bodo Januar 2020

Page 1

bodo DAS

01 | 20 Die besten Geschichten auf der Straße

IN STRASSENMAGAZ

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

NEUSTART IM HALLENBAD

R E B Ü A I L E H OP D E R S TA D T G I NA H A L L E R

OBDACHLOS IN DER DDR TRANSBERATUNG VENEDIG BESETZEN

Rebellische Mädchen Seite 40

Romberg vs. Bomberg Seite 12

NUR MIT AUSWEIS

1


IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: Alexandra Gehrhardt, Lukas Gilbert, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Nicolae, Bastian Pütter, Petra von Randow, Maja Ravanska, Sophie Schädel, Sebastian Sellhorst, Martin Spaak, Tom Thelen Titel: Daniel Sadrowski Bildnachweise: Archiv Kienast (S. 13, 14, 15), Bussenius & Reinicke (S. 25), Mauricio Bustamente (S. 20), Bryan Dale (S. 40), Harald Hoffmann (S. 28), Martin Janzik Lichtinspektor (S. 27), Axel Martens (S. 8), Andre Noll (S. 32, 35), Reuters / Pablo Sanhueza (S. 16), Daniel Sadrowski (S. 3, 5, 6, 12, 13, 15, 18, 19, 22, 23, 30), Sebastian Sellhorst (S. 2, 7, 8, 9, 10, 11, 45, 46), Shutterstock.com (S. 22), Martin Spaak (S. 36, 37, 38), Stefan Straube (S. 43) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Februar-Ausgabe 10.01.2020 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 06. 2019 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

INHALT

Gina Haller

04

Johan Simons, Intendant am Bochumer Schauspielhaus, legt Wert auf eine geschlossene Ensembleleistung, aus der Stars wie Sandra Hüller nicht groß herausragen. Doch manchmal fallen einzelne SchauspielerInnen besonders auf. Gina Haller mehr als nur manchmal. Von Max Florian Kühlem

Es geht um Identität

18

Wer Nova Gockeln sieht, kommt auf den ersten Blick vielleicht ins Rätseln. Anfang dreißig, schick. Markante Wangenknochen, aber ein Strickcardigan. Breitbeinig, aber eine irgendwie feminine Handhaltung. Bei „Sunrise“ berät Nova transidente Jugendliche. Von Sophie Schädel

Von rebellischen Mädchen

40

Elena Favilli und Francesca Cavallo wollten Geschichten von Prinzessinnen, deren Lebensleistung darin besteht, den Prinzen mit dem weißen Pferd zu heiraten, etwas entgegensetzen. Ihre „Good Night Stories for Rebel Girls“ über 100 inspirierende Frauen sind ein Weltbestseller. Von Maja Ravanska

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, Bastian Pütter 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de Buchladen, Spendenannahme Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Spendenannahme Bochum: Kleiderkammer Altenbochum und Laer Liebfrauenstraße 8 – 10, 44803 Bochum Mo. 10 – 13 Uhr, Sa. 10 – 12 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Henriettenstraße 36, Ecke Bessemerstraße 44793 Bochum, Mo., Do., Fr. 11 – 14 Uhr Di. 11 – 17.30 Uhr, Mi. 8 – 14 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Nicolae, bodo-Verkäufer in Bochum Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe, Sie haben die Feiertage gut überstanden und sind gut in das neue Jahr gekommen. An Sylvester werden meine Frau Simona und ich gemeinsam mit unseren Kindern und einigen Verwandten bei uns Zuhause feiern. Großes Feuerwerk wird es nicht geben, dafür sind meine beiden Jungs Dennis und Darius mit neun und elf Jahren auch noch etwas zu jung. Vielleicht feiern wir nächstes Jahr etwas größer oder fahren dann auch mal wieder nach Rumänien. Das haben wir dieses Jahr gar nicht gemacht, um Geld zu sparen, da die Flüge sehr teuer sind. Mit dem Bus ist es billiger, aber das dauert auch über 30 Stunden, bis wir in Brașov sind. Damit wollten wir warten, bis unsere Kinder etwas älter sind. Besondere Vorsätze für das neue Jahr habe ich eigentlich nicht. Ich versuche, noch mehr Deutsch zu lernen und hoffe, dass ich 2020 endlich einen richtigen Job finde. Ansonsten hoffe ich vor allem, dass meine Familie gesund bleibt. Ich wünsche Ihnen für das neue Jahr alles Gute, Ihr bodo-Verkäufer Nicolae

2


EDITORIAL

04 Menschen | Gina Haller 07 Straßenleben | Hilfe in der Kälte 08 Neues von bodo 12 Reportage | Der westfälische Münchhausen 16 Das Foto 16 Mietrecht | Mieterrechte nach Modernisierung 17 Kommentar | Was ist gemeinnützig? 17 Die Zahl 18 Interview | Nova Gockeln 20 Reportage | Obdachlosigkeit in der DDR 22 Wilde Kräuter | Hagebutten 23 Kultur | Neustart im Hallenbad 24 Veranstaltungskalender | Verlosungen 29 Kinotipp | Stranger Than Fiction 30 bodo geht aus | Little Okinawa 32 Reportage | Stalking 36 Reportage | Venedig retten 39 Bücher 40 Reportage | Von rebellischen Mädchen 43 Eine Frage… | Was tun bei Winterdepressionen? 44 bodo Shop | Leserpost 45 Leserpost | Rätsel 46 Verkäufergeschichten | Kudlip

Liebe Leserinnen und Leser, ein frohes neues Jahr! Als ich das hier schreibe, ist es noch das alte, natürlich. An dieser Stelle winke ich jeden Monat in eine unbekannte – und hoffentlich gute – Zukunft hinein, doch einmal im Jahr ist sie gleichzeitig größer und weiter weg. Wenn Sie oder ich das hier gedruckt lesen, wird das Vorweihnachts-Endspurt-Chaos in unserem Büro gefühlt mehr als nur ein paar Tage vergangen sein. Das Jahr hat eine wirkliche Bruchkante, auch wenn alle stöhnen, dass jetzt alles wieder von vorne losgeht und die Sache mit den Vorsätzen die Rechnung ohne den inneren Schweinehund gemacht hat. Es gibt dieses Innehalten, den leergeräumten Schreibtisch, die weiter ausgreifenden Gedankenschwünge. Ich mag diese Zeit. Nie im Jahr ist mehr Zukunft als jetzt. Es ist also „lange“ her – jetzt Dinge schreiben, die gedruckt in der Zukunft Vergangenheit sein werden –, dass wir dieses Heft zusammengestellt haben. Ich hoffe, es ist etwas dabei für Sie. Die Bandbreite ist jedenfalls groß von Gina Haller aus Johan Simons‘ superdiversem Bochumer Ensemble auf unserem Titel zu dem überdrehten Superreichen aus Dortmunder Industrialisierungstagen mit literarischem Nachruhm. Und da sind wir erst auf Seite 12. Vielleicht eins noch zum Thema Zukunft: Zu unserem 25-jährigen Jubiläum im Februar wird es schöne, entspannte und weitgehend nostalgiefreie Feiern in BO und DO geben. Machen Sie sich schon mal einen Knoten ins Taschentuch.

Ihre Meinung ist uns wichtig. Seite 44

Viele Grüße von bodo Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Von Nothilfe bis Neuanfang: Helfen Sie helfen.

Halt finden, neu anfangen: Wir begleiten Obdachlose erfolgreich zurück in eine neue Wohnung. Denn die Straße ist kein Zuhause. Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00

3


MENSCHEN

Der neue Bochumer Schauspielhaus-Intendant Johan Simons legt zwar Wert auf eine geschlossene Ensembleleistung, aus der sogar Stars wie Sandra Hüller nicht groß herausragen. Doch manchmal fallen einzelne SchauspielerInnen trotzdem besonders auf. Gina Haller definitiv mehr als nur manchmal. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski

Auf jeden Fall nicht Wirtschaft

„Man muss das schaffen, die Texte zu meinen.“

Die 32-Jährige spielt zum Beispiel die Ophelia in Simons grandioser „Hamlet“-Inszenierung und gibt darin der Verzweiflung dieser Figur eine ganz neue Note. Sie hält eine feine Balance, spielt keinen vordergründigen Seelenstriptease, sondern eine von tiefer Trauer überwältigte junge Frau, die um die Ausweglosigkeit ihrer Situation weiß. „Ein geliebter Mensch verzweifelt, gibt auf, und man kann ihn nicht retten“, beschreibt Gina Haller ihren Einfühlungsprozess in die Rolle. Und wenn sie dann diese Sätze von Shakespeare spricht, zum Beispiel den auf Hamlet bezogenen Ausruf: „O, welch ein edler Geist ist hier zerstört!“, dann klingen sie wie ihren eigenen. „Man muss das schaffen, die Texte zu meinen“, sagt sie. Ophelia ist eine der größten Rollen ihres bisherigen Bühnenlebens. „Natürlich fragt man sich am Anfang: Bin ich dem gewachsen? Aber diese Gedanken muss man wegwerfen“, sagt Gina Haller. Offensichtlich gelingt ihr das, denn auch als Großmutter in Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wienerwald“, einer diametral anders angelegten Rolle, überzeugt sie so sehr, dass ihr Spiel noch lange im Gedächtnis bleibt. „Hier war wichtig, auszukosten, dass es an dieser Figur nichts Schönes oder Weiches gibt.“

Wenn Gina Haller über ihr Leben spricht, wirkt sie hingegen eher weich, nachdenklich, tastend. In ihrer Kindheit spielt das Haus der Großeltern am Waldrand eines Schweizer Dorfs nahe der anthroposophischen Hochburg Dornach eine große Rolle. Das klingt erstmal idyllisch. „Meine Großeltern waren sehr unterstützend“, erinnert sie sich. Aber das junge Mädchen verbrachte hier auch dann Zeit, wenn die alleinerziehende Mutter keine für sie hatte, oder wenn die MitschülerInnen sie mal wieder ausgeschlossen oder gehänselt hatten, weil ihre „Haut braun ist“, weil sie „vielleicht stinkt“. Gina Haller wurde 1987 in Basel geboren, ihre Mutter stammt aus der Schweiz, der Vater von der Elfenbeinküste. Der einzige Mensch weit und breit mit dunkler Hautfarbe zu sein, das reichte, um rassistische Erfahrungen zu machen, als anders zu gelten und kritisch beäugt zu werden, nicht dazu gehören zu dürfen. So fand Gina Haller auch ein Zuhause in der Sprache. Der Großvater las ihr Karl May vor – „ich glaube, alle Bände“, sagt sie. Und ein Lehrer bewunderte sie für ihr großes Talent im Gedichtvortrag. Das kam ihr zugute, als sie mit 14 Jahren ein temporäres Zuhause auch außerhalb des Bereichs der Familie fand: Die Mutter meldete sie in einem Theaterkurs an, der in einem alten Kino stattfand: „Da waren Punks dabei und

Gina Haller geboren 1987 in Basel (Schweiz) Schauspielstudium in Paris und Bern Festengagements am Theater Trier, Theater Bremen und seit der Saison 2018/19 am Schauspielhaus Bochum Lieblingsorte in Bochum: „Im Winter meine Wohnung mit super netten Nachbarn in der Nähe der Königsallee. Und im Sommer entdecke ich immer neue schöne Orte wie das Wiesental, die Butterbrotbar, das Café Safran.“

4


5


MENSCHEN

andere Außenseiter, ziemlich coole Kids“, erinnert sie sich. „Ich habe den Puck im ‚Sommernachtstraum‘ gespielt und auch daneben viel Zeit im Theater verbracht, an der Kasse geholfen und Tickets abgerissen.“

„Natürlich fragt man sich am Anfang: Bin ich dem gewachsen? Aber diese Gedanken muss man wegwerfen.“

Nach der Schule hielt sie trotzdem nichts mehr im Schweizer Landleben, in dem sie trotz anthroposophischer Kultur und einem vorherrschenden Lebensstil aus Nachhaltigkeit und Bio-Produkten so schnell an Grenzen gestoßen war. „Ich wollte nichts mehr mit der manchmal konservativen Schweizer Welt zu tun haben und bin zu meinem Vater nach Paris, um den ivorischen Teil meiner Identität auszuleben.“ Eine Zeit lang hielt sie sich mit Jobs über Wasser und genoss das unendlich vielfältigere Großstadtleben in der Weltmetropole. Aber

irgendwann meldete sich dieser Gedanke: „Irgendwas muss ich doch aus meinem Leben machen.“ Da fiel ihr dieser Zettel wieder ein, den sie zum Abitur ausfüllen musste: „Auf jeden Fall nicht Wirtschaft“, hat sie als Berufswunsch angegeben. So ist es eben ein Schauspielstudium am Cours Florent in Paris geworden. Obwohl Gina Haller lange gehadert hat, ob sie das eigentlich ausfüllen kann und will, was gefordert wird von Schauspielern, obwohl man ihr nicht selten sagte, dass es sicher nicht so einfach wird auf dem Jobmarkt mit ihrem Aussehen, blieb sie doch dabei – und studierte das Fach sogar noch weiter in Bern. Die hohen Mietpreise in Paris und das Heimweh nach der Familie hatten sie letztlich doch zurück in die Schweiz gebracht. „In Paris war es sehr aufregend, auf der Bühne französische Texte zu sprechen. Texte in einer Sprache also, die nicht meine Muttersprache ist“, sagt sie. „Ich habe deshalb sehr großen Respekt vor den holländischen KollegInnen hier in Bochum.“ In Paris hat sie außerdem einen Schauspielstil kennengelernt, der sehr leidenschaftlich ist, Pathos nicht aus dem Weg geht. In Bern kam ein Fokus auf den performativen Bereich dazu und eine Hinwendung zur freien Theaterszene. Diese Welten trägt Gina Haller jetzt in sich, wenn sie auf die Bühne geht. Und die kleine Welt des Schweizer Dorfs ist sowieso immer dabei. „In der Grundschule sollten wir uns im Musikunterricht ein Instrument überlegen, das wir gerne spielen würden“, erinnert sie sich. „Ich habe Cembalo genommen, weil das niemand wollte und ich ja eh immer als ‚die Andere‘ gesehen wurde und mich schließlich auch selbst so wahrgenommen habe.“ Wenn sie heute mit RegisseurInnen wie der neuen Dortmunder Intendantin Julia Wissert oder Johan Simons zusammenarbeitet, die Wert auf ein vielfältiges Ensemble legen und ihren SchauspielerInnen bei der Figurenentwicklung anfangs viel Freiheit lassen, dann kommt ihr das, was ihr einst Schmerz bereitet hat, zugute: dass sie gelernt hat, anders zu denken und ungewöhnliche Perspektiven einzunehmen.

6


STRASSENLEBEN

Hilfe in der Kälte W

ährend Nürnberg für den Winter eine eigene Notschlafstelle schafft und Hamburg Obdachlose nach Losverfahren in Containern unterbringt, lässt Frankfurt/Main Menschen ohne festen Wohnsitz, die die städtischen Unterkünfte nicht nutzen können, im Winter in einem abgetrennten Teilbereich in einer U-Bahn-Station übernachten.

Mit sinkenden Temperaturen steigt die Sorge um diejenigen, die die frostigen Tage und Nächte draußen verbringen. Wer auf der Straße lebt, ist Kälte und Witterung gegenüber schutzlos. Ihre gesetzliche Unterbringungspflicht erfüllen Kommunen nach wie vor unterschiedlich.

Die Stadt Dortmund wird wohl keine zusätzlichen Schlafplätze schaffen. Damit bleibt eine Lücke bei denen, die von der Nutzung der städtischen Angebote ausgeschlossen sind, denn die stehen nur DortmunderInnen zur Verfügung. Stattdessen räumt der Gast-Haus e.V. an der Rheinischen Straße erneut bei Minusgraden die Etage über dem Gastraum für Menschen, die es offiziell nicht gibt: Menschen mit Hund, ohne Leistungsanspruch, mit polnischen, bulgarischen Papieren oder ganz ohne.

Notfallmaßnahmen zu informieren (0234 – 910 35 62). Wer helfen will und nicht weiß, wie, erhält dort Antworten, zumindest zu Bürozeiten. Obdachlose werden, teilt das Sozialamt mit, unabhängig vom Leistungsanspruch in städtischen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht.

In Bochum hat die Verwaltung im Sozialamt eine Notfallnummer für Kältegefährdete eingerichtet, um über Versorgungsangebote, Beratungs- und Übernachtungsstellen, aber auch über

Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Sebastian Sellhorst

Die Forderung, in Frostnächten U-Bahnhöfe zu öffnen, um Erfrierungen zu verhindern, wird in Dortmund mit Verweis auf Sicherheitsbedenken abgelehnt. DSW21 „akzeptiert“ bei Minusgraden die Nutzung der Königswallpassage im Untergeschoss des Hauptbahnhofs, verweist aber auf die städtischen Unterkünfte. Die Bogestra teilt mit: „Wenn sich eine Kälteperiode ankündigt (Temperaturen ab

etwa minus acht Grad über mehrere Tage) werden wir die Entscheidung treffen, ob auch in diesem Jahr die U-Bahnstation am Gelsenkirchener und Bochumer Hauptbahnhof sowie am Herner Bahnhof nachts geöffnet bleiben.“ Wenn Sie eine obdachlose Person sehen und sich Sorgen machen, sprechen Sie sie an. Menschen wissen zumeist selbst, was sie brauchen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Person in Gefahr oder hilflos ist, rufen Sie die 110. Wenn Sie denken, dass ein medizinischer Notfall vorliegt, wählen Sie die 112.

7


NEUES VON BODO

bodo wird 25! Am 1. Februar 1995 erschien die erste Ausgabe des Straßenmagazins. Im kommenden Monat feiert bodo sein 25-jähriges Jubiläum. Wir laden Sie herzlich dazu ein, mit uns zu feiern. Am Freitag, dem 28. Februar in Dortmund, und am Tag darauf, dem Schaltjahrsamstag in Bochum, möchten wir jeweils um 17 Uhr mit Ihnen anstoßen und am Buffet oder zwischen kleineren Bühnen-Acts mit Ihnen ins Gespräch kommen. In Dortmund feiern wir in der Werkhalle des Union Gewerbehofs, Huckarder Straße 10 – 12, in Bochum im Zeitmaul-Theater, direkt gegenüber der KoFabrik am Imbuschplatz. Um 19.30 Uhr wird an beiden Tagen Dominik Bloh aus seinem Bestseller „Unter Palmen aus Stahl“ lesen und von seinem Leben auf der Straße erzählen. Der Eintritt zu den Feiern und Lesungen ist frei, für Dominiks mitreißende Performances bitten wir um eine Spende. Mehr unter www.bodoev.de

TERMINE Soziale Stadtführungen Dortmund, 11. Januar, 11 Uhr Bochum, 18. Januar, 11 Uhr Anmeldung unter 0231 – 950 978 0 Dond & Daniel lesen Der tolle Bomberg Do., 16. Januar, 19.30 Uhr bodo-Buchladen Eintritt frei Podiumsdiskussion der ImpulsRedaktion: Journalismus und Aktivismus – Alles eine Frage der Haltung? Do., 23. Januar, 19.30 Uhr bodo-Buchladen Eintritt frei 8

Der tolle Bomberg

Haltungsfragen

Am 16. Januar um 19.30 Uhr kommen die Vorleser Dond & Daniel in unseren Buchladen und lesen – passend zur Geschichte über den „westfälischen Münchhausen“ Baron Gisbert von Romberg auf S.12 – aus Josef Wincklers „Der tolle Bomberg“. Die professionellen Buchhändler haben ein Faible für Vergessenes und Verschollenes. In diesem Fall für einen 1923 erschienenen Schelmenroman, der sehr frei das Leben des Grafen Romberg nacherzählt. Die zeitgenössische Presse war sich uneins und hielt Wincklers Roman entweder für „ein literarisches Meisterwerk von fesselnder Sprache und Schilderungskunst“ oder für ein „abscheuliches, verdammenswertes Machwerk“. Der Eintritt ist frei.

