bodo Juli 2018

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bodo DAS

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IN STRASSENMAGAZ

Die besten Geschichten auf der Straße

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

Esther Bejarano Seite 4

25 Jahre subrosa Seite 40

T E T I E R E B R VO ?

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FUSSBALL: SCHLAGERKNEIPE GEGEN SZENEBAR FREILICHTMUSEUM HAGEN WIE RIECHT SOMMERREGEN? ABDULLAHS FLUCHT

NUR MIT AUSWEIS

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IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de

INHALT

Esther Bejarano

Von Benjamin Laufer

Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: Bianka Boyke, René Boyke, Alexandra Gehrhardt, Peter Hesse, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Benjamin Laufer, Metin, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst Titelfoto: Shutterstock.com Bildnachweise: Bianka Boyke (S. 16), Benedicte Desrus (S. 45), Alexandra Gehrhardt (S. 35), Sarah Healey (S. 25), S. Humbek (S. 27), Dimitrij Leltschuk (S. 5, 6), Prinz Regent Theater (S. 23), Daniel Sadrowski (S. 3, 12, 13, 14, 15, 16, 21, 30, 40, 41, 42, 43), Sebastian Sellhorst (S. 2, 7, 8, 9, 10, 11, 38, 46), Shutterstock.com (S. 22, 32, 33, 34), Stadt Bochum, Referat für Kommunikation (S. 27), StandOut (S. 10), Magdalena Stengel (S. 18, 19) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die August-Ausgabe 10. 7. 2018 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 03. 2018 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

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„Wehret den Anfängen“ sei längst überholt, sagt sie. „Wir sind nicht mehr am Anfang, wir sind mittendrin!“ Mit 93 Jahren und unbändiger Energie kämpft die Auschwitz-Überlebende gegen den Rechtsruck und dafür, dass die Geschichte sich nicht wiederholt.

Freilichtmuseum Hagen

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Etwa fünfzig traditionelle Handwerksbetriebe, meist untergebracht in historischen Gebäuden, stehen locker gruppiert im Hagener Mäckingbachtal: Ein Museum mit dem Auftrag, alte Gewerbe und Techniken lebendig darzustellen. Von Wolfgang Kienast

Wie ticken „Prepper“?

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Vorbereitet für ein Überleben nach dem Zusammenbruch der Ordnung – „Prepper“ rüsten sich für Katastrophenfälle. Ein Gespräch mit dem Soziologen Mischa Luy von der Ruhr-Uni Bochum über Ängste und das Misstrauen in die Schutzfunktion des Staates. Von Alexandra Gehrhardt

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, Bastian Pütter 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Metin, bodo-Verkäufer in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, von vielen von Ihnen wurde ich in letzter Zeit angesprochen, weil sie mich einige Tage nicht an meinem Verkaufsplatz gesehen haben. Da kann ich Sie beruhigen: Mir geht es gut. Ich hatte nur einige Dinge zu erledigen, und da ich zurzeit ja in Bochum lebe, aber weiterhin in Dortmund verkaufe, habe ich es oft nicht zu meinem Verkaufsplatz geschafft. Die Juliausgabe können sie natürlich wieder wie gewohnt bei mir an meinem Verkaufsplatz auf dem Westenhellweg bekommen. Falls ich mal nicht da sein sollte, hilft ihnen aber bestimmt auch einer meiner Kollegen weiter. Ich hoffe, die letzte Ausgabe hat Ihnen trotzdem genauso gut gefallen wie mir. Ich habe die Titelgeschichte „Kleider machen Leute“ sehr gerne gelesen, da das ja auch ein wenig mein eigenes Motto ist. Zumindest fühle ich mich gleich viel besser, wenn ich vernünftig gekleidet an meinem Verkaufsplatz stehe. Und manchmal habe ich den Eindruck, dann läuft auch der Verkauf besser. Jetzt wünsche ich Ihnen aber erst mal viel Spaß mit dem aktuellen Heft. Bis bald, Ihr Metin

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EDITORIAL

04 Menschen | Esther Bejarano 07 Straßenleben | Gefährliche Straße 08 Neues von bodo 12 Reportage | Freilichtmuseum Hagen 16 Das Foto 16 Recht | Fahrtkosten zum Gymnasium 17 Kommentar | Auf rechtsstaatlichem Boden 17 Die Zahl 18 Reportage | Fußball: Schlagerkneipe gegen Szenebar 21 Kultur | Pizza Pangaea 22 Wilde Kräuter | Stinkender Storchschnabel 23 Kultur | Theaterfusion in Bochum 24 Veranstaltungskalender | Verlosungen 29 Kinotipp | Nico, 1988 30 bodo geht aus | Himalaya 32 Interview | Wie ticken „Prepper“? 35 Soziales | Was anderes vorstellen 36 Bücher 37 Eine Frage… | Wie riecht Sommerregen? 38 Interview | Abdullah Al-Sayed 40 Kultur | 25 Jahre subrosa 44 bodo Shop | Leserpost 45 Leserpost | Rätsel 46 Verkäufergeschichten | Birgitt

Ihre Meinung ist uns wichtig. S.4 4

Liebe Leserinnen und Leser, Berlin, sie wissen das, ist wichtig: Hier arbeiten KollegInnen mit eigener Berufsbezeichnung – „HauptstadtjournalistIn“ – und neigen dazu, den Planeten Berlin für die ganze Republik zu halten. Im Straßenzeitungsuniversum ist die Hauptstadt eher Provinz. Hier blieb aus, was seit den 1990ern von Kiel bis München passierte: Wir investierten in Vertrieb und Sozialarbeit, und wir etablierten Regeln. In Berlin blieb es chaotisch. Mit Folgen: Berichterstattung aus Berlin ist oft wenig schmeichelhaft, Kontakte mit Politikern, Verlagen, Agenturen beginnen für uns oft unterkühlt. Eine Titelgeschichte mit dem Schauspieler Armin Rohde war z.B. nur möglich, weil sein Bochumer bodo-Verkäufer ihm unsere Anfrage persönlich überreichte. Seine Berliner Agentur hatte uns abblitzen lassen. Nun gab die Straßenzeitung „strassenfeger“ ihr Aus bekannt. Eine Folge hausgemachter Probleme und falscher Entscheidungen in einer kleinen Organisation. Das Medienecho allerdings: gigantisch. Und schnell war, dank Berliner Brille, die Rede von der Krise der Straßenzeitungen. Nein, uns geht es gut, danke. Dabei ist es schade um den „strassenfeger“. Wir haben über all die Jahre solidarisch zusammengearbeitet und großartige Menschen getroffen. Nun freuen wir uns auf einen erfolgreichen Neustart mit Unterstützung unseres Netzwerks – und der HauptstadtjournalistInnen. Viele Grüße von bodo Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Wo Sie das Straßenmagazin finden: Unsere Verkaufsplätze BOCHUM: Bio-Markt Wittener Straße · Rathausplatz · Rewe Artmann, Birkhuhnweg · Zentrum Wiemelhausen, Brenscheder Straße · Zentrum Weitmar, Karl-FriedrichStraße · Zentrum Riemke, Herner Straße · Zentrum Gerthe, Lothringer Straße · Lidl Vierhausstraße · Rewe Wattenscheider Hellweg · Edeka Burkowski, Alleestraße · Fußgängerzone Brückstraße · HannibalCenter · Mayersche, Kortumstraße · Engelbert-Brunnen · Wittener Straße · Rewe Joachimstraße · Rewe Oststraße · Postbank Lohring · Rewe Hiltrop · Harmoniestraße · Edeka Wasserstraße · Husemannplatz · Drehscheibe, Kortumstraße · Hauptbahnhof · Netto Hattinger Straße · Dr.-Ruer-Platz · Real Langendreer, Hauptstraße · Lidl Werner Hellweg · Kaufpark, Harpener Hellweg · Aldi An der Landwehr · Prater EKZ, Riemker Straße · Bermuda-Dreieck · Lidl Dorstener Straße · Bofimax, Kortumstraße · Stiepel Zentrum · Rewe Bochum, Markstraße

DORTMUND: Thier Galerie, Westenhellweg · Wißstraße · Kaufhof / Saturn, Westenhellweg · Schwarze-Brüder-Straße · Mayersche, Westenhellweg · Karstadt, Westenhellweg · Karstadt, Hansaplatz · Peek & Cloppenburg, Westenhellweg · Brückstraße · C&A, Ostenhellweg · Depot, Ostenhellweg · Museum / Bibliothek, Max-Von-DerGrün-Platz · Katharinenstraße · Sparkasse Betenstraße · Kaiserstraße / Gerichtsstraße · Schauspielhaus, Hitropwall · Städtische Kliniken Nord, Münsterstraße · Rewe Evinger Straße · Münsterstraße, Fußgängerzone · Aldi Holtkottenweg · Hornbach, Bornstraße, Edeka Kaiserstraße · Rewe Kaiserstraße · Rewe Berliner Straße · Rewe Brackeler Hellweg · Edeka im Defdahl · Edeka Sonnenplatz · Rewe Möllerbrücke · Netto Lindemannstraße · dmDrogerie / Versorgungsamt · Aldi Joachimstraße · Edeka Osterhoff, Roßbachstraße · Rewe Rahmer Straße · Rewe Frohlinder Straße ·

Westcenter, Rheinische Straße · Aldi Planetenfeldstraße · Netto Hohe Straße · Rewe Saarlandstraße · Städtische Kliniken, Beurhausstraße · Aldi Kieferstraße · Rewe Harkortstraße · Fruchtbare Erde, Stockumer Straße ·Universität Campus Nord, Emil-Figge-Straße · Indupark · Edeka Märkische Straße · Rewe Hörde Bahnhofstraße · Edeka Frei, Hagener Straße · Edeka Maierjohann, Sölder Straße · Kaufland Aplerbeck · Aldi Altenderner Straße · Rewe Märkische Straße, Aldi Kruckeler Straße · Aldi Aspeystraße · Edeka Steinsweg · Edeka Provinzialstraße · Lidl Huckarder Allee · Rewe Wickeder Hellweg · EKZ Scharnhorst, Gleitwitzstraße, Fußgängerzone Hörde · Netto Hombruch · Fruchtbare Erde, Saarlandstraße, Rewe Höchstener Straße · Rewe, Gleitwitzstraße · Rewe Werner Straße · Lidl Arminiusstraße · Edeka GartenstadtNord · Aldi Freie Vogel Straße · Lidl Vogelpothsweg · Kaufland Luisenglück, Lidl Tremoniastraße ·

Metro Brackeler Straße · Lidl Schützenstraße · Edeka Märkische Straße · Edeka Lüdinghauser Straße · Lidl Tierpark · Rewe Flughafenstraße · Rewe Hermannstraße · Hörde Seepromenade · Rossmann Aplerbeck · Ev. Gemeinde Schüren · Friedensplatz · Kirchengemeinde Michaelis · Kaufland, Bornstraße · Mengeder Markt · Rewe Schützenstraße · Rewe Bodelschwingh · Rewe Semerteichstraße · Rewe Benninghofen · Rewe Wellinghofen · Rewe Hagener Straße · Real Eving · Markt Huckarde · Netto Hagener Straße · Platz von Leeds · Aldi Brechten · Rewe Funkturmsiedlung · Aldi Aplerbeck, Benediktinerstraße · Edeka Holzen, Heideweg · Rewe Brackel, Asselner Hellweg · Netto Somborn · Rewe Mengede · Rewe Huckarde · Rewe Berghofer Straße KREIS UNNA: Aldi, Hammer Straße · Katharinenplatz · Fußgängerzone, Massener Straße · Marktplatz / Fußgängerzone · EKZ Kamener

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MENSCHEN

Esther Bejarano hat das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau überlebt. Seit Jahrzehnten tut sie alles dafür, dass die Geschichte sich nicht wiederholt. Auch für die Zeit nach ihrem Tod hat sie bereits vorgesorgt. Von Benjamin Laufer, Hinz&Kunzt | Fotos: Dmitrij Leltschuk

Esthers Rache Esther hätte daran zerbrechen können. Sie ist gerade mal 16 Jahre alt, als sie 1943 ins KZ Auschwitz-Birkenau verschleppt wird. Dort sieht sie, wie Mitgefangene in den Stromzaun laufen, lebensmüde angesichts der Qualen im Konzentrationslager. Doch die Nazis konnten Esther Bejarano, die damals noch Loewy hieß, nicht brechen. Sie wollte unbedingt überleben, erzählt sie 75 Jahre später in ihrer Hamburger Wohnung. „Wir müssen uns an diesen furchtbaren Nazis rächen“, habe sie damals gesagt. Und das motiviert sie bis heute. Am 15. Mai 2018 steht sie am Kaiser-Friedrich-Ufer in Hamburg-Eimsbüttel, an dem Ort, an dem 1933 die Bücher von Erich Kästner, Thomas Mann und Karl Marx brannten. Vor Schülern des Kaifu-Gymnasiums hält sie eine Rede anlässlich des Jahrestages der Bücherverbrennung. Schon zum 17. Mal macht sie das. Aber auch mit 93 klingt Esther noch so entschlossen wie eh und je: „Wir müssen kämpfen, für Frieden und Freiheit!“, ruft sie den Schülern zu. Nach der Bücherverbrennung hätten auch Menschen gebrannt, sagt sie. An die Ver-

Esther Bejarano geboren am 15. Dezember 1924 als Esther Loewy in Saarlouis Biografie: Erinnerungen. Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen Rechts, Laika-Verlag Album: Bejarano & Microphone Mafia: La Vita Continua, Al Dente Recordz Aktuell: Mitwirkung im Musikdrama „Die Kinder der toten Stadt“ über das Getto Theresienstadt, mit Iris Berben, Peter Heppner, u.a.

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brechen der Nazis müsse man deswegen immer wieder erinnern. Das ist Esthers Art der Rache. „Ich weiß, wovon ich rede“, sagt sie ins Mikrofon. Allerdings: Als Esther im Viehwaggon nach Auschwitz deportiert wurde, hatten die Nazis ihre jüdischen Eltern und ihre Schwester Ruth bereits ermordet. Sie selbst überlebt die Hölle im Konzentrationslager nur knapp. Wohl weil sie im Mädchenorchester des KZs Akkordeon spielte, verschonten die Nazis sie. Und weil ihre Großmutter Christin war, wurde sie nach einem guten halben Jahr in Auschwitz in ein Lager nach Ravensbrück verlegt, in dem sie Zwangsarbeit für Siemens leisten musste. Sie hat diese Geschichte schon so oft erzählt. Auch den Schülern und Schülerinnen des Kaifu-Gymnasiums liest sie sie von einem Zettel vor. Es klingt nüchtern, fast routiniert, wie Esther von Auschwitz spricht. Aber Routine hat sie nicht, erzählt sie einen Tag später in ihrem Wohnzimmer. „Das ist immer ein Wiedererleben.“ Jedes Mal kommt das Grauen wieder hoch, auch wenn man es ihr vielleicht nicht ansieht. „Es ist immer hier drin“, sagt Esther und zeigt mit dem Finger auf ihre Schläfe. „Das geht nicht mehr raus, das kann man nicht vergessen.“ Weil sie Auschwitz nicht vergessen kann, kann sie auch nicht auf hören, es den Nazis heimzuzahlen. Esthers Terminkalender lässt ihr manchmal kaum Luft zum Atmen. „Ist das alles furchtbar!“, sagt sie am Telefon, als wir uns verabreden. Sie meint das allerdings auch ironisch: Später muss sie herzlich über ihre Formulierung lachen. Anstrengender als früher sei es, räumt sie ein. „Aber es geht mir gut damit, und es hilft mir auch.“ Es sich einfach in ihrem Garten gutgehen zu lassen, das wäre nichts für Esther. „Wenn ich unterwegs bin und ganz viele Leute kennenlerne, die sich freuen, dass ich komme, dann ist das doch eine wunderbare Sache.“


„,Wehret den Anfängen‘ ist längst überholt. Wir sind nicht mehr am Anfang, wir sind mittendrin!“

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MENSCHEN

Im Herbst geht sie auf Jubiläumstour durch ganz Deutschland. Seit zehn Jahren steht sie dann schon mit den Rappern der Microphone Mafia aus Köln auf der Bühne, einem Moslem mit türkischen Eltern und einem Christen mit italienischen. Zusammen mit der Jüdin Esther und deren Sohn Joram singen sie antifaschistische und jiddische Lieder. Gelebte Interkulturalität! „Die beiden Rapper habe ich eingeenkelt“, sagt Esther und kichert. „Wir verstehen uns wunderbar, es ist sehr schön.“

„Es ist anstrengender als früher. Aber es geht mir gut damit, und es hilft mir auch.“ hen, wie Rechte in Deutschland immer mehr Macht erlangen, wie sich unsere Gesellschaft wieder Schritt für Schritt nach rechts bewegt. „Das macht mir Angst“, sagt sie. „Die ganze Entwicklung ist doch entsetzlich!“ Der Ausruf „Wehret den Anfängen“ sei längst überholt, sagt sie. „Wir sind nicht mehr am Anfang, wir sind mittendrin!“ Mittendrin in der Zeit, nach der wir später vielleicht mal gefragt werden: „Und was habt ihr damals gemacht, als die Rechten wieder mächtig wurden?“ Für Esther Bejarano ist die Sache klar: „Man muss auf die Straße gehen!“ Sie selbst könne das nicht mehr, aber „die jungen Leute“ hätten die Pflicht dazu: „Man darf nicht schweigen!“

Sogar in Kuba waren sie schon auf Tour, wie der Bildband „Live in Kuba“ (Verlag Wiljo Heinen) und bald auch ein Dokumentarfilm eindrucksvoll belegen. Als die Combo im Februar im Hamburger Museum der Arbeit auftrat, kamen 700 Menschen: Ausverkauft! Vor dem Auftritt war Esther ganz schön erschöpft, das kommt schon mal vor. Das eigentlich für diesen Abend geplante Interview fällt aus. Auf der Bühne ist Esther Bejarano in ihrem Element. Sie strahlt, flachst mit dem eingeenkelten Rapper Kutlu Yurtseven und reißt die Hände beim Singen in die Höhe. „Wenn ich dann auf der Bühne bin, ist alles weg“, erklärt sie später. Beim Partisanenlied „Bella Ciao!“ singt auch das Publikum mit. Und am Ende jedes Auftritts singt Esther ihr Lieblingslied: „Wir leben trotzdem!“ Auch das gehört zu ihrer Rache an den Nazis. „Moderne und musikalische Erinnerungsarbeit“, nennt die Band ihre Auftritte. Esther Bejarano tut fast alles dafür, dass sich das Grauen von Auschwitz nicht wiederholt. Und trotz alledem muss sie seit einigen Jahren mit anse-

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Ihren Mut verliert sie trotz Rechtsruck nicht. „Ich verzweifle nicht daran“, sagt Esther. Trotz Auschwitz, sogar wegen Auschwitz: Sie habe dort nämlich nicht nur Schlechtes erlebt. „Die Gefangenen haben zusammengehalten“, sagt sie. „Darum glaube ich immer noch an die Menschen.“ Aus diesem Glauben schöpft sie Kraft. Schließlich will sie 100 Jahre alt werden. „Ich habe ja noch einiges zu tun“, sagt sie und meint das auch so. Sogar für die Zeit nach ihrem Tod sorgt sie vor: gibt Interviews, hält Reden, arbeitet an Dokumentationen. Damit ihre Geschichte nicht vergessen wird. Neulich, als sie vor einer Schulklasse gesprochen hat, kam eine Schülerin auf Esther Bejarano zu. „Machen Sie sich keine Sorgen“, hat sie zu Esther gesagt. „Wir werden Ihre Geschichte weitererzählen.“ Esthers Rache geht weiter.


