npoR Heft 4/2013

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Heft 4/2013

Seiten 209–296

Zeitschrift für Das Recht der Non ProfiT Organisationen

Herausgeber Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend), Dr. Wilhelm-Albrecht Achilles, Prof. Dr. Arnd Arnold, Prof. Dr. Michael Droege, Prof. Dr. Hans Fleisch, Prof. Dr. Stefan Geibel, Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Prof. Dr. Monika Jachmann, Prof. Dr. Dominique Jakob, Prof. Dr. Peter Rawert, Prof. em. Dr. Dieter Reuter, Dr. Andreas Richter, Dr. Stephan Schauhoff, Dr. Ulrich Segna, Dr. Thomas Wachter, Dr. Reinmar Wolff

Aufsätze

Aktuelle europarechtliche Aspekte des grenzüberschreitenden Spendenabzugs – Unter besonderer Berücksichtigung von FG Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2013 (Dr. Marcus Helios/Charlotte Strehlke, LL.M) Religionsgemeinschaftliche Organisationsautonomie und der Schutz des Zivilrechtsverkehrs – Anmerkungen zu BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12 (Prof. Dr. Michael Droege)

Praxisforum

Lockerung des Endowment-Verbots durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ursula Augsten) Rechnungslegung und Prüfung von Vereinen in Österreich (Dr. Herbert Grünberger, CPA)

Vereinsrecht kompakt

Aktuelle vereinsrechtliche Rechtsprechung (Michael Röcken)

S. 209 S. 216 S. 220 S. 221 S. 224

npoR-Report

npoR-Report Vereinsrecht, Stiftungsrecht, Steuerrecht (Sebastian Fornefeld/Moritz Geißler/Christian Kahf/ Florian Kamp/Clara Lienicke/Dr. Emily Plate-Godeffroy/Niclas Stemplewski/Kathrin Wrede)

Rechtsprechung

BGH: Ermäßigung der Notargebühren für mildtätige oder kirchliche Organisationen BFH: Steuerfreiheit für Berufsbetreuer – Unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht EuGH: Die Übertragung von Flächen des Nationalen Naturerbes an Naturschutzorganisationen stellt eine staatliche Beihilfe dar

S. 227 S. 238 S. 240 S. 248

Verwaltungsanweisungen

BMF: Umsatzsteuerrechtliche und einkommensteuerrechtliche Behandlung der im Rahmen der Initiative „Deutschland rundet auf” gespendeten Beträge

S. 266


Das Institut wird gefördert durch die

npoR Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen

Titelbild: Das Titelbild zeigt einen Kirschbaum vor dem Auditorium der Bucerius Law School. Das Bäumchen wurde 2006 in Gedenken an Prof. Dr. W. Rainer Walz, Direktor des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der NonProfit-Organisationen von 2002–2006, auf Initiative von Dr. Hansgeorg Jehner gepflanzt. Prof. Dr. Walz hatte zu Studentenzeiten in Tübingen hin und wieder Kirschen von fremden Bäumen genossen. Dies nahm sein Studienfreund Dr. Jehner, Gründer der Humanistischen Stiftung Frankfurt a.M., zum Anlass, ihm jährlich zum Geburtstag einen großen Korb Kirschen zu schenken. Diese Tradition lebt in dem Kirschbaum fort.

Heft 4/2013

Herausgeber:

Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend) Dr. Wilhelm Albrecht Achilles Prof. Dr. Arnd Arnold Prof. Dr. Michael Droege Prof. Dr. Hans Fleisch Prof. Dr. Stefan Geibel Prof. Dr. Rainer Hüttemann Prof. Dr. Monika Jachmann Prof. Dr. Dominique Jakob Prof. Dr. Peter Rawert, LL.M. Prof. em. Dr. Dieter Reuter Dr Andreas Richter, LL.M. Dr. Stephan Schauhoff Dr. Ulrich Segna Dr. Thomas Wachter Dr. Reinmar Wolff Redaktionsleitung: Florian Kamp Kathrin Wrede Redaktion: Sebastian Fornefeld Moritz Geißler Magdalena Göbel Christian Kahf Clara Lienicke Dr. Emily Plate-Godeffroy Niclas Stemplewski Julia Theele

Beirat des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen: Ulf Grensemann Prof. Dr. Rainer Hüttemann Prof. Dr. Thomas Koller Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué Prof. Dr. Peter Rawert, LL.M. Prof. em. Dr. Dieter Reuter Dr. Andreas Richter, LL.M. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt Prof. Dr. Verica Trstenjak Rolf Hunck (Ehrenmitglied)

Bibliographische Hinweise: Die Zeitschrift wurde als BLS NON PROFIT LAW NEWS eingeführt (Ausgaben 0/2003 bis 4/2008). Seit 2009 trägt sie den Namen „Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen“. Zitierweise: npoR ISSN 1868-3762 (Online-Ausgabe, Print-Ausgabe: 1868-3770) Herausgeber: Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School Hochschule für Rechtswissenschaft gemeinnützige GmbH Jungiusstraße 6 20355 Hamburg Geschäftsführer: Dr. Hariolf Wenzler, Benedikt Landgrebe (Stellvertreter) Vorsitzender des Aufsichtsrats: Prof. Dr. Michael Göring Amtsgericht Hamburg, HRB 75325 Redaktionelle Gesamtverantwortung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Redaktionsleitung: Florian Kamp, Kathrin Wrede. Redaktion: Sebastian Fornefeld, Moritz Geißler, Magdalena Göbel, Christian Kahf, Clara Lienicke, Dr. Emily Plate-Godeffroy, Niclas Stemplewski, Julia Theele. Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg. Telefon: (040) 30706 -270. www.npoR.de. Telefax: (040) 30706 -275. E-Mail: Redaktion@npoR.de. npoR im Internet:


Vorwort

npoR Heft 4/2013

I

Liebe Leserinnen und Leser, am 8. und 9. November fanden zum 13. Mal die Hamburger Tage des Stiftungsund Non-Profit-Rechts an der Bucerius Law School statt. Wie in jedem Jahr trafen sich Vertreter von Stiftungen und Vereinen und deren Berater, die Referenten der Stiftungsbehörden, Vertreter der Finanzgerichtsbarkeit und der Finanzverwaltung sowie renommierte Wissenschaftler und der wissenschaftliche Nachwuchs, um sich über aktuelle und drängende Fragen des Dritten Sektors intensiv auszutauschen.1 Einen ersten Schwerpunkt bildete die „Gezeitenwende in der Anlagepolitik“ – so der Titel der diesjährigen Hamburger Rede von Rolf Hunck, Vorstand der Harold A. und Ingeborg L. Hartog-Stiftung in Hamburg. Hunck thematisierte hierin die Veränderung der gesamten Stiftungslandschaft aufgrund der Einnahmenrückgänge durch dauerhaft niedrige Zinsen und lenkte den Blick der Zuhörer auf eine stärkere Vermögensanlage in Aktien oder anderen Finanzinstrumenten, deren gemeinnützigkeitsrechtliche Einordnung aber im Kern noch nicht geklärt ist – eine Aufforderung an die Fachleute in der Finanzverwaltung für Finanzinnovationen und diejenigen für das Gemeinnützigkeitsrecht, sich auszutauschen und gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Derartige gemeinsame Lösungsansätze wurden sodann im Zusammenhang mit der vom Gesetzgeber kürzlich ausdrücklich klarstellend zugelassenen Alternative der Verbrauchsstiftung diskutiert, bei der das Stiftungsvermögen durch Verbrauch statt durch Ertrag eingesetzt wird. So wird gefordert, die Möglichkeiten der Zuund Zusammenlegung in § 87 BGB zu vereinfachen und damit einem kürzlich von Rainer Hüttemann und Peter Rawert gemachten Vorschlag (ZIP 2013, S. 21362147) zu entsprechen, der die Unmöglichkeit der Zweckverfolgung durch die Stiftung ebenso unter dem Aspekt der dauerhaften Lebensfähigkeit prüft wie bei ihrer Errichtung. Non-Profit-Organisationen, die sich vornehmlich der Wohlfahrtspflege widmen, sehen sich anderen Problemen gegenüber: Sie stehen zwischen dem durchaus auch heilsamen – wie Georg Cremer vom Deutschen Caritasverband in der Diskussion zu Recht bemerkte – Zwang zu einer immer stärkeren Ökonomisierung barmherziger Tätigkeiten und ihrem gemeinnützigen und kirchlichen Anspruch. Kirchliches Arbeitsrecht, Wirkungsmessung und die Untiefen des deutschen und europäischen Umsatzsteuerrechts sind einige der Gebiete, auf denen sich diese Dichotomie deutlich zeigt. Das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen versteht es als seine Aufgabe, diese tiefgreifenden Wandlungen wissenschaftlich zu begleiten und mit allen Akteuren des Dritten Sektors zu diskutieren. Die diesjährigen Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-Profit-Rechts haben wieder gezeigt, wie wichtig dieser unmittelbare persönliche Austausch ist. Für die besonders drängenden Fragen der Umsatzbesteuerung der Non-Profit-Organisationen hat das Institut ein Forschungsprojekt initiiert, das sich mit freundlicher Unterstützung der Robert Bosch Stiftung in den nächsten zwei Jahren der Thematik widmen wird und auf Ihre Anregungen angewiesen ist. Hierauf freut sich Ihre Birgit Weitemeyer

1 Einen ausführlichen Veranstaltungsbericht finden Sie ab S. 287.


II

npoR Heft 4/2013

Inhaltsverzeichnis

Aufsätze Dr. Marcus Helios/Charlotte Strehlke, LL.M Aktuelle europarechtliche Aspekte des grenzüberschreitenden Spendenabzugs – Unter besonderer Berücksichtigung von FG Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2013 Prof. Dr. Michael Droege Religionsgemeinschaftliche Organisationsautonomie und der Schutz des Zivilrechtsverkehrs – Anmerkungen zu BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12

S. 209

S. 216

Praxisforum

S. 265

Einzelfragen zur Abgeltungsteuer – Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abgabenordnung (BMF, Schr. v. 5.7.2013 – IV C 4 - S 0179-a/13/10001)

S. 266

Umsatzsteuerrechtliche und einkommensteuerrechtliche Behandlung der im Rahmen der Initiative „Deutschland rundet auf” gespendeten Beträge (BMF, Schr. v. 3.5.2013 – IV D 2 - S 7200/07/10017: 003 IV C 6 S 2130/13/10001) S. 266 Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung von Hochwasserschäden (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Erl. v. 3. 6. 2013 – 37 - S 1915 - 009 - 19850/13) S. 266

Ursula Augsten Lockerung des Endowment-Verbots durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes

S. 220

Dr. Herbert Grünberger, CPA Rechnungslegung und Prüfung von Vereinen in Österreich

S. 221

Vereinsrecht kompakt Michael Röcken Aktuelle vereinsrechtliche Rechtsprechung

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 UStG; Leistungen eines selbständigen pädagogischen Leiters - Wirkung der Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII (BMF, Schr. v. 8.7.2013 – IV D 3 - S 7183/11/10001)

S. 224

npoR-Report Sebastian Fornefeld/Moritz Geißler/Christian Kahf/Florian Kamp/ Clara Lienicke/Dr. Emily Plate-Godeffroy/Niclas Stemplewski/ Kathrin Wrede npoR-Report Vereinsrecht, Stiftungsrecht, Steuerrecht, Andere Rechtsgebiete S. 227

Verfügung betr. Umsatzsteuer; Änderungen des Umsatzsteuergesetzes durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (LFD Thüringen, Verf. v. 17.7.2013 – S 7030 A-12-A 4.14)

S. 269

Verfügung betr. vereinfachter Zuwendungsnachweis nach § 50 Abs. 2 EStDV; Abwicklung von Spenden über PayPal (LFD Thüringen, Verf. v. 30.5.2013 – S 2223 A-111-A 3.15)

S. 270

Verfügung betr. Zahlungen Pflegebedürftiger an selbst gewählte Pflegepersonen bei Erstattung durch Krankenkasse/Pflegekasse bzw. Sozialleistungsträger; Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 36 EStG (OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 12.7.2013 – S 2342 A-75-St 213) S. 270 Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ärztliche Leistungen bei Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen (OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 7.2.2013 – S 7170 A - 69 - St 112) S. 271 Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen bei steuerbegünstigten Körperschaften (OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 13.12.2012 – S 0177 A - 1 - St 53)

S. 272

Mit dem Betrieb von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen eng verbundene Umsätze (OFD Karlsruhe, Verf. v. 15.1.2013 – S 7172 Karte 2)

S. 274

S. 238

Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche Leistungen (LFD Thüringen, Verf. v. 30.5.2013 – S 2223 A-111-A 3.15)

S. 277

Steuerfreiheit für Berufsbetreuer – Unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht (BFH, Urt. v. 25.4.2013 – V R 7/11)

S. 240

Verfügung betr. grundsteuerliche Behandlung von kommunalen Kindertageseinrichtungen (OFD Magdeburg, Verf. v. 27.9.2012 – G 1102-10-St 272)

S. 279

Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigung und Sitzungsgelder des ehrenamtlichen Vorsitzenden der Gemeindevertretung (FG Hessen, Urt. v. 24.6.2013 – 3 K 2837/11)

S. 243

Rezension

Zur Frage der Umsatzsteuerpflichtigkeit eines durch eine städtische Behörde an einen Fremdenverkehrsverein gezahlten Betriebskostenzuschusses (FG Köln, Urt. v. 21.11.2012 – 4 K 526/11)

S. 245

Dr. Emily Plate-Godeffroy Stiftungsrecht, Kommentar zum BGB-Stiftungsrecht, zu den Landesstiftungsgesetzen und zum Stiftungssteuerrecht, von Christoph Stumpf, Joachim Suerbaum, Martin Schulte und Rudolf Pauli S. 285

Die Übertragung von Flächen des Nationalen Naturerbes an Naturschutzorganisationen stellt eine staatliche Beihilfe dar (EuGH, Urt. v. 12.9.2013 – T-347/09)

S. 248

Rubriken

Rechtsprechung Ermäßigung der Notargebühren für mildtätige oder kirchliche Organisationen (BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – V ZB 130/12)

Zur Genehmigungsfähigkeit einer Nebentätigkeit eines Notars als Mitglied im Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung, die Anteilseignerin von auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Gesellschaften ist (BGH, Beschl. v. 22.7.2013 – NotZ(Brfg) 15/12) Bildung eines Aufsichtsrats bei einer gGmbH nach den Vorschriften des Drittelbeteiligungsgesetzes (LG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2013 – 33 O 126/12) Anmerkung Flavia Lang

npoR-Aktuell

S. 259

S. III

Veranstaltungshinweise

S. V

npoR-Dokumentation

S. 280

Fachliteratur

S. 286

Veranstaltungsberichte S. 260 S. 262

Verwaltungsanweisungen Steuerrechtliches Anpassungsgesetz zum AIFM-Umsetzungsgesetz, Fortgeltung des bisherigen Rechts (BMF, Schr. v. 18.7.2013 – IV C 1 - S 1980-1/12/10011; IV D 3 S 7160-h/12/10001) S. 265

Der Dritte Sektor zwischen Gemeinwohl und Ökonomisierung – Bericht über die 13. Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-Profit-Rechts S. 287 Bericht über den Schweizerischen Juristentag 2013 – Demokratie und Stiftungsrecht, Appenzell, 13. und 14. September 2013 S. 290 PtP – eine wissenschaftliche Tagung für ein globales Projekt, 12.-14. September 2013, Hannover

S. 294


npoR-Aktuell

npoR Heft 4/2013

III

npoR-Aktuell Dr. Emily Plate-Godeffroy/Kathrin Wrede*

Rechtsprechung Vorsteuerabzug eines Profifußballvereins Der BFH hat mit Urteil vom 28.8.2013 – XI R 4/11 entschieden, dass ein Profifußballverein die Vorsteuer aus Rechnungen von Spielervermittlern nur dann abziehen kann, wenn der Verein und nicht ausschließlich der betreffende Spieler Empfänger der Leistungen ist. Dieser Entscheidung liegt die Klage eines Vereins der Fußballbundesliga zugrunde, in dessen Profimannschaft in den Streitjahren 2000 und 2001 mehrere Berufsfußballspieler wechselten bzw. ihre Arbeitsverträge verlängerten. Bei den Vertragsverhandlungen wurden die Berufsfußballspieler von Spielervermittlern beraten, mit denen der klagende Verein jeweils eine schriftliche „Zahlungsvereinbarung“ schloss, wonach „für die Beratung und die Unterstützung des Transfers“ bzw. bei „Vertragsverlängerung“ ein bestimmtes Vermittlungshonorar zu zahlen war. Nachdem die Spielervermittler dem Kläger entsprechende Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt hatten und der Kläger diese in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht hatte, versagte das Finanzamt diesen Vorsteuerabzug mit dem Argument des fehlenden Leistungsaustauschs zwischen dem Kläger und den Spielervermittlern. Die Spielervermittler hätten ihre Leistungen vielmehr an den jeweiligen Spieler erbracht. Das Finanzgericht war hingegen der Ansicht, die Spielervermittler hätten Vermittlungsleistungen gegen Entgelt an den Kläger erbracht, und gab der Klage statt. Da der BFH gewichtige Anhaltspunkte dafür sah, dass die Spielervermittler – zumindest auch – Leistungen an die jeweiligen Spieler erbracht hätten, hat er das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Umsatzsteuerfreiheit eines ärztlichen Notfalldienstes Der BFH hat mit Urteil vom 8.8.2013 – V R 13/12 entschieden, dass die Leistungen eines ärztlichen Notfalldienstes als Einheit zu behandeln und damit unter Umständen umsatzsteuerfrei sind. Dieser Entscheidung liegt die Klage eines eingetragenen Vereins zugrunde, der Mitglied eines amtlich anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege ist und der für eine kassenärztliche Vereinigung nachts sowie an den Wochenenden und Feiertagen einen ärztlichen Notfalldienst betrieb. Hierzu stellte der Kläger zwei mit Funk ausgerüstete Kraftwagen mit je einem Fahrer zur Beförderung von Notfallärzten sowie eine Leitzentrale bereit, die Notfallrufe entgegennahm und diese an die Ärzte weiterleitete. Im Bedarfsfall wurde der diensthabende Arzt mit vom Kläger eingesetzten Fahrern, bei denen es sich um ausgebildete Rettungshelfer handelte, abgeholt und zu den Notfallpatienten gebracht. Auf Wunsch des Arztes begleiteten die Fahrer diesen in die Patientenwohnung und assistierten ihm. Der BFH hat das vorinstanzliche Urteil des Finanzgerichts, welches die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze des Klägers aus dem ärztlichen Notfalldienst festgestellt hat, bestätigt und führt hierzu aus, dass die beim Betrieb des Notfalldienstes ausgeführten Leistungen umsatzsteuerrechtlich als Einheit zu betrachten seien. Die Umsatzsteuerfreiheit sei zu bejahen, da der Ver-

ein Mitglied eines amtlich anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege ist und auch die übrigen Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG erfülle, insbesondere auch Leistungen erbringe, die unmittelbar dem begünstigten Personenkreis zugutekämen.

Eintragung einer Sitzverlegung im Vereinsregister auch ohne ausdrückliche Nennung des neu zuständigen Registergerichts durch den satzungsändernden Beschluss möglich Nach dem Beschluss des OLG Karlsruhe vom 16.10.2013 – 11 Wx 39/13 stellt es bei der Eintragung einer Sitzverlegung im Vereinsregister kein Eintragungshindernis dar, dass der satzungsändernde Beschluss zur Sitzverlegung nicht auch zugleich das neu zuständige Registergericht nennt. Es genügt, wenn aus der Satzung gem. § 57 Abs. 1 BGB deutlich wird, dass der Verein eingetragen werden soll oder eingetragen ist. Der beschwerdeführende Verein hatte seinen Sitz verlegt, wodurch sich das zuständige Registergericht geändert hatte. Der zugrunde liegende Beschluss der Mitgliederversammlung sah jedoch nur eine Änderung der Satzung betreffend den Sitz vor, ohne die Angaben zum Vereinsregister in der Satzung entsprechend zu ändern. Das nach der Sitzverlegung zuständige Registergericht sah hierin ein Eintragungshindernis. Das OLG Karlsruhe hat der hiergegen eingereichten Beschwerde stattgegeben. Nach § 57 Abs. 1 BGB sei nicht erforderlich, dass der Sitz des Registergerichts und die Nummer des Registerblattes in der Satzung überhaupt angegeben werden. Da es sich um keine „Pflichtangaben“ handele, könne ihre Berichtigung auch nicht über die Annahme eines Eintragungshindernisses erzwungen werden.

Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG Mit seinem Urteil vom 10.10.2013 – 10 K 158/13 hat der 10. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts entscheiden, dass die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet. Hintergrund dieser Entscheidung ist die Klage einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts, deren Stiftungszweck die Förderung des Tierschutzes, des Sports und des Umweltschutzes ist. Nach dem Tod der Stifterin am 3.7.2006 erbte die Klägerin deren 100-prozentigen Kommanditanteil an der Y GmbH & Co. KG, die ursprünglich einen Schuhwareneinzelhandel betrieb, diese Tätigkeit jedoch zum 30.6.2006 beendete und fortan nur noch das auf dem ehemaligen Betriebsgrundstück gelegene Wohn- und Geschäftshaus vermietete. Das Niedersächsische Finanzgericht hat die Körperschaftsteuerbefreiung der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG mit der Berufung auf die Entscheidung des BFH vom 25.5.2011 – I R 60/10 bejaht, wonach

* Dr. Emily Plate-Godeffroy und Kathrin Wrede sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Hamburg.


IV

npoR Heft 4/2013

npoR-Aktuell

bei einer Kommanditbeteiligung an einer vermögensverwaltenden, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft eine gewerbliche Tätigkeit und damit das Bestehen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der gemäß des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG i.V.m. § 14 AO zur Körperschaftsteuerpflichtigkeit führen würde, ausscheidet.

Finanzverwaltung Umsatzsteuerbefreiung für die der Reimplantation körpereigener Knorpelzellen dienenden Dienstleistungen In seinem Schreiben vom 20.11.2013 – IV D 3 – S 7170/11/10005 erläutert das BMF die im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der Reimplantation körpereigener Knorpelzellen geltenden umsatzsteuerrechtlichen Grundsätze. Hierzu verweist das BMF auf das diese Fragestellung betreffende Urteil des BFH vom 29.6.2011 – XI R 52/07, welches eine entsprechende Umsatzsteuerbefreiung gem. § 4 Nr. 14 UStG bejaht, und erklärt die Grundsätze dieses Urteils nur für Umsätze, die bis zum 31.12.2008 erbracht wurden, für anwendbar. Zudem erläutert das BMF die Neufassung des § 4 Nr. 14 UStG für ab dem 1.1.2009 getätigte Umsätze, bei denen es entsprechend der Rechtsprechung des EuGH nun auch im nationalen Recht für die Frage der Umsatzsteuerbefreiung auf den Leistungsort (vgl. die weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 b UStG) ankommt.

Muster für Zuwendungsbestätigungen Als Anlage zum BMF-Schreiben vom 7.11.2013 – IV C 4 – S 2223/07/0018 :005 sind die neuen Muster für Zuwendungsbestätigungen an inländische Zuwendungsempfänger (§ 10b EStG) veröffentlicht worden. Es handelt sich dabei um verbindliche Muster, auf deren Grundlage die Zuwendungsbestätigungen weiterhin vom jeweiligen Zuwendungsempfänger selbst hergestellt werden können. Die bisherigen Muster für Zuwendungsbestätigungen dürfen noch bis zum 31.12.2013 verwendet werden. Das BMF erläutert in seinem Schreiben zudem die für die neuen Zuwendungsbestätigungen geltenden Formalien wie beispielsweise die Vorgehensweise im Zusammenhang mit dem durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz neu eingeführten § 60a AO betreffend die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen.

Umsatzsteuer: Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken Das BMF hat mit Schreiben vom 4.11.2013 – IV D 2 - S 7100/07/10050-06 die Übergangsregelung zur Anwendung des BMF-Schreibens vom 20.3.2013 zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken neu gefasst. Danach sind die Grundsätze des Schreibens vom 20.3.2013 grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden. Für die vor dem 1.10.2013 ausgeführten Umsätze kann sich der Unternehmer auf eine nach den Schreiben vom 16.10.2008 (BStBl I S. 949) und vom 29.3.2010 (BStBl I S. 330) günstigere Besteuerung berufen, ohne dass dies beanstandet wird. Gleiches gilt – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers –, wenn sich der Unternehmer für vor dem 1.10.2013 ausgeführte Umsätze auf eine nach diesen Schreiben ungünstigere Besteuerung beruft. Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht werden.

Umsatzsteuerliche Behandlung von labordiagnostischen Typisierungsleistungen Das BMF hat mit Schreiben vom 31.10.2013 – IV D 3 – S 7170/13/10002 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von labordiagnostischen Typisierungsleistungen den Abschnitt 4.14.5 Absatz 7 UStAE um folgenden Satz 6 ergänzt: „Die vertragliche Regelung zwischen dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland schließt auch labordiagnostische Typisierungsleistungen von durch zugelassene Spenderdateien beauftragte Labore mit ein“.

Mitteilungen Koalitionsvertrag Am 27.11.2013 haben sich die Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD über den Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode geeinigt. Der Koalitionsvertrag hebt ab S. 111 die Bedeutung der Zivilgesellschaft und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für unser Gemeinwesen ausdrücklich hervor und will Möglichkeiten zum Engagement der Bürgerinnen und Bürger weiter fördern und die Voraussetzungen für ehrenamtliches Engagement verbessern. Insbesondere will die Koalition für mehr Anerkennung für das Engagement aller Generationen und die Arbeit im Ehrenamt sorgen. Ein Signal der Anerkennung sei der Deutsche Engagementpreis. Ergänzend soll die Gründung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement (z.B. Dorfläden, Kitas, altersgerechtes Wohnen, Energievorhaben) erleichtert werden. Für solche Initiativen soll eine geeignete Unternehmensform im Genossenschafts- oder Vereinsrecht zur Verfügung stehen, die unangemessenen Aufwand und Bürokratie vermeidet.

Österreichischer NPO-Governance Kodex Im Oktober 2013 hat die Wirtschaftsuniversität Wien den Österreichischen NPO-Governance Kodex vorgelegt, der Regeln und Leitlinien für die Aufsicht und Leitung einer Nonprofit Organisation aufstellt. Der Österreichische NPO-Governance Kodex wurde im Zeitraum von Mai 2012 bis September 2013 von Juristen und Betriebswirten der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Beratern der Contrast Management Consulting erstellt und in einer Rohfassung mit Führungskräften aus unterschiedlichsten NPOs diskutiert. Er versteht sich als Empfehlung zur Gestaltung der Leitung und Aufsicht einer Nonprofit Organisation und vereint jene Regelungen und Praktiken, die aktuell aus rechtlicher Sicht und aus der Perspektive eines verantwortungsvollen Managements als Good Practice bezeichnet werden können. Der Österreichische NPO-Governance Kodex steht allen Österreichischen Nonprofit Organisationen sowie Vereinigungen bzw. Gruppierungen von NPOs zur Verfügung. Auf der Homepage des Kompetenzzentrums für Nonprofit Organisationen und Social Entrepreneurship der Wirtschaftsuniversität Wien sind neben Kriterien für die Definition von Nonprofit Organisationen weitere Materialien sowie der Kodex selbst zum Download abrufbar. (Fortsetzung auf Seite V)


npoR

Heft 4/2013 Seiten 209-296 5. Jahrgang 20.12.2013

Zeitschrift für Das Recht der Non ProfiT Organisationen

Herausgeber: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend), Dr. Wilhelm-Albrecht Achilles, Prof. Dr. Arnd Arnold, Prof. Dr. Michael Droege, Prof. Dr. Hans Fleisch, Prof. Dr. Stefan Geibel, Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Prof. Dr. Monika Jachmann, Prof. Dr. Dominique Jakob, Prof. Dr. Peter Rawert, Prof. em. Dr. Dieter Reuter, Dr. Andreas Richter, Dr. Stephan Schauhoff, Dr. Ulrich Segna, Dr. Thomas Wachter, Dr. Reinmar Wolff

Aufsätze

Dr. Marcus Helios/Charlotte Strehlke, LL.M. (Münster)*

Aktuelle europarechtliche Aspekte des grenzüberschreitenden Spendenabzugs – Unter besonderer Berücksichtigung von FG Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2013 –

Der Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung des grenzüberschreitenden Spendenabzugs und beleuchtet die Entscheidung des FG Düsseldorf1 vom 14.1.2013, insbesondere vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung in den Rechtssachen „Stauffer“, „Jundt“ und „Persche“. I. Einleitung Europarechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem deutschen Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht werden seit einigen Jahren aus zwei Richtungen diskutiert: - Zum einen ist fraglich, ob die umfangreichen gemeinnützigkeitsabhängigen Steuervergünstigungen mit dem europäischen Beihilfenverbot (Art. 107 f. AEUV) vereinbar sind. Zu dieser Fragestellung hat sich der EuGH2 in 2006 erstmals geäußert und den grundsätzlichen Beihilfencharakter von Steuervergünstigungen an gemeinnützige Einrichtungen bejaht.3 Zumindest die klassischen Kernbereiche der Gemeinnützigkeit (Wohlfahrtspflege, Bildung und Erziehung, Wissenschaft) lassen sich jedoch als „wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse“ im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. b AEUV verstehen. Ferner können die weiteren Ausnahmen in Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV (Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige und Wirtschaftsgebiete) und Art. 107 Abs. 3 Buchst. d AEUV (Förderung der Kultur) anwendbar sein. Eine Vorteilsgewährung geht auch nicht über einen Ausgleich der Mehrkosten hinaus, da gemeinnützige Einrichtungen alle Mittel für steuerbegünstigte satzungs-

mäßige Zwecke verwenden müssen. Der Beschluss der EU-Kommission vom 5.12.20124 zu staatlichen Beihilfen für Kletteranlagen des Deutschen Alpenvereins bestätigt insoweit, dass auch der kritische Bereich eines steuerbefreiten Zweckbetriebs als wichtiges Vorhaben durch gemeinsame europäische Interessen gerechtfertigt werden kann. - Zum anderen wird mit Hinweis auf die Grundfreiheiten die Erweiterung der gemeinnützigkeitsabhängigen Steuervergünstigungen (namentlich der Spendenbegünstigung) auf im Ausland als gemeinnützig anerkannte Einrichtungen gefordert. Die im Schrifttum5 geführ* Dr. Marcus Helios ist Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Partner bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Büro Düsseldorf. Charlotte Strehlke (LL.M.) ist als Rechtsanwältin bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Büro Düsseldorf, tätig. 1 FG Düsseldorf, Urt. v. 14.1.2013 – 11 K 2439/10 E, npoR 2013, 94 ff. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage war die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO durch das FG Düsseldorf zuzulassen. Die Revision ist nunmehr beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 7/13 anhängig. 2 EuGH, Urt. v. 10.1.2006 – Rs. C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I 325 (= EuZW 2006, 306). 3 Umfassend zu diesem Urteil Hüttemann, DB 2006, 914 ff. m.w.N.; vgl. ferner Helios, Steuerliche Gemeinnützigkeit und EG-Beihilfenrecht, 2005. 4 EU-Kommission, Entscheidung v. 5.12.2012, C (2012) 8761 final – SA.33952 (2012/NN) – Deutschland „Kletteranlagen des DAV“. 5 Zusammenfassend Hüttemann/Helios, DB 2006, 2481 ff. m.w.N.


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te Diskussion zur europarechtlichen Vereinbarkeit von § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG a.F. gipfelte schließlich in den Vorlagebeschluss des BFH in der Rechtssache „Stauffer“. Der EuGH hat mit Urteil vom 14.9.20066 entschieden, dass der durch § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG a.F. bewirkte Ausschluss ausländischer Körperschaften von den gemeinnützigen Steuervergünstigungen gegen die Kapitalverkehrsfreiheit in Art. 63 AEUV verstößt, wenn die ausländische Einrichtung die §§ 51 ff. AO erfüllt (Gleichwertigkeitsprüfung). In der Rechtssache „Jundt“7 hat der EuGH entschieden, dass die Beschränkung der steuerfreien Aufwandsentschädigung des § 3 Nr. 26 EStG a.F. auf nebenberufliche Tätigkeiten „im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts“ gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) verstößt und nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann.8 Nach Beschluss zur Vorabentscheidung des BFH vom 9.5.20079 führte schließlich die Rechtssache „Persche“10 zu einer europarechtlichen Überprüfung der im deutschen Steuerrecht geregelten Beschränkung des Spendenabzugs auf inländische gemeinnützige Körperschaften durch den EuGH. Mit Urteil vom 27.1.200911 hat der EuGH die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 14.10.200812 im Wesentlichen bestätigt und in der Beschränkung des Spendenabzugs auf inländische gemeinnützige Körperschaften (§ 49 EStDV a.F.) einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gesehen.13 Damit hat der EuGH der Ansicht des BFH widersprochen, dass die Beschränkung der steuerlichen Begünstigung auf Inlandsspenden nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Nach Aufhebung des Urteils des FG Münster vom 28.10.2005 und Zurückverweisung durch den BFH,14 wies das FG Münster in seiner Entscheidung vom 8.3.2012 die Klage letztlich ab, da eine Spende nach Auffassung des Gerichts nur dann von der Steuer absetzbar sei, wenn der ausländische Spendenempfänger dem nach deutschem Recht erforderlichen Kriterium der Gemeinnützigkeit entspricht und ein Nachweis erbracht ist, dass der Empfänger die Gegenstände zur Förderung der gemeinnützigen Zwecke verwendet hat; an einem solchen Nachweis fehlte es jedoch nach Auffassung des FG Münster im Entscheidungsfall. Schließlich hat der BFH im Zuge der EuGH-Urteile in den Rechtssachen „Stauffer“, „Jundt“ und „Persche“ mit Urteil vom 15.9.201015 – ohne Vorlage an den EuGH – entschieden, dass eine in einem EU- oder EWR-Staat ansässige gemeinnützige Einrichtung unabhängig von einer inländischen Steuerpflicht Stipendien vergeben kann, die nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sind, vorausgesetzt, dass diese – wie im Entscheidungsfall unstreitig der Fall – die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nach §§ 51 ff. AO erfüllt. Die Entscheidungen „Stauffer“, „Jundt“ und nun auch „Persche“ bestätigen, dass die Binnenmarktregelungen des EG-Vertrages grundsätzlich auch auf Non-ProfitUnternehmen Anwendung finden. II. Die Entwicklung des grenzüberschreitenden Spendenabzugs auf europäischer und deutscher Ebene 1. Öffnung der Gemeinnützigkeits- und Spendenrechte auf europäischer Ebene Zudem zeigt die gesamteuropäische Entwicklung, dass sich die Öffnung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts für grenzüberschreitende Tätigkeiten nicht allein auf die Rechtssachen „Stauffer“, „Jundt“ und „Persche“ und damit allein

auf Deutschland beschränkt. Zahlreiche andere EU-Staaten haben inzwischen freiwillig oder auf Initiative der EU-Kommission ihre Gemeinnützigkeits- und Spendenrechte für ausländische Organisationen geöffnet. So forderte die EU-Kommission unter anderem, das Vereinigte Königreich solle die Diskriminierung ausländischer Wohltätigkeitsorganisationen beenden, da das Vereinigte Königreich Steuerermäßigungen für Spenden an wohltätige Organisationen zwar gewährt, aber nur dann, wenn diese im Vereinigten Königreich ansässig sind.16 Die Europäische Kommission hat ferner Irland und Polen förmlich aufgefordert, die Diskriminierung ausländischer Wohltätigkeitsorganisationen einzustellen. Beide Mitgliedstaaten gewähren Steuerermäßigungen für Spenden an wohltätige Organisationen ebenfalls nur dann, wenn diese im Inland ansässig sind.17 2. Die Entwicklung in Deutschland a) Reaktion des deutschen Gesetzgebers Der deutsche Gesetzgeber hat auf die europarechtsfreundliche Rechtsprechung reagiert und auf Grundlage des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 21.3.201118 eine entsprechende Anpassung des § 3 Nr. 44 EStG vorgenommen. Bereits vor 2011 hatte der deutsche Gesetzgeber unter dem Eindruck der Rechtssache „Stauffer“ und des bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch nicht beendeten Verfahrens „Persche“ im JStG 2009 das Gemeinnützigkeitsund Spendenrecht für ausländische19 gemeinnützige Körperschaften geöffnet. Das JStG 2009 hat aus europarechtlicher Sicht zwei Stoßrichtungen. Zunächst öffnet § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG in der Fassung des JStG 2009 die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auch für beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Einrichtungen, wenn die ausländische Ein6 EuGH, Urt. v. 14.9.2006 – Rs. C-386/04, Stauffer, Slg. 2006, I 8234 (= DStR 2006, 1736). 7 EuGH, Urt. v. 18.12.2007 – Rs. C-281/06, Jundt, Slg. 2007, I 12231 (= IStR 2008, 220). 8 Hierzu Hüttemann/Helios, IStR 2008, 200 ff. 9 BFH, Beschl. v. 9.5.2007 – XI R 56/05, IStR 2007, 599 ff.; hierzu jüngst Tiedtke/Möllmann, IStR 2007, 837 ff. 10 Im Ausgangsverfahren begehrte der im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Kläger den Abzug einer Sachspende als Sonderausgabe an eine in Portugal als gemeinnützig anerkannte Organisation. Die Finanzverwaltung lehnte den Abzug unter Hinweis auf § 49 EStDV a. F. ab. Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers wurde vom FG Münster (FG Münster, Urt. v. 28.10.2005 – 11 K 2505/05 E, IStR 2006, 497 f.; hierzu kritisch Helios/Schlotter, IStR 2006, 483 ff.) abgewiesen. 11 EuGH, Urt. v. 27.1.2009 – Rs. C-318/07, Persche, Slg. 2009, I 390 (= BStBl. II 2010, 440). 12 Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi v. 14.10.2008 – Rs. C-318/07. 13 So bereits Hüttemann/Helios, IStR 2008, 39 ff. An der Schlechterstellung ausländischer Einrichtungen hatte auch das „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ nichts geändert. 14 BFH, Urt. v. 27.5.2009 – X R 46/05, BFH/NV 2009, 1633. 15 BFH, Urt. v. 15.9.2010 – X R 33/08, BFH/NV 2011, 342; hierzu auch Förster, BB 2011, 663. 16 IP/06/964. 17 IP/06/1408. Vgl. ferner auch IP/06/1879 (Belgien); IP/08/1818 (Estland), IP/09/428 und IP/09/1637 sowie IP/11/429 (Niederlande). 18 BT-Drs. 17/5125, beschlossen vom Bundestag am 9.6.2011 in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 17/6105 und 17/6146). 19 D.h. beschränkt steuerpflichtige (§ 2 Nr. 1 KStG) Körperschaften.


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richtung die §§ 51 ff. AO erfüllt. Über den Bereich der Körperschaftsteuer hat diese Änderung wegen der Verweisung auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auch Relevanz für § 3 Nr. 26 und § 3 Nr. 26a EStG und – soweit die ausländische Körperschaft beschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist – auch im Spendenrecht (vgl. z.B. § 10b EStG). Nach wie vor besteht kein umfassend gesetzlich geregelter Spendenabzug für ausländische Einrichtungen ohne beschränkte Steuerpflicht im Inland. Mit der Entscheidung „Persche“ steht jedoch fest, dass ein Spendenabzug auch bei Zuwendungen an eine ausländische Körperschaft zu gewähren ist, wenn der Spender Nachweise („Vorlage stichhaltiger Belege“) darüber erbringen kann, dass die ausländische Einrichtung die §§ 51 ff. AO erfüllt. Die Öffnung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts wird dann jedoch in gewisser Weise wieder „zurückgedreht“, weil in § 51 Abs. 2 AO in der Fassung des JStG 2009 die Zweckverwirklichung im Ausland einen strukturellen Inlandsbezug aufweisen muss. Die Änderungen des Gesetzgebers durch das JStG 2009 sehen also einerseits eine Ausdehnung der gemeinnützigkeitsabhängigen Steuervergünstigungen auf ausländische Gesellschaften vor, beschränken jedoch andererseits zugleich die Auslandsbetätigung. Der strukturelle Inlandsbezug ist europarechtlich zweifelhaft und wird unseres Erachtens vor dem EuGH nicht standhalten. Der EuGH20 hat nämlich hinsichtlich einer entsprechenden gesetzlichen Normierung im österreichischen Recht entscheiden, dass die Republik Österreich dadurch gegen die EU-rechtlichen Grundfreiheiten verstoßen hat, dass sie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Einrichtungen mit Forschungs- und Lehraufgaben nur im Fall von in Österreich ansässigen Einrichtungen zugelassen hat. Neben dieser Einschränkung auf der Tatbestandseite hat der deutsche Gesetzgeber zudem die satzungsmäßigen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit verschärft. So sind mit dem JStG 2009 bestimmte Ausnahmen von der satzungsmäßigen Vermögensbindung bei staatlicher Aufsicht weggefallen und die – bisher vom BFH als unverbindlich angesehene Mustersatzung – durch ein gesetzliches Satzungsmuster ersetzt worden (vgl. Anlage 1 zu § 60 AO). Hier steht zu befürchten, dass die Finanzverwaltung zukünftig aufgrund dessen die Anforderungen an eine objektive Vergleichbarkeit von ausländischen Einrichtungen mit inländischen verschärft. Zwar steht es den Mitgliedstaaten frei, den Gemeinnützigkeitsbegriff zu definieren, dies darf jedoch im Ergebnis nicht dazu führen, dass ausländische Einrichtungen diskriminiert werden. b) Reaktion der Finanzverwaltung Mit Schreiben vom 6.4.201021 hat sich das BMF zur Anwendung des EuGH-Urteils vom 27.1.2009 – Rs. C-318/07 „Persche“ sowie des Urteils des BFH im Nachfolgeverfahren vom 27.5.200922 geäußert. Das BMF führt in diesem Schreiben aus, dass die Urteile bis zur Verkündung einer gesetzlichen Neuregelung in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen angewendet werden sollen. Klarstellend weist das BMF darauf hin, dass das EuGH-Urteil ausschließlich Spenden in einen anderen Staat der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums betreffe und auch nur insoweit anzuwenden sei. Es sei zudem beabsichtigt, die Modalitäten der Nachweiserbringung für die Berechtigung zum Spendenabzug in einem weiteren BMF-Schreiben zu regeln. Mit Schreiben vom 16.5.201123 hat das BMF sodann unter anderem zur Konkretisierung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen Stellung genommen. Hierzu führt das BMF aus: „Den Nachweis, dass der ausländische Zuwendungsempfänger die deutschen

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gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt, hat der inländische Spender gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt durch Vorlage geeigneter Belege, dies wären insbesondere Satzung, Tätigkeitsbericht, Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Kassenbericht, Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen, Aufzeichnung über die Vereinnahmung von Zuwendungen und deren zweckgerechte Verwendung, Vorstandsprotokolle, zu erbringen (§ 90 Absatz 2 AO). Bescheinigungen über Zuwendungen von nicht im Inland steuerpflichtigen Organisationen reichen als alleiniger Nachweis nicht aus.“ Auch wenn die Finanzverwaltung mit ihrem Schreiben vom 16.5.2011 unter anderem hinsichtlich der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen Klarheit schafft, bleibt eine andere wesentliche Fragestellung im Zusammenhang mit einem grenzüberschreitenden Spendenabzug weiterhin ungeklärt. So nimmt die Finanzverwaltung keine Stellung zu der konkreten Ausgestaltung des Verwaltungsvollzugs, d.h. wann und unter welchen Bedingungen das inländische Finanzamt auf Grundlage der Richtlinie 2011/16/EU24 vom 15.2.2011 sowie der Beitreibungs-Richtlinie 2010/24/EU vom 16.3.2010 die ausländischen Behörden um Amtshilfe ersuchen muss. Dies hätte freilich erwartet werden dürfen. Insoweit darf die bisherige Praxistauglichkeit der bestehenden Regelungen für den Steuerpflichtigen in Frage gestellt werden. Hiermit sind zugleich die Eckpunkte der Problemstellung skizziert, die im folgenden Beitrag diskutiert werden soll. Denn in der Praxis scheitert der grenzüberschreitende Spendenabzug häufig an den verfahrensrechtlichen Anforderungen für den Nachweis der Erfüllung der bestehenden Voraussetzungen. Die Vorlage stichhaltiger Belege hat beim grenzüberschreitenden Spendenabzug zwar eine berechtigte Beweisfunktion, stellt aber inländische Spender vor kaum lösbare Herausforderungen, die zugleich die Frage der europarechtlichen Vereinbarkeit der geltenden Verwaltungsregelungen aufwerfen. Daran hat (wie später noch gezeigt wird) auch die Einführung von § 60a AO nichts geändert. Eine allen Seiten gerecht werdende praxistaugliche Lösung wird nach hier vertretener Ansicht nur durch die Einführung einer zentralen bundeseinheitlichen Stelle möglich sein. Anlass der nachstehenden Ausführungen ist eine aktuelle Entscheidung des FG Düsseldorf, die ein beredtes Beispiel sowohl für die komplexe Gleichwertigkeitsprüfung als auch für die Nachweisprobleme in der Praxis darstellt. Es steht zu hoffen, dass der BFH nunmehr u.a. die unter dem Aktenzeichen X R 7/13 anhängige Revision zum Anlass nimmt, klare Maßstäbe für den grenzüberschreitenden Spendenabzug aufzustellen. In Hinblick hierauf schließt der Beitrag daher mit einigen zukunftsgerichteten Überlegungen. III. Die Entscheidung des FG Düsseldorf vom 14.1.2013 1. Entscheidungssachverhalt Das FG Düsseldorf hatte in seiner Entscheidung vom 14.1.2013 über folgenden Sachverhalt zu befinden: 20 EuGH, Urt. v. 16.6.2011 – Rs. C-10/10, Kommission/Österreich, Sgl. 2011 I 5416 (= IStR 2011, 558); Hüttemann, EuZW 2011, 641. 21 BMF, Schr. v. 6.4.2010 – IV C 4 – S 2223/07/0005, BStBl. I 2010, 386. 22 BFH, Urt. v. 27.5.2009 – X R 46/05, BFH/NV 2009, 1633. 23 BMF, Schr. v. 16.5.2011 – IV C 4 – S 2223/07/0005 :008, BStBl. I 2011, 559. 24 Ehemals Richtlinie 77/799/EWG.


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Die Kläger wurden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2007 gewerbliche Einkünfte als Mitunternehmer der „A“ GbR, Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Geschäftsführer der „B“ GmbH und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Zudem erzielten die Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Kläger begehrten den Abzug einer Spende in Höhe von EUR 15.000 an die “C“ Stiftung, einer Stiftung spanischen Rechts mit Sitz auf Mallorca. Nach der Satzung der “C“ Stiftung handelt es sich um eine gemeinnützige Stiftung, die die Förderung der Lehre und der Erziehung, der Kunst und der Kultur, die Hilfe für Jugendliche und Senioren in allen Formen, ärztlichen Beistand sowie die selbstlose Hilfe für Personen, die aufgrund ihres physischen oder psychischen Zustandes die Hilfe Dritter benötigen, bezweckt. Sie ist als gemeinnützige Einrichtung im balearischen Stiftungsregister eingetragen. Der Stiftungsvorstand der Stiftung “C“ besteht unter anderem aus der „G“ Stiftung. Die von den Klägern beim beklagten Finanzamt eingereichte, in spanischer Sprache verfasste Spendenbescheinigung wies als Zuwendenden die „B“ GmbH aus. Die Spendenbescheinigung enthielt jedoch nicht den Passus gemäß § 50 Abs. 1 und Abs. 4 EStDV i.V.m. dem amtlichen Vordruck,25 dass die Zuwendungsempfängerin die Spende nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet. Das zuständige Finanzamt berücksichtigte die Spende nicht und wies den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Es stellte sich auf den Standpunkt, dass aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 27.1.2009 zwar auch Spenden an eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Einrichtung unter bestimmten Voraussetzungen nach § 10b EStG abziehbar seien. Erforderlich sei insbesondere, dass die begünstigte Einrichtung die Voraussetzungen der nationalen Rechtsvorschriften für die Gewährung von Steuervergünstigungen erfülle. Im vorliegenden Fall sei jedoch nicht ersichtlich, dass hinsichtlich der Spende an die in Spanien ansässige „C“ Stiftung überhaupt die grundlegenden Voraussetzungen für einen Spendenabzug nach deutschem Recht vorlägen. Es fehle eine entsprechende Bestätigung der Stiftung, dass die Kläger dieser eine Spende zukommen ließen. Die vorgelegte Bescheinigung beziehe sich offensichtlich auf die „B“ GmbH und würde auch bei einem inländischen Empfänger keinen Spendenabzug ermöglichen. Zudem fehle ein Beleg dafür, dass der Betrag von EUR 15.000 bei den Klägern abgeflossen sei. Der Spendenabzug sei daher – ungeachtet der Frage, ob die „C“ Stiftung nach inländischen Maßstäben als gemeinnützig anzuerkennen ist – nicht möglich. 2. Entscheidungsgründe Das FG Düsseldorf schloss sich der Auffassung des beklagten Finanzamts an und wies die Klage ab. Die Spende sei deshalb nicht abziehbar, weil der Nachweis nicht erbracht sei, dass die Stiftung die deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen erfüllt. Die Satzung der “C“ Stiftung weise demnach keine konkrete Bestimmung zur Selbstlosigkeit der Stiftung (§ 55 AO) auf, zudem habe der Spender keine detaillierten Unterlagen eingereicht, die eine Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung der Stiftung ermöglichten. Letztlich enthalte auch die von der Stiftung ausgestellte Spendenbescheinigung nicht den notwendigen Passus, dass die Zuwendungsempfängerin die Spende nur für satzungsmäßige Zwecke verwendet.

a) Vorliegen der deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen aa) Grundsatz der Vermögensbindung: Nach Auffassung des FG Düsseldorf weist die Satzung der “C“ Stiftung keine konkreten Bestimmungen zur Selbstlosigkeit gemäß § 55 AO auf. Unter Verweis auf das Endurteil des FG Münster vom 8.3.201226 in der Rechtssache „Persche“ sieht das Gericht die Selbstlosigkeit jedoch zutreffend als unmittelbaren Bestandteil der Definition der Gemeinnützigkeit und der Mildtätigkeit an. Die Satzung der “C“ Stiftung schreibe aber insbesondere keine hinreichende Vermögensbindung im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO vor. Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung läge nur dann vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist (§ 61 Abs. 1 AO). Eine derartige Vermögensbindung ist nach Ansicht des FG Düsseldorf jedoch im Streitfall nicht erkennbar. Ein gegenteiliges Ergebnis lasse sich auch nicht im Wege der Auslegung erzielen. bb) Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung: Ferner haben die Kläger nach Ansicht des Gerichts nicht nachweisen können, dass die “C“ Stiftung nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient. So hätten die Kläger keine Unterlagen eingereicht, die eine Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung ermöglichen würden, obwohl es sich im Streitfall um einen Auslandssachverhalt handelt und den Klägern so nach § 90 Abs. 2 AO eine erhöhte Mitwirkungspflicht oblag. Das Gericht weist diesbezüglich auch den Einwand der Kläger zurück, wonach das beklagte Finanzamt in Hinblick auf das Instrumentarium der Amtshilfe die Vorlage der erforderlichen Nachweise nicht hätte verlangen dürfen. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „Persche“ beruft sich das FG Düsseldorf darauf, dass die nationalen Finanzbehörden zwar die Möglichkeit hätten, die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats um Auskunft zu ersuchen, dazu aber nicht verpflichtet seien. b) Vorliegen der gesetzlichen Anforderungen an die Zuwendungsbestätigung Letztlich genüge die von den Klägern eingereichte Zuwendungsbestätigung auch nicht den gesetzlichen Anforderungen. Das beklagte Finanzamt habe daher zu Recht darauf hingewiesen, dass die von der “C“ Stiftung ausgestellte Spendenbescheinigung nicht den notwendigen Passus enthält, dass die Zuwendungsempfängerin die Spende nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet. Von einem solchen durch die Zuwendungsbestätigung dokumentierten Verwendungsnachweis kann nach Ansicht des FG Düsseldorf im Ergebnis auch bei ausländischen Körperschaften nicht abgesehen werden. 3. Bewertung der Entscheidung Dem FG Düsseldorf zufolge haben die Kläger nicht nachgewiesen, dass die Zuwendungsempfängerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 KStG steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde. 25 BMF, Schr. v. 13.12.2007 – IV C 4-S 2223/07/0018, BStBl. I 2008, 4. 26 FG Münster, Urt. v. 8.3.2012 – 2 K 2608/09 E, IStR 2012, 542.


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a) Grundsätze der Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) beachtlich Zuzustimmen ist dem FG Düsseldorf dahingehend, dass sicherzustellen ist, dass die Mittel der Stiftung tatsächlich und ausschließlich nur zur Erfüllung eines gemeinnützigen Zwecks im Sinne des § 52 AO verwendet werden dürfen, die Tätigkeit der Stiftung also darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos (§ 55 AO) zu fördern. Die ausländische Körperschaft hat somit insbesondere den in § 55 AO normierten Grundsatz der Vermögensbindung zu beachten.27 Die Satzung der “C“ Stiftung schreibt jedoch keine hinreichende Vermögensbindung vor. Die sogenannte formelle Satzungsmäßigkeit ist nach Auffassung des FG Düsseldorf – unter Verweis auf die Entscheidung des FG Münster vom 8.3.2012 – jedoch auch bei ausländischen Körperschaften Voraussetzung für den Spendenabzug. Etwas differenzierter sah dies zu Recht das FG Bremen in seiner Entscheidung vom 8.6.2011.28 Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist (§ 61 Abs. 1 AO). Bei der Frage, ob eine ausreichende Vermögensbindung vorliegt, sei jedoch – so das FG Bremen – auch zu berücksichtigen, dass das ausschließliche Abstellen auf den Inhalt der Satzung einer ausländischen Körperschaft diese oft vor unerfüllbare Voraussetzungen stelle. Das Festhalten an einer strengen formellen Satzungskonformität könne unter Berücksichtigung der „Stauffer“- und „Persche“-Entscheidungen des EuGH zu einem Verstoß gegen den EU-rechtlichen Effektivitätsgrundsatz führen.29 Zutreffend weist das FG Bremen darauf hin, dass das Erfordernis formeller satzungsmäßiger Vermögensbindung, wenn das ausländische Recht eine solche nicht kennt, geeignet ist, die nach dem Recht des betreffenden Staates errichtete Vereinigung von vornherein aus dem Anwendungsbereich des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts auszuschließen. Das FG Düsseldorf hat sich indes einer weitergehenden Diskussion enthalten. Insoweit ist es nunmehr am BFH, zu den divergierenden Ansichten der beiden Finanzgerichte im Rahmen der anhängigen Revisionen Stellung zu nehmen. b) Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung erforderlich Ferner ist es grundsätzlich auch zutreffend, dass die tatsächliche Geschäftsführung einer ausländischen Stiftung den Satzungsbestimmungen entsprechen muss und ein entsprechender Nachweis zu führen ist. Da es sich um einen Auslandssachverhalt handelt, obliegt dem Steuerpflichtigen gemäß § 90 Abs. 2 AO eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Der Nachweis, dass die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft den Erfordernissen des § 63 Abs. 1 AO entspreche, sei – so das FG Düsseldorf – durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben zu erbringen. Auf die Vorlage aussagekräftiger – „stichhaltiger“ – Aufzeichnungen könne nicht verzichtet werden. Die auf der Grundlage ordnungsgemäßer Aufzeichnungen durchzuführende Gemeinnützigkeitsprüfung könne durch den angebotenen Zeugenbeweis nicht ersetzt werden. Wie bereits ausgeführt, fordert die Finanzverwaltung in ihrem Schreiben vom 16.5.201130 Nachweise in Form einer Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, ergänzend Tä-

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tigkeitsberichte, Kassenberichte, Vermögensübersichten mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen sowie Protokolle über Mitgliederversammlungen und Vorstandsbeschlüsse. Auch das FG Düsseldorf setzt sich in seiner Entscheidung auf den ersten Blick ausführlich mit der Frage auseinander, welche Anforderungen an den Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung zu stellen sind. Bei einer genaueren Lektüre der Entscheidung fällt jedoch auf, dass sich das Gericht in großen Teilen damit begnügt, die Grundsätze des EuGH in der Rechtssache „Persche“ zu zitieren. So verweist das Gericht darauf, dass die nationalen Finanzbehörden zwar die Möglichkeit hätten, die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates um Auskunft zu ersuchen, jedoch hierzu nicht verpflichtet sind. Bei dieser Feststellung belässt es das Gericht im Ergebnis sodann auch. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass der Steuerpflichtige im Fall eines grenzüberschreitenden Spendenabzugs zum Großteil Unterlagen und Informationen beschaffen muss, auf deren Erhalt er selbst keinen Anspruch hat, jedoch wenig zufriedenstellend. Auf diese grundlegende Problematik geht das Gericht nur oberflächlich ein und verweist erneut auf die Ausführungen des EuGH, wonach es dem Steuerpflichtigen normalerweise möglich sei, von der Einrichtung entsprechende Unterlagen zu erhalten. Ob im Urteilsfall ein von diesem Normalfall abweichender Fall gegeben ist, prüft das Gericht jedoch nicht. Offengelassen hat das FG Düsseldorf auch, ob die von der Finanzverwaltung im Schreiben vom 16.5.201131 geforderten Nachweise über den europarechtlich zulässigen Rahmen hinausgehen. In der Literatur wird dies teilweise kritisch gesehen. Da die Finanzverwaltung nunmehr klargestellt hat, dass die Empfängerkörperschaft nahezu sämtliche Voraussetzungen an den Nachweis der Gemeinnützigkeit wie eine inländische Körperschaft erfüllen muss, sind die Hürden für ausländische Körperschaften insgesamt sehr hoch gesteckt.32 In der Praxis werden die hohen Anforderungen, denen der Spender genügen muss, oftmals dazu führen, dass ein grenzüberschreitender Spendenabzug unterbleibt. Auch unter diesem Aspekt wäre es in Hinblick auf einen europarechtsfreundlichen Lösungsansatz wünschenswert gewesen, das FG Düsseldorf hätte sich nicht allein auf die Frage der Amtshilfe konzentriert. c) Vorliegen einer Zuwendungsbestätigung Insofern überrascht es nicht, dass das FG Düsseldorf letztlich auch die Zuwendungsbescheinigung als den gesetzlichen Anforderungen (§ 50 Abs. 1 und Abs. 4 EStDV i.V.m. dem amtlichen Vordruck33) nicht entsprechend ansieht. Diesbezüglich ist aber anzumerken, dass der EuGH in der Rechtssache

27 Ebenso FG Münster, Urt. v. 8.3.2012 – 2 K 2608/09 E, IStR 2012, 542. 28 FG Bremen, Urt. v. 8.6.2011 – 1 K 63/10 (6), DStR 2012, 1321. Nach Zulassung der Revision durch den BFH dort nunmehr unter dem Aktenzeichen I R 16/12 anhängig. 29 Vgl. hierzu auch Förster, DStR 2013, 1516, 1518. 30 BMF, Schr. v. 16.5.2011 – IV C 4 – S 2223/07/0005 :008, BStBl. I 2011, 559. 31 BMF, Schr. v. 16.5.2011 – IV C 4 – S 2223/07/0005 :008, BStBl. I 2011, 559. 32 Vgl. u.a. Schienke-Ohletz, IWB 2011, 651, 656 sowie Geserich, NWB 2011, 2188, 2189; weniger kritisch wohl Förster, BB 2011, 663, 667, wonach „die Erfüllung der Nachweispflichten im Einzelfall eine erhebliche Belastung für den Spender bedeutet, die nur bei erheblichen Zuwendungen in Kauf genommen werden dürften.“ 33 BMF, Schr. v. 13.12.2007 – IV C 4-S 2223/07/0018, BStBl. I 2008, 4.