Journalismus und Aktivismus – Alles eine Frage der Haltung? Journalismus und eine intakte Zivilgesellschaft übernehmen wichtige Rollen in einer Demokratie. Wie aber ist ihr Verhältnis zueinander? Wo verlaufen Grenzen? Wo liegen Gemeinsamkeiten, aber auch zentrale Unterschiede? Die Dortmunder ImpulsRedaktion lädt gemeinsam mit dem Straßenmagazin zur Podiumsdiskussion in unseren Buchladen. Mit dabei: Leonie Sontheimer (freie Journalistin), Sigrun Rottmann (Institut für Journalistik TU Dortmund), Kay Bandermann (WDR, DJV Landesverband NRW), Bastian Pütter (bodo). Moderation: Nathan Niedermeier Donnerstag, 23. Januar, 19.30 Uhr, bodo-Buchladen, Eintritt frei.


Anzeigen

Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

Frohes Neues! Das war ein schöner Dezember mit einer schönen VerkäuferInnen-Weihnachtsfeier, begeisternd vielen Spenden und Geschenken, einem Raum voller Schlafsäcke, unverhofften Unterstützungsangeboten, bereichernden Begegnungen, mehr als 30.000 verkauften Magazinen bereits vor Weihnachten. Vielen Dank – und: Auf ein Neues!

bodo-Rollentausch Am Freitag, dem 13. Februar in Bochum, und am Freitag, dem 20. Februar in Dortmund, bitten wir zum Rollentausch je zwischen 14 und 17 Uhr. Anlässlich unseres Jubiläums im Februar möchten wir unsere Leserinnen einladen, die Seiten zu wechseln: Unsere VerkäuferInnen begleiten Sie zu Ihrem temporären Verkaufsplatz, geben Tipps, berichten von ihren Erfahrungen und teilen ihr Wissen über den öffentlichen Raum, in dem alles sichtbar, aber nicht alles offensichtlich ist. Gleichzeitig bedeutet das Mitwirken konkrete Hilfe: Mit dem Erlös der Straßenmagazine, die sie selbst verkaufen, unterstützen die LeserInnen ihren Verkäufer oder ihre Verkäuferin. Mehr auf www.bodoev.de

n n n n n n n

Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

Entdecken Sie sich selbst! Mit über 2.000 Veranstaltungen bietet die VHS Dortmund wieder ein abwechslungsreiches Programm:

Elementarbildung, Mathematik und Schulabschlüsse Beruf und Wirtschaft Sprachen und interkulturelle Bildung Politik, Gesellschaft und Ökologie Kunst, Kultur und Kreativität Psychologie und Pädagogik Gesundheit VHS.nach Maß Es erwarten Sie Kurse und Seminare, Workshops und Exkursionen, interessante Vorträge und vieles mehr ...

Jetzt anmelden!

bodo DAS STRAS

bodo DAS STR

ASS

NO CH‘

N HEI

N

11 | 19

MA

bodo

Die besten n Geschichte auf der Straße

2,50 Euro

01 | 20

DAS STRASSENMAGAZIN

Die Hälfte für den Verkäufer

Die besten Geschichten auf der Straße

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

IEINDUSTR NATUR AUF

2,50 Euro

NA LE

10 | 19

KLIMAIN FOLGEN DO BO UND

Die besten ichten Gesch Straße auf der

ZIN ENM AGA

-ORIGI POTT TFILM

SENM AGAZI

NEUSTART IM HALLENBAD

ZOLLERN

S

e Die Hälft für den fer Verkäu

BOCHUM PRÄRIE

A GLOBAL MESS

Correctiv-

ER- Klimawoche TRAU , bei T bodo REDEN ELBUN DUNK

DER KÖNIG BU NDEN DER VAGA GOR GOG

IM LEBEN L MOTE

GINA HALLER

Margaret Atwood Seite 4

Seite 7

SE MATIS WAR T CKIER SCHO

OBDACHLOS IN DER DDR

OPHELIA ÜBER DER STADT

N BENJAMI FERENCZ

SCH AFF T CHA NCE

N

TRANSBERATUNG VENEDIG BESETZEN

Rebellische Mädchen Seite 40

bodo

Romberg vs. Bomberg Seite 12

NUR MIT AUSWEIS

GRE

N WOHI IM ER? WINT

1

NUR MIT AUSWEIS

1

Wendehten geschic Seite 12

NUR MIT

AUSWEIS

Heinz Ratz Seite 4 1

WERBEN IM STRASSENMAGAZIN

Susanne Schröder: anzeigen@bodoev.de oder Tel. 0231 – 950 978 0

9


NEUES VON BODO

BVB„Mädchenflohmarkt“ für bodo Insgesamt 15.000 Euro kamen beim 3. „Mädchenflohmarkt“ der Spielerfrauen des BVB zusammen, der am ersten Advent für lange Schlangen am Westfalenstadion gesorgt hatte. Die Summe ging zu gleichen Teilen an bodo und an den Tierschutzverein Groß-Dortmund e.V. Am Mittwoch, dem 11.12., besuchten die BVB-Spielerfrauen Lisa Frolova (Freundin von Mahmoud Dahoud), Marlen Valderrama-Alvarez (Freundin von Roman Bürki), Jenny Schmelzer, Sarah Richmond (Verlobte von Julian Weigl) und Melanie Akanji (v.l.) unseren Buchladen und übergaben die riesige Spende an bodo-Geschäftsführerin Tanja Walter (Mitte) und bodo-Buchhändlerin Suzanne Präkelt (l.). Wir bedanken uns herzlich bei den fünfen und bei allen Spenderinnen, die unsere Arbeit für Menschen in Not unterstützen.

SOZIALES Sanktionen durch die Hintertür? Das hatten offenbar Bundesarbeitsministerium und Bundesarbeitsagentur vor. Nach vom Tacheles e.V. veröffentlichten internen Dokumenten sollte es möglich sein, mehrere Sanktionen aufzuaddieren und so den ALG-II-Regelsatz um mehr als 30 Prozent kürzen zu können. Dies ist verfassungswidrig (bodo 12.19). Nach der Veröffentlichung kündigte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine neue Weisung an. 91.000-mal wurden 2018 alleinerziehende ALG-II-Empfängerinnen sanktioniert. Die Leistungskürzung wirkt doppelt, meldet die Sozialberatung „Bochum Prekär“: Zusätzlich melden einige Jobcenter Sanktionen an Jugendämter, um drohende Kindeswohlgefährdung zu prüfen. Fälle sind aus Brandenburg und NRW bekannt. Zahlen über Meldungen oder daraus resultierende Inobhutnahmen nannte die Bundesregierung auf FDP-Anfrage nicht. Arbeitslosenzentren vor dem Aus: Die NRW-Landesregierung will Ende 2020 die Förderung für 80 Arbeitslosenzentren (ALZ) einstellen und nur noch die 70 Erwerbslosenberatungsstellen unterstützen. Letztere beraten in Fragen von Beschäftigung, Qualifizierung und Hartz IV; Arbeitslosenzentren bieten, oft spendenfinanziert, auch Treffpunkte und ein soziales Netz, um Vereinsamung entgegenzuwirken. Jobcenter diskriminieren Rumäninnen und Bulgarinnen, kritisieren Dortmunder Organisationen. Denn die Bundesagentur für Arbeit hat eine Arbeitshilfe erstellt, nach der EU-BürgerInnen ausführlich zur Lebens- und Einkommenssituation zu befragen sind. Ihnen werde „pauschal der Versuch organisierten Leistungsmissbrauchs unterstellt“, so eine Stellungnahme, die auch bodo unterzeichnet hat. Die Organisationen fordern die Beendigung der Praxis. 10

Halt finden „Wir wollen Obdachlosigkeit beenden“, heißt es in unserem diesjährigen Spendenbrief. Das ist ein großes Ziel, aber auch ein sehr konkretes. Und eins, das wir in unserer täglichen Arbeit immer wieder erreichen – wenn es gelingt, einem Menschen auf der Straße den Halt für einen Neuanfang zu geben. Das beginnt bei einem neuen Schlafsack, einer warmen Jacke oder einem heißen Getränk in unseren Anlaufstellen. Und bei unbürokratischer Hilfe, wenn es eilt, wenn schnelle Vermittlung bei Vermietern, Ämtern und Behörden nötig ist. Und es geht weiter, bis zur eigenen Wohnung und darüber hinaus. Wir sind da „von Nothilfe bis Neuanfang“, auf der Straße und danach. Mit Ihrer Hilfe.


Anzeigen

www.facebook.com/bodoev info@bodoev.de 0231 – 950 978 0 bodo ist für Sie da Zentrale Rufnummer 0231 – 950 978 0 Mo. bis Fr. 9 – 16 Uhr Mail: info@bodoev.de Fax: 0231 – 950 978 20 Spendenannahme DO Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr Sa. 10 – 14 Uhr Spendenannahme BO Kleiderkammer Altenbochum und Laer Liebfrauenstraße 8 – 10 44803 Bochum Mo. 10 – 13, Sa. 10 – 12 Uhr

Ansprechpartner Geschäftsleitung: Tanja Walter verein@bodoev.de Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt Bastian Pütter redaktion@bodoev.de

Markt 4 | 44137 Dortmund Tel./WhatsApp* (0231) 52 29 96 www.ausbuettels.de adler @ausbuettels.de

Ab 2020 auch E-Rezept!

Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Suzanne Präkelt buch@bodoev.de Haushaltsauflösungen und Entsorgungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln transport@bodoev.de

*Bitte beachten Sie bei der Benutzung von WhatsApp unsere Hinweise zum Datenschutz. Diese erhalten Sie in unseren Apotheken oder unter www.ausbuettels.de/datenschutz

Ein halbes Jahr bodo!

Das faire Abo für 15 Euro: Ein Gutscheinheft für sechs Ausgaben des Straßenmagazins zum Einlösen direkt bei unseren Verkäufern auf der Straße.

Begegnungen

Wir möchten uns herzlich für die riesengroße Resonanz auf unsere Schlafsacksammelaktion bedanken! Von der einzelnen, im Buchladen abgegebenen Isomatte über Bestellungen zu unseren Gunsten bei großen Versandhäusern bis zu Firmenspenden wie hier von 50 Schlafsäcken der Avanti GmbH haben uns viele, viele Schlafsäcke erreicht, die wir in unseren Anlaufstellen ausgeben bzw. sinnvoll unter unseren Kooperationspartnern in der Wohnungslosenhilfe aufteilen. Wir freuen uns weiterhin über jede Spende, sind aber erleichtert, dass wir nun wieder einen Lagerbestand haben, mit dem wir erst einmal über die unmittelbare Winterzeit kommen. Herzlichen Dank!

Unsere sozialen Stadtführungen wollen einen neuen Blick auf Obdachlosigkeit eröffnen: Sie zeigen aus der Sicht eines Menschen auf der Straße, welche Orte wichtig sind und welche Angebote lebenswichtige Hilfe bieten. Nach einer Führung mit KommissaranwärterInnen schrieb uns der Kursleiter: „Nach zwei Stunden teils nachdenklicher Eindrücke und nassen Füßen waren die zukünftigen KommissarInnen spürbar dafür sensibilisiert, was ein Leben ,auf der Straße‘ bedeuten und wie man als PolizistIn dieser Form von Armut in der Stadt im wahrsten Sinne des Wortes begegnen kann. Für die später folgende praktische Ausbildung in den Polizeibehörden eine wertvolle Erfahrung.“

bodo SCH AFF T CHA NCE

N

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

Schlafsäcke

Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Tel. 0231 – 950 978 0

Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Mieterverein

Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

Kampstr. 4 44137 Dortmund Tel. 0231/557656-0 mieterverein-dortmund.de

Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

11


REPORTAGE

Der Romberg im Bomberg

12


An das Adelsgeschlecht derer von Romberg erinnert im Dortmunder Süden noch die beliebte namensgleiche Parkanlage. Bekanntester Spross der Familie, die im Zuge des aufstrebenden Steinkohlebergbaus zu unermesslichem Reichtum kam, dürfte Baron Gisbert von Romberg (1839 – 1897) gewesen sein. Dessen Eskapaden waren bereits legendär, als 1923 der später auch verfilmte Erfolgsroman „Der tolle Bomberg“ von Josef Winckler erschien. Bei den Abenteuern seines tolldreist agierenden Titelhelden stand ihm der sprichwörtliche Schelmenbaron Pate. Über die historische Authentizität der Veröffentlichung wird bis heute gestritten. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski, Archiv Wolfgang Kienast

Wahrheit und Dichtung um den westfälischen Münchhausen Anfangs gab es keinerlei Hinweise, dass Gisbert von Romberg als Enfant terrible des westfälischen Adels in die Geschichte eingehen würde. Seine schulische Laufbahn an Lehranstalten in Lüttich, Linz und Warendorf verlief ohne Auffälligkeiten. Er wurde Offizier im Münsteraner Kürassierregiment und nahm 1866 am preußisch-österreichischen Hegemonialkrieg teil. So weit, so normal für einen Spross der aristokratischen Oberschicht jener Tage. 1869 starb sein Vater, der königliche Kammerherr Clemens Conrad Franz von Romberg. Gisbert, ältester Sohn, erbte das Familienvermögen. Finanziell zuvor an kurzer Leine gehalten, erlaubte ihm der jetzt verfügbare Reichtum, aus der von strengen Konventionen geprägten Welt des katholischen Landadels auszubrechen.

Dass er Widerspruch ernten würde, hatte dieser geahnt. Ein weiteres Zitat aus der Einleitung: „Ob die historische Treue aller Details einer peinlichen Nachprüfung standhält, scheint eine untergeordnete Frage. Was der eine als freches Lügengewebe und schändliche Infamie bezweifeln mag, wird der andere als lautere Wahrheit beschwören, wie denn der Autor nichts weiter zu leisten hatte, als die nur äußerlich unvereinbaren Widersprüche zu einem charakteristischen großen Gemälde von höherer Wahrhaftigkeit zusammenzuschließen.“

Hundsfott, Saufgenie, Wüstling, Kerl

Fraglos hat sich die Rombergsche Verwandtschaft stets gegen ein Zusammendenken von Bomberg und Romberg verwahrt. Bemerkenswerter ist, dass

Die Vehemenz, mit der er die biederen wie bigotten Kreise herausforderte, zeigt, wie sehr er unter der geistigen und moralischen Enge dieses Milieus gelitten haben muss. Das blieb nicht ohne Folgen. „Bei den geistlichen Herren war der Baron ein Besessener, bei den adligen ein Trottel, bei den Spießern ein Hundsfott, bei den Militärs ein Saufgenie, bei den Damen ein Wüstling, aber beim Volk ein ,Kerl‘“, schreibt Josef Winckler im Vorwort zum tollen Bomberg. Aber darf man dem Schriftsteller glauben?

Neben Schloss Buldern bei Münster war das Wasserschloss Brünninghausen Wohnsitz des Baron Gisbert II. von Romberg. Erhalten sind das Torhaus (l.) und der Eiskeller am Nordeingang zum heutigen Rombergpark, dem ehemaligen Schlossgarten.

13


REPORTAGE

ein leidenschaftliches Plädoyer gegen die These, die literarisch zugespitzten Darstellungen hätten etwas mit dem realen Gisbert von Romberg gemein, noch siebzig Jahre nach Veröffentlichung des Romans publiziert wurde – nachzulesen im „Jahrbuch Westfalen ‘93“, erschienen im Aschendorff-Verlag. Sitz der Familie war zu Gisbert von Rombergs Lebzeiten Schloss Buldern, etwa zwanzig Kilometer von Münster entfernt. Während die adligen Kreise im Münsterland den Baron aufgrund dessen zahlreicher Provokationen zur Unperson erklärten und seine Gesellschaft mieden, so weit es eben ging, verkehrte dieser vornehmlich mit Angehörigen des Offizierskorps und einigen Sprösslingen der Adelswelt. Historisch belegt sind ausufernde Feste mit Feuerwerk und Schießübungen in den Schlössern Buldern und Brünninghausen, wilde Kutschfahrten sowie Gelage in diversen Gasthäusern. Die resultierenden Rechnungen für Dekoration, Musiker, Getränke, Speisen, zerbrochenes Porzellan und zersplittertes Mobiliar wurden von Rombergs Rentei stets und umfänglich beglichen. In Münster lebte ein Original seiner Zeit, der schrullige Zoologieprofessor Hermann Landois (1835 – 1905). Vom Gründer des Zoologischen Gartens ist überliefert, dass er seine

Stilisierung und Selbstinszenierung: Baron von Romberg mit Eulenspiegel auf einem Wandgemälde im Restaurant des Schlosses Romberg und auf einer Fotografie „im Kreise seiner Kumpane“. Rechts: Buchausgabe und Szenen aus dem Romberg-Raum der Hofkonditorei Albin Middendorf in Münster.

14

Wohnung mit einem ausgestopften Affen namens Lehmann teilte, welcher infolge einer Säuferleber das Zeitliche gesegnet haben soll. Laut Winckler fand der Baron in diesem einen kongenialen Kompagnon.

