bodo August 2018

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bodo DAS

IN STRASSENMAGAZ

N E T H C I I D R H W E L E L L C A T S S E AU E B E

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08 | 18 Die besten Geschichten auf der Straße

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

NUR MIT AUSWEIS

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IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Andreea Campeanu, Paula Garcia, Alexandra Gehrhardt, Alexandra Guellil, Malcolm Foster, Luiza Ilie, Wolfgang Kienast, Kim Kyung-Hoon, Steven MacKenzie, Marion, Bastian Pütter, Petra von Randow, Gary Ryan, Sebastian Sellhorst, Even Skyrud, Franziska Tschinderle Titelgrafik: Shutterstock.com Bildnachweise: Brant Adam Photography (S. 8), Yonga Balfour (S. 18), Bianca Boyke (S. 16), James Braund (S. 7, 42), Bénédicte Desrus (S. 32, 33, 34, 35), Thekla Ehling (S. 9, 29), Martin Valentin Fuchs (S. 18, 19, 21), Giuvlipen (S. 23), Hinz&Kunzt (S. 11), Karuna Berlin (S. 10), Sascha Kreklau (S. 27), Mette Kramer Kristensen (S. 12), Eric van Nieuwland (S. 25), =Oslo (S. 30), Magalie Paquet (S. 41), Julia Reihs (S.7), Doris Reinthaler (S. 39), Reuters / Fabrizio Bensch (S. 6), Reuters / Kim Kyung-Hoon (S. 45), Reuters / Darrin Zammit Lupi (S. 16), Reuters / Stoyan Nenov (S. 4, 5), Priyanka Roy (S. 44), Daniel Sadrowski (S. 3, 28, 43), Sebastian Sellhorst (S. 2, 46), Shutterstock.com (S. 12, 13, 15, 22), Straßenkreuzer (S. 11), Ross Swanborough (S.8), Mikael Theimer (S. 38), Mario Alberto Reyes Zamora (S. 10), Yannis Zindrilis (S. 9) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung

INHALT

Ai Weiwei

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Der Aktivist, Dissident und Exilant Ai Weiwei ist der wohl bekannteste chinesische Künstler. Sein Dokumentarfilm „Human Flow“ konzentriert sich auf die Menschen, die die Welt lieber vergessen würde. Ein Gespräch über Flucht und Grenzen. Von Steven MacKenzie

„Besen hoch!“

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Seit seinen Anfängen im Harry-PotterKosmos hat sich „Quidditch“ weiterentwickelt – zu einem harten wie skurrilen Vollkontaktsport für alle Geschlechter. Geblieben ist J.K. Rowlings Kernbotschaft von Akzeptanz und Toleranz. Von Gary Ryan

Flüchtlingswirtschaft

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Die Migranten, die auf den Feldern Süditaliens schuften, sind billiger als Maschinen. Um sie herum hat sich eine Flüchtlingswirtschaft etabliert. Im apulischen Foggia ernten sie zu Niedriglöhnen Tomaten, Orangen, Oliven oder Auberginen. Eine Reportage. Von Franziska Tschinderle

Redaktions- und Anzeigenschluss: für die September-Ausgabe 10. 8. 2018 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 03. 2018 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de

Marion, bodo-Verkäuferin in Herne

Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, Bastian Pütter 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Liebe Leserinnen und Leser, falls sie mich in diesem Monat mal nicht wie gewohnt an meinem Verkaufsplatz in Herne antreffen, machen Sie sich bitte keine Sorgen. Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen nutze ich im Sommer oft die Morgenstunden zum Verkauf, um der Mittagshitze etwas aus dem Weg zu gehen. Wenn die Sonne brennt, kann es ohne Dach über dem Kopf oder einen Platz im Schatten nämlich genau so unangenehm werden wie im Winter. In den vergangenen Tagen war eine Menge los bei bodo. Die „Barber Angels“ waren in unserer Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße zu Gast, eine Gruppe von Friseuren, die in ihrer Freizeit wohnungslosen Menschen kostenlos die Haare schneiden. Die Chance habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen und mir erstmal einen Sommerhaarschnitt zugelegt. Mehr dazu lesen Sie in der September-Ausgabe. Jetzt wünsche ich Ihnen aber erst mal viel Spaß mit unserer internationalen Sommer-bodo mit vielen Straßenzeitungsverkäuferinnen und -verkäufern aus der ganzen Welt. Bis bald, Ihre Marion

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EDITORIAL

04 Menschen | Ai Weiwei 07 Straßenleben | Einhundert Mal eine Idee 08 Neues aus der Welt der Straßenzeitungen 12 Reportage | „Besen hoch!“ 16 Das Foto 16 Recht | Kein Umzug, wenn dieser für Kinder unzumutbar ist 17 Kommentar | Besuchen Sie Europa… 17 Die Zahl 18 Reportage | Flüchtlingswirtschaft 22 Wilde Kräuter | Wilde Möhre 23 Kultur | Giuvlipen heißt Feminismus 24 Veranstaltungskalender | Verlosungen 27 Unser Netzwerk in Zahlen 29 Kinotipp | draußen 30 bodo geht aus | =Kaffe 32 Reportage | Casa Xochiquétzal 36 Bücher 38 Reportage | Dans la Rue 42 Die bodo-FAQ | Häufig gestellte Fragen 43 Rätsel 44 Reportage | Alterndes Japan

Liebe Leserinnen und Leser, herzlich willkommen zu unserer Sommer-bodo! Auch wenn wir immer mal über den Tellerrand unserer Städte gucken, ist es uns wichtig, im Straßenmagazin „Geschichten von hier“ zu erzählen: Wir machen Reportagen aus der Region, Interviews mit interessanten Menschen zwischen Herne und Unna und empfehlen Orte und Veranstaltungen „um die Ecke“. Normalerweise! In diesem Heft ist alles anders. Weil unsere Kolleginnen und Kollegen bei den sozialen Straßenzeitungen in aller Welt so viele, so spannende Hefte machen, haben wir für diesen Ferienmonat ein kleines Best of übersetzt und zusammengestellt. Wir laden Sie ein auf eine Reise durch Vancouver, Oslo, Tokio, Mexiko-Stadt, durch England, Süditalien und Rumänien. Und wir stellen Ihnen die internationalen KollegInnen der bodo-Verkäufer vor – von Skandinavien bis Japan, von der Schweiz bis Australien. Übrigens: Auch im Urlaub kann man wunderbar mit Straßenzeitungsverkäufern ins Gespräch kommen. Die meisten freuen sich mit uns, zu einer weltweiten Familie zu gehören. Mehr als 20.000 Menschen verkaufen jedes Jahr eins der Magazine unseres Netzwerks. Pünktlich zum Ferienende kommt dann die nächste bodo, diesmal wieder mit Geschichten, die wir vor der Haustür gefunden haben: Geschichten vom Theaterspielen, vom Pizzabacken, vom Haareschneiden. In BO und DO und nebenan.

Wie fun ktionieren Straßenmagazine? S.4 2

Viele Grüße von bodo Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Von Nothilfe bis Neuanfang: Helfen Sie helfen.

Auch im Sommer sind unsere Anlaufstellen viel genutzt. Wir bieten eine offene Tür, unbürokratische Sozialberatung, Kleidung und Schlafsäcke, ein kostenloses Frühstück. Alles dank Ihrer Spenden. Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00

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MENSCHEN

Der Aktivist, Dissident und Exilant Ai Weiwei, geboren 1957 in Peking, ist der wohl bekannteste chinesische Künstler. Er holte 1.001 ChinesInnen als „lebende Installation“ zur documenta nach Kassel, baute Objekte aus 1.000 Fahrradgestellen und verhängte die Säulen des Berliner Konzerthauses mit Schwimmwesten. Sein Dokumentarfilm „Human Flow“ konzentriert sich auf die Menschen, die die Welt lieber vergessen würde. Ein Gespräch über Flucht und Grenzen. Von Steven MacKenzie | Fotos: Reuters / Stoyan Nenov · Reuters / Fabrizio Bensch

The Big Issue, Großbritannien

Ai Weiwei, woher kommt die Angst vor Flüchtlingen? Es gibt niemanden, der gern sein Zuhause verlässt. Niemand gibt alles auf, was er kennt – seine Sprache, seine Religion –, ohne gezwungen zu werden. Jeder Flüchtling auf dieser Welt wird herausgerissen aus seiner Welt, wie ein Baum, der durch einen Sturm entwurzelt wird. Wir sehen die Folgen von Naturkatastrophen. Die menschliche Tragödie ist hundertmal größer, da wir die Traurigkeit und das Leid dieser Menschen teilen können. Wir können sehen, wie diese Männer, Frauen und Kinder ihre Existenz und ihre Sicherheit verlieren. Wir können sehen, dass sie Zuflucht suchen, aber keine finden. Wir sehen auch Menschen, die sich absichtlich abwenden und alle möglichen Gründe finden, um nicht zu handeln. Die einzige mögliche Schlussfolgerung, die man ziehen kann, ist, dass in uns viel Unmenschlichkeit, Feigheit und Egoismus stecken. Können Kunst und Künstler die Welt mehr verändern als Politik und Politiker? Kunst ist als geistige Tätigkeit sehr wichtig, weil es ihr um die Gesundheit von Moral und Philosophie geht. Kunst zu erleben kann die Emotionen, das Verhalten und das rationale Urteilsvermögen eines Menschen tiefgreifend beeinflussen. Ohne Kunst wäre der Zustand der Vernunft schlecht, sie spiegelte nicht die menschlichen Emotionen wider. In diesem Sinne verändert Kunst nicht nur die Gesellschaft, sondern ist ihr Kern. Die vermeintlichen Folgen der „Flüchtlingskrise“ vor der eigenen Haustür sind tägliches Thema, aber Fluchtursachen und das Leid der Flüchtenden bleiben seltsam fern… Die besten Eigenschaften, die wir haben, sind Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, anderen zu helfen. Menschlichkeit wird zur Phrase, wenn diese Fähigkeiten nicht eingesetzt werden. Nur durch die Schaf-

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Szenenfotos aus dem Dokumentarfilm „Human Flow“

Die Grenzen in Herzen und Köpfen

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MENSCHEN

fung eines Verständnisses, dass die Menschheit eins ist – dass Menschlichkeit von allen geteilt und geschützt werden muss –, können wir die Situation verbessern.

zelnen zugutekommen. Ein Individuum ist nicht nur jemand, der ein besseres Verständnis initiiert, sondern auch ein Nutznießer dieses Verständnisses.

Wenn eine Gesellschaft Menschenrechte und Redefreiheit etabliert hat, vergisst sie dann unweigerlich, dass andere immer noch für sie kämpfen? Die Welt ist gespalten, nicht nur durch Grenzen, religiöse Unterschiede oder wirtschaftliche Ungleichheit. Sie ist auch gespalten in ihrem Verständnis der Bedürfnisse der Menschheit. Freiheit ist kein leeres Wort. Sie ist ein Wert, der nicht nur geschützt, sondern neu definiert werden muss. Es gibt kein Ding namens Freiheit. Wir laden das Wort mit Bedeutung auf. Das ist eine Aufgabe für jede Generation und jeden Einzelnen.

In den letzten Jahren erleben wir die größte Vertreibung von Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg... Wir sehen, dass es einen Krieg gegen menschliche Werte gibt. Indem wir die Schwächsten und Verletzlichsten – diejenigen, die schlecht ausgebildet, vertrieben und machtlos sind – opfern, fordern wir die Zivilisation, unsere funktionierenden demokratischen Gesellschaften und unsere Vision von der Zukunft der Menschen heraus. Nicht zu helfen bedeutet nicht einfach, die Bedürftigen im Stich zu lassen. Der Preis ist die Verschlechterung der menschlichen Gesellschaft. Wir verschwenden die besten Teile des menschlichen Geistes durch Kurzsichtigkeit, Profitstreben, Feigheit und Egoismus. Das ist wirklich tragisch für den Einzelnen und die Gesellschaft.

Aber was kann der Einzelne tun? Der Einzelne hat die ultimative Macht, über sein Schicksal und die Art der Gesellschaft, in der er lebt, zu entscheiden. Deshalb hat sich der Westen in den letzten hundert Jahren schneller entwickelt als andere Regionen. Wissenschaft und Kreativität, Wissen und Phantasie wurden geschützt und gefördert. Noch wichtiger ist, dass diese sozialen Errungenschaften dem Ein-

„Jeder Flüchtling auf dieser Welt wird herausgerissen aus seiner Welt, wie ein Baum, der durch einen Sturm entwurzelt wird.“

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Sind Grenzen an sich überflüssig? Es wird immer Grenzen geben, solange es Arm und Reich gibt und solange es sich schneller und langsamer entwickelnde Nationen gibt. Grenzen sind wie Berge und Flüsse. Sie werden in absehbarer Zeit nicht verschwinden. Es gibt jedoch noch undurchlässigere Grenzen in den Herzen und Köpfen der Menschen, die die Fähigkeit der Menschheit, eins zu werden, auf halten können. Mit freundlicher Genehmigung von The Big Issue UK / INSP.ngo


STRASSENLEBEN

Vor 25 Jahren kam eine einfache Idee über den Ärmelkanal nach Deutschland, die Idee der sozialen Straßenzeitungen. Nach dem Vorbild der britischen „The Big Issue“, die wiederum inspiriert wurde durch die New Yorker Pioniere von „Street News“, entstanden Projekte in Hamburg, in München, in Köln und dann in ganz Deutschland. Die erste „bodo“ erschien im Februar 1995. Von Bastian Pütter | Foto: James Braund

Der Erfolg der Straßenzeitungen ist, dass dieser Job Effekte hat, die weit über den Zuverdienst hinausgehen. Wer ein Straßenmagazin verkauft, wird wieder wahrgenommen, lernt Menschen kennen, die er oder sie sonst nie getroffen hätte, erfährt Bestätigung, hört Lob und sorgenvolle Nachfragen, führt Gespräche. Wir wissen das, denn unsere VerkäuferInnen erzählen davon. Begeistert, manchmal ungläubig.

Wer ganz unten ist, will dort nicht bleiben. Aus Erfahrung weiß er oder sie jedoch, dass alle Anstrengungen vergebens sind – weil alle bisherigen es waren. Dieses Wissen ist gegen Appelle, Belehrungen und oft sogar gegen Druck und Sanktionen immun. Straßenmagazine verstehen Begegnungen und soziale Interaktion, Erfolgserlebnisse und Selbstwirksamkeit als Treibstoff, der nötig ist, um auf dem Weg aus der Krise in Bewegung zu kommen.

Diese Erfahrungen sind der Treibstoff, der nötig ist, um sich den ungeöffneten Briefen zu stellen, Unterstützung, Rat oder Begleitung bei uns zu suchen. Damit es weitergeht.

Wer zu uns kommt, fragt jedoch nicht nach guten Momenten, sondern will einfach einen Job ohne Bewerbungsverfahren und große Hürden. Zuerst geht es ums Geld. Wie groß die Probleme auch sein mögen – der Schmerz, alles verloren zu haben, die Schulden, die Einsamkeit – sie lassen sich beiseiteschieben. Der Mangel, dem man nicht entkommt, ist der an Geld: Wenn ich mir nichts zu essen kaufen kann, habe ich Hunger.

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Die einfache Idee bestand darin, in der Wohnungslosenhilfe ganz auf eine „Ressource“ zu setzen – auf die Betroffenen selbst. Und auf einen ungewöhnlichen „Hebel“: ein journalistisches Produkt. Ein Magazin, das man kauft und sich dabei ein wenig unterhält, auf Augenhöhe. Nicht ein Almosen für einen Bettler am Boden, das den Abstand zwischen oben und unten zementiert.

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Einhundert Mal eine Idee

PAULETTE BADE, 69, verkauft die Straßenzeitung Street Roots vor der First Congregational United Church of Christ in Portland, USA. „Jeder einzelne Tag dieses Jahr war unvergesslich. Auch die Leute, die ich kennenlernen durfte. Hier sind alle sehr nett, und ich habe auch Stammkunden, die sehr freundlich sind. Das hilft. Wir reden über ihre neuen Jobs, darüber, wie es mir geht und sogar über meine Miezekatze, P.K. – solche Sachen. Ich bin vor allem darauf stolz, dass ich inzwischen eine Wohnung habe. Ich wohne in einem Komplex, der Park Towers heißt. Dort bin ich vor drei Jahren eingezogen. Als ich ankam, war ich obdachlos. Nun wache ich morgens in meiner Wohnung auf, kümmere mich um meine Miezekatze und gehe zur Arbeit. Ich verkaufe gerne. Und jetzt habe ich auch die Kirche am Sonntag, die ist sehr nah an meinem Zuhause, was auch sehr praktisch ist. Schwer war es für mich, als meine Katze P.K. krank wurde. Der Typ, der sie vor mir hatte, hatte ihr Angst vor Menschen eingejagt. Vielleicht bekam sie deshalb eine Art Schlaganfall. Es war nicht sicher, ob sie es schaffen würde. Jetzt geht es ihr aber wieder gut.

