MUCBOOK # 7

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Das Münchner Stadtmagazin Ausgabe 7

Du musst nur wollen EIN ETWAS ANDERES SPORTHEFT

Kalorien gegen Kohle Für Sport zahlen? Geht das auch umgekehrt? Sportficken Ist Sex auch Sport? Späte Berufung Warum plötzlich alle Yoga-Lehrer werden Der Schweinehund – was ist das für 1 Tier? 4 EURO

089 Münchner Sport-Orte Trainieren abseits der Massen – Schlawiner-Tipps aus der Redaktion



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öher, schneller, weiter – du musst es nur wollen. Das Credo der immerwährenden Leistungssteigerung hat im Sport nicht 3 erst seit München `72 oberste Priorität. Was unser Millionendorf aber damals wirklich zur strahlenden Sport-Metropole Deutschlands machte? Teamgeist, Euphorie, Emotionen. Mi!lerweile sind die großen Gefühle längst verflogen. Heute stehen wir vor dem Wunsch, wieder ganz vorne mit dabei zu sein – also heisst es verbessern, hart an sich arbeiten. Gerade vor dem eigenen Körper macht die Optimierung nicht halt. Lifes"le-Magazine befeuern den Hype um den perfekten Körper mit immer neuen Diäten und Trainingsplänen. Auf Pla!formen wie Instagram schießen täglich neue Body-Vorbilder wie Pilze aus dem Boden. Fu!er für Sport-Jünger. #strongisthenewskinny. Aus der ursprünglich gesunden Ertüchtigung ist längst eine sich selbst pervertierende VolksBewegung geworden. Und von gesund kann man beim besten Willen nicht mehr sprechen. Nicht nur gestählte Männerkörper prangen von Münchner Litfaßsäulen und Plakatwänden, auch Frauen haben jetzt Bauchmuskeln und einen Bizeps, der hartes Training erahnen lässt. Aber mühelos muss es aussehen – und ganz natürlich. Dass die eigentlich gesunde Bewegung in Sucht ausartet, ist nur eines von vielen Phänomenen, mit denen wir uns hier auseinandersetzen wollen. Was uns sonst noch so beschä#igt hat: Wo kann man in München umsonst trainieren? Kann ein körperlich anstrengender Beruf das Training ersetzen? Warum ist es auf einmal wieder hip, Tischtennis zu spielen und Hula-Hoop zu tanzen? Was hat es mit unserem inneren Schweinehund auf sich und ist Sex eigentlich auch Sport? Warum werfen viele erfolgreiche Menschen ihren alten Job über Bord, um Yoga-Lehrer zu werden? Wir wünschen uns, dass Sport wieder Spaß macht in unserer Stadt – wie damals, als wir mit den Nachbarskindern auf der Straße Gummi gehüp# und Fußball gespielt haben. In diesem Sinne – viel Spaß beim Schmökern und gelegentlich mehr Mut um Faulsein mit allerbestem Gewissen. Man muss nur wollen! Melanie Schindlbeck und das gesamte MUCBOOK-Team

PS: Lust auf mehr Kunst, Kultur und Par"-Szene? Wir nehmen dich mit: Jetzt kannst du MUCBOOK auch live erleben, hinter die Kulissen gucken und mitgestalten! Als Member im MUCBOOK-CLUB genießt du viele exklusive Vorteile, die dir dein Leben in München versüßen. Wie du Mitglied werden kannst und was dich bei uns alles erwartet, erfährst du auf Seite 74 oder auf $.mucbook.de/club. Weil MUCBOOK nicht nur ein Magazin, sondern ein Lebensgefühl ist!

FOTO: Denis Pernath

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Inhalt FOTO: Denis Pernath Danke an Boxwerk

8 SPORTERLEBNISSE DER TRAUMATISCHEN ART UNSERE LIEBLINGS-MÜNCHNER BEICHTEN 10 KALORIEN GEGEN KOHLE? FÜR SPORT ZAHLEN? DAS GEHT DOCH AUCH ANDERS! REDAKTEUR BENJAMIN HAT VERSCHIEDENE BERUFE AUF IHRE FITNESSTAUGLICHKEIT GECHECKT 16 FOTOSTRECKE – RETROSPORT-MODE WIE COOL SIND DENN BITTE TISCHTENNIS, TURNEN ODER HULA HOOP? WARUM EIGENTLICH, WAS BRAUCH ICH UND WO KANN ICH LOSLEGEN? 24 VOLKSZÄHLUNG ZAHLEN ÜBER ZAHLEN 26 SPÄTE BERUFUNG WARUM WERDEN PLÖTZLICH ALLE YOGA-LEHRER? 30 DER SCHWEINEHUND – WAS IST DAS FÜR 1 TIER? KOLUMNE

