bodo Januar 2019

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bodo DAS

IN STRASSENMAGAZ

01 | 19 Die besten Geschichten auf der Straße

2,50 Euro Die Hälfte für den Verkäufer

GENESUNGSBEGLEITER BORSIGPL ATZTOURISMUS JOBCENTERBRINGDIENST

Dota Kehr: Alles selbst gemacht Seite 4

Der Fall KiK Seite 12

C L AUS N N A M Y E P

T H E AT E R-M A M M U T IN M IT H E IL IG E N S C H E

NEUE NOTSCHLAFSTELLEN

NUR MIT AUSWEIS

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IMPRESSUM

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de

INHALT

Dota Kehr

Von Max Florian Kühlem

Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Rina Chandran, Alexandra Gehrhardt, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Misha Leuschen, Marcus, Dennis Pesch, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst Titelfoto: Daniel Sadrowski Bildnachweise: Bianka Boyke (S. 16), Mauricio Bustamante (S. 41, 42), Roland Gorecki (S. 25), Jobcenter Dortmund (S. 43), Mette Kramer Kristensen (S. 16), Batian Pütter (S. 10), Reuters / Jorge Silva (S. 23), Salzgeber & Co. Medien GmbH (S. 29), Daniel Sadrowski (S. 3, 5, 6, 12, 13, 14, 18, 21, 22, 30, 32, 33, 34), Sebastian Sellhorst (S. 2, 7, 8, 9, 11, 38, 43, 46), Shutterstock.com (S. 22), StandOut (S. 28) Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Februar-Ausgabe 10. 01. 2019 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 03. 2018 Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Vereinssitz: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

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Gelernte Straßenmusikerin, Spitz- und Künstlername Kleingeldprinzessin, nebenbei studierte Medizinerin, zweifache Mutter, beruflich Selbermacherin im Musikbusiness und, so unser Autor, der „vielleicht netteste und unkomplizierteste Mensch der Welt“.

Aus der Asche erhoben

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Vor sechs Jahren brannte in Karatschi, der größten Stadt Pakistans, eine Textilfabrik, 289 Arbeiter starben. Saeeda Khatoon verlor ihren einzigen Sohn. Heute klagt sie mit weiteren Hinterbliebenen vor dem Landgericht Dortmund gegen das Unternehmen KiK.

Von Dennis Pesch

Claus Peymann

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Seit er von 1979 bis 1986 als Intendant das Schauspielhaus Bochum leitete, hat Claus Peymann in der Stadt Legendenstatus. Jetzt ist Peymann auf einmal wieder Dauergast hier. Ein Gespräch über Bochum, Chaos, Moral, Politik und das Alter. Von Max Florian Kühlem

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt, Bastian Pütter 0231 – 950 978 0, redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00 BIC: BFSWDE33XXX

Marcus, bodo-Verkäufer in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe, Sie haben die Feiertage gut überstanden und sind gut ins neue Jahr gekommen. Ich habe die Zeit zwischen den Jahren mit meiner Frau und meiner Tochter wohl gemütlich zu Hause verbracht. Sylvester ganz traditionell wie jedes Jahr mit „Dinner for One“ vor dem Fernseher. Für das neue Jahr würde ich mir etwas mehr Höflichkeit auf der Straße wünschen. Was ich so das ganze Jahr über auf dem Westenhellweg beobachten konnte, ist schon nicht schön. Auch was ich mir beim Verkauf manchmal anhören darf, obwohl man die Leute nur nett fragt, ob sie eine Zeitung haben wollen, ist oft sehr ernüchternd. Nette Leserinnen und Leser gleichen das zum Glück oft wieder aus. Für bodo wünsche ich mir viele nette neue Kollegen, mit denen ich gut zurechtkomme, und dass die Redaktion so weiter macht wie bisher. Nur meinen Namen könnte sie in Zukunft bitte immer mit einem c schreiben, aber sonst habe ich nichts zu meckern. Einen guten Start in das neue Jahr und viel Spaß mit der Januar-bodo. Ihr Marcus

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EDITORIAL

04 Menschen | Dota Kehr 07 Straßenleben | Ein Schlafplatz im Warmen 08 Neues von bodo 12 Reportage | Klage gegen KiK 16 Das Foto 16 Recht | ALG II: Mit Schulden in die Volljährigkeit? 17 Kommentar | „Träum weiter“ 17 Die Zahl 18 Interview | Claus Peymann 22 Wilde Kräuter | Hagebutte 23 Kultur | Warum Städte unerschwinglich werden 24 Veranstaltungskalender | Verlosungen 29 Kinotipp | Rafiki 30 bodo geht aus | Beim Brot-Sommelier 32 Reportage | Destination Borsigplatz 36 Soziales | Nordstadt im Wandel 38 Bücher 39 Eine Frage… | Wohin mit dem Baum? 40 Reportage | Genesungsbegleiter 43 Soziales | Experten frei Haus 44 bodo Shop | Leserpost 45 Leserpost | Rätsel 46 Verkäufergeschichten | Guido

Liebe Leserinnen und Leser, nur, dass Sie es nicht falsch verstehen: Der Herr auf unserem Titel streckt gar nicht Ihnen die Zunge heraus, sondern unserem Fotografen. Auch das darf er aber, finden wir, schließlich ist Claus Peymann einerseits „König“ und „Theaterberserker“, wenn man den üblichen Pressebetitelungen glaubt. Andererseits ist er ein charmanter und immer noch unglaublich energiegeladener Interviewpartner. Naja, und widersprechen möchte man ihm auch mit 81 noch nicht. Zu so viel künstlerischer Alpha-Männlichkeit haben wir in der wirklich wunderbaren Dota Kehr einen passenden Gegenpol gefunden. Wenn Sie ihre Musik nicht kennen – das lässt sich heutzutage ja leichter ändern denn je. Mitte Januar kommt sie für wenige Termine nach NRW. Auch sonst haben wir im Vorweihnachtsgewusel – das jetzt wahrscheinlich schon wieder erstaunlich fern erscheint – ein hoffentlich unterhaltsames Heft gemacht, das es unseren Verkäuferinnen und Verkäufern leicht macht, es an die Frau und an den Mann zu bringen. Denn leider gibt es auch in der Wohnungslosenhilfe so etwas wie einen Neujahrskater. Vor Weihnachten erhält das Thema Obdachlosigkeit gefühlt mehr Aufmerksamkeit als im gesamten Restjahr. Dabei beginnt jetzt erst die wirklich kalte und damit gefährliche Zeit. Schön, dass Sie dabei sind. Schön, wenn Sie mit uns dafür werben, auch im neuen Jahr unsere VerkäuferInnen mit dem Kauf des Straßenmagazins und unsere Arbeit mit einer Spende zu unterstützen.

Ihre Meinung ist uns wichtig. S.4 4

Ein frohes neues Jahr und viele Grüße von bodo Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Von Nothilfe bis Neuanfang: Helfen Sie helfen.

„Die Straße ist kein Zuhause.“ Unsere winterliche Bitte um Unterstützung haben wir mit einer Selbstverständlichkeit überschrieben. Für viele, die zu uns kommen, ist sie eine tägliche, bittere Erfahrung: Auch für die, die auf ihr leben, ist die Straße kein Zuhause. Helfen Sie uns, Obdachlosigkeit zu beenden. Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 3702 0500 0007 2239 00

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MENSCHEN

„Ach, hätte ich das gewusst, dass ihr auch ein Foto machen wollt. Wartet, ich zieh mich schnell um. Setzt euch doch in den Backstage. Bedient euch am Buffet. Wollt ihr einen Saft?“ Die Sängerin Dota Kehr ist vielleicht der netteste und unkomplizierteste Mensch der Welt. Eine Begegnung. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski

Alles selbst gemacht Beim Treffen vor ihrem Konzert in der Dortmunder DASA versteht man sofort, wie sich Dota im Alleingang, ohne großes Label im Rücken, eine große FanBasis auf bauen konnte: Mit Freundlichkeit, Verbindlichkeit, Zugewandtheit und natürlich einer tollen Band und tollen Songs wie „Grenzen“ vom neuen Album „Die Freiheit“: „Es gibt Grenzen / Sie führen zu Nationalismus / Mit seinen bekloppten Konsequenzen“, reimt sie da in ihrer typisch lakonischen Art und man denkt: So einfach, so klar, so ist das wohl.

„Die Freiheit ist schön und stark und seltsam, für jeden das, was er sich darunter vorstellt, und vielleicht vom Aussterben bedroht.“ Warum wir jetzt eigentlich im Backstage-Raum der Arbeitswelt-Ausstellung DASA sitzen und Dota und Band gleich zur Eröffnung der neuen Schau zum Thema „Mobilität“ spielen, das weiß die 39-Jährige selbst nicht so genau: „Vielleicht wegen unserem Song ‚Raketenstart‘?“ Zur neuen Entspanntheit der Frontfrau gehört unbedingt dazu, dass sie solche Sachen nicht mehr ganz genau wissen muss. Früher hat sie alles selbst gemacht: Auftritte besorgt, mit Veranstaltern gemailt, CDs gebrannt, Cover gebastelt. „Mittlerweile macht unser Gitarrist das Booking“, sagt die zweifache Mutter, lehnt sich kurz demonstrativ zurück, kommt aber gleich wieder vor, Unterarme auf den Tisch gelehnt, um wache Aufmerksamkeit zu signalisieren. Tatsächlich wirken Dotas Antworten nie wie von der Stange, sondern als würde sie sich gerade zum ersten Mal überhaupt Gedanken um die Themen ihres Gegenübers machen. Zum Beispiel über Streaming: Mit „Die Freiheit“ hat Dota ein neues Album sofort auch auf Streaming-Plattformen veröffentlicht. „Eigentlich

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gefällt mir das nicht“, sagt sie. „Für den Nutzer sind diese Plattformen praktisch, aber man macht sich auch wieder abhängig von riesigen Firmen.“ Und das widerspricht eigentlich ihrer Philosophie. „Im physischen Album, das du selbst auf Konzerten verkaufen kannst, liegt die Unabhängigkeit.“ Die Streaming-Dienste stehen für Dota auch für eine Renaissance der großen Musik-Label. „Kaum jemand hört dort zielgerichtet bestimmte Künstler. Der entmündigte Nutzer lässt sich von Empfehlungen leiten, hört vorgefertigte Playlists. Da können die Majorlabel ihre Künstler wieder gut durchdrücken.“ Die Sängerin gesteht selbst ein: „Vielleicht bin ich altmodisch. Aber dass in Autos keine CD-Player mehr eingebaut werden, ist für unabhängige Künstler ein Todesstoß.“ Dass sie bei diesem Thema so engagiert redet, hängt mit ihrem Selbstverständnis zusammen, ihrer Biographie. „Es gibt viele Bands und Künstler, die warten, dass jemand anders etwas für sie in Bewegung setzt.“ Das war nicht ihr Weg. Dota stand schon mit 14 Jahren mit dem Saxophon auf Jahrmärkten, hatte mit 16 Lust auf eine Band, fand eine und verlor sie wieder. „Ich war 21 Jahre alt, am Boden zerstört wie nach dem Ende einer Beziehung und dachte: Jetzt wird es vielleicht nie wieder passieren.“ Doch anstatt sich hängen zu lassen, fing Dota an zu reisen, zu trampen, machte Straßenmusik. Sie war nie darauf angewiesen, davon zu leben, aber brachte einen Spitznamen aus dieser Zeit mit: Kleingeldprinzessin. So hieß auch ihr erstes Album aus dem Jahr 2003, das natürlich im Selbstverlag erschien. 2003 ermöglichte ihr außerdem ein Stipendium einen Aufenthalt in Brasilien, wo sie auf den Spuren von Tom Jobim und dem Bossa Nova wandelte – eine Gratwanderung zwischen großer Leichtigkeit und tiefer Melancholie.


Dota Kehr Dota (eigentlich Dorothea) Kehr wurde 1979 in Berlin geboren. Dota studierte in Berlin Medizin, machte 2010 ihren Abschluss: „Ärztin werde ich nicht mehr. Eine gute Ausbildung ist an mir verschwendet worden.“ „Zum Musikmachen gehört Muße. Die konnte ich mir leisten in meiner Berliner Wohnung für zwei Euro Miete pro Quadratmeter. Neue Mieter zahlen im selben Haus heute 11 Euro.“

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MENSCHEN

Seit 2004 hat Dota auch wieder eine Band, tritt als „Dota und die Stadtpiraten“ auf – ein Name, von dem sie sich vor ein paar Jahren wieder trennte: „Wir fanden, Kleingeldprinzessin oder Stadtpiraten, das klingt zu sehr nach Kindertheater. Jetzt sind wir einfach DOTA.“ Ohne Major-Label im Rücken spielt Dota zwar immer noch nicht regelmäßig auf großen Festivals, denn deren Programme teilen sich meist die großen Tiere auf. „Ich wollte mir jetzt einen Penis wachsen lassen, dann klappt das vielleicht mal“, kommentiert die sonst eher zurückhaltende Sängerin trocken. Doch Konzerthallen, egal welcher Größe, füllt sie problemlos, ihre Fanbasis ist stabil. Wie sie das geschafft hat? „Durch spielen, spielen, spielen, Glück und Organisationsfähigkeit.“ Dass Dota ein politischer Mensch ist, dass sie gerade an der Situation in Brasilien leidet, wo der Rechtspopulist Jair Bolsonaro die Wahlen gewonnen hat, dass sie an die Möglichkeit einer solidarischen Weltgemeinschaft

„Ich habe gerade das Gefühl, dass sich die Gesellschaft krass spaltet. Trotzdem finde ich es nicht interessant, eine politische Agenda zu vertonen. Aber Musik kann subtil wirken, kann Trost spenden, kann dazu beitragen, die Welt zu einem menschlicheren Ort zu machen.“

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glaubt, dass sie von den Politikern ihres Heimatlandes Weitsicht erwartet und zum Beispiel neoliberale Reformen im Gesundheitssystem ablehnt, äußert sich selten explizit in ihren Liedtexten. „Ich habe gerade das Gefühl, dass sich die Gesellschaft krass spaltet“, sagt sie: „In die Leute, die an ein friedliches und offenes Miteinander glauben, und die, die sich wieder autoritäre, geschlossene Systeme wünschen. Trotzdem finde ich es nicht interessant, eine politische Agenda zu vertonen. Aber Musik kann subtil wirken, kann Trost spenden, kann dazu beitragen, die Welt zu einem menschlicheren Ort zu machen, kann Verständigung herstellen zwischen Kulturen und Generationen.“ Das Cover ihres aktuellen Albums ziert eine Collage aus alten Kupferstichen, die aussieht wie eine TierDarstellung aus historischen Lehrbüchern oder einem Fantasy-Roman. Dota Kehr nimmt es im BackstageRaum in die Hand, bestaunt es, als sähe sie es zum ersten Mal, und liefert eine eigene Interpretation: „Die Freiheit ist schön und stark und seltsam, für jeden das, was er sich darunter vorstellt, und vielleicht vom Aussterben bedroht.“ Ein letzter, nachdenklicher Blick in die Ferne, dann schaut Gitarrist Jan herein: „Wir wollten jetzt Soundcheck machen.“


STRASSENLEBEN

Bochum hat noch vor dem Winter eine neue Notübernachtungsstelle eröffnet, in Dortmund steht der Umzug der Männer in einen Neubau Mitte Januar an. Weitere Einrichtungen sind in Planung. Kein einfaches Unterfangen: Für eine ausreichend große Frauenübernachtungsstelle ist im zweiten Jahr noch kein Standort gefunden. Dafür hat das Gast-Haus Schlafplätze für Menschen geschaffen, die es aus Sicht der Verwaltung gar nicht gibt. Von Bastian Pütter | Foto: Sebastian Sellhorst

Ein Schlafplatz im Warmen

An Frosttagen macht der Gast-Haus e.V. an der Rheinischen Straße seine Büroetage zur Notschlafstelle. Es war ein vorsichtiger Start: In der ersten Nacht unter Null im Dezember warteten noch wenige Obdachlose abends um 22 Uhr vor der Tür. Der Verein hatte das Angebot noch nicht groß beworben. Die meisten von ihnen gehören aber zu den „Unsichtbaren“: Menschen ohne Ausweis, mit bulgarischem oder polnischem. Die städtischen Notunterkünfte stehen nur Menschen offen, die in Dortmund Leistungen beziehen. Wer zuletzt anderswo gemeldet war – ob in einer Nachbarstadt oder im EU-Ausland –, erhält möglicherweise eine Fahrkarte. Das meint der Satz der Verwaltung: „In Dortmund wird niemand, der um einen Schlafplatz bittet, ohne Hilfsangebot abgewiesen.“ Die Nachbarstadt legt sich – bei im Vergleich deutlich geringerer Dimension des Problems Obdachlosigkeit – fest: „In Bochum wird niemand, der um einen Übernachtungsplatz bittet, abgewiesen.“ Ein feiner Unterschied. Wobei es bei steigender „Nachfrage“ auch im Fliednerhaus eng werden konnte. Die meisten Betroffenen schliefen lieber draußen als in der alten Notunterkunft. Der Neubau hinge-

gen bietet menschenwürdige, im Unterschied zu vergleichbaren Einrichtungen fast komfortable Bedingungen. Dortmund hat mit der Neuordnung der Wohnungslosenhilfe auf drastisch steigende Zahlen reagiert. Die neue Unionstraße soll viel stärker als bisher Durchgangsstation und damit wirkliche Notunterkunft sein. Da abzusehen ist, dass die Plätze im Neubau nicht reichen werden, bewilligte der Rat Geld für weitere Einrichtungen: Es wird Plätze für junge Erwachsene und eine eigene Schlafstelle für Menschen mit Suchterkrankungen geben. Wie der Umzug der Frauenübernachtungsstelle hängt das an einer passenden Immobilie und Nachbarn, die nicht dagegen klagen. Termine für die Eröffnung sind noch nicht abzusehen.