Dieses Jahr freue ich mich vor allem darauf, neue Menschen kennenzulernen und mehr Geld zu sparen. Ich möchte meinen Gesundheitszustand auch wieder in Ordnung bringen. Wenn man älter wird, läuft da nicht mehr alles rund. 7


NEUES AUS DER WELT DER STRASSENZEITUNGEN

Irvine Welsh Der renommierte Schriftsteller und „Trainspotting“-Autor Irvine Welsh ist Botschafter des Verbands der Straßenzeitungen. Im Interview mit dem INSP sagte Welsh: „Leider sind Straßenzeitungen wichtiger und relevanter denn je. Wir sind eine sich wandelnde, möglicherweise scheiternde Gesellschaft, und die Obdachlosigkeit ist ein wichtiges Barometer dafür. Ich war vor kurzem in Brighton an der Südküste Englands, wo Touristen buchstäblich über viele Obdachlose stolperten. Sie nimmt exponentiell zu.“ Welsh, der in Schottland, England, Irland und den USA lebte, antwortete auf die Frage, wo sein Zuhause sei: „Dort, wo ich die Tür zur Welt schließen oder öffnen kann. Das ist die grundlegende Entscheidung. Und ein Grundrecht für alle Menschen.“

TERMINE Soziale Stadtführung in Dortmund Samstag, 11. August, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Buchladen Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Soziale Stadtführung in Bochum Samstag, 18. August, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Anlaufstelle Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum „Draußen“ Film und Gespräch Donnerstag, 30. August, 19 Uhr im sweetSixteen-Kino Immermannstraße 29 44147 Dortmund 8

Australien ist groß

Valentinstag

Nicht jede Leserin des alle zwei Wochen erscheinenden Straßenmagazins Big Issue Australia hat die Gelegenheit, das Heft auf der Straße zu kaufen. Die Organisation hat aus diesem Grund einen Abo-Service als Beschäftigungs- und Qualifizierungsinitiative aufgebaut – nur für Frauen. „Für mich ist die Arbeit mit anderen Frauen, die Erfahrungen gemacht haben wie ich, der größte Vorteil“, sagt Jodi. „Es gibt auch viele Frauen mit nicht-englischsprachigem Hintergrund. Es hat mich für die einseitige Art und Weise, wie der Islam dargestellt wird, sensibilisiert. Mein Ziel ist jetzt, einen Vollzeitjob und eine eigene Wohnung zu bekommen“, sagt sie.

Jedes Jahr zum Valentinstag arbeiten die Verkäufer der US-amerikanischen Straßenzeitung Curbside Chronicle mit einem lokalen Floristen zusammen, um Blumenarrangements zusammenzustellen. Die Blumen werden von den Verkäufern geschnitten, gebunden und verpackt, dann verkaufen sie sie auf den Straßen von Oklahoma City. Verkäufer Steven erzählt: „Es macht Spaß, neben dem Magazin noch ein weiteres Produkt zu verkaufen – und dann auch noch Blumen. Wir verkaufen Curbside und verbreiten die Liebe in unserer Stadt“, lacht er. „Ich genieße es wirklich, die Sträuße zu binden. Ich arbeite gerne mit meinen Händen, außerdem riecht es den ganzen Tag gut, während wir sie verkaufen.“


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Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

bodo: „draußen“ Matze, Elvis, Peter und Sergio leben im Wald, unter einer Brücke, im Zelt. Tama Tobias-Macht und Johanna Sunder-Plassmann begleiteten die vierJetzt undanmelden! haben mit „draußen“ ein beeindruckendes Filmporträt geschaffen. Zum deutschen Kinostart laden wir gemeinsam mit dem SweetSixteen Kino in Dortmund am 30. August um 19 Uhr zur Premiere mit Filmgespräch mit den Regisseurinnen (siehe Seite 29).

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Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

Das neue Programmheft 2/2018

Mit über 1.689 Veranstaltungen bietet die VHS Dortmund wieder ein abwechslungsreiches Programm:

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Körperschulung, Bewegung, Kochen und Ernährung, Sprachen, Politik, Gesellschaft, Ökologie, - EDV, - interessante Vorträge und Exkursionen.

Upcycling bei Shedia Nicht jede Ausgabe eines Straßenmagazins ist restlos ausverkauft. Übriggebliebene Hefte sind zu schade zum Wegwerfen, findet zu Recht das griechische Straßenmagazin Shedia („Floß“). In einer Upcycling-Werkstatt entstehen aus Altpapier Designobjekte: Dutzende Produkte von Ringen über Taschen bis zu Lampen und Wanduhren erstellt Shedia in seinem Beschäftigungsprojekt und verkauft sie in der Werkstattgalerie ShediART und im eigenen Onlineshop (schedia.doitsimple. gr). Die Produkte sind nach Straßenmagazinen aus aller Welt – auch nach bodo – benannt. „Alle Objekte sind mit Liebe, Fantasie und Sorgfalt gemacht“, sagt Shedia-Verkäuferin Vanessa.

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Modernes Antiquariat Schwanenwall 36 – 38 Mo. – Fr. 10 bis 18 Uhr 44135 Dortmund Sa. 10 bis 14 Uhr

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10.000 GUTE BÜCHER BEI BODO AM SCHWANENWALL 9


NEUES AUS DER WELT DER STRASSENZEITUNGEN

Beim Premier Drei VerkäuferInnen des kanadischen Straßenmagazins L‘Itinéraire haben im Juni Premierminister Justin Trudeau interviewt. Ihr Hauptthema war Kanadas nationale Strategie zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit: 2,2 Milliarden Dollar will das Land investieren, um die Obdachlosenzahlen zu halbieren. Die Straßen-ExpertInnen fragten kritisch nach den geplanten Investitionen in den Wohnungsbau, die zu einem Großteil in das Wahljahr 2019 geschoben wurden. Sie stellten Fragen zur Asyl- und Einwanderungspolitik und nach Maßnahmen, mit denen die Regierung verhindern will, dass Wohnungslose und Geflüchtete gegeneinander ausgespielt werden. Auch wenn die Straßenzeitungsverkäufer den Premierminister mit viel Detailwissen und beharrlichen Fragen ins Schwitzen brachten, lobte der sie am Ende und betonte: „Organisationen wie L‘Itinéraire leisten großartige Arbeit, die Würde der Menschen wiederherzustellen.“

SOZIALES Finnland hat die Obdachlosigkeit besiegt. Statt erst ihr Leben in den Griff zu bekommen, um „Wohnfähigkeit“ zu erreichen, bekommen Obdachlose nach dem Housing-first-Konzept zuerst eine eigene Wohnung und dann die nötigen Hilfen. In zehn Jahren wurden 4.600 Wohnungen bereitgestellt, mit eindeutigem Ergebnis: „Straßenobdachlosigkeit gibt es in Finnland nicht mehr“, sagt Juha Kaakinen, Leiter der gemeinnützigen Y-Foundation. Italiens Innenminister Matteo Salvini (Lega) hat die Zählung der in Italien lebenden Roma angekündigt. Ziel sei es, „Illegale“ abzuschieben, Roma mit italienischem Pass müsse man „leider behalten“. Selbst Lega-Koalitionspartner M5S betonte, dass die Zählung eines Bevölkerungsteils nach ethnischer Zugehörigkeit gegen die Verfassung verstoße. Senatorin Monica Cirinna (PD) kommentierte: „Italien ist ins Jahr 1938 zurückgefallen.“ Die Obdachlosigkeit in Australien nahm trotz des stetigen Wirtschaftswachstums zwischen den Volkszählungen 2011 und 2016 um 14 Prozent zu. 116.427 Menschen sind betroffen, ein Drittel ist jünger als 25. „Obdachlosigkeit ist keine Lebensstilwahl, sie spiegelt Systemversagen und vor allem einen Mangel an erschwinglichem Wohnraum wider“, sagt Jenny Smith, die Geschäftsführerin des Rates für Obdachlose in Victoria. Auf die Opioid-Krise reagieren die USA mit repressiver Drogenpolitik. 60.000 Menschen sterben in den USA jedes Jahr durch Überdosen von Oxycodon, Fentanyl oder Heroin. Lange haben Ärzte Schmerzmittel leichtfertig verschrieben. Drei von vier Menschen, die nach 2000 heroinabhängig wurden, haben mit verschriebenen Opioiden begonnen. Präsident Trump hat den nationalen Notstand ausgerufen und droht mit der Todesstrafe für Dealer.

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Berlin, Berlin Mitte Juni wurde die Berliner Straßenzeitung „strassenfeger“ nach 24 Jahren eingestellt; Hilfsangebote u.a. der Berliner Sozialgenossenschaft „Karuna“ hatte der Verein abgelehnt. Nun hat „Karuna“ eine eigene Zeitung vorgestellt, die an die Verkaufenden verschenkt wird. Im Netzwerk der Straßenmagazine sorgt das für Kopfschütteln. „Dass ich als Verkäufer die Zeitung im Zweifel einfach wegwerfen kann, dient nicht dazu, dass ich mich strukturiere“, sagt Volker Macke, Sprecher der deutschsprachigen Straßenzeitungen. „Das hat ein bisschen was von verlängertem Betteln.“ Straßenmagazine werden von den VerkäuferInnen für die Hälfte des Straßenpreises erworben.


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0231 – 950 978 0 bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr zentrale Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de Fax: 0231 – 950 978 20 Besuchen Sie uns Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr Sa. 10 – 14 Uhr Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr Fr. 14 – 17 Uhr

Geschäftsleitung: Tanja Walter verein@bodoev.de Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt Bastian Pütter redaktion@bodoev.de Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Suzanne Präkelt buch@bodoev.de bodos Bücher online: Gordon Smith basar@bodoev.de Haushaltsauflösungen und Entsorgungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln transport@bodoev.de

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

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Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

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Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

Kampstr. 4 44137 Dortmund Tel. 0231/557656-0 mieterverein-dortmund.de

Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

Straßen-Uni

BrotRetter

Bildung ohne Zugangsschwelle: Das Nürnberger Straßenmagazin Straßenkreuzer organisiert in jedem Semester mehrere Vorlesungsreihen mit je etwa drei Veranstaltungen zu einem Thema. Zielgruppe sind in erster Linie Frauen und Männer in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe, Flüchtlinge sowie Arme. Die Vorträge von ProfessorInnen und Experten finden vorzugsweise in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe statt – auf wissenschaftlichem Niveau und angepasst an die speziellen Bedürfnisse der Hörerschaft. Dazu werden Lehrfahrten und Arbeitsgruppen angeboten, die das theoretische Wissen praxisnah ergänzen. Alle Veranstaltungen der Straßenkreuzer Uni sind kostenlos.

Obdachlosigkeit zu beenden oder sie besser gleich zu verhindern, gehört zu den Aufgaben, denen sich soziale Straßenmagazine stellen. Aber wie geht es dann weiter? Zum Beispiel als „BrotRetter“: Mit einer Bäckerei als Partner hat das Hamburger Straßenmagazin Hinz&Kunzt einen Laden für Brot und Backwaren vom Vortag eröffnet. VerkäuferInnen des Straßenmagazins holen die Backwaren vom Vortag morgens ab, sortieren, packen und verkaufen sie anschließend – mit festem Teilzeit-Arbeitsvertrag. „Mit ,BrotRetter‘ haben ehemalige Obdachlose jetzt eine echte Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt“, freut sich Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter bei Hinz&Kunzt.

Wir schützen kleine

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REPORTAGE

Besen hoch! Seit seinen Anfängen im Harry-Potter-Kosmos hat sich der Sport Quidditch bis zur Unkenntlichkeit weiterentwickelt – zu einem harten wie skurrilen Vollkontaktsport für alle Geschlechter. Geblieben ist J.K. Rowlings Kernbotschaft von Akzeptanz und Toleranz.

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Von Gary Ryan | Fotos: Shutterstock.com

The Big Issue North Großbritannien

NA L „DER PIRAT“ heißt eigentlich Erik Jensen. In Aarhus verkauft er die dänische Straßenzeitung Hus Forbi. Er ist ein großer Mann mit Vollbart, und er trägt einen Rock und einen rosa Wollhut, während er einen mit Lichterketten geschmückten Kinderwagen mit einem Ghettoblaster schiebt. „Techno schafft Ordnung in meinem Kopf “, sagt der 63-Jährige. „Eigentlich komme ich aus Nørrebro, wo ich im Alter von 16 Jahren in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde. Die fütterten mich mit Pillen. Mit 18 war ich zwei Tage lang Azubi und bin dann in Rente gegangen. Ich hatte noch nie einen richtigen Job. Am Hafen, wo ich letzte Nacht geschlafen habe, war ein Sturm, also habe ich nicht besonders gut oder lange geschlafen. Aber ich hatte einen schönen Abend und ein paar Biere. Aber ich muss mehr anziehen. Die Straßen sind gewalttätig geworden, sie sind rauer. Wahrscheinlich, weil wir heutzutage zu viele sind. Das ist teilweise der Grund, warum ich kurz davor bin, den Anker zu werfen und den Rest meiner Tage in meiner Wohnung zu verbringen. Die andere Sache ist, dass ich mich ganz sicher zu Tode trinken werde, wenn ich nicht von der Straße komme. Aber das ist noch ein weiter Weg. Ich muss erst meinen Geburtstag überstehen, der Mitte Dezember ist, und dann werden wir sehen. Und genau so will es der Pirat!“ 12


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ch habe einen Besenstiel zwischen meinen Beinen und versuche, ihn nicht fallen zu lassen, während ich über ein Spielfeld renne und mich bemühe zu vermeiden, wie beim Völkerball mit einem Ball abgeworfen zu werden. Spaziergänger bleiben stehen, einige machen Fotos. Verständlich, denn Quidditch – die reale Version des fiktiven Sports aus „Harry Potter“ – ist ein surrealer Anblick. Mit etwa 20 anderen Muggeln bin ich beim Auswahltraining für die Yorkshire Roses, eines von zehn regionalen Teams, die in der Quidditch Premier League antreten. Es ist ein bitterkalter Samstagnachmittag in einem sumpfigen Park in der Nähe der Universität von Leeds, als ich meinen Crashkurs in dem ehemaligen Zauberersport erhalte.

Drei Sportarten in einer „Alle wollen etwas über die Besen wissen“, sagt Kim Spijkers-Shaw, 20, die auch für die Leeds Griffins spielt und sich um die Neulinge kümmert. In J.K. Rowlings Büchern f liegen Harry Potter und seine magischen Mitschüler auf Besen herum. Offensichtlich können weder Menschen noch Besen fliegen, also reiten die Spieler auf PVC-Rohren herum – Borsten sind dabei eher unpraktisch. „Aber der Besen ist auch nicht ungewöhnlicher als Regeln in anderen Sportarten“, argumentiert Kim. „Er ist nur das Handicap, das den Sport spannend macht.“ Beim Quidditch laufen eigentlich drei Spiele gleichzeitig: Rugby, Völkerball und ein Fangspiel – die Jagd nach den Schnatz. Jede Mannschaft hat 21 Spieler, davon sieben auf dem Spielfeld. Es gibt einen Torwart, der die Reifen bewacht, die das Tor markieren, drei Verfolger, deren Aufgabe es ist, die Quaffel (einen halb aufgeblasenen Volleyball) durch die Reifen zu werfen, um zehn Punkte zu erzielen. Zwei Schläger, die Bludger (Völkerbälle) auf die gegnerischen Spieler werfen, um sie vorübergehend vom Spiel auszuschließen. Und einen Sucher, dessen einzige Aufgabe es ist, den goldenen Schnatz zu fangen, wenn der nach 18 Minuten ins Spiel kommt. In Rowlings Vorlage war der goldene Schnatz ein kleiner fliegender Ball mit Flügeln. Hier ist es ein unparteiischer Offizieller in Gelb mit einem Tennisball in einer langen Socke, die wie ein Schwanz hinten aus der Hose hängt. „Es verleiht dem Spiel eine etwas skurrile Dimension“, sagt Joe Croucher, der heutige Schnatz. Das Spiel endet, sobald der Schnatz von einem der Sucher erwischt wird, was dem Team 30 Punkte einbringt. „Der Schlüssel ist, 40 Punkte Vorsprung zu haben, weil eine Mannschaft das Spiel komplett dominieren und dann verlieren kann – weil die andere Mannschaft sich auf den Schnatz konzentriert.“

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REPORTAGE

Vollkontakt, gemischt, queer Das Verrückte ist: Obwohl das Spiel seine Wurzeln in der Phantasie hat, hilft es jungen Erwachsenen weltweit, sich mit der Realität der Gegenwart auseinanderzusetzen. Trotz seiner grenzenlosen Potter-Begeisterung ging Jack Lennard – Präsident der Quidditch Premier League – 2013 mit ziemlicher Skepsis zum Training von Oxfords Uni-Team. „Ehrlich gesagt habe ich Idioten in Umhängen erwartet, aber es kam ganz anders“, sagt der 22-Jährige. „Ich glaube, ich war einer der letzten, die als großer Harry-Potter-Fan kamen. Jetzt sind die Spieler größtenteils Sportler, die vom traditionellen Sport enttäuscht sind.“ Lennard ist trans und hat seine Identität durch Quidditch entdeckt. Die Kernbotschaft von Akzeptanz und Toleranz in Rowlings Büchern hat sich zu einem erfrischend progressiven Sport entwickelt. Die Mannschaften sind gemischt, wobei maximal vier Spieler eines Geschlechts auf dem Platz stehen dürfen. Und im Gegensatz zu vielen Sportarten ist ein großer Teil der Spieler lesbisch, schwul, bi- oder transsexuell.

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Quidditch ist der einzige gemischte Vollkontaktsport. „Und er ist der einzige, der nicht-binäre Spieler akzeptiert“, fügt Lennard hinzu. „Trans-Spieler können für das Geschlecht spielen, mit dem sie sich identifizieren, während man in anderen Sportarten strenge Geschlechts- und Hormontests durchlaufen muss. Das schreckt die Leute ab, hier hingegen wird man so respektiert, wie man ist.“ Robin Agar ist 18, kommt von der University of Central Lancashire und spielt für die Preston Poltergeists. Er ist selbst bekennender „Potterhead“ und biologisch weiblich, identifiziert sich aber als männlich. „In vielen Sportarten ist es peinlich, wenn man trans ist. Aber hier im Team stellen wir uns vorher mit unseren bevorzugten Pronomen vor – ,Ich bin Robin, er‘ – und niemand zuckt mit der Wimper.“

Ein echter Sport, aber netter Was alle SpielerInnen betonen, ist die besondere Atmosphäre beim Quidditch. In Potter-Diktion ist das Spiel definitiv eher Hufflepuff als Slytherin. „Du wirst einfach keinen unangenehmen Quidditch-Spieler treffen“, betont der 19-jährige Julian Buckley, der für die


„Die Sache ist die“, fügt Spijkers-Shaw hinzu: „Es gibt natürlich Leute, die sich darüber lustig machen und denken, dass es mit den Besen albern aussieht. Dann versuchen sie es, und innerhalb von zwei Minuten liegen sie auf den Boden und merken, dass es ein echter Sport ist.“ Ich kann das bezeugen. Um nicht vom Klatscher getroffen zu werden, sehe ich Spieler mit artistischen Scherenschlägen ausweichen und andere athletisch zwischen die Beine des Gegners tauchen. Mein Ansatz? Stocksteif stehenbleiben, um den schlammigen Ball – klatsch – mit dem Gesicht zu fangen. Auf dem Platz schwindet meine anfängliche Überheblichkeit schnell. Skurril sieht Quidditch eigentlich nur aus, wenn man es nicht beherrscht.

