bodo September 2018

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bodo DAS

09 | 18 Die besten Geschichten auf der Straße

IN STRASSENMAGAZ

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

FRISEURBESUCH: BARBER ANGELS BEI BODO REPORTAGE: ZWANGSGERÄUMT 30 JAHRE KINO ENDSTATION

Aladin El-Mafaalani: Integration und Konflikt Seite 18

TANZ AUF RUINEN

Schorsch Kamerun Seite 4

T I E B R A L A SOZI E S Ü M E G O I U ND B

U M T R O D F O H K R E W DE R

ND

NUR MIT AUSWEIS

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IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Frank, Alexandra Gehrhardt, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sophie Schädel, Sebastian Sellhorst Titelfoto: Daniel Sadrowski Bildnachweise: Silja Arnold (S. 8), Bianka Boyke (S. 16), Wilfried Gerharz (S. 19), Christian Michelides CC BY-Sa 4.0 (S. 7), Oskar Neubauer (S. 27), Daniel Sadrowski (S. 3, 4, 6, 18, 23, 32, 33, 34, 43), Laura Sander (S. 28), Sebastian Sellhorst (S. 2, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 30, 35, 38, 40, 41, 45, 46), Shutterstock.com (S. 22) Ingo Solms (S. 25) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Oktober-Ausgabe 10. 9. 2018 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 03. 2018 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

INHALT

Schorsch Kamerun

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Der Theatermacher und Sänger der Polit-Avantgarde-Band „Die Goldenen Zitronen“ inszeniert im Rahmen des Theaterfestivals Favoriten und der Ruhrtriennale in Dortmund die „Nordstadt Phantasien“. Ein Porträt. Von Max Florian Kühlem

Integration und Konflikt

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Der Soziologe Aladin el-Mafaalani beschreibt Konflikte in der Zuwanderungsgesellschaft als Zeichen gelingender Integration. Und es seien gerade die Erfolge der offenen Gesellschaft, die ihre Gegner mobilisierten. Ein Interview.

Von Bastian Pütter

Sozialarbeit und Biogemüse

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In der Werkhof-Gärtnerei ziehen u.a. schulmüde Jugendliche Biogemüse. Wer hier arbeitet, soll sehen, dass die Arbeit einen Sinn hat, sagt Leiterin Rita BrekerKremer: „Diese Tomaten haben sie im März gepflanzt, und jetzt können sie sie ernten.“

Von Sophie Schädel

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, Bastian Pütter 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Frank, bodo-Verkäufer in Wattenscheid Liebe Leserinnen und Leser, ich will die Gelegenheit einfach mal nutzen, um mich bei Ihnen zu bedanken. Seit vielen Jahren verkaufe ich nun schon die bodo in Wattenscheid. In all den Jahren habe ich beobachtet, wie immer mehr Geschäfte geschlossen haben und es in der Fußgängerzone vor meinem Verkaufsplatz immer leerer wurde. Kaum noch jemand geht bei uns hier einkaufen, da die meisten Leute lieber in die größeren Städte oder in ein Shoppingcenter zum Einkaufen fahren. Natürlich ist es schade, wenn man sieht, wie eine Innenstadt langsam verwaist, doch trotzdem musste ich mich nie über einen zurückgehenden bodo-Verkauf beklagen. Viele meiner Stammkunden kenne ich schon, seit ich mit der bodo in Wattenscheid stehe. Von einigen weiß ich sogar, dass sie einmal im Monat nur für die aktuelle Ausgabe zu mir in die Stadt fahren. Daher ein großes Dankeschön an all meine Kunden, die mir jeden Monat wieder einen Besuch abstatten. Auch mit dieser Ausgabe wünsche ich Ihnen viel Spaß. Ihr Wattenscheider Frank

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EDITORIAL

04 Menschen | Schorsch Kamerun 07 Straßenleben | Rosa Winkel, schwarzer Winkel 08 Neues von bodo 12 Reportage | Barber Angels bei bodo 16 Das Foto 16 Recht | Sozialwidriges Verhalten und ALG II 17 Kommentar | Null Kohle 17 Die Zahl 18 Interview | Konflikte zeigen, dass Integration gelingt 22 Wilde Kräuter | Beifuß 23 Kultur | 30 Jahre endstation.kino 24 Veranstaltungskalender | Verlosungen 29 Kinotipp | Shut up and Play the Piano 30 bodo geht aus | Adrianos Pizzamobil 32 Reportage | Sozialarbeit und Biogemüse 35 Soziales | Rechtsfreie Räume? 36 Bücher 37 Eine Frage… | Wie geht’s den Kastanien? 38 Reportage | Zwangsgeräumt 42 Kultur | Tanz auf Ruinen 44 bodo Shop | Leserpost 45 Leserpost | Rätsel 46 Verkäufergeschichten | Thorsten

Liebe Leserinnen und Leser, in Dortmund werden im Schnitt jeden Tag zwei Wohnungen zwangsgeräumt. Im kleineren Bochum ist es jeden zweiten Tag eine. Die meisten Geschichten dahinter machen keine Schlagzeilen, sie taugen nicht zum Skandal, sondern sind komplizierte Verkettungen von Schicksalsschlägen und Nachlässigkeiten, von Überforderung und unterlassener Hilfeleistung. Am Ende ist das Scheitern nur traurig und fast geräuschlos. Meine Kollegin Alexandra Gehrhardt hat eine dieser Geschichten aufgeschrieben, auch um zu zeigen, wie wenig hilfreich die Kategorie „Schuld“ im Zusammenhang mit Wohnungslosigkeit ist. Wohnungslos wird, wem die Kraft ausgeht, die Fäden seines Lebens in den Händen zu behalten. Weiter vorne im Heft durfte ich über ein „Andererseits“ schreiben: über Menschen, die ihre Kraft und ihr Können nutzen, um denen, die gerade ganz unten sind, eine Freude und durchaus auch Mut zu machen, sich nicht aufzugeben. Die „Barber Angels“ waren bei uns in Bochum – das war gut. Und sonst freue ich mich, dass Schorsch Kamerun gerade für das Favoriten-Festival in Dortmund Theater macht und für uns Zeit hatte, dass der vielgefragte Dortmunder Soziologe Aladin ElMafaalani uns die verblüffenden Thesen seines soeben erschienenen Jetzt-schon-Bestsellers „Das Integrationsparadox“ erklärt, dass… – ach, sehen Sie selbst. Schön, dass Sie uns lesen. Viele Grüße von bodo Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Ihre Meinung ist uns wichtig. S.4 4

Von Nothilfe bis Neuanfang: Helfen Sie helfen.

„Kaffee und Knifte“: Auf regelmäßigen Rundgängen durch Dortmund und Bochum versorgen wir Wohnungslose mit Essen, heißen Getränken, Schlafsäcken und Hygieneartikeln. Möchten Sie uns unterstützen? Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00

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MENSCHEN

Eine Frage treibt Schorsch Kamerun täglich um: „Wie wollen wir eigentlich leben?“ Der Sänger der Goldenen Zitronen, der seit Beginn des neuen Jahrtausends auch viel Theater macht, weiß, dass es darauf keine einfache Antwort gibt. Deshalb werden seine „Nordstadt Phantasien“, die er gerade als Koproduktion des Theaterfestivals Favoriten und der Ruhrtriennale in Dortmund entwickelt, auch kein Stück Musiktheater ohne Widersprüche. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski

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„Top-Gentrifizierer“ kommt nach Dortmund Grundlage der Konzertinstallation ist eine Fiktion: Die Dortmunder Nordstadt ist darin nicht in erster Linie Problemviertel, sondern auf blühender Kiez – lebendig, divers und somit „spannend“. Hippe Kreative tasten sich in den Stadtteil, schnuckelige Cafés und Kneipen, superoriginelle Pop-Up-Stores und coole Off-Galerien eröffnen, Local-Food-Trucks konkurrieren auf den Straßen, gefolgt von Immobilieninvestoren mit Dollarzeichen in den Augen. Schorsch Kamerun verfährt ähnlich wie die Gruppe Rimini Protokoll in ihrem Projekt „Truck Tracks Ruhr“, wo das Publikum in einem Lkw mit großer Fensterscheibe saß und sich die Welt draußen mit neuem Text und Musik zur Bühne umformen, verfremden, weiterdenken ließ. Der Theater-Punk setzt seine Zuschauer nicht in eine fahrbare, sondern eine feststehende Tribüne gegenüber einer Nordstadt-Ladenzeile. Diese Szenerie vertont er mit Text, Musik und Gesang, die von der simulierten Gentrifizierung handeln. „Und wenn der Espressowagen um die Ecke biegt oder Schorsch Kamerun durchs Bild läuft, dann weißt du: Es ist passiert“, sagt er. Kameruns Selbstironie hat mit einer weisen Einsicht zu tun: der Einsicht, dass das eigene (politische) Handeln immer dialektisch ist, dass man Gutes im Sinn haben kann und umgekehrte Entwicklungen anschiebt. „Als ich in den 1980er-Jahren aus meinem Kaff nach St. Pauli kam, da geschah das aus einer Notwendigkeit heraus“, sagt der 1963 in Timmendorfer Strand Geborene. „Das Kleinstadt-Dasein war autoritär begrenzend, St.

Pauli noch unbeliebt. Wir bekamen eine ganze WG für 150 Mark, viel Zeit und keinen Auftrag.“ Schorsch Kamerun, der sich gern minutenlangen, assoziativen Redeschwällen hingibt und dabei vorwärts und rückwärts durch seine Lebenszeit zieht, hält kurz inne: „Keinen Auftrag haben – das gefällt mir“, sagt er

„Und wenn der Espressowagen um die Ecke biegt oder Schorsch Kamerun durchs Bild läuft, dann weißt du: Es ist passiert.“ dann und lächelt, weil das eine gute Antwort auf die Frage ist, wie wir eigentlich leben wollen. Den WahlHamburger interessiert das aus der Mode geratene Umherschweifen, bei dem er einem melancholischen Gefühl über Träume und Utopien, die ein unerbittlich fordernder Kapitalismus gefressen hat, nachspüren kann. Momentan tut er das gern am Plattenladen Rockaway Beat unweit der Kneipen Rekorder und subrosa auf der Hafenseite der Nordstadt. Dort recherchiert er auch seine Stück-Behauptung und die Gentrifizierung im Ruhrgebiet – die eigentlich nicht weit hergeholt ist: Stadtentwickler setzen hier längst auf die so genannte „Kreative Klasse“, Stadtteile wie das Kreuzviertel florieren, mit süßen Cafés, die „Kieztörtchen“ heißen, es steigen die Wohnraumpreise.

Schorsch Kamerun Band: Die Goldenen Zitronen, seit 1994 von Fun-Punk zu politischem Avantgarde-Pop Ort: Gemeinsam mit Rocko Schamoni betreibt Kamerun seit 1988 den (Golden) Pudel Club zwischen Hafenstraße und Fischmarkt. „Ein ultramoderner Zeitgeistladen, der jeden noch so winzigen Trend aufspürt, um ihn dann zu zerstören.“ Roman: „Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens“, Ullstein 2016 (siehe bodo 6/16). 5


MENSCHEN

Kamerun weiß, dass er selbst „Top-Gentrifizierer“ ist, wie er sagt. „Wir sind St.Paulis markentaugliche Kreativklasse. Früher hat der Hafenstraßen-Punker Dr. Mabuse im Stadion eine einsame Totenkopf-Flagge geschwenkt – heute ist dasselbe Logo millionenschwer. Ich wohne nur noch dort, weil ich es mir leisten kann.“ Doch der Sänger der Goldenen Zitronen, dessen Band mit dem Song „St. Pauli Boys“ selbst zum Kult um den Stadtteil beigetragen hat, beteuert, dass er und seine Künstlerkollegen nie versucht haben, aus Orten etwas rauszuholen: „Mit unserem Golden Pudel Club haben wir nie eine Cent gemacht“, sagt er. Und Schorsch Kamerun will den Stadtraum auch nicht hemmungslosen Immobilienspekulanten überlassen. An Walter Benjamin angelehnt formuliert er eine Faszination für die „poröse Stadt“, für ein urbanes Gebiet, wo man noch nicht genau weiß, was passiert: „Wer auf St. Pauli einen Laden eröffnet, macht das heute mit einen Businessplan, München ist lange zu Ende erzählt, Berlin wirbt mit dem Spruch ‚Arm, aber sexy‘. Wow, aufregend! Aber dieses Aufregend ist teuer.“

Also kämpft er letztlich doch für ein richtiges Leben im falschen, verteidigt Inseln wie das Gängeviertel, die Rote Flora oder den Golden Pudel Club, sucht das Gespräch mit Immobilienbesitzern. „Es ist wichtig, Wünsche zu formulieren. Und gesprochen wird erstmal mit allen.“ Deshalb gefällt ihm, dass die „Nordstadt Phantasien“ Teil des Theaterfestivals Favoriten sind, das mit dem Projekt „Work At Werk Union“ auch eine Zukunftsutopie für den Stadtteil rund um den Union-Gewerbehof entwirft.

„Manchmal denke ich: Vielleicht muss man in die Natur abhauen. Aber auch Bauern sind heute Blogger, und in Kamerun verdient Starbucks.“ Dass er Pop und Politik seit vielen Jahren häufig in Theater-Aufführungen denkt, ist nicht selbstverständlich. „Als junger Mensch hatte ich kaum Berührungspunkte mit Theater“, erinnert er sich. „Als ich mit der Schulklasse in ‚Der zerbrochene Krug‘ war, fand ich das furchtbar – bürgerlich und autoritär. Aber ich kannte natürlich auch keine interessanteren Entwicklungen.“ Als Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp für ein Christoph-Marthaler-Stück seinen Text zu „Weil wir einverstanden sind“ in einer Inszenierung benutzte und er mit Jugendfreund Rocko Schamoni Musik zu einem Jelinek-Stück entwarf, war das ein erstes Beschnuppern mit der Kunstform. Seine Inszenierung von Hubert Fichtes „Die Palette“ 2000 am Hamburger Schauspielhaus war der Eintritt – und eine Pioniertat in Sachen Popliteratur im Theater. Auch mit 55 Jahren wird Schorsch Kamerun wohl weiter in urbanen Räumen wirken und auf wie auch immer gearteten öffentlichen Räumen seine Themen setzen. Der gemachten Welt kann man sowieso nicht entf liehen: „Manchmal denke ich: Vielleicht muss man in die Natur abhauen. Aber auch Bauern sind heute Blogger, und in Kamerun verdient Starbucks. Die einsame Insel kommt für mich jedenfalls nicht in Frage. Zu wenig Probleme.“

Die „Nordstadt Phantasien“ laufen bis zum 8. September im Programm der Ruhrtriennale und des Theaterfestivals Favoriten.

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STRASSENLEBEN

Am 14. und 15. September werden in Bochum und Dortmund Stolpersteine verlegt. Der Künstler Gunter Demnig erinnert mit Gedenktafeln aus Messing, die er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort ins Pflaster einlässt, an die Opfer des NS-Terrors. Erstmals ist in Dortmund ein Stolperstein für einen Wohnungslosen dabei. Zu diesem Anlass lädt bodo am Freitag, dem 14. September, zu einer Podiumsdiskussion in seinen Buchladen am Dortmunder Schwanenwall. Von Bastian Pütter | Foto: Christian Michelides CC BY-SA 4.0

Rosa Winkel, schwarzer Winkel

In Dortmund wird, initiiert von den Forschern Dr. Frank Ahland und Manuel Izdebski, an drei Männer erinnert, die als Homosexuelle durch die Nationalsozialisten verfolgt und umgebracht wurden. Einer von ihnen ist Kurt Dorr. Er wird im Juni 1938 in der Dortmunder Innenstadt wegen Vergehen gegen den Homosexuellen-Paragrafen 175 und wegen Bettelei verhaftet und in die Steinwache gebracht. Als Wohnungsloser wird er Opfer der Aktion „Arbeitsscheu Reich”, während der im April und Juni 1938 mehr als 10.000 Männer als sogenannte „Asoziale“ in Konzentrationslager verschleppt werden. Dort tragen sie den schwarzen Winkel. Nach 18 Tagen in der Steinwache wird Dorr am 22. Juni 1938 „transportiert”, wie es in den Haftbüchern heißt. Er kommt ins KZ Sachsenhausen und wird in die NS-Haftkategorie „Asozial“ eingruppiert. Im Januar 1940 wird

er ins österreichische KZ Mauthausen verlegt. Er stirbt keine vier Wochen später, die angebliche Ursache ist angegeben mit: „Allgemeine Schwäche, Herz- und Kreislaufschwäche”.

Vorabenddiskussion zur Stolpersteinverlegung 14. September, 19 Uhr bodo Buchladen Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Eintritt frei

Kurt Dorr ist der erste Wohnungslose, für den in Dortmund ein Stolperstein verlegt wird. Als symbolischer Ort wird das Pflaster vor dem Rathaus gewählt. Die Verlegung findet am Samstag, 15. September, um 9 Uhr statt. Am Vorabend laden bodo, das Lesben- und Schwulenzentrum KCR und die Mahnund Gedenkstätte Steinwache in den bodo-Buchladen am Schwanenwall. Es diskutieren der Historiker und Publizist Dr. Frank Ahland und der stellvertretende Leiter der Steinwache Markus Günnewig. Den Abend moderiert Bastian Pütter, Redaktionsleiter des Straßenmagazins. Für einen musikalischen Rahmen sorgen „Minor Swing“ mit Stücken im Stile Django Reinhardts.