STRASSENLEBEN

„Man möchte Obdachlose nicht sehen“ In Bochum fahndet die Polizei inzwischen mit Bildern einer Überwachungskamera öffentlich nach einem Mann, der im November versuchte, in Langendreer einen Obdachlosen zu töten und lebendig zu begraben. So drastisch und schwer erträglich die Tat, so wenig ist auch massive Gewalt gegen Obdachlose ein Einzelfall. Von Bastian Pütter Foto: Sebastian Sellhorst

Seit 2014 erfasst das Bundeskriminalamt (BKA) Obdachlose als Opfergruppe. Seitdem zählte es 18 Todesfälle und 1.253 Gewalttaten, bei jährlich steigenden Fallzahlen. Zahlen, die wenig über die Dimension des Problems verraten. Die Behörde selbst spricht von einer hohen Dunkelziffer. Der WohnungslosenStatus erscheint oft nicht tatrelevant, darüber hinaus ist bei wohnungslosen Opfern die Anzeigebereitschaft denkbar gering. Eine Presseauswertung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) kommt bei den Todesfällen auf deutlich höhere Zahlen. Im gleichen Zeitraum, seit 2014, berichteten Medien über 79 getötete Obdachlose. Seit 1989 erfasst die BAG W 523 obdachlose Todesopfer. In vielen Fällen sind auch die Täter wohnungslos. „Die Aggressivität unter Wohnungslosen nimmt zu“, sagt Were-

na Rosenke von der BAG W. Besonders die beengte Situation in Notschlafstellen begünstige Gewalt, ebenso wie Ressourcenkonflikte: Bei den stark steigenden Wohnungslosenzahlen wachse die Konkurrenz um Schlafplätze und z.B. erbetteltes Geld. Sind die Täter nicht selbst wohnungslos, spielen nach Erkenntnissen der BAG W häufig menschenverachtende und rechtsextreme Motive eine zentrale Rolle. Täter weisen dabei aber nicht notwendigerweise ein geschlossen rechtsextremes Weltbild auf oder sind politisch organisiert.

hen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.“ Von der Entwicklung seien Flüchtlinge und Obdachlose gleichermaßen betroffen. „Die Gewalt gegen gesellschaftliche Randgruppen steigt an – und sie steckt an“, sagte Zick den Hamburgern. Der Forscher plädiert dafür, Obdachlose und Menschen mit Wohnung zusammenbringen, um Vorurteile abzubauen. Dabei gilt für Wohnungslose und Geflüchtete gleichermaßen: Die beste Prävention ist eine Tür, die man hinter sich schließen kann, der beste Schutz eine eigene Wohnung.

Andreas Zick, der Leiter des Bielefelder Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung, sagte dem Straßenmagazin Hinz&Kunzt, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung Vorurteile gegenüber Obdachlosen hege. „Man möchte Obdachlose nicht sehen“, sagt Zick. „Und aus dem Vorurteil kann Handeln entste-

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NEUES VON BODO

„Frisurenengel“ zu Besuch Eine Schere, ein Rasiermesser und Engelsflügel zieren ihr Emblem. Die Barber Angels sind ein Verein von FriseurInnen und Haarstylisten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, wohnungslosen Menschen kostenlos die Haare zu schneiden. „Diesen Menschen, um die wir am liebsten einen Bogen machen, wollen wir etwas Selbstvertrauen und ‚ihr Gesicht‘ zurückgeben“, erklärt die Gruppe ihre Ziele. Wie vieles andere sind Friseurbesuche für wohnungslose Menschen häufig unerschwinglich. Friseurinnen und Friseure aus ganz Deutschland machen mit – und am 23. Juli kommen die Barber Angels für einen Aktionstag nach Bochum. In unserer Anlaufstelle in der alten BO-Fabrik in der Stühmeyerstraße werden sie von 10 bis 13 Uhr die Scheren anlegen und ihren Kunden die Haare und Bärte schneiden.

TERMINE Soziale Stadtführung in Dortmund Samstag, 14. Juli, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Buchladen Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Soziale Stadtführung in Bochum Samstag, 21. Juli, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Anlaufstelle Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum Aktionstag der „Barber Angels“ Montag, 23. Juli, von 10 bis 13 Uhr bodo-Anlaufstelle Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum 8

bodo macht Schule

Bücher schaffen Stellen

Nur noch ein paar Tage, dann sind Ferien. Zeit also, mal aus dem Klassenzimmer rauszugehen und etwas Frischluft zu tanken. Gerade zum Ende des Schuljahres besuchen uns Lehrkräfte und Schulklassen für Unterrichtschwerpunkte, Projektwochen und Fortbildungen. Im Juli sind zum Beispiel das Käthe-Kollwitz-Gymnasium, die Europaschule aus Dortmund und die Graf-Engelbert-Schule Bochum bei uns, um mit uns auf Soziale Stadtführung zu gehen und mehr über die Arbeit von bodo zu erfahren. Außerdem werden mehrere SchülerInnen für ein Praktikum bei uns reinschnuppern. Wenn auch Sie uns besuchen wollen, melden Sie sich einfach telefonisch (0231 – 950 978 0) oder per E-Mail: info@bodoev.de.

Unser Projekt Buch in Kurzform: Ihre Bücher schaffen Stellen. Mit Ihren Bücherspenden betreiben wir in unseren Räumen am Schwanenwall in Dortmund einen gemeinnützigen Buchladen und schaffen zugleich Arbeitsplätze für die Annahme, Sortierung, Katalogisierung und den Verkauf. Krimis, Romane, Fantasy und andere Belletristik, Kinder- und Jugendbücher, Ratgeber, Sach- und Kochbücher, Bildbände, Schallplatten, CDs und DVDs, Hörbücher, Spiele und und und. Sie können gut erhaltene Buchspenden gern in unserem Buchladen in Dortmund (Schwanenwall 36 – 38, Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr, Sa 10 – 14 Uhr) und in der Bochumer Anlaufstelle (Stühmeyerstraße 33, Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr) abgeben.


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Kleidung gesucht Unsere Kleiderkammern benötigen Nachschub – besonders Sommerkleidung für Herren in normalen und größeren Größen sowie Schuhe sind im Moment nachgefragt. Gut erhaltene Kleiderspenden nehmen wir gern im bodo-Buchladen am Schwanenwall in Dortmund und in der Bochumer Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße 33 entgegen.

Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an: n n n n n n n

Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

bodo um die Welt Der August wird ein internationaler Monat. Wie jedes Jahr kommen Straßenzeitungen aus aller Welt zur jährlichen Konferenz des Internationalen Netzwerks der Straßenzeitungen zusammen, um sich auszutauschen, Neues vorzustellen und voneinander zu lernen. Wir sind in diesem Jahr zwar nicht in Glasgow, holen aber dafür die KollegInnen ins Ruhrgebiet; oder zumindest ihre Geschichten. Denn unser Sommerheft wird ein internationales, mit Texten von Straßenzeitungen aus Mexiko und Großbritannien, Japan, Kanada und mehr. Sie bleiben, wie gewohnt, Geschichten von unten und vom Rand. Eine Art journalistische Weltreise zu den Wirkungsstätten der KollegInnen. 9


NEUES VON BODO

„Bingo“ bei bodo „Bingo!“ heißt es seit Kurzem einmal im Monat in unserer Dortmunder Anlaufstelle – wir freuen uns immer über die nette, lustige Runde mit unseren VerkäuferInnen. Und damit erfüllen unsere Räume einen wichtigen Zweck: Unsere Anlaufstellen in Bochum und Dortmund bieten –auch dank Ihrer Spenden ‑ eine offene Tür für die, die unsere Hilfe suchen. Sie bieten ein offenes Frühstücksangebot, Sozialberatung und Kleiderkammern, in denen wir auch Schlafsäcke ausgeben. Sie sind außerdem Ausgabestellen des Straßenmagazins – und Orte, um miteinander Zeit zu verbringen und Freizeit zu gestalten, sich auszuruhen, gemeinsam zu frühstücken. Übrigens: Wir freuen uns auch über neue Verkäuferinnen und Verkäufer.

SOZIALES Amazon statt Wohnungslosenhilfe. Die Stadt Seattle wollte ortsansässige Großkonzerne wie Amazon und Starbucks mit einer Sondersteuer an der Bekämpfung der Wohnungsnot und der damit rasant wachsenden Obdachlosigkeit beteiligen. Seattle zählt inzwischen 5.500 Obdachlose. Amazon finanzierte eine Kampagne namens „No Tax on Jobs“ und drohte mit der Kürzung von 7.000 Arbeitsplätze. Der Stadtrat nahm das Gesetz nach einem Monat zurück. Die Konzentration der deutschen Tagespresse ist massiv angestiegen. 61,6 Prozent beträgt der Marktanteil der 10 größten Verlagsgruppen an der Gesamtauflage, geht aus einer Studie des Dortmunder Zeitungsforschers Horst Röper hervor. Bei den Tageszeitungen, die überwiegend im Einzelverkauf z.B. am Kiosk vertrieben werden, liegt der Marktanteil der fünf größten Verlagsgruppen bei 99,6 Prozent. Hessen plant eine Statistik über Wohnungslose. Nordrhein-Westfalen ist bislang das einzige Bundesland mit einer „integrierten Wohnungsnotfallstatistik“. Nun zieht das hessische Sozialministerium nach und erhöht den Druck auf die Bundesregierung. Wie ihre Vorgängerinnen verweigert sie sich bislang einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik und verweist auf die Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Burkinis im Sommerloch. Das Herner Pestalozzi-Gymnasium war im Juni Gegenstand einer deutschlandweiten Debatte über vermeintlich falsche Toleranz, nachdem CDU- und FDP-Politikerinnen scharf auf das Angebot der Schule reagiert hatten, für den Schwimmunterricht auch Ganzkörperbadeanzüge („Burkinis“) leihweise zur Verfügung zu stellen. Das Angebot bestehe seit zwei Jahren und werde nur selten genutzt, so die Schule. 10

Geier im Grünen Der „Geierabend“ geht raus: Nach einer ausverkauften Spielzeit – in der das Publikum mehr als 10.000 Euro Spenden für bodo gesammelt hat (bodo 06.18) – lädt das Ensemble vom 20. bis 22. Juli im ländlichen Grün zwischen Dortmund und Castrop-Rauxel zum Open Air. Im Biergarten „Tante Amanda“ zeigen der „Präsi“, der „Steiger“, „Miss Annen“ und die anderen die besten Stücke des aktuellen Programms „Bye Bye Bottrop“. Zum letzten Mal mit dem, der geht – Hans Martin Eickmann verlässt das Ensemble nach 20 Jahren ‑, und zum ersten Mal mit dem, der kommt: Das neue „Geierabend“Mitglied wird an diesem Wochenende erstmals vorgestellt. Alle Infos: www.geierabend.de


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bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr zentrale Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de Fax: 0231 – 950 978 20 Besuchen Sie uns Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr Sa. 10 – 14 Uhr Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr Fr. 14 – 17 Uhr

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt Bastian Pütter redaktion@bodoev.de Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Suzanne Präkelt buch@bodoev.de bodos Bücher online: Gordon Smith basar@bodoev.de

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Helfen Sie helfen

Zwischen unserer Geschäftsstelle am Schwanenwall und der bodo-Anlaufstelle und unserem Verkäufercafé in der Schwanenstraße in Dortmund liegen nur gut fünf Minuten Fußweg. Wer von einem Ort zum anderen will, kommt dabei fast automatisch beim Raumausstatter „raumideen“ und der Brennerei Krämer vorbei. Im Mai haben beide Geschäfte ein großes Nachbarschaftsfest für Anwohner und Kundinnen veranstaltet. Zum Fest gehörte auch eine Verlosung – und die Einnahmen aus dem Losverkauf haben „raumideen“ und die Brennerei Krämer im Anschluss an bodo gespendet. 450 Euro sind dabei für unsere Arbeit zusammengekommen – danke schön, liebe Nachbarn!

Unsere Arbeit kostet Geld. Unser Ziel ist es, unsere Mittel selbst zu erwirtschaften; durch unseren Buchladen, unser Projekt Transport und das Straßenmagazin. Doch ganz ohne Ihre Unterstützung geht es nicht – darum freuen wir uns besonders, wenn wir zum Beispiel bei Geburtstagsfeiern, Vereinsfesten oder Konzerten bedacht werden. Das hat die Bezirksvertretung BochumMitte im Juni getan: An den Grummer Teichen lud sie zum Fest der Begegnungen mit buntem Programm und und einer Blumenversteigerung. Der Erlös dieser Versteigerung soll der Arbeit des bodo e.V. zu Gute kommen. Herzlichen Dank! Helfen Sie helfen: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

Aus der Nachbarschaft

Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Mieterverein

Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

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Mitglieder im Deutschen Mieterbund

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REPORTAGE

Für alle Sinne Das Westfälische Freilichtmuseum in Hagen

Ein Lernort, ein Erlebnisort. Etwa fünfzig traditionelle Handwerksbetriebe, überwiegend funktionsfähig untergebracht in historischen Gebäuden, stehen locker gruppiert im Hagener Mäckingbachtal: ein Museum mit dem Auftrag, alte Gewerbe und Techniken lebendig darzustellen. Unterhaltsam und praxisnah werden hier auch Fragen zu wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aspekten im Kontext von Strukturwandel und technischem Fortschritt beantwortet. Von Wolfgang Kienast Fotos: Daniel Sadrowski

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bergroß ist das Schwungrad im Zinkwalzwerk, winzig das Werkzeug beim Uhrmacher. Ganz leise geht es beim Optiker zu, bei über hundert Dezibel knallt der Sensenhammer auf glühendes Eisen. Gut ausgeschilderte Wege mit einer Gesamtlänge von rund drei Kilometern durchziehen die mehr als vierzig Hektar Museumsareal – und überall riecht es anders. Feinste Aromen steigen in die Nase und manchmal anderes. Man atmet den Geruch von Rasierwasser ein, von Tabak, Röstkaffee und frisch gebackenem Brot, flammenden Kohlen, heißem Metall, Druckerfarbe und etlichem mehr. „Dieses Potpourri genieße ich jeden Tag aufs Neue“, sagt Frau Wenning-Kuschel. Sie ist im Museum als Pressereferentin angestellt. „Im 19. Jahrhundert, als die Menschen noch direkten Kontakt zur Produktion in ihrer Nachbarschaft hatten, gehörte das zum alltäglichen Leben. Mit der Industrialisierung änderte sich alles. Damals wurden viele kleine Anlagen aufgegeben, weil sie nicht rentabel schienen. Gleichzeitig

verschwanden traditionelle Berufe. Zu unseren Aufgaben gehört es, sie zu dokumentieren und zu präsentieren. Didaktisch auf bereitet, denn natürlich wird hier nicht eins zu eins die zuweilen unglaublich harte und gefährliche Schwerstarbeit dargestellt.“

Im Sensenhammer Sehr genau weiß das Herr Becker, der Schmied im Sensenhammer des Museums. Nahezu originalgetreu wurde dieser ehedem mittelgroße Betrieb am Mäckingbach wieder aufgebaut. Ursprünglich stand er im Hagener Stadtteil Haspe, wo unter seinem Dach noch in den 1960er-Jahren Sensen hergestellt wurden. „Die Bedingungen müssen heftig gewesen sein“, erklärt er. „Parallel an drei Hämmern wurde geschuftet. Ein höllischer Krach. Auf jeden Hammer kamen drei Arbeiter. Der erste holte die glühenden Eisen aus dem Feuer, der zweite hatte sie in Form zu bringen. Das Tempo, mit dem der Hammer dabei schlägt, ist extrem

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REPORTAGE

und nicht zu regulieren. Und das Eisen muss permanent in neue Positionen gedreht werden. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Auto, programmieren Ihr Navi auf ein Ziel mitten in der Stadt, und dann tritt jemand das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Jetzt haben Sie eine ungefähre Vorstellung von diesem Druck. Das ist Adrenalin pur. Sie dürfen sich nicht den geringsten Fehler erlauben. Der dritte Mann brachte die Eisen sofort zur nächsten Feuerstelle am nächsten Hammer. Sie sollten ja nicht abkühlen. Das war ein menschliches Fließband. Im Endeffekt sind bis zu 32 Arbeitsschritte nötig, bis der Rohling eine Sense ist.“ Herr Becker führt einen dieser Schritte vor. Anschließend nimmt er sich Zeit, Fragen zu beantworten. Nein, früher war wirklich nicht alles besser, selbst wenn ein handgeschmiedetes Sensenblatt dem maschinell gestanzten Pendant aus dem Baumarkt qualitativ deutlich überlegen ist. Man ist froh, dass sich hier und heute niemand mehr so schinden muss. Ja, dieser Beruf ist ebenso extrem wie anspruchsvoll. Bevor er die Stelle im Museum antrat, war Herr Becker 13 Jahre lang als ausgebildeter Schmied beschäftigt. Weitere drei Jahre Schulung waren jedoch vonnöten, bis er auch die alten Techniken beherrschte.