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NEUES VON BODO

Auf ein Neues! Der Dezember war auch für die VerkäuferInnen des Straßenmagazins etwas Besonderes: Eine „telefonbuchdicke“ bodo, wie ein Verkäufer im Scherz klagte, Stammkundinnen mit Geschenken für „ihre“ Verkäufer, Weihnachtsmarkttouristen, die Straßenmagazine aus ihrer Heimatstadt zum Zeigen dabeihatten, die Weihnachtsfeiern bei uns und in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe usw.

TERMINE Brüchige Biografien bodo-Filmabend und Diskussion Do., 17. Januar, 19 Uhr Evangelische Hochschule Bochum, Studio Lucica und ihre Kinder Filmvorführung und Publikumsgespräch Do., 24. Januar, 19 Uhr Dietrich-Keuning-Haus Dortmund Eintritt frei bodo-Betriebsausflug Fr., 25. Januar, ganztägig Unser Buchladen und unsere Anlaufstellen bleiben geschlossen. Soziale Stadtführungen Dortmund, 12. Januar, 11 Uhr Bochum, 19. Januar, 11 Uhr Anmeldung unter Tel. 0231 – 950 978 0 8

Im Namen unserer VerkäuferInnen und Verkäufer bedanken wir uns herzlich für am Ende wohl fast 30.000 verkaufte Hefte – die Hälfte mehr als in gewöhnlichen Monaten. Und ebenfalls in ihrem Namen schließen wir eine Bitte an: Der Winter ist eine harte Zeit für bodo-VerkäuferInnen. Werben Sie mit uns dafür, dass sie mit unserem – wie wir finden: ganz gelungenen – JanuarHeft nicht so lange stehen müssen.

Gemeinsam weg

Baltz für bodo

Am Freitag, dem 25. Januar, bleiben der bodo-Buchladen, die Anlaufstellen und auch unsere Dortmunder Büroetage geschlossen, die Transporter bleiben auf dem Hof. Gemeinsam mit allen Arbeitsbereichen gönnen wir uns einen Betriebsausflug. Im vergangenen Jahr haben wir mehrheitlich unverletzt den Kletterpark am Freischütz durchstanden, der Zielort in diesem Jahr soll eine Überraschung werden, die KollegInnen rätseln schon, wo es hingeht. Am Samstag, 26. Januar, ist unser Buchladen wieder geöffnet, unsere VerkäuferInnen erhalten am Freitag Magazine an unseren externen Ausgabestellen bei Partnerorganisationen der Wohnungslosenhilfe.

Um umweltschädlichen Plastikmüll zu vermeiden, sollen Plastiktüten Geld kosten, darauf haben sich die deutschen Handelsverbände schon 2016 verständigt. Ziel ist es, den Plastiktütenverbrauch in der EU auf 40 Tüten pro Einwohner und Jahr bis zum Jahr 2026 zu reduzieren. Das Bochumer Modeunternehmen Baltz bittet um 20 Cent pro Tüte, spendet aber die Einnahmen des gesamten ersten Halbjahrs 2019 an bodo. Noch besser: An bodo spenden kann man an den Kassen in allen drei Baltz-Häusern auch, wenn man eine wiederverwendbare Tasche kauft oder dabei hat. Und das wäre doch eine noch bessere Lösung. Wir bedanken uns schon einmal herzlich im Voraus!


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Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

Los geht's! Wir freuen uns auf 2019 und ein Kunstprojekt, zwei große Forschungsprojekte, eine internationale StraßenzeitungsJetzt anmelden! konferenz „um die Ecke“ in Hannover, einen Neuanfang in Bochum, jetzt schon viele gebuchte Vorträge, Filmvorführungen, Stadtführungen und ein paar verrückte und / oder großartige Ideen, die wir gerne umsetzen möchten.

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Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

Entdecken Sie sich selbst!

Mit über 2.000 Veranstaltungen bietet die VHS Dortmund wieder ein abwechslungsreiches Programm:

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Körperschulung, Bewegung, Kochen und Ernährung, Sprachen, Politik, Gesellschaft, Ökologie, - EDV, - interessante Vorträge und Exkursionen.

Vielen Dank! Wir möchten uns auch an dieser Stelle herzlich bei allen bedanken, die bereits unsere Spendenaktion „Die Straße ist kein Zuhause“ unterstützt haben. Einen großen Teil unserer Mittel erwirtschaften wir selbst – unsere Anlaufstellen für Menschen in Not, die Beratung, Begleitung und Betreuung der Wohnungslosen, die zu uns kommen, ist allein spendenfinanziert. Wir haben Angebote von Nothilfe bis Neuanfang geschaffen – und bis zur Nachsorge bei ehemals Obdachlosen, die inzwischen eigene vier Wände haben. Wenn Sie mehr über unsere Arbeit und den Einsatz unserer Mittel wissen möchten und unser Dezemberheft verpasst haben, fordern Sie gerne unseren Jahresbericht an.

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NEUES VON BODO

Lucica Lucica hat sechs Kinder, mit denen sie in einer Einzimmerwohnung in Dortmund lebt, damit sie hier zur Schule gehen können. Und einen Mann, der nach einer Gefängnisstrafe nicht mehr nach Deutschland einreisen darf. Die Situation spitzt sich zu, als der Strom abgestellt wird und die jüngste Tochter in Rumänien bleiben muss. Eine Heldinnenreise mit Brüchen und tiefen Einblicken in die Poesie des bedingungslosen Miteinanders der Familie. Planerladen e.V. und Multikulturelles Forum zeigen den preisgekrönten Film am 24. Januar um 19 Uhr im Dietrich-Keuning-Haus in Kooperation mit bodo und der Alevitischen Jugend Dortmund. Das anschließende Filmgespräch mit der Regisseurin Bettina Braun moderiert Bastian Pütter (bodo e.V.). Der Eintritt ist frei.

SOZIALES Wohnungslose sterben 30 Jahre früher als der Bevölkerungsdurchschnitt, ihre Lebenserwartung beträgt 49 Jahre. Die Medizinerin Nina Asseln bestätigte in ihrer Dissertation die Ergebnisse einer Hamburger Untersuchung von 2001. Haupttodesursache sind Vergiftungen, Infektionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Fast ein Drittel der untersuchten Wohnungslosen verstarb in der Winterperiode zwischen Dezember und Februar. Hartz-IV-Empfängern werden immer höhere Wohnkosten anerkannt. Seit 2001 sind die anerkannten Wohnkosten um über 25 Prozent gestiegen, von 4,79 Euro auf 6,10 Euro. Das geht aus einer Antwort des Bundessozialministeriums an die Linksfraktion im Bundestag hervor. Die Linke warnt vor einer Fehlentwicklung: Die Wohnraumförderung durch Mietzuschüsse subventioniere die Mietsteigerungen der Wohnungseigentümer. In fast 600.000 Fällen haben Ämter im vergangenen Jahr nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft bezahlt. Betroffen ist knapp ein Fünftel der Bedarfsgemeinschaften, im Durchschnitt beträgt die offene Differenz 80 Euro im Monat. Das fehlende Geld begleichen Betroffene meist aus dem im Regelsatz für Essen und Alltag. Allein in Nordrhein-Westfalen kürzten somit Jobcenter Unterkunfts- und Heizkosten um 133 Millionen Euro. Arme Familien zweckentfremden Kindergeld nicht für den eigenen Konsum. Stattdessen steigt mit höherem Kindergeld die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder in einer Kita betreut werden, an Musikerziehung oder am Turnen teilnehmen, so eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Das Bildungs- und Teilhabepaket mit seinen zweckgebundenen Leistungen sei ineffektiv, teuer und stelle Eltern zu Unrecht unter Generalverdacht. 10

Resonanz Der November stand bei uns noch ganz im Zeichen des Aufregerthemas der Ordnungsstrafen für Dortmunder Obdachlose. JournalistInnen aus ganz Deutschland standen bei uns vor der Tür und wollten mit uns und betroffenen Obdachlosen Interviews für Radio, Fernsehen, Online und Print führen. Die Stadt Dortmund reagierte spät und sagte schließlich zu, keine Bußgelder mehr wegen „Lagerns und Campierens“ auszusprechen. Das gab endlich Raum, wieder positive Geschichten zu erzählen, darüber, welche Hilfen funktionieren zum Beispiel. Heraus kamen zum Beispiel schöne Radioreportagen über unsere Arbeit und einige gute Interviews mit Betroffenen – denn um die geht es schließlich.


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Ansprechpartner

0231 – 950 978 0

Geschäftsleitung: Tanja Walter verein@bodoev.de

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Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit: Alexandra Gehrhardt Bastian Pütter redaktion@bodoev.de Anzeigen: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Vertrieb: Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de bodos Bücher: Suzanne Präkelt buch@bodoev.de bodos Bücher online: Gordon Smith basar@bodoev.de

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Haushaltsauflösungen und Entsorgungen: Brunhilde Posegga-Dörscheln transport@bodoev.de Das faire Abo für 15 Euro: Ein Gutscheinheft für sechs Ausgaben des Straßenmagazins zum Einlösen direkt bei unseren Verkäufern auf der Straße.

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BODO Am Donnerstag, 17. Januar um 19 Uhr, DER zeigtFILM die Hochschulgruppe des DeutSonderausgabe

schen Bundesverbands für Soziale Arbeit inklusive DVD im Heft (DBSH) den Dokumentarfilm „Brüchige Biografien“ im Studio der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum. Adresse ist die ImmanuelKant-Straße 18 – 20. In dem gut 80-minütigen Film erzählen fünf bodo-Verkäuferinnen und -Verkäufer ihre Geschichte und berichten aus ihrem Alltag. Im Anschluss wird es eine Diskussion mit einem Protagonisten aus dem Film und einem Mitarbeiter von bodo geben. Der Eintritt ist frei. „Brüchige Biografien“ ist auch als DVD mit Begleitheft bei bodo erhältlich und kostet 2,50 Euro plus Porto.

Schwanenwall 36 – 38 44135 Dortmund Tel. 0231 – 950 978 0

Auf der Baustelle Das Gebäude, in dem sich unsere Bochumer Anlaufstelle befindet, wird zurzeit im laufenden Betrieb saniert und umgebaut, um ein Ort zu werden, „wo sich Nachbarn, ,Projektemacher‘ und Unternehmen begegnen“, die „KO-Fabrik“. Wir müssen umziehen – sobald der Umbau der Ausweichimmobilie in der Bessemerstraße, in der wir Untermieter der Diakonie werden, abgeschlossen ist. Wir vermuten, Anfang Februar von der Stadt Bochum ein genaues Datum zu erfahren. Bis dahin laufen bei uns die Vorplanungen für einen Neustart in Bochum, möglicherweise mit einem zusätzlichen Standort, um die Annahme von Sachund Buchspenden im bisherigen Maß sicherstellen zu können.

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

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Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

Mieterverein

Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

Kampstr. 4 44137 Dortmund Tel. 0231/557656-0 mieterverein-dortmund.de

Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

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REPORTAGE

Aus der Asche erhoben Vor über sechs Jahren, am 11. September 2012, brannte in Karatschi, der größten Stadt Pakistans, eine Textilfabrik des Unternehmens Ali Enterprise aus. 289 prekär beschäftigte Textilarbeiter starben bei dem Brand. Saeeda Khatoon verlor ihren einzigen Sohn und organisiert sich seitdem gegen die Ausbeutung durch transnationale Unternehmen im globalen Süden. Mit drei anderen Angehörigen will sie vor dem Landgericht Dortmund das Unternehmen KiK, das der größte Abnehmer der Textilwaren aus der Fabrik in Karatschi war, haftbar machen. Von Dennis Pesch | Fotos: Daniel Sadrowski

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asir Mansoor ist der stellvertretende Generalsekretär der Gewerkschaft „National Trade Union Federation“ (NTUF) aus Pakistan. Neben Khatoon ist er zum Prozessauftakt in Dortmund angereist und spricht im Dortmunder Schauspielhaus über die Folgen des Brandes. Symbolisch für den Kampf gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in der Textilbranche steht ein Video des Popsängers Jawad Ahmad, das er zu Beginn der Veranstaltung dem Publikum zeigt. „Der erste Teil handelt von der Tragödie. Der zweite Teil enthält eine Botschaft: Den Mut zu fassen, gegen den Kapitalismus zu kämpfen“, erklärt er.

„Sie kämpft diesen Kampf“ Ahmad ist in Pakistan berühmt, hat für seine Songs und Alben mehrere Preise gewonnen. Aber er ist auch politischer Aktivist, hat eine Partei gegründet und kämpft an der Seite der Betroffenen. Sein Song und das Video dazu sind für sie wie eine Hymne. Über sechs Minuten wird dem Publikum vor Augen geführt, welche Folgen der Brand hatte. In weiße Säcke eingepackte Leichen reihen sich aneinander, das Gebäude steht lichterloh in Flammen, Betroffene und Angehörige weinen, halten die Bilder der Verstorbenen hoch. Sie wirken wie in einer Schockstarre, aus der es keinen Ausweg gibt. „Ich bin ein Arbeiter, aber vergesst nicht, dass ich auch ein Mensch bin“, singt Ahmad dazu. Das Lied ermutigte die Betroffenen und Angehörigen, für ihre Rechte zu kämpfen. „Die Leute waren nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die einzige Möglichkeit war, sich zu organisieren und die Wut in Kraft zu kanalisieren“, resümiert der Gewerkschaftssekretär. Eine besondere Rolle nehmen dabei die Frauen ein, die in der Selbstorganisation der Betroffenen einen Großteil der Arbeit übernehmen und deutlich besser organisiert sind als die Männer. Dazu gehört auch Saeeda Khatoon. „Sie kämpft diesen Kampf “,

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Saeeda Khatoon ist zum Prozessauftakt nach Dortmund gekommen. Im Schauspiel Dortmund schildert sie ihren Kampf um Gerechtigkeit. Beim Prozessauftakt im Landgericht am Tag darauf erhält sie kein Rederecht.

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REPORTAGE

sagt Mansoor, bevor sie auf die Bühne kommt und berichtet. Sie erzählt zunächst von dem Brand und ringt mit ihren Emotionen, wirkt aber auch gefasst und kämpferisch. „Ich rannte dahin und alles stand in Flammen, fand aber keine Unterstützung oder Hilfe. Zwei Feuerwehrwagen kamen, einer hatte kein Wasser. Die ganze Nacht ging ich zum Krankenhaus, hab die Krankenwagen gecheckt, um meinen Sohn zu suchen. Die erste Leiche kam um 4 Uhr morgens. Die Leiche meines Sohnes wurde erst morgens um 10 gefunden“, sagt sie. In fast jedem Haus ihrer Nachbarschaft seien Tote zu beklagen gewesen. Sie beschreibt, wie sie die verstörenden Bilder wahrgenommen hat: „Ganze Menschen sind auf 10 Zentimeter zusammengeschrumpft. Die Überreste waren auf Hände und Beine beschränkt. Ein Jahr lang sind wir von Tür zu Tür gegangen und haben Hilfe gesucht in unserem Kampf für Gerechtigkeit, aber wir fanden keine“, sagt sie.

Holz und Kerosin Bei der Gewerkschaft NTUF und dem „European Center for Constitutional and Human Rights“ (ECCHR) fanden sie schließlich welche. Sie bauten gemeinsam die Selbstorganisation der Betroffenen auf, begannen mit den Vorbereitungen auf eine Klage. KiK zahlte 6 Millionen US-Dollar an Entschädigungen. Das sind pro Menschenleben 20.761 US-Dollar. Khatoon und den anderen Angehörigen und Betroffenen geht es nicht ums Geld, sondern darum, KiK, den größten Abnehmer von Ali Enterprise, haftbar zu machen. Es ist ein Präzedenzfall, bei dem vor dem Dortmunder Landgericht nach pakistanischem Recht verhandelt wird. Dazu liegt den Richtern auch eine wissenschaftliche Rekonstruktion des Brandes von „Forensic Architecture“ vor. Die Agentur sitzt an der Goldsmiths-Universität in London, untersucht und rekonstruiert Menschenrechtsverbrechen. In einem 17-minütigen Zusammenschnitt haben die Forscher das Gebäude digital rekonstruiert anhand von Bauplänen, Zeugenaussagen, Video- und Fotoaufnahmen. Der Aufhänger für die Rekonstruktion ist ein sogenanntes SA8000-Zertifikat, das die Fabrik drei Wochen vor dem Brand erhalten hat. Das Zertifikat wurde von der Nichtregierungsorganisaton „Social Accountability International“ erstellt und hat zum Ziel, Arbeitsbedingungen zu verbessern. Es basiert auf Konventionen der UN.

Es geht um Schadenersatz und um die viel weiterreichende Frage: Wie kann man Unternehmen in Haftung nehmen für schlechte Arbeitsbedingungen im globalen Süden? Möglicherweise wird das Gericht im Januar bekanntgeben, ob Ansprüche der Kläger verjährt sind.

