welt des Unfassbaren. Mit dabei sind des

Geschwister, die voller

Weiteren das Trio Trilogy (Handvoltigen), Duo

Hingabe Gitarre, Schlag-

Vladimir (Partnerakrobatik), Miss Feliche (Ver-

Potenzial

SA 21 | 10 | 17

len. Luke Dimon führt

zeug, Sythesizer und Bass

tikalseil), Oleg Basanov (Licht- & Sandmalerei),

Das alte Thema neu gedacht: Die kollektive

spielen. Das junge Trio präsentiert eine variati-

Antonio Olmedo (Flamenco), Duo TwinSpin (Di-

Angst vor dem „Norweg“, dem äußeren Feind,

onsreiche Mischung aus Indie, Pop und Las Vegas

abolo), Duo Guillaume & Marie (Duo Trapez).

soll helfen, die Risse in der bestehenden Ord-

Glamour. BLOND, das ist der verbeulte Kaugum-

www.variete-et-cetera.de

nung zu kitten. Der Plan geht nicht auf: Angst

miautomat, die misshandelte Barbiepuppe, das

Varieté et cetera, Bochum, 20 Uhr

und Hysterie vor dem Fremden erzeugen einen

Aufstoßen nach dem Genuss eines Energydrinks.

bodo verlost 3 x 2 Karten

affektiven Faschismus. Die Abschottung erfolgt

FZW, Dortmund, 20 Uhr

nicht nur territorial, sondern vor allem ideolo-

bodo verlost 2 x 2 Karten

VERLOSUNG | Sarah Lesch

gisch. Für die DarstellerInnen scheint die Zeit aus den Fugen geraten – sie suchen nach einem würdevollen Sein oder Nicht-Sein. Ein multimedialer Parcours nach Shakespeare von Sir Gabriel

Wurde Sarah Leschs erste Platte noch in der

MO 23 | 10 – SO 05 | 11 | 17

„schmutzigen Küche“ aufgenommen und auch so betitelt, so ist ihr neuestes Album „Da

Kinder | Back to the „Buch“

Trafique und Musik von Aniyo Kore.

Eine Reise in die Zeit vor der Erfindung der di-

draußen“ nun der Blick

Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr

gitalen Druck-Welt: Die DASA weiht Kinder in

aus dem Fenster. Der Blick auf eine Welt, die

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Kunstförderung

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Jugendsport

Soziales & Bildung

Werner Richard - Dr. Carl Dörken Stiftung Herdecke

verrücktspielt, schreckliche Dinge zulässt und gleichzeitig alles ist, was wir haben. Zwischen Aufbruch und Rückkehr in die Küche liegen fünf Jahre, unzählige Konzerte, Gespräche und Erlebnisse und ein weiteres Album – „Von Musen und Matrosen“. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr bodo verlost 2 x 2 Karten Lesung | Schön hier! – Lieblingsplätze & Herzensorte in Westfalen 25 AutorInnen zwischen Steinfurt und Hagen verraten den Ort, wo sie am liebsten sind;

24.09.17 – 28.01.18 | Ausstellung Essenz des Machens | Jörg Bürkle + Antje Hassinger 28.10.17 | Thekla Carola Wied | 19 h: Szenische Lesung mit dem DuoTedesco | 15,- e , Schüler & Studenten frei Dr. Carl Dörken Galerie der Werner Richard - Dr. Carl Dörken Stiftung | Infos & Öffnungszeiten: siehe Website

Wetterstraße 60 · 58313 Herdecke · Web: www.doerken-stiftung.de 28

schreiben von ganz persönlichen Begegnungen; erzählen, wie sie ihren Platz gefunden haben. In Kurzgeschichten, Gedichten, Träumen, Glossen, Erinnerungen und Bildern werden Plätze vorgestellt wie eine Bank am Kanal, das eigene Bett, der Garten hinterm Haus, ein


BODO-TIPP

Wright Festival Transurban

Murals, aufwendige und großflä-

Rahmen dessen gastiert das Kunst-

den Stadt verbreiten, als auch auf

chige Wandbilder an Hausfassaden,

projekt Transurban, das seit Juni

zentrale Anlaufpunkte. Vom 11. bis

Graffiti oder Kacheln künstlerische

schon in Düsseldorf, Dortmund, Es-

28. Oktober stehen Ausstellungen

Elemente im Stadtraum prägen

sen, Hagen und Köln Festivals, Sym-

von Graffiti- und Street-Art-Künst-

ganze Stadtteile, haben längst ihr

posien und Ausstellungen rund um

lerInnen, Filme, Stadtspaziergänge,

„Schmiererei“-Image verloren und

die Themen Urban Art und Stadt als

Workshops, Diskussionsrunden zur

an Wertschätzung gewonnen.

sozialer Raum auf die Beine gestellt

Urban Art auf dem Weg in Politik-

hat, in Bochum.

und Kunstbetrieb, Partys und Rap

In Bochum beschäftigt sich das

Battles auf dem Programm.

Wright Festival im Oktober drei Wo-

Wright konzentriert sich sowohl auf

11. bis 28.10.

chen lang an verschiedenen Orten

Leerstände, die punktuell eine Tris-

Infos und Programm

Bochum

mit Kunst im öffentlichen Raum. Im

tesse in der ansonsten pulsieren-

www.trans-urban.de.

Eiscafé, ein Campingwagen, der Vorortmarkt,

SA 28 | 10 | 17

ein Spukschloss, eine Wildblumenwiese, das Freibad, ein Museum, ein Waldstück hier und

VERLOSUNG | Kulturbrigaden

ein Waldstück da.

„Europa Express reloaded“

DI 31 | 10 | 17 Kinder | Halloween: Grusel-Horror-Shooting Auch in diesem Jahr bietet das Kindermuseum

Studio B, Stadt- und Landesbibliothek,

Mit einer bunten Revue zu den Themen Heim-

mondo mio! zu Halloween wieder ein aufre-

Dortmund, 19.30 Uhr

und Fernweh meldet sich das Kulturbrigaden-

gendes Grusel-Horror-Fotoshooting an. Un-

Ensemble zurück und nimmt

heimlich-urig geschminkt und schaurig-schick

sein Publikum mit auf eine

verkleidet können kleine Horror-Liebhaber in

Reise durch Europa. Eine bun-

einer schauerlichen Halloweenkulisse mit der

te Melange aus Chansons und

Polaroidkamera oder dem Handy ein gespensti-

Jeden Nachmittag präsentieren in der Cor-

Schlagern der 1920er bis 1960er

sches Gruselbild von sich schießen lassen.

ny Collins Show die „Nicest Kids in Town“ die

Jahre erzählt Geschichten und

mondo mio! – Kindermuseum, DO, 16 – 18 Uhr

neueste Musik und die

lädt zum Lachen und Träumen

aktuellsten Tanzschrit-

ein. „Welcome, bienvenue, willkommen, bald

te. Einmal neben ihrem

geht die Reise los, eine Zugfahrt im Europa Ex-

Riff und Rotunde laden zur gemeinsamen

Schwarm Link Larkin tan-

press, ja, die ist famos...“

Halloween-Sause und schließen sich zu ei-

zen zu dürfen, das ist Tra-

Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr (auch 27.10.)

nem Gruselkabinett zusammen. Eine Nacht

bodo verlost 2 x 2 Karten

des Schreckens wartet auf BesucherInnen in

FR 27 | 10 | 17 VERLOSUNG | Hairspray

cys Turnblads großer Traum. Doch dafür scheint

Party | Halloween

sie zu füllig und zu unangepasst zu sein. Als sie

gleich zwei Locations auf vier verschiedenen

jedoch beim Nachsitzen die coolen Tanzschritte

Musik | Lambert

Dancefloors bei einmaligem Eintritt. Nur wer

der schwarzen Mitschüler kennenlernt, ist ihre

Ein Pianokonzert an der Schnittstelle von Klassik

den Weg durch den Gang des Schreckens wagt,

Chance gekommen. Das Musical Hairspray ent-

und Indie: Fühlt sich der Mensch bedroht, dann

kann neue Gefilde erkunden. Nachteulen und

wirft das Bild Amerikas der frühen 60er Jahre,

bekommt er es mit der Angst zu tun. Auf seinem

Partyvögel erwarten Halloweendekoration,

als Rassendiskriminierung gelebter Alltag war.