Derzeit läuft eine Kampagne zur Anerkennung von Quidditch als Sport, was staatliche Zuschüsse und die Finanzierung durch die Nationallotterie ermöglichen würde. Wenig spricht dagegen. Quidditch hat die Strategie und die Athletik moderner Sportarten. Im Teamgespräch bewertet Croucher mit John Motson die Stärken und Schwächen des gegnerischen Teams, bevor „Besen hoch“ gerufen wird und die Spieler aufs Feld sprinten. Es ist ungewohnt zu beobachten – wenn auch nicht ungewohnter als Eisstockschießen oder Kanupolo. „Meine Familie hat einen Rugby-Hintergrund, und meine Eltern schämten sich am Anfang“, erinnert sich Elliott „Fish“ Fisher, Torwart des britischen Nationalteams. „Aber dann kamen sie zu einem Spiel und verliebten sich völlig. Wenn man sich die hochrangigen Teams ansieht, beeindruckt die Technik, und mit etwas Übung beginnt man, die Taktiken zu erkennen.“

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Liverpuddly Cannons spielt. Quidditch bringt die Sportler zusammen, die im Schulunterricht gemobbt wurden und die sich in traditionellen Sportvereinen unwohl gefühlt haben, sagt er.

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Mit freundlicher Genehmigung von Big Issue North / INSP.ngo

MAKOTO UENO, 47, verkauft das Straßenmagazin The Big Issue Japan am Bahnhof Kyoto Station in Tokio. „Der denkwürdigste Moment in diesem Jahr war der Tag, an dem meine Lieblingspopgruppe ihre Karriere beendete. Aber so ist es überall. Es gibt Veränderungen. Ich bin noch nicht lange hier am am Bahnhof. Dass ich meinen Standplatz wechseln musste, war eine Herausforderung, aber ich versuche, mich daran zu gewöhnen. Noch mehr hat sich privat für mich geändert: Ich konnte in eine temporäre Unterkunft ziehen, die von The Big Issue Japan betrieben wird. Dort kann ich mich auf das Leben in einer dauerhafteren Bleibe vorbereiten. Früher wollte ich nie wirklich in eine Wohnung ziehen, deshalb kommt das für mich unerwartet. Es fühlt sich an, als ob ich eine Treppenstufe hochgestiegen bin und einen Schritt vom Leben auf der Straße weg gemacht habe. Hier werde ich für die nächsten sechs Monate leben. Ich freue mich darauf, nächstes Jahr in meine eigene Wohnung zu ziehen!

Kochen gehörte noch nie zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, und ich war schon immer ein Einzelgänger. Aber zum ersten Mal in meinem Leben habe ich ein Curry mit den anderen Verkäufern aus dem Team gekocht. Das Essen teilten wir dann mit anderen. Es war lecker und hat uns allen große Freude gemacht. Für mich war das mein größter Erfolg.“ 15


DAS FOTO

Ein Besatzungsmitglied des Rettungsschiffes „Lifeline“ nimmt auf Malta an einer Mahnwache für die Toten des Mittelmeeres teil. Europäische Regierungen blockieren derweil den Einsatz privater Seenotrettungsschiffe. Allein am ersten Wochenende der Blockade ertrinken 218 Flüchtlinge während der Überfahrt. Foto: Reuters / Darrin Zammit Lupi

RECHT

Kein Umzug, wenn dieser für Kinder unzumutbar ist Von René Boyke Wer Leistungen nach SGB II bezieht, kann sich nicht aussuchen, wo er wohnt. Der Grund liegt darin, dass die Wohnung grundsätzlich günstig sein muss. Ist dies nach Ansicht des zuständigen Jobcenters nicht der Fall, dann wird dieses die vollen Kosten in der Regel nicht übernehmen und den Leistungsbezieher auffordern, die Kosten zu senken.

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Aufgrund zu hoher Kosten für ihre Unterkunft verweigerte auch das Jobcenter Kiel einer alleinerziehenden Mutter die Übernahme der vollen Kosten ihrer Wohnung und forderte sie auf, die Kosten zu senken. In dem Fall war es jedoch so, dass der Sohn der alleinerziehenden Mutter erst die Schule wohnortnah gewechselt hatte; seine ehemals schlechten schulischen Leistungen hatten

sich auf der neuen Schule stabilisiert. Zudem hätte das Jobcenter ein Busticket für eine längere Anfahrt zur Schule nicht gezahlt. Doch längst nicht immer muss ein Umzug auch tatsächlich durchgeführt werden; insbesondere nicht, wenn dieser nicht zumutbar ist. Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ist nämlich geregelt, dass für den Leistungsbezieher ein Wohnungswechsel möglich und


KOMMENTAR

Besuchen Sie Europa… Von Bastian Pütter

Etappensieg der Populisten

Erinnern Sie sich noch, als wir Friedensnobelpreisträger wurden? Wir, Europa, die EU. „Die Union und ihre Vorgänger haben über sechs Jahrzehnte zur Förderung von Frieden und Versöhnung beigetragen“, begründete die Osloer Akademie. Das fanden damals schon einige befremdlich, daran war aber vieles richtig. Inzwischen stimmt auch das grammatische Perfekt, die vollendete Gegenwart. 2012 war das übrigens. Mitten in der Euro-Krise. Als in Italien und Portugal die Jugendarbeitslosigkeit schon bei 40 Prozent lag. Als in Spanien nach dem Platzen der Immobilienblase bereits 400.000 Familien aus ihren Wohnungen geworfen worden waren. Als in Griechenland mehr als ein Viertel der Menschen in Armut lebte und 20.000 neue Obdachlose auf den Straßen Athens. Das war anderswo. Die AfD gab es noch nicht. Hier schüttelte man den Kopf über Europas Rechte, von Orbáns absoluter Mehrheit bis zu Marine Le Pen, die aus Papas Fascho-Laden eine Volkspartei gemacht hatte. In Deutschland schien all das undenkbar. (Von außen war eher undenkbar erschienen, dass ein Terrornetzwerk mit mittelbarer Unterstützung des Inlandsgeheimdienstes jahrelang Mitbürger ermorden konnte.) Und nun haben wir den Salat. Nun haben wir jahrelang alle Fehler im Umgang mit Rechtspopulisten wiederholt, haben zähneknirschend das Forum für die Feinde der Demokratie geöffnet, haben mit dem Hochmut der Überlegenen den Intoleranten Toleranz zugestanden und doch ihre Parolen einsickern lassen in unsere Köpfe und unsere Sprache. Was früher auf Neonazi-Shirts stand, sagen heute Frau Klöckner oder Herr Dobrindt in den Tagesthemen. Auf dem Foto zu Verabredungen über das Sterben im Mittelmeer steht ein deutscher Heimatminister neben dem rechtsextremen Rassisten Herbert Kickl, seinem österreichischen Pendant, neben dem italienischen Faschistendarsteller Matteo Salvini, für den Flüchtlinge „Menschenfleisch“ sind. Das ging ja dann doch schnell. Vielleicht gibt es ein größeres Problem als die notorischen Lügner und die hasszerfressenen alten Männer. Vielleicht ist es das Fehlen einer eigenen Vision für die Zukunft bei den anderen, die immer noch eine Mehrheit sind. Die Idee eines neuen Europa etwa. Das alte ist kaputt. Ohne positives Ziel ist es eben ein Abwehrkampf. Pragmatisch wäre es, wenigstens ihn aufzunehmen. In den Worten Harald Welzers: „Es ist einfacher für die Demokratie zu kämpfen, solange es sie noch gibt. Danach wird es erheblich schwieriger.“

zumutbar sein muss. Auf diese Vorschrift berief sich die Mutter zusammen mit ihrem Sohn und bekam letztendlich vor dem Landessozialgericht Schleswig-Holstein (Az. L 6 AS 86/18 B ER) Recht. Das Gericht sah die Voraussetzungen dieser Vorschrift für den 14-jährigen Sohn der Antragstellerin nicht erfüllt. Ein Umzug sei ihm nicht zumutbar, da ein solcher nicht

nur einen langen Schulweg, sondern vor allem auch ein mehrfaches Umsteigen und Wechseln der Verkehrsmittel bedeuten würde. Außerdem würde er nicht mit den Kindern und Jugendlichen in seinem räumlichen Wohnumfeld gemeinsam die Schule besuchen. Das Gericht wies allerdings auch darauf hin, das mit zunehmendem Alter des Sohnes ein Umzug zumutbar werden könnte.

DIE ZAHL

837.000 Erwerbslose in Deutschland haben Schwierigkeiten, jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu bezahlen. Ihr Geld reicht nicht, um sich ausreichend Essen zu kaufen. Das ergab eine Auswertung der EUStatistik SILC durch das Statistische Bundesamt.

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REPORTAGE

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NA L Surprise, Schweiz

NANCY MNGQELANA verkauft in Kapstadt das Straßenmagazin The Big Issue South Africa. „Ich komme ursprünglich aus Dutywa in der Provinz Eastern Cape. 1989 kam ich auf der Suche nach Arbeit nach Kapstadt. Allerdings hatte ich wegen meiner Behinderung kein Glück bei der Jobsuche. Vor vielen Jahren geriet ich in ein Busunglück, der Bus fing Feuer, ich musste aus dem Fenster springen. Der Arm wuchs nicht wieder gerade zusammen. Weil ich ihn aber noch benutzen konnte, stufte mich die Gesundheitsbehörde nicht als behindert ein. Erst seit dem Umzug nach Kapstadt erhalte ich eine kleine Behindertenrente.

enn Ibrahim vom Feld zurückkommt, steigt er die Stufen hoch und steht für ein paar Minuten einfach nur da, auf dem Flachdach des weißen, zweistöckigen Betonklotzes. Nichts versperrt seine Sicht, kein Haus und kein Hügel, und er blickt auf die Straße, die wie mit dem Lineal gezogen durch die Ebene von Foggia führt, gesäumt von Feldern, Olivenhainen und Äckern. Eine halbe Stunde dauert die Fahrt von hier zur Adriaküste, zu Sandstränden, Buchten und Luxushotels. Zum Italien der Touristen, das Ibrahim nicht kennt, obwohl er weiß, dass es dort hinten irgendwo liegt. Wenn im August die Sonne gnadenlos vom Himmel brennt und die Urlauber zum Strand fahren, wird Foggia zum Mekka für Menschen wie Ibrahim: Migranten, die auf den Feldern zu Niedriglöhnen schuften. Die meisten von ihnen leben in Ghettos am Rande der Stadt – Orte der Gewalt, der Armut, der Anarchie. Von dort ist Ibrahim abgehauen. Zuflucht hat er in der Casa Sankara gefunden, einem Ort, an dem alles besser werden soll. Rund 200 Menschen wohnen in dem Gemeinschaftsprojekt, nur ein winziger Bruchteil der Arbeiter, die hier in der Region schuften. Wenn Ibrahim vom Dach herunterkommt, um sich in dem schlecht verputzten Betonklotz in seinem Stockbett auszuruhen, träumt er von

Seit 2010 verkaufe ich das Straßenmagazin. Ein Freund, der auch als Verkäufer arbeitet, hatte es mir empfohlen. Es ist eine tolle Erfahrung, ich mag meine Kunden und meine Arbeit, und die Kunden mögen mich auch. Als Nächstes möchte ich mich für den Nähkurs bei The Big Issue anmelden, danach würde ich mir gerne eine Nähmaschine anschaffen, mit der ich nebenher an regnerischen Tagen Näharbeiten machen kann. Ich habe drei Kinder, die zwei jüngsten leben bei mir, das älteste wohnt in Eastern Cape und geht in die vorletzte Klasse der Sekundarschule. Für meine Kinder will ich nur das Beste und wünsche mir, dass sie Erfolg haben mit ihrer Ausbildung und selbstständige Menschen werden.“ 18


Flüchtlingswirtschaft Die Migranten, die auf den Feldern Süditaliens schuften, sind billiger als Maschinen. Auf einer verlassenen Farm keimt die Hoffnung auf eine stille Revolution. Von Franziska Tschinderle | Fotos: Martin Valentin Fuchs

einer Karriere als Fußballspieler. Seine Zimmerkollegen nennen ihn „Iniesta“, nach dem spanischen Star des FC Barcelona, der jährlich fünf Millionen Euro verdient. Ibrahim verdient 3,50 Euro damit, eine 300 Kilogramm schwere Kiste mit Tomaten zu füllen. In Europa nennt man Ibrahim nicht Iniesta, sondern: Wirtschaftsflüchtling. Dabei hat sich hier längst eine Flüchtlingswirtschaft etabliert. Junge, kräftige Männer in Sizilien, Kalabrien oder wie hier im apulischen Foggia ernten zu Niedriglöhnen Tomaten, Orangen, Oliven oder Auberginen. Die Landwirtschaft profitiert von der Migration. Während die italienische Regierung in Rom mit der libyschen Küstenwache verhandelt, um möglichst viele Menschen daran zu hindern, in ein Boot zu steigen, gehören Süditaliens Gemüseproduzenten zu den Nutznießern der irregulären Zuwanderung. Denn trotz zunehmender Automatisierung und dem Einsatz von Maschinen auf den Feldern ist die italienische Landwirtschaft unter Druck. China exportiert nicht nur Textilien nach Italien, sondern auch immer mehr Agrarprodukte, insbesondere Tomaten. Von einer „roten Flut“ schreibt das Handelsblatt. Um in diesem

Preiskrieg zu bestehen, sind die Landwirte auf billige Saisonarbeiter angewiesen. Neben Afrikanern, die über die Mittelmeerroute nach Europa gef lüchtet sind, auch auf Roma aus Bulgaren, Rumänen. Sie leben in Ghettos am Rande der Städte, in stillgelegten Fabriken oder verlassenen Kornspeichern.

Disco, Prostitution und Feldarbeit Ibrahims Erzählung von seiner Zeit im Ghetto handelt von improvisierten Elendssiedlungen, weit weg von den Blicken der Einheimischen. Die Menschen leben dort ohne Strom und Wasser, in alten Wohnwagen, Containern und Holzverschlägen. Aus Karton, Pressspanplatten und Plastikplanen zimmern sie sich Unterkünfte für den Sommer. Nach der Tomatenzeit ziehen sie weiter nach Kalabrien, an die Spitze des italienischen Stiefels, wo sie Zitrusfrüchte ernten. Ihr Leben ist einer strengen Hierarchie unterworfen: Einige wenige kontrollieren alles, Shops, Diskotheken, Prostitution, Drogenhandel und den Transport zu den Feldern. Die Bosse werden „Caporali“ genannt, eigentlich eine Bezeichnung für einen militärischen Rang. Die Capos besorgen den Landwirten billige Arbeiter aus dem Ghetto und verdienen

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REPORTAGE

selbst daran mit: 50 Cent pro gefüllter Tomatenkiste und fünf Euro für die Fahrt auf die Felder. Sie sind die Kommandanten in diesem Heer von Erntearbeitern. „Wer 2.000 bis 3.000 Menschen auf einmal Arbeit verschafft, der hat Macht“, sagt Hervé über die Caporali. „Und genau deswegen müssen wir aufpassen.“ Hervé, 55 Jahre alt, heißt eigentlich Faye Papa Latyr. Er trägt noch heute den Spitznamen, den ihm sein Großvater gab, als er ein kleiner Junge war. Groß gewachsen, mit sportlicher Kleidung und einer Kette aus Holzperlen um den Hals, wirkt er jugendlich. Sein Ziel: Die Menschen in den Ghettos sollen eine Alternative bekommen. Eine Option. Sie sollen die Wahl haben, unter menschenwürdigen Bedingungen leben zu können, ohne Gewalt, Hierarchien, Drogen.