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„Meilicke II“ betreffend die Überprüfung ausländischer Unterlagen zwar festgestellt hat, dass die Steuerbehörden die für eine Beurteilung notwendigen Nachweise verlangen dürfen, die entsprechende Beurteilung jedoch nicht zu formalistisch erfolgen darf.34 Insofern wäre auch an dieser Stelle eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Vorgaben des EuGH wünschenswert gewesen. IV. Offene Fragen nach der Entscheidung des FG Düsseldorf für grenzüberschreitende Sachverhalte im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht Die Entscheidung des FG Düsseldorf zeigt im Ergebnis, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen grenzüberschreitenden Spendenabzug in Deutschland noch längst nicht zufriedenstellend sind. Auch wenn der Gesetzgeber jüngst Neuregelungen für den Dritten Sektor umgesetzt hat, bleiben dennoch die mit einem grenzüberschreitenden Spendenabzug einhergehenden Problemstellungen virulent. Das FG Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung vom 14.1.2013 einer – über den konkret zu entscheidenden Einzelfall hinausgehenden – Auseinandersetzung mit dieser Problemlage enthalten. Dabei stellt insbesondere die Gleichwertigkeitsprüfung in der Praxis die „höchste Hürde“ auf. Es ist einerseits zutreffend, dass es in Europa ein „vergleichbares“ – teilweise sogar identisches – Verständnis über steuerbegünstigte Zwecke gibt. Im Detail sind die Unterschiede in den nationalen Gesetzgebungen jedoch erheblich, was sich immer dann zeigt, wenn die Satzung der ausländischen Einrichtung am Maßstab der §§ 51 ff. AO überprüft wird. Konsequenz einer solchen Überprüfung darf unseres Erachtens jedoch nicht sein, dass sich zum Beispiel eine im europäischen Ausland ansässige Stiftung mit einem Stiftungsvermögen in Milliardenhöhe für den Erhalt einer Kleinstspende aus Deutschland insgesamt den deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben unterwerfen und ihre Satzung dementsprechend anpassen muss. Soweit im Ansässigkeitsstaat der Stiftung zum Beispiel der Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung nicht bekannt ist, sollte es daher als ausreichend anzusehen sein, dass im Hinblick auf diese konkrete Spende nachgewiesen wird, dass eine entsprechende Verwendung tatsächlich „gelebt“ wird. Selbst wenn das ausländische Recht in manchen Fällen eine Anpassung an die deutschen Vorgaben erlaubt, verhindern jedoch nicht selten ausländische gesetzliche Regelungen eine „1:1“-Umsetzung der §§ 51 ff. AO. Hier sollte es nicht auf das „Rechtsgefühl“ des jeweiligen Rechtsanwenders im Wohnsitzfinanzamt des Spenders ankommen. Eine rechtlich nachvollziehbare „Verobjektivierung“ der Maßstäbe würde insoweit Rechtssicherheit schaffen. Die bisherigen gesetzgeberischen Bemühungen stellen zwar einen guten Ansatz dar, gehen jedoch – wie nachfolgend verdeutlicht wird – noch nicht weit genug. 1. Bisherige Neuregelungen im Fall grenzüberschreitender Spenden an ausländische Einrichtungen nicht weitgehend genug Mit § 60a AO wurde durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz) vom 21.3.201335 ein neues Verfahren eingeführt, mit dem zukünftig festgestellt werden soll, ob die Satzung einer Körperschaft die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO erfüllt. Absätze 1 und 2 des § 60a AO lauten wie folgt: (1) Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO wird gesondert festge-

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stellt. Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen an die Körperschaft erbringen, bindend. (2) Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt 1. auf Antrag der Körperschaft oder 2. von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer, wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist. Nach bisheriger Rechtslage wurde eine vorläufige Bescheinigung ausgestellt, wenn die Satzung der Körperschaft den gesetzlichen Anforderungen genügte. Diese vorläufige Bescheinigung stellte keinen Verwaltungsakt dar, und das Finanzamt war bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer somit nicht an den Inhalt der vorläufigen Bescheinigung gebunden. Durch das Verfahren nach § 60a AO soll nunmehr größere Rechtssicherheit geschaffen werden, da der ergehende Feststellungsbescheid Bindungswirkung sowohl für die Besteuerung der Körperschaft als auch für die Besteuerung der Spender entfaltet (vgl. § 60a Abs. 1 Satz 2 AO). Allerdings hält auch § 60a AO im Falle des grenzüberschreitenden Spendenabzugs kein Allheilmittel parat. So sieht die neue Regelung des § 60a AO zum Beispiel kein Antragsrecht des Spenders selbst vor. Auch eine Feststellung von Amts wegen kann nur im Falle des § 60a Abs. 1 Nr. 2 AO erfolgen. Beantragt die ausländische gemeinnützige Einrichtung keine Feststellung und hat diese auch nicht von Amts wegen zu erfolgen, so bleibt auch weiterhin der Spender nachweispflichtig. 2. Einführung einer zentralen Stelle zur Prüfung ausländischer Empfängereinrichtungen Die Regelung des § 60a AO löst ferner nicht die Frage, welches Finanzamt im Falle einer in Deutschland weder beschränkt noch unbeschränkt steuerpflichtigen gemeinnützigen Körperschaft für die Feststellung der Gemeinnützigkeit zuständig ist. Soweit sich die örtliche Zuständigkeit nicht aus anderen Vorschriften ergibt, ist im Ergebnis die Finanzbehörde zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt (§ 24 AO). Dies sollte in der Regel das jeweilige Wohnsitzfinanzamt des Spenders sein. Entscheiden also im Falle von grenzüberschreitenden Spenden jeweils die zuständigen Wohnsitzfinanzämter über die Frage, ob die ausländische Stiftung die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO einhalten, liegt es auf der Hand, dass eine einheitliche Linie bei der Entscheidungsfindung nur schwer zu gewährleisten sein wird. Hinzu kommt, dass sich die Prüfung der Frage, ob eine ausländische Körperschaft die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach §§ 51, 59, 60 und 61 AO einhält, im Einzelfall als schwierig erweisen kann und durch den Auslandsbezug oftmals mit viel Aufwand verbunden ist. Um diesen mit der Bearbeitung von Direktspenden in das EU-Ausland verbundenen Aufwand der Steuerbehörden möglichst gering zu halten, wäre es daher wünschenswert, wenn der Gesetzgeber eine zentrale Stelle schaffen würde, um sie mit der Prüfung von gemeinnützigen Einrichtungen aus anderen EU-Staaten zu betrauen.36 Dies 34 EuGH, Urt. v. 30.6.2011 – Rs. C-262/09, „Meilicke II“, Sgl. 2011, I 5711 (= DStR 2011, 1262), Rn. 46. 35 BGBl. I 2013, 556. 36 So auch Förster, DStR 2013, 1516, 1519, unter Verweis auf Hüttemann/Helios, DB 2009, 701, 706 und Helios, in: Schauhoff (Hrsg.), Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 22 Rn. 53.


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würde neben der Schaffung von Synergieeffekten vor allem auch für kleine und mittlere Einrichtungen eine erhebliche Erleichterung mit sich bringen. Als zentrale Stelle könnte hier zum Beispiel das Bundeszentralamt für Steuern agieren, andernfalls wäre es zielführend, ein Finanzamt zentral mit der Prüfung der Gemeinnützigkeit zu betrauen. Flankiert werden könnte eine solche Zuständigkeitsregelung von einer entsprechenden Änderung des § 60a Abs. 2 Nr. 1 AO, wonach eine solche Feststellung für gemeinnützige EU-Körperschaften, die auf dem deutschen Spendenmarkt aktiv werden möchten, verpflichtend wäre. Der Feststellungsbescheid könnte zugleich als Grundlage für die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen herangezogen werden. Denkbar wäre ferner, dass die zentrale Stelle auch die laufende Überwachung der tatsächlichen Geschäftsführung und zweckgerechten Verwendung der Spendenmittel übernehmen könnte.37 Auf diese Weise würde das Wohnsitzfinanzamt des Spenders – wie bei Inlandsspenden – weitgehend entlastet. Diese Maßnahmen könnten durch eine Kleinspendenregelung ergänzt werden. Darüber hinaus ist die Bundesregierung natürlich aufgerufen, auf europäischer Ebene an einer freiwilligen Koordinierung der nationalen Steuerrechtsordnungen der Mitgliedstaaten in Hinsicht auf einen grenzüberschreitenden Spendenabzug aktiv mitzuwirken. 3. Keine Wertungswidersprüche Die vorstehenden Überlegungen fügen sich aus unserer Sicht auch widerspruchsfrei in das geltende Recht ein. Dies zeigt sich beispielsweise bei der Weiterleitung von Spenden an ausländische gemeinnützige Einrichtungen durch inländische Förderkörperschaften im Sinne des § 58 Nr. 1 AO. Nach § 58 Nr. 1 AO können steuerbegünstigte Zwecke verfolgt werden, indem Mittel für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke anderer – auch im Ausland ansässiger – Körperschaften beschafft werden, soweit diese die Mittel für der Art nach steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Zweck der Mittelbeschaffung satzungsmäßig festgelegt ist. Der Empfänger im Ausland muss einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des KStG entsprechen. Dagegen ist nicht erforderlich, dass die ausländische Körperschaft die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllt.38 Die Mittelverwendung im Ausland ist wie bei der Auslandstätigkeit durch eine gemeinnützige Körperschaft selbst oder bei der Einschaltung von Hilfspersonen durch nachvollziehbare ordnungsgemäße Aufzeichnungen zu belegen (§ 90 Abs. 2 AO). Warum sollte nun in Fällen der Direktspende ein anderer Maßstab gelten? Gravierende fiskalische Effekte sind schwer einzuschätzen. Zu berücksichtigen ist aber, dass bereits gegenwärtig ausländische gemeinnützige Einrichtungen in Deutschland Förderkörperschaften (§ 58 Nr. 1 AO) errichten oder zwischenschalten, um Zuwendungen über die inländische Einrichtung in das Ausland zu leiten.39 Die Anerkennung von Direktspenden ins Ausland vermeidet die Gründung oder Einschaltung von inländischen gemeinnützigen Körperschaften. Dies würde vor allem kleinen und mittleren Einrichtungen eine erhebliche Erleichterung bringen. Weltweit agierende gemeinnützige Einrichtungen werden dagegen auch künftig auf die Errichtungen von Tochtergesellschaften nicht verzichten, da ein erfolgreiches Fundraising im deutschen Spendenmarkt gezieltes Marketing vor Ort voraussetzt.

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4. Weitere ungeklärte europarechtliche Fragen a) Die grenzüberschreitende Mittelvergabe Nicht abschließend geklärt sind auch die europarechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Mittelvergabe nach § 58 Nr. 2 AO.40 Gemäß § 58 Nr. 2 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwendet. Anders als im Fall des § 58 Nr. 1 AO ist der Kreis der zulässigen Empfängerkörperschaften damit auf steuerbegünstigte Körperschaften beschränkt. Nicht von § 58 Nr. 2 AO erfasst sind Zuwendungen an Körperschaften, die in einem Drittstaat ansässig sind und in Deutschland generell nicht gemeinnützig sein können.41 EUbzw. EWR-Körperschaften sind im Regelfall mangels Einkünften in Deutschland hier nicht beschränkt steuerpflichtig und können somit auch nicht steuerbegünstigt sein. AEAO Tz. 2 Satz 2 zu § 58 Nr. 2 AO legt nahe, dass die Finanzverwaltung diese Körperschaften aus dem Anwendungsbereich des § 58 Nr. 2 AO ausnehmen möchte. Diese Auffassung ist unter zwei Aspekten fragwürdig. Zum einen erscheint eine Ausnahme von EU- bzw. EWR Körperschaften in Hinblick auf den vorstehend dargestellten weiten Anwendungsbereich von § 58 Nr. 1 AO wenig stimmig. Insoweit ist nicht verständlich, warum im Inland nicht steuerpflichtige Körperschaften nicht der Regelung des § 58 Nr. 2 AO unterfallen sollen. Zum anderen ist insbesondere in Hinblick auf die Rechtsachen „Stauffer“ und „Persche“ eine Gleichbehandlung von in- und EU- bzw. EWR-ausländischen Körperschaften angezeigt. Um der Feststellung der EU-Rechtswidrigkeit durch den EuGH zuvorzukommen, ist der Gesetzgeber auch an dieser Stelle aufgefordert zu handeln. b) Die gemeinnützige Vermögensbindung im grenzüberschreitenden Fall Eine parallele Problemlage besteht auch hinsichtlich der gemeinnützigen Vermögensbindung. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 AO darf bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Grundsatz der Vermögensbindung). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden soll (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO). Soll im Falle der Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks eine im Inland nicht steuerbegünstigte Körperschaft anfallsberechtigt sein, so wäre diese nach dem bisherigen Wortlaut der Vorschrift vom Anwendungsbereich des § 58 Nr. 4 AO nicht erfasst. Auch dies erscheint aus den vorstehend zu § 58 Nr. 2 AO dargestellten Gründen nicht mit Unionsrecht vereinbar.42 37 Vgl. hierzu auch Hüttemann/Helios, DB 2009, 701, 706. 38 Kirchhain, DStR 2013, 2141, 2143. 39 Hierzu und zu dem Folgenden vgl. nur Hüttemann/Helios, IStR 2008, 39 ff.; vgl. insbesondere Hüttemann/Helios, DB 2009, 701 ff. 40 Vgl. hierzu ausführlich Kirchhain, DStR 2013, 2141 ff. 41 So Kirchhain, DStR 2013, 2141, 2145; a.A. Förster, in BB 2011, 663, 664, m.w.N. 42 Ebenso Kirchhain, DStR 2013, 2141, 2147.


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c) Anerkennung der ausländischen Gemeinnützigkeit? Eine andere Frage in Hinblick auf die Verankerung des Gemeinnützigkeitsrechts in seinen europarechtlichen Rahmenbedingungen ist, ob auch in Zukunft die Anerkennung einer ausländischen Organisation als gemeinnützig nach deutschem Recht erfolgen sollte.43 Insofern könnte auch auf das jeweils ausländische Recht abgestellt werden. Wird demnach eine Organisation im EU- bzw. EWR-Ausland als gemeinnützig anerkannt, wäre eine weitere materielle Prüfung obsolet. Eine solche Vorgehensweise wäre insbesondere in Hinblick auf den geringen hiermit verbundenen Verwaltungsaufwand durchaus begrüßenswert, sollte aber im Ergebnis dennoch abgelehnt werden.44 Letztlich stünde in diesem Fall zum einen eine mögliche Diskriminierung inländischer gemeinnütziger Körperschaften im Raum, zum anderen sollten genügend alternative Lösungswege zur Diskussion stehen. 5. Abschaffung fortbestehender Diskriminierungen Allerdings hätte Deutschland auch mit der Umsetzung der vorstehend genannten Vorgaben nicht alle Anforderungen an eine Europarechtskonformität des Gemeinnützigkeitsund Spendenrechts erfüllt, da sich unter anderem im EStG, im ErbStG und im GrStG potentiell gemeinschaftswidrige Normen finden. So gelten zum Beispiel die Freibeträge nach § 3 Nr. 26, Nr. 26a und Nr. 26b EStG nur bei Tätigkeiten für ausländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, hingegen nicht bei Tätigkeiten für ausländische gemeinnützige Einrichtungen.45 Ferner erfasst die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG (Steuerbefreiung von Zuwendungen) nur Zuwendungen an „inländische“ steuerbegünstigte Körperschaften.46 Auch die rückwirkende Steuerbefreiung des § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG setzt derzeit noch eine Zuwendung an eine inländische Stiftung voraus. Zudem erfasst die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG nur den Grundbesitz von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und inländischen steuerbegünstigten Körperschaften. Hieran zeigt sich, dass der Umbau des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts in Deutschland noch längst nicht abgeschlossen ist. Entsprechendes sollte auch für die anderen EU-Mitgliedstaaten gelten. 6. Vorschlag für eine Ratsverordnung zum Statut einer Europäischen Stiftung (Fundatio Europaea – FE) Die Europäische Kommission hat am 8.2.2012 einen Vorschlag für eine Ratsverordnung zum Statut einer Europäischen Stiftung vorgelegt.47 Mit dieser Gesetzesinitiative soll Stiftungen

eine grenzüberschreitende Betätigung innerhalb der EU erleichtert werden. Abzuwarten bleibt indes, ob die Implementierung einer supranationalen gemeinnützigen Einrichtung überhaupt umgesetzt werden kann. In einem ersten Schritt sollte daher versucht werden, eine europaweite Harmonisierung der Rahmenbedingungen der Gemeinnützigkeit (unter anderem die Selbstlosigkeit sowie die satzungsmäßige Vermögensbindung) zu erreichen, so dass die Schaffung einer supranationalen Einrichtung am Ende obsolet sein könnte. V. Fazit Die Entscheidung des FG Düsseldorf lässt erneut erkennen, dass das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht noch einige Hürden auf dem Weg zu seiner Europarechtkonformität zu nehmen hat. Die bisherigen Versuche des Gesetzgebers, das Gemeinnützigkeitsrecht an die europäischen Gegebenheiten anzupassen, sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sie sind jedoch bei Weitem noch nicht umfassend genug und haben eher punktuellen Charakter. Nach der hier vertretenen Ansicht kann eine flächendeckende Lösung daher nur durch die Einführung einer zentralen bundeseinheitlichen Stelle möglich sein. An dieser Stelle ist der Gesetzgeber gefragt. Es bleibt ferner zu hoffen, dass der BFH die beiden anhängigen Revisionsverfahren X R 7/13 (FG Düsseldorf, Urt. v. 14.1.2013 – 11 K 2439/10 E) und I R 16/12 (FG Bremen, Urt. v. 8.6.2011 – 1 K 63/10 (6)) zum Anlass nehmen wird, klare Maßstäbe für den grenzüberschreitenden Spendenabzug aufzustellen. Letztlich ist auch die Finanzverwaltung in die Pflicht genommen, die Praxistauglichkeit des grenzüberschreitenden Spendenrechts zu gewährleisten. Wie der nächste große Schritt in Richtung Europa nach „Stauffer“, „Jundt“ und „Persche“ aussieht, bleibt daher vorerst mit einiger Spannung abzuwarten. 43 Förster, BB 2011, 663, 668 f. 44 Vgl. Förster, BB 2011, 663, 668 f. 45 Zu weiteren Beispielen vgl. Hüttemann, in: Brandt (Hrsg.), Europäische Perspektiven im Steuerrecht – Steuergerechtigkeit und Steuervereinfachung, 8. und 9. Deutscher Finanzgerichtstag 2011/2012, 2013, 143, 147. 46 Vgl. zur Frage der Diskriminierung von Zuwendungen ins EUAusland im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer auch EuGH, Urt. v. 10.2.2011 – Rs. C-25/10, Missionswerk Werner Heukelbach ev/Belgien, Slg. I 2011, 499 (= IStR 2011, 192). 47 Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/company/eufoundation/index_de.htm. Vgl. hierzu ausführlich, Richter/ Gollan, ZGR 2013, 551 ff.; Weitemeyer, NZG 2012, 1001 ff.

Prof. Dr. Michael Droege*

Religionsgemeinschaftliche Organisationsautonomie und der Schutz des Zivilrechtsverkehrs – Anmerkungen zu BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12

I. Zur bürgerlichen Wirksamkeit religionsgemeinschaftlicher Organisationsakte Der Bundesgerichtshof hatte zu entscheiden, ob eine in der Rechtsform des eingetragenen Vereins verfasste örtliche Versammlung der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in einem Zivilrechtsstreit nicht mehr als passivlegitimiert ange-

sehen werden kann, weil sie im Zuge religionsgemeinschaftlicher Normsetzung als rechtlich unselbstständige Einheit der Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts * Der Autor ist Ordinarius für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.


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aufgegangen war. Der deutsche Zweig der Glaubensgemeinschaft war ursprünglich als «Jehovas Zeugen in Deutschland e.V.» organisiert, der Beklagte als «Jehovas Zeugen, Versammlung Ö. e.V.». Im Juni 2006 verlieh das Land Berlin dem Verein «Jehovas Zeugen in Deutschland e.V.» die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Anfang Juli 2006 bestimmte ein Übergangsgesetz, dass die bestehenden Versammlungen mit der Verleihung der Körperschaftsrechte religionsrechtlich selbstständige Untergliederungen des öffentlichen Rechts sind, deren Eigentum ihnen zugeordnet bleibt und von ihnen verwaltet wird. Später stellte § 5 Abs. 4 Statusrechtsgesetz in der Fassung vom 27.5.2009 klar, dass die religionsrechtlich selbstständigen Gliederungen grundsätzlich nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit im staatlichen Recht verfügen. Mitte Dezember 2007 löschte das Amtsgericht den Beklagten aus dem Vereinsregister.1 Anders als die Vorinstanz versagte der Bundesgerichtshof in Abwägung der religionsgemeinschaftlichen Organisationshoheit, die in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistet ist, und der die Schranken der allgemeinen (Zivil-)Gesetze im Sinne dieser Normen tragenden Rechtsgüter des Gläubigerschutzes und des Schutzes des Rechtsverkehrs den maßgeblichen Organisationsakten wegen mangelnder Klarheit die Erheblichkeit im Zivilrechtsverkehr und sah den beklagten Verein als fortbestehend und damit auch passivlegitimiert an.2 Die Entscheidung betrifft die komplexen Zuordnungen der bürgerlichen Rechtsformenangebote und des religionsautonomen Organisationsrechts ebenso wie diejenigen des religionsgemeinschaftlichen Vermögensrechts und bürgerlichen Sachenrechts. Die Entscheidung löst die Zuordnungsfragen einerseits lege artis auf gut bereitetem religionsverfassungsrechtlichen Boden, verliert diesen aber in der konkreten Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter ein wenig aus den Augen und erliegt einer kaum tragfähigen Gleichsetzung der Anforderungen zum Schutz des Rechtsverkehrs an staatliches und an religionsgemeinschaftliches Recht. II. Religionsverfassungsrechtlicher und religionspolitischer Hintergrund der Entscheidung Die Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1, 2 GG erhält in ihrer korporativen Dimension durch die Normen des inkorporierten Weimarer Religionsverfassungsrechts eine institutionelle Unterfütterung. Insbesondere der Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 137 Abs. 5 WRV hüllt die Religionsgemeinschaften in ein öffentlich-rechtliches Kleid und geht mit einem ganzen Bündel von Rechten einher, zu denen neben dem prominenten Besteuerungsrecht des Art. 137 Abs. 6 WRV etwa auch die Dienstherrenfähigkeit, die Rechtssetzungsautonomie und die Organisationsfreiheit gehören, der Religionsgemeinschaft eine selbstverständnisadäquate Struktur zu verleihen.3 Diese Körperschaftsrechte verstärken insbesondere auch das jeder Religionsgemeinschaft nach Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art. 140 GG zustehende Recht, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes ihre eigenen Angelegenheiten zu ordnen und zu verwalten. Dies gilt auch für die Ordnung des religionsgemeinschaftlichen Vermögensrechts mit der Folge, dass den bürgerlich-rechtlichen Normen lediglich der Charakter eines Verweisungsregimes zukommt.4 Vermögenszuordnungen können durch Binnenrechtsetzung erfolgen, die in der staatlichen Rechtsordnung etwa durch publizitätswahrende Berichtigungsakte nachzuvollziehen, aber nicht konstitutiv zu begründen sind.5 Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas war nach

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langen auch verfassungsgerichtlichen Auseinandersetzungen6 im Land Berlin als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt worden. In den letzten Jahren hat die Mehrzahl der Bundesländer diese Entscheidung in Verfahren der Zweitanerkennung, also der Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des jeweiligen Landesrechts, nachvollzogen. In Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg und Bremen sind entsprechende Anträge auf Zweitverleihung abgelehnt worden und hiergegen verwaltungsgerichtliche Verfahren anhängig, die freilich bis zur Entscheidung einer von den Zeugen Jehovas im Bremer Fall 2011 eingelegten Verfassungsbeschwerde ruhen.7 III. Gang der Entscheidung Der Senat erkennt im Ausgangspunkt an, dass die religionsgemeinschaftliche Organisationshoheit zu Abweichungen von der vereinsrechtlich ohne Liquidation des Vereins zwingenden Folge der Löschung aus dem Vereinsregister, nämlich der Fortexistenz als nichtrechtsfähiger Verein, führen kann. In der Gründungsphase einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sei es nicht ausgeschlossen, dass diese durch Kirchengesetz einen zu der Gemeinschaft gehörenden privatrechtlich organisierten Verein in die Körperschaft eingliedere und dessen eigenständige Existenz beende.8 Um diesen Grundsatz zu stützen, entfaltet der Senat ausführlichst Gehalt, Bedeutung und Reichweite des Selbstbestimmungsrechts des Art. 137 Abs. 3 WRV im systematischen Verhältnis zum Körperschaftstatus und zur Religionsfreiheit.9 Konsequent wendet er auch das Schrankenregime der für alle geltenden Gesetze im Sinne des Art. 137 Abs. 3 WRV an, weil es sich bei der Regelung über die Einbeziehung lokaler Vereine in die neu entstandene Körperschaft nicht um eine allein den inneren Bereich einer Religionsgemeinschaft betreffende Angelegenheit handele, da sie etwa Rechte außenstehender Dritter betreffe.10 Zu den allgemeinen Gesetzen zählt der Senat in Übereinstimmung mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und der ganz vorherrschenden Schrifttumsauffassung auch die Vorschriften des Sachenrechts. Zustimmung verdient weiter die Vorgehensweise des Senates, es nicht im Sinne einer strikten Bereichsscheidung mit der Feststellung der Geltung des Sachenrechts sein Bewenden haben zu lassen, sondern die Reichweite des Sachenrechts und des Vereinsrechts konkret in Abwägung mit der religionsverfassungsrechtlich garan-

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BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, Ziff. 2. BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 154, Ziff. 21. Nur: BVerfGE 102, 370, 388. Statt vieler: Kästner, Karl-Hermann: Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Vermögens, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts, Band 1, 1994, S. 891-906; Germann, Die kirchliche Vermögensverantwortung, in: Essener Gespräche 47 (2013), S. 57, 69 ff. 5 Zur hier angesprochenen Kontroverse um den Eigentumsübergang außerhalb des Grundbuches einerseits: OLG Hamm OLGZ 1980, 170 (gebilligt von: BVerfG NJW 1983, 2571, 2572). Wie hier: OLG Braunschweig ZevKR 37 (1992), 205; OLG Hamburg NJW 1983, 2572; Meyer, in: HdBStKR, § 33, S. 907, 922 Fn. 52; Mainusch, NJW 1999, 2148ff. 6 BVerfGE 102, 370 ff. 7 Zum Stand der Verfahren informativ: http://www.jehovaszeugen.de/Zweitverleihungen.56.0.html [letzter Zugriff: 14.9.2013]. 8 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 153 f., Ziff. 19. 9 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 154, Ziff. 21 f. unter Bezug insbesondere auf BVerfGE 102, 3370 ff. 10 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 154, Ziff. 23.


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tierten Organisationsfreiheit und der Religionsfreiheit zu bestimmen.11 Dieser Wechselwirkung zwischen Schutzgut und Schrankenbestimmung will der Senat durch eine entsprechende Güterabwägung Rechnung tragen. Struktur gibt er der Güterabwägung durch einen Rekurs auf die Bahai-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der jenes die vereinsrechtlichen Modifikationen unter Berücksichtigung des religionsgemeinschaftlichen Selbstverständnisses einer nicht körperschaftlich organisierten Religionsgemeinschaft konturiert hatte.12 Die „unabweisbaren Rücksichten auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs und auf die Rechte anderer“ werden als Grenze des selbstverständnisgeprägten Autonomiebereichs ausgewiesen.13 Auf dieser Grundlage nun stellt der Senat auf die eine Seite der Güterabwägung die Bedeutung der Körperschaftsrechte insbesondere in der Überführungsphase der Organisationsstruktur aus dem Vereinsrecht in den Körperschaftstatus ein. Durch Verleihung des Körperschaftsstatus werde der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas erstmals die Möglichkeit gegeben, sich eine ihrem Selbstverständnis entsprechende Organisationsstruktur zu geben und dabei die bislang selbstständigen Vereine einzugliedern. Die Anwendung des Vereinsrechts und Übertragung des Eigentums nach zivilrechtlichen Regelungen auf die Körperschaft, also die Liquidation nach § 47 BGB und die Immobiliareigentumsübertragung nach §§ 873, 925 BGB seien unzumutbar.14 Auf der anderen Seite entfaltet der Senat die Interessen der Gläubiger und der Sicherheit des Zivilrechtsverkehrs. Hingewiesen wird auf die Funktion des Liquidationsverfahrens zur Gläubigerbefriedigung und insbesondere auf die Registerpublizität zum Schutz des Rechtsverkehrs und der Gläubiger.15 Insoweit ist der Entscheidung nur zuzustimmen. Im Bemühen, die widerstreitenden Rechtspositionen zu einem schonenden Ausgleich zu bringen, unterwirft der Senat die organisations- und vermögensrechtliche Eingliederung selbstständiger Vereine in die Körperschaft in deren Gründungsphase allerdings einer Trias materieller Anforderungen.16 Erstens habe die Eingliederung durch ein im Amtsblatt der Religionsgemeinschaft zu veröffentlichendes Gesetz der Körperschaft zu erfolgen. Ein Verwaltungsakt sei nicht ausreichend. Das Gesetz müsse hinreichend klar sein. Deshalb müsse der einzugliedernde Verein namentlich genannt und der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eingliederung eindeutig geregelt sein. Zweitens müsse Gesamtrechtsnachfolge angeordnet sein; eine Übertragung des Vermögens oder einzelner Vermögensgegenstände sei hingegen mit dem Gläubigerinteresse unvereinbar. Der Schuldneraustausch in Folge der Gesamtrechtsnachfolge sei allerdings dem Gläubiger zumutbar, weil die materiellen Verleihungsvoraussetzungen des Körperschaftstatus – insbesondere die hinreichende Gewähr der Dauerhaftigkeit und die Existenz einer Organisationsverfassung – einen genügend leistungsfähigen Gläubiger garantierten. Schließlich müsse drittens der Verein auch der Religionsgemeinschaft angehören und sich deren Regelungsbefugnis hinsichtlich einer Eingliederung unterworfen haben. Diese materiellen Anforderungen an einen Eingliederungsakt stützt der Senat sodann formell rechtlich durch eine, allerdings lediglich durch Schadensersatzansprüche armierte Verpflichtung der Religionsgemeinschaft in Analogie zu § 278 Abs. 1, § 198 Abs. 2 Satz 3 UmwG zu beantragen, die Eingliederung und Rechtnachfolge in das Vereinsregister einzutragen.17 Auf dieser Basis legt der Senat die binnenrechtlichen Vorschriften der Zeugen Jehovas aus und versagt ihnen tragend mit Hinweis auf die mangelnde Klarheit die Gefolgschaft. Naheliegend ist die Interpretation des Übergangsgesetzes da-

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hingehend, dass die bestehenden örtlichen Versammlungen nicht in rechtlich selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts umgewandelt werden sollten, sondern eben nur „religionsrechtlich selbstständige Untergliederungen des öffentlichen Rechts“18 bleiben. Der Senat verneint indes, dass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eine Eingliederung der lokalen Vereine in die Körperschaft und damit verbunden die Beendigung der eigenständigen rechtlichen Existenz der Vereine erreicht werden sollte. Erst aufgrund einer späteren gesetzlichen Klarstellung werde erkennbar, dass die Versammlungen jedenfalls keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen sollen. Aus der Regelung werde jedoch nicht deutlich, dass eine Gesamtrechtsnachfolge und damit auch der Übergang der Verbindlichkeiten eintreten sollen. Diese Klarheit schaffe erst ein an die örtliche Versammlung gerichteter Verwaltungsakt, wonach das Vermögen des Vereins auf die Körperschaft übergegangen sei und das vormalige Vereinsvermögen im Verein lediglich zugeordnet werde. Die Unklarheit eines Gesetzes könne jedoch nicht durch den Erlass eines Verwaltungsaktes behoben werden. Zudem fehle es an der Benennung der einzugliedernden Vereine und der Angabe des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Eingliederung.19 Der Senat versagt den Regelungen damit die Anerkennung, weil sie den Interessen des Rechtsverkehrs und insbesondere der Gläubiger nicht hinreichend Rechnung trügen. Auch für den aufmerksamen Gläubiger bleibe unklar, welches rechtliche Schicksal eine ihm zustehende Forderung erfahren habe.20 Weil die Eingliederung nach Auffassung des Senats daher unwirksam ist, bedürfe es keiner Entscheidung, ob sich die Regelungsbefugnis der Körperschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland auch auf das Land Baden-Württemberg erstrecke, wo die örtliche Versammlung ansässig war, obwohl dort bislang keine Zweitverleihung der Körperschaftsrechte erfolgt ist.21 IV. Zivilrecht als Verweisungsregime und staatliche Wirkungsverantwortung im religionsgemeinschaftlichen Organisationsrecht Die Entscheidung überzeugt methodisch und dogmatisch nicht. Die Frage, ob die Organisationsakte der Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts den in BadenWürttemberg ansässigen Verein überhaupt betreffen, ist als Frage der territorialen Reichweite der Rechtsetzungsakte vorrangig vor der Frage ihrer möglichen Unwirksamkeit wegen mangelnder Normklarheit zu beantworten. Die Frage, welche Reichweite die Zweitverleihung der Körperschaftsrechte hat, hätte vom Senat also beantwortet werden müssen. Nun ist die Zweitverleihung der Körperschaftsrechte Gegenstand einer derzeit heftig geführten verfassungsrechtlichen Diskussion. Die Frage kreist um die Annahme der Verwaltungs-

11 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 154, Ziff. 25. 12 BVerfG 83, 341 ff. 13 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 154, Ziff. 26 unter Rekurs auf BVerfGE 83, 341, 356. 14 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 154, Ziff. 27. 15 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 154, Ziff. 28. 16 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 155 f., Ziff. 30-34. 17 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 156, Ziff. 35. 18 Übergangsgesetz, Art.1 Ziff. I Satz 2. 19 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 156, Ziff. 40. 20 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 156, Ziff. 41. 21 BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, npoR 2013, 152, 156, Ziff. 42.


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gerichte, dass die Länder im Zweitverleihungsverfahren die Verleihungsvoraussetzungen noch mal umfänglich zu prüfen hätten, oder ob sie insoweit an die Feststellungen des Erstverleihungsaktes gebunden sind.22 Materiell steht die Reichweite der verliehenen Körperschaftshoheiten in Frage. Hier ist zu differenzieren: Dort, wo es um die Ausübung genuiner Landes-Hoheitsrechte geht, wie etwa in der Ausübung des religionsgemeinschaftlichen Besteuerungsrechtes nach Maßgabe des Art. 137 Abs. 6 WRV, wird man einen konstitutiven Zweitverleihungsakt fordern müssen; dort aber, wo es um die bundeseinheitlich in gleicher Weise religionsverfassungsrechtlich garantierte Ausübung der Organisationsfreiheit geht, wird man in dem Zweitverleihungsverfahren insoweit einen lediglich deklaratorischen Akt sehen müssen.23 Klarheit wird indes erst die von den Zeugen Jehovas beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemachte Verfassungsbeschwerde bringen. Deshalb hätte es auch in den Fragen des Organisationsrechts nahe gelegen, wenn der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung im Verfassungsbeschwerdeverfahren hätte ruhen lassen. Lässt man diese verfahrensrechtliche Frage einmal außen vor, so überzeugt die Entscheidung auch dogmatisch kaum. Der Ausgangspunkt, den der Senat wählt, ist indes zutreffend. Die Frage, in welchen Grenzen die religionsgemeinschaftliche Organisationsverfassung und das religionsgemeinschaftliche Vermögensrecht in der bürgerlichen Rechtsordnung wirksam werden, ist eine Frage der Entfaltung der für alle geltenden Gesetze in Abwägung mit der Organisationsautonomie der Religionsgemeinschaft. Der Senat scheint allerdings bei der Statuierung der materiellen Anforderungen an die Binnenrechtsetzungsakte zu übersehen, dass das religionsgemeinschaftliche Organisations- und Vermögensrecht zwar in den Formen des Zivilrechts wirksam wird,24 indes nicht zwingend den Anforderungen an staatliches Recht zu folgen hat. Ob und inwieweit etwa die Gebote der rechtsstaatlichen Normenklarheit auch über den Gedanken der staatlichen Wirkungsverantwortung für religionsgemeinschaftliche Binnenrechtsetzung gelten,25 hätte der Senat differenziert erörtern oder doch jedenfalls begründen müssen. Das Urteil begnügt sich mit einer fast naiv zu nennenden, schlichten Übertragung. Die apodiktische Behauptung, dass ein Verwaltungsakt die mangelnde Klarheit einer kirchengesetzlichen Regelung nicht heilen könne, ist zwar vor dem Hintergrund verständlich, dass der Senat mit der Rechtsetzungsform des Gesetzes die den Rechtsverkehr schützende Publizität verbindet, ihr fehlt aber das Fundament in Gestalt einer religionsgemeinschaftlichen Rechtsetzungs-Typologie. Was nach dem Selbstverständnis der Zeugen Jehovas ein Kirchengesetz ist und was im Gegensatz dazu ein Verwaltungsakt, lässt sich nicht dem vom Senat wohl implizit bemühten staatlichen Recht entnehmen, sondern ist eine Frage der Rechtsquellenlehre des Binnenrechts. Der Senat bleibt schlicht die Begründung dafür schuldig, warum die Klarheit der Vermögenszuordnung nicht auch durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden kann, warum eine kirchengesetzliche Regelung die betroffenen Organisationsein-

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heiten, also örtlichen Versammlungen, namentlich aufführen müsste und warum ein bestimmter Zeitpunkt der vermögensrechtlichen Eingliederung angegeben werden müsste. Auch hätte sich der Senat fragen müssen, ob die Gesamtrechts- und Vermögensnachfolge sich nicht im staatlichen Recht als Folge der religionsgemeinschaftlichen Organisationsakte unter dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge ipso iure – und damit ohne binnenrechtliche Regelung – ergeben könnte. Zutreffend ist allein das dritte vom Senat aufgestellte Erfordernis: Organisations- und Vermögensrechtsakten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist dann die bürgerliche Wirksamkeit zwingend zu versagen, wenn sie sich auf Rechtsträger erstrecken, die der Rechtsetzungsgewalt der Körperschaft nicht unterworfen sind. Das Urteil leistet einen wohlgemeinten Beitrag zur Verrechtstaatlichung religionsgemeinschaftlichen Organisations- und Vermögensrechts und leistet sich dabei zugleich einen verfassungswidrigen Übergriff in den Binnenrechtsraum der Religionsgemeinschaft. Wenn man die Maßstäbe der Entscheidung auf die Regelungen der Vermögensträgerschaft und der -zuordnung altkorporierter Körperschaften übertrüge, würde das kirchliche Vermögensrecht wohl in seinen Grundfesten erschüttert. Bei aller Kritik macht die Entscheidung aber eines deutlich: Der Körperschaftsstatus verleiht die Rechtsmacht zur Umgestaltung der Organisations- und Vermögensverfassung einer Religionsgemeinschaft. Diese Umgestaltung kann mit erheblichen Auswirkungen für den Zivilrechtsverkehr verbunden sein. Der hier im Vereins- und Sachenrecht durch Liquidationsverfahren und Registerpublizität abgesicherte Gläubiger- und Verkehrsschutz droht religionsverfassungsrechtlich unterspült zu werden. Insoweit ist das dogmatische Bemühen verständlich, ihn im Abwägungsprozess der für alle geltenden Gesetze abzusichern. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die Anforderungen an religionsgemeinschaftliche Binnenrechtsetzung in Übertragung der rechtsstaatlichen Maßstäbe an staatliche Rechtsetzung überspannt werden. Abhilfe kann das Vertragsstaatskirchenrecht schaffen. Hier zeigen etwa die überkommenen Anzeige- und Genehmigungserfordernisse hinsichtlich der vermögensrechtlichen Vertretung der evangelischen Landeskirchen in den Staatskirchenverträgen einen möglichen Weg.26 Ob er auch gegenüber den Zeugen Jehovas begangen wird, ist eine Frage der Religionspolitik, nicht aber des Vereinsrechts.

22 Stellvertretend: VG Mainz, Urt. v. 26.1.2012, NVwZ-RR 2012, 417 ff. Dagegen überzeugend : Walter/Ungern-Sternberg/Lorentz, Die »Zweitverleihung« des Körperschaftsstatus an Religionsgemeinschaften, 2012. 23 Mit weiteren Nachweisen: Zacharias, NVwZ 2007, 1257, 1259 f. 24 Hierzu: Germann, Die kirchliche Vermögensverantwortung nach evangelischem Kirchenrecht, in: Essener Gespräche 47 (2013), S. 57, 69 ff. 25 Dazu nunmehr grundlegend: Traulsen, Rechtsstaatlichkeit und Kirchenordnung, 2013, S. 105 ff. 26 Siehe etwa Art. 3 HessKV; Art. 10, 23 Abs. 2 NdsKV; Art. 4 RhPf.KV.


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Lockerung des Endowment-Verbots durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes

Oftmals lagern Stiftungen oder gemeinnützige Vereine ihre steuerbegünstigten oder auch ihre steuerpflichtigen Tätigkeiten in Tochterkapitalgesellschaften aus. Hierbei müssen diese bei der Ausstattung mit Kapital die Grundsätze des Mittelverwendungsgebots beachten. Gleiches gilt aber auch, wenn Stiftungen mit Kapital ausgestattet werden sollen. Das Mittelverwendungsgebot bestimmt nicht nur, dass Mittel nur für satzungsgemäße und steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden müssen, sondern auch, dass diese Mittel zeitnah zu verwenden sind; d.h. dass die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für steuerbegünstigte, satzungsgemäße Zwecke verwendet werden müssen (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO). Auch bei Mittelweiterleitungen an andere steuerbegünstigte Körperschaften unterliegen diese gleichfalls der zeitnahen Mittelverwendung. Von diesem zeitnahen Verwendungsgebot sind lediglich Mittel ausgeschlossen, die einer zulässigen Rücklage im Sinne des § 62 AO n.F. zugeführt wurden oder die nicht der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen. Als nicht zeitnah zu verwendende Mittel gelten:

zur Verfügung standen. Dies hat die Finanzverwaltung mit Verfügung der OFD Rheinland und Münster vom 20.9.20122 ausdrücklich bestätigt. Das ging sogar so weit, dass die OFD Rheinland in ihrer Verfügung vom 20.9.20123 die Verwendung von zeitnah zu verwendenden Mitteln für die Kapitalausstattung einer steuerbegünstigten Körperschaft für gemeinnützigkeitsrechtlich unzulässig angesehen hat, da damit ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit vorliege. Gleichfalls wurde festgelegt, dass auch die Vorschrift des § 58 Nr. 2 AO (Mittelweiterleitung an andere gemeinnützige Körperschaften im Rahmen des Halbteilungsgrundsatzes) die Anschaffung von Anteilen an einer gGmbH nicht zulässt. Durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes ist es durch die Neufassung des § 58 Nr. 3 AO ab dem 1.1.20144 grundsätzlich zu einer Lockerung des Endowment-Verbots gekommen, wenn es sich um die Ausstattung einer steuerbegünstigten Tochterkapitalgesellschaft oder einer steuerbegünstigten Stiftung mit Kapital handelt. § 58 Nr. 3 AO lautet nunmehr:

- Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Stiftung vorschreibt, - Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass diese nur zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind, - Zuwendungen aufgrund eines Spendenaufrufs, wenn aus diesem ersichtlich ist, dass die Beiträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden, - Sachzuwendungen, die ihrer Art nach zum Vermögen gehören (§ 62 Abs. 3 AO) sowie freie Rücklagen im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO n.F. Vor allem letztgenannte Mittel, nämlich die freien Rücklagen, sind bei der Auslagerung oder bei dem Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften von hoher Bedeutung, da mit diesen Mitteln Anteile finanziert werden können.1 Dies bedeutet grundsätzlich, dass für die Finanzierung von Anteilen an einer Tochterkapitalgesellschaft nur nicht zeitnahe Mittel, vorrangig die freie Rücklage, zu verwenden sind. Mithin besteht ein Verbot, zeitnah zu verwendende Mittel zur Ausstattung einer anderen Körperschaft mit Vermögen zu verwenden (§ 58 Nr. 11 AO a.F.), das so genannte Endowment-Verbot. Dies bedeutet, dass eine Beteiligung mit Hilfe von Vermögenswerten, die bei der zuwendenden, gemeinnützigen Organisation nicht zeitnah zu verwenden wären, wie das Grundstockvermögen oder Mittel der freien Rücklage, in der Praxis bisher meist nicht unbeschränkt verfügbar waren, da diese regelmäßig bereits auch für andere Zwecke, wie die Kapitalerhaltung, gebunden waren und deshalb für Endowments nicht

„Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung, ihre Gewinne aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise und darüber hinaus höchstens 15 Prozent ihrer sonstigen, nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwendet. Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke müssen den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen. Die nach dieser Nummer zugewandten Mittel und deren Erträge dürfen nicht für weitere Mittelweitergaben im Sinne des ersten Satzes verwendet werden.“ Eine der Intentionen für die gesetzliche Lockerung des Endowment-Verbots war auch, dass große gemeinnützige För* Die Autorin ist Steuerberaterin und Partner bei Baker Tilly Roelfs Steuerberatungsgesellschaft mbH, Büro Stuttgart. 1 OFD Rostock, Verf. v. 12.7.2002, DStR 2002, 1484. 2 OFD Rheinland und Münster, Verf. v. 20.9.2012 – S 0174 2012/0005 (Rhld.) bzw. S 2729 - 82 - St 13 - 33 (Ms.), DB 2012, 2196. 3 OFD Rheinland, Verf. v. 20.9.2012 – S 0174 - 2012/0005, DStR 2013, 44. 4 Art. 12 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Nr. 4, BGBl. I 2013, 556.


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derinstitutionen (zum Beispiel im Bereich der Wissenschaft) daran interessiert waren, andere Einrichtungen (zum Beispiel Universitäten) nicht durch laufende Fördermittel, sondern durch Gewährung eines Grundstocks zu fördern.5 Beispielhaft seien hier die Stiftungsprofessuren genannt, die durch unselbständige Stiftungen an den Universitäten eingerichtet wurden. Bislang hat das Endowment-Verbot eine kapitalbasierte Finanzierung einer Lehrstuhlstiftung an Universitäten aus zeitnah zu verwendenden Vermögenserträgen behindert.6 Die Neuregelung ist rechtsformneutral ausgestaltet, d.h. sie beschränkt sich nicht auf die ursprüngliche Förderung der Stiftungspraxis, sondern sie erlaubt beispielsweise auch gemeinnützigen Vereinen mit ertragreichen begünstigten Zweckbetrieben die Gründung bzw. Kapitalausstattung von gemeinnützigen Tochterkapitalgesellschaften oder Stiftungen. Aus diesem Grund enthält die Vorschrift auch die Bestimmung, dass Zuwendungen an Körperschaften des öffentlichen Rechts möglich sind.7 Durch diese gesetzliche Neuregelung ist es zulässig geworden, dass eine gemeinnützige Körperschaft ihre Überschüsse aus der Vermögensverwaltung, die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (Zweckbetrieb und steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) und darüber hinaus maximal 15% der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft zur Vermögensausstattung zuwendet. Eine der zwingenden Voraussetzungen ist darüber hinaus, dass Endowments nur an Körperschaften mit identischen steuerbegünstigten Zwecken erlaubt sind. Dies würde am Beispielsfall bedeuten, dass eine Stiftung, die sich der Förderung der Wissenschaft und Forschung verschrieben hat, eine Endowment-Lösung nur für eine steuerbegünstigte Tochterkapitalgesellschaft oder Stiftung anwenden könnte, deren Satzungszweck gleichfalls die Förderung der Wissenschaft und Forschung ist. Allerdings geht die herrschende Meinung davon aus, dass keine vollständige Identität der Satzungszwecke verlangt werden kann. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung muss es bei Körperschaften mit mehreren Satzungszwecken ausreichend sein, wenn der Zweck, für den das Endowment bestimmt ist, sowohl von der zuwendenden als auch der empfangenden Körperschaft verfolgt wird.7 Zu beachten ist zusätzlich, dass § 58 Nr. 3 AO nur die gemeinnützigkeitsrechtliche Zulässigkeit eines Endowments regelt, davon zu trennen ist die Vorfrage, nämlich zum Beispiel die vereinsrechtliche oder stiftungsrechtliche Zulässigkeit des Mitteltransfers.8 Stiftungsrechtlich ist ein Mitteltransfer im Falle eines Endowments, auch im Falle der Anwendbarkeit der §§ 80 ff. BGB zulässig, sofern hierzu nicht Teile des Grundstockvermögens, sondern laufende Erträge verwendet werden.9

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Eine weitere Besonderheit bei der gesetzlichen Neuregelung ist jedoch, dass die im Rahmen des Endowments zugewendeten Mittel und deren Erträge nicht für weitere Mittelweitergaben zur Ausstattung verwendet werden dürfen. Ziel dieser Regelung ist, dass so genannte Vermögensausstattungskaskaden unterlaufen werden sollen. Die Empfängerkörperschaft darf die Mittel aus dem zugewendeten Vermögen nicht wiederum zur Vermögensausstattung einer anderen Körperschaft verwenden. Bedeutung erlangt dies beispielsweise in Fällen, wo eine Muttergesellschaft einer Tochterkapitalgesellschaft Mittel gibt, die dann wiederum eine weitere steuerbegünstigte Tochterkapitalgesellschaft gründen würde. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Lockerung des Endowment-Verbots nicht für den Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Körperschaft gilt, also beispielsweise für Fälle, in dem eine Krankenhaus GmbH die Anteile an einem benachbarten Krankenhaus mit anderer Spezialausrichtung erwirbt. Dem Grunde nach besteht eine Konkurrenzsituation zwischen § 58 Nr. 2 und Nr. 3 AO, die allerdings keine wirkliche Konkurrenz zieht, da die herrschende Meinung schon bisher davon ausging, dass Mittelweiterleitungen im Sinne des § 58 Nr. 2 AO nur für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke vorgesehen waren. § 58 Nr. 3 AO ist zudem lediglich eine weitere Ausnahme vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Ob die Lockerung des Endowment-Verbots zu einer hohen Anzahl von Gründungen steuerbegünstigter Tochterkapitalgesellschaften oder anderer gemeinnütziger Einrichtungen führt, bleibt letztlich abzuwarten. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass vor Gründung von neuen Körperschaften stets die Vor- und Nachteile anderer Wege mit zu würdigen sind. Durch separate Einheiten können oftmals kürzere Wege und nachhaltigere Förderungen begünstigt werden. Verkannt werden darf nicht, dass Neugründungen immer auch mit Kosten (Gründungs- und Verwaltungsaufwand) belegt sind. Bestehen jedoch entsprechende Vorhaben konkret, ist die Lockerung des Endowment-Verbots sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. 5 Klassmann, Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes und seine Auswirkungen für steuerbegünstigte Stiftungen, Stiftung & Sponsoring, Rote Seiten, 8. 6 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 17/121213; Hüttemann, Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes, DB 2013, 47. 7 Schauhoff/Kirchhain, Steuer- und zivilrechtliche Neuerungen für gemeinnützige Körperschaften und deren Förderer – zum Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes, FR 2013, 304 und Hüttemann, Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes, DB 2013, 47. 8 Hüttemann, Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes, DB 2013, 774 ff. 9 Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Neubearbeitung 2011, § 81 Rz. 8.

Dr. Herbert Grünberger, CPA (Chicago)*

Rechnungslegung und Prüfung von Vereinen in Österreich Das Vereinsgesetz verlangt gemäß § 21, dass das Leitungsorgan dafür sorgt, dass die Einnahmen und Ausgaben laufend aufgezeichnet werden. Am Ende des Jahres, nach Ablauf von zwölf Monaten, hat das Leitungsorgan die Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben und über das vorhandene Vermögen zu er-

stellen. Aber diese Aussage gilt nur für den kleinen Verein. * Der Autor ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie Partner von MOORE STEPHENS AUSTRIA Wirtschaftsprüfung, Büro Linz. Zudem ist er Lehrbeauftragter an der Donau-Universität Krems.