Album „Sweet Apocalypse“ setzt sich Lambert

besondere Visuals sowie weitere Halloween-

Weitere Termine: www.theaterdo.de

auf ganz persönliche Art und Weise mit diesen

Specials. Verkleidung ist willkommen, aber

Opernhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

Ängsten in zwölf Kompositionen auseinander.

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BODO GEHT AUS

Oma Rosa | Dortmund Platz für mehr Gastlichkeit

Von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski und es wird auf alle

fisch. Denn Saarland-

zwei Stammkundinnen, die beide mit Kin-

fe verzichtet: „Sogar

Kreuzviertel

„Hallo, wie geht es dir?“ ist hier keine locker

die Marmeladen oder Schoko-Aufstriche

sind zwar um die Ecke, aber das untere Ende

echtes Interesse eine ganz wichtige Zutat.

Melli. Die Einrichtung ist ein Mix aus Anti-

ortet. „Es ist viel Bewegung hier, weil viele

Oma Rosa keine zugestellte Hexenstube,

le, die bei uns reinkommen, staunen auch

Eben war Inhaberin Melli noch in der Küche,

nun steht sie schon an der Tür und begrüßt

Konservierungsstof-

straßen-, Klinik- und

derwagen das Oma Rosa betreten. Ein nettes

den

das

dahin gesagte Höflichkeitsfloskel. Hier ist

sind unsere eigenen Kreationen“, ergänzt

der Hohen Straße ist noch nicht wirklich ver-

quitäten und Sammelsurium – dabei ist das

Menschen hier drumherum wohnen. Vie-

sondern geschmackvoll und detailverliebt

– und vermissen die Art von Cafés, die in

eingerichtet.

Dortmund schwer zu finden sind.“

Agentur, und nach elf Jahren suchte sie einen

„Wir machen auch Caterings für Hochzeiten

Es ist der bunte gemischte Zulauf, der das

bekommst nicht die Wertschätzung für das,

chenplatten. Am Wochenende haben wir

Hipster mit den vielen Tattoos neben der

Nicht nur ihren Job schmiss sie, auch das eige-

kommen extra wegen unserer Kuchen und

freut. Auch die Zustellerin vom Paketdienst

kauft. Nun lebt sie mit ihrem Mann etwa zehn

tisch-Angebot offeriert: Ob Kürbis-Ingwer-

nimmt sich fünf Minuten Zeit für einen Cap-

gibt es in Weckgläsern auch zum Mitneh-

fangsphase hier durchgebissen“, lacht Melli,

Seit Anfang des Jahres schmeißt Melli, die eigentlich Melanie Wentzel-Terrahe heißt, den Laden mit mittlerweile 19 Mitarbeitern.

Vorher führte sie als Geschäftsführerin eine

sowie

Stadtzentrum

Neuanfang. „Ich musste da einfach raus, du

oder beliefern Büros mit Fingerfood-Tört-

Oma Rosa so reizvoll macht. Hier sitzt der

was du tust“, so das Resümee der Bürojahre.

hier ein Frühstücksbüffet, und viele Leute

Oma, die sich über ein „echtes“ Stück Kuchen

ne Haus in Dortmund-Höchsten wurde ver-

Torten.“ Außerdem wird ein kleines Mittags-

kommt wie selbstverständlich herein und

Minuten Fußweg vom Oma Rosa entfernt.

Suppe, Milchreis oder Nudeln – alle Speisen

puccino. „Wir haben uns nach stressiger An-

men. Sogar eigene Teesorten tragen das

„aber jetzt fühlt es sich wirklich gut an.“

Namensgeber für das Café ist übrigens

die Oma von Melli, vorne im Verkaufsregal steht auch ein kleines Bild von ihr. Über eine

Kleinanzeige fand sie das Lokal, in dessen Räumlichkeiten zuvor das Café Budapest beheimatet war. „Das Konzept ist, dass wir

alles komplett selbst herstellen“, sagt Melli

über ihre Speisen und Gerichte. Der Kuchen wird nebenan in der Backstube gebacken 30

Vanillezucker,

Oma-Rosa-Logo. Melli und ihr Team machen

sich viele Gedanken um ihre Kundschaft, und so gibt es vom Speed-Dating für Singles bis

zum Bälle-Bad für Mütter mit Kleinkindern die unterschiedlichsten Angebote.

„Wir nennen uns ganz bewusst die ,Neue

Mitte‘ hier“, sagt Melli und meint es geogra-

Oma Rosa Chemnitzer Straße 9, 44139 Dortmund Tel. 0231 – 223 887 88 www.omarosa.de Di. bis Fr. 9 – 18 Uhr, Sa. bis So. 10 – 18 Uhr Montag Ruhetag


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31


INTERVIEW

Faszinierende Ödheit Reinhard Krause, geboren 1959 in Essen, hat Fotodesign studiert. Nach ersten Jahren als freischaffender Fotograf arbeitete er seit 1989 bei der internationalen Fotoagentur Reuters, für die er unter anderem in China, Indien und Palästina wirkte. Ab 2011 war er fünf Jahre „Reuters Global Picture Editor“ in London, ehe er 2016 zurück nach Berlin zog.

32


Mit Alltagszenen aus dem Ruhrgebiet der 1980er Jahre begeistert der weitgereiste Fotograf Reinhard Krause Tausende Fans im Netz. Nun versammelt das Buch „Woanders is auch scheiße!“ die 200 besten Bilder seines Frühwerks, mit dem er ein Stück Zeitgeschichte der Region dokumentiert hat. Von Jens Mayer | Fotos: Reinhard Krause

E

in Hobby ist es nie gewesen. Als Reinhard Krause kurz vor dem Abitur von seinem Vater die erste Kamera geschenkt

bekommt, hat er ein klares Ziel: Er möchte Fotograf wer-

den. Abwegig ist dieser Berufswunsch des 1959 in Essen geborenen Jungen keineswegs, schließlich sind die entsprechenden

Hochschulen, die sich mit dem Thema beschäftigen, direkt vor Ort. Dass es trotzdem kein Job ist, der ihm einfach so zufliegen

wird, bemerkt er spätestens, als er beim ersten Versuch an der Aufnahmeprüfung scheitert: „Danach wurde ich ehrgeiziger“,

erinnert sich Krause, der seine ersten Bilder 1978 als Fotorepor-

ter im Ruhrgebiet macht. „Ich habe fotografiert, um zu studieren und um danach damit Geld zu verdienen. Das musste ich auch,

denn ich hatte keine finanzielle Absicherung im Hintergrund“,

so Krause. „Dadurch musste ich Möglichkeiten finden, um den nächsten Schritt machen zu können. Aber es hat tatsächlich zehn

Jahre gedauert, bis ich auf soliden Beinen stehen konnte, diese Zeit war schwierig.“

Der junge Fotograf geht überall dorthin, wo etwas los ist – vor

allem auf Demos – und bringt seine Bilder in überregionalen Zeitungen wie der taz, später auch im Spiegel, Stern und der Zeit un-

ter. So dokumentiert er eher zufällig und ganz nebenbei auch den Strukturwandel, der in den 1980er Jahren das Ruhrgebiet prägt. Ende des Jahrzehnts kehrt er der Region schließlich den Rücken.

Für die Nachrichtenagentur Reuters arbeitet er in Bonn, Dresden, Hamburg und Berlin, bis es ihn ab 2000 als Cheffotograf in die

weite Welt verschlägt. Er lebt und arbeitet vier Jahre in Jerusalem

33


INTERVIEW

und anschließend in Peking. Nach einem einjährigen Auf-

„Heute sind normale Straßenansichten spannend, die ich

weitere Jahre als Redakteur in London, ehe er 2016 zurück

sie nun Zeitdokumente sind. Wenn ein Foto vier Leute

enthalt in Neu-Delhi verbringt er ab 2011 schließlich fünf nach Berlin zieht.

Auf seiner Website sind einige der beeindruckenden Bil-

der zu bewundern, die er im Kosovo, im Gaza-Streifen, in

zeigt, die auf einer Kirmes herumstehen, hat das damals

niemanden interessiert, heute findet man das schon aufgrund der Kleidung toll.“

Tibet und Nordkorea fotografiert hat, doch im Netz sind

Es sind genau diese, mit emsiger Leidenschaft doku-

gangenen Jahren eine große Fangemeinde in den sozia-

Betrachter begeistern: „Ich war immer am Normalen

es ganz andere Fotografien, mit denen Krause in den verlen Medien begeistern kann. Auf der Facebook-Seite „Die

80er im Ruhrgebiet“ und unter www.die80er.com hat er

nämlich nach und nach eine Auswahl der insgesamt 700 Bilder seines Frühwerkes veröffentlicht, die in einzigartiger Weise den Alltag und das Lebensgefühl im Ruhrgebiet der 1980er Jahre dokumentiert.