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Wissen bewahren Wenn sich niemand engagiert, droht solches Wissen für immer verlorenzugehen. Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts hätte man darin erstmals ein Problem gesehen, sagt Frau Wenning-Kuschel. „Es gab damals Leute, die es sich von daher zur Aufgabe gemacht hatten, traditionelle Praktiken im Sinne eines nationalen Kulturdenkmals zu bewahren. Das lag im Trend der Zeit, nicht nur in Deutschland, Skandinavien war führend. In Hagen war es dann der Lehrer und Heimatforscher Wilhelm Claas, der Anfang der 1930er-Jahre vorschlug, das noch unbebaute Mäckingbachtal als Standort für ein entsprechendes technisches Museum zu nutzen.“ Umgesetzt worden sei seine Idee aber erst Anfang der 1960er Jahre durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe. „Natürlich dauert es seine Zeit, bis eine derartige Anlage präsentabel aufgebaut ist. Eröffnet wurde das Freilichtmuseum schließlich am 1. Mai 1973. An einem Tag der Arbeit. Seither hat sich in den Werkstätten einiges getan. Was die Vorführungen betrifft, war anfangs wohl ein Bäcker da und vielleicht schon ein Schmied. Gegen Ende der achtziger Jahre hat man zunehmend Handwerker gesucht, um die Objekte zu beleben.“


Zu besichtigen sind lokale wie regionale Gewerbe, wie sie für Westfalen, vor allem für das Sauer- und Siegerland, prägend waren. Folglich nimmt, neben dem metallverarbeitenden Sektor, die Produktion und Bearbeitung von Papier und Pappe großen Raum im Museum ein. Viele Betriebsstätten wurden an ihrem ursprünglichen Standort ab- und im Mäckingbachtal wieder aufgebaut, transloziert, wie es fachsprachlich heißt. Wo ein Translozieren nicht möglich war, wurden passende Werkräume rekonstruiert. „Richtig fertig wird so etwas nie. Manches, was sich bei der Eröffnung auf der Höhe der Zeit befand, könnte bald interessant für uns sein. Wir suchen beispielsweise seit Längerem nach einer alten Tankstelle mit angeschlossener Autowerkstatt.“

Vorführungen in 20 Betrieben Beim Publikum sehr beliebt ist ein dem Eingang gegenüberliegender, kleinstädtisch anmutender Platz mit, unter anderem, Kolonialwarenladen, Blaufärber, Brauerei und Gasthof, Tabakmanufaktur, Kaffeerösterei und Bäcker. Im schwarzweißen Fachwerkensemble fällt ein gelb gestrichenes Haus ins Auge. Zigarren werden hinter diesen Wänden hergestellt. Auf der Fensterbank gedeihen zur Anschauung einige Tabakpflanzen. Frau Heinrichs ist die Expertin für den Themenbereich. „Der ungewöhnliche Farbton basiert auf Nikotin“, erklärt sie, während sie einige Stumpen fertigt. „Unter dem Dach wurde Tabak gelagert. Der zieht Insekten an. Nikotin hält sie fern, das ist ja ein Gift. Mit dem werden Sie auch Läuse an Ihren Gartenpflanzen los. Sie müssen nur Tabak über Nacht im Gießwasser ziehen lassen.“ Sie räuspert sich. „Heute wird allenthalben vor den Gefahren des Rauchens gewarnt, aber einstmals, im 19. Jahrhundert, florierte im westfälischen Raum die Tabakverarbeitung.“ Naheliegend, dass ein exemplarischer Betrieb ins Programm eines regional ausgerichteten Technikmuseum gehört. Gelegentlich zöge sie selbst an einer Zigarre, bekennt sie, und erklärt derweil ihre Arbeit an Rollbrett, Wickelform und Presse. Unter Kennern genießen Rauchwaren aus dem Mäckingbachtal einen ausgezeichneten Ruf, gleichermaßen das Brot. Die Bäckerei wurde vom Magazin „Der Feinschmecker“ im vergangenen Jahr in die Liste der deutschlandweit besten aufgenommen. Man kann das mehrfach ausgezeichnete Brot

Die nächsten Sonderveranstaltungen: 21. Juli: Mittelalterliches Treiben „Potgeiter, Bilderbakker & Co.“ 5. August: Tag des Pferdesports „Das Glück der Erde...“ www.lwl.org/LWL/Kultur/LWLFreilichtmuseum_Hagen

vor Ort erwerben, ebenso den frisch gerösteten Kaffee. Die Einrichtung der Rösterei entstammt der 1996 geschlossenen Iserlohner Firma Bommers & Schuchart. Name und Logo des Unternehmens dürfen jetzt vom Museum genutzt werden. „Täglich finden hier in etwa zwanzig Betrieben Vorführungen statt“, sagt Frau Wenning-Kuschel. „Diese Kombination von lebendigem Freilichtmuseum und technikhistorischer Ausstellung ist europaweit vermutlich einzigartig. Unsere Leute sind in den Arbeitsfeldern ausgebildet. Sie können mit Spezialisten diskutieren und ebenso gut die Fragen von Kindern beantworten. Jede Altersgruppe wird angesprochen und jede Bildungsschicht. Unser Publikum ist bunt gemischt. Selbst Junggesellenabschiede finden den Weg hierher.“

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DAS FOTO

Für die bodo-Titelgeschichte im vergangenen Oktober porträtierte unser Fotograf Daniel Sadrowski den Bochumer Künstler Matthias Schamp. Dieser war angetan vom Kunstverständnis des Fotografen, jener war begeistert von den doppelbödigen Arbeiten des Bochumers. Heraus kam eine Kollaboration: Am 2. Juni inszenierte Schamp im „Projektraum Fotografie“ im Union Gewerbehof, den Sadrowski mitbetreibt, eine 12-Stunden-Performance „auf Grundlage von Akrobatik und Levitation“. Daniel Sadrowski fotografierte den schwebenden Künstler. Foto: Daniel Sadrowski

RECHT

Jobcenter muss Fahrtkosten zum Gymnasium zahlen Von Rechtsanwalt René Boyke Dass die theoretisch freie Wahl einer Schule plötzlich an ganz praktischen Hürden zu scheitern droht, musste ein elfjähriger Junge erfahren, der nach der Grundschule auf ein Gymnasium wechseln wollte. Das Problem: Die Schule ist weiter von seinem Wohnort entfernt als eine andere Schule – und die Mutter des Jungen aufgrund der Fahrtkosten auf Unterstützung des Jobcenters angewiesen. Dieses aber wollte den

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angehenden Gymnasiasten, dessen Noten die Regelanforderungen in allen Fächern übertrafen, nicht unterstützen und verweigerte die Erstattung seiner Fahrtkosten. Die Begründung der Behörde: Der Schüler könne einfach eine nähergelegene Oberschule besuchen; die könne er zu Fuß erreichen. Allerdings: Im Unterschied zum Gymnasium wird auf dieser Oberschule kein Abitur angeboten.

Der Argumentation des Jobcenters schob das Landessozialgericht Niedersachsen (Az. L 15 AS 69/15) einen Riegel vor und verwies auf § 28 Abs. 4 SGB II. Diese Norm regelt, dass Schüler, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, Anspruch auf Erstattung dieser Kosten haben können. So erklärte das Gericht, dass es sich bei dem gewählten Gym-


KOMMENTAR

Auf rechtsstaatlichem Boden Von Bastian Pütter Das ungarische Parlament hat mit 160 zu 18 Stimmen das „Stop Soros“-Gesetzespaket verabschiedet. Die Gesetze ermöglichen die Strafverfolgung von Flüchtlingshelfern und erklären Obdachlose landesweit zu Kriminellen. Was das eine mit dem anderen zu tun hat?

Obdachlose und Flüchtlingshelfer in Ungarn

Die kurze Antwort heißt: völkischer Nationalismus, das Beschwören der Abstammung als Kriterium der Zugehörigkeit. Wieder ist er die Ideologie zur Krise. Dabei können zusammenrückende Stämme keins der drängenden Probleme des aktuellen Globalisierungsschubs lösen, eigentlich spüren die Leute das auch. Damit die Volksgemeinschaft trotzdem an sich glaubt, und daran, überhaupt ein Volk zu sein, muss sie die Angst und die Feindschaft kultivieren: Angst vor den Migranten, die nicht hierher gehören, und den Juden und Roma, die nicht „zu uns“ gehören. Vorbereitet wurde die ungarische Gesetzesreform mit einer teils offen antisemitischen Kampagne gegen George Soros, dessen Open Society Foundation inzwischen das Land verlassen musste. Die Arbeit für Hilfsorganisationen ist schon lange schwierig in Ungarn. Nun droht bereits für das Verteilen von Informationen an illegalisierte Flüchtlinge im Wiederholungsfall ein Jahr Haft. Dazu kommt der Hass auf die inneren Feinde. Auf die politischen Gegner, die auf den nackten Kaiser zeigen: auf das Fiktive und das Barbarische der Ideologie. Und auf die Gescheiterten, deren Existenz darauf verweist, dass auch die Völkischen sich einen Dreck um das Wohl des Einzelnen scheren. Jede Zelle im Volkskörper ist ihnen ersetzbar; gilt sie als schädlich, auch mit Gewalt. Das erfahren Obdachlose bereits seit 2013. Seitdem ist der Aufenthalt an vielen öffentlichen Plätzen verboten. Das neue Gesetz weitet dieses Verbot aufs ganze Land aus. Den 50.000 Wohnungslosen drohen nun überall hohe Geld- und Haftstrafen. Was das alles mit uns zu tun hat? Zu Jahresbeginn kündigte Ungarns Ministerpräsident Orbán die Gesetzesoffensive an, als „Wiederherstellung des Volkswillens“. Wo? Im Kloster Seeon, als Gast der CSU-Klausurtagung. Der Applaus war groß. CSU-Vize Weber träumte in deutscher Tradition von der „finalen Lösung der Flüchtlingsfrage“, der heutige Innenminister Horst Seehofer stellte ungefragt das Gutachten aus, Orbán bewege sich „zweifelsfrei auf rechtsstaatlichem Boden“. Diese Leute, deren politischer Kompass lange vor dem BayernWahlkampf verloren gegangen ist, sind kein Umgang. Eine Koalition, die nach ihrer Pfeife tanzt, ist von allen guten Geistern verlassen.

nasium im Vergleich zu der vom Jobcenter bevorzugten Oberschule um eine Schule eines anderen Bildungsgangs handelt. Es komme daher nicht nur darauf an, ob eine irgendwie ähnliche Schule näher liegt, sondern eine solche, die den gleichen Bildungsgang der gewählten Schule anbietet. Dieses Erfordernis sahen die Richter als nicht erfüllt an und verurteilten das Jobcenter dazu, die Fahrtkosten zum Gymnasium für den

DIE ZAHL

4,9 Milliarden Euro sind armen Familien im vergangenen Jahr entgangen, weil Kindergeld als Einkommen vollständig auf Hartz IV angerechnet wird. 1,2 Millionen Familien waren betroffen, teilte die Bundesregierung im Rahmen einer Fragestunde am 6. Juni mit.

leistungsstarken Schüler zu zahlen. Die Entscheidung des Gerichts ist lesenswert. Anders als die beklagte Behörde arbeitete das Gericht präzise die Unterschiede zwischen den im Raum stehenden Schulen heraus und konnte damit überzeugend darlegen, dass es sich um deutlich unterschiedliche Bildungsgänge handelt und damit eben doch ein Anspruch des Schülers auf Fahrkostenerstattung besteht.

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REPORTAGE

Schlagerkneipe gegen

Szenebar Auf dem kultigen Sportplatz der Bochumer Speckschweiz-Arena fand an Fronleichnam zum neunten Mal der „Happy Cadavar Cup“ statt, ein Fußballturnier zwischen 16 Bochumer Gastronomie-Teams. Mit „Dabei sein ist alles“-Trophäen, rustikaler Herzlichkeit, Doping ausschließlich vom Fass oder aus der Wasserpfeife und 2.000 Euro aus dem Würstchenverkauf für einen guten Zweck. Wer braucht da eine Weltmeisterschaft? Von Peter Hesse Fotos: Magdalena Stengel

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ie Anspannung ist Trainer Tom Gawling anzumerken: „Kommt aus der Sonne raus und schont euch, sonst klappt gleich auf dem Platz nichts“, brüllt er sein Team im Kasernenhofton an. Tom ist Chef der „Trinkhalle“ und Titelverteidiger, seine Mannschaft will sich gerade mit ein paar lockeren Übungen warmschießen, doch der Chef läuft wie ein Wahnsinniger zwischen seinen Leuten hin und her. „Und trinkt auch genug“, brüllt der Trinkhallen-Chef nochmal. Sein Gesicht schützt er heute mit dunkler Sonnenbrille und heller Baseballkappe vor der grellen Sonne. Es ist heiß an diesem Tag, und viele der anwesenden Teams wollen sich heute beweisen – und da kann der Ehrgeiz schon mal über das Ziel hinausschießen. Im nächsten Spiel geht es bei der Trinkhalle um die Ehre, denn die Partie gegen die Schlagerkneipe „Hufeisen“ steht an. Tresenchefin Claudia Schrecker führt das Team als Spielführerin an, der Mannschaft eilt der Ruf voraus, exzellent am Ball zu sein. Claudias Lebensgefährte ist der Trainer beim Team „Hufeisen“. Er hat sich

mit noblem Herrenausstatter-Sakko und Einstecktuch für diesen Tag in Schale geschmissen. Mit VfL-Bochum-Legende Michael „Ata“ Lameck hat er gar prominente Unterstützung an die Seitenlinie geholt. Da reicht es trotz der engagierten Außenlinienarbeit von Chef Tom, der wie die cholerische Version von Graf Zahl sein Team anfeuert, für die „Trinkhalle“ am Ende nicht ganz für den Durchmarsch. Aber gegeben hat man doch alles.

Gemischte Teams, buntes Publikum Jedes Spiel dauert zwei mal neun Minuten, und der Sportplatz wurde in zwei Kleinfelder aufgeteilt, damit parallel immer zwei Matches stattfinden können. Die Turnierregeln sehen vor, dass gemischte Teams aus je sechs Feldspielern und einem Torwart gegeneinander antreten, das heißt: Jede Mannschaft braucht mindestens eine Frau in den eigenen Reihen. Zudem: Wenn diese Frau ein Tor schießt, so zählt der Treffer doppelt. „Das kann dir ruckzuck den Hals brechen“, sagt

Markus Schlichtherle, der für das Team „KRTLND“ mit Stammsitz wenige Meter neben der „Trinkhalle“ spielt: „Denn wenn du knapp führst und die gegnerische Stürmerin dir kurz vor Schluss ein Ding reinknallt, dann stehst du mit leeren Händen da.“ Das Café Tante Yurgan‘s hat darüber hinaus mit Scarlett Elisabeth Anft eine Torhüterin im Kasten, die pfeilschnell nach jedem Ball hechtet wie ein echter Profi. Es ist überhaupt stark, wie hoch streckenweise das fußballerische Niveau ist. Gekommen sind etwa 600 Zuschauer, und die Publikums-Bandbreite ist dabei so bunt wie das Leben selbst: Vom Repräsentanten des Bochumer Stadtmarketing bis hin zum verlotterten Bauwagen-Punk zeigt dieses Fest, dass der Fußball alle gesellschaftlichen Schichten zusammenbringen kann. „Der Spaß soll natürlich im Vordergrund stehen“, sagt Veranstalter Serdar „Scotty“ Erkek entsprechend. Es ist hektisch um ihn heute, fast im Minutentakt zerrt jemand an seinem Ärmel. Die Frau vom Würstchenstand

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REPORTAGE

Jago vor Hufeisen und Goldkante „Die aktiven Spieler müssen nichts für ihre eigenen Getränke bezahlen“, stellt Serdar klar. Übrigens: Wenn Spieler einen angetrunkenen Eindruck machen sollten, würden sie vom Schiedsrichter vom Platz gestellt – aber hier gibt es keine nennenswerten Vorfälle. Auch ernsthafte Verletzungen halten sich im Rahmen: „Ein Spieler aus dem Weiherstuben-Team ist ohne Fremdeinwirkung umgeknickt und hat sich die Bänder am Fußgelenk verdreht“, erklärt Serdar. Das Team „Celtikspor“ hat als besonderes Dopingmittel noch eine Wasserpfeife dabei, andere suchen lieber in den Pausen einen Schattenplatz oder

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halten in der Umkleidekabine den Kopf unter kaltes Wasser. Am Ende steht fest: Sieger ist das „Jago“, die Bochumer Kneipe mit der schönsten Außenterrasse. Auf den weiteren Plätzen folgen die Teams vom „Hufeisen“, der „Goldkante“ und des „Schreiner‘s“. „Nachdem wir alle drei Spiele in der Vorrunde gewonnen haben, wusste ich, dass wir vorne mitmischen werden“, sagt Claudia Schrecker stolz über ihr „Hufeisen“-Team und den erreichten zweiten Platz.

Auf blassessel und Wassereis Die Sieger feiern dann noch bis in die frühen Morgenstunden auf dem Vorplatz des Schauspielhauses. In den Tagen nach dem Turnier kann man die Siegerpokale auch an Ort und Stelle bewundern: In der Goldkante steht die Trophäe sehr gut sichtbar auf dem Tresen. Aber auch für die Teams wie die „Weiherstube“, die nicht richtig in Fahrt kamen, gilt der Dabeiseinist-alles-Grundsatz. „Es macht jedes Jahr Spaß, dabei zu sein“, sagt Katja Viefhaus von der „Weiherstube“ stellvertretend für ihr Team.

die rund 2.000 Euro, die Serdar Erkek an karitative Zwecke, unter anderem an das St.-Vinzenz-Kinderheim am Bochumer Imbuschplatz, überweisen kann. Aber es sind auch die vielen skurrilen Details, die den „Happy Cadaver Cup“ zu einem besonderen Fußballfest machen: Das Team vom Café Eden läuft mit einem Satz der Regenbogentrikots der VfL-Saison 1997/98 auf – ein Leibchen, das noch heute jede Rangliste der hässlichsten Bundesliga-Trikots anführt. Die Betreuer der „Linie 5“-Mannschaft haben gleich eine riesige, auf blasbare Sessellandschaft an den Spielfeldrand gestellt – um es sich hier in den Pausen gemütlich zu machen. Zwischendrin läuft einer der Schiedsrichter nochmal in die Kabine und kommt mit Wassereis zurück, das er an die anwesenden Kinder verteilt. Wer einem Auswärtigen die Vorzüge des Ruhrgebiets näher bringen wollte – an diesem letzten Maisonntag auf dem Sportplatz an der Hofsteder Straße hätte er leichtes Spiel gehabt.