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Die Vereine werden in kleine, mittlere und große Vereine eingeteilt. Die Rechnungslegung schaut bei jedem der drei Kategorien anders aus. Beim kleinen Verein mit gewöhnlichen Einnahmen oder Ausgaben bis eine Million Euro im Jahr ist von der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und von der Vermögensübersicht die Rede. Beim mittleren Verein mit Einnahmen und Ausgaben von mehr als einer Million Euro im Jahr und beim großen Verein mit Einnahmen und Ausgaben von mehr als drei Millionen Euro im Jahr spricht man bereits vom Jahresabschluss im Sinne des Unternehmensgesetzbuches. Hier wird die Rechnungslegung so durchgeführt wie bei einem Unternehmen. Wir sprechen jetzt vom Jahresabschluss, der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung. I. Zum Jahresabschluss für mittlere und große Vereine Beim großen Verein wird ein Abschlussprüfer die Abschlussprüfung durchführen und in der Mitgliederversammlung den Prüfbericht vorlegen. In diesem Prüfbericht wird er die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung behaupten und berichten, dass die Gelder statutengemäß verwendet worden sind und dass weiteres keine ernsthafte Gefährdung der Gemeinnützigkeit vorliegt und damit auch die Entwicklung des Vereines nicht gefährdet ist. Schließlich wird er festhalten, dass es keine Verstöße gegen Gesetz und Satzung gegeben hat. Sollten Verstöße vorliegen, dann wird dies der Abschlussprüfer der Vereinsbehörde mitteilen. Die Vereinsrechnungslegung bezieht sich auf den gesamten Verein. Damit sind alle Zweigstellen (Sektionen) eingeschlossen. Die steuerliche Gewinnermittlung bezieht sich im Wesentlichen auf den begünstigungsschädlichen Hilfsbetrieb, denn dieser wird mit seinem Gewinn und seinen Umsätzen gegebenenfalls steuerpflichtig. So gibt es eine Bilanz oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für den Gesamtverein und aus steuerlichen Gründen eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für einen Teil der Vereinstätigkeit, der als begünstigungsschädlich bezeichnet wird. Es wird der Finanzreferent bzw. Vereinskassier in der Mitgliederversammlung die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung präsentieren. Im Anschluss daran wird der Rechnungsprüfer oder der Abschlussprüfer den Antrag auf Entlastung stellen. Mit diesem Antrag wird das Ergebnis der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung akzeptiert und damit gleichzeitig die Tätigkeit des Finanzreferenten bzw. des Kassiers. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Feststellung, d.h. mit anderen Worten das Akzeptieren bzw. das Genehmigen des Jahresabschlusses und der Tätigkeit des Finanzreferenten. In § 22 Vereinsgesetz finden sich die Grenzen, die beim Überschreiten in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zur Annahme eines großen Vereines führen. Es sind dies Einnahmen oder Ausgaben über drei Millionen Euro bzw. Spendeneinnahmen über eine Million Euro im Jahr. Die großen Vereine müssen einen Jahresabschluss nach dem Unternehmensgesetzbuch erstellen mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und einem Anhang, in dem die einzelnen Positionen der Bilanz und des Jahresabschlusses erläutert werden. Hier wird anstelle des vereinsinternen Rechnungsprüfers ein beeideter Abschlussprüfer tätig sein. 1. Rechnungsprüfer Im Anschluss daran werden die zwei Rechnungsprüfer des Vereines tätig. Sie haben ihre Prüfung innerhalb von vier Monaten durchzuführen. Sie müssen nicht nur die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung, sondern auch die

statutengemäße Verwendung der finanziellen Mittel überprüfen. Die Rechnungsprüfer halten ihre Ergebnisse in einem Prüfungsbericht fest, der dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung oder einem allenfalls bestehenden Aufsichtsorgan übergeben wird. Die Prüfer werden entweder die Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens bzw. die statutengemäße Verwendung der Mittel bestätigen oder auf Gebarungsmängel hinweisen. Schließlich müssen sie in ihrem Prüfbericht eine Bestandsgefährdung des Vereines dann aufzeigen, wenn finanzielle Verpflichtungen bestehen, die weit über das Vereinsvermögen hinausgehen. Schließlich werden die Rechnungsprüfer im Prüfbericht auf ungewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben und auf In-Sich-Geschäfte hinweisen (um ein In-Sich-Geschäft handelt es sich beispielsweise, wenn der Vereinsobmann im Namen des Vereins ein Geschäftslokal mietet, dessen Eigentümer er selbst ist). 2. Handlungsbedarf des Vorstandes Der Vereinsvorstand oder die Geschäftsführung bzw., falls vorhanden, das Aufsichtsorgan erhalten den Prüfbericht. Dann sind folgende Schritte erforderlich: a) Die Mitglieder sind über die Prüfung zu informieren. Wenn dies im Rahmen der Mitgliederversammlung geschieht, dann sind die Rechnungsprüfer die Berichterstatter. b) Der Vorstand (oder Geschäftsführung oder Aufsichtsorgan) hat dafür zu sorgen, dass allfällig aufgezeigte Gebarungsmängel beseitigt und dass ggf. Maßnahmen gegen eine drohende Bestandsgefährdung getroffen werden. Wenn der Vorstand nicht oder nur unzureichend handelt, müssen die Rechnungsprüfer von diesem die Einberufung der Mitgliederversammlung verlangen. Wenn ihrem Verlangen nicht entsprochen wird, können die Rechnungsprüfer sie selbst einberufen und auf die Gebarungsmängel bzw. die Bestandsgefährdung aufmerksam machen. 3. Sonderfall (§ 22 Abs. 3 VerG) Wenn ein öffentlicher Subventionsgeber den Verein als Subventionsnehmer geprüft hat, dann wird der geprüfte Bereich nicht noch einmal durch den Abschlussprüfer geprüft und auch bei der Berechnung der gewöhnlichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Schwellenwert von drei Millionen Euro nicht berücksichtigt. Der öffentliche Subventionsgeber hat das Ergebnis seiner Prüfung dem Abschlussprüfer mitzuteilen. 4. Richtlinie über die Rechnungslegung für große Vereine – Fachgutachten KFS/PE 22 vom 9.7.2012 (vergleichbar mit IDW RS HFA 14) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder, genauer das Institut der Abschlussprüfer, hat, um ein wenig Klarheit zu schaffen, eine Richtlinie über die Rechnungslegung und Prüfung von Vereinen erlassen, damit vereinsspezifische Zweifelsfragen unternehmensrechtlich sinnvoll gelöst werden. Die vereinsspezifischen Lösungsansätze der Richtlinie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Zu unterscheiden ist zwischen dem Abschlussprüfer und dem Rechnungsprüfer. Der Rechnungsprüfer eines Vereins ist in der Regel ein Vereinsmitglied, das von der Mitgliederversammlung gewählt wurde und das vier Monate ab Erstellung des Jahresabschlusses oder der EinnahmenAusgaben-Rechnung Zeit hat, die Ordnungsmäßigkeit der


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Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel zu überprüfen. Ob eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder ein Jahresabschluss bzw. ein Jahresabschluss mit Anhang oder ohne Anhang zu erstellen ist, ist abhängig von der Höhe der nachhaltigen Einnahmen bzw. Ausgaben. Die Erstellung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bzw. des Jahresabschlusses hat innerhalb von fünf Monaten zu erfolgen. Der Abschlussprüfer ist erforderlich, wenn die Einnahmen oder Ausgaben in zwei aufeinander folgenden Jahren über drei Millionen Euro lagen oder Spenden über eine Million Euro gesammelt wurden. Der Abschlussprüfer wird von der Mitgliederversammlung (aus mehreren Bewerbern) ausgewählt und bestellt, in der Regel für ein Jahr. Die Haftungsgrenze für den Abschlussprüfer beträgt je Prüfung zwölf Millionen Euro; die Einholung einer Vollständigkeitserklärung vom Verein ist erforderlich. Sowohl der Rechnungsprüfer des Vereins als auch der Abschlussprüfer müssen unbefangen und unabhängig sein. Die Prüfung wird sich auf drei Inhalte beziehen: a) die statutengemäße Verwendung der Mittel, b) die Überprüfung ungewöhnlicher Einnahmen und Ausgaben, c) In-Sich-Geschäfte. Für die statutengemäße Verwendung ist die Wesentlichkeit von Bedeutung bzw. ist das Risiko einer falschen Darstellung zu berücksichtigen. In-Sich-Geschäfte zwischen Verein und dem Organ sind zulässig, soweit die übliche Ausgestaltung des Geschäftes erfolgt ist und die Vereinsorgane diesem Geschäft zugestimmt haben. Für den Abschlussprüfer besteht Redepflicht und Warnpflicht bei Mängeln. Bei Bestandsgefährdung besteht die Warnpflicht gegenüber der Vereinsbehörde. Die Bestandsgefährdung kann sich dadurch ergeben, dass den aktuellen Verpflichtungen voraussichtlich nicht nachgekommen werden kann bzw. dass diese zukünftig nicht erfüllt werden. Die Vereinsbehörde hat diese Tatsache im Vereinsregister ersichtlich zu machen. Die Berichterstattung und Redepflicht hat vordergründig in der Mitgliederversammlung zu erfolgen. Die Einberufung der Mitgliederversammlung ist vom Leitungsorgan zu verlangen. Sollte dies nicht geschehen, ist der Abschlussprüfer berechtigt, eine solche einzuberufen. Die zweite vereinsbezogene Tätigkeit beim Spendenverein ergibt sich für den Abschlussprüfer durch die Prüfung der Steuerabsetzbarkeit, geregelt im Fachgutachten KFS/PE 24 vom 3.12.2002. 5. Spendenabwicklung – Fachgutachten KFS/PE 24 vom 3.12.2002 Für die Spendenabwicklung gibt es zwei Verfahren. Im ersten Verfahren ist der Steuerberater des Vereins eingebunden. Es handelt sich um das sogenannte Spendengütesiegel. Beim zweiten Verfahren ist der Abschlussprüfer eingebunden und bestätigt, dass beim Spendenverein die Voraussetzung für die Absetzbarkeit gemäß § 4 a (8) EStG vorliegt. Wenn nicht schon ein Bestätigungsvermerk des Vereines vorliegt, dann hat sich diese Prüfung auch auf die Einhal-

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tung der Rechnungslegungsvorschriften zu beziehen. Die Prüfungshandlungen beziehen sich ferner auf die Satzung, auf die Dokumente, die den Erhalt der Spendengelder verifizieren, und schließlich auf die Bestimmung, dass der Verwaltungsaufwand des Vereines maximal 10 % des Spendenvolumens betragen darf. Für die Berichtserstattung gibt es ein Muster des Finanzministeriums. Das eingangs erwähnte Spendengütesiegel, welches vom Steuerberater geprüft wird, wird von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vergeben und ist im Wesentlichen ein Marketinginstrument zur Unterscheidung von seriösen und unseriösen Spendensammlern. Für die steuerliche Absetzbarkeit ist dann der Abschlussprüfer tätig. Diese Prüfung, die dem Spendengütesiegel vorausgeht, bezieht sich auf die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung, das Vorhandensein eines internen Kontrollsystems, auf die satzungsgemäße Verwendung der Gelder, auf die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und auf die bereits erwähnte Relation von Verwaltungsaufwand zu Spendenvolumen sowie schließlich auf die Einhaltung einer ethischen Spendenwerbung. Insgesamt gibt es 35 Kriterien, zerlegt in 300 Einzelfragen (vergleiche dazu Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen). Das Spendengütesiegel ist Voraussetzung für die steuerliche Absetzbarkeit der Spende beim Spender. Ohne Spendengütesiegel ist eine geleistete Spende steuerlich nicht absetzbar. Nachdem die Absetzbarkeit einen Spendenanreiz darstellt, wird ein Großteil der spendenempfangenden Vereine die Prüfung anstreben. Die Finanzbehörde hat auf der anderen Seite relative Sicherheit, dass die damit verbundene Steuerminderung nicht missbraucht wird. II. Warum die Prüfung bei großen Vereinen sinnvoll ist und weitgehend akzeptiert wird Nach der letzten Erhebung des Innenministeriums gibt es in Österreich 107.000 Vereine, Tendenz steigend. Hochkonjunktur erleben vor allem Freizeit- und Berufsvereine. Zu den Vereinen zählen aber auch große Organisationen wie der Österreichische Gewerkschaftsbund, der Österreichische Autofahrerclub, der Verein für Konsumenteninformation, der Alpenverein und viele Vereine in der Altenpflege, im Kulturleben oder im Umweltbereich. Der Großteil der Vereine wird durch freiwillige sehr engagierte Funktionäre geleitet, aber ab einer gewissen Größe des Vereines sollten die Amateure durch Profis ersetzt werden. Dies aus einem einfachen Grund: Wenn Vereine Investitionen ohne ausreichende finanzielle Sicherung in Angriff nehmen, dann wird der Vereinsvorstand haftbar, wenn daraus eine Insolvenz entsteht. Zum Zweiten ist eine Haftbarkeit gegeben, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig beantragt wird. Die verantwortlichen Funktionäre erklären nicht vor dem Notar eidesstattlich, dass sie den Jahresabschluss verstanden haben (wie nach dem Sarbanes Oxley Act). Vielmehr wird der Abschlussprüfer solche Sachverhalte bereits der Mitgliederversammlung vortragen. Die Einbeziehung eines Abschlussprüfers ist der Schritt zum Profitum in der Organisation des Vereins.


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Vereinsrecht kompakt | Röcken

Vereinsrecht kompakt Michael Röcken* Überbetriebliche Gruppenunterstützungskasse als Idealverein Der Entscheidung lag eine Beschwerde eines Vereins zugrunde, welcher als überbetriebliche Gruppenunterstützungskasse die Eintragung in das Vereinsregister begehrte. Die Eintragung wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Zweck des Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet sei. Das OLG München setzt sich mit der Frage auseinander, ob ein Verein, welcher nach seinem Zweck die ideelle Förderung von Betriebsangehörigen oder früheren Betriebsangehörigen des Trägerunternehmens sowie deren Angehörigen im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung verfolgt, nach § 21 BGB eintragungsfähig ist. Nach Ansicht des OLG München führten die angeführten Satzungsbestimmungen des Vereins nicht zu einer wirtschaftlichen Ausrichtung des Vereins, sondern entsprechen den Vorgaben des BetrAVG, des KStG und der KStDV. Dass nach der Satzung neben den Gründungsmitgliedern nur Arbeitgeber Mitglieder werden können, die ihre betriebliche Altersversorgung ganz oder teilweise über die Unterstützungskasse durchführen wollen, ändere deshalb nichts am ideellen Zweck des Vereins. Der ideelle Zweck werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass nach der Satzung Leistungsempfänger auch der Unternehmer und/ oder dessen Familienangehörige und/oder der Gesellschafter und/oder dessen Familienangehörige sein können. Die diesbezüglichen Regelungen ergäben sich aus den gesetzlichen Vorgaben für die Befreiung der Unterstützungskasse von der Körperschaftsteuer (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 b KStDV). Nach der Satzung des Vereins sei vorgesehen, dass die Bestimmungen des § 1 KStDV einzuhalten sind. OLG München, Beschl. v. 28.5.2013 – 31 Wx 136/13 Anmerkung Die Frage des Charakters einer (Gruppen-) Unterstützungskasse und der damit verbundenen Problematik der Eintragungsfähigkeit in das Vereinsregister ist immer wieder Gegenstand von Entscheidungen. Die Linie ist hier nicht einheitlich. Während das OLG Köln (Beschl. v. 28.9.2009 – 2 Wx 36/09) eine Eintragung mit der Begründung ablehnt, dass der Kreis der potentiellen Leistungsempfänger auch Unternehmer und/oder deren Angehörige und bei Gesellschaften auch deren Gesellschafter und/oder deren Angehörige umfasst und diese Erweiterung auf eine (zumindest auch) wirtschaftliche Zielsetzung hindeutet, sieht das OLG München hierin keinen Hinweis auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, da die gesetzliche Regelung des § 1 KStDV dies auch vorsieht. Das LG Bielefeld (Beschl. v. 31.10.2000 – 25 T 24/00) sah hingegen wegen der Tatsache, dass die Mitglieder einer Gruppenunterstützungskasse ausschließlich Arbeitgeber seien, die ihre betriebliche Altersvorsorge ganz oder teilweise über den Verein durchführen wollen, um sich die Errichtung einer eigenen betriebs- oder unternehmensbezogenen Unter-

stützungskasse zu ersparen, den Hauptzweck des Vereins als wirtschaftlich an. Auch eine in Aussicht genommene Entfaltung einer wirtschaftlichen Tätigkeit am Außenmarkt in Form von Immobiliengeschäften wurde dahingehend als schädlich angesehen. Zwar könne eine solche auch der Verfolgung des satzungsgemäß in der Unterstützung der Zugehörigen der Trägerunternehmen liegenden nichtwirtschaftlichen Gesamtzwecks dienlich sein, ist indes hierfür keineswegs unentbehrlich, so das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 10.12.1997 – 3 Wx 488/97). Weiter kann eine Eintragung nicht in Betracht kommen, wenn die Satzung des Vereins trotz Einbeziehung einer schutzwürdigen Personengruppe (Arbeitnehmer) keine ausreichende Insolvenzsicherung enthält und neben dem vorgesehenen sozialen Zweck auch wirtschaftliche Zwecke verfolgt, die mit dem Charakter einer Unterstützungskasse zur betrieblichen Alterssicherung nicht vereinbar sind (LG Braunschweig, Beschl. v. 22.10.1999 – 8 T 906/99 [545]). Weitere Entscheidungen sahen den Charakter als soziale Einrichtung des Vereinszwecks im Vordergrund, welcher sich auch aus dem gesetzlichen Leitbild ergibt. Dementsprechend seien diese Vereine als Idealvereine im Sinne des § 21 BGB eintragungsfähig (LG Bonn, Beschl. v. 28.5.1991 – 5 T 70/91; LG Münster, Beschl. v. 14.4.2008 – 5 T 852/06; OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 22.6.2010 – 2 W 42/10; so auch Sauter/ Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rn. 55).

Abgrenzung zwischen Idealverein und wirtschaftlichen Verein / Namensrecht Eine weitere Entscheidung, welche sich mit der Abgrenzung zwischen einem wirtschaftlichen Verein und Idealverein auseinandersetzt, traf das OLG Thüringen. Ein Verein begehrte unter dem Namen „Heimatverein XX“ die Eintragung in das Vereinsregister. Ausweislich seiner Satzung verfolgte er den Zweck, örtliche Einrichtungen, die dem Gemeinwohl dienen, finanziell und ideell zu unterstützen. Zur Finanzierung dieses Zwecks war durch den Verein beabsichtigt, Grundstücke Betreibern von Windkraftanlagen für die Dauer von 20 bis 30 Jahren gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Der Erwerb oder die Veräußerung weiterer Grundstücke sowie eine wirtschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit seien nicht geplant. Der Verein ging davon aus, innerhalb von fünf bis zehn Jahren jährliche Einnahmen in Höhe von hohen fünfstelligen Beträgen erwirtschaften zu können. Es sei davon auszugehen, dass etwa 50 bis 70 Prozent der Vereinseinnahmen aus der Überlassung von Grundstücken erzielt werden, während sich der Restbetrag der Einnahmen aus Spenden bzw. der Durchführung von Veranstaltungen rekrutieren sollte. Aufgrund * Der Autor ist Rechtsanwalt in Bonn, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes deutscher Vereine und Verbände e.V. (bdvv) und ebendort Leiter des Referats Recht.


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dieses Zweckes und der Tatsache, dass der Verein in seinem Namen den Namensbestandteil „Heimatverein“ aufnehmen wollte, teilte das Amtsgericht dem Verein mit Zwischenverfügung mit, dass eine Eintragung derzeit nicht vollzogen werden könne. Das Amtsgericht hatte der Beschwerde nicht stattgegeben und die Sache dem OLG Thüringen zur Entscheidung vorgelegt. Der Rechtsbehelf des Antragstellers hatte, wenn auch teilweise nur aus verfahrensrechtlichen Gründen, in der Sache Erfolg. Zwar sehe § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG ausdrücklich vor, dass im Falle eines unvollständigen Anmeldungsantrags oder eines behebbaren Eintragungshindernisses dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Beseitigung des Eintragungshindernisses einzuräumen sei. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sei Voraussetzung für den Erlass einer Zwischenverfügung, dass es sich um ein behebbares Eintragungshindernis handelt. Ein nicht behebbares Eintragungshindernis könne hingegen nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung im Sinne des § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG sein. Nach Ansicht des Gerichts handelte es sich bei dem hier monierten Vereinszweck jedoch um ein nicht behebbares Eintragungshindernis, da die beabsichtigte Vermarktung von noch zu erwerbenden Immobilien durch die entgeltliche Einräumung von Gestattungsrechten an Betreiber von Windkraftanlagen eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen würde, die dazu führen würde, dass es sich um einen wirtschaftlichen Verein im Sinne des § 22 Abs. 1 BGB handelt. Nachdem der Antragsteller bestätigt hätte, dass eine entgeltliche Nutzungsüberlassung von Grundstücken einen wesentlichen Vereinszweck bilden würde, sei nicht ersichtlich, wie das entsprechende Eintragungshindernis behoben werden könne. Insbesondere sei eine Behebung nicht durch eine bloße Anpassung der Vereinssatzung möglich. Den Bedenken des Amtsgerichts könne letztlich nur dadurch Rechnung getragen werden, dass der Verein seine Absicht der entgeltlichen Nutzungsüberlassung der Immobilien aufgeben würde. Hierdurch müsse aber der wesentliche Vereinszweck weitgehend aufgegeben werden. Das Amtsgericht hätte somit aus seiner Sicht keine Zwischenverfügung erlassen dürfen, sondern den Eintragungsantrag zurückweisen müssen. Aus diesem verfahrensrechtlichen Grund war das Gericht gehalten, die Zwischenverfügung bezüglich der Eintragungsfähigkeit aufzuheben. Das Gericht führt in seiner Entscheidung weiter aus, dass es dem Amtsgericht jedoch dahingehend folgt, dass hier ein wirtschaftlicher Verein vorliege, da der Verein an einem äußeren Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbiete. Die Nutzungsüberlassung von Immobilien gegen Entgelt stelle ohne Zweifel eine unternehmerische Tätigkeit dar. Darauf, dass die Vereinstätigkeit nicht darauf ausgerichtet ist, die aus der wirtschaftlichen Tätigkeit erzielten Gewinne dem Vereinsvermögen oder demjenigen der Mitglieder zugutekommen zu lassen, sondern der aus der wirtschaftlichen Tätigkeit erzielte Erlös für gemeinnützige Zwecke verwendet werden soll, komme es nicht an. Da durch die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Immobilien der Löwenanteil der Mittel erwirtschaftet werden sollte, die der Verein für die Förderung der örtlichen gemeinnützigen Einrichtungen und damit den ideellen Vereinszweck verwenden wollte, komme auch nicht das Nebenzweckprivileg zum Tragen. Nach Auffassung des Gerichts war der gewählte Name hingegen nicht zu beanstanden. Eine Gefahr der Irreführung, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Dachverband der übrigen Heimatvereine am Ort handeln könne, sah das Gericht nicht. Auch dass mit der Bezeichnung „Heimatverein“

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überwiegend solche Vereinigungen assoziiert würden, deren Haupttätigkeit in der Pflege örtlicher Traditionen und Brauchtümer bestehe, stehe dieser Namenswahl nicht entgegen. OLG Thüringen, Beschl. v. 30.10.2012 – 9 W 415/12 Anmerkung Die vorliegende Entscheidung grenzt dogmatisch sauber den wirtschaftlichen Verein vom Idealverein ab. Auch die schluss-endlich verfolgte Zielrichtung des Vereins, hier die Mittelbeschaffung für andere Vereine, kann kein anderes Ergebnis liefern. Die Vermietung bzw. Verpachtung von Grundstücken ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 22 BGB, so dass eine Eintragung in das Vereinsregister nicht in Betracht kommt. Dies entspricht der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung (BayObLG, Beschl. v. 6.8.1985 – BReg 2 Z 116/84; OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18.4.2012 – 2 W 28/12; MüKo/Reuter, BGB, 6. Aufl. 2012, § 22 Rn. 42, Röcken, ZStV 2013, 66; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rn. 43; Stöber/ Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Aufl. 2012, Rn. 68). Auch den Ausführungen des Gerichts zu den namensrechtlichen Aspekten ist zuzustimmen. Da der Zweckrichtung des Vereins eine „Heimatverbundenheit“ zu entnehmen war, spricht nichts gegen die Führung dieses Namensbestandteils, da nicht nur Traditions- oder Brauchtumsvereine ein Recht auf Führung dieses Bestandteils haben.

Unzulässige Blockwahl des Vorstandes Im Rahmen der Entscheidung des OLG Zweibrücken ging es ebenfalls um die Voraussetzungen einer Zwischenverfügung im Rahmen der Anmeldung eines neu gewählten Vorstandes sowie um das zugrundeliegende Wahlverfahren. Der beteiligte Verein meldete einen neu gewählten Vorstand ohne die nach § 77 Satz 2 BGB erforderliche Form an. Aus der Anmeldung war ersichtlich, dass der Vorstand „en bloc“ gewählt worden war. Mit der angefochtenen Zwischenverfügung wies der Rechtspfleger beim Amtsgericht den beteiligten Verein darauf hin, dass die Wahl des Vorstandes unwirksam sei, weil eine Blockwahl nur zulässig sei, wenn sie eine satzungsgemäße Grundlage habe. Die Anmeldung zur Eintragung in das Vereinsregister habe in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen. Das OLG Zweibrücken hob die Zwischenverfügung des Amtsgerichts aus formellen Gründen auf. Zur Begründung wies das Gericht darauf hin, dass die Wiederholung der Wahl des Vorstandes auf einer neu einzuberufenden Mitgliederversammlung beruhe und die erneute Anmeldung nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein könne. Über einen Eintragungsantrag kann außer durch Eintragung (§ 362 Abs. 1 FamFG) nur durch Zurückweisung (§ 382 Abs. 3 FamFG) oder Zwischenverfügung (§ 382 Abs. 4 FamFG) entschieden werden. Letztere setze voraus, dass die Anmeldung zum Vereinsregister unvollständig sei oder der Eintragung ein anderes durch den Antragsteller behebbares Hindernis entgegenstehe. Die Zwischenverfügung soll es dem Antragsteller ermöglichen, etwaige Fehler und Mängel der Anmeldung vor einer endgültigen Antragszurückweisung zu beheben. Zwar könne ein Mangel der erforderlichen Form der Anmeldung durch den beteiligten Verein ohne weiteres behoben werden, eine Neuwahl jedoch nicht. Tatsächlich komme insoweit nur eine Rücknahme des ursprünglichen Antrages mit entsprechender Neuanmeldung in Betracht, weil ansonsten durch Zurückweisung des vom Beteiligten gestellten ursprünglichen Antrages gemäß


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§ 382 Abs. 3 FamFG hätte entschieden werden müssen. In der Sache wies das Gericht darauf hin, dass die Blockwahl eine Sonderform des Mehrheitswahlrechts sei und von der gesetzlichen Regelung abweiche, da es das Wahlrecht der Vereinsmitglieder einschränke. Eine solche Blockwahl des gesamten Vorstandes sei nur zulässig, wenn sie in Abweichung von § 32 BGB in der Satzung des Vereins ausdrücklich vorgesehen sei. Hierfür gebe es in der geltenden Satzung des Vereins jedoch keine Grundlage. Der Beschluss, durch den der neue Vorstand gewählt wurde, sei wegen des Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften unwirksam. Auch das Einverständnis der Mitgliederversammlung führe zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere könne darin nicht eine unter bestimmten Voraussetzungen als grundsätzlich zulässig in Betracht kommende einmalige „Satzungsdurchbrechung“ seitens der Mitgliederversammlung betreffend die Vorstandswahl gesehen werden Eine solche Satzungsdurchbrechung sei auf Fälle einer „punktuellen“ Regelung beschränkt, in denen sich die Wirkung des Beschlusses in der betreffenden Maßnahme erschöpfe. Dagegen seien Satzungsdurchbrechungen, die einen von der Satzung abweichenden rechtlichen Zustand begründen, unwirksam, auch wenn dieser Zustand auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt sei. Im vorliegenden Fall hätte die Satzungsdurchbrechung zur Folge gehabt, dass auf in der Satzung nicht vorgesehene Weise ein Vorstand für die gesamte Amtszeit gewählt worden wäre. Dies sei keine „punktuelle“ Regelung im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.6.2013 – 3 W 41/13 Anmerkung Nach nahezu einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und der Literatur ist eine Blockwahl nicht zulässig, wenn die Satzung des Vereins diese Option nicht vorsieht (BayObLG, Beschl. v. 13.12.2000 – 3Z BR 340/00; LG Bonn, Beschl. v. 26.2.2009 – 4 T 64/09; OLG Bremen, Beschl. v. 1.6.2011 – 2 W 27/11; KG Berlin, Beschl. v. 30.1.2012 – 25 W 78/11; OLG Rostock, Beschl. v. 26.6.2012 – 1 W 16/12, Röcken, Vereinssatzungen, 2013, Rn. 128; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rn. 257). Teilweise wird vertreten, dass bei einer fehlenden Satzungsregelung das Wahlverfahren im Ermessen des Versammlungsleiters liegt (Burhoff, Vereinsrecht, 8. Aufl. 2011, Rn. 253). Diese Auffassung ist jedoch im Hinblick auf die Verkürzung der Rechte der Versammlungsteilnehmer abzulehnen. Das OLG Rostock kam in seiner Entscheidung vom 25.6.2012 (1 W 16/12) ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer Blockwahl einer ausdrücklichen Satzungsregelung bedarf, vertrat jedoch die Auffassung, dass nicht jeder Satzungsverstoß oder Verfahrensfehler zur Ungültigkeit eines Beschlusses führen müsse. Sofern durch das praktizierte Abstimmungsverfahren Mitwirkungsrechte der Vereinsmitglieder nicht beeinträchtigt wurden, könne ein solcher Beschluss wirksam sein. Dies gelte insbesondere dann, wenn erst nach der Aufstellung des Wahlvorschlages über das Wahlverfahren abgestimmt und auch der Vorschlag der „en bloc“-Wahl einstimmig angenommen worden ist.

Auslegung einer Satzungsbestimmung eines Vereins, die die Zustimmung oder Genehmigung eines Dritten zu Vereinsbeschlüssen über Satzungsänderungen vorsieht Dem OLG Zweibrücken lag eine Beschwerde eines Grün-

dungsmitgliedes eines Vereins vor, dessen ursprünglicher Zweck die „Förderung der traditionellen Mainzer Wirtschaftsfastnacht“ war. Weiter hieß es in dem Satzungszweck, dass der Vereinsname, das Stammtischlied in seiner ursprünglichen Fassung und das Informationsheft „D“ nur mit Zustimmung des Namensgebers und Verfassers W… K… verändert bzw. herausgegeben werden könne. Nachdem dieses Gründungsmitglied aus dem Verein ausgeschieden war, änderte der Verein seine Satzung und strich diese Passage. Gegen diese Satzungsänderung wandte sich der Beteiligte und regte hier ein Amtslöschungsverfahren (§ 395 FamFG) an. Dieses wurde durch das Amtsgericht nicht eingeleitet, da die Eintragung nicht unzulässig gewesen sei. Durch Beendigung seiner Mitgliedschaft habe der Beschwerdeführer sich seiner Mitgliedschaftsrechte und etwaiger Sonderrechte begeben. Es liege auch kein Fall vor, in dem eine Satzungsänderung von der Genehmigung eines Nichtmitgliedes abhängig gemacht werden könne. Die zulässige Beschwerde war nach Ansicht des OLG Zweibrücken unbegründet. Voraussetzung für ein Amtslöschungsverfahren sei der Mangel einer wesentlichen Voraussetzung der Eintragung. Dieser liege dann vor, wenn eine Eintragung dieser Art oder mit diesem Inhalt gesetzlich nicht gestattet sei oder wenn ausdrücklich für die Eintragung gesetzlich verlangte Erfordernisse fehlten, deren Nichtvorliegen die Beseitigung der Eintragung sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse von Beteiligten geboten erscheinen ließen. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Vielmehr sei die Eintragung in rechtmäßiger Weise erfolgt und habe auch den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt. Die eingetragene Satzungsänderung war in der Mitgliederversammlung in der hierfür von der Satzung vorgesehenen Form erfolgt. Nachdem der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Mitgliederversammlung nicht mehr Mitglied des Vereins gewesen sei, könne die dort beschlossene Satzungsänderung ihm zustehende Mitgliedschaftsrechte nicht berühren. Dies gelte sowohl für die allgemeinen Mitgliedschaftsrechte (§ 38 BGB) als auch für Sonderrechte (§ 35 BGB). Beide seien bereits nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelungen konstitutiv an die Vereinsmitgliedschaft geknüpft. Es liege hier auch keine Satzungsbestimmung vor, die die Zustimmung oder Genehmigung eines außenstehenden Dritten zu Vereinsbeschlüssen über Satzungsänderungen vorsehe. Die Zulässigkeit solcher Satzungsbestimmungen sei dem Vereinsrecht wesensfremd und müsse sehr restriktiv gehandhabt werden. Die ursprüngliche Fassung der Satzung sei nach ihrem Sinn und Zweck so auszulegen, dass das darin aufgenommene Zustimmungserfordernis zu Veränderungen des Vereinsnamens und des Stammtischliedes bzw. für die Herausgabe des Informationshefts „D“ allenfalls für die Dauer der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers im beteiligten Verein gelten sollte. Etwas anderes widerspreche sowohl dem Grundsatz der Vereinsautonomie als auch den Mitgliedschaftsrechten der übrigen im Verein verbleibenden Vereinsmitglieder. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.6.2013 – 3 W 19/13 Anmerkung Die Entscheidung behandelt die in der Rechtsprechung eher selten anzutreffende Regelung des § 35 BGB. Danach können Sonderrechte eines Mitglieds nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluss der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden. Diese müssen eine Satzungsgrundlage haben und als unentziehbare Rechte ausgestaltet sein (MüKo/Reuter, BGB, 6. Auflage 2012, § 35 Rn. 4, 6; Palandt/Ellenberger, BGB,


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72. Aufl. 2013, § 35 Rn. 1; Sauter/Schwer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rn. 344; Burhoff, Vereinsrecht, 8. Aufl. 2011, Rn. 147a; a. A. Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rn. 854, welcher es als ausreichend ansieht, wenn sich das Sonderrecht durch Auslegung der Satzung ermitteln lässt). Wie auch die allgemeinen Mitgliedschaftsrechte des § 38 BGB haben diese jedoch zwingend zur Voraussetzung,

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dass eine Mitgliedschaft überhaupt noch besteht. Endet die Mitgliedschaft, gehen auch diese Rechte grundsätzlich unter, sofern keine Übertragbarkeit oder Vererblichkeit in der Satzung vorgesehen ist (Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rn. 853). Da die Mitgliedschaft hier beendet war, konnte der Verein dieses Sonderrecht aus der Satzung streichen, so dass für ein Amtslöschungsverfahren kein Raum war.

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Vereinsrecht Persönliche Haftung des Bestellers bei Warenbestellung für nicht rechtskräftigen Verein Der BGH entschied über diesen Fall, weil das Berufungsgericht der Frage, inwieweit eine untergeordnete Abteilung eines tatsächlich eingetragenen Vereins als eigener (nichtrechtsfähiger) Verein einzuordnen ist, grundsätzliche Bedeutung beigemessen hatte. Der BGH hielt diese Frage jedoch nicht für entscheidungserheblich. In jedem Fall hafte der Handelnde – im Fall ein Angestellter eines Sportvereins, der in der Fußballabteilung tätig war und hierfür Trikots bestellt hatte – nämlich persönlich. Habe er für den Verein gehandelt, so hafte er nach § 179 Abs. 1 BGB, weil es ihm – trotz der Zurverfügungstellung seiner Abteilung von eigenen Geldern durch den Verein – an Vertretungsmacht für den Verein fehle. Stelle die Fußballabteilung einen nichtrechtsfähigen Verein innerhalb des Sportvereins dar, so hafte er nach § 54 S. 2 Hs. 1 BGB. Und auch wenn die Fußballabteilung keinen nichtrechtsfähigen Verein darstelle, hafte der Besteller persönlich. In diesem Fall sei nämlich die analoge Anwendung von § 179 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, der sinnvollerweise auch dann zur Anwendung kommen müsse, wenn der Handelnde als Vertreter eines (noch) nicht existenten Rechtsträgers auftrete. Genau dies sei der Fall beim Handeln für eine unselbstständige Abteilung eines Vereins, die als solche weder rechtsfähig noch Inhaber einer körperschaftlichen Struktur im Sinne von § 54 BGB ist. (fk) BGH, Beschl. v. 5.2.2013 – VIII ZR 276/12

Einladung zur Mitgliederversammlung eines Vereins per E-Mail; inhaltliche Anforderungen an eine Einladung zur Mitgliederversammlung, auf der Satzungsänderungen beschlossen werden sollen Das OLG Zweibrücken setzt sich in vorliegendem Beschluss mit der Wirksamkeit einer Einladung zur Mitgliederversammlung eines Vereins per E-Mail auseinander und erörtert hinaus, welche inhaltlichen Anforderungen an eine Einladung zu einer Mitgliederversammlung, auf der eine Änderung der Vereinssatzung beschlossen werden soll, zu stellen sind. Der beschwerdeführende Verein begehrt die Eintragung seiner mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom 22. April 2012 geänderten Satzung sowie des durch die Mitgliederver-

sammlung neu gewählten Vorstandes in das Vereinsregister. § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Vereinssatzung sehen hinsichtlich der Einberufung der Mitgliederversammlung eine schriftliche Einladung unter Einhaltung einer Zweiwochenfrist vor. Zudem sind der Einladung hiernach eine Tagesordnung sowie die Gegenstände der anstehenden Beschlussfassungen beizufügen. Die Einladung zur Mitgliederversammlung erfolgte am 3. April 2012 per E-Mail, wobei unter Tagesordnungspunkt Nr. 8 lediglich die „Abstimmung von Anträgen zur Änderung der Satzung (Vorschläge folgen)“ genannt war. Diese konkreten Vorschläge wurden am 19. April 2012 per E-Mail an die Mitglieder versandt. Das Amtsgericht hat die im Nachgang zur Mitgliederversammlung angemeldeten Eintragungen unter anderem mit der Begründung abgelehnt, die Mitgliederversammlung sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden. Das Gericht hat in seiner Entscheidung der Beschwerde des Vereins insoweit stattgegeben, als sie die Eintragung des neuen Vorstandes in das Vereinsregister betrifft. Hinsichtlich der Eintragung der angemeldeten Satzungsänderungen in das Vereinsregister blieb die Beschwerde hingegen ohne Erfolg. Dabei führt das OLG Zweibrücken aus, dass durch die Einberufung zur Mitgliederversammlung in elektronischer Form durch E-Mail-Schreiben das satzungsmäßige Erfordernis der Schriftform gewahrt worden sei. Denn hierbei handele es sich nicht um ein gesetzliches Schriftformerfordernis nach § 126 BGB für welches § 126 a BGB das Hinzufügen des Ausstellernamens sowie einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz verlangt. Vielmehr sei gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung die in Vereinssatzungen vorgeschriebene Schriftform grundsätzlich als gewillkürte Schriftform im Sinne des § 127 BGB zu behandeln, da es sich hierbei um privatautonome Rechtssetzungen handele. Im Zusammenhang mit § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB, welcher die telekommunikative Übermittlung genügen lässt, sofern * Den Report haben Sebastian Fornefeld, Moritz Geißler, Christian Kahf, Florian Kamp, Clara Lienicke, Dr. Emily Plate-Godeffroy, Niclas Stemplewski und Kathrin Wrede bearbeitet. Sebastian Fornefeld (sf), Clara Lienicke (cl) und Niclas Stemplewski (nst) sind Doktoranden und wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Steuerrecht der Bucerius Law School, Hamburg; Moritz Geißler (mg) und Christian Kahf (ck) sind ebendort hilfswissenschaftliche Mitarbeiter und Schwerpunktstudenten im Steuerrecht. Florian Kamp (fk) ist Doktorand und ebenso wie Dr. Emily PlateGodeffroy (epg) und Kathrin Wrede (kw) wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der NonProfit-Organisationen der Bucerius Law School, Hamburg.


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kein anderer Wille anzunehmen ist, argumentiert das OLG Zweibrücken sodann mit dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB). Da es sich bei den Vereinsmitgliedern vornehmlich um Studenten handele, die sich im Rahmen ihres allgemeinen Lebensumfelds der elektronischen Kommunikationsmittel bedienten, und da zudem auch Teile der Kommunikation mit dem Amtsgericht im Rahmen der Vereinseintragung per E-Mail erfolgt seien, sei davon auszugehen, dass das satzungsmäßige Schriftformerfordernis auch die E-MailEinladung umfasse. Gleichwohl erklärt das OLG Zweibrücken die Beschlüsse der Mitgliederversammlung betreffend die Satzungsänderungen wegen des in § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB normierten Erfordernisses der Bezeichnung des Gegenstandes der Beschlussfassung in der Einberufung der Mitgliederversammlung für nichtig. Das Gericht verweist hierzu auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse dann gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB anzunehmen sei, wenn der Gegenstand der Beschlussfassung nicht oder so ungenau bestimmt ist, dass den Mitgliedern eine sachgerechte Vorbereitung der Versammlung und eine Entscheidung, ob sie an der Versammlung teilnehmen wollen, nicht möglich ist. Dabei reiche nicht aus, dass die erforderlichen Informationen den Mitgliedern später, jedoch nicht unter Wahrung der satzungsgemäßen Einladungsfrist noch vor der Mitgliederversammlung zugehen. Die Wahl des Vorstandes sei dagegen wirksam erfolgt, da in Bezug auf die Vorstandswahlen eine ordnungsgemäße Einladung mit ausreichender Bezeichnung des entsprechenden Tagesordnungspunktes erfolgt sei. (kw) OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.3.2013 – 3 W 149/12

Wege des Zusammenschlusses von (Sport-)Vereinen – Verschmelzung, Spaltung oder Fusion – Der Beitrag stellt die rechtlichen Möglichkeiten und Anforderungen für den Zusammenschluss von Sportvereinen auf der Grundlage des Umwandlungsgesetzes und der allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften vor und will damit Praktikern als Entscheidungshilfe dienen. Ein Zusammenschluss von Vereinen sei in Form der Verschmelzung oder Spaltung (durch Aufnahme oder Neugründung) nach dem Umwandlungsgesetz oder aber in Form einer Fusion nach den allgemeinen Vorschriften des BGB denkbar, wobei nicht rechtsfähigen Vereinen nur letzter Weg offenstehe. Die Autoren unterscheiden bei der Verschmelzung und Spaltung zwischen der Vorbereitungsphase, der Beschlussphase und der Durchführungsphase, deren jeweilige Anforderungen nach dem Umwandlungsgesetz und allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften sie detailliert erläutern. In der Vorbereitungsphase seien insbesondere der Verschmelzungs- oder Spaltungsvertrag und ein entsprechender Bericht zu verfassen, um den Mitgliedern eine sachgerechte Entscheidung − unter Umständen nach einer vorherigen förmlichen Prüfung − zu ermöglichen. In der anschließenden Beschlussphase erteilten die Mitglieder in der Mitgliederversammlung ihre Zustimmung, damit in der Durchführungsphase die Umsetzung der Beschlüsse durch den Vorstand, d.h. der Abschluss des Vertrages und die notarielle Beurkundung sowie Eintragung erfolgen könnten. Die gleiche Unterteilung müsse sinnvollerweise auch für das Fusionsverfahren gelten, das die Autoren dementsprechend anschließend ebenfalls umfassend vorstellen. Für die Entscheidung, ob ein Zusammenschluss nach dem Umwandlungsgesetz oder im Wege der Fusion erfolgen solle, seien die besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere die wirtschaftlichen und/oder sportlichen Motive für den

Zusammenschluss zu berücksichtigen. Eine Verschmelzung oder Spaltung nach dem UmwG biete den Vorteil der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge und damit die Möglichkeit, alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in einem Akt zu übertragen. Überdies führe sie zur Auflösung des übertragenden Vereins ohne notwendige Liquidation. Der „Mitgliedertransfer“ erfolge kraft Gesetz (§§ 20, 123 UmwG). Verfügten die beteiligten Vereine allerdings nur über wenige Vermögenswerte, so sei ein Zusammenschluss nach dem Umwandlungsgesetz wegen dessen hohen formalen Anforderungen abzulehnen und die Fusion vorzugswürdig. Diese sei weniger aufwändig und ermögliche eine individuellere Gestaltung der Vermögensübertragung und der Zusammenführung der Mitglieder und damit ein flexibleres Verfahren, was insbesondere bei drohendem Mitgliederschwund durch Vereinswechsel wünschenswert sei. Zudem sei im Falle der Fusion die Liquidation des übertragenden Vereins zwingend, so dass ein unerwünschter Erwerb von Schulden ausgeschlossen sei. Zwar erfolge hier die Aufnahme der Mitglieder durch den übernehmenden Verein nicht per Gesetz, aber der Fusionsvertrag könne eine kollektive Aufnahmevereinbarung vorsehen. (epg) Markus H. Schneider/Sascha May, Wege des Zusammenschlusses von (Sport-)Vereinen – Verschmelzung, Spaltung oder Fusion –, SpuRt 2013, S. 99-103, und SpuRt 2013, S. 149-152.

Stiftungsrecht Fundatio Europaea, Europäische Stiftung – Förderung grenzüberschreitender gemeinnütziger Tätigkeit durch ein neues europäisches Rechtsinstrument Cranshaw setzt sich in seinem Beitrag mit dem im Februar 2012 von der europäischen Kommission vorgelegten „Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung“ auseinander. Er würdigt dabei auch die vom europäischen Ausschuss der Regionen vorgelegten Änderungsvorschläge. Während dieser der Verordnung grundsätzlich positiv gegenüberstehe, habe sich der Bundesrat bereits im März 2012 dezidiert gegen die Verordnung ausgesprochen. Mit der Verordnung solle den bereits bestehenden Rechtsformen des europäischen Gesellschaftsrechts eine Europäische Stiftung („FE“) zur Seite gestellt werden, die als private Stiftung die mitgliedstaatlichen Rechtsformen gemeinnütziger Tätigkeit nicht verdränge, sondern ergänze. Cranshaw hält das geplante Rechtsinstrument für einen folgerichtigen Baustein der Niederlassungsfreiheit im Binnenmarkt für nicht gewinnorientiert tätige gemeinnützige Organisationen, sieht einige Regelungen der Verordnung jedoch auch kritisch. So irritiere mit Blick auf das deutsche Stiftungsrecht, dass unter den in Art. 5 FE-V generalklauselartig formulierten neunzehn Stiftungszwecken religiöse Zwecke kirchlicher Stiftungen nicht genannt seien, wodurch kirchliche Religionsgemeinschaften diskriminiert würden. Die Europäische Stiftung bedürfe ferner nach Art. 9 FE-V der konstitutiven Eintragung in ein von den Mitgliedstaaten national zu bestimmendes Register (Art. 22 Abs. 1 FE-V), dessen Neueintragungen jährlich an die Kommission zu übermitteln seien. Eine solche dezidierte Unterrichtungspflicht lehnt Cranshaw mit dem Hinweis auf das Subsidiaritätsprinzip ab. In der Konsequenz müsse zudem in Deutschland ein zentrales Stiftungsregister oder aber


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jedenfalls ein neues Register auf Länderebene eingeführt werden, obwohl die staatliche Stiftungsaufsicht bisher ausreichend erschien. Die in Art. 12 FE-V vorgesehene Mindestdauer von lediglich zwei Jahren hält Cranshaw angesichts des erheblichen Gründungs- und Verwaltungsaufwands einer FE für deutlich zu kurz. Unzureichend seien ferner die Stiftungsaufsicht (vgl. Art. 46 FE-V) sowie die Frage geregelt, ob die Gründung einer Europäischen Stiftung der vorherigen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedürfe, zumal eine Prüfung der Gemeinwohlgefährdung wie in § 80 Abs. 2 BGB durch die Verordnung nicht vorgesehen sei (vgl. Art. 23 FE-V). Ferner könne die Handlungsfähigkeit der FE in der Satzung beschränkt werden (vgl. Art. 10 FE-V), was Rechtsunsicherheit schaffe und sich nachhaltig von § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB unterscheide, der nur eine Beschränkung der Vertretungsmacht, nicht aber der Handlungsfähigkeit zulasse. Auch gehe aus Art 11 FE-V nicht hinreichend klar und eindeutig hervor, in welchem Ausmaß ein erwerbswirtschaftliches Handeln der FE zulässig sei. Cranshaw kritisiert ferner das zu geringe Mindestvermögen der FE in Höhe von 25.000 Euro, das die gesetzgeberischen Zielsetzungen (Vertrauenswürdigkeit und Ernsthaftigkeit des Stiftungszwecks) nicht fördere. Insbesondere könne ein Ertrag aus dieser Mindestsumme schon durch die laufenden jährlichen Aufwendungen der FE aufgezehrt werden, weshalb der Ausschuss der Regionen alternativ eine Erhöhung auf 50.000 Euro, vorzuhalten über die gesamte Laufzeit der FE, vorgeschlagen habe. Die Regelungen zur Arbeitnehmerbeteiligung in Art. 36 f FE-V hält Cranshaw mit Blick auf die hohe Zahl und herausragende Bedeutung der in gemeinnützigen Organisationen tätigen „Ehrenamtlichen“ für unzureichend. Als unbefriedigend empfindet Cranshaw auch, dass im Falle der Liquidation der Stiftung deren Reinvermögen einer gemeinnützigen Einrichtung mit einem vergleichbaren gemeinnützigen Zweck zugewiesen oder für einen der aufgelösten Stiftung naheliegenden Zweck verwendet werden soll (vgl. Art. 44 FE-V); hierüber sollten vielmehr Stifterwille und Satzung der FE entscheiden, wie es auch bei inländischen gemeinnützigen Organisationen üblich sei. (epg) Friedrich L. Cranshaw, Fundatio Europaea, Europäische Stiftung – Förderung grenzüberschreitender gemeinnütziger Tätigkeit durch ein neues europäisches Rechtsinstrument, DZWIR 2013, S. 299-316.

Steuerrecht Keine Aufnahme einer ausländischen Familienstiftung und ihres unbeschränkt steuerpflichtigen Stifters in die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung einer inländischen Personengesellschaft – Revisionsgrund: Öffentlichkeit des Verfahrens – fehlende formelle Beschwer bei Erweiterung des Klageantrags im Revisionsverfahren Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz in Deutschland. An ihr sind neben der Komplementär-GmbH die Beigeladenen zu 2. und zu 3. als Kommanditisten beteiligt. Die Beigeladene zu 3. ist eine Stiftung mit Sitz und Geschäftsleitung in Liechtenstein. Sie bezweckt neben der Verwaltung des Stiftungsvermögens und der Beteiligungen an in- und ausländischen Gesellschaften die Ausreichung von Zuwendungen an

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gemeinnützige Einrichtungen und den Stifter, der im Verfahren als Beigeladener zu 1. auftritt und in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (§§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO) deklarierte die Klägerin einen Verlust. Diesen verteilte sie u.a. auf den Beigeladenen zu 1., weil der auf die beteiligte Stiftung fallende Verlustanteil gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 AStG dem Stifter zuzurechnen sei. Durch Bescheid lehnte das beklagte Finanzamt die Einbeziehung des Stifters in die Feststellung ab, weil dieser nicht an der Klägerin beteiligt sei. Auch der Stiftung selbst könne der Verlust nicht zugerechnet werden, da diese mit ihren Einkünften nicht im Inland steuerpflichtig sei. Die hiergegen zum FG Baden-Württemberg erhobene Klage wurde abgewiesen (4 K 1723/09). Mit der Revision rügt die Klägerin formelles und materielles Recht. In formeller Hinsicht entschied daraufhin der erkennende I. Senat des BFH, dass ein Urteil, welches auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, nicht auf der Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens beruhe (vgl. § 119 Nr. 5 FGO), wenn es nicht öffentlich verkündet wurde. Zwar müsse eine öffentliche Verkündung gemäß § 52 Abs. 1 FGO i.V.m. § 173 Abs. 1 GVG erfolgen. Jedoch gehörten diese Normen nicht zu den Vorschriften im Sinne des § 119 Nr. 5 FGO, auf deren Verletzung ein Urteil beruhen kann. Die Entscheidungsfindung könne nämlich durch die nicht-öffentliche Verkündung nicht beeinflusst worden sein; das klägerische Vorbringen rüge nur die fehlerhafte Verkündung einer bereits getroffenen Entscheidung, nicht aber ihr verfahrensfehlerhaftes Zustandekommen. Materiell-rechtlich bestätigt der vorliegende Beschluss des BFH, dass die Familienstiftung und ihr Stifter zu Recht nicht in die einheitliche und gesonderte Feststellung aufgenommen wurden. Bezüglich des Stifters ergebe sich dies schon aus dem Wortlaut des § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO, demgemäß in die Feststellung nur einbezogen werde, wer an den Einkünften mehrerer Personen beteiligt ist. Dies setze die Einkünfteerzielung durch eine Gesellschaft und eine Gesellschafterstellung voraus. An letzterer mangele es jedoch bei dem Stifter in der GmbH & Co. KG. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus § 15 Abs. 1 S. 1 AStG: Diese Norm habe keine Auswirkung auf das Feststellungsverfahren, weil § 15 Abs. 1 S. 1 AStG nicht die Rechtssubjektqualität der Familienstiftung durchbreche, sondern sie vielmehr anerkenne. So betreffe § 15 Abs. 1 S. 1 AStG lediglich die Zurechnung des Einkommens, nicht aber die vorgelagerte Frage der Einkünfteerzielung. Ferner sei auch die Stiftung selbst zu Recht nicht in die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einbezogen worden, so die Richter weiter. Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO seien lediglich die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte festzustellen; nicht steuerbare oder steuerfreie Einkünfte müssten aus der Feststellung ausscheiden. Im betrachteten Fall sei die Stiftung jedoch als ausschließlich in Liechtenstein ansässige Körperschaft nicht unbeschränkt (§ 1 Abs. 1 KStG) und in Ermangelung inländischer Einkünfte nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 EStG überdies nicht beschränkt körperschaftsteuerpflichtig, sodass ihre Gewinnanteile nicht nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO festzustellen seien. Auch eine analoge Anwendung des § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AO komme nicht in Betracht: Einerseits spreche gegen eine planwidrige Regelungslücke die enumerative Aufzählung der gesetzlich zugelassenen Feststellungstatbestände (§ 179 Abs. 1 AO). Das „insbesondere“ in § 180 Abs. 1 AO drücke nur aus, dass es sich dabei um die wichtigsten Feststellungsfälle handele. Andererseits spreche auch das Telos der


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Feststellung – eine verfahrensökonomische Vorbereitung der Steuerfestsetzung – gegen die Analogie, weil es einer Festsetzungsvorbereitung nicht bedürfe, wenn die Einkünfte ohnehin in Deutschland nicht steuerpflichtig sind. Letztlich sei die Revision in Ermangelung einer formellen Beschwer unzulässig, soweit sie hilfsweise die gesonderte Feststellung eines Verlustes des Stifters gemäß § 180 Abs. 2 AO begehrt. Eine erforderliche formelle Beschwer liege nur vor, soweit das Finanzgericht dem Klagebegehren nicht voll entsprochen oder über dieses nicht befunden habe. Hieran, so das Gericht, fehle es, wenn wie hier der Beteiligte seinen Klageantrag erst im Revisionsverfahren hinsichtlich eines Teils erweitere, über den noch keine erstinstanzliche Entscheidung vorliegt, die vom BFH überprüft werden kann. (ck) BFH, Beschl. v. 13.5.2013 – I R 39/11

Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG setzt weder eine Einordnung des Leistungsempfängers in eine Pflegestufe voraus, noch kommt es im Sinne des § 68 Abs. 1 BSHG auf eine tatsächliche Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger an. Das Urteil des BFH vom 19.3.2013 setzt sich mit der Frage der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG auseinander. Im betreffenden Fall weigerte sich das Finanzamt, die Leistung der Klägerin, der Betreiberin eines Altenwohnheims in Form einer gemeinnützigen GmbH, als umsatzsteuerbefreit nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG anzusehen. Die Klägerin überließ den Bewohnern ihres Wohnstiftes auf der Grundlage eines Heimvertrages eine abgeschlossene unmöblierte Wohnung mit eigener Klingel, einem Namensschild, einem eigenen Telefonanschluss sowie eigenem Briefkasten und Kelleranteil. Darüber hinaus beinhaltete die sogenannte Grundleistung die Überlassung eines Telefons, eine Notruf- und Pflegebereitschaft rund um die Uhr, die regelmäßige Grundreinigung der Wohnung, die Vorhaltung von Gemeinschaftsräumen, ein tägliches Mittagessen sowie die Betreuung und Pflege im Krankheits- und Pflegefall bis zu einer Gesamtdauer von 14 Tagen im Jahr. Darüber hinaus in Anspruch genommene Pflegeleistungen wurden gesondert abgerechnet. In den 302 Wohnungen und zehn Pflegestationszimmern, die die Klägerin unterhielt, wohnten regelmäßig jedoch nur zehn bis 20 Bewohner, denen eine Pflegestufe zuerkannt wurde. Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung im Sinne des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG legte die Klägerin dem Finanzamt ärztliche Bescheinigungen vor, in denen jeweils die Pflegebedürftigkeit der Bewohner im Sinne des § 68 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung festgestellt wurde. Das Finanzamt sah die Bescheinigungen jedoch nicht als ausreichend an, um nachzuweisen, dass mindestens 40 % der Leistungen auch den in § 68 Abs. 1 BSHG und § 53 Nr. 2 AO genannten Personen zugutekam, was nach der Verwaltungsauffassung für die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG notwendig war. Das Finanzgericht stimmte mit dem Beklagten überein und wies eine Steuerbefreiung zurück, da seiner Ansicht nach der Nachweis zu führen gewesen wäre, dass mindestens 40 % der Leistungen an Personen mit einer Pflegestufe im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IX gingen. Darüber hinaus ging das FG davon aus, dass auch die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 S. 2 BSHG nicht erfüllt sind, da dieser eine Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger voraussetze, welche nicht vorlag. Der BFH hob in vorliegendem Urteil die Entscheidung des FG jedoch auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhand-

lung und Entscheidung zurück. Dabei stellten die Richter fest, dass weder § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG noch § 68 Abs. 1 BSHG auf § 15 Abs. 1 SGB IX verweisen und somit bereits eine einfache Pflegebedürftigkeit ohne Einordnung in eine Pflegestufe als ausreichend anzuerkennen ist. Ob eine solche bei mindestens 40 % der Leistungsempfänger vorlag, war jedoch nicht ausreichend geprüft worden. Ferner komme es auch nicht auf die tatsächliche Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger an. Dem FG wurde außerdem aufgetragen zu prüfen, welche der in Frage stehenden Leistungen für die Pflege und Versorgung der Bewohner unerlässlich sind und somit noch unter die Steuerbefreiung fallen. Sofern die Prüfung keine Steuerbefreiung der in Frage stehenden Leistungen feststelle, müsse noch geprüft werden, ob Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/288/EWG (heute Art. 131 und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL), auf die sich die Klägerin berief, etwas anderes bestimmt und sich die zuständigen Behörden in den Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts bewegt haben. (nst) BFH, Urt. v. 19.3.2013 – XI R 45/10