Statt Capo wurde er Aktivist Vor zehn Jahren verließ Hervé seine Heimat Senegal, um nach Italien zu gehen. Zuerst arbeitete er als f liegender Händler, verkaufte Sonnenbrillen und billigen Schmuck an den Stränden der Adria, dann wurde er zum Feldarbeiter und erntete Kirschtomaten. Dann, als er eigentlich so weit gewesen wäre, um von dem System zu profitieren, das ihn jahrelang ausgebeutet hatte, stieg er aus. Männer wie Hervé, die schon lange genug hier sind, um fließend Italienisch zu sprechen, werden in der Regel selbst zu Capos. Hervé hingegen wurde vom Tomatenpflücker zum Lobbyisten, wandte sich an die Behörden, traf sich mit Politikern und Gewerkschaften. Die Stadtregierung von Foggia stellte ihm einen verlassenen Hof zur Verfügung. Hervé schuf Casa Sankara, einen Rückzugsort für Getriebene wie ihn. Der Ort, an dem für die Erntemigranten von Foggia alles anders werden soll, ist benannt nach Thomas Sanka-

ra, sozialistischer Revolutionär, Freiheitskämpfer und in den 80er-Jahren Präsident von Burkina Faso. Auf einem Wandgraffito sieht man ihn die Faust in die Höhe recken. Und Hervé nennt das, was hier im Kleinen seinen Anlauf nimmt, stolz „eine Revolution“, wenn auch eine stille. Auf dem Areal der Casa Sankara leben die Menschen in blauen Zelten, die man aus den großen UN­-Flüchtlingslagern kennt, in zweistöckigen Betonhäusern und Stahlcontainern. Der Unterschied zum Ghetto, neben dem Luxus eines eigenen Bettes: Alkohol, Drogen und jegliche Form der Gewalt sind verboten. So steht es in der Charta, die jeder unterschreiben muss, bevor er hierherzieht. An einem Ort wie diesem, wo die Polizei bestochen und Staatsanwälte von Mafiabossen erpresst werden, wirken seine Ziele zu schön, um wahr zu sein. Er möchte auf seinen Feldern seine Farm vergrößern und genügend Arbeit für die Bewohner schaffen: zu fairen Bedingungen und fairen Preisen. Dann möchte er seine eigenen Tomaten verkaufen. Nicht nur Bio, sondern auch „Caporalifree“ sollen sie sein, frei von Ausbeutung. In der Küche will Hervé dann frisch geerntetes Gemüse verarbeiten. Die Bewohnerinnen der Casa Sankara sollen ein kleines Restaurant betreiben, in dem die lokale Bevölkerung und die afrikanischen Erntearbeiter sich begegnen. Das baue Vorurteile ab und verbessere das Klima. „Es ist unsinnig zu glauben, dass eine Person dieses System stürzen kann“, sagt Hervé, „aber jeder muss seinen Beitrag leisten. Ich kämpfe dafür, dass die Leute eine Möglichkeit haben, in einem anderen Umfeld zu leben.“ Hervé führt über das Gelände der Farm, immer wieder schüttelt er Hände, umarmt den einen oder anderen Bewohner, weist einige aber auch forsch zurecht, dass sie ihren Müll wegräumen sollen. Hier gilt: Jeder soll mithel-

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fen. Ibrahim teilt das Mittagessen aus, andere putzen die Duschen oder erledigen die Wäsche. Wovon Hervé allerdings noch weit entfernt ist: die 200 Bewohner der Farm vor Ausbeutung zu schützen.Denn auch vor den Toren der Casa Sankara halten morgens um fünf Uhr die weißen Minibusse der Caporali.

Schuften für den Export Im Stadtzentrum von Foggia liegt das Büro von Daniele Iacovelli, Vorsitzender der italienischen Gewerkschaft Flai­ CGIL. Iacovelli hat dasselbe Ziel wie Hervé: die Arbeitsbedingungen verbessern und die Caporali schwächen. Doch der Italiener spricht weniger euphorisch als der Senegalese. Die Realität hat ihn nüchtern gemacht, seit Jahrzehnten haben sich die Bedingungen nicht merklich verbessert. Früher erledigte vornehmlich die arme, italienische Bevölkerung den Job der Erntearbeiter. In den 90er-Jahren kamen Bulgaren und Rumänen, jetzt mehr und mehr Afrikaner. 50.000 Menschen sollen laut Gewerkschafter Iacovelli auf den Feldern rund um die Provinzhauptstadt Foggia arbeiten. Auf die Frage, wie sich die Bedingungen verbessern lassen, seufzt Iacovelli. Das Problem sei die internationale Produktionsund Lieferkette, die ihre Kosten möglichst tiefhalten und die Margen vergrößern wolle. Ein Landwirt in Foggia bekommt für ein Kilo Tomaten gerade einmal 10 Cent. Zwischen den Supermarktketten tobt ein Preiskrieg.

rolle. Foggia sei für die Tomatenproduktion der wichtigste Standort. Den Vorwurf, wonach Tomaten, die in Princes Produkten landen, von Migranten geerntet werden, weist Princes zurück. Der Großteil ihrer Tomaten werde von Maschinen geerntet. Nur wenn es regnet und die Maschinen im Schlamm stecken bleiben, komme es vor, dass Menschen die Ernte übernehmen. Gewerkschafter Daniele Iacovelli geht davon aus, dass mehr Menschen für Princes schuften, als der Konzern zugeben möchte. Um sich gegen Razzien und Inspektoren abzusichern, haben Bauern in der Gegend begonnen, Scheinverträge mit den Arbeitern abzuschließen. Ein sogenannter grauer Markt ist entstanden. Die wenigsten Erntearbeiter begehren gegen die schlechten Bedingungen auf. Alle wissen: Wer sich beklagt oder mehr Geld verlangt, wird sofort ersetzt. Die Ghettos sind voller junger, arbeitsloser Männer, die bereit sind, unter widrigsten Bedingungen zu schuften. Hervé war einmal einer von ihnen. Alles, was er bisher tun konnte, ist, einem Bruchteil von ihnen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Und eine Dusche. Das ist immerhin ein Anfang. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Surprise / INSP.ngo

Einer der größten Produzenten in Foggia ist die Princes­ Gruppe aus England, eine Tochtergesellschaft der japanischen Mitsubishi Corporation. In Foggia produziert das Unternehmen laut eigenen Angaben 200.000 bis 300.000 Tonnen Tomaten im Jahr, die zu Saucen und Konserven weiterverarbeitet werden. Princes bezeichnet sich als der „am schnellsten wachsende Lebensmittelkonzern in Europa“. Süditalien spielt für das Unternehmen eine Schlüssel-

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WILDE KRÄUTER

Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

WILDE MÖHRE Daucus carota subsp. carota

N REZEPT 2 Eier trennen und das Eiweiß zu einem steifen Schnee schlagen. Das Eigelb mit 150 ml Bier (vorzugsweise Export), 2 TL Sonnenblumenöl und 1 Prise Salz verschlagen. Nach und nach 125 g Mehl einrühren, anschließend den Eischnee unterheben. In den dünnflüssigen Teig etwa 20 Blüten der Wilden Möhre tunken und sofort in heißem Öl ausbacken. Die Garzeit beträgt 2 bis 3 Minuten. Famose Beilage an hellem Fleisch mit Reis.

eudeutsch spricht man seit geraumer Zeit von To-do-Listen, meist, wenn es um Sachen geht, die eigentlich getan werden müssten, leider aber, und zwar gleichfalls seit geraumer Zeit, auf Halde oder sonst wo liegen. Grundsätzlich mag ich die deutsche Sprache und weiß viele ihrer Feinheiten zu schätzen. Ein Anhänger der reinen Lehre bin ich freilich nicht. Zum Beispiel geht mir der eingangs genannte, aus englischen wie lateinischen Versatzstücken zusammengesetzte Mischbegriff wesentlich leichter über die Lippen als ein durch und durch einheimisches „Zusammenfassung baldigst zu erledigender Aufgaben“ oder wie man eine solche Aufzählung andernworts vielleicht noch nennen könnte. Also, auf meiner To-do-Liste, Abteilung Wildkräuter, steht das Kochen mit Wurzeln der Wilden Möhre (Daucus carota subsp. carota). Ich weiß, dass man die Wurzeln dieser zweijährigen Pflanze im ersten Jahr sammeln sollte, da sie dort angereicherte Zuckerstoffe im zweiten zum Ausbilden ihrer Blütenstände benötigt. Ich weiß auch, dass sie schmackhaft und vitaminreich sein sollen, angeblich sogar etwas süßer und aromatischer als die uns geläufigen Gartenmöhren respektive Karotten. In deren Genpool stößt man im Übrigen nicht nur auf ihre indigene wilde Verwandte, sondern auch auf die südeuropäische Daucus carota subsp. Maximus sowie die orientalische Daucus carota subsp. Afghanicus. Die Karotte, sie teilt sich mit Rote Beete und Zwiebel den dritten Platz auf der Liste aller in Deutschland beliebten Gemüsesorten, dürfte demzufolge gleich mehrere Migrationshintergründe haben. Wann und von wem sie erstmals gezüchtet wurde, liegt im Dunklen. Bereits im antiken Rom kannte man beide Arten. Überliefert sind

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Schriften des griechischstämmigen Arztes Pedanios Dioskurides. Er lebte im 1. Jahrhundert n. Chr. unter den Kaisern Claudius und Nero. Aufgrund offenbar bereits ihm bekannter Wirkund Inhaltsstoffe zog Dioskurides die Wilde Möhre vor. Von dieser lassen sich die Wurzel und überdies so gut wie alle Pflanzenteile verwenden. So können Sie sich beispielsweise auf ein herzhaft würziges Gericht freuen, wenn Sie die Blütenstände frittieren. Am Rande sei erwähnt, dass die Küchentechnik des Frittierens weltweit verbreitet und viel älter ist als sämtliche Zuchtergebnisse der Gattung Daucus. Das begann ja nicht in Belgien und mit Pommes. Wobei der Preußenliebling Kartoffel sowieso aus Südamerika stammt.

Die Wilde Möhre gehört zur Familie der Doldenblütler und ist fast weltweit verbreitet. Im Gegensatz zur Gartenmöhre ist ihre Speicherwurzel bleich. Die Blüten der Wilden Möhre sind eine Hauptpollenquelle für Sandbienen.


KULTUR

Giuvlipen heißt Feminismus Hinter den grauen Mauern eines freien Theaters in der nordwest-rumänischen Stadt Cluj frisiert die Roma-Schauspielerin Elena Duminica das Haar ihrer Kollegin Mihaela Dragan. Währenddessen wird die Bühne für eine Aufführung von „Gadjo Dildo“ eingeleuchtet. Das Stück ist eine kabarettistische Performance, inspiriert von Erfahrungen mit Sexismus und Rassismus, dem Romnija – Roma-Frauen – in Rumänien ausgesetzt sind. Der Name des Stücks spielt mit dem Filmtitel „Gadjo Dilo“ von 1997, der auf Romanes „verrückter Fremder“ bedeutet. Romanes ist die Sprache der zwei Millionen Roma im Land, rund einem Zehntel der Bevölkerung. „Gadjo Dildo“ ist das Debüt der feministischen Roma-Theatergruppe „Giuvlipen“, die Mihaela Dragan 2014 mitgegründet hat. „Wir setzen uns dafür ein, dass Roma-Künstler eine Stimme erhalten, denn die Kunst der Roma ist weiterhin marginalisiert, nie wertgeschätzt und nur in Stereotypen präsent. Ich glaube, es ist unsere Aufgabe, Roma-Kunst zum Mainstream zu machen – und cool, damit Leute unsere Aufführungen besuchen und darüber reden.“ Da es im Romanes kein Wort für Feminismus gibt, erfanden Dragan und ihre MitstreiterInnen eines: „Giuvlipen“ („giuvli“ bedeutet Frau, die Endung -ipen steht für -ismus). Die Stücke und Performances der gleichnamigen Theatergruppe handeln von Diskriminierung und arrangierten Kinderehen, dem fehlenden Zugang zu Bildung oder LGBT-Themen. Roma sind Europas größte Minderheit. Von geschätzt zehn bis zwölf Millionen lebt mehr als die Hälfte in der EU, der seit 2007 auch Rumänien angehört. Die Weltbank schätzt, dass in Rumänien neun von zehn Roma, die meisten von ihnen Kinder, in absoluter Armut leben, ohne Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Inzwischen gibt es Programme zur sozialen Inklusion und Antidiskriminierungsgesetze, doch der Rassismus reicht Jahrhunderte

Eine Theatergruppe rumänischer Romnija bringt den Kampf gegen Rassismus und den gegen überkommene Traditionen auf die Theaterbühne. Text: Andreea Campeanu und Luiza Ilie | Foto: Giuvlipen

zurück und verschwindet nicht einfach. Bis weit ins 19. Jahrhundert wurden Roma in Rumänien als Sklaven gehalten. Rund 25.000 Roma wurden während des Zweiten Weltkriegs deportiert, als Rumänien Alliierter von Nazideutschland war. Beinahe alle kamen ums Leben. „Giuvlipen“ erzählt diese Geschichten und zeigt gleichzeitig die Kultur der Roma als „lebendig, gegenwärtig, avantgardistisch, progressiv“, sagt Mihaela Dragan, die auch zum Ensemble des Berliner Maxim-Gorki-Theaters gehört. Im vergangenen Herbst tourte „Giuvlipen“ unter dem Motto „Das Roma-Theater ist nicht nomadisch“ durchs Land. Ziel ist ein staatlich finanziertes Haus. Rumänien finanziert Theater der jüdischen, ungarischen und deutschen Minderheiten. „Giuvlipen“ kann nun einen formellen Förderantrag stellen und hat bereits Mitglieder des Stadtrats in seine Vorstellungen eingeladen. „Wir brauchen eine zeitgenössische RomaKultur, denn die Leute kennen nur die Überzeichnungen, die sie im Fernsehen sehen“, sagt „Giuvlipen“-Schauspielerin Zita Moldovan. „Ein Roma-Theater könnte Geschichten erzählen, die gleichermaßen hilfreich für uns und für die rumänische Bevölkerung sind“, sagt sie. Mit freundlicher Genehmigung von Reuters / INSP.ngo

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Kalender August S eptemb er

Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund. Teilnahmeschluss ist jeweils drei Tage vor der Veranstaltung. Bei mehreren Teilnehmern entscheidet das Los. Die Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich. Eine Weitergabe der Daten an Dritte erfolgt grundsätzlich nicht, mit Ausnahme an den jeweiligen Veranstalter (zum Beispiel um ihren Namen auf die Gästeliste zu setzen). Sie erhalten ca. einmal jährlich postalisch Informationen zu den Aktivitäten unseres Vereins. Dem Erhalt können Sie jederzeit widersprechen. Eine weitergehende Datenverarbeitung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Weitere Hinweise zum Datenschutz entnehmen Sie unserer Homepage unter www.bodoev.de.

mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Im Anschluss wird Yoko Schlütermann, Leiterin der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in der Auslandsgesellschaft, einen Vortrag zum Thema „Japanische Atompolitik – warum Japan auf Atomkraftwerke nicht verzichten kann“ halten. Hiroshima-Platz, Dortmund, 17 Uhr

SA 04 | 08 | 18 Ausstellungseröffnung | Jendreiko & Kallabris: The Ping of Pongs The Ping of Pongs ist eine Vier-KanalKlanginstallation für zwei Bandmaschinen, zwei Körperwandler, eine Magnetbandschlaufe und vier Schallwandler. The Ping of Pongs versteht das Tischtennisspiel als Metapher der sozioökonomischen Grundlagen des Gesellschaftslebens und widerlegt das phänomenologische Dogma von der „Unretournierbarkeit der Gabe“. Jede An-Gabe, jeder Aufschlag wird wiedergegeben, bis sie sich im Rauschen des geselligen Austauschs von Schlägen verlieren, um endlich im unendlichen Murmeln der Diskurse aufgehoben zu werden. Bis 19.8. Ping Pong Gallery c/o Trinkhalle, Bochum, Mo. bis So. 17 – 1 Uhr

Musik | Qualitätsroutenkonzerte Die Philharmoniker gehen in die Stadt. In verschiedenen Geschäften des inhabergeführten Dortmunder Einzelhandels gibt es kurze Konzerte zu hören: Kleine Ensembles, vom Streichtrio bis zum Blechbläser-Ensemble, packen ihre Instrumente aus und spielen ihre ganz persönlichen Lieblingsstücke. Das bedeutet: Klassik ganz nah, zwischen Blumen oder Kleiderständern. Eintritt frei. Weitere Termine: www.theaterdo.de BlumenCompany Kersting, DO, 17.30 Uhr

MO 08 | 08 – SO 12 | 08 | 18 Essen & Trinken | Bochum kulinarisch Am 8.8. heißt es wieder „Bochum kulinarisch“. 16 Restaurants aus Bochum, Hattingen und Witten werden in diesem Jahr ihre kulinarischen Köstlichkeiten in der Bochumer Innenstadt unter dem Motto „Braten trifft Bauch“ anbieten. Mit dabei sind: An de Krüpe, Borgböhmer’s „Waldesruh“, Diergardts „Kühler Grund“, Franz Ferdinand, Gasthaus Weiß, Haus Kemnade, Hoppe’s

MO 06 | 08 | 18 Mahngang & Vortrag | 73 Jahre nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki Nach dem Mahngang wird eine Vertreterin der International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN) einen Vortrag in der Bürgerhalle im Dortmunder Rathaus über ihre Aktivitäten halten. ICAN wurde 2017

sinn.esslust, Kümmel Kopp, Livingroom, Meistertrunk, Pablo, Strätlingshof, Takeshi, Tucholsky, Vitrine und das Waldhaus. Boulevard, Bochum

MI 15 | 08 | 18 Kinder | Mit Helm und Federbusch Unter Tage bei ihrer harten und schmutzigen Arbeit brauchten die Bergleute gute Schutzkleidung. Über Tage dagegen trugen sie zu besonderen Anlässen schon immer festliche Tracht mit einem speziellen Schachthut. Diesen Schachthut können sich Kinder ab 6 Jahre an diesem Nachmittag basteln. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum, 13 Uhr (auch 16 Uhr)

DO 16 | 08 | 18 Kabarett | RuhrHOCHdeutsch: Philip Simon – „Meisenhorst“ In welcher Welt wollen wir leben? Wer sind wir, und wer kann uns das noch bestätigen? Und: Tun wir das Richtige? In einer Zeit, in der es scheinbar mehr Fragen als Antworten gibt, zerlegt Philip Simon sein Innerstes auf der Bühne, um die Bausteine zu erkennen, aus denen wir unsere Realität zimmern. Und er stellt fest: Wir haben eine Menge Meisen. Unser geistiger Horizont ist ein Vogelnest, und Philip Simon zieht in die entscheidende Schlacht um die Herrschaft im Meisenhorst. Spiegelzelt, Dortmund, 20 Uhr