Straßenszenen mit Granada Über 11.000 Follower liken und kommentieren die regel-

mäßigen Posts mit skurrilen, trist-poetischen oder ein-

fach nur schönen Fotos, mit denen Krause das Jahrzehnt dokumentiert. „Viele Bilder waren auch damals schon

sehr gut und wurden auch ab und zu veröffentlicht, aber

das alleine hätte nicht gereicht“, versucht der Fotograf die veränderte Wahrnehmung seiner Arbeiten zu erklären.

34

vielleicht nur als Belichtungstest fotografiert habe, weil

mentierten Alltagszenen, die drei Jahrzehnte später die interessiert, wenn ich fotografiert habe“, erklärt Krause.

„Das fand damals kein Mensch gut, auch meine Profes-

soren und Kommilitonen haben immer gefragt, was der Quatsch soll, weil es so unspektakulär war. Und jetzt fin-

den die Leute eine Straßenszene mit einem Ford Granada fantastisch. Ich ärgere mich, dass ich nicht noch viel mehr gemacht habe.“

Es dauert nicht lange, bis seine Fotografien auch abseits des Internets Beachtung finden, zahlreiche Medien be-

richten über seine Arbeit, und nach Ausstellungen 2016

in Essen und Bochum veröffentlicht der Emons Verlag nun ein Buch, das 200 ausgewählte schwarz-weiß- und

Farbfotografien dieses Schatzes beinhaltet: „Woanders is auch scheiße! Das Ruhrgebiet in den 1980er Jahren“ trägt

dabei nicht nur den markanten Titel, der von Frank Goo-


Reinhard Krause, Frank Goosen Woanders is auch scheiße! ISBN 978-3-7408-0231-8 Emons | 35 Euro Erscheint am 12. Oktober.

sen entliehen wurde – der beliebte Bochumer Autor hat passenderweise auch das Vorwort für die Buchpublikation geschrieben. „Auch wenn manche Bilder eher negativ bewertet werden könnten, sind die Rückmeldungen sehr

positiv. Die Leute, die aus der Gegend kommen, haben genug Humor und Selbstbewusstsein, das okay zu finden“,

meint Krause. „Deswegen auch der etwas provokative Ti-

tel des Buches. Entweder man versteht es oder nicht. Und die Leute im Ruhrgebiet verstehen das.“

Fantasien entwickeln Für ihn ergibt es sich, auf diese Weise wieder mit seiner alten Heimat in Kontakt zu treten: „Solange meine Eltern

noch gelebt haben, war ich regelmäßig im Ruhrgebiet. Da-

nach sind auch alte Freundschaften etwas eingeschlafen,

doch durch das Buchprojekt und die Ausstellungen hat sich das wieder geändert, das ist ein positiver Aspekt des

Großvater wiedererkannt, das Foto ausgedruckt und für

kennengelernt. Ich bin da, glaube ich, immer noch mehr

mehr. Die haben mir geschrieben: ‚Sie haben eine alte Frau

Verhältnis zur Region in den vergangenen Jahren eben-

dem im Grugabad. Da hat mir eine Frau geschrieben, da-

den Landschaftspark in Duisburg toll. In den 80ern war

schon verstorben ist. Sie besaß kein einziges Bild von ihm.

mehr existent war. Für mich bedeutete das Ruhrgebiet

war bislang die Suche nach dem Jungen auf dem Buchtitel,

ja, man kann schon sagen: öde. Aber diese Ödheit hat

bedauert er: „Niemand konnte ihn identifizieren.“

wickeln konnte.“

Mit der Veröffentlichung des Buches will Krause das

Seit die Bilder online veröffentlicht werden, erhält der Fo-

begleitet, für sich persönlich langsam abschließen. Bei

den Szenerien wiederfinden, „viel mehr, als ich dachte“,

er deswegen die Negative seines Frühwerks feierlich an

Einmal ging es um einen älteren Mann in der Straßen-

hin, denn es ist ein seltener Glücksfall, ein Stück der re-

war auf dem Weg zur Schicht. Jemand hat darin seinen

konservieren zu können.

Projektes. Ich habe alte Leute wiedergefunden und neue

die Großmutter gerahmt, denn der Großvater lebt nicht

beheimatet als hier in Berlin.“ So hat sich auch Krauses

sehr glücklich gemacht!’ Dann gibt es ein Bild von jeman-

falls gewandelt: „Heute finde ich Orte wie Zollverein oder

rauf sei ihr ehemaliger Lebensgefährte zu sehen, der auch

das anders, weil sie ein Klischee repräsentierten, das nicht

Natürlich habe ich es ihr dann zugeschickt.“ Vergeblich

damals: kahle Straßen ohne Bäume, grau – ein bisschen...

der beim Sprung in den Rhein-Herne-Kanal zu sehen ist,

mich auch immer fasziniert. Weil ich dazu Fantasien ent-

Projekt, das ihn mittlerweile bereits zehn Jahre lang

tograf regelmäßig Nachrichten von Menschen, die sich in

der Buchpräsentation am 18. Oktober auf Zollverein wird

so Krause. „Zwei Reaktionen fand ich besonders rührend.

das Ruhr Museum übergeben. Dort gehören sie auch

bahn, den ich morgens um fünf Uhr fotografiert hatte, er

gionalen Zeitgeschichte in solch unterhaltsamer Form

35


NETZWELT

KINOTIPP

sweetSixteen-Kino im Depot & bodo präsentieren: Green Movies In Kooperation mit dem Ökonetzwerk Dortmund e.V. veranstaltet das sweetSixteen-Kino im Oktober eine neue Filmreihe: „Green Movies. nachhaltig. ökologisch. fair.“ An drei aufeinanderfolgenden Dienstagen stehen Dokumentarfilme zu den Themen Nachhaltigkeit, Ökologie und fairem Han-

Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht: del auf dem Programm, die unterhaltsam

www.refill-deutschland.de Jeden Tag werden deutschlandweit rund 46 Millionen Plastikflaschen gekauft. Sie türmen sich zu einem jährlichen Müllberg von über 17 Milliarden Pfandfla-

schen. Diesem Berg möchte die Initiative „Refill-Deutschland“ abtragen, indem

sie Einzelhändler und Gastronomiebetriebe dazu ermuntert, kostenlos Leitungswasser auszugeben. Die Orte, an denen man die eigene Trinkflasche wieder

auffüllen kann, verzeichnet das Portal dann auf einer Karte und kennzeichnet sie mit einem Aufkleber im Schaufenster oder Eingangsbereich.

Leitungswasser gehört in Deutschland zu einem der am strengsten kontrollierten Lebensmittel und kann bedenkenlos getrunken werden. Trotzdem kaufen immer noch viele tausend Menschen am Tag Wasser in Plastikflaschen. Das

könnte sich durch die Refill-Kampagne bald ändern. Auf der minimalistischen Webseite des Projekts findet man neben einer großen Landkarte, auf der jede einzelne Station verzeichnet ist, eine alphabetische Liste der Städte, in denen

es bereits Refill-Stationen gibt. Wer durstig unterwegs ist, weiß so, wo er seine Trinkflasche auffüllen kann, anstatt eine Plastikflasche zu kaufen. Wer in

einer Stadt lebt, in der es noch keine Refill-Stationen gibt, kann sich auf der

Projektseite Aufkleber bestellen und Gewerbetreibende oder Restaurantbesitzer ansprechen und sie von der Idee begeistern, um so das bestehende RefillNetzwerk zu erweitern.