Umsatzsteuerbefreiung der Umsätze als Sozialarbeiter in der Familienhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG Das FG Berlin-Brandenburg musste im vorliegenden Beschluss über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung von Umsatzsteuerbescheiden entscheiden. Der Antragsteller war Sozialarbeiter in der Familienhilfe. Er hatte mit einer GbR einen Vertrag über die freie Mitarbeit in diesem Bereich geschlossen. Darin hatte er sich verpflichtet, die selbstständige Durchführung von Hilfen zur Erziehung in Form von Eingliederungshilfen nach § 54 SGB XII und Erziehungsbeistand bzw. Familienhilfe nach den §§ 29, 30, 31, 35 SGB VIII mit Kindern und Jugendlichen zu übernehmen. Ein Honorar wurde nur für tatsächlich geleistete Tätigkeit gewährt. Die GbR hatte mit der zuständigen Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport eine Leistungs-, Qualitätsentwicklungs- und Entgeltvereinbarung gemäß eines Rahmenvertrags für Hilfen in Einrichtungen und durch Dienste der Kinder- und Jugendhilfe abgeschlossen. Auch der anteilige Einsatz von nicht fest angestellten Fachkräften war Gegenstand dieses Vertrags. Eine förmliche Anerkennung der GbR als Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 75 Abs. 1 SGB VIII fand nicht statt. Der Antragsgegner war der Auffassung, dass die streitbefangenen Leistungen an den Antragsteller der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien, und erließ entsprechende Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein. Diesen wies der Antragsgegner als teils unzulässig und teils unbegründet zurück. Der Antragsteller sei kein Träger der öffentlichen Jugendhilfe und auch nicht als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt. Seine Leistungen seien nicht von einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder einem anerkannten Träger der freien Jugendhilfe vergütet worden, weil auch die GbR nicht als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt worden sei. Der Antragsteller erhob daraufhin Klage (FG Berlin-Brandenburg, Az. 7 K 7290/12). Das Gericht sah den Antrag nach § 69 Abs. 3 S. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 8 FGO insoweit als unzulässig an, als er über die bereits geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen hinausging. In der Sache äußert das Gericht nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide im Hinblick auf die sachgerechte Er-


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messensausübung des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 4 Nr. 25 UStG 2009 bis 2011, der eine Umsatzsteuerbefreiung nach förmlicher Anerkennung der GbR als Träger der öffentlichen Jugendhilfe ermöglicht hätte. Das Ermessen war dem Gesetzgeber durch Art. 132 Abs. 1 lit. h MwStSystRL eingeräumt worden. Das Gericht zweifelt an der Einhaltung der europarechtlichen Anforderungen bei der Schaffung der Norm. Zur Begründung führt es aus, dass beispielsweise Mitglieder der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege nach § 4 Nr. 18 UStG 2009 bis 2011 gleichartige Leistungen umsatzsteuerfrei erbringen könnten, ohne dass es auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 S. 2 lit. b UStG 2009 bis 2011 ankomme. Auch erscheine es zweifelhaft, ob es sachliche Differenzierungskriterien dafür gebe, dass der nationale Gesetzgeber in § 4 Nr. 25 S. 2 lit. b lit. aa UStG 2009 bis 2011 auch Leistungen von Unternehmen freistelle, die weder zum Kreis der Träger der öffentlichen Jugendhilfe noch der nach § 4 Nr. 25 lit. a UStG 2009 bis 2011 anerkannten Träger der freien Jugendhilfe gehörten, mit diesen in unmittelbaren Leistungsbeziehungen oder unter deren besonderer Überwachung stünden. Diese Ungleichbehandlung lasse sich nur durch den Gesetzgeber ausräumen. Nach Ansicht des Gerichts müsste sich der Antragsteller auf den Art. 132 Abs. 1 lit. h MwStSystRL berufen können. (mg) FG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.5.2013 – 7 V 7322/12

Zur Beurteilung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft im Veranlagungszeitraum und den Anforderungen an eine Rechtsbehelfsbelehrung bei Zulässigkeit eines Einspruchs per E-Mail Der Kläger, ein Schützenverein unter ehrenamtlicher Leitung, und das beklagte Finanzamt streiten über die Aberkennung des Status der Gemeinnützigkeit (§ 52 Abs. 1 AO). Nachdem der Kläger infolge einer Aufforderung für die Streitjahre keine Steuererklärungen abgab, wurde die Körperschaftsteuer auf 0,- Euro festgesetzt. Hierzu wurde ausgeführt, dass dem Verein wegen Mängeln in der Geschäftsführung der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt wurde. Die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung enthielt folgenden Passus: „Die Festsetzung (…) kann mit dem Einspruch angefochten werden. (…) Der Einspruch ist bei dem vorbezeichneten Finanzamt schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären.“ Der vom Verein circa vier Monate später eingelegte Einspruch wurde unter Verweis auf die Rechtsbehelfsfrist als unzulässig zurückgewiesen. Auf den Steuerbescheiden und der Einspruchsentscheidung wurde auf die Homepage des Beklagten verwiesen, auf der es heißt, dass Einsprüche gegen Steuerbescheide auch per E-Mail möglich seien. In der daraufhin erhobenen Klage trug der Kläger vor, dass der Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus mangels Erkennbarkeit nicht erst in den Erläuterungen der Steuerbescheide hätte geschehen dürfen. Ferner sei die Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft, weil auf die Möglichkeit des Einspruchs per E-Mail hingewiesen werden müsse. Das FG Köln wies die Klage als unbegründet ab. Auf das Vorbringen des Klägers nahm der erkennende 10. Senat zunächst zu der Frage Stellung, ob erkennbar ist, dass der Kläger nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit war. Eindeutig dafür spreche die für die Streitjahre durchgeführte Veranlagung. Ginge das Finanzamt von der Gemeinnützigkeit aus, hätte eine Festsetzung selbst in Höhe von 0,- Euro nicht erfolgen dürfen. Dies sei kein Widerruf einer gewährten Freistellung, sondern das Ergebnis der Veran-

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lagung im Rahmen der Abschnittsbesteuerung. Zwar sei diese Wirkung der Bescheide für einen steuerlich Unkundigen nicht auf den ersten Blick erkennbar, wenn die relevante Erläuterung inmitten eines halbseitigen Textes stehe. Der Vorstand eines Vereins sei jedoch verpflichtet, Steuerbescheide zu lesen und zeitnah einem Rechtskundigen zur Prüfung zu übergeben. Durch die Steuerbescheide sei daher hinreichend deutlich gemacht, dass der Beklagte nicht von einer Gemeinnützigkeit ausgehe. Ferner, so das Finanzgericht, müsse der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht gesondert auf die Möglichkeit eines Einspruchs per E-Mail hinweisen. Damit widerspricht das Gericht einer von einem Teil der Rechtsprechung (FG Niedersachsen, 10 K 275/11) und der Literatur vertretenen Gegenauffassung, nach der hierauf gesondert hinzuweisen sei, wenn sich ein Finanzamt wie hier gemäß § 87a Abs. 1 AO zur Entgegennahme elektronischer Dokumente bereit erkläre. Dies wird damit begründet, dass ein rechtsunkundiger Steuerbürger eine E-Mail nicht als Unterform eines schriftlichen Einspruchs verstehe. Der falsche Eindruck über die Einspruchsmöglichkeiten sei geeignet, den Steuerpflichtigen von der Wahrung seiner Rechte abzuhalten. Das FG Köln folgte im vorliegenden Urteil dieser Argumentation nicht: Anerkannt sei, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung einen Hinweis auf die (zulässige) Einlegung durch Telefax, Computerfax oder Funkfax nicht enthalten müsse. Insbesondere das Computerfax stelle wie die E-Mail eine Kommunikationsart dar, bei der kein Schriftstück im klassischen Sinne produziert wird. Eine derart enge Auslegung des Begriffes „schriftlich“ hätte zur Folge, dass die Rechtsbehelfsbelehrung um zahlreiche Kommunikationsmethoden erweitert werden müsse, was zu einer „völligen Überfrachtung“ der Belehrung führen und die Lesbarkeit erheblich erschweren würde. Dies könne nicht im Interesse des Rechtsschutzes sein. Ferner habe der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 87a AO die Norm des § 356 AO entsprechend ändern können, tat dies jedoch nicht. Folglich sei eine Rechtsbehelfsbelehrung ausreichend, die sich an dem gesetzlichen Wortlaut des § 356 AO orientiere. Gemäß dieser teleologisch-systematischen Argumentation schlussfolgerte das Gericht, dass die Rechtsbehelfsbelehrung daher nicht fehlerhaft im Sinne des § 356 Abs. 2 S. 1 AO sei und der Beklagte den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen habe. (ck) FG Köln, Urt. v. 30.5.2012 – 10 K 3264/11, Rev. anh. unter BFH I R 54/12

Vorsteuerabzug bei Verwendung der Eingangsleistungen für den wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen gemeinnützigen hauptsächlichen Bereich – umsatzbedingte Aufteilung von Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG Die Klägerin ist eine in das Handelsregister eingetragene GmbH, die laut ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke“ der AO verfolgt. Sie führt unter anderem Qualifizierungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose und andere schwer vermittelbare Personen durch. Hierzu betrieb die GmbH im Streitjahr als unternehmerische Tätigkeit die Rückgewinnung von Rohstoffen aus Elektronik-Schrott, in dem die genannten Personengruppen eingesetzt wurden. Sie erhielt für diese Zwecke Zuschüsse von der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung GmbH (ARGE), welche unumstritten echte, nicht steuerbare Zuschüsse für eine Maßnahme nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II waren. Die Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und dem


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beklagten Finanzamt entstand über die Höhe der abzugsfähigen Vorsteuer und den Ansatz einer Wertabgabe für die nichtunternehmerische Verwendung von Investitionsgütern. Die Klägerin war der Ansicht, dass der Zweckbetrieb des Elektronik-Schrott Recyclings ihr umsatzsteuerliches Unternehmen darstelle und vom ideellen Bereich ihrer Tätigkeit klar abgegrenzt sei. Sie habe im Rahmen der UmsatzsteuerSonderprüfung eine exakte sachliche Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorgenommen und sei daher in dieser Höhe zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das Finanzamt sei dieser Aufteilung allerdings zu Unrecht nicht gefolgt und habe eine unentgeltliche Wertabgabe in Höhe der unterstellten nicht unternehmerischen Verwendung von Investitionen als steuerpflichtige Umsätze angesetzt. Nach Ansicht des Gerichts dominierte bei der Klägerin nach Inhalt ihrer Satzung und der im Streitjahr tatsächlich durchgeführten Gesamttätigkeit der nichtunternehmerische Bereich der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke. Diesem Hauptzweck sei die unternehmerische Tätigkeit als Zweckbetrieb dienend unterzuordnen. Der nichtunternehmerische Bereich könne deshalb auch nicht als unternehmensfremd betrachtet werden. An diesem Verhältnis von wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit müsse sich der Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug messen lassen, weil der Abzug von Vorsteuern nur insoweit zulässig sei, wie die entsprechenden Aufwendungen den wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zuzuordnen seien. Es sei also festzustellen, inwieweit bestimmte Eingangsleistungen in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu Ausgangsumsätzen der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin – die steuerpflichtig wären – oder zu Ausgangsumsätzen – die steuerfrei wären – stehen. Das Gericht ist hier der Auffassung, dass kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang vorliege, die Klägerin schätze bloß einen unternehmerischen Nutzungsanteil. Eine direkte Zuordnung sei auch nach Art der Tätigkeit nicht möglich, da deren Hauptzweck der nichtwirtschaftliche Bereich sei und der Recyclingbetrieb diesem nur diene. So berechtige es im vorliegenden Fall nicht zum vollen oder überwiegenden Vorsteuerabzug, dass laut der Klägerin alle dem Zweckbetrieb zugeordneten Eingangsleistungen als Kostenelemente der steuerpflichtigen Ausgangsleistungen anzusehen seien. Außerdem könnten die Kosten ihrer gesamten Tätigkeit schon deshalb nicht in die Preise der steuerpflichtigen Ausgangsleistungen eingehen, weil sich die Klägerin im Wesentlichen durch staatliche Zuwendungen finanziere. Es könne daher nicht angenommen werden, dass die Klägerin diese Aufwendungen ihren Leistungsempfängern erneut berechnet hätte. Die Klägerin müsse die Vorsteuerbeträge nach Art ihrer Gesamttätigkeit in einen abziehbaren und nicht abziehbaren Teil aufteilen. Im vorliegenden Fall sei laut Gericht der § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden. Aufgrund des nach Meinung des Gerichts nicht sachgerechten Aufteilungsmaßstabs der Klägerin habe es die Besteuerungsgrundlage in freier Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu schätzen. Diese errechnete das Gericht anhand des unternehmerischen Anteils an den Gesamteinnahmen der Klägerin. Das Ergebnis fiel jedoch noch geringer aus als der vom Finanzamt zum Abzug zugelassene Betrag, und aufgrund des Verböserungsverbots blieb es bei dem vom Finanzamt zugelassenen Vorsteuerabzug. (mg) FG München, Urt. v. 24.4.2013 – 3 K 734/10, Rev. anh. unter BFH XI R 27/13

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Die Änderung eines bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheides über den Spendenvortrag kann nicht auf nachträglich erstellte Zuwendungsbestätigungen gestützt werden. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist nur einschlägig bei bereits existierenden Bescheinigungen, die nachträglich bekannt werden, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist auf Grund seines europarechtskonformen Absatzes 2 Satz 2 bei Bescheinigungen nicht anwendbar. Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2004 Einnahmen aus diversen Einkunftsarten. Ihr Mann verstarb im Jahre 2004 und hinterließ die Klägerin sowie die als Erben eingesetzten drei Kinder. In der Steuererklärung für dieses Jahr waren verschiedene Zuwendungen an Stiftungen und andere kirchliche und gemeinnützige Zwecke enthalten, die die Höchstsätze des § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG überstiegen. Das Finanzamt stellte deshalb für den VZ 2004 in einem gesonderten Bescheid gegenüber der Klägerin und den Erben den verbleibenden Großspendenvortrag nach § 10b Abs. 1 Satz 9 EStG fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Der Spendenvortrag wurde in der Einkommensteuerveranlagung der Erben für das Jahr 2005 zu je einem Drittel berücksichtigt. 2008 beantragte die Klägerin, auch im Namen der Erben, den Einkommensteuerbescheid 2004 sowie den Feststellungsbescheid zu ändern und legte sechs am 27.8.2008 ausgestellte Zuwendungsbestätigungen vor, aus denen sich Spenden des verstorbenen Ehemannes an die B-GmbH im Jahre 2004 ergaben. Die B-GmbH war nach diesen Zuwendungsbescheiden als gemeinnützig anerkannt. Laut Handelsregistereintragung wurde sie allerdings 2005 aufgelöst und 2006 beendet und aus dem Handelsregister gelöscht. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und begründete dies mit einer mangelnden Änderungsvorschrift. Darüber hinaus wies es darauf hin, dass die Berücksichtigung von Spendenvorträgen bei Erben mittlerweile vom BFH abgelehnt wird (BFH v. 21.10.2008 – X R 44/05, BFH/NV 2009, 375). Nach dem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin im Jahre 2010 Klage. Sie reduzierte ihr Begehren in dieser auf die Änderung des Feststellungsbescheids um die hälftigen, auf sie entfallenden Zuwendungen an die B-GmbH. Zur Begründung trug sie vor, dass die Spenden zwar von ihrem Mann geleistet, aber ihr kraft Zusammenveranlagung zuzurechnen seien, so dass es auf eine Vererblichkeit der ihr zuzurechnenden Hälfte nicht ankomme. Eine Änderung des bestandskräftigen Bescheids sei nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, da die Spende ein nachträglich bekannt gewordenes Ereignis darstelle. Die Zuwendungsbestätigungen seien kein Tatbestandsmerkmal des § 10b EStG, sondern Beweismittel. Die einschränkende Vorschrift des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO, wonach die nachträgliche Ausstellung einer Bescheinigung nicht als rückwirkendes Ereignis anzusehen ist, sei europarechtswidrig, da sie gegen den Effektivitätsgrundsatz verstoße. Das ergebe sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes „Meilicke II“ (v. 30.6.2011 C-262/09 ABl EU 2011, Nr. C 252, 3, BFH/NV 2011, 1467) zu Nachweisen über anrechenbare ausländische Steuern. Ein Spendenabzug sei auch nicht auf Grund einer Unrichtigkeit der Zuwendungsbestätigungen ausgeschlossen, da die fehlende Gemeinnützigkeit der B-GmbH im Zeitpunkt der Ausstellung der Zuwendungsbestätigungen der Klägerin nicht bekannt gewesen sei. Ihr komme der Vertrauensschutz des § 10b Abs. 4 EStG zugute, die Beweislast für die Kenntnis treffe das Finanzamt. Dieses entgegnete, dass eine Verrechnung nur bei Verlustvorträgen in Betracht komme. Eine


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Änderung des Feststellungsbescheids sei allerdings schon verfahrensrechtlich nicht möglich. Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO seien nicht erfüllt. Da es sich gem. § 50 EStDV bei Zuwendungsbestätigungen um eine materiellrechtliche Voraussetzung für den Spendenabzug handle, liege ein nachträgliches Bekanntwerden nur dann vor, wenn die Bescheinigungen schon bei der ersten Veranlagung vorlagen und lediglich nicht bekannt gewesen seien. Die betreffenden Zuwendungsbestätigungen seien aber erst nachträglich ausgestellt worden. Auch schließe § 175 Abs. 2 Satz 2 AO die nachträgliche Vorlage einer Zuwendungsbestätigung explizit aus. Dessen Anwendung stehe auch nicht das EuGH-Urteil „Meilicke II“ entgegen, da sich dieses auf das nur bis 2001 angewandte Anrechnungsverfahren bezog; auch seien die europarechtlichen Grundsätze bei rein innerstaatlichen Sachverhalten nicht anwendbar. Des Weiteren sei die B-GmbH schon seit 2006 aufgelöst und gelöscht und konnte daher im Jahr 2008 keine Zuwendungsbestätigungen mehr ausstellen. Dies sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Das FG Münster wies die Klage als unbegründet ab und folgte in der Argumentation dem Finanzamt. Es verneinte insbesondere eine Änderung des Feststellungsbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, da diese Norm voraussetze, dass die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen zu einer „niedrigeren Steuer führen“. Ein Abzug der Spenden wäre aber nur dann möglich gewesen, wenn neben den Zahlungen auch entsprechende Zuwendungsbestätigungen vorgelegen hätten. Dass allein die Zahlung nachträglich vorliegt, ist deshalb für den Sonderausgabenabzug nicht ausreichend. Vielmehr müssten die Zuwendungsbestätigungen ein nachträglich bekanntgewordenes Beweismittel i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sein, damit ein Abzug 2004 möglich wäre. Die Zuwendungsbescheinigungen der B-GmbH jedoch sind nachträglich erstellt worden und existierten 2004 noch gar nicht. Auch eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO komme nicht in Betracht. Zwar seien die Zuwendungsbestätigungen grundsätzlich als rückwirkendes Ereignis zu qualifizieren. Die Wirkung der Zuwendungsbestätigungen sei auch nicht dadurch eingeschränkt, dass diese fehlerhaft sind. Der Klägerin komme der Gutglaubensschutz des § 10b Abs. 4 EStG zu Gute, den das Finanzamt nicht widerlegen konnte. Allerdings greife die Fiktion des § 175 Abs. 2 S. 2 AO trotz des EuGH-Urteils „Meilicke II“. Dieses habe die Europarechtswidrigkeit darauf gestützt, dass eine Regelung rückwirkend und ohne Einräumung einer Übergangsfrist die verfahrensrechtliche Geltendmachung durch Vorlage von Nachweisen beschränke. Die Regelung des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO existierte im Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung 2006 jedoch bereits, die Klägerin wurde nicht rückwirkend um die Möglichkeit der Vorlage der Zuwendungsbestätigungen gebracht. Dem Finanzamt folgend sei der Fall zudem innerstaatlich und betreffe kein Unionsrecht. Mangels Änderungsvorschrift sei der Bescheid unverändert zu belassen. (sf) FG Münster, Urt. v. 18.7.2013 – 13 K 4515/10 F

Ein Vorschlag für eine europarechtskonforme Ausgestaltung der Umsatzbesteuerung von Wohlfahrtseinrichtungen Hüttemann und Schauhoff setzen sich in ihrem Beitrag mit der europarechtskonformen Reformierung der bisherigen Umsatzsteuerbefreiung für Wohlfahrtseinrichtungen nach § 4 Nr. 18 UStG auseinander. Ausgangspunkt ist der im JStG 2013 hierzu enthaltene Änderungsvorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages. Die Änderung wurde

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vom Bundestag noch beschlossen, danach jedoch im Bundesrat abgelehnt, so dass sie bislang kein aktuelles Recht bildet. Die Regelung des § 4 Nr. 18 UStG verstößt nach allgemeiner Ansicht gegen Art. 132 Abs. 1 der MehrwertsteuersystemRichtlinie (MwStSystRL). Die unionskonforme Anpassung sieht sich jedoch verschiedenen Problemen ausgesetzt. Umsatzsteuerbefreiungen sind nach Maßgabe des Art. 132 Abs. 2 Buchst. g MwStSystRL für „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen“ möglich. Die Mitgliedsstaaten haben dabei einen weiten Ermessensspielraum, welchen privatrechtlichen Einrichtungen sie einen „sozialen Charakter“ zubilligen. Sie müssen jedoch den Neutralitätsgrundsatz berücksichtigen, der es ihnen grundsätzlich verbietet, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Eine gewisse Ausnahme davon stellen die primärrechtlich festgelegten Wahlmöglichkeiten des Art. 133 MwStSystRL dar. Danach kann die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter von der Gewinnerzielungsabsicht, der Ehrenamtlichkeit, der behördlichen Genehmigung von Preisen sowie der Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen abhängig gemacht werden. Art. 134 MwStSystRL schließt darüber hinaus die Umsatzsteuerbefreiung für gewisse Fälle explizit aus. Der Änderungsvorschlag des JStG 2013 sieht zunächst eine wörtliche Übernahme des Art. 132 Abs. 2 Buchst. g MwStSystRL vor. Dadurch würde im Gegensatz zum bisherigen § 4 Nr. 18 UStG auf eine Entgeltklausel verzichtet und ferner die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern eingeführt. Die Bestimmung des sozialen Charakters soll gemäß des Entwurfs nach den Einnahmequellen zur Finanzierung erfolgen. Dadurch bestünde keine Anknüpfung mehr an den Gemeinnützigkeitsstatus, so dass auch Einrichtungen mit systematischem Gewinnstreben von der Befreiung umfasst sein könnten. Die konkrete Formulierung des Vorschlags wirft einige Fragen zu dessen Handhabung und Auslegung auf, denen Hüttemann und Schauhoff kritisch gegenüberstehen. Die Autoren halten es für vorzugswürdig, den sozialen Charakter einer Einrichtung im deutschen Recht an den Gemeinnützigkeitsmaßstäben der §§ 51 ff. AO zu bestimmen. (nst) Rainer Hüttemann/Stephan Schauhoff, Umsatzbesteuerung für soziale Dienstleistungen – was erlaubt das europäische Mehrwertsteuerrecht?, MwStR 2013, S. 426-436.

Verlustnutzung dauerdefizitärer kommunaler Kindergärten zur Steueroptimierung Zwei Aufsätze in der KStZ befassen sich mit kommunalen Kindergärten im Steuerrecht. Anne-Katharina Keyser setzt sich mit dem Urteil des BFH vom 12.7.2012 (Az. I R 106/10, DB 2012, 2140) auseinander, wonach auch auf hoheitlicher Grundlage betriebene Kindergärten Betriebe gewerblicher Art (BgA) darstellen und als solche steuerpflichtig sind. Keyser legt dar, dass ein Verzicht auf den Gemeinnützigkeitsstatus nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG vorteilhaft sein kann, weil die Kindergartengebühren häufig nicht kostendeckend sind und die Verluste dann genutzt werden können, um sie mit Gewinnen aus einer zweckbetriebsfähigen Tätigkeit (etwa Sponsoring) zu saldieren. Eine bei Verzicht auf den Gemeinnützigkeitsstatus grundsätzlich mögliche Verlustverrechnung eines BgA „Kindergarten“ mit den Gewinnen anderer BgA der Körperschaft müsse dagegen regelmäßig verneint werden, da es an der erforderlichen Gleichartigkeit bzw. technisch-wirtschaftlichen Verflechtung fehlt. § 8 Abs. 7 KStG ermögliche aller-


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dings die Verlustnutzung des regelmäßig dauerdefizitären BgA „Kindergarten“ mit Gewinnen der nach § 4 Abs. 6 KStG zusammengefassten Betriebe der Trägerkörperschaft. Sodann setzt sich Keyser mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des BgA „Kindergarten“ auseinander. Das von den Eltern gezahlte Entgelt sei nach § 4 Nr. 25 UStG umsatzsteuerbefreit, wodurch nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug durch den BGA „Kindergarten“ nicht möglich ist. Es komme folglich zu keinen Unterschieden gegenüber der bislang bestehenden Nichtbesteuerungspraxis. Schließlich befasst sich Keyser mit der umsatzsteuerlichen Behandlung der Essensversorgung und stellt fest, dass hierfür sowohl eine Steuerbefreiung als auch eine Steuerermäßigung denkbar ist und eine Entscheidung des Gesetzgebers für eine der beiden Möglichkeiten wünschenswert wäre. In Replik auf diesen Beitrag schließt sich Marcel Baumgart den grundsätzlichen Ausführungen Keysers an und bestätigt die Einschätzung, dass aufgrund der fehlenden Gleichartigkeit des BgA „Kindergarten“ mit anderen BgA wie etwa Versorgungsbetrieben, Friedhöfen und Verpachtungsbetrieben keine Verrechnungsmöglichkeit gegeben ist. Auch eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung bestehe im Regelfall nicht. Dennoch kommt Baumgart zu dem Ergebnis, dass ein erhebliches Verlustverrechnungspotential besteht. So können steuerpflichtige (Streubesitz-) Beteiligungen an gewinnbringenden Versorgungsbetrieben in die defizitären BgA eingelegt werden. Anders als die Einlage einer defizitären Beteiligung ist dies hier möglich, da die Beteiligung für den BgA „Kindergarten“ gewinnbringend ist. Baumgart weist darauf hin, dass eine Steuerbelastung aufgrund der Bewertung der Einlage mit dem Teilwert nicht zu befürchten ist, da die Kommune mit ihrem Hoheitsbereich nicht steuerpflichtig ist. (cl) Anne-Katharina Keyser, Kommunale Kindergärten im Steuerrecht – eine Bestandsaufnahme nach dem Urteil des BFH vom 12.7.2012 (I R 106/10), KStZ 2013, S. 47-52, und Replik hierauf von Marcel Baumgart, KStZ 2013, S. 111-112.

Die Unterscheidung zwischen den Alternativen von § 14 Nr. 14 UStG zur Umsatzsteuerbefreiung von Gesundheitsleistungen wird in der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs immer mehr aufgeweicht. Die Anzahl von zu entscheidenden Einzelfällen reißt nicht ab. Meurer fasst in seinem Beitrag die aktuelle Rechtsprechung zur Umsatzsteuerfreiheit von Gesundheitsleistungen gemäß § 4 Nr. 14 UStG zusammen. In einer kurzen Einführung zeigt er die Struktur der Norm sowie die Abgrenzung zwischen ihren beiden Alternativen, a. Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin durch Ärzte und ähnlich Qualifizierte und b. Krankenhausbehandlungen/Leistungen bestimmter Einrichtungen, auf. Dabei weist er darauf hin, dass die Abgrenzung in der Rechtsprechung des BFH immer mehr aufgeweicht werde. Die ersten dargestellten Urteile betreffen die Einordung von hygienischen Leistungen durch Ärzte und Hygienekräfte (a), die Vermehrung menschlicher Knorpelzellen zur Eigenimplantation (a) sowie die Kyrokonservierung weiblicher Eizellen (Revision beim BFH anhängig). Zusätzlich wird ein Urteil des FG Münster vorgestellt, welches die Gemeinschaftsrechtskonformität von Buchstabe b im Falle nicht zugelassener Krankenhäuser anzweifelt. Darauf folgen aktuelle Urteile zu Heilbehandlungen im Sinne des § 4 Nr. 14 lit. a, hier wird neben dem EuGH-Urteil zu ästhetischen Operationen die Lieferung von Krebsmedikamenten (umsatzsteuer-

frei), die Raucherentwöhnung (umsatzsteuerpflichtig), Verkehrstherapie (umsatzsteuerpflichtig) sowie Fastenseminare (umsatzsteuerpflichtig) behandelt. Die nächsten vorgestellten Urteile befassen sich mit dem beruflichen Befähigungsnachweis der Heil- und Heilhilfsberufe, der Voraussetzung für eine Umsatzsteuerfreiheit nach Buchstabe a ist. Im ersten Urteil zu heileurythmetischen Leistungen wird der Befähigungsnachweis auf Grund der Mitgliedschaft im Berufsverband, welcher wiederum vertraglich mit Krankenkassen verbunden war, bejaht. Im zweiten Urteil qualifizierte der BFH die staatliche Pflichtprüfung als Berufsnachweis für Podologen. Im dritten Urteil wurde die arztähnliche Qualifikation einer diplomierten Sozialarbeiterin, welche therapeutisches Reiten durchführt, abgelehnt. Das Fazit sieht für die Zukunft zahlreiche weitere Gerichtsverfahren über den Anwendungsbereich der Vorschrift voraus – nach den aufgezeigten Problemen sicherlich zu Recht. Der Aufsatz stellt nicht nur eine Vielzahl von aktuellen Urteilen sowohl der obersten als auch der Finanzgerichte dar, sondern zeigt darüber hinaus auf, wie sich diese in die bisherige Rechtsprechung eingliedern. Jedem, der in dem Dickicht der Steuerbefreiung für Heilbehandlung auf dem neusten Stand bleiben will, sei diese Zusammenstellung daher empfohlen. (sf) Thomas Meurer, Aktueller Überblick über die Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Gesundheitsleistungen gemäß § 4 Nr. 14 UStG, MwStR 2013, S. 437-442.

Andere Rechtsgebiete Homophobe Äußerungen des „Patrons“ eines Profifußballvereins können beweisrechtlich den Anschein einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung durch diesen Verein hervorrufen. Im Fall hatte sich der (Haupt-)Aktionär des rumänischen Fußballerstligisten FC Steaua Bukarest öffentlich gegen die Einstellung eines von der Presse als möglicherweise homosexuell eingestuften Spielers stark gemacht und dies damit begründet, dass er beruflich keine Zusammenarbeit mit Homosexuellen wünsche. Eine rumänische Nichtregierungsorganisation, die unter anderem den Schutz der Rechte homosexueller Personen bezweckte, erhob daraufhin Klage. Der Fußballverein brachte zum einen vor, dass der Aktionär rechtlich in keiner Weise an der Einstellung der Spieler beteiligt war, und wandte sich zum anderen gegen die Reichweite der aus dem Anschein einer Diskriminierung resultierenden Beweislastumkehr. Anhand verschiedener Vorlagefragen zur Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27.11.2000) wurde dieser Sachverhalt Gegenstand eines Verfahrens vor dem EuGH. Dieser entschied, dass „Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen“ auch dann vorliegen können, wenn die diskriminierenden Äußerungen von einer Person stammen, die zwar nicht rechtlich befugt ist, den Verein zu binden, aber sowohl faktisch als durch die Öffentlichkeit als wichtige Stimme innerhalb des Vereins wahrgenommen wird. Eine Entlastung allein mit Blick auf die rechtlichen Vertretungsbefugnisse komme jedenfalls nicht in Betracht. Möglich – und gegebenenfalls erforderlich – sei insoweit dann ein öffentliches Abstandnehmen von den diskriminierenden Äußerungen durch Vereinsverantwortliche. Entscheidend sei eine Gesamtwürdigung der Umstände unter besonderer Berücksichtigung der öffentlichen Wahrnehmung.


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Auch die Reichweite der aus dem Anschein der Diskriminierung resultierenden Beweislastumkehr sei nicht zu beanstanden. Erforderlich sei nämlich – entgegen der Auffassung der Beklagten – im Fall nicht der Beweis, dass in der Vergangenheit erfolgreich homosexuelle Spieler eingestellt wurden, was auch nach Ansicht des EuGH in der Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens resultieren könne. Ausreichend sei vielmehr, wenn der Anschein einer Diskriminierung mit einem Indizienbündel widerlegt werde. Zentraler Bestandteil eines solchen Indizienbündels können im Einzelfall insbesondere die klare Distanzierung des Vereins von diskriminierenden Äußerungen Dritter und die Existenz ausdrücklich antidiskriminierungsrichtlinienkonformer Bestimmungen im Bereich der Einstellungspolitik darstellen. (fk) EuGH, Urt. v. 25.4.2013 – C-81/12; Pressemitteilung des EuGH Nr. 52/13

Zum Umfang des Beurkundungserfordernisses bei Anfechtung eines Erbvertrags Der BGH stellt in der vorliegenden Entscheidung fest, dass die im Rahmen einer Erbvertragsanfechtung erteilte Anweisung des Erblassers an den Notar, die notariell beurkundete Anfechtungserklärung dem Nachlassgericht zu übermitteln, nicht gesondert notariell beurkundet werden muss. Die Parteien streiten um die Erbenstellung nach dem im Oktober 2010 verstorbenen Erblasser, der im Jahr 2002 mit seiner ersten Ehefrau einen Erbvertrag abgeschlossen hatte und hierin die Beklagte, eine Stiftung, als Alleinerbin eingesetzt hatte. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete der Erblasser im Juli 2009 die Klägerin und bestimmte sie testamentarisch zu seiner Alleinerbin. Mit notarieller Urkunde vom 28. August 2009 erklärte er die Anfechtung des Erbvertrages und bat den Notar um Übermittlung einer Ausfertigung desselben an das zuständige Nachlassgericht, wobei folgender Zusatz eingefügt war: „Dies soll allerdings erst erfolgen, wenn ihm der Erschienene oder ein hierzu Bevollmächtigter diesbezüglich gesondert schriftliche Mitteilung macht.“ In der Folge bat der zwischenzeitlich ernannte Generalbevollmächtigte des Erblassers den beurkundenden Notar, die Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht einzureichen. Die Beklagte hält die Anfechtungserklärung für unwirksam und meint zudem, die Anweisung an den Notar, die Anfechtungserklärung dem Nachlassgericht zu übermitteln, unterliege dem Beurkundungserfordernis des § 2282 Abs. 3 BGB. Der BGH stellt fest, dass die Annahme einer wirksamen Anfechtung des Erbvertrages durch den Erblasser auf tatrichterlicher Ebene revisionsrechtlich beanstandungsfrei zustande gekommen sei. Weiterhin pflichtet der BGH der Auffassung der Vorinstanz bei, die Anweisung an den Notar, die Anfechtungserklärung dem Nachlassgericht zu übermitteln, habe nicht einer gesonderten notariellen Beurkundung bedurft. Nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik und einhelliger Auffassung der Rechtsprechung und Literatur erstrecke sich das Erfordernis notarieller Beurkundung allein auf die Erklärung der Anfechtung, nicht hingegen auf deren Begebung. Zudem gelte die gesetzliche Beweisregel des § 416 ZPO, wonach eine vom Aussteller unterschriebene Privaturkunde vollen Beweis dafür begründet, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen vom Aussteller abgegeben wurden, auch dann für die Begebung einer schriftlichen Willenserklärung, wenn deren Übermittlung noch von einer gesonderten Weisung des Erklärenden abhängen soll. Insofern sei die Beklagte beweispflichtig gewesen und mangels Beweisantritt dafür beweisfällig geblieben, dass die Urkunde ohne den Wil-

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len des Erblassers eigenmächtig durch einen Vertreter in den Rechtsverkehr gelangt sei. (kw) BGH, Urt. v. 10.7.2013 – IV ZR 224/12

Ein Großhandelsverband ist nicht verpflichtet, ein Unternehmen, das schwerpunktmäßig im Versandhandel tätig ist, als Mitglied aufzunehmen. Der erste Kartellsenat des OLG Düsseldorf beschäftigt sich in vorliegender Entscheidung mit der Klage eines Unternehmens auf Aufnahme in einen Großhandelsverband. Die Klägerin ist eine Großhändlerin im Bereich „Haustechnik“, die ein Ladengeschäft unterhält, ihre Produkte jedoch überwiegend als Versandhändlerin vertreibt. Der beklagte Großhandelsverband hatte den Aufnahmeantrag mit Verweis auf § 5 Ziffer 4.0 der Verbandssatzung abgelehnt, worin unter anderem folgendes festgesetzt ist: „Einschlägige Fachgroßhandelsunternehmen im Sinne der Satzung sind insbesondere nicht…reine oder schwerpunktmäßige Versandhändler, die ihre Produkte vorwiegend im Fernabsatz anbieten…“. Der Verband sah durch das überwiegende Versandgeschäft der Klägerin auch die weiteren satzungsmäßigen Voraussetzungen einer Mitgliedschaft – wie die dauernde Führung eines Vollsortiments, eine ständige Produktausstellung oder die Erfüllung der Beratungsfunktion des Fachgroßhandels – als nicht gegeben an. Das OLG Düsseldorf schloss sich – ebenso wie das LG Köln zuvor – der Auffassung des Beklagten an und verneinte einen kartellrechtlichen Aufnahmeanspruch der Klägerin in den Verband nach §§ 33 Abs. 1 und 3, 20 Abs. 6 GWB. Nach § 20 Abs. 6 GWB dürfen Wirtschaftsvereinigungen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte, ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Behinderung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf stellt die Nichtaufnahme der überwiegend als Versandhändlerin tätigen Klägerin aber gerade eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung von HaustechnikGroßhändlern dar; § 5 Ziffer 4.0 sei insofern wirksam. Die Versagung einer Mitgliedschaft von Versandhändlern sei von der Verbandsautonomie gedeckt, da der Beklagte ein berechtigtes Interesse an einer homogenen Mitgliederstruktur von stationären Haustechnik-Großhändlern habe. Denn das Geschäft der Versandhändler baue in einem nicht unerheblichen Umfang auf dem vom stationären Großhandel bereitgestellten Beratungs- und Dienstleistungsangebot auf und berge die Gefahr von Trittbrettfahrern. Zudem mache das Vorhalten eines Ladengeschäfts die Klägerin nicht zwangsläufig zu einer stationären Händlerin. Vielmehr sei sie wegen der schwerpunktmäßigen Ausrichtung des Vertriebs auf den Fernabsatz als Versandhändlerin zu qualifizieren. Im Übrigen stellt das OLG Düsseldorf fest, dass es zwar einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 20 Abs. 6 GWB darstellen würde, wenn – wie die Klägerin behauptet hatte – die satzungsmäßigen Aufnahmekriterien gegenüber einem Bewerber angewendet würden und gleichzeitig einzelne Mitglieder von den betreffenden Satzungsanforderungen freigestellt würden. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trage jedoch der Bewerber um die Mitgliedschaft, und es fehle vorliegend an einem entsprechenden substantiierten Klägervortrag. (kw) OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.1.2013 – VI - U (Kart) 5/12

Redaktionshinweis: Der Volltext des vorinstanzlichen Urteils des LG Köln vom 9.2.2012 (88 O 33/10) ist abgedruckt in der npoR 2013, 17 ff.


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Grenzen zulässiger Telefonwerbung über den Hausnotrufdienst einer Malteser Hilfsorganisation unter Berücksichtigung der gemeinnützigen Zweckverfolgung Das OLG Köln hatte in diesem Fall über die Grenzen der zulässigen Telefonwerbung durch eine gemeinnützige Organisation zu entscheiden. Die Beklagte war dem Malteserorden zugeordnet und bot unter anderem Hausnotrufdienste an. Eine Verbraucherin beschwerte sich darüber, dass sie von der Beklagten einen Telefonanruf betreffend Hausnotrufdienste erhalten habe. Ungeachtet der Frage der Einwilligung der betroffenen Verbraucherin in die telefonische Information über solche Dienste (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) – über welche hier nach Ansicht des Gerichts ausweislich des vorgebrachten Sachverhalts kein zureichender Beweis von der Beklagten geführt wurde – brachte die Beklagte vor, dass wegen der Verfolgung religiöser und gemeinnütziger Zwecke in der Information über Hausnotrufdienste kein Handeln im geschäftlichen Verkehr im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 S. 1 UWG vorliege. Diesen Einwand wies das Gericht zurück. Unabhängig von einer Gewinnerzielungsabsicht komme es entscheidend darauf an, ob der Betroffene anderen, auf diesem Gebiet werbend tätigen Anbietern unternehmerisch auf Augenhöhe begegne. Die Motive für das Tätigwerden – die im Fall auch nach Ansicht des Gerichts wegen der Verbindung zum Malteserorden unzweifelhaft karitativer Natur waren – sind damit streng von dem tatsächlichen Verhältnis des Werbenden zu den Mitbewerbern auf dem freien Dienstleistungsmarkt zu trennen. Allein letzteres – und damit die Positionierung auf dem Markt – ist entscheidend für die Anwendbarkeit der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 S. 1 UWG. Weil die Beklagte auf dem Bereich der Hausnotrufdienste für behinderte und ältere Menschen ebenso wie andere Wohlfahrtsverbände und private Unternehmen (sozial-)unternehmerisch tätig ist, steht sie zu ebendiesen Unternehmen in Konkurrenz. Die werbende Tätigkeit einer Wohlfahrtsorganisation unter Rückgriff auf im Wege der gemeinnützigen Zweckverfolgung erlangten Kundendaten sei aber nicht schlechthin wettbewerbswidrig, solange nicht etwa der Eindruck erweckt werde, es würden öffentliche Aufgaben erfüllt. Mangels bewiesener Einwilligung der Betroffenen in die konkrete Werbemaßnahme war die Unterlassungsklage aber aus den §§ 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1 S. 1 UWG im Ergebnis begründet. (fk) OLG Köln, Urt v. 7.12.2012 – 6 U 69/12

Zur Anwendbarkeit des KSchG betreffend den Hauptgeschäftsführer eines eingetragenen Vereins als einen durch Satzung berufenen besonderen Vertreter im Sinne von § 30 BGB Das Landesarbeitsgericht Hamm befasst sich im vorliegenden Urteil mit der Anwendbarkeit des § 14 Abs. 1 KSchG auf den Geschäftsführer eines gemeinnützig tätigen Vereins und setzt sich in diesem Zusammenhang mit den Anforderungen an die satzungsgemäße Berufung eines Vereinsgeschäftsführers zum gesetzlichen Vertreter auseinander. Der Kläger war arbeitsvertraglich zum Hauptgeschäftsführer des beklagten Vereins bestellt und wurde vom beklagten Verein wegen erheblicher Verletzung seiner vertraglichen Pflichten gekündigt. Der Kläger hat auf Unwirksamkeit der Kündigung geklagt, die vom Arbeitsgericht, das sich für zuständig erklärte, bestätigt wurde. Allerdings folgte das Arbeitsgericht dem Hilfsantrag des beklagten Vereins und löste das Vertragsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auf.

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Der Kläger legte hiergegen Berufung ein; mit der Anschlussberufung begehrt der beklagte Verein die vollständige Klageabweisung. Das OLG Hamm gab der Anschlussberufung in vollem Umfang statt und wies die Klage aus folgenden Gründen ab. Der Kläger sei in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer „besonderer Vertreter“ im Sinne von § 30 BGB und insoweit zur gesetzlichen Vertretung des beklagten Vereins berufen mit der Folge, dass gem. § 14 Abs. 1 KSchG die Vorschriften über den allgemeinen Kündigungsschutz keine Anwendung fänden. Die rechtliche Einordnung als „besonderer Vertreter“ im Sinne von § 30 BGB setze eine unzweideutige Satzungsregelung voraus. Eine solche Regelung stelle § 9 Abs. 2 der Vereinssatzung des Beklagten dar, in der es heißt: „(…) Der Vorstand beruft den Hauptgeschäftsführer. Neben der Wahrnehmung der laufenden Geschäfte obliegen dem Hauptgeschäftsführer die Durchführung der von den Vereinsorganen und Ausschüssen gefassten Beschlüsse und die Dienstaufsicht über den Verein. Das Innenverhältnis wird durch eine vom Vorstand zu erlassende Dienstanweisung geregelt. (…)“ Schon die Formulierung „beruft“ spreche für eine Bestellung zum gesetzlichen Vertreter, da nach allgemeinem juristischem Sprachgebrauch eine bloß vertragliche Zuweisung einer bestimmten Aufgabenstellung regelmäßig als Auftrag und Bevollmächtigung bezeichnet werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Satzung zwischen rechtlichem Dürfen und rechtlichem Können des Hauptgeschäftsführers nicht unterscheide. Die Tatsache, dass die Satzung allein das Innenverhältnis und nicht die Frage der Vertretungsmacht anspreche, spreche vielmehr gegen ein rechtsgeschäftliches Verständnis der übertragenen Rechtsmacht. Denn gerade wegen der bestehenden gesetzlichen Regelung bedürfe es keiner expliziten Festlegung der Vertretungsmacht mehr. Der Verweis in der Satzung auf die Dienstanweisung betreffe allein das Innenverhältnis. Schließlich schade der rechtlichen Einordnung als gesetzlicher Vertreter auch nicht die Tatsache, dass die auf der Satzung beruhende gesetzliche Vertretungsmacht anders als beim Vorstand auf bestimmte Aufgaben beschränkt sei. Allein die mit der Aufgabenstellung verbundene Berechtigung, die juristische Person kraft Gesetzes bzw. Satzung wirksam zu vertreten, schließe die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes aus. Auf die Reichweite der Vertretungsmacht komme es nicht an, solange die satzungsmäßige Vertretungsmacht den Schwerpunkt der Arbeitsaufgabe betreffe. Dies treffe auf den Kläger zu, da dieser „hauptamtlich“ zur Vertretung des Vereins berufen war. Zuletzt führe auch die Tatsache, dass die Parteien ihre Vertragsbeziehung als Arbeitsvertrag bezeichnet hatten, zu keiner anderen Beurteilung, da es für die in Frage stehende Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes allein auf die Stellung als gesetzlicher Vertreter, nicht aber auf die Bezeichnung und Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen den Parteien ankomme. (epg) LAG Hamm, Urt. v. 7.3.2013 − 8 SA 1523/12

The Disclosure Panacea: A Comparative Perspective on Charity Financial Reporting Der Beitrag von Breen beschäftigt sich mit dem regulatorischen Umfeld betreffend Finanzberichterstattung von gemeinnützigen Organisationen in Irland, Großbritannien und den USA. Diesen Ländern ist gemeinsam, dass sie allesamt vom Common Law bestimmt werden. Breen untersucht, ob die unterschiedlichen Modelle entweder die Zweckverfolgung


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gemeinnütziger Unternehmen erleichtern oder aber schlicht die Durchsetzbarkeit der jeweiligen Offenlegungsanforderungen erhöht. Dabei stehen drei Bereiche der Regelungsmechanismen im Vordergrund: Die Verlässlichkeit der offengelegten Informationen, die Folgerichtigkeit dieser Informationen betreffend Vergleiche von Wohlfahrtsunternehmen untereinander und das aus der Offenlegung der Informationen resultierende Maß an praktischer Durchsetzbarkeit. Im Einzelnen wird zunächst auf Möglichkeiten der Kontrolle (insbesondere durch Wirtschaftsprüfer) eingegangen. Ob diese Kontrollmechanismen effektiv bei gemeinnützigen Organisationen eingesetzt werden (können), wird in einem zweiten Schritt untersucht. Breen beleuchtet zudem die anhaltenden Reformbemühungen um einheitliche, internationale Rechnungslegungsbestimmungen und deren mögliche Auswirkungen – sowohl unter regionaler als auch nationaler Betrachtung – auf die Offenlegungspflichten von Wohlfahrtsunternehmen. Der Beitrag schließt mit dem regulatorischen Hinweis, dass gemeinnützige Organisationen und auf Gewinnerzielung gerichtete Wirtschaftsunternehmen in erheblichem Maße anderen Gesetzlichkeiten unterworfen und auf die Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse angewiesen sind. Die Offenlegungspflichten für Wohlfahrtsunternehmen sollten daher nur mit großer Vorsicht nach dem Vorbild ihrer profitorientierten Geschwister modelliert werden. (fk) Oonagh B. Breen, The Disclosure Panacea: A Comparative Perspective on Charity Financial Reporting, Voluntas 3/2013, S. 852-880.

Neufassung des World Anti-Doping Code 2015 Lehner setzt sich im vorliegenden Beitrag mit der für den 1. Januar 2015 geplanten Neufassung des World Anti-Doping Codes (WADA Code) auseinander und wirft dabei unter anderem die Frage auf, ob die geplanten Änderungen deutschem (Verfassungs-)Recht standhalten und so von deutschen Sportverbänden und der nationalen Anti-Doping Agentur Deutschland (NADA) angenommen werden können. Lehner schildert zunächst die Entstehungsgeschichte des WADA-Code, der erstmals am 1.1.2004 in Kraft trat und mit Wirkung zum 1.1.2009 neu gefasst wurde. Der WADA-Code sei als privatrechtliches Regelungswerk von über 570 Verbänden akzeptiert worden. Auf der für November 2013 in Johannesburg angesetzten Welt Anti-Doping Konferenz sollen nun verschiedene Änderungen beraten werden, um – so die Begründung des Entwurfs – eine bessere Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Menschenrechte zu erreichen. Lehner führt sodann in die Systematik des Codes ein. Der geltende WADA Code 2009 bediene sich zur Erleichterung der Sanktionierung von Dopingvergehen einer ausschließlich objektiven Definition von Doping verbunden mit einer rein verschuldensunabhängigen Haftung mit bloßen Entlastungsmöglichkeiten des Athleten, gekoppelt mit der grundsätzlichen Sanktion einer zweijährigen Wettkampfsperre. Subjektive Elemente fänden erst im Rahmen der Bemessung der Sanktion Berücksichtigung. Nach dem Prinzip der „strict liability“ habe die Anti-Doping Organisation lediglich eine Beweispflicht bzgl. des Vorliegens eines Dopingverstoßes, was sich auf den Nachweis des bloßen Vorhandenseins einer verbotenen Substanz im Körper des Athleten beschränke. Lehner sieht hierin eine Art Zustandshaftung des Athleten für seinen Körper und hält das „strict liability“-Prinzip mit Blick auf deutsche Rechtsgrundsätze, nach denen Vereinsstrafen den Nachweis eines Verschuldens voraussetzen sowie der

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Grundsatz der Unschuldsvermutung gelte, für sehr bedenklich. Dementsprechend habe die Rechtsprechung deutscher staatlicher Gerichte eine solche Beweislastumkehr schon vor Einführung des WADA Code klar abgelehnt und stattdessen andere Beweiserleichterungen wie etwa den Anscheinsbeweis einer positiven A-Probe für einen schuldhaften Dopingverstoß anerkannt. Auch Aspekte des geltenden Strafsystems, wie die harte Regelstrafe von zwei Jahren, das Fehlen einer Strafe zur Bewährung und die praktisch uneingeschränkte Anwendung auf Minderjährige seien unvereinbar mit deutschen Verfassungsvorgaben. Im Folgenden erläutert Lehner die im Reformentwurf vorgesehenen Änderungen des Codes, der trotz der in den vergangenen Jahren geführten Diskussionen explizit an dem Grundsatz der verschuldensunabhängigen Haftung des Athleten festhalte. Neu aufgenommen seien unter anderem die Sanktionierung der Beihilfe als eigenständiger Dopingverstoß, die Sanktionierung der Zusammenarbeit eines Athleten mit anderen in Dopingsachverhalte involvierten Personen sowie die Möglichkeit, bei Einverständnis aller Beteiligten die Dopingsanktionsverfahren unter Verzicht auf nationale (Vor-) Verfahren ausschließlich beim Internationalen Sportgerichtshof durchzuführen. Neben weiteren Strafverschärfungen, insbesondere für das Umfeld des Athleten, und einer Neuausrichtung der Strafminderungsmöglichkeiten sei eine wesentliche Änderung die Dauer der Dopingsperre, die nunmehr bei allen Substanzen oder Stimulanzien auf bis zu vier Jahre verdoppelt werden könne, ausgenommen bloße Missbrauchssubstanzen. Nach Auffassung Lehners bedeute dies ein lebenslanges Berufsverbot ohne Verschuldensbeweis, da die Rückkehr eines für vier Jahre gesperrten Athleten in den Leistungssport kaum vorstellbar sei, zumal wenn ihm jedes professionelle Training wie im Entwurf vorgesehen untersagt sei. Dies komme einer nach deutschem Recht unzulässigen Verletzung der Berufsfreiheit gleich. Ebenso widerspreche es den besonderen Schutznormen für Minderjährige fast aller staatlichen Rechtsordnungen, unter höchster Strafandrohung Entlastungsbeweise für Handlungen zu fordern, für die noch nicht einmal die Handlungsfähigkeit des minderjährigen Sportlers gegeben sei. Im Ergebnis hält Lehner es für äußerst fragwürdig, wenn deutsche Verbände und der Deutsche Olympische Sportbund ein solches gegen deutsches Verfassungsrecht verstoßendes Regelwerk akzeptierten. (epg) Michael Lehner, Neufassung des World Anti-Doping Code 2015, KSzW 2013, S. 250-254.

Zur Rechtmäßigkeit repressiver Sanktionen gegen Fußballvereine beim Fehlverhalten ihrer Anhänger – Lösungsvorschlag eines wirksamen Systems der präventiven Gefahrenabwehr Wieschemann befasst sich in seinem Beitrag mit der Frage, inwieweit Fußballclubs für das Verhalten ihrer Anhänger einzustehen haben, und untersucht dabei die Rechtmäßigkeit der entsprechenden Normen der Verbandsregelwerke. Als Anlass für seinen Beitrag nennt der Autor die Vorgänge anlässlich des am 31.10.2012 in Hannover stattfindenden DFBVereinspokalspiels zwischen Hannover 96 und der SG Dynamo Dresden, aufgrund derer die SG Dynamo Dresden durch Urteil des DFB-Sportgerichts (nachfolgend bestätigt durch das Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen) in der Saison 2013/2014 von der Teilnahme am DFB-Vereinspokal ausgeschlossen wurde. Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist nach Ansicht Wieschemanns, dass ein Verschulden oder ein Verstoß gegen eine eigene Handlungs-


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pflicht des sanktionierten Clubs zur Überzeugung des Gerichts tatsächlich nicht vorhanden gewesen sei. Das Gericht hingegen habe ein schuldhaftes Fehlverhalten des gastgebenden Clubs in Form von unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen festgestellt, welches jedoch mit einer bloßen Geldstrafe geahndet worden sei. Die sich in diesem konkreten Fall manifestierende verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit der Vereine für das Fremdverschulden ihrer vermeintlichen Anhänger, mit der der Verbandszweck von Fairplay und Gewaltfreiheit im Fußballsport gesichert werden soll, und deren Vereinbarkeit mit staatlichem Recht beleuchtet der Autor sodann, indem er die Analogiefähigkeit dieser verschuldensunabhängigen Haftung der Fußballclubs mit anderen verschuldensunabhängigen Haftungstatbeständen prüft und letztlich insgesamt verneint. So vergleicht er die Haftung der Fußballclubs mit zivilrechtlichen Gefährdungstatbeständen – wie beispielsweise der Tierhalterhaftung nach § 833 BGB – und verneint dabei bereits die Sachverhaltsähnlichkeit, da bei der Gefährdungshaftung die Gefahr von einer Sache oder Anlage ausgehe, die nicht selbst Rechtsträger sei. Die die Gefährdung auslösenden Anhänger eines Vereins seien dagegen aber selbst passivlegitimiert. Ebenso lehnt Wieschemann eine Analogie zur verschuldensunabhängigen Haftung nach 1004 BGB ab, da der Fußballclub unter keinen der zu § 1004 BGB entwickelten Störerbegriffe falle. Mit demselben Argument verneint der Autor eine Übertragung der ordnungsrechtlichen Gefahrenabwehr und des polizeirechtlichen Störerbegriffs aus dem öffentlichen Recht. Ausführlich diskutiert der Autor weiterhin die Vereinbarkeit der verschuldensunabhängigen Sanktionierung der Fußballclubs mit dem Sportrecht, welches seinen Ursprung in der Verbandsautonomie habe und gleichzeitig den allgemeinen Schranken der Privatrechtsordnung unterliege. Aufgrund dieses Spannungsverhältnisses zwischen kollektiven und in-

dividuellen Freiheiten sei im Sportrecht eine dreistufige Prüfungssystematik entwickelt worden, welche zur Bestimmung der konkreten Inhalte und Grenzen der Verbandsautonomie stets anzuwenden sei und unter anderem eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorsehe. In diesem Zusammenhang äußert Wieschemann erhebliche Zweifel an der Geeignetheit einer verschuldensunabhängigen Haftung von Vereinen und führt aus, weshalb die Sanktionierung seiner Ansicht nach gerade nicht auf das Verhalten der Anhänger einwirke. In diesem Zusammenhang thematisiert der Autor zudem die Problematik des Begriffs „Anhänger“, der sehr weit gefasst sei und auf den objektiven Betrachter abstelle. Diese Definition, die auf jegliches emotionales Nähe- bzw. Austauschverhältnis verzichte, verkenne, dass ein solches Näheverhältnis aber gerade die Grundlage wäre, auf der Vereine überhaupt die Möglichkeit hätten, auf ihre Fans einzuwirken. Nach alledem hält der Autor die aufgrund der repressiven Sanktionierung faktisch bestehende verschuldensunabhängige Haftung der Fußballclubs für ihre Anhänger für unrechtmäßig und schlägt vor, stattdessen ein System präventiver Auflagen einzuführen, welche unmittelbar auf die Gefahrenquelle Einfluss nehmen würden und individuell dem Verein auferlegt werden könnten, der der Gefahr näher ist. Als mögliche Auflagen seien beispielhaft erwähnt die Verpflichtung, geeignete Ordnungskräfte zur Sicherung der eigenen Anhänger auf fremdem Platz zu stellen, oder die Verpflichtung, Karten an Anhänger des Clubs nur in personalisierter Form abzugeben. Wieschemann hält diesen Weg nicht nur unter Rechtmäßigkeitsgesichtspunkten, sondern auch im Sinne der tatsächlich wirksamen Gewaltprävention für den empfehlenswerten Weg. (kw) Christof Wieschemann, Schuld und Sühne – Die Haftung der Fußballvereine für das Verhalten ihrer Anhänger, KSzW 2013, S. 268-277.

