bodo April 2018

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bodo DAS

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IN STRASSENMAGAZ

Die besten Geschichten auf der Straße

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

Von Utrecht ins Dortmunder U: Edwin Jacobs im Gespräch Seite 4

Dicke Luft in Herne Seite 32

? E L L A R Ü F T D STA L E D N A W M I BOCHUM

HIP-HOP ALS BRÜCKENBAU ÄRGER IM PRINZREGENT DEUTSCHUNTERRICHT AUF YOUTUBE DAS ENDE DER KOHLE

NUR MIT AUSWEIS

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IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Alexandra Gehrhardt, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Alexandra Gehrhardt, Felix Huesmann, Ahmad Kamalmaz, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Lamiita, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst, Sebastian Weiermann Titelfoto: Sebastian Sellhorst / Andre Noll Bildnachweise: Bianka Boyke (S. 16), Felix Huesmann (S. 15, 41), Noltemeyer (S. 28), Reuters / Murad Sezer (S. 16), Sabrina Richmann (S. 12, 13), Daniel Sadrowski (S. 4, 6, 18, 19, 23, 30, 32, 33, 34, 42), Sebastian Sellhorst (S. 2, 3, 7, 8, 9, 10, 11, 27, 38, 39, 40, 45, 46), Shutterstock.com (S. 22), Claudia Siekarski (S. 43) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Mai-Ausgabe 10.4. 2018 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 03.2018 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

INHALT

Edwin Jacobs

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Einst leitete er das Centraal Museum im niederländischen Utrecht, seit Januar 2017 ist Edwin Jacobs Chef des Dortmunder U. Im bodo-Interview verrät er, was er mit Dortmunds kulturellem Leuchtturm noch vorhat. Von Wolfgang Kienast

Bochum: Stadt für alle

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Wem gehört die Stadt? Die Bochumer Initiative „Stadt für Alle“ hat darauf eine Antwort. Sie befürchtet, dass für Menschen mit wenig Geld bald kein Raum mehr da ist. Doch die AktivistInnen haben Ideen für Veränderungen.

Von Alexandra Gehrhardt

Gift in der Herner Luft?

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Gegen den Ausbau eines Unternehmens, das giftige Böden aufbereitet, regt sich in Herne, an der Grenze zu Bochum, Widerstand. Wir haben mit den Gründern der Bürgerinitiative „Dicke Luft“ über ihre Proteste gesprochen. Von Sebastian Weiermann

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, 0231 – 950 978 0 redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Lamiita, bodo-Verkäuferin in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe, Sie haben die kalten Tage gut überstanden und warten jetzt genau so auf den Frühling wie ich und meine Kolleginnen und Kollegen. Bei den winterlichen Temperaturen habe ich mich besonders über jede Kundin und jeden Kunden gefreut, der trotzdem kurz stehen blieb und die Hände aus der Tasche nahm, um ein Heft zu kaufen. Sehr gefreut habe ich mich vorigen Monat auch darüber, dass ich bei der bodo-Verkäuferversammlung als eine der vier Verkäufersprecherinnen gewählt wurde. Wenn es jetzt mal Streit um einen Verkaufsplatz oder anderen Ärger innerhalb der Verkäuferschaft gibt, vermittle ich, so gut ich kann. Das kommt zwar zum Glück nicht oft vor, aber wenn doch, versuchen wir das schnell aus der Welt zu schaffen, so dass alle zufrieden sind. Sollten Sie selbst mal Probleme mit einem Verkäufer oder einer Verkäuferin oder Fragen zu bodo haben, rufen Sie uns einfach an. Jetzt hoffe ich erstmal, Ihnen gefällt die aktuelle Ausgabe. Bis bald, Ihre Lamiita

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EDITORIAL

04 Menschen | Edwin Jacobs 07 Straßenleben | Notlösungen 08 Neues von bodo 12 Reportage | Hip-Hop gegen den Hass 15 Gesellschaft | Europäische Nazis 16 Das Foto 16 Recht | Taschengeld und ALG II 17 Kommentar | Oben und unten 17 Die Zahl 18 Interview | Bochum – „Stadt für Alle“? 22 Wilde Kräuter | Löwenzahn 23 Kultur | „Kohlenpod“ 24 Veranstaltungskalender | Verlosungen 29 Kinotipp | Pawo 30 bodo geht aus | Umschlagplatz 32 Reportage | Giftige Luft in Herne? 36 Bücher 37 Eine Frage… | Was passiert, wenn die letzte Zeche schließt? 38 Interview | Deutsch vor 160.000 Schülern 41 Soziales | Ein Jahrhundert Mitternachtsmission 42 Kultur | Prinzregenttheater 44 bodo Shop | Leserpost 45 Leserpost | Rätsel 46 Verkäufergeschichten | Mario

Ihre Meinung ist uns wichtig. S.4 4

Liebe Leserinnen und Leser, kennen Sie das Bochumer Leitbild Mobilität? Eigentlich eine gute Idee und zur richtigen Zeit. Es soll den Rahmen für die Fortbewegung der Zukunft stecken, Ideen aufzeigen, wie Verkehr umwelt- und nutzerfreundlich zugleich sein kann. Auch an Menschen mit wenig Geld wurde gedacht. „Mobilität muss bezahlbar bleiben“, steht im Konzept, das derzeit durch die Ausschüsse wandert. Ausformuliert: „Sie ist auch für einkommensschwache Menschen zu ermöglichen, am besten durch ‚kostenlose‘ Fortbewegungsformen wie Radfahren oder Laufen auf kurzen Wegen.“ Kein Scherz. Um die Frage, wer eigentlich dazugehört in einer Stadt – und einer Gesellschaft – dreht es sich auf Seite 18. Um viele andere Fragen in vielen anderen Geschichten aus Bochum, Dortmund, Herne, von hier, von uns. Wenn Ihnen unser Heft gefällt, schreiben Sie uns. Wenn Sie Kritik oder Anmerkungen loswerden oder von Erlebnissen mit Verkaufenden berichten möchten oder uns sagen wollen, was wir besser machen können, freuen wir uns über Ihre E-Mails, Briefe, Anrufe, Postkarten und Facebook-Nachrichten. Und übrigens: In diesem Monat ist auch Bastian Pütter aus der Elternzeit zurück, in der nächsten Ausgabe werden Sie auch seine Geschichten wieder lesen können. Viele Grüße von bodo und einen guten Start in den Frühling. Alexandra Gehrhardt – redaktion@bodoev.de

bodo bedankt sich bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern Sparkasse Bochum Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Grünbau gGmbH, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Jutta Meklenborg, Sandra

Rettemeyer, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christian Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowy, Daniela Gerull, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Dorothea Staudinger, Tamara Vorwald-Piepke, Daniela SchmitzHäbler, Gero Krause, Friederike Claassen, Sulamith Frerich, Nicole Hölter, Gerhard Heiart, Christiane Achtzehn, Stefano Alimonti, Anna Asbeck-Wienemann, Olaf Authorsen, Lieselotte Baier, Jesko Banneitz,

Gisela Barwing, Thorsten Baulmann, Manfred Benning, Philip Biessey, Gundel Blomberg, Eva Bock, Melanie Bohn, Kathrin Bohr, Elsemarie Bork, Johanna und Klaus Bregenzer, Dieter Brinker, Prof. Hans Oswald Buchner, Andreas Bürgel, Daniel Buning, Maximilian Busch, Susanne Gisela Bzdzion, Christine Dahms, Raphael Dammer, Petra Danielsen-Hardt, Dr. Johannes Wolfgang Dietrich, Andrea und Martin Dietz, Karola Distelkamp, Christina Dolkemeyer, Annette Düe, Juan-Jose Duran Guimera, Irmhild Engelhardt, Tobias Eule, Jörg Bernd Fischer, Gunhild und Dr. Christofer Frey, Monika und Heinz-Günter Friedrich, Ina und Gabriel Fuhler, Christa Fuhrländer, Peter Geldschläger, Harald Gering, Daniela Gerull-Haas, Werner Grasmann, Marco Groger, Reinhard Hachenberger, Esther Hagemann, Inga Hampel, Eva Kunellis und Andreas Happel, Silke Harborth, Juliane Hardege, Ulrike und Gerhard Hauser, Wiebke Hecker, Elsbeth und

Gerhard Heiart, Thomas Heinburger, Skadi Heinzelmann, Katja Helten, Angelika und Manfred Henke, Benjamin Hermanski, Georg Hetzke, Karin und Rudolf Hey, Claudia und Markus Holtkamp, Birgit Isbruch, Petra Maria Jänicke, Nina Jaspert, Dr. Georg Johnen, Walter Kaiser, Nikolai Kalweit, Anja Kaminski, Petra Karmainski, Doris und Manfred Kater, Klaus-Michael Kinzel, Annemarie Kipper, Ursula und Udo Kleine, Edith Kluge, Andreas König, Helga Köster-Wais, Christina Kolivopoulos, Klaus-Martin Kwetkat, Bettina Lang, Peter Lasslop, Herta und Hans-Jürgen Liebscher, Friedel Lindenstrauß, Erika Maletz, Mechthild Maschetzke, Verena Mayer, Dolf Mehring, Gabriele und Heinrich Mücke, Christian Jakob Muller, Christoph Neumann, Brigitte Overberg, Barbara Perchner, Carsten Piel, Wiltraud Pohl, Dr. Sebastian Poschadel, Brunhilde PoseggaDörscheln, Suzanne Präkelt, Bastian Pütter, Maria und Heinrich Raczek,

Sabine Raddatz, Hildegard Reinitz, Susanne Maria Reiter-Kruse, Petra Renner, Thomas Renner, Christine Richter, Ullla Rosendahl, Ingo Rosner, Elisabeth und Klaus Rothel, Lena Rudnick, Karin Runge, Dorothea Sachs, Dieter Heinrich Schade, Gabriela Schäfer, Volker Schaika, Julia Scharnowski, Kathrin Scherbauer, Ursula und Günter Schlieper, Herbert Schnier, Hermann Schröder, Kurt Schulz, Ulrich Schwarz, Dr. Karl-Heinz Schwieger, Karin Seidel, Dr. Ludwig Seitz, Dr. Sabine Siebel, Ute Soth-Dykgers, Oliver Stiller, Beate Sundermann, Dieter Thews, Hannelore Thimm-Rasch, Erika Thon, Rita Timmerbeil, Christel und Gerhard Volpers, Jutta und Wido Wagner, Tanja Walter, Siegmar Welski, Lena Wessler, Britta Weßling, Erika Weyland, Lore Margitta Wieczorek, Martin Wildoer, Rita Willmes, Sigrun Wodke-Bader, Petra Wöstefeld, Maria-Anna und Wolfgang Zepezauer, Timo Zimmermann

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MENSCHEN

Seit Januar 2017 stehen sowohl das Dortmunder „U“ als auch das Museum Ostwall unter der Leitung von Edwin Jacobs. Der Niederländer, der als Museumsreformer gilt, führte zuvor das Centraal Museum in Utrecht. Ein Interview über Perspektiven auf die Region und Besonderheiten seiner neuen Wirkungsstätte in Dortmund. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

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Herr Jacobs, vor etwas mehr als einem Jahr sind Sie aus Utrecht nach Dortmund gekommen. Utrecht kann, wie es heißt, mit einer besonders hohen Lebensqualität punkten. Das Ruhrgebiet hat ein eher gegenteiliges Image. Wie empfindet man diese Region, wenn man aus einer offenbar komplett anderen Welt kommt? Geboren und aufgewachsen bin ich in Tilburg, in der Nähe von Eindhoven. Beide Orte sind vom ersten Eindruck her durchaus mit Dortmund vergleich-

Der Museumsöffner bar. Es sind Industriestädte, die im Zweiten Weltkrieg zerstört und in den 50er, 60er Jahren neu aufgebaut wurden. Heute stehen dort wie auch hier Technische Universitäten für Innovation und Entwicklung. Von daher denke ich, ein gewisses Grundgefühl für Städte mit einem solchen Hintergrund zu kennen. Weitaus längere Zeit habe ich aber in Utrecht gewohnt, das sich, auch historisch, eher mit Münster vergleichen lässt. Als kulturell interessierter Mensch habe ich Nordrhein-Westfalen und speziell das Ruhrgebiet häufig besucht.

Edwin Jacobs

Demnach hatten Sie kein fremdes Terrain zu erobern? Utrecht war 2010 als Kulturhauptstadt für 2018 nominiert. Deswegen haben wir Exkursionen nach Essen und Dortmund unternommen. Wir fanden das Konzept interessant, neues Leben an alte Industriestandorte zu bringen, und Programmierungen zu stiften, die eine neue Infrastruktur zur Folge haben. Die Kulturhauptstadt als Ausgangspunkt zu begreifen, nicht als Finale, war inspirierend. In dem Kontext haben wir natürlich das „U“ besichtigt.

geboren: 1960 in Tilburg, Niederlande forschte zu Globalisierung und lokaler Identität und zum Museum als „Werkstatt“ ist Sprecher der RuhrKunstMuseen und der NRW Kunstmuseen

Ohne zu ahnen, dass Sie einmal dessen Leitung übernehmen würden. Vermutlich stehen Sie vor anderen Herausforderungen als in Utrecht. Dort ein Museum, hier ein Haus mit unterschiedlichsten Playern nebst deren jeweiligen Bedürfnissen und Vorstellungen. Man benötigt mindestens ein Jahr, um alles auf dem Schirm zu haben. Vor einem Jahr hatte ich eine Vorstellung, jetzt habe ich eine Erfahrung. Aber auch in Utrecht gab es diverse Akteure, Stiftungen mit individuellen Zielen und Ambitionen, allerdings klar unter dem Überbau Centraal Museum. Der grundsätzliche Unterschied ist: Hier im „U“ sind es, wenn ich es ein bisschen frech formulieren darf, eigene Mieter.

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MENSCHEN

Da wären das Museum Ostwall, der Hartware MedienKunstVerein, die UZWEI Kulturelle Bildung, FH und TU, ein Kino, eine Gastronomie. Wie managen Sie das? Ich denke, 2018 ist das entscheidende Jahr. Zuvor sind vorbereitend wichtige Sachen passiert. Wir haben den Museumsbereich umgestaltet. Den fand ich zu klein und im Haus falsch positioniert. Wir haben das Museum räumlich geöffnet. Zum Gebäude hin, zu den Sammlungen, zu den Besuchern. Es klingt vielleicht klein, aber der Effekt ist groß. Das möchte ich so auch in den anderen Bereichen durchführen. Bereits bei der Konzeptionierung des „U“ ist von einer Aktivitätensammlung gesprochen worden. Von musealen, medialen und digitalen Aktivitäten. Es sollte nicht vordergründig darum gehen, wem etwas geboten wird, sondern was. In Aktivitäten zu denken, ist für mich ein Hebel. Zum Beispiel? Im nächsten Jahr kommt eine große Ausstellung mit bekannten niederländischen Modernisten, von van Gogh bis Mondrian. Da gibt es in unserer Sammlung wirklich schöne Exponate. Und wir tauschen mit den Niederländern. Es ist das erste Mal, dass wir mit unserer Sammlung eine Promo im Ausland machen. Die Mitglieder im Haus sehen: Er bewegt. Er ist stolz auf unsere Sammlung. Im vergangenen Jahr habe ich viel darüber nachgedacht, wie die Profilierung und die Positionierung des Hauses deutlicher nach vorn gebracht werden könnten. Dazu benötigt man einen Knaller. Einen, bei dem es nicht darum geht, stereotyp Kunst um der Kunst Willen zu zeigen, sondern etwas zu präsentieren, das jeder versteht. Es kann Mode sein. Oder Musik. Dann kam ein Anruf vom Londoner Victoria & Albert Museum, ob wir nicht an ihrer Pink-Floyd-Ausstellung interessiert wären. Ein Riesending. Wenn das im „U“ passiert, sind wir ein Punkt auf der Landkarte. Warum Dortmund? In der Ausstellung geht es um Pink Floyd als Gesamtkunstwerk, akustisch, visuell, interdisziplinär. 1981 war die Band mit „The Wall“ in der Westfalenhalle. Die Show spielten sie sonst nur in L.A., New York und London. Es war ein Jahrhundertereignis. Ich habe in

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Dortmund Leute kennengelernt, die haben bis heute ihre Eintrittskarte aufgehoben. Das ist emotional. Und ich weiß, dass ich ein Gefühl bringen muss, um ein Gefühl zu geben. Die Situation ist neu für Sie, oder? In Utrecht gab es keine vergleichbare Herausforderung. Doch, im Grunde genommen schon. In Utrecht war man der Auffassung, das Museum stünde mit dem Rücken zur eigenen Gesellschaft. Das ist nur ein Gefühl, aber damit umzugehen, ist schwer. Das „U“ als kultureller Leuchtturm wird in Dortmund noch immer argwöhnisch betrachtet. Das liegt wohl auch an dessen Geschichte. Da war die berühmte Brauerei mit dem leuchtenden U als Sternbild über der Stadt. Das Gebäude ist, als eines der wenigen im Innenstadtbereich, kaum zerstört worden. Im Zweiten Weltkrieg haben in den Kellern unzählige Menschen den Bombenhagel überlebt. Ein Gefühl zu ändern, das dauert. Das verstehe ich. Das klingt jetzt vielleicht einfach, aber ich dachte vor einem Jahr, unabhängig von allem Zahlenmaterial, dass hier unbedingt etwas passieren muss. Im Februar und März wurde im Kino im „U“ der Film „Moderne Großstadt Dortmund“ aus dem Jahr 1964 gezeigt, erstmals nach Jahrzehnten. Lange Zeit lag er unbeachtet im Archiv der RWE, kürzlich wurde er entdeckt. Man hatte am ersten Abend mit etwa dreißig Zuschauern gerechnet, mehr als tausend wollten ihn sehen. Das große Interesse dürfte auch mit einem Gefühl zusammenhängen, der Suche nach einer verlorenen Identität, der Stadt, vielleicht sogar der Region. Ähnliches war ja auch in Utrecht ein Punkt. Wir wollten deswegen zeigen, woher all die tollen Kunstwerke kamen, die es im Museum zu sehen gibt, und so beantworten, warum sie dort sind. Einst war Utrecht die Welt, ein souveränes Bistum bereits im achten und neunten Jahrhundert. Das bedeutete Geld und Macht auf lange Zeit. Und auch das „U“ ist ein Denkmal einer prosperierenden Epoche. Eine Kathedrale der Industrie, noch dazu nahezu mitten in der Stadt. So etwas ist selten der Fall. Von daher ist Geschichte immer ganz wichtig, wenn man begreifen will, wo man herkommt. Ist der Glaube an eine Zukunft, die alle Probleme lösen wird, abhandengekommen? Eine gute Frage. Deswegen finde ich es interessant, wie Eindhoven nach dem Ende von Kohle, Stahl und Bier mit Philips und der Technischen Universität eine „neue Kohle“ gefunden hat. Diese Kohle ist Medizin, ist Entwicklung, ist Wissenschaft. Was ist das Mineral von Dortmund? Das war auch klassisch mit Kohle, Stahl und Bier verbunden. Das Mineral jetzt ist die Jugend, das sind die Studenten. Fünfzigtausend sind es in der Stadt. Das ist unglaublich.