32 COPY KITCHEN SO LECKER: „SO HAM“-KÖCHIN MARTINA WASTL HAT FÜR UNS DEN KOCHLÖFFEL GESCHWUNGEN IMPRESSUM $.mucbook.de IMPRESSUM $.mucbook.de Herausgeber: Marco Eisenack (V.i.S.d.P.) Herausgeber: Marco Eisenack (V.i.S.d.P.) Chefredaktion: text:bauSchindlbeck, Verlag Melanie Schwanthalerstr. Ronja Lotz (Stellv.)155 und 184 80339 München T 089 21665055 Art Direction: F 089$.c100studio.com 21665056 C100, info@textbau.com Autoren und Mitarbeiter: Chefredaktion: Marc Baumann, Juliane Becker, MelanieBowerman, Schindlbeck Philipp Benjamin Brown, Ronja Lotz (Stellv.) Sharon Brehm, John Ellio!, JuliaSophie Gebhard, Heiner Hendrix, Art Direction: Anna-Elena Knerich, Christina Kockert, C100, $.c100studio.com Jan Kra!iger, %eresa Lachner, Michèle Loetzner, Ronja Lotz, Stephanie AutorenLinda und Mitarbeiter: Manna, O!o, Rosi Offenbach, Marc Baumann, Becker, Philipp Michael Pfitzner, Juliane Philomena Poetis, Bowerman, BenjaminAnne!e Brown,Sander, Sharon Jan Rauschning-Vits, Brehm,Stade, John Ellio!, Leonie MelanieJulia-Sophie Schindlbeck, Gebhard, Schulke, Heiner Hendrix, Anna-Elena Sebastian Bernhard Knerich, Christine Kockert, Jan Kra!iWerkmeister, Stefanie Wi!erauf, ger, %eresa Lachner, Michèle Loetzner, Julius Zimmer Ronja Lotz, Stephanie Manna, Linda O!o, Rosi Offenbach, Michael Pfitzner, Fotografen: Philomena Poetis, Koy, Jan Rauschning-Vits, Dirk Bader, Simon Anna Pentzlin, Anne!eSander, Sander,Verena LeonieVoe!er, Stade, Melanie Anne!e Schindlbeck, Sebastian Schulke, BernMax Wichmann hard Werkmeister, Stefanie Wi!erauf,

Illustration: JuliusLaura Zimmer C100, Lünenbürger, Fotografen: Stephanie Reis, Alexander Scharf Dirk Bader, Simon Koy, Anna Pentzlin, Anne!e Sander, Verena Voe!er, Coverfoto: Max Wichmann © rr041 / Fotolia Illustration: Schlussredaktion: C100, Laura Margit BrandLünenbürger, Stephanie Reis, Alexander Scharf Anzeigen: Coverfoto: Silvia Bauer anzeigen@textbau.com Schlussredaktion: Margit Brand Verlag: Medienhaus München Eisenack UG Anzeigen: (mit beschränkter Ha#ung) Silvia Bauer Schwanthalerstr. 155 anzeigen@textbau.com 80339 München Verlag: 089 21 66 50 55 Telefon Medienhaus München Eisenack UG Mail hallo@medienhausmuenchen.de Schwanthalerstr. 155 80339 München Eine Gewähr für die Richtigkeit und Telefon 089 21 der 66 50 55 Vollständigkeit Termine kann nicht Meil hallo werden. Die Beiträge übernommen geben nicht die Meinung der Redaktion Eine Gewähr für die Richtigkeit wieder. Die Zeitschri#, alle in ihr und Vollständigkeit der Termine nicht enthaltenen Abbildungen undkann Beiträge übernommen werden.geschützt. Die Beiträge sind urheberrechtlich geben nicht die Meinung Redaktion Jeglicher Nachdruck, auch der auszugsweise, wieder. DieGenehmigung Zeitschri#, alle in ihr entist nur mit gesta!et. haltenen Abbildungen und Beiträge sind Ausgabe Nr. 07/2017 (4. Jahrgang), Erscheinungstermin: 1.2.2017