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NEUES VON BODO

Ein Festival für den guten Zweck

TERMINE Soziale Stadtführung in Dortmund Sa., 8. September, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Buchladen Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Soziale Stadtführung in Bochum Sa., 15. September, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Anlaufstelle Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum bei bodo: Vorabenddiskussion zur Stolpersteinverlegung Fr., 14. September, 19 Uhr bodo-Buchladen Schwanenwall 36 – 38 „Brüchige Biografien“ – bodo-Filmabend Do., 20. September, 19.30 Uhr Naturfreunde-Zentrum Alte Bahnhofstraße 175 Bochum-Langendreer 8

Auf zwei Rädern durch den Staub – in Vosswinkel bei Arnsberg im Sauerland verbinden seit 2016 Motorradfahrer ihr Hobby mit sozialem Engagement. Zum dritten Mal hatten sie im August zum Reise-Enduro-Festival geladen. Das Besondere: Das Festival – zwei Tage Motorradfahren auf dem Offroad-Parcours des Motorradclubs Vosswinkel, Livekonzert und Programm – dient einem guten Zweck, die Erlöse kommen sozialen Einrichtungen zugute. Auch für bodo – das Foto zeigt Geschäftsführerin Tanja Walter mit den Organisatoren Micha Tölk, Meik Beulmann und Andreas König – wurde fleißig gespendet: 1.000 Euro kamen durch das Festival für uns zusammen, auch das Kinderhospiz Arnsberg und die Csilla von Boeselager-Stiftung erhielten Spenden. Herzlichen Dank!

Gedenken

Am Lagerfeuer

Die Armen der Stadt werden in Bochum ordnungsamtlich eingeäschert und anonym – ohne Trauerfeier – bestattet. An sie wird alle zwei Monate in den Ökumenischen Gottesdiensten für die Unbedachten der Stadt Bochum erinnert. Zum Gottesdienst am 31. Juli hatten Pastoralreferent Ralf Tietmeyer und Pfarrer im Probedienst Till Jonas Weiß-Worm bodo-Redaktionsleiter Bastian Pütter eingeladen. bodo erhielt die Kollekte des vorherigen Gedenkgottesdienstes in Höhe von 204 Euro. In einem Impulsvortrag sprach Bastian Pütter über Tod und Erinnern bei bodo. Im kommenden Gottesdienst am 25. September um 17 Uhr in der Propsteikirche wird an Armin, bodoVerkäufer in Schwerte, erinnert.

bodo ist beim Campfire-Festival für Journalismus und digitale Zukunft dabei, das vom 31. August bis 2. September vor dem Düsseldorfer Landtag stattfindet. In einem Zeltdorf mit zwei Hauptbühnen wird es 150 Veranstaltungen geben – bei freiem Eintritt. Am Samstag, 1. September, spricht bodoRedaktionsleiter Bastian Pütter im Zelt der GLS über die Nische der sozialen Straßenmagazine im Printmarkt: „Verkauft von Wohnungslosen, sind sie auf den ersten Blick ein wandelndes Imageproblem. Auf den zweiten Blick erscheinen ihre gemeinnützige Organisationsform, ihr stabiler Vertriebsweg, ihre sozialpolitische ,Erdung‘ und der damit verbundene engagierte Journalismus geradezu modern.“


Anzeigen

Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

Katzentaschen Kennen Sie Katzentaschen? Die selbstgenähten Taschen sind ein Upcycling-Projekt von Elisabeth Heymann-Röder aus Witten und kamen per Post zu uns, verbunden mit einer lieben Nachricht und der Bitte, sie gegen Spende für bodo abzugeben. Wer kann da Nein sagen? Wir nicht. Also sind nun viele bunte Taschen in unserem Dortmunder Buchladen erhältlich. Danke für die tolle Idee!

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Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

Modernes Antiquariat Schwanenwall 36 – 38 Mo. – Fr. 10 bis 18 Uhr 44135 Dortmund Sa. 10 bis 14 Uhr

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10.000 GUTE BÜCHER BEI BODO AM SCHWANENWALL

Wortschätzchen Rainer Küster, Bochumer Autor und Studiendirektor i.R., hat sich mit dem Karikaturisten Johannes Habig zu einer Jubiläumsauflage der „Bochumer Wortschätzchen“ entschieden. Immer wieder erreichen Küster Einsendungen, die sein Wörterbuch der Bochumer Ruhrgebietssprache noch nicht verzeichnet. Zum 20. Jubiläum soll die achte Auflage erscheinen, und wieder wird ein Teil der Einnahmen an bodo gehen – bei der zurückliegenden siebten Auflage waren es 2.500 Euro! Rainer Küster bittet um Mithilfe: Wer Bochumer Wortschätzchen kennt, die in dem Band nicht fehlen sollten, findet die Kontaktmöglichkeiten und weitere Informationen auf www.rainer-kuester.com. 9


NEUES VON BODO

Djelem Djelem Im September weht zum fünften Mal die Flagge der Roma digital auf dem Dortmunder U. Das von Stadt, AWO, Depot und 30 Partnern organisierte Roma-Kulturfestival beginnt nach einem musikalischen Pre-Opening auf dem Friedensplatz am 19. September im Dortmunder Depot. Es wird Diskussionsrunden, eine Fachtagung, Film- und Theaterabende sowie ein Familienfest auf dem Nordmarkt geben. Schirmherrin ist in diesem Jahr die deutsche Sinteza Marianne Rosenberg (Foto), die in ihrem Grußwort deutliche Worte zu Rechtsruck und Rassismus findet – und einlädt zum Miteinander und zum kulturellen Austausch bei Djelem Djelem: „Freuen Sie sich darauf, zu erfahren, wer Roma und Sinti sind, was für eine Sprache sie sprechen, woher sie stammen, was der Unterschied zwischen Sinti und Roma ist. Haben Sie teil an ihren Diskussionen, ihrer Kultur, an ihrer Erzählkunst, folgen Sie der wunderbaren, einzigartigen Musik.“

SOZIALES Wohngipfel von unten: Der Innen-, Bau- und Heimatminister lädt am 21. September Länder, Kommunen sowie die Wohnungs-, Immobilien- und Bauwirtschaft zum Wohngipfel. Mieter-, Stadt- und Bürgerinitiativen, Mieterbund, die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe und andere planen als Antwort am Vortag einen „Wohngipfel von unten“ und kritisieren die Ausrichtung an Lobbyinteressen der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie die Missachtung von Mieterinteressen. Wenn Arbeitslose einen neuen Job finden, ist das nur selten auf einen Vermittlungsvorschlag der Arbeitsagentur zurückzuführen. Die aktuelle Statistik der Behörde zeigt, dass in 74 Prozent der Fälle die eigene Arbeitssuche zum Erfolg führt. Bei einem Zehntel sind Vermittlungsvorschläge erfolgreich, bei vier Prozent eine Förderung. In zwölf Prozent der Fälle ging eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme voraus. Bis zu 50 Prozent der Berechtigten verzichten auf Hartz-IV-Leistungen. Die Bundesregierung nennt auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen insgesamt sechs Studien, die sich mit dem Verzicht auf Grundsicherungsleistungen befassen. Die ermittelte Verzichtsquote reicht von 33,8 bis sogar 49,9 Prozent. Bei den Erwerbstätigen, so die Studien, verzichten bis zu zwei Drittel auf ihre Ansprüche. Fast jeder zweite Rentner in Deutschland bekommt weniger als 800 Euro im Monat. Das Bundesarbeitsministerium teilte mit, dass 8,6 Millionen Versicherte bis zu 800 Euro und 11,3 Millionen Menschen weniger als 1.000 Euro Rente erhalten. Die Zahlen zeigten, dass ein großer Teil der Renten heute schon unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle und sogar unter der Grundsicherungsschwelle liege, sagte LinkenRentenexpertin Sabine Zimmermann. 10

Bücher, Bücher Unser Projekt in einem Satz: Ihre Bücherspenden schaffen Arbeitsplätze, Ihr Einkauf bei uns hilft, sie zu sichern. Unser Ziel ist es, für jedes von Ihnen gespendete Buch den richtigen Weg zu einem neuen Besitzer zu finden. In unserem Buchladen am Dortmunder Schwanenwall finden Sie Tausende sehr gut erhaltene oder gar neuwertige Romane, Krimis, Fach- und Sachbücher. Ein Großteil des Sortiments ist auch bei den großen Antiquariatsportalen erhältlich. „Schwer vermittelbare“ Exemplare haben z.B. eine Zukunft beim Upcycling als Möbelstück oder Dekoration in einer Theaterkulisse. Wir freuen uns auf Ihre Buchspenden und/oder Ihren Einkauf bei bodo.


Anzeigen

www.facebook.com/bodoev info@bodoev.de

Ansprechpartner

0231 – 950 978 0

Geschäftsleitung: Tanja Walter verein@bodoev.de

bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr zentrale Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de Fax: 0231 – 950 978 20 Besuchen Sie uns Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr Sa. 10 – 14 Uhr Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr Fr. 14 – 17 Uhr

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt Bastian Pütter redaktion@bodoev.de Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Suzanne Präkelt buch@bodoev.de bodos Bücher online: Gordon Smith basar@bodoev.de Haushaltsauflösungen und Entsorgungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln transport@bodoev.de

Wir schützen kleine

Wüstenblumen

TABU INTERNATIONAL Aufklärung Bildung Kinderschutz SPARKASSE Dortmund IBAN: DE 73 4405 0199 0211 0141 64 @verein-tabu.de - www.verein-tabu.de

bodo-Filmabend

So wenig wir eigentlich daran denken möchten: Auf den Herbst folgt der Winter. Aus diesem Grund beginnen wir jetzt schon damit, unser aufsuchendes Versorgungsangebot „Kaffee und Knifte“ auszubauen. Unser Ziel ist bis zum Winter ein wöchentlicher Rhythmus. Gemeinsam mit Freiwilligen suchen wir auf festen Touren in Bochum und Dortmund bedürftige Menschen auf der Straße auf – u.a. mit selbstgeschmierten Butterbroten, Obst, Heißgetränken, Schlafsäcken und Hygieneartikeln im Gepäck. Für den Ausbau des Angebots suchen wir noch engagierte Freiwillige, die zu festen Terminen mit uns auf Tour gehen. Wir freuen uns auf Sie: ehrenamt@bodoev.de oder 0231 – 950 97 80.

Am Donnerstag, dem 20. September, laden die Naturfreunde Bochum-Langendreer zum Bildungsabend „Obdachlosigkeit in Bochum“. Gezeigt wird der bodo-Dokumentarfilm „Brüchige Biografien“, der fünf Verkäuferinnen und Verkäufer des Straßenmagazins bei ihrer Arbeit und danach begleitet. Der Film war auf DVD, ergänzt um ein Beiheft mit Hintergründen und Interviews, als Sonderausgabe des Straßenmagazins erschienen. Vertriebsleiter Oliver Philipp und bodoStadtführer Markus Neiß diskutieren im Anschluss an den 80-minütigen Film mit dem Publikum. NaturFreundeZentrum, Alte Bahnhofstraße 175, Langendreer. Beginn: 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

Kaffee und Knifte

Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Mieterverein

Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

Kampstr. 4 44137 Dortmund Tel. 0231/557656-0 mieterverein-dortmund.de

Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

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REPORTAGE

Friseurbesuch

Barber Angels bei bodo

Der Torbogen der alten BO-Fabrik zwischen SuppenkĂźche und bodoAnlaufstelle ist an diesem Sommervormittag Bochums bestbesuchter Friseursalon. Dutzende Wohnungslose sind gekommen, um sich von den Barber Angels die Haare schneiden zu lassen. In den schwarzen Lederkutten stecken Profifriseure aus ganz NRW, bei edlem Cappuccino wird beraten, frisiert, geschminkt, geplaudert und gelacht. Wer es noch nicht wusste: Friseur ist ein sozialer Beruf. Von Bastian PĂźtter | Fotos: Sebastian Sellhorst

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E

s ist Montagmorgen und schon sommerlich warm, als die ersten Friseurinnen und Friseure eintreffen. Barber-Angels-„Apostel“ mit ihren Spitznamen auf der Lederkutte, Organisationsprofis im Rang eines „Zenturio“ und zwei „Lernengel“ noch ohne Kutte. Die Barber Angels spielen mit Rocker- und Motorrad-Club-Klischees. „Du kannst Dir gleich angucken, warum“, schmunzelt Norbert, einer der wenigen Barbers, der tatsächlich einen Motorrad-Führerschein hat. „Erstmal ist einem die Aufmerksamkeit sicher. Und dann ist es faszinierend zu sehen, wie das Schwellenängste abbaut.“ Gegründet würden die Barber Angels 2016 von Friseur Claus Niedermaier aus dem schwäbischen Biberach. Aus der einfachen Idee, ehrenamtlich Haarschnitte für Wohnungslose anzubieten, ist eine inzwischen länderübergreifende Bewegung geworden. Dank professioneller Organisation, einem gut gepflegten Image, das Öffentlichkeit garantiert, und inzwischen 180 ehrenamtlichen FriseurInnen blicken die Angels bereits auf mehr als 10.000 Haarschnitte für Bedürftige zurück. „Wir hängen uns an Organisationen wie bodo. Es braucht Vertrauen und Orte, die die Menschen kennen und an die sie sich trauen“, erklärt Norbert. „Dazu kommt: Wir wollen den Richtigen helfen. Es geht ja

nicht um einen Gratishaarschnitt, um Geld zu sparen.“ Seine Kollegin Ute, die von allen Lady Grey genannt wird, ergänzt: „Uns geht es um die Zielgruppe, die den Weg nicht zum Friseur findet. Vielleicht auch weil der Friseur die Leute nicht unbedingt haben will. Und sei es nur, weil jemand Hunde hat. Das ist nicht nur in den Notschlafstellen ein Problem.“ Für Dortmund haben die Angels gemeinsam mit bodo und dem Gast-Haus einen Oktobertermin verabredet, und für beide Städte gibt es bereits Nachfolgetermine. „Wir wollen kein einmaliges Charity-Event, und dann sind wir verschwunden“, sagt Lady Grey. „Wir wollen feste Verbindungen und nachhaltig arbeiten.“

Ein arbeitsreicher Vormittag bei bester Stimmung: An ihrem freien Tag zogen Friseurinnen und Friseure die „Barber Angels“-Kutte über und schnitten 62 Wohnungslosen die Haare.

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REPORTAGE

„Ist doch nett hier!“ Es ist kurz vor 10. Überpünktlich hat sich die erste Gruppe eingefunden. Oliver Philipp von bodo hatte mit den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe Termine koordiniert, um lange Wartezeiten zu vermeiden. Als erstes ist eine Gruppe Straßenkids dran, und die Profis können gleich zeigen, was sie können. Einige der Jugendlichen haben Fotovorlagen dabei, aufwendig einrasierte Muster sind dabei, auch schminken lassen wollen sich einige. Unter dem Torbogen ist mit einfachsten Mitteln ein Friseursalon eingerichtet. Auf Alustühlen sitzen sich zwei Reihen Gäste gegenüber. Wer möchte, kann mit mehr Privatsphäre in den Räumen von bodo die Haare geschnitten bekommen. bodo-Verkäuferin Marion zögert kurz, schaut in die Runde und setzt sich dann auf einen der Stühle unter dem Torbogen: „Ach komm, ist doch nett hier!“ In der Tat ist die Stimmung herzlich, stellenweise sogar ausgelassen. Nach den Jugendlichen nehmen Menschen, die draußen schlafen, und NutzerInnen der Notschlafstelle Fliednerhaus auf den Stühlen Platz, danach Gäste der Suppenküche und zwischendurch immer wieder bodo-Verkäufer. Beate, die zurzeit auf dem Sofa eines Bekannten schläft und vormittags den Tagesaufenthalt der Diakonie nutzt, fragt vorsichtig, ob sie sich auch in die inzwischen wachsenden Schlange einreihen darf: „Ich steh‘ nicht auf der Liste.“ Norbert lacht: „Na, und?“ Mit der Zeit wächst auch die Zahl der „Schaulustigen“, vor allem Gäste von Tagesaufenthalt, Suppenküche und bodo. Man kennt sich. Niko schmettert im Vorbeigehen Rossinis „Figaro“-Arie aus dem Barbier von Sevilla und ruft in die Runde: „Ich hab noch nie ein Massenschneiden gesehen.“ Ein Punk leiht sich Schere und Haarspray und legt mit Blick in ein spiegelndes Autofenster selbst Hand an seinen Irokesenschnitt. DIY – Do it yourself. Carsten, ebenfalls Gast der Suppenküche,+ klopft schmunzelnd auf eine der Lederkutten: „Ihr könnt euch ruhig Zeit lassen, dann haben wir mehr zu essen.“

Oben: Open-Air-Friseursalon für einen Vormittag. Mitte: bodo-Stadtführer Markus ließ sich von Coco die Haare schneiden. Unten: Edle Kaffeespezialitäten servierte Susanne Barbera. Auch bodo-Verkäufer Mario war angetan.

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„Das Selbstbild ändert sich.“

„Du bist als Frisör sehr nah dran.“

Auch sonst ist die Aufmerksamkeit in der sonst ruhigen Stühmeyerstraße groß. Autos fahren im Schritttempo vorbei, Passanten fragen irritiert, ob heute Flohmarkt sei. Irgendein Nachbar, kein Scherz, ruft die Lebensmittelüberwachung der Stadt, wohl um sein Missfallen auszudrücken. Der städtische Mitarbeiter entschuldigt sich händeringend und gibt Tipps zum Umgang mit Milch im Sommer.

In der Tat sind an diesem Vormittag viele ungläubige Blicke in den Spiegel zu sehen, Frauen und Männer, die sich wie auf dem Laufsteg drehen, und Menschen mit frischgeschnittenen Haaren, die Friseure umarmen. Aus Michaela platzt heraus: „Das ist ja so toll, was ihr macht.“ Jan, Ralf, Tom, Marcus, Rainer und die anderen bodo-Verkäufer führen grinsend ihre Frisuren den bodo-Mitarbeitern vor: „Feine Sache. Da setz ich meine Mütze nicht mehr auf heute.“

Die sind übrigens nicht nötig, denn hinter dem Torbogen steht nicht irgendeine Kaffeebude, sondern die mobile Espressobar der Traditionsrösterei Barbera. Susanne Barbera, deren Kinder die sechste Generation der kleinen Kaffeedynastie sind, wie sie mit stolzem Fingerzeig auf das Schild mit der Jahreszahl 1870 erzählt, hatte von den Barber Angels bei Facebook erfahren. „Ich fand das sofort so toll, dass ich gleich eine Spende überwiesen habe. Am selben Abend bekam ich eine Mail, wir waren in Kontakt, und es ergab sich, dass ich hier ganz konkret mithelfen kann.“ Und so gibt es heute für alle Gäste nicht den mehr oder weniger beliebten bodo-Kaffee, sondern gratis „il Mago“, eine edle Mischung aus sieben Bohnensorten.