STRASSENLEBEN

Zweistellige Minustemperaturen haben Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe im Winter in Alarmbereitschaft versetzt. Vielerorts schufen Initiativen und Organisationen kurzfristige Lösungen, um obdachlose Menschen vor dem Erfrierungstod zu bewahren. Von Alexandra Gehrhardt Foto: Sebastian Sellhorst

Notlösungen Die Kältewelle hat ein beeindruckendes bürgerschaftliches Engagement geweckt. In Sporthallen, Diskotheken, Boxclubs und Kirchengemeinden und sogar Fußballstadien wurden deutschlandweit Möglichkeiten geschaffen, Menschen, die draußen schlafen, während der kalten Tage unterzubringen. Rund 52.000 Menschen, schätzt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe BAG W, leben in Deutschland auf der Straße, schlafen in Leerständen, Zelten oder ungeschützt unter freiem Himmel. Das Engagement hat den Scheinwerfer auf ein seit Jahren bestehendes Problem gerichtet: dass Unterkünfte aus den verschiedensten Gründen nicht von allen Betroffenen genutzt werden. Dabei geht es auch darum, dass Ehrenamt in einer Ausnahmesituation staatliche Aufgaben ersetzt. Die Pflicht zur Unterbringung wohnungs- und obdachloser Menschen liegt bei den Kommunen. Wie sie diese ausgestalten, ist ihnen überlassen – mit der Konsequenz, dass in einer Stadt Paare und Familien gemeinsam untergebracht sind und in einer anderen getrennt werden; in einer Stadt ein Sozialleistungsanspruch bestehen muss, der in einer anderen zweitrangig ist. So definieren Zugangskriterien, wer länger als eine Nacht bleiben darf und wer danach als „freiwillig“ obdachlos gilt. Fünf wohnungslose Menschen, so die BAG W, sind von November bis Mitte März in Deutschland durch Kälte ums Leben gekommen. Lösungen im Kampf gegen Wohnungslosigkeit zeichnen sich nur langsam ab. Nach wie vor gibt es zu wenig günstigen Wohnraum, die Angebote zum Beispiel für drogenabhängige Menschen oder psychisch Erkrankte reichen nicht aus. In Bochum wird die 90 Jahre alte Übernachtungsstelle für Wohnungslose neu gebaut, sie soll in Zukunft auch Einrichtungen wie die Suppenküche und die Medizinischen Hilfen beherbergen. Der Neubau der Männerübernachtungsstelle in Dortmund soll bis zum Winter stehen, ein neuer Standort für die seit Jahren überbelegte Frauenübernachtungsstelle ist noch nicht gefunden.

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NEUES VON BODO

bodo beim Frauenfilmfestival „draußen“ heißt der Dokumentarfilm von Tama Tobias-Macht und Johanna Sunder-Plassmann, der im Rahmen des 35. Internationalen Frauenfilmfestivals IFFF Dortmund|Köln in Kooperation mit bodo zu sehen ist. Er porträtiert Matze, Elvis, Peter und Sergio, die obdachlos sind. Über ihre persönlichen Besitztümer, Erinnerungen, Glücksbringer nähert sich ihnen der Film ungewöhnlich und künstlerisch beeindruckend.

TERMINE Blackbox 1968 Sa., 7. April, 20 Uhr Schauspielhaus Dortmund Studio

Am Donnerstag, 26. April, um 19.30 Uhr läuft der Film im Kino im U, Leonie-Reygers-Terrasse, im Anschluss gibt es ein Filmgespräch mit den Regisseurinnen. Das IFFF gastiert im jährlichen Wechsel in Dortmund und in Köln, in diesem Jahr am Rhein, vom 26. bis zum 28. April läuft eine Auswahl in Dortmund.

Soziale Stadtführung Bochum Sa., 21. April, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Anlaufstelle Stühmeyerstraße 33 Soziale Stadtführung Dortmund Sa., 12. Mai, 11 Uhr Treffpunkt: bodo-Buchladen Schwanenwall 36 – 38 „draußen“ Do., 26. April, 19.30 Uhr Filmvorführung & Gespräch in Kooperation mit dem IFFF Dortmund|Köln Kino im U, Dortmund Leonie-Reygers-Terrasse bodo im Park Di., 1. Mai, 11 bis 18 Uhr Westfalenpark, Dortmund 8

Blackbox 1968

Soziale Stadtführungen

Die Veranstaltungsreihe „Blackbox“ im Schauspielhaus Dortmund widmet sich drängenden Fragen unserer Zeit, vor allem zu Themen der Migrationsgesellschaften und des rechten Terrors. Am 7. April um 20 Uhr geht es um die 68er. Der Soziologe und Journalist Thomas Wagner liest aus seinem Buch „Die Angstmacher. 1968 und die Neuen Rechten“ und erklärt, wie klassische 68er-Positionen von der Neuen Rechten übernommen werden. „Blackbox“ wird kuratiert von Schauspiel Dortmund und bodo und findet in Kooperation mit der Offenen Fachhochschule der FH Dortmund statt. Der Eintritt ist frei. Am 27. Mai spricht der Kulturwissenschaftler Michael Butter über Verschwörungstheorien.

So kennen Dortmund und Bochum nur wenige: Mit unseren sozialen Stadtführungen zeigen wir, was es bedeutet, ohne Wohnung zu leben. Dabei führen bodo-Verkäufer und andere Experten aus ihrer Perspektive durch die Stadt und besuchen Orte, an denen es beispielsweise etwas Warmes zu Essen und Unterstützung gibt. Und sie erzählen, was es bedeutet, draußen zu sein. Die nächste Führung in Bochum: am Samstag, 21. April, Start um 11 Uhr an der bodo-Anlaufstelle, Stühmeyerstraße 33. Die nächste Stadtführung in Dortmund findet erst am Samstag, dem 12. Mai, statt. Anmeldung: 0231 – 950 978 0, Kostenbeitrag 5 Euro. Auch individuelle Gruppenführungen sind möglich.


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Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

Neue Sprecher

1. Mai im Westfalenpark Auch in diesem Jahr packt das Team des bodo-Buchladens den April über wieder Kisten voller spannender und toller Bücher. Am 1. Mai bauen wir dann beim DGB-Familienfest im Westfalenpark wieder einmal unseren größten Bücherstand des Jahres auf. Im Schatten des Florian gibt es bei hoffentlich schönem Wetter einen Querschnitt aus unserem Sortiment: Romane, Krimis und mehr hervorragende Lektüre zu wirklich günstigen Preisen. Den ganzen Rest des Jahres gibt es das volle bodo-Sortiment in unserem Buchladen am Schwanenwall 36 – 38 in Dortmund zu kaufen. Bücherstand im Westfalenpark: 1. Mai, 11 – 18 Uhr, An der Buschmühle 3, Dortmund.

Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

Skizze: Volker Hintermeier

Einmal im Jahr wählen die Verkäufer und Verkäuferinnen des Straßenmagazins ihre Vertretung – so auch im vergangenen Monat: Klaus und Adolf, Lamiita und Alexandru sind nun ein Jahr lang Ansprechpartner für alle Belange der Dortmunder Verkäuferschaft, sei es bei Fragen, Konflikten oder wenn es darum geht, wie wir unsere Angebote verbessern können.

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Achtung, neue Adresse.

nach dem Film von Lars von Trier Regie: Johanna Wehner Uraufführung: 24. März 2018

Karten online oder unter 0234 / 33 33 55 55

GRUENE-DORTMUND.DE

37,80 EURO SIND ZU VIEL! FÜR EIN BEZAHLBARES SOZIALTICKET

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NEUES VON BODO

„Mensch, du hast Recht“ „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Das ist der erste Satz der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die jedem Menschen, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sozialer Anschauung, ethnischer und sozialer Herkunft, gleiche Rechte und Freiheiten zusichert. 70 Jahre ist sie nun alt. Der Paritätische Wohlfahrtsverband, zu dessen Mitgliedern auch der bodo e.V. gehört, widmet sich in diesem Jahr diesem wichtigen Geburtstag. In einer Plakatkampagne – mit den Schwerpunkten Wohnen, Bildung, Gesundheit, Teilhabe, Selbstbestimmung, Schutz und Zuflucht – macht er auf die universalen Rechte der Menschen aufmerksam. Info: www.der-paritaetische.de

Eine starke Truppe

Welt-Roma-Tag

Bei Peter Maffay

Unser Team Transport hat die Expertise fürs Schwere. Wenn eine Haushaltsauflösung ansteht oder ein Dachboden entrümpelt werden soll, der Grünschnitt aus dem Garten entsorgt werden muss oder das Dokumentenarchiv umzieht, unterstützen wir Sie gerne.

Am 8. April wird weltweit auf die Situation von Sinti und Roma, vor allem ihre Diskriminierung und Verfolgung, aufmerksam gemacht. Im Theater im Depot (Immermannstraße 29, Dortmund) lesen am 8. April um 16 Uhr Janko Lauenberger und Juliane von Wedemeyer aus ihrem Buch „Ede und Unku – die wahre Geschichte“.

Seit fast 50 Jahren ist er im Musikgeschäft, 18 seiner Alben haben es auf Platz 1 der Charts gebracht. Jetzt war der Rocksänger Peter Maffay in Dortmund und hat in den Westfalenhallen ein Akustikkonzert gegeben.

Zugleich ist das Projekt eine Beschäftigungsinitiative, die Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit einen neuen Start ins Arbeitsleben ermöglicht. Wenn Sie unsere Unterstützung benötigen, rufen Sie uns an: 0231 – 950 978 0. Unsere Projektleiterin Brunhilde Posegga-Dörscheln erstellt ein unverbindliches Angebot und klärt alle Details mit Ihnen. Wir freuen uns auf Ihren Auftrag!

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„Ede und Unku“ war ein Jugendroman aus dem Jahr 1931. 1933 wurde das Buch verboten, die echte Unku, Erna Lauenburger, 1944 in Auschwitz ermordet. Janko Lauenburger, ihr Urgroßcousin, hat gemeinsam mit der Journalistin Juliane von Wedemeyer die Spuren seiner Familie erforscht und zeichnet im Buch ein Familienporträt von der Weimarer Republik bis in die Gegenwart.

Als besondere Geste hat der Musiker über die Stadt Dortmund einen ganzen Stapel Freikarten für Menschen zur Verfügung gestellt, die sich den Eintritt für ein solches Konzert nicht leisten könnten. Auch bodo erhielt Eintrittskarten – und so konnten 16 Verkäufer und Verkäuferinnen des Straßenmagazins im Publikum Platz nehmen. „Toll war’s!“, freute sich Marcus tags drauf und auch Sefa und Metin, Mario und viele mehr hatten ihren Spaß. Danke schön!


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www.facebook.com/bodoev info@bodoev.de 0231 – 950 978 0 bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr zentrale Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de Fax: 0231 – 950 978 20 Besuchen Sie uns Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr Sa. 10 – 14 Uhr Stühmeyerstraße 33 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr Fr. 14 – 17 Uhr

Ansprechpartner Geschäftsleitung: Tanja Walter verein@bodoev.de Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt redaktion@bodoev.de Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Suzanne Präkelt buch@bodoev.de bodos Bücher online: Gordon Smith basar@bodoev.de Haushaltsauflösungen und Entsorgungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln transport@bodoev.de

SOZIALES

druckwerk

druck in dor tmund

www.druckwerk.info

Zu wenige Weiterbildungen für Arbeitslose in Bochum: Hartz-IV-Bezieher profitieren in Bochum zu wenig von beruflichen Weiterbildungsangeboten, wie die Innere Mission der Diakonie mitteilte. Für Geringqualifizierte sei die Suche nach einem Arbeitsplatz häufig aussichtslos. Dennoch hätten viel zu wenige Leistungsbezieher die Möglichkeit beruflicher Weiterbildungen.

Mindestlohn unterdurchschnittlich: In allen westeuropäischen Ländern mit Mindestlohn muss mehr pro Stunde gezahlt werden als in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt der Internationale Mindestlohnreport des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Boeckler-Stiftung. Der niedrigste Mindestlohn liegt in diesen Ländern bei 9,40 Euro, in Deutschland beträgt er derzeit 8,84 Euro. Sozial abgehängt und politisch unterrepräsentiert: Zu diesem Ergebnis kommt Paul Marx, Politikwissenschaftsprofessor der Universität Duisburg-Essen. In Vierteln mit sehr hoher Armut sei die Wahlbeteiligung besonders niedrig. Wie die WAZ unter Berufung auf eine Studie der Uni Osnabrück berichtete, führt dies dazu, dass die Interessen dieser Wählerschichten auch in politischen Entscheidungen unterrepräsentiert sind.

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

Weniger Impfungen, mehr Masern: Immer weniger Kleinkinder werden in Nordrhein-Westfalen geimpft. Das geht nach Berichten der „Rheinischen Post“ aus einem Gesundheitsreport der Krankenkasse AOK hervor. Das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, 95 Prozent der Kinder bis zu ihrem vierten Geburtstag gegen Masern zu impfen, werde massiv verfehlt. Das hat konkrete Folgen: 2017 gab es in Duisburg einen Masernausbruch mit Hunderten Erkrankten.

Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Mieterverein

Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

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REPORTAGE

Edo Maajka ist der bekannteste Rapper des Balkans. In seiner Musik geht es nicht um Frauen und Autos, seine Berühmtheit hat er sich mit sozialkritischen Texten aufgebaut. Sie sprechen gleich mehreren Generationen aus dem Herzen, handeln von Krieg, Korruption und Nationalismus. Mit Dortmund verbindet ihn eine ganz besondere Freundschaft. Von Felix Huesmann | Fotos: Sabrina Richmann

Hip-Hop als Brückenbau Slowenien Kroatien

BosnienHerzegowina

Serbien

Montenegro

Kosovo

Mazedonien

In den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens spielt Edo Maajka auf großen Festivals. In Dortmund tritt er mit seiner Crew im vollen Partykeller des Dietrich-Keuning-Hauses auf. Fast alle im Publikum haben das, was man landläufig einen „Migrationshintergrund“ nennt, verstehen die serbokroatischen Texte des Rappers. Viele können sie lückenlos mitsingen. „Ich komme aus Kroatien“, sagt ein junger Fan nach dem Konzert vor der Eingangstür. „Ich bin“, beginnt seine Begleiterin, um dann kurz zu pausieren, „ein Mischmasch. Meine Familie kommt aus mehreren Ländern. Ich bin halt Jugoslawin.“ Am Ende, ergänzt sie lachend, bestünden wir doch alle aus Haut und Blut. Dieser ex-jugoslawische „Mischmasch“ ist typisch für Edo Maajkas Konzerte. In einer Region, in der Jahre nach den blutigen Kriegen der 90er Jahre Nationalismus auf allen Seiten gedeiht, baut der 39-Jährige Brücken. „Auf meinen Konzerten feiern Bosnier, Serben und Kroaten gemeinsam“, sagt er nicht ohne Stolz. „Die hauen sich anschließend vielleicht wieder aufs Maul, aber diese anderthalb Stunden tanzen Sie zu meiner Musik und singen meine Lieder.“ Edin Osmić, so heißt Edo Maajka mit bürgerlichem Namen, hat den Aufstieg des Nationalismus im Balkan und die daraus entstehenden Kriege selbst erlebt. 1992, als der Bosnienkrieg beginnt, ist er 13. Mit seiner Familie muss er die schwer umkämpfte Kleinstadt Brčko verlassen. Aus dem bosnischen Ort an der Save, die noch heute die Grenze zum benachbarten Kroatien markiert, flieht er über mehrere Zwischenstationen bis nach Zagreb. Kurz zuvor waren beide Länder noch Teilrepubliken des zerfallenden Jugoslawiens. Nun ist Osmić als muslimischer Bosnier im katholischen Kroatien Ausländer. Dort kommt der junge Flüchtling mit Hip-Hop

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in Berührung. „Ich war eigentlich eher ein Punk- und Hardcore-Kid“, erzählt er. „Mit Ketten an der Kleidung bin ich irgendwann zu Open-Mic-Sessions gegangen und habe selbst angefangen zu rappen.“ Bis aus dem subkulturellen Quereinsteiger ein grenzübergreifender Rapstar wird, vergehen allerdings mehrere Jahre. Nach dem Kriegsende in Bosnien verlässt Edin Osmić Kroatien zunächst wieder und beginnt ein Studium im bosnischen Tuzla. „Ich war damals ein Geek“, sagt er. Er schreibt sich gleichzeitig für Maschinenbau und Strafrecht ein. Beides bricht er bald wieder ab. Dafür schlägt er nun erste Wellen in der Hip-Hop-Szene. Mit seiner Kombo „Odbrana ’99“, zu Deutsch „Verteidigung ’99“, nimmt er kurz vor der Jahrtausendwende ein erstes Demotape auf. Die Musik: Crossover. Rap auf rockiger Musik, ganz im Stil von Größen wie „Rage against the Machine“. Als er ein Jahr darauf nach Zagreb zurückkehrt, hat Osmićs Musik bereits erste Bekanntheit bei bosnischen Radiohörern erlangt. Mit dem beginnenden neuen Jahrtausend wird daraus eine ernsthafte Musikkarriere. 2001 veröffentlicht er

„Slušaj mater“, das erste von bislang fünf Studioalben. Die Themen der Platte: Krieg, Blutrache und Schwarzmarktgeschäfte. Edin Osmić ist nun voll und ganz Edo Maajka. Nicht nur in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens kommt seine Musik gut an. Auch in der ex-jugoslawischen Diaspora werden immer mehr Menschen auf den neuen Balkan-Rap aufmerksam.