Rechtsprechung Stiftungsrecht Ermäßigung der Notargebühren für mildtätige oder kirchliche Organisationen Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass die Ermäßigung von Notargebühren nur solchen Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen gewährt wird, die ausschließlich mildtätige oder kirchliche, nicht aber gemeinnützige Zwecke verfolgen. BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – V ZB 130/12 Gründe I. [1] Der Kostengläubiger (Notar) beurkundete am 10. November 2011 einen Grundstückskaufvertrag für die Kostenschuldnerin. Bei dieser handelt es sich um eine gemeinnützige Stiftung, die ihrer Satzung zufolge die Förderung des Naturschutzes in Hamburg mit dem Schwerpunkt auf Naturschutz-

maßnahmen im Naturraum der Tideelbe und außerhalb von Naturschutzgebieten bezweckt. In seiner Kostenrechnung setzte der Notar unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von xx € unter anderem eine doppelte Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO an, auf die ein Betrag in Höhe von xx € entfällt. [2] Der Antrag der Kostenschuldnerin auf gerichtliche Entscheidung, mit dem sie eine Gebührenermäßigung gemäß § 144 Abs. 1 und 2 KostO erreichen will, hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde strebt die Kostenschuldnerin weiterhin die Abänderung der Kostenberechnung an. II. [3] Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Kostenschuldnerin keine Gebührenermäßigung gemäß § 144 Abs. 2 KostO zu gewähren. Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig und einer erweiterten Auslegung nicht zugänglich. Der Gesetzgeber habe das Privileg der Gebührenermäßigung bewusst an die Verfolgung mildtätiger oder kirchlicher Zwecke


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geknüpft. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der lediglich eine willkürliche Ungleichbehandlung verbiete, sei gewahrt, weil sich gemeinnützige und mildtätige bzw. kirchliche Zwecke grundsätzlich voneinander unterschieden. Der Begriff der Gemeinnützigkeit sei relativ umfassend, so dass viele nichtstaatliche Hilfswerke und kulturelle Institutionen, aber auch Sportvereine und Krankenhäuser gemeinnützige Zwecke verfolgten. Dagegen seien die mildtätigen und kirchlichen Zwecke eng gefasst. Nichts anderes folge aus der Entwicklung des Steuerrechts, die zu einer weitgehenden Gleichbehandlung der verschiedenen Zwecke geführt habe. Die Kostenberechnung der Notare sei von der Steuererhebung zu unterscheiden. Denn eine gesetzlich vorgeschriebene Gebührenermäßigung greife in Grundrechte des Notars ein (Art. 12 GG) und sei daher auf die unbedingt notwendigen Fälle zu begrenzen. III. [4] Die gemäß § 156 Abs. 4 Satz 1 KostO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat eine Abänderung der Kostenberechnung zu Recht versagt. [5] 1. Eine Gebührenermäßigung gemäß § 144 Abs. 2 i.V.m. § 144 Abs. 1 KostO scheidet aus, weil die Kostenschuldnerin weder mildtätige noch kirchliche Zwecke verfolgt. [6] a) Gemäß § 144 Abs. 1 KostO ermäßigen sich die Notargebühren unter bestimmten Voraussetzungen für die dort genannten Kostenschuldner, insbesondere Bund, Länder, Gemeinden und Kirchen. Diese Gebührenermäßigung ist gemäß § 144 Abs. 2 KostO auch Körperschaften, Vereinigungen oder Stiftungen zu gewähren, die ausschließlich und unmittelbar mildtätige oder kirchliche Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgen. Ein mildtätiger Zweck setzt gemäß § 53 AO unter anderem die selbstlose Unterstützung hilfsbedürftiger Personen voraus. Kirchliche Zwecke im Sinne des § 54 AO liegen in der selbstlosen Förderung einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. [6] b) Nach dem eindeutigen Wortlaut erstreckt sich der Anwendungsbereich der Norm nicht auf die Kostenschuldnerin. Sie verfolgt weder mildtätige noch kirchliche, sondern mit der Förderung des Naturschutzes gemeinnützige Zwecke; darunter sind gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO Tätigkeiten zu verstehen, durch die die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos gefördert wird. Hierzu gehören unter anderem die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO). Dass § 144 Abs. 2 KostO nur auf die ausdrücklich in der Norm genannten Zwecke anwendbar ist, entspricht einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BayObLGZ 1994, 271, 272; LG Arnsberg, KirchE 46, 361, 364; Schwarz in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 144 Rn. 12; Rohs in Rohs/Wedewer, KostO [2012], § 144 Rn. 7; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 144 Rn. 17; Tiedtke/Diehn, Notarkosten im Grundstücksrecht, 3. Aufl., Rn. 608; Filzek, KostO, 4. Aufl., § 144 Rn. 6; Notarkasse München, Streifzug durch die Kostenordnung, 9. Aufl., Rn. 658, 661). [7] 2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt eine analoge Anwendung der Vorschrift nicht in Be-

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tracht, weil es an einer Regelungslücke fehlt. [8] a) Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich des § 144 Abs. 2 KostO bewusst eng begrenzt. Dass er bei seiner Verweisung auf Bestimmungen der Abgabenordnung die naheliegende Möglichkeit der Erstreckung auf gemeinnützige Einrichtungen übersehen hat, erscheint ausgeschlossen. Für eine gewollt eng begrenzte Reichweite der Gebührenermäßigung spricht darüber hinaus der Umstand, dass selbst eine mildtätige oder kirchliche Zweckrichtung nur dann begünstigt wird, wenn sie ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird (vgl. § 56, § 57 AO). Sogar Einrichtungen, die nach ihrem Satzungszweck sowohl mildtätige als auch gemeinnützige Zwecke verfolgen, ist deshalb keine Gebührenermäßigung zu gewähren (BayObLGZ 1994, 271, 272; LG Arnsberg, KirchE 46, 361, 364 f.; Schwarz in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 144 Rn. 12; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 144 Rn. 17; Tiedtke/Diehn, Notarkosten im Grundstücksrecht, 3. Aufl., Rn. 608; Schmidt, MittRhNotK 1989, 209, 210). [9] b) Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt diese Auslegung. Mit der in § 144 Abs. 2 KostO in der Fassung vom 15. Juni 1989 erstmals enthaltenen Beschränkung der Gebührenermäßigung auf Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen, die ausschließlich und unmittelbar mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, reagierte der Gesetzgeber auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 1978, mit der die Vorgängerregelung (§ 144 Abs. 3 KostO idF vom 28. August 1969, BGBl. I S. 1513) teilweise für nichtig erklärt worden war. Das Bundesverfassungsgericht hielt die damals weiter gefasste Pflicht zur Gebührenermäßigung für unvereinbar mit der Berufsausübungsfreiheit der Notare (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerfGE 47, 285 ff.). Eine Ermäßigungspflicht müsse aus Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt und den Notaren zumutbar sein; dies habe der Gesetzgeber unter Ermittlung der Einkommensauswirkungen für die Notare konkret zu prüfen (BVerfGE 47, 285, 318 ff.). Diesen Vorgaben wollte der Gesetzgeber gerecht werden und die Gebührenvergünstigung in einem engen, den Notar möglichst wenig belastenden Rahmen halten (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 20. April 1989, BT-Drucks. 11/4394, S. 10 f.; Gesetzentwurf des Bundesrates vom 19. Mai 1988, BT-Drucks. 11/2343, S. 10 f.). Angesichts dessen ist der sachliche und persönliche Geltungsbereich der Gebührenermäßigung abschließend geregelt worden. Die Ausdehnung auf die weit gefasste Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Sinne des § 52 AO liefe dem erklärten Ziel des Gesetzgebers zuwider. [10] 3. Entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin ist § 144 Abs. 2 KostO mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar; eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG) kommt nicht in Betracht. [11] a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (st. Rspr., vgl. BVerfGE 98, 365, 385 mwN). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten bleibt. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche


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Grenzen für den Gesetzgeber. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Dabei kommt es entscheidend darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Nähere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sachund Regelungsbereiche präzisieren (st. Rspr., vgl. BVerfGE 110, 412, 432 f.; BVerfG, NJW 2013, 847 Rn. 72 jeweils mwN).

mildtätige Zwecke verfolgen, unterstützen Personen, die persönlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftig sind (vgl. § 53 AO). Damit decken sie einen Fürsorgebereich ab, der zu den selbstverständlichen Pflichten des Sozialstaats gehört (vgl. BVerfGE 15 40, 121, 133). Zwar betreffen auch die als gemeinnützig eingestuften Zwecke im Allgemeinen wichtige staatliche Aufgaben; dabei geht es aber auch und vor allem um eine qualitative Ergänzung und Bereicherung des staatlichen Leistungsangebots in höchst unterschiedlichen und breit gefächerten Bereichen (vgl. § 52 Abs. 2 AO; Hüttemann, aaO, § 1 Rn. 82).

[12] b) Im Bereich der Notargebühren darf der Gesetzgeber die ausschließliche Verfolgung von mildtätigen oder kirchlichen Zwecken gegenüber der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke privilegieren.

Steuerrecht

[13] aa) Im Ausgangspunkt sind der Gebührenermäßigung im Hinblick auf die Grundrechte der Notare enge Grenzen gesetzt; insoweit besteht ein grundlegender Unterschied zu Begünstigungen im Steuerrecht. Denn während der Staat auf eigene Einnahmen verzichtet, wenn er steuerrechtliche Privilegien gewährt, verpflichten Gebührenermäßigungsvorschriften Notare dazu, berufliche Leistungen für ein Entgelt zu erbringen, das erheblich unter den Regelgebühren liegt. Derartige Normen sind verfassungsrechtlich als Berufsausübungsregelungen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zu beurteilen und bedürfen einer besonderen Rechtfertigung (näher BVerfGE 47, 285, 321). Demgegenüber handelt es sich auf Seiten der Kostenschuldner um eine relativ geringfügige finanzielle Erleichterung, die in aller Regel nicht von existentiellem Gewicht ist. Aus diesem Grund muss der Gesetzgeber bei der Auswahl der begünstigten Kostenschuldner lediglich das Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung beachten. [14] bb) Gemessen daran ist die durch § 144 Abs. 2 KostO getroffene Auswahl der privilegierten Zwecke nicht zu beanstanden. [15] (1) Eine besondere Behandlung kirchlicher Zwecke im Sinne des § 54 AO begegnet keinen Bedenken, weil die geförderten Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz der Weimarer Kirchenartikel unterliegen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 bis 139, 141 WRV). Daraus folgt zwar keine staatliche Verantwortung für die finanzielle Ausstattung der Kirchen und kirchlicher Einrichtungen, wohl aber eine Präferenzposition, soweit der Staat materielle Verteilungsfunktionen wahrnimmt (Robbers in Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts I, 2. Aufl., S. 877 f.; vgl. auch Ehlers in Sachs, GG, 6. Aufl., Art. 140 Rn. 9; Maunz/Dürig/Korioth, GG [2013] Art. 140 Rn. 32). Auch die Bevorzugung der Verfolgung kirchlicher Zwecke gegenüber den als gemeinnützig eingestuften religiösen Zwecken (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO) hält sich noch in dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. [16] (2) Eine Gebührenermäßigung im Hinblick auf mildtätige Zwecke rechtfertigt sich jedenfalls aus der Überlegung, dass diese zum Kernbereich selbstloser Gemeinwohlförderung gehören (vgl. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 157). Einrichtungen, die ausschließlich

IV. [17] […]

Steuerfreiheit für Berufsbetreuer – Unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht Wird ein Berufsbetreuer gemäß § 1896 BGB gerichtlich zur Erbringung von Betreuungsleistungen bestellt, handelt er als anerkannte Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und kann sich für die Steuerfreiheit der aufgrund dieser Bestellung erbrachten Betreuungsleistungen auf das Unionsrecht berufen. BFH, Urt. v. 25.4.2013 – V R 7/11 Tatbestand [1] I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2005 bis 2008 Betreuungsleistungen und wurde hierfür als Betreuer von den nach § 1897 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuständigen Vormundschaftsgerichten bestellt. Sie behandelte die nach § 1896 BGB erbrachten Betreuungsleistungen zunächst als umsatzsteuerpflichtig, beantragte dann aber, gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Leistungen umsatzsteuerfrei sind. Der Beklagte und Revisions-beklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. [2] Für die Klageabweisung führte das Finanzgericht (FG) in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1115 veröffentlichten Urteil an, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht erfüllt seien. Die Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auch nicht auf Art. 13 Teil A Buchst. g der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen. [3] Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Nach dem zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Unionsrecht seien ihre Leistungen steuerfrei. Sie erbringe Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden seien. Nach ihrem Aufgabenkreis sei sie auch als soziale Einrichtung anzusehen. [4] Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Januar 2012 das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung durch den Ge-


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richtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-174/11 Zimmermann angeordnet. Mit Urteil vom 15. November 2012, Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 2013, 35 hat der EuGH in dieser Rechtssache entschieden: [5] „Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ... verbietet es bei einer Auslegung im Licht des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung der von gewerblichen Leistungserbringern erbrachten ambulanten Pflege von einer Bedingung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden abhängig gemacht wird, nach der die Kosten dieser Pflege im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssen, wenn diese Bedingung nicht geeignet ist, im Rahmen der für die Zwecke dieser Vorschrift erfolgenden Anerkennung des sozialen Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, die Gleichbehandlung zu gewährleisten.“ [6] […] Entscheidungsgründe [9] II. Die Revision der Klägerin ist begründet. […] [10] 1. Die Leistungen der Klägerin waren in den Streitjahren nicht nach nationalem Recht steuerfrei. [11] Die Klägerin erfüllte nicht die in der Person des leistenden Unternehmers bestehenden Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 UStG oder nach § 4 Nr. 18 UStG in ihrer in den Streitjahren geltenden Fassung. Sie erbrachte weder Leistungen als Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen oder zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen (§ 4 Nr. 16 UStG) noch war sie Mitglied in einem anerkannten Verband der Wohlfahrtspflege (§ 4 Nr. 18 UStG). [12] Bestätigt wird die in den Streitjahren nach nationalem Recht bestehende Steuerpflicht durch einen Gesetzgebungsvorschlag zum Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013). Danach soll die nach § 4 Nr. 16 UStG bestehende Steuerfreiheit für „die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen“ um einen zusätzlichen Buchst. k ergänzt werden. Auch die Leistungen der „Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1896 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Absatz 1 in Verbindung mit § 1835 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden“, sollen danach steuerfrei sein (vgl. auch den Vorschlag der Gesetzesbegründung in BTDrucks 139/13 S. 180). [13] 2. Die Klägerin kann sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen. [14] a) Steuerfrei waren nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL in den Streitjahren „die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen

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Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen“. [15] Neben einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung setzt die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bei Leistungen von Steuerpflichtigen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, voraus, dass der leistende Unternehmer als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist. [16] b) Die sog. rechtliche Betreuung gemäß §§ 1896 ff. BGB „umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen“ (§ 1901 Abs. 1 BGB). Der Betreuer hat dabei insbesondere die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht (§ 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB). [17] Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG sowie Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, wie der Bundesfinanzhof (BFH) für Betreuungsleistungen derselben Art, die gleichfalls nach §§ 1896 ff. BGB durch Vereinsbetreuer erbracht werden, bereits ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 17. Februar 2009 XI R 67/06, BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.b). Hierauf nimmt der erkennende Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. [18] c) Die Klägerin ist auch eine Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. [19] aa) Nach dem EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 26 legt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. [20] Weiter ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31). [21] Dabei kann sich ein Steuerpflichtiger auf die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar


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ist. Es ist dann Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist. Insoweit haben die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, zu denen insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 32 f.). Nichts anderes gilt für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. [22] bb) Im Streitfall folgt die Anerkennung der Klägerin i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL insbesondere aus dem Bestehen spezifischer Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit. [23] (1) Für die Anerkennung des Betreuers spricht seine gerichtliche Bestellung und Überwachung nach §§ 1896 ff. BGB. Maßgeblich ist, dass das hierfür in den Streitjahren zuständige Vormundschaftsgericht nur „eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen“, zum Betreuer bestellen konnte (§ 1897 Abs. 1 BGB). Dabei hatte das Gericht bei der Auswahl des Betreuers dessen Geeignetheit umfassend im Hinblick auf alle erforderlichen Aufgabenbereiche zu prüfen (Urteil des Kammergerichts vom 27. Januar 2009 1 W 95/08, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2009, 910, Leitsatz). Dementsprechend hatte das Gericht den Betreuer zu entlassen, wenn dessen Eignung zur Betreuung nicht mehr gewährleistet war (§ 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine zur Entlassung führende mangelnde Eignung konnte sich insbesondere aus Pflichtverletzungen des Betreuers oder dessen Überforderung mit der Erledigung der zugewiesenen Aufgabenkreise ergeben (Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 2008 20 W 247/08, Leitsatz, nicht veröffentlicht). Diese Eignungsgrundsätze für die Bestellung und Entlassung von Betreuern galten gleichermaßen für Vereins- und Behördenbetreuer (§ 1897 Abs. 2 BGB) wie auch für ehrenamtlich tätige Betreuer und Berufsbetreuer (§ 1897 Abs. 6 BGB). Damit folgt aus der gerichtlichen Bestellung zur Erbringung einer eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung (s. oben II.2.b), der erforderliche „soziale Charakter ... , der dem Erbringer der Dienstleistung zuerkannt sein muss“ (EuGH-Urteil vom 9. Februar 2006 C-415/04, Stichting Kinderopvang Enschede, Slg. 2006 I-1385 Rdnr. 23). [24] (2) Weiter ist ein Ausschluss der Klägerin von der Steuerfreiheit im Hinblick auf die für Betreuungsvereine bestehende Steuerfreiheit nicht mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu vereinbaren. [25] Auf der Grundlage von § 4 Nr. 18 UStG und Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG hat der XI. Senat des BFH die Leistungen sog. Betreuungsvereine als steuerfrei angesehen, sofern sich der Verein gegen die richtlinienwidrige Regelung des sog. Abstandsgebots nach § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG auf die Richtlinie 77/388/EWG beruft (BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.2.). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

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[26] Sind die Leistungen von Betreuungsvereinen, die aufgrund einer Bestellung von Vereinsbetreuern nach §§ 1896 ff. BGB erbracht werden, nach dieser Rechtsprechung steuerfrei und dürfen die Mitgliedstaaten keine unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen (EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53), sind auch Berufsbetreuer aufgrund einer nach §§ 1896 ff. BGB erfolgten Bestellung als anerkannte Einrichtung anzusehen. Hierfür spricht neben der Identität des Rechtsrahmens bei der Leistungserbringung durch Betreuungsvereine und Berufsbetreuer auch die Identität der Vergütungsregelungen. So werden Berufsbetreuer und die für einen Betreuungsverein tätigen Vereinsbetreuer nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz --VBVG--) in derselben Höhe vergütet. Die Vergütung des Berufsbetreuers, der unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VBVG berufsmäßig tätig ist, erfolgt nach den Stundensätzen des § 4 VBVG auf der Grundlage der Stundenansätze des § 5 VBVG und damit nach denselben Regelungen, nach denen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VBVG auch die für Betreuungsvereine tätigen Vereinsbetreuer vergütet werden. [27] An der Tätigkeit sowohl der Betreuung durch Vereinsbetreuer wie auch des nach §§ 1896 ff. BGB bestellten Berufsbetreuers besteht auch ein erhebliches Gemeinwohlinteresse, wie sich bereits daraus ergibt, dass die rechtliche Betreuung nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu dient, Volljährige zu unterstützen, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können. [28] (3) Gegen die Anerkennung spricht nicht, dass im Regelfall der Betreute die Kosten der Betreuungstätigkeit zu tragen hat. Dass nur einer von mehreren für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten (Bestehen spezifischer Vorschriften, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Kostenübernahme durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit, vgl. EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 31) nicht vorliegt, spricht nicht gegen eine Anerkennung. Die Anerkennung setzt nicht voraus, dass alle für die Anerkennung in Betracht kommenden Gesichtspunkte kumulativ erfüllt sind. [29] d) Einwendungen gegen die Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen bestehen nicht. [30] aa) Die Ermächtigung in Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 133 Buchst. d erster Gedankenstrich MwStSystRL berechtigt nicht zu einer Differenzierung zwischen den Betreuungsleistungen der Betreuungsvereine und der Vereinsbetreuer einerseits sowie der durch Berufsbetreuer erbrachten Betreuungsleistungen andererseits. [31] Zwar können die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL, jeweils in Buchst. b, g, h, i, l, m und n für Einrichtungen, die keine


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Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben und etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, nicht verteilt, sondern zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden. Das UStG hat diese Ermächtigung aber nicht ausgeübt, wie der EuGH in seinem Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnrn. 55 f. ausdrücklich festgestellt hat. [32] bb) Der Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen steht auch nicht Art. 13 Teil A Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG und Art. 133 MwStSystRL jeweils Buchst. a dritter Gedankenstrich entgegen. Danach können die Mitgliedstaaten die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, davon abhängig machen, dass Preise angewendet werden, die von den zuständigen Behörden genehmigt sind, oder solche, die die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Tätigkeiten, für die eine Preisgenehmigung nicht vor-gesehen ist, müssen Preise angewendet werden, die unter den Preisen liegen, die von den der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen für entsprechende Tätigkeiten gefordert werden. [33] Unabhängig von der Frage, ob das UStG die durch Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG eingeräumte Ermächtigung wirksam ausgeübt hat (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b), handelt ein Gericht, das die Vergütung eines Betreuers nach feststehenden Stundensätzen festsetzt, funktional als Behörde, so dass von den zuständigen Behörden genehmigte Preise i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen, wie der BFH mit Urteil in BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869, unter II.3.b bereits entschieden hat. Gleiches gilt für die nach dem VBVG zu bewilligende Vergütung, die nach § 1 Abs. 2 VBVG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung vom Vormundschaftsgericht nach den Stundensätzen des § 4 VBVG bewilligt wurde. Daher kann es für den Berufsbetreuer auch nicht zu einer weiter gehenden Steuerfreiheit kommen, als sie für Betreuungsvereine nach § 4 Nr. 18 UStG besteht. [34] cc) Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, die einer Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht entgegenstehen. So sind die Leistungen der Klägerin keine Leistungen, die i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/ EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL als für die soziale Sicherheit „nicht unerlässlich“ anzusehen sind, oder die im Wesentlichen dazu bestimmt sind, zusätzliche Einnahmen im unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten zu verschaffen, die von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden. [35] 3. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; das Urteil ist daher aufzuheben. [36] a) Beruft sich der Steuerpflichtige --wie im Streitfall-- auf das für ihn günstigere Unionsrecht, kommt dem Umstand, dass nach nationalem Recht Berufsbetreuer anders als Vereinsbetreuer mit ihren Betreuungsleistungen steuerpflichtig sind, keine Bedeutung zu. Soweit der nationale Gesetzgeber daher beabsichtigt hatte, den Betreuungsvereinen „eine gezielte Förderung“ zuzuwenden, in dem die Betreuungs-

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vereine „eine niedrigere Umsatzsteuer als ein freiberuflicher Betreuer zu entrichten“ haben (BTDrucks 15/4874, S. 31 zu § 4 Abs. 2 VBVG) steht diese umsatzsteuerrechtliche Ungleichbehandlung im Widerspruch zum EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35 Rdnr. 53, nach dem die Umsatzsteuerfreiheit nicht von sachlich unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht wie z.B. Berufsbetreuern einerseits und die z.B. unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden Betreuungsvereine ohne Gewinnerzielungsabsicht abhängig gemacht werden kann. Dass die Ungleichbehandlung beabsichtigt war, steht einer Berufung auf das Unionsrecht auch nicht entgegen. [37] b) Die Sache ist nicht spruchreif. [38] Das FG hat --ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht-- keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin Vergütungen i.S. von § 1908i BGB i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB erhalten hat. Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören. Leistungen, die nach diesen Vorschriften vergütet werden, sind weder nach dem Unionsrecht steuerfrei noch nach der geplanten Neuregelung durch das JStG 2013. Denn Leistungen, die z.B. einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung nach diesen Vorschriften des BGB vergütet werden, sind keine mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Leistungen und auch nicht i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 134 Buchst. a MwStSystRL unerlässlich für die Ausübung der Betreuungstätigkeit, da der Schwerpunkt dieser Leistung nicht in der Betreuung der kranken oder behinderten Person liegt, sondern in der Erbringung einer allgemeinen Rechtsberatungsleistung, die nur aus Anlass der Betreuung durch die ansonsten anerkannte Einrichtung erbracht wird.

Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigung und Sitzungsgelder des ehrenamtlichen Vorsitzenden der Gemeindevertretung FG Hessen, Urt. v. 24.6.2013 – 3 K 2837/11 Tatbestand [1] Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe vom Kläger in seiner Funktion als Mitglied und Vorsitzender einer Gemeindevertretung erzielte Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder einkommensteuerfrei zu belassen sind. Dem Rechtstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: [2] Die Kläger sind Eheleute, die vom Beklagten (das Finanzamt) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihren Einkommensteuererklärungen für 2007, 2008 und 2009 gaben sie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Versorgungsbezüge), Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung an. [3] Im Streitzeitraum war der Kläger ehrenamtliches Mitglied der Gemeindevertretung B, zugleich war er auch deren Vorsitzender. In den vorgenannten Jahren erhielt er auf Grund dessen von der Gemeinde B nach deren Entschädigungssatzung vom ...2002 Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder in Höhe von 2.792,-- € in 2007, 2.942,-- € in 2008 und


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2.842,-- € in 2009. Davon ausgehend, dass die Beträge insgesamt nach § 3 Nr. 12 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei sind, unterließen es die Kläger, diese in ihren Steuererklärungen anzugeben. [4] […] [5] Die Kläger sind der Ansicht, die gebotene vollständige Steuerfreistellung der in Rede stehenden Beträge ergebe sich aus zwei (wortgleichen) Erlassen des Hessischen Ministeriums der Finanzen (Az.: S 2337 A – 001 – II 3 b) vom 21.12.2007 (betreffend 2007 und 2008) bzw. 09.06.2009 (betreffend 2009). Nach deren Nr. 1 seien pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder in einer Gemeinde oder Stadt mit höchstens 20.000 Einwohnern – wie der Gemeinde B - in Höhe von 90,--€/ 104,-- € pro Monat steuerfrei. Der vorgenannte Betrag ist in den Erlassen mit einer Fußnote versehen. Diese wird weiter unten wie folgt erläutert: „Falls eine höhere Entschädigung gezahlt wird, ist diese bis zu monatlich 175,-- € steuerfrei zu belassen (Hinweis auf R 3.12 Abs. 3 Satz 2 der LStR 2008).“ Unter Nr. 3 haben die Erlasse den folgenden Wortlaut: „Die Steuerfreibeträge nach Nr. 1 erhöhen sich a. für Vorsitzende der Gemeindevertretung auf das Doppelte der Beträge nach Nr. 1…“. Daran anknüpfend vertreten die Kläger die Auffassung, dass monatlich maximal 350,-- €, nämlich zweimal 175,-- €, steuerfrei zu belassen wären. Da die vom Kläger vereinnahmten Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder darunter lägen, seien die Beträge insgesamt steuerfrei. [6] […] [10] Das Finanzamt vertritt die Meinung, dass sich die Formulierung in den vorgenannten Erlassen, wonach monatlich mindestens 175,-- € steuerfrei zu belassen sind, auf die insgesamt nach diesem Erlass ermittelten Beträge beziehe. Liege dieser unter dem monatlichen Betrag von 175,-- € und würden tatsächlich höhere Entschädigungen gezahlt, dann solle mindestens dieser Betrag berücksichtigt werden, um eine Schlechterstellung mit anderen Steuerpflichtigen zu vermeiden. In der Folge habe das Finanzamt, indem es die Beträge von 90,--€/104,-- € pro Monat auf das Jahr hochgerechnet und verdoppelt habe, die Erlasse zutreffend angewendet. [11] […] Entscheidungsgründe [12] Die Klage ist unbegründet. [13] I. Die angegriffenen Änderungsbescheide sind rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO - ). Die vom Finanzamt gewährte Steuerfreistellung der Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. [14] 1. Die Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder, die der Kläger für seine Tätigkeit als ehrenamtliches Mitglied der Gemeindevertretung und zusätzlich als deren Vorsitzender erhalten hat, sind steuerpflichtig. Es handelt sich dabei um Einnahmen aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Mitglieder von Gemeinderäten erzielen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der das Gericht folgt, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (vgl. BFH-Beschluss vom

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05.08.1996 IX B 187/95, Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFH/NV- 1996, 1897). [15] 2. Die streitgegenständlichen Einkünfte sind grundsätzlich nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei. Steuerfrei sind gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG die aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlten Bezüge, die nach einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gilt das gleiche für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie als Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Die in Rede stehenden Bezüge des Klägers sind von der Gemeinde, also aus einer öffentlichen Kasse, gezahlt worden. Der Kläger leistete in seinen Funktionen auch öffentliche Dienste, denn er ist als Mitglied der Gemeindevertretung Teil der öffentlichen Hoheitsverwaltung. [16] Die in § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG enthaltene Besserstellung der Empfänger von Bezügen aus öffentlichen Kassen gegenüber anderen Steuerpflichtigen - insbesondere den Empfängern von Aufwendungsersatz seitens privater Arbeitgeber - beschränkt sich darauf, dass bei der Nachprüfung, ob die Erstattung Betriebsausgaben oder Werbungskosten abdeckt, nicht kleinlich verfahren und dem Empfänger ein ins Einzelne gehender Nachweis nicht zugemutet werden soll. Dabei ist nicht zu prüfen, welche Aufwendungen dem einzelnen Steuerpflichtigen entstanden sind, sondern, ob Personen in gleicher dienstlicher Stellung im Durchschnitt der Jahre Aufwendungen in etwa in Höhe der Aufwandsentschädigung erwachsen (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 22.09.2009 3 K 130/09, juris). Zur praktischen Umsetzung dieser Prüfung können die obersten Finanzbehörden der Länder zur Arbeitsvereinfachung und Gleichbehandlung der Betroffenen in geeigneter Form und im Zusammenwirken mit den obersten Aufsichtsbehörden der in Betracht kommenden öffentlichen Kassen allgemein Sätze festlegen, die bei den einzelnen Gruppen als echte Aufwandsentschädigung anzuerkennen sind. Dementsprechend gibt es seit Jahren für eine größere Anzahl von Fallgruppen, in denen die als Aufwandsentschädigung gezahlten Beträge den durchschnittlichen tatsächlichen Aufwand übersteigen, in Form von Erlassen und Verfügungen Verwaltungsanweisungen der obersten Finanzbehörden der Länder mit Regelungen zur Aufteilung in steuerfreie und nicht steuerfreie Anteile. Soweit die obersten Finanzbehörden keine solchen fallgruppenspezifischen Einzelanweisungen erteilt haben, sind die nachgeordneten Finanzbehörden gehalten, nach R 13 Abs. 3-5 der jeweils gültigen LStR zu verfahren (vgl. BFH-Beschluss vom 13.10.2006 VI B 129/05, BFH/NV 2007, 43). In Hessen hat die Finanzverwaltung von der oben genannten Möglichkeit durch die Erlasse vom 21.12.2007 und 09.06.2009 Gebrauch gemacht. [17] a) Die vom Finanzamt vorgenommene Auslegung der vorgenannten Erlasse begegnet keinen Bedenken. Dabei hatte das Gericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, dass es im Streitfall um die Auslegung von Erlassen des Hessischen Finanzministeriums geht. Nach der ständigen


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Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (zusammenfassend BFH-Urteil vom 21.10.1999 I R 68/98, BFH/NV 2000, 891) sind derartige Verwaltungsanweisungen nicht wie Gesetze auszulegen (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.1993 XI R 69/92, BFH/NV 1994, 500). Maßgebend ist nicht, wie das Gericht eine solche Anweisung verstünde, wenn sie Gesetz wäre, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte und wie sie dementsprechend verfahren ist (BFH-Urteil vom 27.10.1978 VI R 8/76, BStBl II 1979, 54). Ist objektiv zweifelhaft, ob ein bestimmter Fall unter die Verwaltungsanweisung fällt, so ist es Sache der Verwaltungsbehörden, zu entscheiden, ob die Vereinfachungsregelung anzuwenden ist oder nicht (BFH-Urteil vom 07.02.1985 IV R 56/82, BFH/NV 1986, 664; vom 11.12.1987 VI R 147/85, BStBl II 1988, 445; vom 10.08.1990 VI R 23-24/85, BStBl II 1990, 1065; BFH-Beschluss vom 24.08.1990 IX B 119/89, BFH/NV 1991, 312). [18] Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Auslegung der Erlasse des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 21.12.2007 bzw. 09.06.2009 durch das beklagte Finanzamt – wenn nicht sogar zwingend – jedenfalls möglich und deshalb nicht zu beanstanden. Für das gefundene Auslegungsergebnis spricht, dass der in den Fußnoten der Erlasse unter Bezugnahme auf die Lohnsteuerrichtlinien genannte Betrag von monatlich 175,-- € auf das Kalenderjahr hochgerechnet 2.100,-- € entspricht, genau dem Betrag, der gem. § 3 Nr. 26 EStG für die dort aufgezählten nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienste einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer gemeinnützigen juristischen Person des Privatrechts einkommensteuerfrei ist (vgl. Schmidt-Heinicke, EStG Kommentar, § 3, zu Stichwort „Aufwandsentschädigungen“, c)). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts soll mit der Fußnote in den Erlassen, wonach für den Fall, dass eine höhere Entschädigung (als die in der Tabelle genannten Beträge) gezahlt wird, diese bis zu monatlich 175,-- € steuerfrei zu belassen ist, nur eine Gleichstellung mit der in § 3 Nr. 26 EStG normierten Steuerfreistellung erreicht werden. Es soll mindestens der Betrag steuerfrei gestellt werden, der auch nach § 3 Nr. 26 EStG steuerbefreit ist. Eine Verdoppelung des Betrags von monatlich 175,-- € in den Fällen, in denen es sich bei dem Gemeinderatsmitglied gleichzeitig um den Vorsitzenden der Gemeindevertretung handelt, steht mit diesem Zweck nicht im Einklang. Denn bei dem in § 3 Nr. 26 EStG genannten Steuerfreibetrag handelt es sich um einen Höchstbetrag, das heißt selbst bei Ausübung mehrerer der in dieser Norm aufgezählten nebenberuflichen Tätigkeiten, ist der Steuerfreibetrag auf 2.100,-- € jährlich gedeckelt. [19] Dass die vorgenannte Auslegung die Meinung des Erlassgebers widerspiegelt, zeigt sich an dem zum Az. IV 301S 2337-32/01 ergangenen Erlass des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommerns in der Fassung vom 01.07.2009. In diesem geht es - wie in den beiden genannten hessischen Erlassen - um die steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Vertretungen gewährt werden. Dieser ist im Wesentlichen wortgleich mit den hessischen Erlassen. Er enthält aber unter B.I.,Tz. 3 die folgende Formulierung: „Diese Regelung zur Vervielfachung der steuerfreien Mindestbeträge nach Teil B Abschnitt I Nummer 1 Satz 1 ist nicht auf die Mindestbetragsregelung (175 Euro) und …anzuwenden)“. Dieser Erlass des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommerns ist im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Bundesländer er-

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gangen (siehe D. des Erlasses). Das Hessische Ministerium der Finanzen teilt also die in dem (zwischen Bund und Ländern koordinierten) Erlass aus Mecklenburg-Vorpommern vertretene Sichtweise und damit auch die Formulierung, nach der sich die Verdoppelung nicht auf den Mindestbetrag in Höhe von 175,-- € bezieht. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der hessische Erlassgeber seine Erlasse genauso verstanden wissen möchte, er an diesem Punkt jedoch nur auf eine entsprechende Klarstellung verzichtet hat. [20] b) Auch aus dem Gleichheitssatz lässt sich im Streitfall für die Kläger nichts anderes herleiten. Eine Ungleichbehandlung des Klägers läge nur dann vor, wenn die Verwaltungspraxis der von den Klägern vertretenen Auslegung dieser Verwaltungsanweisungen entsprechen würde und lediglich bei der Besteuerung der Kläger hiervon abgewichen worden wäre. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist allerdings davon auszugehen, dass die Erlasse des Hessischen Ministeriums der Finanzen in der Auslegung des Finanzamts der Verwaltungspraxis entsprechen. [21] c) Dem Steuerpflichtigen bleibt es allerdings unbenommen, die ihm entstandenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nachzuweisen, wenn er der Meinung ist, dass die nur teilweise Anerkennung der ihm gewährten Aufwandsentschädigung als steuerfrei nach Maßgabe der jeweils festgelegten pauschalen Sätze nicht ausreichend sei (vgl. BFHBeschluss vom 13.10.2006 XI B 129/05, a.a.O.). Der Kläger hat indes weder dargelegt noch nachgewiesen, welche als Betriebsausgaben anzuerkennenden Aufwendungen ihm durch seine Tätigkeiten in der Gemeindevertretung entstanden sind, so dass für das Gericht nicht ersichtlich ist, dass die in den Erlassen genannten Pauschalen zu niedrig bemessen sein könnten und dem Kläger weitere Beträge als Betriebsausgaben steuerfrei anzuerkennen sind. [22] […]

Zur Frage der Umsatzsteuerpflichtigkeit eines durch eine städtische Behörde an einen Fremdenverkehrsverein gezahlten Betriebskostenzuschusses FG Köln, Urt. v. 21.11.2012 – 4 K 526/11 [1] Tatbestand [2] Streitig ist, ob der von der Stadt L gezahlte Betriebskostenzuschuss i.H.v. xxx € umsatzsteuerpflichtig ist. [3] Der Kläger, ein im Vereinsregister eingetragener Verein, verfolgt nach seiner Satzung den Zweck, den Fremdenverkehr in L zu fördern und hierdurch der Bürgerschaft sowie der gesamten Wirtschaft im Raume L zu dienen. [4] Der Kläger unterhält einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Daneben finanziert sich der Kläger u.a. auch durch Mitgliedsbeiträge. Der Kläger hat ca. 300 Mitglieder. Dabei handelt es sich um Hotels, Gaststätten, Einzelhandelsgeschäfte, Verbände (IHK, Handwerkskammer, Kreishandwerkerschaft, Einzelhandelsverband), Ratsfraktionen und Privatpersonen. Diese Mitglieder tragen mit ihren Beiträgen ca. 5 % des Gesamthaushalts des Klägers.


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[5] Von der Stadt L erhielt der Kläger im Streitjahr eine Zahlung für die Übernahme des touristischen Marketings i.H.v. xxx € (brutto). Die Zahlung erfolgte aufgrund eines Vertrages vom 17.09.1992, der nach Umbenennung des Klägers am 23.07.2007 erneuert wurde.

[28] Er weist dem Presse- und Werbeamt jeweils bis zum 31. Januar eines jeden Jahres die durch Erfüllung des Vertrags im Vorjahr entstandenen Kosten nach und stellt diese zusammen mit den vereinbarten Pauschalansätzen zu Personal- und Sachkosten in Rechnung.

[6] Die wesentlichen Regelungen dieses Vertrages lauten wie folgt:

[29] Der Betrag i.H.v. xxx € wurde von dem Kläger seinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet und der Umsatzsteuer unterworfen.

[7] § 1 [8] Entsprechend dem Beschluss des Hauptausschusses vom 19.2.1992 nimmt ab dem 1.1.1992 der C die Aufgaben des touristischen Marketing im eigenen Namen für die Stadt war. [9] § 2 [10] Zum Bereich des touristischen Marketing gehören insbesondere: [11] 1.Die Herausgabe des gesamten touristisch-relevanten Informationsmaterials, zur Zeit bestehend aus:

[30] Die Stadt L zahlte dem Kläger darüber hinaus aufgrund des Vertrages vom 27.09.1983 – auch dieser Vertrag wurde am 23.07.2007 erneuert - für das Streitjahr einen Betriebskostenzuschuss in Höhe von xxx €. [31] Die wesentlichen Regelungen des Vertrages lauten wie folgt: [32] § 1 [33] Der C führt die im § 3 genannten Leistungen nach Maßgabe der nachstehenden Vereinbarung in eigener Verantwortung, auf eigenes Risiko und in eigenem Namen durch.

[12] […] [17] 2. Die Beteiligung an Prospekten touristischer Arbeitsgruppen (z.B. ...)

[34] Der C ist nicht berechtigt, im Namen der Stadt L zu handeln. [35] § 2

[18] 3. Touristische Anzeigenwerbung, auch Gemeinschaftswerbung mit anderen touristisch interessierten Gruppen und Institutionen wie z.B. Eurogress, ..., Gastronomie und Einzelhandel. [19] 4. Aufbau und Pflege eines touristisch orientierten Fotoarchivs [20] 5. Produktion und Herausgabe von touristisch orientierten Postern, Aufklebern und sonstigem klassischen Werbematerial

[36] Die Stadt L zahlt dem C im Rahmen der Pflege und der Förderung des Fremdenverkehrs zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben einen städtischen Zuschuss (Betriebskostenzuschuss). Dieser Zuschuss wird jährlich auf der Grundlage des jeweils durch den C für das kommende Jahr festzulegenden Wirtschaftsplanes durch den Rat der Stadt L festgesetzt. [37] […] [39] § 3

[21] 6. Entwurf und Produktion von L-Souvenirs und -Präsenten, ggf auch zum Verkauf an städtische Stellen und andere Institutionen.

[40] Der C verpflichtet sich, im Rahmen seiner jeweils gültigen Satzung die folgenden Leistungen zu erbringen:

[22] […]

[41] A Allgemeine Touristinformation

[25] §4

[42] […]

[26] Im Hinblick auf die besonderen Beziehungen zwischen der Stadt L und dem C werden keine besonderen Einzelvergütungen vereinbart. Vielmehr erhält der C für die in § 2 beschriebenen Aufgaben Mittel, die im Haushaltsplan der Stadt L ausgewiesen sind. Diese Mittel sind jeweils bis zum Mai eines jeden Jahres für das nächste Haushaltsjahr zu beantragen. Der Beantragung ist eine Aufstellung der für die geplanten Einzelmaßnahmen vorgesehenen Mittel beizufügen. Im Laufe des Haushaltsjahres sind Verschiebungen zwischen den verschiedenen Einzelmaßnahmen grundsätzlich möglich. Größere Abweichungen sind mit dem Presse- und Gewerbeamt abzustimmen.

[47] B Besucher und Gästebetreuung [48] […] [55] C Veranstaltungsdienste [56] […] [63] Der Betriebskostenzuschuss wurde von dem Kläger als echter Zuschuss ohne Leistungsaustausch behandelt und deshalb bei den steuerpflichtigen Umsätzen nicht erklärt. [64] […]

[27] Der C hat sich im Rahmen der jeweils zur Verfügung stehenden und bewilligten Haushaltsmittel zu bewegen.

[65] Im Jahr 2010 führte der Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Auf Grund des Inhaltes des Vertrages


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vom 27.09.1983 kam die Betriebsprüfung zu der Ansicht, dass es sich bei dem Betriebskostenzuschuss der Stadt L um Gelder handele, die im Rahmen eines Leistungsaustausches zugeflossen seien und damit der Umsatzsteuer unterlägen. [66] […] [67] Gegen die Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2005 wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. […] Entscheidungsgründe [76] Die Klage ist begründet. [77] 1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Für das Vorliegen einer entgeltlichen Leistung, die in Übereinstimmung mit Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage 77/388/ EWG (Richtlinie 77/388/EWG) nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar ist, sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) im Wesentlichen folgende gemeinschaftsrechtlich geklärten Grundsätze zu berücksichtigen: [78] a. Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (vgl. Urteil des EuGH vom 21. März 2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Slg. 2002, I-3293, BFH/NV Beilage 2002, 95 Rdnr. 39; Urteile des BFH vom 19. Februar 2004 V R 10/03, BFHE 205, 495, BStBl II 2004, 675; vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BFH/NV 2008, 1072, jeweils m.w.N.). [79] b. Der unmittelbare Zusammenhang muss sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergeben, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. Urteile des EuGH Kennemer Golf & Country Club in Slg. 2002, I-3293, BFH/NV Beilage 2002, 95 Rdnr. 39; vom 17. September 2002 C-498/99, Town & County Factors Ltd., Slg. 2002, I-7173, BFH/NV Beilage 2003, 35 Rdnr. 18; Urteile des BFH vom 19. Februar 2004 V R 10/03 BFHE 205, 495, BStBl II 2004, 675, und vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BFH/ NV 2008, 1072). Steuerbar sind danach z.B. auch Leistungen, die gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erfolgen (vgl. z.B. Urteile des BFH vom 7. März 1996 V R 29/93, BFH/NV 1996, 858; vom 11. April 2002 V R 65/00, BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782; vom 16. Januar 2003 V R 92/01, BFHE 201, 339, BStBl II 2003, 732; vom 18. März 2004 V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798; vom 1. Februar 2007 V R 69/05, BFH/ NV 2007, 1205; vom 8. November 2007 V R 20/05, BFH/NV 2008, 900, und vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BFH/NV 2008, 1072). [80] c. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. Urteile des EuGH vom 29. Februar 1996 Rs. C-215/94, Mohr,

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Slg. 1996, I-959; vom 16. Oktober 1997 Rs. C-258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I-5577, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1998, 61; vom 18. Dezember 1997 Rs. C-384/95, Landboden, Slg. 1997, I-7387; Urteile des BFH vom 22. Juli 1999 V R 74/98, BFH/ NV 2000, 240; vom 20. Dezember 2001 V R 81/99, BFHE 197, 352, BStBl II 2003, 213; vom 9. November 2006 V R 9/04, BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285; vom 8. November 2007 V R 20/05, BFH/NV 2008, 900). [81] d. Deshalb kann es an einem Leistungsaustausch bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen (wie Bund, Ländern, Kommunen) fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein --aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen-- dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist (vgl. z.B. Urteil des BFH vom 8. November 2007 V R 20/05, BFH/NV 2008, 900 m.w.N.). Der Zuschuss wird in diesen Fällen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers gezahlt. Auch der Umstand, dass die Zuschüsse aus haushaltsrechtlichen Gründen an die Erfüllung der Auflage einer zweckentsprechenden Verwendung oder einer Erfolgskontrolle geknüpft werden (Zweckbestimmung), führt allein nicht zu einem Leistungsaustausch (vgl. z.B. Urteil des BFH vom 28. Juli 1994 V R 19/92, BFHE 176, 66, BStBl II 1995, 86). Anders ist es jedoch, wenn die Zahlungen zur Ausführung bestimmter Umsätze geleistet werden. [82] e. Allein der Umstand, dass eine Leistung im öffentlichen oder allgemeinen Interesse liegt, steht der Steuerbarkeit nicht schon entgegen; entscheidend ist vielmehr, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann (vgl. Urteile des BFH vom 9. November 2006 V R 9/04, BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285 und vom 13. November 1997 V R 11/97, BFHE 184, 137, 141, BStBl II 1998, 169, 171). Soll der Zahlungsempfänger mit dem Zuschuss nur unterstützt werden, damit er seine Tätigkeit ausüben kann, fehlt es an der erforderlichen Verknüpfung von Leistung und Zuschusszahlung zu einem steuerbaren Umsatz (vgl. Urteile des BFH vom 22. Juli 1999 V R 74/98, BFH/NV 2000, 240 und vom 25. Januar 1996 V R 61/94, BFH/NV 1996, 715). Dabei bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung („Zuschuss“) verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor (vgl. z.B. Urteile des BFH vom 8. November 2007 V R 20/05, BStBl II 2007, 285, m.w.N. und vom 18. Dezember 2008 V R 38/06, BStBl II 2009, 749). [83] 2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist im Streitfall ein Leistungsaustausch i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zu verneinen. [84] a. Der Kläger hat als Verkehrsverein entsprechend seinem Zweck, den Fremdenverkehr zu fördern, Umsätze ausgeführt, denen eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen im Rahmen eines Leistungsaustauschs an verschiedene Leistungsempfänger zu Grunde liegen. Diese Umsätze haben im wesentlichen zum Ziel, die Tourismusbranche, das Messe- und Veranstaltungswesen und die sog. Freizeitindustrie in der Stadt L zu unterstützen. Die Leistungen, um die es hier geht, kommen


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demnach primär den Bürgern der Stadt L, den Touristen, dem Hotel- und Gaststättengewerbe, sonstigen vom Tourismus profitierenden Gewerbebetrieben und den Teilnehmern und Veranstaltern von Messen, Tagungen etc. zugute. Sie wirkten sich zwar auch im Interesse der Stadt L aus, werden aber nicht an sie als identifizierbarem Verbraucher erbracht. Eine konkrete, der Stadt L zugute kommende Leistung ist nicht ersichtlich. Die Höhe der Zahlungen richtete sich auch nicht nach Vorteilen, die die Stadt L aus den Aktivitäten des Klägers zog. Den Steuerakten ist zu entnehmen, dass die unternehmerische Tätigkeit des Klägers ohne den Betriebskostenzuschuss der Stadt L nicht möglich wäre. Nach dem Gesamtergebnis der Verhandlung dienten die Zahlungen der Stadt L lediglich dazu, dem Kläger eine unternehmerische Tätigkeit als solche auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs, des Messe- und Veranstaltungswesens und der sog. Freizeitindustrie zu ermöglichen und ihn im Hinblick auf die von ihm betriebene – aber nicht kostendeckend durchführbare – Förderung der o.a. Bereiche am Markt zu halten. Deshalb fehlte der nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH notwendige Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt. [85] b. Der Umstand, dass der jährliche Zuschuss auch den Empfängern der vom Kläger ausgeführten Leistungen zugute kommt, weil sie nicht das Entgelt aufzubringen haben, dass der Kläger als leistender Unternehmer aus kaufmännischen Gründen verlangen müsste, wenn er den Zuschuss nicht bekäme, rechtfertigt nicht die Annahme, es handele sich um eine Subventionierung der Leistungsempfänger und demzufolge bei den Zuschusszahlungen an den Kläger um ein Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG. Der Vorteil, den die Leistungsempfänger in Gestalt eines niedrigeren Entgelts für die Inanspruchnahme der Leistungen des Klägers erhalten, ist als ein rechtlich unbeachtlicher Ausfluss des mit dem Zuschuss zuvörderst verfolgten Zwecks, die Tätigkeit des Klägers als solche zu fördern, zu qualifizieren. [86] c. Die erforderliche Verknüpfung von Leistungen des Klägers und Zuschusszahlungen der Stadt L zu einem steuerbaren Umsatz ergibt sich auch nicht aus der Vereinbarung vom 27.09.1983. [87] Der Kläger erbringt seit 1949 zur Erfüllung seines Zwecks Leistungen auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs, die von sehr unterschiedlicher Art und darüber hinaus wegen der laufenden Veränderung des Tourismus-, Veranstaltungs- und Freizeitmarktes einem ständigen Wechsel unterworfen sind. Diese Leistungen erfolgten bis zum Jahre 1983, ohne dass eine Vereinbarung bestand. Der Tätigkeitsbereich wurde durch die Vereinbarung nicht verändert bzw. erweitert. Wie zuvor werden die Leistungen vom Kläger nicht an die Stadt L ausgeführt, sondern gegenüber einer großen Anzahl verschiedener Leistungsempfänger (z.B. gegenüber den Teilnehmern an Stadtrundfahrten und Rathaus- und Stadtführungen, den Veranstaltern und Teilnehmern von Messen, Kongressen, Tagungen, Ausstellungen und Workshops, den Käufern von Broschüren, Büchern, Eintrittskarten und Souvenirs, den Betreibern von Hotels und Gaststätten und vielen anderen). Der Kläger übt damit zwar eine Tätigkeit aus, die auch ein Verkehrsamt einer Stadt ggfls. ausüben könnte. Die Ausübung dieser Tätigkeit ist im Hinblick auf die ihr zugrundeliegenden, in ihrer Gesamtheit nicht näher spezifizierbaren Leistungen in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht aber nicht als eine Leistung des Klägers an die Stadt L zu beurteilen. Der Vereinbarung

fehlt die erforderliche Bestimmtheit. Zudem sind nach der Vereinbarung für Grund und Höhe des Zuschusses nicht konkrete Leistungen gegenüber der Stadt L maßgebend, sondern die Förderung der Tätigkeit des Klägers als solche. [88] 3. Der Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung rechtfertigt keine Kürzung der geltend gemachten Vorsteuern. [89] Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer u.a. die in Rechnungen i.S. von § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ist der Vorsteuerabzug gegeben, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Dies setzt voraus, dass die mit Vorsteuer belasteten Eingangsleistungen vom Steuerpflichtigen für sein Unternehmen bezogen wurden. Insoweit deckt sich die Regelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG mit der des Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmens. [90] a. Die Klägerin übt eine derartige unternehmerische Tätigkeit aus. Dass die Klägerin daneben noch eine nichtunternehmerische Tätigkeit ausübt, für die darüber hinaus Leistungsbezüge, aus denen Vorsteuern geltend gemacht werden, verwendet wurden, trägt der Beklagte selbst nicht substantiiert vor, ist aber auch für den erkennenden Senat nicht ersichtlich. [91] b. Dass der Kläger auch steuerfreie Umsätze erbringt – wie der Beklagte vorträgt und damit der Vorsteuerabzug insoweit nach § 15 Abs. 2 und Abs. 4 UStG ausgeschlossen sein könnte –, ist für den erkennenden Senat ebenso wenig ersichtlich. Die Zahlungen der Stadt L, die nicht als Entgelt für steuerbare Leistungen zu qualifizieren sind, sind jedenfalls keine steuerfreien Umsätze i.S.d. § 15 Abs. 2 UStG. [92] c. Auch ist für den erkennenden Senat nicht nachzuvollziehen, inwieweit eine ideelle Betätigung des Klägers zu einer Versagung der Vorsteuer führen sollte. Ein Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 2 UStG ergibt sich aus einer ideellen Betätigung jedenfalls nicht. [93] […]

Andere Rechtsgebiete Die Übertragung von Flächen des Nationalen Naturerbes an Naturschutzorganisationen stellt eine staatliche Beihilfe dar. EuGH, Urt. v. 12.9.2013 – T-347/09 Sachverhalt [1] Mit Schreiben vom 7. März 2007 meldeten die deutschen Behörden gemäß Art. 88 Abs. 3 EG zwei Umweltschutzmaßnahmen (im Folgenden: fragliche Maßnahmen) bei der Kom-


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mission der Europäischen Gemeinschaften an. Die erste Maßnahme bestand in einer unentgeltlichen Übertragung von Flächen des Nationalen Naturerbes (im Folgenden: Flächenübertragung) und die zweite in der finanziellen Förderung von Naturschutzgroßprojekten (im Folgenden: Naturschutzgroßprojekte). Sie ersuchten die Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 [EG] (ABl. L 83, S. 1) um Erlass einer Entscheidung, mit der das Nichtvorliegen einer Beihilfe festgestellt werde. [2] Nach ausführlichem Schriftwechsel zwischen den Parteien erließ die Kommission am 2. Juli 2009 die Entscheidung K(2009) 5080 endg. über die von der Bundesrepublik Deutschland gewährte staatliche Beihilfe NN 8/2009 betreffend die Übertragung von Naturschutzflächen an neue Eigentümer und Maßnahmen für die biologische Vielfalt (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). [3] In den Erwägungsgründen 3 bis 31 der angefochtenen Entscheidung beschrieb die Kommission zunächst die fraglichen Maßnahmen. Zur Flächenübertragung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Bundesrepublik Deutschland angesichts erheblicher Kosten für die Pflege und Entwicklung der Flächen des Nationalen Naturerbes beschlossen habe, bis zu 125 000 ha dieser Flächen an die Länder, die von den Ländern eingerichteten Stiftungen, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und andere Naturschutzorganisationen unentgeltlich zu übertragen, wobei diese die mit der Übertragung sowie die mit der Erhaltung und Altlastenrisiken verbundenen Kosten übernähmen. Die Kommission führte weiter aus, die Übertragung dieser Flächen, die durch einen Verwaltungs- oder Rechtsakt der Bundesregierung bzw. der Landesregierungen einschließlich der Verpflichtung erfolge, einen jährlichen Bericht vorzulegen, aus dem hervorgehe, wie die Einnahmen aus der erlaubten Nutzung der betreffenden Flächen verwendet worden seien, sei an vertraglich definierte Naturschutzverpflichtungen der Empfänger geknüpft. Wenn diese Einnahmen die tatsächlichen Ausgaben überstiegen, müsse die Differenz an den Bund abgeführt oder für die Erhaltung des Erbes verwendet werden. Die Kommission stellte schließlich fest, dass die Flächenübertragung bisher noch nicht durchgeführt worden sei; nach den Erläuterungen der deutschen Behörden orientierten sich die Umweltauflagen für die Flächennutzung an den bereits für Naturschutzgroßprojekte geltenden. [4] In Bezug auf die Naturschutzgroßprojekte wies die Kommission im Wesentlichen darauf hin, dass sie auf den Förderrichtlinien für Naturschutzgroßprojekte vom 28. Juni 1993 (im Folgenden: Richtlinien) beruhten, wonach jede interessierte Organisation in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Bundesland Vorschläge für Naturschutzgroßprojekte unterbreiten könne, die anhand naturschutzfachlicher Kriterien für einen bestimmten Zeitraum ausgewählt würden. Als Projektträger kämen nur staatliche Einrichtungen oder Naturschutzorganisationen in Frage. Darüber hinaus beteilige sich die Bundesregierung mit höchstens 75 % an den förderfähigen Projektkosten. Die restlichen Kosten könnten die Länder oder die Projektträger tragen, wobei mindestens 10 % vom Projektträger übernommen werden müssten. Im 25. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass der Eigenbeitrag privater Naturschutzorganisationen in der Regel durch Schenkungen aufgebracht werde, dass sie

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aber die Möglichkeit hätten, aus dem von ihnen verwalteten Land Einnahmen vor allem aus der Jagd- und Fischereipacht, Holzverkäufen im Rahmen der Waldpflege und Tourismustätigkeiten zu erwirtschaften, allerdings begrenzt durch die von der Bundesregierung verhängten Nutzungsauflagen. Diese Einnahmen würden jedoch mit den Projektkosten verrechnet, und wenn die Einnahmen die Kosten überstiegen, müsse die Differenz an den Bund abgeführt werden (28. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). [5] Im Rahmen ihrer Beurteilung der fraglichen Maßnahmen stellt die Kommission in den Erwägungsgründen 33 bis 42 der angefochtenen Entscheidung als Erstes fest, dass die Naturschutzorganisationen einschließlich der DBU und ihrer Tochterstiftung DBU Naturerbe GmbH trotz ihrer Stiftungssatzung wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben könnten und daher als Unternehmen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG anzusehen seien. Bestimmte im Rahmen der fraglichen Maßnahmen erlaubte Tätigkeiten wie der Verkauf von Holz, die Verpachtung von Flächen und der Tourismus seien als wirtschaftliche Tätigkeiten einzustufen. [6] Als Zweites legt die Kommission die Gründe dar, aus denen sie den Schluss zog, dass in Bezug auf die fraglichen Maßnahmen eine staatliche Beihilfe vorliege, nämlich im Wesentlichen wegen der unentgeltlichen Übertragung wertvoller Flächen, durch die der Mitgliedstaat einen Einnahmeverlust erleide, und wegen der aus staatlichen Mitteln bestehenden Fördermittel. Die fraglichen Maßnahmen erfüllten auch nicht die vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C280/00, Slg. 2003, I7747, im Folgenden: Urteil Altmark), entwickelten Voraussetzungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (im Folgenden: DAWI). Im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es dazu, die fraglichen Maßnahmen erfüllten insbesondere nicht das vierte Kriterium des Urteils Altmark, weil der Ausgleich der begünstigten Organisationen nicht in einem geeigneten Verfahren festgelegt worden sei (Urteil Altmark, Randnr. 93). [7] Schließlich überprüft die Kommission die Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt. Sie kommt im 71. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, alle in der Vergangenheit durchgeführten Naturschutzgroßprojekte hätten die in ihrer Entscheidung 2005/842/EG vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 [EG] auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (ABl. L 312, S. 67) (im Folgenden: DAWIEntscheidung), aufgestellten Kriterien erfüllt und seien daher mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Die fraglichen Maßnahmen dürften mit dieser Entscheidung im Einklang stehen; da es dafür aber keine Gewähr gebe, habe sie gleichwohl ihre Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (ABl. 2005, C 297, S. 4) (im Folgenden: DAWIRahmen), überprüft. [8] Abschließend stellt die Kommission fest, dass die fraglichen Maßnahmen staatliche Beihilfen umfassten, aber gemäß Art. 86 Abs. 2 EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien.