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Micro!Festival

24. bis 26. August Dortmund, Innenstadt

Französische Chansons, britisches Straßentheater, türkischer Jazz treffen auf deutsches Trapeztheater, belgischen Slapstick und georgische Tänze – das ist das MICRO!Festival. Am letzten Augustwochenende, vom 24. bis 26. August, bringt das Kulturbüro Dortmund wieder internationales Straßentheater und Weltmusik auf den Friedensplatz. Und zugleich ist es die 25. Auflage des internationalen Umsonst- und Draußen-Festivals. 17 Gruppen mit Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt sind mit dabei. Schon zum Auftakt wärmt die Salsa-Band „Macondito“ (24.8., 17 Uhr) die Tanzmuskeln auf, „Rosario Smowing“ aus Argentinien oder Flavia Coelho (26.8., 20.15 Uhr) halten sie warm. Die „Compagnie Charlie“, les P’tits Bras, das Teatro So oder die Kinderkulturkarawane, ein Projekt mit südafrikanischen Straßenkindern, bieten mit Slapstick, Artistik und Tanz eine Abwechslung zu den Konzerten auf dem Friedensplatz. Alle Infos: www.microfestival.dortmund.de

FR 17 | 08 | 18 Kunst & Kultur | Ruhrtriennale: Third Space – Öffentlichkeit im Schwebezustand Die Künstlergruppe raumlaborberlin gestaltet den Vorplatz der Jahrhunderthalle Bochum als Baustelle. Ob beim morgendlichen Bauen, gemeinsamen Filme schauen, beim Tanzen unter freiem Himmel auf der Flugzeugplattform oder bei hitzigen Diskussionen gilt: Der Third Space ist ein Ort der Versammlung für alle. In Lesungen, Performances, Filmen, Diskurs und Party wird der Frage nachgegangen: Was heißt Teilhabe an Öffentlichkeit und wie wird sie sichtbar? Infos: www.ruhrtriennale.de Jahrhunderthalle, Bochum

SA 18 | 08 | 18 Musik & Kunst | Zeltfestival Ruhr: Artur und Linda Bewaffnet mit einer Loopstation verzaubert die Bochumer Musikerin Linda Bockholt bei

dieser Mix-Media-Show die Ohren des Publikums. Währenddessen sorgt Artur Fast mit seiner Livemalerei für den visuellen Part. Mit Grafiktablet, Laptop und Beamer zaubert er digitale Kunstwerke, und man kann miterleben, wie Welten und Figuren erschaffen werden. Kemnader See, Bochum, 18 Uhr Party | Rock It! Kevin Lietz und DJ Hamsti Bamsti bringen alles auf die Plattenteller, was das Gitarrenherz zum Glühen bringt: Mit ihrem Set aus 90s Rock, Alternative, Rock Classics und Hard Rock liefern sie den perfekten Soundtrack für eine ordentlich durchtanzte Partynacht. In dieser Nacht treffen AC/DC auf Pearl Jam, Beatsteaks auf Metallica, Nirvana auf Billy Talent oder auch Led Zeppelin auf die Foo Fighters. Wenn es doch einmal zu wild werden sollte, sorgt der gemütliche Außenbereich für die nötige Entspannung der Tanzmuskeln. Großmarktschänke, Dortmund, 23 Uhr

SO 19 | 08 | 18 Satire | Zeltfestival Ruhr: Der Postillon Anne Rothäuser und Thieß Neubert, die Originalsprecher der Video- und Radionachrichten der meistgeklickten Satireseite „Der Postillon“, bringen die unabhängigen und schnellen Nachrichten des Internetmagazins auf die Bühne. Mal überspitzt, mal plakativ präsentieren sie irrwitzige Studien, Videoclips und die Newsticker. Neben dem humorvollen und mitunter bösen Blick auf Politik und Gesellschaft bleiben aktuelle Themen nicht verschont. Kemnader See, Bochum, 18 Uhr

MO 20 | 08 – FR 24 | 08 | 18 Kinder | Ferienprogramm: „Eine Reise um die Welt“ In den Sommerferien bietet das Kindermuseum mondo mio! von Montag bis Freitag ein spannendes Programm für Kinder von 8 bis 12 Jahren an. Dabei dreht sich alles rund um den Kontinent Afrika: Teilnehmer lernen etwas über die traditionelle Stoffdrucktechnik oder den fairen Handel mit Kakaobohnen. Zum Abschluss der Woche werden selbstgebaute Masken und Trommeln hergestellt und ein traditionelles afrikanisches Fest gefeiert. Eine Anmeldung zum Workshop ist erforderlich. Infos: www.mondomio.de Kindermuseum mondo mio! im Westfalenpark, Dortmund, tägl. 9 – 13 Uhr

DO 23 | 08 | 18 bodo verlost 2x2 Karten*

VERLOSUNG | RuhrHOCHdeutsch: Lioba Albus und Bruno „Günna“ Knust Wenn die beiden Urgesteine der Dortmunder Kabarettwelt sich Pointen, Wahrheiten und Überraschungen um die Ohren hauen, bleibt kein Auge trocken. Wenn das Ruhrgebiet auf das

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Sauerland knallt, dann ist das ein Urknall der kabarettistischen Art. Am Anfang war das Wort – und dann kam gleich die Frau, und der Spaß war vorbei. Weitere Termine: www.ruhrhochdeutsch.de Spiegelzelt, Dortmund, 20 Uhr

Kunst & Kultur | Ruhrtriennale: Nordstadt Phantasien / Club Kohleausstieg Theatermacher und Musiker Schorsch Kamerun will gemeinsam mit vielen City-Profis anhand einer temporären Aufwertungsbehauptung eine Blütezeit für ein plötzlich angesagtes Terrain durchspielen. Die TeilnehmerInnen blicken in das Filmset eines widersprüchlichen, aber hoch beliebten Kiezes, welcher auf dem Weg in eine nicht mehr zu bezahlende, angenehme Buntheit ist. Dieser außergewöhnliche Untersuchungsparcours für jeweils ca. 100 Personen findet sein Finale im Club Kohleausstieg – aka Rekorder –, wo mit wechselnden Konzerten weiter gefeiert wird. www.ruhrtriennale.de Nordstadt, Dortmund, 20 Uhr

FR 24 | 08 | 18 Musik | Final Fantasy XIV Orchestra Concert Ausgewählte Titel aus der umfangreichen Soundtrack-Sammlung von „Final Fantasy XIV“ Online werden live von einem kompletten Orchester aufgeführt. Die Eorzeanische Symphonie feierte vergangenen September Premiere in Tokio und präsentierte ein großangelegtes Symphonieorchester, einen Chor, renommierte Solisten und Ausschnitte aus dem Spiel, die synchron auf eine riesige Leinwand projiziert wurden. Konzerthaus, DO, 20 Uhr (auch 25.8.)

In Frankfurt sind es Wasserhäuschen, in Leipzig und Berlin Spätis – und im Ruhrgebiet eben Trinkhallen. Gefühlt gibt es im urbanen Ruhrgebiet nur wenige Menschen, die keine Stamm-Trinkhalle haben und keine Geschichten über „ihren“ Budenmann oder „ihre“ Verkäuferin erzählen können.

Tag der Trinkhallen

25. August

Ruhrgebiet

Diese Kultur will die Ruhr Tourismus GmbH am 25. August mit dem zweiten Tag der Trinkhalle feiern. 50 Buden, Trinkhallen und Kioske in Bochum, CastropRauxel, Dortmund, Duisburg, Essen, Herne, Marl, Mülheim oder Oer-Erkenschwick bieten an diesem Tag Limo, Pils und gemischte Tüte, Dosenravioli und Klopapier wie immer; dazu kommt ein buntes Kulturprogramm mit Musik, Lesungen, Kleinkunst und DJ-Sets. Eigens konzipierte Radtouren sollen an den teilnehmenden Routen entlang von Stadt zu Stadt führen. Alle Informationen zum Tag der Trinkhallen und eine Sammlung von „Budengeschichten“ und mehr gibt es unter www.tagdertrinkhallen.ruhr

VERLOSUNG | Sebastian Schnoy Sebastian Schnoy zeigt, mit welchen Tricks es Adel, Fabrikanten und Spekulanten in den letzten 3.000 Jahren gelang, sich die Taschen vollzustopfen. Warum sind alle Versuche, ohne Geld zu leben, am Geld gescheitert? Warum war Krösus so prägend? Welche Rolle muss Geld spielen, damit Geld keine Rolle mehr spielt? Und was meinte Henry Ford, als er sagte: „Wenn die Menschen das Geldsystem verstehen würden, gäbe es eine Revolution, noch vor morgen früh“? Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

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SO 26 | 08 | 18

Theater | Kohlhaas Mit der Pfändung zweier Pferde des Händlers Michael Kohlhaas beginnt eine der größten Kettenreaktionen der Literaturgeschichte, die buchstäblich mit Totschlag, Brand, Mord und schließlich Schafott endet. Was geschieht, wenn die Obrigkeit Unrechtes tut? Und was geschieht der Gerechtigkeit, wenn durch die eigene Rache Unschuldige zu Schaden kommen? Solo-Darsteller Marco Massafra erzählt die Geschichte des betrogenen Rächers aus einer bemerkenswert heutigen Perspektive. Rottstr.5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

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Präsentiert von

Open Air Friedensplatz Dortmund

31. Aug. –– 02. Sept. 2018 Tickets und Infos unter www.cityringkonzerte.de

Dortmunder Philharmoniker #CRK2018

Schirmherr: Oberbürgermeister Ullrich Sierau

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Ritorna Vincitor

Groove Symphony

Die kleine Meerjungfrau

A Night Full Of Stars

Freitag, 31. August 20:00 Uhr, Friedensplatz Dortmund

Samstag, 01. September 20:00 Uhr, Friedensplatz Dortmund

Sonntag, 02. September 11:00 Uhr, Friedensplatz Dortmund

Sonntag, 02. September 19:00 Uhr, Friedensplatz Dortmund


UNSER NETZWERK IN ZAHLEN

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KALENDER Kabarett | RuhrHOCHdeutsch: Florian Schröder – „Ausnahmezustand“ In Zeiten ansteigender Hysterie stellt Florian Schröder Fragen: Wie kommt das Böse in die Welt? Und wie kriegen wir es da wieder raus? Wie nahe Gut und Böse, Liebe und Hass, Freund und Feind beieinander liegen, weiß jeder, der einmal morgens um sieben am Straßenverkehr teilgenommen hat. Lässig spannt er den Bogen von großer Weltpolitik bis zu den kleinen Fragen des Alltags. Spiegelzelt, Dortmund, 20 Uhr

FR 31 | 08 | 18 VERLOSUNG | MUK.E 18 MUK.E ist vielen ein Begriff für elektronische Industrialsounds und digitalen Antipop. Dieses außergewöhnliche Festival findet schon zum sechsten Mal im Dortmunder FZW statt. Als Headliner konnten die spanischen Industrial-Legenden Esplendor Geométrico für einen ihrer raren Auftritte gewonnen werden. Ebenfalls dabei sind Crim3s, Gatto Nero, Hysteresis, Last Days Of S.E.X. und Dazzling Malicious. FZW, Dortmund, 19.30 Uhr

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15.09.18 CARNE VALE! - Tanz-Performance im Rahmen von Favoriten 2018

22.09.18 DJELEM DJELEM - das Roma-Kulturfestival

27.09.18 Theater Dionysos: „zwischenRÄUME“

28.09.18 WE ROCK QUEEN - Das Tribute-Erlebnis

Leopoldstr. 50-58 · 44147 Dortmund Tel. 0231 50-25145 · Fax 0231 50-26019 facebook.com/DietrichKeuningHaus 28

Was 1986 mit dem politischen Kampf einer Besetzung begann, hat sich bis heute zur Heimat vor allem von Kreativen und KünstlerInnen entwickelt: der Union Gewerbehof. Direkt neben dem früheren Gelände von Hoesch Spundwand feiern die Verlage, FotografInnen, KünstlerInnen und Vereine am 9. September ihr Sommerfest mit Flohmarkt.

Sommerfest im Union Gewerbehof

9. September, 11 bis 16 Uhr Huckarder Str. 10 – 12 Dortmund

Auf dem Gelände an der Huckarder Straße sind heute Vereine wie Die Urbanisten oder Brautum angesiedelt, aber auch das Eis der Eisdiele „Hitzefrei“ im Kreuzviertel entsteht hier. Alle stellen sich und ihre Arbeit beim Sommerfest vor, bieten selbstgemachte Eis- und Bierkreationen an und erzählen von sich. Die Urbanisten-Manufaktur startet eine offene HolzWerkstatt. Dazwischen können Flohmarktfans an den Ständen mit Trödel, Tand und Tinnef Neues finden. Jeweils um 14.30 Uhr und um 16.30 Uhr gibt es einen Rundgang zur Geschichte des Union Gewerbehofs.

SA 01 | 09 | 17 Festival | Lazy-Dub-Musikfestival Der Lunatic Circus öffnet unter dem Motto „Be lazy“ wieder seine Pforten zum jährlichen Lazy-Dub-Musikfestival. Auf dem Programm stehen Live-Musik, DJ-Sets von lokalen DJs, Workshops, jede Menge Spaß für Jung und Alt und ein abwechslungsreiches kulinarisches Angebot. Eintritt frei. Stadtpark, Bochum, 12 – 22 Uhr Musical | Zeltfestival Ruhr: Peter Pan Peter Pan ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden, Kindbleiben und Träumeleben. Das Theater Lichtermeer nimmt die Zuschauer mit auf eine fantastische Reise nach Nimmerland. Klein und Groß fiebern gemeinsam mit, wenn Peter Pan und Wendy mit den verlorenen Jungen und der Fee Tinkerbell gegen Capt’n Hook antreten. Kemnader See, Bochum, 13 Uhr VERLOSUNG Cityring-Konzerte: do bo Groove Symphony verlost 2x2 Minimal Techno und Karten* House treffen auf ein Orchester zwischen ganz großer Oper und Bigband-Jazz – das ist die Groove Symphony des Jahres 2018 auf dem Friedensplatz. Dieser tanzbare Sommersound wird präsentiert von den Szenegrößen Andreas Henneberg & The Glitz. Sie verwandeln den Friedensplatz gemeinsam mit den Dortmunder Philharmonikern in den größten Open Air-Club der Stadt. www.cityringkonzerte.de Friedensplatz, Dortmund, 20 Uhr

SO 02 | 09 | 18 VERLOSUNG Cityring-Konzerte: Die kleine Meerjungfrau Mit gleich vier OpenAir-Events an drei Tagen kehren die Dortmunder Philharmoniker zusammen mit hochkarätigen Gästen zurück auf den Friedensplatz. Ein wunderschönes Märchen in musikalischem Gewand, erzählt von Claus Dieter Clausnitzer, steht im Mittelpunkt des Familienkonzerts. Die kleine Meerjungfrau ist die Tochter des Meerkönigs. Eines Tages verliebt sie sich in einen Menschenprinzen und ist bereit, für ihre Liebe die größten Opfer zu bringen. www.cityringkonzerte.de Friedensplatz, Dortmund, 11 Uhr

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MI 05 | 09 | 18 Vortrag | Nie wieder ärgern Hand aufs Herz: Jeder gerät immer wieder in Situationen, die den Blutdruck steigen lassen. Und das, obwohl man eigentlich weiß: Ärgern ist reine Energieverschwendung. Wie die Energie des Ärgers in bewusste Handlung umgesetzt werden kann, zeigt Coach Christian Bremer in seinem interaktiven Vortrag. DASA, Dortmund, 17 Uhr Musik | „Sing Mit“ – Das Mitsing-Konzert Musik kann in uns hineinfahren wie ein Blitz. Sie kann zu Tränen rühren, zum ausgelassenen Tanzen verführen und uns an Orte und in vergangene Zeiten zurückführen. Diese Erinnerungen möchte Andreas Löbbecke beim Mitsing-Konzert wieder aufleben lassen. Der


Text wird auf eine Leinwand projiziert, Gitarre und Piano unterstützen den Gesang. Das Einzige, was fehlt, ist das Lagerfeuer. WerkStadt, Witten, 20 Uhr

DO 06 | 09 | 18 Musik | SONIQ – South America Das Musikerkollektiv SONIQ wurde 2016 von der deutschen Saxofonistin und Komponistin Christina Fuchs, dem südindischen Perkussionisten Ramesh Shotham und dem deutschindischen Komponisten und Pianisten Jarry Singla gegründet. Das aktuelle SONIQ Projekt „South America – Make Dialogue Great Again“ widmet sich dem Dialog mit lateinamerikanischen MusikerInnen. An diesem Abend werden Laura Robles, Demiàn Ornstein und Sabeth Perez mit auf der Bühne stehen. domicil, Dortmund, 20 Uhr Musik | Wolf People Am 6.9. kommt die Psychodelic-Rockband Wolf People aus England erstmals seit ihrer Show im Jahr 2011 zu ihrem Debütalbum zurück ins FZW. Mittlerweile sind zwei weitere Alben erschienen und die Einflüsse aus 70s Rock, britischem 60s Folk und lärmenden Blues noch enger zusammengewachsen. FZW, Dortmund, 20 Uhr Theater | Theaterfestival Favoriten: Fin de Mission / Ohne Auftrag leben Das kamerunische Theater OTHNI und das kainkollektiv setzen zur Oper(ation) am Herzstück europäischer Kultur an: Als im Jahr 1607 die erste Oper der Weltgeschichte zur Aufführung kommt und Eurydike als Ausgeschlossene das Boot Richtung Unterwelt besteigt, legt weit entfernt ein

weiteres Boot zu einer gewaltsamen Reise ab. In der Begegnung unterschiedlichster Musiktraditionen entsteht eine beeindruckende Theaterarbeit über das „Gedächtnis der Sklaverei“. Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr

FR 07 | 09 | 18

sweetSixteen-Kino | draußen

VERLOSUNG | Ingo Oschmann Ingo Oschmanns Jubiläumsprogramm hat es in sich. 25 Jahre und 10 Programme schwer, zeigt dieser Querschnitt seines Schaffens, mit welcher Leichtigkeit er zeitlos durchs Leben geht. Ob Impro, Stand-up, Zaubern oder auch mal mit leisen Tönen: Oschmann schafft es immer wieder aufs Neue, sein Publikum zu begeistern. Abwechslungsreich, warmherzig, offen, persönlich, lustig und intelligent geht er auf sein Publikum ein, ohne verletzend oder langweilig zu sein. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

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FR 07 | 09 – SO 09 | 09 | 18 Musik | Bochumer Musiksommer Bochum Marketing präsentiert vom 7. bis 9. September zum zwölften Mal den Bochumer Musiksommer in der City. Auf mehreren Bühnen und an weiteren speziellen Spielorten treten rund 1.000 Aktive mit über 100 Programmpunkten von Klassik über Jazz bis zu elektronischer Musik auf. Das komplette Programm wird demnächst auf www.bochumermusiksommer.de veröffentlicht. Eintritt frei. Innenstadt, Bochum Anzeige Freitag, 24.08.2018 17.00 h Macondito Deutschland 18.00 h Die Maiers Deutschland 18.30 h Bash Street Theatre United Kingdom 19.15 h DAGADANA Polen / Ukraine 20.15 h Cie Bazarnaüm Production Frankreich 21.00 h CARROUSEL Schweiz / Frankreich Samstag, 25.08.2018 17.00 h Kozma Orkestar Deutschland 18.00 h Die Maiers Deutschland 18.30 h TAN Deutschland / Türkei 19.30 h TEATRO SÓ Deutschland / Portugal 20.00 h Rosario Smowing Argentinien 22.00 h Les P’tits Bras Frankreich Sonntag, 26.08.2018 16.00 h Die Blindfische Deutschland 17.00 h Compagnie Lapadou Deutschland 17.30 h Kinderkulturkarawane: M.U.K.A. – Project Südafrika 18.30 h Compagnie Charlie Belgien 19.15 h MAMULI Georgien 20.15 h Flavia Coelho Brasilien

„draußen“ portraitiert Matze, Elvis, Peter und Sergio, die in Köln auf der Straße leben. Ausgehend von persönlichen Gegenständen, die aufgeladen sind mit Erinnerungen und Emotionen, öffnet der Film das Tor zu einer Welt, die sonst verschlossen bleibt. Und über diese persönlichen Gegenstände mit eigener Geschichte kommt der Film den vier Männern sehr nah. Die Filmemacherinnen machen daraus ein künstlerisch beeindruckendes Filmerlebnis, eine atmosphärisch, formal und inhaltlich fesselnde Begegnung mit vier Schicksalen, bei der die Gegenstände, die die Protagonisten besitzen, immer wieder in den Mittelpunkt geraten. Aus dem würdevollen Miteinander von Menschen und Dingen entwickeln sich verblüffende und anrührende Einblicke in das Leben außerhalb der Gesellschaft. Nachdem „draußen“ auf mehreren Festivals gezeigt wurde, unter anderem beim Internationalen Frauenfilmfestival in Dortmund im April, kommt er nun in die deutschen Kinos. Zum Bundesstart am 30. August laden das sweetSixteen-Kino und bodo um 19 Uhr zur Premiere mit Filmgespräch. Doku, DE 2018, 80 Min, Regie: Johanna Sunder-Plassmann, Tama Tobias-Macht Spielzeiten und Infos: www.sweetSixteen-Kino.de sweetSixteen-Kino Immermannstr. 29, 44147 Dortmund www.sweetsixteen-kino.de

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Das sweetSixteen-Kino lädt in Kooperation mit bodo e.V. die Regisseurinnen Johanna Sunder-Plassmann und Tama Tobias-Macht am 30. August nach bodo Dortmund ein, um verlost 1x2 ihren Dokumentarfilm Karten* „draußen“ vorzustellen. Im Anschluss an den Film wird Bastian Pütter, Redaktionsleiter des Straßenmagazins, mit den Gästen ein Filmgespräch führen.

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Kaffee und TV

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Das Straßenmagazin „=Oslo“ betreibt nicht nur eine edle Kaffeebar im Herzen der norwegischen Hauptstadt, in der Verkäufer des Magazins, die meisten mit einer Suchtgeschichte, arbeiten. Das Lokal mit dem Namen „=Kaffe“ hat auch eine eigene Fernsehshow. Die TV-Sendung „Petter Uteligger“ (Obdachloser Petter) – eine neue Chance“ läuft auf dem norwegischen Sender TV2.

SERGIO MARANI kam über das italienische Straßenmagazin Scarp de‘ tenis zu seinem neuen Job.

Von Even Skyrud | Foto: =Oslo

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Im vergangenen Jahr begann Sergio bei Scarp, nachdem er während eines Nachbarschaftsfests seine Mitarbeit angeboten hatte. Er fing dann in der Gegend, wo er wohnte und wo ihn viele Leute bereits kannten, gleich als Verkäufer an. Das Erste, was einem bei Sergio auffällt, sind seine Tatkraft und sein Lächeln. Jahrelang hat er auf Baustellen gearbeitet, doch als seine Firma zumachte, konnte er keinen neuen Job finden. Mit 57 war es nicht leicht. Für eine Weile schlug er sich alleine durch, auch weil er die schwierige Wohnungssituation seiner Familie nicht verschlimmern wollte.

=Oslo, Norwegen

Vor etwa anderthalb Jahren, als es nicht mehr anders ging, kam er zur Obdachlosenhilfe „Il Samaritano“ (Der Samariter). Einmal dort, arbeitete er bald in verschiedenen Bereichen der Hilfsorganisation mit, bis er schließlich mit Tischler- und anderen Holzarbeiten betraut wurde: Panare (traditionelle, runde Schneidbretter für Polenta), Spielzeug, kleine Möbel zum Selbstaufbau, ein ganzer Zoo stilisierter Tiere und vieles mehr. Vor ein paar Monaten ist er aus der Notunterkunft des Vereins in eine Wohnung in einem Wohnprojekt umgezogen. 30

er schicke und charmante Raum in der Akersgata 32 ist bereits zu einer Institution in der ohnehin pulsierenden Osloer Cafélandschaft geworden. Premierministerin Erna Solberg war schon hier, ebenso Kronprinz Haakon und seine Frau Mette Marit. Die Reisebibel „Lonely Planet“ empfiehlt „=Kaffe“ als eine der besten Kaffeebars in Oslo. Gleichzeitig ist das Lokal wohl das einzige in Norwegen mit einer eigenen TV-Show. Der Fernsehproduzent Petter Nyquist kennt


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„=Oslo“ schon lange. Im Winter 2014 lebte er für seine Fernsehsendung „Petter Uteligger“ 52 Tage lang auf den Straßen Oslos. In der ersten „Petter Uteligger“-Show ging es darum, die Menschen auf der Straße in ihrem eigenen Element zu treffen, zu zeigen, wo sie ihre Tage verbringen – und zwar zu ihren eigenen Bedingungen, sagt er. Dann kam „Von der Straße zum Nordkap“. Es ging darum, Menschen auf der Straße aus diesem Leben herauszuholen, aus festen Mustern, ihnen eine Chance zur Veränderung zu geben. Über einen Monat lang begleitete das Filmteam die sieben Hauptfiguren der Show. Während dieser Zeit war es ihr Ziel, eine elegante Kaffeebar in einem leeren und ziemlich heruntergekommenen Raum in Akersgata zu schaffen. Und „nebenbei“ vollwertige Baristas zu werden, die bereit sind, alle Arten von koffeinhaltigen Getränken für die anspruchsvollsten Kunden der Hauptstadt zu servieren. Alle Mitarbeiter haben eine Drogenabhängigkeit hinter sich, einige von ihnen nehmen immer noch Drogen. Fast alle von ihnen waren „=Oslo“-Verkäufer. Petter: „Aus Erfahrung weiß ich, dass Menschen, die unter diesen Umständen leben, nicht immer in der Lage sind, Termine einzuhalten. Sie haben andere Prioritäten. Unvorhergesehene Dinge können passieren, sie können einen wirklich schlechten Tag haben.“ Trotzdem eröffnete die Kaffeebar im Juni vergangenen Jahres pünktlich – mit einem Straßenkonzert.

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Die Geschichten der neuen Baristas haben Petter bewegt. Er lernte Christer Modin (Foto) während seiner Zeit auf den Straßen von Oslo kennen, und seitdem sind sie in Kontakt. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn man sich die erste Episode anschaut und sieht, wie müde und krank Christer damals war, mit versagenden Nieren und offenen Wunden an seinen Beinen. Heute steht er im Café hinter der Theke, strahlt, macht Cappuccinos und scherzt mit den Kunden. Das allein war die ganze harte Arbeit wert.“ „Und es war manchmal harte Arbeit“, sagt Barista Gro Anita Flaen Sakestad. Wie Christer arbeitet Gro Anita bei „=Kaffe“. „Ich bin so glücklich, von Anfang an mit dabei zu sein, so etwas aufzubauen“, sagt sie. „Es war fantastisch, das zu erleben.“ Und fügt hinzu: „Es ist merkwürdig, mich am Anfang der Sendung über ,=Kaffe‘ zu sehen, weil ich damals noch Drogen nahm.“

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REPORTAGE

Die Göttin Xochiquétzal ist in der aztekischen Mythologie mit weiblicher Sexualität, Schönheit und Fruchtbarkeit verbunden. Sie ist auch Beschützerin der jungen Mütter und des von Frauen ausgeübten Handwerks. Nach ihr ist die Casa Xochiquétzal in Mexiko-Stadt benannt, eine Unterkunft, die bedürftigen, älteren Sexarbeiterinnen Schutz bietet. Von Paula Garcia | Fotos: Bénédicte Desrus

Casa Xochiquétzal

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malia, 66, schminkt sich, bevor sie zur Arbeit auf den Straßen des Stadtteils La Merced in Mexiko-City geht. Seit 22 Jahren leidet sie an Schizophrenie, doch trotz des Stimmengewirrs arbeitet sie hart daran, den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. Um etwas Geld zu verdienen, sammelt sie Pfandflaschen und hilft auch beim Verkauf von Kleidung an einem Stand, den ihr Freund seit 31 Jahren betreibt. Jahrzehntelang hat sie als Prostituierte gearbeitet. Mit dem, was sie heute verdient, kann sie sich keine Wohnung leisten.

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Im Jahr 2000 bemerkte Carmelita Muñoz, selbst Prostituierte, dass ihre älteren Kolleginnen sich am Ende ihres Arbeitstages mit etwas Pappe bedeckten, um sich vor dem Regen zu schützen. Daraufhin beschloss sie, eine Gewerkschaft zu gründen, um das Problem der Obdachlosigkeit älterer Sexarbeiterinnen sichtbar zu machen und sich für das Wohlergehen der in diesem Sektor tätigen Frauen einzusetzen. 20 Frauen brachte Carmelita Muñoz zusammen.

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Einer der belebtesten Rotlichtbezirke in Mexiko-Stadt ist Circunvalación, hier findet man häufig ältere SexarbeiterInnen. Daran, dass auch Prostituierte alt werden, denkt kaum jemand, daran, was mit ihnen im Alter passiert, denkt niemand. Mit ihrer Arbeit verdienen sie im Laufe der Jahre immer weniger Geld. Sie müssen sich oft entscheiden, ob sie ihre wenigen Pesos für Essen oder das Mieten eines Zimmers

ausgeben und leben in vielen Fällen auf der Straße. Dass Frauen, die als Prostituierte arbeiten oder gearbeitet haben, von ihren Familien verstoßen werden, ist üblich, auch wenn ihr Einkommen jahrelang zum Unterhalt ihrer Familie beigetragen hat. Die mexikanische Gesellschaft stigmatisiert SexarbeiterInnen stark, was dazu führt, dass ihnen Unterstützung, auch seitens der Regierung, versagt bleibt.

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NICK SERVOS, 36, verkauft das Straßenmagazin Shedia in Athen.

Norma Angelica ist Bewohnerin der Casa Xochiquétzal. Das Haus in Mexico-Stadt steht offen für Frauen über 60, die in der Prostitution arbeiten oder gearbeitet haben.

„Mein stolzester Moment in diesem Jahr war, als ein Kerl mir gegenüber sehr aggressiv wurde. Statt darauf ebenso gewalttätig und aggressiv zu reagieren, habe ich mich ruhig verhalten. Genau das war für mich die Inspiration, einen Text zu verfassen, der auch in der Straßenzeitung erschien und viele Leser sehr berührt hat. Ich bin zurzeit in einem Rehabilitationsprogramm für Alkoholiker. Zusammen mit meinem eigenen Bemühen, mein Leben zu verbessern, sind sowohl die Therapie als auch die weitgehende kulturelle und finanzielle Krise meines Landes die größten Herausforderungen für mich. Im Moment wohne ich in einem Haus, das mir mietfrei angeboten wurde. Dafür habe ich mich verpflichtet, einige alte, auf dem Haus lastende Schulden zu begleichen und einiges im Hausinneren zu reparieren. Ich bin zwar noch nicht fertig, aber ich arbeite daran. Im September bin ich auf einem Konzert, das von Shedia ausgerichtet wurde, auf meine Mutter getroffen. Ich hatte zwei Jahre lang keinen Kontakt mehr zu meiner Familie. Wir haben miteinander geredet und geweint, und sie hatte mir sogar gesagt, dass mir die Familie wegen all der schlechten Ereignisse des vergangenen Jahres verziehen hätte. Es war ein sehr rührender Moment.“ 33


REPORTAGE

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Ihr Kampf war langwierig. Die Gewerkschaft wandte sich an Feministinnen wie Jesusa Rodríguez, die dazu beitrugen, dass ihr Anliegen auch bei der Regierung Gehör fand. Schließlich bekamen sie die Möglichkeit, aus fünf verschiedenen Immobilien in Mexiko-Stadt ein Haus auszuwählen, um dort eine Unterkunft einzurichten. Sie entschieden sich für ein Haus, das Ende des 18. Jahrhunderts auf der Plaza de Santa Lucía in Tepito gebaut worden war.

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„Ich komme aus der Provinz“, erzählt Sol, die in der Casa Xochiquétzal lebt. „Mit 14 kam ich in Mexiko-Stadt an, vor kurzem bin ich 60 Jahre alt geworden. Zuerst bin ich in eine Wohnung im Stadtteil San Ángel gezogen. Mein Mann hat mich dorthin gebracht. Wir haben geheiratet, als ich 18 war. Er war ein Österreicher. Wir hatten drei Kinder. Als er krank wurde und das Geld nicht mehr reichte, begann ich, mich den Männern anzubieten. Es tat mir weh, aber ich hatte keine andere Möglichkeit, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich

habe es gehasst und ich hätte lieber auf der Straße geschlafen. Aber für eine Frau ist es sehr schwierig, obdachlos zu sein. Man muss sich verstecken.“ Die Tage in der Herberge beginnen um 9 Uhr mit dem gemeinsamen Frühstück. Danach führt jeder Gast Reinigungsarbeiten im Haus durch, gefolgt von Freizeitangeboten vom Zeichenunterricht bis zum Kochkurs. Leiterin Jesica Vargas betreibt die Einrichtung mit drei Mitarbeiterinnen, Platz ist für bis zu 60 Frauen. Aus Mangel an Ressourcen können sie derzeit jedoch nur 20 aufnehmen. Um in die Casa Xochiquétzal aufgenommen zu werden, müssen Frauen älter als 60 Jahre sein und im Prostitutionsbereich arbeiten oder gearbeitet haben. Sie ist aber viel mehr als ein Ort zum Schlafen und Essen. Das Angebot besteht aus medizinischer Betreuung, Sitzungen mit Therapeuten und Unterstützung der Bewohnerinnen, wieder Beziehungen zu ih-

PUNITHA SUBHAGARAN, 38, verkauft das Schweizer Straßenmagazin Surprise im Kanton Bern. Von ihrem alten Leben in Sri Lanka, sagt sie, fehlen ihr nur ihre Eltern. „Der Bürgerkrieg in Sri Lanka ist der Grund, weshalb ich heute in der Schweiz lebe. Meine beiden Brüder sind schon früher ins Ausland geflüchtet, nach Südafrika und Kanada. Meine Zwillingsschwester Pushpa ist 2002 verschwunden. Sie war mit einem Kämpfer der Tamil Tigers verheiratet, die beiden hatten ein Baby. Eines Abends wollte sie mit ihrem Kind den Tempel besuchen und kam nie mehr zurück. Ich weiß nicht, was mit ihnen geschehen ist, auch nicht, wo ihr Mann geblieben ist. Meine Eltern wollten danach, dass ich das Land verlasse, damit ich ein sicheres Leben führen kann. Eine Tante von mir, die in der Schweiz lebt, machte mich schließlich mit einem tamilischen Mann bekannt, der schon länger hier ist. 2006 heirateten wir in Sri Lanka, 2007 wurde unser erster Sohn geboren. Unser zweiter Sohn ist dreieinhalb Jahre alt und geht in die Kita. So konnte ich einen Deutschkurs besuchen und im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von Surprise anfangen. Im Zug höre ich oft: „Hallo Punitha!“ – viele Leute kennen mich vom Heftverkauf. Mein Leben hier in der Schweiz gefällt mir sehr. Von meinem alten Leben in Sri Lanka fehlen mir nur meine Eltern. Zum Glück kann ich sie regelmäßig anrufen.“ 34

Amalia, 66, schminkt sich, bevor sie zur Arbeit geht. Mit dem, was sie heute verdient, kann sie sich keine Wohnung leisten.