Freundschaft über Kontinente Während Edo Maajka langsam zum Superstar wird, steht der Dortmunder Mirza Demirović im Jahr 2000 vor einem Problem. Wie Edo hatte auch er Bosnien verlassen und 1994 vor dem blutigen Krieg fliehen müssen. Anders als Osmić führte ihn seine Flucht nicht nur über eine Ländergrenze, sondern bis ins Ruhrgebiet. Hier wurde er schnell heimisch, ein Dortmunder Jung. Nach sechs Jahren in Dortmund werden seine Aufenthaltsgenehmigungen jedoch für immer kürzere Zeiträume verlängert. „Ich wurde zur freiwilligen Ausreise

Mirza Demirović und Edo Maajka

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REPORTAGE

gezwungen“, erklärt er lachend. In Deutschland gibt es für Demirović keine Perspektive mehr. In Bosnien aber auch nicht. Stattdessen ergreift er die Chance, für ein Studium der „Social Studies“ in das USamerikanische Pittsburgh zu gehen. Mit Dortmund und dem Balkan verbindet ihn fortan vor allem das Internet. Online lernt er schließlich auch Edo Maajka kennen. „Er war Gast in einer Radio-Show. Und auf der Website des Senders gab es einen Chat. Darüber sind wir in Kontakt gekommen“, erzählt Demirović. Die beiden verstehen sich, sind auf einer Wellenlänge. Als Edo Maajka 2005 schließlich zu seiner ersten USA-Tour aufbricht, steigt auch Mirza Demirović in ein Flugzeug. In New York treffen die beiden zum ersten Mal offline aufeinander. „Ich bin dann mit denen durch Amerika getourt“, erinnert sich Demirović. Aus den Internetbekannten werden gute Freunde. Auf seinem dritten Studioalbum „Stig‘o ćumur“ setzt Edo Maajka dieser Freundschaft, die sich zu der Zeit noch immer über zwei Kontinente erstreckt, ein vielbeachtetes Denkmal. Das Lied „Za Mirzu“ – „Für Mirza“ – ist ein vertonter Brief an seinen Freund, in dem er ihm von einer Region voller Nationalismus und Korruption berichtet, von einer Generation zwischen posttraumatischer Belastungsstörung und Drogen. Der Song ist ein Ausdruck von Fernweh und Sehnsucht nach Normalität, eine Hommage an das verbliebene Schöne. „Za Mirzu“ spricht vielen Serben, Kroaten und Bosniern in ihren Heimatländern wie in der Diaspora aus den Herzen.

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Keine Besserung in Sicht Heute lebt Mirza Demirović schon seit einigen Jahren wieder in Dortmund und ist dort als Fachreferent beim Jugendamt angestellt. Edin Osmić verbrachte gemeinsam mit seiner israelischen Frau ein paar Jahre in Tel Aviv, bevor er nach Zagreb zurückkehrte. Der Bosnienkrieg, der beide zu Flüchtlingen machte, ist lange vorüber. Wieviel hat sich in der Region seitdem verbessert? „Gar nichts! Es ist höchstens schlimmer geworden“, sagt Edo Maajka etwas verbittert. Der Nationalismus habe sich dort, wie im Rest Europas, in den vergangenen Jahren noch verstärkt. „Auch Hip-Hop wird im Balkan nationalistischer“, erzählt er. Vor allem in den letzten fünf Jahren höre man immer mehr rechte und nationalistische Parolen in Rapsongs. „Das hat mich sehr überrascht, weil Hip-Hop für mich nicht mit Nationalismus zusammen geht.“ Edo Maajka freut sich derweil schon über Kleinigkeiten. Darüber, dass Menschen aus verschiedenen ethnischen Gruppen auf seinen Konzerten gemeinsam feiern. „Die wissen, dass ich Recht habe, wenn ich mich gegen den Hass ausspreche. Sie hören das aber sonst nirgendwo“, sagt der Rapper. Er wird weiter versuchen, Brücken zu bauen und gegen die Trennung in Nationen und Ethnien zu kämpfen – auch wenn das mitunter wie ein Kampf gegen Windmühlen wirkt.


GESELLSCHAFT

Europäische Nazis Die neonazistische Demonstration am 14. April wird vom Dortmunder Kreisverband der Kleinstpartei „Die Rechte“ organisiert. Über viele Jahre hinweg haben die zuvor im 2012 verbotenen „Nationalen Widerstand Dortmund“ organisierten Neonazis bundesweit beworbene Demos durchgeführt: zunächst jährlich im September den sogenannten „Nationalen Antikriegstag“, zuletzt 2016 den „Tag der deutschen Zukunft“. Bei diesem letzten größeren Aufmarsch in Dortmund kamen bis zu 1.000 Neonazis zusammen.

Im April wollen wieder einmal Hunderte Neonazis durch Dortmund demonstrieren. „Gemeinsam für Europa“, wie die rechtsextremen Veranstalter ankündigen. Das Europa, für das dort demonstriert wird, ist jedoch ein Europa der hermetischen Grenzen und des völkischen Rassismus.

Am 14. April will die rechtsextreme Minipartei noch weiter gehen: Delegationen aus ganz Europa werden angekündigt. Neben deutschen Neonazis, von denen mindestens zwei bereits unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt wurden, wird mit Rednern aus „mehreren europäischen Ländern“ geworben. Bereits in der Vergangenheit haben Dortmunder Neonazis Veranstaltungen etwa bulgarischer und griechischer Rechtsextremisten besucht.

Text und Foto: Felix Huesmann

Gegen den Aufmarsch kündigt sich breiter Protest an. An verschiedenen Stellen wollen mehrere Gruppierungen und Bündnisse gegen die Neonazis protestieren. Das Spektrum der erwarteten Proteste reicht dabei von symbolischen Demonstrationen bis hin zu Versuchen, den Aufmarsch zum Beispiel durch Blockaden zu verhindern.

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DAS FOTO

Die Demonstrationsfreiheit wird in der Türkei mehr und mehr beschnitten. Gleichzeitig kam es dort in den vergangenen Jahren immer wieder zu Gewalttaten gegen Frauen. Trotzdem ist die Frauenbewegung weiterhin eine der aktivsten sozialen Bewegungen des Landes. Zum Weltfrauentag am 8. März demonstrierten Tausende Menschen auf der Haupteinkaufsstraße Istanbuls. Foto: Reuters / Murad Sezer

RECHT

Taschengeld anrechnen auf Arbeitslosengeld II? Von Rechtsanwalt René Boyke

Wer zu hohe Einnahmen bezieht, kann kein oder nur weniger Arbeitslosengeld II erhalten. Dies ist grundsätzlich nachvollziehbar, da die Leistungen nur Bedürftigen zukommen sollen. Daher bestimmt § 11 SGB II, dass grundsätzlich zunächst alle Einnahmen in Geld zu berücksichtigen sind. Jedoch sieht § 11a SGB II Ausnahmen für Einnahmen vor, die kein Einkommen darstellen und damit den SGB-II-Anspruch nicht

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schmälern. Interessant ist dabei die Frage, inwiefern Zahlungen anderer Personen als Einkommen zu berücksichtigen sind, beispielsweise das Taschengeld der Großmutter für den längst volljährigen Enkel. Genau damit hatte sich das Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 12 AS 3570/15) auseinanderzusetzen. Das Jobcenter Düsseldorf hatte einem Leistungsbezieher die monatlichen Zahlungen gekürzt, da er von seiner Großmutter monat-

lich 50 Euro Taschengeld erhielt. Sie wollte ihrem Enkel damit finanziell unter die Arme greifen, um Bewerbungen zu finanzieren. Tatsächlich hat er das Geld genau dazu genutzt und zahlte ferner damit Schulden zurück. Die Leistungskürzung durch das Jobcenter hielt das Gericht daher für grob unbillig und damit für rechtswidrig. Es erklärte ausdrücklich, dass der klagende Leistungsbezieher die Zuwendungen dazu


KOMMENTAR

Oben und unten Von Alexandra Gehrhardt

Soziale Spaltung

Vieles ist gesagt worden über die Aussagen des neuen Heimat-Ministers zum Islam und des Gesundheitsministers zu Armut. Das Treten nach unten und das Abschotten nach außen dürfte in den kommenden Jahren politische Linie bleiben. Doch die Strategie, der AfD die Wähler abjagen zu wollen, in dem man ihre Positionen besetzt, ist eine gefährliche. Wenn es um die Frage nach bestimmten sozialen Randgruppen geht, sind die Ablehnungswerte nach wie vor hoch. 48 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben etwas gegen langzeitarbeitslose Menschen, fast 19 Prozent lehnen Wohnungslose ab. Das hat die Friedrich-Ebert-Stiftung in ihrer „Mitte“Studie von 2014 festgestellt. Die Abwertung von Menschen am sozialen Rand hat eine lange Tradition, die sich durch die Agenda 2010 der Bundesregierung Schröder, die Ökonomisierung von menschlicher Leistungsfähigkeit, verschärft hat. Dazu kommt eine gesellschaftliche Grundstimmung, die so rassistisch aufgeladen ist wie seit den 1990er Jahren nicht. Ohne verharmlosen zu wollen: Die AfD ist nicht Ursache des Rechtsrucks, sondern mehr ein Indiz für die Verfasstheit der Gesellschaft. Nicht die vielleicht relevanteste rechte Bewegung der Bundesrepublik im Parlament ist für die Asylrechtsverschärfungen der vergangenen Jahre, den Ausbau der Überwachung oder eine Sozialpolitik verantwortlich, die an den Bedürfnissen vieler Menschen vorbei geht, sondern die Parteien, die seit Jahrzehnten die sogenannte Mitte der Gesellschaft repräsentieren. Sich an die Rechten heranzuschmeißen, bringt aber nichts. Wer heute noch Kernpublikum der AfD ist, kann morgen schon Ziel ihrer menschenfeindlichen Agitation werden. Der Ruck nach rechts trifft nicht nur MigrantInnen, sondern auch Einkommensschwache, Arbeitslose, Menschen mit Behinderung, Wohnungslose. Das müssen auch CDU und SPD verstehen. Statt der AfD hinterherzulaufen, muss die neue Regierung damit anfangen, diese sozialen Probleme zu lösen, die für die Spaltung der Gesellschaft verantwortlich sind – die immer größer werdende Lücke zwischen Armen und Reichen, das Gefühl des Abgehängtseins, die permanente Angst vor dem sozialen Abstieg. Sie zu ignorieren und stattdessen umzulenken auf soziale Feindbilder, spaltet die Gesellschaft nicht nur, sondern zerstört sie letztendlich.

genutzt habe, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern und wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. Es sei mit den vorgesehenen Motivationsanreizen nicht vereinbar, diese durch die Anrechnung des Taschengeldes auszuhebeln. Das Gericht wurde noch deutlicher und erklärte, dass der Gesetzgeber die Tatsache, dass eine Zuwendung nicht der Deckung des physischen Existenzminimums dient, gerade

DIE ZAHL

2,77 Euro haben Hartz-IV-Empfänger täglich zur Verfügung, um ihre Kinder bis zum sechsten Lebensjahr zu verpflegen. Kinder gesund zu ernähren sei mit so wenig Geld schlicht unmöglich – zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität Hohenheim.

als Indiz für die gewollte Anrechnungsfreiheit nennt. Darüber hinaus waren die 50 Euro schlicht zu wenig, um die Lebensumstände des Klägers dermaßen zu verbessern, dass keine Leistungen mehr gerechtfertigt seien. Peinlich für das Jobcenter: Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich, dass derartige Zuwendungen von Großeltern nicht angerechnet werden.

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INTERVIEW

„Die Stadt muss für Menschen da sein, nicht für Investoren“

Bochum verändert sich. Rebecca und Rainer (Foto unten) von der Initiative „Stadt für Alle“ beschäftigen sich mit der Frage, für wen in der Stadt künftig noch Platz ist.

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Bochum steht vor Veränderungen. Die Stadt mit mehr als 370.000 Einwohnern soll sich als „Talentschmiede“ und „Ermöglicherstadt“, so die Selbstbezeichnung, in den nächsten Jahren zur neuen Heimat für Studierende, junge Familien und zahlreiche Unternehmen entwickeln. Die Initiative „Stadt für Alle“ sorgt sich, dass für Menschen mit wenig Geld bald kein Platz mehr sein wird – und hat Ideen, wie Prozesse der Stadtentwicklung aussehen können. Ein Gespräch mit Rebecca, Rainer und Martin von der Initiative. Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Daniel Sadrowski

Offiziell tauchte das Netzwerk „Stadt für Alle“ im Zuge des Protestes von Geflüchteten vor rund zwei Jahren auf. Das war aber nicht der Startschuss, oder? Martin: Da kamen mehrere Dinge zusammen: die Wahrnehmung, dass die Stadt wieder wächst, eine gefühlte Enge auf dem Wohnungsmarkt. Ärmere und auch Geflüchtete haben Probleme, eine Bleibe zu finden, und daneben steht der Leerstand. Rebecca: Daran merkten wir, dass sich insgesamt etwas ändern muss. Einige von uns sind schon lange in sozialen Bewegungen aktiv – und so gründete sich das Netzwerk.

„Wen man nicht haben will, das sind die Armen. Obwohl Armut ein Riesenthema ist, wird sie im Handlungskonzept ignoriert.“

Das Phänomen, das ihr beschreibt, der Gegensatz zwischen Enge auf dem Wohnungsmarkt, Probleme für einkommensarme Menschen und Leerstand – ist das ein spezifisches Bochumer Problem? Martin: Als reines Bochumer Problem sehe ich es nicht. Bochum, Essen und Dortmund wachsen, weshalb in Wohnen viel investiert wird und die Preise steigen – und das, obwohl die Armut zunimmt und Sozialwohnungen verschwinden. Rainer: Hier ist das Problem ein anderes als in Städten wie Hamburg oder Berlin, wo die Wohnungsmärkte überhitzt sind. Aber bestimmte marktwirtschaftliche Prozesse laufen eben in Bochum auch – zum Beispiel, dass der Mietmarkt für Menschen mit wenig Geld verengt ist oder dass es großen Immobilienunternehmen egal ist, ob die Wohnung leer steht oder nicht. Was läuft falsch in der hiesigen Wohnungspolitik? Rebecca: Dass Bochum wächst, könnte man positiv sehen. Wir glauben aber, dass die Menschen, die herkommen, nicht unbedingt die Leute sind, die die Stadt haben will. Es gibt immer noch Konkurrenz zwischen den Ruhrgebietsstädten, jede will das beste Kulturangebot, das beste Konzerthaus und die beste Kneipenszene haben, um das wie auch immer geartete kreative Potenzial abzuschöpfen. Und Einkommensschwache wie Alleinerziehende oder Geflüchtete bringen eben keine Steuereinnahmen. Das seht ihr auch im Handlungskonzept Wohnen, das die Stadt – und auch mit euch – erarbeitet hat. Rainer: Ja. Geflüchtete als größte Gruppe der Neubürger spielen nicht wirklich eine Rolle, dafür setzt die Stadt auf den Zuzug aus den Nachbarstädten. Martin: Wen man nicht haben will, das sind die klassischen Armen. Obwohl Armut ein Riesenthema ist, wird sie im Handlungskonzept ignoriert, weil es nicht interessiert, Antworten auf die Fragen zu geben, die damit zusammenhängen. Im Handlungskonzept ist viel von „sozialer Mischung“ die Rede – aber die ist immer nur dann Thema, wenn es um Armut geht, die „durchmischt“ werden soll. Niemand käme auf die Idee, darüber zu sprechen, dass der Stadtteil Stiepel zu wohlhabend sei

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INTERVIEW

und es im Sinne der sozialen Mischung dort nun auch Wohnungen für einkommensschwächere Menschen geben müsse. Das Argument wird immer nur als Argument dafür genutzt, hochpreisigen Wohnraum zu rechtfertigen, aber nicht umgekehrt. Und ob eine soziale Mischung überhaupt einen positiven Effekt hat, ist empirisch nicht nachweisbar. Welche Rolle spielt Leerstand? Bis zu 7.000 Wohnungen, schätzt der Mieterverein, stehen in Bochum leer. Martin: Genau. Und die Stadt scheut sich davor, überhaupt ein Instrument einzuführen, das ihn misst. Warum, wissen „Die Stadt muss selbst als wir nicht. Womöglich ist Akteur auftreten und der Leerstand viel höher als geschätzt. Die Frage ist Wohnungen bauen auch, warum Wohnungen und anbieten. Das ist leer stehen. Wie viele sind es? Und was ist nötig, um kein Hexenwerk.“ sie wieder auf den Markt zu bringen und den Druck zu senken? Das ist aber gar nicht im Interesse der Stadt und schon gar nicht der Investoren – denn wenn die Nachfrage hoch ist, sind es auch die Preise. Rebecca: Aber eine Stadt muss ja für die Menschen da sein, die darin wohnen, und nicht für Investoren. Auch sozialer Wohnungsbau ist ein Punkt im Handlungskonzept. 800 Wohnungen sollen pro Jahr entstehen, 200 davon Sozialwohnungen sein. Rainer: Formal betrachtet haben 50 Prozent der Bochumer einen Anspruch auf einen Wohnberechti-

gungsschein. 200 Sozialwohnungen sind eine Zielmarke, von der nicht klar ist, ob sie erfüllt wird. Aber das System Sozialer Wohnungsbau, also die befristete Förderung von Wohnraum und eine Deckelung der Miete, funktioniert insgesamt nicht mehr. Tausende Wohnungen pro Jahr fallen aus der Bindung und gehen zu normalen Preisen auf den Markt. Und ihre Anzahl wird nicht kompensiert. Rebecca: Und das, wo immer noch 2.700 Menschen in Sammelunterkünften oder überbelegten Wohnungen leben. Martin: Als konkrete Alternative haben wir immer einen kommunalen, gemeinwesenorientierten Wohnungsbau gefordert. Man muss Wohnungen dem Markt entziehen. Die Stadt muss selbst als Akteur auftreten und Wohnungen bauen und anbieten. Das ist kein Hexenwerk. In der Stadt Gießen zum Beispiel funktioniert es, dort ist die Wohnungsbaugesellschaft zu 100 Prozent städtisch und gemeinwohlorientiert. Warum wird dieser Bedarf ignoriert? Rainer: Es gab schon Situationen, in denen wir das als Rassismus bezeichnet haben. Die Situation der Geflüchteten scheint hier egal zu sein. Rebecca: Viele Städte haben ja seit 2015 selbst Wohnungen angemietet, um Menschen unterzubringen. In Bochum gab es einzelne Fälle, in denen Geflüchtete aus Wohnungen heraus zurück in Container mussten, weil die Stadt Mietverträge nicht verlängerte. Der Bedarf an Wohnraum für einkommensschwache Menschen wird oft nicht bedacht, wenn sie keinen Mehrwert bringen. Wir haben manchmal den Eindruck, dass die Stadt es diesen Menschen so unbequem wie möglich macht, damit sie in eine andere Stadt gehen.