Das Schweinerennen bei Schloss Brünninghausen Das Gros der von Winckler verfassten Geschichten spielt in der preußischen Provinzhauptstadt. Deren Detailreichtum lässt eine gründliche Recherche vermuten. Als Quelle seiner Informationen erwähnt er im Vorwort nicht nur das dortige Stadtarchiv, er dankt auch zahlreichen Privatpersonen. Gelegentlich wurde die Seriosität dieser Liste angezweifelt. Tatsächlich hat sich ein Eugen Müller, Rechnungsrat an der Oberpostdirektion Münster, nachträglich von seiner angeblichen Zeugenschaft distanziert. Nicht distanziert hat sich der Journalist und spätere Essener Bürgermeister Theodor Reismann-Grone. Ihm dankt Winckler ausdrücklich für eine der schönsten Anekdoten im Buch, für die Geschichte vom legendären Schweinerennen bei Schloss Brünninghausen. Sie beginnt mit den vielversprechenden, ironisch gefärbten Sätzen „in Dortmund war Hauptversammlung des Westfälischen Bauernvereins, und die alte Hansastadt hatte ihr bestes Bier ge-

braut, um die plattdeutschen Stammesgenossen wurzelecht zu empfangen. Der Schlager des Tages aber sollte die Ausstellung des damals eben gezüchteten Rassepferdes ,westfälisches Edelblut‘ sein. Schorlemer-Alst als Vorsitzender hatte sich persönlich hervorragend daran beteiligt.“ Freiherr Burghard von Schorlemer-Alst (1825-1895) war Gründer des Vereins, dem Vorläufer des heutigen Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, und stand als Politiker der katholischen Zentrumspartei nahe. Laut Wincklers Text hat man Schorlemer-Alst seinerzeit ausdrücklich gewarnt, Bomberg einzuladen, auch sein „Edelblut“ zu zeigen. Der Vorsitzende ignorierte die Stimmen, Bomberg nahm die Offerte an und präsentierte seine Version vom „westfälischen Edelblut“, eine Rotte Schweine, eine „hochbeinige, beste, in Eichenwäldern aufgezüchtete Edelblutrasse“. Es kam zum Streit. Schorlemer-Alst ließ sich dazu hinreißen, einem Wettrennen zuzustimmen: sein Pferd, geritten vom besten Jockey der Zeit, gegen Bombergs Ferkel. Die Strecke wurde festgelegt. Sie führte von Haus Reichsmark, heute befindet sich auf dem historischen Gelände der Golfplatz an der Wittbräucker Straße, vorbei an Zeche Franz (Glückaufsegen 3) und dem Dorf Hacheney bis Schloss Brünninghausen. Bis zum verabredeten Datum war noch Zeit. Bomberg trainierte seine Schweine. Regelmäßig ließ er sie die Strecke


„Schlosshecken“ zeichnen die Grundrissmauern des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäudekomplexes nach, bauliche Relikte erinnern an die 700-jährige Geschichte des Schlosses.

ablaufen, um sie im Stall am Schloss zu füttern. Am Tag vor dem Rennen bekamen sie nichts zu fressen. Ausgehungert stoben sie nach dem Startschuss los. Ross und Reiter hatten nicht den Hauch einer Chance. War das nun Bomberg oder doch auch Romberg? Laut einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 28. Januar 2017 gilt das Rennen als belegt. Belegt ist auch, dass Angehörige Rombergs, Gisbert Graf von Wolff-Metternich und Clemens von Romberg, den Baron anno 1881 vor dem Amtsgericht zu Dülmen entmündigen lassen wollten. Unter anderem Trunkenheit und Verschwendungssucht wurden ihm zur Last gelegt. Die Vettern fürchteten um ihr Erbe. Der Beschuldigte gestand, gern und gut zu leben, konnte aber nachweisen, das Vermögen sogar vermehrt zu haben. Das Verfahren wurde eingestellt.

In diesem Zusammenhang tut sich ein Aspekt auf, den Winckler unerwähnt lässt. Er stellt seinen tollen Bomberg als Charakter dar, der Adel und Klerus zum Narren hält, sich auf der anderen Seite aber volksnah großzügig gibt. Das macht die literarische Figur sympathisch. Gisbert von Romberg jedoch war kein Sozialrevolutionär von oben. Nicht nur, dass er gegen einen seiner leitenden Angestellten prozessierte, er bereicherte sich auch im Zuge der offensichtlichen Arglosigkeit der Landbevölkerung. Beispielswei-

se luchste er einem Dietrich Wilhelm Sträter dessen Kotten am Rombergpark ab. Dieser erhängte sich, nachdem er den Hof verloren hatte. Man sollte also vorsichtig sein, dem Baron Gisbert von Romberg ein Denkmal zu setzen. Wenn man Spaß an der Lektüre haben möchte, was definitiv möglich ist, dann sollte man den „tollen Bomberg“ möglichst werturteilsfrei lesen. Mit Dank an das Stadtarchiv Dortmund für die Einsicht in die Akte Bestand 500; Romberg, Gisbert von

Lesung Am Donnerstag, den 16.1. um 19.30 Uhr lesen Dond & Daniel im bodo-Buchladen aus „Der tolle Bomberg“, Eintritt frei (s.S. 8)

15


DAS FOTO

Seit dem 18. Oktober protestieren breite Bevölkerungsschichten in Chile gegen die soziale Ungleichheit im Land. In den ersten zwei Monaten der Proteste haben 352 Menschen schwere Augenverletzungen erlitten. Die Demonstrierenden werfen der Polizei den gezielten Einsatz von Gummi- und Tränengasgeschossen vor. Wie in Hongkong die Augenbinde ist in Santiago ein stilisiertes Auge zu einem Symbol der Proteste geworden. Foto: Reuters / Pablo Sanhueza

MIETRECHT

Mehr Rechte in Härtefällen nach Modernisierung von Rechtsanwalt Martin Grebe, Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. Wann können sich Mieter bei Modernisierungen auf wirtschaftliche Härte berufen? Das hat der Bundesgerichtshof mit einem Fall aus Berlin geklärt (Urteil vom 9.10.2019, VIII ZR 21/19). Ein Mieter, der vom Jobcenter ALG II bezog, bewohnte seit 1962 eine ca. 86 qm große Wohnung, zunächst mit seinen Eltern, mittlerweile allein. Als die Vermieterin modernisierte, dämmte sie die oberste Ge16

schossdecke und die Außenfassade, ersetzte den Balkon durch einen größeren und erneuerte den Fahrstuhl. Dadurch sollte die Miete um 240 € monatlich steigen. Nach der Modernisierungsankündigung erhob der Mieter einen wirtschaftlichen Härteeinwand gegen die voraussichtliche Mieterhöhung. Vorliegend ging es darum, ob sich der Mieter darauf berufen konnte. Ein Härteeinwand muss, sofern vom Vermieter darauf

hingewiesen wird, bis zum Ende des auf die Modernisierungsankündigung folgenden Monats geltend gemacht werden. Kann sich der Mieter dann zu Recht auf eine finanzielle Härte berufen, muss er die anschließende Mieterhöhung je nach wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder nur teilweise zahlen. Problematisch war, dass die Wohnung die Angemessenheitsgrenze für einen alleinstehenden Leistungsbezieher überstieg. Daher


KOMMENTAR

Was ist gemeinnützig? Von Alexandra Gehrhardt Die 1947 von Überlebenden des Holocaust gegründete Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) sei die „bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus“. Sagte der bayrische Verfassungsschutz 2017. Grund genug für die Berliner Finanzverwaltung, dem VVN-Bundesverband die Gemeinnützigkeit zu entziehen und von der Organisation eine Steuernachzahlung in fünfstelliger Höhe zu fordern. Erst nach Protesten und einem offenen Brief der Ehrenvorsitzenden und Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano setzte die Finanzbehörde den Steuerbescheid vorerst aus.

Wenn das Finanzamt Politik macht

Spätestens seit dem Attac-Urteil (bodo 04.19) herrscht Unsicherheit. Als der Bundesfinanzhof Anfang des Jahres dem Trägerverein des Netzwerks die Gemeinnützigkeit entzog, argumentierte er, Attac betreibe nicht politische Bildung, sondern politische Betätigung mit dem Ziel, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Ein linker Verein aus Ludwigsburg verlor wegen mangelnder „geistiger Offenheit“ seine Gemeinnützigkeit – weil er Neonazis von seinen Veranstaltungen ausschließt. Nun stehen gemeinnützige Organisationen vor der Frage: Was dürfen wir eigentlich? Die Angst, über Finanzämter mundtot gemacht zu werden, wurde noch geschürt durch das Bundesfinanzministerium: Dessen Pläne zur Reform der Abgabenordnung, die die Gemeinnützigkeit und die dazugehörigen Steuervergünstigungen regelt, sahen für gemeinnützige Organisationen eine Pflicht zur politischen Neutralität vor – für Vereine wie die VVN oder für Umweltschutzorganisationen undenkbar. Umso sonderbarer erscheint (Achtung, Whataboutism), dass die Gemeinnützigkeit etwa der Gesellschaft für Wehrtechnik, eines Interessenverbands der Rüstungsindustrie, bisher nicht zur Debatte steht. Oder die des Vereins Uniter, der nach investigativen Recherchen Teil eines extrem rechten Netzwerk aus Angehörigen von Polizei und Bundeswehr ist, dessen Mitglieder mutmaßlich an einem „Tag X“ politische Gegner töten wollen und von dem aus direkte Verbindungen zu Neonazistrukturen bestehen. Unabhängig von der immer lauter werdenden Frage, wie mit rechtsterroristischen Strukturen umzugehen ist, die tief in staatliche Apparate hineinreichen, muss eins klar sein: Zivilgesellschaftliche Organisationen und Initiativen brauchen ein Gemeinnützigkeitsrecht, das ihnen Handlungssicherheit gewährt. Finanzämter dürfen keine politischen Akteure sein.

wandte die Vermieterin ein, eine Bejahung des Härtefalles führe dazu, dass sie den „Luxus“ des Mieters zu finanzieren habe. Dies sah der BGH anders. Zwar ist die Gesamtwohnfläche einer Wohnung nach den einschlägigen Bestimmungen des § 559 BGB zu beachten. Bei der Interessenabwägung zwischen Mietern und Vermietern ist eine zu große Wohnung aber kein Grund, einen Härtefall auszuschließen. Nach Ansicht der Karlsruher Richter muss eine Abwägung getroffen werden, ob der Mieter, der einer von ihm nicht beeinflussbaren Entscheidung des Vermieters ausgesetzt ist, trotz des berechtig-

ten Refinanzierungsinteresses des Vermieters seinen bisherigen Lebensmittelpunkt beibehalten darf. Mieter können dann verlangen, dass die Gerichte die Bedeutung und Tragweite des Interesses des Mieters am Erhalt der Wohnung hinreichend berücksichtigen. Deswegen spielen auch andere Umstände eine Rolle, z.B. die Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seine gesundheitliche Verfassung. Da im verhandelten Fall der Mieter bereits seit 50 Jahren in der Wohnung wohnte und nach Auffassung des Gerichts auch nicht seit Beginn an über seine Verhältnisse lebte, erkannte der BGH den Härtefall an.

DIE ZAHL

2276 Das World Economic Forum (WEF) aus Genf analysiert jedes Jahr die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in 153 Ländern. Verbessert sich global die Beteiligung von Frauen an Macht und Wohlstand im gleichen Tempo wie im vergangenen Jahr, wird es bis zum Jahr 2276 dauern, bis Männer und Frauen gleichberechtigt sind.

Das Urteil stärkt die Rechte von Mietern, die wegen finanzieller Härten eine Mieterhöhung nicht zahlen können. Dies ist insbesondere für die Auseinandersetzungen mit großen Unternehmen wie Vonovia oder LEG in laufenden Modernisierungsverfahren bedeutsam. Bislang hatte Vonovia Härtefälle verneint, wenn die Wohnungen deutlich über den Obergrenzen für Transferleistungsempfänger lagen. Dies ist nun so pauschal nicht mehr möglich. Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. Kampstraße 4, 44135 Dortmund www.mieterverein-dortmund.de 17


INTERVIEW

Nova Gockeln berät bei „Sunrise“ transidente Jugendliche. Die Dortmunder Beratungsstelle bietet ihren Service aber auch dem Umfeld der Jugendlichen an und berät ihre Eltern, Lehrer und Freunde. Gockeln ist selbst trans und bringt diese Erfahrungen mit in ihre Beratung ein. Ein Interview über knifflige Entscheidungen, Toleranz und Identität. Von Sophie Schädel | Fotos: Daniel Sadrowski

„Es geht um Identität“ Beratung für trans Jugendliche

W

er Nova Gockeln sieht, kommt auf den ersten Blick vielleicht ins Rätseln. Anfang dreißig, schick. Aber ist das ein Mann oder eine Frau? Markante Wangenknochen, aber ein Strickcardigan. Breitbeinig, aber eine irgendwie feminine Handhaltung. Mit genau solchen Denkmustern beschäftigt sich Gockeln häufig beruflich und privat. „Dass ich selbst zur Zielgruppe gehöre, ist ein ganz elementarer Teil meiner psychologischen Beratung“, erklärt Gockeln. Zu Gockeln kommen Kinder und Jugendliche, die mit ihrer Geschlechtsidentität unsicher sind. Warum ist Geschlecht für junge Menschen eine so wichtige Kategorie, dass sie eine Beratung aufsuchen? „Es geht darum, wie man wahrgenommen und behandelt wird. Und es geht um Identität. Ein ganz tiefer innerer Wunsch, den man nicht unterdrücken kann.“ So ein Wunsch lässt aber Entscheidungen offen, bei denen „Sunrise“ hilft. Manche Jugendliche nehmen Hormone und lassen Stimme und Geschlechtsorgane operativ anpassen, andere ziehen sich einfach anders an. Zu verstehen, wie man leben möchte, und die Entscheidung, wie man das erreicht, ist ein komplizierter Prozess der Selbstfindung, in dem die Betroffenen oft Druck von außen in Form von Anfeindungen oder Unverständnis bekommen. Sunrise schreibt dabei aber nicht einen Weg vor, sondern unterstützt dabei, eigene Entscheidungen zu treffen.

18

Die Schwankung ist das Stabile Meistens wenden sich junge trans Personen an „Sunrise“, wenn sie mitten in dieser Selbstfindung sind. Warum fühle ich mich so? Wohin führt das, und wie kann ich mich richtig entscheiden? Aber auch zu ganz praktischen Fragen bekommt man hier eine Antwort. Wie läuft eine geschlechtsangleichende Operation, wie komme ich an Hormone, wo kann ich meinen Namen ändern lassen? Wenn Jugendliche sich für eine Geschlechtsidentität entschieden haben, ist aber noch längst nicht alles geklärt. Wie werden Familie und Freunde damit umgehen? Gockeln beobachtet viel Unverständnis gerade im Umfeld der Jugendlichen, die nicht-binär leben. Da komme schnell das Vorurteil auf, derjenige könne sich eben nicht für ein Geschlecht entscheiden. „Dabei ist gerade diese Schwankung das Stabile. So wie andere sich vielleicht am einen Tag seriöser kleiden und am anderen eher subkulturell“, erklärt Gockeln. Um solche Dinge zu erklären und einen Umgang damit zu entwickeln, spricht „Sunrise“ in der Beratung nicht nur mit den Jugendlichen, sondern bindet ihr Umfeld mit ein. Wenn in diesem Umfeld die falschen Reaktionen auf die Geschlechtsidentität kommen, kann das den Jugendlichen viel Druck machen und Entscheidung erschweren. Hinter diesen Reaktionen stecken Gockels Erfahrung nach oft Sorge, Überforderung und Unwissenheit. Kann unser Kind je ein

glückliches Leben führen, wie erklären wir das dem kleinen Bruder, wird unser Kind jetzt gemobbt? „Sunrise“ berät auch Lehrer und Schulsozialarbeiter, wie sie mit trans Kindern umgehen können. „Darf man den neuen Namen schon aufs Zeugnis schreiben, obwohl es noch keinen neuen Ausweis gibt? Welche Toilette, welche Umkleide nutzt das Kind?“, fasst Gockeln zusammen, was in der Beratung oft gefragt wird. „Viele Studien belegen, dass trans Kinder ohne Unterstützung vom Umfeld viel häufiger psychische Probleme bekommen. Sie sind wegen dem Druck von außen häufig suizidal und depressiv“, so Gockeln.

Ein Angriff auf die Männlichkeit Diese Ablehnung kann auch in Gewalt gegen trans Personen gipfeln, häufig in Kombination mit sexualisierten Übergriffen. Aber warum reagieren Menschen negativ auf Transidente? Gockeln hat selbst eine Studie zu dieser Frage durchgeführt. Männer und Frauen wurden in ihrer Männlichkeit und Weiblichkeit getestet und bekamen verfälschte Ergebnisse mitgeteilt. Danach sollten sie ihre Einstellungen gegenüber trans Personen erklären. Das Ergebnis der Studie überrascht: „Gerade die Männer, die ich absichtlich als weniger männlich eingestuft habe als sie waren, hatten eine deutlich negativere Einstellung gegenüber trans Personen.“


Gockeln ist nicht-binär trans. Das bedeutet: Bei der Geburt wurde Nova das Geschlecht Mann zugewiesen, Gockeln lebt aber nicht als Mann, hat also eine trans Identität. Allerdings lebt Gockeln auch nicht als Frau, sondern irgendwo außerhalb dieser beiden Geschlechter – nicht-binär eben. Für diesen Artikel werden darum Pronomen vermieden.

Dahinter vermutet Gockeln Identitätskrisen: „Trans Personen sind ein großer Angriff auf das Geschlechtersystem. Trans Frauen zum Beispiel erleben viel Sexismus, weil Frauwerden viele mit Schwäche assoziieren. Sie stellen sich in den Augen vieler damit aktiv auf ein niedrigeres Level. Trans Männer andererseits werden beäugt, weil sie oft scheinbar nicht genug Maskulinität aufbringen, um diese Stufe nach oben erklimmen zu können.“ Gockeln spricht dabei auch aus eigener Erfahrung. Die Eltern zogen einen Jungen groß, der keiner war und sich mit 14 outete. „Da war erstmal viel Unverständnis. Sie haben meine Entscheidung in Zweifel gezogen. In der Schule wurde ich mit femininer Kleidung auch abgelehnt.“ Dem Druck hielt

Gockeln nicht lange stand und entschied sich schließlich um. Trug Vollbart, hörte Metal, trainierte viel, fand eine Freundin – und wurde wieder akzeptiert. „Ich war kurzzeitig zufrieden, aber habe mich dabei so weit von mir entfernt, dass ich so nicht weitermachen konnte“, erinnert sich Gockeln. Mit 20 kam darum das zweite Outing bei den Eltern und seitdem ein transidentes Leben. „Erstmal habe ich dann als sehr weibliche Frau gelebt, mich stark geschminkt und Hormone genommen. Das war anstrengend, aber ich kannte Nichtbinarität nicht“, erzählt Gockeln. Als trans Frau den Bart und markanten Kiefer zu überschminken, dauert lang. Zeit, die Gockeln lieber anders verbringen wollte:

„Es ist eben nicht mein Lebenshobby, nur den gesellschaftlichen Vorstellungen einer Frau zu entsprechen.“ Nach und nach erkannte Gockeln, dass das gar nicht nötig ist. „Ich bin keine typische Frau, das passt gar nicht zu mir. Ich bin jetzt nicht-binär. Das ist auch ein Kompromiss, um mein Leben lebbarer zu machen.“ Allerdings nicht nur, um Zeit am Spiegel zu sparen: Wenn Gockeln geschminkt herumläuft, kommen mehr feindselige Sprüche. „Vielleicht würde ich in einer toleranten Gesellschaft femininer leben“, überlegt Gockeln. Das ist aber keine Unzufriedenheit mit der eigenen Identität: „Ich habe ein Level an Stabilität erreicht, mit dem ich sehr zufrieden bin. Es fühlt sich an, als wäre ich angekommen.“ 19


REPORTAGE

1990 – ein knappes halbes Jahr nach der Grenzöffnung – fuhr Hinz&Kunzt-Fotograf Mauricio Bustamante nach Ost-Berlin, um dort die Reste der Mauer zu fotografieren.