Es ist früher Nachmittag, als der letzte Schnitt gemacht ist. 62 Menschen haben die acht Profis mit viel Zuwendung, Geduld und allem professionellen Know-How zu neuen Frisuren verholfen. Auch für gestandene Profis ein anstrengender Tag. Nicht zuletzt, weil man viel erfährt über die Lebensumstände der Menschen, die vor einem sitzen. „Es passiert so schnell, dass man den Halt verliert. Wir hören immer wieder Geschichten, die einen wirklich mitnehmen“, hatte Lady Grey am Morgen gesagt. Und Norbert hatte ergänzt: „Du bist als Frisör sehr nah dran. Wenn ich nach so einem Einsatz nach Hause komme, werde ich sehr leise und bin sehr dankbar.“

Währenddessen setzt Coco dem nächsten Gast eine Waschhaube auf. Die kommen eigentlich aus dem Pf legebereich, erklärt sie später, und ermöglichen eine Kopfreinigung ohne fließendes Wasser. „Vor allem gibt das so etwas wie eine Wellness-Kopfmassage“, sagt sie lächelnd. „Berührungen sind manchmal ein Thema. Wir haben mit Menschen zu tun, die seit Ewigkeiten niemand angefasst hat.“ Coco, die mit ihren bunt gefärbten Haaren auffällt, mehr aber noch mit dem auf ihren Unterarm tätowierten Handwerkszeug von Schere bis Föhn, heißt eigentlich Claudia. Sie koordiniert die NRW-Termine der Barber Angels und hat schon vielen Wohnungslosen die Haare geschnitten. Sie weiß: „Das Selbstbild ändert sich. Die Haare sind so wichtig, um sich wohlzufühlen.“

Als „Zenturio“ koordiniert Coco die Termine der „Barber Angels“ in NRW. bodo-Verkäufer Ralf kam übrigens nur zum Spitzen schneiden.

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DAS FOTO

Am 24. Juli ist in Dortmund auf dieser Brache der Obdachlose Ryszard Z. tot aufgefunden worden. Die Polizei hat eine Mordkommission eingerichtet. Ryszard wurde 55 Jahre alt. 523 getötete Obdachlose erfasst die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe seit 1989. Wer draußen ist, ist häufig schutzlos. Die beste Prävention ist eine Tür, die man hinter sich schließen kann, eine eigene Wohnung der beste Schutz. Foto: Sebastian Sellhorst

RECHT

Rückzahlung von Sozialleistungen wegen Trunkenheitsfahrt? Von René Boyke

Bei einem sozialwidrigen Verhalten kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II entfallen. Das ist etwa der Fall, wenn ein Volljähriger ohne wichtigen Grund die Voraussetzungen für Arbeitslosengeld II schafft. Das Jobcenter kann gezahlte Leistungen zurückfordern. Fraglich ist allerdings, was sozialwidriges Verhalten im Sinne dieser Vorschrift ist. Eine Trunkenheitsfahrt zum Beispiel stellt ein unerwünschtes und daher straf be-

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wehrtes Verhalten dar. Aber ist eine solche Fahrt auch ein sozialwidriges Verhalten nach dieser Vorschrift? Nicht zwingend. Ein sich in Arbeit befindlicher Mann hatte mit seinem PKW nach einer Feier alkoholisiert Zigaretten holen wollen. Er wurde von der Polizei angehalten und ihm schließlich die Fahrerlaubnis entzogen. Zudem wurde gegen ihn durch das Strafgericht eine Sperre für die Erteilung einer neuen

Fahrerlaubnis verhängt. Dadurch verlor der Mann seinen Arbeitsplatz als LKW-Fahrer. Dies wiederum führte dazu, dass er auf Arbeitslosengeld angewiesen war. Das erhielt er zunächst auch. Nachdem jedoch das Jobcenter herausfand, dass der Mann seinen Arbeitsplatz wegen einer Trunkenheitsfahrt verloren hatte, forderte es das gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 2.600 Euro zurück. Zu Unrecht, wie das Landes-


KOMMENTAR

Null Kohle

Nostalgie und Spielgeld

Von Bastian Pütter Nur, dass Sie es wissen: In Bochum kann man nun Null-Euro-Scheine kaufen. Sie zeigen einen Bergmann mit Spitzhacke vor dem Fördergerüst des Deutschen Bergbau-Museums, so die Bochum Marketing GmbH. Ein Null-EuroSchein kostet drei Euro. Keine Ahnung, ob das für Sie eine hilfreiche Information ist, Realsatire oder ob es wie ausgedacht klingt. Oder Sie gähnen, ja, Null-Euro-Scheine sind ein alter Hut, ich hab mich trotzdem sehr gefreut über die Pressemitteilung der Stadt und ihre Allegorie auf den Strukturwandel. Eigentlich ist da alles drin: Die glorreiche montane Erzählung als beinahe einziger Identitätsanker („auf Kohle geboren“ – eigentlich: unter anderem). Die Selbstmusealisierung (Industriekultur als Gegenwart der Vergangenheit). Die Entschlossenheit der unternehmerischen Stadt, Marktteilnehmer zu sein, auch wenn man gar nichts zu verkaufen hat (oder zumindest nichts von Wert). Denn die Nostalgie – als Blick zurück aus Angst vor dem Blick nach vorn – ist ja das Thema der Hiesigen. Nicht die Gäste, so sie kommen, verklären die Zeit, als die guten Jahre die zwischen kaputtgeschrieben und Staublungenexitus waren, sondern wir. Touristen hätten gern WLAN, öffentliche Toiletten und Sehenswürdigkeiten – und nehmen dann, was kommt. Naja, und vielleicht dazu einen Null-Euro-Schein. „Ende des Steinkohlebergbaus 2018“ steht übrigens auf den Schein-Scheinen, der Anlass für ihren Druck. Null Kohle, sozusagen. Dabei hätte mir so viel besser gefallen, wenn wir das Ende der jahrzehntelangen Sterbebegleitung mit all den Subventionsmilliarden als Zeitpunkt für einen Schlussstrich gewählt hätten. All die Förderturm-Kühlschrankmagneten, die Pott-Metaphern, die Vorgarten-Grubenwagen, die Glück-auf-Rhetoriken rein ins (Bergbau-)Museum und raus aus den Identitätsbaukästen. Denn eine Vorstellung von der Zukunft und davon, was den Laden hier in ebenjener Zukunft zusammenhalten soll, wird sich wohl nicht im Steigerlied finden. (Auch wenn Martin Kaysh, S.47, da vielleicht widersprechen wird). Denn, zurück zur Allegorie, die nostalgische Schein-Kohle „sieht nicht nur täuschend echt aus, sie wird – wie auch echte Euro-Banknoten – in der französischen Wertpapierdruckerei Oberthur Technologies auf Sicherheitspapier gedruckt und trägt einige typische Sicherheitsmerkmale“. Du kannst Dir nur nix davon kaufen.

sozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az. L 6 AS 80/17) nun entschied. Das Gericht erklärte, dass das Verhalten des Mannes eine zu missbilligende Tat darstelle, jedoch kein sozialwidriges Verhalten, welches zur Rückzahlung des gezahlten Arbeitslosengeldes führe. Dies liege daran, dass kein spezifischer Bezug zur Herbeiführung einer Hilfebedürftigkeit vorliege, wie etwa bei der Verschwendung

von Vermögen. Dass sozialschädliches Verhalten nicht zwingend auch sozialwidriges Verhalten im oben genannten Sinne darstellt, hatte bereits das Bundessozialgericht entschieden. Dieses hatte eine Sozialwidrigkeit selbst bei Straftaten verneint, die absehbar zu einer Inhaftierung und damit zum Wegfall von Erwerbsmöglichkeiten führen.

DIE ZAHL

6,8 Millionen Menschen in Deutschland leben von Arbeitslosengeld oder Hartz-IV-Leistungen. Während im Mai knapp 2,32 Millionen Arbeitslose registriert waren, lebten knapp 6,15 Millionen Menschen in einer „Bedarfsgemeinschaft“, einem Hartz-IV-Haushalt. 735.000 Menschen erhielten Arbeitslosengeld und rund 76.000 bezogen Arbeitslosengeld und Hartz-IV-Leistungen.

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INTERVIEW

Konflikte zeigen, dass Integration gelingt „Wir müssen nichts tun, wir werden uns nicht verändern, und wenn alle sich Mühe geben, ist alles harmonisch.“ Für den Dortmunder Soziologen Aladin El-Mafaalani sind das drei falsche Grundannahmen in der Zuwanderungsdebatte. In seinem soeben erschienenen Buch „Das Integrationsparadox“ beschreibt er Konflikte als Zeichen gelingender Integration. Und es seien gerade die Erfolge der offenen Gesellschaft, die ihre Gegner mobilisierten. Ein Interview. Von Bastian Pütter | Fotos: Daniel Sadrowski, Wilfried Gerharz

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Wir führen zurzeit wieder laute Integrationsdebatten. Was ist eigentlich Integration? „Integration“ bedeutet übersetzt, dass jemand oder eine bestimmte Gruppe ein Teil des Ganzen wird. Nimmt man den Begriff ernst, heißt es, dass die kleinere Gruppe sich bewegen muss – und damit ändert sich das große Ganze. Und dieser zweite Teil ist schwierig zu verstehen und mühsam. Jeder versteht, dass diejenigen, die integriert werden sollen, sich anpassen müssen – das Wort ist gar nicht so schlimm. Es betrifft die Sprache, den Umgang miteinander, den Arbeitsmarkt usw. Was wichtig ist: Wenn die Menschen diese Anpassungsprozesse vollziehen, dann verändern sie das Land mehr, als wenn sie sie nicht vollziehen. Es ist nicht eine Maschine, an der man eine Schraube wechselt, sondern es wird angebaut, die Maschine selbst ändert sich. Wie hat sich die Maschine bereits geändert? Das schönste Beispiel für mich ist, wie der öffentliche Raum genutzt wird. Dass man heute auf Grünflächen seine Freizeit verbringt und zum Grillen zusammenkommt, ist nicht auf die neue Freiheit der sogenannten 68er zurückführen, zumindest nicht hauptsächlich, sondern hat mit den Gastarbeitern zu tun. Sie haben damals angefangen, und die Deutschen haben sich dazugesellt auf den Grünflächen, wo eigentlich „Betreten verboten“-Schilder standen, und diese Entspanntheit ebenso zu schätzen gewusst. Dadurch ist dieses Verhalten „deutsch“ geworden. Das ist ein Beispiel, man könnte weitere aufzählen: die Art, wie man sich begrüßt, wie man feiert, was und wie man isst, der ganze Alltag.

Die Bundesrepublik war über Jahrzehnte ein Einwanderungsland, das darauf bestand, keines zu sein. Naiv glaubte man, die „Gastarbeiter“ würden einfach wieder gehen. Heute geben Sie der Integrationspolitik in Deutschland – schließlich haben Sie als Lehrer gearbeitet – eine 3+. Was ist passiert? Es ist unglaublich viel passiert. Allein das statistische Konstrukt „Migrationshintergrund“ führte dazu, dass sich die Zahl der Menschen, über die man spricht, über Nacht fast verdoppelte. Plötzlich hatte man statistisch diejenigen erfasst, die im Alltag „Ausländer“ genannt wurden, die aber zu großen Teilen deutsche Staatsbürger waren – wie ich auch. Das war etwa zur Jahrtausendwende. Daraufhin fängt man an, offen auszusprechen, dass man in einem Einwanderungsland lebt, und fast explosionsartig beginnt eine aktive Integrationspolitik. Öffentlich wahrnehmbar etwa über Integrationsgipfel, -beauftragte usw. Da war auch ein Teil Aktionismus dabei, seither ist aber deutlich messbar, dass Teilhabechancen für Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund in allen Bereichen deutlich steigen. Und wenn wir all diese Strukturen abklopfen, und dies exemplarisch ausschließlich auf den Aspekt Integration, ist es nicht mehr das gleiche Land. Die Gesetze, die Institutionen, die Professionen haben sich geändert. Selbst die Vordenker der offenen Gesellschaft konnten sich nicht vorstellen, dass sie sich in solcher Breite und Tiefe verwirklichen lässt. Sie schreiben, die „Wir sind kein Einwanderungsland“-Verweigerung habe den gleichen Effekt wie eine unkritische „Multikulti“-Position. Was meinen Sie damit? Das Entscheidende ist: Sieht man ein, dass Integration, eine Einwanderungsgesellschaft und eine offene Gesellschaft zu sein, unglaublich anstrengend ist? Die Begriffe sind fast synonym, zumindest sind die Schnittmengen größer als die Unterschiede. Alles hat mit Dy-

Aladin El-Mafaalani lehrt als Professor für Politikwissenschaft und Politische Soziologie an der Fachhochschule Münster.

namik, Chaos, Stress und Innovation zu tun, und auch diese Begriffe haben eine große Schnittmenge. Zu sagen, „Wir sind keine Einwanderungsgesellschaft, man muss nichts tun“, ist auf der Handlungsebene dasselbe wie zu sagen „Vielleicht sind wir’s, aber das ist einfach toll“. Beide Seiten gehen von den gleichen Annahmen aus: Wir müssen nichts tun, wir werden uns nicht verändern, und wenn alle sich Mühe geben, ist alles harmonisch. Ich würde sagen, diese drei Annahmen stimmen nicht. Man streitet sich nur mit Leuten, mit denen man am Tisch sitzt. Ja. Die erste Generation begnügt sich mit dem Katzentisch. Ihre Kinder sprechen deutsch und sind hier geboren, sie wollen ein Stück vom Kuchen. Die dritte Generation möchte mitbestellen und über die Tischregeln diskutieren – so wie alle anderen auch. Mehr Integration bedeutet mehr Teilhabe und damit mehr Konflikt – und das Land verändert sich. Die Frage „Gehört der Islam zu Deutschland oder nicht?“ etwa erzeugt erst Konflikte, seit sie gestellt wird. Je besser Muslime integriert sind, desto eher wollen sie, dass sie und ihre Religion ein Teil des Landes sind. Vor 20 Jahren wäre es verrückt gewesen, die Frage zu stellen. Muslime und Nichtmuslime hätten relativ einheitlich mit Nein geantwortet. Heute antworten etwa die Hälfte der Muslime und die Hälfte der Nichtmuslime in Deutschland mit Ja. Also gibt es Streit um Zugehörigkeiten, aber die Spaltung verläuft nicht zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, sondern zwischen denen, die dafür sind und denen dagegen. Sie sagen sogar, es wird mehr über Diskriminierungserfahrungen gesprochen, weil es immer weniger gibt. Das ist ja nur eine der Paradoxien von Integration: Wenn Ungleichbehandlung als Diskriminierung erlebt und thematisiert wird, ist Integration schon weit fortgeschritten. Wenn ein enorm wachsender Teil der Menschen mehr Teilhabe erlebt, entsteht ein Bewusstsein, das empirische Gleichberechtigung erwartet. Die erste Einwanderergeneration hatte keinen Anspruch auf volle Zugehörigkeit. Ihre besser integrierten Kinder

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INTERVIEW

werden besser behandelt, Diskriminierung nimmt aber nicht so schnell ab, wie die Erwartungen an Zugehörigkeit und gleiche Teilhabe steigen. So nehmen in der dritten Generation auch deshalb die Konflikte zu, weil mehr Diskriminierung erfahren wird. Sie kann man als Differenz zwischen Erwartungen und Realität beschreiben. Die Konflikte um Integration erleben jedoch viele als zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Es geht bergauf und jeder, der schon mal bergsteigen war, weiß: Das ist anstrengend – und die letzten hundert Meter sind die anstrengendsten. Man weiß nicht, wie weit der Gipfel ist und ob nicht noch ein höherer folgt. Für einige ist das zu viel und sie wollen zurück ins Tal. Andere wollen lange Pausen machen und das Ganze langsamer angehen. Das ist ganz normal. Wenn es den Anschein macht, als wäre unsere Gesellschaft gespalten, dann ist sie es im Hinblick auf Haltungen, denn mit Blick auf die gesellschaftliche Realität war sie noch nie so wenig gespalten wie heute. Zurzeit macht es den Eindruck, als wollte eine wachsende Zahl Menschen den Weg bergauf nicht mehr mitgehen. Es gibt eindeutig Menschen, Milieus, Ideologien, die damit nie klar kamen und nicht klar kommen werden. Die Gegenbewegung wächst im Augenblick überproportional, weil wir eine völlig verschobene, abseitige Diskussion über den Zustand unserer Gesellschaft haben. So wächst der Anteil an Menschen, die nicht sicher sind, ob die offene Gesellschaft das Richtige ist. Es ist der Grad an Offenheit, das Ausmaß der Teilhabechancen, der Erfolg, der die Gegner mobilisiert. Objektiv betrachtet gab es aus soziologischer und historischer Sicht bisher keine bessere Situation in Deutschland als die jetzige. In praktisch allen gesellschaftlichen Bereichen ist Deutschland so frei, so demokratisch, so offen für Teilhabe wie nie zuvor.

Derzeit wird unglücklicherweise vor allem über die Vergangenheit und rückwärtsgewandte Ideen geredet und unsere Gegenwart als schrecklich beschrieben. Wir sollten wahrnehmen, dass die Gegenwart relativ gut ist, und endlich über unsere Zukunft sprechen. Uns erwarten Herausforderungen, deren Lösungen nicht in der Gegenwart liegen und erst recht nicht in der Vergangenheit.