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In den kommenden Jahren soll die Innenstadt neu gestaltet werden. Das Bildungs- und Verwaltungszentrum soll abgerissen, neue Wohnungen und ein Einkaufszentrum sollen gebaut werden. Wie blickt ihr auf die Pläne? Rebecca: Das ist ein Riesenprojekt, das die Bochumer Öffentlichkeit bewegen wird. Es zeigt auch, was eine unternehmerische Stadt ist, die ihr Tafelsilber verscheuert, Investoren den roten Teppich ausrollt und sich dann als Mieter einkauft. Das Areal mitten in der Innenstadt ist ein Filetstück. Deswegen muss man breite Auseinandersetzungen führen, wie es ausgestaltet sein kann. Rainer: Es geht auch darum, zu diskutieren, ob es Alternativen zum Abriss der Gebäude gäbe, ob sie vielleicht erhaltenswert wären, und was man damit machen könnte. Warum sollen denn nicht viele Gruppen, die den Raum „Wer wird die neuen nutzen, und auch BewohFlächen und Orte in der ner entscheiden, was dort passiert? Auch das meint Innenstadt nutzen können „Stadt für Alle“. und wer nicht? Das wird uns Rebecca: Es geht auch um öffentlichen Raum. Im jahrelang beschäftigen.“ Appolonia-Pfaus-Park, an dem hochpreisige Wohnungen entstehen sollen, treffen sich häufig Menschen, die gesellschaftlich im Abseits stehen. Und ob ihnen dieser Raum weiter zur Verfügung stehen wird, bleibt abzuwarten. Wie kann eine kleine Gruppe sich Gehör verschaffen in der Verwaltung einer Großstadt? Martin: In Ansätzen haben wir das ja geschafft. Wir haben uns bei der Erstellung des Handlungskonzeptes mit an den Tisch gesetzt. Jahrelang spielte das Thema Leerstand politisch keine Rolle. Als aber plötzlich im vergangenen Sommer ein leerstehendes Haus in Bochum besetzt wurde, musste sich die Politik damit auseinandersetzen. Auch wenn eine Satzung zur Zweckentfremdung von Wohnraum am Ende abgelehnt wurde, war das ein Erfolg. Was habt ihr nun vor? Rainer: Wir müssen überlegen, wie wir jetzt weitermachen, wie wir den Spagat schaffen zwischen Realpolitik und Utopie. In den letzten zwei Jahren ist in Bochum viel passiert, überall haben sich Menschen zusammengetan, weil sie etwas verändern wollen, in Langendreer oder in Hamme zum Beispiel. Und sie vernetzen sich miteinander, weil sie die Stadt besser machen wollen, für alle. Rebecca: Auch die Frage des öffentlichen Raums bleibt spannend. Wer wird die neuen Flächen und Orte in der Innenstadt nutzen können und wer nicht? Das wird uns jahrelang beschäftigen. www.stadt-fuer-alle-bochum.net

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Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

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Z REZEPT 1 Ei mit einer Prise Salz verschlagen. Von 2 Handvoll Löwenzahnblütenständen die Böden sowie die grünen Hüllblätter entfernen und nur die vielen gelben Einzelblüten mit 2 gehäuften EL Sesam mischen. 2 Zanderfilets zunächst im Ei wenden, anschließend in der Blüten-Sesam-Mischung wälzen. In Sonnenblumenöl bei geringer Hitze von jeder Seite etwa 7 bis 9 Minuten garen.

u den Pflanzen, neben beispielsweise Brennnessel oder Giersch, von deren Essbarkeit auch die Mehrheit der wildkrautbezüglich eher unbeleckten Menschen schon mal gehört haben dürfte, zählt der Löwenzahn. Bitter ist er. Das weiß, wer reingebissen hat. Offenbar galt das herbe Aroma seit der Antike als eine wesentliche Eigenschaft dieser Pflanze. So übernahmen Apotheker im Mittelalter das viel ältere arabische Wort tarakshaqum als frühen wissenschaftlichen Ordnungsbegriff. Übersetzt ins Deutsche bedeutet das schlicht „bitteres Kraut“. Carl von Linné (1707 – 1778) wiederum, auf seine Forschung geht die bis heute geltende Systematik in Zoologie und Botanik zurück, bediente sich seinerseits bei den pharmazeutischen Pionieren und nannte die Gattung in Lateinisch Taraxacum. Nun gilt bitter einerseits als gesund – und tatsächlich ist Löwenzahn ein probates Mittel bei Verdauungsbeschwerden, unterstützt Leber und Galle, hilft bei Rheuma sowie gegen Nierensteine – , doch auf der anderen Seite steht die nicht sonderlich populäre Geschmacksrichtung einer Karriere als Küchenkraut entgegen. Sollte man meinen. Nur, dass ausgerechnet in (Leben wie Gott in) Frankreich der Korbblütler ein Küchenklassiker ist. Man erhält ihn auf Märkten oder beim gut sortierten Gemüsehändler. Sogar in privaten Gärten wird er angebaut. Eine explizite Horrorvorstellung für den deutschen Liebhaber englischer Rasenkultur. Was in diesem Zusammenhang freilich nicht unterschlagen werden sollte: Bei den im Nachbarland verwendeten Pflanzen handelt es sich um durch gezielte Zucht entschärfte Varianten, die zudem unter Lichtentzug ge-

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deihen. So werden nicht nur die Bitterstoffe weiter reduziert, es verleiht den Blättern darüber hinaus eine vornehme Blässe. Das Auge isst schließlich mit. Da Sie gerade die Wildkräuterkolumne lesen: Gesundheitsaspekte werden hier am Rande gern mitgenommen, der Schwerpunkt bei den Rezepten aber liegt auf schmackhaften Gerichten. Hübsch aussehen dürfen die außerdem. Deswegen geht‘s heuer nicht um das bittere gezahnte Grün, welchem das Gewächs seinen volkstümlichen Namen verdankt, sondern um die milden Knospen, die im April ganze Wiesen in ein gelbes Blütenmeer verwandeln können. Ich weiß nicht, ob sie über eine den Blättern und Wurzeln vergleichbare Heilwirkung verfügen, wohl aber schätze ich ihre Verwendungsmöglichkeit an einem Zander.

In Mitteleuropa ist die Hauptblütezeit des Gemeinen Löwenzahns von April bis Mai. In Frankreich verarbeitet man die gelben Blüten zu einem honigähnlichen Sirup (Cramaillotte) für den Brotaufstrich. Die jungen, nur leicht bitter schmeckenden Blätter werden auch als Salat angerichtet (Österreich: „Röhrlsalat“).


KULTUR

Herzlich willkommen Strukturwandel. Auf der Zeche Schlägel & Eisen in Herten war schon im Jahr 2000 Schluss mit Bergbau. Heute befinden sich hier unter anderem ein Yogastudio, ein Geschichtskreis und viele Büroräume. In einem produziert Christian Keßen seinen Podcast „Kohlenpod“. Von Max Florian Kühlem | Foto: Daniel Sadrowski

Kohlenpod

Countdown zum Bergbau-Ende

„Glückauf “, grüßt der 51-Jährige seine Besucher und führt erstmal herum: „Da stehen die erhaltenen Fördergerüste über Schacht 3 und Schacht 4, hier ist der Bürotrakt, oben drüber die ehemalige Waschkaue, in der heute Veranstaltungen stattfinden.“ Reden kann der Mann, der seit 18 Jahren als Selbstständiger deutschlandweit Brandmeldeanlagen einrichtet. Das wissen die Hörer des „Kohlenpod“, der überraschend professionell und mit guten Interviews zwischen journalistischem Anspruch und geschichtlich interessiertem Privatgespräch daherkommt. Podcasts sind etwas Ähnliches wie für das Internet produzierte Radiosendungen. Sie laufen nicht zu festen Zeiten, sondern man kann Folgen herunterladen und hören, wann man will. Keßen fand auf langen Autofahrten dazu. Die „Hitmixe mit dem Besten aus den 80er- und 90er-Jahren“ war er leid. Zuerst entdeckte er Hörbücher als Alternative, später Podcasts. „Da gibt es die tollsten Sachen. Ein leidenschaftlicher Hörer wurde ich vom Podcast ‚Methodisch inkorrekt‘, wo es um Wissenschaftsthemen aus der Physik geht.“ Der Kontakt zu dessen Betreibern initiierte das eigene Projekt. Als die die Idee hatten, ihre 100. Folge vor Publikum zu produzieren, kamen sie auf die Waschkaue der Zeche Herten. „Die 200 Karten waren online in 30 Sekunden verkauft“, staunte Christian Keßen – und war vom Erfolg des Mediums angefixt. Jetzt brauchte er nur noch ein Thema. „Mein Bruder war Bergmann, bis letztes Jahr noch auf Prosper Haniel. Dazu kommen etliche Menschen aus meinem Bekanntenkreis, die irgendwie mit dem Bergbau zu tun haben oder hatten.“ Schnell war sein Konzept geboren: 52 Folgen „Kohlenpod“

Podcast runterladen oder online anhören: www.kohlenpod.de im Jahr 2018, jede Woche eine Bergbau-Geschichte, bis der Bergbau im Ruhrgebiet Geschichte ist – wie ein Countdown. „Am Anfang dachte ich an zehn bis fünfzehn Minuten pro Folge“, erinnert sich Keßen. Jetzt entscheidet er nach Interessenlage. Eine Folge dauert sogar knapp drei Stunden, weil die Gespräche mit ehemaligen Bergleuten so spannend waren. Der „Kohlenpod“ beschäftigt sich mit Gastarbeitern im Bergbau, Grubensicherheit, dem Weg in die Rente. Keßen spricht mit Experten des Alltags, fördert Geschichten zutage: Da erzählt ein gelernter Konditor, wie er zum Sprengmeister unter Tage wurde, ein Mann, der später selbst Bergmann war, vom Tod seines Vaters bei einem Grubenunglück. Wie breit seine Fanschar aufgestellt ist, wurde Christian Keßen bei einem Bergbau-Frühstück klar. „Zwei 80-Jährige erzählten mir, dass sie sich schon auf die neue Ausgabe meines ‚Hörbuchs im Internet‘ freuen. Da kriegt man schon ein bisschen Pipi inne Augen.“

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Revue | Hannes Sänger & Oscar Borkowsky: „American Beat“ Nach längerer Zeit sind Hannes Sänger (Gitarre) und Oscar Borkowsky (Rezitation) mit ihrem Programm „American Beat“ wieder „On the Road“. Zu Lyrik und Prosa von Allen Ginsberg, Jack Kerouac und William S. Burroughs gibt es Songs aus den 50er und 60er Jahren u.a. von Bob Dylan, Johnny Cash, Leonard Cohen und Neil Young. Eintritt frei. Kulturhaus Taranta Babu, Dortmund, 20 Uhr Vortrag | BLACKBOX – 1968 Die Neue Rechte und der von ihr ausgehende politische Rechtsruck ist in aller Munde. Wie wichtig dabei die linken Studentenunruhen von 1968 für ihr Denken und Handeln waren und immer noch sind, wurde bisher selten in den Blick genommen. Der Soziologe Thomas Wagner erklärt, wie 1968 nicht bloß Geburtsstunde der Neuen Linken, sondern auch einer Neuen Rechten war. Er zeigt Verbindungen auf, mit denen man nicht gerechnet hätte, die aber für ein Verständnis von PEGIDA und AfD essentiell sind. Die Reihe wird kuratiert von Schauspiel Dortmund und bodo e.v. Studio im Schauspiel Dortmund, DO, 20 Uhr

DI 10 | 04 | 18 Ausstellung | „Ästehtik Imperium“ Fotobilder von Bernd Beuscher Bernd Beuscher hat im Ruhrgebiet Wünsche und Versprechen eingefangen, mal typografisch, mal als bildliches Zitat. Dabei besteht oft ein grotesker Widerspruch zur Umgebung. „Holliwutt“ behauptet zum Beispiel immer noch selbstbewusst die Kneipenruine, „Ästehtik Imperium“ prangt siegreich über dem Wellness-Laden. Diese Fotobilder anzuschauen ist ein besinnliches und vor allem auch ästhetisches Vergnügen. Es sind Sehenswürdigkeiten. Bis 28.04. Ping Pong Gallery in der Trinkhalle, Bochum, 17 – 1 Uhr (Vernissage am 7.4.)

MI 11 | 04 | 18 Kabarett | Jan Philipp Zymny – „Kinder der Weirdness“ Jan Philipp Zymny ist Autor, Kabarettist, Stand Up-Komiker und einer der bekanntesten und erfolgreichsten Poetry-Slammer der Szene. In seiner zweiten abendfüllenden Soloshow widmet sich der zweifache Deutsche Meister im Poetry-Slam und TegtmeierFinalist von 2015 der Seltsamkeit an sich. Und denen, die sie leben. Mit dem ihm eigenen absurd-surrealen Humor, dazu jeder Menge Müsli- und Riegel-Energie sowie einer Prise Fantasie stellt er all die großen Fragen wie: „Ha?“, „Was...ich...Warum?“ und „Wie sind Sie hier hereingekommen?“ Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr

DO 12 | 04 | 18 TravelSlam | TravelSlam – In einer guten Stunde um die Welt Beim ersten TravelSlam in der Rotunde konkurrieren drei AbenteurerInnen um die Gunst des Publikums. Gefragt sind interessante Reiseerfahrungen und die Fähigkeit, Erlebnisse unterhaltsam zu präsentieren. Vermittelt werden die persönlichen Erfahrungen über einen fotoreichen Vortrag von 15 Minuten. Rotunde, Bochum, 19.30 Uhr Ausstellung & Film| Digitalia & Monsters, Inc. „Monsters, Inc.“, das Pixar-Zeichentrickmärchen um zwei liebenswerte Monster, ist längst ein Klassiker: eine aufwändig produzierte, rasante Komödie mit fein gezeichneten Charakteren und überbordenden Bildwelten. „Monsters, Inc.“ wurde von der Künstlergruppe hobbypopMuseum als Ergänzung zu ihrer Ausstellung „Digitalia“ im Dortmunder Kunstverein ausgewählt. (Kurzführung durch die Ausstellung: 19.30 Uhr / Filmvorführung: 20 Uhr) Kino im U, Dortmund, 19.30 Uhr Vortrag | Peter Dahmen – „Pop-Up! Papierkunst in Bewegung“ Der Hörder Designer und Papierkünstler Peter Dahmen entwirft dreidimensionale Klappobjekte aus Papier und Karton, so genannte Pop-Ups. In seinem Bildervortrag berichtet er über seine Zusammenarbeit mit


Reportagen Live: „Während ich schlief “ So., 15. April, 11 Uhr Schauspielhaus Bochum Königsallee 15, Bochum

Gleich nach dem Klingeln des Weckers zum Notizbuch zu greifen, um die eigenen Träume zu notieren – für die meisten klingt das nach allem außer Spaß. Christoph Fischer ging es da nicht anders. Trotzdem zwang er sich Morgen für Morgen dazu, festzuhalten, was er im Schlaf erlebt hat. Der Schweizer Illustrator fertigte dazu schriftliche Notizen an und zeichnete im Halbschlaf Skizzen seiner Traumwelten. Was er in seinen Träumen erlebt hat? „Auf dem Rasen eines Nothaltestreifens steht ein regungsloses Zebra. Daneben steht ein schwarzer Porsche, der anfängt zu brennen. Ein Mann mit Leuchtweste versucht, vorbeifahrende Autos anzuhalten, bis ein Jeep mit Anhänger stoppt. Auf dem Anhänger stehen viele Feuerlöscher. […]“ Fischers Traum-Geschichten wurden im Schweizer Magazin „Reportagen“ veröffentlicht. Im April präsentiert er sie im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Reportagen Live“ im Bochumer Schauspielhaus.