Wieso es in der DDR kaum Obdachlose gab „Obdachlosigkeit? Gab es in der DDR nicht!“ Das ist eine verbreitete Annahme. Und dass es zumindest deutlich weniger Obdachlosigkeit als in Westdeutschland gab, ist tatsächlich unstrittig. Denn der Staat sorgte für günstige Mieten, Arbeit und teilte Wohnungen zu – ging aber auch mit massiver Repression gegen alle vor, die als „asozial“ galten. Von Lukas Gilbert Foto: Mauricio Bustamante

„Wer obdachlos war, der wurde einfach weggesperrt“, erinnert sich Rotraud Kießling. Zu DDR-Zeiten war sie in der kirchlichen Sozialarbeit aktiv, heute für die Diakonie Dresden in der Wohnungsnotfallhilfe. Stark zugenommen habe die Kriminalisierung von Obdachlosigkeit in der DDR seit 1961, ordnet Christoph Lorke ein. Er ist Historiker und beschäftigt sich mit Armut in der DDR. Parallel zu dieser Kriminalisierung beginnt der Bau der Mauer, und die DDR-Führung orientiert sich immer stärker an den sowjetischen „Parasitenparagraphen“, ergänzt er. Die Grundlage für die Strafverfolgung in der DDR lieferte § 249 des Strafgesetzbuches, der sogenannte „Asozialenparagraph“. Betteln, „Arbeitsscheue“, Prostitution oder die Beeinträchtigung der „öffentliche(n) Ordnung und Sicherheit durch eine asoziale Lebensweise“ – all das wurde mit Erziehungsaufsicht, Gefängnis oder Aufenthaltsbeschränkungen bestraft. „Obdachlosigkeit und damit assoziierte Eigenschaften fielen ganz einfach aus dem

20

sozialistischen Ideal“, erläutert Lorke. Um Obdachlose aus dem Straßenbild zu verbannen, seien ihnen Unterkünfte staatlich zugewiesen worden – und zwar zwangsweise, oft in heruntergekommenen Gründerzeitbauten mit Außentoiletten, etwa im Prenzlauer Berg. Also genau dort, wo Mieten heute kaum noch zu bezahlen sind. Für Jugendliche, die aus der Norm fielen, etwa weil sie nicht arbeiten wollten, gab es zudem Umerziehungslager, sogenannte „Jugendwerkhöfe“. In Betrieben existierten spezielle Brigaden für die sogenannten „Arbeitsbummler“. All das führte dazu, dass es Obdachlosigkeit zumindest in der späteren DDR faktisch nicht gab, weiß Lorke.

Durch die Wende wohnungslos Mit dem Fall der Mauer hatte sich das schlagartig geändert. Viele Ostdeutsche mussten etwa die Wohnungen, die sie von ihren Arbeitgebern gestellt bekommen hatten, verlassen. Andere waren überfordert mit bürokratischen Hürden und mit hohen Mietzahlungen. Schätzungen zufolge gab es


Anzeigen

the RUNWAY (lamps #29) MO-Kunstpreis 2019 für IDAN HAYOSH Ein Preis der FREUNDE DES MUSEUMS OST WALL E. V. 17. Dezember 2019 bis 15. März 2020 Dortmunder U, Ebene 6 (Oberlichtsaal)

zwischen 1991 und 1992 in der DDR plötzlich etwa 200.000 Menschen ohne festen Wohnsitz, berichtet Lorke, aber noch keine Struktur der Obdachlosenhilfe. Das bestätigt auch Sozialarbeiterin Kießling, die diese Strukturen dann mit aufgebaut hat: „Aus ‚Kriminellen‘ wurden plötzlich Anspruchsberechtigte, so konnten wir den Menschen endlich richtig helfen.“ Viele gingen aber auch nach Westdeutschland und ließen alles zurück. Nicht wenige von ihnen wurden obdachlos. Genaue Zahlen gibt es auch hierfür nicht. In einem „Zeit“-Artikel aus dem November 1991 geht der damalige Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe davon aus, dass „inzwischen 20 bis 30 Prozent der Plätze in den westdeutschen Asylen mit ‚Ossis‘ belegt sind“. Mit freundlicher Genehmigung von Hinz&Kunzt / INSP.ngo

21


WILDE KRÄUTER

Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

HAGEBUTTE

Frucht der Rosa canina

V

REZEPT 675 g Hagebutten waschen, halbieren, entkernen und erneut gründlich waschen, um die feinen Härchen zu entfernen. Die Butten mit 1/8 l Wasser bei geschlossenem Deckel in einem Topf behutsam köcheln, bis sie beginnen, weich zu werden. Das hängt vom Reifegrad bzw. der Erntezeit ab. ¼ l milden Apfelessig und 3 fein gewürfelte Zwiebeln zugeben, 10 Minuten bei schwacher Hitze simmern lassen. Dann 2 Boskop-Äpfel in nicht zu kleine Stücke schneiden, ebenfalls in den Topf geben und noch immer zugedeckt bei schwacher Hitze weitere 5 Minuten auf dem Herd lassen. Anschließend 1 TL frisch geriebene Ingwerwurzel, 2 TL Zimt und 225 g Rohrzucker zugeben, mit 1 bis 2 TL schwarzem Pfeffer aus der Mühle abschmecken und im jetzt offenen Topf noch 25 Minuten behutsam köcheln lassen. Dabei gelegentlich umrühren. In sterile Gläser füllen.

22

orsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Der Abend ist die Mutter der Geduld. Das erste Sprichwort dürfte allseits bekannt sein. Das zweite, das mit der Geduld, stammt aus dem Indischen. Ob ich geduldig bin, ist nicht entschieden. Ich kann durchaus ungeduldig werden. Am Fahrkartenautomaten beispielsweise oder an der Supermarktkasse. Da wäre es eventuell besser, mich vorsichtig zu behandeln. Andererseits: Ich kann tief in mir selbst ruhen. Etwa beim Hagebuttenentkernen. Eine Stunde brauche ich für hundertfünfzig Gramm. Sie können ja mal überschlagen, was das im Fall des nebenstehenden Chutneys bedeutet. Chutneys stammen ebenfalls aus Indien, das jedoch ist in diesem Kontext reiner Zufall. Kein Zufall war, aus besagtem Grund, dass es Abend wurde, als ich mich erstmalig an einem Hagebuttenchutney versuchte. Das Ergebnis war den Aufwand wert. Vermutlich habe ich die Fähigkeit, geduldig Hagebutten entkernen zu können, von meiner Oma mütterlicherseits geerbt. Ihr Weintraubenquark war der beste, den ich Zeit meines Lebens gegessen habe. Sie löste nämlich nicht nur jeden einzelnen Kern aus jeder einzelnen Beere, sie zog ihnen anschließend sogar noch separat die Haut ab. Darüber hinaus habe ich von ihr gelernt, dass man aus Brennnesseln Spinat machen kann. Das ist vergleichsweise wenig mühsam. Und lecker war der auch, weit weniger spektakulär als besagter Weintraubenquark, im Endeffekt aber von nachhaltiger Wirkung. Ohne diesen Spinat hätte ich vielleicht niemals begonnen, mit Wildkräutern zu kochen – und dann gäbe es diese Kolumne nicht.

Ob die Liebste geduldig ist, ist ebenfalls unentschieden. Sie kann geduldig sein, beim Häkeln oder Stricken. Oder wenn sie unseren Urlaub plant. Ihre Geduld ist jedoch schnell am Ende, wenn ich es ihrer Meinung nach mit dem Nichtaufräumenwollen übertreibe. Und in der Küche. Beim Kochen. Beim Kleinstschneiden von Paprikaschoten oder Juliennieren von Karotten. Das ist immer mein Job. Bei der Sache mit den Hagebutten verlässt sie sogar die Küche. Da erträgt sie selbst das Mirdabeizugucken kaum. Am Ende freilich, wenn das Chutney fertig ist, muss auch sie zugeben, dass Aufwand und Ertrag wohl doch in recht gesundem Verhältnis zueinander standen. Nur, dass sie das Entkernen niemals übernommen hätte. Versuchen Sie es mal. Mit einem wirklich scharfen Messer geht die Arbeit leichter von der Hand. Seien Sie also vorsichtig dabei. Die Hagebutte ist eine Sammelfrucht, die viele kleine Nüsschen enthält. Diese sind mit feinen, widerhakenbesetzten Härchen bedeckt, die bei Hautkontakt Juckreiz hervorrufen. Daher sollten sie nicht mitgegessen oder -verarbeitet werden. Kinder nutzen die Nüsschen gelegentlich zum Herstellen von „Juckpulver“.


KULTUR

Neustart im Hallenbad In Zekai Fenercis Jugend in den 1980er-Jahren haben Jugendliche tatsächlich noch auf der Straße getanzt – zum Beispiel Breakdance. Der künstlerische Leiter der Herner TanzKompagnie Renegade will den Streetdance in den kommenden Jahren wieder in den Stadtraum bringen – und in ein leer stehendes Hallenbad. Von Max Florian Kühlem Fotos: Daniel Sadrowski

Sieben Jahre lange hatte Renegade, die mit ihrer Straßen-Ästhetik einen anderen Ansatz in die NRW-Tanzlandschaft brachte, eine Residenz im Schauspielhaus Bochum. Gut 35.000 Zuschauer kamen in dieser Zeit – ein junges, buntes Publikum, das im Stadttheater nicht unbedingt selbstverständlich ein- und ausgeht. Von 2015 bis 2018 bekamen Renegade und der Verein Pottporus, in dem die Gruppe organisiert ist, außerdem die Chance, mit der Bochumer Zeche 1 einen eigenen Raum zu bespielen: Sie nannten sie Zentrum für urbane Kunst und bespielten es ohne zusätzliche finanzielle Hilfe mit eigenen Inszenierungen und Gastspielen. Mit dem Intendanzwechsel am Bochumer Schauspielhaus kam das Aus für das Zentrum. Das Team von Johan Simons wollte die Zeche 1 selbst bespielen. Andere hätten an diesem Punkt vielleicht aufgegeben – oder sich mit kleineren Projekten zufrieden gegeben. Doch Zekai Fenerci war und blieb überzeugt: „Die urbane Szene braucht einen festen Ort.“ Das Pottporus-Haus in Herne reicht zwar für Trainings und kleinere Proben, eignet sich aber nicht als Produktions- und Aufführungsort. Mit renommierten Choreographen und Regisseuren wie der Folkwang-Tanzprofessorin Malou Airaudo oder Samir Akika („Einer flog über das Kuckucksnest“) hatte man bereits gezeigt, dass man künstlerisch auf höchstem Niveau arbeiten kann.

Zekai Fenerci und sein Team blieben also am Ball, suchten die Öffentlichkeit und Gespräche mit der Landesregierung – und irgendwann sah das Kultusministerium ein: „Das ist ein Diamant, den darf man nicht verlieren“ – so stellt es der künstlerische Leiter da. Mit den 300.000 Euro, die Land und Stadt Herne jetzt für die nächsten drei Jahre bereitstellen, kann neben Fenerci auch Malou Airaudo als künstlerische Leiterin in Herne wirken. Und auf Initiative eines FDPLandtagsabgeordneten wird eine Machbarkeitstudie für die Umnutzung des Hallenbads in Wanne-Eickel, Am Solbad 7, erstellt. Die Architekturkunst-Truppe Modulorbeat erarbeitet schon erste Ideen für Baumaßnahmen für das 50er-Jahre-Juwel. Einen ersten Einblicke in das Hallenbad gab Renegade während des Urban-Art-Festivals im November in Herne: Per Virtual-RealityBrille konnten Besucher eine Tanz-Choreographie im Bad bestaunen, das die Öffentlichkeit bislang noch nicht betreten darf. Zu den weiteren künstlerischen Plänen für die nächsten Jahre gehört ein großes Projekt, für das Regisseur Samir Akika Künstlern aus dem Senegal und Ghana zusammenbringt. Partner sind PACT Zollverein und das Pumpenhaus in Münster.

23


Kalender 01 & 02 | 2020

3 x 2 Karten | Penguin Café | Seite 25 2 x 2 Karten | The Busters | Seite 26 2 x 2 Karten | Klangsphäre: Klaus Fiehe | Seite 26 bodo 1 x 2 Karten | Stranger Than Fiction | Seite 29 Verlosungen

– mitmachen und gewinnen

Hinweise zum Datenschutz: Eine Weitergabe der Daten an Dritte erfolgt grundsätzlich nicht, mit Ausnahme an den jeweiligen Veranstalter (zum Beispiel, um Ihren Namen auf die Gästeliste zu setzen). Sie erhalten ca. einmal jährlich postalisch Informationen zu den Aktivitäten unseres Vereins. Dem Erhalt können Sie jederzeit widersprechen. Eine weitergehende Datenverarbeitung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Weitere Hinweise zum Datenschutz entnehmen Sie unserer Homepage unter www.bodoev.de.

DO 02 | 01 | 20 Ausstellung | „Mein Dortmund. Eingetütet, ausgepackt und ausgestellt“ Seit März 2019 haben mehr als 115 DortmunderInnen ihr Stück Dortmund in eine Tüte gepackt: Sie beteiligen sich an der MitmachAusstellung „Mein Dortmund“. Zu sehen ist an über 30 Stationen eine erste Auswahl der eingereichten Schenkungen und Leihgaben aus sieben Jahrzehnten. Dazu kommen die Antworten und Statements der DortmunderInnen, die u.a. preisgeben, was sie an Dortmund schätzen bzw. weniger schätzen. Bis 26.2., www.mkk.dortmund.de MKK, Dortmund Ausstellung | The Other Side – Grenzräume in der zeitgenössischen irischen Kunst Die Ausstellung fokussiert die persönlichen, geopolitischen und kulturellen Auswirkungen von Grenzen und gesellschaftlicher

Die Verlosungsteilnahme ist ganz einfach: Schicken Sie Ihren Wunschgewinn mit Name, Telefon, Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund. Teilnahmeschluss ist jeweils drei Tage vor der Veranstaltung. Bei mehreren Teilnehmern entscheidet das Los. Die Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich.

Teilung. Durch Ereignisse wie die Unabhängigkeit der Republik Irland, die sogenannten „Troubles“ in Nordirland und aktuell in den Brexit-Diskussionen wurde die Grenze immer wieder zum zentralen Konfliktpunkt der Insel. Insgesamt sechs international renommierte KünstlerInnen aus der Republik Irland und Nordirland beschäftigen sich mit diesem Thema und setzen es neu in Szene. Bis 17.3., www.dortmunder-u.de Ebene 6, Dortmunder U, Dortmund

SA 11 | 01 | 20 Kleinkunst | √16 – Abend mit Rimbaud Unter diesem Titel präsentiert die musikalisch-literarische Performance-Truppe √16 ein abendfüllendes Programm mit Lyrik, Prosa, Szenen und Liedern rund um die Person des symbolistischen Dichters Arthur Rimbaud. √16 setzt sich zusammen aus Claudia Schmidt (piano), Oscar Borkowsky

(percussion), Werner Wicke (saxophone) und Hannes Sänger (vocal & guitar). Herr Bennewitz, Hohe Straße 88 – 90, Dortmund, 20 Uhr Mischmasch | Tag der offenen Tür Das TheaterTotal öffnet seine Türen und zeigt bei Hausführungen, Workshops und persönlichen Gesprächen, was hinter dem Projekt steckt. Jeder ist herzlich willkommen. Eintritt frei. TheaterTotal, Bochum, 14 – 18 Uhr

SO 12 | 01 | 20 Kindertheater | Prinzessin Kröte „Wer auch immer, wo auch immer diesen Pfeil findet, soll dich zum Gemahl nehmen“, sprach der Zar zu seinem Sohn. Ivan Zarewitsch schoss den Pfeil ab und ritt auf seinem roten Pferd in die weite Welt hinaus. Quuaaack! Was aber, wenn es eine Kröte ist,

Anzeige

Bildung! Reisen! Abenteuer!

Nachhaltige Ferienfreizeiten für Kinder, Jugendliche und junge Familien mit der Naturfreundejugend NRW! Zum Beispiel:

• 6 Tage Segeln auf der Waddenzee in den Oster- und Herbstferien, verschiedene Altersgruppen (ab 12 bis 26 Jahre)// ab 225€ • 6 Tage Zeltcamp am Badesee in Kerken, Kids ab 8 Jahre oder Teens bis 17 Jahre// ab 99€ • 14 Tage Sommercamp für Kids (Niederlande/ ab 7 Jahre/ ab 320€) und Teens (Schweden/ ab 13 Jahre/ ab 499€) Inklusive: gemeinsame Anfahrt aus dem Ruhrgebiet/ Betreuung/ Programm/ Übernachtung und Vollpension! Außerdem: Familienwandern in der Eifel, Frauenyoga im Bergischen, das Slacklinefestival NRW in Schwerte und vieles mehr!

NATUR FREUNDE

JUGEND

Landesverband Nordrhein-Westfalen

Jetzt Programm anfordern oder auf der homepage stöbern! nrw.naturfreundejugend.de // Telefonische Beratung unter: 02304-68869 24


BODO-TIPP

Geierabend: „Mein Name ist Pott, RuhrPott“ 3. Januar bis 25. Februar Zeche Zollern Grubenweg 5 Dortmund

(Fast) nur KennerInnen wissen, dass der legendäre Geheimagent James Bond nicht nur in Wattenscheid das Licht der Welt erblickte, sondern dass das 2020 auch 100 Jahre her ist. Wer ebenfalls 100 wird: das Ruhrgebiet, verkörpert durch den „Regionalverband Ruhr“. Soso. Anlass aber für den Ruhrgebiets-Karneval „Geierabend“, sein neues Programm unter das Motto „Mein Name ist Pott, RuhrPott“ zu stellen. Beheimatet in Dortmund, schicken die Geier einen Agenten durchs Revier, haben Gelsenkirchen als Partnerstadt ins Boot und in Herne den TegtmeierEhrenpreis entgegengenommen, verabschieden die Allzeitgeier Franziska Mense-Moritz und Hans Peter Krüger in den Ruhestand und nehmen nebenbei fast acht Wochen lang Weltpolitik und Lokalpossen aufs Korn. Und unterstützen, zusammen mit ihrem Publikum, mit den nicht verbrauchten und zurückgegebenen Wertmarken, wie jedes Jahr, die Arbeit von bodo. www.geierabend.de

die den Pfeil findet – eine hässliche, widerliche Kröte? Ein Figurentheaterstück für Menschen ab vier Jahren über den ersten Schein, der nur allzu oft trügt. Theater der Gezeiten, Bochum, 16 Uhr (auch 13.1., 18 Uhr)

DO 16 | 01 | 20 Vortrag | (An-)Kommen zwischen Rettungskette und Trauerarbeit Wenn der Tod plötzlich und unerwartet oder durch ein Unglück eintritt, geraten Angehörige oft in einen emotionalen Ausnahmezustand. In solchen Situationen rufen Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst die Notfallseelsorge. Wie hilft die Notfallseelsorge Menschen nach so einem traurigen Ereignis? Wie werden Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger ausgebildet? Ein Gespräch mit Pfarrer Hendrik Münz, Feuerwehrseelsorger im Rahmen der Aus-

stellung „Pia sagt Lebwohl“, die bis zum 9. August gezeigt wird. DASA, Dortmund, 18 Uhr

FR 17 | 01 | 20 Comedy | Heinz Gröning – „Jammern gilt nicht“ Der unglaubliche Heinz glaubt an die Macht der Lachkraft. Aber er nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, die Kotzbrocken unserer Zeit an den Pranger der Lächerlichkeit zu stellen. Früher war nicht alles besser, sondern ist nur länger her, und man kann sich nicht mehr so gut dran erinnern. Cabaret Queue, Dortmund, 19.30 Uhr Theater | Familien gegen Nazis Eine wahnwitzige Show voller Argumente und herausfordernder Games, die brisante Bekenntnisse und tiefe Gräben zum Vorschein treten lässt. Regisseurin Laura N.