34 SPRICHST DU FITNESS? NEUE TRENDSPORTARTEN VON A BIS Z

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36 SPORTFICKEN? KOLUMNE

w i e Freistil


40 089 MÜNCHNER SPORT-ORTE WO KANN ICH IN MÜNCHEN SCHACH SPIELEN, SKATEN ODER HULA HOOP TANZEN? DIE REDAKTION PACKT AUS … 44 FOTOSTRECKE – RECLAIM THE STREETS PARKOURER, LONGBOARDER, JOGGER UND CRITICAL MASS EROBERN DIE STRASSE ZURÜCK 50 GEFÄLLT MIR MÜNCHNER LIEBLINGSPRODUKTE AUS DER REDAKTION 52 FELDVERSUCH NEUES WAGEN? SHARON UND STEFFI HABEN SICH AN UNGEWÖHNLICHEN SPORTARTEN VERSUCHT 54 ADVERTORIAL MÜNCHNER FITNESSSTUDIOS STELLEN SICH VOR

56 „ERFÜLLST DU DEINE TRÄUME, ODER BLEIBST DU LIEGEN UND TRÄUMST WEITER?“ VIER AUSNAHMETALENTE ÜBER MÜNCHEN ALS SPORT-STADT – EIN GESPRÄCH

66 BIS ZUM UMFALLEN INTERVIEW MIT EINEM SÜCHTIGEN 68 DEIN PERSÖNLICHES SPORTMOTTO SAG MIR, WIE VIEL DU SCHWITZT, UND ICH SAG DIR, WER DU BIST! 70 24 STUNDEN FITNESS REDAKTEUR JAN HAT FÜR UNS TRAINIERT 72 URBAN WARRIORS EIN WETTLAUF 75 MONACO ME MATA HEINER HENDRIX IST IN DIE ZUKUNFT GEREIST 76 LADEN-LIEBE KLEINE, FEINE SPORTGESCHÄFTE 77 SPORT FÜR LAU WO TRAINIERT MAN IN MÜNCHEN QUASI UMSONST? 78 DAS MUCBOOK-TEAM 80 BARZEILER DAS VEREINSHEIM

62 SPORT IST – PARTNERSEITE: DAS SCHWABINGER TOR

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w i e Isarflimmern

w i e Trimmen

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Freistil

8 SPORTERLEBNISSE DER TRAUMATISCHEN ART UNSERE LIEBLINGS-MÜNCHNER BEICHTEN 10 KALORIEN GEGEN KOHLE?

FÜR SPORT ZAHLEN? DAS GEHT DOCH AUCH ANDERS! 16

FOTOSTRECKE – RETROSPORT-MODE

WIE COOL SIND DENN BITTE TISCHTENNIS, TURNEN

ODER HULA HOOP? WARUM EIGENTLICH, WAS BRAUCH ICH UND WO KANN ICH LOSLEGEN? 24 VOLKSZÄHLUNG

ZAHLEN ÜBER ZAHLEN 26 SPÄTE BERUFUNG

WARUM WERDEN PLÖTZLICH ALLE YOGA-LEHRER?

30 DER SCHWEINEHUND – WAS IST DAS FÜR 1 TIER? EINE KOLUMNE

32 COPY KITCHEN

SO LECKER: „SO HAM“-KÖCHIN MARTINA WASTL HAT FÜR UNS DEN KOCHLÖFFEL GESCHWUNGEN 33 SPRICHST DU FITNESS?