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Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten [9] […] Zur Zulässigkeit [15] […] Zur Begründetheit [18] Die Bundesrepublik Deutschland stützt ihre Klage, soweit diese auf die teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung gerichtet ist, auf zwei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG gerügt und mit dem zweiten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund eine Verletzung der Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG [19] Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Qualifizierung als Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG erfordert, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Leistung handeln. Zweitens muss diese Leistung das Risiko der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten in sich bergen. Drittens muss sie durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige ihrem Empfänger einen Vorteil gewähren. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 22. Februar 2006, Le Levant 001 u. a./Kommission, T34/02, Slg. 2006, II267, Randnr. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung). [20] Im vorliegenden Fall bestreiten die Bundesrepublik Deutschland und die Streithelfer, dass die Voraussetzung eines Vorteils für ein Unternehmen erfüllt ist. [21] Da der Begriff der Beihilfe, wie er im Vertrag definiert ist, ein Rechtsbegriff ist und anhand objektiver Kriterien ausgelegt werden muss, hat der Richter der Europäischen Union die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG fällt, grundsätzlich, unter Berücksichtigung sowohl der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits als auch des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen, umfassend zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 2000, Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission, C83/98 P, Slg. 2000, I3271, Randnr. 25, und des Gerichts vom 17. Oktober 2002, Linde/Kommission, T98/00, Slg. 2002, II3961, Randnr. 40). [22] Die Begründetheit des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen. [23] Der vorliegende Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil wird ein offensichtlicher Beurteilungsfehler gerügt, der darin bestehen soll, dass die Kommission die durch die fraglichen Maßnahmen begünstigten Naturschutzorganisationen als Unternehmen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG angesehen habe. Mit dem zweiten Teil wird ein Rechtsfehler geltend gemacht, der sich aus der Feststellung der Kommission ergeben soll, dass ein Vorteil im Sinne dieser Bestimmung vorliege, der den genannten Organisationen durch die fraglichen Maßnahmen gewährt werde.

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Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: fehlerhafte Auslegung des Begriffs „Unternehmen“ [24] Im Rahmen des ersten Teils macht die Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen geltend, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Naturschutzorganisationen, auf die die fraglichen Maßnahmen Anwendung fänden, als Unternehmen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG angesehen habe. Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland und der Streithelfer sind diese Organisationen, ohne ein wirtschaftliches Ziel zu verfolgen, gemeinnützig tätig; nur als bloße Folge ihrer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit erzeugten sie Güter oder böten Dienstleistungen an. Sie könnten daher nicht als Unternehmen eingestuft werden. Die Kommission habe einen Fehler begangen, weil sie nicht alle von den angemeldeten Maßnahmen umfassten Tätigkeiten, die durch das innerstaatliche Recht stark reglementiert würden, gewürdigt habe. Sie habe insbesondere nicht berücksichtigt, dass durch die Pflicht zur Reinvestition der Einnahmen ausgeschlossen werde, dass die Naturschutzorganisationen einen Gewinn erzielen könnten. [25] Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Unternehmens nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen des Wettbewerbsrechts der Union jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung, umfasst (Urteile des Gerichtshofs vom 23. April 1991, Höfner und Elser, C41/90, Slg. 1991, I1979, Randnr. 21, vom 17. Februar 1993, Poucet und Pistre, C159/91 und C160/91, Slg. 1993, I637, Randnr. 17, und vom 16. November 1995, Fédération française des sociétés d’assurance u. a., C244/94, Slg. 1995, I4013, Randnr. 14). [26] Nach ständiger Rechtsprechung ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (Urteile des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2002, Aéroports de Paris/ Kommission, C82/01 P, Slg. 2002, I9297, Randnr. 79, vom 1. Juli 2008, MOTOE, C49/07, Slg. 2008, I4863, Randnr. 22, und vom 3. März 2011, AG2R Prévoyance, C437/09, Slg. 2011, I973, Randnr. 42). [27] Dagegen haben Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse keinen wirtschaftlichen Charakter, der die Anwendung der im EG-Vertrag vorgesehenen Wettbewerbsregeln rechtfertigen würde (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 11. Juli 1985, Kommission/Deutschland, 107/84, Slg. 1985, 2655, Randnrn. 14 und 15, vom 19. Januar 1994, SAT Fluggesellschaft, C364/92, Slg. 1994, I43, Randnr. 30, und MOTOE, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 24). [28] Ein Rechtsträger, insbesondere eine öffentliche Einheit, kann jedoch nur in Bezug auf einen Teil seiner Tätigkeiten als Unternehmen anzusehen sein, wenn die auf diesen Teil entfallenden Tätigkeiten als wirtschaftliche Tätigkeiten einzustufen sind (Urteile Aéroports de Paris/Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 74, und MOTOE, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 25). [29] Soweit eine öffentliche Einheit nämlich eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die von der Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse losgelöst werden kann, handelt sie in Bezug auf diese Tätigkeit als Unternehmen; ist die wirtschaftliche Tätigkeit dagegen mit der Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse


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untrennbar verbunden, bleiben sämtliche Tätigkeiten dieser Einheit Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 26. März 2009, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, C113/07 P, Slg. 2009, I2207, Randnrn. 71 bis 80).

jedem Einzelfall erforderlich, die von diesen Organisationen ausgeübten Tätigkeiten zu prüfen und zu bestimmen, zu welcher Kategorie sie gehören (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 16. Juni 1987, Kommission/Italien, 118/85, Slg. 1987, 2599, Randnr. 7).

[30] Darüber hinaus reicht der Umstand, dass eine öffentliche Einheit ein Erzeugnis oder eine Dienstleistung im Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse gegen ein gesetzlich vorgesehenes und nicht unmittelbar oder mittelbar von ihr bestimmtes Entgelt liefert bzw. erbringt, für sich genommen nicht aus, um die ausgeübte Tätigkeit als wirtschaftliche Tätigkeit und die Einheit, die sie ausübt, als Unternehmen einzustufen (vgl. in diesem Sinne Urteil SAT Fluggesellschaft, oben in Randnr. 27 angeführt, Randnrn. 28 bis 32, und Urteil des Gerichtshofs vom 18. März 1997, Diego Calì & Figli, C343/95, Slg. 1997, I1547, Randnrn. 22 bis 25).

[35] Erstens ist festzustellen, dass die Richtlinien sehr weit formuliert sind. Dies gilt insbesondere für ihren die Flächennutzung betreffenden Punkt 6.1 („Sicherung der Zweckbestimmung“). Wie die Kommission im 25. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geltend macht, können Naturschutzorganisationen „vor allem, aber nicht nur“, mit den dort aufgeführten Nebentätigkeiten Einnahmen erzielen. Es handelt sich also um eine nicht abschließende Liste, was durch die Bundesrepublik Deutschland bestätigt wird, die in ihren Schriftsätzen feststellt: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass in geringem Umfang auch andere Einnahmequellen durch die Nutzung der Naturerbegrundstücke erschlossen werden.“ Somit haben die Naturschutzorganisationen die Möglichkeit, zahlreiche Tätigkeiten auszuüben, vorbehaltlich der in den Richtlinien enthaltenen Anforderungen und des Entwicklungsplans für jede von den fraglichen Maßnahmen erfasste Fläche.

[31] Im Licht dieser Rechtsprechung ist zu prüfen, welche Natur die Tätigkeiten der Naturschutzorganisationen im vorliegenden Fall haben. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist unstreitig, dass die Naturschutztätigkeit, die Gegenstand der fraglichen Maßnahmen ist, ausschließlich sozialen Charakter hat und keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Wie sich aus dem 41. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ergibt, hat die Kommission diese Organisationen deshalb nur in Bezug auf Tätigkeiten, die wirtschaftlichen Tätigkeiten gleichgestellt werden können, als Unternehmen angesehen. [32] Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Naturschutzorganisationen neben ihren Aufgaben rein sozialer Natur im Rahmen der angemeldeten Maßnahmen Tätigkeiten ausüben, die einen anderen als sozialen Zweck haben und wirtschaftlicher Natur sind. [33] Hierzu sehen die Richtlinien unter Punkt 6.1 vor: „Nutzungen, Jagd, Fischerei und Erholungsaktivitäten sind nur insoweit zulässig, als sie den Naturschutzzielen des Projekts nicht entgegenstehen.“ Die Kommission stellt im 39. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme auf diese Bestimmung fest, dass Naturschutzorganisationen sehr unterschiedliche Tätigkeiten ausüben könnten, die in der Rechtsgrundlage und der Anmeldung der fraglichen Maßnahmen durch die Bundesrepublik Deutschland nicht vorab erschöpfend festgelegt seien. Sodann erkennt die Kommission an, dass einige Naturschutztätigkeiten nichtwirtschaftlicher Natur sein könnten, stellt aber zugleich fest, dass das Naturschutzziel in anderen Fällen dadurch erreicht werde, dass Tätigkeiten wie Forst- und Weidewirtschaft, Verpachtung von Flächen und Tourismus mit Umweltauflagen belegt würden. Schließlich vertritt sie die Auffassung, dass es keine Rolle spiele, dass die letztgenannten Tätigkeiten nur geringfügig und nicht besonders rentabel seien, da die Rentabilität für die Frage, ob eine Tätigkeit wirtschaftlicher Natur sei, nicht relevant sei. [34] Daher ist zu prüfen, ob die im Rahmen der fraglichen Maßnahmen zulässigen Tätigkeiten, wie der Verkauf von Holz, die Jagd- und Fischereipacht sowie der Tourismus (im Folgenden: Nebentätigkeiten), mit den Hauptaufgaben der Naturschutzorganisationen, die ausschließlich sozialer Natur sind, zusammenhängen oder ob sie diesen Rahmen sprengen und Tätigkeiten wirtschaftlicher Natur darstellen. Entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland ist es in

[36] Die Kommission macht zu Recht geltend, sie habe aufgrund dieser weiten Definition der Nebentätigkeiten im 39. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung nicht ausschließen können, dass die aufgeführten Tätigkeiten wirtschaftlicher Natur seien. Aus der Akte geht hervor, dass die Bundesrepublik Deutschland entgegen ihrem Vorbringen nicht zugesichert hat, dass im Rahmen der fraglichen Maßnahmen keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgeübt würden. Ihre Zusicherungen, auf die sie sich in der Erwiderung beruft, bestehen im Wesentlichen darin, dass Naturschutzorganisationen im deutschen Steuerrecht einem Verfahren zur Anerkennung ihrer Gemeinnützigkeit unterlägen, das mit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit unvereinbar sei, und dass in dieser Weise tätige Organisationen als Begünstigte der fraglichen Maßnahmen nicht in Frage kämen. Außerdem ergibt sich aus den Anlagen zur Klageschrift, dass sich die letztgenannte Zusicherung nur auf Tätigkeiten im Bereich der Forstwirtschaft und des Tourismus bezieht. [37] Auch wenn, wie die Bundesrepublik Deutschland in der Erwiderung geltend macht, eine solche Zusicherung für die Einordnung einer Tätigkeit als wirtschaftlich oder nichtwirtschaftlich nicht ausschlaggebend ist, stellt ihr Fehlen unter den Umständen des vorliegenden Falles doch einen wichtigen Anhaltspunkt für die wirtschaftliche Natur der fraglichen Tätigkeiten dar. Die Kommission hat nämlich bei der Prüfung, ob es sich bei einer Beihilfe um eine staatliche Beihilfe im Sinne des EG-Vertrags handelt, objektive Gegebenheiten zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt zu beurteilen sind, zu dem sie ihre Entscheidung trifft (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/ Kommission, C182/03 und C217/03, Slg. 2006, I5479, Randnr. 137, und vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a., C341/06 P und C342/06 P, Slg. 2008, I4777, Randnr. 95). Die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung eingetretenen Gegebenheiten, mit denen in der Antwort der Bundesrepublik Deutschland auf die schriftlichen Fragen des Gerichts und in der Erwiderung insbesondere dargetan werden soll, dass die Tourismusdienstleistungen geringfügig seien, können daher nicht zum Nachweis dafür dienen, dass die Ne-


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bentätigkeiten als hoheitlich einzustufen sind. Außerdem hat die Kommission, auch wenn es dem Mitgliedstaat obliegt, ihr gewisse Anhaltspunkte mitzuteilen, eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben diesen Anhaltspunkten jeden weiteren relevanten Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der ihr die Feststellung ermöglicht, ob die fragliche Maßnahme in den unternehmerischen oder den hoheitlichen Tätigkeitsbereich des betreffenden Mitgliedstaats fällt. Angesichts der Beschreibung der Nebentätigkeiten in den Richtlinien kann der Kommission kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie das Fehlen dahin gehender Zusicherungen des Mitgliedstaats bei ihrer Prüfung der angemeldeten Maßnahmen berücksichtigt hat.

dazu, Jagdpachten öffentlich anzubieten. Auch wenn die Verpachtung von Jagdrevieren dem Naturschutz dient, ist sie mit diesem gemeinnützigen Zweck nicht integral verbunden. Die Naturschutzorganisationen verfolgen daher, wenn sie auf Wettbewerbsmärkten Güter und Dienstleistungen anbieten, ein gesondertes, vom ausschließlich sozialen Naturschutzzweck trennbares Interesse. Die Ausübung von Nebentätigkeiten kann deshalb nicht der Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch eine Behörde gleichgestellt werden. Entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, die von der Französischen Republik unterstützt wird, stellen die von den Naturschutzorganisationen erbrachten Dienste kein untrennbares Ganzes dar.

[38] Darüber hinaus geht aus der oben in Randnr. 25 angeführten Rechtsprechung hervor, dass der Status der betreffenden Einheiten im nationalen Recht bei der Klärung der Frage, ob sie aus unionsrechtlicher Sicht Unternehmen darstellen, irrelevant ist. Es spielt daher keine Rolle, dass Naturschutzorganisationen nach deutschem Recht eine gemeinnützige Tätigkeit ausüben.

[42] Den Nebentätigkeiten wohnen auch keine Solidaritätsanforderungen inne. Wie die Bundesrepublik Deutschland ausführt, hat der Gerichtshof im Bereich der sozialen Sicherheit entschieden, dass bestimmte Einrichtungen, die mit der Verwaltung gesetzlicher Kranken- und Rentenversicherungssysteme betraut sind, einen rein sozialen Zweck verfolgen und keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Dies ist der Fall bei Krankenkassen, die nur die Gesetze anwenden und keine Möglichkeit haben, auf die Höhe der Beiträge, die Verwendung der Mittel und die Bestimmung des Leistungsumfangs Einfluss zu nehmen. Denn ihre auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität beruhende Tätigkeit wird ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt, und die Leistungen werden von Gesetzes wegen und unabhängig von der Höhe der Beiträge erbracht (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 16. März 2004, AOK Bundesverband u. a., C264/01, C306/01, C354/01 und C355/01, Slg. 2004, I2493, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie sich aus den vorstehenden Randnrn. 35 ff. ergibt, ist dies hier nicht der Fall, so dass diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar ist. Infolgedessen kann das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, wonach die fraglichen Maßnahmen im Rahmen einer Solidarität gegenüber der Natur zu sehen seien, keinen Erfolg haben.

[39] Zweitens geht aus der Akte hervor, dass die nationalen Behörden ungeachtet der Pflicht zur Reinvestition der Einnahmen weder die mit den Nebentätigkeiten verbundenen Kosten noch die Methode zu ihrer Festsetzung im Voraus bestimmt haben. Daraus folgt, dass die Naturschutzorganisationen Güter und Dienstleistungen gegen Entgelt und zu frei festgelegten Preisen liefern oder erbringen. In der mündlichen Verhandlung hat die Bundesrepublik Deutschland bestätigt, dass durch die genannten Organisationen Holz auf dem Markt angeboten und die Verpachtung der Flächen auf lokaler Ebene ausgeschrieben werde. Darüber hinaus geht aus den Schriftsätzen der Bundesrepublik Deutschland hervor, dass die Einnahmen aus den Nebentätigkeiten dazu beitragen, die Projektkosten der Naturschutzorganisationen zu decken, und dadurch die Inanspruchnahme öffentlicher Zuschüsse im Einklang mit dem auf nationaler Ebene maßgebenden Grundsatz sparsamer Haushaltsführung verringern können. Die Kommission hat daher zu Recht im 40. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Naturschutzorganisationen ein Interesse hätten, genug Einnahmen zu erwirtschaften, um die mit der Flächenbewirtschaftung und/oder der Durchführung von Naturschutzgroßprojekten verbundenen Kosten zu decken. [40] Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Naturschutzorganisationen durch ihre Nebentätigkeiten, insbesondere durch den Verkauf von Holz und die Jagd- und Fischereipacht, Güter und Dienstleistungen unmittelbar auf dem Markt anbieten. Tätigkeitsbereiche wie Landwirtschaft, Forstwirtschaft, die Verpachtung von Jagdrevieren oder von Gewässern zur Fischzucht und der Tourismus funktionieren zumeist unter Marktbedingungen und weisen Unternehmen auf, die im Wettbewerb zueinander stehen und Gewinn anstreben. Außerdem wurden solche Tätigkeiten nicht immer und werden nicht notwendigerweise von Behörden ausgeübt. [41] Auch wenn die von den Naturschutzorganisationen im Rahmen ihrer Nebentätigkeiten angebotenen Güter und Dienstleistungen aus ihrer Haupttätigkeit des Naturschutzes hervorgehen, erfordert diese Haupttätigkeit sie nicht. Beispielsweise zwingt der Schutz von Knospen und Rinden gegen Schädigungen durch Tiere diese Organisationen nicht

[43] Die Naturschutzorganisationen sind bei der Ausübung derartiger wirtschaftlicher Tätigkeiten als Unternehmen anzusehen, auch wenn sie ihre Güter oder Dienstleistungen ohne Gewinnerzielungsabsicht anbieten, sofern dieses Angebot im Wettbewerb mit dem von Wirtschaftsteilnehmern steht, die eine solche Absicht verfolgen. [44] Zwar können die erbrachten Dienstleistungen aufgrund von Umwelterfordernissen und gegebenenfalls der Satzungen der Naturschutzorganisationen weniger wettbewerbsfähig sein als vergleichbare Dienstleistungen, die von anderen, solchen Verpflichtungen nicht unterliegenden Wirtschaftsteilnehmern erbracht werden. Dieser Umstand kann jedoch nichts daran ändern, dass die Nebentätigkeiten als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen sind. [45] Daraus folgt, dass die Naturschutzorganisationen, wie im 41. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt wird, in Bezug auf die Nebentätigkeiten als Unternehmen im Sinne der im Vertrag vorgesehenen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften einzustufen sind. [46] Nach alledem kann der Kommission daher in Bezug auf die Nebentätigkeiten nicht vorgeworfen werden, in der angefochtenen Entscheidung den Begriff des Unternehmens im


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Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG fehlerhaft ausgelegt zu haben. [47] Die übrigen Argumente der Bundesrepublik Deutschland und der Streithelfer können dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. [48] Was erstens das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland angeht, die Naturschutzorganisationen verfolgten keinen wirtschaftlichen Zweck, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 87 Abs. 1 EG nach gefestigter Rechtsprechung nicht nach den Gründen oder Zielen staatlicher Maßnahmen unterscheidet, sondern sie anhand ihrer Wirkungen beschreibt. Auch wenn der Umweltschutz eines der wesentlichen Ziele der Union ist, rechtfertigt die Notwendigkeit, dieses Ziel zu berücksichtigen, vorliegend nicht den Ausschluss von Nebentätigkeiten vom Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 1 EG, da eine sachdienliche Berücksichtigung der Umweltschutzziele jedenfalls bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfemaßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Art. 87 Abs. 3 EG erfolgen kann (vgl. entsprechend Urteil Kommission/Niederlande, oben in Randnr. 15 angeführt, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung). Infolgedessen sind die fehlende Gewinnerzielungsabsicht der betreffenden Organisationen im Rahmen der Nebentätigkeiten sowie die Tatsache, dass sie grundsätzlich keine kommerziellen Ziele verfolgen, für ihre Einstufung als Unternehmen nicht maßgeblich, wenn sie Güter oder Dienstleistungen auf Märkten anbieten und dieses Angebot im Wettbewerb mit dem von Wirtschaftsteilnehmern steht, die einen Erwerbszweck verfolgen. [49] Das Gleiche gilt für das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, die Nebentätigkeiten seien nicht rentabel, und die Naturschutzorganisationen finanzierten sich zumeist durch Spenden und Beiträge. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst der Begriff des Unternehmens im Kontext des Wettbewerbsrechts jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 10. Januar 2006, Cassa di Risparmio di Firenze u. a., C222/04, Slg. 2006, I289, Randnr. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung). [50] Zweitens kann auch das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, das sich darauf stützt, dass die Naturschutzorganisationen verpflichtet seien, die mit den Nebentätigkeiten erzielten Einnahmen für den nichtwirtschaftlichen Bereich, vorliegend den Naturschutz, zu verwenden oder sie an die öffentliche Hand abzuführen, keinen Erfolg haben. Aus der oben in Randnr. 26 angeführten Rechtsprechung ergibt sich, dass der wirtschaftliche oder nichtwirtschaftliche Charakter einer Tätigkeit weder vom privaten oder öffentlichen Status der Einheit, die sie ausübt, noch von der Rentabilität dieser Tätigkeit abhängt. Auch wenn die Einnahmen im vorliegenden Fall zwingend für die Tätigkeit mit sozialem Charakter zu verwenden sind, stellen die Nebentätigkeiten eine Teilnahme am Markt dar, durch die die Ziele des Wettbewerbsrechts in Frage gestellt werden können. [51] Entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland ist die Flächennutzung, wie vorstehend in Randnr. 41 ausgeführt, nicht „interner Natur“ im Sinne des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation (ABl. 2006, C 323, S. 1). Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission, mit der das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt wird, ist nur im Rahmen

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von Art. 87 Abs. 1 EG zu beurteilen. Auch wenn die Kommission an die von ihr erlassenen Rahmen und Mitteilungen auf dem Gebiet staatlicher Beihilfen gebunden ist, unterliegt sie dieser Bindung doch nur insoweit, als diese Texte nicht von einer fehlerfreien Auslegung der Vorschriften des EGVertrags abweichen, da diese nicht in einem Sinne ausgelegt werden dürfen, durch den die Bedeutung der Art. 87 EG und 88 EG eingeschränkt würde oder der den mit ihnen verfolgten Zielen zuwiderliefe (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 11. September 2008, Deutschland u. a./Kronofrance, C75/05 P und C80/05 P, Slg. 2008, I6619, Randnr. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung). Desgleichen kann sich die Bundesrepublik Deutschland zur Stützung ihres Vorbringens nicht auf eine etwaige frühere Entscheidungspraxis der Kommission berufen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 30. September 2003, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, C57/00 P und C61/00 P, Slg. 2003, I9975, Randnrn. 52 und 53). [52] Drittens beruft sich die Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht auf die in einem anderen Kontext angestellten Erwägungen des Gerichtshofs im Urteil vom 11. Juli 2006, FENIN/ Kommission (C205/03 P, Slg. 2006, I6295), um geltend zu machen, dass die Nebentätigkeiten im vorliegenden Fall nichtwirtschaftlicher Natur seien, da sie so ausgestaltet seien, dass jede Rentabilität ausgeschlossen sei. In diesem Urteil hat der Gerichtshof ausgeführt, dass für den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit das Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt kennzeichnend ist und dass der Kauf eines Produkts, das im Rahmen einer anderen Tätigkeit rein sozialer Natur verwendet werden soll, durch eine Einheit nicht genügt, um ihr die Unternehmenseigenschaft zuzuerkennen. Anders als im vorliegenden Fall, in dem die soziale Tätigkeit vorgelagert ist, ließ sich in der Rechtssache, die dem Urteil FENIN/Kommission zugrunde lag, die Tätigkeit des Produktkaufs bei der Beurteilung der Frage, ob sie wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Natur ist, nicht von der späteren Verwendung trennen. Wie sich aus den vorstehenden Randnrn. 40 ff. ergibt, sind die Nebentätigkeiten mit der nichtwirtschaftlichen Naturschutztätigkeit nicht untrennbar verbunden, so dass das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland insoweit unerheblich ist. [53] Darüber hinaus bestätigen die von der Bundesrepublik Deutschland angeführten Urteile des Gerichtshofs Cassa di Risparmio di Firenze u. a., oben in Randnr. 49 angeführt, und vom 6. Oktober 2009, SPÖ Landesorganisation Kärnten (C267/08, Slg. 2009, I9781), diesen funktionalen Ansatz. Der Umstand, dass Naturschutzorganisationen im Rahmen der Nebentätigkeiten keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen, sondern die aus ihrer sozialen Tätigkeit resultierenden Güter nutzen, hindert nicht daran, Organisationen, die auf dem Markt Geschäfte tätigen, als Unternehmen anzusehen, wenn das entsprechende Dienstleistungsangebot mit dem anderer Wirtschaftsteilnehmer konkurriert, die einen Erwerbszweck verfolgen (Urteil Cassa di Risparmio di Firenze u. a., oben in Randnr. 49 angeführt, Randnrn. 122 und 123). Anders als im vorliegenden Fall (siehe oben, Randnr. 40) sollten in der Rechtssache, die dem Urteil SPÖ Landesorganisation Kärnten zugrunde lag, die betrachteten Tätigkeiten, nämlich die Außenwerbung durch die Unterorganisation einer politischen Partei, zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, um an der Ausübung der politischen Macht teilzuhaben, und betrafen keinen Markt.


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[54] Viertens ist der Verweis auf das dem EU-Vertrag und dem AEU-Vertrag beigefügte Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem Interesse (ABl. 2010, C 83, S. 308) im vorliegenden Fall irrelevant. Der Vertrag und seine Protokolle sind nämlich am 1. Dezember 2009, fünf Monate nach Erlass der angefochtenen Entscheidung, in Kraft getreten. Davon abgesehen wird in dem Protokoll lediglich zum einen auf die Bedeutung der DAWI und auf den weiten Ermessensspielraum der nationalen Behörden in der Frage, wie diese zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind, hingewiesen und zum anderen klargestellt, dass die Bestimmungen des Vertrags in keiner Weise die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten berühren, nichtwirtschaftliche Dienste von allgemeinem Interesse zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren. Mit ihm kann daher nicht dargetan werden, inwiefern Nebentätigkeiten wirtschaftlicher Natur (siehe oben, Randnr. 46) als nichtwirtschaftliche Dienste von allgemeinem Interesse einzustufen und deshalb den Wettbewerbsregeln des Unionsrechts entzogen sein sollten, wie die Bundesrepublik Deutschland vorbringt. Sie weist auch nicht nach, dass ihre im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nichtwirtschaftlichen Charakter haben. [55] Im Übrigen kann auch der Umstand, dass die Kommission in ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen − Begleitdokument zu der Mitteilung „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ − Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Einschluss von Sozialdienstleistungen: Europas neues Engagement (KOM [2007] 725 endgültig vom 20. November 2007) ankündigte, dass ihr das Protokoll bis zum Inkrafttreten des AEUVertrags als Orientierungshilfe dienen werde, um die Kohärenz und Verhältnismäßigkeit der Unionspolitik und initiativen zu überprüfen, dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. [56] Fünftens kann das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, die betreffende Regelung den Anforderungen des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das am 25. Juni 1998 unterzeichnet und mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. L 124, S. 1) im Namen der Gemeinschaft genehmigt wurde, entsprechend auszugestalten, ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Union hat sich mit der Unterzeichnung des Übereinkommens von Aarhus verpflichtet, im Rahmen der Anwendung des Unionsrechts sicherzustellen, dass die bei den Behörden vorhandenen Umweltinformationen grundsätzlich zugänglich sind. Das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland beruht daher auf einer fehlerhaften Auslegung dieses Übereinkommens. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, enthält das Übereinkommen keine Vorschrift über die öffentliche Förderung von Naturschutzorganisationen. [57] Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Rechtsfehler bei der Anwendung des Begriffs „Vorteil“ [58] Da die in Art. 87 Abs. 1 EG genannten Voraussetzungen, wie oben in Randnr. 19 dargelegt, kumulativ sind, ist der

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zweite Teil des ersten Klagegrundes zu prüfen, mit dem die Bundesrepublik Deutschland bestreitet, dass ein Vorteil zugunsten eines Unternehmens vorliege. [59] Aus der Prüfung des ersten Teils des ersten Klagegrundes geht hervor, dass die Naturschutzorganisationen im vorliegenden Fall als Unternehmen anzusehen sind, soweit sie im Rahmen der fraglichen Maßnahmen wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben. [60] Die Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch die Streithelfer, bringt vor, die Naturschutzorganisationen zögen aus den fraglichen Maßnahmen keinen Vorteil, und die sich aus dem vierten Kriterium des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark ergebenden Voraussetzungen seien erfüllt, so dass die Kommission einen Fehler begangen habe, als sie Art. 87 Abs. 1 EG auf die Naturschutzorganisationen angewandt habe. [61] Aus Art. 87 Abs. 1 EG geht hervor, dass der Beihilfebegriff ein objektiver Begriff ist, der sich nur danach bestimmt, ob eine staatliche Maßnahme einem oder bestimmten Unternehmen einen Vorteil verschafft oder nicht (Urteil des Gerichts vom 27. Januar 1998, Ladbroke Racing/Kommission, T67/94, Slg. 1998, II1, Randnr. 52). [62] Insbesondere bei der Ermittlung, ob die fraglichen Maßnahmen staatliche Beihilfen sein können, sind hauptsächlich die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die begünstigten Unternehmen zu berücksichtigen und nicht die Stellung der die Beihilfe gewährenden öffentlichen oder privaten Einrichtungen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 1977, Steinike & Weinlig, 78/76, Slg. 1977, 595, Randnr. 21). [63] Im 47. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission unter der Überschrift „Wirtschaftlicher Vorteil“ ausgeführt, dass die beiden fraglichen Maßnahmen den durch sie Begünstigten einen wirtschaftlichen Vorteil verschafften, da diese die betreffenden Flächen, die zur Erzielung von Einnahmen genutzt werden dürften, unentgeltlich erhielten, wenngleich damit Umweltauflagen verbunden sein könnten. Bei der unentgeltlichen oder vergünstigten Übertragung des Eigentums an Flächen umfassten die fraglichen Maßnahmen einen möglichen weiteren, im Wert dieser Flächen bestehenden Vorteil. In derselben Randnummer führte die Kommission aus, dass die Relevanz dieses Vorteils in den Erwägungsgründen 79 bis 81 der angefochtenen Entscheidung näher untersucht werde. Im 80. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der Teil der Ausführungen zur Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahmen mit dem DAWIRahmen ist und sich auf die Flächenübertragung bezieht, hat die Kommission das Vorliegen dieses sich aus dem Wert der Flächen ergebenden potenziellen zweiten Vorteils verneint und im Wesentlichen festgestellt, dass der Vorteil in den regelmäßigen Einnahmen aus der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten und nicht im Verkaufswert der Flächen bestehe. [64] Im vorliegenden Fall besteht, worüber sich die Parteien im Wesentlichen einig sind, kein mit dem Eigentum oder der Möglichkeit der Weiterveräußerung von Flächen verbundener Vorteil. Wie oben in Randnr. 63 dargelegt, ist die von der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik erhobene Rüge eines Widerspruchs zwischen dem Vorteils-


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begriff im 47. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und diesem Begriff in ihrem 80. Erwägungsgrund unbegründet. [65] Daher ist der einzige von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigte Vorteil zu prüfen, nämlich die Möglichkeit, mit den auf den Flächen ausgeübten Tätigkeiten Einnahmen zu erzielen. [66] Die Bundesrepublik Deutschland macht erstens geltend, die Naturschutzorganisationen hätten keinen Vorteil aus der Nutzung des Grundstücks, und die Art der Ausgestaltung der fraglichen Maßnahmen schließe aus, dass sie aus den erzielten Einnahmen einen Vorteil ziehen könnten. [67] Hierzu ist festzustellen, dass Art. 87 EG staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art untersagt, ohne danach zu unterscheiden, ob die aus der Beihilfe entstehenden Vorteile unmittelbar oder mittelbar gewährt werden. So hat die Rechtsprechung anerkannt, dass ein unmittelbarer Vorteil für bestimmte natürliche oder juristische Personen, bei denen es sich nicht um Unternehmen handeln muss, für andere natürliche oder juristische Personen, die Unternehmen sind, einen mittelbaren Vorteil und damit eine staatliche Beihilfe darstellen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 19. September 2000, Deutschland/ Kommission, C156/98, Slg. 2000, I6857, Randnrn. 22 bis 35, und vom 13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C382/99, Slg. 2002, I5163, Randnrn. 60 bis 66). [68] Außerdem gelten als Beihilfen insbesondere auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen mindern, die ein Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, und die somit, obwohl sie keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen nach Art und Wirkungen gleichstehen (vgl. u. a. Urteile des Gerichtshofs vom 15. März 1994, Banco Exterior de España, C387/92, Slg. 1994, I877, Randnr. 13, und vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C75/97, Slg. 1999, I3671, Randnr. 23). [69] Im vorliegenden Fall besteht der den Naturschutzorganisationen vom Mitgliedstaat gewährte Vorteil darin, dass sie unentgeltlich Flächen erhalten, die kommerziell genutzt werden können. Wie die Kommission im 49. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, sind die Begünstigten der fraglichen Maßnahmen in Wirtschaftszweigen wie Forstwirtschaft, Tourismus, Jagd oder Fischerei tätig, die Wettbewerbsmärkte sind, auf denen innergemeinschaftlicher Handel stattfindet. Im 52. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass zumindest eine dieser Tätigkeiten, nämlich der Verkauf von Holz, die Vermarktung einer Ware betreffe, die zwischen Mitgliedstaaten exportiert werden könne. Was die übrigen Tätigkeiten angehe, könne angesichts der Lage der von den fraglichen Maßnahmen erfassten Flächen, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt seien, nicht ausgeschlossen werden, dass diese Flächen für den internationalen Tourismus geeignet wären oder dass die Pacht von Jagdrechten auf internationaler Ebene auf Interesse stoßen könnte. Da die Tätigkeiten, die auf den Flächen ausgeübt werden dürften, nicht erschöpfend festgelegt seien, könne trotz der begrenzten Auswirkungen der fraglichen Maßnahmen der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch den Vorteil, der den Naturschutzorganisationen gewährt werde, beeinträchtigt werden.

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[70] Hierzu ist festzustellen, dass die fraglichen Maßnahmen die Naturschutzorganisationen gegenüber anderen in den betreffenden Bereichen tätigen Unternehmen begünstigen, die in Flächen investieren müssten, um dieselben wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben zu können. Wie sich aus der oben in den Randnrn. 62 und 68 angeführten Rechtsprechung ergibt, sind die Auswirkungen auf den Markt für die Anwendung der Wettbewerbsregeln im Kontext staatlicher Beihilfen entscheidend. Die Notwendigkeit, die Erfordernisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen, so legitim diese auch sein mögen, rechtfertigt nämlich nicht die Herausnahme solcher selektiver Maßnahmen aus dem Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C487/06 P, Slg. 2008, I10515, Randnrn. 85 und 92 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). [71] Daher ist das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, sämtliche von den Naturschutzorganisationen erzielten Einnahmen würden für den nichtwirtschaftlichen Bereich verwendet und diesen Organisationen verbliebe kein Gewinn, zurückzuweisen. [72] Was das Vorbringen des Königreichs der Niederlande angeht, wonach die Kommission nicht dargetan habe, worin die etwaige Wettbewerbsverzerrung im vorliegenden Fall bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass es für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als staatliche Beihilfe nicht des Nachweises einer tatsächlichen Auswirkung der Beihilfe auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und einer tatsächlichen Wettbewerbsverzerrung bedarf, sondern nur der Prüfung, ob die Beihilfe geeignet ist, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen. Der innergemeinschaftliche Handel ist insbesondere dann als durch eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe beeinflusst anzusehen, wenn sie die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen, konkurrierenden Unternehmen in diesem Handel stärkt (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. September 2009, Banco Comercial dos Açores/Kommission, T75/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). [73] Die Kommission hat deshalb zu Recht angenommen, dass den Naturschutzorganisationen ein Vorteil gewährt worden sei. [74] Zweitens macht die Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch die Streithelfer, im Wesentlichen geltend, die Kommission habe das vierte Kriterium des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark im vorliegenden Fall falsch angewandt. Insbesondere dürfe dieses Kriterium im Kontext des Umweltschutzes, in dem beim Erlass der fraglichen Maßnahmen andere als wirtschaftliche Erwägungen zu berücksichtigen seien, nicht strikt angewandt werden. Die korrekte Anwendung dieses Kriteriums würde zeigen, dass den Naturschutzorganisationen bei einem Ausgleich für nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse kein Vorteil gewährt werde. [75] Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass mit dem Altmark-Test geklärt werden soll, ob eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG vorliegt. Nach der vierten im Urteil Altmark (oben in Randnr. 6 angeführt, Randnr. 93) genannten Voraussetzung ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs, wenn die


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Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung als DAWI einzustufender Verpflichtungen betraut werden soll, nicht durch ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten Gemeinwohlanforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind. [76] Insoweit ergibt sich zunächst aus den oben in den Randnrn. 35 bis 45 zu den Nebentätigkeiten wirtschaftlicher Natur und in den Randnrn. 66 bis 70 in Bezug auf einen Vorteil zugunsten der als Unternehmen tätig werdenden Naturschutzorganisationen angestellten Erwägungen, dass bei der vorliegenden Rüge von einer falschen Prämisse ausgegangen wird. Wie oben in Randnr. 54 festgestellt, weist die Bundesrepublik Deutschland nicht nach, dass die Nebentätigkeiten, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, nichtwirtschaftlichen Charakter haben. Im Übrigen beanstandet die Bundesrepublik Deutschland die Beurteilung der fraglichen Maßnahmen in der angefochtenen Entscheidung weder anhand der DAWIEntscheidung noch anhand des DAWIRahmens. Die Kommission durfte die fraglichen Maßnahmen daher anhand des dem oben in Randnr. 6 angeführten Urteil Altmark entnommenen vierten Kriteriums prüfen, das die Ermittlung der Kosten, Einnahmen und Gewinne aus der Erfüllung einer als DAWI einzustufenden Verpflichtung verlangt. [77] Daher ist die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Anwendung dieses Kriteriums zu prüfen. [78] Im 65. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission Folgendes fest: „Die angemeldeten Maßnahmen sehen vor, dass die Naturschutzorganisationen in einem offenen und transparenten öffentlichen Verfahren ausgewählt werden. Das Bieterverfahren ist jedoch nicht auf den geringsten Preis für die Erbringung der Dienstleistungen oder das wirtschaftlich günstigste Angebot ausgerichtet, sondern auf das Eignungsprofil der Organisationen und − im Falle der Naturschutzprojekte – den Umweltnutzen der Projekte. Somit wird die Höhe des Ausgleichs entgegen der AltmarkVoraussetzung nicht auf der Grundlage eines Bieterverfahrens bestimmt, und es ist nicht gewährleistet, dass die Dienstleistungen für den Staat zu den geringsten Kosten erbracht werden. Deutschland hat zwar erklärt, dass, wenn zwei Organisationen ein Angebot für ein und dasselbe Projekt abgeben, das wirtschaftlich günstigere Angebot ausgewählt wird, doch damit ist in der Praxis kaum zu rechnen, da in der Regel unterschiedliche Projekte eingereicht werden dürften, und dies beträfe in jedem Fall lediglich einen Teil der Projekte. Die Höhe des Ausgleichs wird auch nicht anhand der Vergleichsmethode festgelegt. Daher muss der Schluss gezogen werden, dass das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt ist, so dass die Maßnahmen anhand des Altmark-Urteils nicht als beihilfefrei eingestuft werden können.“ [79] Diesem Ergebnis ist beizupflichten, und es kann durch die Argumente der Bundesrepublik Deutschland und der Streithelfer nicht in Frage gestellt werden. [80] Erstens macht die Bundesrepublik Deutschland, gestützt

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auf das Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./ Kommission (T289/03, Slg. 2008, II81, im Folgenden: Urteil BUPA), geltend, dass im vorliegenden Fall der Zweck des genannten Kriteriums erfüllt sei, der darin bestehe, keine Kosten zu erstatten, die durch die fehlende Effizienz des Empfängers der staatlichen Mittel bedingt seien. [81] Dieses Vorbringen, wonach es im vorliegenden Fall genügen würde, durch ein offenes diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren, in dem die Zuteilungskriterien von den Erfordernissen des Umweltschutzes abhingen, eine Wettbewerbssituation zu begründen, kann keinen Erfolg haben. Das Gericht hat zwar entschieden, dass es im Hinblick auf die besondere Natur der Aufgabe der DAWI in bestimmten Bereichen, insbesondere dem der Solidarität (siehe oben, Randnr. 42), angebracht ist, bei der Heranziehung des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark unter Bezugnahme auf den Sinn und Zweck der darin aufgestellten Voraussetzungen, der ihre Formulierung bestimmt hat, und angepasst an die Besonderheiten des vorliegenden Falles flexibel zu sein (Urteil BUPA, oben in Randnr. 80 angeführt, Randnr. 160). Wie sich aus den Randnrn. 246 bis 248 dieses Urteils ergibt, ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass in Anbetracht der Neutralität des in Rede stehenden nationalen Ausgleichssystems gegenüber Einnahmen und Gewinnen der Versicherer und der Besonderheit der sich aus einem negativen Risikoprofil dieser Versicherer ergebenden Mehrkosten das vierte Kriterium des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark im konkreten Fall nicht strikt angewandt werden konnte. Da insbesondere die künftige Situation der verschiedenen Versicherer auf dem fraglichen nationalen Markt unbekannt war, sah das Gericht es als unmöglich an, die potenziellen Begünstigten von Zahlungen namhaft zu machen und ihre Lage mit der eines effizienten Wirtschaftsteilnehmers konkret zu vergleichen. Dies trifft im vorliegenden Fall, in dem eine vergleichende Prüfung der mit der Erbringung der DAWI verbundenen Kosten und Einnahmen möglich sein sollte, nicht zu. Jedenfalls hat das Gericht in Randnr. 249 des oben in Randnr. 80 angeführten Urteils BUPA klargestellt, dass sich die Kommission Gewissheit darüber verschaffen musste, dass der vorgesehene Ausgleich nicht die Möglichkeit einer Entschädigung für Kosten einschloss, die durch fehlende Effizienz der Versicherer verursacht sein konnten. [82] Vorliegend ist es nicht Sache des Gerichts, sich zur Eignung der vom Mitgliedstaat für die Durchführung von Naturschutzprojekten ausgewählten Naturschutzorganisationen zu äußern oder dazu, ob die auf nationaler Ebene eingerichteten Effizienzkontrollen ausreichen. Die Bundesrepublik Deutschland kann jedoch nicht unter Berufung auf die naturschutzfachliche Eignung geltend machen, im Rahmen der fraglichen Maßnahmen das vierte Kriterium des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark beachtet zu haben. Im vorliegenden Fall müsste, wenn zwei Organisationen ein Angebot für dasselbe Projekt abgeben, das wirtschaftlich günstigere ausgewählt werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber nicht dargelegt, dass sie eine vergleichende Prüfung der für beide Arten der fraglichen Maßnahmen anfallenden Kosten durchgeführt hat, wie es das vierte Kriterium des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark erfordert (siehe oben, Randnr. 75). Auch die im vorliegenden Fall vorgesehene Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben reicht ungeachtet der Verpflichtung, eine getrennte Buchhaltung für die soziale Tätigkeit einerseits und für die Nebentätigkeiten der Naturschutzorga-


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nisationen andererseits zu führen, nicht aus (vgl. die Erwägungsründe 84 und 85 der angefochtenen Entscheidung). [83] Zunächst ist zum Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, wonach es im Rahmen der Flächenübertragung keine mangelnde Effizienz – die insoweit von vornherein ein „Muster ohne Wert“ sei – geben könne, festzustellen, dass sich die Effizienzkontrolle mittels einer vergleichenden Prüfung der oben in Randnr. 75 dargelegten Art auch für diese Maßnahme als bedeutsam erweist. Wie die Kommission geltend macht, würde die Wahl einer etwaigen ineffizienten Naturschutzorganisation zu einer ungerechtfertigten Belastung für die Gemeinschaft führen. Außerdem könnte die Übertragung von Flächen an eine derartige Organisation in Anbetracht der möglichen Überschneidung der beiden fraglichen Maßnahmen die Wahl der Organisation für die Naturschutzgroßprojekte beeinflussen. [84] Sodann stellt die Kommission zu Recht fest, dass die Naturschutzgroßprojekte nicht Gegenstand eines öffentlichen Auftrags sind. Jede Organisation stellt ihr Projekt nämlich auf der Grundlage seiner Kostenstruktur vor, und die nationalen Behörden führen keine vergleichende Prüfung dieser Kosten im Sinne des vierten Kriteriums des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark durch (siehe oben, Randnrn. 78 und 82). Die Auswahl der Projekte erfolgt damit nach naturschutzfachlichen Kriterien und nicht nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Übrigen würde nur in dem Ausnahmefall, dass zwei Bewerber dasselbe Projekt vorschlagen, eine beschränkte Kontrolle durchgeführt. Ferner geht aus den Schriftsätzen der Bundesrepublik Deutschland hervor, dass diese Kontrolle sehr selten erfolgen würde, denn jedes Projekt bezieht sich auf eine andere Fläche, und deshalb „würde [es] sich … nicht mehr um dieselbe Vergabeentscheidung [handeln]“. [85] Schließlich ist zum Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland, wonach gemäß Punkt 7.4 der Richtlinien geeignete Effizienzkontrollen stattfänden, festzustellen, dass diese Kontrollen dem vierten Kriterium des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark nicht genügen können. Wie die Bundesrepublik Deutschland in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, finden diese Kontrollen alle drei Jahre statt und betreffen die Entwicklung der Tierpopulationen oder der Vegetation, die eingesetzten Mittel und die Ergebnisse sowie die Haushaltsprüfung durch den Bundesrechnungshof. Die Kontrollen finden also statt, nachdem die fraglichen Maßnahmen getroffen wurden, und ermöglichen nicht den Nachweis, dass eine tatsächliche wirtschaftliche Beurteilung des Projekts einschließlich einer vergleichenden Prüfung der Kosten durchgeführt wurde. [86] Zweitens sind die Nebentätigkeiten auf den Flächen des Naturerbes entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland als Ausgleich anzusehen, da sie die Belastungen mindern, die die Naturschutzorganisationen regelmäßig zu tragen haben und für deren Tragung sie andernfalls um Spenden nachsuchen müssten, ungeachtet dessen, dass diesen Organisationen kein Gewinn verbleibt (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 20. November 2003, GEMO, C126/01, Slg. 2003, I13769, Randnrn. 29 bis 34). [87] Was drittens das Vorbringen der Republik Finnland betrifft, wonach die Möglichkeit einer Überkompensierung und eines etwaigen Gewinns aufgrund der Verpflichtung, für die

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verschiedenen Tätigkeiten eine getrennte Buchhaltung zu führen, und aufgrund der übrigen im vorliegenden Fall auferlegten Bedingungen ausgeschlossen sei, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Verpflichtung nicht zum Ausschluss der Anwendung des vierten Kriteriums des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark führt. Entgegen dem Vorbringen der Republik Finnland wird durch die Feststellung in Randnr. 85 der angefochtenen Entscheidung, dass es für die Projektträger keinen Anreiz für Quersubventionierungen oder eine nicht kostendeckende Preisfestsetzung gebe, nicht gewährleistet, dass die für die Gemeinschaft niedrigsten Kosten gewählt werden. Darüber hinaus gelten diese Ausführungen, die die Flächenübertragung betreffen, nur für das Stadium der Prüfung der fraglichen Maßnahmen im Rahmen des DAWIRahmens, was das Vorliegen einer Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG voraussetzt. [88] Viertens belegen die von der Bundesrepublik Deutschland und den Streithelfern angeführten Verwaltungsentscheidungen nicht, dass die Kommission ihrer Praxis bei Umweltschutzmechanismen widerspricht. Jedenfalls genügt der Hinweis, dass die Kommission bei der Beurteilung der fraglichen Maßnahmen alle maßgeblichen Aspekte und ihren Kontext berücksichtigen muss (Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2008, Ryanair/Kommission, T196/04, Slg. 2008, II3643, Randnr. 59). Die Rechtsgrundlage einer bestimmten Entscheidung kann daher nicht wegen einer Änderung der früher üblichen Kommissionspraxis in Frage gestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 4. März 2009, Associazione italiana del risparmio gestito und Fineco Asset Management/Kommission, T445/05, Slg. 2009, II289, Randnr. 145). [89] Die Kommission hat deshalb die vierte im oben in Randnr. 6 angeführten Urteil Altmark genannte Voraussetzung nicht verkannt, so dass die vorliegende Rüge insgesamt zurückzuweisen ist. [90] Nach alledem hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht das Vorliegen aller in Art. 87 Abs. 1 EG genannten Voraussetzungen bejaht. Der erste Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen. [91] Das Gericht hält es gleichwohl für erforderlich, auch den zweiten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund zu prüfen, mit dem ein Verstoß gegen Art. 253 EG gerügt wird. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht [92] Mit ihrem zweiten Klagegrund macht die Bundesrepublik Deutschland geltend, die angefochtene Entscheidung sei nicht hinreichend begründet, da nicht nachvollziehbar sei, worin der Vorteil bestehe, der den Naturschutzorganisationen durch die fraglichen Maßnahmen gewährt werde. Die Entscheidung sei widersprüchlich, da die Kommission im 47. Erwägungsgrund einen sich aus dem Wert der übertragenen Flächen ergebenden potenziellen Vorteil erwähne, wohingegen nach den Erwägungsgründen 79 bis 82 der einzige Vorteil, der den Begünstigten der fraglichen Maßnahmen verschafft werde, in den Einnahmen aus den wirtschaftlichen Tätigkeiten bestehe, die auf diesen Flächen ausgeübt werden dürften. Außerdem führe die Kommission bei der Beschreibung dieser Tätigkeiten im 81. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung


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aus, dass die Naturschutzorganisationen, die im Übrigen keinen Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich hätten, nicht frei über die Einnahmen verfügen könnten. [93] Bei der Begründungspflicht handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Frage der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C17/99, Slg. 2001, I2481, Randnr. 35, und Urteil des Gerichts vom 18. Januar 2005, Confédération nationale du Crédit mutuel/Kommission, T93/02, Slg. 2005, II143, Randnr. 67). [94] Die durch Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Dieses Erfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere anhand des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C367/95 P, Slg. 1998, I1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). [95] Aus diesen Grundsätzen ergibt sich insbesondere, dass die Kommission dartun muss, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Sie ist hingegen nicht verpflichtet, Punkt für Punkt auf das nicht maßgebliche Vorbringen der betreffenden nationalen Behörden oder Dritter am Verfahren Beteiligter einzugehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T123/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 182 und 183 und die dort angeführte Rechtsprechung). [96] Insoweit ist das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland und der Streithelfer zurückzuweisen, wonach die Kommission fehlerhaft das Vorliegen von DAWI festgestellt und die Nebentätigkeiten als Tätigkeiten wirtschaftlicher Natur eingestuft habe. Durch dieses Vorbringen wird die Stichhaltigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung in Frage gestellt. Ergänzend ist hinzuzufügen, dass das Gericht dieses Vorbringen im Wesentlichen bereits im Rahmen des ersten Klagegrundes geprüft hat. [97] Heranzuziehen ist der Wortlaut der angefochtenen Entscheidung, der maßgebend dafür ist, ob die Kommission die angefochtene Entscheidung in Bezug auf den Vorteil, den die Naturschutzorganisationen aus den fraglichen Maßnahmen ziehen, hinreichend begründet hat. Der von der Bundesrepublik Deutschland gerügte Widerspruch betrifft nur eine dieser beiden Maßnahmen.

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[98] Im vorliegenden Fall hat die Kommission im 47. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die fraglichen Maßnahmen den Begünstigten einen Vorteil verschafften, da sie mit den wirtschaftlichen Tätigkeiten, die auf den betreffenden Flächen ausgeübt werden dürften, Einnahmen erzielen könnten. Im Rahmen der Flächenübertragung stellt die Kommission einen weiteren potenziellen Vorteil fest und verweist auf die Analyse in den Erwägungsgründen 79 bis 81 der angefochtenen Entscheidung. Im 80. Erwägungsgrund verneint sie diesen weiteren, sich aus dem Wert der übertragenen Flächen ergebenden Vorteil jedoch wegen der Art und Weise, in der die fraglichen Maßnahmen ausgestaltet sind, und der nationalen Regelung zur Veräußerung und Nutzung der Flächen. Im selben Erwägungsgrund kommt sie zu dem Ergebnis, dass im Rahmen dieser Maßnahme nur ein Vorteil bestehe, und fügt hinzu: „Um zu ermitteln, ob eine Überkompensierung im Sinne des DAWIRahmens vorliegt, legt die Kommission daher in ihrer Untersuchung nicht den potentiellen Verkaufswert der Flächen, sondern die durch die Nutzung der Flächen erzielbaren Einnahmen zugrunde.“ In Anbetracht dessen, dass die Naturschutzorganisationen die erzielten Einnahmen für nichtwirtschaftliche Zwecke verwenden oder an den Mitgliedstaat abführen müssen, stellt die Kommission schließlich in den Erwägungsgründen 81 und 82 der angefochtenen Entscheidung fest, dass sie dafür nicht einmal einen, nach dem dritten Kriterium des oben in Randnr. 6 angeführten Urteils Altmark möglichen, angemessenen Ausgleich erhielten. [99] Im Übrigen hat die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung der Beihilfeelemente im 41. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Naturschutzorganisationen Unternehmen seien, da sie auf den betreffenden Flächen wirtschaftliche Tätigkeiten ausübten, sowie im 49. Erwägungsgrund, dass in diesen Bereichen Wettbewerb herrsche, und im 52. Erwägungsgrund, dass die Nebentätigkeiten sich auf den innergemeinschaftlichen Handel auswirkten. [100] Aus diesen verschiedenen Passagen der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission den Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG eindeutig festgestellt hat. Entgegen dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland enthält die Entscheidung eine Begründung, die die Überlegungen der Kommission erkennen lässt, nach denen die fraglichen Maßnahmen die Naturschutzorganisationen auf den relevanten Märkten gegenüber den übrigen Unternehmen begünstigen würden. Daher kann sich die Bundesrepublik Deutschland nicht darauf berufen, dass nicht nachvollziehbar sei, worin der Vorteil zugunsten der Naturschutzorganisationen bestehe. [101] Ergänzend ist hinzuzufügen, dass ein Widerspruch in der Begründung einer Entscheidung, der im vorliegenden Fall jedenfalls nicht dargetan ist (siehe oben, Randnr. 64), eine Verletzung der Begründungspflicht nach Art. 253 EG, die die Gültigkeit der betreffenden Handlung beeinträchtigen kann, darstellt, sofern nachgewiesen wird, dass der Adressat der Handlung infolge dieses Widerspruchs die wirklichen Gründe der Entscheidung insgesamt oder zum Teil nicht erkennen konnte und infolgedessen der verfügende Teil der Entscheidung ganz oder teilweise ohne rechtliche Stütze ist (Urteil des Gerichts vom 30. März 2000, Kish Glass/Kommission, T65/96, Slg. 2000, II1885, Randnr. 85).