Junghanns befragt in ihrer vierten Arbeit am Schauspiel Dortmund Strategien, wie und wann man den politischen Entwicklungen am rechten Rand begegnet. Eine bissige Satire auf Show, Politik und über die Frage, was wir als Gesellschaft noch für erträglich halten – und wogegen wir besser aufstehen. Studio im Schauspielhaus, Dortmund, 20 Uhr

VERLOSUNG Penguin Café Das Penguin Café Orchestra ist Legende. Es war: eine Assoziation von Musik und Musikern, die ein halbes Jahrhundert über in immer neuer Konstellation etwas machten, das sich auf keinen Begriff bringen ließ. Die Musik, die heute im Penguin Café spielt, ist warm wie Folk und technisch en vogue. Violine, Bratsche und Cello, dazu Percussion und Flügel, Synthesizer und Harmonium und – so kündigen sie es an – „weitere Instrumente“, die aussehen, als könne man ihnen im Café begegnen oder in der Antarktis. Christuskirche, Bochum, 20 Uhr

bodo verlost 3x2 Karten

Kabarett | Britta Weyers – „Wunschvorstellung“ Britta Weyers spricht und singt über Wunschverzettelungen und wüste Verwünschungen, über Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, und magisch-tragische Momente, wenn aus Wünschen Wahrheit wird. Das Leben ist kein Wunschkonzert – oder doch? Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

SA 18 | 01 | 20 Singspiel | Im weißen Rössl Mit „Im weißen Rössl“ schuf Ralph Benatzky eine knallbunte, herrlich kitschige und ohrwurmlastige Revue-Operette, die mitt-

Anzeige NR.

64

Tickets unter:

www.ADticket.de

25


KALENDER

lerweile Kultstatus genießt. Changierend zwischen Wiener Schmäh, alpenländischer Lebensfreude und Berliner Schnoddrigkeit lädt das Werk ebenso zum herzhaften Lachen wie zum Nachdenken ein. Opernhaus, Dortmund, 19.30 Uhr Party | La Boum La Boum, die wilde Party im Sissikingkong, gehört zum Dortmunder Nachtleben wie Beat und Soul und Rock‘n‘Roll auf zwei Plattenteller. Und hinter diesen stehen Timmi & Martini. Mit den beiden beginnt stets eine furiose Achterbahnfahrt durch mindestens zehn Jahrzehnte Tanz und Spaß im Club. Eintritt frei. Sissikingkong, Dortmund, 22 Uhr

SO 19 | 01 | 20 Familie | Familiensonntag Beim Familiensonntag warten auf die kleinen BesucherInnen Bastelaktionen, eine Holzwerkstatt, eine Disco und das kostenlose Kinderkino. Parallel dazu findet ab Januar der Baby- und Kindertrödel statt. Eintritt frei. Werkstadt, Witten, 14 – 18 Uhr

DO 23 | 01 | 20 Führung | Nachts im Bergwerk Das tiefe Schwarz im Bergwerk ist ein Erlebnis. Ausgestattet mit Helm und Kopflampe erleben BesucherInnen ab 14 Jahren authentische Lichtverhältnisse, spüren die Grubenluft und hören den Maschinenlärm. Nach der „Schicht“ können sich die BesucherInnen mit deftigen Stullen stärken. Eine Anmeldung ist erforderlich. www.bergbaumuseum.de Deutsches Bergbaumuseum, Bochum, 17 Uhr

FR 24 | 01 | 20 Theater | Der Gott des Gemetzels Das freie Theaterkollektiv austroPott präsentiert eine Neuinszenierung des Erfolgsstücks von Yasmina Reza. Die Zusammenkunft zweier Elternpaare zur Klärung des handgreiflichen Streites der Sprösslinge gerät trotz aller zur Schau getragenen, vernunftbegabten und ach so kultivierten Herangehensweise zum Eklat. Nach kurzer Zeit rücken die Verfehlungen der kleinen Rüpel immer mehr in den Hintergrund, stattdessen durchbrechen unterschwellige Konflikte, spezielle Befindlichkeiten und das raue Sein die Fassade. Kino im U, Dortmund, 19.30 Uhr (auch 25.1.)

VERLOSUNG The Busters Ska ist ein gewonnener Wettlauf gegen die schlechte Laune. Ska vertreibt verlässlich trübe Gedanken und schwere Beine und lässt dennoch Raum für politische Botschaften. Das Motto „ska against racism“ wird von The Busters gelebt, die Mitglieder haben ihre Wurzeln in Frankreich, Indien, Ägypten, in der Türkei und in Deutschland. Auf ihrer aktuellen Tour „One for All“ hat die Band ihr neues Album „The Busters“ im Gepäck. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

bodo verlost 2x2 Karten

SA 25 | 01 | 20 Theater | Bloody Carrie Die 16-jährige Carrie White hat kein Glück im Leben. Das schüchterne Mädchen wird

von ihren MitschülerInnen gemobbt und von ihrer strengen Mutter hart und unnachgiebig behandelt. Das Mobbing erreicht seinen Höhepunkt, als ein Video von ihr im Internet auftaucht, nackt, unter der Dusche. Die Übeltäterin wird bestraft, doch sie ersinnt einen perfiden Racheplan. Jedoch hat sie nicht mit Carries außergewöhnlichen Kräften gerechnet. Ein Horror-Theaterstück für Menschen ab 14 Jahren nach Motiven von Stephen Kings berühmter Geschichte. Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr (auch 26.1., 18 Uhr)

VERLOSUNG Klangsphäre – DJ & Space: Klaus Fiehe Mit seiner Sendung Raum & Zeit (heute „1LIVE Fiehe“) prägte er seit Mitte der 90er Jahre gleich mehrere Generationen mit der Begeisterung für atmosphärische elektronische Clubmusik. Dabei bringt Fiehe bis heute stets zuverlässig aktuelle Trends wie Drum‘n‘Bass, Trip Hop, Dub Step oder Grime als einer der Ersten ins deutsche Radio und blickt aber auch gerne über den musikalischen Tellerrand. Im Planetarium verspricht Fiehe eine musikalische Reise durch Raum und Zeit von Ambient, Chill Out, Trip Hop und Dub bis zu aktuellen atmosphärischen Club Sounds. Planetarium, Bochum, 21 Uhr

bodo verlost 2x2 Karten

Musik | Carmen Souza Die preisgekrönte Weltmusik- und Jazzsängerin von den Kapverden verbindet das kreolische Erbe ihrer Heimat mit Elemen-

Anzeige

LWL-Museum für Archäologie Westfälisches Landesmuseum Herne

SONDERAUSSTELLUNG PEST! 20.09.2019 – 10.05.2020

FÖRDERVEREIN LWL-Museum für Archäologie

26


BODO-TIPP

Anzeigen

Dabei sein

Als in den letzten Jahren gefühlt alle, die etwas zu sagen haben – oder das glaubten -, sich hinter ein Mikro setzten und einen Podcast starteten, haben die Podcasterinnen der ersten Generation angefangen, ihre Sendungen live und vor Publikum aufzunehmen.

Lucky & Fred – die Gala 24. Januar Fletch Bizzel Dortmund

Auch Lukas Heinser (ehem. Bildblog, Coffee&TV, European Song Contest) und Friedrich Küppersbusch (ehem. ZAK, taz, Radio Bremen Zwei) sind hinter ihren Rechnern hervorgekommen und präsentieren ihren Politsatire-Podcast „Lucky & Fred“ regelmäßig als Live-Gala im Fletch Bizzel in Dortmund. „Pointierte Schwafeleien über aktuelle Themen, streng subjektive Analysen zum Zustand der Welt, dazu Musik und lustige Videos“ verspricht die Ankündigung – musikalisch untermalt oder unterbrochen werden die Livepodcaster von Frau Ado & die Goldkanten, die schon den unvergessenen Wiglaf Droste begleiteten.

hat viele

Vorteile Mehr Schutz im Betrieb, mehr Sicherheit im Leben und dadurch mehr persönliche Freiheit. Wäre doch schade, Sie würden darauf verzichten, oder?

www.luckyundfred.de

ten des Jazz. Kreolen waren es auch, die an der Entstehung des Jazz in New Orleans maßgeblich beteiligt waren. Souza verarbeitet in ihren Songs oft die vielschichtigen Einf lüsse ihrer beiden Mitspieler aus Portugal und Mozambique. Man hört Rhythmen des Batuque, Funana, Semba, Quilapanga, Marrabenta und viele afrobrasilianische Elemente. domicil, Dortmund, 20 Uhr

SO 26 | 01 | 20 Musik | Christoph Iacono und Linda Bockholt: Heimatleader Ja, Lieder sind es, die Linda Bockholt und Christoph Iacono an diesem Abend singen und spielen – allerdings keine Heimatlieder von deutschen Feldern, Wäldern und Auen. Nein, es sind Gedanken und Lieder, die in eine Heimat führen – was immer diese Heimat auch sein mag. Prinz Regent Theater, Bochum, 18 Uhr Kabarett | Vera Deckers – „Wenn die Narzissten wieder blühen“ Die Narzissten haben die Macht übernommen. Verpackung ist heute wichtiger als Inhalt. Aufmerksamkeit ist die globale Währung. Existent ist nur noch, wer online ist – und der/die Lauteste gewinnt. Selbstverwirklichung ist das Gebot der Stunde und jede/jeder kann ein Star sein. Aber wenn jede/jeder die erste Geige spielt, wie klingt dann das gesamte Orchester? Den Wahnsinn der heutigen Zeit belegt die studierte Psychologin Vera Deckers anhand wissenschaftlicher Studien. Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr

MO 27 | 01 | 20 Vortrag | Internationaler Holocaust-Gedenktag 75 Jahre danach – Der Umgang der Bundesrepublik Deutschland mit dem Holocaust Es hat mehrere Jahrzehnte gedauert, bis der Holocaust seit den 1990er Jahren zu einem zentralen Bezugspunkt der deutschen historischen Erinnerung wurde. Die Erinnerung an die Ermordung der europäischen Juden stand dabei stets in einem Spannungsfeld zwischen der Erinnerung an die deutschen Opfer des Krieges und der Erinnerung an andere Gruppen von Verfolgten des Nationalsozialismus. In dem Vortrag von Prof. Dr. Constantin Goschler werden die Veränderungen dieser Konstellation in den vergangenen 75 Jahren diskutiert. Eintritt frei. Museum für Kunst- und Kulturgeschichte, Dortmund, 18 Uhr

DO 30 | 01 | 20 Musik | Esther Ofarim Zusammen mit ihrem Arrangeur und musikalischen Begleiter Yoni Rechter hat Esther Ofarim ein neues Programm erarbeitet, das unterschiedlichste Stile und Genres mischt. Hebräische Volkslieder stehen neben irischen Balladen, Beatles-Songs neben Kurt Weill, Orient neben dem gutturalen Schrei der Bronx, der intellektuelle Witz des Broadways neben sephardischen Traumfantasien. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr Musik | Hannah Williams & The Affirmations Mit Hannah Williams hat das Universum einen neuen Stern am Soul-Himmel. RapSuperstar Jay-Z erkannte ihre Qualitäten

Die IG Metall finden Sie 3 x in Ihrer Region: 44793 Bochum, 44793 Bochum, Alleestraße Alleestraße 80 80 Tel. 0234 0234 – Tel. – 96 96 44 44 60 60 44135 Dortmund, Ostwall 17 – 21 44135 Dortmund, Ostwall 17 – 21 Tel. 0231 – 57 70 60 Tel. 0231 – 57 70 60 44623 Herne, Schulstraße 24 44623 Herne, 23 Tel. 02323 – 14Viktor-Reuter-Str. 63 80

17.01.20

mit Alice Hasters 31.01.20 Songs & Whispers Open Stage für Singer-Songwriter

06.02.20

Ausstellungseröffnung IM RECHTEN LICHT

08.02.20

Leopoldstr. 50-58 · 44147 Dortmund Tel. 0231 50-25145 · Fax 0231 50-26019 facebook.com/DietrichKeuningHaus

27


KALENDER

schnell und eröffnet mit einem Sample ihres Songs „Late Nights & Heartbreak“ sein Album „4:44“. Nach Support-Touren für Sharon Jones, Charles Bradley und Cat Power möchte die britische Soul-Hoffnung nun selbst den internationalen Durchbruch schaffen. FZW, Dortmund, 20 Uhr

BODO-TIPP

Schwerter Kleinkunstwochen

FR 31 | 01 | 20 Sport | Viactiv RaceArts Bei „Viactiv RaceArts“ stehen LäuferInnen und SpringerInnen auf internationalem und nationalem Spitzenniveau gemeinsam mit lokalen Urban-SportlerInnen aus dem Freestyle-BMX, Skateboarding- oder UrbanDance-Bereich auf der Bühne der Jahrhunderthalle Bochum. Jahrhunderthalle Bochum, Bochum, 19 Uhr Musik | Sang&Klang:Los! Das KCR ist seit nunmehr 20 Jahren das Zuhause des Dortmunder schwullesbischen Chors Sang&Klang:Los!. Ein Grund zu feiern. „20 Jahre Sehnsucht“ – ein Programm, das die musikalischen Highlights und emotionalsten Momente dieser Jahre Revue passieren lässt. Auf dem Programm stehen Lieder der 20er/30er Jahre, die durch Ironie, Witz und Biss die ZuhörerInnen zum Schmunzeln bringen, kurze Madrigale und Popmusik. Im Anschluss an das Konzert am Samstag veranstaltet das KCR (Kommunikationscentrum Ruhr) eine Party, zu der alle KonzertbesucherInnen eingeladen sind. Wiechern Kultur- und Tagungszentrum, Dortmund, 19.30 Uhr (auch 1.2.) Tanztheater | Critical Mess – „Dodai“ Der Name Dodai ist eine Kombination aus dem italienischen „do“ (ich gebe) und „dai“ (du gibst). Eine JonglageTanzTheater-Kreation über sieben Individuen, die mit alltäglichen Problemen konfrontiert sind, bezugnehmend auf die Frage: „Was ist mein? Was ist dein? Und was müssen wir uns teilen, um ein besseres Leben leben zu können?“ Die Jongliercompagnie Critical Mess wurde 2017 gegründet mit dem Antrieb, das Jonglieren aus der klassischen Zirkus-Ecke zu holen und es in einen breiteren künstlerischen Kontext zu stellen. Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr (auch 1.2.)

SA 01 | 02 | 20 Kinder-Theater-Hörspiel | „Eule findet den Beat“ Die kleine Eule hat noch nicht so viel Ahnung von Musik. Aber dann, durch eine wundersame Melodie geweckt, macht sie sich auf und spaziert hinaus in die Welt und hinein in die 28

1. Februar bis 14. Mai Schwerte

Musik, Theater, Kabarett: Vom 1. Februar bis zum 20. Mai treffen sich bei den 64. Schwerter Kleinkunstwochen „heiße Newcomer und legendäre Typen, starke Frauen und schöne Männer, leise Töne und laute Eskalation, Wortkunst, Musik und Comedy“. Seit 1983 gehört das Kulturfestival zum Schwerter Kulturprogramm. Den Auftakt macht am 1. Februar die Akkordeonistin „La Signora“ Carmela de Feo, es folgen Axel Prahl & sein Inselorchester (20. Februar), die Acht-Personenaus-fünf-Ländern-Band „The Cast“ (28. Februar), August Zirner & das Spardosen-Terzett (6. März), Tahnee (29. April), die Kabarettistin Lisa Koz (10. Mai) und Sissi Perlinger (14. Mai). Am 29. April werden in der Rohrmeisterei außerdem wieder feierlich die Schwerter Kleinkunstpreise vergeben. Infos, Karten und ausführliches Programm: www.schwerter-kleinkunstwochen.de

Genres der Musik. Und dort trifft sie acht Tiere: Eule lernt einen Maulwurf kennen, der steht auf Rockmusik, sie lernt eine Fliege kennen, die ihr Pop-Melodien einsummt, sie begegnet einem Papagei, der ihr die Leichtigkeit des Reggae vorführt, und einer Fledermaus, die auf Elektro abfährt, und dann ist da noch die Punk-Katze... Für Menschen ab vier Jahren. Christuskirche, Bochum, 16 Uhr Theater | Warten auf Godot Wladimir und Estragon, die zwei Wartenden, harren aus. Aneinandergeklammert sind sie allein – und doch sicher aufgehoben in ihrer Annahme, dass das Große – nennen wir es Godot – doch irgendwann kommen könnte. Die Gewissheit, Godot könnte existieren, gibt den beiden wahren tragikomischen Gestalten des Lebens Halt in der Leere des Raums und der Zeit, die sie mit endlosen Wiederholungen und Variationen der Wiederholung zu erhellen versuchen. Dürfen Wladimir und Estragon hoffen? Und: worauf eigentlich? Schauspielhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

SO 02 | 02 | 20 Musik | Adam Ben Ezra Der New Yorker Adam Ben Ezra spielt neben Kontrabass Violine und Gitarre, dazu Klavier, Klarinette, Oud, Flöte und Cajon. Und er nutzt seine ausdrucksstarke Stimme sowie Elektronik für Sampling und Loops, was er auf der Bühne auch gezielt einzusetzen weiß. domicil, Dortmund, 19 Uhr Theater | Kunst Serge hat sich für teures Geld ein modernes Kunstwerk gekauft, ein (nahezu) komplett weißes Gemälde. Ausgerechnet darüber ent-

brennt ein Streit zwischen ihm und seinem guten Freund Marc; der gemeinsame Kumpel Yvan gerät dabei zwischen die Fronten. Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

MO 03 | 02 | 20 Seniorennachmittag | Bochum Man-Tau Der Festausschuss Bochumer Karneval e.V. präsentiert ein buntes Karnevalsprogramm. Die BesucherInnen des Seniorennachmittags für Bochum und Wattenscheid können sich auf Tanzaufführungen und Gesang zum Mitschunkeln, Mitsingen und Mitlachen freuen. RuhrCongress, Bochum, 15 Uhr

MI 05 | 02 | 20 Theater | Geister „Geister“ begibt sich auf die Suche nach dem Unterdrückten, Ausgelöschten und Verschwundenen in unserer Welt und findet die Spuren von verbrannten Hexen, Queers und anderen Menschen, die nicht zur privilegierten Mehrheit dazugehören. Regisseur Florian Fischer, der bereits mit Ludwig Berger das Hörstück „Unsichtbar“ über care-Arbeit in der 24-Stunden-Pflege am Schauspielhaus erarbeitete, setzt mit diesem Theaterabend seine Recherche über das Unsichtbarsein und -machen von Menschengruppen in der öffentlichen Wahrnehmung fort. Zeche Eins, Bochum, 19.30 Uhr

DO 06 | 02 | 20 Kabarett | Nessi Tausendschön Seit 30 Jahren ist Nessi Tausendschön nicht von der Bühne zu bomben. 30 Jahre mondän kultiviertes Schabrackentum, geschmeidi-


KINO-TIPP

ge Groß-und Kleinkunst, Verblüffungstanz, melancholische Zerknirschungslyrik und schöne Musik. Nun gastiert sie mit ihrem aktuellen Soloprogramm „30 Jahre Zenit“ in der Wittener Werkstadt. Werkstadt, Witten, 20 Uhr

die Seiten zwischen Tier und Mensch und forschen nach gleichen und unterschiedlichen Verhaltensweisen und Sehnsüchten. Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr (auch 9.2., 16 Uhr)

SO 09 | 02 | 20

FR 07 | 02 | 20 Lesung | Sigrid Drübbisch – „Mord-Art“ Karla Lang, Hauptkommissarin in Bochum, tritt ihren langersehnten Urlaub auf Föhr an. Ausgerechnet jetzt werden in Witten zwei Frauen tot aufgefunden. Der Täter präsentiert die Leichen in einer grotesken Installation – standesgemäß, denn bei den Opfern handelt es sich um Künstlerinnen. Auf Föhr stürzt Karla sich bereits gedanklich in die Ermittlungen, als sie plötzlich mit einem Vermisstenfall auf der Nordseeinsel konfrontiert wird: Zwei Frauen aus der Kunstszene sind spurlos verschwunden. Gibt es einen Zusammenhang? Studio B, Stadt- und Landesbibliothek, Dortmund, 19.30 Uhr