Die Grundidee für Refill stammt aus Bristol in Großbritannien, wo das Projekt bereits seit 2015 erfolgreich umgesetzt wird. Im Mai dieses Jahres startete das

Projekt in Hamburg und wuchs innerhalb kürzester Zeit rasant an. Mittlerweile gibt es deutschlandweit über 700 Refill-Stationen, an denen man die eigene Wasserflasche auffüllen kann. Ins Leben gerufen hat die Initiative die Zero-

Waste-Bloggerin, Grafikerin und Webdesignerin Stephanie Wiermann. „Ökologie war immer schon mein Thema“,

sagt Wiermann. „Ich lebe seit vielen Jahren plastikfrei. Neben dem Zugang zu kostenfreiem Trinkwasser für

St e

jedermann geht es mir bei Refill in erster Linie darum,

ph

an

ie

36

Plastikmüll vermeiden.“ (sese) W

ie r

mann

wie nachdenklich zugleich zukunftsfähige Lebensweisen aufzeigen. Die Reihe startet am Dienstag, 3. Oktober, mit „Immer noch eine unbequeme Wahrheit – Unsere Zeit läuft ab“. In der Fortsetzung des Dokumentarfilms aus dem Jahr 2006 blickt der ehemalige US-Präsidentschaftskandidat, Umweltaktivist und Friedensnobelpreisträger Al Gore auf den Klimawandel und die Konsequenzen des US-Ausstiegs aus dem Klimaabkommen. Am 10. Oktober folgt „Thule Tuvalu“: Die beiden Orte, Thule in Grönland und Tuvalu im Pazifik, verbindet eigentlich nichts, außer dass beide vom Klimawandel betroffen sind. Während in Thule das Eis immer mehr zurückgeht, steigt in Tuvalu der Meeresspiegel mehr und mehr an. Die Green Movies schließen am 17. Oktober mit „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“, einer Dokumentation, in der die Macher durch zehn Länder reisen und mit Organisationen und Wissenschaftlern über Problemlösungen in Sachen Klimaschutz, Energie- und Landwirtschaft sprechen. 3.10., 10.10. und 17.10. jeweils 19 Uhr Anschließend gibt es beim Imbiss die Möglichkeit zu diskutieren. Eintritt 6 Euro. sweetSixteen-Kino im Depot Immermannstr. 29, 44147 Dortmund Telefon 0231 – 910 66 23 www.sweetsixteen-kino.de


BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter und Felix Huesmann

Gut und gerne leben Während gefühlt nur noch über die Folgen von Migration gesprochen wird, sucht Joachim Rock, Leiter der Abteilung Arbeit,

Raus aus diesem Büro

Soziales und Europa im Paritätischen Ge-

Facebook ausgedruckt

samtverband, Antworten auf diese Fragen:

„Nicht zu wissen, wer man ist, das ist das

Wieso hat sich die soziale und rechtliche

milde Vollkornbrot der Probleme. Machst

Situation von Menschen in Armut in den

du nichts falsch mit, hat eigentlich jeder im

Man mag Stefanie Sargnagel – oder man

vergangenen Jahren verschlechtert? Wie

Haus, sorgt jetzt aber auch nicht für Begeis-

hasst sie wie die Pest. Dazwischen scheint

wuchs die soziale Spaltung? Und wie kann

terungsstürme, wenn man’s mal erwähnt.“

nur wenig zu existieren. Die 31-jährige

es sein, dass Armut als „Ungleichheit“ bagatellisiert wird?

Henriette ist Schriftstellerin. Gewesen. Nach dem ersten Buch reichte es nicht

Wienerin polarisiert derzeit wie kaum eine Zweite in der deutschsprachigen Literaturszene. Konservative und Rechtspopu-

Joachim Rock erklärt, wie aus einer Sozi-

für ein zweites, befand ihr Lektor – eine

alpolitik, die Härten und Schwächen des

Trennung am Telefon. Der erste Termin

Marktes korrigieren sollte, eine marktkon-

im Jobcenter ist Erniedrigung und Schock

forme Sozialpolitik wurde und wie mit

sowie der Beginn einer siebenjährigen

der Agenda 2010 ein neues Verächtlich-

Nichtkarriere im Großraumbüro, der Auf-

machen der Armen Einzug hielt. Er belegt

takt sarkastischer Selbstgespräche und,

das Ende der Aufstiegsträume der Armen

naja, auch einer Art Erwachsenwerden,

Sargnagels aktuelles Buch „Statusmel-

und die Vererbbarkeit des „Leistungs-

das sich in weißen Möbeln, Spieleaben-

dungen“ zeigt, was sie am besten kann:

bezugs.“ Er erzählt von Gefängnissen, in

den, einem etwas blöden Hund namens

kurze Texte, irgendwo zwischen Banalität

denen mehrheitlich Menschen sitzen, die

Tüte und einer allgemeinen Ziellosigkeit

und politischer Philosophie. „Status-

Geldstrafen etwa wegen Schwarzfahrens

niederschlägt. „Wir sind mehr so nach

meldungen“ ist im Grunde genommen

nicht bezahlen können, und wagt Ausblicke

innen wild“, sagt sie. Bis sich das eben

die Druckfassung des Sargnagelschen

auf die Dimension der Altersarmut und die

ändern muss.

Facebook-Profils. Kaum ein Abschnitt

Zukunft der Arbeit.

Tobi Katzes Buch „danach“ – nach seinem

listen, vor allem in ihrer österreichischen Heimat, feinden sie ohne Unterlass an. Die Kulturszene hingegen liebt sie. 2016 erhielt Sargnagel den Publikumspreis des renommierten Ingeborg-Bachmann-Preises.

ist länger als eine Seite, jeder mit einem Datum versehen wie ein klassischer Tage-

Statt biederer Verbandsarbeit zwischen

Bestseller „Morgen ist auch noch ein Tag“

Buchdeckeln ist „Störfaktor Armut“ ein

– ist so leicht wie klug, so genau beobach-

über weite Strecken geradezu mitreißend

tet wie komisch. Da Tobi Katze aber zudem

geschriebenes Buch und mit seiner Verbin-

ein begnadeter Performer ist, sollten Sie

dung von Wut und Wissen – polemischer

das Buch spätestens bei einer seiner Le-

Zuspitzung und einer sicherer Beherrschung

sungen kaufen, die eigentlich gar keine Le-

Das ist kurzweilig und unterhaltsam, dabei

der statistischen Quellen und der For-

sungen sind. Am 19. Oktober kommt er ins

aber mitnichten platt. Das zehnseitige

schungsliteratur – eine Überraschung. (bp)

Dortmunder Fletch Bizzel, am 7. Dezember

Glossar voll Wiener Umgangssprache und

ist er in der Rotunde in Bochum. (bp)

Vulgaritäten ist außerdem eine gute Vor-

Joachim Rock | Störfaktor Armut.

bucheintrag. Der Leser taucht tief ein in das Autorinnen-Leben zwischen Callcenter-Job, illegaler Flüchtlingshilfe und Abstürzen in ranzigen Wiener Kneipen.

bereitung für jede Österreich-Reise. (fh)

Ausgrenzung und Ungleichheit

Tobi Katze | Immer schön die Ballons halten.

im neuen Sozialstaat

Erwachsen werden ist ja sonst nicht unsere Art

Stefanie Sargnagel | Statusmeldungen

ISBN 978-3-89965-719-7

ISBN 978-3-499-63289-1

ISBN 978-3-498-06444-0

VSA | 19,80 Euro

Rowohlt | 9,99 Euro

Rowohlt | 19,95 Euro

37


REPORTAGE

Als der Balkan noch Hauptfluchtroute nach Europa war, strandeten Tausende Migranten in Belgrad. Geld haben sie sich, mithilfe von Anwohnern und Touristen, in Geldwechselstuben besorgt. Tolerante Western-Union-Agenten wie Slavko Puzovic´ haben damit das Geschäft ihres Lebens gemacht. Von Benjamin von Wyl | Fotos: Abdul Saboor

Der absurde Geldfluss

38


J

emand hat mir mal gesagt, dass

– vielleicht selbst noch in einem Asylver-

Anfang Dezember ein Feuer gemacht, weil

hen. Slavko Puzovic´ sieht definitiv

schicken sie jemandem, der zwangsweise in

die Polizei, und ich hab denen erklärt, dass

alle Serben wie Teddybären ausseaus wie ein Teddybär – wie einer,

der wild gestikuliert, Bier mag und

gerne Baumwolltrainingshosen

trägt. Er gehört zu den Menschen, die fünf Minuten auf dich einreden im Bewusstsein,

dass du ihre Sprache nicht sprichst. Seine Augen spielen, die Arme gestikulieren, und

er redet und redet. Slavko ist Kleinunternehmer, ihm gehört das Don Chicago, eine