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Auch Ali Enterprise bekam ein solches Zertifikat von RINA, einem Subunternehmer einer italienischen Firma, die das Siegel an die Fabrik ausgestellt hatte. „Forensic Architecture“ untersuchte die Fabrik und fand heraus, dass viele Standards, besonders im Bereich Brandschutz, nicht erfüllt waren. Die Fenster der Fabrik waren vergittert, und die schnell brennbaren Textilien lagerten direkt zwischen den Arbeitsplätzen. Bereits acht Monate vor dem Brand soll der Feueralarm nicht funktioniert haben, genauso wenig wie am Tag des Brandes. „Forensic Architecture“ konnte auch nachweisen, dass beim Bau der Träger des Gebäudes teilweise Holz statt Walzbeton benutzt wurde. Zudem gab es keine Fluchttreppe. Fotos zeigen außerdem einen Kanister mit der stark brennbaren Flüssigkeit Kerosin direkt neben den Textilien, dort, wo der Brand begonnen haben soll.

„Wir übernehmen die Fabriken“ Miriam Saage-Maaß vom ECCHR erarbeitete mit den Betroffenen die Zivilklage gegen KiK, und Remo Klinger, Rechtsanwalt aus Berlin, vertritt sie vor Gericht. Dabei soll es vor allem um die Frage gehen: „Wie kann man Unternehmen in Haftung nehmen für schlechte Arbeitsbedingungen im globalen Süden?“ KiK habe in den Gesprächen mit dem ECCHR betont, sie seien selbst nur Kunden. Saage-Maaß und Klinger sehen das anders: „Wenn KiK mit 75 Prozent eine Fabrik auslastet, dann ist die fast nur von KiK abhängig, dann ist KiK der Boss.“ Sollten die KlägerInnen gewinnen, hofft das ECCHR auf eine abschreckende Wirkung, so dass in Zukunft vorher für den Schutz gesorgt wird. „Gerechtigkeit haben wir noch nicht erreicht“, sagt Khatoon dazu, die zu den Klägern vor dem Landgericht Dortmund gehört. Sie schwenkt von der Wut und Trauer um, hin zu ihren Forderungen. „Der Einkauf aus Ländern wie Pakistan muss auf Vereinbarungen und Standards basieren. Wenn ein Arbeiter zur Arbeit geht, dann sollte er abends nach Hause kommen und nicht sterben“, sagt sie. Sie bekräftigt sich selbst in ihren Aussagen, nickt, wenn sie sie vorträgt. „Wir möchten, dass dieses Unglück in keinem anderen Land nochmal passiert und dass die Verantwortlichen nicht ohne Konsequenz davonkommen.“ Genauso ist es auch im Video des Popsängers Ahmad. Die Menschen verlieren ihre Schockstarre, recken die Fäuste in die Höhe und singen: „Wir übernehmen die Fabriken und Institutionen. Wir werden das nie wieder geschehen lassen, wir werden nicht noch einmal verbrennen.“ Es sei das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass die Leute sich dermaßen organisiert hätten, erzählt Khatoon: „Leider war dazu die Asche von 289 Menschen nötig.“

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DAS FOTO

Rund 1.000 Menschen demonstrieren in Kopenhagen gegen die Kriminalisierung von Obdachlosen. Aufgerufen hatte u.a. die dänische Straßenzeitung „Hus Forbi“. Zwei ihrer Verkäufer waren jeweils mit einer Geldbuße belegt und der Stadt verwiesen worden, seit eine Gesetzesänderung die Bildung von „Lagern, die Unsicherheit schaffen“ verbietet. Nun wird sich das Oberste Gericht damit befassen, ob ein einzelner, schlafender Obdachloser ein solches Lager im Sinne des Gesetzes darstellt. Foto: Mette Kramer Kristensen

RECHT

ALG II: Mit Schulden in die Volljährigkeit? Von René Boyke Wer Sozialleistungen bezieht, wird es vermutlich schon bemerkt haben: Manchmal zeigt sich Beziehern erst im Nachhinein, ob ihnen bezogene Leistungen tatsächlich so zustehen, wie sie gezahlt werden, zum Beispiel, wenn sie vorläufig bewilligt werden. Ärgerlich kann es werden, wenn sich später herausstellt, dass Leistungen zurückgezahlt werden müssen. Betroffen sind allerdings meistens Erwachsene, die mit derartigen Fol-

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gen zumindest theoretisch rechnen und sich möglicherweise darauf einstellen konnten. Anders sieht es jedoch aus, wenn Kinder Leistungsbezieher waren, zu hohe Leistungen bezogen haben und sie als Volljährige zurückzahlen sollen. Bestünde in solchen Fällen eine uneingeschränkte Rückzahlungspflicht, dann würde so mancher junge Erwachsene bereits mit Schulden in seine Volljährigkeit starten – Chancengleichheit sieht anders aus.

Derartige Gedanken plagten das zuständige Jobcenter im vorliegenden Fall aber offenbar nicht. So forderte es von einer jungen Frau, die als Jugendliche mit ihrem Vater zusammengelebt und mit ihm aufstockendes ALG II erhalten hatte, Leistungen zurück. Im Nachhinein war nämlich das Einkommen ihres selbstständigen Vaters höher ausgefallen, als zuvor geschätzt worden war. Gegen die Rückforderung wehrte


KOMMENTAR

„Träum weiter“ Von Bastian Pütter Weihnachtszeit. Ein Beitrag für die Aktuelle Stunde. Eine wie hilflos durch eine Einkaufsstraße schwenkende Kamera findet einen Bettler mit Pappschild, über dem verpixelten Gesicht schwarze Haare: das Thema. Auf der Tonspur: „Vier von fünf Bettlern an diesem Morgen sprechen kein Deutsch, die Schilder haben sie wohl nur mit Anleitung schreiben können.“

Gefühltes Wissen über Roma

Schnitt. Ein „hiesiger“ Bettler, unverpixelt, mit Namen, spricht vom Gerücht, „dass da Leute mit viel Kohle hinterhängen“. Der Journalist aus dem Off: „Das würde sich decken mit Erkenntnissen der Polizei.“ Auftritt Kriminalhauptkommissar Erich Rettinghaus. Der arbeitet aber seit Jahren gar nicht als Polizist, sondern ist freigestellter Landesvorsitzender der stetig nach rechts driftenden „Deutschen Polizeigewerkschaft“. Gemeinsam mit Rainer Wendt, dem AfDnahen Apokalyptiker an der Gewerkschaftsspitze, arbeitete er davor im Polizeipräsidium Duisburg. Wendt kassierte 11 Jahre lang rechtswidrig Gehalt, spricht aber weiterhin als Law-and-Order-Experte in jedes greifbare Mikrofon. Diesmal darf der Kollege ran. Rettinghaus sagt: Unter Ausnutzung der Freizügigkeit der EU bringen organisierte Banden die Ärmsten der Armen hierher. Das erbettelte Geld müssten die mitunter stündlich abgeben. Wir fragen bei der Polizei Dortmund. Organisierte Strukturen seien „uns so nicht bekannt“, sagt der Sprecher. Dass Bettler Geld abgeben müssten, sei bislang „überhaupt nicht in irgendeiner Weise Thema gewesen“. Die Polizei Bochum verweist auf den Fall eines Bettlers, der vor zwei Jahren eine Körperbehinderung vorgetäuscht habe. Auf Nachfrage gibt sie an, der sei aber allein unterwegs gewesen. Wir fragen beim NRW-Innenministerium an. Dort kennt man „Ausbeutung in Form erzwungener Betteltätigkeit“. Und zwar einen Fall aus dem Jahr 2017. Das könnte eine Geschichte sein über eine Redaktion, die auf die Anti-EUKampagne einer rechten Lobbyorganisation hereinfällt. Doch es ist mehr. Die „Täter“ sind Roma, überdeutlich markiert als „nomadisch“, als „parasitär“ und „organisiert“ – und jeder weiß Bescheid. Der spezifische Rassismus gegenüber Roma erzeugt ein kaum irritierbares „Wissen“ mit eigenem Wahrheitswert und ist darin dem Antisemitismus verwandt. Geht es um Roma, werden selbst bei Profis im Umgang mit empirischer Wirklichkeit aus Unterstellungen „Erkenntnisse“ und aus Ressentiments „Fakten“. Auf den Hinweis unter dem WDR-Beitrag bei Facebook, dass der Polizei gar keine Erkenntnisse vorlägen, antwortete eine Nutzerin: „Träum weiter“.

sich die Frau und verweigerte die Rückzahlung von überbezahlten 33,40 Euro. Zu Recht, wie das Bundessozialgericht (BSG) nun entschied (Az.: B 14 AS 34/17 R). Der Gedanke hinter der Entscheidung des BSG ist, dass niemand mit Schulden in die Volljährigkeit starten soll. § 1629a BGB versucht, dies umzusetzen. Während das Landessozialgericht meinte, diese BGBVorschrift greife im vorliegenden Fall nicht,

DIE ZAHL

990,1

Kilometer

Zehn EU-Staaten haben seit 1989 „befestigte Grenzanlagen“ – AntiFlüchtlings-Mauern – errichtet. Bereits heute sind sie zusammen rund sechsmal so lang wie die einst 160 Kilometer lange Berliner Mauer.

erklärte das BSG nun eindeutig, dass die Begrenzung der Minderjährigenhaftung sehr wohl auch im SGB II gelte. Auch stellte das Gericht klar, dass es keineswegs auf die Höhe der Rückforderung ankomme, da die Vorschrift gerade keine Bagatellgrenze enthalte.

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INTERVIEW

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Mammut mit Heiligenschein Theaterlegende Claus Peymann Seit er von 1979 bis 1986 als Intendant das Schauspielhaus Bochum leitete, hat Claus Peymann in der Stadt Legendenstatus. Mit einem Raunen spricht man von seiner spektakulären Inszenierung von Kleists „Hermannsschlacht“ und den zahlreichen Uraufführungen von Stücken seines Freundes Thomas Bernhard. Jetzt ist Peymann auf einmal wieder Dauergast in Bochum. Zeit für ein Gespräch im Hotel am Stadtpark. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski

Warum sind Sie gerade Dauergast in Bochum? Ich war bei den Eröffnungspremieren – und bin jetzt eingeladen, mit meiner Lesung von Thomas Bernhards „Meine Preise“. Meine Sympathie gilt Bochum nach wie vor, weil ich – und wir – hier eine ganz tolle Zeit erlebt haben, das hält bis heute. Und ich freue mich, dass die Menschen mich – sogar auf der Straße – spüren lassen, dass sie mich noch nicht ganz vergessen haben. Nach über 30 Jahren! Ich renne hier richtig mit einem Heiligenschein rum…! (lacht) Natürlich finde ich es positiv, dass Johan Simons ein „Künstlerintendant“ ist und seine Intendanz vielleicht etwas von der Anarchie enthält, durch die das Schauspielhaus Bochum immer gekennzeichnet war. Selbst die Zeiten von Saladin Schmitt waren nicht so ordentlich, wie es im Nachhinein scheint. Bei Zadek war es das reine Chaos, und bei mir gehört das Chaos zum Prinzip. Lebendiges Theater ist immer Chaos und Krise. Sie sehen bei Johan Simons also Chaos und Krise aufscheinen? In einem guten Sinne! Simons wird sich möglicherweise noch schwere

Krisen einhandeln, weil heute natürlich an allen Theatern Bürokraten die Macht übernommen haben. Wenn Sie in Berlin um sich schauen: Das sind alles brave, ordentliche Theaterdirektoren, die genauso langweilig sind wie die Politiker, die sie geholt haben. Der Ruhrpott ist für solche bürokratischen Überwucherungen übrigens besonders gefährdet, weil diese Allianz zwischen den Geschäftsführern und den Stadtverordneten ja schon zu unserer Zeit in Bochum ein Problem war. Heute ist in der Deutschen Bank mehr Anarchie als an den Stadttheatern, die eigentlich die letzten Freiräume für Verrückte und Künstler sein sollten. Johan Simons ist glücklicherweise nicht Prototyp dessen, wer heute als Intendant geholt wird. Er führt das Theater von der Bühne aus und nicht vom Büro. Könnten Sie sich denn vorstellen, wieder in Bochum zu arbeiten? Das könnte ich mir vorstellen, ja. Ich werde in Wien arbeiten, stehe kurz vor Probenbeginn für „Die Stühle“ von Ionesco mit Michael Maertens und Maria Happel. Daneben gibt es Angebote aus Frankreich und von Theatern in Deutschland und Österreich.

Ist das eine gute Idee, wenn der alte Intendant zurückkehrt? Fühlt er sich nicht automatisch wie der König? Das glaube ich nicht. Wo ich Theater gemacht habe, gab es immer wahnsinnige Auseinandersetzungen bis zu spektakulären Krächen wie beim „Heldenplatz“ in Wien, wo ja fast das ganze Haus gegen mich war. Kaum bin ich weg, gelte ich als Legende (lacht). Aber ich bin ein professioneller Regisseur und kann natürlich bei anderen Intendanten arbeiten. Sie sind jetzt 81 Jahre alt. Was sagt Ihnen das Wort Ruhestand? Wenn ich aufhöre zu arbeiten, bin ich tot. Ich bereite eine ganze Reihe von Aufführungen vor, aber kann natürlich nicht mehr Jahre im Voraus planen. Ich weiß von Kollegen wie Thalheimer und Co., diesen „Schnell-Machern“, die planen schon für 2025! Das ist für einen 81-Jährigen eine Herausforderung an den lieben Gott. Aber ich bin nach wie vor viel unterwegs, habe zuletzt an der Universität Koblenz ein Seminar gemacht über den Zusammenhang zwischen Poesie und Theater. Poesie kann auch ein Bühnenbild sein oder das Weinen eines Schauspielers, das Lächeln einer Schauspielerin auf der

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INTERVIEW

großen Bühne. Ich habe also heute Zeit für interessante, andere Dinge, die ich vorher nie machen konnte. Mit Thomas Bernhard, dessen „Meine Preise“ Sie auch als Hörbuch eingelesen haben, verband Sie eine lange Freundschaft. Fehlen Typen wie er, die so offensichtlich an den Umständen leiden und das auch öffentlich machen? Bernhard war, wie Beuys oder der junge Enzensberger oder Günter Grass oder letztlich auch ich, einer, der sich als Moralist empfunden hat. Er war ein gewaltiger Patriot und kein Vaterlandsverräter. Vaterlandsverräter sind die anderen, die von der FPÖ zum Beispiel. Typen wie Bernhard, die Dinge sagen, die man nicht sagt, oder Dinge tun, die man nicht tut, fehlen natürlich. Deshalb hätte ich zum Beispiel dem Terroristen Christian Klar eine Hospitanz am Berliner Ensemble ermöglicht, was damals die Boulevardpresse verhindert hat. Jemand, der 27 Jahre im Gefängnis gesessen hat, hat für mich seine Schuld verbüßt. Sonst ist unser Rechtssystem wertlos. Worüber erregen Sie sich am meisten in unserer Zeit? Im Moment bin ich erschrocken über die Weltferne unserer Politiker. Ich meine, Merkel ist ständige Besucherin in unserer Zeit am Berliner Ensemble gewe-

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sen. Ich habe eine gewisse Sympathie für sie. Sie ist, wie ich, mit Wolf Biermann befreundet, und da sitzt man schon mal zusammen eine Nacht in der Kantine. Aber im Großen und Ganzen bin ich resigniert über die deutsche Politik. Dass führende Politiker es fertigbringen zu sagen, der oberste Verfassungsschützer kriegt einen anderen Job, wo er ja nur „eine Kleinigkeit“ von 2.000 Euro mehr im Monat kriegt. Eine Kleinigkeit! Und das wird von Frau Merkel und Frau Nahles und Herrn Seehofer so abgenickt! Von 2.000 Euro leben nicht nur im Ruhrpott unter Umständen sechs oder sieben Leute! Wenn man im Fernsehen diesen Smartie von Macron sieht und dann diese Horrorfiguren wie von Frankenstein – Trump, Putin, Erdogan… Da denke ich: Bin ich froh, dass ich das nicht mehr bis zur letzten Konsequenz erleben muss! Wenigstens einen Vorteil hat der Beginn des biblischen Alters. Woher die Sympathie der alten Linken für Angela Merkel kommt? Die alten Linken, zu denen ich ja gehöre, also die 68er-Revoluzzer, die haben den Traum einer besseren Gesellschaft in der Tasche. Merkel ist der unterste Kompromiss – wie Willy Brandt. Der Neoliberalismus beherrscht das System, und alles ist vollständig hoffnungslos, aber unter Merkel ging es irgendwie

gerade noch so. Ein Problem unserer Zeit ist, dass die Feindbilder abhandenkommen: Statt der mächtigen Bosse, die alles beherrschen, tritt uns Mutti Merkel gegenüber, der ich ja problemlos meinen Hund über die Ferien anvertrauen würde. Die größte Angst, die ich habe, ist, dass das alte Mittel des Krieges als schreckliche letzte „Weisheit“ plötzlich wieder möglich wird. Das ist für einen Menschen, der den Krieg erlebt hat, unvorstellbar. Ich merke auch zunehmend, wie schwer mir die Kommunikation zur jungen Generation fällt. Diese ganzen neuen Medien. Ich kriege die Shitstorms gegen mich gar nicht mit. Ich werde bestaunt wie ein anachronistisches Mammut. Hat das anachronistische Mammut die #metoo-Debatte verfolgt, in deren Folge es auch um Machtmissbrauch am Theater ging? Sind Sie ein Auslaufmodell? Gegen tatsächlichen Missbrauch muss man sich natürlich zur Wehr setzen können. Aber viele Diskussionen sind zu sehr „schwarz-weiß“. Sie übersehen die Grautöne und laufen völlig ins Leere. Freiheit und Spiel, an der Grenze des Wahnsinns und der Realität, sind ein Teil der künstlerischen Arbeit. Ja, gut, ich bin ein alter Mann… die Frage der Mitbestimmung haben wir an der Schaubühne schon vor 50 Jahren ausprobiert … und sind damit gescheitert. Es sind schlimme


Geschichten, die man jetzt zum Teil hört. Aber ich habe meine sogenannte „Macht“ nie missbraucht. Ich tobe vielleicht mal rum, weil ich mit Leidenschaft um etwas kämpfe, das der andere nicht versteht, und da wird auch zurückgebrüllt, aber eine Minute später verträgt man sich

wieder. Theater ist wie das Leben selber, und das ist ja auch nicht harmlos. Auf der einen Seite nehmen die Spannungen und die Brutalität der Gesellschaft zu, Sex und Pornographie spielen eine große Rolle, und auf der anderen Seite fordert man ein neues Biedermeier, eine Welt voller

Saubermänner und Sauberfrauen. Das Risiko und die Gefährlichkeit künstlerischer Prozesse zu eliminieren wird nicht gelingen. Dazu sind die Menschen, wenn man ehrlich ist, zu kompliziert.