SA 08 | 02 | 20 Tanztheater | Über Menschen und andere Tiere Der menschliche Geist ist das hauptsächliche Unterscheidungskriterium zwischen Mensch und Tier. Wir verbinden damit Freiheit und einen Blickwinkel auf jeden und alles. Wahrscheinlich hauptsächlich auf uns selbst. Doch wie viel Tier steckt in uns Menschen? Oder sollte man sich diese Frage eher andersherum stellen? Mit Humor und Sinnlichkeit wechseln die 15 Akteurinnen der Tanzwerkstatt

Musik | Federspiel – Wolperting Der Wolpertinger: Projektionsfläche abenteuerlustiger Tierpräparatoren, zweifelhafte Dekoration Hunderter Berggaststätten und vor allem legendäres Fabelwesen, dessen Erscheinungsbild zwar in Tradition verankert ist, aber stets variiert und modernisiert wurde. Und so ist sein fiktiver Herkunftsort ein stimmiger Titel für das neue Programm von Federspiel: Auf ein Fundament aus unterschiedlichsten Traditionen baut das Septett fantastische Klangwelten, in denen elektronische Sounds genauso willkommen sind wie Elemente aus Minimal Music und Filmmusik. Konzerthaus, Dortmund, 18 Uhr Theater | After Work Als postkapitalistisches Requiem erzählt „After Work“ von LohnarbeiterInnen und LeiharbeiterInnen, von Servicekräften, unbezahlten Überstunden und unendlichen After-Work-Partys. Und nicht zuletzt von einer Zukunft, in der das große Konzept „Arbeit“ ganz und gar überwunden sein wird: wenn die künstlichen Intelligenzen uns tätige Menschen überflüssig gemacht haben werden und die größte Herausforderung sein wird, die Freizeit wieder zu entdecken. Kammerspiele, Bochum, 19 Uhr

Anzeige

Schule für für Traditionelle Traditionelle Schule Chinesische Medizin Medizin Chinesische Ausbildungen seit seit 1995 1995 Ausbildungen mit Peter Peter Hollmayer Hollmayer mit

Ernährung nach nach der der Trad. Trad. Chinesischen Chinesischen Medizin Medizin Ernährung

Seminare und und Ausbildung Ausbildung Seminare Neue zertifizierte zertifizierte Kurse Kurse ab ab Januar Januar 2020 2020 Neue

Online-Seminare und und Präsenzunterricht Präsenzunterricht Online-Seminare

!!"""#$%&'()*+")$,"-&$"#$./"""!!0 !!"""#$%&'()*+")$,"-&$"#$./"""!!0 Tel. 02303/237610 02303/237610 Tel.

www.viavita-institut.de www.viavita-institut.de

endstation.kino | Stranger Than Fiction Dokumentarfilmfestival Das endstation.kino zeigt ab Ende Januar im Rahmen des Stranger Than Fiction Filmfestivals besondere Dokumentarbodo filme. Eröffnet wird das verlost Festival am 31. Januar 1x2 Karten mit Christian Meyers und Sebastian Bergfelds Film Spassmacher. Die beiden Regisseure sowie einer ihrer Protagonisten, Mambo Kurt, werden für ein Filmgespräch zu Gast sein. Der Eröffnungsfilm dreht sich um die, die Mittelpunkt auf Hochzeiten, Geburtstagen und Feierlichkeiten aller Art sind: Alleinunterhalterinnen. Jeder kennt sie und die Meinungen zu dieser besonderen Künstlerinnenspezies könnten nicht unterschiedlicher sein. Sie reichen von „beeindruckendes Künstlerinnentum“ bis „lächerliche Show“ und „nervige Amateurinnen“. Was ist mit den Menschen hinter den Instrumenten und Soundstationen? Der Film begleitet drei Künstlerinnen, die es sich zur (Lebens-) Aufgabe gemacht haben, andere zu unterhalten: den HardrockSongs spielenden Heimorgelspieler Mambo Kurt, den Kölner Alleinunterhalter Dieter und die Diplom-Clownin und Performance-Künstlerin Corina. Drei sehr unterschiedliche Charaktere, für die die One-Person-Show nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung ist. Termine und Filme: Spassmacher | 31. Januar, 19 Uhr Under the Underground mit Filmgespräch, 1. Februar, 19 Uhr Una Primavera | 2. Februar, 17 Uhr Das Wunder von Taipeh mit Filmgespräch, 3. Februar, 19 Uhr Space Dogs mit Filmgespräch, 4. Februar, 20 Uhr La cordillera de los sueños mit Filmgespräch, 5. Februar, 19 Uhr endstation.kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, 44894 Bochum www.endstation-kino.de 29


BODO GEHT AUS

Little Okinawa Hellweg 28 – 30 44787 Bochum

Little Okinawa Nicht-Sushi-Kochkultur

„Wir“ haben einen Weißwurstäquator. Es gibt Kenner der italienischen Küche, die kulinarische Klassiker jeweiligen Regionen zuzuweisen verstehen von den Alpen bis Sizilien, aber auch zu Ligurien oder den Marken. Und so mancher wackere Esser und Reisende vermag passabel die nordindische von der südindischen Küche zu trennen. Doch nun kommt Dr. Dirk Hochstrate und präsentiert uns in seinem neuen Restaurant am Hellweg die Küche Okinawas. Um diese zu spezifizieren, bedarf es entweder aufwendigster Fernreisen mit langem Aufenthalt (wie es der Patron halt gemacht hat) oder einer mehr oder weniger zufälligen Einkehr in ein sehr seltenes Okinawa-Restaurant hierzulande. Dabei ist sich Hochstrate (im vorherigen Leben Entrepreneur in der IT-Branche, Kochbuchschreiber und Blogger) sicher, dass diese sehr südjapanische Küche dem hiesigen Gaumen durchaus entgegenkommt. Sein Restaurant eröffnete er im Ex-Bassano in ziemlicher Top-Innenstadt-Lage, dort, wo asiatische Konkurrenz nicht fern ist. Die Haupt-Differenz zur japanischen Hauptinselküche: Okinawa ist nicht Sushi-fixiert. Längst ist die real existierende Nicht-Sushi30

Von Tom Thelen Fotos: Daniel Sadrowski Kochkultur ganz Japans weltweit auf dem Vormarsch, doch mit der spezifischen Küche des Ex-Königreichs ist Hochstrate Pionier. Was macht die Küche aus? Bemerkenswert sind die Schweinefleischgerichte, die hierzulande deshalb gut nachgekocht werden können, weil das dortige Superschwein den hiesigen Ibericao-Schweinchen ähnelt. Und so ist der lackierte Schweinebauch auf Nudelsuppe, Okinawa Soba, ein Gedicht. Ihn findet man auf Nudelsuppe, mit Nudeln oder auch mit Kimchi, was wiederum zeigt, dass die koreanische Küche hier auch hineinspielt. Günstige Snacks sind die Ya-

kitori-Spieße für 3,50 €, edel ist das Shabu Shabu, ein typisch japanisches Fondue, bei dem dünn geschnittenes Fleisch (auch Gemüse oder Tofu) nur kurz (also so lange, wie es dauert, „Shabu Shabu“ zu sagen) durch ein heiße Brühe gezogen wird. Hier hat der Gast die Wahl zwischen wertvollem Wagyu Beef oder dem Iberico-Schwein. Ob man sich in Bochum in die Küche Okinawas verlieben wird? Einen Vorteil hat es vielleicht. Okinawa gilt als die Insel der Hundertjährigen. Die Lebenserwartung ist dort hoch. Das muss doch was mit dem Essen zu tun haben.


euroluftbild.de/Hans Blossey

Anzeigen

Dashi 10 g getrockneter Kombu (Seetang) 10 g Bonito-Flocken (Katsuobushi – vom echten Bonito, aus der Familie der Makrelen und Thunfische) 1 l Wasser Kombu und BonitoFlocken bekommt man z.B. in Asiashops. Kombu grob zerbrechen und in Wasser langsam aufkochen lassen.

Folge dem Strom. Unser Strom Grün aus 100 % erneuerbaren Quellen

≥ dew21.de/stromgruen

Bonito-Flocken zugeben und nicht mehr rühren. Mischung 10 Minuten lang schwach köcheln lassen und anschließend filtrieren. Das Filtrat nennt man „Ichiban Dashi“. Man kann die Zutaten ein zweites Mal mit 500 ml Wasser aufkochen (Niban Dashi), diese Dashi ist aber nicht mehr so intensiv. Der Fischsud ist im Kühlschrank zwei Tage haltbar, kann aber auch eingefroren werden. Frisch schmeckt er aber am besten.

31


REPORTAGE

STALKING Es gibt Grenzüberschreitungen, Übergriffe, Straftaten, bei denen wir dazu neigen, Verständnis für die TäterInnen zu entwickeln, zum Beispiel weil sie vermeintlich „aus Liebe“ handeln. Die Opfer und ihr Leid macht das umso unsichtbarer. Stalking, das beharrliche Verfolgen und Belästigen oft von Ex- oder Wunsch-PartnerInnen ist das prototypische Delikt dieser Art. bodo sprach mit BeraterInnen und einer betroffenen Frau, die nun in Dortmund eine Selbsthilfegruppe gründet. Von Meike Vitzthum und Bastian Pütter Fotos: Andre Noll

S

ylvia Weber (Name geändert) sitzt in einem der hellen Tagungsräume der Selbsthilfekontaktstelle in der Dortmunder Innenstadt. Ihre Geschichte zu erzählen fällt ihr schwer. Weil Stalking alle Energien der Betroffenen bindet und eine Unmittelbarkeit erzwingt, aus der sich schwer zu lösen ist: „Dass man beteiligt ist, es nicht wahrhaben möchte, dass man es selbst vielleicht romantisiert, verfälscht die Sicht auf die Dinge“, sagt sie. „Es fehlt der innere Abstand. Das ist auch das, was man mir immer geraten hat: Finde inneren Abstand. Damit man von außen besser draufgucken kann. Das kann ich in diesem Jahr besser.“ „Eigentlich steckt eine Verliebtheitsgeschichte dahinter“, beginnt sie. „Wir sind uns aber aus dem Weg gegangen, weil ich verheiratet war, Kinder habe und deutlich älter bin. An sich ja nichts Dramatisches, sich zu verlieben, und manchmal passiert das in ungünstigen Lebensabschnitten. Freunde haben gesagt: ,Dann lass die Nachbarn tratschen.‘“ Es bleibt kompliziert, eine Beziehung kommt nicht zustande.

Ein männliches Delikt „Es hat lange gedauert, bis es bei mir wirklich zum Begriff wurde. Als ich anfing zu merken, dass er weiß, wo ich bin, da hab ich das mit Stalking noch gar nicht in Zusammenhang gebracht“, sagt Sylvia Weber. „Ich fand es gruselig, es hat mir Angst gemacht, und gleichzeitig hab ich’s romantisiert. Ich hab erst allmählich verstanden, dass das nichts Gesundes ist und auch nichts Romantisches, weil es mein Privatleben verletzt und mich belastet.“

32


33


REPORTAGE

Irgendwann wird Sylvia Weber klar, dass es Inhalte über sie in sozialen Medien geben muss, die ihr nicht gefallen können. „Zum Beispiel aus dem Auto heraus werden mir Kränkungen zugerufen, oder ich hab auch gehört: ,Dass die sich auf die Straße traut, die Frau Weber.‘ Das macht schon Angst.“ Das Auflauern oder Verfolgen, Telefonterror, Bedrohungen oder Sachbeschädigungen sind häufige Formen des Stalkings. Inzwischen sind „digitale“ Formen dazugekommen: Identitätsdiebstahl, OnlineBestellungen auf den fremden Namen, Verleumdung im Internet oder die Veröffentlichung persönlicher Fotos oder Videos etwa.

Ängste, Konzentrationsschwäche, Schlafprobleme – Sylvia Weber hat die Situation an die Grenze der Belastbarkeit gebracht: „Ich habe mich letztes Jahr eine Zeit lang zurückgezogen“, sagt sie. „Ich konnte nicht zur Arbeit gehen. Ich habe dann eine Reha gemacht, kam zurück und hatte zum Thema Angst und Depressionsbewältigung einiges gelernt. Ich habe dann schließlich wieder Schritte in die Öffentlichkeit gewagt. Im Dezember 2018 bin ich zum ersten Mal wieder S-Bahn gefahren.“ Dabei schaltete sie ihr Handy auf Aufnahme, um etwaige Belästigungen dokumentieren zu können. „Da ist so eine Gr u nda nspa n nu ng“, sagt sie. „Sie wachen auf und das Thema ist das erste, woran Sie denken. Sie gehen ins Bett, und es ist das letzte, woran Sie denken. So schafft es ein Stalker, sich im Leben eines Menschen ständig präsent zu machen.“

„Das geht hin bis zu Traumatisierungen, bis dahin, dass Menschen ihren Beruf aufgeben, ihren Wohnort wechseln müssen.“

„Studien zufolge sind in Deutschland 24 Prozent aller Frauen und 4 Prozent aller Männer einmal im Leben von Stalking betroffen“, erläutert Irene Kusenberg von der Frauenberatungsstelle Dortmund die Statistik. „Etwa 80 Prozent aller Betroffenen von Stalking sind Frauen, etwa 80 Prozent der TäterInnen sind Männer. Beim Stalking gibt es keinen Zusammenhang zwischen Alter, Bildung, Nationalität oder der Lebensweise der Opfer.“ Besonders gefährdet sind Frauen in Trennungssituationen.

„Ich habe irgendwann angefangen, nachzulesen, mich schlau zu machen. Irgendetwas musste ich tun“, sagt Sylvia Weber. „Und dann habe ich mit Beratungsstellen gesprochen. Die haben mir geraten, es viel mehr Leuten zu erzählen, das hat gutgetan.“ Irgendwann geht sie zur Polizei und erstattet Anzeige, in erster Linie, um ein Zeichen zu setzen, sagt sie.

Ständig präsent

Öffentlichkeit, Grenzen, Beweise

Das erlebt auch Ingo Moldenhauer, Vorsitzender des Weißen Rings Dortmund: „Wir haben bei uns ca. 40 bis 50 Fälle von Stalking im Jahr. Zum allergrößten Teil sind Frauen betroffen, Täter sind in der Regel Ex-Partner, die Trennungen nicht akzeptieren und dann zu solchen Mitteln greifen.“ Die Folgen, denen Moldenhauer in der Beratungspraxis begegnet, sind massiv: „Das geht hin bis zu Traumatisierungen, bis dahin, dass Menschen ihren Beruf aufgeben, ihren Wohnort wechseln müssen.“

Ein Patentrezept gebe es nicht, sagt Irene Kusenberg von der Frauenberatungsstelle. „Trotzdem gibt es bestimmte Verhaltensgrundsätze, zu denen wir Betroffenen raten.“ Neben dem zentralen Punkt, das Stalking öffentlich zu machen wie Frau Weber – „Keine Frau sollte alleine dastehen“ –, empfiehlt sie, im Umgang mit dem Stalker früh Grenzen zu setzen, am besten vor Zeugen oder per Einschreiben mit Rückschein. „Ein deutliches und konsequentes ,Nein‘ ist wichtig. Das sollte aber auch die letzte

Anzeige

Sei mir ein sicheres Zuhause, wohin ich jederzeit kommen kann. Ps 71.3

Hospiz St. Hildegard · Königsallee 135 · 44789 Bochum www.hospiz-st-hildegard.de 34

Helfen Sie uns mit Ihrer Spende: Sparkasse Bochum · IBAN: DE59 4305 0001 0001 2015 40 · BIC: WELADED1BOC


„Stalking – Raus aus der Opferrolle“ heißt die Selbsthilfegruppe im Aufbau Informationen unter selbsthilfe-dortmund.de Den Text finden Sie auch auf unserer Homepage, ergänzt um wichtige Kontaktadressen zum Thema Stalking.

persönliche Reaktion sein.“ Die weiteren Ratschläge der Beraterin: „Sammeln Sie Beweise. Nutzen Sie die rechtlichen Möglichkeiten.“

Selbsthilfe Seit 2007 gibt es den Paragrafen 238 StGB „Nachstellung“, seitdem ist Stalking eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Seit der Neureglung 2017 ist Stalking auch dann straf bar, wenn die Handlungen dazu geeignet sind, die Lebensgestaltung der Betroffenen schwerwiegend zu beeinträchtigen. Zuvor musste eine tatsächliche Beeinträchtigung nachgewiesen werden. Viele Stalking-Handlungen fallen auch unter andere Straftatbestände und können gesondert angezeigt werden. Die Erfolgsaussichten bleiben ein Problem. Ein Aspekt: „Um rechtlich eine Handhabe zu haben, muss man gerichtsfest Beweise dokumentieren“, weiß Ingo Moldenhauer. Dazu hat der Weiße Ring eine Smartphone-Anwendung

entwickelt. „Mit der ,No Stalk App‘ kann man Foto-, Video- und Sprachaufnahmen machen, die dann auf einem externen Server gespeichert werden. Selbst wenn der Stalker in Besitz des Handys kommt, sind die Daten dann verwertbar für ein gerichtliches Verfahren, das man nach anwaltlicher Beratung ab einer bestimmten Stufe sicherlich anstreben sollte.“ Neben fachlicher Beratung, gegebenenfalls psychotherapeutischer Unterstützung und dem Weg des Strafrechts gibt es die im sensiblen Feld Stalking noch wenig ausgebaute Selbsthilfe. Weil es in der Region noch keine Selbsthilfegruppe gibt, hat Sylvia Weber bei der Selbsthilfekontaktstelle des Paritätischen in Dortmund eine Gründung angeregt. Sie erklärt es so: „Ich habe eine Bekannte, die hat heute noch kein Klingelschild an der Haustür, weil sie immer noch befürchtet, dass der Ex-Mann irgendwann bei ihr vor der Tür steht. Wenn man mit Leuten in ähnlichen Lagen spricht, dann muss man nichts erklären. Die verstehen dich sofort. Und plötzlich hast du Kraft für andere Themen.“

Anzeige

KATH. ST.-JOHANNES-GESELLSCHAFT DORTMUND gGmbH

Kranken- und Pflegeeinrichtungen 01 St.-Johannes-Gesellschaft Anzeige BODO 135x65_5mm Feb 2019.indd 1

14.01.2019 12:01:10

35


REPORTAGE

Venedig ist ein Weltkulturerbe, das jährlich zwischen 25 und 30 Millionen Besucher empfängt. Seine verbliebenen Bewohner befürchten, dass es sich in eine Geisterstadt nur für Touristen verwandelt. Die Stadtbevölkerung schrumpft dank steigender Mieten und Verdrängung, doch einige Einheimische wehren sich. Ihre Taktik? Die Besetzung von Wohnungen und die Weigerung, umzuziehen. Text und Fotos von Martin Spaak

Die Besetzer, die Venedig retten wollen

P

olizisten versuchen, sie aufzuhalten, doch schließlich gelingt das nicht mehr. Die schwarzgekleideten Aktivisten schieben sich an ihnen vorbei, stehen bald oben auf der Treppe und blockieren die Tür zu Alessandra Vallettis und Carlo Spinazzis Haus. Das wackelige YouTube-Video wurde im Januar 2018 aufgenommen, als die Polizei kam, um die Zwangsräumung der Wohnung von Carlo und Alessandra durchzusetzen, in der sie 14 Jahre lang gelebt hatten. Im Video sieht man kurz Alessandras Gesicht am Fenster, ängstlich schaut sie auf die Unruhe draußen. Ein Jahr später versagt Alessandras Stimme beinahe, als sie sich an diesen Tag erinnert. „Ich hatte Angst wie ein kleines Kind. Sie schickten eine ganze Busladung Polizei, um uns zu vertreiben, kannst du dir das vorstellen?", fragt sie, als wir das Paar in seinem neuen Zuhause besuchen. Den Aktivisten war es gelungen, die

Alessandra Valletti und Carlo Spinazzi konnten nach einer Steuernachzahlung im vergangenen Winter ihre Miete nicht mehr zahlen. Wenige Monate später wurden sie zwangsgeräumt, jetzt leben sie in einer besetzten Zweizimmerwohnung mitten in Venedig.