NEUE TRENDSPORTARTEN VON A BIS Z 36 SPORTFICKEN? EINE KOLUMNE

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7 FOTO: Denis Pernath

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Sporterlebnisse der traumatischen Art UNSERE LIEBLINGS-MÜNCHNER BEICHTEN

Die Sportis, Münchens Popstars der Nullerjahre FOTO: Nina Stiller

Zehra „Muddi“ Spindler, Münchens wohl leidenschaftlichste Kunst- und Kultur-(Raum-)Schaffende FOTO: Jens Moiré

„Der Sportfreunde peinlichstes Sporterlebnis liegt erst ein paar Monate zurück. Wir wurden für die ARD-Sendung „Klein gegen Groß“ eingeladen. Drei wunderbar freche Kinder forderten uns zu einem Duell, bei dem man durch eine bestimmte Abfolge von Seitwärts-Hechtrollen einen an die Füße gebundenen Seilzopf entwirren sollte. Klingt kompliziert, ist zumindest koordinativ eine ansprechende Leistung. Unser Begehr war aber lediglich, sich nicht wie in die Jahre gekommene, rostige Dultaffen zu verhalten, sondern immerhin eine Bewegung zu kreieren, an der man erkennt, wir wären einst wirklich sportlich gewesen. Die drei Kids legten ihre persönliche Bestleistung vor und wir, aufgefordert und angestachelt von Kai Pflaume, sollten nun folgen und uns „doch bi!e dabei nichts brechen“. Leider passierte genau das, was wir dringend vermeiden wollten. Ehrgeiz kam auf. Gleich nach Start des We!kampfs bemerkten wir, dass sich die Bewegung, im Vorfeld nie geübt, nur kurz nachgestellt, richtig ausbauen lässt. Eine gewisse Flow-Experience entstand – ein Aufgehen im Tun. So hechteten wir über uns drüber, rollten unter uns durch, und bissen uns rein wie AH-Fußballspieler, die noch einmal fünf Minuten in der Bundesliga mitspielen dur#en. Die Folge war ein vernichtender Sieg von uns über zehnjährige Herausforderer bei einer Kindersendung, der uns vor dem buhenden Publikum derart peinlich war, dass Rüde mit den besiegten Kindern mitheulte, Peter ununterbrochen „Sprungfehler! Wir müssten disqualifiziert werden!!!“ schrie und ich naseweis erklärte, dass wir wohl einfach unwissend die bessere Technik ha!en und wir den We!kampf mit gleicher Technik wiederholen könnten. Was bleibt, ist Scham. Sorry, Kids!“

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„Zwei Augustiner und ein Kampfschrei. Bis zum 14. Lebensjahr dachte ich – und wahrscheinlich alle, die mich jemals bei den Bundesjugendspielen erleben mussten –, dass ich eine Art Unsportskanone bin. Mein Weitsprung betrug trotz aller Anstrengungen ne!o gerade mal anderthalb Kinderarmlängen. Beim 100-Meter-Lauf hielt der gesamte Platz inne, um zuzusehen, wie ich mit leicht zurückgelehntem Oberkörper ins Ziel tänzelte und dabei alle Negativrekorde brach. Über die traumatisierenden Ereignisse beim Kugelwerfen zu sprechen, bin ich noch nicht bereit. Bruce Lee war es, der schni!ige Asiate mit dem Handkantenfeger eines Schweizer Sprungmessers, dem Peilblick, der Diamanten zu schneiden vermag, begleitet von dem arche"pischen Schreien eines unbändigen Affenrudels. Das rührte etwas in mir an. Auch ich wollte Bruce Lee sein. So nahm ich mir sämtliche Kung-Fu-Werke vor, die ich in der Stadtbücherei finden konnte, und fegte in meinen heimlichen Fantasien mit gesprungenem Sidekick und markerschü!erndem Kampfschrei das Böse vom Planeten. Höchst motiviert meldete ich mich in einer Taekwondo- und Kickboxschule an, die ich viermal die Woche aufsuchte, um meinem Ziel, der Erweckung meines inneren Bruce, näher zu kommen. Nur an einer Nebensächlichkeit haperte es: dem Kiai. Der Kampfschrei, mit dem ich in meinen Fantasien ganze Kontinente erschü!erte, verließ meine Kehle in einem schüchternen, unterfrequenten Hauch, sehr zum Amüsement meiner Mitkämpfer. Es war einfach nichts zu machen – war ein Kiai gefordert, erstarb der Ton schon beim Austri!. Nun rückte aber die Prü'ng, zu der ein koreanischer Großmeister sowie ein größeres Publikum geladen waren, immer näher. Meister Udo, mein Lehrer, prophezeite, dass ich trotz guter Technik