Denn entscheidend ist eben auch neben dem Platz. Dafür stehen zuerst

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HMKV im Dortmunder U www.hmkv.de

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© (Korpys/Löffler) VG BILD-KUNST Bonn, 2018

braucht noch weitere Wechselgeldrollen für den Verkauf, und anschließend muss sich Serdar als Hauptverantwortlicher noch unter den Bierwagen legen, weil ein Abwasserrohr verstopft ist. Das ganze Team, das hier am Sportplatz mithilft, besteht aus ehrenamtlichen Mitarbeitern – und alle wollen, dass mit gespendeten Salaten, Würstchen und Bier eine ansehnliche Summe für den guten Zweck zusammen kommt.


KULTUR

Pizza Pangaea Die beständige Neubestimmung des eigenen

Standorts

Vordergründig ist Pizza Pangaea ein Kunstprojekt. Im erweiterten Sinn handelt es sich um einen generierten Anlass, der Denkprozesse auf sozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Ebenen in Gang setzen und begleiten soll. Das sagt Johanna-Yasirra Kluhs, die das Konzept gemeinsam mit dem Berliner Künstler Manuel Bürger erarbeitet hat. Pizza Pangaea ist vielschichtig wie eine Zwiebel und hat – Kulinarisches liegt nahe – auch etwas mit einem beliebten Nahrungsmittel zu tun. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

„Zunächst mag sich das kompliziert anhören, in der Praxis wird sich aber schnell eine Dynamik entwickeln“, sagt Frau Kluhs. Sie arbeitet als kuratorische Leiterin bei Interkultur Ruhr, einem Projekt, welches das weite Feld zwischen Kunst und sozialer Praxis erforscht. Interkultur Ruhr interessiert sich vor allem für Prozesse der Migration, angefangen bei der geläufigen Wortbedeutung bis hin zu Migrantischem in jedem von uns. Anhand von Pangaea können solche Phänomene erzählt werden. Pangaea war ein Urkontinent auf dem Planten Erde, eine zusammenhängende Landmasse vor etwa 300 bis 150 Millionen Jahren, die durch die Kontinentaldrift in die uns bekannten Erdteile zerfiel. „Es wird vermutet, dass die Plattentektonik in fernen Zeiten zu einer neuen Pangaea führt, zu einer Pangaea Ultima“, sagt Kluhs. „Nur wer weit genug denkt, erkennt, dass Zustände wie Vergangenheit und Zukunft anders sind, als stets behauptet wird. Eben nicht so, wie es die in der Politik üblichen, sehr kurzfristigen Rück- und Vorblicke zeigen wollen. Andererseits kann aber auch der Ort, an dem wir uns befinden, das Ruhrgebiet, durchaus schon als Pangaea Ultima begriffen werden. Es ist ein Ort für alle und er ist maximal divers. Ich hätte gern, dass wir alle das spüren und feiern und Wege finden, unser Leben danach zu gestalten. Denn was uns noch fehlt, ist eine Ethik für die Pangaea Ultima.“ Gäbe es eine solche Ethik, wären Konstrukte wie Nationalstaat und Grenzen hinfällig. Vor diesem Hintergrund ist die Pangaea Ultima eine positiv begründete Utopie. Für diese gilt es, beispielhafte Bilder im Alltäglichen zu finden. Da kommt Pizza ins Spiel, ein ebenso internationales wie

sehr vertrautes Lebensmittel. Sie ist überall erhältlich und wird angeboten von Pizzabäckern jeglicher Nationalität. Pizza Pangaea ist aber eigentlich nur der Karton, von Manuel Bürger gestaltet, der die Philosophie des Projekts grafisch transportiert. Im Juli bekommen fünf Pizzerien im Revier je 1.500 dieser Kartons geschenkt. So verpackt werden dann eigens für das Projekt kreierte Pizzen verkauft. Begleitende transmediale Aktionen wie Kurzfilme, Workshops und Diskussionsrunden fungieren als Ankerpunkte für eine vertiefende Debatte über notwendiges Selbst- und Verantwortungsbewusstsein.

Teilnehmende Pizzerien in Bochum und Dortmund: „Pizza“ Hans-Ehrenberg-Platz 5 44789 Bochum Pizzeria Da Geanni Sudermannstraße 13 44137 Dortmund

Licelia de Souza (2. v.r.) und ihr Team in der Pizzeria Da Geanni im Dortmunder Unionviertel mit Johanna-Yassira Kluhs, der kuratorischen Leiterin von Interkultur Ruhr. Ihre Pizza-Variante wird vegetarisch und thailändisch gewürzt sein. In Bochum wird es die Pizza Pangaea bei „Pizza“ in Ehrenfeld geben.

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WILDE KRÄUTER

Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

STINKENDER STORCHSCHNABEL

B REZEPT 1 Zwiebel hacken, in Butter glasig dünsten. 3 braune Champignons blättrig schneiden, zu den Zwiebeln geben und bei mittlerer Hitze einige Minuten schmoren lassen. Die Masse flach auf den Pfannenboden drücken und 3 verquirlte Eier über die Zwiebel-Pilz-Mischung geben, glattstreichen. Ein paar junge Blättchen vom Stinkenden Storchschnabel fein hacken und zusammen mit 1 bis 2 EL geriebenem Parmesan darüber streuen. Auf kleiner Flamme stocken lassen. Anschließend in der Pfanne wenden, auch auf der anderen Seite anbraten, ein zweites Mal wenden und vor dem Servieren mit Blüten der Pflanze dekorieren.

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eim Kolumnenkraut im Juli handelt es sich um eine wilde Geranienart. Sie wird unter diversen Bezeichnungen geführt – unter anderem als Stinkender Storchschnabel. Zugegeben, ihr Geruch ist eigen, ihr Name schlüssig. Der hört sich also wenig appetitlich an, gleichwohl ist die Pflanze essbar. Sie stellt, entsprechende Dosierung vorausgesetzt, durchaus eine Bereicherung der Wildkrautküche dar. Wen allein der Klang des Wortes schreckt, darf auch Ruprechtskraut sagen oder den lateinischen Fachbegriff Geranium robertianum verwenden. Diese wissenschaftliche Benennung verdankt das Kraut dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné (1707 – 1778), dessen Arbeit die Grundlage der noch heute gültigen Systematik in Zoologie und Botanik bildet. Wer solche Freunde hat... Man erzählt sich, in Carl von Linnés Bekanntenkreis habe es einen Mann namens Robert gegeben, der habe seinen Körper stets seifenfrei und fern von Wasser gehalten. Diesem, nebst seinem resultierend penetranten Schweißgeruch, habe der Forscher mit Geranium robertianum ein zeitloses Denkmal setzen wollen. Hat funktioniert. Der Stinkende Storchschnabel ist hübsch, besitzt fein gegliederte Blätter, oft rot anlaufende Stängel sowie rosafarbene Blüten von April bis weit in den Herbst hinein. Im urbanen Raum ist die anspruchslose Pflanze häufig zu finden. Mir gefällt das. Bienen auch. Dem Rat der Stadt Dortmund offenbar nicht. Der hat nämlich am 22. März beschlossen, die EDG (Entsorgung Dortmund GmbH) mit der Beseitigung von Wildkräutern zu beauftragen. Es diene der Sauberkeit, einem besseren Sicherheitsempfinden und der Attraktivitätssteigerung der Stadt. Diesem Weltbild gegenüber freue ich mich über Lö-

Geranium robertianum

wenzahnblüten im Asphalt, Franzosenkräuter am Fuße einer Laterne und auch über Stinkende Storchschnäbel. Gerade solches Grünzeug finde ich attraktiv, vor allem aber beeinflusst es nicht mein Sicherheitsempfinden. Außerdem denke ich an Insekten wie Wildund Honigbienen. Deren Überleben gestaltet sich in der monokulturellen Landwirtschaft mittlerweile schwerer als in der Stadt. Wildkräuter helfen ihnen. Und da bin ich, trotz Ratsbeschluss, optimistisch. Diese Kräuter sind Überlebenskünstler. Rückt man ihnen nicht massiv mit chemischen Keulen zu Leibe, was in der Stadt verboten ist, wird man sie nicht so einfach los. Keine Sorge, die Zutat für das nebenstehende, würzige Omelette wird es in Zukunft noch geben.

Der Stinkende Storchschnabel, auch Ruprechtskraut genannt, ist eine in Europa häufig vorkommende Art. Hauptlebensraum sind schattige, stickstoffreiche Standorte, oft auf Geröll. In der traditionellen Medizin wurde er als Heilmittel gegen Zahnschmerzen, Fieber, Gicht und Nasenbluten verwendet. Auch sagt man ihm eine antiseptische Wirkung auf Wunden zu.


KULTUR

Überraschende Entwicklung am Bochumer Prinz Regent Theater (PRT): Hans Dreher, aktuell Leiter des Rottstr5-Theaters in der Bochumer Innenstadt, soll dort ab 2019 die Intendanz übernehmen. Damit einhergehen könnte eine Fusion beider Häuser. Von Max Florian Kühlem Foto: Prinz Regent Theater

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ass die Nichtverlängerung des Vertrags von Romy Schmidt am PRT und die Suche nach einer Nachfolge als rufschädigendes Kommunikationsdebakel über die Bühne ging, haben wir an dieser Stelle bereits erläutert. Geändert hat sich in der Zwischenzeit wenig. Dass Hans Dreher Schmidts Nachfolge antreten soll, leakte die Bochumer WAZ Anfang Juni. Der Trägerverein des Prinz Regent Theaters hielt sich auf Nachfrage bedeckt. Einen Tag später folgte dann eine merkwürdig formulierte „Stellungnahme“ aus dem Rottstr5-Theater: „Fakt ist: Hans Dreher wird zum Sommer dieses Jahres nicht die Leitung des PRT übernehmen.“

Theaterfusion kündigt sich an Direktor des Schauspielhauses Bochum mit Anne Rockenfeller als persönlicher Referentin gearbeitet hat, und Autor Werner Streletz, dessen Stück „Volkers Lied“ Hans Dreher am Rottstr5-Theater inszeniert hat. Fraglich ist außerdem, ob die Häuser ihre Eigenständigkeit behalten können oder dies eine Entscheidung gegen künstlerische Vielfalt ist. Das Profil des Rottstr5-Theaters ist dem PRT heute schon nicht unähnlich. In Hans Drehers Stellungnahme ist von einer „festen Partnerschaft“ die Rede.

In der Folge ist die Stellungnahme jedoch eine noch weitergehende Bestätigung des LokalzeitungsLeaks: „Richtig ist, dass es derzeit Gespräche zwischen dem Trägerverein des Prinz Regent Theaters und dem Rottstr5-Theater gibt, bei denen eine strategische Partnerschaft von beiden Häusern in Erwägung gezogen und geprüft wird.“ Ab Herbst 2018 soll demnach Anne Rockenfeller, Hans Drehers Ehefrau, die geschäftsführende Leitung des PRTs übernehmen und eine Interimsspielzeit mit Gastspielen und Koproduktionen (wahrscheinlich überwiegend aus dem Rottstr5-Theater) gestalten. Ab der Spielzeit 2019/20 soll Dreher dann künstlerischer Leiter werden. Hans Dreher ist in der Bochumer Szene gut vernetzt. Mit einem Leitungsteam hat er seit 2009 das Rottstr5-Theater als relevanten Theater-Ort etablierte und teils gegen widrige Umstände und mit knappen finanziellen Mitteln zum Erfolg geführt. In der Freien Szene gab es trotzdem Kritik an der Entscheidung – unter anderem wegen der dahinter erkennbaren Verbandelungen: In der Findungskommission aus Mitgliedern des Trägervereins und Externen saßen unter anderem Rolf D. Suhl, der bis 2011 als kaufmännischer

Denkt man dieses Konzept auf der Verwaltungsebene weiter, ist es nicht unwahrscheinlich, dass beide Theater künftig vom Trägerverein des Prinz Regent Theaters geführt werden. Einem Verein, der wegen wenig transparenter Kommunikation und Entscheidungsfindung seit Monaten in der Kritik steht und eine Strafe des Landesrechnungshofs wegen unsachgemäßen Umgangs mit Fördergeldern zu verantworten hatte.

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Kalender Juli August

SO 01 | 07 | 18 Ausstellungseröffnung | Christo und Jeanne-Claude – „Multiple Art“ Anlässlich des Projekts „The Mastaba“ für London, Hyde Park, Serpentine Lake, präsentiert das Theater Fletch Bizzel vom 1. Juli. bis 30. September eine Ausstellung mit Multipler Kunst von Christo und Jeanne-Claude (Sammlung Barbara & Horst Hanke-Lindemann); Lithografien, Fotos, Stoffe und Bücher der Projekte von 1958 – 2018 mit dem Schwerpunkt: „The Mastaba“ für Abu Dhabi. Ferner werden Christos Filme über die Entstehung verschiedener Projekte gezeigt. Öffnungszeiten: www.fletch-bizzel.de Fletch Bizzel, Dortmund

DI 10 | 07 | 18 Ausstellung | Rosa Lachenmeier: Stadtlichter Wenn das Tageslicht verschwindet und vom elektrischen Licht abgelöst wird, gibt es diesen Moment, in dem jede Sekunde die Farben wechseln und sich alles fortlaufend ändert. Die beiden unterschiedlichen Lichtarten erzeugen einen reichen Farbklang in einem Moment des Übergangs, den die Schweizer Künstlerin als Ausgangspunkt ihrer Werke in dieser Ausstellung nimmt. Fotografiert in Langzeitbelichtung, erscheint das elektrische Licht als vergrößerte Punkte, Flecken und Lichtstreifen. Bis 9. September, Öffnungszeiten: www.umspannwerk-recklinghausen.de Museum Strom und Leben, Recklinghausen Buchvorstellung | „Geschichte des Bergbaus“ „Geschichte des Bergbaus“ ist ein reich bebildertes Buch, das Einblicke in die Bergbaugeschichte, die Arbeit der Bergleute über und unter Tage, ihre Kultur und Traditionspflege bietet. Es zeigt die Erschließung und Erkundung von Lagerstätten, die Förderung von Bodenschätzen, Bergbautechnik einst

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mit Name, Telefon, Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund.

und heute und die Bedeutung des Bergbaus als Schlüssel der Industrialisierung und des technologischen Fortschritts. Die Autoren des Buches Dr. Lars Bluma, Dr. Michael Farrenkopf und Dr. Stefan Przigoda sprechen mit Verleger Thies Schröder. Eintritt frei. Deutsches Bergbau-Museum, BO, 18.30 Uhr

MI 11 | 07 | 18 Theater | Das Internat Das Bildertheater von Regisseur Ersan Mondtag mit Musik von T.D. Finck von Finckenstein: ein Internat wie gemalt, am Ende von Raum und Zeit. Eine romantische Gemeinschaft von siebzehn Jungen, von Lehrern keine Spur. Die Hierarchien sind klar, die Territorien abgesteckt. Rituale bestimmen den glücklichen Tag. Aber ist alles so, wie es scheint? Eine Geschichte über das Miteinander und Gegeneinander, über Macht und Revolte, über Gemeinschaft und Abtrünnige, über Trauma, Krieg und Zeit – mit Texten von Alexander Kerlin und Matthias Seier. Schauspielhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

DO 12 | 07 | 18 Vortrag & Musik | Karla Lara: Cantamos para luchar Die Singer/Songwriterin und Menschenrechtsaktivistin Karla Lara gilt in Honduras als Stimme des Widerstands. Ihre Texte richten sich gegen Korruption, Landraub, Vertreibung, den „Machismo“ und die alltägliche Gewalt gegen Frauen. Sie erzählt in ihren Songs aber auch von den Hoffnungen der Menschen. In ihrer Musik finden sich Elemente von Jazz, Salsa, Chansons und Folk. Karla Lara berichtet zunächst über die Situation in Honduras, danach gibt sie gemeinsam mit dem Pianisten Jose Antonio Valesquez ein Konzert. Eintritt: Spende Gemeinschaftsgarten Alsenstraße 19, Bochum, 18 Uhr Poetry Slam | Sommer am U: Best of Slam Vol. 11 DEW21 Kultur präsentiert das große Finale des literarischen Open-Air-Sommers. Noch bevor in Moskau die neuen Männerfußballweltmeister gekürt werden, haben sie

bereits die Crème de la Slam in die PoetryBox eingeladen. Egal ob mitreißende Lyrik, humorvolles Storytelling oder politisches Statement – beim Poetry Slam ist alles dabei. Mit: Jan Philipp Zymny, Josefine Berkholz, Oscar Malinowski u.a. Moderation: Rainer Holl und Özge Cakirbey. Eintritt frei. Dortmunder U, Dortmund, 18 – 22 Uhr Theater | Das Rumpel Pumpel-Theater Am 2. Juni spielte die Rumpel Pumpel-Bande zum ersten Mal vor dem Schauspielhaus. Am 12. Juli wird es vor dem Schauspielhaus enden. Dazwischen schlug die Rumpeltruppe achtmal in ganz Bochum auf, bollerte durch die Stadt, um den Katzenjammer auszutreiben. Nun kann man sich ein letztes Mal von „Loli Jackson auf der Suche nach dem Sinn von Allem“ berühren und begeistern lassen. Eintritt frei. Theatervorplatz Schauspielhaus, Bochum, 20.30 Uhr

FR 13 | 07 | 18 Musik | Youth-Brigade-Festival Auch die 2018er-Ausgabe des Youth-Brigade wird es wieder in sich haben. Drei Bühnen vollgepackt mit Bands. Mit dabei: Affenmesserkampf, SCHMEISIG, Angry Youth Elite, Andrew Paley, Sleeping God, PÖBEL MC & Milli Dance WTG, Stereokeys, Die klebenden Pappkaplane, Der Feine Herr Soundso, The Sentiments, Grundhass und viele weitere. FZW, Dortmund, 17 Uhr Theater | Wir müssen reden Die Autorin Laura Naumann, die Regisseurin Anna Fries und Schauspielerinnen und Schauspieler des Ensembles haben sich bei Bochumer Familien zum Abendessen eingeladen. Diese Abendessen bildeten den Ausgangspunkt für „Wir müssen reden“, eine Inszenierung um den Abendbrottisch als Zentrum des Universums. Theater Unten, Bochum, 19.30 Uhr Musik | Garten Freede Die wunderbar wundersame und charmante Veranstaltung „Garten Freede“ treibt weiter ihre Blüten in der Rotunde Bochum. Die Freedes feiern als Gastgeber zusammen mit


Seit zehn Jahren gibt es die „Summersounds“ – musikalische Picknicks umsonst und draußen mit DJs in unterschiedlichen Parks in Dortmund. Bis zum 25. August verwandelt sich immer samstags eine Grünfläche in der Stadt in einen Open-Air-Club.