36


Räumung an jenem Januarmontag zu verhindern, doch blieb das ein vorübergehender Erfolg. Einige Wochen später kam ein Umzugswagen, seitdem leben Alessandra Valletti, 54, und Carlo Spinazzi, 58, in einer zuvor leerstehenden Wohnung in Nordvenedig.

Ein eigener Wasserzähler Alles begann im Herbst 2017, sagt Alessandra. Eine Steuernachzahlung zwang die beiden, ihre Vermieterin um einen Zahlungsaufschub zu bitten. „Es war eigentlich kein Problem“, erklärt sie. „Wir haben viele Jahre lang pünktlich bezahlt, also hat sie uns vertraut.“ Die Dinge würden sich zweifellos irgendwie regeln, dachten sie. Der kleine Laden, in dem die beiden von Alessandra entworfene Kleidung im indischen Stil verkauften, lief sicherlich nicht gut, aber es reichte aus, um davon zu leben. Aber eines Tages kam doch per Post ein Räumungstermin. Fast gleichzeitig verloren sie auch den Mietvertrag für ihr Geschäft: Der Eigentümer hatte beschlossen, die Immobilie zu verkaufen. Als Carlo von der Basisorganisation Assemblea Sociale per la Casa (ASC), der „Sozialversammlung für das Haus“, hörte, ging er direkt dorthin. „Sie halfen uns, die Räumung aufzuhalten und fanden diese Wohnung für uns“, erklärt Alessandra, als sie uns durch die helle Zweizimmerwohnung des Paares führt. „Weil sie im Erdgeschoss liegt, wird es schnell feucht, aber es ist frisch und neu gestrichen, es gefällt uns hier.“

Für die Touristen, die an den Kanälen entlang schlendern, gibt es nichts, was dieses Arbeiterhaus aus den 1940er Jahren von den anderen Gebäuden im Bezirk mit ihren hellen, pastellfarbenen Fassaden und braunen Fensterläden unterscheidet. Wer nach den Anzeichen einer Besetzung sucht, findet die im Treppenhaus, wo Alessandra und Carlo den von der Gemeinde installierten Wasserzähler abgeschraubt und durch einen eigenen ersetzt haben. „Da wir keinen Mietvertrag haben, weigert sich der Wasserversorger, uns als Kunden zu akzeptieren“, sagt Alessandra. „Aber mit unserem eigenen Zähler wissen wir, wie viel Wasser wir verbrauchen, so dass wir trotzdem jeden Monat dafür bezahlen können.“ In der Stadt geboren und aufgewachsen, will Alessandra um jeden Preis in ihrem geliebten Venedig bleiben – auch wenn es bedeutet, dass sie gezwungen ist, illegal in der Stadt zu leben. Statt sich dem Strom der BewohnerInnen anzuschließen, die die Inselstadt Richtung Festland verlassen, sagt sie: „Ich habe meine Freunde hier und alles, was mich glücklich macht“, sagt Alessandra.

Insel-Gentrifizierung Nicola Ussardi lebt mit seiner Partnerin Nadia Tataranna und ihren Kindern Eva, 11, und Leone, 6, in einer Zwei-Zimmer-Wohnung, die sie seit acht Jahren bewohnen. Nicola hat ASC 1999 mitbegründet und sagt, dass die Organisation im Laufe der Jahre

Nadia Tataranna und Nicola Ussardi leben seit acht Jahren mit ihren Kindern Eva (11) und Leone (6) in einer besetzten Zweizimmerwohnung. Nicola hat ASC 1999 mitgegründet und ist die treibende Kraft hinter der Organisation.

37


REPORTAGE

rund 70 Familien geholfen hat, leere Wohnungen zu übernehmen. „Am Anfang waren wir hauptsächlich Linke, die leerstehende Wohnungen besetzten, um gegen die Wohnungspolitik zu protestieren, aber um 2011 haben wir unseren Fokus geändert", sagt Nicola. „Seitdem geht es darum, normalen Leuten zu helfen, die von einem Tag auf den anderen ihre Wohnung verlieren.“ Seit den 1950er Jahren ist die Bevölkerung von rund 175.000 auf heute etwas mehr als 50.000 zurückgegangen. Jedes Jahr verlassen rund eintausend Einwohner die Lagunenstadt. „Da reicht es nicht aus, ein paar Wohnungen zu belegen“, fährt Nicola fort. „Wir bräuchten auch Politiker auf unserer Seite, aber die wollen nur so viele Touristen wie möglich hierher bringen.“ Das Weltkulturerbe Venedig hat schon immer Besucher von nah und fern angezogen, die Einnahmen gelten seit Langem als Segen. Doch mit zunehmender Besucherzahl sprechen immer mehr Menschen vom Tourismus als Fluch. Zwischen 25 und 30 Millionen Menschen besuchen Venedig jedes Jahr, mit deutlichen Folgen: Wohnungen werden zu Hotels, Mieten steigen, Menschen ziehen weg, Dienstleistungen verschwinden und werden durch Souvenirläden und Touristenbars ersetzt. Dies führt zu noch mehr Touristen und noch mehr Druck auf den Wohnungsmarkt, noch mehr Touristenläden und noch schlechterer Versorgung der Bewohner. Im Gegensatz zu anderen Städten, in denen ähnliche Prozesse ablaufen, setzt die Geographie Venedigs klare Grenzen: Die Stadt ist auf Inseln in einer Lagune gebaut, der Platz ist begrenzt. „Wenn Sie eine Wohnung für 600 Euro im Monat vermieten, können Sie genauso viel pro Woche bekommen, wenn Sie sie auf Airbnb vermieten", sagt Nicola Ussardi. Nur wenige derjenigen, die heute vertrieben werden, gelten als arm genug, um über die Sozialdienste der Gemeinde Wohnungen zu bekommen. „So

werden wir zu einer Art Sozialdienst“, sagt er. „Zuerst helfen wir, die Räumung zu verzögern, dann helfen wir den Menschen, eine Unterkunft zu finden.“ Alle Wohnungen, die heute von ASC bewohnt werden, befinden sich in staatlichem Besitz und stehen meist aufgrund von Misswirtschaft seit Jahren leer.

„Wir sind keine Kriminellen“ Und obwohl die Besetzungen illegal sind, spielen die Behörden bisher mit. Die Besetzer zahlen eine symbolische Miete von 10 bis 30 Euro pro Monat, die meisten besetzten Wohnungen gehören der Stadt. Vielen gelingt es, anerkannte Kunden bei der örtlichen Wassergesellschaft zu werden. Strom und Gas waren noch nie ein Problem, da sie von privaten Unternehmen verwaltet werden, die nicht fragen, ob der Kunde einen Mietvertrag hat. Die Polizei kommt ein paar Mal im Jahr, um die Besetzer zu vertreiben, dabei ist die Rechtslage gar nicht so eindeutig. „Mit der Zahlung der symbolischen Miete haben wir einen gewissen Rechtsschutz“, erklärt Nicola. „Deshalb meldet die Polizei immer im Voraus, dass sie kommt, damit wir Zeit haben, zu mobilisieren.“ Diese halboffizielle Vereinbarung funktioniert seit zehn Jahren, sagt er. Aber das jüngste Gepolter der rechtsnationalistischen Regierung über eine kompromisslose Haltung gegenüber der Kriminalität lässt ihn um die Zukunft bangen. „Ich habe das Gefühl, dass der Frieden bald vorbei sein könnte“, sagt er. Alessandra Valletti und Carlo Spinazzi haben begonnen, wieder Fuß zu fassen. Carlo bekommt eine kleine Pension, und Alessandra hat einen Job, aber das Geld reicht nicht für viel mehr als die Rechnungen. Die Ereignisse des vergangenen Jahres haben sie hart getroffen, sagt Alessandra. Aber sie schämt sich nicht. „Ich schlafe nachts gut“, sagt sie. „Die Wohnung stand fünf Jahre lang leer, warum also sollten wir nicht hier wohnen können? Wir sind keine Kriminellen.“ Sie weiß nicht, warum die Vermieterin es plötzlich so eilig hatte, sie aus ihrer alten Wohnung zu holen. Aber sie hat einen Verdacht. „Sie liegt in der Nähe des Strandes und des Kinos, wo jedes Jahr das Filmfestival stattfindet“, sagt Alessandra. „Du könntest ein Vermögen mit dieser Wohnung verdienen.“ Mit freundlicher Genehmigung von Faktum / INSP.ngo

Davide De Polo und Chiara Pluchinotta schauen bei der Lehrerin Daniela Canorro vorbei, die vor zwei Jahren die Wohnung gegenüber besetzt hat. Unter den BesetzerInnen herrscht ein starker Gemeinschaftssinn, sagen sie. „Von hier verlassen wir Venedig nicht, wir lieben es“, steht auf dem Transparent.

38


BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Zurück in die Zukunft Der Autor und Journalist Mario Sixtus hat einen leichtfüßigen Essay über die Frage geschrieben, warum Menschen mit der Zukunft so große Probleme haben. Ausgangspunkt ist das eigentlich einzig relevante Thema der Gegenwart: die offenkundige Unfähigkeit der Menschheit, Zukunft zu gestalten, selbst wenn davon ihr Überleben abhängt. Wir nutzen den Gedankenraum Zukunft, sagt Sixtus, um ihn mit Schulden (der auf Pump gekaufte E6-Diesel) und mit unangenehmen Handlungen (von Steuererklärung bis Energiewende) vollzustellen. Gleichzeitig ist dieser schönste aller Orte zum Angstraum geworden, den wir gar nicht näher in Augenschein nehmen wollen. Stattdessen hat den gesamten Westen eine „globale NostalgieEpidemie“ (Zygmunt Bauman) befallen. Sixtus schlendert mit einer höchst adaptionsfähigen Bärenanalogie und einigen privaten Geständnissen durch Ideengeschichte (die Vergangenheit der Zukünfte), Psychologie und Hirnforschung, ohne dass es auch nur anstrengend würde. Am Ende geht es dann um Identität und die empirische Wahrheit, dass sich Menschen im Laufe ihres Lebens auch in ihren Persönlichkeitsmerkmalen bis zur Unkenntlichkeit verändern. Dem fremden Zukunfts-Ich nicht Unerledigtes zuzuschieben, wäre also einfach höflich – tempathisch, nennt es Sixtus. Mario Sixtus Warum an die Zukunft denken? ISBN: 978-3-411-75634-6 Dudenverlag | 128 Seiten | 14 Euro

Stellwerkschaden Als Greta Thunberg auf den gleichsam letzten Metern ihrer KlimakonferenzOdyssee Mitte Dezember in einem vollen deutschen Intercity auf dem Boden sitzen musste, weil auch ihr ICE ausgefallen war, nickten Bahnerfahrene wissend. Was eine Sternstunde der Krisen-PR hätte werden können, wurde zum Desaster, die Bahn-Pressestelle trollte die 16-Jährige mit Falschnachrichten, und alles war sehr peinlich. Dabei hätten wir besser über die zeitgleich angekündigten Rekordinvestitionen als Teil der im Sommer vorgestellten Strategie „Starke Schiene“ sprechen sollen. Und darüber, was zusätzlich geboten wäre, um die Bahn aus ihrer Strukturund Finanzkrise zu holen. Bernhard Knierim und Winfried Wolf geben in „Abgefahren“ einen strukturierten und von ExpertInnenkommentaren flankierten Überblick über das Ausmaß der Misere, das die „Bahnreform“ von 1994 hinterlassen hat. Und sie analysieren, welche weitere Faktoren die Konkurrenzfähigkeit der Bahn verhindern: von der systematischen Begünstigung des Straßen- und des Luftverkehrs bis zum fortgesetzten Desinteresse der Auto- und Fluglobbyisten an der Bahnspitze (!) und im Verkehrsministerium an einer konkurrenzfähigen Bahn. Bernhard Knierim, Winfried Wolf Abgefahren. Warum wir eine neue Bahnpolitik brauchen ISBN: 978-3-89438-707-5 Papyrossa | 290 S. | 17,90 Euro

Liebstes Lagerfeuer Im Schein der Flammen des Sekundärmediums – wer braucht Musikzeitschriften, wenn die Musik selbst allverfügbar ist? – sitzen sie und erzählen Geschichten (Spotify-Playlist anbei). Die Journalistin Juliane Streich hat tolle Leute ans Feuer geholt, die zu 100 feministischen Pionierinnen, Ikonen, Postergirls, Underground-, Welt- und Nicht-Stars Dreiseiter abliefern. Keine Lexikoneinträge, Persönliches. Streng chronologisch, aber eklektisch genug für einen Ruf nach Teil 2. Mal belletristisch, mal SPEXy, mal pathetisch, mal geradeaus – Texte so divers wie das Personal. Beginnend bei Edith Piaf und LaVern Baker, endend beim fantastischen Indie-Pop-Trio „Dream Wife“ und dem aktivistischen Punkfeminismus von „Camp Cope“ von heute. Natürlich sind die Madonnas und Beyoncés dabei, Grenzverschieberinnen wie The Slits oder Peaches, weibliche Bosse wie Missy Elliott, einiges an Riot Grrrls, Avantgarde auch, Nischiges. Und dann beschließt Kerstin Grether ihr „Outro“ über die Produktionsbedingungen in der Musikindustrie für Frauen, Queers und Non-Binäre noch mit einem Shoutout an einige Dutzend junge Künstlerinnen. Fürs nächste Mal am Lagerfeuer. Juliane Streich (Hg.) | These Girls. Ein Streifzug durch die feministische Musikgeschichte ISBN: 978-3-95575-118-0 Ventil | 344 S. | 20 Euro 39


REPORTAGE INTERVIEW

Elena Favilli und Francesca Cavallo haben viel gemeinsam mit den hundert Frauen, die in ihrem Buch „Good Night Stories for Rebel Girls“ zu sehen sind: Sie sind hartnäckig, entschlossen und talentiert, und sie sind leidenschaftlich daran interessiert, Berichte über Frauen zu liefern, die den Lauf der Geschichte verändert haben. Von Maja Ravanska | Fotos: Bryan Dale, Hanser

Von rebellischen Mädchen

40


„Welchen Ballon willst du – ein Schwert oder ein Herz?“, fragt der Magier. „Schwert!“, reagiert der Junge schnell. Der Magier macht ein paar Bewegungen und verwandelt einen blauen Ballon in die Form eines Schwertes. Der Magier stellt jedem Kind auf der Geburtstagsfeier die gleiche Frage. Die Jungen, fast so, als wären sie programmiert, wählen ein Schwert und die Mädchen wählen ein Herz. Der Magier fertigt Dutzende von blauen und grünen Schwertern und rosa und roten Herzen. Hintereinander aufgereiht, sagt jedes Kind dem Magier, was es will, es scheint, ohne auch nur daran zu denken. Sogar der Magier beginnt, die Formen zu machen, bevor er mit den Kindern gesprochen hat: Schwerter für die Jungen und Herzen für die Mädchen. Ein Mädchen kommt vorbei. „Ich will kein Herz: Gib mir ein Schwert!“, ruft es lächelnd. Der Magier macht vor Freude große Augen, formt aus einem grünen Ballon ein riesiges Schwert und übergibt es dem Mädchen. Dann wirft er fröhlich seine Hand in die Luft, als ob er gleich nach oben fliegen würde. Das nächste Mädchen in der Schlange, mit schüchterner Stimme, sagt, dass sie auch ein Schwert wolle. Und auch das nächste. Der Junge hinter ihnen sagt: „Naja, ich will ein Herz.“ Plötzlich wird das Ballonspiel viel spannender. Einige Kinder tun so, als würden sie mit ihren Schwertern fliegen; andere tragen ihre herzförmigen Ballons als Halskette; andere werfen ihre Ballons in die Luft und fangen sie. Alle lächeln. Diese Kurzgeschichte aus dem wirklichen Leben lehrt uns: Nur ein Kind muss die Norm brechen, um alle anderen zu ermutigen, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu äußern – und Veränderungen zu bewirken. Sie erzählt auch viel darüber, wie Kinder schon in jungen Jahren lernen, wie sie sein sollten. Und das kann oft bedeuten, auf Stereotypen zurückzugreifen, auch auf geschlechterspezifische.

Gutenachtgeschichten „Die Medien neigen dazu, Frauen in ,typischen‘ Rollen zu präsentieren. Uns ist es wichtig, dass die Kunst zeigt, dass Weiblichkeit auf viele verschiedene Arten zum Ausdruck gebracht werden kann“, sagen Elena Favilli und Francesca Cavallo. Die beiden wollen den Geschichten von Prinzessinnen, deren Lebensleistung darin besteht, den Prinzen mit dem weißen Pferd zu heiraten, etwas entgegensetzen. „Es ist sehr wichtig für Mädchen, weibliche Vorbilder zu haben“, sagt Elena Favilli. „Es hilft ihnen, selbstbewusster zu werden und sich höhere Ziele zu setzen. Wir sind beide Anfang 30, wir sind unternehmerisch tätig, und wir wissen aus erster Hand, wie schwierig es ist, wahr- und ernstgenommen zu werden und als Frau erfolgreich zu sein.“ Es gebe Untersuchungen, nach denen Mädchen schon im Grundschulalter ein geringeres Selbstwertgefühl haben als Jungen, erklärt Francesca Cavallo: „Deshalb ist es besonders wichtig, ihren Horizont schon in jungen Jahren zu verändern.“ Der Ausgangspunkt für die „Good Night Stories for Rebel Girls“. Entstanden ist ein Buch für Kinder und Erwachsene, mit 100 Lebensgeschichten von Frauen aus Vergangenheit und Gegenwart, mit Illustrationen von 60 Künstlerinnen aus aller Welt. Es erzählt von großen Persönlichkeiten, die den Lauf der Geschichte verändert haben: Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen, Tänzerinnen, Köchinnen, Astronautinnen, Jazzsängerinnen, Boxerinnen, Schriftstellerinnen und Politikerinnen: Von Kleopatra bis Frida Kahlo, von Elisabeth I. über Marie Curie zu Audrey Hepburn, Serena Williams und Beyoncé.