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FOTO: Chris Fay/ARD

die Prü'ng nicht bestehen würde, sollte mein Kiai weiterhin nach Miau klingen. Am Tag der Prü'ng ging es ganz schnell. Ein Blick in die Halle zeigte die Meute von mindestens 50 blutrünstigen Zuschauern. Mit einem Sprung war ich in der Umkleide – und in meinen Straßenklamo!en. In wenigen Sätzen erreichte ich die Boazn an der Ecke, bestellte mir ein Augustiner und danach noch eins. Wieder zurück, produzierte ich eine Serie an perfekten Kampfschreien – Minimum 15 Kiais pro Minute. Was soll ich sagen – der koreanische Großmeister ließ mich einen Gürtel überspringen. Ob es am Kampf lag, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen.“

Philipp Walulis, Moderator, Autor, Burgerfreund, sieht gern fern „Mein Spor!alent beschränkt sich auf Minigolf. In allem anderen bin ich eine Niete. Das hielt aber meinen Sportlehrer Herrn Schmidt nicht davon ab, sechs Schuljahre lang mit hartem Drill zu versuchen, aus mir einen Bundesjugendspielehrenurkundenempfänger zu machen. Ein hoffnungsloses Unterfangen, das mich damals unglaublich angekotzt hat. So sehr, dass ich ihm ob seines Eifers den Spitznamen Adolf Schmi!ler gab. Den er bei den Schülern bis heute hat. Sorry.“

Birte Hanusrichter von den YOUNG CHINESE DOGS, Folk-Pop-Band aus München FOTO: Verena Voetter

„Ich war mal beim Parkour-Training. Dort sollte ich auf einer Stange balancieren. Leider war sie ziemlich nass und rutschig. Ich hä!e also besser auf den Trainer hören sollen, der ha!e nämlich vorher erklärt: Wenn du abrutschst, denk daran, BEIDE Beine immer auf dieselbe Seite zu machen.“

Jordan Prince, Münchner Singer-Songwriter, kommt ursprünglich aus New Orleans FOTO: Verena Voetter

„In meiner Kindheit war es meinem Vater sehr wichtig, dass ich alle Sportarten kennenlerne. Er war ein echter Sportfanatiker und wollte mir und meinen Brüdern die Möglichkeit geben, einfach alles auszuprobieren. Also spielte ich Golf, Basketball, Baseball, Tennis und noch vieles mehr. Eine Situation werde ich aber nie vergessen. Es war das erste und einzige Mal, dass ich meinen Vater vor Stolz beinahe platzen sah. Es passierte während der letzten Minuten eines sehr turbulenten Basketballspieles, ich muss so 12 oder 13 Jahre alt gewesen sein. Es stand unentschieden und aus irgendeinem Grund hatte ich den Ball plötzlich in der Hand. Ich rannte also auf den gegnerischen Korb zu und Sekunden bevor der Schlussgong erklang, schleuderte ich den Ball so fest ich nur konnte Richtung Korb. Zur Überraschung aller, besonders zu meiner eigenen, traf ich tatsächlich! Ich werde mich immer an das Gesicht meines Vaters erinnern, als ich mich zu ihm umdrehte: Die Menge flippte aus und mein Vater konnte sich vor Lachen kaum noch auf dem Sitz halten. Er konnte einfach nicht glauben, was er da gesehen ha!e.“


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TEXT: Benjamin Brown

Kalorien

FOTOS: Verena Voetter

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Nach der Arbeit geben wir unser hart verdientes Geld für Sportstudios oder Yogakurse aus, um fit zu bleiben. Kohle gegen Kalorien. Aber geht das auch umgekehrt?

Kohle

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Ob ruhige Vorstadt oder pulsierendes Innenstadtviertel: Überall stoßen wir auf neue Fitness-Angebote. Kra#training oder Jo(en im Bootcamp, Einzelsport mit Personal Trainer oder Fußballspielen im Verein – die Möglichkeiten, in Form zu bleiben, könnten nicht vielseitiger sein. Doch eines haben sie gemeinsam: Sie kosten Geld. 9,5 Millionen Deutsche sind in Fitnessstudios angemeldet und bescheren der Branche einen Jahresumsatz von 4,8 Milliarden Euro. Hinzu kommen Sportvereine, Yogakurse und weitere Angebote. Kohle gegen Kalorien. Aber lässt sich das auch umkehren? Kalorien gegen Kohle? Wir haben sechs verschiedene Berufe unter die Lupe genommen: Ausgesta!et mit einem Tracking-Armband der neuesten Generation (Jawbone UP3, 179 Euro über Jawbone.com) haben unsere Testerinnen und Tester einen Tag lang den Kalorienverbrauch in ihrem Job aufgezeichnet. F