Wer sind denn die Gegner der offenen Gesellschaft? Es gibt zwei in Europa entwickelte Ideologien, die miteinander zusammenhängen: Nationalismus und Rassismus. Aus ihnen speist sich die Anfälligkeit für Schließungstendenzen. Hinzu kommt eine weitere große Schließungsbewegung: der fundamentalistische Islam. Er ist heterogen so wie auch die anderen Schließungsbewegungen. Nationalisten, Populisten und Islamisten würden es in einem Raum nicht miteinander aushalten, arbeiten aber an dem gleichen Projekt gegen die offene Gesellschaft. In dieser gibt es keine widerspruchsfreien Lösungen, die Schließungsbewegungen bieten aber genau das an. Wie im Rassismus und Nationalismus gibt es eine im Islam vorhandene Anfälligkeit, sich überlegen zu fühlen, die sich aus dem Glauben an die letzte, die vollkommene Überlieferung speist. Statt Überlegenheit erleben viele Muslime ihre Lebenssituation als prekär, ausgegrenzt, benachteiligt, und tendenziell stimmt das auch. Darauf gibt es zwei Reaktionen: Zweifel und in der Konsequenz die Abwendung von der Religion und andererseits die Erklärung: „Die Botschaft Gottes ist wahr, wir glauben nur nicht streng genug daran, wir sind benachteiligt, weil wir Gottes Wort nicht

Aladin El-Mafaalani Das Integrationsparadox. Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt Kiepenheuer und Witsch | 15 Euro Buchpremiere, Lesung und Gespräch: Samstag, 6. Oktober, 19.30 Uhr Theater Dortmund, Hitropwall

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ernst genug nehmen.“ Wir nehmen nur die zweite Variante wahr, sie ist eben auffälliger. Das andere Extrem, die Abwendung von der Religion, gibt es aber auch. Und dazwischen versuchen die meisten Muslime irgendwie zurechtzukommen. Eine ganz schwierige Situation. Aber sehr vergleichbar mit der Situation der Nichtmuslime: Wir haben Extreme und eine Mehrheit, die dazwischenliegt. Nochmal: Die Spaltung zwischen Befürwortern und Gegnern der offenen Gesellschaft verläuft nicht zwischen Muslimen und Nichtmuslimen oder zwischen Migranten und Nichtmigranten. Sie verläuft durch alle hindurch, auch durch alle Parteien. Was ist zu tun? Wir müssen kritischer gegenüber der Geschichte sein. Und wir müssen gesamtgesellschaftlich das Bewusstsein schärfen, dass die Konflikte, die wir am intensivsten diskutieren, Folge positiver Entwicklungen und ein gutes Zeichen sind. Solange das nicht stattfindet, ist Verunsicherung und die Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Vergangenheit nachvollziehbar. Die gab es aber nie. Die Herausforderungen der Zukunft sind so groß, dass wir uns ihnen endlich zuwenden sollten. Statt einer Leitkultur brauchen wir eine Streitkultur, mit der wir die Modalitäten unseres Zusammenlebens aushandeln. Denn die offene Gesellschaft ist nur die Arena, spielen müssen wir selbst.


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Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

BEIFUSS

Artemisia vulgaris

W

er geht baden? Der Mensch oder die Menschheit? Im Sommer der Rekorde, der die Folgen eines Klimawandels anschaulich vor Augen führte, dachte Hinz vielleicht ans Freibad, Kunz dagegen nicht. Dem war mulmig zumute. „Die Geisteshaltung vieler Zeitgenossen ist vom Bewusstsein der Vergänglichkeit der Welt geprägt, von Todesangst und Unsicherheit.“ REZEPT 500 g Beifuß-Blütenstände zerschneiden oder grob hacken. In 2 Litern Wasser zugedeckt über Nacht stehen lassen. Anschließend die Flüssigkeit abseihen und auffangen. Das Kraut gut ausdrücken; je nachdem wie trocken es ist, kann nahezu die Hälfte des Wassers von den Pflanzenteilen aufgesogen worden sein. Den verbliebenen Aufguss mit Zitronensaft oder, wenn man es süßer mag, trockenem Weißwein auf 1,5 Liter ergänzen. Den Gelee dann mit 1.000 g Gelierzucker (2 : 1) bereiten.

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Mit solchem Befund wäre also der Kunz ganz treffend skizziert. Wobei: Diese Charakteristik stammt im Wortlaut weder von mir noch bezieht sie sich auf ein Hier und Jetzt. Monika Küble, Kunsthistorikerin und Autorin aus Konstanz am Bodensee, beschreibt mittels zitiertem Satz die Mentalität der Menschen des Barock. Wobei Nummer zwei: Freilich kannten auch die eine andere Seite der Medaille; „memento mori“ konkurrierte immer schon mit „carpe diem“. Womöglich sogar bei den Kelten. Nämlich, so berichtet der griechische Geograph Strabon (63 v.Chr. bis 23 n.Chr.), hätten diese Angst, der Himmel könne ihnen auf den Kopf fallen, sie hätten es bei einem Gelage Alexander dem Großen gestanden. Besagte Redewendung, heute populär vor allem durch die Abenteuer der gallischen ComicHelden Asterix und Obelix, soll einigen (nicht unumstrittenen) Historikern zufolge ihren Ursprung in einem bronzezeitlichen Meteoriteneinschlag im bayerischen Chiemgau haben. Und jetzt kommt Bennu ins Spiel. Nicht nur „Bild“ und „Bunte“ rapportierten bereits den sogenannten „Killerasteroiden“, der am 25. September 2135 das Ende des Anthropozäns einläuten könnte. Angeblich denkt man bei der NASA darüber nach, wie der kosmische Brocken per Nuklear-Sprengsatz aus der Bahn zu werfen sei. Das Projekt unter dem Codenamen „Hammer“ erinnert sehr an den Bruce-Willis-

Film „Armageddon“ aus dem Jahr 1998. Bennu wurde am 11. September 1999 entdeckt. Was nun? Die Liebste – sie wäre nicht die Liebste, wäre sie nicht in der Lage, mich stets aufs Neue zu verblüffen – verblüfft mich mit der spontanen Aussage, dann könne man ja endlich damit aufhören, Archäologie und ähnlich öde Buddelei zu betreiben. Man solle stattdessen besser ins Freibad gehen. Es ist verdammt heiß an dem Tag, an dem wir erstmals von Bennu hören. Rechts und links am Weg zum Bad steht Beifuß. Bis 2135 ist noch Zeit, aber die Wildkräuterkolumne hat mit monatlichen Rezepten über den kargen Winter zu kommen. Kochen Sie den nebenstehenden würzigen Gelee, wenn Sie ihr dabei folgen möchten. Es lohnt sich.

Der Beifuß wird regional auch Besenkraut, Fliegenkraut, Gänsekraut, Jungfernkraut, Sonnenwendkraut, Weiberkraut, Wilder Wermut oder Wisch genannt. Die Pflanze kann pro Jahr bis zu 500.000 Früchte produzieren. Nach Plinius dem Älteren (24 bis 79 n.Chr.) sollen Wanderer, die „Artemisia“ bei sich tragen, auf der Reise nicht müde werden.


KULTUR

Zumindest an einer Stelle hat sich in den 110 Jahren, die das Gebäude des Bahnhofs Langendreer mittlerweile steht, im Prinzip nichts verändert: Im Wartesaal Erster Klasse bringen die Menschen heute immer noch auf äußerst angenehme Weise Lebenszeit rum. Das Endstation Kino zeigt dort seit 30 Jahren erstklassiges Filmprogramm. Von Max Florian Kühlem | Foto: Daniel Sadrowski

30 Jahre Erste Klasse „Als das Kino am 3. September 1988 eröffnete, war ich acht Jahre alt und ging in die zweite Klasse“, sagt Nina Selig, die die Institution heute gemeinsam mit Serbay Demir leitet. Die zweite Hälfte der Geschichte gestaltete sie jedoch mit: Nach ihrem Umzug nach Bochum im Frühjahr 2001 war das Endstation Kino der erste Kulturort, den sie in Bochum besuchte. Im Herbst fing sie dann schon als Aushilfe an. „Damals war der Job des Filmvorführens noch hochspezialisiert“, erinnert sie sich. „Nach der Digitalisierung, die bei uns 2012 kam, drückt man nur noch auf einen Knopf.“ Das hat Vor- und Nachteile: Heute kann man mit einem Knopfdruck auch auswählen, ob Filme in Originalsprache, mit oder ohne Untertitel laufen. Das kann mittlerweile jedes Kino – denn digitalisiert haben sie alle. Konnte sich das Endstation Kino also früher mit Originalversionen in einer Nische behaupten – die 35-MillimeterRollen kamen teilweise aus den USA –, gehört das heute zum Standardprogramm. „Früher bestand das Programm außerdem zu einem großen Teil aus Repertoire“, weiß Nina Selig. „Das funktioniert kaum noch: Wenn es für die Klassiker Rechte gibt, dann sind sie teuer. Und viele Leute schauen sie dann doch lieber Zuhause auf dem großen Flachbildfernseher.“ Nina Selig und Serbay Demir müssen also kreativ sein, um sich in der traditionell engen Kinolandschaft Bochums zu behaupten. „Als kleinster Fisch im Becken werden die Kollegen bei Filmstarts oft vorgezogen“, sagt Selig, „deshalb haben wir uns unter anderem auf Dokumentarfilme spezialisiert und machen Filmbildung.“ Im Endstation gibt es häufig Filmgespräche, viele Angebote richten sich explizit an Kinder und Jugendliche, und mit dem Endstation Club gibt es ein kostenloses Angebot für Menschen mit und ohne Fluchterfahrung. „Den Club

haben wir 2015 gestartet, als in der Nähe eine Erstaufnahmeeinrichtung mit 400 Menschen entstand. Die haben wir erstmal zu Kaffee und W-LAN eingeladen. Später hat sich daraus der Filmclub entwickelt.“ Da sich das kleine Kino nur zu einem Drittel über Eintrittspreise finanzieren kann, zapft das Leitungsduo mit solchen Projekten auch Sozial-, Interkultur- oder Bildungsfonds an. Und ein breites Netzwerk von Kooperationspartnern sorgt für Bekanntheit in der Stadt und Filmprogrammen an ungewöhnlichen Orten. Am 8. September sind alle Filmfans bei freiem Eintritt eingeladen, 30 Jahre Endstation Kino zu feiern. Um 15 Uhr beginnt das Programm mit der neuen „Jim Knopf “-Verfilmung, um 17 Uhr gibt es Kurzfilme, um 19 Uhr einen weiteren beliebten „Filmabend mit Max“ – diesmal mit Vorführung und Diskussion zu „King Kong und die weiße Frau“. Um 21 Uhr dürfen dann Weggefährten des Kinos Filmschnipsel und ihre Geschichte dazu präsentieren. Und die ganze Zeit gibt es lecker Essen.

endstation.kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108 44894 Bochum www.endstation-kino.de

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*Mitmachen und Karten gewinnen: Schicken Sie Ihren Wunschgewinn mit Name, Telefon,

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Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund. Teilnahmeschluss ist jeweils drei Tage vor der Veranstaltung. Bei mehreren Teilnehmern entscheidet das Los. Die Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich. Eine Weitergabe der Daten an Dritte erfolgt grundsätzlich nicht, mit Ausnahme an den jeweiligen Veranstalter (zum Beispiel, um Ihren Namen auf die Gästeliste zu setzen). Sie erhalten ca. einmal jährlich postalisch Informationen zu den Aktivitäten unseres Vereins. Dem Erhalt können Sie jederzeit widersprechen. Eine weitergehende Datenverarbeitung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Weitere Hinweise zum Datenschutz entnehmen Sie unserer Homepage unter www.bodoev.de.

Als Orlacs von ihm verhasster Vater tot aufgefunden wird, gerät der Pianist unter Mordverdacht. Musik von Interzone Perceptible. Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

SA 08 | 09 | 18 Stummfilm | Orlac’s Hände Dem Konzertpianisten Paul Orlac, der bei einem Zugunglück beide Hände verloren hatte, werden die Hände eines hingerichteten Mörders angenäht. Die geglückte Operation hat jedoch eine unvorhergesehene Begleiterscheinung: Orlac glaubt, mit den Händen des Mörders auch dessen tödlichen Vorlieben geerbt zu haben. Seltsame Zeichen und unheimliche Drohbriefe verstärken diese Befürchtungen. Anzeige

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Party | Herb & Mango Nach der Premiere im April nimmt euch die „Herb & Mango“ erneut mit auf eine Reise rund um den Globus: von den frischen Beats aus der Karibik über die treibenden Rhythmen Mittel- und Südamerikas bis hin auf die Tanzflächen des ehemaligen Ostblocks. Veranstaltet wird die Herb & Mango von den Bochumer DJs und Veranstaltern Kurtis Flow, Will:em und dem World Beat Club. Der WorldBeatClub – Tanzen und Helfen e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der wohltätige Arbeit und gemeinsame Freuden miteinander verknüpft. Ein Teil des Eintritts wird für einen wohltätigen Zweck gespendet. Rotunde, Bochum, 22.30 Uhr Party | NICE UP! #62 In gemütlicher Atmosphäre garantieren ein entspanntes Publikum und die Mischung aus Dancehall, Reggae, Old School Rap und World Beats beste Vibes. Am 8.9. versprühen die Jungs vom Blockbuster Soundsystem zusammen mit NasAIR echtes Jamaica-Feeling. Dazu verbinden sie die tanzbarsten Riddims und Tunes aus Dancehall, Reggae und Hip Hop zu einem zeitlosen und schweißtreibenden Mix, bis alles in Bewegung ist und der Euphoriepegel voll ausschlägt. Großmarktschänke, Dortmund, 23 Uhr

SO 09 | 09 | 18 Fest | 7. Sommerfest mit Flohmarkt Auch in diesem Jahr verbindet der Union Gewerbehof sein Sommerfest mit einem besonderen Rahmenprogramm: Die Urbanisten stellen ihre Aquaponic-Anlage vor, und die Biermacher des Vereins Brautum haben in ihrer Brauwerkstatt ein Indian Pale Ale mit Citra-Hopfen gebraut. Die Urbanistenmanufaktur lädt zur offenen Werkstatt für diejenigen ein, die sich selber Sachen mit Holz bauen wollen. Und über das gesamte Gelände verteilt wird es Trödel-, Kunsthandwerk- und

Informationsstände geben. Das Hofcafé versorgt die Gäste mit Speisen und Getränken. Union Gewerbehof, Dortmund, 11 – 16 Uhr

MO 10 | 09 | 18 Lesung | Ursula Maria Wartmann „Schwedische Verführung“ Marlene von Papenhaus, Pharmareferentin mit Hang zu Luxus und gutem Wein, hat damals an der Uni nur einen Kerl nicht rumgekriegt: Den „Roten Dieter“. Die 68er mit den verqualmten Kneipen, den Mao-Bibeln und linken Büchertischen sind schon gaaanz lange vorbei, da kriegt sie ihn im schwedischen Smaland erneut vor die Flinte. Marlene will es noch einmal wissen und bläst erneut zum Halali. Ursula Maria Wartmann (Hanna Holm) lebt nach langer Odyssee seit zehn Jahren in Dortmund. Regina Müller-Ehlbeck (Linda Lövgren) lebt in Hamburg und Schweden. Stadt- und Landesbibliothek, DO, 19.30 Uhr

MI 12 | 09 | 18 Kabarett | RuhrHOCHdeutsch: Horst Schroth – „Wenn Frauen immer weiter fragen“ ...Ist jetzt alles geklärt? Natürlich nicht! Denn wenn Frauen erst mal angefangen haben zu fragen, sind sie nicht mehr zu bremsen. Auf Horst Schroth sind im Laufe der Zeit so viele neue Fragen eingeprasselt, dass er sich jetzt zu einem Update für Fortgeschrittene gezwungen sieht. Denn Frauen lassen nun mal nicht locker, sie fragen, fragen und fragen. Die Männer sind zwar genervt, aber sie merken auch, dass genau diese Fragerei sie fit im Kopf hält. Spiegelzelt, Dortmund, 20 Uhr

DO 13 | 09 | 18 Vortrag | Das Ende des Bergbaus in Europa Zur Gemeinschaftsausstellung von Ruhr Museum und Deutschem Bergbaumuseum Bochum „Das Zeitalter der Kohle. Eine europäische Geschichte“ findet ab September eine Vortragsreihe statt. Dr. Michael Farrenkopf, Montan- und Technikhistoriker sowie Leiter des montan.dok am Deutschen Bergbaumuseum, spricht zum Bergbauende im


Mit dem Festival FAVORITEN kommt alle zwei Jahre eines der ältesten Theaterfestivals der freien Szene nach Dortmund. In den 80er Jahren gegründet, steht das Festival jedes Mal unter neuer Leitung und sucht sich temporäre Spielstätten.