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WILDE KRÄUTER

Unsere monatliche Exkursion in die urbane Welt der wilden Kräuter. Mit nützlichen Informationen, pointierten Fußnoten, vielen Geschichten – und immer einem originellen Rezept. Von Wolfgang Kienast

HAGEBUTTE

REZEPT Der Teig 200 g Mehl mit 1 TL Backpulver und ½ TL Salz vermengen. 100 g Quark, 50 ml Milch und 50 ml Sonnenblumenöl zugeben, zu einem Teig kneten und für eine halbe Stunde an einem kühlen Platz ruhen lassen. Der Belag 2 Boskopäpfel schälen, vierteln, entkernen, in feine Blätter schneiden und in kaltes Zitronenwasser legen. Von 300 g Hagebutten die Blüten- und Stielansätze entfernen. Halbieren, entkernen, gründlich waschen und in 250 ml trockenem Cidre je nach Reife/Härte bis zu zehn Minuten bei geringer Hitze köcheln lassen. Mit 1 Prise geriebenem Muskat würzen. 400 g Weißkohl raspeln, salzen und in etwas Butter dünsten, bis der Kohl zusammenfällt. Ein Drittel der Butten mit dem Kohl vermengen, den Rest mit 1 EL der Kochflüssigkeit pürieren. In einer Schüssel die abgetropften Apfelscheiben, die Butten-Kohl-Mischung und die pürierten Butten mit 200 g Schmand, 3 Eiern und 100 g geriebenem Gouda vermengen. Mit Salz und nicht zu wenig weißem Pfeffer abschmecken. Eine gebutterte Form mit dem Teig auslegen, die Masse darauf verteilen und im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad etwa 45 Minuten garen.

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Frucht der Rosa canina

D

ie Texte dieser Kolumne haben Wildkräuter zum Thema: Brennnesseln, Scharbockskraut, Giersch, Beifuß und ähnliches Grün, wenig geschätzt auf Feldern, in Gärten oder Parks, lecker aber und oft sehr gesund. Es ist durchaus möglich, dass Sie hier mal einen Beitrag über Pilze lesen können. Aufgenommen ins Repertoire habe ich bereits diverse Bäume und Sträucher; dann standen im anschließenden Rezept vermutlich deren Früchte im Fokus, Schlehen beispielsweise, Holunderbeeren oder Eicheln. Im kommenden Juni werde ich Ihnen verraten, wie Sie mit grünen Walnüssen einen hervorragenden Likör ansetzen können. Was mir lange Zeit nicht aufgefallen ist: Nennt man eine Frucht beim Namen, weiß man in der Regel prompt, von welcher Pflanze (ergo Schlehdorn, Holunder, Eiche) sie stammt. Eine Ausnahme bildet die Hagebutte. Am Hagedorn reift sie nicht, das macht im selten gebrauchten Synonym die Schlehe. Sprachgeschichtlich stößt man regional auf den Buttenbaum, doch selbiger hat als gebräuchlicher Ausdruck das Mittelhochdeutsche nicht überdauert respektive nur in den Vereinigten Staaten als Familienname. Zugegeben, das ist knietiefes Waten in der Kategorie „unnützes Wissen“. Das mache ich gern. Fraglos ist eine Hagebutte die Frucht einer Rose, wobei ich selbstredend dem Umstand etwas abgewinnen kann, dass die Herkunft ihres Namens teils im Dunkeln liegt. Nicht dessen erste Hälfte. „Hag“ verweist auf die schützende Umzäunung eines Grundstücks oder einer Weide und findet sich noch heute in Ortsbezeichnungen wie Drolshagen, Meinerzhagen, tatsächlich Den Haag, oder, weniger überraschend, Hagen. Aus sicherheitsdienlichem

Grund wurde der dornige Strauch seinerzeit geschätzt, nicht allein der unbestrittenen Schönheit seiner Blüten wegen. Denken Sie an das Märchen vom Dornröschen. Weniger klar ist „Butte“. Lässt man den Butt als Fisch außen vor, fischig schmecken Hagebutten wahrlich nicht, bleiben als potenzielle Herkünfte unter anderem Butz (Kernhaus, wie bei Äpfeln / gewölbte Scheibe, wie bei Butzenglas) oder die Bütt als rundliches Gefäß. Butter wiederum passt etymologisch nicht, obwohl sie in einem Fass (Bütt) geschlagen wird. Herleiten lässt sich deren Name von Boútyron, altgriechisch für Kuhquark. Dennoch schließt sich der Kreis an dieser Stelle, weil Sie nicht zuletzt ein wenig Butter, Quark und viele Hagebutten benötigen, um nebenstehende, herzhaft-fruchtige Quiche zu bereiten.

Die Hagebutte ist eine Sammelfrucht, die viele kleine Nüsschen enthält. Diese sind mit feinen, widerhakenbesetzten Härchen bedeckt, die bei Hautkontakt Juckreiz hervorrufen. Daher sollten sie nicht mitgegessen oder -verarbeitet werden. Kinder nutzen die Nüsschen gelegentlich zum Herstellen von „Juckpulver“.


KULTUR

Warum Städte unerschwinglich werden Rasant steigende Mieten und Immobilienpreise in Städten sind ein weltweites Problem – und sie haben eine globale Ursache. Das zeigt der schwedische Regisseur Fredrik Gertten in seinem neuen Film. „Push“ kommt in diesem Jahr in die Kinos. Von Rina Chandran | Foto: Reuters / Jorge Silva „Man kann Wohnen nicht wie eine Ware behandeln. Gold ist eine Ware, Wohnen nicht“, sagt UNSonderberichterstatterin Leilani Farha. „Es ist ein Menschenrecht.“

S

chon in seinem letzten Film „Bikes vs. Cars“ untersuchte Gerttens, wie Städte für ihre Einwohner zunehmend unbewohnbar werden. „Städte arbeiten nicht mehr zum Wohle ihrer Bürger. Unsere Nachbarschaften sind einer Bedrohung durch gesichtslose Vermieter ausgesetzt, die Finanzunternehmen und Immobilienentwickler sind“, sagt er. „Wir müssen verstehen, was da passiert, um es zurückdrängen zu können.“ In „Push“ begleitet der Regisseur Leilani Farha, die UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf Wohnen, um die ganze Welt: Sie trifft Mieter in Harlem, New York, die 90 Prozent ihres Einkommens für ihre Miete ausgeben. Bald werden die Zweizimmerwohnungen 3.600 Dollar kosten, der Wohnkomplex wurde gerade von einem Private-Equity-Fonds gekauft. Sie trifft Ahmed und seine Familie in Barcelona; sie sind die letzten in ihrem Wohnhaus, aus dem der neue Besitzer alle Nachbarn erfolgreich verdrängt hat. „Wir haben uns auf den Weg gemacht, um zu erforschen, warum das Wohnen in

Städten so unerschwinglich wird“, sagt Fredrik Gertten. „In unserer Dokumentation können wir aufzeigen, dass es ein globaler Prozess ist. Überall findet Verdrängung statt, und das nicht nur wegen Gentrifizierung oder der Inflation.“ Im kanadischen Toronto sind die Immobilienpreise in den letzten 20 Jahren dreimal so stark gestiegen wie die Einkommen. In London sind „Money Boxes in the Sky“ ein gängiger Begriff: Wohntürme, deren Eigentumswohnungen auf internationalen Messen als Investitionsgüter verkauft werden. Heute stehen viele von ihnen leer. Laut UN-Habitat, der UN-Agentur für Stadtentwicklung, sind mindestens 150 Millionen Menschen obdachlos – zwei Prozent der weltweiten Bevölkerung. Mehr als ein Fünftel hat keinen angemessenen Wohnraum. Die Regierungen stehen weltweit unter Druck, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen und das wachsende Problem der städtischen Obdachlosigkeit zu lösen. Beschränkungen für ausländische Käufer und mehr subventionierter Wohnraum könnten Maßnahmen sein.

Für die UN-Sonderberichterstatterin Leilani Farha ist Wohnraum längst in erster Linie eine Anlageform geworden. Das nütze fast ausschließlich Investoren und verschärfe die Ungleichheit in den Städten. „Wohnraum zum Objekt des Finanzmarktkapitalismus zu machen, steht völlig im Widerspruch zu den Menschenrechtsverpflichtungen der Regierungen“, sagt sie. „Man kann Wohnen nicht wie eine Ware behandeln. Gold ist eine Ware, Wohnen nicht. Es ist ein Menschenrecht.“ Mit freundlicher Genehmigung von Reuters / Thomson Reuters Foundation / INSP.ngo

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* bodo-Verlosungen – die Teilnahme ist ganz einfach:

Kalender Januar Fe b r u a r

DO 10 | 01 | 19 Ausstellung | Die Tüftelgenies Fahrrad, Dampfmaschine, Papier, – das alles sind spannende Erfindungen. Von wem eigentlich? Und warum? Und was war die erste Erfindung der Welt? An vielen Erfindungen haben die Menschen lange überlegt, einige waren ein Missgeschick, andere Zufall. Manche Tüftelgenies brauchten dringend etwas, das es noch nicht gab und hatten plötzlich einen Geistesblitz. Welche Ideen haben die Be-

Schicken Sie Ihren Wunschgewinn mit Name, Telefon, Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund. Teilnahmeschluss ist jeweils drei Tage vor der Veranstaltung. Bei mehreren Teilnehmern entscheidet das Los. Die Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich.

Hinweise zum Datenschutz: Eine Weitergabe der Daten an Dritte erfolgt grundsätzlich nicht, mit Ausnahme an den jeweiligen Veranstalter (zum Beispiel, um Ihren Namen auf die Gästeliste zu setzen). Sie erhalten ca. einmal jährlich postalisch Informationen zu den Aktivitäten unseres Vereins. Dem Erhalt können Sie jederzeit widersprechen. Eine weitergehende Datenverarbeitung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Weitere Hinweise zum Datenschutz entnehmen Sie unserer Homepage unter www.bodoev.de.

sucherInnen? Was möchten sie erfinden und wie könnte es funktionieren? Für Kinder ab 8 Jahren. Bis 31.03.19. DASA, Dortmund

FR 11 | 01 | 19 Theater | Siebte Sohle Sommernachtstraum Das Ensemble beschäftigt sich unter der Regie von Ekki Eumann mit Shakespeares Klassiker „Ein Sommernachtstraum“. Die Irrungen, Wirrungen, Verwechslungen und Zaubereien werden im Jahr, in dem die letzte Zeche geschlossen wurde, kurzerhand unter Tage verlegt, so dass sich die jungen Liebenden anstatt im Zauberwald nun in Stollen finden müssen. Und auch sonst will das Ensemble die Inszenierung auch als Hommage an den Bergbau im Ruhrgebiet verstanden wissen. Thealozzi, Bochum, 20 Uhr (auch 12.01.)

Ausstellung | Fast wie im echten Leben „Fast wie im echten Leben“ ist der Titel der aktuellen Ausstellung im Museum Ostwall im Dortmunder U, die Werke aus der Sammlung des Museums zeigt – vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Was eine expressionistische Landschaft aus den 1910er Jahren mit dem „echten Leben“ zu tun hat? Mehr als es auf den ersten Blick erscheint… Bis 31.03.19. Museum Ostwall, Dortmund

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Schönheit, Formen aus der Natur, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, in der Kunst und Alltag ästhetisch verwoben sind – dafür steht der Jugendstil, der sich um 1900 international verbreitete.

Rausch der Schönheit

bis 23. Juni Museum für Kunst und Kulturgeschichte Hansastraße 3 Dortmund

Das Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte widmet dieser künstlerischen Bewegung eine große Ausstellung (bodo 12.18). Ein umfangreiches Begleitprogramm lädt ein zu Führungen, Vorträgen und Events. Geführte Spaziergänge durch Hörde, die Kaiserstraße, das Kreuzviertel und das Unionviertel zeigen die vielfältigen Spuren des Jugendstils im Stadtraum, Radtouren durch die Nordstadt erschließen die Vielzahl an Jugendstilfassaden. Bustouren laden ein zu Leuchttürmen der Epoche wie der Zeche Zollern und der Immanuelkirche in Dortmund oder den Bauten der Gesamtkünstler Henry van de Velde, Peter Behrens und Richard Riemerschmid in Hagen. Programm unter mkk.dortmund.de.

SA 12 | 01 | 19 Revue | NachtAsyl Unter dem Titel NachtAsyl präsentieren die Dortmunder Hannes Sänger (Gitarre, Harp, Gesang) und Oscar Borkowsky (Lyrik) ein Programm, bei dem der russische Schriftsteller Maxim Gorki mit seinem gleichnamigen Schauspiel quasi Pate gestanden hat. Geboten werden neben Eigenkompositionen und Lyrik aus eigener Feder auch theatralische Szenen aus Gorkis Stück, dazu Gedichte von Rilke, Ernst Blass, Klabund, Gertrud Kolmar, Heiner Müller und Robert Gernhardt. „Blaues Zimmer“, Arneckestr. 33, DO, 20 Uhr

SO 13 | 01 | 19 Diskussion | Blackbox: „Folter in Syrien“ Fast 50 Folterüberlende und Angehörige von „Verschwundenen“ haben gemeinsam mit dem European Center for Constitutional und Human Rights (ECCHR) und JuristInnen aus Syrien in Deutschland und Österreich Strafanzeigen gegen hohe Funktionäre der Regierung von Baschar al-Assad eingereicht. Eine Folterüberlebende aus Syrien und Patrick Kroker, Leiter des Syrien-Projekts des ECCHR, schildern im Gespräch mit Alexander Kerlin den gemeinsamen Kampf gegen die Verantwortlichen in Assads Foltersystem. Eintritt frei. Schauspielhaus, Dortmund, 18 Uhr

MI 16 | 01 | 19 Ausstellung | Geschichten, Geheimnisse, Gesichter, Alessandro Chiodo Gemälde 2018 – 2015 Die Ausstellung „Geschichten. Geheimnisse. Gesichter.“ mit Werken des in Münster

lebenden Künstlers Alessandro Chiodo wird bis zum 13. Februar im Foyer der Auslandsgesellschaft. zu sehen sein. Die Vernissage zur Ausstellung wird durch die Buchpräsentation „Alessandro Chiodo – Gemälde 2018 – 2015“ und landestypische Spezialitäten abgerundet. Eintritt frei. Auslandsgesellschaft, Dortmund, 18 Uhr

Musik | OXEN In Kooperation mit der Berliner Musik-Plattform „gigmit.de“ startet das Dortmunder Rock‘n‘Roll-Wohnzimmer „subrosa“ eine neue Live-Serie. Unter dem Motto „DYKNOW“ werden jede Freitag frische Live-Acts aus aller Welt präsentiert. Den Anfang macht dabei das Stockholmer Duo OXEN. Eintritt frei. subrosa, Dortmund, 20 Uhr

SO 20 | 01 | 19 Musik | 2. Familienkonzert Herr Buffo jagt den Notendieb Der Komponist und Musiktüftler Antonio Buffo erhält den Auftrag, ein Singspiel zu komponieren. Er macht sich gleich an die Arbeit, seine Musiker sind sofort begeistert. Doch dann passieren mysteriöse Dinge: Zuerst verschwinden einige Noten, später sogar ganze Akkorde. Wird es gelingen, den Notendieb zu fassen? Für Menschen ab 6 Jahren. Konzerthaus, DO, 10.15 Uhr (auch 12 Uhr) Theater | „Schwarz auf Weiß – Eine Winterreise“ Sie sind auf der Suche: Nicht nur im wahren Leben, sondern auch auf der Bühne suchen die 28 TeilnehmerInnen von TheaterTotal Anzeige

DO 17 | 01 | 19 Musik | Pink Floyd: The Dorf plays Ummagumma Pink Floyds „Ummagumma" ist eine Platte, die für die große Welt der Versprechungen der späten 60er Jahre steht. Unschuldig und mit beinahe reinem Herzen bedient sich die Band bei allem, was zu dieser Zeit in Blüte steht. Eigentlich genau so, wie es auch später im frühen 21sten Jahrhundert praktiziert werden sollte. The Dorf wird unter der Leitung von Jan Klare das musikalische Material nehmen und eine Reise nach Innen antreten. Das Konzertprojekt findet im Rahmenprogramm der Pink Floyd Ausstellung „The Mortal Remains“ im Dortmunder U statt. domicil, Dortmund, 20 Uhr Vortrag | Theologischer Salon – Tiere und Menschen NachwuchswissenschaftlerInnen der theologischen Fakultäten sprechen über Themen, die sie bewegen und haben sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Frage gestellt: Was sagen die Suche nach fremden Göttern, Erzählungen über Engel und Tierwesen, Faszination für und Angst vor Technik, das dritte Geschlecht oder die Auseinandersetzung mit der fremden Kultur über uns? Eintritt frei. Goldkante, Bochum, 19.45 Uhr