internationalen Kunden und präsentiert seine außergewöhnlichsten Projekte: Seine Klappkarte für einen schwedischen Papierhersteller, die sich auf Tausende unterschiedliche Arten zusammenfalten lässt. Seine Zusammenarbeit mit dem Store des Museums of Modern Art in New York, für den er exklusive Pop-Up-Karten entworfen hat. transfer. bücher und medien, DO, 20 Uhr

SO 15 | 04 | 18 Familie | Holz-Projekt Wie man sicher mit Werkzeugen zur Holzbearbeitung umgeht, zeigt das Mitmach-Angebot in der DASA-Holzwerkstatt. Die ganze Familie kann dabei gemeinsam nach Herzenslust werken. So entsteht ein garantiert einzigartiges Objekt aus Holz. Außerdem lernen die „Holzwürmer“ einige Grundkenntnisse zur korrekten Handhabung von Säge, Feile oder Nägeln. Das fertige Werkstück kann anschließend mit nach Hause genommen werden. DASA, Dortmund, 10-14 Uhr Musik | urban urtyp #63: Rumba de Bodas Sie sind eine Art Bigband. Ein Kollektiv. Eine Lebensform. Seit 10 Jahren zusammen, 10 Jahre sind ein Äon im Kosmos der Musik, und immer im Auftrag einer Idee unterwegs. Sie haben den Kosmos der Länge und Breite nach durchforscht. Das Ergebnis ist abendfüllend, hier die Kurzform: Funky latin electronics mit brass sections, upbeats und folky stuff. Und Ska. Und Swing, viel Swing. Dazu South American vibes und Middle European styles und in allem drin viel Jazziness. Christuskirche, Bochum, 19 Uhr

bodo verlost 2x2 Karten*

VERLOSUNG | Der Neurosen-Kavalier Das Theater Fidele Horst ist ein Amateurtheater in Wanne-Eickel, das im kommenden Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. In diesem Jahr führt das Ensemble die Komödie „Der Neurosen-Kavalier“ auf. Warenhausdieb Felix Bollmann ist auf der Flucht vor der Polizei, als er in die Praxis eines gerade im Urlaub weilenden Psychotherapeuten gerät und für dessen Vertreter gehalten wird. So wunderlich seine Methoden auch scheinen, so wunderbar sind seine Erfolge. Weitere Infos und Termine: www.theater-fidele-horst.de Mondpalast von Wanne-Eickel, Herne Wanne-Eickel, 17 Uhr

MO 16 | 04 | 18 Kindertheater | grimmsklang Kinder brauchen Märchen. Das wussten schon die Brüder Grimm. Doch „grimmsklang“ ist ein etwas anderes Märchen, stellt Rollen und Klischees mit viel Humor, dem nötigen Grusel und einer gehörigen Portion Schrägheit auf den Kopf, schüttelt alles kräftig durch und bietet nebenbei einen wilden Ritt durch Grimms Welten. Dabei gehen Martina van Boxen und ihr Team mit Hilfe von Schauspiel, Tanz, viel Musik und der bildenden Kunst auch der Bedeutung von Rollenmustern nach und fragen sich, ob im Leben wie im Märchen alles immer nur schwarz oder weiß sein muss. Theater Unten, Bochum, 11 Uhr

DI 17 | 04 | 18

bodo verlost 2x2 Karten*

VERLOSUNG | Lotte Musik war schon immer Lottes große Leidenschaft. Mit ihrem Debütalbum „Querfeldein“, das im September erschien, und den Singles „Auf beiden Beinen“ und „Pauken“ überzeugte sie Fans und Kritiker und wurde zum Dauergast im Radio. Im Sommer spielte sie auf mehr als dreißig Festivals. Mit ihrem tiefgründigen Singer-/Songwriter-Pop und ihren ehrlichen und emotionalen Texten wird sie auch im diesem Jahr die Herzen ihrer Fans höher schlagen lassen. FZW, Dortmund, 20 Uhr Musik | A Tribute To Johnny Cash Johnny Cash war erfolgreicher Countrymusiker, Mann der Religion, tablettensüchtiger Raufbold, Bewahrer amerikanischer Traditionen und schließlich Kultfigur für die junge Generation – ein Mann voller Widersprüche. Doch nur wenige Helden der amerikanischen Anzeige

unsere veranstaltungen im april 12.04.2018 peter dahmen: „pop-up! papierkunst in bewegung“ 14.04.2018 transfer. touren – hörde und das essbare grün 25.04.2018 kat menschik liest und zeigt „poe“

transfer.bücher und medien. an der schlanken mathilde 3 44263 dortmund-hörde tel. 0231.286 58 39-0 www.transfer-dortmund.de info@transfer-dortmund.de

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KALENDER

Musikgeschichte vereinen diese Widersprüche dermaßen zwanglos. Er vermied in seinen Liedern die Gemeinplätze seines Genres, spielte im Weißen Haus keine gefälligen Patrioten-Nummern und besang im Folsom Prison oder in St. Quentin keine heile Welt. Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr

MI 18 | 04 | 18 Party | WHY – Die 2-Stunden-Party Alle zwei Monate schickt euch die 2-StundenParty WHY in den Kurzurlaub. Vom Schreibtisch, von der Uni, vom Burn-Out, Bore-Out, was auch immer. In den zwei Stunden ist alles egal, einfach mal Pause machen, gepflegt ausrasten auf der Tanzfläche, bis um 23 Uhr die Musik verstummt und ihr zurück nach Hause geht und am nächsten Morgen fit wie ein Turnschuh euren Pflichten wieder nachkommen könnt. Warum? Warum nicht! Eintritt frei. Sissikingkong, Dortmund, 21 – 23 Uhr

DO 19 | 04 | 18 Comedy | Heinrich del Core – „Ganz arg wichtig“ Mit Heinrich del Core treffen sich Italien, Deutschland, Comedy und Kabarett. In seiAnzeige

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nem neuen Programm „Ganz arg wichtig“ beschreibt der Italo-Schwabe die Kuriositäten des Alltags so detailgetreu und plastisch, dass man glaubt, selbst dabei gewesen zu sein. Vorm geistigen Auge lässt der „halbe Restitaliener“ die Hosen runter im Kampf mit einem angeblich innovativen Dusch-WC, gewährt Einblicke in die plötzlich skurril wirkende Abiturzeitschrift seiner Tochter und nimmt das Publikum mit bei dem kläglich scheiternden Versuch, männlich emanzipiert mit seiner Frau essen zu gehen. Werkstatt, Witten, 20 Uhr Musik & Talk | „Songs & Lyrics by...“ Christian Kjellvander So weit gereiste Gäste hat die Reihe selten: Christian Kjellvander stammt aus Schweden, tour regelmäßig durch ganz Europa und Nordamerika, war unter anderem mehrfach als Support für Leonard Cohen und Kris Kristofferson unterwegs. Er singt wunderschöne Songs über das Leben, die Liebe und den Tod, Songs, die von fernen Orten träumen lassen, den Wunsch wecken, aufzustehen und aufzubrechen. Neben seinem Konzert wird er auch mit Gastgeber Max Kühlem auf dem Sofa talken und Lieblingsplatten vorstellen. Eve Bar, Bochum, 20 Uhr

FR 20 | 04 | 18

sind die anderen.“ Ein Totentanz als Situationstheater. Oder umgekehrt. „Blaues Zimmer“ der Geigenbauwerkstatt Bley, Dortmund, 20 Uhr Musik | Harry & The Delrays „Rockabillly Rules Today“ heißt nicht nur ihr aktuelles Album, sondern ist auch das Lebensmotto von Harry & The Delrays. Diese Jungs leben den Style, wie die übrige Stadt den Ballsport. Und so bringt das Dortmunder Trio seinen authentischen 50er-JahreSound live auf die Bühne: ein Mix aus eigenen Songs sowie ausgefallenen Rockabilly- und Rock‘n‘Roll-Highlights. Eintritt frei. subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr Gesprächsreihe | Nackt und zerfleischt #3: Naziploitation Jörg Buttgereit, der Papst des deutschen Horrorfilms, widmet sich in seiner neuen Gesprächsreihe „Nackt und zerfleischt“ den genialen Abgründen in Film, Comic und Hörspiel. In der dritten Ausgabe „Naziploitation“ ist Experte Marcus Stiglegger, Professor für Fernsehen und Film an der Dekra Hochschule für Medien in Berlin und Publizist, zu Gast. Im Gespräch mit Jörg Buttgereit geht es um Faschismus/Sadismus im Film. Ab 18 Jahren. Studio im Schauspiel Dortmund, DO, 20 Uhr

SA 21 | 04 | 18

Markt | Formart 18 In diesem Jahr gibt es bei der Formart ein bisschen edles Glas, ein bisschen Holz und jede Menge ausgesuchter Designerklamotten aus ganz Deutschland. Natürlich gibt es auch die richtigen Taschen zum neuen Look. Und den passenden Schmuck. Zehn Schmuckdesigner von Dortmund bis Rotterdam bieten ihre neuesten Kreationen an. Außerdem finden die BesucherInnen Wohnaccessoires, Schönes aus Porzellan sowie Papier und Leuchtobjekte aus Designerhand. Maschinenhalle Friedlicher Nachbar, Bochum, 16 – 20 Uhr (auch 21.4., 11 – open end & 22.4., 11 – 18 Uhr)

Musik | Carrousel „Filigrane“, das vierte Werk des franzözischschweizerischen Duos mit Sophie Burande und Léonard Gogniat, umfasst zwölf Titel und besticht durch Originalität und Vielfältigkeit: sei es optimistisch und direkt, mit chansoneskem Charme oder mit im Ohr haftenden, wundervollen Melodien versehen. Der Draht zum Publikum wurde an über 500 Konzerten geknüpft – gemeinsam mit ihrer bestens eingespielten Band haben sie sich quer durch Europa gespielt und auch im Kaukasus und Asien schon live überzeugt. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

Theater | „Die Anderen“ Dramolett nach Motiven von Jean-Paul Sartre Eine mondäne Dame und ein heruntergekommener Journalist, post mortem eingesperrt in ein komfortables Höllenzimmer. Beide jonglieren mit ihren Lebenslügen und ihrer Unaufrichtigkeit: Die Frau erzählt von Liebe und Tod, der Mann zitiert Flaubert, Baudelaire, Rimbaud, Verlaine und – sich selbst. Ohne Hoffnung auf einen Ausweg bleiben beide auf ewig einander ausgeliefert, wahre zwischenmenschliche Beziehungen sind zum Scheitern verurteilt: „Die Hölle, das

Musik & Kabarett | Sia Korthaus – „Kommt ganz nah“ Sia Korthaus feiert 20 Jahre Solokabarett und macht sich und anderen ein Geschenk. Wenn ZuschauerInnen und Presse ständig erwähnen, dass man eine ausdrucksstarke Gesangsstimme hat und doch bitte mehr singen sollte, ist es endlich an der Zeit, eine CD zu produzieren und ein musikalisches Programm auf die Beine zu stellen. Und so hat sich Sia Korthaus mit der Sängerin und Pianistin Ariane Baumgartner zusammengetan. Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr


Die Flucht von Juden aus Deutschland während der nationalsozialistischen Herrschaft ist weithin bekannt. Weniger bekannt ist, dass nur kurz nach dem Ende der Shoah rund 300.000 osteuropäische Juden nach Deutschland f lohen. Besonders aus Polen f lohen sie in den Jahren 1946 und 1947 vor antisemitischen Exzessen.

Lesung: „Als die Juden nach Deutschland flohen“ 24. April, 19 Uhr Mahn- und Gedenkstätte Steinwache Steinstraße 50, Dortmund

Schutz fanden sie durch die alliierten Truppen in Lagern für „Displaced Persons“ in Deutschland. Für viele dieser geflohenen Juden war Deutschland dabei nur eine Durchgangsstation. Sie ließen sich später im neu gegründeten Staat Israel oder in den USA nieder. Dem Schicksal dieser Flüchtlinge und diesem vergessenen Kapitel der Nachkriegsgeschichte widmen sich die beiden Journalisten Hans-Peter Föhrding und Dr. Heinz Verfürth in ihrem Buch „Als die Juden nach Deutschland flohen“. Am 24. April lesen sie in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache aus dem Buch.

SO 22 | 04 | 18 Flohmarkt | Frühlingsflohmarkt Der Union Gewerbehof ist ein gutes Beispiel für die sinnvolle Umnutzung von alten Industriegebäuden. Heute beherbergt das Gebäudeensemble 90 kleine Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen. Das Raumangebot setzt sich aus Büro-, Werkstatt-, Atelier und Lagerräumen verschiedenster Größe zusammen. Am 22. April findet wieder ein Flohmarkt auf dem Gelände des Union Gewerbehofs statt. Infos zur Anmeldung: union-gewerbehof.de. Für BesucherInnen ist der Eintritt frei. Union Gewerbehof, 11 – 16 Uhr

DO 26 | 04 | 18 Dokumentarfilm | „draußen“ Wie richtet man sich ein, wenn man auf der Straße lebt? Über ihre persönlichen Besitztümer nähert sich der Film vier Obdachlosen in Köln. Fragmente ihrer Lebensgeschichten blitzen auf, Habseligkeiten verdichten sich zu Installationen – Stillleben einer erfindungsreichen Ordnung außerhalb der Gesellschaft. Im Anschluss: Gespräch mit den Regisseurinnen. Im Rahmen des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund|Köln und in Kooperation mit bodo e.V. Kino im U, Dortmund, 19.30 Uhr Comedy | Helge Schneider: „Ene Mene Mopel“ Dass internationale Verhaltensforscher herausgefunden haben, dass Popel essen das Immunsystem stärkt und außerdem noch chic ist, wurde dem Extremcomposer und Special-Dance, Music & Entertainment-Guru

Helge Schneider erst nach dem Herausfinden zugetragen, indem jemand ihn mit einer Geheimnummer anrief. Da stand jedoch der diesjährige Titel seiner Personality-Tour 2018 schon mehrere Monate fest. „Ich habe es immer gewusst, aber nie darüber diskutiert!“ RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr Musik | Cozy Lua Cozy Lua ist ein Universum aus Sound und Bewegung. In diesem Universum lebt die junge Musikerin aus Sighişoara (Rumänien). Cozy steht dabei für Komfort, Wärme und Entspannung, Lua für den Mond. Der Sound ist instrumental, Indie und Low-Fi, beeinflusst von so unterschiedlichen Musikern wie Nick Drake, Robert Johnson, Devendra Banhart, Etta Baker, Howlin‘ Wolf, Erykah Badu und Taj Mahal. Eintritt frei. Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

FR 27 | 04 | 18 Kabarett | Friedemann Weise Der Kölner Comedian, Liedermacher und Satiriker zeigt uns in seinem zweiten Soloprogramm „die Welt aus der Sicht von schräg hinten“. Neben neuen komischen Liedern, skurrilen Aphorismen, abstrusen Geschichten und erstklassigen Bilderwitzen bringt Friedemann Weise auch Texte aus seinem neuen Buch mit. Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr

SA 28 | 04 | 18 Aktionstag | Bike ma’ anders – Radfahren für alle Fahrradtage gibt es schon viele – aber keinen, bei dem die Bedarfe der Menschen mit

den unterschiedlichsten Behinderungen im Vordergrund stehen. Neben Handbike und Liegendbike gibt es unter anderem auch Roller, Tandem, Dreirad und Co. zum Ansehen, Anfassen und Ausprobieren. Daneben gibt es für Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, den Handbike-Führerschein zu machen, es werden zwei Radtouren angeboten sowie ein Geschicklichkeitsparcours für alle u.v.m. Teilnahme kostenlos. Rathaus Dortmund & Friedensplatz, Dortmund, 10 – 16 Uhr

MO 30 | 04 | 18 Party | Tanz in den Mai Auf dem „Vintage Floor“ servieren Rosa und DJ Super Klep einen musikalischen Cocktail aus Soul, Funk und Disco. Der Wolf und die Jungs von Blockbuster Soundsystem übernehmen auf dem Club-Floor das Kommando und pfeffern den Abend mit 90s Rap, Reggae und heißen Latin-Sounds. Auf dem frisch geöffneten Außenfloor verspricht DJ Martini mit seinem locker-luftigen Set aus 60s Beat, Surf und Swing ein bisschen Sonnenschein für alle. Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr Anzeige

RUHRFESTSPIELE RECKLINGHAUSEN A WORLD STAGE 1. Mai bis 17. Juni 2018

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Ab sc hl us s-D op pe lko nz er t der Ruhrfes tspiele 2018 16 . Ju ni 20 18 , 19 .30 Uh r St ad tga rte n Re ck lin gh au sen

KARTEN Kartenstelle der Ruhrfestspiele Recklinghausen, Tel. (02361) 9218-0, E-Mail: kartenstelle@ruhrfestspiele.de www.ruhrfestspiele.de Hauptsponsor

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KALENDER

Musik & Party | Tanz in den Mai Zum allerersten Mal schließen sich die Rotunde und Die Trompete für eine gemeinsame Clubnacht zusammen. Die beiden Clubs bieten die perfekte Symbiose für eine abwechslungsreiche Konzert- und Partynacht. Wer einmal Eintritt gezahlt hat, kann die ganze Nacht zwischen beiden Locations wechseln. Zu erkunden gibt es drei Floors mit HipHop, Trap, Dancehall und Deep-/ Tech-House sowie Konzerte, Ausstellungen, Live-Videoinstallationen, Video-Gaming und liebevolle Dekoration. Rotunde & Trompete, Bochum, 23 Uhr

MI 02 | 05 | 18 Theater | Bilder deiner großen Liebe Isa, verrückt und hellsichtig, huscht aus dem zufällig geöffneten Tor einer Anstalt. Sie macht sich auf die Reise durch Wälder, Felder, Dörfer und entlang der Autobahn und begegnet den Menschen: einem Binnenschiffer, der vielleicht ein Bankräuber ist, einem merkwürdigen Schriftsteller, einem toten Förster und einem Fernfahrer auf Abwegen.