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Sebastian, 38 SCHREINER

Handwerker? In unserer Vorstellung sind das Menschen, die körperlich hart arbeiten. Aber wie sieht die Realität aus? Sebastian ist selbstständiger Schreiner, der in verschiedenen Werkstä!en in und um München tätig ist. Aufgrund seiner Selbstständigkeit muss Sebastian neben der handwerklichen Arbeit auch Projekte planen. „Das ist ein guter Ausgleich zur körperlichen Arbeit, aber alle Tätigkeiten sind auf ihre eigene Art anstrengend“, beurteilt Sebastian seine berufliche Situation. Der körperlich fordernde Teil kommt bei Sebastian aber definitiv nicht zu kurz: Mit 2111 verbrannten Kilokalorien am Tag hat er einen sehr hohen Energiebedarf. Da er ständig in Bewegung ist, werden eigentlich alle Muskelpartien gut trainiert. Sport macht er sonst keinen, aber da er beinahe alle innerstädtischen Wege mit dem Rad erledigt, kommt er auch auf etwa 210 bis 250 gefahrene Kilometer in der Woche. Macht durchschnittlich 300 Euro brutto für 2111 kcal am Tag


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Oliver, 38 MUSIKPRODUZENT (WWW.HENDRIKSSON.COM)

„Ich liebe Musik und ich produziere Musik. Das ist Passion!“ Bereits bei der kurzen Zusammenfassung von Olivers Job wird klar: Der Produzent ist mit vollem Einsatz bei der Arbeit. Sein Kalorienverbrauch ist dennoch gering, da Oliver viel sitzend am Rechner arbeitet – daheim und im Studio. Mit 1098 verbrannten Kilokalorien hat er den geringsten Wert in unserem Test. Überraschend kam das nicht, Oliver wusste bereits vor seinem Tag mit dem Tracker-Armband, dass er während der Arbeit nur wenig Energie verbrennt – deshalb achtet der Musikproduzent besonders darauf, sich in der Freizeit ausreichend zu bewegen. Bei der Arbeit bieten sich hierfür kaum Möglichkeiten, weswegen er im Alltag alle Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigt und zusätzlich zweimal wöchentlich Jo(en geht. Als größten Nachteil seiner Arbeit empfindet Oliver allerdings nicht die viele Zeit, die er im Sitzen verbringt: Vielmehr findet er es schade, abends keine Lust mehr auf Musik und Konzerte zu haben. „Nach acht Stunden Musikhören am Tag will ich irgendwann meine Ruhe“, bringt es der Produzent auf den Punkt. Macht durchschnittlich 265 Euro brutto für 1098 kcal am Tag

Diana, 34 WIESNBEDIENUNG Die Wiesn. Das Oktoberfest steht für 5,6 Millionen Gäste aus aller Welt. Für Feiern, Spaß und viel, viel Bier. Für Diana, die seit vier Jahren als Bedienung auf dem Oktoberfest arbeitet, lässt sich die Wiesn so zusammenfassen: Bierchefin, Trinkgeldfreude und Gefühlschaos – „ein 16-Tage-Leben zwischen Himmel und Hölle“. Es ist ein Job, den viele mit Blick auf den Lohn gerne machen würden, spätestens beim Gedanken an 16 Tage Knochenarbeit aber schnell wieder verwerfen. Als Bedienung auf dem größten Volksfest der Welt läu# Diana mit bis zu zehn Maßkrügen in den Händen durch den Biergarten des Schützenfestzelts. Was sehr anstrengend klingt, ist es auch: Dianas Kalorienverbrauch lag bei unserem Test beinahe ganz oben an der Spitze. Als Wiesnbedienung schaffte Diana es, 2554 Kilokalorien während einer Schicht zu verbrennen. „Kalorien gegen Kohle“ - hier geht die Rechnung tatsächlich auf. Macht durchschnittlich 350 Euro brutto für 2554 kcal am Tag

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