Theaterfestival FAVORITEN

6. bis 16. September Dortmund und Bochum

In diesem Jahr sind es Orte, an denen Altes durch Neues ersetzt wurde – das Fabrikgelände, auf dem ein neuer Stadtteil entstehen soll, das alte Straßenbahndepot, das heute Ateliers, Kino, Theater und Gastronomie beheimatet, die frühere Kneipe, die jetzt angesagtes Kulturzentrum ist. Zum Programm gehören moderner Zirkus, Tanz, Performance, Installation und gar Oper, die Positionen beschäftigen sich mit der Frage nach der Verteilung von Eigentum, mit Identitäten und Grenzen, dem Wandel der Städte. Infos und Karten: www.favoriten-festival.de. (siehe auch Seite 4)

europäischen Vergleich. Welche Folgen hatten Ausstiege aus dem Steinkohlenbergbau in Wirtschaft und Gesellschaft? Eintritt frei. Deutsches Bergbau-Museum, BO, 19 Uhr Lesung | Patrick Salmen „Treffen sich zwei Träume – beide platzen“ Lesungen vom menschlichen Partyhütchen Patrick Salmen verkörpern Lebensbejahung pur. Sein aktuelles Buch vereint Geschichten, Ratgeberparodien und absurde Kurzdramen mit Beobachtungen über den modernen Stadtmenschen auf der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Selbstverwirklichung und Familiengründung, beruflichem Erfolg und Achtsamkeit sowie Lebensfreude und Selbstoptimierung. Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr

SA 15 | 09 | 18 Straßenfest | „44149 Platz der Vielfalt“ Am 15. September erklärt der Verein zur Förderung von Respekt, Toleranz und Verständigung in Dortmund-Dorstfeld den Wilhelmplatz zum „44149 Platz für Vielfalt“. Mit einem Programm mit Kinderdisco, Schülerbands, Poetry Slam und Promi-Talk wollen die Organisatoren bei dem Bürgerfest die Vielfalt des Stadtteils zeigen und auch klar machen, dass „kein Platz für Ausgrenzung ist“ in dem Stadtteil, der vor allem mit der dortigen Naziszene in Verbindung gebracht wird. Wilhelmplatz, Dortmund, 15 bis 22 Uhr. Fest | Sommerfest „Der Zeit entgegen“ Mit dem diesjährigen Thealozzifest endet die Sommerpause im Kulturhaus in BochumStahlhausen. Mit dabei sind das musikalische

Duo Bachmann & Hoelz, Thealozzis Kinder, Die Wende & Der Renneberg, Bochums dienstältestes Improtheater-Ensemble Die Hottenlotten mit ihrem amerikanischen Gast Doug Nunn aus Mendocino, Das Consortium, Die Unwilligen, Narrattak und diverse Überraschungsgäste. Eintritt frei. Thealozzi, Bochum, 16 Uhr Ausstellung | The Pink Floyd Exhibition: Their Mortal Remains Backstage bei Pink Floyd: Eine der erfolgreichsten Bands der Musikgeschichte lässt hinter die Kulissen ihrer über 50-jährigen Geschichte schauen. „The Pink Floyd Exhibition: Their Mortal Remains“ gewährt dabei seltene wie außergewöhnliche Einblicke. Nach London und Rom ist die Ruhrgebietsmetropole bis zum 10. Februar 2019 die erste und einzige Station in Deutschland. Die Erlebnisausstellung im Dortmunder U, die nicht nur Fans von Pink Floyd anspricht, blickt zurück auf mehr als fünf Jahrzehnte prägende Rockgeschichte. Infos: dortmunder-u.de Dortmunder U, Dortmund

po, Electronica und klassischer Musik eintauchen. Mit „Le Café Abstrait“ hat der Wahlhamburger das Chill-Out-Genre maßgeblich mitgeprägt. Bei „DJ&Space“ wird Marionneau zwei sechzigminütige Sets spielen. Planetarium, Bochum, 21 Uhr

SO 16 | 09 | 18 Ausstellung | Die Tüftelgenies Fahrrad, Trampolin, Auto, Jeans, Skateboard, Chips – das alles sind spannende Erfindungen. Von wem eigentlich? Und warum? Und was war die erste Erfindung der Welt? An vielen Erfindungen haben die Menschen lange überlegt, einige waren ein Missgeschick, andere Zufall. Manche Tüftelgenies brauchten dringend etwas, das es noch nicht gab, und hatten plötzlich einen Geistesblitz. Welche Ideen haben die BesucherInnen? Was möchten sie erfinden und wie könnte es funktionieren? Für Kinder ab 8 Jahren, Infos: www.dasa-dortmund.de DASA, Dortmund Kunst und Musik | The Moving Art Quartett „The Moving Art Quartett“ spielt zur Finissage der Ausstellung von Andreas Golinski: Anzeige

15.09.18 CARNE VALE! - Tanz-Performance im Rahmen von Favoriten 2018

22.09.18 DJELEM DJELEM - das Roma-Kulturfestival

27.09.18 Theater Dionysos: „zwischenRÄUME“

VERLOSUNG Klangsphäre DJ&SPACE: Raphaël Marionneau Die Reihe „DJ&SPACE“ präsentiert regelmäßig Größen der Club- und DJ-Szene unter der Sternenkuppel des Zeiss Planetariums in Bochum. Als ersten Termin nach der Sommerpause führt Raphaël Marionneau die Reihe am 15.9. fort. Seit Mitte der 90er Jahre lässt der gebürtige Franzose seine Hörer in einen Klangkosmos aus Ambient, Downtem-

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28.09.18 WE ROCK QUEEN - Das Tribute-Erlebnis

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KALENDER

„In den Tiefen der Erinnerung“, in einer Sonderführung. Das Quartett bewegt sich frei durch die Ausstellung und unterstreicht mit seiner Musik die dargebotene Kunst. Es gibt gemeinsame Momente und solistische Überraschungen innerhalb der Ausstellung. Die Musik atmet im Geiste von Jazz, Street Beat Music bis hin zu freier Improvisation. Kunstmuseum, Bochum, ganztägig

durch die Welt reist, ist unüberhörbar ein Teil seiner musikalischen Identität. Das letzte Album „Dark bird is home“ ist wohl das persönlichste und direkteste Werk von Kristian Matsson. Seine leicht kratzige Stimme und seine manchmal fast nostalgischen Texte begründen diesen besonderen Zauber in seiner Musik. Dabei ist die Akustik-Gitarre immer im Anschlag, die Melodien und Arrangements wirken kräftig und klassisch. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

Markt | Flowmarkt Den beliebten Flowmarkt mit ausgesuchten Designerstücken, Second Hand- und Vintageschätzen, subkulturellen und popkulturellen Trödelstücken, individuell Handgemachtem und Upcycling-Sachen von Kleidung über Kunst und Einrichtung bis hin zu Schnickschnack und Unausdenkbarem gibt es im September wieder in der Rotunde. Abgerundet wird der Tag mit Livemusik und DJ-Sets sowie Streetfood-Leckereien. Rotunde, Bochum, 11 – 18 Uhr

SA 22 | 09 | 18 Kunst und Kultur | 18. Dortmunder DEW21-Museumsnacht Shows, Konzerte, Ausstellungen, MitmachAktionen, Lesungen und vieles mehr – die DEW21-Museumsnacht feiert ihren 18. Geburtstag. Dortmunder Museen, Theater, Kirchen, Ateliers, das Polizeipräsidium, der WDR und viele weitere Institutionen öffnen ihre Türen, um gemeinsam mit Groß und Klein ein Kulturfestival der Superlative zu feiern. Mit dabei ist auch das weltweit größte Spektakel der Physik. Insgesamt 500 Einzelveranstaltungen an rund 50 Kulturorten laden zum Entdecken und Staunen ein. Verschiedene Orte, Dortmund, 16 – 2 Uhr

MI 19 | 09 – SO 23 | 09 | 18 Festival | Djelem Djelem 5. Dortmunder Roma-Kulturfestival „Djelem Djelem“ bringt Alteingesessene und Neuzugewanderte zusammen. Die vielfältigen Roma-Kulturen werden in Musik, Theater, Film und Tanz erlebbar gemacht, Diskussionen regen zum Meinungsaustausch an. Das Festival mit über 30 beteiligten Partnern setzt ein deutliches Zeichen gegen Vorurteile, gegen Antiziganismus und neu belebte Feindbilder. Es wirbt für ein unverkrampftes Miteinander und den kulturellen Austausch. Verschiedene Orte, Dortmund

Musik | Willi Thomczyk „Ich danke allen für Nichts“ Willi Thomczyk, Schauspieler, Clown, Musiker, Schriftsteller und Maler, war nie weg; nur weniger in der Öffentlichkeit. Das neue Bühnenprogramm ist eine rasante Zeitreise durch sein Leben. Auch John Lennon, Rio Reiser, Bukowski, Johnny Cash, Büchner und Beckett kommen zu Wort. Aber am meisten schöpft Thomczyk aus seinem eigenen Leben im Kohlenpott. Proletenblag, Messdiener, Schauspielschüler, Revoluzzer, Hippie... Aufstieg und Fall seines Egos. Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr Zaubershow | Matthias Rauch „Neues aus der Rauchzone“ Gerade noch quer durch die ganze Republik im Einsatz – jetzt wieder im Zauberkasten. Zauberkünstler Matthias Rauch – Deutscher Meister der Zauberkunst – präsentiert eine außergewöhnliche Mischung aus Zauberkunst und Komik. Er lässt Tische fliegen, zaubert Geld aus dem Nichts herbei, und seine Comedy-Acts strapazieren die Bauchmuskeln. Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

SO 23 | 09 | 18

Theater | Fight Club Beruflich entscheidet Jack, ob ein namhafter Autohersteller Rückrufaktionen durchführt. Du bist nicht das Auto, das du fährst. Zu Hause entscheidet Jack, welches Regal eines namhaften skandinavischen Möbelherstellers seine Persönlichkeit definiert. Du bist nicht das Geld auf deinem Konto. Privat entscheidet Jack, welche Selbsthilfegruppen todkranker Menschen er besucht, um sich besser zu fühlen. Du bist nicht deine Probleme. Alles ändert sich, als Jack die beiden rätselhaften Figuren Marla und Tyler kennenlernt... Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

FR 21 | 09 | 18 Musik | The Tallest Man On Earth Schweden, das Heimatland von Kristian Matsson, der als „The Tallest Man On Earth“

VERLOSUNG FZW Indie Night: Cassia, Pom Poko, Any Other, Great News Die FZW Indie Night stellt regelmäßig spannende IndieActs aus Europa vor. Cassia sind Rob Ellis, Lou Cotterill und Jacob Leff. In ihrer Musik verbinden sie große Musikalität mit Einflüssen aus der ganzen Welt. Sing-Song-Vocals unterlegt mit starken Grooves, hüpfenden Gitarren und außergewöhnlichen Riffs ergeben das geheimrezept der norwegischen Durchstarter

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„Aufregend anders – gemeinsam genial“ ist das Motto des Vereins gesamtkunstwerk. Konkret heißt das: Menschen mit und ohne Beeinträchtigung arbeiten an gemeinsamen Kulturprojekten – Musik, Tanz, Kunst, Theater. Seit Jahren gehört auch das Dortmunder inklusive Soundfestival, das einzige seiner Art im Ruhrgebiet, dazu.

6. Dortmunder inklusives Soundfestival – DiS 21. September bis 7. Oktober Dortmund und Bochum

Der Sound, der beim DiS im Zentrum steht, kommt bei den acht Veranstaltungen äußerst vielfältig daher: als Kinofilme, als Tanztheater und als Konzert. Während der Dortmunder Museumsnacht am 22. September gestaltet das DiS das Bühnenprogramm im domicil, am 1. Oktober laden das Festival und das sweetSixteen-Kino zum Filmabend. Unter dem Titel „Farbklang“ werden vom 28. September an Werke von acht KünstlerInnen in der Bochumer Musikschule ausgestellt. Und zum Finale feiert die Band „just fun“ ihr 20-jähriges Bestehen. Das Programm: www.dis-soundfestival.de.

Pom Poko. Schon bei Any Others erstem FZWBesuch 2016 überzeugte die junge Italienerin mit ihrem verträumten Indie-Rock. Great News aus Bergen sind sich bei der Beschreibung ihres Sounds einig: Daze-Pop. FZW, Dortmund, 18.30 Uhr Theater | After Life Thorsten Bihegue inszeniert mit den Mitgliedern des Sprechchors: „After Life“. Frei nach der Idee des gleichnamigen Films von Hirokazu Koreeda, begleitet der Sprechchor die ZuschauerInnen auf einem federleichten Gedankenweg zwischen Himmel und Erde. Studio des Schauspiels, Dortmund, 18.30 Uhr

MI 26 | 09 | 18 Theater | „Ich komme aus der Stadt des Jasmins.“ Freiheit und Schutz vor Krieg und Verfolgung, Erinnerungen, Heimweh und Sehnsucht – das sind die Themen, die AutorInnen im Exil dich-

terisch gestalten. Szenisch spannt die Gruppe „WortSinnWeisen“ den Bogen von Heine über Zweig bis ins 20. Jahrhundert. Verbunden mit Gedichten, Texten und Liedern, die von aus Syrien geflohenen MitbürgerInnen stammen und von ihnen vorgetragen werden. Eintritt frei – Spenden für die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum erwünscht. Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr

Musik | Konstantin Kersting Trio Das Konstantin Kersting Trio lädt zum Zuhören, Tanzen und Fingerschnipsen an den elektrischen Kamin. Das Trio rund um den Dortmunder Jazzklarinettisten Konstantin Kersting, begleitet von David Zeich (Gitarre) und Eric Richards (Kontrabass), orientiert sich am Mainstream-Jazz der 30er bis 50er Jahre, angefangen von Benny Goodman bis Django Rheinhardt. Es gibt Süßes für die Ohren, und es wird geswingt, bis die Wände wackeln. Eintritt frei. Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

FR 28 | 09 – SO 30 | 09 | 18 Markt | design unter hundert,Die Messe zeigt ein breites Spektrum ausgewählter Unikate und kleiner Serien. Das Angebot reicht von Foto-und Papierdesign über schöne Dinge aus Keramik oder Glas hin zu hippen Accessoires. Auch ausgefallene Mode, Schmuck, hochwertige Schuhe und Hüte werden von ihren Machern angeboten. Die schöne Tradition bei der design unter hundert,-: Kreative bieten mindestens drei Objekte an, die unter 100 € kosten. Maschinenhalle Friedlicher Nachbar, BO, Fr. 16 – 20 Uhr, Sa. 11 – 19 Uhr, So. 11 – 18 Uhr

SA 29 | 09 | 18

DO 27 | 09 | 18 Kabarett | Kai Magnus Sting – „Sonst noch was?“ Kai Magnus Sting macht seinem Unmut nach allen Regeln der Wortkunst Luft. Er versteht die Welt nicht mehr. Was im Umkehrschluss bedeutet: Die Welt versteht Herrn Sting auch nicht mehr. Sonst noch was? Immer auf die Lachmuskeln seines Publikums zielend, verzweifelt er meisterlich an den großen Kleinigkeiten seines absurden Alltags. Werkstadt, Witten, 20 Uhr

VERLOSUNG Osan Yaran – „Ostmane – Integration gelungen“ Hart und komisch, absurd bis hoffnungslos romantisch: Mit einer Riesenpackung Lebensfreude erzählt der „OssiTürke“ Geschichten aus den Schubladen, in die er regelmäßig gesteckt wird. Wenn es zum Streit kommt, ob Mohammad oder Jesus „der

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KALENDER „Vorhang auf! Bühne frei!“, heißt es Ende September am Schauspiel Dortmund – zum einen für das Programm der neuen Spielzeit, zum anderen für den 50. Geburtstag der Spielstätte des Schauspiels. 1968 wurde das Gebäude, in dem zuvor die Oper untergebracht war, als Schauspielhaus eröffnet.

Bessere“ ist, einigt man sich eben auf Batman. So ergibt sich das aus allen Welten: ein Ostmane. Osan Yaran hält seinem Publikum einen aberwitzigen Spiegel der Realität vor, um im nächsten Moment wieder unschuldig und spießbürgerlich vor ihm zu stehen. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

50 Jahre Schauspielhaus

VERLOSUNG Stille in feindseligen Intervallen Ein Experiment, ein Versuch, Unterhaltung, Spaß, ein Spiel. Schauspieler versuchen sich daran, „Gestörte“ zu spielen, und seien sie selbst noch so „ungestört“. Am Ende zeigt sich, wie wenig es bedarf, Unwissen als Wissen zu verkaufen, Schwachsinn als neuen Weg und gezielte Lügen als politische Mittel erfolgreich zu gestalten. Wir brechen die Problematik „Glauben, Wissen, Lüge und Wahrheit, Wahnsinn und Verschwörung“ herunter auf die Frage: „Wer ist hier eigentlich bekloppt?“. In einem fiktiven Raum versammeln wir Menschen – Schauspieler –, die psychische Macken aufweisen, die am Rande der Gesellschaft anders agieren als üblich. Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr

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23. September, 18 Uhr Schauspielhaus Hiltropwall 15 Dortmund

Außerdem gibt es tags zuvor schon einen Blick auf die neue Spielzeit. Im Rahmen der Dortmunder Museumsnacht zeigt das Dortmunder Ensemble um Kay Voges am 22. September, was es im kommenden Jahr vorhat (17 und 20 Uhr). Der Eintritt an beiden Tagen ist frei, Platzkarten gibt es an der Theaterkasse im Opernfoyer oder telefonisch unter 0231 – 502 72 22.