10 Jahre Summersounds

bis 25. August immer samstags Dortmund

Zum Jubiläum haben die Organisatoren namhafte internationale KünstlerInnen nach Dortmund geholt, die im West- und im Hoeschpark, auf der Tremoniawiese oder auf Phoenix West auflegen werden: zum Beispiel Tyree Cooper, Løve und Cosanne im Fredenbaumpark (14. Juli), DJ Mad von Absolute Beginner, Der Wolf und die Soultrippin‘ Crew auf der Tremoniawiese (21. Juli) oder Hans Nieswandt, Larse und DJ Nash an den Westfalenhallen (11. August). Es gibt ein Rahmenprogramm mit Kletterwand, Entenangeln, Baseball oder Yoga und Streetfoodständen. Der Eintritt ist zu allen Veranstaltungen frei. Alle Termine online unter www.djpicknick.de.

spannenden und unabhängigen Bands in ihrer Wohnküche ein Fest und das Leben. Mit zu „Garten Freede“ gehört der Sound der Gastgeber selber, den sie als Psych & Roll oder auch Neo-Psychedelica bezeichnen. Mit dabei ist auch die beliebte Jam-Session. Darüber hinaus gibt es Leckereien aus der FreedeWohnküche und Feuerkunst. Rotunde, Bochum, 20 Uhr Musik | Chrisha Hardt Wer liebt es nicht, das Blau? So auch die farbvernarrte Protagonistin der Vorstellung, die singend-swingend und rezitierend-spielend einen imaginierten Zeit-Raum voll verschiedenster Blau-Facetten durchlebt. Dabei reicht das Blau-Spektrum vom jazzigen Song über französische Chansons bis zum klassischen Schlager. Eintritt frei. Thealozzi, Bochum, 20 Uhr

bodo verlost 2x2 Karten*

VERLOSUNG Der Theatermacher Im heruntergekommenen Tanzsaal des Gasthofs „Schwarzer Hirsch“: Hier ausgerechnet, im Dörfchen Utzbach, macht der Staatsschauspieler Bruscon Station mit seiner Menschheitskomödie „Das Rad der Geschichte“. Er selbst in tragender Rolle – und zu seinem Leidwesen auch alle Mitglieder seiner Familie in den Nebenrollen: die Kinder untalentiert, seine Frau ein nicht enden wollender Hustenanfall. Bruscons Ansprüche sind maßlos gegen sich selbst, gegenüber seiner Familie und dem Ort des Schauspiels... Eine Künstlerkomödie von Thomas Bernhard, Regie: Kay Voges. Schauspielhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

SA 14 | 07 | 18 Kinder | Das Bau-Stein-Reich – Ein Spielfeld für aufstrebende Klötzchenbauer Wieder da: Das beliebte Holzsteine-um-dieWette-Bauen kommt in den Sommerferien zurück. Da entstehen unter den kreativen Köpfen und tatkräftigen Händen der großen und kleinen BesucherInnen und mit sage und schreibe 30.000 Bauklötzen gewaltige Brücken, verrückte Landschaften, riesige Türme oder prunkvolle Prachtbauten. Bis 26.08., Öffnungszeiten: www.dasa-dortmund.de DASA, Dortmund

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VERLOSUNG JunkYard x Studio Day & Night Festival Das Dortmunder JunkYard und das Essener Studio, zwei Grundsäulen der hiesigen Technokultur im Ruhrgebiet, kommen zusammen und zelebrieren das Miteinander. In dieser besonderen und einmaligen Konstellation präsentieren sie ein Aufgebot an Musikern, die die lokale Szene schon seit Jahren entscheidend mitprägen. Mit dabei sind Ahmet Sisman, Alex Blank, Carl Benson, Flo Mrzdk, Hen Greca, Mahan, Marc Faenger, Marlon Meggs, Monotunes, P.A.C.O., Sergej.Pribytkov, Shaleen, Sven Palzer, VNNN., Zohki. JunkYard, Dortmund, 14 Uhr Fest | Wiesenviertelfest Das Wiesenviertelfest wird die Stadt für einen ganzen Tag verzaubern: mit Musik und Kunst, mit Ständen zum Wühlen, Handeln und Schätze entdecken, mit Essen und Trinken, mit Gassen, Ecken und Höfen, die es zu erkunden gilt, mit einer Atmosphäre, die

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KALENDER

zum Verweilen einlädt. Auf den Bühnen stehen dieses Jahr Marek Marple, Brett, Blackout Problems, Linda Bockholt, MND TRCK, Jason Pollux, About Aphrodite u.v.a. Witten, ab 12 Uhr

fred Holtkamp, Gabi Möller, Elke Mönninghoff, Elly Moormann, Eugen Schlauch, Renate Schulte, Brigitte Theobald, Jürgen Theobald, Annette Vorberg, Roland Wagner, Wolfgang Wehmeier und Renate Weiss. Bis 12. August, Öffnungszeiten: www.doerken-stiftung.de Dr. Carl Dörken Stiftung, Herdecke, 11 Uhr

Theater | Dune Der junge Paul Atreides, dessen Familie vom Imperator der Menschheit damit beauftragt wurde, auf dem Wüstenplaneten Arrakis – genannt Dune – die kostbarste Substanz des Universums zu ernten: Das Spice. Ihre hinterlistigen Feinde, die Harkonnens, haben der Familie Atreides eine Falle gestellt. Paul muss in die Wüste flüchten, die Heimat der alles verschlingenden Sandwürmer und der Fremen, dem rätselhaften Wüstenvolk. Rottstr5-Theater, Bochum, 19.30 Uhr

vorstellen. Die BesucherInnen erwartet ein spannendes „public listening“ des neuen Falls, und nach vergnüglichen Plaudereien mit dem ersten Detektiv folgt dann die interaktive Teilnahme an dem beliebten Mitmach-Hörspiel. Freiwillige aus dem Publikum können sich dabei als SprecherIn gemeinsam mit dem Justus-Jonas-Sprecher auf der Bühne präsentieren. FZW, Dortmund, 20 Uhr

MO 16 | 07 | 18 Konzert | Damian „Jr. Gong“ Marley Damian Marley trat in die Fußstapfen seines Vaters, der Musiklegende Bob Marley, und bewegt Fans rund um den Globus mit seinen Reggae-Sounds. Neben traditionellem Reggae gehören Dancehall, HipHop und elektronische Beats zu seinem Programm. Dabei arbeitete Marley in den vergangenen Jahren mit so unterschiedlichen Künstlern wie Bruno Mars, Skrillex und Nas zusammen. Auf seiner Europa-Tournee wird Damian Marley sein aktuelles Album „Stony Hill“ live vorstellen. FZW, Dortmund, 21 Uhr

Theater | Changing of the Guard „Changing of the Guard“ ist ein Großprojekt mit Bürgerbeteiligung, das der Komponist und Regisseur Ari Benjamin Meyers inszeniert. Es fragt nach der Zukunft der Arbeit. Digitalisierung und Automatisierung ersetzen mehr und mehr Tätigkeiten. Die Arbeit verschwindet erst in den Fabriken, bald schon in den Büros und Praxen. Was werden wir tun, wenn wir nicht arbeiten? „Changing of the Guard“ kreiert ein Ritual mit Musik, einen Umzug durch die Stadt und ein Fest, bei dem gemeinsam in die Zukunft geschaut wird: auf das, was kommt. Eintritt frei. Infos: schauspielhausbochum.de versch. Startpunkte, Bochum, 20 Uhr

MO 16 | 07 – FR 20 | 07 | 18 Kinder | Bühnenluft Sommercamp Alice zeigt Kindern zwischen 9 und 12 Jahren auch in diesem Sommer, wie klasse es ist, selbst auf der Bühne zu stehen. Die Kinder entwickeln ein eigenes Theaterstück. Von der Geschichte über das Bühnenbild bis hin zu den Kostümen gestalten sie alles rund um die Aufführung. Am Ende präsentieren sie ihr Stück bei einer tollen Premiere. Eine Anmeldung ist erforderlich. www.werk-stadt.com WerkStadt, Witten, täglich 10 Uhr

SO 15 | 07 | 18 Ausstellungseröffnung | Positionen in Farbe Während der Sommerpause zeigt der Wetteraner Kunstverein art-EN-reich „Positionen in Farbe“. Gezeigt wird eine Auswahl der Mitglieder des Kunstvereins Jörg Aschemeier, Gerda Baltes, Elke Fleischer, Richard Gerhards, Man-

DI 17 | 07 | 18 Record-Release-Party | „Die drei ??? – und die Zeitreisende“ Oliver Rohrbeck wird erstmalig die Folge 194 „Die drei ??? – und die Zeitreisende“

MI 18 | 07 | 18 Kleinkunst | RuhrHOCHdeutsch: Frank Goosen – „Was ist da los?“ In seiner Leseshow geht Frank Goosen den Fragen nach, wieso er nie richtig gearbeitet hat oder was den Jahrestag seiner Führerscheinprüfung so bemerkenswert macht. Seine komischen und absurden Geschichten beschäftigen sich mit den schwer verständlichen Absurditäten des Alltags, vom Wahlplakat über verwirrende Werbung für Fleischereien, fachfremdes Publikum im Fußballstadion und renitente Rentner in der Bäckerei. Wer hat das angeordnet? Was kann man dagegen tun? Vor allem aber: Was ist da los? Spiegelzelt an den Westfalenhallen, Dortmund, 20 Uhr (auch 19., 20. & 21.07.)

DO 19 | 07 | 18 Musik | Sommer am U: All The Time live tunes Elektronischer Donnerstag mit Sven Finke & André Rother & Philip Michael von All The Time. Die DJs und Sound-Künstler vom Kollektiv All The Time mischen technoide Beats mit Klängen aus dem Dortmunder Alltag. Von den Straßen, Plätzen, von den Parks, von Gesprächen, Autolärm und Donnergrollen – alles ist erlaubt. Eintritt frei. Dortmunder U, Dortmund, 18 – 22 Uhr

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Jugendhilfe St. Elisabeth Telefon (0231) 94 60 600

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Kranken- und Pflegeeinrichtungen 26

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Ganze 32 Jahre hat „Bochum Total“ mittlerweile auf dem Buckel – nicht schlecht für ein kostenloses Innenstadt-Open-Air-Festival, bedeutet das doch, dass es sich nicht nur scheinbar gegen alle Beschwerden wegen Lärmbelästigung, Müll oder knappen Parkraums durchsetzen konnte, sondern auch, dass es sich trägt, obwohl kein Eintritt fällig ist.

Bochum Total

19. bis 22. Juli Bermudadreieck Bochum

Es ist wohl die Mischung aus großen Namen – in diesem Jahr zum Beispiel Mia, Romano oder Mambo Kurt – und Neulingen im Business, der FestivalOrt mitten im Bochumer Bermuda-Dreieck und die besondere Stimmung des Festivals, das im vergangenen Jahr 600.000 BesucherInnen angezogen hat. Acht Bühnen werden von Donnerstag bis Sonntag bespielt, daneben bieten mehr als ein Dutzend „Off-Stages“ im ganzen Viertel Action-Lesungen, Clubkonzerte, Tanzkurse bis tief in die Nacht. Der Eintritt ist wie immer frei. Alle Infos: www.bochumtotal.de

FR 20 | 07 | 18 Musik | Soaked in Soca Soaked in Soca transportiert die karibische Karnevalskultur mitten ins Ruhrgebiet. Am 20. Juli wird die aus Trinidad & Tobago bekannte Kultur samt all ihrer Facetten wie Kostümierungen, rituellem Tanz und SocaRhythmen nicht nur zum Bestaunen, sondern zum Mitmachen und Erleben sein. Das Ganze startet auf dem Dortmunder Schiff, der „Santa Monika“, bis es nach einem kleinen „Road March“, dem sogenannten „Jouvert“, im JunkYard ausklingt. Schiff Santa Monika & JunkYard, DO, 19 Uhr

SA 21 | 07 | 18 Musik | Odyssee: Musik der Metropolen: BANTU Inspiriert vom urbanen Chaos der Metropole Lagos, wo er seit zehn Jahren wieder

wohnt, fasziniert von der explosiven Schönheit der Megacity, politisiert von Elend und Korruption verbindet BANTU satten AfroBeat mit HipHop- und Punk-Attitüde. Mit seiner 13-köpfigen Band überführt er den Afro-Beat von Fela Kuti in die Gegenwart: frei von Retro-Verdacht. Die Message ist engagiert, der percussive Sound unwiderstehlich. Eintritt frei. Freilichtbühne Wattenscheid, BO, 19.30 Uhr Party | The Golden Era of Hip Hop & Funk Irgendwo zwischen den 80ern und 00ern wird Halt gemacht, als Platten von Gangstarr, A Tribe Called Quest, Dr. Dre und De La Soul noch den Ton angegeben haben. Aber auch Zwischenstopps in den Jahrzehnten danach mit Acts wie Anderson .Paak, Kendrick Lamar oder Eminem werden eingelegt. Für diesen Trip stehen Der Wolf und die Soul Trippin‘ Crew als Reiseführer bereit. Großmarktschänke, Dortmund, 23 Uhr

SO 22 | 07 | 18 Kinder | Kinderführung unter Tage: Von Kumpels und Kohle Tief unten in der Erde liegt der Arbeitsplatz des Bergmanns. Die Arbeit in Hitze und Staub ist beschwerlich, viele Gefahren lauern dort. Kinder ab 7 Jahren erfahren, wer des Bergmanns bester Kumpel war und was sich hinter dem Gezähe verbirgt. Anmeldung erforderlich: www.bergbaumuseum.de Bergbaumuseum, Bochum, 15 Uhr

bodo verlost 2x2 Karten*

VERLOSUNG Geierabend Open Air Unmittelbar nach dem Fußballfinale schlägt die Comedy-Show ihr Sommerlager in einem der schönsten Biergärten des Reviers auf. In einer zweistündigen „Best of“Show bringt das Ensemble Nummern des letzten Programms „Bye Bye Bottrop“, viele Klassiker und auch ganz Neues ins Spiel. Die Geier holen einen neuen Ruhri auf den Platz. Bis zum Auftritt wird über den neuen Mann nur soviel verraten: Er ist jünger und größer als der alte – was nicht schwer ist. Nach zwanzig Jahren Geierabend tritt Hans Martin Eickmann ein letztes Mal offiziell mit der Mannschaft an. Tante Amanda, Dortmund, 18 Uhr (auch 20. & 21.07., 19 Uhr)

FR 27 | 07 – SA 28 | 07 | 18

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VERLOSUNG Juicy Beats 2018 Zwei vollgepackte Festivaltage mit insgesamt 200 Bands und DJs, sechs Live-Bühnen, über 20 Floors,

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Sei mir ein sicheres Zuhause, wohin ich jederzeit kommen kann. Ps 71.3

Hospiz St. Hildegard · Königsallee 135 · 44789 Bochum www.hospiz-st-hildegard.de

Helfen Sie uns mit Ihrer Spende: Sparkasse Bochum · IBAN: DE59 4305 0001 0001 2015 40 · BIC: WELADED1BOC 27


KALENDER

etlichen Aftershow-Partys und einem außergewöhnlichen Rahmenprogramm erwarten die BesucherInnen. Top-Acts der 23. Auflage sind Kraftklub, 257ers, Kontra K, Editors, RIN, Boys Noize, SXTN, Dub FX, Von Wegen Lisbeth, Drunken Masters, Bukahara, Trettmann, Yung Hurn, Grossstadtgeflüster, Weekend , Fil Bo Riva, Neonschwarz, Haiyti, Susanne Blech. Die Mischung aus Headlinern und NewcomerBands, Top-DJs und lokalen Clubgrößen, Lieblingsacts und Neuentdeckungen ist es, die das Juicy Beats so besonders macht. Alle Infos: juicybeats.net Westfalenpark, Dortmund, Fr. 14 – 1 Uhr, Sa. 12 – 4 Uhr

LUNA-Festival

27. Juli, 20 Uhr Planetarium Bochum Castroper Straße 67 44791 Bochum

SA 28 | 07 | 18 Kleinkunst | Café Kontakt Am 28. Juli lädt Sahar Raie zur sommerlichen Juli-Ausgabe des Café Kontakt, der interkulturellen und interaktiven Bühne für Begegnung und Kleinkunst. Das Café Kontakt soll unter dem Motto „Schön ist es, miteinander zu schweigen – schöner, mit-

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NORDSTADTSOMMER 22. BIS 28 JULI 2018 das Sommerfest am DKH Konzerte | Partys | Tanz | Sport

Ferienprogramm für Kinder und Jugendliche

Leopoldstr. 50-58 · 44147 Dortmund Tel. 0231 50-25145 · Fax 0231 50-26019 facebook.com/DietrichKeuningHaus