„Für mich ist das Leben jetzt schön“ ren Familien herzustellen. „Als Carmelita hier ankam, war sie allein und hatte kein gutes Verhältnis zu ihrem Sohn“, sagt Jesica Vargas, die Leiterin der Herberge. „Trotzdem war er 20 Minuten später hier, um sicherzustellen, dass es seiner Mutter gut geht.“ Und Sol erzählt: „Meine Kinder wollen, dass ich bei ihnen lebe. Aber ich bin glücklich und fühle mich hier wohl. Wir haben gelernt, Liebe zu geben.“ Auch untereinander seien die Bewohnerinnen der Herberge wie Schwestern, erklärt Jesica Vargas: „An einem Tag verstehen sie sich wirklich gut und am nächsten

streiten sie. Wenn es jedoch Probleme gibt, die von außen kommen, schließen sie sich zu einer Gemeinschaft zusammen, um ihr Haus zu verteidigen.“ Viele der Frauen arbeiten noch immer auf der Straße, und während sie in der Herberge wohnen, können sie dies auch weiterhin tun. Die Casa Xochiquétzal ermöglicht ihnen eine höhere Lebensqualität. Auf sich selbst aufzupassen ist die wichtigste Regel, die die Bewohnerinnen befolgen müssen, Drogenkonsum ist tabu. Viele leiden auch an den für ihr Alter typischen chronischen und degenerativen

Krankheiten. Deshalb ist auch die richtige Ernährung in Xochiquétzal von grundlegender Bedeutung. „Für mich ist das Leben jetzt schön“, sagt Sol. „Ich liebe es, mit den kleinen Vögeln, die auf meinem Balkon singen, aufzuwachen. Für mich ist das das Leben. Dann denke ich an die große Bedeutung, die mein eigenes Leben hat. Jetzt kann ich das sein, was ich immer sein wollte, aber nicht sein konnte, weil ich meine Kinder ernähren musste. Jetzt liebe ich mich selbst, und die Casa Xochiquétzal ist mein Zuhause.“

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BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Liebe, Der Comic „Die romantische Liebe ist die zerstörerischste Idee in der Geschichte des menschlichen Denkens.“ Der Satz stammt von Toni Morrison, der großen US-amerikanischen Intellektuellen. In „Der Ursprung der Liebe“ kommentiert sie mit diesem Satz das Beziehungselend von Britney Spears. Nach diesem Muster richtet die schwedische Comiczeichnerin und studierte Politikwissenschaftlerin Liv Strömquist ein Comic-Mashup an: Zu Punchlines kondensierte psychologische und soziologische Theorien der Liebe treffen auf Alltagssituationen, auf Pop- und Celebrity-Geschichten. Wie nebenbei erzählt sie in Kurzepisoden feministische Kultur- und Sozialgeschichte. In acht Kapiteln seziert sie Rollenbilder, Beziehungspathologien, Herrschaftsund Marktmechanismen in der Hölle heterosexueller Paarbeziehungen über die Jahrhunderte. Ob es um den Zusammenhang von Liebesheirat und Kapitalismus geht, ob Nancy Reagan und Mary Welsh Hemingway zur „Männer-PflegeWM“ ihrer siechen Gatten antreten, ob am Beispiel rummackernder SitcomHelden wie Charlie Sheen oder eines sich strategisch rar machenden Mr. Big aus „Sex And The City“ männliche Herrschaftsstrategien analysiert werden, immer ist diese Abrechnung in Comicform laut, schlau, sehr lustig und – klar – auch ordentlich deprimierend. Liv Strömquist | Der Ursprung der Liebe ISBN: 978-3-945034-89-7 Avant | 20 Euro 36

Brasilianischer Sisyphos Es ist 2014, der schlimmste Sommer seit Jahrzehnten in der brasilianischen Millionenstadt Porto Alegre, die im Dreck, in Streiks, Kriminalität und Straßengewalt zu ersticken droht. In diesem Chaos treffen sich auf dem jüdischen Friedhof drei Enddreißiger wieder. Emiliano ist Journalist, Aurora Biologin, Antero leitet inzwischen eine Werbeagentur. Sie sind gekommen, um Andrei, „Duke“, der beim Joggen auf der Straße erschossen wurde, zu beerdigen. Als in den späten 1990ern das Internet noch eine Verheißung war – und nicht nur als Dotcom-Blase –, waren die vier „Orangotango“, die subversive „Speerspitze einer neuen Generation“. Ihr avantgardistisches Online-Magazin war die Zukunft – und ein Rausch aus intellektuellen Grenzüberschreitungen, Partys, Sex und Drogen. In einer Gegenwart des marktförmigen Internets von Google und Facebook ist an die Stelle des Idealismus die Leere getreten. Daniel Galera, geboren 1979, inzwischen einer der bekanntesten Schriftsteller Brasiliens, hat einen Roman der Ernüchterung geschrieben, verschwitzt und klar und gegenwärtig. Ein Roman über die Enttäuschung: über Pornografie und Gentechnik, über das Ende einer Gegenkultur und das Erwachsenwerden. Daniel Galera | So enden wir ISBN: 978-3-518-42801-6 Suhrkamp | 22 Euro

Drei Mal Frankreich Wo fängt man an? Vielleicht hier: Die Aufgeregten haben alle Recht. Vielleicht auch die, die „Das Leben des Vernon Subutex“ mit Balzacs „La Comédie humaine“ vergleichen. Bestimmt ist die Geschichte von Vernon, dem Plattenladenbesitzer, den das Internet um die wirtschaftliche Existenz bringt, die beste Bearbeitung des Themas Obdachlosigkeit der letzten Jahrzehnte. Aber es geht ja um viel mehr. Die Trilogie ist der französische Gesellschaftsroman der Gegenwart und trotz aller aggressiven Härte, trotz des Pop-Appeals und Kinothriller-Tempos ein großes Panorama: Das Gift des Islamismus und der Front National. Die Gentrifizierungsprozesse in der französischen Hauptstadt und die Armen, die die Stadt einfach ausspuckt. Die Hilflosigkeit angesichts dessen, dass Pop nicht aufs Älterwerden vorbereitet und so viel mehr. Zu dieser Wirkung trägt bei, dass es Virginie Despentes gelingt, auch die abseitigsten Figuren mit einer Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit zu zeichnen, die selten ist. Der dritte Teil, in dessen Zentrum das französische Trauma der Anschläge vom 13. November 2015 steht, erscheint am 7. September. Zeit genug, vorher die Bände 1 und 2 zu lesen. Virginie Despentes Das Leben des Vernon Subutex 1 – 3 ISBN: 978-3-462-04882-7 Kiepenheuer & Witsch | je 22 Euro


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REPORTAGE

Dans la rue – Auf der Straße Viele obdachlose Jugendliche in Montreal bekämpfen ihre Einsamkeit mit einem Haustier. Die kanadische Straßenzeitung L‘Itinéraire über die Unterstützung für obdachlose Tierhalter, die durch die Pflege eines Tieres oft aus Notübernachtungsstellen ausgeschlossen sind. Von Alexandra Guellil | Fotos: Mikael Theimer, Magalie Paquet

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Batman verdankt seinen Namen einem Muttermal auf dem Rücken, das vage an den Umhang des Superhelden erinnert. Erst im Dezember vergangenen Jahres haben ihn Nicolas und Angie adoptiert. „Das ist unsere Kleine“, lächelt Angie und legt eine Hand auf ihren runden Bauch. Die beiden jungen Erwachsenen im Alter von 22 und 20 Jahren werden bald Eltern sein – eine neue Lebensphase, die sie gemeinsam mit Batman beginnen werden. „Er schenkt dir Aufmerksamkeit und Liebe“, sagt Angie und betrachtet Batmans Bewegungen. „Er hat weniger die Persönlichkeit eines Hasen, sondern eher die eines Hundes.“

Wie an jedem ersten Mittwochabend des Monats bereiten Yaffa Elling und Étienne Lalonde, beide Jugendsozialarbeiter bei „Dans la rue“, die „Tierarztnacht“ vor. Als die ersten StudentInnen eintreffen, wird eine Kette gebildet, um 40 bis 50 Säcke mit Tierfutter im Keller einzulagern. „Die Futterpakete sind ein Geschenk von Saint-Hyacinthe. Aber ich rate den

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Neben Nicolas und Angie wartet David geduldig mit seinen beiden Kätzchen. „Ich hab 2013 auf der Straße gelebt und kam hierher, um zu Abend zu essen und andere Unterstüt-

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Das Paar kann immer am ersten Mittwoch des Monats bei „Dans la rue“ das Angebot der Tierklinik in Anspruch nehmen. Dass sie das können, ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Pater Emmett Johns, bekannt als „Pops“, und der verstorbenen Dr. Diane Blais von der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Montreal in Saint-Hyacinthe. Obwohl die Ressourcen der Klinik begrenzt sind, können Tiere hier geimpft und entwurmt werden. Außerdem können Tierbesitzer sich über Hygiene für ihr Haustier und Möglichkeiten der Sterilisation informieren, und, dank Kooperationen der Klinik, auch Tierfutterspenden und Medikamente mitnehmen.

zung in Anspruch zu nehmen.“ David arbeitet in der Prävention für drogenabhängige Jugendliche. Er spricht nicht viel über seine Vergangenheit, sagt aber: „Wenn man in diesem Bereich arbeitet, dann deshalb, weil man eine gewisse Erfahrung hat, die einem hilft, die jungen Leute zu verstehen, mit denen man es zu tun hat.“ Seine Katzen lindern seine Einsamkeit, helfen ihm, Depressionen zu vermeiden und dabei, Gesellschaft in seiner Wohnung zu haben.

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uf dem Gelände der Organisation „Dans la rue“, an der Ecke Ontario und Papineau Street, warten Nicolas und Angie auf den Tierarzt, der ihren Hasen Batman untersuchen wird. Hier ist der einzige Ort in Montreal, wo sie ihn kostenlos behandeln lassen können.

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HELMUT OTT verkauft in Steyr die oberösterreichische Straßenzeitung Kupfermuckn. Der Name der Zeitschrift bedeutet in der Sprache der Wohnungslosen Schlafplatz, Unterschlupf. „Der schönste Moment in diesem Jahr war, als ich mit meiner Ex-Frau nach zehn Jahren Trennung und Problemen mit Alkohol, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit wieder zusammengekommen bin. Seit Mai leben Anna-Maria und ich wieder zusammen in einer kleinen Wohnung, die ich nach zwei Jahren Obdachlosigkeit über die Straßenzeitung Kupfermuckn erhalten habe. Ich bin sehr stolz, dass ich nach dem tiefen Fall wieder ein Dach über den Kopf habe.

Dieses Jahr war wie Himmel und Hölle. Im Himmel war ich, als meine Frau zu mir zurückkam. Die Hölle ist die Diagnose Parkinson und eine schwere Lungenkrankheit, die mich im Sommer befiel. Trotz meiner Krankheit wurde mir die Pension dreimal abgelehnt, und so erhalte ich nur eine kleine Unterstützung als Arbeitsloser. Mit dieser Diagnose kann ich keine Arbeit mehr finden, und ohne Kupfermuckn würde ich die Wohnung und alles, was ich geschafft habe, wieder verlieren. Ich wünsche mir, so gut es geht, Gesundheit und Glück für meine Beziehung. In Österreich haben wir glücklicherweise Frieden und Wohlstand, den wünsche ich auch allen Menschen auf der ganzen Welt.“ 39


REPORTAGE

Jugendlichen immer, selbst in Tierfuttermärkten nach beschädigten Packungen zu fragen. Dadurch sind sie weniger abhängig von unseren Ressourcen und können sich ein weiteres Netzwerk aufbauen“, erklärt Etienne Lalonde. Die meisten jungen Menschen auf der Straße haben Haustiere. Das führt regelmäßig zu Problemen, da in Montreal nur eine einzige Notun-

„Es kommen viele junge Leute zu uns, deren Haustier ihr einziger Freund ist. Vielen ist das Wohlergehen des Tieres wichtiger als das eigene.“ terkunft Bewohner mit Tieren aufnimmt. „Es ist nicht einfach, Haustiere in einem Wohnheim zu halten“, sagt Étienne Lalonde. „Wir müssen die Jugendlichen daran erinnern, sich durchgehend um ihr Tier zu kümmern. Es ist eine kleine Einrichtung. Wenn jeder mit einem Hund kommen würde, könnte es schon unkontrollierbar werden. Außerdem mag alles gut und schön sein für diejenigen, die eine Katze haben, aber es gibt mehr Menschen, die gegen Katzen allergisch sind als gegen Hunde“, sagt Étienne Lalonde. Wenn sie in der einzigen Unterkunft, die Haustiere akzeptiert, nicht aufgenommen werden, müssen die Jugendlichen sich selbst einen sicheren Ort für die Nacht suchen. Eine im März 2016 vom Ontario Veterinary College an der Universität von Guelph ver-

öffentlichte Studie zeigt, dass obdachlose Jugendliche mit Haustieren dreimal seltener depressiv sind, seltener harte Drogen nehmen oder kriminell werden. Außerdem würden sich diese Jugendlichen den Tierärzten leichter anvertrauen. Von den 198 befragten Jugendlichen in Toronto, Ottawa, Kingston und Hamilton hatten 98 Haustiere. Michelle Lem, die die Studie am Ontario Veterinary College leitete, sagt: „Angesichts dieser Ergebnisse müssen bei den Akteuren der Wohnungslosenhilfe die Alarmglocken läuten“. Es könne nicht sein, Obdachlosen zu verweigern, mit ihren Haustieren in Unterkünften zu bleiben. Michelle Lem sagt, die Gründe für jugendliche Obdachlosigkeit seien vielfältig. „Normalerweise liegt es an einer vergifteten Atmosphäre zu Hause, einem Trauma, Missbrauch oder daran, dass sie von ihrer Familie verurteilt werden, weil sie lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender sind“, erklärt sie. Haustiere erlaubten es ihnen, sich diesem Druck zu entziehen und neuen Halt zu finden, der ihnen in vielen Fällen sogar das Leben retten kann. „Es kommen viele junge Leute zu uns, deren Haustier ihr einziger Freund ist. Vielen ist das Wohlergehen des Tieres wichtiger als das eigene“, bestätigt Yaffa Elling. Und sie ergänzt: „Es ist auf der anderen Seite auch sicherer, wenn sie mit ihrem Hund im Park schlafen.“ Als Tierarzt Jean Gauvin auf dem Gelände eintrifft, sieht er sich zuerst die Patientenliste an. Zwölf Katzen, zwei Ratten, zwei Kaninchen

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und 23 Hunde warten in einem Raum, der für diesen Abend als Wartezimmer dient. Einige Studenten der Tiermedizin sind gekommen, weil es Teil ihres Lehrplans ist, andere sind als Freiwillige da. Alle professionellen Tierärzte arbeiten ehrenamtlich. „Für die Studenten sind das die ersten praktischen Erfahrungen in ihrem späteren Beruf. Und gleichzeitig ist es eine Horizonterweiterung, weil sie Menschen

treffen, die vielleicht nicht so viel Glück im Leben hatten wie sie. Es ist eine wechselseitige Beziehung“, erklärt Jean Gauvin, und macht sich auf den Weg in den improvisierten Behandlungsraum, um sich um Batman und die anderen zu kümmern. Mit freundlicher Genehmigung von L‘Itinéraire / INSP.ngo

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FAQ

Die bodo-FAQ – Häufig gestellte Fragen

Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer verkauft das Magazin? Zurzeit sind es rund 150 Verkäuferinnen und Verkäufer, ein Viertel davon sind Frauen. Sie sind wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht, haben bereits auf der Straße gelebt oder befinden sich in sozialen Notlagen.

Wie ist das mit den rumänischen Verkäufern?

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EU-Neuzuwanderer sind meist mit ihren Familien auf der Suche nach Arbeit ins Ruhrgebiet gekommen. Viele sind von staatlichen

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staatlichen Leistungen ausgeschlossen und leben in existenzieller Not. Hier geht es weniger um das Auffangen psychischer und sozialer Krisen, sondern um Integrationshilfe. Der Verkauf hilft den Familien, Obdachlosigkeit zu vermeiden, bis andere Arbeitsmöglichkeiten gefunden sind. Wir haben die Zahl der Plätze begrenzen müssen, um eine Verdrängung unserer bisherigen Zielgruppen zu vermeiden.

Woran erkenne ich bodo-Verkäufer?

Sind alle Verkäufer obdachos?

Jeder neue Verkäufer erhält zehn Magazine zum Start. Alle weiteren kauft er für 1,25 Euro und verkauft sie für 2,50 Euro weiter. Jeder kann selbst entscheiden, wieviel und wann er arbeitet. Ein Modell, das am besten zu den schwierigen Ausgangssituationen der Menschen passt, die zu uns kommen. Wir beobachten, dass Verkäufer sich so Stück für Stück Struktur und Stabilität selbst erarbeiten.

Glücklicherweise nicht. Unser Ziel ist es, Obdachlosigkeit zu beenden und besser noch: zu verhindern. Zu uns kommen auch Menschen, die Angst haben, ihre Wohnung zu verlieren, die unter prekären Bedingungen und in ungesicherten Wohnverhältnissen leben. Auf der anderen Seite bleiben ehemals Obdachlose, die wir in Wohnraum begleitet haben, oft noch bei uns, denn das Dach über dem Kopf löst einige, aber nicht alle Probleme.

Gibt es auch falsche Verkäufer?

ALLEN verkauft das Straßenmagazin Big Issue Australia. „Ich bin ein Mitglied des Stammes der Wiradjuri. Ich wurde in Fitzroy auf dem Gebiet der Wiradjuri geboren. Als ich ein Teenager war, reiste ich in Australien herum. Damals lebte ich auf der Straße. Ich war bis oben im Northern Territory, im Westen von Australien, und den Süden habe ich auch gesehen. Ich habe kontinuierlich versucht, eine Heimat zu finden, weil ich seit meinem vierten Lebensjahr missbraucht wurde. Also versuchte ich, vor meinen Problemen wegzulaufen.