12.01.19

16.02.19 Milonga Noche Argentina mit dem Hamburg Tango Quintet

22.01.19

Alkoholfreier

Karneval

23.01.19 Hordengrölen Die Hardrock Karaoke Show Leopoldstr. 50-58 · 44147 Dortmund Tel. 0231 50-25145 · Fax 0231 50-26019 facebook.com/DietrichKeuningHaus

25


KALENDER

nach einem Weg, einem Sinn im Leben. In der neuen Performance „Schwarz auf Weiß – Eine Winterreise“ begeben sie sich, wie der Titel schon erahnen lässt, auf eine Reise durch die Liederwelt Schuberts. Das junge Ensemble erzählt, tanzt und singt mit viel Leidenschaft von den Dämonen, die uns umtreiben und von der Liebe, die – wenn sie von Herzen kommt – sie verjagt. TheaterTotal, Bochum, 17 Uhr

DI 22 | 01 | 19 Ballett | Das Staatliche Russische Ballett Moskau tanzt „Schwanensee“ und „Nussknacker“ Kenner und Liebhaber schätzen das Staatliche Russische Ballett Moskau vor allem für seine einmalig klare, reine und klassisch-russische Ballettkunst. Seit dreißig Jahren ist die Compagnie unter Leitung von Wjatscheslaw Gordejew ein Garant für berauschende Bühnenbilder, prächtige Kostüme, vor allem aber für Anmut, Leidenschaft und höchste Perfektion. Man muss kein Kenner sein, um dies zu erfassen. Man darf sich aber gerne ein gewisses Maß an kindlicher Träumerei und Phantasie bewahrt haben, um in den getanzten Traumund Märchenwelten genussvoll zu schwelgen. Jahrhunderthalle, Bochum, 20 Uhr

MO 21 | 01 | 19 Lesung | Sascha Pranschke „Am Ende der Welt liegt Duisburg am Meer“ Nach einer apokalyptischen Flut: Mara und Ben machen sich auf den Weg – raus aus ihrer halb versunkenen Heimatstadt, durch ein überschwemmtes Ruhrgebiet. Die Geschwister wollen einen besseren Ort zum Leben finden. Aber vorerst sind ihre Tage geprägt von der Suche nach einem trockenen Schlafplatz und der Frage, wem sie vertrauen dürfen. Auf ihrer Odyssee durch ein Land, in dem jeder sich selbst der Nächste ist, schlagen die Antihelden dieser packenden Roadstory sich so tapfer, wie nur Verzweifelte es können. Studio B der Stadt- und Landesbibliothek, Dortmund, 19.30 Uhr

MI 23 | 01 | 19 Musik | Pohlmann Der Sänger mit dem schwarzen Adler auf der Gitarre ist nun schon zum fünften Mal im Trio unterwegs. Die Show kommt schnell und energiegeladen und dann wieder ganz runtergebrochen daher, mal nachdenklich, mal hoffnungsvoll. Pohlmann begreift das Fallen und Stolpern immer als Teil des Plans. Sei-

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ne Art ist westfälisch-herzlich, und er neigt dazu, sich selbst symbolisch zur ironischen Zielscheibe zu machen. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

DO 24 | 01 | 19 Theater | Die Parallelwelt Zwei Theater, zwei Bühnen, zwei Zuschauerräume – und die bildgewaltige, fantastische Geschichte eines Lebens, das sich selbst gegenübersteht und dann weiterverzweigt, in einer endlosen Spirale der Möglichkeiten. Die zwei siebenköpfigen Schauspielensembles im Berliner Ensemble und im Schauspiel Dortmund spielen zeitgleich miteinander Theater. Sie sind voneinander getrennt und doch sicht- und hörbar miteinander verbunden, in Echtzeit: durch ein Glasfaserkabel, das Bilder und Töne zwischen Dortmund und Berlin hin- und hertransportiert. Schauspielhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

FR 25 | 01 | 19 Kabarett | Dagmar Schönleber Alle fordern ihn, niemand hat ihn zu verschenken und angeblich ist er nicht käuflich: Respekt. Aber wer hat ihn eigentlich verdient? Was, wenn die Oma, der er in der Bahn den Sitzplatz anbietet, Nazi ist? Wie reagieren, wenn Eltern beim Fußballturnier den Schiri verprügeln, weil der eigene Sohn gefoult hat? Und reicht nicht manchmal eine gute Mischung aus Toleranz und Ignoranz? Getrieben vom Wunsch nach Ordnung und Revolution zeigt Dagmar Schönleber, dass die beste Aussicht nicht von der Wetterlage abhängt, sondern von einem klaren Kopf. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

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Flohmarkt | 10 Jahre Nachtflohmarkt Bei Nacht sind alle Katzen grau? Mag sein – aber nicht auf dem Nachtflohmarkt im Depot. Da tummelt sich, was schön und bunt ist. Schätze vom Dachboden, Unikate aus

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Flohmarkt | VinoKilo VinoKilo hat die Philosophie, gegen den Zyklus von Kaufen und Wegschmeißen, besondere Kleidungsstücke neu in die Schränke von Vintage-LiebhaberInnen zu bringen. Hierbei gibt es Streetwear und Clubwear ebenso zu entdecken wie abgelegte oder auch aktuelle Designer-Stücke und Ausgefallenes aus anderen Zeiten. Der Flohmarkt ist etwas Besonderes, weil dort ausgesuchte Vintage-Kleidungsstücke zum Kilopreis verkauft werden. Rotunde, Bochum, 11 – 18 Uhr

16.12.15 10:58


Deutsches Bergbau-Museum 23. Januar, 17 Uhr Erlebnisführung (ab 14 J.) „Nachts im Bergwerk“ Am Bergbaumuseum 28 Bochum

Nach dreijähriger Sanierungszeit hat das Deutsche Bergbau-Museum in Bochum den Nordflügel wiedereröffnet. Zum Ende des Jahres 2018, dem Jahr des Ausstiegs aus der deutschen Steinkohlenförderung, sind die ersten beiden Rundgänge im Nordflügel fertiggestellt worden. Sie vermitteln die Geschichte der deutschen Steinkohle sowie die weltweiten Beziehungen zwischen Mensch und Bergbau epochen- und spartenübergreifend – ob als interaktives Spiel, multimediale Vermittlungsstation oder Hands-on-Exponat. Ab Sommer 2019 werden vier Rundgänge den Besucher durch das Haus führen. Das Museum bietet Vorträge, Kinder-Workshops und -führungen sowie verschiedene Führungen durch das Anschauungsbergwerk mit ehemaligen Bergleuten an (11. und 25. Januar, 14.30 Uhr). Alle Informationen unter bergbaumuseum.de. Anmeldungen unter 0234 5877-126 oder unter oder service@bergbaumuseum.de.

der DIY-Werkstatt , Unerhörtes aus der Erbmasse, ein Grundstock einer neuen oder der Lückenfüller einer unvollständigen Sammlung, der letzte Schrei, das erste Beste. Das alles findet sich hier. Live-Musik, DJs an den Plattentellern und Walk-Acts sorgen on top für magische Momente. Depot, Dortmund, 17 – 24 Uhr

VERLOSUNG bodo t Schwerter Kleinkunstos verl 2x2 wochen: Gogol und Mäx Karten* Was diese meisterlichen Komiker auf den Theaterbühnen Europas darbieten, ist schlichtweg atemberaubend: Zwei prall gefüllte Stunden des Lachens und Staunens über die akrobatische und musikalische Kunstfertigkeit und die schier unbegreifliche Instrumentenvielfalt. Und wenn im grandiosen „Finale grande“ die Pianisten-Ballerina im rosafarbenen Rüschenkleid auf filigranem

Stahl balanciert, dann hat es den Anschein, als könne sich selbst die auf dem Klavier thronende Bachbüste vor Lachen kaum mehr auf ihrem Sockel halten. Im Rahmen der Schwerter Kleinkunstwochen (26. 1. bis 26. 5.) Rohrmeisterei, Schwerte, 19.30 Uhr

SO 27 | 01 | 19 Kindertheater | Maxim Max, Mary-Lou, Hund und Bär hauen von zu Hause ab, da man sie dort nicht so sein lässt, wie sie sein wollen. Also reisen sie zum Mond und zu den Mondelfen. Doch dort sind sie auch nicht frei von Gefahr und Bedrohung. Zwar gibt es auf dem Mond keine Regierung, keine Gesetze und keine Erwachsenen, aber die Mondpolizei übt eine Schreckensherrschaft aus. So müssen Max, Mary-Lou, Bär und Hund fliehen und einen neuen Ort suchen, der ihren Vorstellungen von Glück entspricht. Für Menschen ab 9 Jahren. KJT in der Sckellstraße, Dortmund, 16 Uhr

Show | We Trust! Show #4 Die vierte Ausgabe der We Trust! Show kommt erneut mit einer unterhaltsamen Mischung aus Kunst, Comedy, Poetry, Musik und Performance ins FZW. Mit dabei sind Horst Wegener, Tobi Kunze, Quichotte, Linda Bockholt, Artur Fast, Trust in Wax u.v.m. FZW, Dortmund, 20 Uhr

MO 28 | 01 | 19 Vortrag | EU-Innenansichten vor der Europawahl Sie ist ein Friedens- und Wohlstandsprojekt, um das uns große Teile der Weltbevölkerung beneiden: die Europäische Union. Ihr Binnenmarkt ist gemessen am gemeinsamen Bruttoinlandsprodukt der größte Wirtschaftsraum der Welt. Noch nie ging es so vielen EuropäerInnen heute. Gleichzeitig ist die Gefahr eines EU-Zerfalls groß. Ralph Sina beobachtet seit vier Jahren für den WDR- und NDR-Hörfunk das Geschehen in Brüssel. Er schaut hinter die Kulissen und vergleicht die Rolle eines deutschen Korrespondenten in Nairobi, Washington und Brüssel. Eintritt frei. Rathaus, Dortmund, 19 Uhr

DI 29 | 01 | 19

VERLOSUNG Gisbert zu Knyphausen Neues Album, zwölf neue Stücke, großes Hallo, altes Glück und ein paar Überraschungen. Wo soll man da nur anfangen? Es gibt sie wieder, die definitiven Lieder, also jene, bei denen man denkt: Besser kann man das nicht in Worte fassen. Gisbert zu Knyphausen erzählt weniger von sich und mehr von den Menschen, findet in den Leben der Anderen das, was seine Texte so besonders macht – diesen Kern,

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KALENDER

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diesen unstillbaren Drang, unser Suchen und Versuchen, mit dem Dasein und uns selber klar zu kommen und das Glück zu finden, das Wesen der Dinge, das Licht dieser Welt. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

DO 31 | 01 | 19 Theater | Krabat Krabat entflieht einer kalten Gesellschaft, in der er bettelnd durch die Dörfer ziehen muss, und betritt eine neue, glitzernde Welt: die dunkle Mühle im Koselbruch. Dort wird nicht nur Korn gemahlen, sondern die faszinierende Magie gelehrt. Doch plötzlich verschwindet sein Freund Tonda unter mysteriösen Umständen. Die Zeit steht still. Krabat muss sich entscheiden. Die ZuschauerInnen begeben sich mit Krabat auf eine geheimnisvolle Reise in eine Welt voller Macht und Abhängigkeiten. Flottmann-Hallen, Herne, 11 Uhr Slam | Travel Slam III Erneut konkurrieren drei AbenteurerInnen um die Gunst des Publikums. Gefragt sind interessante Reiseerfahrungen und die Fähigkeit, Erlebnisse unterhaltsam zu präsentieren. Vermittelt werden die persönlichen Erfahrungen über einen fotoreichen Vortrag von 15 Minuten. Mit dabei sind Carsten Kettler (Costa Rica) und Sven Meurs (Großstadt Wildnis) und weitere Travel SlammerInnen. Rotunde, Bochum, 19.30 Uhr Musik | Titus Waldenfels und Jens Pollheide Titus Waldenfels spielt Gitarre, Violine, Steel Guitar, Banjo und Foot Bass. Sein Markenzeichen ist eine unvorhersehbare Kombination

Geierabend

10. Januar – 5. März LWL Industriemuseum Zeche Zollern II/IV Grubenweg 5 Dortmund

Der letzte Pütt im Pott ist dicht, doch in Dortmund fährt ein Trupp von 13 Kabarettisten, Comedians und Musikern auch 2019 unbeirrt zur Spätschicht an. Dabei bleibt aber gar nicht alles beim Alten beim Ruhrpott-Karneval Geierabend: Der Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor Till Beckmann führt nun gemeinsam mit Heinz-Peter Lengkeit Regie. Ruhrgebiets-„Ostimport“ Andreas Obering aus Hamm – bekannt als „Der Obel“ – verstärkt das Ensemble und bringt gleich zwei Reisebusse aus dem befreundeten Umland mit. Natürlich erwartet die Gäste die gewohnt wuchtige Ladung bissiger Satire, schräger Comedy und kohlenschwarzem Ruhrpott-Klamauk, doch Till Beckmann versprach in bodo 12.18 auch inhaltlich Neues. Man darf gespannt sein, ebenso wie auf die Wahl zur Verleihung des Pannekopp-Ordens, bestehend aus 28,5 Kilogramm rostigem Stahl. Er wird verliehen für „besondere Verdienste“ um das Ruhrgebiet. bodo verlost 2 x 2 Karten

an Musikstilen zwischen Django-ReinhardtJazz, Tex-Mex- und Ska-beeinflusstem Blues sowie experimentalen Anklängen aus dem Umfeld der Weltmusikpioniere Embryo. Unterstützt wird er bei seinem Konzert von Jens Pollheide. Ebenso wie Waldenfels gehört er dem Personal von Embryo an. Neben den westlichen Instrumenten E-Bass und (Alt-) Querflöte spielt er die orientalische Flöte Ney und die bulgarische Kaval. Eintritt frei. Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr Slam | Jazz Poetry Slam Beim Jazz Poetry Slam verbindet sich die lebendigste Form der Literatur mit der le-

bendigsten Form der Musik. Während die Texte vorgetragen werden, zwischendurch und drum herum improvisiert die Band und nimmt Worte und Stimmungen nicht nur auf, sondern verstärkt diese, wirft sie dem Publikum entgegen, kommentiert und kontrastiert. Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr

FR 01 | 02 | 19 Performance | M-A-L-EN Musik – Tanz – Licht – Schatten Regina Advento und Christoph Iacono treffen sich zu einer Performance zwischen Klängen und Bewegungen, Musik und Tanz.