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Am 27. Juli ist über dem Himmel Westeuropas ein beeindruckendes Naturschauspiel zu beobachten: eine totale Mondfinsternis. Die Erde befindet sich zu diesem Zeitpunkt zwischen Mond und Sonne, sodass der Mond in den Kernschatten der Erde wandert. Totale Mondfinsternisse wirken wegen des sogenannten Blutmondes besonders spektakulär. Denn der Trabant ist nicht komplett dunkel – ganz schwach wird Sonnenlicht in den Kernschatten hinein gebrochen. Und weil es die langwelligen, roten Lichtanteile sind, wirkt der Mond rot. Das Planetarium Bochum nimmt die Finsternis zum Anlass für ein Quasi-Public-Viewing und ein eigenes Festival. Ab etwa 20 Uhr wird es in der Kuppel des Planetariums einen moderierten Livestream von der Mondfinsternis geben, rund herum sind auf dem Gelände Liegestühle aufgestellt. Auf dem Plan stehen zudem eine Open-Air-Kopfhörerdisco, Cocktails und Streetfood. Der Eintritt ist frei.

einander zu lachen“ ein Ort der Begegnung sein. Dieser bietet allen Interessierten die Gelegenheit, künstlerisch aktiv zu sein und sich auszuprobieren. Die TeilnehmerInnen können ihren Geschichten und ihrer Kunst einen Raum geben und erfahren, was andere zu erzählen und zu zeigen haben. Eintritt frei, Spenden erwünscht. Thealozzi, Bochum, 16.30 Uhr

VERLOSUNG Oldie(s) Night Das letzte Jahrtausend hatte viele großartige Songs in petto, und bei der Oldie(s) Night werden diese zelebriert. DJ Klaus Märkert legt an diesem Abend die Crème de la Crème aus Rock, Soul, Pop, NDW und Disco auf und lässt das geneigte Partyvolk zu den Dance Classics bis zur Jahrtausendwende tanzen. Bahnhof Langendreer, Bochum, 21 Uhr

bodo verlost 3x2 Karten*

Musik | Odyssee: Musik der Metropolen: Pachibaba Drei freie Elektronen und Offroad-Musiker, die in warmen Strömungen der kreolischen Musik virtuos Traditionelles mit Dub, Afro-Beat und Cumbia mixen: Das ist der Anfang von Pachibaba aus La Réunion. Die Band steht für eine Generation réunionischer MusikerInnen, die die Tradition der Maloya, der Klagelieder der Sklaven auf den Zuckerrohrplantagen, neu erfinden. Eintritt frei. Freilichtbühne Wattenscheid, BO, 19.30 Uhr

Theater | Alice Wenn es um die Vor- und Nachteile der Realitätsflucht geht, gibt es wahrscheinlich kein Werk, das so oft zitiert wird wie Lewis Carrolls Schlüsselwerk „Alice im Wunderland“. Ständig kehren Motive daraus in der Literatur, in der Dramatik, im Film und in der Musik wieder. Das junge Ensemble des Rottstr 5 Theaters, young‘n‘rotten, zeigt eine gewagte, sehr heutige Interpretation einer der berühmtesten Geschichten aller Zeiten. Rottstr 5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

SO 29 | 07 | 18 Markt | Flowmarkt Den beliebten Flowmarkt mit ausgesuchten Designerstücken, Second Hand- und Vintageschätzen, subkulturellen und popkulturellen Trödelstücken, individuell Handgemachtem und Upcycling-Sachen von Kleidung über Kunst und Einrichtung bis hin zu Schnickschnack und Unausdenkbarem gibt es im Juli wieder in der Rotunde. Abgerundet wird der Tag von Livemusik und DJ-Sets sowie Streetfood-Leckereien. Rotunde, Bochum, 11 – 18 Uhr

MO 30 | 07 | 18 Kinder | Mitmach-Baustelle An fünf Stationen lernen Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis zwölf Jahren auf der Kinder-Ferienbaustelle typische Arbeiten auf dem Bau kennen. So werkeln die Nachwuchskräfte am Lehmgiebel, verlegen Steine, bearbeiten Ytongsteine oder konstruieren Zeltdächer – mit Schaschlikspieß und Da-


menstrumpf. Bis 12. August, Öffnungszeiten: www.dasa-dortmund.de DASA, Dortmund

MI 01 | 08 | 18 Kabarett | RuhrHOCHdeutsch: Jörg Knör – „Filou! Reloaded“ Der King of Parodie lädt zu seinem zweiten, neu bestückten Show-Ausf lug nach Paris ein – mit im Tourbus lauter Promis. Im Kofferraum jede Menge aktuelle Geschichten aus der Welt der Stars. Und auch beim zweiten Rendezvous mit dem „Filou“ Knör überrascht er mit noch mehr: Wie er in der Montmartre-Kulisse blitzschnell Knörikaturen auf die Staffelei bringt und zum Schluss mit berührenden SaxophonSoli die Romantik auf den Pariser Künstlerhügel zaubert. Spiegelzelt an den Westfalenhallen, Dortmund, 20 Uhr (auch 2.8.)

SA 04 | 08 | 18 Fest | Vegan Street Day Dortmund Zum 13. Mal findet in Dortmund das älteste vegane Straßenfest Deutschlands statt, der Vegan Street Day. An zahlreichen Informations- und Verkaufsständen und auf einer Bühne wird wieder einiges geboten: vegane Spezialitäten, Kleidung und Alltagsprodukte, Vorträge, Lesungen, Diskussionen und Tierrechts-Aktionsideen, Live-Musik, eine große Tombola, ein umfangreiches Kinder-

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programm und viele Informationen zu Veganismus und Tierrechten. Reinoldikirchplatz, Dortmund, 11 – 19 Uhr Musik | Odyssee: Musik der Metropolen: Il Civetto & Saba Der verwegene Soundmix aus Latino-Rhythmen, Balkan-Beats, Gypsy Swing, Flamenco und Klezmer von Il Civetto wird beim Odyssee-Festival noch einmal gesteigert, kommen doch hier noch die rauen, urbanen Klänge der algerischen Band Saba dazu. Beide Bands werden erstmals gemeinsam Songs in Köln erproben, bevor es auf die Bühne geht. Eintritt frei. Freilichtbühne Wattenscheid, BO, 19.30 Uhr

FR 10 | 08 | 18 Festival | JunkYard Openair Zum 4. Mal treffen sich internationale Bands auf dem ehemaligen Schrottplatz an der Schlägelstraße, um das große JunkYard-Openair zu feiern. Einst verlieh dieses Festival dem JunkYard seinen Namen und ist auch weiterhin ein absolutes Aushängeschild für das Eventzentrum. In diesem Jahr findet das Festival wie im vergangenen Jahr an zwei Tagen statt. Die Headliner kommen mit „My Sleeping Karma“ und „Stoned Jesus“ aus Aschaffenburg und Kiew. Infos: junkyard.ruhr JunkYard, Dortmund, 14 Uhr (auch 11.8.)

endstation.kino | Nico, 1988 „Nico, 1988“ ist ein Roadmovie über die letzten Lebensjahre von Christa Päffgen, bekannt unter ihrem Künstlernamen Nico. Sie war das erste deutsche Superbodo model, Schauspielerin, verlost 1x2 einstige Muse von Andy Karten* Warhol und Sängerin der Gruppe „The Velvet Underground“. Der Film erzählt von ihren letzten Auftritten in den 1980er-Jahren und spielt in Paris, Prag, Nürnberg, Manchester, auf dem polnischen Land und an der römischen Küste. Die „Priesterin der Finsternis“ wurde 1938 in Köln geboren und war seit Mitte der 1950er Jahre gefeiertes Model, Schauspielerin und später Sängerin, erst bei „The Velvet Underground“ mit Lou Reed, dann allein. Elf Soloplatten veröffentlichte sie zwischen 1967 und 1988. Das Porträt „Nico, 1988“ unter der Regie von Susanne Nicchiarelli steigt Ende der 1980er-Jahre ein, als Nico nach jahrelangen Exzessen und Drogensucht wieder zu sich kam und eine neue Beziehung zu ihrem Sohn aus der Beziehung mit Alain Delon aufbaute. Christa Päffgen starb im Alter von 50 Jahren. Ihr Todestag jährt sich in diesem Jahr zum 30. Mal. Regisseurin Susanne Nicchiarelli taucht tief ein in das Leben einer tragischen, aber bemerkenswerten Frau, die von der dänischen Schauspielerin und Sängerin Trine Dyrholm dargestellt wird. Alle Songs im Film werden von Trine Dyrholm selbst gesungen. „Nico, 1988“ feierte bei den Filmfestspielen in Venedig 2017 Weltpremiere und wurde unter anderem für sein Drehbuch, für Regie und Filmmusik ausgezeichnet. Termine (OmU): 18. Juli um 17 Uhr, 19. Juli um 20 Uhr, 20. bis 22. Juli um 19 Uhr, 24. Juli um 20 Uhr und 25. Juli um 17 Uhr. endstation.kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, 44894 Bochum www.endstation-kino.de 29


BODO GEHT AUS

Himalaya Westring 29 44787 Bochum

Im Himalaya

Tibetanische One-Man-Show Der Tibeter Bijai Khatr kam im Jahr 2001 nach Deutschland. In den ersten Jahren kochte er in einem deutschen, einem italienischen Restaurant und in verschiedenen Asia-Küchen. Das Himalaya ist seit Mai 2018 nun sein kleines, aber eigenes Reich. Der kleine Laden ist eine ehemalige Pizzeria und befindet sich ganz citynah an der Ecke Westring / Gußstahlstraße. Auf dem Gasofen stehen zwei frisch geputzte Woks. Dann wird für die nächsten Bestellungen das Gemüse kleingehackt: Brokkoli, Paprika, Aubergine, Chinakohl, Zwiebeln und Möhren. „Ich muss nicht unbedingt nach Karte kochen, wenn jemand Extrawünsche hat – so ist das kein Problem. Im Gegenteil, ich mache das gerne“, sagt er. Und klare Vorstellungen vom Geschäft hat er auch: „Andere Gastronomen mit so einem Laden stellen direkt zwei Leute ein – und wundern sich dann, wenn sie nach wenigen Monaten wieder schließen müssen, weil ihre Ausgaben zu hoch sind“, erklärt er und hat dabei stets ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Dabei liegen anstrengende Wochen hinter Khatr. Jeden Tag geht er frisch einkaufen und bereitet dann alles vor für sei-

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Von Peter Hesse Fotos: Daniel Sadrowski

ne Schicht, die an Wochentagen um ein Uhr nachts endet. „Freitags und samstags habe ich sogar noch länger auf “, ergänzt er lächelnd. Fast zeitgleich zur Eröffnung musste seine Frau zweieinhalb Wochen ins Krankenhaus. Zudem hat er noch zwei Töchter zu versorgen, und er wohnt mit seiner Familie nicht zwei Häuser weiter, sondern in Recklinghausen. Aber sich beklagen? Das ist nicht die Sache von Bijai. Das Telefon klingelt, und schon ist die One-Man-Show in ihrem Element: Zuerst kommt Öl in den Topf, anschließend wird

(je nach Bestellung) Tofu, Rind oder Hühnchen angebraten. Den Reis hat er in der kleinen Küche im Nebenraum schon vorbereitet. „In der letzten Woche waren sogar Hotelgäste hier, die so angetan waren, dass sie mich gefragt haben, ob ich ihnen nicht abends noch was vorbeibringen kann.“ Noch gibt es keine Imbiss-Website oder einen Himalaya-Auftritt bei facebook. Nein, der Laden lebt momentan vom Bochumer Flurfunk, und damit hat der Koch mit dem freundlichen Wesen in den vergangenen Wochen viele Fans gefunden.


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Hühnchen à la Himalaya

Einfach nah.

Auf die Frage, was das Spezifische seiner tibetischen Küche sei, bleibt Bijai Khatr orakelhaft vage: „In China mag man es lieber süß-sauer, und die thailändische Küche steht für mehr Gewürze.“ Und auch sonst lässt sich der Koch bei aller Freundlichkeit nicht in die Karten gucken. Benutzt er für die Panade des Hühnchens Semmelbrösel, Ei, Mehl und Joghurt? Oder besteht dieser krosse Teigmantel doch aus anderen Zutaten? Bijai Khatr lächelt und schweigt, verrät aber, während er den Wok schwenkt: „Dazu kommt immer ein Schuss Reiswein. Der ist gut für das Aroma.“

Energie für eine ganze Region

dew21.de

Serviert werden die Hauptgerichte mit Reis. Für die Sauce mit den Gemüsestücken kommt nach dem Öl zuerst eine so scharfe wie in der Zusammensetzung geheime Paste in den Topf, danach wird das Gemüse hinzugefügt. Entscheidend ist hier die schnelle und hohe Hitze des dünnwandigen Woks, damit alles schön knackig bleibt. Das Ergebnis ist auf jeden Fall so himmlisch knusprig, dass man eigentlich nie wieder etwas anderes essen möchte.

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INTERVIEW

Vorräte für den Stromausfall nach der Sturmflut, Gasmasken gegen den Atomkrieg, Überleben nach dem Zusammenbruch der Ordnung – sogenannte Prepper rüsten sich für mögliche Katastrophen. Was ein bisschen schräg wirken mag, findet eine wachsende Fangemeinde. Der Sozialwissenschaftler Mischa Luy von der Ruhr-Uni Bochum erforscht die Szene. Ein Gespräch über das Vorbereitetsein, Angst vor Katastrophen und Misstrauen in den Staat. Von Alexandra Gehrhardt Fotos: Shutterstock.com

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Vorbereitet Wie sieht der Tag aus, auf den sich Prepper vorbereiten? Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt nicht nur eins, sondern viele verschiedene Szenarien, die auch miteinander verkettet sind. Meistens geht es nicht darum, dass etwas schlagartig passiert, sondern um Prozesse, zum Beispiel Versorgungsengpässe nach einem Stromausfall, aus denen sich irgendwann Plünderungen ergeben. Das ist nicht an einem Tag festzumachen. Seit wann gibt es Prepper? Der Begriff ist zum ersten Mal wahrscheinlich um die Jahrtausendwende aufgetaucht, als im Zusammenhang mit dem „Millennium Bug“ Ängste bestanden, die weltweit vernetzten Rechner würden die Zeitumstellung auf das Jahr 2000 nicht verkraften und es käme weltweit zu großen Katastrophen. In Deutschland tauchte der Begriff erst um 2012 auf, und auch die Gruppen und Foren im Internet sind noch recht jung. An sich ist das Phänomen aber schon älter. Schon im Kalten Krieg gab es Menschen, die Bunker gebaut und Vorräte angesammelt haben.

passieren. In den USA gibt es ja Landstriche, die bei Schneestürmen oder Erdbeben tatsächlich völlig von der Umgebung abgeschottet sind. Wie sind einzelne Typen von Preppern zu unterscheiden? Es gibt unterschiedliche Strategien, die auch von den Szenarien abhängen, die man antizipiert. Einige gehen davon aus, dass es auf jeden Fall zu Plünderungen kommt und dadurch jeder Mensch potenziell zum Feind wird. Sie f liehen deswegen aus den Städten aufs Land, weil dort weniger Menschen sind. Manche legen sich auch Bewaffnung zu. Dahinter steckt auch ein sehr negatives Menschenbild, das nicht davon ausgeht, dass Menschen in einem Katastrophenfall einander helfen und solidarisch sind. Andere sind da optimistischer, bunkern sich zu Hause ein und versuchen, dort auszuharren, bis die normale Lage wieder hergestellt ist. Sie setzen auf Normalisierung und darauf, dass der Staat hilft. Woher kommt das Misstrauen in den Staat und seine Kontroll- und Schutzinstanzen?

Also geht Preppen durchaus auf realistische Szenarien und Entwicklungen zurück? Das ist schwierig zu sagen. Häufig befürchten Prepper Szenarien, die schon einmal passiert sind und von denen erwartet wird, dass sie wieder

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INTERVIEW

„Preppen“ ist abgeleitet vom englischen „to prepare“ – „sich vorbereiten“. Gemeint sind damit Menschen, die Vorräte anlegen und Pläne haben, was zu tun ist, wenn eine Katastrophe eintritt. Aber: „Nicht jeder, der sich das Gemüse aus dem Garten einmacht, ist ein Prepper“, sagt Soziologe Mischa Luy. „Ein entscheidendes Kriterium ist, dass die Vorratshaltung, die gemacht wird, in Erwartung einer bevorstehenden Katastrophe geschieht.“

Ich glaube, es basiert tatsächlich ein wenig auf gemachten Erfahrungen. Bei den Preppern, die ich für meine Forschung interviewt habe, schien immer eine gewisse Politiküberdrüssigkeit durch, die Annahme, dass Politiker ohnehin machten, was sie wollen und nicht, was das Volk will. Das geht so weit, dass manche sagen, der Staat sei für manche Katastrophen selbst verantwortlich. Andere haben ein eher positives Verhältnis zu einem starken Staat und wünschen sich diesen herbei. Einer meiner Interviewpartner hat bei der Polizei, der Feuerwehr und bei Apotheken angerufen und gefragt, ob sie auf Notfälle vorbereitet seien – das waren sie nicht. Die Erfahrung, dass Institutionen nicht so handeln, wie sie sollen, ist dann die Basis für Misstrauen in Institutionen. Die Angst vor Naturkatastrophen und dem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung tritt parallel auf zu Ängsten, die von nationalistischen und rassistischen Bewegungen geschürt werden. Welche politische Dimension hat die Szene? Einige Szenarien wie Migration sind ja an sich unpolitisch, aber anknüpfungsfähig für rechte Positionen. Auch dort geht es darum, dem Staat zu misstrauen und eigenes Expertenwissen auszubilden, weil man von Staat und Politik enttäuscht ist. Und es geht einher mit einem akuten Bedrohungsgefühl – auch wenn das nicht unbedingt immer realistisch ist. Das ist aber nicht zwangsläufig so? Es gibt durchaus rational nachvollziehbare Gründe, zu preppen. Interessanterweise rät ja auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Vorräte für zwei Wochen anzulegen. Um Aussagen über rechte Prepper treffen zu können, muss man sich Szenarien aber genau anschauen.