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[102] Dies kann bei einer etwaigen Diskrepanz in der angefochtenen Entscheidung bezüglich der Zahl der Vorteile, die mit der Flächenübertragung verbunden sind, nicht der Fall sein. Selbst wenn eine solche Diskrepanz erwiesen wäre, könnte diese nämlich nicht zur Folge haben, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht in der Lage wäre, die Gründe der angefochtenen Entscheidung zu erkennen, die sich aus ihr ergeben.

und Verdrängung von Wettbewerbern ausgerichtet sind, kein entscheidendes Gewicht zu. Allein hieraus kann nicht von vornherein der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit im Vorstand der Stiftung unzulässig ist. Ob die Übernahme der Aufsichtsratstätigkeit in den Gesellschaften unzulässig ist, kann hier dahinstehen, da diese nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids sind, sondern die Genehmigung dieser Tätigkeiten ausdrücklich zurückgestellt wurde.

[103] Der zweite Klagegrund ist zurückzuweisen, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.

[3] Hier steht allein in Frage die Mitgliedschaft im Stiftungsvorstand. Ein unmittelbares Eingreifen der Vorstandsmitglieder der Stiftung in das operative Geschäft der von der Stiftung beherrschten einzelnen Gesellschaften ist mit dieser Stellung nicht verbunden, mögen auch bestimmte Geschäfte der Genehmigung des Vorstandes der Stiftung vorbehalten sein. Die dem Kläger eingeräumten Befugnisse gehen jedenfalls nicht über die eines Vorstandes oder Aufsichtsrats der Gesellschaft selbst hinaus. Die Mitgliedschaft in diesen Gesellschaftsorganen ist aber nach der gesetzlichen Regelung wie bereits ausgeführt - nicht von vornherein unzulässig. Die Einflussmöglichkeiten des Klägers als Vorstandsmitglied der Stiftung sind daher nicht als mit dem Notaramt unvereinbar anzusehen.

[104] […]

Zur Genehmigungsfähigkeit einer Nebentätigkeit eines Notars als Mitglied im Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung, die Anteilseignerin von auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Gesellschaften ist. BGH, Beschl. v. 22.7.2013 – NotZ(Brfg) 15/12 Gründe Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. […] [1] 1. Zu Unrecht macht der Beklagte geltend, die Vorinstanz habe der Gewinnerzielung und -maximierung der „G. -Gruppe“ nicht die notwendige Bedeutung beigemessen. An diese Firmenstrategie sei die Tätigkeit der Stiftung - der die Anteile an den Gesellschaften dieser Gruppe gehören und deren Vorstandsmitglied der klagende Notar ist - gebunden. Das sei mit dem Leitbild eines unabhängigen und unparteiischen Notars unvereinbar und dem Ansehen des Notaramts insgesamt abträglich, was zur Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung führen müsse. [2] Da nicht eine verbotene Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BNotO, sondern allein die Frage der Genehmigungsfähigkeit der Nebenbeschäftigung als Mitglied des Vorstands einer Stiftung in Rede steht, kommt dem Einwand der Beklagten hinsichtlich der Ausrichtung der Gesellschaften der „G. -Gruppe“ auf Gewinnmaximierung kein entscheidendes Gewicht zu. Der Gesetzgeber hat in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BNotO die Übernahme einer Nebenbeschäftigung insbesondere zu einer gewerblichen Tätigkeit als auch nach Nr. 2 dieser Vorschrift den Eintritt in den Vorstand, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat oder ein sonstiges Organ einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft oder eines in einer anderen Rechtsform betriebenen wirtschaftlichen Unternehmens nur unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass sowohl die gewerbliche Tätigkeit als auch der Eintritt in Organe einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft nicht generell unzulässig sind. Die Erzielung von Gewinn steht deshalb einer Nebenbeschäftigung nicht von vornherein entgegen. [3] Die Genehmigung einer Nebenbeschäftigung als Stiftungsvorstand kann dann aber auch nicht allein deshalb versagt werden, weil schon die Absicht der Gewinnerzielung als solche die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars in Frage stellen würde. Deshalb kommt dem Umstand, dass die dem Stiftungsvermögen zugehörigen Gesellschaften der „G. -Gruppe“ auf Gewinnmaximierung sowie auf Expansion

[4] Da die Tätigkeit des Stiftungsvorstands als solche nicht mit dem Notaramt unvereinbar ist und ein unmittelbares Nachaußentreten der „Aufsichtsorgane“, sei es des Stiftungsvorstands oder des Aufsichtsrats der jeweiligen Gesellschaft, im operativen Geschäft nicht inmitten steht, ist auch die mögliche Wahrnehmung der Tätigkeit des Klägers im Stiftungsvorstand - oder dem hier nicht in Rede stehenden Aufsichtsrat der jeweiligen Gesellschaften - nicht von entscheidendem Gewicht, um die Genehmigungsfähigkeit der jeweiligen Tätigkeit zu verneinen. [5] 2. Zu Unrecht macht der Beklagte geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. September 2002 (DNotZ 2003, 65 ff.) und die Senatsentscheidung vom 11. Juli 2005 (NotZ 9/05, DNotZ 2005, 951 ff.) geklärt. [6] 3. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Entscheidung des Oberlandesgerichts weiche von der Senatsentscheidung vom 11. Juli 2005 (aaO) ab. Im dortigen Fall war tragend für die Versagung der Genehmigung, dass der Notar eine Tätigkeit in einem Wirtschafts- bzw. unternehmensberatenden Bereich ausübte, der dem Anwaltsnotar als weiterer Beruf nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BNotO untersagt ist. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht. [7] 4. Erfolglos macht der Beklagte geltend, die Entscheidung beruhe auf Verfahrensmängeln. Das Oberlandesgericht habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass zum Stiftungsvermögen umfangreiches Grundvermögen gehöre und deswegen auch Grundstücksgeschäfte zu besorgen seien, mit denen der Kläger infolge seiner Tätigkeit in Kontakt komme. Das Oberlandesgericht hat hier zutreffend darauf abgestellt, dass der Zweck der Firmen der „G. -Gruppe“ 6 nicht im Bereich des Grundstücksverkehrs liegt und auch keine besondere Affinität zu diesem Bereich aufweist. Daran ändert nichts, dass die Gesellschaft aufgrund ihrer Größe bereits umfangreiches Grundvermögen besitzt. Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Eintritts in ein vertretungsberechtig-


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tes Organ einer Gesellschaft ist grundsätzlich zugrunde zu legen, dass sich der Notar im Falle der Genehmigung an die bestehenden Mitwirkungsverbote halten werde und alle Ge- und Verbote beachte. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass nach dem Geschäftszweck der Gesellschaft beurkundungsbedürftige Rechtsgeschäfte kaum anfallen dürften (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2005 aaO S. 953). [8] Nicht durchgreifend ist der Einwand des Beklagten, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend beachtet, dass in einem kleinstädtischen, geschäftlich und gesellschaftlich äußerst überschaubaren Gemeinwesen wie Celle nicht unbekannt bleibe, dass der Kläger Mitglied des Stiftungsvorstands und der - hier nicht in Rede stehenden - Aufsichtsräte sei. Die Offenlegung der Beziehung zu der Gesellschaft, in deren Organ der Notar eingetreten ist, kann jedoch als ausreichendes Mittel angesehen werden, gerade dem bösen Schein zu begegnen, weil die andere Partei einer Beurkundung berechtigt ist, aus diesem Grund einen Notarwechsel zu verlangen (vgl. BVerfG, DNotZ 2003, 65, 67). Daneben hat der Gesetzgeber mit der generellen Genehmigungsfähigkeit eines Eintritts in ein Organ einer Gesellschaft zum Ausdruck gebracht, dass die damit verbundene öffentliche Bekanntmachung z.B. durch Registereintragung oder durch schlichtes tatsächliches Bekanntwerden nicht generell einer Genehmigung entgegensteht. Die Bestimmungen des Beurkundungsgesetzes zu den für den Notar geltenden Mitwirkungsverboten (§ 3 BeurkG) setzen gleichfalls voraus, dass es dem Notar erlaubt sein kann, einem vertretungsberechtigten oder einem nicht vertretungsberechtigten Organ anzugehören (vgl. BVerfG aaO 10 S. 66 f.). § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeurkG regelt, dass die Mitgliedschaft in einem Organ, das nicht zur Vertretung berechtigt, keinen Ausschluss von der Beurkundungstätigkeit bedingt, im Gegensatz zur Mitgliedschaft in einem vertretungsberechtigten Organ nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BeurkG. Die Aufklärung über die Tätigkeit als Aufsichtsrat einer Gesellschaft begründet damit nur eine Hinweispflicht nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BeurkG. Der Gesetzgeber sieht zur Vermeidung des Anscheins der Abhängigkeit und Parteilichkeit des Notars einen Hinweis an die Urkundsbeteiligten als ausreichend an. Jeder Fall der Mitgliedschaft in einem vertretungsberechtigten Organ schließt die Beurkundungstätigkeit unter Beteiligung der jeweiligen Gesellschaft, deren vertretungsberechtigtem Organ der Notar angehört, aus. [9] Die Mitgliedschaft des Klägers im Stiftungsvorstand ist so weit entfernt von der operativen Tätigkeit der einzelnen am Markt tätigen Unternehmen der „G. -Gruppe“, dass dessen Bekanntwerden für sich genommen keinen Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit begründet. Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner Beurkundungstätigkeit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BeurkG beachtet. Soweit er Mitglied in den Aufsichtsräten der Gesellschaften der „G. -Gruppe“ ist, hat der Gesetzgeber - wie ausgeführt - diesem Umstand keine so wesentliche Bedeutung beigemessen, dass er einer Beurkundungstätigkeit entgegenstünde. Das Bekanntwerden der Tätigkeit im Aufsichtsrat ist deshalb für sich genommen kein hinreichender Anhalt, die Genehmigungsfähigkeit des Eintritts in den Aufsichtsrat zu verneinen. [10] […]

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Bildung eines Aufsichtsrats bei einer gGmbH nach den Vorschriften des Drittelbeteiligungsgesetzes LG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2013 – 33 O 126/12 [1] […] [16] Gründe: [17] I. [18] Die Antragsgegnerin ist eine im Jahre 1951 gegründete gemeinnützige GmbH, die einen Blutspendedienst betreibt. Sie ist kooperatives Mitglied des Landesverbandes Westfalen-Lippe des D, Gesellschafter der Antragsgegnerin sind die Landesverbände Nordrhein, Westfalen-Lippe, RheinlandPfalz und Saarland des D. Als Nationale Gesellschaft der internationalen E-Bewegung sind das D in alle seine Mitglieder den internationalen Grundsätzen der internationalen E-Bewegung verpflichtet. [19] Das D ist nach § 1 Abs. 3 seiner Satzung ein Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege. Nach § 2 Abs. 6 Nr. 3 der Satzung des D Landesverbandes Westfalen-Lippe e. V. verwirklicht der Landesverband die gemeinnützigen und mildtätigen Zwecke insbesondere durch den Blutspendedienst. [20] Die Antragsgegnerin hat insgesamt 5 Zentren für Transfusionsmedizin eingerichtet. Zwei Blutspendezentren, in Ba und für Ostwestfalen-Lippe in Sa, wenn als rechtlich selbstständig Tochtergesellschaften in Form ebenfalls gemeinnütziger GmbHs betrieben. Die weiteren drei Blutspendezentralen der Antragsgegnerin befinden sich in Mü, Ha und Br. Im Br arbeiten 247, in Ha 216 und in Mü 250 Arbeitnehmer. Daneben werden weitere 113 Mitarbeiter zentral in Ha in den Bereichen Zentrallabor und Zentrale Dienste beschäftigt. Die Antragsgegnerin beschäftigt insgesamt mehr als 900 Arbeitnehmer. [21] Die Antragsgegnerin erhält keine staatlichen Zuschüsse. Die Gemeinnützigkeit der Antragsgegnerin wurde vom Finanzamt Hagen anerkannt. [22] Blutspenden nimmt die Antragsgegnerin von den Blutspendern sowohl stationär in ihren Transfusionszentren als auch beim mobilen Blutspendetermin vor Ort entgegen, die so ausgerichtet werden, dass einer möglichst großen Anzahl von Bändeweg ermöglicht wird, den Termin wahrzunehmen, insbesondere abends und am Wochenende. Durchgeführt werden solche mobilen Blutspendetermine von ehrenamtlichen Helfern der D-Ortsvereine und – Kreisverbände, die die Blutspende vor Ort organisieren die Spender betreuen und verpflegen. Den Blutspendern wird von der Antragsgegnerin grundsätzlich kein Entgelt gezahlt, sondern lediglich eine kostenlose Verpflegung gewährt. Teilweise erhalten die Blutspender einer Aufwandsentschädigung, etwa für Fahrtkosten. [23] Die Blutspenden werden in den Zentren für Transfusionsmedizin der Antragsgegnerin med. aufbereitet, getestet, in einzelne Blutbestandteile aufgeteilt und als Blutkonserven vorgehalten. Die aufbereiteten Blutkonserven werden anschließend außerhalb des A-Verbundes nach medizinischen Anforderungen an Krankenhäuser und Ärzte zur weiteren Verwendung entgeltlich abgegeben. Hinaus führt die An-


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tragsgegnerin verschiedene Laboruntersuchung durch, die der Vorbereitung von Bluttransfusionen dienen. Zudem betreibt sie aktive Forschung zur Weiterentwicklung der Blutspende und unterhält wegen ihrer besonderen Expertise einen serologischen Dienst zur Klärung spezieller Fragen und Beratung von Krankenhäusern und Ärzten. [24] Bei der Antragsgegnerin ist ein Aufsichtsrat gebildet. [25] […] [34] II. [35] Der Antrag ist begründet. [36] Bei der Antragsgegnerin ist ein Aufsichtsrat nach den Vorschriften des Gesetzes über die Dritter Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat zu bilden. [37] Die Antragsberichtigung der Antragsteller ist unstreitig gegeben (§ 98 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 9 bzw. Nr. 10 Aktiengesetz). Die Antragsgegnerin beschäftigt auch mehr als 500 Arbeitnehmer (§ 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz). [38] Das Drittelbeteiligungsgesetz findet auch auf die Antragsgegnerin Anwendung. Die Voraussetzungen einer Ausnahme (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 Drittelbeteiligungsgesetz), nämlich das das Unternehmen einer unmittelbar und überwiegend karitativen Bestimmung dient, sind nicht gegeben. [39] Es ist nicht streitig, dass die Antragsgegnerin karitativen Zwecken dient. Mangels einer entsprechenden ständigen Rechtsprechung für das Drittelbeteiligungsgesetz hält es die Kammer für sachgerecht, die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes BAG BAGE 135, 291; BAG – 1 ABR 7/11 – Beschluss vom 22.05.2012, zur Definition von Unternehmen, die karitativen Zwecken dienen zu übernehmen. Danach dient ein Unternehmen karitativen Zwecken, wenn es den sozialen Dienst an körperlich oder seelisch leidenden Menschen zum Ziele hat, auf Heilung oder Milderung innerer oder äußerer Nöte des einzelnen oder auf deren vorbeugende Abwehr gerichtet ist, die Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt und der Unternehmer nicht ohnehin von Gesetzes wegen zu derartigen Hilfeleistungen verpflichtet ist.

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[44] Wenn die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Definition der Caritas im Lexikon für Theologie und Kirche, Zweiter Band, Stichwort Caritas, 1994 Seite 947 ff dort unter Berücksichtigung der Übersetzung aus dem lateinischen mit „lieb und teuer“ und unter Berücksichtigung der Glaubensund Lebenspraxis der biblischen Gemeinde den Begriff der „Caritas“ mit dem „Sammeln für die Armen, die Speisung der Armen“ fortinterpretiert und sodann unter Bezug auf die Fortentwicklung des Begriffes und der Begründung einer eigenständigen Verbands „Caritas“ mit der allgemeinen Fürsorge für die Armen und Hilfsbedürftigen umschreibt ist dagegen nichts einzuwenden, es wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die karitative Tätigkeit der Antragsgegnerin nicht streitig ist. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig das die Antragsgegnerin auch unmittelbar karitativ tätig ist, ansonsten würde das zusätzliche Merkmal „unmittelbar“ im Gesetz jede Bedeutung verlieren. [45] Wenn man aber den Begriff der Caritas entsprechend dem Definitionsansatz der Antragsgegnerin in dem von ihr vorgelegten Gutachten von Professor Doktor … sogar noch weiter interpretiert und annimmt, dass von dem Begriff der Caritas auch ein arbeitsteiliges Handeln erfasst wird, was mit dem Zitat aus der Bibel „Dient einander als guter Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die empfangen hat“ (erster Brief des Petrus; Kapitel 4, Vers. 8 10 in der Einheitsübersetzung) belegt wird, hilft auch dieser Ansatz nicht weiter. Ebenso wenig Rückgriff auf Enzyklia „CARITAS IN VERITATE von Papst Benedikt XVI vom 29. Juni 2009, wonach jede auf das Gemeinwohl ausgerichtete Tätigkeit karitativ ist. [46] Nimmt man dies an, bedeutet dies zunächst lediglich zwangsläufig, dass zum Wohle des Menschen mehrere karitative Unternehmen handeln können, wobei sich das eine Unternehmen, um seine Verpflichtung – seinen karitativen Dienst - unmittelbar an dem Menschen ausführen zu können, der Hilfe eines „Lieferanten“ bedienen kann. Auch dieser Lieferant kann natürlich karitativ tätig sein, es hat aber – und dies ist entscheidend - nicht den direkten Kontakt zu dem Empfänger. Dieser direkte Kontakt wird aber mit dem Begriff der Unmittelbarkeit umschrieben.

[42] Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist das Kriterium der Unmittelbarkeit von besonderer Bedeutung.

[47] Daher vermag auch der Verweis der Antragsgegnerin auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 16.10.1968 betreffend die „Aktion Rumpelkammer“ (BVerfGE 24, 236) die Anwendung der Ausnahmeregelung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Drittelbeteiligungsgesetz nicht zu begründen. Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht lediglich den Begriff der karitativen Tätigkeit weit gefasst. Dass die Antragsgegnerin jedoch karitativ tätig ist, ist wie wiederholt dargelegt wurde, nicht streitig. Auf eine Unmittelbarkeit der Zuwendung/des Erfolges bei dem Hilfebedürftigen kommt es in der Tat für die Erfüllung der Voraussetzungen einer karitativen Handlung nicht an.

[43] Bereits nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung wird durch die Hinzufügung des Kriteriums der Unmittelbarkeit deutlich gemacht, dass nicht jedes karitative Unternehmen von der Ausnahme des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Drittelbeteiligungsgesetz profitieren soll. Dementsprechend kann auch nicht bereits alleine aus einer Begriffsbestimmung der Caritas abgeleitet werden, dass das Unternehmen auch unmittelbaren karitativen Zwecken dient.

[48] Die Antragsgegnerin hat aber eben keinen unmittelbaren Kontakt zu dem Hilfebedürftigen. Sie dient - ähnlich einer großen Zentralapotheke oder einem Hersteller von Implantaten - auch - aus menschlichem Material - lediglich als Zulieferer eines ganz speziellen Produkts, nämlich Blut bzw. Blutbestandteile. Dies macht sie durchaus zum Wohle der Menschen, indem sie sich das in vielerlei Hinsicht sensible Produkt Blut spenden lässt und ohne Gewinnerzielungsab-

[40] Das Vorliegen dieser Voraussetzungen für die Annahme eines karitativen Unternehmenszweckes ist vorliegend bezüglich der Antragsgegnerin nicht zweifelhaft. [41] Jedoch fehlt es an der erforderlichen Unmittelbarkeit der karitativen Tätigkeit der Antragsgegnerin.


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sicht an ihrer Abnehmer Ärzte aber auch - wenn auch zu einem geringeren Anteil - an die Industrie verkauft. Gerade diese fehlende Gewinnerzielungsabsicht ist zwar eine Folge der karitativen und humanitären Ausrichtung der Unternehmensziele der Antragsgegnerin, führt nicht dazu, dass sie unmittelbar auf den Menschen/Hilfebedürftigen einwirkt. Sie ist ein karitativer Dienstleister und Lieferant anderer karitativer oder auf Gewinnmaximierung ausgerichteter Unternehmen oder Einrichtungen. [49] Auch das Argument der Antragsgegnerin, dass eine Verneinung der Voraussetzungen des Tatbestandmerkmals der „Unmittelbarkeit“ letztlich darauf beruhe, dass in der Regel keine sogenannte „Warmblutspende“ mehr erfolgt, ändert letztlich nichts daran, dass es vorliegend an der unmittelbaren karitativen Tätigkeit fehlt. Würde die „Warmblutspende“ noch praktiziert, würde sich in der Regel der Spender zu dem Empfänger begeben und von einem Arzt würde der unmittelbare Körperkontakt mittels der Transfusionsleitung zwischen Empfänger und Spender hergestellt. Die Antragsgegnerin wäre in diesen Fällen wohl in der Regel lediglich als Vermittler eines Spenders tätig. Auch in diesen Fällen, hier wird es aber hinaus auch besonders deutlich, fehlt es an der unmittelbaren karitativen Tätigkeit. Wenn die Antragsgegnerin ein Krankenhaus für Transfusionsmedizin betreiben würde, in dem dem Patienten die von der Antragsgegnerin aufbereiteten Blutspenden zugeführt werden, würde es mit hoher Wahrscheinlichkeit an dem Kriterium der „Unmittelbarkeit“ nicht fehlen. [50] Darüber hinaus spricht für eine eingeschränkte Auslegung des Begriffes der Unmittelbarkeit, wie sie vom Bundesarbeitsgericht und auch der erkennenden Kammer vertreten wird, der Blickwinkel des Empfängers des Produkts. [51] Ein erheblicher Teil der Verwender und damit der Leistende der „Wohltat“ für den Empfänger der von der Antragsgegnerin gefertigten Blutprodukte handeln gerade mit Gewinnerzielungsabsicht, seien es Ärzte, Universität Kliniken oder kommunale Krankenhäuser und auch die Industrie. Der Empfänger des Blutproduktes erhält also gerade keine Gabe der Liebe - der Caritas - aus einer fremdnützigen und fürsorglichen Tätigkeit, sondern muss diese bei seinem Anieter, den Kunden der Antragsgegnerin, einkaufen. Dem Weg zwischen der fremdnützigen Spende über die karitative Tätigkeit der Antragsgegnerin zum Empfänger wird also durch die Tätigkeit von marktwirtschaftlich und mit Gewinnerzielungsabsicht Absicht handelnden Unternehmen oder Personen unterbrochen. Kann der Hilfebedürftige - der Patient nicht bezahlen, erhält er die karitative Leistung nicht. Für ihn ist es daher unerheblich, ob er das Blutprodukt als Folge einer karitativen Leistung der Antragsgegnerin, von einer Blutbank einer großen Klinik mit entsprechendem Blutspendezentrum oder von offiziell oder inoffiziell kommerziell tätigen Spendern erhält. Für ihn ist es gerade keine Wohltat oder Gabe der Liebe sondern ein dem Kommerz und den Marktgesetzen unterworfenes Produkt. [52] Es ist auch davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber der weite und sogar die Arbeitsteilung erfassende Begriff der karitativen Tätigkeit bewusst war. Wenn er damit aber jedwede karitative Tätigkeit von der Ausnahme des §§ 1 Abs. 2 Nr. 2 Drittelbeteiligungsgesetz erfasst sehen wollte, hätte es der Aufnahme des weiteren Kriteriums der Unmittelbarkeit

nicht bedurft. Dieses macht nur dann Sinn, wenn gerade nicht jedes karitativ tätige Unternehmen von der Ausnahme profitieren sollte. Diese Ausnahme kann nur dann mittels des Begriffes der Unmittelbarkeit sinnvoll und objektivierbar begründet werden, wenn die geistig ideelle Zielsetzung eines Unternehmens auch in der Linderung des Leidens des Menschen, also in der Umsetzung der Heilbehandlung, zum Ausdruck kommt. Nur so wird unmittelbar ein Dienst am Menschen erbracht. Die Antragsgegnerin erbringt zunächst jedoch eine Dienstleistung, mit der Dritte ganz erhebliche Gewinne erwirtschaften, ehe sie dem Hilfsbedürftigen zu Gute kommt, der aber dafür bezahlen muss, und zwar deutlich mehr, als die Antragsgegnerin ihrerseits erhalten hat. Unmittelbar dient damit die karitative Tätigkeit der Antragsgegner nicht dem Hilfsbedürftigen Menschen sondern dem „Wirtschaftsbereich Medizin“. Die Caritas endet mit Abschluss der Tätigkeit der Antragsgegnerin. [53] III. [54] […] Anmerkung I. Einleitung Das LG Düsseldorf hatte über einen Antrag auf Bildung eines Aufsichtsrats nach den Vorschriften des Gesetzes über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz - DrittelbG) zu entscheiden. Im Kern ging es um die Frage, ob die Antragsgegnerin unmittelbar karitativen Zwecken dient und daher unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 DrittelbG fällt, so dass das DrittelbG keine Anwendung findet. Da es bislang keine Rechtsprechung zu diesen Tatbestandsmerkmalen gibt, ist insbesondere problematisch, ob die durch Literatur und Rechtsprechung zu den Merkmalen des § 118 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) entwickelten Grundsätze hier angewandt werden können. Im Ergebnis zu Recht hat sich das LG Düsseldorf für eine entsprechende Anwendung der Grundsätze entschieden und die Unmittelbarkeit des karitativen Zwecks verneint. II. Sachverhalt Die Antragsgegnerin betreibt einen Blutspendedienst in Form einer gemeinnützigen GmbH. Sie beschäftigt mehr als 900 Arbeitnehmer in mehreren Blutspendezentren, im Zentrallabor und in der Zentrale. Blutspenden werden dabei sowohl stationär in den Zentren als auch bei mobilen Blutspendeterminen vor Ort entgegengenommen. Die Blutspender erhalten von der Antragsgegnerin grundsätzlich kein Entgelt, sondern lediglich kostenlose Verpflegung, sowie in einigen Fällen Aufwandsentschädigungen, zum Beispiel für Fahrtkosten. Die Blutspenden werden aufbereitet und als Blutkonserven entgeltlich an Krankenhäuser und Ärzte zur weiteren Verwendung abgegeben. Weiterhin führt die Antragsgegnerin Laboruntersuchungen zur Vorbereitung von Bluttransfusionen durch und betreibt aktive Forschung zur Weiterentwicklung der Blutspende. Aufgrund ihrer besonderen Expertise unterhält sie außerdem einen serologischen Dienst zur Klärung spezieller Fragen und Beratung von Krankenhäusern und Ärzten. Die Antragsgegnerin erhält keine staatlichen Zuschüsse; ihre Gemeinnützigkeit wurde vom Finanzamt Hagen anerkannt. Bei ihr ist ein Aufsichtsrat gebildet. Die Antragsteller beantragen festzustellen, dass der Aufsichtsrat bei der Antragsgegnerin nach dem DrittelbG zu bilden ist.


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III. Rechtliche Würdigung Zu Recht entschied das LG Düsseldorf, dass bei der Antragsgegnerin ein Aufsichtsrat nach dem DrittelbG gebildet werden muss. Den Arbeitnehmern kommt ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe des DrittelbG zu, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 DrittelbG erfüllt sind und keine der Ausnahmen des § 1 Abs. 2 DrittelbG greift. Die Antragsgegnerin ist eine GmbH, die mit über 900 Arbeitnehmern mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt, so dass sie gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG grundsätzlich unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt. Weiterhin beschäftigt sie nicht mehr als 2000 Mitarbeiter, und es handelt sich bei ihr auch nicht um ein Montan-Unternehmen oder eine Montan-Holdinggesellschaft, so dass die Ausnahme nach § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 DrittelbG nicht greift.1 Problematisch ist allerdings, ob sie unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 a) Var. 4 DrittelbG fällt. Nach dieser Vorschrift findet das Gesetz keine Anwendung auf Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend karitativen Zwecken dienen. 1. Anwendbarkeit der zu § 118 Abs. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze Für das DrittelbG gibt es bisher keine Rechtsprechung zu den Merkmalen des karitativen Zwecks des Unternehmens sowie dem unmittelbaren und überwiegenden Dienen zu diesem karitativen Zweck. Für § 118 Abs. 1 BetrVG hatte das BAG entschieden, dass einem Blutspendedienst kein Tendenzschutz zukommt, da er dem karitativen Zweck nicht unmittelbar dient.2 Nach dieser Vorschrift sind die Regelungen des BetrVG nur eingeschränkt auf solche Unternehmen und Betriebe anwendbar, die unmittelbar und überwiegend die in der Vorschrift genannten geistig-ideellen Zielsetzungen verfolgen. Grund für diesen Tendenzschutz ist die Schaffung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Freiheitsrechten der betroffenen Unternehmen und dem Sozialstaatsprinzip; dem Unternehmen soll ein möglichst großer Raum für die Ausübung seiner Grundrechte gegenüber den Beteiligungsrechten des Betriebsrats gewährt werden.3 Das LG Düsseldorf stellte daraufhin fest, dass es mangels entsprechender Rechtsprechung zum DrittelbG sachgerecht sei, die Rechtsprechung des BAG anzuwenden.4 Mit dieser knappen Begründung ist die Anwendung der BAG-Rechtsprechung zum Tendenzschutz auf betrieblicher Ebene auf das DrittelbG kaum überzeugend. Im Folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 DrittelbG genauso auszulegen sind wie die des § 118 Abs. 1 BetrVG, ob also die zu dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze auch im Rahmen des § 1 Abs. 2 DrittelbG angewandt werden können. Der Wortlaut des § 1 Abs. 2 DrittelbG entspricht im Wesentlichen dem des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz - MitbestG), welcher wiederum mit § 118 Abs. 1 BetrVG übereinstimmt. Im Gegensatz zu § 118 BetrVG erfolgt der Ausschluss nach dem DrittelbG und dem MitbestG allerdings generell und nicht nur bei tendenzbezogenen Entscheidungen, es handelt sich bei letzteren also um einen „absoluten Tendenzschutz“.5 Für § 1 Abs. 4 MitbestG existieren einige Entscheidungen von Instanzgerichten, die die zu § 118 Abs. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze für anwendbar erklären.6 Im Regierungsentwurf zu § 1 Abs. 4 MitbestG heißt es dazu, das Mitbestimmungs-

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gesetz sei nicht anwendbar auf Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 BetrVG 1972.7 Der direkte Verweis auf § 118 BetrVG macht deutlich, dass der Begriff des Tendenzbetriebs im Rahmen des Mitbestimmungsgesetzes genauso wie nach dem BetrVG auszulegen ist. Für § 1 Abs. 2 DrittelbG existierte bis zum vorliegenden Beschluss keine Rechtsprechung, die die zu § 118 Abs. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze für anwendbar erklärt. Für eine Anwendung der Grundsätze spricht neben dem identischen Wortlaut vor allem ein vom LG Düsseldorf nicht angeführtes historisches Argument; die beiden Vorschriften entstammen nämlich derselben Vorschrift: Das BetrVG in seiner Version von 1952 enthielt sowohl Regelungen über die Mitbestimmung von Arbeitnehmern auf betrieblicher Ebene als auch auf Unternehmensebene. § 81 BetrVG 1952 sah einen Tendenzschutz vor, nach welchem die Mitbestimmung der Arbeitnehmer unter anderem in Betrieben mit „caritativen“ Bestimmungen eingeschränkt wurde.8 In der Neufassung des BetrVG von 1972 wurde ausschließlich die Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene normiert, so dass das BetrVG 1952 nur noch teilweise, nämlich für die Mitbestimmung auf Unternehmensebene, gültig war. Diese verbleibenden Regelungen waren durch zahlreiche gesetzliche Neuerungen vor allem des BetrVG veraltet und unübersichtlich geworden und wurden daher im Jahre 2004 durch das DrittelbG abgelöst.9 Zweck der „im Wesentlichen … redaktionellen“ Neufassung war die Rechtsbereinigung und Vereinfachung sowie die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für ein modernes Wahlverfahren.10 Der Tendenzschutz bei der Mitbestimmung auf Unternehmensebene wurde in § 1 Abs. 2 DrittelbG übernommen, wobei hinsichtlich des Umfangs des Tendenzschutzes keine inhaltliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage erfolgte.11 Dass in § 81 BetrVG 1952 mit identischem Wortlaut der Tendenzschutz für die Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene sowie auf Unternehmensebene geregelt war, spricht dafür, dass die Begriffe gleich auszulegen sind. Grundsätzlich bedarf es besonderer Gründe dafür, einen Begriff an einer Stelle des Gesetzes anders auszulegen als an einer anderen Stelle des Gesetzes.12 Gründe, warum der Tendenzschutz bei der Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene anders aus-

1 Vgl. § 1 Abs. 1 MitbestG; § 1 MontanMitbestG; §§ 1, 3 Abs. 1 MontanMitbestErgG. 2 BAG, Beschl. v. 22.5.2012 – 1 ABR 7/11, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 85 Rn. 17, 24. 3 BAG, Urt. v. 7.11.1975 – 1 AZR 282/74, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 4 (unter 4.); ErfK/Kania, Arbeitsrecht, 14. Aufl. 2014, BetrVG § 118 Rn. 1; Richardi/Thüsing, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Aufl. 2012, § 118 Rn. 16 m.w.N. 4 Rn. 39, 50. 5 BAG, Beschl. v. 14.12.2010 – 1 ABR 93/09, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 84 Rn. 16; Richardi/Thüsing, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Aufl. 2012, § 118 Rn. 4. 6 OLG Dresden, Beschl. v. 15.4.2010 − 2 W 1174/09, NZG 2011, 462, 463; LG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 25.3.2010 –31 O 21/10, AE 2010, 197 (unter II.2.); BayObLG, Beschl. v. 10.8.1995 – 3 Z BR 149/93, AP MitbestG § 4 Nr. 1 [unter II.2.a]). 7 BT-Drucks. 7/2172, S. 14. 8 Vgl. hierzu BT-Drucks. 1/2585, S. 35. 9 BT-Drucks. 15/2542, S. 10; zur Gesetzeshistorie siehe auch Seibt, NZA 2004, 767 f. 10 BT-Drucks. 15/2542, S. 10. 11 BT-Drucks. 15/2542, S. 11. 12 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 321 f.


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zulegen ist als auf Unternehmensebene, sind aber nicht ersichtlich. Der Grundrechtsbezug, der in Rechtsprechung und Literatur als entscheidend für den Tendenzschutz angesehen wird,13 ist in beiden Fällen gegeben. Weiterhin stellte auch der Gesetzgeber bei der Normierung des DrittelbG auf die Vorschrift des § 118 BetrVG ab. Zwar tat er dies nicht ausdrücklich, er merkte jedoch an, die Vorschrift habe nun denselben Wortlaut wie § 1 Abs. 4 MitbestG.14 Dieser beruht aber auf § 118 BetrVG15 und enthält insbesondere das Merkmal „unmittelbar und überwiegend“, welches noch nicht im BetrVG 1952 enthalten war, sondern erst in das BetrVG 1972 eingefügt wurde.16 Der gemeinsame Ursprung der Normen sowie die (mittelbare) Orientierung des Gesetzgebers an der Formulierung des BetrVG (1972) sprechen daher dafür, dass die Tatbestandsmerkmale in § 1 Abs. 2 DrittelbG und § 118 Abs. 1 BetrVG identisch auszulegen sind und die zum Tendenzschutz auf betrieblicher Ebene entwickelten Grundsätze auch im Rahmen des DrittelbG herangezogen werden können. 2. Erfüllung des Tatbestands Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 a) Var. 4 DrittelbG ist erforderlich, dass die Antragsgegnerin unmittelbar und überwiegend einem karitativen Zweck dient. Wie oben gezeigt sind die Tatbestandsmerkmale gleich denen des § 118 BetrVG auszulegen. a) Karitativer Zweck des Unternehmens Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG dient ein Unternehmen einem karitativem Zweck, wenn es sich den sozialen Dienst am körperlich oder seelisch leidenden Menschen zum Ziel gesetzt hat, auf die Heilung, Milderung oder Vorbeugung der inneren oder äußeren Nöte der Hilfsbedürftigen gerichtet ist, die Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt und das Unternehmen nicht ohnehin gesetzlich zu solchen Hilfeleistungen verpflichtet ist.17 Die Antragsgegnerin betreibt einen Blutspendedienst und hat sich damit die Heilung oder Milderung körperlich leidender Menschen zum Ziel gesetzt. Weiterhin handelt es sich um eine gemeinnützige GmbH, die nicht gesetzlich zu Hilfeleistungen verpflichtet ist. Der karitative Zweck liegt also vor. b) Unmittelbares und überwiegendes Dienen Wie das LG Düsseldorf zutreffend feststellt, dient der Blutspendedienst dem karitativen Zweck nicht unmittelbar. Überzeugend führt das Gericht dazu aus, dass diesem Kriterium eine besondere Bedeutung zukommt, da dadurch deutlich wird, dass nicht jede karitative Tätigkeit die Geltung des DrittelbG ausschließen soll; würde jede karitative Tätigkeit die Anwendbarkeit des DrittelbG ausschließen, wäre das Merkmal der Unmittelbarkeit überflüssig.18 Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Unmittelbarkeit gegeben, wenn der Zweck des Unternehmens selbst auf die geistig-ideelle Zielsetzung gerichtet ist.19 Dies sei dann der Fall, wenn die Hilfe von dem Unternehmen direkt an dem körperlich, seelisch oder geistig leidenden Menschen vollzogen wird.20 Für den Fall eines Blutspendedienstes verneinte das BAG die Unmittelbarkeit, weil dieser die Leistung nicht an den notleidenden Personen selbst vornimmt: Er entnimmt, sammelt und bereitet zwar menschliches Blut auf; damit bei Erkrankten oder Verletzten aber eine Heilung erfolgt, ist das Hinzutreten einer ärztlichen Heilbehandlung erforderlich.21

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Dem ist zuzustimmen. Zunächst ist anzumerken, dass die Einfügung des Kriteriums der Unmittelbarkeit erst in der Neufassung des BetrVG 1972 erfolgte22 und später in das MitbestG und DrittelbG übernommen wurde, was dafür spricht, dass die Tendenzeigenschaft nicht ohne weiteres schon bei Vorliegen eines karitativen Zwecks angenommen werden kann. Es handelt sich daher nicht etwa um ein überflüssiges Tatbestandsmerkmal, sondern ist eigenständig zu prüfen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „unmittelbar“ vor allem „nicht durch etwas Drittes, durch einen Dritten vermittelt; direkt“.23 Es geht also in erster Linie um „die Verursachung ohne das Dazwischentreten einer weiteren Ursache“.24 Weil bei diesem Merkmal gerade das Fehlen eines Zwischenschrittes erforderlich ist, kommt es nicht darauf an, ob die geschützte Tendenz im statutarischen Unternehmenszweck festgehalten ist und die Arbeits- und Produktionszwecke des Unternehmens darauf ausgerichtet sind.25 Auf den vorliegenden Fall übertragen heißt das, dass für die Erreichung des karitativen Zwecks kein Zwischenschritt erforderlich sein darf. Der karitative Zweck liegt in der Heilung, Linderung oder Vorbeugung der Not von hilfsbedürftigen Personen. Der Blutspendedienst entnimmt, sammelt und bereitet menschliches Blut auf und gibt dieses an Krankenhäuser und Ärzte zur weiteren Verwendung ab. Weiterhin führt er Laboruntersuchungen durch, betreibt Forschung und unterhält einen serologischen Dienst. Ohne Zweifel kann eine Bluttransfusion dazu dienen, körperliche Leiden zu heilen, zu mindern oder diesen Leiden vorzubeugen. Damit es dazu kommt, muss jedoch ein Arzt dieses Leiden erkennen, eine entsprechende Entscheidung zur Bluttransfusion treffen und diese durchführen. Dabei handelt es sich um einen wesentlichen Zwischenschritt zur Erreichung des karitativen Zwecks. Dieser Zwischenschritt wäre entgegen dem Einwand der Antragsgegnerin bei der „Warmblutspende“, bei der das Blut vom Spender zum Empfänger mittels einer Transfusionsleitung erfolgt, ebenso erforderlich, da diese gleichfalls ein Arzt durchführen müsste.26 Auch die Laboruntersuchungen, die Forschung und der serologische Dienst dienen letztendlich der Heilung, Milderung und Vorbeugung von körperlichen Leiden. Damit diese aber eintreten, müssen die neuen Erkenntnisse im Einzelfall durch Hinzutreten ärztlicher Leistungen umgesetzt werden.

13 Siehe oben, Fn. 3. 14 BT-Drucks. 15/2542, S. 11. 15 Siehe oben, Fn. 7. 16 Siehe BT-Drucks. 6/2729, S. 61 f. 17 BAG, Beschl. v. 15.3.2006 – 7 ABR 24/05, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 79 Rn. 30; umfassend zum Begriff „karitativ“ BAG, Beschl. v. 29.6.1988 – 7 ABR 15/87, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 37 (unter II.2.a)); Richardi/Thüsing, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Aufl. 2012, § 118 Rn. 58 ff. m.w.N. 18 Rn. 41-44. 19 BAG, Beschl. v. 15.3.2006 – 7 ABR 24/05, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 79 Rn. 33; Kritik an dieser Definition bei ErfK/Kania, Arbeitsrecht, 14. Aufl. 2014, BetrVG § 118 Rn. 6. 20 BAG, Beschl. v. 22.5.2012 – 1 ABR 7/11, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 85 Rn. 22. 21 BAG, Beschl. v. 22.5.2012 – 1 ABR 7/11, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 85 Rn. 24. 22 Siehe oben, Fn. 14. 23 Duden, 3. Aufl. 1999, Band 9, S. 4117. 24 Richardi/Thüsing, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Aufl. 2012, § 118 Rn. 32. 25 So aber die Definition von Seibt, NZA 2004, 767, 769. 26 Siehe Rn. 49.


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Es fehlt somit an der Unmittelbarkeit, so dass die Ausnahme des § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 DrittelbG nicht greift und das Gesetz demnach anzuwenden ist.

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Hinzutreten einer ärztlichen Heilbehandlung erforderlich ist, dient ein solcher nicht direkt der hilfsbedürftigen Person und daher nicht unmittelbar einem karitativem Zweck. Somit ist in diesem Fall das DrittelbG anzuwenden.

IV. Zusammenfassung Es bleibt festzuhalten, dass das Tatbestandsmerkmal des unmittelbaren und überwiegenden Dienens eines karitativen Zwecks in § 1 Abs. 2 DrittelbG genauso auszulegen ist wie in § 118 Abs. 1 BetrVG. Dies ergibt sich neben dem identischen Wortlaut der beiden Tatbestände insbesondere aus der ursprünglichen Normierung beider Regelungen in derselben Vorschrift. Die durch Literatur und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind also auch im Rahmen des DrittelbG anzuwenden. Für das Kriterium der Unmittelbarkeit ist erforderlich, dass die Dienstleistung direkt an der hilfebedürftigen Person verübt wird. Da bei einem Blutspendedienst noch das

Flavia Lang, LL.B., wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Privatrecht III, Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Zivilprozessrecht, Bucerius Law School, Hamburg

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Steuerrechtliches Anpassungsgesetz zum AIFMUmsetzungsgesetz, Fortgeltung des bisherigen Rechts BMF, Schr. v. 18.7.2013 – IV C 1 - S 1980-1/12/10011; IV D 3 - S 7160-h/12/10001 In Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des Investmentsteuergesetzes und des Umsatzsteuergesetzes folgendes: Das Investmentsteuergesetz ist bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung des Anwendungsbereichs weiterhin auf Investmentvermögen und Anteile an Investmentvermögen im Sinne des Investmentgesetz es in der am 21. Juli 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Das Gleiche gilt für Investmentvermögen und Anteile an Investmentvermögen, die nach dem 21. Juli 2013 aufgelegt werden, wenn sie die Voraussetzungen des Investmentgesetzes in der am 21. Juli 2013 geltenden Fassung an ein Investmentvermögen erfüllen. § 4 Nummer 8 Buchstabe h des Umsatzsteuergesetzes ist bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung zur Anpassung des Umsatzsteuergesetzes und des Investmentsteuergesetzes an das Kapitalanlagegesetzbuch weiterhin auf die Verwaltung von Investmentvermögen im Sinne des Investmentgesetzes in der am 21. Juli 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Das Gleiche gilt für die Verwaltung von Investmentvermögen, die nach dem 21. Juli 2013 aufgelegt werden, wenn sie die Voraussetzungen des Investmentgesetzes in der am 21. Juli 2013 geltenden Fassung an ein Investmentvermögen erfüllen.

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 UStG; Leistungen eines selbständigen pädagogischen Leiters - Wirkung der Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII BMF, Schr. v. 8.7.2013 – IV D 3 - S 7183/11/10001 Nach § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG sind die Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII umsatzsteuerfrei, wenn sie von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder von einer anderen Einrichtung mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter sind u. a. Einrichtungen, soweit sie für ihre Leistungen eine im SGB VIII geforderte Erlaubnis besitzen (§ 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa UStG). Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt die Betriebserlaubnis, die dem Träger einer Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII erteilt wurde, auch für Unternehmer, die von diesem Träger mit der pädagogischen Leitung dieser Einrichtung beauftragt wurden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unternehmer, der mit der pädagogischen Leitung beauftragt wurde, in der Betriebserlaubnis des Trägers der Jugendhilfeeinrichtung nach § 45 SGB VIII ausdrücklich namentlich aufgeführt ist. Das gilt auch bei einem Wechsel des pädagogischen Leiters, wenn die zuständige Behörde bescheinigt, dass die Einrichtung ihrer Anzeigepflicht nachgekommen ist und der Unternehmer, der mit der pädagogischen Leitung beauftragt wurde, die für die Tätigkeit notwendige Eignung besitzt.


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Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann ein Unternehmer, der mit der pädagogischen Leitung einer Jugendhilfeeinrichtung beauftragt wurde, weiterhin als andere Einrichtung mit sozialem Charakter nach § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG anerkannt werden, sofern seine Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach § 4 Nr.25 Satz 2 Buchst. a UStG vergütet wurden. In der Regel liegen die Voraussetzungen vor, wenn der Träger der Jugendhilfeeinrichtungen, demgegenüber der Unternehmer seine Leistungen erbringt, als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt ist. Dementsprechend wird in Abschnitt 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 Buchstabe a des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 28. Juni 2013 - IV D 1-S 7058/07/10002(2013/0621390), BStBlI, S.xxx, geändert worden ist, folgender neuer Satz 5 angefügt: „Die Ausführungen zur Wirkung der Betriebserlaubnis in den Sätzen 3 und 4 gelten sinngemäß auch für einen Unternehmer, der vom Träger einer Jugendhilfeeinrichtung mit der pädagogischen Leitung dieser Einrichtung beauftragt wurde.“ Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. Juli 2013 erbracht werden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschnitt 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 1 Buchstabe a Satz 5 UStAE umsatzsteuerpflichtig behandelt. Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Einzelfragen zur Abgeltungsteuer – Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abgabenordnung BMF, Schr. v. 5.7.2013 – IV C 4 - S 0179-a/13/10001 Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21. März 2013 (BGBl. I, Seite 556) wird die so genannte „vorläufige Bescheinigung“ durch das Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abgabenordnung (AO) abgelöst. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes: Die Randziffern 295 und 296 des BMF-Schreibens vom 9. Oktober 2012 ( a.a.O) gelten auch entsprechend, wenn eine amtlich beglaubigte Kopie des Feststellungsbescheides nach § 60a AO des Finanzamts überlassen wird, dessen Erteilung nicht länger als drei Kalenderjahre zurückliegt. Endet diese Drei-Jahresfrist unterjährig, kann eine Abstandnahme vom Steuerabzug nur für das Kalenderjahr erfolgen, in dem die zuvor genannten Voraussetzungen ganzjährig erfüllt waren. Wird ein Feststellungbescheid nach § 60a AO unterjährig erteilt, kann er mit Wirkung ab dem 1. Januar des betreffenden Kalenderjahres angewendet werden. Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

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Umsatzsteuerrechtliche und einkommensteuerrechtliche Behandlung der im Rahmen der Initiative „Deutschland rundet auf” gespendeten Beträge BMF, Schr. v. 3.5.2013 – IV D 2 - S 7200/07/10017: 003 IV C 6 - S 2130/13/10001 Sehr geehrter Herr Mosdorf, ich komme zurück auf mein Schreiben vom 27. November 2012 und kann Ihnen nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes mitteilen: Die Umstellung des Geschäftsmodells der „Deutschland rundet auf”-Stiftungs-GmbH (Vereinnahmung und Weiterleitung der gespendeten Beträge im eigenen Namen für eigene Rechnung) führt dazu, dass es sich bei dem Vorhaben nicht mehr um ein erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft nach § 1 Absatz 2 Nummer 6 ZAG handelt. Die Umsatzsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sehen im o. g. Fall in den im Rahmen der Initiative „Deutschland rundet auf” von den Verbrauchern an die Einzelhändler zugewendeten Beträgen, die von den Einzelhändlern an die Initiative weitergeleitet werden, umsatzsteuerrechtlich nicht relevante Geldzuwendungen. Die Zuwendungen sind kein Entgelt für eine vom Einzelhändler an den Verbraucher erbrachte Leistung. Ertragsteuerlich sind die Aufrundungsbeträge als Betriebseinnahmen zu erfassen, wenn ein am Projekt „Deutschland rundet auf” beteiligter Einzelhändler Aufrundungsbeträge im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Absatz 1 EStG vereinnahmt. In gleicher Höhe hat der Einzelhändler eine Verbindlichkeit gegenüber der gemeinnützigen Stiftungs-GmbH zu passivieren, so dass sich hier keine Auswirkungen auf den Gewinn ergeben. Sofern der Einzelhändler seinen Gewinn durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 Absatz 3 EStG ermittelt, sind die Rundungsbeträge im Zeitpunkt der Vereinnahmung als Betriebseinnahmen und im Zeitpunkt der Abführung als Betriebsausgaben zu erfassen. Im Ergebnis ergibt sich somit ebenfalls keine Auswirkung auf den Gewinn. Ich hoffe, Ihnen mit meiner Stellungnahme behilflich gewesen zu sein und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg für Ihre Initiative. Ich beabsichtige, den obersten Finanzbehörden der Länder jeweils einen Abdruck dieses Schreibens zur Verfügung zu stellen, damit diese ihren jeweils nachgeordneten Bereich unterrichten können.

Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung von Hochwasserschäden Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Erl. v. 3. 6. 2013 – 37 - S 1915 - 009 - 19850/13 Das durch Dauerregen bedingte Hochwasser hat in weiten Teilen Bayerns in der 22. und 23. Kalenderwoche beträchtliche Schäden verursacht; die Scheitelpunkte des Hochwassers ste-


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hen noch bevor. Die Beseitigung der damit verbundenen Schäden wird bei vielen Steuerpflichtigen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Es erscheint daher angebracht, den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegenzukommen und auf die steuerlichen Hilfsmaßnahmen durch Presseveröffentlichungen, Aushang im FA oder in anderer geeigneter Weise hinzuweisen. 1. Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen sowie Anpassung der Vorauszahlungen 1.1 Die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 30. 9. 2013 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern des Bundes und des Landes sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in der Regel verzichtet werden. § AO § 222 Sätze 3 und 4 AO bleiben unberührt. 1.2 Anträge auf Stundung der nach dem 30. 9. 2013 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen sind besonders zu begründen. 1.3 Wird dem FA aufgrund Mitteilung des Vollstreckungsschuldners oder auf andere Weise bekannt, dass der Vollstreckungsschuldner unmittelbar und nicht unerheblich betroffen ist, soll bis zum 30. 9. 2013 von Vollstreckungsmaßnahmen bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern i. S. der Tz. 1.1 abgesehen werden. In den betreffenden Fällen sind die im Zeitraum vom 27. 5. 2013 bis zum 30. 9. 2013 verwirkten Säumniszuschläge für diese Steuern zum 30. 9. 2013 zu erlassen. 1.4 Für die mittelbar Betroffenen gelten die allgemeinen Grundsätze.

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juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische öffentliche Dienststelle oder eine nach § KSTG § 5 Abs. KSTG § 5 Absatz 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden, genügt als Nachweis die auf den jeweiligen Spender ausgestellte Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers, wenn das Konto des Dritten als Treuhandkonto geführt wurde, die Spenden von dort an den Zuwendungsempfänger weitergeleitet wurden und diesem eine Liste mit den einzelnen Spendern und ihrem jeweiligen Anteil an der Spendensumme übergeben wurde. 3. Verlust von Buchführungsunterlagen Sind unmittelbar durch das Hochwasser Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, so sind hieraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen zu ziehen. 4. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Lohnsteuer 4.1 Gemeinsame Regelungen für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit 4.1.1 Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden: Soweit es sich bei den Aufwendungen zum Wiederaufbau ganz oder zum Teil zerstörter Gebäude (Ersatzherstellung) nicht um Erhaltungsaufwand handelt (vgl. Tz. 4.1.7), können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) von den Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 % vorgenommen werden. Die Abschreibung nach § ESTG § 7 Abs. ESTG § 7 Absatz 4 EStG ist dabei nach der vor dem Schadensereignis maßgeblichen Bemessungsgrundlage, gemindert um eine etwa aus Anlass des Schadens vorgenommene Teilwertabschreibung oder Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung und erhöht um die Wiederherstellungskosten, zu berechnen. Nach Ablauf des Begünstigungszeitraums ist die Abschreibung vom Restwert zu bemessen (vgl. § ESTG § 7a Abs. ESTG § 7A Absatz 9 EStG, R ESTR § 7a Abs. ESTR § 7A Absatz 9 EStR).

2. Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen Für den Nachweis der Zuwendungen, die bis zum 30. 9. 2013 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen eingezahlt oder bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger geleistet werden, genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z. B. Kontoauszug oder Lastschrifteinzugsbeleg) eines Kreditinstitutes. Wird die Zuwendung über ein als Treuhandkonto geführtes Konto eines Dritten auf eines der genannten Sonderkonten geleistet, genügt als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden zusammen mit einer Kopie des Barzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Dritten. Bei Zuwendungen zur Hilfe in Katastrophenfällen, die bis zum 30. 9. 2013 über ein Konto eines Dritten an eine inländische

4.1.2 Sonderabschreibungen bei Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter: Bei beweglichen Anlagegütern, die als Ersatz für vernichtete oder verloren gegangene bewegliche Anlagegüter angeschafft oder hergestellt worden sind, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen werden. Nach Ablauf des Begünstigungszeitraumes ist die Abschreibung nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer zu bemessen (§ ESTG § 7a Abs. ESTG § 7A Absatz 9 EStG, R ESTR § 7a Abs. ESTR § 7A Absatz 10 EStR). 4.1.3 Im Übrigen sind für die Sonderabschreibungen nach Tz. 4.1.1 und Tz. 4.1.2 die gemeinsamen Vorschriften für Sonderabschreibungen nach § ESTG § 7a Abs. ESTG § 7A Absatz 1, ESTG § 7A Absatz 2 und Abs. ESTG § 7A Absatz 4 bis ESTG § 8 EStG anzuwenden. Die Sonderabschreibungen nach Tz. 4.1.1 und 4.1.2 können nur in Anspruch genommen werden, wenn mit der Ersatzher-


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stellung oder Ersatzbeschaffung bis zum Ablauf des dritten dem Wirtschaftsjahr des schädigenden Ereignisses folgenden Wirtschaftsjahres begonnen wurde. 4.1.4 Bildung von Rücklagen: Für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter kann auf Antrag in besonders begründeten Ausnahmefällen in Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr der Ersatzherstellung (Tz. 4.1.1) bzw. Ersatzbeschaffung (Tz. 4.1.2) die Bildung einer Rücklage zugelassen werden. Solche Ausnahmefälle können vorliegen bei außergewöhnlich hohen Teilherstellungskosten oder Anzahlungen oder wenn die Zulassung von Sonderabschreibungen nicht ausreicht, um die Finanzierung der Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden zu sichern. Die Rücklage darf zusammen 30 % (Tz. 4.1.1) bzw. 50 % (Tz. 4.1.2) der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzwirtschaftsgüter nicht übersteigen. Die Rücklage ist gewinnerhöhend aufzulösen, sobald und soweit für die Wirtschaftsgüter, deren Finanzierung die Rücklage erleichtern soll, Sonderabschreibungen vorgenommen werden können, bei beweglichen Wirtschaftsgütern spätestens am Schluss des ersten Wirtschaftsjahres, das nach der in Tz. 4.1.3 genannten Frist endet und bei Baumaßnahmen spätestens am Schluss des vierten auf den Beginn der Baumaßnahme (Tz. 4.1.3 Abs. 2) folgenden Wirtschaftsjahres. Die Grundsätze von R 6.5 Abs. 4 und 6.6 Abs. 7 EStR sind anzuwenden. 4.1.5 Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf insgesamt höchstens 0,6 Mio. € betragen; sie darf in keinem Jahr 200 000 € übersteigen. Höhere Sonderabschreibungen und Rücklagen können mit Zustimmung des BMF im Einzelfall zugelassen werden, wenn sie bei erheblichen Schäden zur Milderung der eingetretenen Notlage erforderlich erscheinen. Satz 1 gilt nicht für Rücklagen, die nach R 6.5 Abs. 4 bzw. R ESTR § 6.6 EStR gebildet werden. 4.1.6 Werden für die in den Tz. 4.1.1 bis 4.1.3 genannten Schäden Entschädigungen, insbesondere auf Grund einer Versicherung, gewährt und werden stille Reserven nach R ESTR § 6.6 EStR übertragen, so sind die nach diesem Erlass zulässigen Sonderabschreibungen und Rücklagen für die Ersatzwirtschaftsgüter nach ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Entschädigungen, zu bemessen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn Zuschüsse gemäß R ESTR § 6.5 Abs. ESTR § 6_5 Absatz 2 EStR erfolgsneutral behandelt werden. 4.1.7 Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter: Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter können ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt werden, wenn mit der Wiederherstellung innerhalb von drei Jahren nach dem schädigenden Ereignis begonnen wurde und die bisherigen Buchwerte fortgeführt werden. Das gilt bei Gebäuden nur, wenn die Aufwendungen 45 000 € nicht übersteigen; dabei ist von den gesamten Aufwendungen auszugehen, auch wenn diese teilweise durch Entschädigung gedeckt sind. Höhere Aufwendungen können bei Gebäuden nach Prüfung des Einzelfalls ebenso als Erhaltungsaufwendungen anerkannt werden.