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60 JAHRE resist

Seit Ende 2015 ist das ehemalige Dortmunder Traditionsunternehmen „Hoesch Spundwand und Profil“ Geschichte. Was nach dem Ende des Betriebs zurückbleibt, ist ein riesiges Areal, eine eindrucksvolle Industriebrache zwischen der Dortmunder Innenstadt und dem Stadtteil Dorstfeld, die an vergangene Zeiten erinnert.

Ein neuer Stadtteil entsteht 19. April, 18 Uhr Werkhalle des Union Gewerbehofs Rheinische Straße 143 Dortmund

2016 hat die Essener Thelen-Gruppe das Gelände gekauft. Das Unternehmen will auf dem HSP-Gelände ein komplett neues Stadtquartier mit 800 Wohnungen, Gewerbe, Industrie und einem Grüngürtel errichten. Der gemeinnützige Dortmunder Verein „Die Urbanisten“ begleitet das Stadtentwicklungsprojekt seit 2016 mit einer offenen Arbeitsgruppe. Der Verein will damit für eine funktionierende Bürgerbeteiligung an den Planungen sorgen. Die nächste Veranstaltung des Vereins findet am 19. April in der Werkhalle des Union Gewerbehofs statt.

Wolfgang Herrndorfs Werk ist eine romantische Wanderschaft durch Tage und Nächte. prinzregenttheater, Bochum, 19.30 Uhr Talk | Weiterträumen #1 Die Talkreihe „Weiterträumen“ widmet sich Formen und Ideen von Revolution und sozialen Bewegungen. Parallel zu den Proben von „Freiheit in Krähwinkel“ laden DramaturgInnen Gäste zu persönlich nachdenklichen bis träumenden Abenden ein. In der ersten Ausgabe spricht Dramaturg Simon Meienreis mit Prof. Dr. Stephan Lessenich anlässlich des 200. Geburtstags von Karl Marx. Eve Bar, Bochum, 20 Uhr

DO 03 | 05 | 18

9. – 18. MAI 2018

FIGURENTHEATER DER NATIONEN – SEIT 1958 IN BOCHUM, ESSEN, HATTINGEN, HERNE www.fidena.de

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Lesung | Ines Burkhardt: „Theater-Leben in Deutschland“ 30 Jahre – von 1975 bis 2005 – gehörte Ines Burkhardt zum Ensemble des Dortmunder Schauspiels, vom Publikum wie von der Kritik geschätzt. Im kleinen Dortmunder Ensemble hat sie nicht nur große Frauenrollen – wie Gretchen und Grusche, Kattrin und Courage – gespielt, sondern auch viel bejubelte Auftritte als Hamlet, Don Carlos oder Narr im „König Lear“ auf die Bretter gebracht. Das alles lässt die Kammerschauspielerin Ines Burkhardt wie in einem Kaleidoskop Revue passieren. Studio B, Stadt- und Landesbibliothek, Dortmund, 19.30 Uhr Musik | About Aphrodite In ihrem (neuen) konzertanten Programm „Membran Music“ begibt sich das Dortmun-

der Duo About Aphrodite mit hypnotischen Melodien und Improvisationen, sanften Atmosphären und cineastischen Soundscapes auf eine euphorisierende und energiegeladene Klangreise durch die große Sinfonie der Welt: Und der Himmel ist deep, dark, heavy and sweet. domicil, Dortmund, 20 Uhr

FR 04 | 05 | 18

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VERLOSUNG | HG. Butzko Religionen sind Kartelle zur Durchsetzung von Machtinteressen. Deswegen brauchen Religionen unbedingt religiöse Menschen, um ihnen Gottesfurcht einzuflößen. Während religiöse Menschen nicht unbedingt Religionen brauchen, um den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Höchste Zeit also für einen gläubigen Atheisten. Und wer wäre da besser geeignet als HG. Butzko. Stets tagesaktuell kommt sein satirisch-politisches Kabarett ohne Gebetsmühlen und Moralpredigt aus. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr Musik | Eivør Eivør wurde 1983 auf den Färöer-Inseln geboren. Viele von Eivørs Songs sind auf Färöisch, viele andere auf Isländisch, und in letzter Zeit tendiert sie auch immer mehr dazu, auf Englisch zu singen. Ihre Musik umfasst nicht nur eine große Bandbreite an


musikalischen Einflüssen, sondern auch an Emotionen: So handeln ihre Songs von Themen wie Liebe, Verlust, Erinnerungen und Freiheit, aber auch von der Natur. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

SO 06 | 05 | 18 Operette | Frau Luna Da staunt der Mechaniker Fritz Steppke nicht schlecht, als sich herausstellt, dass der Mann im Mond eigentlich eine Dame ist – und eine piekfeine noch dazu. Der Ausflug im Expressballon hält für die drei Junggesellen aus Berlin so manche Überraschung bereit. Doch weder die Putzkolonne aus Mondelfen noch der lunare Haushofmeister Theophil, weder der pompöse Planetenball noch das spektakuläre Luftballett können die Erkenntnis verhindern, dass es auf dem Mond nicht wirklich anders zugeht als zu Hause. Opernhaus, Dortmund, 15 Uhr

MI 09 | 05 | 18

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VERLOSUNG | FIDENA 2018: Théâtre de la Massue – Cie Ezéquiel Garcia-Romeu In einer Kiste manipuliert ein Puppenspieler Apparate, Überbleibsel einer technologischen Vergangenheit und eine seltsame Galerie von Figuren. Wie Insektenkundler beobachtet das Publikum ein Uni-

versum voller Widersprüche, voller Leben, Wesen, die auf ein Schicksal warten. Wer sind diese Kreaturen, die das kleine Theater vom Ende der Welt bevölkern? Fragile Puppen, die uns in Frage stellen? Im Anschluss darf bei der Eröffnungsparty der FIDENA in der Rotunde Bochum ab 20 Uhr getanzt werden. Die 60. Ausgabe der FIDENA findet in diesem Jahr vom 9. bis 18.5. an verschiedenen Spielorten statt: www.fidena.de. Zeche 1, Bochum, 18 Uhr

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VERLOSUNG | Ruhrfestspiele: Vor Sonnenaufgang Die Uraufführung war 1889 einer der größten Skandale der deutschen Theatergeschichte. Das wilhelminische Bürgertum empörte sich über den Jauchekarren, den der Autorenflegel da auszukippen wagte. Gerhart Hauptmann zeigte ihnen das Milieu, aus dem er selbst kam und das er kannte: eine schlesische Bauernfamilie, reich geworden durch den Bergbau. Hauptmann bringt Protagonisten ins Spiel, die Utopien und Überzeugungen haben und die gerade deshalb attackiert werden. Ewald Palmetshofer konfrontiert in seiner Neubearbeitung die elementare Wucht der Tragödie mit unserer nur scheinbar prosaischeren Gegenwart. www. ruhrfestspiele.de Ruhrfestspielhaus, Recklinghausen, 18 Uhr

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Kunstförderung

Wissenschaft

Denkmalschutz

Jugendsport

Soziales & Bildung

Werner Richard - Dr. Carl Dörken Stiftung Herdecke

Bis zum 08.07.2018 | Die Farbe ist lebendig | Ausstellung aus der stiftungseigenen Sammlung Sa, 21.04.2018 19 h | Eva Mattes liest ... erzählt ... singt ... ihr persönlichstes Programm | 15,- Euro Dr. Carl Dörken Galerie der Werner Richard - Dr. Carl Dörken Stiftung | Infos & Öffnungszeiten: siehe Website

Wetterstraße 60 · 58313 Herdecke · Web: www.doerken-stiftung.de

sweetSixteen-Kino | Pawo Nach dem Tod seines Vaters realisiert der junge Tibeter Dorjee, was es heißt, in seinem eigenen Land ohne die eigene bodo Sprache, Kultur und verlost 1x2 vor allem ohne Freiheit Karten* aufzuwachsen. Während des letzten großen Aufstands der Tibeter wird er verhaftet und durchlebt sechs Monate Haft und Folter in einem chinesischen Gefängnis. Nachdem er endlich von seiner Mutter freigekauft wird, muss er seine Familie und sein Land verlassen. Nach einem mehrwöchigen Fußmarsch über das Himalaya-Gebirge landet er schließlich im Exil in Indien. In den engen Gassen der tibetischen Enklave in Delhi muss er sich zwischen einem neuen, im Exil gefangenen Leben und dem andauernden Kampf für die Freiheit in seiner Heimat Tibet entscheiden. Die Geschichte von Pawo basiert auf der wahren Geschichte des jungen tibetischen Aktivisten Jamphel Yeshi, der sich 2012 aus Protest gegen die fortdauernde chinesische Besetzung Tibets auf einer Demonstration im indischen Delhi öffentlich verbrannte. Die Bilder des brennenden jungen Mannes schockierten die Welt. Der Regisseur des Films, Marvin Litwak, wurde 1986 als Sohn einer Einwandererfamilie aus Polen und Österreich in Hagen geboren. Er studierte Film/ Regie an der Kunsthochschule Ruhrakademie. Er ist Geschäftsführer der 2014 von ihm gegründeten Dortmunder Produktionsfirma Das Department. Pawo ist Litwaks erster Lang-Spielfilm. Am Freitag, 20. April, ist das Filmteam zum Gespräch zu Gast, die Vorstellung beginnt um 21 Uhr. Ab dem 19. April läuft „Pawo“ im regulären Programm im sweetSixteen-Kino. Ausführliche Infos auf www.sweetSixteen-Kino.de. sweetSixteen-Kino Immermannstr. 29, 44147 Dortmund www.sweetsixteen-kino.de 29


BODO GEHT AUS

Umschlagplatz Speicherstraße 6, 44147 Dortmund

Umschlagplatz Die temporäre Hafenbar „Das ist, glaube ich, die schönste Location der ganzen Stadt“ sagt Milena Rethmann, die gemeinsam mit ihrer Schwester Jasna ihren zweiten Gastronomiebetrieb in Dortmund eröffnet hat. Diese schönste Location ist der Dortmunder Hafen. Am Terminal werden noch immer viele tausend Container pro Jahr verladen. Auf einer brachliegenden Fläche an der Speicherstraße sind nun zwei weitere hinzugekommen – die dort bis auf Weiteres erstmal bleiben sollen. In ihnen befindet sich der „Umschlagplatz“, eine Bar mit Blick auf das Wasser und das alte Hafenamt. Die Container, 40 Fuß lang und mit extra hohen Decken, haben die Schwestern im vergangenen Jahr gekauft. „Wir haben mit einer Architektin überlegt, wie da eine Bar reinpassen könnte“, erzählt Milena Rethmann. So viel sie können haben sie selbst umgebaut und gewerkelt. „Aber bei so einem Container ist jedes Element tragend“, erklärt Jasna Rethmann. Darum haben sie sich von einem Statiker beraten lassen und sich Hilfe beim Schweißen geholt. Der Hafencharme ist geblieben, hinzugekommen ist eine große Fensterfront. Bei gutem Wet-

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Von Felix Huesmann Fotos: Daniel Sadrowski

ter sollen die Gäste aber vor allem vor den Containern und direkt am Wasser sitzen. Seit Anfang 2017 betreiben die Schwestern bereits den Grünen Salon am Dortmunder Nordmarkt, mit wechselnder Küche und großer Karte. Am „Umschlagplatz“ ist alles minimaler: „Wir haben Kaffee, Bier vom Fass und jede Menge Brausen. Dazu drei Cocktails und drei Schnäpse, fertig“, erklärt Milena Rethmann. Zunächst hat der „Umschlagplatz“ donnerstags bis sonntags jeweils von 16 bis 22

Uhr geöffnet. Sobald das Wetter besser und beständiger wird, soll dann täglich geöffnet sein. Auch Konzerte oder Workshops sollen Platz finden. Die Bar trägt bei alldem den Untertitel „Temporäre Affären“, denn die Stadt Dortmund hat große Pläne für den Hafen, will Gewerbegebäude und eine Flaniermeile bauen – irgendwann. Sollten diese Pläne einmal konkreter werden, wollen Milena und Jasna Rethmann ihre Container auf LKW laden und umziehen: „Wir sind bereits auf der Suche nach anderen ungenutzten Flächen.“


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Pictures & Pintxos Die erste regelmäßige Veranstaltungsreihe im „Umschlagplatz“ heißt „Pictures & Pintxos“. Dabei stellen Künstler und Studenten donnerstags ihre Arbeiten aus – genau einen Tag lang, in lockerem Rahmen, ohne Vernissage-typische Ansprachen, wie Milena Rethmann verspricht. Dazu werden Getränke und Pintxos gereicht, eine spanisch-baskische Kneipenspezialität. Das sind kleine, aufwändig zubereitete Häppchen, ähnlich der bekannteren spanischen Tapas. Die Grundlage der Pintxos ist dabei immer eine Scheibe Brot, auf der verschiedene Zutaten gestapelt und von einem Spieß zusammengehalten werden. „Die kann man gut im Stehen essen, und man kann bei der Zubereitung viel spielen und variieren.“ Einen Pintxo haben die Schwestern Rethmann selbst kreiert. Mit geröstetem RoteBete-Humus und Avocado. Der ist nicht nur „simpel, aber geil“, wie Milena Rethmann sagt, sondern auch noch vegan. Andere Pintxos sind beispielsweise mit SerranoSchinken oder mit spanischer Chorizo-Salami, ManchegoKäse und Oliven belegt.

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898 Songs gespielt und 898 mal den richtigen Ton getroffen.*

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Fabian Greberg Student, singt und pielt Gitarre in einer der über 50 Musikgruppen im Kirchenkreis Bochum.

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Wim Schenk Sozialpädagoge und Mediator, einer von 16 Mitarbeitenden im Evangelischen Beratungszentrum, hilft Paaren und Kindern in Krisenund Trennungssituationen.

Was auch passiert. Wir sind da.

www.team-für-hier.de

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REPORTAGE

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Giftige Luft in Herne? In Herne wehren sich Bürger seit dem vergangenen Sommer gegen ein Unternehmen, das belastete Böden saniert. Ihre Befürchtung: Gift wird in die Luft gestoßen. Sie haben eine Bürgerinitiative gegründet, und auch der gesamte Herner Stadtrat hat sich dem Protest mittlerweile angeschlossen. Erfolgreich wird er wohl trotzdem nicht sein. Bei der Bürgerinitiative denken die Aktiven über weitere Schritte nach. Von Sebastian Weiermann | Fotos: Daniel Sadrowski

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anz unscheinbar steht die Herner Niederlassung der Firma Suez an der Südstraße. Ein Maschendrahtzaun, dahinter viel Gestrüpp und ein blaues Gebäude mit einem etwas höheren Schornstein. Die Tore der Firma stehen meist offen. LKW sind zu sehen, die in der Einfahrt stehen. Bei einem flüchtigen Blick wirkt Suez wie eine beliebige Fabrik. Allerdings werden hier, mitten in Herne, etwa 500 Meter von der Stadtgrenze zu Bochum entfernt, nah an einem Kleingarten, einer Gesamtschule und einem Kindergarten, seit mittlerweile 26 Jahren schwer belastete Böden saniert.

Oben: Suez am Horizont – die Anlage zur thermischen Bodenreinigung darf doppelt so viele Stickoxide im Tagesmittelwert ausstoßen, wie gesetzlich

1992 ging der Betrieb als Versuchsanlage in Betrieb. Böden, die durch die Ruhrgebietsindustrie belastet wurden, sollten hier saniert werden. Ihre Reinigung sollte nah am Ort der Verunreinigung geschehen. „Thermische Bodenreinigung“ heißt das. Dabei wird die Erdmasse auf mehrere hundert Grad erhitzt. Bestimmte Gifte, etwa PCB, werden dadurch gasförmig und lösen sich. Der Stoff ist hoch krebserregend. In Dortmund sorgten hohe PCB-Werte beim Unternehmen Envio jahrelang für Schlagzeilen. Vor einem Jahr endete der Prozess gegen Manager des Dortmunder Unternehmens mit einer Einstellung des Verfahrens. 21 stark belastete Arbeiter erhalten allerdings „freiwillige Abfindungen“ in Höhe von je 3.800 Euro.

zugelassen ist. Angst vor Krebs: Die Zahl der Erkrankten in Herne lag im Zeitraum 2006 bis 2014 über dem nordrheinwestfälischen Durchschnitt. Links: Pascal Krüger (Bündnis 90 / Die Grünen) und die drei SprecherInnen der Bürgerinitiative „Dicke Luft“, Ratsfrau Klaudia Scholz (Die Linke), Gerhard Kalus und Astrid Bick (v.l.).