Soziologe Mischa Luy

Manchmal spielen Verschwörungstheorien eine Rolle. Antisemitische Verschwörungstheorien kommen zum Tragen, wenn zum Beispiel gesagt wird, dass Kriege „gelenkt werden“ von „bestimmten Kreisen“. Eine andere ist, dass Migration als Waffe eingesetzt und Flüchtlingsströme absichtlich nach Deutschland geschickt würden. Es gibt auch Parallelen zu Reichsbürgern, die sich dem Staat nicht mehr zugehörig und sich von ihm nicht mehr repräsentiert fühlen und dann selbst Strukturen aufbauen. Auch ein Misstrauen in Massenmedien ist zu beobachten. Strukturell ist das aber nicht. Was kann der Staat oder die Zivilgesellschaft tun? Das ist eine schwierige Frage. Es geht dabei ja schon um den Gedanken einer Entsolidarisierung – darum, dass im Katastrophenfall jeder sich selbst der nächste ist, und alle anderen Konkurrenten sind. Dem müsste die Zivilgesellschaft entgegen wirken, und auch dem Gedanken, dass man sich nicht fatalistisch mit allem abfinden muss, sondern sich engagiert oder Vorbereitung gemeinsam trifft. Beim Elbe-Hochwasser haben sich ja Menschen gegenseitig geholfen und zum Beispiel Sandsäcke gemeinsam befüllt. Gegenseitige Hilfe und Solidarität kann eine Antwort sein.

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SOZIALES

Große Pläne haben die Stadt Dortmund und die Planungsbüros für den Busbahnhof im Norden des Hauptbahnhofs. Geschwungene Aufund Abfahrten für die Nahverkehrsund Fernbusse, Grünflächen und Freitreppen. Die Entwürfe werden nicht nur bejubelt. Text und Foto: Alexandra Gehrhardt

Was anderes vorstellen Die Initiative „Garten statt ZOB“ übt Kritik. Schadstoffe und Lärm durch laufende Motoren nähmen dem Areal Lebens- und Aufenthaltsqualität. „Er ist ein Unort“, sagt Irina Vellay (Foto), Mitglied der Initiative. Ende des vergangenen Jahres hatte die Stadt rund ein Dutzend Entwürfe für das, wie sie es nennt, neue „Stadtquartier“ begutachtet, drei sollen nun weiter ausgearbeitet werden. Kern aller ist ein neuer Fernbusbahnhof, dem sich Wohnhäuser und Bürokomplexe anschließen. Dass dabei Fragen nach Lärm, der Feinstaub- und Rußpartikelbelastung oder

mögliche Dieselfahrverbote in den Entwürfen gar keine Rolle spielten, ist ein Kritikpunkt von „Garten statt ZOB“. Dass gerade die Nordstadt, wo viele Kinder und Menschen mit wenig Geld leben, damit umgehen müsse, ein weiterer. Dass der Eindruck entstehe, die Bedürfnisse der AnwohnerInnen, eigens erarbeitet in einer Planungswerkstatt, würden gar nicht berücksichtigt, ein dritter. 2019 soll der Dortmunder Stadtrat entscheiden – und in diesen Prozess will sich die Initiative einbringen. „Es geht darum, dass man sich auch etwas ande-

res vorstellen kann“, erklärt Irina Vellay. Und damit geht es nicht nur um die Frage: Wie soll der neue Fernbusbahnhof aussehen?, sondern vielmehr: Muss er in der Innenstadt sein? Was für ein Verkehrskonzept braucht Dortmund in Zukunft? Und wie sieht zukunftsorientierte Stadtplanung aus? In einem öffentlichen Ratschlag will die Initiative am 14. Juli im DietrichKeuning-Haus diese Fragen mit Expertinnen, Anwohnern und Interessierten diskutieren. Informationen: www.gartenstattzob.de

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Gesellschafter und öffentliche Förderer

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BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

1968 war weiblich Am 13. September 1968 spricht Heike Sander als Vertreterin des Aktionsrates zur Befreiung der Frau auf dem SDSKongress in Frankfurt. Ihre Rede gegen die Haltung im SDS, die Unterdrückung der Frau sei als Nebenwiderspruch auch noch nach der Revolution zu bearbeiten, wird mit Ignoranz gestraft. Wütend wirft die SDS-Aktivistin Sigrid Rüger Tomaten Richtung Podium und trifft Cheftheoretiker Hans-Jürgen Krahl. Eine Schlüsselszene der sogenannten Studentenbewegung. Für die Londoner Historikerin Christina von Hodenberg ein Symbol für den marginalisierten Teil von „1968“ – für sie eine weibliche Revolte, die sich, überlagert von den ikonischen Bildern männlicher Aktivisten, in der privaten Sphäre zutrug. Auf Grundlage eines bisher ungehobenen Quellenschatzes hat Christina von Hodenberg eine deutungsstarke Mikrogeschichte der Protestbewegung geschrieben, die an scheinbaren Gewissheiten rüttelt. Sie betont die Rolle der Provinz und widerspricht der Deutung von „1968“ als Generationenkonflikt sowie als Aufbegehren gegen die Tätergeneration ihrer Eltern, das sie für eine „retrospektive Erfindung“ hält. Vor allem aber sei bereits „1968“ der Beginn der neuen Frauenbewegung, die sich nicht an sexueller Befreiung, sondern an der Kinderfrage entzündet. Christina von Hodenberg Das andere Achtundsechzig. Gesellschaftsgeschichte einer Revolte ISBN: 978-3-406-71971-4 C.H. Beck | 24,95 Euro 36

1968 in Westfalen „1968“ in Westfalen, das ist vielleicht der rote Strampler, den Johannes Rau in der Stadthalle Wattenscheid Rudi Dutschke für seinen Sohn Hosea Che überreicht, bevor beide drei Stunden lang streiten. Das ist die (recht harmlose) „Schlacht“ ums Münsteraner Fürstenberghaus, die Störung der Uni-Eröffnung in Dortmund mit Spottliedern, Bürobesetzungen an der RUB und der Bochumer Weiberrat, Schüler- und Lehrlingsproteste. Vor allem war es aber das „lange 1968“, so der Münsteraner Historiker Thomas Großbölting, das die Provinz verändert. Für eine Studentenrevolte fehlten im ländlichen Raum die Akteure, und das Ruhrgebiet kam zu spät – hier war die dichte Hochschullandschaft erst im Entstehen. Großbölting zeichnet nach, wie die Ereignisse in Berlin, in Berkeley, in Vietnam eine vergleichsweise langsame, aber anhaltende Dynamik in Gang setzten. Seine kleine Regionalgeschichte der Protestbewegung zeigt, wie über neue Protestformen, Orte der Gegenkultur (linke Buchläden und besetzte Häuser) und popkulturelle Institutionen (wie das westfälische Woodstock „Umsonst & Draußen“ in Vlotho) ein tiefgreifender Wandel auch in der westfälischen Provinz bewirkt wurde. Thomas Großbölting 1968 in Westfalen. Akteure, Formen u. Nachwirkungen einer Protestbewegung ISBN: 978-3-87023-404-1 Ardey Verlag | 13,90 Euro

1968 heute Die Chiffre „1968“ sei Erinnerungsgenerator und Erzählanlass, sagt der Soziologe Armin Nassehi. Seine Antwort auf die zunächst naiv wirkende Titelfrage lautet: Ja, es gab „1968“, als Ergebnis einer Öffnung der Gesellschaft, die notgedrungen „Inklusionsschübe“ machte und soziale Teilhabe, Bildungschancen, Mitspracherechte einräumte. Möglich wurde diese implizit linke Evolution durch „die konsequenzfreie Rede von der explizit linken Revolution“. Zentrale Errungenschaft von „1968“ sei das, was Nassehi Dauerreflexion nennt. Die „kommunikative Verflüssigung“ (Habermas) in einer weniger autoritären Gesellschaft erlaubt Widersprüche und verlangt Begründungen. Die damit verbundene Dauermoralisierung, die Selbstzurechnung moralischer Überlegenheit, ist die zweite Errungenschaft, Pop als Versöhnung von Protest und Konsum die dritte. Das Paradox sei, so Nassehi, dass der Sieg von „1968“ sein Ende sei. In der inklusiven Gesellschaft setzen alle Seiten auf Identitätspolitik. Statt um soziale Gerechtigkeit gehe es um Kulturalismen und identitäre Posen als Selbstbeschreibungen, so erscheine „die Signatur der gegenwärtigen Generationslage tatsächlich implizit rechts“. Armin Nassehi Gab es 1968? – Eine Spurensuche ISBN: 978-3-96196-008-8 kursbuch.edition | 20 Euro


Eine Frage, Prof. Dr. Dr. Dr. habil. Hanns Hatt:

Wonach riecht eigentlich Sommerregen?

Prof. Dr. Hans Hatt vom Lehrstuhl für Zellphysiologie der Ruhr-Universität Bochum

Wenn es an einem heißen Sommertag regnet, liegt oft ein ganz spezieller Geruch in der Luft. Doch wie kommt dieser charakteristische und von vielen Menschen als sehr angenehm wahrgenommene Geruch überhaupt zustande? Um das zu verstehen, muss man erst mal verstehen, wie wir eigentlich riechen.

Der Geruch von Sommerregen wird auch Petrichor genannt. Das griechische „Petra“ steht für „Stein“, „Ichor“ meint die Flüssigkeit, die nach der griechischen Mythologie in den Adern der griechischen Götter fließt. Das heißt: Sommerregen setzt sich aus vielen verschiedenen Gerüchen zusammen.

„Ganz egal, was wir für einen Geruch wahrnehmen, sei es Essen, Pflanzen oder Menschen: Es beginnt immer mit Duftmolekülen, die uns in die Nase steigen“, erklärt Prof. Dr. Hans Hatt vom Lehrstuhl für Zellphysiologie der Ruhr-Universität Bochum. „Diese Duftmoleküle treffen in unserer Nase auf 300.000 Riechzellen, von denen es ungefähr 350 verschiedene Arten gibt. Diese Zellen, von denen jede für einen eigenen Geruch zuständig ist, haben einen Rezeptor, den man sich wie ein kleines Schloss vorstellen kann. Trifft dann zum Beispiel ein Vanillin-Molekül auf den zugehörigen Rezeptor, wird ein elektrischer Impuls ans Gehirn gesendet und die Geruchswahrnehmung entsteht.“ Aus der Kombination von diesen unterschiedlichen Gerüchen können wir Billionen von Kombinationen zusammensetzen. Diese vielen Kombinationen müssen wir schlicht und einfach auswendig lernen. Eine genetische Disposition gibt es nicht.

Abhängig von Vegetation und Bodenbeschaffenheit kann Sommerregen schon in unterschiedlichen Städten ganz anders riechen. „Ähnlich wie bei ätherischen Ölen werden aus dem trockenen Boden, den Pflanzen und dem Teer auf unseren Straßen Geruchsmoleküle gelöst, die uns dann in die Nase steigen“, so Hatt. Besonders riechbegabte Menschen können schon vor Beginn des Regens, bedingt durch die sich verändernde Luftfeuchtigkeit, viele dieser Gerüche wahrnehmen. „Sommerregen riecht allerdings nicht immer gleich. Abhängig von Vegetation und Bodenbeschaffenheit kann Sommerregen schon in unterschiedlichen Städten ganz anders riechen“, so der Duftforscher. Was allerdings fast überall gleich ist: Der Geruch wird fast immer als positiv empfunden. (sese)

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INTERVIEW

Als Abdullah Al-Sayed aus der IS-Hochburg Raqqa in Syrien nach Deutschland floh, war er erst 16 Jahre alt und ganz allein. Er kam als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in ein Kinderheim und war voller Hoffnung und Ambitionen. Heute, drei Jahre später, erscheint sein Buch „Geflüchtet. Zu Hause in Deutschland, daheim in Syrien“, in dem er von seinen ersten Erlebnissen und Eindrücken in Deutschland berichtet und davon, wie sich seine geliebte Heimat nach und nach in eine Hölle verwandelte. Im Interview spricht er auch über seine Wut darüber, dass sich kaum jemand für das Grauen in seiner Heimat zu interessieren scheint. Von Bianka Boyke | Foto: Sebastian Sellhorst

Gef lüchtet Als Abdullah elf Jahre alt ist, verändert sich sein Leben für immer. In seiner Heimat Syrien gehen die Menschen auf die Straße und schreien „Weg mit Assad!“ Fassungslos schaut er damals auf den Bildschirm. Denn er weiß: Wer etwas gegen Assad sagt, wird von den brutalen Geheimdiensten geschnappt, gefoltert oder sofort umgebracht. Von klein auf hatten seine Eltern ihm und seinen Geschwistern beigebracht, niemals irgendwo ein schlechtes Wort über Assad zu verlieren. Bis zu diesem Tag wuchs Abdullah ansonsten ganz behütet auf. Er war der jüngste von fünf Brüdern, später folgte noch seine Schwester Raghad. Eng wur38

de es bei der Großfamilie aber nicht. Sie lebten in einem Haus auf 450 Quadratmetern. Abdullahs Familie war wohlhabend, die Eltern beide Lehrer, zusätzlich betrieb Abdullahs Vater einen Elektroladen. Abdullah liebte es, ihm nach der Schule dort zu helfen. Er traf sich jeden Tag mit seinen Freunden, spielte Fußball und fuhr mit dem Rad durch die Straßen. Jahrelang hoffte seine Familie, dass sie vom Krieg, der immer näher an ihre Heimatstadt Raqqa rückte, verschont bleiben würde, dass irgendjemand dem Ganzen ein Ende setzen würde. Selbst als Abdullahs Vater bei einem Bombenangriff starb und der IS täglich durch die Straßen strich und Menschen wahllos ermordete, ergriff die Familie noch nicht die Flucht. Doch nach rund viereinhalb Jahren Terror beschloss sein ältester Bruder Wallid: Wir fliehen! Und du machst den Anfang, Abdullah!

Von seinem Leben in Syrien, der gefährlichen Flucht nach Deutschland und wie schwer es war, dort anzukommen, erzählt Abdullah in „Geflüchtet. Zu Hause in Deutschland, daheim in Syrien“. Die Journalistin Kerstin Kropac schrieb Abdullahs Geschichte auf. Vor allem nach den vielen negativen Schlagzeilen wegen sexueller Übergriffe von Flüchtlingen auf Frauen wollte Kropac einem männlichen Flüchtling ein positives Gesicht geben. Das ist ihr gelungen. Man kann Abdullahs Gedanken verstehen, taucht mit ihm in seine – oft sehr traurige – Welt ein und freut sich mit ihm, als er endlich Anschluss in Deutschland zu finden scheint. Abdullah Al-Sayed | Geflüchtet. Zu Hause in Deutschland, daheim in Syrien ISBN: 978-3-401-60329-2 Arena | 9,99 Euro


Aus dem Krieg Um zwei Ihrer Brüder, die sich noch in Syrien befinden, zu schützen, haben Sie das Buch „Geflüchtet“ anonym veröffentlicht. Ihr Name wurde geändert, auf dem Buchcover ist ein Fremder abgebildet. Ich hätte sehr gerne mein Gesicht gezeigt, aber meine Familie hat mich davor gewarnt. Vor rund vier Jahren verschwand mein Bruder Ali. Er kam nicht mehr von der Arbeit nach Hause. Damals suchten wir überall, fragten all seine Freunde. Schließlich erfuhren wir, dass er wahrscheinlich von Assads Anhängern mitgenommen wurde. Ins Gefängnis meinen Sie? Ich weiß nicht, wo er ist und wie es ihm geht. Zuletzt haben wir vor drei Jahren von ihm gehört. Ein Bekannter hat meinem ältesten Bruder erzählt, dass er lebt und im Gefängnis ist. Ich denke, damit möchte man uns nur nicht alle Hoffnung nehmen. Ich versuche aber daran zu glauben, dass ich ihn eines Tages gesund wiedersehen werde. Und was ist mit Ihrem anderen Bruder Ahmed? Er hing von uns allen am meisten an unserer Heimat und ist vor anderthalb Jahren nach Raqqa zurückgegangen, um beim Auf bau der Stadt zu helfen. Aber er meint, es wird Jahre dauern, bis man dort wieder leben kann. Sie sprechen sehr gut Deutsch, obwohl Sie erst seit drei Jahren in Deutschland sind. Sie sind ehrgeizig. Bildung war meinen Eltern immer sehr wichtig. Sie waren beide Lehrer, mein ältester Bruder Arzt, meine anderen Brüder haben noch studiert. Auch ich wollte immer Arzt werden. Jetzt nicht mehr? In Syrien war ich vier Jahre lang Apotheker, Notfallsanitäter und Krankenpfleger – bis zu meiner Flucht. Nachdem zuerst unsere Schule und dann auch die in der Nachbarschaft zerbombt wurden, habe ich mir mit zwölf einen Job gesucht. Und der war in einer Apotheke. Ich habe stundenlang Beipackzettel gelesen, auswendig gelernt und irgendwann selbst Medikamente ausgegeben. Dann wurde ich Sanitäter, bin selbst den Wagen gefahren, habe Wunden versorgt und auch Spritzen gesetzt. Bei uns braucht man dafür kein Zertifikat oder sowas. Da zählt, was man kann. Doch davon soll mir hier nichts anerkannt werden. Das finde ich unfair.