Wechsel- und Geldtransferstube, zu Fuß fünf Minuten vom Belgrader Bahnhof und etwa zehn Minuten von den Baracken entfernt, in

denen um die tausend Männer und Teenager

fahren – klauben 100 Euro zusammen und Serbien weilt, wo niemand bleiben will und niemand legal bleiben darf. 2016 wurden in Serbien weniger als 100 Asylgesuche ange-

nicht genug Plätze in offiziellen Unterkünf-

Zuneigung bei ihm stattfinden. Es ist auch tat-

ten. Und jene, die ihnen angeboten werden,

sind in Presˇevo, dem berüchtigten geschlos-

senen Camp an der mazedonischen Grenze. Von dort schieben die serbischen Behörden

laufend Menschen nach Mazedonien ab – illegal, versteht sich.

sind schon seit mehreren Monaten hier –

überschüssigem Gemüse. Sie kaufen Pre-

de im Gegensatz zu Bulgarien, Kroatien oder

auch Bosnien meist nur ignoriert und nicht attackiert werden. Jedenfalls nicht hier um den Belgrader Bahnhof herum, in Savamala,

einem Quartier, das in Tourismusprospek-

ten als „creative hub“ bezeichnet und mit Berlin-Kreuzberg verglichen wird.

macht. Nema problem.“

Slavko besteht darauf, dass wir alle Freunde

müssen sich selbst versorgen. Für sie gibt es

Also bleiben die Leute in Belgrad, fragen

Zwangsaufenthalt in Serbien, wo Flüchten-

das Kunden sind. Das Feuer wurde ausge-

nommen. Vor allem alleinreisende Männer

aus Afghanistan, Pakistan, dem Irak, Syrien

und Bangladesch gestrandet sind. Viele

es ... weil es brrr war, viel zu kalt. Dann kam

am Spätnachmittag auf dem Markt nach paid-Handys, um ihre Familien anzurufen und das Warten mit Youtube zu überbrü-

cken. Sie brauchen Schuhe, Schlafsäcke, Rucksäcke für die Grenzregion. Sie bela-

gern den Burger-Laden im Park neben dem Bahnhof. Früher hieß er Prostitutionspark,

heute nennen ihn auch die Serben nur noch Afghanenpark.

sind, dass all die Transfers aus gegenseitiger sächlich so, dass ihn viele Flüchtende mögen.

Ein lustiger Typ, so der Konsens. Von Freiwilli-

gen, die seit vier Monaten nicht mehr da sind, kennt Slavko – dem Intensivkontakt mit deren ID sei Dank – den zweiten Vornamen und

das Geburtsdatum. Diese Daten erwähnt er dauernd, wann immer er das letzte halbe Jahr

rekapituliert. Slavkos Welt ist nicht sehr groß, und jeder, der mal hier war, hat darin einen festen Platz. Und er ist den Protagonisten seiner Welt treu: „An Neujahr musste meine

Frau ins Spital zur Geburt unseres dritten Kindes. Wie hab ich gefeiert? Ich hab den Rest der

Familie ins Auto gepackt, bin zu den Baracken der Refugees gefahren. Hab die Tür geöffnet

und die Hi-Fi-Anlage aufgedreht. Eine Feier für sie und mit ihnen. Wir haben getanzt und getrunken, bis die Polizei gekommen ist.“

Western Union kann jeder

„Nema problem“

Halal-Imbiss und Handyladen

Im September habe ich Slavko ken-

Slavko profitiert zwangsläufig und nicht un-

Die Flüchtenden brauchen Leute mit Pässen.

gen Helfern wie mir verbindet, ist

vor 11 und kurz nach 17 Uhr Western-Union-

sen brauchen Western-Union-Agenten mit

nengelernt. Was ihn mit freiwilli-

simpel und wiederholt sich wieder

und wieder: Western Union. Ihren

Namen für Geldtransfers zur Verfü-

gung zu stellen ist das, was Freiwillige tun können, ohne irgendwelche

besonderen Begabungen zu benö-

tigen. Western Union kann jeder, der einen Pass hat: Du gibst deinen

Namen raus, jemand schickt auf die-

sen Namen Geld, du gehst mit dem

eigentlichen Empfänger das Geld abholen. Damit wirst du zum Glied

in einem der absurdesten Geldflüsse

der Welt: Geld aus Afghanistan, aus Pakistan, aus Kanada, aus England

geht nach Serbien.

Viele der Absender heißen Khan. In

meinem Kopfkino: Ganze afghanische

Dörfer und Migranten in Westeuropa

gern. In seinem Geschäft ist jeden Tag kurz High-Time. Eine, die schon lange als freiwil-

lige Helferin in Belgrad ist, sagt, ihr Spitzenwert seien um die 80 Transfers gewesen. An

einem einzigen Tag. Slavko schwärmt von tanzenden Volksaufläufen mit bis zu 300

Flüchtenden und Freiwilligen. Aus Rücksicht auf die Nachbarn versammeln sich die

Flüchtenden bei großem Andrang etwas abseits des Neun-Quadratmeter-Lokals

Don Chicago, abseits der Wohnhäuser unter einer Säulengalerie. Die Nachbarn ru-

Die Flüchtenden und die Leute mit den Päsgroßer Toleranz gegenüber Leuten, die es

nicht gewohnt sind, in lateinischer Schrift zu schreiben und sich von Leuten mit Pässen helfen lassen. Leute wie Slavko. Seit Sommer 2016 sind es vor allem Mitglieder unserer

Freiwilligengruppe, die ihren Namen für Western-Union-Transfers rausgeben. Vorher

haben Serben und Schmuggler die meisten

Transfers vollzogen und zumeist einen Anteil von 10 oder 20 Prozent für sich genommen.

fen trotzdem die Polizei, und Slavko ist das

Früher, als auf der Balkanroute noch Rush-

mein Geschäft seit 2002, und hier passiert

höher. Ich erinnere mich an die „Chocolate

egal: „Die Polizisten kennen mich! Ich hab

nichts Illegales – ich bezahl meine Steuern

und alles. Wenn es hochkommt, schicken sie

die Leute weg, und beide wissen, dass sie

nach zehn Minuten zurückkommen.“ Und was war mit dem Feuer? Da haben 16 Leute

die Polizei gerufen. „Ja, die haben da vorne

hour herrschte, waren die Transferbeträge

Games“ und die „Deluxe Games“, von denen mir Flüchtende noch im Juli 2016 erzählten.

Luxus-Schmugglerangebote für ein paar tau-

send Euro, im Taxi, mit kurzen Fußmärschen an den Grenzen und bereits gebuchtem Hotel in Wien. Davon erzählt im März 2017, um

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REPORTAGE

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www.schutzgemeinschaft-fluglaerm.de den Jahrestag des EU-Türkei-Deals, niemand

gen nicht aus. „Für uns ist es nur unüblich,

da, natürlich werden ihre Dienste bezahlt,

Drittperson ist“, sagt mir der Regionalma-

mehr. Natürlich sind die Schmuggler noch aber eine Palette von Angeboten scheint es

mangels zahlkräftiger Kundschaft und Aussicht auf Erfolg nicht mehr zu geben.

Dafür sind die Halal-Imbisse gegenüber

dem Bahnhof jetzt jeden Abend voll. Dort kocht man jetzt frisch, während im Herbst

noch auf die Mikrowelle gesetzt wurde. Ein

Handyladen ist bekannt dafür, dass er auch diejenigen geduldig berät, die noch nie in

ihrem Leben eine E-Mail-Adresse eingerichtet haben. Ein kleiner Laden an der steilen

Gasse zwischen Afghanenpark und Markt hat seine Auslage, Rucksäcke, Schlafsäcke

und Campingkocher, auf Arabisch beschil-

Jeder Mensch möchte ein Dach über dem Kopf

40

dert. Der Besitzer behauptet zwar, er habe

seit 2002 nichts geändert. Mein Begleiter ohne Aufenthaltsrecht muss laut loslachen.