Einundzwanzig Änderungen Die aktuellen Debatten um Suez in Herne haben zwei Umweltschutzgruppen schon 2014 angestoßen. Damals haben Oliver Kalusch und Claudia Beitinger für den BBU (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz) und BUND (Bund

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REPORTAGE

für Umwelt und Naturschutz Deutschland) eine förmliche Einwendung gegen einen Änderungsantrag der Firma Sita, so hieß Suez damals, erhoben. In ihrer Einwendung erläutern die Umweltexperten, dass dies der 22. Änderungsantrag sei, Nutzung und Technik der Anlage hätten sich seit 1992 allerdings erheblich geändert, sodass eigentlich eine komplett neue Genehmigung notwendig sei. Diese würde Suez, ein international tätiges Unternehmen mit Sitz in Frankreich, höchstwahrscheinlich nicht bekommen. Die Anlage in Herne besitzt zahlreiche Ausnahmegenehmigungen. So dürfen doppelt so viele Stickoxide im Tagesmittelwert ausgestoßen wer-

Eine neue Betriebsgenehmigung würde Suez heute höchstwahrscheinlich nicht mehr bekommen. Das Unternehmen stellt seit 1992 deshalb immer wieder Änderungsanträge – mittlerweile den zweiundzwanzigsten.

den, wie gesetzlich zugelassen ist. Nach der Einwendung von BBU und BUND verzögerte sich die Erteilung der Genehmigung für Suez. Die Bezirksregierung Arnsberg, die in dem Verfahren zuständig ist, verlangte zusätzliche Gutachten. Die gesamten Unterlagen wurden, wie das in Genehmigungsverfahren üblich ist, im Herner Rathaus ausgelegt. Gleichzeitig begannen erste Debatten über die Firma. Daraus entstand, unter Beteiligung der Linkspartei-Ratsfrau Klaudia Scholz, die Idee der Bürgerinitiative „Dicke Luft“. Scholz ist eine der Sprecherinnen der Initiative, die anderen beiden Sprecher sind Astrid Bick und Gerhard Kalus. Kalus und Bick sind sympathische Menschen. Beide sind bei öffentlichen Auftritten und Gesprächen mit der Presse sichtlich aufgeregt. Politikprofis sind sie nicht. Sie haben im vergangenen Sommer angefangen, sich mit Suez zu beschäftigen. Damals waren sie zu zehnt, erzählt Gerd Kalus. Im Herbst besuchten sie die Firma, ihre Bedenken ausräumen konnte man bei der Betriebsbesichtigung nicht. „Die Mitarbeiter haben nicht bestritten, dass die Abfälle hochgiftig sind“, sagt Gerd Kalus. Hochgiftige Bohrschlämme aus der Fracking-Industrie sollen in Herne gereinigt werden; sie erhalten eine stark erhöhte natürliche Radioaktivität. Seit 2004 darf Suez mit radioaktiven Stoffen umgehen. Zwar gibt es Beteuerungen des Unternehmens, dass insgesamt nur zwei LKW mit radioaktiven Materialien verarbeitet worden seien und dass dies auch in der Zukunft nicht mehr vorkomme. Daran wollen Bick und Kalus aber nicht glauben. Bei der offiziellen Gründung der Bürgerinitiative „Dicke Luft“ im vergangenen Dezember waren sie schon 50 Leute. Bei einer Veranstaltung Ende Februar waren es noch mehr.

Der Druck steigt Mittlerweile ist die „Dicke Luft“ auch nicht mehr allein. In den vergangenen Wochen hat sich beim Protest gegen die „Giftmüllfabrik“ einiges gewandelt. Im Februar übergaben Eltern, Lehrer und Schüler der Hibernia-Gesamtschule 724 Unterschriften „Für saubere Luft in Herne und gegen die Erweiterung von Suez“ an den Arnsberger Regierungspräsidenten HansJosef Vogel. In der Februarsitzung des Herner Stadtrates stimmte dieser einstimmig einer Resolution zu, dass die Bezirksregierung die

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Änderungsgenehmigung nicht erteilen solle. Für Klaudia Scholz ein gutes Zeichen. Gleichzeitig wirft sie allerdings gerade SPD und CDU vor, bislang zu passiv gewesen zu sein. Dass die großen Parteien sich bisher nicht mit Suez auseinandergesetzt hätten, bezeichnet sie als „klares Versagen“. Dass der Druck sich erhöht, scheint man auch in Arnsberg zu merken. Hieß es noch vor einigen Monaten, dass die Genehmigung „in Kürze erteilt“ werde, weil Suez einen „Rechtsanspruch“ darauf habe, ist mittlerweile die Rede davon, dass die Entscheidung offen sei und auch kürzlich vorgebrachte Bedenken der Bürger eingebunden würden. Bei der Bürgerinitiative „Dicke Luft“ will man daran nicht glauben. Das Handeln von Politik und Verwaltung haben die Aktiven zu lange als arrogant und ignorant empfunden. Auch, dass das Landesumweltamt der Bezirksregierung die

Genehmigung empfohlen hat, stimmt die Mitglieder nicht gerade zuversichtlich. Sie bereiten mittlerweile eine Klage für die Zeit nach der Genehmigung vor. Dafür muss einiges bedacht werden: Welche Anwälte sind für ein solches Vorhaben geeignet, wie bekommt die Initiative mehrere tausend Euro für die Finanzierung des Verfahrens zusammen? Wer ist bereit und in der Lage, den Fall über mehrere Jahre zu betreuen? Große Fragen für eine junge Initiative. Allerdings soll es Hilfe vom BUND geben. Die Aktiven der Bürgerinitiative, wie Astrid Bick oder Gerd Kalus, wirken nach den erfolgreichen letzten Wochen sehr entschlossen. Sie haben gesehen, dass Suez viele Menschen bewegt. Und sie noch Möglichkeiten haben, die Firma zu stoppen. Über die Stadtgrenzen hinaus weitgehend unbemerkt hat sich in Herne eine lokale Umweltbewegung formiert, die zurzeit eines der Themen in der Stadt bewegt. www.dickeluft-herne.de

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Vergiftetes Land Fünf Jahre lang bereiste die renommierte Soziologin Arlie Russell Hochschild den Süden der USA. In Louisiana, ökologisch verwüstet von einer alles vergiftenden Öl- und Gasindustrie und den Folgen des Klimawandels, Schlusslicht bei Bildung und Gesundheitsversorgung, am Leben gehalten durch 44 Prozent Bundesmittel, führte sie Interview um Interview, um dem großen Paradox auf die Spur zu kommen: Wie kann es sein, dass die zornigen weißen Frauen und Männer des Südens so offensichtlich gegen ihre eigenen Interessen handeln – und wählen? Woher kommt der Hass auf einen Staat, der fast nur als Geldgeber auftritt? Wieso schlägt man sich auf die Seite von Großkonzernen, die die eigene Existenzgrundlage zerstören? Auf 400 Seiten, immer wieder fesselnd wie eine gute Reportage, kommt Hochschild rechtsextremen Tea-Party-Aktivistinnen und Trump-Fans irritierend nah. Sie beschreibt freundliche, humorvolle Menschen, die alles, nur kein Opfer sein wollen, und doch eine „Tiefengeschichte“ teilen: das Gefühl, dass sich in der Warteschlange Richtung amerikanischer Traum Schwarze, Frauen, Einwanderer, Flüchtlinge vor sie schieben. Und dagegen – nicht für etwas – wählen sie Trump. Arlie Russell Hochschild Fremd in ihrem Land. Eine Reise ins Herz der amerikanischen Rechten ISBN 978-3-593-50766-8 Campus | 29,95 Euro

Schotten dicht In der Folge der sogenannten „Flüchtlingskrise“ 2015/16 erfasste Europa eine Demokratie-, Repräsentations-, und Medienkrise, begleitet von einer des Anstands und der grundlegenden Übereinkünfte gesellschaftlichen Zusammenlebens. Flüchtlinge sind an diesen jeweiligen Teilkrisen übrigens nicht beteiligt. Das, was den Flüchtling zum Flüchtling macht, die Flucht, ist längst eine Fußnote der medialen Berichterstattung. Wir sind mit der eigenen Verrohung beschäftigt und dank Mittellage, Frontex und der Zäune im Osten vorerst Entronnene – dankbar, nicht erinnert zu werden, dass Menschen unvermindert fliehen, auch wenn in Deutschland nicht freundlich gewinkt wird. Insofern ist die Entscheidung des Herner Krimiautors Jan Zweyer, die Festung Europa zum Spielort seines neuen Romans zu machen, eine Zumutung und vielleicht nicht die beste ökonomische Entscheidung. Sein um wenige Jahre in die Zukunft gedrehter, schlüssig und spannend erzählter Krimiplot um das europäische Grenzregime verstört vor allem dort, wo sich die Leserin bewusst macht, dass wir von der dystopischen Zukunftsvision der Transitlager und Stromzäune kaum einen Fußbreit entfernt sind. Jan Zweyer Starkstrom ISBN 978-3-89425-576-3 Grafit | 12 Euro


Eine Frage, Herr Beike…

Was passiert, wenn die letzten Zechen schließen? Ende des Jahres schließen die beiden letzten Kohlebergwerke Nordrhein-Westfalens ihre Pforten: Prosper Haniel in Bottrop und Anthrazit Ibbenbüren im Münsterland. Mit dem Ende des Bergbaus endet ein langes und für das Ruhrgebiet prägendes Kapitel. Und was passiert danach?

Christof Beike, Sprecher der RAG

„Zuerst wird alles von unter Tage rausgeholt, was da aus umwelttechnischen Gründen raus muss“, erklärt Christof Beike, Sprecher der RAG. Das sind zum Beispiel Förderbänder, die gefettet wurden, oder Maschinen mit Transistoren. „Und dann gibt es auch Dinge, die man rausholt, weil die noch verwendet oder verkauft werden können“, sagt Beike weiter. Für die RAG ist das nichts Neues. „Wir wurden 1968 gegründet, um den Bergbau geordnet zurückzufahren“, erklärt der Unternehmenssprecher. Bergwerke zusammenlegen, Belegschaften runterfahren, Zechen schließen – all das sind, wie auch die Regulierung von Bergschäden, seit Jahrzehnten Kernaufgaben der RAG. Die Bergbauschächte von allem Umweltschädlichen und Verwertbaren zu befreien, wird laut RAG-Sprecher Beike etwa anderthalb Jahre dauern. „Anschließend werden sie

mit Beton verfüllt. Danach kann man dann anfangen, die Flächen oben zu verkaufen.“ An einigen ehemaligen Zechenstandorten sollen so neue Arbeitsplätze in anderen Branchen entstehen – wenn auch wohl nie wieder so viele wie zu den Hochzeiten des Bergbaus.

Wenn der letzte Schacht versiegelt ist, muss das Unternehmen sich weiter um die sogenannten Ewigkeitsaufgaben kümmern. Die RAG selbst beschäftigt im Moment noch etwa 5.000 Mitarbeiter – von einstmals 180.000 im Jahr 1968. In den nächsten Jahren soll diese Zahl weiter sinken. Doch auch wenn der letzte Schacht mit Beton versiegelt ist, muss das Unternehmen sich weiter um die sogenannten Ewigkeitsaufgaben kümmern. „Die haben fast alle mit Wasser zu tun“, erklärt Beike. Dazu gehört etwa die Grundwasserreinigung an Standorten, in denen Chemikalien in den Boden gelangt sind. Außerdem muss fortlaufend Wasser aus den Schächten gepumpt werden. Dadurch kommt der RAG auch lange nach dem Schließen der letzten Zechen noch eine wichtige Aufgabe für das Ruhrgebiet zu. (fh)

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INTERVIEW

Deiaa Abdullahs Videos werden bis zu zwei Millionen Mal abgerufen – pro Folge. Mehr als 160.000 Menschen folgen ihm bei Youtube und Facebook. Dabei geht es in seinen Videos um Satzbau, Präpositionen und Wortschatz, alles andere also als seichte Unterhaltung. Der syrisch-kurdische 27-Jährige bringt anderen MigrantInnen und Geflüchteten Deutsch bei – auf Arabisch. Und er wohnt in der Dortmunder Nordstadt. Von Ahmad Kamalmaz | Fotos: Sebastian Sellhorst

Deutschstunde auf Youtube Seit wann bist Du in Deutschland? Ich komme eigentlich aus der Provinz Hasaka im Nordosten Syriens. Bis 2013 habe ich in Aleppo Medizin studiert, musste dann aber abbrechen und bin zu Verwandten in die Türkei geflohen. Dort bin ich fast ein Jahr geblieben und Ende 2014 nach Deutschland gekommen. Mittlerweile bin ich als Flüchtling anerkannt. Wie bist Du auf die Idee gekommen, Deutsch zu unterrichten? Bis zu meiner Anerkennung als Flüchtling hat es lange gedauert. Die Zeit wollte ich sinnvoll nutzen und besser Deutsch lernen. Bei den vielen YouTube-Videos, die die deutsche Sprache lehren, ist mir einiges negativ aufgefallen. Ich war überzeugt, dass

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ich das besser kann. Zu dieser Zeit war meine damalige Freundin noch in Syrien und wollte auch nach Deutschland kommen. Ich wollte, dass sie einfacher Deutsch lernt als ich. Wie hat das geklappt? Eigentlich wollte ich die Videos für sie allein drehen und sie auf einer Facebookseite nur mit ihr teilen. Als ich die Idee dann mit Freunden diskutierte, haben sie mir geraten, das Projekt einem breiteren Publikum zur Verfügung zu stellen. 2014 bin ich damit gestartet. Warum lehrst Du die deutsche Grammatik auf Arabisch? Viele der älteren Schüler in den Sprachschulen hatten Kommunikations- und Lernschwierigkeiten. Dort

wurde die Grammatik auf Deutsch erklärt. Ich denke hingegen, die ganze Sprache muss erstmal auf Arabisch erklärt werden. Das ist effektiver und würde auch die Lernerfolge an den Sprachschulen verbessern. Wie erklärst Du die deutsche Sprache? Ich arabisiere sie. Das heißt, ich vergleiche die Fälle und Deklinationen im Deutschen mit dem Arabischen und erkläre, was zum Beispiel Subjekt und Objekt, Akkusativ und Dativ im Arabischen sind. Das hat bei mir nicht nur meine Deutschkenntnisse verbessert, sondern auch mein Arabisch. Ich bin in einer kurdischen Gegend aufgewachsen, wo kaum Arabisch gesprochen wurde, darum war mein Arabisch nicht so stark.


„Bei den Sprachkursen für Geflüchtete sehe ich echte Probleme im Lernprozess. Es gibt eine große Kluft zwischen den Sprachniveaus und den Stufen.“ Wie würdest Du den Deutschunterricht, den Du hattest, bewerten? Bei den Sprachkursen für Geflüchtete sehe ich echte Probleme im Lernprozess. Es gibt eine große Kluft zwischen den Sprachniveaus und den Stufen. Zwischen der einfachsten Stufe A1 und A2 oder zwischen A2 und B1 gibt es keine große Kluft. Aber zwischen B1 und B2 gibt es so einen gro-

ßen Sprung, dass du dich fühlst, als hättest du niemals Deutsch gelernt, als ob du eine völlig neue Sprache lernen würdest. Es braucht viel Zeit und intensiven Unterricht. Außerdem finde ich die Aussage falsch, dass Ausländer sofort Radio hören und Fernsehen schauen sollten. Sie können die Dialoge ja noch gar nicht verstehen, wenn sie die Grundregeln der Sprache nicht kennen.

Erst wenn man die kann – also etwa auf B2-Niveau – kann man alle Gespräche im Fernsehen oder im Radio wirklich verstehen. Was würdest Du besser machen? Ich würde empfehlen, die Lücken zwischen den Sprachebenen im Lehrplan zu überbrücken. Es gibt Lernphasen, die das Hörverständnis bilden

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INTERVIEW

sollen. Die könnte man mit einem passenden schriftlichen Text verbinden, damit die im Dialog enthaltenen Ideen praktisch aufgegriffen werden und die Informationen sich besser verfestigen. Weißt Du, wer Deine Videos schaut? Es sind Menschen aus allen arabischsprachigen Ländern. Etwa 80 Prozent sind Syrer, die übrigen sind Palästinenser oder Jordanier, kommen aus Saudi-Arabien oder aus afrikanischen Ländern. Das Publikum ist völlig unterschiedlich. Darunter sind viele

Akademiker wie Ärzte oder Ingenieure, aber auch ein hoher Prozentsatz an Menschen, die große Schwierigkeiten haben, die Sprache zu lernen und keine andere Lösung als meine YouTubeVideos haben. Sie fragen mich alles Mögliche, nicht nur über das Deutschlernen, sondern auch zu Alltagsfragen. Am Anfang wollte ich ein strenger Lehrer sein und habe mich komplett von meinem Publikum isoliert. Erst, als ich etwas bekannter wurde, habe ich angefangen, auf Kommentare oder Fragen zu reagieren.

Gibst Du außerhalb des Internets Unterricht? Nein. Viele Leute fragen, ob ich ihnen gegen eine Gebühr auch zu Hause Nachhilfeunterricht geben könnte. Aber eigentlich möchte ich ja irgendwann mein Medizinstudium fortsetzen und abschließen. Und ich habe Angst, dass ich dieses Ziel dann aus den Augen verliere. Darauf möchte ich meine Prioritäten in diesem Jahr wieder legen und das mit dem Unterricht koordinieren. Gleichzeitig will ich meine Seite bei YouTube nicht vernachlässigen. Wie es damit am Ende weitergeht, weiß ich noch nicht. Kommen wir nochmal zur deutschen Sprache zurück: Welche grammatische Konstruktion magst Du besonders? Konjunktiv 2 in Vergangenheit, Passiv mit Modalverb im Nebensatz. Und was ist Dein Lieblingswort? Eichhörnchen.

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Ein Jahrhundert Mitternachtsmission Die Dortmunder Mitternachtsmission wird 100. Seit 1918 setzen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gemeinnützigen Vereins im Dachverband des Diakonischen Werks für die Belange von Prostituierten, ehemaligen Prostituierten und Opfern von Menschenhandel ein. Text und Foto: Felix Huesmann

100 Jahre – so alt werden nur die wenigsten Menschen. Und auch für Vereine und soziale Einrichtungen ist die Jahrhundertmarke ein stolzes Alter. Die Dortmunder Mitternachtsmission wurde im März 1918 gegründet – zu dem Zeitpunkt wütete in Europa noch der Erste Weltkrieg. Seit ihrer Gründung ist die Mitternachtsmission eine kirchliche Einrichtung, als gemeinnütziger Verein ist sie im Dachverband des Diakonischen Werkes organisiert. „Verändert hat sich unsere Arbeit vor allem in den 1980er Jahren, als wir mit der aufsuchenden Arbeit in allen Prostitutionsbereichen angefangen haben“, erklärt die Leiterin der Mitternachtsmission, Andrea Hitzke. Bis heute gehört dies zu den Kernaufgaben des Vereins. Sowohl in den Bereichen legaler Prostitution, etwa in den Bordellen der Linienstraße oder in anderen Prostitutionsbetrieben in Dortmund, als

auch auf den Straßen der Dortmunder Nordstadt sind die Mitarbeiterinnen präsent. Ein weiterer Arbeitsbereich umfasst die Beratung und Betreuung von Opfern von Zwangsprostitution und Menschenhandel. Sein hundertjähriges Bestehen feiert der Verein am 19. April um 17 Uhr mit einem Jubiläumsgottesdienst in der Reinoldikirche. Ebenfalls im Rahmen des

Jubiläums zeigt die Mitternachtsmission vom 23. bis zum 27. April eine Wanderausstellung des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel in der Dortmunder Berswordthalle. Die Ausstellung zeigt etwa, wer von Menschenhandel betroffen ist, und welche Rechte und Möglichkeiten Betroffene haben. Schulklassen und andere Gruppen können Ausstellungsführungen bei der Mitternachtsmission buchen.