SO 30 | 09 | 18 Festival | Delinale „Gesellschaftlicher Wandel“ Nach dem Ausflug des Festivals auf die Dortmunder Messe Fair Friends kehrt die Delinale zurück ins Schauspielhaus Dortmund. Im Fokus stehen unter anderem gastronomische Trends wie Fine Dining, die Frage nach der

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Dieses Jubiläum wird am 23. September groß gefeiert. Einen Blick „zurück nach vorn“ kündigt das Ensemble an: „Mit dabei sind Altbekannte von vor und hinter dem Vorhang, Persönlichkeiten aus Kultur und Politik und das Ensemble des Schauspiel Dortmund.“

Halbwertzeit der kulinarischen Vorliebe für Regionales und Saisonales, ein Gespräch über die Vorzüge von Markthallen, Wochen- und Abendmärkten sowie die Premiere für Prêtà-Goûter, dem Catwalk für Feinkostprodukte, präsentiert von Kornhaus Naturkost. Schauspielhaus, Dortmund, 16 Uhr Musik | Glinka Trio Das Glinka Trio gründete sich im Sommer 2016. Das internationale Ensemble besteht aus Meriam Dercksen (Klarinette/Holland), Seif El Din Sherif (Klavier/Ägypten) und Peter Amann (Fagott/Deutschland), alle sind Mitglieder oder Aushilfen namhafter Orchester und haben sich während ihrer Studienzeit an der Hochschule für Musik und Tanz Köln kennengelernt. Dort hatten sie auch schon vor der Gründung des aktuellen Ensembles in anderen Besetzungen gemeinsam musiziert. Dr.-Carl-Dörken-Stiftung, Herdecke, 19 Uhr

DI 02 | 10 | 18 Mischmasch | Bierakademie Die Bierakademie geht in ihr neuntes Semester. Viele kreative Brauer haben sich in den vergangenen Jahren mit dem Potenzial des Hopfens befasst. Wilhelm Schoppmeier ist ein unermüdlicher Vorreiter auf einem weiteren Gebiet: In Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe macht er sich verdient um die Wiederbelebung historischer Braugetreide. Dass ihm dabei stets Biodiversität, Handwerkskunst und Geschmack wichtiger sind als Masse und Ertrag, hat seine Biere Friedensreiter „Hell“ und „Dunkel“ zu täglich gefeierten Standards in der Trinkhalle gemacht. Trinkhalle, Bochum, 19 Uhr


Film | Green Movies – „Die grüne Lüge“ An den ersten drei Dienstagen werden drei unterhaltsame wie nachdenkliche Filme aus den Bereichen Ökologie, nachhaltiges Leben und faires Handeln gezeigt. Am 2.10. startet die Filmreihe „Green Movies“ mit „Die Grüne Lüge“, einem Dokumentarfilm. Umweltschonende Elektroautos, nachhaltig produzierte Lebensmittel, faire Produktion: Wenn wir den Konzernen Glauben schenken, können wir mit Kaufentscheidungen die Welt retten. Aber das ist eine populäre und gefährliche Lüge. Gemeinsam mit der Greenwashing-Expertin Kathrin Hartmann zeigt Regisseur Werner Boote, wie wir uns dagegen wehren können. sweetSixteen-Kino, Dortmund, 19 Uhr

MI 03 | 10 | 18 Slam | FZW Poetry Slam Jan Philipp Zymny und Jason Bartsch laden ein, holen aus und moderieren locker aus der Hüfte. Hier kommt es zur kultischen Schinken-Abstimmung, und hier raunen sich die Moderatoren die Wertungen gegenseitig ins Ohr. Spätestens die riesige Leinwand von VJ Videominister und der spontane und wilde Soundtrack zur Show von DJ Jean-Jaques Plastique pumpen den Laden voll mit Niceness. Und mittendrin ein mundgemaltes Line Up aus Poetinnen und Poeten, GeschichtenerzählerInnen und Lichtgestalten im Zeichen des Wortsports. FZW, Dortmund, 20 Uhr

FR 05 | 10 | 18 Lesung | Metin Tolan „Die Star-Trek-Physik“ Wie genau nehmen es die Macher von „Star Trek“ eigentlich mit Physik und Technik? Erstaunlich genau! Schließlich rechnet Spock in Windeseile aus, dass genau 1.771.551 puschelige Tribbles in den Laderaum der Enterprise passen. Könnte sich das berühmteste Raumschiff der Filmgeschichte tatsächlich in der Nähe des Sterns Sigma Draconis befinden, und müssen wir uns vor dunkler Materie wirklich fürchten? In bewährter wie unterhaltsamer Manier analysiert Metin Tolan anhand vieler Filmszenen alle Mechanismen und Zahlen, mit denen die Sternenflotte zu tun hat. Stadt- und Landesbibliothek, DO, 19.30 Uhr

SA 06 | 10 | 18 Musik | Ólafur Arnalds Nach einer Vielzahl an Projekten kehrt Ólafur Arnalds nun mit einer völlig neuen LiveShow zurück: Begleitet von einem einzigartigen Streichquartett, einem Schlagwerker und Arnalds Spielplatz aus Pianos und Syn-

thesizern, präsentieren sie gemeinsam altes, gegenwärtiges und brandneues Material in einem unkonventionellen Sound-Gewand. Das Herzstück der Show ist eine von Ólafur Arnalds entworfene Algorithmus-Software, mit der sich zwei selbstspielende Pianos gleichzeitig steuern lassen. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

MO 08 | 10 | 18 Lesung | Heinz Strunk – „Das Teemännchen“ Heinz Strunks Geschichten knüpfen an die bekannte Strunk’sche Themenwelt an: Einsamkeit, Sexualnot, Körperverfall, Alkohol, Übergewicht. Sie sind aber anders geschrieben als Strunks vorherige Bücher: immer pointiert, aber oft nicht komisch, manchmal absonderlich, traumlogisch, düster, grotesk. In seinen Stücken verabreden sich zum Beispiel Kleinwagen zum Aufstand gegen den Menschen, erlebt Axl Rose von „Guns n’ Roses“ auf dem Hamburger Kiez eine Höllenfahrt, verwandelt sich eine Schönheitskönigin durch Arbeit in einem Schnellimbiss in eine alte Vettel. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

MI 10 | 10 | 18

VERLOSUNG Feierabend-Comedy Feierabend-Comedy ist die neue Stand-Up MixShow in der Werkstadt in Witten. Neben vielversprechenden Newcomern erwartet das Publikum etablierte Größen der Comedyszene. Gemixt wird der Comedy-Cocktail diesmal von Sertaç Mutlu, Der Storb, Amjad und Florian Simbeck. Sertaç Mutlu ist ein wahres Überraschungspaket. Er lässt das Publikum Menschen entdecken, die wir alle kennen. Schnell, laut, ungezähmt ist Radiomoderator und Comedian Der Storb. Amjad ist der erste Comedian mit palästinensischen Wurzeln. Und bei Florian Simbeck geht es um das Miteinander und das Drunter und Drüber. Werkstadt, Witten, 20 Uhr

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Musik | Monk 101 Generationen von Jazzmusikern haben sich mit Thelonious Monks Kompositionen auseinandergesetzt. Am 101. Geburtstag dieses epochalen Musikers soll nicht nur sein Werk in persönlichen Interpretationen Dortmunder Musiker gefeiert werden, sondern auch sein Leben in literarischen Darstellungen, nicht zuletzt in markanten Zitaten von ihm selbst. domicil, Dortmund, 20 Uhr

endstation.kino | Shut up and Play the Piano Chilly Gonzales ist preisgekrönter Komponist, Klaviervirtuose und Entertainer. Gonzales hat sowohl eine klassische Klavierausbildung als auch ein bodo Jazz-Studium genossen. verlost 1x2 Ans Klavier geht er aber Karten* mit der Haltung eines Rappers heran. Er stellt Rap und Elektronik ganz selbstverständlich neben Kammermusik und ist der unverschämte Pop-Performer, der ungebeten in Bademantel und Pantoffeln im Elfenbeinturm der Klassik abhängt. Als exzentrischer Musiker ist er Inspirationsquelle für so unterschiedliche Künstler wie Feist, Jarvis Cocker, Peaches, Daft Punk und Drake. Veränderung ist die einzige Konstante in Gonzales‘ künstlerischem Output. Jedes Mal, wenn sein Publikum glaubt, ihn durchschaut zu haben, vollzieht er einen radikalen Stilwechsel und bricht mit Erwartungen. Der Kino-Dokumentarfilm „Shut Up and Play the Piano“ folgt Gonzales von seiner Heimat Kanada in den Berliner Underground der späten Neunziger und über Paris in die Konzerthäuser der Gegenwart. Er taucht tief ein in Gonzales‘ Bühnenpersona, in der Selbstzweifel und Größenwahn zwei Seiten ein und derselben Medaille sind. Dabei spiegelt sich Gonzales‘ Verspieltheit als Künstler in der Machart des Films. „Shut Up and Play the Piano“ verbindet bislang unveröffentlichtes Material aus Gonzales‘ umfangreichem Video-Archiv mit neu gedrehten Interviews, Live-Konzerten und fiktionalen Szenen. Realität und Fiktion werden eins auf einem Trip durch Gonzales‘ Welt. Termine (OmU): 20. September um 20 Uhr, 21. – 23. September um 19 Uhr und 24. – 26. September um 20 Uhr endstation.kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, 44894 Bochum www.endstation-kino.de 29


BODO GEHT AUS

Das Pizzamobil parkt u.a. donnerstags und sonntags ab 17 Uhr an der Ecke Scharnhorststraße / Blumenstraße, 44147 Dortmund. Ohne Gewähr.

Adrianos Pizzamobil Streetfood, hipsterfrei

Ein Stuhl und ein Papierkorb auf dem Bürgersteig halten Platz. Vor dem Kiosk Ecke Scharnhorst- / Blumenstraße in der Dortmunder Nordstadt warten einige Leute. Sie kennen einander, Nachbarschaft. Adriano komme aber spät, hört man. Dass er bald kommt, hoffen auch wir. Dann biegt endlich das gelbe Pizzamobil um die Ecke. Stuhl und Korb werden beiseite geräumt. Adriano parkt ein, steigt aus und öffnet die Luke seines umgebauten DHL-Transporters. Kumpelige Begrüßung. Adriano gibt auch uns die Hand, kurze Erklärung. „Das wurde aber Zeit, dass jemand über Adriano schreibt“, meint einer. „Hey, jetzt wirst du berühmt“, ein anderer. „Hoffentlich kennst du uns dann noch.“ Es wird gelacht. Derweil bereitet der Pizzabäcker im Wagen das Pizzabacken vor. Das Interesse an seiner Person nimmt Adriano zögernd zur Kenntnis. Auf Werbung verzichtet er grundsätzlich. Zwar gibt es einen Facebook-Account, aber nicht einmal der verrät, wann er wo mit seinem Pizzamobil anzutreffen ist. Mundpropaganda reicht. Seine Kunden kennen seine Standorte. Gelegentlich verkauft er außer der Reihe auf einem Fest, die momentan angesagten, schwer designten StreetfoodHappenings sind seine Sache nicht.

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Von Wolfgang Kienast Fotos: Sebastian Sellhorst

Er ist viel länger dabei. Seit dreizehn Jahren verkauft er auf der Straße. Mit ihr und ihren Gesetzen kennt Adriano sich aus. Als Jugendlicher hat er dort gelebt, war längere Zeit obdachlos. Dann hatte er ein paarmal Glück, mit einem Job in einem Restaurant, später bei der Konzession für das Mobil, beim Kauf seines Steinofens. Ausreichend Geld für ein eigenes Lokal besaß er nie. Seine Herkunft hat er nicht vergessen. Ist wer in Not, gibt‘s auch mal eine Pizza geschenkt.

Die Einrichtung seines Wagens ließ er bei der Diakonie fertigen. „Soziales Engagement ist unglaublich wichtig“, sagt Adriano. Inzwischen ist es voll geworden vor der Luke. „Das hier ist ein echter Treffpunkt“, sagt er. „Viele haben sich erst durch mich kennengelernt.“ Sogar Liebespaare fanden sich, erfahren wir.


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Pizza mit Liebe

Einfach nah.

„Adriano, was macht eine gute Pizza aus?“ „Das weiß ich nicht.“ „Die Leute hier behaupten, du machst die beste Pizza der Stadt.“ „Das sagen sie?“ „Ja.“ „Dann frag doch die Leute.“ „Nein, wir fragen dich. Du bist schließlich der Pizzabäcker. Also, was macht deine Pizza so gut? Der Teig? Der Belag? Eine besondere Technik?“

Energie für eine ganze Region

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„Das ist doch Quatsch. Nichts von all dem.“ „Sondern?“ „Wirklich?“ „Wirklich!“ „Wisst ihr, alle kleinen und preiswerten Pizzerien kaufen im Grunde beim gleichen Großhändler. Das gleiche Mehl, die gleiche Hefe, die gleichen Zutaten zum Belegen. Anders geht das nämlich gar nicht. Wenn es tatsächlich einen Unterschied gibt, dann ist es die Liebe. Du musst das, was du tust, wirklich lieben. Dieses Pizzamobil ist mein Leben. So, jetzt ist es raus.“

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REPORTAGE

„Ich kann das eben einfach gut!“ Sozialarbeit und Biogemüse auf dem Werkhof Dortmund

Die Mitarbeiter ernten Bio-Gemüse für den Hof laden und den regionalen Lieferservice Abo-Kiste.

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Es ist heiß, obwohl der Tag noch nicht richtig begonnen hat. Viele Mitarbeiter der Werkhof-Gärtnerei in Dortmund-Grevel haben sich jetzt schon nasse Tücher um den Kopf gebunden. Sie sind Langzeitarbeitslose, junge Erwachsene ohne Abschluss oder schulmüde Jugendliche. Hier bekommen sie Arbeit und werden von Sozialpädagogen begleitet. Von Sophie Schädel Fotos: Daniel Sadrowski Das Leitungsteam des Werkhofs. „Die Leute merken, dass sie tatsächlich etwas Nützliches tun“, sagt Rita Breker-Kremer.

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ir bringen die Leute durch die Arbeit in Bewegung und holen sie raus aus dem Loch, in dem sie oft sind“, erklärt Rita Breker-Kremer. Sie leitet die Gärtnerei und verkörpert die Schnittstelle zwischen Bio-Gemüseanbau und sozialer Arbeit, denn die Sozialpädagogin ist auf einem Bauernhof im Münsterland aufgewachsen und hat eine Ausbildung zur Gärtnerin gemacht. „Ich habe Gärtnerhände“ sagt sie schmunzelnd und zeigt ihre schwieligen Handflächen. Rita sitzt gemeinsam mit den anderen Gärtnern unter dem Vordach der Gärtnerei, wo sich gerade Teams für die heutige Arbeit finden. Viele haben eine Lieblingsaufgabe: der Paprika-Prinz, die Kräuter-Hexe oder der AuberginenVerantwortliche. Rita erklärt: „Die Leute fangen hier mit einem sehr schlechten Selbstbild an. Mit der Zeit werden sie stabil, finden sich im Team ein und lernen, dass sie gut arbeiten können.“ „Die nächste Erdmischung will ich alleine machen“, schlägt Philipp selbstbewusst vor. Der 21-Jährige hat sich ein rotes Tuch in die halblangen, blonden Haare gebunden und arbeitet mit frei-

em Oberkörper auf dem Kohlfeld. Es ist die dritte Maßnahme, in die das Arbeitsamt ihn vermittelt hat. „Hier gefällt es mir am besten. Ich arbeite gerne im Freien“, sagt Philipp. „Aber am 31. Januar ist mein letzter Tag. Ich hoffe, ich kann verlängern.“

Keine Chance auf dem Arbeitsmarkt Wären alle gekommen, würden hier heute 40 Menschen arbeiten. Doch Zuverlässigkeit ist eine der Eigenschaften, die manche erst noch lernen müssen. Die meisten hier bringen Probleme mit: Sie haben keine Ausbildung, sind alkohol- oder drogenabhängig oder haben Schulden. „Viele unserer Leute haben Depressionen. Psychische Erkrankungen und Arbeitslosigkeit beeinflussen sich gegenseitig“, erklärt Markus Georg, der Standortleiter des Werkhofs. Er stapft mit Rita am Kohlfeld entlang und sieht zu, wie Philipps Team Netze zum Schutz vor Schädlingen über die Pflanzen zieht. „Wer keine Ausbildung hat, hat kaum eine Chance. Der Arbeitsmarkt schaut nur auf Zertifikate statt auf Arbeitser-

fahrung“, bemängelt Georg. „Unser Job ist es darum, Betriebe mühselig davon zu überzeugen, unsere Leute aufzunehmen. Wenn ein Bewerber nicht den Idealvorstellungen entspricht, muss eine Begleitung stattfinden. Wir wollen nicht in Leute investieren, die dann doch wieder keine Chance bekommen.“ Damit spielt er auch auf das von Arbeitsminister Hubertus Heil geplante Gesetz zum Sozialen Arbeitsmarkt an, das Langzeitarbeitslosen Perspektiven geben soll. Viele Punkte des Gesetzes stehen in der Kritik. „Das ist nicht durchdacht“, ärgert er sich. „Die Menschen brauchen Begleitung! Wer lange arbeitslos war, ist im Job überfordert. Über Jahre wurden ihre Überweisungen und Versicherungen fremdorganisiert. Allein schon anzurufen, um sich krank zu melden, schafft hier nur jeder Zweite. Normale Unternehmen würden da sofort kündigen.“ Der Werkhof hat seine Gärtnerei daran angepasst, dass hier alles Zeit braucht und Mitarbeiter bei manchem Unterstützung suchen. Simone, eine kleine 50-Jährige mit blonden Haaren, sät Salat. Von Hand lässt sie einzelne Saatkörnchen in die vorbereitete Erde rol-

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REPORTAGE

Verschiedene Sorten, verschiedene Menschen Der Werkhof vereint Sozialarbeit mit Demeter. Die Mitarbeiter produzieren Bio-Gemüse für den Hofladen und den regionalen Lieferservice Abo-Kiste. Außerdem bauen sie Jungpflanzen für den Verkauf an und züchten hier historische Sorten, um die Artenvielfalt zu erhalten. In einem Gewächshaus wachsen an einzelnen Sträuchern 70 verschiedene Tomatensorten, viele davon mit seltsamen Farben oder Formen. Das ganze Zelt duftet nach Tomaten. len. Für Menschen wie sie, die körperlich nicht mehr hart arbeiten können, sind diese kleinen, präzisen Handgriffe eine gute Alternative.

ich eine Ausbildung habe, finde ich einfach keinen Job. Ich würde gerne weiter hier arbeiten. Jeder hat hier etwas, das er am besten kann“, sagt sie.

„Hier hat jeder etwas, das er am besten kann.“

Was die Mitarbeiter im Werkhof über Gemüseanbau, Teamarbeit und Organisation gelernt haben, wird die Hälfte von ihnen danach in einem Job oder einer anderen Maßnahme einsetzen können, schätzt Georg. Der Rest habe weiterhin keine Chance auf dem Arbeitsmarkt.

Das Arbeitsamt hat Simone an den Werkhof vermittelt. „Früher war ich Köchin. Aber das schaffe ich körperlich einfach nicht mehr.“ Sie hat wegen eines Bandscheibenvorfalls keine große Hoffnung, nach dem Werkhof eine neue Stelle zu finden. „Hier arbeite ich nur sechs Stunden am Tag. Mehr schaffe ich nicht, aber solche Stellen gibt es draußen nicht.“ Draußen, das ist der freie Arbeitsmarkt. „Ich könnte mir Bio selbst nie leisten. Aber manchmal kann ich mir hier etwas mitnehmen. Meinen Kindern schmeckt sogar der Blumenkohl von hier“, sagt sie. Margarete ist 53 Jahre alt und sitzt Simone beim Salatsäen gegenüber. „Ich habe lang von Hartz IV gelebt. Obwohl

Einige bleiben aber auch dauerhaft hier. Michael hat 1990 hier angefangen und ist mittlerweile als Gärtner fest am Werkhof angestellt. Wegen verschiedener Erkrankungen kann er bestimmte Bewegungen nicht mehr ausführen. Traktorfahren klappt nicht mehr, die Feinmotorik funktioniert aber noch gut. Darum kniet Michael in einer grünen Latzhose zwischen zwei Reihen Porree und geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Unkraut jäten. „Ich kann das eben einfach gut“, sagt er und lacht.