Es kommt vereinzelt vor, dass Verkäufer trotz Verbots Magazine an Menschen ohne Verkäuferausweis weitergeben. Wir wollen aber, dass Menschen, die bodo verkaufen, unsere Angebote wahrnehmen und für uns erreichbar sind. Andererseits wird das Modell der sozialen Straßenmagazine kopiert, um auf Kosten armer Verkaufender private Gewinne einzustreichen. Schein-Straßenmagazine wie „Straßenträumer“ oder „Sparsam lesen“ setzen auf die Verwechslung mit den Etablierten.

In Alice Springs habe ich es geschafft, trocken und clean zu werden. Die Leute sagen, dass von allen Orten der Mittelpunkt von Australien der richtige Ort ist, um trocken zu werden. Ich traf viele wunderbare Menschen dort. Die Aborigine-Ältesten kümmerten sich um mich. Damals war ich 27 Jahre alt. Ein Freund von mir, der mich förderte, war ein Aborigine. Als ich im Begriff war, zurück nach Melbourne zu gehen, versuchte er, den Bus zu stoppen, denn er hatte einen Traum gehabt, dass etwas Schlimmes in Melbourne passieren würde – und er hatte Recht. Ich landete im Gefängnis. Ich saß schon in Long Bay in Sydney und in Melbourne im Pentridge. Wenn ich nicht für The Big Issue arbeiten würde, wäre ich wohl immer noch im Gefängnis. Momentan geht es mir wirklich gut.“ 42

Jeder Verkäufer soll gut sichtbar seinen Verkäuferausweis mit Foto und Verkäufernummer tragen. Darüber hinaus hat jeder rote bodo-Verkäuferkleidung erhalten, die jedoch nicht immer getragen wird.

Warum müssen Verkäufer die Magazine kaufen?

Dürfen die Verkäufer die Einnahmen behalten? Ja. Wer staatliche Unterstützung erhält, muss seinen Verdienst angeben. Oft werden die Einkünfte als Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege behandelt und nicht angerechnet.

Wieviel verdient ein bodo-Verkäufer? Bei manchen ist es ein kleiner Zuverdienst neben Hartz IV, einzelne Verkäufer, die keine Leistungen erhalten, verkaufen deutlich mehr. Die meisten Verkäufer liegen im Bereich der Zuverdienstgrenzen, um die 100 Euro im Monat.

Warum sind die Verkäufer nicht fest angestellt? Unser Ziel ist, dass über die positiven Erfahrungen beim Verkauf und begleitende Beratung die Verkäufer so gestärkt werden, dass klassische Arbeitsverhältnisse (wieder) möglich werden – in unseren eigenen Arbeitsbereichen, unterstützt durch unsere Bewerbungshilfe oder vermittelt durch Kunden des Straßenmagazins.


RÄTSEL

Haben Sie weitere Fragen? Schreiben Sie uns: redaktion@bodoev.de

Wie hilft bodo den Verkäufern? Wir bieten in unseren Anlaufstellen täglich Sozialberatung, vermitteln Hilfen und unterstützen im Umgang mit Ämtern. In Bochum und in Dortmund gibt es ein kostenloses Frühstücksangebot. Wir organisieren Freizeitaktivitäten und machen Krankenhaus- und Gefängnisbesuche. Wir unterstützen bei der Wohnungssuche, helfen bei der Ersteinrichtung, transportieren Möbel und Hausrat und betreuen neu in Wohnraum gekommene Obdachlose. Wir machen Verkaufsplatzbesuche und Versorgungstouren zu Schlaf- und Aufenthaltsplätzen.

Worauf müssen die Verkäufer beim Verkauf achten? Jeder Verkäufer soll seinen Ausweis sichtbar tragen, Alkohol und Drogen sind beim Verkauf tabu, verkauft werden darf nur auf dem eigenen, eingetragenen Verkaufsplatz. Verkäufer sollen sich untereinander solidarisch verhalten und so, dass sich Kunden nicht gestört fühlen.

Wo dürfen bodo-Verkäufer überhaupt stehen? Wenn sich die Verkaufsplätze im öffentlichen Raum befinden, ist keine weitere Genehmigung nötig. Auf Privatgelände, etwa vor Supermärkten, holen wir die Erlaubnis der Marktleitung ein.

Bitte nicht. Die meisten Verkäufer lehnen eine Spende nicht ab. Viele sind aber stolz darauf, etwas zu verkaufen und keine Almosenempfänger zu sein. Ein bodo-Mitarbeiter formulierte es so: „Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einer Bäckerei. Jemand kommt rein, drückt Ihnen einen Euro in die Hand und sagt: ,Ich hab gar keinen Hunger, alles Gute.‘ Das wäre doch seltsam, oder?“ Es sind die Erfolgserlebnisse beim Verkauf, die das Vertrauen in die eigenen Kräfte stärken.

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Kann ich einfach nur Trinkgeld geben, ohne das Magazin zu nehmen?

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REPORTAGE

Alterndes Japan

Roboter und die Zukunft der Altenpflege In einem Seniorenheim in Tokio übernehmen die Roboter. Sie leiten die Bewegungstherapie an, führen die Bewohner durch die Behandlungssitzungen, fungieren als Unterstützung für das Pflegepersonal und als Zeitvertreib für die Bewohner. Japan altert noch schneller als Deutschland, verweigert sich jedoch größerer Zuwanderung. Stattdessen sollen es nun Maschinen richten.

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Von Kim Kyung-Hoon und Malcolm Foster Foto: Kim Kyung-Hoon

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NA L PETER THOMPSON stammt aus dem kleinen Dorf Lytton in der Naturlandschaft des Fraser Canyon in British Columbia. Er verkauft das Straßenmagazin Megaphone in Vancouver und schreibt als Teilnehmer der MegaphoneSchreibwerkstatt über das Essen seiner Kindheit. „Mittags gibt es geräucherten Fisch! Leute räuchern ihn auf viele verschiedene Arten, einige verwenden Erle oder Walnussholz, um den rauchigen Geschmack zu erhalten, andere mögen den ,Indian Candy‘-Geschmack. Sie reiben den Fisch mit braunem Zucker ein und lassen ihn über Nacht ruhen.

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aro, die pelzige Robbe, streckt sich wohlig, als eine ältere Frau sie streichelt. Pepper, ein Humanoid, leitet winkend eine Gruppe von Senioren bei ihren Übungen an. Ein Roboter namens TREE stützt einen Mann und kommentiert seine wackeligen Schritte mit sanfter weiblicher Stimme: „Rechts, links, gut gemacht!“ Roboter sind überall im „Shintomi“-Pflegeheim in Tokio. Seit vier Jahren ist das Heim eine Pilot-Einrichtung der Stadt für den Einsatz von Robotern in der Pflege, 20 verschiedene Modelle sind hier im Einsatz. Japan hofft, durch seinen Vorsprung in der Roboterforschung das Problem einer rapide alternden Bevölkerung und der abnehmenden Zahl von Arbeitskräften zu lösen.

Mechanische Zuwanderung Der Einsatz von Robotern bei der Pflege älterer Menschen – in einem Beruf, der so mit menschlicher Zuwendung verbunden ist – mag hier beunruhigend erscheinen. Viele Japaner hingegen sehen die Entwicklung positiv, vor allem, weil Roboter in den Medien seit Jahrzehnten als freundlich und hilfreich dargestellt werden.

Ich erinnere mich: Als Kinder spielten meine Geschwister und ich, als Besucher kamen. Sie wollten die Räucherei meines Vaters benutzen, um Fisch zu räuchern. Neugierig, wie wir waren, hörten wir zu, beobachteten, wie sie ein Feuer machten und stellten ihnen Fragen. Sie sagten: .Man braucht viel Rauch, um Fisch zu räuchern.‘ Als das Feuer brannte, hängten sie ihre Fische auf. Wir dachten, wir würden ihnen helfen, also holten wir alte Kleider und fingen an, sie ins Feuer zu werfen. Okay, das hat wirklich geraucht! Sie kamen schreiend aus dem Haus gerannt: ,Hey, was macht ihr Kinder da?‘ Wir sagten: ,Wir helfen euch.‘ Sie fingen an, die brennenden Kleider aus dem Feuer zu ziehen: ,Ihr werdet unsere Fische ruinieren!‘ Eine Lektion gelernt, aber beim Abendessen lachten sie darüber!“ 44


„Diese Roboter sind wunderbar“, sagte der 84-jährige Kazuko Yamada nach der Übung mit Pepper, der mit Hilfe von Skripten Dialoge führen kann. „Heutzutage leben mehr Menschen allein, und ein Roboter kann für sie ein Gesprächspartner sein. Das Leben macht so mehr Spaß.“ Für eine rasche Verbreitung von Betreuungsrobotern gibt es trotzdem einige Hürden: hohe Kosten, Sicherheitsprobleme und Zweifel daran, wie nützlich – und benutzerfreundlich – sie sein können. Und so wird weitergeforscht. Die japanische Regierung finanziert die Entwicklung von Robotern für die Seniorenpflege, um einen prognostizierten Mangel von 380.000 Fachkräften bis 2025 auszugleichen. Trotz der vorsichtigen Schritte Japans, ausländische Arbeitnehmer in die Altenpflege aufzunehmen, bestehen weiterhin hohe Hürden für die Beschäftigung in diesem Sektor, einschließlich Prüfungen auf Japanisch. Ende 2017 hielten nur 18 Ausländer ein Pflegevisum, eine neue Kategorie, die 2016 geschaffen wurde.

Demografischer Wandel Behörden und Unternehmen träumen von einer lukrativen Exportindustrie, die Roboter nach Deutschland, China und Italien liefern könnte, wo heute oder in naher Zukunft ähnliche demografische Herausforderungen bestehen. „Es ist eine Chance für uns“, sagte Atsushi Yasuda, Direktor des Büros für Robotik im Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI). „Andere Länder werden dem Trend folgen.“ Mehr als 100 ausländische Gruppen aus Ländern wie China, Südkorea, den Niederlanden und auch aus Bayern haben „Shin-tomi“ im vergangenen Jahr besucht. Noch läuft der Export schleppend. Der Weltmarkt für Pflege- und Behindertenroboter, beherrscht von japanischen Herstellern, ist immer noch klein: nur 16 Millionen Euro im Jahr 2016, so die International Federation of Robotics. 2035, wenn ein Drittel der japanischen Bevölkerung 65 Jahre oder älter sein wird, soll der einheimische Markt auf 3,1 Milliar-

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REPORTAGE

den Euro gewachsen sein. „Es ist ein riesiger Markt“, sagte George Leeson, Direktor des Oxford Institute of Population Ageing. „Der demografische Wandel ist vielerorts ein Thema. Und die Robotik kann ein Teil der Lösung sein.“ Regierungsvertreter betonen, dass Roboter die menschlichen Betreuer nicht ersetzen werden. „Sie können mit Energie, Mobilität und Überwachungsfunktionen helfen. Sie können den Menschen nicht ersetzen, aber sie können Zeit und Arbeit sparen“, sagt Yasuda von METI. „Wenn die Pflegekräfte mehr Zeit haben, können sie andere Aufgaben erledigen.“

„Wir sind noch nicht so weit gekommen“

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Die meisten Maschinen sehen dabei gar nicht wie das populäre Bild eines Roboters aus. Mit staatlicher Finanzierung entwickelte Panasonic „Resyone“, ein Bett, das sich in zwei Teile teilt, wobei sich eine Hälfte in einen Rollstuhl verwandelt. HAL – kurz

NA L MARKUS verkauft in Bochum das Straßenmagazin und leitet dort auch die Sozialen Stadtführungen. „Meine Mutter lebt mit ihrem neuen Mann in Kanada. Kennengelernt haben sich die beiden, als mein Stiefvater mit der Canadian Army hier in Deutschland stationiert war. Zum Ende der Dienstzeit meines Stiefvaters sind die beiden dann zusammen zurück nach Kanada gezogen. 2008 haben sie mir dann ein Flugticket geschenkt, damit ich sie besuchen konnte. Anfangs dachte ich, dass es vielleicht eine komplett andere Welt ist, die ich da kennenlerne. Aber so viel anders sind die Menschen dort auch nicht. Trotzdem war das schon eine der aufregendsten Reisen in meinem Leben. Alleine der lange Flug war schon spannend. Von Kanada aus haben wir dann auch mehrere Ausflüge in die USA gemacht. Mit einer Fähre sind wir von British Columbia nach Seattle gefahren und haben dort einige Tage verbracht. Ein Jahr später konnte ich das Ganze noch mal wiederholen. Mittlerweile habe ich meine Mutter aber leider schon lange nicht mehr gesehen.

für Hybrid Assistive Limb – der Firma Cyberdyne ist ein Exoskelett, eine elektrische Rückenstütze, die Pflegepersonal hilft, Menschen anzuheben. Wer das Laufen wieder lernen muss, erhält Unterstützung von TREE, der zeigt, wo der nächste Schritt zu setzen ist, und dabei hilft, das Gleichgewicht zu halten. Der von SoftBank entwickelte Pepper wird in rund 500 japanischen Altenpflegeheimen für Spiele, Übungen und rudimentäre Gespräche eingesetzt. Niedlich, pelzig und schnell reagiert Paro auf Berührung, Sprache und Licht, indem die Robbe ihren Kopf bewegt, mit den Augen blinzelt und Tonaufnahmen von kanadischen Robben abspielt. In Paro stecken mehr als 10 Jahre Entwicklungsarbeit und etwa 20 Millionen Euro an staatlicher Förderung, sagt ihr Erfinder, Takanori Shibata, leitender Forschungswissenschaftler am National Institute of Advanced Industrial Science and Technology. Rund 5.000 Exemplare sind weltweit im Einsatz, davon 3.000 in Japan. Aber Paro ist, wie die meisten Roboter, teuer: 3.200 Euro in Japan und etwa 5.000 Euro in Europa. Panasonic‘s Resyone Bett kostet 3.000 Euro und Cyberdyne‘s HAL Exoskelett kann man für stattliche 800 Euro pro Monat mieten. Die meisten Einrichtungen, die sie nutzen, einschließlich „Shin-tomi“, bekommen staatliche Subventionen von Land und Kommune, um die Kosten zu decken. Bisher haben die Roboter weder die Personalkosten noch die Arbeitszeiten von „Shin-tomi“ reduziert. „Wir sind noch nicht so weit gekommen“, sagte Kimiya Ishikawa, Gründer der Betreiberfirma des Pflegeheims. „Wir haben sie hergebracht, um das Arbeitsumfeld zu verbessern, die Mitarbeiter vor Rückenverletzungen zu bewahren und die Sicherheit zu erhöhen.“ Was sie erreicht hätten, sagt er, sei, die Moral der Mitarbeiter und der Bewohner zu stärken. „Das hat die Mitarbeiter beruhigt, und die Bewohner fühlen sich unterstützt.“ Mit freundlicher Genehmigung von Reuters / INSP.ngo

Einerseits ist es schon klasse, wenn man Familie auf der anderen Seite der Welt hat. Allerdings würde ich mich manchmal auch gerne aufs Fahrrad setzen, um meine Mutter zu besuchen. Ich würde mich unglaublich freuen, wenn so eine Reise nochmal klappt. Vielleicht kann ich sie irgendwann sogar zusammen mit meiner Freundin besuchen.“ 46


Anzeige Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.

Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Wenn ein T-Shirt 19,04 Euro kostet, stammt es wohl kaum aus Dortmund. Ich habe es gekauft, wegen des Aufdrucks: #401GE. Das ist nicht die Straßenbahnlinie mit den wenigsten Verspätungen oder meisten nächtlichen Pöbeleien. Es ist Gelsenkirchens Rang unter den deutschen Städten, 401, von 401. Sagt das ZDF, nicht der DFB. Bevor Dortmunder frohlocken: Platz 394 ist nicht wirklich besser. Dass Rankings Unfug sind, weiß jeder, der dort schon mal im unteren Bereich lag. Es glaubt ihm nur keiner. Im Freizeitwert landen die Menschen aus Herne-West auf Platz 354. Potsdam findet sich auf der Eins, denn „im Studio Babelsberg werden internationale Filme gedreht.“ Toll, hinter verschlossenen Türen also. Dafür wurde „Bang Boom Bang“ in Unna und Dortmund gedreht, vorre Tür, auffe Straße, da kennze jede Ecke in dem Streifen. Und in den Filmen von Adolf Winkelmann jeden Typen. Gekauft habe ich das Shirt bei Olivier Kruschinski, der ist robust ironischer Lokalpatriot, was ich trotz fußballerischer Fehlprägung sehr okay finde. Seinen persönlichen Rang kann er locker täglich um 30 Postitionen verbessern. Er muss nur die 200 Meter rüber nach Wattenscheid (371) laufen. Cool, wie er stellvertretend für uns im Pott das Schlusslicht feiert, Motto: „Musse erst mal bringen, sonne Punktlandung“. Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Mit #401GE stolz herumzulaufen erinnert an die niederländischen Geusen, die sich erst diese Beschimpfung (vom Frz. geux, Bettler) zu eigen machten und dann die Spanier verjagten.

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Als neulich Niedersachsen den traurigen Reformationstag

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zum Feiertag erhob, dachte ich: Wie schön wäre es, wenn jede Stadt ihren einen eigenen Festtag bekäme, arbeitsfrei. Dortmund könnte Dortbunt feiern. Gelsenkirchen auf Platz 401 könnte sich den Termin mit der Nachbarstadt Bochum teilen, aus unterschiedlichen Gründen allerdings. Das wäre dann der Tag der Unabsteigbarkeit.

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Unterbezirk Ruhr-Mitte

Unterbezirk Unna

Klosterstraße 8-10 • 44135 Dortmund 0231 - 99 340

Bleichstraße 8 • 44787 Bochum 0234 - 96 47 70

Unnaer Straße 29a • 59174 Kamen 02307 - 91 22 10 47


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25.08.2018

BIKEN, BUDEN, BÖMSKES! www.tagdertrinkhallen.ruhr

Projektträger:

48

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