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SA 02 | 02 | 19 Theater | Die Philosophie im Boudoir Der Marquis de Sade ist so berühmt wie berüchtigt. Seine Bücher – wie Die Philosophie im Boudoir von 1795 – standen zeitweise sogar auf dem Index. Eine kleine Gruppe adeliger Libertins, Männer und Frauen aus den besten Gesellschaftskreisen, führen eine junge Frau in die Sexualität ein. Der freie Wille geht ihnen über alles. Damit verquickt der Marquis de Sade auf pikante Art und Weise Sinnesfreuden mit Gesellschaftskritik. Bei Theaterregisseur Herbert Fritsch ein garantiert lustvolles Spiel mit Theater und Fantasie. Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr

SO 03 | 02 | 19 Diskussion | Ausreden – Zuhören! Neugierig, meinungsstark und mutig – das ist Sonia Seymour Mikich, die Gastgeberin der politischen Diskussionsreihe im Schauspielhaus Bochum. Unter Leitung der bekannten Fernsehjournalistin und Publizistin debattieren sechsmal pro Spielzeit ExpertInnen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur, Politik und Philosophie. Es geht ums Zuhören, um offene Fragen und ehrliche Antworten, ums Wirklich-Wissen-Wollen. Und das Publikum diskutiert mit, auch live im Internet. Foyer Schauspielhaus, Bochum, 11.30 Uhr Musik | Rosani Reis Band Längst kein Geheimtipp mehr ist die Musik der Sängerin Rosani Reis aus Brasilien. Mit spannenden Harmonien und Rhythmen, wunderschönen Melodien und Texten, Leidenschaft und Temperament führt sie das Publikum auf eine Reise durch ihre Heimat Brasilien. Ihr Programm liegt jenseits der Klischees und ist tief verwurzelt in der Musik und Tradition der Region Minas Gerais. Dr. Carl Dörken Stiftung, Herdecke, 19 Uhr

MI 06 | 02 | 19 Musik | Glenn Miller Orchestra Das Konzerthaus wird zum Swing-Tempel und bringt das Lebensgefühl der 30er- und 40er-Jahre zurück. Mit der neuen CD im Gepäck und dem neuen Programm „Jukebox Saturday Night“ geht das Glenn Miller

Orchestra directed by Wil Salden wieder auf große Europa-Tournee. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

DO 07 | 02 | 19 Performance | „Im Rausch der Schleier“ Es war der fulminanteste Serpentinentanz, der Loie Fuller Ende des 19. Jahrhunderts in Paris weltberühmt machte. In zwei Live-Performances (je 30 Minuten) lässt die polnischfranzösische Choreographin Ola Maciejewska den „Schmetterling des Jugendstils“ an diesem Abend wieder Flügel schlagen. Im Begleitprogramm zur Ausstellung „Rausch der Schönheit“ (bis 23.6.) im Museum für Kunst und Kulturgeschichte. Rotunde im MKK, Dortmund, 20 Uhr Musik | Dendemann Mit Eins Zwo, „Die Pfütze des Eisbergs“ und seinen Auftritten im „Neo Magazin Royale“ hat er Rap-Geschichte geschrieben. Nun kehrt Dendemann nach längerer Pause endlich wieder auf große Bühnen zurück. Im Februar gibt der Rapper 16 Konzerte. Von Wien bis Hamburg, von Köln bis Berlin: Dendemann ist so wach und auf den Punkt wie noch nie. Warsteiner Music Hall, Dortmund, 19.30 Uhr

FR 08 | 02 | 19 Ballett | Die göttliche Komödie I: Inferno Der Karfreitag des Jahres 1300 ist in die Annalen der Menschheit als jener Tag eingegangen, an dem ein einsamer Mann, über sein verworrenes Leben und die verwirrenden Umstände seiner Zeit grübelnd, eine Reise antritt: In die infernalen Abgründe der Hölle, unter Mühen zum Berg der Läuterung und schließlich in die Gefilde des Himmels. Ballett von Xin Peng Wang nach Dante Alighieri, Musik von Michael Gordon und Kate Moore. Opernhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

SA 09 | 02 | 19 Musik | Maisha Spiritual Jazz gilt als das Genre mit einem großen Fundus aus Geschichten, Erzählungen und Traditionen. Maisha nutzen dieses Erwartungsszenario für einen eigenen Zugang zum Genre: Sie leisten eine Bestandsaufnahme der Geschichte von Größen wie z. B. Pharoah Sanders und filtern dies gleichzeitig mit ihren eigenen Einflüssen von Jazz bis Afrobeat. In diesem Prozess entsteht ein unverkennbarer Sound mit tranceartigen Rhythmen, intensivem musikalischen Austausch und auch melodisch-hymnischen Elementen. domicil, Dortmund, 20 Uhr

endstation.kino | Rafiki „Gute kenianische Mädchen werden gute kenianische Ehefrauen“ – Kena lernt schon früh, was von Mädchen und Frauen in ihrem Heimatland erbodo wartet wird: artig sein verlost 1x2 und sich dem Willen Karten* der Männer fügen. Ihre alleinerziehende Mutter wird dafür verantwortlich gemacht, dass ihr Mann sie für eine jüngere Frau verlassen hat. Doch die selbstbewusste Kena lässt sich nicht vorschreiben, wie sie zu leben hat. So freundet sie sich mit der hübschen Ziki an, obwohl die Väter der beiden politische Konkurrenten sind. Das Gerede im Viertel ist den Mädchen zunächst egal. Doch als sich Kena und Ziki ineinander verlieben, müssen sie sich entscheiden: zwischen der vermeintlichen Sicherheit, wenn sie ihre Liebe zueinander verbergen, und der Chance auf ihr gemeinsames Glück. Rafiki – der Titel bedeutet auf Suaheli „Freund(in)“ – ist der erste kenianische Film, der bei den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurde. In Kenia selbst, wo Homosexualität noch immer unter Strafe steht, wurde der Film zunächst mit einem Aufführungsverbot belegt, das erst nach einer Klage der Regisseurin gelockert wurde. Basierend auf der preisgekrönten Kurzgeschichte Jambula Tree (2008) der ugandischen Autorin Monica Arac de Nyeko, erzählt Rafiki von einer afrikanischen Jugend, die entschlossen gegen Homophobie, religiöse Dogmen und die Strenge der Eltern auf begehrt. Ein mitreißender Film, der vor Freiheitsliebe und Lebensfreude in strahlenden Farben leuchtet. Aufführungen (OmU): Donnerstag, 31. Januar bis 6. Februar. Alle Termine unter www.endstation-kino.de. endstation.kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, 44894 Bochum www.endstation-kino.de 29


BODO GEHT AUS

Bäckerei Blankenhaus Markusstraße 1 44866 Bochum

Beim Brot-Sommelier Bäckerei Blankenhaus Versteckter als in der Bochumer Markusstraße kann ein Ladenlokal eigentlich nicht liegen: In das Wohngebiet nahe der Wattenscheider Innenstadt verirrt sich garantiert kein Kunde zufällig. Dabei findet man bei Blankenhaus Brote, die vielleicht zu den besten des Landes gehören. Inhaber Bernd Armbrust ist nämlich „BrotSommelier“ – eine dieser genialen Ideen, mit denen der Bäcker den Familienbetrieb zu überregionaler Bekanntheit brachte. Wie der Sommelier im Restaurant den passenden Wein, hat Bernd Armbrust zu jedem Anlass das passende Brot parat. Sein Rezeptbuch ist ein internationaler Verkaufsschlager und wird gerade ins Chinesische übersetzt. Im WDR hat er zehn Jahre lang in der Sendung „daheim & unterwegs“ Brotrezepte präsentiert. Ja, tatsächlich: Brotrezepte. Im Fernsehen. Damit das nicht augenblicklich langweilig wird, braucht es schon einen Typen wie Bernd Armbrust, der mit Leidenschaft und Liebe über seinen Beruf sprechen kann. Wenn man bei ihm vorbeischaut, fällt im gemütlichen 60-Quadratmeter-Ladenlokal gleich ein großer Tisch ins Auge, auf dem sie im besten Licht ausliegen: Das Urgetreide, das rustikale Roggenmalz-Brot „Sylter Deich30

Von Max Florian Kühlem Fotos: Daniel Sadrowski graf“, das Grünkohl-Brot mit Mettwurst und Schmalz oder der schlichte Dinkel-VollkornKasten. „Wo die Augen nichts haben, um sich festzuhalten, gehen die Füße auch weiter“, weiß Bernd Armbrust von seiner Mutter.

standen durch den Anstoß einer Kundin, die gerade aus dem Spanien-Urlaub kam.

„Viele meine Mitarbeiter sind schon seit 30 Jahren dabei – unter anderem deshalb, weil sie sich kreativ entfalten können“, sagt Bernd Armbrust. Denn um als letzte von einst 25 inhabergeführten Bäckereien in Wattenscheid bestehen zu können, braucht es ständig neue Brot-Ideen. Gerade schwärmt er vom neuen Stuten mit Orangen und aufgeschwemmten Cranberries – ent-

Die Brote von Blankenhaus sind nicht bio, doch die Zutaten sind wohl gewählt – die Mehle kommen aus der kontrollierten Linie der Rolandmühle. Alle Brote sind per Hand aufgearbeitet, die Teige bekommen lange Ziehzeiten. Ein Abstecher zum Wattenscheider Bäcker mit seinem vielfältigen Angebot kann so einen ganzen Restaurantbesuch ersetzen.


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eine von 90 Pflegekräften der Diakonischen Dienste Bochum.

engagiert sich als einer von über 160 Presbyterinnen und Presbytern in der Leitung einer Evangelischen Kirchengemeinde – und organisiert internationale Jugendbegegnungen.

Zutaten für die Füllung: 300 g feste säuerliche Äpfel, 1 Päckchen Vanillepuddingpulver, 200 g Walnusskerne, ca. 150 g Ziegenkäse Außerdem: Mehl zum Arbeiten, 50 g Cornflakes, 2 EL Sesamsamen, 1 Bratschlauch Zubereitung: Die Hefe in lauwarmem Wasser auflösen, den Sauerteig und den Honig unterrühren. Mehl und Salz zugeben und alles gut verkneten. In der Küchenmaschine oder von Hand durchkneten. Den Teig ausrollen, geraspelte Äpfel darauf geben, Pudding darüber geben und zerbröselten Ziegenkäse und fein gehackte Walnüsse darüber streuen. Den Teig zu einer Schnecke aufrollen, abgedeckt 15 Minuten gehen lassen, mit Wasser bestreichen, in Cornflakes wälzen, mit Sesam bestreuen und in den Bratschlauch geben. Den Schlauch verschließen, 20 Minuten ruhen lassen. Im vorgeheizten Backofen bei 240 Grad Ober-Unterhitze (220 Grad Umluft) ca. sieben Minuten anbacken und dann bei 210 Grad in ca. 30 Minuten fertig backen.

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REPORTAGE

Destination Borsigplatz Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Ruhrtourismus erweist sich als kaum für möglich gehaltene Erfolgsgeschichte. Einzelnen Akteuren werden Preise verliehen, zum Beispiel als „Europäische Kulturtourismusregion 2017“. Aber profitiert tatsächlich die ganze Region vom Boom? Kommen Reisende auch in die Dortmunder Nordstadt? Und möchte man sie wirklich dort sehen? Eine Reportage mit Selbstversuch. Von Wolfgang Kienast Fotos: Daniel Sadrowski

Ich habe gut geschlafen. Das Wetter spielt mit, Sonnenstrahlen wecken mich in meinem Apartment. Es schreibt sich appARTment.ruhr, offensichtlich ein Wortspiel. Gestern, am ersten Urlaubstag, war ich per Rad unterwegs, wollte eigentlich das Gelände der Westfalenhütte umrunden, bin aber schon in Hoeschpark und Brügmanns Hölzchen hängengeblieben. Relikte einer alten Radrennbahn und überwucherte Tennisplätze – Lost-Place-Tennis, wenn man so will – hatten mich in ihren Bann gezogen. Abendessen bei Pommes Rot-Weiss. In diesem Haus, in einem Saal in der ersten Etage, wurde am 19. Dezember 1909 der BVB gegründet. Mein altes Fahrrad hatte ich über Nacht an eine Straßenlaterne geschlossen. Freunde hatten mich gewarnt: Wenn ich das täte, hätte ich am nächsten Morgen zwei davon. Es wurde weder geklaut noch demoliert, also lasse ich es, wo es ist. Das Frühstück in der Bäckerei vis-à-vis ist preiswert und lecker. Ich soll aber unbedingt noch bei Muşkara Nüsse kaufen. Das verrät mir eine Wand in der Unterkunft, die im Grunde genommen ein bewohnbarer Reiseführer ist. Kleine Streetart-Objekte zieren den Borsigplatz, und offenbar haben hier einige Straßen alternative Zweitnamen bekommen. So spaziere ich durch eine „Straße des Handwerks“, eine „Glitzerstraße“ sowie eine „Straße der realistischen Wunder“ mit bemerkenswerten Jugendstilfassaden.

„app.ARTment.ruhr“ soll sich zu einem dezentral angelegten „Gästehaus“ entwickeln, das künstlerisch gestaltete Gästewohnungen in Kombination mit temporären Arbeitsräumen und Freizeit- und Kulturangeboten im Quartier verbindet.

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Vielleicht liegt es ja am Wetter, aber alle Menschen, die mir begegnen, wirken entspannt. Bloß zwei Frauen mit Kopftuch reden sich in Rage. Rund um den Borsigplatz haben über siebzig Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Sollte Migration die Mutter aller Probleme sein, weile ich gerade an ihrem Busen. Thema des Streits unter den Frauen ist die Frage, warum der Mülleimer nicht gelehrt worden ist. Für eine Westfalenhüttenumrundung reicht die Zeit wieder nicht. Ein Interviewtermin steht an, mit Rosalie Hertel und Guido Meincke. Letzterer ist Vorstandsmitglied im Verein Machbarschaft Borsig11, einem der Initiatoren des appARTment.ruhr-Projekts. Frau Hertel trägt Sorge, dass sich die Gäste dort wohlfühlen.


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REPORTAGE

appARTment.ruhr – Chance oder Gentrifizierung? Ein Gespräch. Trügt mein Eindruck? Für eine vermeintliche No-Go-Area ist es mir hier zu ruhig. Hertel: Da wird vieles übertrieben. Ich gehe oft allein spazieren. Auch nachts. Mir ist hier nie was passiert. Ich lebe noch immer. Meincke: Aber natürlich gibt es auch Probleme, Drogenhandel und organisiertes Verbrechen. Das findet jedoch in einer Parallelwelt statt. Im normalen Alltag merkt man davon nichts. Und unter den Migranten sind Gruppen, die sich nicht mögen. Das kann manchmal Ärger bedeuten. Und jetzt sollen auch noch Touristen kommen. Meincke: Richtig. Was genau verbirgt sich hinter dem Projekt appARTment.ruhr? Meincke: Die Ruhrapartments sind ein Angebot für Gäste aus der Region und darüber hinaus, die Dortmunder Nordstadt am Beispiel Bor-

Rosalie Hertel kümmert sich um das Wohl der Gäste, Guido Meincke ist Vorstandsmitglied im Verein Machbarschaft Borsig11 und einer der Initiatoren des appARTment.ruhr-Projekts.

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sigplatzquartier neu kennenzulernen. Wir zielen auf einen alternativen Städtetourismus, weil hier kulturell einiges los ist. Derzeit betreiben wir zwei künstlerisch gestaltete Gästewohnungen. Sie resultieren aus einem ausgeschriebenen Wettbewerb, sind im Ergebnis sehr unterschiedlich, beziehen sich aber beide auf ihre unmittelbare Umgebung. Caro Fugazzi hat sich mit der Stahlvergangenheit des Viertels auseinandergesetzt. Die Wohnung von Silvia Liebig beruht auf persönlicher Recherche und bildet die Infrastruktur der Nordstadt ab. Mit vielen Tipps, die man nie in gängigen Reiseführer finden würde. Das Projekt soll später noch eine digitale Ebene bekommen, eine App. Von daher die Schreibweise appARTment.ruhr. Sind die Wohnungen Eigentum von Borsig11? Hertel: Nein. Leider nicht. Meincke: Sie gehören der Vivawest, einem hier führenden Wohnungsanbieter. Mit der Gesellschaft kooperieren wir seit 2010. Im Kulturhauptstadtjahr gab es die ersten künstlerischen Residenzen im Viertel. Die aktuellen


Wohnungen können wir noch mietfrei nutzen. Das lässt sich aber nicht endlos verlängern. Irgendwann werden wir Miete zahlen müssen. Wichtig ist uns, dass die Erlöse, die wir aus unseren Vermietungen erzielen, gemeinnützigen Zwecken im Quartier zugutekommen. Aktuell ist die Lage auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt angespannt. Entzieht ein solches Projekt dem Markt nicht Wohnungen? Fördert es die Gentrifizierung? Meincke: Die Frage haben wir uns 2010 auch bereits gestellt. Ja, eine Durchmischung findet statt. Hertel (lacht): Wir sind hier sowieso eine Mischung. Meincke: Alle Aktivitäten, die von Borsig11 ausgehen, zielen auf soziale Kreativität im Sinne von Empowerment. Wir möchten die Leute in die Lage bringen, selber aktiv zu werden. Ich halte das für einen entscheidenden Faktor. Falls eine Gentrifizierung einsetzt, und irgendwann wird das wohl passieren, sollen sie am möglichen Aufschwung ihres Quartiers partizipieren können. Hertel: Es werden Arbeitsplätze geschaffen, so wie meiner. Sonst würden Leiharbeitsfirmen das erledigen. Meincke: Meiner Meinung nach ist das die einzig zielführende Vorgehensweise, die Bevölkerung in einen Prozess einzubinden, der ohnehin stattfinden wird. Willst du dich mit einem Plakat hinstellen und sagen „Geht wieder weg“? Da ist es doch besser, kleine Akteure aufzubauen, die etwas anzubieten haben. Ich würde das nicht als opportunistisch bezeichnen, sondern als extrem realistisch. Ein realistisches Wunder? Wie der Straßenname? Meincke: Ja, ein kleines Wunder ist damit durchaus verbunden, denn die Mentalität der Leute ist nicht leicht zu verändern. Zum Beispiel die Konsummentalität. Die bringt es mit sich, dass man es nicht selber ist, sondern andere. Wir möchten die Leute vor Ort in eine Macherlage versetzen. Hertel: Mit Kindern zum Beispiel. Ich fange schon im Sommer an, die Weihnachtsfeiern zu planen. Das mache ich ehrenamtlich für sozial schwache Kinder. Ich bin aber auch beim runden Tisch vom BVB dabei. Meincke: Das muss alles gut vorbereitet sein. Rosalie ist mittlerweile eine richtige Networkerin.

Die Künstlerinnen

Caro Fugazzi Die von der Bildhauerin Caro Fugazzi gestaltete Wohnung besticht durch ein klares, schlichtes Design. Alle Möbel werden in Handarbeit aus Stahl gefertigt. Die Form der Objekte erinnert an die Gestalt einer Ameise, die symbolisch auf das Arbeitsmodell der Industriegesellschaft anspielt und für die harte Maloche der Stahlarbeiter steht.

Silvia Liebig Das Konzept von Silvia Liebig mit dem Titel „you are here“ versetzt den Besucher in die Mitte eines Stadtplans, der dazu animiert, das Quartier zu erkunden. Abreißzettel weisen den Weg zu gastronomischen oder kulturellen Angeboten, ein „Heimatmuseum“ stellt Fundstücke aus der Umgebung aus, und sehenswerte Orte findet man auf einer Wandkarte, die durch die Gäste weiter ergänzt werden kann.