41


REPORTAGE

Rebellisch leben Elena Favilli und Francesca Cavallo zogen 2012 ins Silicon Valley als eins von 500 aufstrebenden jungen Unternehmen, die über das Programm Early Stage Venture Fund und das „Seed Accelerator Program“ gefördert wurden, um das erste iPad-basierte Kindermagazin „Timbuktu“ zu entwickeln. Der Anfang sei hart gewesen: Favilli habe als Beraterin gearbeitet, Cavallo Horrorgeschichten im SMS-Format geschrieben, um die Miete für die kleine gemeinsame Wohnung zu verdienen. „Wir haben auch einen wöchentlichen Newsletter geschrieben, in dem wir zunächst die Geschichten getestet haben, die später in ‚Good Night Stories for Rebel Girls‘ veröffentlicht wurden.“ Mittlerweile wurde das Buch in mehr als 45 Sprachen übersetzt und mehr als zwei Millionen Mal verkauft. Es hält den Rekord als erfolgreichster Titel in der Geschichte des Crowdfunding – einige Medien sprachen von einer „Revolution“ im Verlagswesen. „Wir wollten etwas Gemeinschaftsorientiertes aufbauen; Geschichten erzählen, die es jedem kleinen Mädchen ermöglichen, sich selbst zu sehen. Wir glauben, dass aus kleinen Mädchen mit großen Träumen Frauen mit großen Visionen werden und dass dies der stärkste Motor ist, den wir haben, um die Welt zu verändern.

Das können wir nur erreichen, wenn wir bei jedem Schritt zusammenarbeiten, um etwas Gemeinsames und Großes aufzubauen. Crowdfunding war etwas, worüber wir nicht viel nachgedacht haben. Die Unterstützung war überwältigend.“ Im September erschien „I Am a Rebel Girl – Mein Journal für ein rebellisches Leben“: ein Tagebuch, das Mädchen dabei hilft, ihren rebellischen Geist zu trainieren, ihr eigenes Potenzial mit Freude und Entschlossenheit zu nutzen und zu Agentinnen des Wandels zu werden. „Wir wollten ein Werkzeug schaffen, das es Mädchen ermöglicht, in sich selbst zu finden, was sie bei anderen Frauen bewundern“, sagt Cavallo. „Wir glauben, das haben wir geschafft.“

Mit freundlicher Genehmigung von Lice vs. Lice / INSP.ngo

Anzeige

100% BIO KEINE FLUGWARE!

42


Eine Frage, Prof. Dr. Ulrich Hegerl:

Was tun bei Winterdepressionen?

Prof. Dr. Ulrich Hegerl von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe

Kürzer werdende Tage und mangelndes Sonnenlicht in den dunklen Monaten des Jahres schlagen bei vielen Menschen auf die Stimmung. Von saisonal bedingter Depression, umgangssprachlich auch Winterdepression, wird gesprochen, wenn sich Symptome einer depressiven Episode wie z.B. Verlust von Interesse und Freude ausschließlich und wiederholt zu einer bestimmten Jahreszeit, typischerweise im Herbst und Winter zeigen. Neben den klassischen Symptomen einer Depression treten dabei auch atypische Symptome wie Heißhunger statt Appetitverlust und vermehrter Schlaf statt Ein- und Durchschlafstörungen auf. Doch welche Ursache hat diese Erkrankung und wie kann man ihr entgegenwirken? „Was die Ursachen der Winterdepressionen angeht, gibt es unterschiedliche wissenschaftliche Erklärungsversuche. Eine geht von Veränderungen im Hirnstoffwechsel, ausgelöst z.B. durch Licht und das Hormon Melatonin oder durch Störungen des biologischen Tagesrhythmus aus. Geklärt ist das aber nicht“, so Prof. Dr. Ulrich Hegerl von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Diese saisonal abhängigen Depressionen seien jedoch meist weniger schwer ausgeprägt und weniger häufig als andere depressive Störungen. Bei der Mehrzahl der depressiven Erkrankungen im Winter handele es sich um typische Depressionen, für die der Winter als Auslöser keine Rolle spielt. Bei der Behandlung wird vermehrt auf kausale Thera-

pien gesetzt. „Viele Studien weisen darauf hin, dass die Lichttherapie mit Tageslichtlampen besonders bei saisonal bedingten Depressionen helfen kann. Ein Spaziergang, selbst an einem bewölkten Tag, liefert jedoch dieselbe Lichtmenge. Darüber hinaus ist es wichtig, aktiv zu bleiben, nicht zu früh ins Bett zu gehen und Sport zu machen“, so Prof. Dr. Ulrich Hegerl.

Viele Studien weisen darauf hin, dass die Lichttherapie mit Tageslichtlampen besonders bei saisonal bedingten Depressionen helfen kann. Halten depressive Symptome längere Zeit an, führt auch in der dunklen Jahreszeit nichts an einem Arztbesuch vorbei. Depression ist eine ernsthafte, oft auch lebensbedrohliche Erkrankung, die jedoch mit professioneller Hilfe gut behandelbar ist. 2016 starben 9.839 Menschen in Deutschland durch Suizid. Das sind mehr Tote als durch Drogen, Verkehrsunfälle und HIV zusammen. Die Mehrheit der Suizide erfolgt laut Deutscher Depressionshilfe vor dem Hintergrund einer unzureichend behandelten Depression. Grundsätzlich sind der Hausarzt oder der Facharzt, d.h. der Psychiater oder Nervenarzt zuständig für Diagnose und Behandlung. Das deutschlandweite Infotelefon Depression der Stiftung erreicht man kostenfrei unter 0800 – 334 45 33.

Anzeige

43


LESERPOST & MEINUNGEN

BODO-SHOP

bodo 12.19

Schöne Dinge, die Sie bei uns auch kaufen können: für sich, für Freunde, für unsere Verkäufer. Erhältlich in unserem Dortmunder Buchladen und in unserer Bochumer Anlaufstelle oder auf Wunsch per Post. Bestellen Sie per Mail oder kommen Sie vorbei. Wir freuen uns auf Sie.

1|2 1 | Machen Sie uns wetterfest! Eine Regenjacke für einen bodoVerkäufer. Spenden Sie eine Jacke gegen Wind und Regen für einen Verkäufer des Straßenmagazins.* 10 Euro

bbobobdobdodododoo

3

N ZIN ZIN ZIN N ZIGA GA GA MA MA MA MA ENGA EN EN EN ENM AG AZI SS SS SS SS ASS ST STR ST SRA SRA ST SRA STSRA DA DA DA DA SDA D D D

DV DV DV DVD DVD

en besten n besten besteDie Die best Die Die ten Die besten en en ichten GeschichGescehicht Gescehicht Gesch e Geschichten Straß auf der auf der Straß auf der Straß auf der Straße auf der Straße

o o o 2,50 Eur 2,50 Eur 2,50 Eur 2,50 Euro 2,50 Euro e e e Hälfte Die HälftDie HälftDie HälftDie Hälfte den für den für den Die für den für r für den VerkäufeVerkäufer Verkäufer Verkäufer Verkäufer

DODO BO ODO ODBO BOBDOBO MM FIL LM LM RFIL FI LRM FI FIRDE DEDE e sgabe DEDRER gab erau Sond Sonder aus DVD

gabe be abe erausrausga usgSonde SonderaSond ive DVD sive DVD DVD DVD esive inklus inklu ive usiv inklu inkl ink lus im Heft im Heft im tHeft im tHef im Hef

4|5

2 | Ziehen Sie uns warm an! Ein Kapuzenpullover für einen bodo-Verkäufer. Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie die Anschaffung eines warmen Kapuzenpullovers.* 15 Euro 3 | „Brüchige Biografien“ Dokumentarfilm 79 Minuten. bodo-Sonderheft A5 inkl. DVD. 2,50 Euro zzgl. 2 Euro Versand 4 | Ein halbes Jahr bodo! Verschenken Sie ein Gutscheinheft für sechs Ausgaben des Straßenmagazins. Das faire Abo: zum Einlösen direkt bei unseren Verkäufern auf der Straße. 15 Euro 5 | Schenken Sie Lesefreude! Ein Geschenkgutschein für unseren Buchladen. Auswahl aus 10.000 Romanen, Krimis, Koch-, Sachund Kinderbüchern, frei wählbar. ab 10 Euro 6 | bodo zum Umhängen! Tasche aus LKW-Plane mit Schultergurt aus Autosicherheitsgurt, Maße 29 x 19,5 x 8 cm. 29,90 Euro zzgl. 4,90 Euro Versand

6

* Alle unsere Verkäufer erhalten

einen Kapuzenpullover und eine Regenjacke als Verkaufskleidung. Ermöglicht wird dies mit Ihrer Spende. Sie erhalten auf Wunsch eine Spendenbescheinigung.

44

bodo e.V. Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Tel. 0231 – 950 978 0 | info@bodoev.de Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr | Sa. 10 – 14 Uhr www.bodoev.de VE RSAN D MÖGL ICH

„Er wird unglaublich fehlen“ Sehr geehrte Damen und Herren, mein Mann und ich waren tiefbetrübt, bei Ihnen zu lesen, dass Ihr Verkäufer Adolf Timpe leider verstorben ist. Für uns war er das Gesicht von bodo. Ich kaufe über die Jahre auch immer Hefte bei den immer neuen Männern und manchmal Frauen bei uns in Brackel, in der Stadt oder anderswo in Dortmund, aber mit Adolf unterhielten wir uns immer gern. Zuletzt war er ja in ein Seniorenheim umgezogen und dort sehr glücklich. Uns wird er auch fehlen. M. und Ch.T. PS: Wissen Sie, wann und wo die Beisetzung stattfindet? Sehr geehrte Frau T., vielen Dank für Ihre Anteilnahme. Die Beisetzung wird in der Grabeskirche Liebfrauen im Dortmunder Klinikviertel stattfinden. Leider gab es zur Drucklegung noch keinen Termin. Rufen Sie gerne an oder schauen Sie auf unsere Homepage www.bodoev.de. Mit freundlichen Grüßen, Oliver Philipp Verlosungen

„Es war ein toller Abend“ Verehrte bodo-Redaktion, wir wollen uns auf diesem Weg für den tollen Gewinn (zwei Karten für Herbert Knebels Affentheater) bedanken. Es war ein toller Abend, und nach Jahren wieder sehr schön, das neue Programm zu sehen! An dieser Stelle auch noch ein Lob für das bodo-Magazin. Sehr hochwertig gemacht, sehr interessante Beiträge, immer „am Ball“. Weiter so! Gruß, U. E. Straßenmagazin

„AfD-Bashing“ Lassen Sie das andauernde AfD-Bashing und beachten Sie die Parteineutralität. gez. M. C. Sehr geehrter Herr C., weil es mich selbst interessiert, ich habe mal nachgeschaut: Es gab keinen einzigen Text über die Af D im vergangenen Jahr in bodo. Ich finde acht Texte mit Erwähnungen, zwei durch Interviewpartner, eine in einer Kolumne im Kontext eines Sachsenurlaubs. Sonst geht es in den Texten eigentlich z.B. um Rechtsterrorismus – der Mörder von Walter Lübcke war Af D-Spender –, um Klimapolitik, um den Dortmunder „Verein Deutsche Sprache“ usw. Insgesamt sind Parteien nicht oft Gegenstand unserer Berichterstattung, wie wir da auswählen, heißt nicht „parteineutral“, sondern unabhängig. Und „Af D-Bashing“ heißt eigentlich Opfermythos. Mit freundlichen Grüßen, Bastian Pütter


RÄTSEL

Während unseres Bochumer Weihnachtsbrunchs löste ein defekter Rauchmelder einen Feuerwehreinsatz aus. VerkäuferInnen und MitarbeiterInnen mussten vor die Tür, bis klar war, dass keine Gefahr bestand. Gut, dass wir alle immer etwas zu lesen dabeihaben. Foto: Sebastian Sellhorst

Schreiben Sie uns: redaktion@bodoev.de Telefon: 0231 – 950 978 0 Kaffee & Knifte

„Merci“ Liebes bodo-Team, wenn ich mal aus dem Sauerland nach Dortmund zum Shoppen komme, freue ich mich immer, einen bodo-Zeitungsverkäufer zu treffen. Ihr Engagement für Menschen, die Unterstützung brauchen, finde ich nötig und freue mich über Ihren Einsatz. In einer bodo-Ausgabe habe ich von Ihrer Initiative gelesen, im Winter mit heißen Getränken und Broten in die Stadt zu gehen, um Bedürftige zu verpflegen und dabei Schlafsäcke und warme Kleidung zu verteilen. Daran habe ich mich erinnert und deshalb ein Paket zu Ihnen geschickt. Mit der beiliegenden „Merci“ möchte ich mich bei Ihnen für die tolle Arbeit bedanken, die Sie jeden Tag leisten. Mit einem lieben Gruß aus dem Sauerland, F. B. bodo 12.19

Liebe bodos, es ist keine Kritik an Euch, aber habe ich das richtig verstanden: Der NRW-Minister, der Wohnungslosigkeit bekämpfen will, macht das mit „Pfadfindern“, die eine „Schnittstelle“ zwischen Wohnungsmarkt und Klienten sein sollen? Etwas, das fehlt – günstige Wohnungen –, entsteht aber nicht dadurch, dass man Leute bezahlt, die es suchen. Solidarische Grüße, H. W.

AUFLÖSUNG HEFT 12.19

Interview mit Karl-Josef Laumann

45


VERKÄUFERGESCHICHTEN

Seit drei Monaten ist Kudlip bodo-Verkäufer in Bochum. Wir haben ihn beim Weihnachtsbrunch in unserer Anlaufstelle in Bochum getroffen und uns bei Lebkuchen über seine alte Heimat Indien und seinen Weg nach Deutschland unterhalten. Text und Foto: Sebastian Sellhorst

Neu in Altenbochum „Ich komme eigentlich aus dem Punjab, einer Region im Norden Indiens an der Grenze zu Pakistan“, erzählt uns Kudlip, während wir uns an einem der Tische in bodos Bochumer Anlaufstelle niederlassen. In Deutschland sei er seit 1991. „Ich und meine Familie sind Sikhs. In den 1980er Jahren gab es in Indien extreme Spannungen zwischen unterschiedlichen Religionsgemeinschaften, und wir fühlten uns dort nicht mehr wirklich sicher. Als ich dreizehn war, habe ich dann zusammen mit meinem Vater das Land verlassen“, so Kudlip. Keine zwei Prozent der Menschen in Indien bekennen sich zum Sikhismus. Ein Großteil dieser Menschen lebt im Punjab, der Region, aus der auch Kudlip und seine Familie kommen. „In Indien sind wir eigentlich eine Minderheit“, erzählt Kudlip. Fast 80 Prozent der in Indien lebenden Menschen sind Hindus. „Als wir nach Deutschland kamen, haben wir zuerst in Hessen gelebt. In einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Biblis. Eigentlich eine schöne Gegend, auch wenn sie den meisten Leuten wohl nur wegen des Atomkraftwerkes bekannt ist. Dort bin ich dann auch zur Schule gegangen und habe recht schnell Deutsch gelernt. Nach der Schule habe ich in einer großen Firma große Holzkabeltrommeln für den Tiefbau hergestellt.“ In der Zeit habe er auch seine damalige Frau kennengelernt. „Wir haben sehr jung geheiratet und dann sehr schnell einen Sohn bekommen, aber wir leben nicht mehr zusammen und mein Sohn lebt heute bei seiner Mutter.“

46

Nach der Trennung habe er noch einige Zeit in Hessen gelebt, doch nach einigen Monaten habe es ihn dann ins Ruhrgebiet verschlagen. Seit drei Monaten verkauft Kudlip jetzt das Straßenmagazin. Seinen Verkaufsplatz hat er vor einem großen Supermarkt an der Wittener Straße in Altenbochum. „Den Platz habe ich von Monika geerbt.“ Monika, bodo-Urgestein, hat viele Jahre in Altenbochum das Straßenmagazin verkauft, und fast jeder kannte sie in ihrem Viertel. „Ich werde noch oft nach ihr gefragt, aber ich habe den Eindruck, alle Leute mögen dort bodo und kaufen auch gerne bei mir.“ Seit 2013 hat Kudlip mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. „Wegen meines Herzens war ich lange im Krankenhaus und habe mehrere Bypass-Operationen über mich ergehen lassen. Mittlerweile habe ich vier Bypässe in der Brust, und bin froh, noch am Leben zu sein.“ Diese Herzerkrankung mache es nicht einfach, einen Job zu finden. Zurzeit wohne er im Fliednerhaus, der Übernachtungseinrichtung für obdachlose Männer in Bochum. „Das funktioniert zwar, aber optimal ist das natürlich nicht, und die Suche nach einer eigenen Wohnung ist schwieriger, als ich dachte. Oft legen die Vermieter direkt wieder auf, wenn ich anrufe, aber ich bleibe dran.“


Anzeige Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.

Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Einiges kommt 2020 wieder. Wieder steht die Planung an für diesen Sonntag im Mai, wenn der BVB Meister werden will, aber nicht muss. Schon das Vorhalten von Dixieklos, Sanitätern und Bierduschen für diesen Tag kostet soviel, wie das Bruttosozialprodukt von Oer-Erkenschwick hergibt. Neulich klagte ein Medienhaus erfolgreich gegen die ausufernde Berichterstattung der städtischen Homepage in Sachen Borussia. Ein Fehlurteil. Bekanntlich ist in Dortmund alles, was mit diesem Verein zu tun hat, hoheitliche Aufgabe, Daseinsvorsorge, vergleichbar mit Hallenbad, Reihengrab und Straßenbahn. Man muss den kommenden Meister, so er kommt, nicht auf dem LKW um den Borsigplatz karren. Man kann ihn auch im ÖPNV durch die Gegend fahren. Prima Werbung wäre das für Bus und Bahn. Dort besteht jetzt ja der Plan, Tickets fürs ganze Ruhrgebiet für vier Euro anzubieten, also für bis zum MSV Duisburg. Nur, wer aus der Politik sich beim Meisterfeiern präsentieren möchte, hätte es in der U-Bahn nicht ganz so leicht. Wir wählen im Herbst Stadträte und Oberbürgermeister. In Dortmund gibt es zwei wichtige Kandidaten. Die SPD schickt Thomas Westphal. Der war mal Bundesvorsitzender der Jusos, ein früher Kevin also. Er wirkt heute ein wenig so, als sei er als Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

ed

Sie Mitgli Werden auch in der AWO!

eder die AWO li g it M r h e m Je hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil wo-ww.de .de • www.a w w oaw @ info

Kind mal in einen Eimer Drei-Wetter-Taft gefallen. Sieben Uhr, Mengede, es plästert, der Westphal sitzt. Herausforderer ist ein CDU-Sauerländer. Nicht Aki Watzke, Andreas Hollstein. Der ist gerade Bürgermeister von Altena, einem Ort, der komplett auf der Südtribüne Platz fände. Hollstein sagt: „Dortmund, Altena, egal, Hauptsache Westfalen.“ Wir Großstädter denken: „Westfalen, das sind doch die Bauern, denen man samstags in der City für viel Geld den Kram verkauft, den in der Woche keiner haben wollte.“ Aber wir sind höflich, sagen ihm nicht, dass Westfalen hier schon längst durch Signal-Idunarer ersetzt wurden.

Unterbezirk Dortmund

Unterbezirk Ruhr-Mitte

Unterbezirk Ruhr-Lippe-Ems

Klosterstraße 8-10 • 44135 Dortmund 0231 - 99 340

Bleichstraße 8 • 44787 Bochum 0234 - 96 47 70

Unnaer Straße 29a • 59174 Kamen 02307 - 91 22 10 47


www.rk-designbuero.de

Catering Partyservice Eventzubehör Locations

www.catering-by-mohr.de 0231-179755 · info@catering-by-mohr.de 48


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.