„Wir wollen unabhängig sein von großen Saatgutfirmen“, erklärt Rita und steckt sich eine Tomate in den Mund. „Die verkaufen Hybridsorten, deren Samen man nicht zum Säen verwenden kann. Darum müssen die Bauern jedes Jahr teures neues Saatgut kaufen.“ Dass hier nicht nur genormte ertragreiche Sorten angebaut werden, hat für Rita Symbolcharakter: „Hier bekommen alle eine Chance, auch die Besonderen. Das wird hier nie angesprochen, aber ich glaube, das Bild überträgt sich auch auf unsere Mitarbeiter.“ Die Sorten, die hier wachsen, will sie nach und nach weitergeben, um die vielfältigen Pflanzen zu verteilen. Wer hier arbeitet, soll sehen, dass die Arbeit einen Sinn hat. „Die Leute merken, ob sie in ihrer Maßnahme mehrmals dieselbe Wand streichen, oder ob sie tatsächlich etwas Nützliches tun“, sagt Rita. „Diese Tomaten haben sie im März gepflanzt, und jetzt können sie sie ernten.“

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SOZIALES

Am Abend des 4. Juli rückte die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime – das pfiffige Akronym: ZAC – in Dortmund an, ihr Ziel: das Kulturzentrum „Langer August“ in der Nordstadt. Ein Cyberverbrechen soll hier passiert sein. So durchsuchten Landeskriminalamt und Dortmunder Polizei das ganze Haus – womöglich rechtswidrig. Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Sebastian Sellhorst

Rechtsfreie Räume? Seit fast 40 Jahren gibt es den „Langen August“. Er beherbergt Initiativen wie das Lesben- und Schwulenzentrum KCR, Friedensaktivisten, die Ortsgruppe des Chaos Computer Club. Auch der Wissenschaftsladen hat hier Räume, er betreibt unter anderem das Projekt „free“, das sich für freie Netzkommunikation einsetzt. „free“ stellt auch anderen Projekten Serverplätze zur Verfügung – zum Beispiel dem Projekt „systemausfall. org“. Auf dessen Server soll im Juni brisantes Material hochgeladen worden sein: Mitarbeiterlisten eines Unternehmens, das an der Planung von Atomkraftwerken beteiligt ist, Unterlagen mehrerer französischer Gefängnisse, eines AKW, des Straßenbahnnetzes von Barcelona, mutmaßlich hochgeladen von französischen Atomkraftgegnern. Das Strafgesetzbuch sagt dazu Ausspähen (§202) und Veränderung von Daten (§303). Also durchsuchten bewaffnete Polizisten des Landeskriminalamtes, und auch Dortmunder Kollegen, das gesamte Kulturzentrum; obwohl ihr Beschluss lediglich für die Räume des Wissenschaftsladens galt. Neben dem gesuchten Server nahmen sie nach Angaben der Betroffenen drei weitere Server und Akten mit, außerdem Notebooks, Speichermedien, ein Smartphone, Plakate und Flyer, die an anderen Stellen gefunden wurden. Personen, die bei der Ankunft der Polizei im Haus waren, soll anwaltlicher Beistand

verweigert, AnwältInnen der Zugang verwehrt worden sein. Der Einsatzleiter verweigerte Journalisten vor Ort jede Auskunft. Das Vorgehen, drei Tage vor einer Großdemonstration gegen das neue NRW-Polizeigesetz, ruft Kritik hervor. „Vollkommen unverhältnismäßig“ nennt sie der hiesige Chaos Computer Club „Chaostreff“ auf seiner Webseite, „rechtswidrig“ der Verein „Langer August“. Er hat nun Klage erhoben, denn die „Beamten haben auch ersichtlich nicht auf der Grundlage des Durchsuchungsbeschlusses gehandelt.“ Eine Anfrage der Grünen im NRWLandtag blieb bis Ende August unbeantwortet.

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BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Enttäuschte Liebe Can Merey war lange Türkei-Korrespondent der Deutschen Presseagentur, im Juli hat er die Leitung des Washingtoner Büros übernommen. In „Der ewige Gast“ erzählt er die Geschichte seines Vaters Tosun, der Ende der 1950er Jahre aus Istanbul zum Studieren nach Deutschland kommt. Er heiratet eine Bayerin und wird mit deutschem Freundeskreis und einer Vorliebe für Schweinebraten und Weißbier so etwas wie ein Musterdeutscher. Nur, dass es in Deutschland so einfach nicht ist. Anders als Tosuns Schwester, die nach der Auswanderung in die USA einfach und vollständig USAmerikanerin wird, bewegen sich die Zuwanderer in die alte Bundesrepublik im Niemandsland der Zugehörigkeiten: Hier „Mitbürger mit Verfallsdatum“, in der alten Heimat Almancılar, „Deutschländer“ – bis Erdoğan kommt und sich des tief gekränkten Stolzes der Deutschtürken annimmt. Auch Tosun, der kluge, weltgewandte Migrant, hat im hohen Alter den Versuch aufgegeben, als Deutscher anerkannt zu werden und wird zum Erdoğan-Versteher. „Der ewige Gast“ ist ein bewegendes Porträt, eine bittere Bilanz deutscher Integrationsgeschichte, der wohl substantiellste Beitrag zur Özil-Debatte und eine kluge Analyse zur Gegenwart der deutsch-türkischen Eiszeit und ihrer Folgen für das Zusammenleben in Deutschland. Can Merey | Der ewige Gast. Wie mein türkischer Vater versuchte, Deutscher zu werden ISBN: 978-3-89667-605-4 Blessing | 17 Euro 36

Warum bist Du arm? Vielleicht ist William Vollmann ein bisschen verrückt. Verschroben zumindest. Und ein manischer Schreiber, der stückchenweise ins Deutsche übersetzt wird. Er schreibt über Prostitution und Fukushima, über Obdachlose und Klimawandel – oder mal eine 3.000-SeitenCollage über Gewalt („Rising Up and Rising Down“). Der Una-Bomber ist er nicht, auch wenn ihn das FBI zwischenzeitlich im Verdacht hatte. Vollmann ist einer, der sich der Welt aussetzt. Kein Soziologe, auch wenn er so klingen kann, kein Porträtmaler, einer, der sich hineinwirft. Verletzlich, distanzlos, unverantwortlich – und, weil das eben auch so ist, manchmal ratlos. Er trifft in Thailand Sunnee, die putzen geht und zu viel trinkt, in Russland die bettelnde Natalia, die Epileptikerin ist, und in Kyoto die Obdachlosen Kleiner Berg und Großer Berg. Er befragt Fischer im Jemen, Prostituierte in Kenia – und die Leute, die auf dem Parkplatz vor seinem Haus in Sacramento leben. (Knapp hundert Fotoseiten mit Porträts sind dem Text angehängt.) Von allen will er wissen: Warum bist du arm? Eine eigensinnige Annäherung an die Erklärungen, Begründungen, Rationalisierungen oft kaum auszuhaltender Ungleichheit. William T. Vollmann Arme Leute. Reportagen ISBN: 978-3-518-07361-2 Suhrkamp | ca. 22 Euro

Småland-Eskalationen Ob der Rote Dieter damals wirklich eine so gute Partie war, kann Marlene gar nicht sagen, jedenfalls war er der Einzige, der sie hat abblitzen lassen. Und das mitten im Schlachtengetümmel der sexuellen Revolution, sozusagen. Jahrzehnte später sieht sie, Pharmareferentin, angekommen, rotweinaffin, eine späte zweite Chance. Denn Dieters Ehe mit Gerlinde, die damals schon „unpolitisches Mäuschen mit leider nur mittlerer Tendenz zur Aufmüpfigkeit“ war, läuft auch im schwedischen Småland nicht so – Routinen, Spleens und Herzprobleme, wie das so ist. Die freundlichen Pseudonyme und das Schwedenidyll auf dem Titel täuschen: Die Dortmunder Schriftstellerin Ursula Maria Wartmann – im vergangenen Jahr von der Autorinnenvereinigung als Autorin des Jahres ausgezeichnet – hat mit der in Schweden und Hamburg lebenden Autorin Regina Müller-Ehlbeck eine atemlose, stellenweise richtig durchgeknallte Burleske um gottesfürchtige Freikirchler, angetrunkene Elchjäger, hessisch-syrische Dorfladen-Betreiber und vor allem um sexuell bewegte SpätAchtundsechziger geschrieben. Am Ende ist das ganze Dorf aufgemischt und eigentlich alles aus den Fugen – auch eine Art Happy End. Hanna Holm, Linda Lövgren Schwedische Verführung ISBN 978-3-7450-8638-6 Epubli | 12,90 Euro


Eine Frage, Herr Quittek:

Was ist los mit den Kastanien?

Thomas Quittek vom Bund für Umwelt und Naturschutz

Den Kastanien im Ruhrgebiet geht es nicht gut. Viele Bäume sind von bakteriellem Rosskastaniensterben, ausgelöst durch ein Bakterium namens Pseudomonas syringae, befallen. In Dortmund gibt es 2.275 bedrohte Stadtkastanien im öffentlichen Raum, alleine 560 davon im Bereich des Wallrings. 80 Prozent dieser Bäume mussten bereits oder müssen aufgrund der Erkrankungen gefällt werden. Betroffene Bäume erkennt man an gelben Blättern und an großflächig abplatzender Rinde am Stamm. Beim Rosskastaniensterben handelt es sich um eine sogenannte Komplexkrankheit. „Das Bakterium selbst richtet keinen großen Schaden an. Gefährlich sind die Pilze, welche durch das Bakterium abgeplatzte Rinde als Eintrittspforte nutzen“, so Thomas Quittek vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Diese Pilze zerstören die Bäume von innen, durchtrennen Leitbahnen, durch die Flüssigkeit und Nährstoffe transportiert werden, und lassen das Holz aufreißen. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung sterben Teile der Krone ab, da der Stamm sie nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Wasser versorgen kann. Das Bakterium wurde erstmals 2007 in Hamburg beobachtet. Von da hat sich die Erkrankung im Nordwesten Deutschlands ausgebreitet. Mittlerweile gehen Wissenschaftler

von einer Besiedelung in ganz Deutschland und Teilen Mitteleuropas aus. Gerade an viel befahrenen Straßen sind die erkrankten Bäume dann durch herabfallende Äste ein Risiko. In vielen Fällen müssen die Bäume zur Verkehrssicherheit gefällt werden. Sie direkt zu ersetzen, ist schwierig, denn die Forscher

In Dortmund gibt es 2.275 bedrohte Kastanien im öffentlichen Raum, alleine 560 davon im Bereich des Wallrings. gehen davon aus, dass das Bakterium über die Luft oder das Regenwasser übertragen werden kann. Neue Bäume würden sofort wieder infiziert. „Eine Behandlungsmethode gegen die Erkrankungen gibt es nicht, lediglich eine prophylaktische Stärkung der Pflanzen durch eine gute Wasser- und Nährstoffversorgung sowie ausreichend große Baumscheiben kann dabei helfen, die Bäume vor der Krankheit zu schützen“, so Quittek. In Dortmund sollen stattdessen in der bevorstehenden Pflanzperiode „Zukunftsbäume“ gepflanzt werden, die möglichst resistent gegen den Erreger sind. Den Dortmunder Wall werden dann Trauben- und Säuleneichen schmücken.

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INTERVIEW SOZIALES

Zwangsgeräumt

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650 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr in Dortmund zwangsgeräumt. Obwohl es Konzepte gibt, um den Verlust der eigenen Wohnung zu verhindern, fallen Menschen durch das soziale Netz. Auf einem Wohnungsmarkt, auf dem für Menschen mit wenig Geld immer weniger Platz ist und der sich zunehmend anspannt, wird das zum Problem. Eine Geschichte. Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Sebastian Sellhorst

Von außen kann Gordon seine Wohnung noch sehen. Er hat im Erdgeschoss gewohnt, in einer ruhigen Straße in einer alten Zechenhaussiedlung im Dortmunder Stadtteil Nette. Seine Mutter wohnt mit ihrem Mann und den drei Kindern gleich obendrüber. Aus einer Seite ging der Blick auf die ruhige Straße, knapp zehn Gehminuten vom S-Bahnhof entfernt, von der anderen hinaus in die Gärten der Hausbewohner. Gordon hat keine eigene Wohnung mehr. Mit über 40 musste er wieder bei seiner Mutter einziehen, weil der Vermieter ihn räumen ließ. Jetzt sitzen sie im Garten hinter dem Haus, Gordon, seine Mutter, ihr Ehemann. Das Vordach der Gartenlaube schützt gegen die sommerliche Hitze. Am anderen Ende des Gartens steht noch eine kleine Hütte, vollgestellt mit Umzugskisten. „Die haben wir vor der Räumung schnell noch aufgebaut”, erzählt Gordons Mutter. Wohnzimmerstühle, Tisch, Kleinkram sind in einem Zelt in der Mitte der Parzelle. Ein ganzer Haushalt, gestapelt im Garten. Gordon, 41 Jahre alt, wohnt seit 18 Jahren hier, die Mutter mit ihrem Mann und drei weiteren Kindern ein Stockwerk höher. Gordon ist chronisch krank, hat Schuppenflechte und eine Stoffwechselstörung. Wenn ein Schub kommt, fällt das Laufen schwer, Einkaufen, die Wohnung putzen, Kochen auch. Da ist es gut, die Familie in der Nähe zu haben.

„Wenn es schlimm war, bin ich einfach nach oben gegangen“, erzählt er. Gordon bekommt Sozialleistungen, auch die Miete wird vom Jobcenter übernommen. Und das, so schildert der schmale Mann mit der Schirmmütze, habe über die Jahre Mieterhöhungen und Nachforderungen nicht bezahlt. „Mal fehlten 20 Euro, mal 30, mal 40.“ Das Jobcenter habe fehlende Nachweise beklagt – „aber so manchen Zettel haben die viermal von uns bekommen“, ergänzt seine Mutter. Sie unterstützt ihren Sohn, wo sie kann. Ihren Namen möchte sie nicht genannt wissen, den jüngeren Kindern ist es lieber so. Und irgendwann habe es dem Vermieter, der Wohnungsgesellschaft Vonovia, gereicht. Im November kam der Brief, aus dem er erfuhr, dass eine Räumungsklage gegen ihn läuft.

650-mal geräumt Mit seiner Situation ist Gordon nicht allein. Mehr als 800-mal wurde in Dortmund im vergangenen Jahr die Räumung einer Wohnung angedroht, 653 Wohnungen wurden geräumt, im Durchschnitt fast zwei pro Tag. In diesem Jahr sind bisher rund 500 Räumungstermine angesetzt, 270 Haushalte, Stand Anfang August, wurden bereits zwangsgeräumt, teilt die städtische Pressestelle mit. Eigentlich soll es so weit gar nicht kommen. Seit 2007 hat die Stadt ein „Konzept zur Verhinderung drohender und

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SOZIALES

Oben: Notunterkunft für einen Hausstand. Familie und Freunde halfen, Möbel, Kleidung und Bücher in Kisten zu verpacken und in eine Hütte sowie ein Zelt im Garten zu räumen.