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SOZIALES

Nordstadt im Wandel Es ist Bewegung in der Dortmunder Nordstadt. Mehrere Großprojekte sind für das nächste Jahrzehnt geplant, die Aufwertung versprechen und Dortmund als Wirtschaftsstandort nach vorne bringen sollen. Das könnte den Stadtteil deutlich verändern – mit Folgen für die Menschen, die in ihm leben. Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Sebastian Sellhorst

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I

m Sommer war Schorsch Kamerun in der Dortmunder Nordstadt unterwegs. In seinem Stück „Nordstadtphantasien“ zeichnete der Hamburger Musiker und Theatermacher, vor der Live-Kulisse einer Ladenzeile in der Feldherrnstraße, ein Bild davon, wie es ist, wenn die Nordstadt dem Ausverkauf an Investoren anheimfällt. Eine phantastische Inszenierung, keine Realität. Tatsächlich wandelt sich der Stadtteil. Drei Großprojekte stehen im kommenden Jahrzehnt an, die sein Gesicht gewaltig verändern könnten. Rund um die Speicherstraße im Hafen soll in den kommenden Jahren ein „Digitalcampus“ entstehen, an dem sich IT- und Medienunternehmen, Forschungs- und Kultureinrichtungen ansiedeln sollen. 5.000 Arbeitsplätze sollen nach den Plänen der Stadt entstehen, die Modelle versprechen ein modernes Eingangstor nach Dortmund. Im Nordosten fließen in den nächsten Jahren Millionen Euro in die Westfalenhütte. Im Moment liegen große Teile des ehemaligen Schwerindustriestandorts brach. Mit Amazon, Schenker, Decathlon und Prologis haben sich mehrere Logistikriesen dort angesiedelt, außerdem sind ein Wohnquartier und Gewerbeflächen mit Straßen- und Radwegeverbindungen in alle angrenzenden Stadtteile geplant. Und mit dem Umbau der Nordseite des Hauptbahnhofs soll nach den Wünschen der Stadt nicht weniger als ein „neues, urbanes Stadtquartier“ entstehen. Zu Debatten über die Entwicklung der Dortmunder Nordstadt gehört fast immer auch, dass Visionen vom Aufbruch und vom Aufblühen auf jahrzehntealte Bilder vom Problemstadtteil prallen. In der

zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für zuwandernde Arbeiter errichtet, treffen in der Nordstadt heute viele gesellschaftliche Herausforderungen aufeinander: Zuwanderung, hohe Arbeitslosigkeit, Armut, Kriminalität, das Etikett, abgehängt zu sein. Und auch: ein ständiges Schwanken zwischen dem Wunsch nach mehr Lebensqualität, einer Art aufholenden Entwicklung und der Angst davor, dass jede Form der Aufwertung unweigerlich dazu führt, dass alteingesessene Strukturen und BewohnerInnen – die zum Teil auch hier wohnen, weil es in anderen Teilen der Innenstadt nicht mehr bezahlbar ist – verdrängt werden. „Gentrifizierung“, befürchtet in Gestalt von Investoren, Luxussanierungen und strategischen Entmietungen, ist ein viel gebrauchter Begriff, wenn es um die Nordstadt geht.

„Neue Urbanität“ Fakt ist, dass die Nordstadt, die es als einen homogenen Stadtteil eigentlich gar nicht gibt, trotz aller faktischen Probleme durch die Nähe zur Innenstadt, die Gründerzeit- und Jugendstilfassaden, Stadtteilund Kulturförderung und vielleicht gerade durch ihre Verschiedenheit ein attraktiver Wohnort ist – besonders in einer Stadt, in der bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Mit einer Preisspanne von etwa 5,50 bis 7 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter wohnt es sich für die Innenstadtlage vergleichsweise günstig – als Transferleistungsempfänger eine Wohnung zu finden, die innerhalb der Angemessenheitsgrenzen liegt, ist aber auch hier schwieriger geworden. 310 Euro sind die Obergrenze für einen EinPersonen-Haushalt.

Die städtebauliche und soziale Aufwertung des Stadtteils, was auch immer man darunter verstehen mag, ist erklärtes Ziel der Stadt. Das Integrierte Handlungskonzept Nordstadt setzt auf „Neue Urbanität und Image“, „lokale Ökonomie und Beschäftigung“ und „soziale und ethnische Integration“. Städtische wie EU-Mittel fließen in Programme wie „nordwärts“ oder „Soziale Stadt“, in die Sanierung und Modernisierung von Wohnhäusern, Begegnungszentren, in Kulturprojekte. In dieser Dynamik strahlen die Großvorhaben im Hafen, am Hoeschpark und am Hauptbahnhof nicht nur in die unmittelbare Umgebung, sondern auf den gesamten Stadtteil aus. Sie legen sich wie eine Klammer um den Nordmarkt, der vom Aufbruch, vom Neuen und Herausgeputzten bisher noch vergleichsweise wenig mitbekommen hat. Was das für die Nordstadtbewohner – und zwar die im gesamten Stadtteil – bedeutet, ist schwer vorhersehbar. Daran, dass Immobilieninvestoren den verrenteten Werksarbeiter zwecks Luxussanierung aus seiner Wohnung ekeln, ist wohl auch in den nächsten Jahren eher nicht zu denken. Dass Menschen mit geringem Einkommen ihre gerade so finanzierte Wohnung verlieren und auf einem angespannten Wohnungsmarkt keine neue finden, ist schon realistischer.

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BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Das ist kein Atlas Auf unseren Weltkarten erscheint der Westen in der Mitte, der Norden immer oben, und Afrika ist viel zu klein. Bis hinunter zum Stadtplan sind Karten politisch. Das Kollektiv orangotango hat nun unter dem beziehungsreichen Titel „This is not an Atlas“ ein Kompendium der „Gegen-Kartografie“ vorgelegt. Mehr als 40 Karten „von unten“ zeigen die Welt, wie sie eben auch ist: Eine „Anti-Zwangsräumungs-Karte“ zeigt die Zusammenhänge von Gentrifizierung, der Privatvermietungsplattform Airbnb und Entmietungen in San Franciscos Bay Area. Soziale Kartierungsprojekte helfen BewohnerInnen am Amazonas, ihre Rechte durchzusetzen. Flüchtlinge zeichnen „no border“-Karten, die Passagen und Grenzüberwindungen zeigen. Die Initiative „596 Acres“ identifiziert unbebaute öffentliche Flächen in New York zur Nutzung als öffentliche Grünflächen und Gemeinschaftsgärten. In Open-SourceMapping-Projekten erstellen Bewohner Karten ihrer Slums und „illegalen“ Siedlungen, die sonst auf Karten fehlen, auch wenn Hunderttausende dort wohnen – ein Projekt spannender als das andere. Ein Staunen machendes Großformat in edler Ausstattung. Wer in Ruhe schauen möchte, ob die englischen Texte eine zu große Hürde darstellen, kann auf der Verlagsseite auf ein kostenloses „Open Access“-PDF zugreifen. kollektiv orangotango+ (Hg.) This Is Not an Atlas. A Global Collection of Counter-Cartographies ISBN: 978-3-8376-4519-4 transcript | 34,99 Euro 38

Morgendämmerung

Gratisarbeit

Poesie-Atlas ist ein schönes Wort. Und tatsächlich bringt der Sammelband, eine jahrelange Sammel- und Fleißarbeit der beiden Herausgeber Winfried Ihrig und Ulrich Janetzki, so etwas wie eine geografische Ordnung in die literarische Vielstimmigkeit der europäischen Roma – von Bronisława Wajs (Papuscha), der ersten polnischen Roma-Dichterin, die ihre Verse aufschrieb, bis zum linksradikalen Rap der deutsch-serbischen „Gipsy Mafia“.

Das Faszinierende an Claudia Pinls kurzer Geschichte der Transformation unseres Sozialstaats ist, dass sie den radikalen Kulturwandel greifbar macht, den die bundesdeutsche Gesellschaft in den letzten 25 Jahren durchlaufen hat.

Natürlich sind Texte von Philomena Franz und Ceija Stojka vertreten, zweier Pionierinnen einer Erinnerungsliteratur nach dem Porajmos, dem Völkermord an den europäischen Sinti und Roma. Prominente MusikerInnen steuern Texte bei: die Jazzerin und Schriftstellerin Dotschy Reinhardt, die auch das Vorwort verfasste, Marianne Rosenberg, Schlagerikone und Tochter des Sinto-Bürgerrechtlers Otto Rosenberg, oder der Schweizer Stephan Eicher, ein Jenischer. Vor allem aber zeigt sich die ganze Breite einer jungen Generation europäischer Intellektueller von Delia Grigore bis Samuel Mago, die Künstlertum und Roma-Aktivismus verbindet.

Mit dem Umbau unserer Sozialsysteme unter der rotgrünen Bundesregierung vollzog sich eine „Umwertung der Werte“, so Pinl, die heute als „politisch unkorrekt, ja als geradezu blasphemisch“ brandmarkt, wenn der Sozialstaat anstelle von Gratisarbeit in die Pflicht genommen werden soll, oder wenn Verteilungsgerechtigkeit statt blühender „Engagementlandschaften“ angemahnt wird. Etwas, das vor einem Vierteljahrhundert als widersinnig erschienen wäre – Ehrenamt in der Schule, in der Daseinsvorsorge, in der Pflege –, erscheint heute als „alternativlos“. Die Instrumentalisierung der Ressource Engagement erscheint als nicht hinterfragbar. Pinl ist jedoch sicher: „Eine auseinanderdriftende Gesellschaft kann nicht durch Ehrenamtliche zusammengehalten werden.“

Eine einzigartige Sammlung in der bibliophilen Ausstattung eines Buchkunstwerks der „Anderen Bibliothek“. Dieser Poesie-Atlas ist ein schönes Buch.

Armut und gesellschaftliche Desintegration kostengünstig durch Freiwillige zu „managen“ statt sie als Solidargemeinschaft zu bekämpfen und zu beseitigen, sei der falsche Weg.

Winfried Ihrig, Ulrich Janetzki (Hg.) Die Morgendämmerung der Worte. Moderner Poesie-Atlas der Roma u. Sinti ISBN: 978-3-8477-0403-4 Die Andere Bibliothek | 42 Euro

Claudia Pinl Ein Cappuccino für die Armen. Kritik der Spenden- und Ehrenamtsökonomie ISBN: 978-3-89438-677-1 PapyRossa | 12,90 Euro


Eine Frage, Frau Hartmann:

Wohin mit dem Baum?

EDG-Sprecherin Petra Hartmann

Über 24 Millionen Weihnachtsbäume verbringen jedes Jahr die Feiertage in deutschen Wohnzimmern. Auf Platz Eins der Beliebtheitsskala steht dabei die Nordmanntanne unangefochten mit 75 Prozent, die Blaufichte ist mit 15 Prozent abgeschlagen auf Platz Zwei. Doch wer kümmert sich um die Gewächse, wenn sie ihren dekorativen Zweck erfüllt haben? Über 70.000 Bäume mit einem Gesamtgewicht von rund 360 Tonnen werden auch dieses Jahr wieder allein im Dortmunder Stadtgebiet zusammenkommen und von der Entsorgung Dortmund GmbH am 12. Januar abgeholt.

über die Freiwilligen Feuerwehren hin zum Roten Kreuz. In unserem Haus gibt es eine Abteilung Arbeitsvorbereitung und Planung, die die unterschiedlichen Teams organisiert und koordiniert.“

In 84 Sammelgebieten machen sich 22 Teams auf den Weg, um die Tannen und Fichten abzuholen – und das schon, seit die EDG 1992 ihren Betrieb aufgenommen hat. „So einen großen Stellenwert wie heute hat die Weihnachtsbaumsammlung aber erst seit Mitte der neunziger Jahre. Früher landeten die Bäume oft auf dem heimischen Kompost, als Schutz vor Frost auf Blumenbeeten oder auch mal in der Restmülltonne“, erzählt EDG-Sprecherin Petra Hartmann. Hilfe bekommt die Dortmunder EDG bei der Weihnachtsbaumsammlung von mehreren Organisationen, die ehrenamtlich mit anpacken. „Das reicht von den Pfadfindern

Über 70.000 Bäume mit einem Gesamtgewicht von rund 360 Tonnen werden allein im Dortmunder Stadtgebiet zusammenkommen.

Gesammelt werden die Tannen mit Müllwagen, die auch für den Hausmüll zuständig sind. Für die Sammlung der Bäume wird aber die Schüttung – also die Apparatur, die sonst für das Aufnehmen und Entleeren der Mülltonnen zuständig ist – entfernt. Für die Abfallwirtschaft sind Weihnachtsbäume Grüngutabfälle. Und das heißt, dass zwei

Wege der Verwertung möglich sind: Entweder werden sie kompostiert oder der „thermischen Verwertung“ zugeführt, landen also in einem Biomasseheizkraftwerk, wo sie zur Energiegewinnung oder zur Herstellung von Heizwärme genutzt werden.

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INTERVIEW REPORTAGE

Und noch immer kommt ab und zu Fiffi vorbei Dass Depressionen ein ganzes Leben aus der Bahn werfen können, hat Reiner Ott selbst erfahren. Er hat alles hinter sich: Drogensucht und Jobverlust, drohende Obdachlosigkeit und versuchter Suizid. Heute arbeitet er als Genesungsbegleiter und unterstützt Menschen in psychischen Krisen. Von Misha Leuschen | Fotos: Mauricio Bustamante

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einer Otts Depression hört auf den Namen „Fiffi“. Wie ein großer schwarzer Hund legt die Krankheit sich ab und zu auf seine Seele. Fiffi bleibt Reiner Otts lebenslanger Begleiter, aber die Besuche sind seltener geworden, „und nach ein paar Tagen geht Fiffi auch wieder“, sagt der 50-Jährige. Den verniedlichenden Namen hat er mit gutem Grund gewählt: „Die Depression wird immer ein Teil von mir bleiben, aber ich gebe ihr nicht mehr die Macht über mich.“

„Jeder kann zu uns kommen“ Reiner Ott arbeitet als Genesungsbegleiter im Treffpunkt Wandsbek, einer Einrichtung der Sozialpsychiatrie des Rauhen Hauses in Hamburg. „Genesungsbegleiter haben selbst psychische Krisen erlebt, durchlebt und inzwischen gelernt, damit umzugehen“, heißt es auf dem Flyer, der für die Offene Sprechstunde wirbt. Dort finden Menschen mit psychischen Erkrankungen oder in Krisen Unterstützung, sie können sich über Hilfsangebote informieren. Vor allem aber hört ihnen jemand zu, der weiß, wie es ihnen geht.

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„Jeder kann zu uns kommen“, erklärt Reiner Ott das niedrigschwellige Angebot – ohne Überweisung, und das bis zu fünf Mal, auf Wunsch komplett anonym. Hier können Menschen auch besprechen, wie es danach für sie weitergehen kann – eine schnelle Hilfe ohne monatelange Wartezeiten auf einen Termin beim Psychologen. Der freundliche Mann mit den hellen Augen und der angenehmen Stimme ist ein Mensch, zu dem man schnell Vertrauen fasst – ein guter Zuhörer, zugewandt und kompetent. Seine Arbeit als Genesungsbegleiter ist für ihn ein Sechser im Lotto. Was ihn daran besonders erfüllt? „Wir sind Hoffnungsgeber“, erklärt er. „Wenn ich es schaffen kann, mit meiner Erkrankung umzugehen, dann können das auch andere.“ Man dürfe die Hoffnung nie aufgeben, egal wie mies die Situation sei, findet er und verzieht gleich das Gesicht: „Das lässt sich im Nachhinein leichter sagen, ich weiß.“ Auch für Reiner Ott war es ein langer Weg, bis er mit seiner Erkrankung leben und seinen Frieden machen konnte. Seine Kindheit in Bad Homburg war schwie-


rig, die Mutter war an Depressionen erkrankt, der Vater alkoholabhängig und gewalttätig. Vielleicht habe er deshalb im Leben so feine Antennen für Stimmungen entwickelt, überlegt er: „Ich bin zu feinfühlig.“

Das innere Durcheinander Mit 13 war er, das jüngste von vier Geschwistern, Dauerschulschwänzer. Das führte zur Krise zu Hause, „der Kreislauf kam in Fahrt“. Mit 14, „einen Tag vor meinem Geburtstag“, kam er in ein Heim für schwer erziehbare Kinder, weil er nicht mehr zu bändigen war. „Das Kinderheim hat mir gut getan“, sagt er in der Rückschau. Er lernte, sich durchzusetzen, wurde selbstbewusster und schaffte die Ausbildung zum Elektroinstallateur: „Mit der bestandenen Prüfung musste ich ausziehen.“ Das Jugendamt besorgte ihm eine Wohnung, „ich hatte eine tolle Sozialarbeiterin“, erinnert er sich. Er nahm einen Job in einem Versandlager an und schaffte es bis zur Leitung; dann zog das Unternehmen

weg aus Deutschland. Reiner Ott wurde gekündigt, und das Leben kam ins Rutschen. Drogen machten den Alltag erträglicher. „Ich habe gekifft und gekokst, bis die Abfindung nach der Kündigung weg war“, sagt er. Ein neuer Job musste her. Als PC-Techniker bearbeitete er als Scheinselbstständiger für ein SubSub-Unternehmen eines Konzerns Garantieaufträge: „Das ging auch bekifft.“ Sein Chef, eine windige Type, veruntreute in der Firma Geld und haute ins Ausland ab. Für Reiner Ott war niemand zuständig: Er hatte keinen Job, keine Perspektive und keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Das innere Durcheinander fand seinen Ausdruck im äußeren Chaos. Heute weiß er, dass er schon lange ein Messie war und immer noch ist. Damals, als seine Wohnung in Bad Homburg in Flohmarktware und alten Zeitungen unterzugehen drohte, hielt er sich einfach nur für unordentlich. Die Situation eskalierte, als er seine Miete nicht mehr zahlen konnte: Hals über Kopf flüchtete er aus seiner vermüllten Wohnung zu einer Internet-Bekanntschaft nach Berlin. Mit seiner

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REPORTAGE

„Die Natur ist mein ErsteHilfe-Koffer“, sagt Reiner Ott. Wenn er draußen unterwegs ist, kann er runterkommen, Gedanken sammeln und seine Prioritäten neu ordnen.

neuen Liebe wollte er ein Internet-Café eröffnen – das ging gründlich schief. Nach einem halben Jahr waren Liebe und Geschäft im Eimer. „Damals war es nicht so schwer, in Berlin eine Wohnung zu finden“, erzählt Reiner Ott. Er kam in Spandau unter: „Erdgeschoss, Hinterhof, Ofenheizung, dunkelblaue Wände – ein echter Depressionslandeplatz.“ Reiner Ott flüchtete in die Arbeit, jobbte im Telefonmarketing, manchmal drei Schichten hintereinander, „um mich nicht mit mir selbst zu beschäftigen“. Soziale Kontakte waren auf ein Minimum beschränkt, „ab und zu ging ich auf Netzwerkpartys, das war‘s“. Eine Zeitlang habe das funktioniert, dann kam der Zusammenbruch. Reiner Ott wurde Drehtürpatient in der Psychiatrie, er nahm Psychopharmaka.