„Die Flüchtenden sind gut fürs Geschäft! Fürs Geschäft von allen im Quartier“, so

dass der eigentliche Geldempfänger eine nager von Western Union in Belgrad. Slavko

muss die Freiwilligen seit Kurzem Zusatzfor-

mulare ausfüllen lassen, in Colorado beste-

he Verdacht auf Geldwäscherei. Slavko setzt zur Tirade an: „Trump! Trump! Western Union blockiert die Leute seit Trump. Und diese Formulare: ,What is your relationship

to the sender?’ Die haben Angst, dass hier

Geldwäsche betrieben wird! Wer betreibt

schon Geldwäsche mit 70 Euro? Damit startet man nicht im Drogenhandel durch. Solche Beträge braucht man fürs Essen. Aber

das geht nicht gegen die Flüchtenden, das geht gegen mich und mein Geschäft.“ Falls

der absurde Geldfluss wegen den Sperrun-

gen versiegt, leiden die, die auf 70 Euro fürs Nötigste angewiesen sind, mehr als der Teddybär in Trainingshosen. Slavko stimmt zu, wenn man ihm das direkt so sagt.

die Bedienung im Burger-Shop an der Ecke

Nachtrag

Handyshop oder Gemüsestand: Überall be-

Inzwischen sind rund 1.200 Bewohner der

Quartier landet oder bei den Schmugglern,

organisationen empfehlen den Flüchten-

des Afghanenparks. Egal, ob Wechselbüro,

stätigt man mir das. Und bevor das Geld im geht es über den Tresen des Don Chicago. Slavko, der gutherzige Teddybär vom Don

Chicago, verdiente im Februar das Doppelte des serbischen Durchschnittlohns – aber

er müsse ja auch für einen neunköpfigen Haushalt aufkommen, schiebt er noch nach.

In letzter Zeit werden mehr und mehr Freiwillige von Western Union für das Senden

und Empfangen von Geld gesperrt. Von

Western Union Serbien gehen die Sperrun-

Baracken in Lager gebracht worden. Hilfsden, nicht nach Belgrad zurückzukehren.

Slavkos Geschäftsmodell ist zusammengebrochen. Benjamin von Wyl, Journalist und

Autor, ist mehrmals als Freiwilliger auf den Balkan gereist. Mittlerweile ist auch sein

Name für Geldtransfers gesperrt. Der Fotograf Abdul Saboor floh aus Afghanistan und steckt derzeit in Serbien fest. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Surprise / INSP.ngo


SOZIALES

Josef Anton Gera

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Vor 20 Jahren, am 14. Oktober 1997, wurde der Wohnungslose Josef Anton Gera

auf dem ehemaligen Kruppgelände in Bochum so schwer misshandelt, dass er

drei Tage später an den Folgen seiner Verletzungen starb. Die Täter: Neonazis. Das Motiv: Hass auf Homosexuelle. Die staatliche Statistik zählt Josef Gera wie

100 weitere Tote seit 1990 nicht als Opfer rechter Gewalt. Ohne das Gedenken antifaschistischer Gruppen wäre auch er längst vergessen. Von Bastian Pütter | Foto: Sebastian Sellhorst Schwer verletzt benennt Josef Gera nach der Tat „vier Rechtsradikale“ als Angreifer.

An den Wänden der Hütte auf dem alten Kruppgelände in der Nähe der Klosterstraße

finden sich Hakenkreuze und SS-Runen. Erst nach dem Tod Geras beginnt die Polizei Bochum mit der Ermittlungsarbeit. „Jeder Obdachlose, den man in Bochum fand, wurde zum Polizeipräsidium gebracht und als Zeuge verhört“, berichtet die WAZ. Der 26-jährige Skinhead Patrick K. und der 35-jährige

Uwe K., beide selbst woh-

nungslos, verstricken sich in Widersprüche und gestehen schließlich die Tat. Beide

erklären übereinstimmend,

zu fünft gefeiert zu haben. Gera habe den beiden Tätern am späteren Abend sexuelle Avancen gemacht, daraufhin

hätten sie ihn mit Schlägen mit einem Stahlrohr schwer verletzt. Vor Angehörigen prahlen sie damit, es „einem Schwulen gezeigt“ zu haben. „Ihre Schilderungen schlossen die Männer mit ,Sieg Heil‘-Rufen ab“, zitiert die WAZ den Leiter der Mordkommission.

Der Staatsanwalt hingegen schließt einen rechtsextremen Hintergrund aus. Mangels der Zugehörigkeit der Täter zu rechtsradikalen Parteien oder Gruppen handele

es sich nicht um Neonazis. Das von den Tätern selbst benannte Tatmotiv Homo-

phobie sei vorgeschoben. Stattdessen handele es sich um eine Milieutat, bei der

„Alkohol und eine Menge Frustration eine tragende Rolle spielten“. Das Landgericht Bochum verurteilt die Täter schließlich zu fünf und sechs Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

Während die Bundesregierung lediglich 75 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 an-

Es muss ja nicht gleich Millionen kosten

erkennt, zählt die Amadeu Antonio Stiftung 179 und geht von einer weitaus höheren

Dunkelziffer aus. „Obdachlose finden als Opfergruppe rechter Gewalt kaum Beachtung. Selten wird ihrer gedacht, über ihr Leben kaum berichtet“, so die Stiftung.

Dass Joseph Gera trotzdem nicht vergessen ist, ist wie in Dutzenden ähnlicher Fälle seit 1990 allein Antifa-Strukturen zu verdanken. Im Magazin Lotta fasste die Bochu-

mer Gruppe „Polit-Café Azzoncao“ zusammen: Nach dem Tod Geras „war der Mord ein großes Thema in der lokalen Presse. Dies änderte sich schlagartig, als der soziale und

ökonomische Hintergrund der Täter und deren homophobe Motive bekannt wurden.

Sie können sich wehren. Mit der Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund / Kreis Unna e.V.

(…) Hier griffen Vorbehalte gegen das Milieu wohnungsloser Menschen, Vorurteile

gegen Schwule und Opportunismus – staatlichen Organen wurde die Definitionsgewalt überlassen – ineinander.“ Dagegen stellten die Bochumer AntifaschistInnen eigene Recherchen und ein autonomes Gedenken mit Demonstrationen und einer –

ungefragt – angebrachten Gedenktafel in der Nähe des Tatorts. Am Samstag, dem 14. Oktober, 20 Jahre nach der Tat, plant ein Bündnis wieder eine Gedenkveranstaltung.

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INTERVIEW

In der Nacht vom 22. zum 23. November 1992 setzten Neonazis in Mölln zwei von türkeistämmigen Familien bewohnte Häuser in Brand. Im Haus der Familie Arslan starben drei Menschen: Bahide Arslan, Yeliz Arslan und Ays¸e Yilmaz. Mölln stand gemeinsam mit Hoyerswerda, Rostock und Solingen für eine Welle rassistischer Gewalt der frühen 90er Jahre. Ibrahim Arslan überlebte den Brandanschlag als Kind. Nach der Tat erlebte die Familie Verdächtigungen und Beschuldigungen. Auch 25 Jahre später läuft der Kampf um die Frage, wer eigentlich über den Umgang mit Opfern rassistischer Gewalt bestimmt. Von Alexandra Gehrhardt Foto: Sabrina Richmann

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„Wir haben jahrelang gekämpft“ Wenn sich im November der Jahrestag der Ermordung deiner Schwester, deiner Cousine und deiner Großmutter zum 25. Mal jährt, wird es eine offizielle Gedenkfeier in Mölln geben. Ihr habt sie nicht mitorganisiert. Warum nicht?

Wir organisieren schon seit sechs Jahren unsere eigene Gedenkveranstaltung.

Das hängt damit zusammen, dass wir über zehn Jahre hinweg eine Gedenkpolitik gesehen haben, bei der wir kein Mitspracherecht hatten und die institutionell gestaltet wurde. Es wurden zwar Bürgermeister aus anderen Städten wie Solingen oder Hoyerswerda eingeladen, aber nicht Betroffene aus diesen Städten. 2012 hatten wir die

„Nazijägerin“ Beate Klarsfeld eingeladen, die Möllner Rede, die Teil der Gedenkfeiern ist, zu halten. Danach hat die Stadt die Rede mit der Begründung, sie sei zu politisch, aus dem offiziellen Programm gestrichen.

Vor sechs Jahren haben wir uns mit solidarischen Menschen zum „Freundeskreis

Mölln“ zusammengetan, um eine eigene Veranstaltung zu organisieren. Und machen

nun jedes Jahr eine parallele Veranstaltung zum offiziellen Gedenken in Mölln. Die Möllner Rede halten wir jetzt im Exil in anderen Städten und setzen damit auch ein Zeichen, dass andere Städte mit uns solidarisch sind, und nicht die Stadt Mölln.

In der Wochenzeitung DIE ZEIT erschien damals ein Artikel mit dem Titel „Mölln fühlt sich unschuldig“. Du sagst, die Stadt war nicht solidarisch – was meinst du damit?