Beseitigung bestehender Wohnungslosigkeit“, das dem Sozialamt die Möglichkeit gibt, vom Verlust der Wohnung bedrohte Menschen zu unterstützen. Das kann die Übernahme von Mietschulden sein oder die Vermittlung zwischen Mietern und Vermietern. Gespräche mit dem Sozialamt oder aufsuchende Hilfen, so die Pressestelle, gehören ebenfalls dazu. Und auch, wenn die Wohnung nicht mehr gehalten werden kann, kann das Sozialamt helfen, die Kaution für eine neue Wohnung übernehmen oder für MieterInnen bürgen oder eine Unterkunft besorgen. Kommunen sind ordnungsrechtlich zur Unterbringung verpflichtet. Wahrscheinlich ist Gordons Geschichte keine vergleichbare. Und sie hinterlässt Fragen. Warum ein Wohnungskonzern wie Vonovia jahrelang akzeptiert hat, dass die Mietrückstände immer größer wurden. Warum das Jobcenter scheinbar jahrelang Beträge nicht überwiesen hat, obwohl, so beteuern Gordon und seine Mutter, sie alle Unterlagen eingereicht haben, wenn auch manchmal zu spät. Vieles, was Mutter und Sohn erzählen, haben sie nur aus persönlichen und Telefongesprächen, aber nicht schriftlich. Vielleicht ist seine Geschichte aber gerade deshalb eine typische. Denn wenn jemand die eigene Wohnung verliert, hat das eine lange Vorgeschichte. Eine Trennung, eine Suchterkrankung, ein Arbeitsunfall, ein Ereignis, das einen aus der Bahn wirft. Der Verlust des Jobs, weil man

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nicht mehr klarkommt. Oder einfach, weil der Arbeitgeber dicht macht und man nichts Neues findet. Die Gratwanderung, in einem schlechtbezahlten Job gerade genug zu verdienen, bis die Mieterhöhung kommt. Angst vor dem Stigma der Sozialleistungen. Oder, wie bei Gordon, das Scheitern an komplexer Bürokratie. Es scheint auch eine Menge schiefgelaufen zu sein. „Als im November die Räumung angekündigt wurde, sind wir gleich zur Abteilung Wohnraumsicherung im Sozialamt gegangen. Die Sachbearbeiterin hat beim Jobcenter veranlasst, dass die Zahlungen sofort wieder aufgenommen werden. Ende November waren alle Mietschulden getilgt“, erzählt die Mutter. Danach, dachten sie, sei es erledigt gewesen. War es aber nicht. Denn tatsächlich seien mehrere Monatsmieten weiter offengeblieben. Briefe, die das Gericht und Vonovia ihm geschickt hätten, seien nicht angekommen, sagt Gordon. Aber während dieser Zeit sei bei ihm auch mehrmals Post weggekommen. Was stimmt, weiß keiner. Der Brief im Juni kam allerdings an. In dem stand der Räumungstermin, ein Montag Anfang Juli. Zu spät, um die Räumung noch abzuwenden. Der Vermieter habe ihn nicht mehr haben wollen, habe ihm die Sachbearbeiterin gesagt. Eine neue Wohnung habe ihm die Stadt nicht angeboten, eine Unterkunft, die seine Krankheit berücksichtigt, auch nicht. Nur die Notunterkunft für Männer in der Adlerstraße. Knapp 90 Betten in


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38 Prozent mehr in zehn Jahren Vor Jahren hätte sich Gordon vielleicht einfach eine neue Wohnung suchen können. Der Markt war entspannt, die Mieten waren niedrig. Das hat sich grundlegend geändert. Und auch wenn die Ruhrgebietsstädte nicht mit Köln, Münster, Berlin oder München vergleichbar sind, haben auch hier die Mieten in den vergangenen Jahren kräftig angezogen. Das Forschungsinstitut empirica hat ermittelt, dass man in Dortmund heute 38 Prozent mehr Miete zahlt als noch 2008. Die Stadt gehört zu den Spitzenreitern in NRW in Sachen Preisanstieg. Der Druck hat längst auch Normalverdiener erfasst, zuerst spüren ihn aber diejenigen, die auf das untere Preissegment angewiesen sind. Der Bund pumpt derzeit jährlich 1,5 Milliarden Euro in die Wohnraumförderung, trotzdem geht die Zahl der Sozialwohnungen bundesweit kontinuierlich zurück, um 46.000 allein 2017. Die marktübliche Miete können sich viele Geringverdiener und Leistungsbezieher schlicht nicht leisten. Und das erhöht das Risiko der Wohnungslosigkeit – gerade in einer Region, wo die Arbeitslosigkeit bei zehn Prozent liegt und Menschen überdurchschnittlich von Armut bedroht sind. Wer in solchen Zeiten

seine Wohnung verliere, müsse damit rechnen, unter Umständen über Jahre ohne eine eigene Wohnung zu sein, warnt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe BAG W. Die Notunterkunft konnte Gordon abwenden, immerhin. Aber die letzten Wochen haben ihm zugesetzt, das ist sichtbar. Er hatte wieder einen Schub, im Moment geht das Laufen nur langsam. An den Tagen vor der Räumung haben Familie und Freunde geholfen, Möbel, Kleidung, Bücher, den Computer in Kisten zu verpacken, sauberzumachen, die Fenster zu putzen, Hütte und Zelt im Garten aufzustellen und darin erst einmal alles zu verstauen. Er ist ein Stockwerk höher gezogen. „Ich kann ja nicht zusehen, wie mein Kind auf der Straße landet“, sagt seine Mutter. Also sind sie zusammengerückt, leben jetzt zu sechst auf 86 Quadratmetern. Eine Dauerlösung ist das nicht. „Klar will ich auch wieder eine eigene Wohnung“, sagt Gordon. Wann das soweit sein wird, kann im Moment wohl niemand sagen. Zusammen mit den ausstehenden Mieten und Renovierungskosten fordert die Wohnungsgesellschaft rund 3.000 Euro. Bis die beglichen sind, wird es dauern. Was er sich jetzt wünscht: dass erstmal Ruhe einkehrt. „Weil Ruhe einkehren muss.“

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KULTUR

Dagegenhalten Thomas Zighan macht selber. Als Inhaber der Upcycling-Manufaktur „Tanz auf Ruinen“ fertigt und verkauft er Gebrauchsgegenstände, Kunsthandwerk und Schmuck aus Resten der Wohlstandsgesellschaft. Fast nebenher betreibt er ein Plattenlabel gleichen Namens, das am 22. September zum „Labelfest“ nach Dortmund lädt. Ein Gespräch über „Do it yourself “, Kultur in der Nische und den rechten Zeitgeist. Von Bastian Pütter | Foto: Daniel Sadrowski

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„Ich mach‘ das, weil ich gerade Zeit hab‘, weil ich kann, weil ich Bock hab‘ und weil ich’s wichtig finde“, umreißt Zighan knapp die Motivation für ein Musikfestival in drei Locations am Dortmunder Hafen – subrosa, Rekorder und Black Pigeon –, bei dem es um alles geht, aber nicht ums Geldverdienen. „Ich habe früher selbst in Bands gespielt, seit ich selbstständig bin, hab‘ ich dafür keine Zeit mehr – seltsamerweise aber dafür, nebenbei ein Plattenlabel zu führen“, lacht Thomas Zighan. „Am Anfang habe ich Platten von Leuten verlegt, die ich kannte. Dann bin ich mit denen auf Tour gefahren und habe neue kennengelernt.“

Tanz auf Ruinen

Herausgekommen ist eine wilde musikalische Mischung von Singer/Songwritern wie Captain‘s Diary aus Bochum über Rap-KünstlerInnen wie Schlakks aus Dortmund und Lena Stoehrfaktor aus Berlin bis zu Screamound Blackmetal-Bands wie ZilpZalp aus Dortmund oder Oaken Heart aus Leipzig. „Was mich immer gestört hat an den zum Teil sehr spezialisierten Musikszenen, ist das Kochen im eigenen Saft. Bei uns kommen Leute aus sehr entlegenen Szenen zusammen – und ins Gespräch, und darum geht es ja auch.“

Für seine „Nischenbands zwischen den Stühlen“ gibt es jedoch schon ein einigendes Band: „Was sie vereint, ist nicht die Musik, sondern die Haltung. Jede Band setzt auf ihre eigene Weise, in ihrer Musik oder zu Hause in ihren Städten dem ,Wir gegen die‘, der Idee der Abschottung, den rechten Ideologien Rassismus, Sexismus und Homophobie etwas entgegen.“ Das sei nötiger denn je: „Der Zeitgeist wandert gerade auf eine Art und Weise nach rechts, dass selbst demokratische Grundpositionen infrage gestellt werden. Wenn wir uns eine Debatte über Seenotrettung oder Sterbenlassen aufzwingen lassen, ist das echt absurd. Die Aufgabe von Kultur in allen Schattierungen ist es meiner Meinung nach, dagegenzuhalten.“ „Es ist doch nicht mal linkes Denken verlangt, eigentlich nur gesunder Menschenverstand“, zitiert Thomas Zighan grinsend seinen Labelkünstler Schlakks. „Dazu braucht es die Erfahrung von Begegnung und Austausch und der Bereicherung, die das bedeutet. Ich würde sagen, dass ich darüber zu so etwas wie politischem Bewusstsein gekommen bin – über Bands, die etwas zu sagen hatten und die Orte, an denen man danach mit anderen Leuten diskutierte.“

Labelfest 22. September, ab 17 Uhr 10 Bands auf drei Bühnen im Black Pigeon, Rekorder, subrosa VVK 10 Euro | www.tanzaufruinen.de

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LESERPOST & MEINUNGEN

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Ein Nachruf von bodo-Leserin Tina

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Peter und Amy Hallo Frau Gehrhardt und Herr Pütter, in den bodo-Zeitschriften lese ich auch immer Nachrufe für verstorbene Verkäufer. Somit habe ich vielleicht etwas mehr geschrieben als nur einen Leserbrief? Anfang 2014 klingelte es, und durch die Gegensprechanlage kamen die Worte: „Ich habe gehört, Sie vermitteln Hunde.“ Nachdem ich geöffnet hatte, stand im Hausflur vor mir ein Mann, der einige Wochen zuvor seine Hündin Cheyenne durch Alter und Krankheit verloren hatte. Er berichtete, dass er sich im Tierheim Bochum einige Tage zuvor ein Nachfolgerchen ausgesucht hatte. Doch an diesem Vormittag musste er erfahren, dass er diese vier Pfoten leider nicht bekommen würde. Warum nicht? Peter Holtmanns war bodo-Verkäufer, lebte in einer winzigen Wohnung und hatte verflixt wenige Euros. Leider war das für‘s Tierheim Grund genug, dass er keinen Hund adoptieren durfte. Ich bat ihn herein, wir setzten uns vor meinen Laptop, und ich zeigte ihm all die Vierpfötler, die gerade in Vermittlung waren. Als Elvira an der Reihe war, strahlte Peter Holtmanns plötzlich: „Sie sieht aus wie meine Cheyenne, dieser Hündin möchte ich gerne ein Zuhause geben.“ Zwei Tage später besuchte ich ihn, denn eine Vorkontrolle muss sein. Seine Wohnung war winzig und dunkel, trotzdem war sie als Wohnung eines allein stehenden Mannes total in Ordnung. Wenn es um die Tiere geht, höre ich nie auf meinen Verstand, ich reagiere aus dem Bauch heraus, und mein Bauchgefühl sagte mir, Elvira wird es hier gut haben. Im März 2014 kam Elvira somit zu Peter Holtmanns und hieß ab diesem Zeitpunkt Amy. Sie hatte seit ihrer Rettung in Bulgarien ein noch immer verletztes Vorderbeinchen, Peter kümmerte sich so rührend darum. Das einzige, was für ihn wichtig war, war das Glück und Wohlergehen seiner neuen Lebensgefährtin. Somit hat mir mein Bauchgefühl – wie schon sooo oft – die richtigen Zeichen signalisiert. Seitdem bekam ich die bodo-Zeitschrift „frei Haus“ geliefert, denn Peter und seine Amy lebten hier nur drei Straßen weiter. Regelmäßig sah ich die beiden vormittags die Straße rauf oder runter laufen. Ebenso regelmäßig machten sie bei mir Boxenstopp, klingelten an, Peter bekam einen Kaffee oder Frühstück/Mittagessen, seine Amy ihre geliebten Leckerchen. Anfang eines jeden Monats, wenn Peter Geld bekam, kaufte er all das, was für Amy an Futter etc. nötig war. Der verbleibende Rest musste für ihn ausreichen. Oftmals fuhr ich bei den beiden vorbei und stellte Leckerchen für Herrchen und seine Hündin vor die Tür. So auch im Dezember 2017.


RÄTSEL

bodo-Verkäufer Peter (†) mit Amy

Doch seit diesem Zeitpunkt kamen die beiden plötzlich nicht mehr. Ich schob‘s zunächst auf die eisige Jahreszeit. Von einer Nachbarin erfuhr ich dann, dass Peter Holtmanns nach fünf Wochen im Krankenhaus an Lungenentzündung gestorben sei. Seine Amy wäre während dieser Zeit bei Freunden von ihm zur Pflege gewesen. Logischerweise kümmerte ich mich sofort, Amy erhielt sehr zeitnah ein neues Zuhause in der Nähe von Düsseldorf. Aber nun lebte mein bodo-Verkäufer nicht mehr. Wenige Wochen später, ich ging durch Wattenscheid, traf ich auf eine bodo-Verkäuferin, ebenfalls mit Hund. Die kleine Hündin kläffte mit dem Wind um die Wette, ich hockte mich vor sie, ließ sie riechen, meinen Irish Setter ebenfalls – und sie merkte, dass wir beide vor keinem Hund mit „großer Klappe“ Angst haben. Anschließend unterhielt ich mich eingehend mit dem Frauchen, sie heißt Resi, ihre verrückte kleine Hündin Bamba. Den beiden konnten wir schon etwas helfen und werden auf jeden Fall weiterhin Kontakt halten. Zwar bekomme ich die bodo-Zeitschrift nicht mehr „frei Haus“ geliefert, sondern muss regelmäßig nach Wattenscheid, doch haben wir einen netten Zweibeiner mit einem wundervollen Vierbeiner mehr in unseren Kreis aufnehmen können. Dafür sind wir beide sehr dankbar. An Peter und Amy denken wir immer noch.

Schreiben Sie uns: redaktion@bodoev.de Telefon: 0231 – 950 978 0

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Tina und Setter-Rüde Zeppo

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VERKÄUFERGESCHICHTEN

„Ohne bodo würde mir was fehlen“ Viele der Verkäuferinnen und Verkäufer, die jeden Monat mit der aktuellen bodo auf der Straße stehen, haben bereits in anderen Städten Erfahrungen mit Straßenmagazinen gesammelt. So auch Thorsten, der bereits bei unseren Kollegen im Norden die Hinz & Kunzt verkauft hat. Im Anschluss an die monatliche Verkäuferversammlung hat er uns von seinem Weg zu bodo erzählt. Text und Foto: Sebastian Sellhorst

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„In Hamburg habe ich meine erste Straßenzeitung verkauft. Das ist aber gefühlt schon eine Ewigkeit her. Ins Ruhrgebiet bin ich damals gekommen, weil ich in Warstein eine Therapie gemacht habe“, erzählt uns Thorsten, während wir nach der Verkäuferversammlung aufbrechen. „Als ich dann schon mal hier war, habe ich mich im Ruhrgebiet niedergelassen. Auch, um den alten Freunden in Hamburg aus dem Weg zu gehen.“ Mittlerweile wohnt Thorsten mit seiner Freundin zusammen und hat mit den alten Kontakten nicht mehr viel am Hut. „Und das ist auch gut so.“ Bei bodo ist er seit fast vier Jahren. „Natürlich mit der ein oder anderen zwischenzeitlichen Unterbrechung“, erzählt er uns. Seinen alten Verkaufsplatz hatte Thorsten an der Möllerbrücke in Dortmund. „Dort habe ich mich eigentlich recht wohlgefühlt.“ Als dann im Frühjahr unsere liebe Kollegin und bodo-Verkäuferin Birgitt nach langer, schwerer Krankheit verstorben ist, hat Thorsten beschlossen, ihren Platz in Hombruch vor dem Rewe-Markt zu übernehmen. „Dort fühle ich mich eigentlich bis heute richtig wohl. Auch mit den Mitarbeitern des Marktes komme ich mittlerweile gut klar. Viele Leute, die dort vorbei kommen, fragen mich immer noch nach Birgitt, weil sie die bodo teilweise jahrelang bei ihr gekauft haben. Ihnen dann die schlimme Nachricht zu überbringen, ist nicht immer einfach, aber es ist auch schön zu sehen, wie sehr ihre Kunden sie mochten.“

Im November feiert Thorsten seinen 50. Geburtstag. Da denke er auch mal über die Zukunft nach, erzählt er uns, während wir uns auf den Weg zur Bahnhaltestelle machen. „Natürlich streckt man immer mal seine Fühler aus und guckt, was man sonst noch so machen könnte. Ich bin zwar verrentet, aber in Hamburg hatte ich zum Beispiel schon mal einen Nebenjob als Fahrradkurier.“ Sogar eine ganze Wintersaison sei er damals unterwegs gewesen. „Das war natürlich ganz schön hart, aber irgendwie mein Ding. Das könnte ich mir hier auch gut vorstellen. Jeden Tag erlebt man irgendwas anderes, fast ein bisschen wie beim Zeitungsverkauf.“ Oft seien es die Begegnungen mit seinen Kundinnen und Kunden, die ihm nach einem langen Tag in Erinnerung bleiben, meint er, während wir auf seine Bahn warten. „Einmal hatte eine Kundin ihr Portemonnaie verloren. Als ich sie darauf hinwies, war sie so erleichtert, dass sie mir einen riesigen Finderlohn gegeben hat, obwohl so etwas für mich ja eigentlich selbstverständlich ist.“ Auch als er einmal einer Kundin das Heft etwas günstiger gab, weil sie nicht genug Kleingeld hatte, sei sie direkt am nächsten Tag wiedergekommen, um sich bei ihm zu revanchieren. „Es sind die kleinen Dinge, die einem morgens aus dem Bett helfen. Ohne bodo, da würde mir was fehlen.“


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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) wird oft unterschätzt. Manchmal auch von sich selbst. Verbunden wird sie gerne mit Seniorenheimen und Kaffeekränzchen in der Begegnungsstätte. Dabei kann man bei ihr Wunderbares erleben. Ende März traf ich bei einer Lesung der AWO in Herten auf den fantastischen Ali Can. Der ist Mitte zwanzig, aufgewachsen in Warendorf und unterhält eine „Hotline für besorgte Bürger“. Pegidöse Menschen oder AfD-Anhänger können dort unverkrampft mit dem Asylbewerber ihres Vertrauens (Can) reden. Daraus hat er ein Buch gemacht. Seine Gespräche sind einfühlsam, witzig und trotzdem klug und eindeutig. Ich könnte das nicht. Als Mitarbeiter eines solchen AfD-Notrufs würde ich nur unter Tabletten ein: „Geh´ sterben, du Nazi!“ runterschlucken. Seither ist Can für mich ein Alltagsheld. Ein Vierteljahr später ist er kurz vor „Mann des Jahres“. Aus dem Schlamassel um Mesut Özil hat er die weltweit beachtete Netzaktion #MeTwo gemacht. Hier können Zugewanderte von ihren Erfahrungen mit uns Schon-immer-Deutschen berichten. Das tun sie rege, und es tut schamvoll weh zu lesen, wie dumm, dreist oder denkfaul wir diese Menschen verletzen. Nach der Lektüre muss man schlucken, schweigen oder rumdenken. Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Sie Mitglied Werden auch in der AWO! eder die AWO Je mehr Mitgli hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil

Oder man heißt Christian Lindner. Der wirft der #MeTwoDebatte Einseitigkeit vor. Das ist Blödsinn, weil genau das der Sinn der Sammlung ist. Außerdem ist sie längst 40.000-seitig. Denn so viele Schilderungen rassistischer Demütigungen gab es bereits nach ein paar Tagen im Netz. Man muss gerecht sein. Lindner muss an die Wurzeln seiner NRW-FDP denken. Die stand nach dem Krieg kurz vor dem Verbot als NSDAP-Folgeorganisation. Tradition verpflichtet auch da. Ich bin froh, bei der AWO Menschen wie Ali Can zu treffen. Der Verband sollte sich einen neuen Slogan gönnen. „AWO überrascht. Dich.“ - Mist, schon vergeben.

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