Die Angst vor der Straße Sein Leben entglitt ihm immer mehr. Er hatte hohe Schulden, zahlte seine Miete nicht mehr. „Meine Zukunft war: Tod oder Obdachlosigkeit“, schildert er seine damalige Lage. Der Tod machte ihm weniger Angst als die bevorstehende Räumung seiner Wohnung. „Dann lieber Freitod, habe ich gedacht.“ Seinen Suizid bereitete er akribisch vor, hatte fest eingeplant, dass man ihn finden würde, damit er nicht so lange tot herumliege und andere damit belästige. Das Los traf den Gerichtsvollzieher, der seinen Besuch angekündigt hatte. Reiner Otts Glück: Der Mann kam zu früh, „er hat mich reanimiert und mir zwei Rippen gebrochen“. Heute ist er froh, dass er es vermasselt hat, „damals hab ich mich gefühlt wie der Loser hoch zehn“.

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Sein Bruder holte ihn aus Berlin zu sich nach Hamburg und wendete so seine drohende Obdachlosigkeit ab. „Ein halbes Jahr hab ich auf seinem Sofa geschlafen“, erzählt er. Hier kam er zum ersten Mal zur Ruhe und fand im Uniklinikum die Unterstützung, die er brauchte. „Dort hat man mich ganzheitlich als Menschen gesehen“, sagt er dankbar. Tagesklinik und Therapie machten es möglich, dass Reiner Ott langsam wieder in den Alltag zurückfand, mit eigener Wohnung und Arbeit. Die Ausbildung zum Genesungsbegleiter wurde für ihn zum Schlüssel in ein Leben, das für ihn wieder einen Sinn und ein Ziel hat. Heute ist es für ihn heilend, Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten und ihnen mit seiner eigenen Erfahrung zur Seite stehen zu können. Seit vier Jahren arbeitet er nun hauptberuflich als Genesungsbegleiter. Noch immer setzen ihm die Nebenwirkungen der Psychopharmaka zu, die er bereits vor Jahren abgesetzt hat. Noch immer sammelt und hortet er, „Papier und Informationen sind mein Thema“. Und noch immer kommt ab und zu Fiffi vorbei, um ihn zu besuchen. Doch Reiner Ott kennt die Frühwarnzeichen und hat gelernt, dass er auf sich achten muss. Dann verzieht sich Fiffi auch wieder. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Hinz&Kunzt / INSP.ngo


SOZIALES

Experten frei Haus Sozialleistungen sollen für ihre Empfänger ein Existenzminimum sichern – in Dortmund ist ihr Bezug außerdem Grundlage dafür, ins System der Wohnungslosenhilfe zu gelangen. Nicht alle, die einen Anspruch auf solche Leistungen hätten, bekommen sie auch. Seit einem Jahr bietet das Jobcenter eine mobile Beratung in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Ein nach eigenen Angaben bundesweit einzigartiges Konzept. Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Jobcenter Dortmund, Sebastian Sellhorst

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it der mobilen Beratung will das Jobcenter Menschen erreichen, die von Ämterbürokratie abgeschreckt sind. Auch wenn sie eigentlich Ansprüche auf SGB II oder Grundsicherung hätten, scheuen viele Wohnungs- und Obdachlose den Gang zu Behörden, aus Angst vor Überforderung oder Stigmatisierung – oder weil sie diese Stigmatisierung in den Behörden schon erfahren haben. Also erprobt das Jobcenter jetzt den umgekehrten Weg: Jeden Mittwoch ist das Team um Jenny Vesper und Christian Kürpick nun abwechselnd im Gast-Haus, in der Zentralen Beratungsstelle für Wohnungslose der Diakonie (ZBS) und der Drogenberatungsstelle und macht Fallarbeit direkt vor Ort – dort, wo die Menschen, die man erreichen will, eben sind. Das Jobcenter ist in Dortmund für all jene Wohnungslosen zuständig, die in der Stadt gemeldet und grundsätzlich erwerbsfähig sind. Darum geht es in den Sprechstun-

den um Sozialleistungen, Krankenversicherung, Hilfen bei Suchterkrankungen oder Wohnungsfragen, aber auch um die Vermittlung von Arbeit. Denn nicht jeder Wohnungslose sei automatisch arbeitsunfähig: „Manche Menschen haben keine Wohnung, sind aber in der Lage, eine Tagesstruktur einzuhalten und wollen Arbeitsgelegenheiten wahrnehmen, manche wollen sich dem Arbeitsmarkt komplett zur Verfügung stellen. Und denen wollen wir etwas anbieten“, so Jenny Vesper vom Jobcenter. Rund 50 Wohnungslose hätten bis Oktober eine Arbeitsgelegenheit, also einen sogenannten 1,50-Euro-Job, aufgenommen, 23 eine Beschäftigung. Die Schaffung von Zuverdienstmöglichkeiten für Wohnungslose ist wie die mobile Beratung Teil des städtischen Konzepts zur Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe.

beiterInnen, gebe es während des wöchentlich dreistündigen Außendienstes. Rund 50 Wohnungslose seien bis Oktober wieder in eine eigene Wohnung gekommen. ZBS-Leiter Thomas Bohne freut, „dass wir es schaffen, dass Menschen wieder den Weg zu uns finden, die jahrelang keine Chance haben“. Und, sagt Katrin Lauterborn, Geschäftsführerin des Gast-Haus, das Angebot gebe Menschen Unterstützung und Perspektiven, die von allein wohl nicht den Weg in die Behörde gefunden hätten. Noch ist das Dortmunder Konzept, nach eigenen Angaben, einzigartig. Es könnte aber Nachahmer finden – bei KollegInnen in mehreren Städten und bei Forschungseinrichtungen habe das Team es bereits vorgestellt.

In den Einrichtungen kommt der „Beratungs-Lieferservice“ gut an: Rund 15 bis 20 Vorsprachen, berichten die Fallbear-

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Die Hambacher Wende

Zum Leserbrief „Illegales Bauen von Baumhäusern“ Sehr geehrte/r E. K., Ihr Brief darf nicht unwidersprochen bleiben – darum Folgendes: Die jungen Menschen, die Sie in Ihrem Brief anfeinden, haben nicht agiert, wie Sie es darstellen, sondern reagiert, entschlossen und zornig reagiert auf das schändliche Gebaren eines Milliardenkonzerns, jahrelang wohlwollend unterstützt von Landesregierungen jedweder Couleur. Als alter Mensch (80) bewundere ich diese „Aktivisten“, die mit ungeheurer Zivilcourage ihre Haut zu Markte tragen, um diesen „Verbrechern“ die Stirn zu bieten, ja sogar ihr Leben für uns alle, auch für Sie, aufs Spiel setzen. Insofern möchte ich Ihre juristische Erbsenzählerei ad absurdum führen. W. J. bodo 12.18

„Die Straße ist kein Zuhause.“ Ein wunderbares Weihnachtsheft habt Ihr da gemacht. Da ist wirklich für jeden was dabei! Ich bin immer wieder überrascht von der Bandbreite der Themen: Vom Weihnachtsmarkt zur Notschlafstelle, vom Jugendstil zur Flüchtlingshilfe. Und dann noch der Bericht über Eure Arbeit (von vielem, was Ihr macht, hatte ich keinen Schimmer!) Da überweise ich doch glatt eine kleine Weihnachtsunterstützung für „Die Straße ist kein Zuhause“. Weiter so! H. G. bodo 12.18

Weihnachtsgeschichte statt Weihnachtsmann Ich schätze Ihre Arbeit sehr und finde in Ihrer Dezemberausgabe auch viel Interessantes. Nichtsdestotrotz möchte ich darauf hinweisen, dass zwischen fliegenden Weihnachtsmännern (S.4), „Weihnachts-Beschallung“ (S.29) sowie diversen „X-Mas-Shows“ eins völlig fehlt: Derjenige, auf dessen Ankunft (Advent) wir uns in den Wochen vor dem Heiligen Abend vorbereiten. Nein, es ist nicht der Weihnachtsmann. M. L.

Schreiben Sie uns: redaktion@bodoev.de Telefon: 0231 – 950 978 0


RÄTSEL

Im Februarheft erscheint endlich unsere Geschichte über die beeindruckende Karla Schefter, die das Chak-Hospital in der afghanischen Provinz Wardak leitet, in die nicht einmal mehr das Rote Kreuz geht. Am 18. Januar um 19 Uhr berichtet sie in der Auslandsgesellschaft über 30 Jahre nachhaltige Hilfe.

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20 Euro ohne Frühstück Danke für Euren Einsatz gegen die „Knöllchen“ für Obdachlose In Dortmund! Richtig, dass die Stadt – wenn auch viel zu spät – eingelenkt hat. Traurig ist es trotzdem, wenn man den Fernseher einschaltet und die Heimatstadt ist wieder das Ärgernis der Republik, wie zuletzt bei dem Bettler, dem das Jobcenter Dortmund die Leistungen kürzte um die Summe, die er erbettelt hatte. Warum machen die hier so einen Mist. Bleibt bitte dran an den Themen! Viel Kraft und viel Erfolg, K. M. Das Magazin

„Kunst, Kochen, Kultur“

Ein herzliches Danke für die tolle Arbeit an alle, die mit der Zeitung zu tun haben. Es gibt keine Zeitung, die ehrlicher und vielfältiger ist als Eure. Kunst, Kochen, Kultur und das wahre Leben. Die beste und gelungenste Mischung für etwas sehr, sehr Lesenswertes! S. B. via facebook

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Ich lese Eure Zeitung bereits seit Jahren. Die Geschichte, wie es dazu kam, ist an sich nicht toll zu erzählen: Gekauft aus Mitleid – es ist nicht so ganz das richtige Wort, aber beschreibt es wohl am besten – lag die Zeitung lange erstmal im Auto. Während einer langen Wartezeit im Auto in einem Stau und mit knapp werdendem Handy-Akku (zum Glück!) habe ich sie dann zur Hand genommen und endlich gelesen. Und fand die Zeitschrift toll! Der intensivere Blick hinter Eure Arbeit ist klasse. Ich kaufe die Zeitschrift aus purer Überzeugung. Das Rezept für den Möhrenauflauf vor Jahren ist in der Küche immer in greifbarer Nähe. Den Artikel über das Bochumer Hotel Eden habe ich öfter gelesen. Es faszinierte mich schon als Kind. Eure Verkäufer sind immer nett, ich habe keine Ausnahme erlebt. Ich wünsche Euch viele Abnehmer.

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VERKÄUFERGESCHICHTEN

Guido verkauft das Straßenmagazin auf dem Dortmunder Ostenhellweg

„Auf der Straße erlebt man jeden Tag irgendwas“ Seit vier Monaten ist Guido bei bodo. Doch auch bevor er zum Straßenmagazin kam, hat er schon viel auf der Straße erlebt. Wir haben ihn zu seinem Verkaufsplatz auf dem Dortmunder Ostenhellweg begleitet und uns über Jobs auf der Straße, glückliche Zufälle und abenteuerliche Begegnungen unterhalten. Text und Foto: Sebastian Sellhorst

Während wir mit Guido von der Dortmunder Anlaufstelle zu seinem Verkaufsplatz in der Dortmunder Innenstadt laufen, erzählt er uns, dass er auch früher schon immer mal wieder Jobs im Stadtraum hatte. „In den 90er Jahren zum Beispiel habe ich auf Gran Canaria eine Zeit lang TimesharingImmobilien auf der Straße beworben. Im Gegensatz zu bodo war das aber ein weitaus schwieriger Job, da die Leute sehr viel weniger aufgeschlossen waren und eigentlich nur ihren Urlaub genießen wollten. Aber man war halt auch draußen auf der Straße unterwegs und hat mit den Leuten gesprochen“, erzählt Guido. Wenn man viel draußen unterwegs sei, erlebe man schon eine Menge verrückter Geschichten, sagt Guido. „Ich erinnere mich noch, wie ich damals auf Lanzarote gelandet bin. In Deutschland war bei mir gerade alles den Bach runtergegangen und ich hatte mich auf den Weg auf die Kanarischen Inseln gemacht. Beim Trampen kam ich mit einem Herrn ins Gespräch, den ich fragte, ob er nicht jemanden kenne, der einen Job für mich habe. Ich bekam eine Telefonnummer, bei der ich mich melden sollte. Das hab ich auch direkt getan. Am nächsten Tag habe ich mich dann mit einem wohlhabenden Engländer getroffen, der ein sehr großes Haus mit richtigem Fuhrpark auf der Insel hatte. Das nächste halbe Jahr habe ich dann sein Haus gestrichen und di-

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verse Hausmeistertätigkeiten an und um sein Haus verrichtet. Dafür gab es damals 50 Euro am Tag. Nicht besonders viel, gerade wenn man, wie ich damals, ohne Krankenversicherung unterwegs war.“ Während wir an Guidos Verkaufsplatz ankommen und noch einige Fotos machen, werden wir angesprochen und in ein längeres Gespräch über Fotografie verwickelt. Als wir nach einiger Zeit wieder alleine sind, meint Guido, dass ihm so etwas ständig passiere. „Das kommt halt vor, wenn du einen Job auf der Straße hast. Jeder kann dich anquatschen. Meistens sind es nette Begegnungen, aber das kann dir halt niemand versprechen, und man kann halt schlecht weg.“ Bei früheren Jobs in Callcentern sei er zwar auch immer mit vielen unterschiedlichen Leuten ins Gespräch gekommen, aber da konnte er wenigstens das Gespräch beenden, wenn es seltsam wurde. Es ergeben sich aber auch schöne Geschichten und Bekanntschaften. „Ich war mal mit dem Bus nach Amsterdam unterwegs. Beim ersten Zwischenstopp in Essen stieg eine Frau zu, mit der ich im Laufe der Fahrt ins Gespräch gekommen bin. Am Ende verbrachten wir unser Wochenende in Amsterdam gemeinsam. An solche Geschichten erinnert man sich natürlich sehr gerne. Du erlebst immer was, nur was, das ist jeden Tag eine Überraschung.“


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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Gibt es in der SPD nur eine Debatte, droht einer mit Austritt, und die Partei rutscht in Umfragen drei Prozent in den Keller. Streitet sich die CDU offen um den Vorsitz und nicht ganz offen um einen radikalen Kurswechsel, lächeln die Verlierer und treffen sich in der Pizzeria zum Messerwetzen und Strippenziehen. Dem Wähler ist es schnurz. In der AfD ist Streit Geschäftsgrundlage. Kellernazis gegen Softnazis gegen Freizeitrassisten, und alle gegen die Softies von der Euroskepsis. Man bezichtigt, verfolgt und mobbt, und jeder neue Eklat bringt vier Prozent. Zurück zu den Christdemokraten. Die haben eine neue Vorsitzende. Wenn alles nach (deren) Plan läuft, gilt für das Land bald: habemus Stiefmutti, wir haben eine neue Kanzlerin. Was Dynamik und Charisma angeht, hat die CDU erst mal nur ihren weiblichen Rudolf Scharping. Glück gehabt, SPD, ihr habt das lange hinter euch. Beide, Scharping und AKK, sind groß und großartig in der Provinz, beide glänzten mit famosen Siegen im Kleinen. Man hält solche Menschen für anders, vielleicht sind sie nur langweilig. Das Saarland ist eine gern genutzte Maßeinheit. Waldbrände in Kalifornien wüten auf einer Fläche, die ist drei Mal so groß wie das Saarland. Friedrich Merz´ Ego: Elfmal so groß wie das SaarMartin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

land. Zahlenspiel fürs Ruhrgebiet: Fünf Kramp-Karrenbauers sind eine Karola Geiss-Netthöfel. Karola wer? Die Chefin des . Regionalverbands Ruhr ist für fünf Millionen Menschen zuständig, das Saarland kommt kaum auf eine Millionen Insassen, tief

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katholisch, sehr untereinander verwandt, kaum verständlich für Auswärtige. Die Neue kommt aus Püttlingen. Dort feiert man heute noch im Oktober den „Mantelsonntag“, historisch die letzte Gelegenheit, sich vor dem Totenbesuch zu Allerheiligen neu einzukleiden. Hier im Pott bestellst du Klamotten bei Amazon und ärgerst dich über das Tanzverbot am 1. November.

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