Bei uns lief die typische Täter-Opfer-Umkehr. Die Täter hatten sich schon, als

sie in der Tatnacht die Feuerwehr anriefen und „Heil Hitler“ ins Telefon riefen, zu dem Anschlag bekannt. Trotzdem haben unsere Nachbarn, unsere direkte Umgebung mei-

nen Vater beschuldigt, in Prostitution verwickelt zu sein, in Zeitungsartikeln stand, dass er die Haustür selbst abgeschlossen und das Haus angezündet habe. Die Stadt hat uns auch nicht geholfen. Nach dem Brand sollten wir entweder wieder in unser

altes Haus einziehen oder in eine Flüchtlingsunterkunft. Wir haben dann noch fünf Jahre in dem Haus gewohnt, in dem meine Verwandten gestorben sind.

Das Leitmotto eurer Arbeit im Freundeskreis Mölln lautet „Reclaim and remember“. Was bedeutet das?

„Erinnern und erkämpfen“ heißt, die Erinnerungspolitik umzuwandeln, das

Gedenken selbst zu gestalten, ohne Institutionen. Das ist tatsächlich ein jahrelanger Kampf. Wir möchten zeigen, dass die Erinnerungen, die an diesem Tag hervorgeholt werden, den Betroffenen selbst gehören. Dass sie nicht Statisten sind, sondern die

Hauptzeugen des Geschehenen. Wir, meine Familie und ich, haben jahrelang darum gekämpft, dass die Erinnerung, die uns gehört, uns wiedergegeben wird.

Als sich im November 2011 der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund ent-

tarnte, wurde bekannt, dass den Betroffenen und Angehörigen der Ermordeten Ähnliches passiert war wie euch. Den Ermordeten wurden Kontakte zur Mafia oder zu

43


REPORTAGE INTERVIEW

Terroristen unterstellt, die Opfer des Bombenanschlags in Köln zu Unrecht verdächtigt, während ein rechtes Motiv ignoriert

worden war. Das Ausmaß schien gewaltig. Warst du überrascht? Ich muss zugeben, dass ich nie an ein rassistisches Motiv

gedacht habe, obwohl ich die Zeitungsartikel, in denen von

„Döner-Morden“ und von Mafia die Rede war, auch empört gele-

sen habe. Ich hatte selbst Vorurteile gegenüber den Betroffenen

und habe den Angehörigen, die von Anfang an gesagt haben, dass

Rassismus das Motiv gewesen sein musste, wenig Gehör gegeben. Als der NSU sich 2011 selbst enttarnt hat, habe ich mich

tatsächlich nicht gewundert. Wir haben alltäglichen Rassismus

in unserer Gesellschaft, der in Gewalttaten mündet. Es hat mich

stärker gewundert, dass auch Institutionen und Politik rassistisch

waren und der Verfassungsschutz, der Dutzende Nazis als V-Leute im Umfeld des NSU platziert hat, mit verwickelt ist. Das hat mir

das Vertrauen in das Land, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, in dem ich lebe und das meine Heimat ist, einfach genommen. Der Verfassungsschutz hat nicht mich und meine Verfassung geschützt, sondern Nazis gedeckt.

dem sich die Bundesrepublik Deutschland eine Scheibe abschneiden kann, wenn sie in Sachen Opferpolitik etwas ändern will.

Die großen Anschläge und Pogrome der frühen 90er jähren sich derzeit, Hoyerswerda zum 26. Mal, Mölln und Rostock zum 25.

Mal, der Anschlag in Solingen ist 24 Jahre her. Wir befinden uns in einem massiven Rechtsruck: Die AfD ist in den Bundestag einge-

zogen, die Verherrlichung des NS-Regimes und des Holocaust wird wieder sag- und diskutierbar. Macht dir das Sorgen?

Es ist schrecklich, in dieser Situation zu leben. Ich gehöre

zu den Menschen, die sagen, dass wir aus der Vergangenheit

Rechenschaft ziehen müssen, damit so etwas nie wieder passiert. Wahrscheinlich ist das noch nicht in der Gesellschaft angekom-

men. Angekommen sind aber Rassisten, und darum ist die Arbeit gegen sie umso wichtiger. Es gibt ganz viele Zusammenhänge zwischen den 90ern und heute. Und es ist klar, dass die Täter-

Opfer-Umkehr seit dem Holocaust nicht aufgehört hat. Es werden selbst Holocaustüberlebende noch stigmatisiert, wenn es zum Beispiel um Entschädigungen geht.

Wir müssen viel mehr daran arbeiten, dass die Opferpers-

In Köln fand im Mai das sogenannte NSU-Tribunal statt (bodo

pektive gestärkt wird, und uns weniger mit den Tätern beschäftigen.

gekommen, die auf unterschiedliche Art rechte Gewalt erfahren

wir uns nicht damit auseinandersetzen, welche Hetzkampagnen die

06.17), das du mit organisiert hast. Dort sind Menschen zusammenhaben: Angehörige von NSU-Opfern, Menschen, die die Pogrome in

Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen miterlebt haben, und auch deine Familie aus Mölln. Wie blickst du darauf zurück?

Ich fand das Tribunal hervorragend. Es war exakt die

Plattform, die wir suchen. Eine Plattform, wo wir unsere Stimme

erheben und dafür sorgen, dass die Gesellschaft auch einen Teil hat an unserer Geschichte. Es ist uns und den Teilnehmern gelungen,

Wenn wir, wie im Wahlkampf, schon über die AfD reden, müssen

AfD führt und wer da was sagt, sondern darüber, welche Menschen

davon betroffen sind! Das muss uns viel mehr interessieren. Die Ge-

sellschaft muss sich gezwungen fühlen, sich mit der Opferperspektive auseinanderzusetzen. Erst dann können wir eine antirassistische Gesellschaft, eine Gesellschaft der Vielen, erreichen.

antirassistische und antifaschistische Initiativen zusammenzubrin-

Ibrahim Arslan ist am 20. Oktober zu Gast „...bei bodo“.

schauen und mit uns mitzulaufen. Das ist ein sehr großer Erfolg, von

im bodo-Buchladen, Schwanenwall 36 – 38, in Dortmund.

gen und Menschen zu motivieren, sich die Opferperspektive anzu-

Die Filmvorführung und Diskussion beginnt um 19.30 Uhr

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20. 10. — 28. 10. 2017 44


SOZIALES

Neue Adressen für Notunterkünfte „Wir freuen uns“, sagte Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch bei einem Pressetermin im September. Grund zur Freude hatte er, denn er konnte ein, wie er sagte, für das Ruhrgebiet einzigartiges Projekt verkünden. Die Übernachtungsstelle für wohnungslose Menschen wird 2018 neu gebaut, die Suppenküche und die medizinische Obdachlosenhilfe werden mit dort einziehen. Auch in Dortmund wird eine neue Übernachtungsstelle gebaut. Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Sebastian Sellhorst

D

er alte Bau am Bochumer Stadion ist 90 Jahre alt und marode, im Winter

hatte die Medizinische Hilfe deswegen

ihre Einsätze dort beendet und das Thema damit öffentlich gemacht. Gemeinsam mit der teilstädtischen Wohnungsbaugesellschaft VBW und der Inneren

Mission, in Bochum hauptzuständig für das kommunale, hoheitliche Themen-

feld Wohnungslosigkeit, wird jetzt eine Übernachtungsstelle entworfen, die

„die zentralen Stellen für die Versorgung

wohnungsloser Menschen zukünftig an einer Stelle“ zusammenbringt, sagte Jens Fritsch vom Vorstand der Diakonie. Das

neue Gebäude wird dann auch die Sup-

penküche und die Medizinische Obdach-

losenhilfe beherbergen. Zehn reguläre Schlafplätze für Frauen und 30 für Männer sollen eingerichtet werden, das Haus

bekommt einen Fahrstuhl und mehrere Notzimmer für Menschen,

statt jetzt 55, bis zu 70 Betten zur Verfügung. Der erste Schritt zum

und erhöhten Pflegebedarf haben.

einjähriges Zwischenquartier in einer ehemaligen Schule in der Ad-

die zum Beispiel gerade aus dem Krankenhaus entlassen wurden Der Tagesaufenthalt und bodo e.V., die bisher zusammen mit der Suppenküche in der alten BO-Fabrik in der Stühmeyerstraße ange-

Neubau ist hier jetzt getan, die Unterkunft hat im September ihr gut

lerstraße bezogen, wo auch ärztliche Sprechstunden und städtische Sozialarbeit in eigenen Räumen möglich sein sollen.