Sie machen gerade ihr Fachabitur mit dem Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitswesen. Damit sind Sie Ihrem Ziel doch schon ein gutes Stück näher. Derzeit habe ich meine Station im Krankenhaus, aber ich darf dort nichts. Ich darf keine Medikamente geben, kein Blut abnehmen, nichts. Das ist doch Zeitverschwendung. Ich habe im Krankenhaus vorgeschlagen, dass man mich eine Prüfung oder sowas machen lässt, damit die sehen, dass ich das kann. Aber ich darf nicht. Im Buch schreiben Sie auch, dass es Sie wütend macht, dass sich in Deutschland kaum jemand für die grausamen Taten, die jeden Tag in Syrien verübt werden, zu interessieren scheint. Ja, das macht mich richtig wütend. In meiner Heimat sterben täglich so viele Menschen: Kinder, Frauen, Männer, Menschen, die Familie haben. Da sagt keiner was. Aber als bei dem Anschlag damals in Paris zwölf Menschen starben, haben in meinem Kinderheim viele geweint und hatten gleich alle Symbole der Solidarität auf ihren Handys. Keiner konnte verstehen, dass mich das nicht trifft. Warum nicht? Mir hat niemand richtig zugehört. Mir tut es um jeden Menschen leid, der stirbt. Aber ich habe sowas täglich live gesehen. Unschuldige, die aus Spaß regelrecht geschlachtet wurden. Ich musste bei sowas zusehen. Sie haben so viel Schlimmes erlebt. Haben Sie denn irgendjemanden, mit dem Sie über das Erlebte sprechen können? Das brauche ich nicht. Ich möchte es ohnehin vergessen. Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor? Ich möchte irgendwann zurück nach Syrien, und wenn es erst in 15 Jahren ist. Bis dahin möchte ich hier etwas erreichen – Ideen habe ich genug.

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KULTUR

25 Jahre „subrosa“ Die großartigste Hafenschänke südlich von Hamburg Anfang der 1990er Jahre war „subrosa“-Chef Cornel Alex immer wieder angetan von Besuchen im Hamburger Nachtleben. Der raue und gleichzeitig liebevolle Charme von Läden wie „Lehmitz“ oder „Gun Club“ imponierte ihm so sehr, dass er einen ähnlichen Laden auf die Beine stellen wollte. Er graste SecondHand-Läden ab und schleppte die schrecklich-schönsten Exponate dann im Sommer 1993 in das Lokal am Dortmunder Hafen: Plüschsofas, Hirschgeweihe, Kitschgeklimper – und ABBA-Poster für die Toilettentüren. Von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski

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Seit 25 Jahren steht dieser Laden nun für gelebte Kultur jenseits des Mainstreams. StudentInnen und Freaks aller Szenen und Schattierungen machten die Kneipe zu ihrem zweiten Zuhause. „Das ,subrosa‘ ist für mich das Synonym für Dortmunder Subkultur“, sagt Matthias Schäfer. „Es war mein Wohnzimmer – ein besonderer Ort mit besonderen, ganz unterschiedlichen, speziellen, interessanten und interessierten Menschen. Die meisten musik- und fußballverrückt.“ Matthias Schäfer studierte in Bochum und wohnte in der Dortmunder Nordstadt. Nach einigen beruflichen Zwischenstationen ist er heute Layouter beim „Handelsblatt“ in Düsseldorf. „Mein Leben ist nicht arm an schönen Städten oder schönen Orten – vor allem Bars und Kneipen. Das ,subrosa‘ gehört aber bis heute ganz eindeutig zu den besten“, betont er.

Szene-Hotspot und Stammkneipe Auch für den Journalisten und Ruhrbarone-Macher Stefan Laurin ist die Club-Kneipe mit angeschlossener Küche etwas ganz Besonderes: „Das ,subrosa‘ war immer einer der Orte, an dem im Ruhrgebiet neue Ideen entstanden: SolidVinyl, Poetry Slams, dazu die vielen fantastischen Konzerte – der Laden ist in der ganzen Region einzigartig.“ Zu einer Stammkneipe gehört aber noch mehr. Früher wohnte Lothar Bernière in der Adlerstraße, und für Besuche in der Hafenschänke musste er sein Rad nur den Berg an der Unionstraße runterrollen lassen: „Ich erinnere mich, dass im ersten Jahr unsere Bundesli-

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KULTUR

gatabelle öffentlich im ,subrosa‘ aushing. Also vier Spalten, achtzehn Linien, jeder mit seiner prognostizierten Tabelle für das Saisonende. Dazu noch drei Extralinien mit den prognostizierten Trainerentlassungen vor Saisonschluss. Diese Rubrik hieß: Sag zum Abschied leise Servus.“ Das sagte Lothar auch irgendwann – seit vielen Jahren lebt der Spezialist für Sonartechnik mit Frau und zwei Kindern in der Bretagne. Aber beim Besuch in der alten Heimat steht ein Besuch im „subrosa“ immer ganz oben auf der To-do-Liste. Heute gibt es viel mehr Szene-Gastronomie in der Nachbarschaft des „subrosa“. Mit „Rekorder“, „Rockawaybeat“ und „Herr Walter“, mit „sissikingkong“, „Umschlagplatz“ und „Tyde“ ist im Hafenquartier ein bemerkenswertes Kneipen-Flanierviertel entstanden – und die Hafenschänke von Cornel Alex spielt hierbei eine sehr exponierte Rolle. „Gerade in den ersten Jahren war der Laden einzigartig für das Dortmunder Nachtleben. Du konntest immer hingehen und hast direkt Freunde getroffen – oder neue Freundschaften geschlossen. Auch für mich als Musiker ist das ,subrosa‘ ein idealer Auftrittsort“, sagt die Dortmunder Trash-Ikone Elvis Pummel.

2.000 Live-Konzerte Devotionalien, Mitbringsel, Erinnerungen, Kitsch, Kultiges und Kurioses – 25 Jahre Kneipengeschichte an Wänden

Und wen konnte man hier nicht alles treffen? Michael Karoli und Damo Suzuki von der Krautrock-Legende „Can“ rekrutierten eine zeitlang Dortmunder Musiker für ihre Live-Sessions – in Tokio oder Los Angeles wären die Läden dazu direkt überlaufen gewesen, in Dortmund spielte man im „subrosa“ gern vor ausgesuchtem Publikum.

und Decken.

Auch Inhaber Cornel Alex konnte so manchen seiner musikalischen Helden in seinem Laden begrüßen: „Die ,Godfathers‘ kamen eigentlich nur zum Essen, blieben dann die ganze Nacht“, sagt er. Rockabilly-Legende Tav Falco trug einen Rosenkrieg mit seiner Freundin bis in die frühen Morgenstunden hier aus. Den Sixties-Punks „Lyres“ gefiel es so gut, dass sie gleich drei Tage in der Musikerwohnung über dem „subrosa“ blieben. Auch „Die Ärzte“ kamen früher regelmäßig vorbei, und Gunter Gabriel traf sich hier mit Musikern von „Trend“, „Tanzkapelle Apollo“ und der „Sondaschule“ für ein TV-Feature. Songwriter wie Tom Liwa sind Stammgäste auf der kleinen Bühne. Schätzungsweise haben im „subrosa“ bis heute etwa 2.000 Live-Konzerte stattgefunden. Wenn er einen besonderen Musiker in 25 Jahren Kneipengeschichte herausheben will, so ist das Nikki Sudden. „Er war schon vorher einer meiner Helden“, schwärmt Cornel, „und außerdem der erste wirklich ,große‘ Name, den ich selbst gebucht habe. Dann stand er irgendwann da, schlurfte locker durch den Hintereingang und war bis zu seinem viel zu frühen Tod im Jahr 2006 ein gern gesehener Dauergast bei uns. Die Auftritte mit Band im Rücken waren jedes Mal wie eine frühe Clubshow der Rolling Stones.“ Auch ein Stand-UpVortrag mit Christian Brückner, der deutschen Synchronstimme von Robert de Niro, gehört zu den Highlights in der „subrosa“ -Geschichte.

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Die Toiletten laden zu einer Plakat-Zeitreise ein. Eine kleine Auswahl aus etwa 2.000 Live-Konzerten, die bis heute im „subrosa“ stattgefunden haben.

Nordstadt-Piraten-Ethik An anderer Stelle musste der Kneipen-Macher so manch bittere Pille schlucken. Seit einem Jahr gibt es hier keine Fußballübertragungen mehr. „Damit habe ich regelrecht Geld verbrannt“, sagt Cornel und legt dann die Zahlen offen: In der vergangenen Saison musste er jeden Monat 932 Euro netto bezahlen, um seinen Gästen die BVB-Spiele auf großer Leinwand anzubieten. Und diese Summe war auch in den spielfreien Monaten wie Januar, Juni und Juli fällig. Das war ihm zu viel und er kappte das sky-Abonnement. „Auch auf den WM-Zug werden wir diesen Sommer nicht aufspringen, da bleiben wir unserer Dortmunder Nordstadt-PiratenEthik treu. Ganz westfälisch sagen wir nein zur FIFA-Kirmes im russischen Sommer – und rufen explizit die kommerz- und fußballfreie Zone aus“, sagt der „subrosa“-Boss. „Das ,subrosa‘ war für uns der Club vor und nach dem Proberaum“, sagt Atze Ludwig von der Dortmunder Band „Chainsaw Hollies“. „Hier pulsiert das Leben – viel Musik, viel Mensch, viel Spaß, viel sehen, viel reden, viel astrein“, schwärmt Atze. Aber er relativiert dann ein wenig: „Heute bin ich leider nicht mehr so oft im Club, aber immer noch irgendwie ein Mitglied. Ich weiß nicht, ob es passt, aber ich habe gerade eine Strophe der Pogues im Kopf: ,We watched our friends grow up together. And we saw them as they fell. Some of them fell into Heaven. Some of them fell into Hell.‘“ So ist es wohl. Viele Leute, die früher als Studenten kamen und Stammgäste wurden, arbeiten heute als Stadtplaner, Universitätsprofessoren, PR-Texter oder Designer. Sie haben inzwischen selbst Familien und gehen dementsprechend nicht mehr so oft aus. Und so manche Gestalt aus dem Dortmunder Nachtleben hat auch schon ins Gras gebissen. Und Cornel? Sein Selbstverständnis ist ungebrochen. Mit Fleiß und berüchtigter Gradlinigkeit brennt er für den Laden und formt das „subrosa“-Programm. Inzwischen für die fünfte oder sechste Studenten- und MusikerGeneration. Und für hoffentlich viele weitere.

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Mit herzlichen Grüßen, J.H. Liebe Frau H., vielleicht sind wir schon zu sehr daran gewöhnt, wie langwierig und steinig der Weg ist, den Menschen auf sich nehmen, um von ganz unten wieder in einem geordneten Leben anzukommen. Ein Fotoshooting kann ein Anstoß sein, mehr wohl nicht. „Viele von ihnen


RÄTSEL

Die Casa Xochiquétzal ist ein Wohnheim für wohnungslose, ältere Sexarbeiterinnen in Mexiko-Stadt. Die Reportage der mexikanischen Straßenzeitung „Mi Valedor“ finden Sie im Augustheft, unserer Sommerbodo, in der wir Sie mitnehmen zu Straßenzeitungen auf der ganzen Welt.

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sind ins Grübeln gekommen und haben sich an ihr ursprünglich bürgerliches Leben erinnert“, sagt Hubert Ostendorf von fiftyfifty. Die Arbeit bei Straßenzeitungen und die gemeinsamen Prozesse brauchen einen längeren Atem. Dass Kalle und Michael, zwei der fünf gezeigten Models, inzwischen in einer Wohnung von fiftyfifty leben, zeigt die Perspektive auf. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter bodo 06.18

Der Aufklärung verpflichtet

Vor allem schätze ich, dass Ihr Magazin der sozialen und politischen Aufklärung verpflichtet ist. Als Beispiele aus dem Juni-Heft möchte ich die Notiz „12,63“ Euro nennen, die deutlich macht, wie weit der gesetzliche Mindestlohn unter dem eigentlich notwendigen Minimum bleibt – ein Skandal sondergleichen –, und Ihren Kommentar „Endlich Bürgerkrieg“, der die Rolle der AfD und die Bedeutung des Polizeiaufgabengesetzes beleuchtet. Mit freundlichen Grüßen, H.P.S.

AUFLÖSUNG HEFT 06.18

Ich bin pensionierter Lehrer, der Ihr Straßenmagazin jeden Monat kauft – manchmal sogar zweimal an verschiedenen Orten – und lese es sehr gerne: mit besonderem Vergnügen die Glosse / Satire von Herrn Kaysh und die Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter von Herrn Kienast, aber auch die Berichte über die Probleme der Wohnungslosen und Hartz-IV-Empfänger.

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VERKÄUFERGESCHICHTEN

Zum Tod von bodo-Verkäuferin Birgitt

„Man muss das Leben nehmen, wie es kommt“ Im Mai ist unsere langjährige Kollegin, Freundin und Dortmunder bodoVerkäuferin Birgitt nach langer Krankheit verstorben.

Viele Jahre lang hat uns bodo-Verkäuferin Birgitt begleitet. Aus Hombruch war sie nicht wegzudenken. An ihrem Verkaufsplatz auf der Harkortstraße kannte sie fast jeder. Sie und ihr Kollege und Freund Stefan waren dort seit Jahren ein eingespieltes Team. „Manchmal haben wir zusammen Mittagspause gemacht, wenn sie bei mir auf dem Wochenmarkt vorbei kam. Dann haben wir zusammen Reibeplätzchen gegessen“, erinnert sich der bodo-Verkäufer. „Mit Birgitt habe ich immer gerne zusammengearbeitet. Wenn man in einem Stadtteil zusammen verkauft, trifft man sich doch recht oft. All die Zeit, die wir zusammen in Hombruch verbracht haben, haben wir uns immer gut verstanden. Das hat uns über all die Jahre schon zusammengeschweißt. Jetzt den Kunden, die nach ihr fragen, erzählen zu müssen, dass sie verstorben ist, das ist schon sehr traurig.“ Auch bodo-Geschäftsführerin Tanja Walter erinnert sich gerne an Birgitt und ihre herzliche Art. „Birgitt war insgesamt wohl mehr als 15 Jahre bei uns. Sie war einfach so ein unglaublich netter Mensch. Jeder von den Verkäuferinnen und Verkäufern hatte ein gutes Verhältnis zu ihr. Sie erkundigte sich immer bei den anderen, wie es ihnen ging. Und das, obwohl es ihr gesundheitlich ja wirklich nicht besonders gut ging.“

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Trotz eines bewegten Lebens mit vielen Schicksalsschlägen und einer schwerwiegenden Erkrankung hat sie sich ihre lebensfrohe Art immer bewahrt. Im Rahmen des Filmprojekts „Standort Sehnsucht“ erzählte sie der Filmemacherin Lisa Lyskava aus ihrem Leben. Auch damals sagte sie der Bochumer Künstlerin: „Mir spielt das Leben keinen Streich mehr. Ich lass mir einfach keinen mehr spielen. Ich nehme alles, wie es kommt. Genieße das, was zu genießen ist. Und dann sieht man weiter.“ Diese Haltung merkte man ihr täglich an. „Selbst wenn es ihr schlecht ging, hatte sie immer ein offenes Ohr für die Probleme ihrer Kolleginnen und Kollegen“ blickt bodo-Vertriebsleiter Oliver Philipp zurück. „Selbst als sie kaum noch die Stufe in unseren Buchladen nehmen konnte, kam sie doch, so oft sie konnte, vorbei“, erinnert sich Henning Fitz, Mitarbeiter im bodo-Buchladen. „Nicht mehr, um Straßenmagazine zu kaufen, sondern einfach, um sich ein wenig mit uns zu unterhalten.“ Birgitts Tod kam für uns alle unerwartet. Ihre freundliche Art wird jedem bei bodo sehr fehlen. Wir gedenken Birgitt im Rahmen unserer nächsten Verkäuferversammlung mit ihren Freunden und Kollegen in Dortmund.


Anzeige Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.

Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Wir reden selten vom demografischen Wandel. Vielleicht, weil wir uns ungern an unseren Beitrag dazu erinnern, an unseren persönlichen demografischen Wandel. Das merkte ich neulich in der Westfalenhalle. Vor Jahren streifte ich da über die Jugendmesse YOU, schon zu alt, jetzt war ich dort zur Seniorenmesse, noch zu jung für das Geschehen. (Will da etwa jemand widersprechen?) Damals, im satirischen Auftrag, bot ich jungen Menschen die Modedroge „Kukident“ an. Als einer sich die Tablette tatsächlich reinpfiff, zweifelte ich spontan daran, dass diese Generation später dazu in der Lage sein würde, meine Rente zu erwirtschaften. Auf der Seniorenmesse jetzt wollte ich mich vorbereiten für demnächst. Auftakt bei der Polizei. Amtliche Ahnungslosigkeit. Auf meine Frage, was sich bei der Seniorenkriminalität tue, die Antwort, das sei alles nicht so schlimm, wie behauptet. Doof nur, dass ich nicht die Straftaten gegen, sondern die Straftaten von Senioren meinte. Schließlich reicht die Rente immer seltener. Die Seniorenberatung der Stadt Dortmund nebenan konnte meine Frage nicht beantworten, ob ich mit der deutschen Grundsicherung auch in Rumänien leben könne. Da könnte ich von der schmalen deutschen Grundsicherung immerhin leben. Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Sie Mitglied Werden auch in der AWO! eder die AWO Je mehr Mitgli hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil

Enttäuschung auch beim Ministerium. Nichts zu sehen dort von der Schlange der 13.000 Bewerber für die neuen Stellen im Pflegebereich. Ich gehe demnächst mal zur Messe „Interschul“. Wahrscheinlich stehen die jungen Menschen dort gerade Schlange für die 35.000 unbesetzten Stellen an den Grundschulen. Zum Glück gab es auf der Seniorenmesse dann noch eine Firma, die erklärte, warum Arzneimitteltests so gut und wichtig sind. Das wäre doch eine Verdienstmöglichkeit im Alter, nennt mich „Woyzeck“. Für Geld schlucke ich nicht nur Erbsen. An bittere Pillen sollte man sich als Rentner schnell gewöhnen.

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Energie ist soziale Innovation Wir gestalten das Energiesystem der Zukunft. Dabei rücken wir die Dimension der sozialen Nachhaltigkeit stärker in den Fokus und leisten so einen Beitrag zum gesellschaftlichen Gelingen des künftigen Energiesystems.

Public Face II. Kinetische Lichtskulptur des Künstlerteams Julius von Bismarck, Benjamin Maus und Richard Wilhelmer. Seit 2015 unterstützt die innogy Stiftung im Rahmen der Kooperation dynamis die Energieavantgarde Anhalt bei der Umsetzung eines dezentralen Energiesystems in der gesamten Region Anhalt. Der überdimensionierte Smiley visualisiert die Energiedaten der Region durch sich wandelnde Gesichtsausdrücke. Foto: Thomas Ruttke 48


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