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KULTUR

Über kein Thema ist in der Bochumer Kulturszene im vergangenen halben Jahr so viel geredet, geschrieben und gestritten worden wie über das Prinzregenttheater. Genauer: über die Auseinandersetzung der derzeitigen Leiterin Romy Schmidt mit ihrem Trägerverein. Der Ruf des Hauses ist dadurch bereits beschädigt. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski, Claudia Siekarski

ren.“ Das sei keine Straftat gewesen, es sei nicht um persönliche Bereicherung, sondern um die Gehälter der Mitarbeiter in Notzeiten gegangen.

Romy Schmidt

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en Stein ins Rollen brachte eine inszenierte Pressekonferenz im August 2017, bei der das Leitungsteam um Romy Schmidt nicht nur die kommende Spielzeit – Schmidts dritte am Haus – vorstellte, sondern auch die Nicht-Verlängerung ihres Vertrags verkündete. Dazu versammelte es alle Mitarbeiter, Praktikanten und das komplette Ensemble. Alle trugen einen Fragezeichen-Aufkleber. Der Trägerverein des Prinzregenttheaters, dem damals noch Romy Schmidts Vorgängerin Sibylle Broll-Pape vorstand, fühlte sich dadurch überrumpelt und unredlich behandelt. Er stellte richtig: Man habe Romy Schmidt eine Vertragsverlängerung angeboten, sogar zu besseren Bezügen und vorerst für ein Jahr. Zur gleichen Zeit prüfte der Landesrechnungshof die Finanzen des Prinzregenttheaters, weil Unregelmäßigkeiten während der 20-jährigen Amtszeit von Sibylle Broll-Pape aufgefallen waren, Landesmittel wurden eingefroren. Die ehemalige Theaterleiterin, die seit 2015 Intendantin des Stadttheaters Bamberg ist, erklärte dazu: „Ich habe mit Fördergeldern, die zweckgebunden hätten ausgegeben werden müssen, Rücklagen gebildet. Das waren jedes Jahr etwa 2.000 Euro, insgesamt 50.000 Euro in über 20 Jah-

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Große Aufregung in der Bochumer Kulturszene konnte sie dadurch allerdings nicht mehr verhindern. Der Kulturstammtisch der freien Szene, Politiker der Oppositionsparteien im Stadtrat, Journalisten und Blogger stellten die Konstruktion des Theaters infrage, das als freies Theater angefangen hatte und sich heute als Privattheater bezeichnet, das von einem Verein aus Freunden und Familienmitgliedern der früheren Leiterin Sibylle Broll-Pape verwaltet wird. In der Vereinssatzung stand allerdings bis 2017: „Der Verein führt Produktionen der im Verein vertretenen Theatergruppen auf, organisiert Gastspielauftritte und produziert mit freien Gruppen herausragende Theaterprojekte.“ Die von einigen Kritikern erwünschte offene Plattform für die freie Szene ist das Prinzregenttheater unter Romy Schmidt allerdings auch nicht geworden. Die neue, wesentlich jüngere Leiterin hat frischen Wind in das Haus gebracht und es breiter aufgestellt: Sie hat mit dem benachbarten Institut für populäre Musik der Folkwang-Universität und auch deren Schauspiel- und Regie-Studiengang kooperiert, Jugendgruppen gegründet, Theater mit geflüchteten Menschen gemacht, mit Inszenierungen wie „Die Schöne und das Biest“ herausragende Nennungen in Kritikerumfragen bekommen und ein attraktives Partyprogramm auf die Beine gestellt. Letztlich unterschied sich ihr Stil in der Führung des Hauses allerdings gar nicht so fundamental von dem ihrer Vorgängerin: Auch unter Romy Schmidt ist das Prinzregenttheater eine kleinere Version des Konzepts Stadttheater geblieben, an dem auch Klassiker wie „Peer Gynt“ oder „Michael Kohlhaas“ aufgeführt werden – und zwar vornehmlich als Eigenproduktionen mit einem eigenen Ensemble. Dass Schmidt sich dafür ein festes Leitungsteam mit der Bühnenbild-


Weiter Theater um das Prinzregenttheater

nerin Sandra Schuck und dem Dramaturgen Frank Weiß aufgebaut hat, obwohl dafür vom Trägerverein eigentlich keinen festen Stellen vorgesehen sind, sorgte offenbar auch immer wieder für Streit. Sibylle Broll-Pape trat Ende vergangenen Jahres aus dem Vorstand des Trägervereins zurück. Mit SPDPolitiker Hans Hanke, der mit Schulleiterin Susanne Muthig-Beilmann den Vorstand übernahm, und Germanistik-Professor Ralph Köhnen, offiziell Öffentlichkeitsarbeiter des Vereins, sind zwei neue Mitglieder an Bord, die wohl Öffnung und Transparenz signalisieren sollen. Trotz dieser Neuordnung und eines Vermittlungsversuchs mit NRW-Kulturpolitiker Peter Landmann als Mediator konnte der Streit zwischen Romy Schmidt und ihrem Trägerverein allerdings nicht beigelegt werden. Anfang März gab es in Bochum ein Déjà-vu: Wieder legte der Trägerverein Romy Schmidt ein Verlängerungsangebot für ein Jahr vor – allerdings mit merkwürdigen Formulierungen in der öffentlichen Erklärung: „So vertritt das Regieteam um Romy Schmidt nach wie vor die Auffassung, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen Verein und Leitung in der Öffentlichkeit ausgetragen werden müssen. Auch darum konnten wir der Forderung des Teams, den Vertrag sofort um drei Jahre zu verlängern, nicht folgen.“ Romy Schmidt schlug das Angebot ihrerseits erneut mit einer öffentlichen Mitteilung aus: „Das vorliegende Angebot des Trägervereins zeigt, dass meiner Arbeit perspektivisch kein Vertrauen zugesprochen wird.“ Darüber hinaus äußert sie sich derzeit nicht mehr. Mittlerweile ist die Leitungsstelle neu ausgeschrieben. Bewerbungen aus ganz Deutschland und darüber hinaus trudeln ein. „Es sind schon vielversprechende dabei“, sagt Hans Hanke. Die Wogen in Bochum sind allerdings längst nicht geglättet: „Wird der Trägerverein bewusst klein gehalten, um alten Seilschaften eine Mehrheit zu sichern? Ist ein

Sibylle Broll-Pape

Trägerverein mit seinen Strukturen überhaupt noch die adäquate Rechtsform für ein freies Theater wie das Prinz Regent? Ist es für die zukünftige Arbeit eines neuen Leiters/einer neuen Leiterin zumutbar, dass eine Vorgängerin weiterhin über Geschicke mitbestimmt?“, fragt der Kulturstammtisch der Bochumer freien Szene in einem offenen Brief. Hans Hanke sieht in der Konstruktion des privaten Trägervereins kein Problem: „Die gesamte freie Kulturszene ist so aufgestellt. Übrigens auch der Bahnhof Langendreer. Fragt da jemand nach?“ Ein kleiner Verein habe den Vorteil, dass Verständigung schnell möglich sei. Statuten und die Satzung seien nun neu geordnet und zukunftsfest gemacht, die Vereinsmitglieder sich ihrer Verantwortung bewusst und Sibylle Broll-Pape nur ein ganz normales Mitglied unter anderen. Einer neuen Leitung will man „selbstverständlich“ künstlerische Freiheit einräumen – „wie das bei Frau Schmidt auch schon gewesen ist.“ Allerdings steht in der Ausschreibung auch dieser Satz: „In Abstimmung mit dem Vorstand des Trägervereins bestimmen Sie die künstlerische Linie des Hauses, tragen die Gesamtverantwortung für den Theaterbetrieb und repräsentieren das Theater nach außen.“

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Die Postkarte erreichte uns zusammen mit einer großen Spende an Stoffbeuteln für unseren Buchladen. Wenn auch Sie Stofftaschen oder Beutel übrig haben, bringen Sie sie gern zu uns. Wir geben Sie an unsere Kundinnen und Kunden im Buchladen weiter. bodo 03.18

„Eine Philosophie des Wohnens“ Hallo liebe bodo-Redaktion, vielen Dank für den Artikel zum Spar- und Bauverein in Dortmund. Wegen des 125-jährigen Jubiläums findet man momentan auch in der Lokalpresse freundliche Artikel mit Informationen zur Geschichte und momentanen Situation der Genossenschaft. Man erfährt jedoch wenig über die integrative Rolle des Spar- und Bauvereins, der beispielsweise in der durch Migration geprägten Dortmunder Nordstadt viele Wohnungen unterhält. Laut dem Hausmagazin sind Menschen mit 68 Nationalitäten Mitglieder beim Spar- und Bauverein, was


Lösungswort: Osterei

RÄTSEL

Eingekleidet: Eine ganze Ladung neuer Kleidung ist jetzt bei bodo angekommen. Mit den Jacken, Pullovern und T-Shirts in leuchtendem Rot sind unsere VerkäuferInnen besonders gut im Stadtbild sichtbar. Ihre Spenden haben die Neuanschaffung möglich gemacht. Herzlichen Dank!

Schreiben Sie uns: redaktion@bodoev.de Telefon: 0231 – 950 978 0 sehr erfreulich ist. Interessant wäre hierbei die Frage, ob sich diese Diversität auch in der Belegschaft zeigt. Mit einem ersten Blick auf die mediale Selbstdarstellung des Spar- und Bauvereins muss man dies leider offenbar verneinen. (Vielleicht irre ich mich ja auch, und Sparund Bau beschäftigt längst eine Person, die sich um Diversity Management bemüht.) Viele Grüße, J. D. bodo 03.18

Aufsuchende Medizinische Hilfe Liebe bodo-Redaktion, ich habe den Artikel über die medizinische Hilfe für Wohnungslose in der März-Ausgabe mit Staunen gelesen. Ich habe großen Respekt vor den Ärztinnen und Ärzten, die ihre Freizeit opfern und auch nach ihrer Pensionierung noch weiterarbeiten, damit auch die Ärmsten medizinisch versorgt werden. Gut, dass es diese Organisation gibt. Ich finde jedoch, dass es schlimm ist, dass es solche Vereine in einem reichen Land wie Deutschland geben muss. Wo ja doch eigentlich alle Menschen versichert sein sollten. Zum Glück sind wir meilenweit von Zuständen wie in den USA entfernt, wo eine Versicherung fast schon ein Luxus für Gutverdiener ist. Trotzdem ist es ein Unding, dass Arme und Obdachlose sich nicht einfach ohne Probleme in normalen Arztpraxen oder in Krankenhäusern behandeln lassen können. Wenn unsere Gesellschaft das will, ist das sicherlich möglich. Ob das mit der aktuellen Bundesregierung etwas wird, kann ich mir aber nicht vorstellen. Viele Grüße, A. L. 45


VERKÄUFERGESCHICHTEN

Viele bodo-Verkäuferinnen und Verkäufer haben auch schon in anderen Städten Straßenmagazine verkauft. Auch Mario hat zehn Jahre in Berlin gelebt und dort Straßenmagazinerfahrung gesammelt. Jetzt ist er zurück im Ruhrgebiet. Beim gemeinsamen Frühstück haben wir uns über die vielen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Städte und die Vorteile von ruhigen Innenstädten unterhalten. Text und Foto: Sebastian Sellhorst

„Straßenzeitungen sind was anderes als Betteln“ Mehrmals in der Woche kommt Mario in unserer Anlaufstelle in der Bochumer Stühmeyerstraße vorbei – immer mit dabei Hündin Maja. Die quirlige Mischlingshündin ist seit fast drei Jahren immer an Marios Seite. „Die Kleine kommt eigentlich aus Mazedonien. Dort kommt sie aus einer Tötungsstation für Straßenhunde. Mit meiner Familie und einem Verein, der sich um Straßenhunde kümmert, haben wir sie nach Deutschland geholt. Seitdem lebt sie bei mir und wir kümmern uns umeinander“, erzählt uns Mario. Seit drei Jahren ist er wieder zurück in seiner Heimat im Ruhrgebiet. „Zehn Jahre habe ich mit meiner Freundin in Berlin gelebt. Auch eine tolle Stadt, aber das ist schon ein anderes Pflaster dort. Das kann man eigentlich überhaupt nicht vergleichen mit den Städten im Ruhrgebiet.“ Bochum sei schon fast idyllisch dagegen, meint Mario. „Allein, was in der Hauptstadt in den U-Bahnen los ist, ist schon irre. Da trifft man in einem Wagen auch mal auf einen Bettler, einen

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Straßenzeitungsverkäufer und einen Musiker“, erzählt er und lacht. bodo-Verkäufer ist Mario seit November vorigen Jahres. „Zu bodo bin ich über die beiden Verkäufer Ralf und Peter gekommen. Mit Ralf, der quasi mein Verkaufsplatznachbar ist, bin ich gut befreundet, und wir fahren oft gemeinsam in die Stadt, da er auch aus Wattenscheid kommt. Unser gemeinsamer Freund Peter ist leider letzten Monat verstorben. Das war schon ein ganz schöner Schock für uns und auch für alle anderen Verkäufer hier bei bodo.“ Während wir gemeinsam frühstücken und Maja uns regelmäßig unterbricht, um ihren Anteil am Frühstück einzufordern, erzählt Mario von seinem klassischen Tagesablauf: „Aus Wattenscheid fahre ich in die Stadt, frühstücke bei bodo, und dann gehen wir zu meinem Verkaufsplatz am Einkaufscenter in der Innenstadt.“ Die ersten Tage habe er dort noch vor dem Haupteingang verkauft. Jetzt stehe er an einem der Seitenein-

gänge. „Dort ist es einfach ruhiger, nicht so stressig, und man kann auch mal mit den Kundinnen und Kunden quatschen. Und viele der Leute, die mir ein Magazin abkaufen, kennen Maya mittlerweile auch und bleiben für eine kurze Streicheleinheit stehen.“ So langsam bekomme er auch die ersten Stammkunden an seinem Verkaufsplatz. „Regelmäßig kommen zum Beispiel Mitarbeiterinnen vom Ordnungsamt vorbei und kaufen mir ein Heft ab. Auch die Gewerbetreibenden um meinen Verkaufsplatz kenne ich mittlerweile ganz gut, und viele von ihnen nehmen auch jeden Monat ein Heft mit. Wenn man fast jeden Tag an seinem Platz steht, kennt man irgendwann auch fast jeden, der dort vorbeikommt. In der Innenstadt betteln, das könnte ich nicht, aber ein Straßenmagazin verkaufen, das ist schon was ganz anderes.“


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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Die Essener Tafel tut einem trotz ihrer verheerenden Politik schon leid. Bald werden Undercover-Gourmetkritiker feststellen, dass der dort verteilte Joghurt im Abgang muffig schmeckt und die Dosenwürstchen aromatisch unterfordern. Ansonsten haben sich - bis auf den Papst und Lothar Matthäus - nun alle geäußert, leider auch CDU-Streber Jens Spahn. „Niemand muss hungern, wenn es die Tafeln nicht gibt“, sagt er. Da hat er Recht, der Flotte aus dem Münsterland. Er sagt auf schlaue Art dummes Zeug, auf geradezu schlaumeierische Art. Gäbe es die Tafeln nicht, ihre Kunden könnten Lebensmittel auch direkt bei den bisherigen Spendern erbetteln oder klauen. Oder sie begleiten den konservativen Landburschen einfach zu seinen berufsbedingten Empfängen im abendlichen Berlin. Lecker Essen schmeißen die Lobbyisten einem wie Spahn dort immer und gerne hinterher. Man müsste mal nachrechnen, aber ein Spitzenpolitiker gibt für sein Essen dank zahlreicher Einladungen sicher weit weniger aus, als der durchschnittliche Hartz-IV-Empfänger.

Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Sie Mitglied Werden auch in der AWO! eder die AWO Je mehr Mitgli hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil

Jens Spahn gibt den ersten Neo-Popper der deutschen Politik. Popper, das waren Anfang der 1980er Kinder aus vermeintlich gutem Hause mit blöden Frisuren, Kaschmir-Pullovern, Hang zu Fastfoodfraß und schnöseligen Ideen. Also mit allem, was die Coolen auf dem Schulhof eben nicht waren, hatten oder wollten. Im Grunde Junge Union, die sich vom Vertriebenenjäger- und Kartoffelsalatmuff der Alten in der CDU absetzen wollte. Dafür bin ich dem Lautsprecher aus Ahaus dankbar. Noch bevor er als Minister seine Tafelideen auf das Gesundheitssystem überträgt. Motto: „Wozu teure Versicherungen? Oft .“ Da weiß man, helfen auch kalte Bäder und frische Luft“. woran man ist. Sollte die SPD sich aus eigener Kraft nicht aus der GroKoGefangenschaft befreien können oder wollen, Spahn wird sie schon vertreiben aus dem Mitmachparadies.

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