siedelt sind, sollen im Lauf des Jahres 2018 ebenfalls umziehen, und

Ob die Kapazitäten ausreichen, wird sich zeigen. Die Auslastung der

in ein Gebäude in der Bessemerstraße. Zwischen beiden zentralen

Dezember am höchsten. Die Zahl der sogenannten Wohnungsnot-

rund 40 Minuten. Wie sich das auf Nutzerzahlen der einzelnen Ein-

auf 660 betroffene Personen gestiegen. Mit der Zahl derer, die ganz

zwar zusammen mit der Beratungsstelle für wohnungslose Männer

Männerübernachtungsstelle war 2016 im Oktober, November und

Anlaufstellen liegen dann knapp drei Kilometer, ein Fußweg von

fälle ist in Dortmund zwischen 2015 und 2016 um ein Drittel von 440

richtungen auswirken wird, ist unklar.

ohne Obdach draußen schlafen, dürfte es sich ähnlich verhalten – sta-

Auch in Dortmund wird eine neue Männerübernachtungsstelle ge-

tistisch erfasst werden obdachlose Menschen in Deutschland nicht.

baut. Auch hier ist das alte Gebäude altersschwach, der Abriss nicht

Langfristig wollen sich beide Städte auch konzeptionell anders

nungslose Männer in der Vergangenheit immer wieder so stark aus-

Zukunft Konzepten und Beratungsangeboten für Wohnungs- und

kommenden Jahres soll in der Unionstraße 33, wo die Einrichtung bis-

vor wenigen Monaten begonnen. Erste Ergebnisse werden wohl im

mehr abzuwenden. Zudem war die Übernachtungsstelle für woh-

aufstellen. Bochums OB Thomas Eiskirch kündigte an, sich in naher

gelastet, dass zusätzliche Schlafplätze nötig sind. Bis zum Ende des

Obdachlose widmen zu wollen, in Dortmund hat ein solcher Prozess

her war, ein neues Haus in Modulbauweise entstehen. Dann stehen,

kommenden Jahr feststehen.

45 45


LESERSEITE

Dank Ihrer Spenden konnte unser Team um bodo-Vertriebsleiter Oliver Philipp vor genau einem Jahr die Dortmunder Anlaufstelle in der Schwanenstraße eröffnen. Hier gibt es kostenloses

Frühstück, Sozialberatung, eine Kleiderkammer und natürlich eine Ausgabestelle des Straßenmagazins. Foto: Sebastian Sellhorst

LESERPOST Liebes bodo-Team, wenn nicht ein freundlicher

gehen soll, die Mahnungen kommen und der Kühl-

bodo-Verkäufer im Edeka in Lünen gewesen wäre,

schrank leer ist oder wenn man gar keine richtige

hätte ich bodo wahrscheinlich nicht gekauft. Dann

Wohnung hat – woher soll die Kraft denn kommen,

war ich überrascht, dass eine Zeitung, die für ein

sich auch noch zu engagieren.

kleines Geld verkauft wird und auch viel davon an

Hut ab und weiter so Marcus, Eure G.F.

die Verkäufer weitergibt, so interessante Beiträge

Heute vorm Back Bord in Bochum sagt die Verkäu-

aus der Region bringt! Und dabei erinnert Ihr mich auch an die Menschen, die ich heute gar nicht mehr so oft zu Gesicht bekomme, weil sie am Rande stehen. Deshalb herzlichen Dank für Eure gute Arbeit und viel Erfolg. Mit herzlichen Grüßen H.K. Hallo bodo, Ihr Verkäufer Marcus schreibt in der

46

ferin zum bodo-Verkäufer: „Stellen Sie sich bitte außerhalb unseres Verkaufsbereich hin.“ Er lehnte ganz am Rand, vielleicht mit einer Schulter im „Verkaufsbereich“ und meinte nur: „Ja, mach ich. Ich stell mich dann in den Regen...“. Das war wahrscheinlich harmlos, aber ich fand es trotzdem krass.

September-Ausgabe, dass er sich als ehemals Woh-

E.M. via Facebook

nungsloser in einer politischen Gruppe – „Stadt für

Hallo, zum Artikel NINA (Rubrik Netzwelt „Notfall-

alle“ – engagiert. Ich finde das bewundernswert.

Informations- und Nachrichten-App“): Ich hatte

Da ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwierig

diese App bis vor kurzem. Die letzte Meldung vor ei-

es ist, „den Hintern hoch zu kriegen“, wenn es einem

niger Zeit lautete: Bombe am Messezentrum Halle 4

selbst schlecht geht. Die Bessergestellten verwech-

entschärft. Die Meldung über den Fund selber gab‘s

seln das meist mit Faulheit, Uninteressiertheit an

nicht. Das war nicht der einzige Mist. Hab‘ sie ent-

Politik oder gar mit Dummheit. Das Gegenteil ist oft

fernt. Besser ist die Lokalzeit Dortmund bei Facebook.

der Fall. Nur, wenn man nicht weiß, wie es weiter-

J.J. via Facebook

bodo dankt: Sparkasse Bochum Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Grünbau gGmbH, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Jutta Meklenborg, Sandra Rettemeyer, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christian Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, HansGeorg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowy, Daniela Gerull, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Dorothea Staudinger, Tamara Vorwald-Piepke, Daniela Schmitz-Häbler, Gero Krause, Friederike Claassen, Sulamith Frerich, Nicole Hölter, Gerhard Heiart, Peter Agsten, Thorsten Baulmann, Philip Biessey, Gundel Blomberg, Kathrin Bohr, Helga Bong, Elsemarie Bork, Dieter Brinker, Doris Buderus, Andreas Bürgel, Daniel Buning, Susanne Gisela Bzdzion, Christine Dahms, Raphael Dammer, Petra Danielsen-Hardt, Andrea und Martin Dietz, Karola Distelkamp, Brunhilde Dörscheln, Christina Dolkemeyer, Annette Düe, Johanna Ursula Eberhardt, Bernhard Ernst, Magdalene Ernst, Tobias Eule, Ev. Kirchenkreis Bochum, Linda Frerich, Ina und Gabriel Fuhler, Christa Fuhrländer, Harald Gering, Daniela Gerull-Haas, Peter Gottschalk, Marco Groger, Esther Hagemann, Ursula Hampe, Christa Brigitte Harbart, Silke Harborth, Minu HedayatiAliabati, Elsbeth und Gerhard Heiart, Claudia und Markus Holtkamp, Olaf Heinz Jäkel, Jutta Joswig, Kästner, Petra Karmainski, Doris und Manfred Kater, Ingrid Keese, Martin Kersting, Klaus-Michael Kinzel, Lothar Köppen, Helga Köster-Wais, Christina Kolivopoulos, Wiltrud Kreitz-Hettrich, KlausMartin Kwetkat, Peter Lasslop, Gudrund und Reinhard Letkiewicz, Jochen Otto Ley, Erika Maletz, Mechthild Maschetzke, Anne Mayer, Verena Mayer, Dolf Mehring, Rita Mollenhauer, Christoph Neumann, Gunther Niermann, Carsten Piel, Ulrich Pieper, Wiltraud Pohl, Dr. Sebastian Poschadel, Suzanne Präkelt, Bastian Pütter, Sabine Raddatz, Hildegard Reinitz, Ingo Rosner, Samuel Sammlung, Gabriela Schäfer, Volker Schaika, Kathrin Scherbauer, Anni und Heinz Schlüter, Hannelore Schmidt, Herbert Schnier, Hermann Schröder, Larissa Schulze, Dr. Karl-Heinz Schwieger, Karin Seidel, Petra Seidemann, Dr. Ludwig Seitz, Dr. Sabine Siebel, Ute Soth-Dykgers, Christina Sprey, Oliver Stiller, Kerstin und Kai Christian Stippel, Peter Thanscheidt, Hannelore Thimm-Rasch, Rita Timmerbeil, Christine Todzey, Natalie Vach de Lima Pinheiro, Christel und Gerhard Volpers, Jutta und Wido Wagner, Tanja Walter, Bettina Helene Watz, Siegmar Welski, Lena Wessler, Ursula Wiedemann, Ruth Wieser, Alexandra Wolf, Timo Zimmermann, Maria Elisabeth Zimmer, Reifenwerke Heidenau GmbH & Co Produktions KG


Fotonachweis: maselkoo99/istockphoto.com

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