Der Abzug als Erhaltungsaufwand kommt nur insoweit in Betracht, als die Aufwendungen des Steuerpflichtigen die Entschädigungen übersteigen und der Steuerpflichtige wegen des Schadens keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen vornimmt. 4.1.8 Beseitigung von Hochwasserschäden am Grund und Boden: Die Aufwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das Gleiche gilt für Aufwendungen zur Wiederherstellung von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird. 4.1.9 Besondere Maßnahmen bei Gewinnermittlung nach § ESTG § 4 Abs. ESTG § 4 Absatz 3 EStG: Erhaltungsaufwand i. S. der Tzn. 4.1.7, 4.1.8 und 4.2.2 größeren Umfangs kann auf Antrag gleichmäßig auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden. 4.2 Sonderregelungen für die Land- und Forstwirtschaft 4.2.1 Landwirte, deren Gewinn gemäß § ESTG § 13a EStG nach Durchschnittssätzen ermittelt wird: Bei Landwirten, deren Gewinn gemäß § ESTG § 13a EStG ermittelt wird, kann die aus dem Ansatz des Grundbetrages und den Zuschlägen für Sondernutzungen resultierende Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen werden, soweit durch die Hochwasserschäden Ertragsausfälle eingetreten sind. 4.2.2 Wiederanpflanzung zerstörter Obstbaumbestände und sonstiger Kulturen: Die Aufwendungen für die Herrichtung und Wiederanpflanzungen zerstörter Anlagen können ohne nähere Prüfung als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird. 4.3 Einkünfte aus VuV 4.3.1 Beim Wiederaufbau von ganz oder teilweise zerstörten Gebäuden gilt die für Betriebsgrundstücke nach Tzn. 4.1.1, 4.1.3 und 4.1.5 getroffene Regelung entsprechend. Die Regelung in Tz. 4.1.5 bezieht sich auf alle einem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Objekte. 4.3.2 Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an Gebäuden und am Grund und Boden können ohne nähere Nachprüfung als Erhaltungsaufwand behandelt werden, wenn sie den Betrag von 45 000 € nicht übersteigen; dabei ist von den gesamten Aufwendungen auszugehen, auch wenn diese teilweise durch Entschädigungen gedeckt sind, Der Abzug als Erhaltungsaufwand kommt nur insoweit in Betracht, als die Aufwendungen des Steuerpflichtigen die Entschädigungen übersteigen und der Steuerpflichtige wegen des Schadens keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung vornimmt. Aufwendungen größeren Umfangs können gleichmäßig auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden. Zur Berücksichtigung von Schäden an der eigengenutzten Wohnung im eigenen Haus vgl. Tz. 4.5. 4.3.3 Die vorstehenden Regelungen gelten nur für die Wiederherstellung von Gebäuden und die Beseitigung von Schäden am Grund und Boden, wenn mit der Maßnahme bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres nach dem schädigenden Ereignis begonnen wurde.


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4.4 Lohnsteuer 4.4.1 Unterstützung an Arbeitnehmer: Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R LSTR § 3.11 LStR steuerfrei sein. R LSTR § 3.11 Abs. LSTR § 3_11 Absatz 2 LStR ist auf Unterstützungen, die hochwassergeschädigte Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber erhalten, mit folgender Maßgabe anzuwenden: – die in R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR genannten Voraussetzungen brauchen nicht vorzuliegen, – die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 € je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 € übersteigende Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei vom Hochwasser betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden. Auf Unterstützungen, die in Form von sonst steuerpflichtigen Zinsvorteilen oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden, ist die vorstehende Regelung ebenfalls anzuwenden. Zinszuschüsse und Zins- vorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden aus dem Hochwasser aufgenommen worden sind, sind deshalb ebenfalls nach R LSTR § 3.11 Abs. LSTR § 3_11 Absatz 2 LStR steuerfrei, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung hierfür ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zu einem Betrag i. H. des Schadens steuerfrei. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ LSTDV § 4 Abs. LSTDV § 4 Absatz 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV); dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Hochwasser zu Schaden gekommen ist. 4.4.2 Arbeitslohnspende: Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens – a) zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an vom Hochwasser betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (Nr. 1) oder – b) zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung i. S. des § ESTG § 10b Abs. ESTG § 10B Absatz 1 EStG, bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen (4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LStDV). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erteilt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung (§ ESTG § 41b Abs. ESTG § 41B Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) anzugeben.

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Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden. Für Zwecke des Kindergeldes handelt es sich bei dem außer Ansatz bleibenden Arbeitslohn eines Kindes weder um einen Verzicht auf Arbeitslohn i. S. des § ESTG § 32 Abs. ESTG § 32 Absatz 4 Satz 9 EStG noch um einen Bezug. 4.5 Aufwendungen für existenziell notwendige Gegenstände (Wohnung, Hausrat, Kleidung) als außergewöhnliche Belastungen Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Beseitigung von Schäden an der eigengenutzten Wohnung im eigenen Haus können im Rahmen von R ESTR § 33.2 EStR als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. 4.6 Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte Die nach Tz. 4.5 als außergewöhnliche Belastungen abziehbaren Aufwendungen können gemäß § ESTG § 39a Abs. ESTG § 39A Absatz 1 Nr. 3 i. V. mit § ESTG § 39a Abs. ESTG § 39A Absatz 2 Satz 4 EStG als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden. 5. Grundsteuer Die Voraussetzungen für einen Erlass der Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung sind in § GRSTG § 33 Grundsteuergesetz (GrStG) geregelt. Entsprechende Erlassanträge sind innerhalb der Antragsfrist des § GRSTG § 34 Abs. GRSTG § 34 Absatz 2 GrStG an die Gemeinden oder das zuständige FA (Abschn. GRSTR § 2 GrStR) zu richten. 6. Gewerbesteuer Erlassanträge sind an die Gemeinden (§ GEWSTG § 1 GewStG und Abschn. GEWSTR § 3 GewStR) zu richten. Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem BMF. Die bei den Finanzämtern vorstellig werdenden Steuerpflichtigen sind auf diese Maßnahmen hinzuweisen. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen wird – ggf. zeitlich überschneidend – darüber eine entsprechende Pressemitteilung herausgeben.

Verfügung betr. Umsatzsteuer; Änderungen des Umsatzsteuergesetzes durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz LFD Thüringen, Verf. v. 17.7.2013 – S 7030 A-12-A 4.14 Durch das am 29. 6. 2013 im Bundesgesetzblatt 2013, Teil I Nr. 32, S. 1809 bekannt gegebene Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) haben sich u. a. Änderungen im UStG ergeben. Den das Umsatzsteuergesetz betreffenden Gesetzestext (Art. 10 AmtshilfeRLUmsG) sowie die Bestimmungen zum Inkrafttreten des Gesetzes (Art. 31 AmtshilfeRLUmsG) habe ich in Anlage 1 beigefügt. Durch die Neuregelungen bedarf es Anpassungen im UStAE. Hierzu werden derzeit begleitende BMF-Schreiben auf Bund-


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Länder-Ebene abgestimmt. Nach derzeitigem Stand betrifft dies folgende Punkte: – Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer (§ 3 a Abs. 3 Nr. 2 UStG) – Steuerbefreiung für Umsätze für die Luftfahrt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 UStG) – Ausstellung von Rechnungen (§§ 14 und 14 a UStG) – Änderungen in § 15 UStG Darüber hinaus bitte ich Folgendes zu beachten: Steuerbefreiung für sog. Berufsbetreuer Durch Einfügen von § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG wurde die Steuerbefreiung für sog. Berufsbetreuer ab 1. 7. 2013 nunmehr gesetzlich geregelt. Für die Zeiträume vor dem 1. 7. 2013 haben der EuGH in seinem Urteil vom 15. 11. 2012 C–174/11 (BFH/NV 2013 S. 173) und auch der BFH im Gerichtsbescheid vom 25. 4. 2013 V R 7/11 (Anlage 2[4] ) entschieden, dass sich die Berufsbetreuer auf das günstigere EU-Recht berufen können. Die Veröffentlichung der o. g. Urteile im BStBl. Teil II und deren Umsetzung wurde jedoch bisher nicht durch Bund und Länder erörtert. Anhängige Einspruchsverfahren sind aus den o. g. Gründen weiterhin nicht zu erledigen (vgl. Kurzinfo 68/2012). Nur wenn mit einem Unternehmer kein Einvernehmen über die Aussetzung der Einspruchserledigung erzielt werden kann und der Unternehmer ausdrücklich auf eine Entscheidung besteht, ist über den Einspruch zu entscheiden und die Steuerbefreiung nach EU-Recht zu versagen. Berufsbetreuer, die aufgrund der Steuerbefreiung der Umsätze der Auffassung sind, ab dem Zeitraum Juli 2013/3. Quartal 2013 keine USt-Voranmeldungen mehr abgeben zu müssen, sind auf die weiterhin bestehende Abgabeverpflichtung hinzuweisen. Erweiterung der Steuerschuldnerschaft für Empfänger von Gas- und Stromlieferungen Die bisher für Lieferung von Gas- und Strom durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer geltende Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wurde durch § 13 b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b, Abs. 5 S. 4 UStG auf Gas- und Stromlieferungen durch inländische Wiederverkäufer erweitert. Ausdrücklich ausgenommen von der o. g. Regelung ist die Lieferung von Strom, der mit einer Photovoltaikanlage erzeugt und in das Stromnetz eingespeist wird. Die Betreiber der Photovoltaikanlagen treten dabei nicht als Wiederverkäufer auf.

Verfügung betr. vereinfachter Zuwendungsnachweis nach § 50 Abs. 2 EStDV; Abwicklung von Spenden über PayPal LFD Thüringen, Verf. v. 30.5.2013 – S 2223 A-111-A 3.15 Unter den in § 50 Abs. 2 EStDV genannten Voraussetzungen

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genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts als vereinfachter Zuwendungsnachweis (vgl. hierzu LFD Thüringen vom 22. Oktober 2010 – S 2223 A – 56 – A 2.15). Jedoch erhalten gemeinnützige Organisationen Geldzuwendungen auch durch Zahlungen über das Online-Bezahlsystem PayPal, da sich auf den Internetseiten vieler dieser Organisationen ein Button befindet, der die Spende über PayPal ermöglicht. Der Spender erhält dann von PayPal eine Art „Kontoauszug“, aus dem die Summe und der Spendenempfänger hervorgehen. Als Buchungsbestätigung i. S. d. § 50 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStDV genügt hierbei ein Kontoauszug des PayPal-Kontos und ein Ausdruck über die Transaktionsdetails der Spende, wenn auf dem Kontoauszug der Kontoinhaber und dessen E-Mailadresse ersichtlich ist. Die E-Mailadresse ist dabei das (alternativ zur Kontonummer) geforderte „sonstige Identifikationsmerkmal“, weil sie der Zuordnung des Buchungsvorgangs zu einer Person dient. Der vom Empfänger herzustellende Beleg i. S. d. § 50 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. b oder c EStDV muss allerdings weiterhin vorliegen. Dieser kann dem Spender auch als Download zur Verfügung gestellt werden. Die Verfügung LFD Thüringen vom 24. September 2012 S 2223 A – 111 – A 3.15 [1] hebe ich hiermit auf.

Verfügung betr. Zahlungen Pflegebedürftiger an selbst gewählte Pflegepersonen bei Erstattung durch Krankenkasse/Pflegekasse bzw. Sozialleistungsträger; Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 36 EStG OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 12.7.2013 – S 2342 A-75-St 213 Nach § 3 Nr. 36 EStG sind Einnahmen für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 Sozialgesetzbuch (SGB) XI steuerfrei, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden. Weitergeleitete Erstattungen der Sozialversicherungsträger sind jedoch nur steuerfrei, soweit diese das Pflegegeld der Stufe III nach § 37 SGB XI nicht übersteigen. Nicht erfasst von der Steuerbefreiung sind vom Pflegebedürftigen selbst zusätzlich gewährte Vergütungen. Dies gilt auch, wenn die „Gesamtvergütung“ unterhalb der Höhe des Pflegegelds nach § 37 SGB XI bleibt. Wegen des persönlichen Anwendungsbereichs von § 3 Nr. 36 EStG ist die Steuerfreiheit für Pflegepersonen, die keine Angehörige sind, nur zu gewähren, wenn sie eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen. Eine solche sittliche Pflicht kann regelmäßig angenommen werden, wenn die Pflegeperson nur für einen Pflegebedürftigen tätig wird. Außer auf Leistungen an Pflegebedürftige im Sinne des SGB XI ist § 3 Nr. 36 EStG auch auf vergleichbare Fälle von weitergeleiteten Erstattungen für die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung von Hilfsbedürftigen anzuwenden. Solche vergleichbaren Fälle liegen vor bei: – Erstattungen von Krankenversicherungen nach § 37 SGB V für häusliche Pflege durch Privatpersonen, für selbst beschaffte Haushaltshilfen nach § 38 Abs. 4 SGB V und so genannte Verhinderungspflege nach § 39 SGB V sowie für entsprechende Leistungen nach dem Bundes-


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versorgungsgesetz (BVG) und Gesetzen, die das BVG für entsprechend anwendbar erklären, – Leistungen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, – Leistungen aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge, – Leistungen der Beihilfe nach den Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder und Leistungen der freien Heilfürsorge (oder unentgeltliche truppenärztliche Versorgung), wenn der Betreffende trotz Pflegebedürftigkeit (vorübergehend) noch im aktiven Dienst ist (bzw. im Einzelfall sein sollte), – Leistungen im Sozialhilferecht (SGB XII), – entsprechende Leistungen aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Hinsichtlich der Verhinderungspflege ist Folgendes zu beachten: Das Sozialrecht unterscheidet zwischen der eigentlichen Pflegeperson, für die sich die Anspruchsgrundlage auf Pflegegeld aus § 37 SGB XI ergibt, und der Person, die im Falle der Verhinderung der eigentlichen Pflegeperson die Pflege vertretungsweise übernimmt. Für diese sogen. Verhinderungspflege ergibt sich die Anspruchsgrundlage aus § 39 SGB XI. Steuerlich wird jedoch nicht zwischen der eigentlichen Pflege und der Verhinderungspflege unterschieden. § 3 Nr. 36 EStG enthält eigenständige Tatbestandsmerkmale für die Gewährung der Steuerfreiheit, die von den Regelungen des SGB XI unabhängig sind. Soweit bei der Verhinderungspflege die Voraussetzungen des § 3 Nr. 36 EStG erfüllt sind, kommt hierfür die Steuerbefreiung dem Grunde nach in Betracht, lediglich von der Höhe her erfolgt auch bei der Verhinderungspflege die Begrenzung auf die Beträge des § 37 SGB XI. Soweit bei der Verhinderungspflege die Tatbestandsmerkmale des § 3 Nr. 36 EStG nicht erfüllt sind oder höhere Beträge gezahlt werden als die in § 37 SGB XI genannten, besteht Steuerpflicht.

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ärztliche Leistungen bei Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 7.2.2013 – S 7170 A - 69 - St 112 1. Tätigkeit eines ästhetisch-plastischen Chirurgen und bei Schönheitsoperationen Die Frage, ob die Tätigkeit eines ästhetisch-plastischen Chirurgen bei sog. Schönheitsoperationen als ärztliche Heilbehandlung anzusehen ist und damit zur Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG führt, war Gegenstand einer Erörterung zwischen dem Bund und den obersten Finanzbehörden der Länder. Dabei wurde Folgendes beschlossen: 1.1 Allgemeines Eine generelle Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ästhetisch-plastische Leistungen eines Chirurgen (Schönheitsoperationen) kommt nicht in Betracht.

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Es hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, ob diese Leistung der medizinischen Betreuung eines Menschen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dient und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (z. B. bei Eingriff wegen psychischer Belastung, nicht jedoch bei rein kosmetischen Eingriffen). 1.2 Vergleichbare Leistungen anderer Einrichtungen Wenn Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerpflichtig sind, ist eine Umsatzsteuerpflicht vergleichbarer Leistungen auch bei Krankenhäusern, Diagnosekliniken usw. anzunehmen, da nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG n. F. (früher: § 4 Nr. 16 UStG) ebenfalls nur Heilbehandlungen begünstigt werden sollen. 1.3 Beispiele für steuerpflichtige Umsätze Steuerpflichtig sind z. B. folgende Leistungen, sofern sie kosmetischer Natur sind und kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (vgl. Tz. 1.1): Fettabsaugung, Faltenbehandlung, Brustvergrößerung, Brustverkleinerung, Lifting, Nasenkorrekturen, Hautverjüngung (Lasertherapie), Lippenaufspritzung, Botox-Behandlung (Verminderung von Falten durch Einspritzen eines stark verdünnten Nervengiftes Botulinum-Toxin), Permanent Make-up, Anti-Aging Behandlung, Bleaching (Bleichen der Zähne) und Dentalkosmetik. 1.4 Bestätigung der genannten Grundsätze durch die Rechtsprechung Der BFH hat die vorgenannten Grundsätze in dem Revisionsverfahren V R 27/03 mit Urteil vom 15.07.2004 , BStBl 2004 II S. 862 (Vorinstanz: FG Berlin, Urteil vom 12.11.2002 – 7 K 7264/02 ; EFG 2003, 418) bestätigt. Die gegen dieses Urteil am 04.10.2004 eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 04.07.2006 – 1 BvR 2241/04 nicht zur Entscheidung angenommen. 1.5 Nachweis der medizinischen Indikation durch den Unternehmer Der Unternehmer trägt die objektive Beweislast dafür, dass das Hauptziel der Leistung der Schutz oder die Wiederherstellung der Gesundheit ist (vgl. BFH-Beschluss vom 18.02.2008 – V B 35/06 , BFH/NV 2008, 1001–1003). Indiz hierfür kann die regelmäßige Übernahme der Kosten durch Krankenversicherungen sein. Es führt jedoch nicht zwingend zur Steuerpflicht, wenn die Krankenversicherung nicht zur Kostenübernahme verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.2008 – XI R 53/06 , BStBl 2008 II S. 647). Mit Urteil vom 12.01.2012 – 6 K 1917/07 hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass ästhetischplastische Operationen nur dann steuerbefreit sind, wenn die medizinische Indikation im jeweiligen Einzelfall – ggf. durch Einzelgutachten mit Einverständnis des Patienten – nachgewiesen wird.


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Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. V R 16/12 anhängig. 2. Ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen und der Empfängnisverhütung Die umsatzsteuerliche Behandlung ärztlicher Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen und der Empfängnisverhütung war Thema einer Besprechung der Umsatzsteuerreferatsleiter. Danach sind sowohl die Leistungen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen als auch alle ärztlichen Leistungen zur Empfängnisverhütung unabhängig von der jeweiligen Verhütungsmethode unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Einrichtungen i. S. d. § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zählen zu den in § 4 Nr. 14 Buchstabe b Doppelbuchst. bb UStG genannten Zentren. Zwar erfolgt bei diesen Einrichtungen die für die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift notwendige Teilnahme an der vertragsärzlichen Versorgung nicht durch ein Zulassungs- oder Ermächtigungsverfahren (wie in § 95 SGB V gefordert), sondern durch eine vertragliche Regelung (Vergütungsvereinbarung) nach § 75 Abs. 9 SGB V; eine solche Vereinbarung stellt als Sonderfall der vertragsärztlichen Versorgung jedoch gleichwohl die erforderliche Teilnahme an dieser her. Die bisherige Rdvfg. vom 11.03.2010 – S 7170 A – 69 – St 112 ist überholt.

Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen bei steuerbegünstigten Körperschaften OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 13.12.2012 – S 0177 A - 1 - St 53 I. Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung: Das Gebot der Selbstlosigkeit beinhaltet, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (Körperschaft) ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden muss ( § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO ). Eine zeitnahe Verwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in dem auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden. Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsgemäßen Zwecken dienen. II. Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen: 1. Allgemeines: Als Ausnahmeregelung zum Gebot der zeitnahen Mittelverwendung lässt § 58 Nrn. 6, 7, 11 und 12 AO zu, dass eine Körperschaft unter bestimmten Voraussetzungen ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage bzw. ihrem Vermögen zuführt. Hierfür ist keine Ermächtigung durch die Satzung der Körperschaft erforderlich. Auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung können die folgenden Ausnahmetatbestände verwirklicht werden (vgl. AEAO , Tz. 23 zu § 58 Nr. 2 bis 12).

2. Rücklagenbildung: Ob die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage gegeben sind, hat die steuerbegünstigte Körperschaft dem zuständigen Finanzamt im Einzelnen darzulegen. Sie muss die Rücklagen nach § 58 Nrn. 6 und 7 AO in ihrer Rechnungslegung – ggf. in einer Nebenrechnung zu dieser – getrennt nach dem jeweiligen Rechtsgrund ausweisen, damit eine Kontrolle jederzeit und ohne besonderen Aufwand möglich ist (vgl. AEAO , Tz. 18 zu § 58 Nr. 6 und 7). Bilanzierende Körperschaften sollten daher die Rücklagen in ihrer Bilanz offen (getrennt vom übrigen Kapital) ausweisen. Es ist allerdings ausreichend, wenn sich die Rücklagen aus einer Nebenrechnung zum Jahresabschluss ergeben. Nicht bilanzierende Körperschaften haben die Rücklagen neben ihren Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben ( § 63 Abs. 3 AO ) in einer gesonderten Nebenrechnung auszuweisen. Hat die Körperschaft, ohne dass die Voraussetzungen des § 58 Nr. 6 und 7 AO vorliegen, Mittel angesammelt, so entspricht die tatsächliche Geschäftsführung nicht dem Erfordernis des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO . Das Finanzamt kann der Körperschaft gemäß § 63 Abs. 4 AO eine Frist für die Verwendung der Mittel setzen. Die Frist ist nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessen, sollte jedoch regelmäßig 2 bis 3 Jahre nicht übersteigen. 2.1. Rücklagen i. S. d. § 58 Nr. 6 AO : Nach § 58 Nr. 6 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführt, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig erfüllen zu können (zweckgebundene Rücklage). Die Mittel müssen für bestimmte Zweckverwirklichungsmaßnahmen angesammelt werden. Für die Durchführung müssen konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Kann für ein bestimmtes Vorhaben noch kein genauer Zeitpunkt für die Durchführung festgelegt werden, ist eine Rücklagenbildung nur zulässig, wenn die Durchführung glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich ist (vgl. AEAO , Tz. 10 zu § 58 Nr. 6). Grundsätzlich sollte ein Zeitraum von 6 Jahren nicht überschritten werden. Das Merkmal „erforderlich” ist – hinsichtlich Grund, Höhe und zeitlichem Umfang – nach objektiven Kriterien des konkreten Falles zu überprüfen (vgl. BFH-Urteil vom 13.09.1989 I R 19/85 , BStBl 1990 II S. 28). Nicht ausreichend ist das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit der Körperschaft zu erhalten. Desgleichen ist die erstmalige Bildung einer ertragbringenden Vermögenssubstanz aus den Mitteln der Körperschaft zur nachhaltigen Zweckerfüllung nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 13.09.1989, a. a. O.). Die Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO für die zeitnahe Verwendung von Mitteln kann nicht mit der Begründung verlängert werden, die Überlegungen zur Verwendung der Mittel seien noch nicht abgeschlossen. Dementsprechend kommt mit einer solchen Begründung auch die Bildung einer Rücklage nach § 58 Nr. 6 AO nicht in Betracht. Zu den nach § 58 Nr. 6 AO zulässigen Rücklagen gehört auch die sog. Betriebsmittelrücklage für periodisch wiederkehrende Ausgaben in Höhe des Mittelbedarfs für eine angemessene Zeitspanne. Die Berechnung der Höhe der Rücklage ist davon


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abhängig, in welchem Umfang die Körperschaft regelmäßige Einnahmen erzielt. Insoweit bestimmt sich die Zeitspanne (höchstens bis zu einem Geschäftsjahr) nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles. Ebenfalls unschädlich ist die vorsorgliche Bildung einer Rücklage zur Bezahlung von Steuern außerhalb eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, solange Unklarheit darüber besteht, ob die Körperschaft insoweit in Anspruch genommen wird. Unter den o. g. Voraussetzungen ist auch eine Wiederbeschaffungsrücklage für Grundstücke, Fahrzeuge und andere Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffung die laufenden Einnahmen nicht ausreichen, zulässig. Daraus folgt aber nicht, dass Mittel in Höhe der Abschreibungen generell einer Rücklage nach § 58 Nr. 6 zugeführt werden dürfen. Vielmehr ist es erforderlich, dass tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Eine Einstellung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen in die Rücklage wäre z. B. dann nicht gerechtfertigt, wenn ein Fuhrpark verkleinert oder ein Gebäude während unabsehbar langer Zeit nicht durch einen Neubau ersetzt werden soll. Die Zuführung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen dürfte z. B. dann nicht ausreichen, wenn das vorhandene Wirtschaftsgut entweder frühzeitig oder durch ein besseres, größeres und teureres Wirtschaftsgut ersetzt werden soll. Die Zuführung dürfte z. B. dann überhöht sein, wenn die steuerlich zulässigen (Sonder-)Abschreibungen nicht mit dem tatsächlichen Wertverlust übereinstimmen. Soweit die Voraussetzungen des § 58 Nr. 6 AO erfüllt sind, stehen sämtliche Mittel der Körperschaft für die Rücklagenbildung zur Verfügung. Auf die Herkunft der Mittel kommt es nicht an. Soweit die Körperschaft mehrere Vorhaben gleichzeitig beabsichtigt, sind nebeneinander mehrere Rücklagen nach § 58 Nr. 6 AO zulässig. Desgleichen gilt, wenn neben einer Rücklage nach § 58 Nr. 6 AO eine Rücklage nach § 58 Nr. 7 AO (vgl. Tz. II 2.2) gebildet wird. Die Voraussetzungen für die Rücklage nach § 58 Nr. 6 AO sind in jedem Prüfungszeitraum erneut zu prüfen. Stellt sich in der Folgezeit heraus, dass die Berechtigung nicht mehr besteht, weil z. B. der Grund für die Rücklagenbildung im nachhinein weggefallen ist oder die Körperschaft ihr Vorhaben aufgegeben hat, ist die Rücklage aufzulösen. Die frei werdenden Mittel unterliegen nunmehr wieder dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. 2.2. Rücklagen i. S. d. § 58 Nr. 7 AO 2.2.1. Freie Rücklagen ( § 58 Nr. 7 Buchstabe a AO ): Nach § 58 Nr. 7 Buchstabe a AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft höchstens ein Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Unkosten aus Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens 10 % ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer freien Rücklage zuführt. Die Rücklagenbildung nach § 58 Nr. 7 Buchstabe a AO ist mithin für alle Körperschaften möglich. Die Rücklagenbildung in Höhe bis zu einem Drittel des Überschusses aus Vermögens-

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verwaltung setzt voraus, dass entsprechende Einnahmen erzielt werden. Auf § 14 Satz 3 AO wird hingewiesen. Zu den Einnahmen zählen z. B. neben Zinserträgen aus Spareinlagen und Dividenden aus Wertpapieren auch Miet- und Pachteinnahmen der Körperschaft. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind die Ergebnisse aus den einzelnen Bereichen der Vermögensverwaltung zusammenzurechnen. Ergibt sich hierbei ein Kostenüberhang (Unterdeckung), ist eine Rücklagenbildung in diesem Jahr nicht zulässig. Darüber hinaus ist der Unkostenüberschuss in nachfolgende Jahre vorzutragen und dort zunächst mit Überschüssen aus Vermögensverwaltung zu verrechnen, so dass eine Unterdeckung auch die Möglichkeiten der Bildung freier Rücklagen in den nachfolgenden Jahren einschränkt. Darüber hinaus ist die Bildung oder Aufstockung einer freien Rücklage bis zu 10 % der sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel zulässig. Zu den sonstigen Mitteln zählen Überschüsse bzw. Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich ( AEAO Tz. 14 zu § 58 Nr. 7). Zur Vermeidung einer doppelten Begünstigung dürfen die Mittel aus der Vermögensverwaltung nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Werden die Höchstgrenzen (ein Drittel, 10 %) nicht voll ausgeschöpft, ist eine Nachholung in späteren Jahren nicht zulässig (vgl. AEAO , Tz. 15 zu § 58 Nr. 7). Die Gesamthöhe der freien Rücklage ist unbegrenzt. Während der Dauer des Bestehens braucht die Körperschaft die freie Rücklage nicht aufzulösen. Die angesammelten Mittel unterliegen zwar nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, sind jedoch auf Dauer für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden. Eine Verwendung im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ist gemeinnützigkeitsschädlich. Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, die freien Rücklagen für die Errichtung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes einzusetzen (vgl. Karte H 151). Die Mittel können jedoch – solange die Rücklage fortbesteht – im Rahmen der Vermögensverwaltung angelegt werden und stehen für Vermögensumschichtungen zur Verfügung. Steuerbegünstigte Stiftungen dürfen die Beträge der freien Rücklage daher ihrem Dotationskapital zuführen. 2.2.2. Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten ( § 58 Nr. 7 Buchstabe b AO ): Nach § 58 Nr. 7 Buchstabe b AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ansammelt oder im Jahr des Zuflusses verwendet. Nicht von dieser Vorschrift erfasst ist der erstmalige Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft sowie der Erwerb von Anteilen zur Erhöhung der prozentualen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Eine steuerbegünstigte Körperschaft darf aber ihr Vermögen, das nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt (z. B. die in der freien Rücklage nach § 58 Nr. 7 Buchstabe a AO angesammelten Beträge), für eine Erhöhung der Beteiligungsquote verwenden ( AEAO Tz. 16 zu § 58 Nr. 7). Für die Rücklagenbildung stehen sämtliche Mittel der Körperschaft zur Verfügung. Die Herkunft der Mittel ist unbedeu-


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tend ( AEAO Tz. 16 zu § 58 Nr. 7). Die Bildung der Rücklage ist jedoch nur zulässig, wenn ein hinreichend konkreter Anlass für eine Kapitalerhöhung gegeben ist. Die Kapitalerhöhung muss sich daher bereits konkret abzeichnen.

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– Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat, – Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass sie zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind

Die Verwendung bzw. Ansammlung von Mitteln i. S. d. § 58 Nr. 7 Buchstabe b AO ist der Höhe nach grundsätzlich unbegrenzt möglich, findet ihre Grenze jedoch in dem zu erwartenden Anteil am Kapitalerhöhungsbetrag. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Betrag i. S. d. § 58 Nr. 7 Buchstabe b AO auf die nach § 58 Nr. 7 Buchstabe a AO in demselben Jahr oder künftig zulässigen Rücklagen anzurechnen ist. Übersteigt der für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder bereitgestellte Betrag die Höchstgrenze für die Bildung der Rücklage nach § 58 Nr. 7 Buchstabe a AO des laufenden Jahres, ist auch in den Folgejahren eine Zuführung erst wieder möglich, wenn die für eine freie Rücklage verwendbaren Mittel insgesamt die für die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder bereitgestellten Mittel übersteigen (AEAO Tz. 17 zu § 58 Nr. 7).

Die Aufzählung ist abschließend. Werden Mittel nach dieser Vorschrift dem Vermögen zugeführt, sind sie aus der Bemessungsgrundlage für Zuführungen von sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln nach § 58 Nr. 7a AO herauszurechnen ( AEAO Tz. 21 zu § 58 Nr. 11).

2.3. Sonstige Rücklagen:

3.2. Vermögenszuführungen bei Stiftungen ( § 58 Nr. 12 AO ):

2.3.1. Rücklagen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb:

Nach § 58 Nr. 12 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Stiftung im Jahr ihrer Errichtung und in den zwei folgenden Kalenderjahren Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ( § 14 AO ) ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführt. Schädlich ist hingegen die Zuführung von sonstigen Mitteln, z. B. Zuwendungen und Zuschüsse ( AEAO Tz. 22 zu § 58 Nr. 12).

Neben den in § 58 Nr. 6 und 7 AO geregelten Ausnahmetatbeständen zum Gebot der zeitnahen Mittelverwendung dürfen im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Rücklagen gebildet werden, die bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sind. Für die Bildung einer Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb muss ein konkreter Anlass gegeben sein, der auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung der Rücklage rechtfertigt. Eine fast vollständige Zuführung des Gewinns zu einer Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist nur dann unschädlich für die Steuerbegünstigung, wenn die Körperschaft nachweist, dass die betriebliche Mittelverwendung zur Sicherung ihrer Existenz geboten war ( AEAO Tz. 2 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1). Voraussetzung ist jedoch, dass die Mittel für diese Rücklage aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stammen. 2.3.2. Rücklagen im Rahmen der Vermögensverwaltung: Auch im Bereich der Vermögensverwaltung sind Rücklagen nicht ausgeschlossen ( AEAO Tz. 2 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1). Sie dürfen jedoch nur für die Durchführung konkreter Reparaturoder Erhaltungsmaßnahmen an Vermögensgegenständen i. S. d. § 21 EStG gebildet werden. Die Maßnahmen müssen notwendig sein, um den ordnungsgemäßen Zustand des Vermögensgegenstandes zu erhalten oder wiederherzustellen, und in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden können.

– Zuwendungen aufgrund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden – Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören.

Positive und negative Ergebnisse aus der Vermögensverwaltung, aus den Zweckbetrieben und dem einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind zunächst zu saldieren. Eine Zuführung zum Vermögen ist nur in Höhe des positiven Betrages unschädlich, der nach der Verrechnung verbleibt. Die Regelung ist auf Stiftungen begrenzt. Auf die Bezeichnung der Körperschaft als Stiftung kommt es dabei nicht an, entscheidend ist die tatsächliche Rechtsform. Dabei ist es unmaßgeblich, ob es sich um eine rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Stiftung handelt ( AEAO Tz. 23 zu § 58 Nr. 2 bis 12). Ich bitte, die Rücklagenbildung und Vermögenszuführung bei den steuerbegünstigten Körperschaften regelmäßig nach den vorstehenden Grundsätzen zu überprüfen und ggfs. die notwendigen Konsequenzen (Fristsetzung nach § 63 Abs. 4 AO , Versagung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) zu ziehen.

Mit dem Betrieb von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen eng verbundene Umsätze OFD Karlsruhe, Verf. v. 15.1.2013 – S 7172 Karte 2

3. Vermögenszuführungen: 3.1. Zulässige Vermögenszuführungen für alle Körperschaften ( § 58 Nr. 11 AO ): Nach § 58 Nr. 11 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft folgende Mittel ihrem Vermögen zuführt:

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG sind eng mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung verbundene und damit umsatzsteuerfreie Umsätze nur anzunehmen, wenn sie für die Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Umsätze im


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Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stehen. Wenn die Grundvoraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG erfüllt sind, gilt Folgendes (vgl. auch Abschn. 4.14.5 und 4.14.6 UStAE ): 1. Eng mit dem Betrieb von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen verbundene Umsätze Lieferungen 1.1 Lieferungen 1.1.1 Lieferung von Medikamenten der Krankenhausapotheke Die Lieferung zur Behandlung erforderlicher Medikamente an stationär oder teilstationär aufgenommene Krankenhauspatienten ist als eng verbundener Umsatz nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei (vgl. auch Abschn. 4.14.6 Abs. 2 Nr. 1 UStAE, siehe aber auch 2.3). 1.1.2 Lieferung von Körperersatzstücken und orthopädischen Hilfsmitteln Diese Lieferungen gehören zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses, soweit sie unmittelbar mit einer Heilbehandlung durch das Krankenhaus im Zusammenhang stehen (vgl. Abschn. 4.14.6 Abs. 2 Nr. 3 UStAE). 1.1.3 Lieferung von Gegenständen, die im Wege der Arbeitstherapie hergestellt worden sind. Diese Lieferungen gehören zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses, sofern kein nennenswerter Wettbewerb zu den entsprechenden Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft besteht (vgl. Abschn. 4.16.6 Abs. 2 Nr. 3 UStAE). 1.2 Schönheitsoperationen Ästhetisch-plastische Leistungen eines Krankenhauses sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei, soweit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. 1.3 Liquidationsrecht für wahlärztliche Leistungen Wahlärztliche Leistungen (z.B. Chefarztbehandlung), mit denen ein therapeutisches Ziel verfolgt wird, sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei. 1.4 Laborleistungen Laborleistungen sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei, wenn sie von einer Einrichtung ärztlicher Heilbehandlung, Diagnostik oder Befunderhebung erbracht werden und ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. 1.5 Bereitstellung von Notärzten für den Rettungsdienst Die Bereitstellung von Notärzten für den Rettungsdienst ist nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei.

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1.6 Erstellung von Gutachten für andere Einrichtungen oder Ärzte Die Erstellung von Gutachten für andere Einrichtungen oder Ärzte ist nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (vgl. BMF-Schreiben vom 08.11.2001 , BStBl I, 826). 1.7 Personal- und Sachmittelgestellung Die Gestellung von Ärzten und von medizinischem Hilfspersonal durch eine Einrichtung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG an eine andere Einrichtungen dieser Art gehört zu den eng verbundenen Umsätzen (vgl. Abschn. 4.14.6 Abs. 2 Nr. 6 UStAE, siehe aber 2.7). Als eng verbundene Umsätze gelten auch die entgeltliche Personal- und Sachmittelgestellung z.B. von Röntgenanlagen, OP-Säle, medizinisch-technischen Großgeräten: – an angestellte Ärzte für deren selbständige Tätigkeit – an Einrichtungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG – an niedergelassene Ärzte zur Mitbenutzung – an angestellte Chefärzte für das Betreiben einer eigenen Praxis im Krankenhaus – an niedergelassene Ärzte für ambulante Operationen ggf. mit kurzzeitiger operativer Nachsorge im überwachten Bett an die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) zur Durchführung von Organentnahmen für die anschließende Übertragung im Rahmen einer Heilbehandlung auf andere Menschen. 1.8 Leistungen der Küche Die Verpflegung der Patienten des Krankenhauses durch die Krankenhausküche stellt einen mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar. Zur Verpflegung anderer Personen vgl. 2.8. 2. Nicht eng mit dem Betrieb von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen verbundene Umsätze 2.1 Entnahme, Beförderung und Analyse von Nabelschnurblut Nach dem EuGH-Urteil vom 10.06.2010, C-262/08 - CopyGene (UR 2010, 526) stellen die Entnahme, Beförderung und Analyse von Nabelschnurblut sowie die Lagerung der in diesem Blut enthaltenen Stammzellen keine eng mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung verbundenen Umsätze i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL dar, sofern eine damit zusammenhängende ärztliche Heilbehandlung im Krankenhaus weder stattgefunden hat noch begonnen wurde oder geplant ist. 2.2 Blutalkoholuntersuchungen Die Durchführung einer Blutalkoholuntersuchung fällt nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG. 2.3 Lieferung von Medikamenten der Krankenhausapotheke Die Abgabe von Medikamenten an Patienten während der ambulanten Behandlung im Krankenhaus bzw. an ambulant behandelte Patienten des Chefarztes im Rahmen seiner Chefarzttätigkeit stellt keinen mit dem Betrieb eines Krankenhau-


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ses eng verbundenen Umsatz dar (vgl. Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 4 UStAE ). Hierzu gehört nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder auch die Abgabe von Zytostatika während einer ambulanten Behandlung. Der BFH hat mit Beschluss vom 15.05.2012, V R 19/11, die Frage, ob es sich bei der Lieferung von Zytostatika um einen eng verbundenen Umsatz handelt, dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt (Az. des EuGH C-366/12). Entsprechende Einspruchsverfahren ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Lieferung von Arzneimitteln an Krankenhäuser anderer Träger, an das Personal oder andere Personen (Besucher, ehemals stationäre Patienten) ist ebenfalls nicht begünstigt (vgl. Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UStAE und BFH-Urteil vom 18.10.1990, V R 76/89, BStBl II 1991, 268). 2.4 Auftragsforschung Umsätze aus Auftragsforschung fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG. 2.5 Verwaltungsdienstleistungen an Dritte Verwaltungsdienstleistungen an Dritte (z.B. Buchführung, Gehaltsabrechnung) gehören nicht zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses. 2.6 Überlassung von Personal- und Sachmitteln Die Umsätze aus der Gestellung von Verwaltungspersonal, Raumpflegekräften und Küchenhilfen an eine Servicegesellschaft fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG (siehe aber 1.7). Eine über die unter 1.7 beschriebene steuerfreie kurzfristige Vermietung von medizinischen Geräten, Fahrzeugen, Computern hinausgehende Sachmittelgestellung eines Krankenhauses an Dritte gehört grundsätzlich nicht zu dessen eng verbundenen Umsätzen.

Getränken im Rahmen einer Dienstleistung unterliegt als sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) dem allgemeinen Steuersatz. Nur die Lieferung der in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStGgenannten Gegenstände unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. 2.8.3 Betrieb eines Kiosks Der Betrieb eines krankenhauseigenen Kiosks fällt nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG. Nur die Lieferung der in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG genannten Gegenstände unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Demgegenüber ist die Vermietung von Kioskräumen nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei; das gilt allerdings nicht für die Vermietung von Betriebsvorrichtungen und Einrichtungsgegenständen. 2.8.4 Automatenumsätze Umsätze aus dem Betrieb krankenhauseigener Automaten (z.B. Blumen, Getränke, Zigaretten) fallen nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG. Die Überlassung von Flächen im Krankenhaus an Dritte zum Aufstellen von Automaten stellt keine steuerfreie Leistung des Krankenhauses nach § 4 Nr. 12 UStG dar. Es handelt sich hierbei um einen Vertrag besonderer Art, bei dem die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber der Duldung der Automaten im Krankenhaus zurücktritt. 2.9 Überlassung von Geräten 2.9.1 Fernsehgeräte

2.8 Verpflegungsumsätze

Die Vermietung von Fernsehgeräten an Patienten von Krankenhäusern und anderen Einrichtungen ist kein mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz, da sie für den therapeutischen Erfolg der Heilbehandlung regelmäßig nicht unerlässlich ist (vgl. EuGH-Urteil vom 01.12.2005 - C-394/04 und C-395/04, UR 2006, 171). Zudem steht die Vermietungsleistung im Wettbewerb zu Angeboten gewerblicher Unternehmer. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Leistung als Teil der Wahl einer besonderen Unterkunft erbracht wird, oder ob sie vom Patienten individuell gewählt wird.

2.8.1 Leistungen der Küche

2.9.2 Überlassung von Telefongeräten

Die Abgabe von Speisen und Getränken an das Personal und an Dritte (z.B.an andere Krankenhäuser, Betriebe oder Privatpersonen) ist nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei, da das Krankenhaus damit keine therapeutischen Ziele verfolgt. Zudem stehen diese Umsätze des Krankenhauses in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätze anderer Unternehmer. Sofern die Abgabe von Speisen als Dienstleistung erfolgt, ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.

Die Überlassung von Telefongeräten an Patienten stellt keine Nebenleistung zu einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung dar, unabhängig davon, ob diese Leistung als Teil der Wahl der besonderen Unterkunft erbracht wird oder individuell gewählt wird und gehört somit nicht zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses.

2.8.2 Betrieb einer Cafeteria

2.10.1 Vermietung von Gästezimmern

Der Betrieb einer Cafeteria, unabhängig davon, ob diese nur für Patienten und Personal oder auch für Besucher zugänglich ist, stellt keinen mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar. Die Abgabe von Speisen und

Nach dem o.g. EuGH-Urteil vom 01.12.2005 stellt auch die Unterbringung von Begleitpersonen von Patienten durch ein Krankenhaus in der Regel keinen mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbun-

2.7 Leistungen der Wäscherei für andere Krankenhäuser/ Einrichtungen Nach Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 9 UStAE gehören diese Leistungen nicht zu den eng verbundenen Umsätzen.

2.10 Vermietungsumsätze


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denen Umsatz dar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Leistung zur Erreichung der mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung verfolgten therapeutischen Ziele unerlässlich ist. Unterbringungsleistungen, die keine eng verbunden Umsätze sind, sind auch nicht nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei, da es sich hierbei nur um eine kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen handelt. Sie unterliegen dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG). Auch Vermietungsleistungen an das Personal sind keine eng verbundenen Umsätze. Langfristige Vermietungsleistungen sind jedoch steuerfrei nach § 4 Nr. 12 UStG. 2.10.2 Vermietung von Sauna, Solarium, Schwimmbad Diese Leistungen gehören nicht zu den eng verbundenen Umsätzen eines Krankenhauses. Auch die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG kommt bei der entgeltlichen Gestattung der Benutzung einer Sauna, eines Solariums oder eines Schwimmbads nicht in Betracht, da es sich hierbei um einen Vertrag besonderer Art handelt. Zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vgl. Abschn. 12.11 UStAE. 2.10.3 Entgeltliche Bereitstellung von Parkplätzen/Parkhäusern Die entgeltliche Bereitstellung von Parkplätzen sowohl für Besucher als auch für Mitarbeiter stellt keinen eng mit dem Betrieb eines Krankenhauses verbundenen Umsatz i.S. des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG dar und ist somit steuerpflichtig. 3. Übrige steuerfreie Umsätze 3.1 Verkauf von Anlagevermögen Die Veräußerung von Anlagevermögen ist nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei (ggf. auch nach § 4 Nr. 28 UStG). Der Verkauf des gesamten Anlagevermögens kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG sein. 3.2 Beförderungsleistungen Krankentransporte mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind, sind nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG steuerfrei (vgl. Abschn. 4.17.2 UStAE). Andere Krankenfahrten sind steuerpflichtig. 3.3 Betrieb einer Krankenpflegeschule Die Leistungen einer Krankenpflegeschule können nach § 4 Nr. 21 Buchst. a oder Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei sein.

Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche Leistungen OFD Karlsruhe, Verf. v. 15.1.2013 – S 7170 Karte 3 Leistungen eines Arztes sind nur dann nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL steuerfrei, wenn sie der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen (vgl. EuGH-Urteil vom 14.09.2000, C-384/98 , UR 2000, 432). § 4 Nr. 14 UStG ist im Sinne des o.g. EuGHUrteils auszulegen. Dies gilt unabhängig davon, um welche

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konkrete heilberufliche Leistung es sich handelt (z.B. Untersuchung, Attest, Gutachten), für wen sie erbracht wird (Patient, Gericht, Sozialversicherung o.a.) und wer sie erbringt (freiberuflicher oder angestellter Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Unternehmer, der ähnliche heilberufliche Tätigkeiten nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ausübt, sowie Krankenhäuser, Kliniken oder andere in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG bezeichnete Einrichtungen). 1. Steuerpflichtige Umsätze Neben den in Abschn. 4.14.1 Abs. 5 UStAE genannten Tätigkeiten liegt auch in folgenden Fällen keine Heilbehandlungsleistung vor: 1.1 Gutachten für rechtliche Verfahren – Alkohol- und Drogen-Gutachten zur Untersuchung der Fahrtüchtigkeit; – Blutalkoholuntersuchungen für gerichtliche Zwecke in Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung. Die Feststellung des Zustands der Organe, Gewebe, Körperflüssigkeiten usw. in Einrichtungen ärztlicher Befunderhebung ist nur dann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei, wenn sie für diagnostische oder therapeutische Zwecke erfolgt. – Medizinisch-psychologische Gutachten über die Fahrtauglichkeit; – anthropologisch-erbbiologische Gutachten; – Blutgruppenuntersuchungen und DNA-Analysen z.B. im Rahmen der Vaterschaftsfeststellung oder zur Spurenauswertung; – Gutachten, die im Rahmen von Strafverfahren erstattet werden; – Gutachten in Unterbringungssachen nach § 321 Abs. 1 FamFG; – forensische Gutachten, sowohl zur Frage der Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) als auch zur Frage der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (§§ 63, 64 StGB); – Gutachten für Staatsanwaltschaft und Gerichte zur Klärung des Kausalzusammenhangs zwischen ärztlicher Fehlbehandlung und einer Gesundheitsstörung bzw. dem Todeseintritt; – Prognosegutachten, die im Rahmen des Strafvollzugs erstattet werden; – Untersuchung und Begutachtung durch Vertragsärzte zur Feststellung von Beschädigungen, wenn diese Leistungen nicht der (weiteren) medizinische Betreuung dienen sollen, sondern z.B. als Grundlage für eine Entschädigungsleistung; – Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Schadensersatzprozessen; – Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen, z.B. bei Fragen der Schadensersatzleistung, auch be öffentlichrechtlicher Berichtspflicht; – Gutachten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Physiotherapie in straf-, zivil- oder familienrechtlichen Verfahren; – Vergütungen für Sachverständigentätigkeit nach § 10 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) i.V. mit Anlage 2 Nr. 202 und 203 des JVEG . Soweit der sachverständige Zeuge nach § 10 Abs. 1 JVEG i.V. mit Anlage 2 Nr. 200 und 201 des JVEG vergütet


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wird, liegt nicht steuerbarer Schadensersatz vor. Ob jemand als Zeuge, sachverständiger Zeuge oder Sachverständiger anzusehen ist, richtet sich nach der tatsächlich erbrachten Tätigkeit, nicht nach einer ggf. abweichenden Abrechnung. Ausschlaggebend ist dabei, ob er als Zeuge „unersetzlich“ oder „auswechselbar“ ist. 1.2 Gutachten für Verfahren der Sozialversicherungen – Gutachten über die Minderung der Erwerbsfähigkeit in Sozialversicherungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung; – gutachterliche Feststellungen zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsleistungen im Rahmen eines Rentenverfahrens, da hier ein Rentenantrag Anlass für das ärztliche Tätigwerden ist. Der Aspekt „Rehabilitation vor Rente“ führt auch nicht dazu, dass die medizinische Betreuung in den Vordergrund tritt, da es insoweit in erster Linie darum geht, Rentenleistungen nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen zu müssen. – Gutachten nach § 12 Abs. 1 der Psychotherapie-Vereinbarung zur Klärung, ob die Therapiekosten von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden; – externe Gutachten für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung; – Gutachten zur Feststellung der Voraussetzungen von Pflegebedürftigkeit oder zur Feststellung, welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt (§ 18 Abs. 1 SGB XI). Hier stehen Fragen nach Art und Umfang der erforderlichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14 SGB XI) im Vordergrund, die ggf. auch zu treffenden Feststellungen zu Fragen der Behandlungspflege treten dahinter zurück. – Gutachten eines Dritten zur vorgeschlagenen ärztlichen Behandlung, zahnärztlichen Behandlung, der Verordnung von Arzneimitteln und zur vorgeschlagenen kieferorthopädischen Behandlung und der Versorgung mit Zahnersatz (zahnprothetische Behandlungen) zum Zwecke der Kostenübernahme durch die Krankenkasse (§ 12 SGB V); – Gutachten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, wenn nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der untersuchten Person im Vordergrund steht; – Gutachten über den Kausalzusammenhang zwischen einem rechtserheblichen Tatbestand und einer Gesundheitsstörung; – Gutachten für Berufsgenossenschaften oder Versicherungen zur Frage des Kausalzusammenhangs von bestimmten Vorerkrankungen und dem Todeseintritt des Versicherten. 1.3 Sonstige Gutachten für private Zwecke – Sportmedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen, die der Feststellung von Trainingsfortschritten oder der Optimierung der Trainingsgestaltung dienen; – reisemedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen, wenn hierüber eine Bescheinigung ausgestellt wird, die Grundlage für eine Entscheidungsfindung einesm Dritten ist; – Gutachten über den Gesundheitszustand als Grundlage für Versicherungsabschlüsse Untersuchungen; zur Aus-

stellung bzw. Verlängerung von Schwerbehindertenausweisen. 1.4 Gutachten im Todesfall – Gutachten über die Tatsache oder Ursache des Todes. Dies gilt nicht für die unter 2.4 genannten Leistungen. – Genehmigung zur Feuerbestattung (sog. 2. Leichenschau). 1.5 Berufstauglichkeitsuntersuchungen – Musterungs-, Tauglichkeits- und Verwendungsfähigkeitsuntersuchungen und -gutachten, da diese dem Anlass der Beurteilung für den (künftigen) Dienstherrn dienen, ob der Bewerber für eine bestimmte Verwendung geeignet ist. Die Umsatzsteuerpflicht besteht selbst dann, wenn durch eine derartige Untersuchung die Verschlimmerung einer bestehenden Erkrankung vermieden werden soll, da ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht. – Untersuchungen, bei denen die Frage der Tauglichkeit des Untersuchten für eine bestimmte Tätigkeit im Vordergrund steht, z.B. bei Flugtauglichkeitsuntersuchungen. Hierbei handelt es sich nicht um Vorsorgeuntersuchungen. – Zeugnissen oder Gutachten über das Seh- und Hörvermögen; – Röntgenaufnahmen, die für steuerpflichtige Gutachten, z.B. des TÜV zur Berufstauglichkeit, erstellt werden; – psychologische Tauglichkeitstests, die sich ausschließlich auf die Berufsfindung erstrecken. 1.6 Sonstige Untersuchungen – Experimentelle Untersuchungen bei Tieren im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung; – Gutachten über die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern und über die chemische Zusammensetzung des Wassers; – dermatologischen Untersuchungen von kosmetischen Stoffen; – Gutachten über die pharmakologische Wirkung eines Medikaments beim Menschen. 1.7 Sonstige ärztliche Leistungen – ärztliche Leistungen der Schönheitschirurgen, wenn kein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht (vgl. Abschn. 4.14.1 Abs. 5 Nr. 8 UStAE). Gleiches gilt für vergleichbare Leistungen der Dermatologen oder Anästhesisten. – Entnahme, Beförderung und Analyse von Nabelschnurblut sowie die Lagerung der in diesem Blut enthaltenen Stammzellen, sofern eine damit zusammenhängende ärztliche Heilbehandlung weder stattgefunden hat noch begonnen wurde oder geplant ist (EuGH Urteil vom 10.06.2010, C-262/08 , UR 2010, 526); – ärztliche Anzeigen über eine Berufskrankheit als Entscheidungsgrundlage für die Kostenübernahme des Unfallversicherungsträgers, soweit nicht nach Nr. 2 steuerfrei; – Medizinisch nicht indizierte Eingriffe, z.B. Beschneidungen aus religiösen Gründen, stellen keine umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dar. Die Prüfung einer medizinischen Notwendigkeit der Beschneidung ist hierbei in jedem Einzelfall vorzunehmen.


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2. Steuerfreie Umsätze Die folgenden Leistungen sind steuerfrei: 2.1 Gutachten für rechtliche Verfahren Körperliche Untersuchung von Personen im Polizeigewahrsam zur Überprüfung der Verwahrfähigkeit in der Zelle (alternativ erforderliche Krankenhauseinweisung). 2.2 Gutachten für Verfahren der Sozialversicherungen – Gutachten zu medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (Aussagen zu Rehabilitationsbedürftigkeit, -fähigkeit, -prognose und Therapieempfehlung), auch wenn der Arzt zu dem Ergebnis gelangt, dass der Patient nicht rehabilitierbar ist, sondern eine dauerhafte Erwerbsoder Berufsunfähigkeit gegeben ist; – Gutachten zur Hilfsmittelversorgung und zur häuslichen Krankenpflege, da in diesen genannten Aufgabenfeldern ein therapeutisches Ziel bzw. eine therapeutische Entscheidung im Mittelpunkt steht; – die Erstellung einer ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit als Entscheidungsgrundlage für die Kostenübernahme des Unfallversicherungsträgers, sofern diese im Rahmen einer Untersuchungs- und Behandlungsleistung bei der insgesamt ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht, erbracht wird (vgl. Nr. 1.2). 2.3 Sonstige Gutachten für private Zwecke – sport- und reisemedizinische Untersuchungs- und Beratungsleistungen, soweit nicht nach Nr. 1.3 steuerpflichtig sind. 2.4 Gutachten im Todesfall – Obduktionen, die im Falle des Seuchenverdachts für Kontaktpersonen von therapeutischer Bedeutung sind; – die Durchführung der äußeren Leichenschau und Ausstellen der Todesbescheinigung als letzte Maßnahme im Rahmen der Heilbehandlung. 2.5 Sonstige ärztliche Leistungen – Vorsorgeuntersuchungen, bei denen Krankheiten möglichst frühzeitig festgestellt werden sollen, wie z.B. Krebsfrüherkennung oder Glaukomfrüherkennung; – Mammographien einschließlich der von Radiologen erstellten Mammographien im Rahmen des MammographieScreenings (Zweitbefund); – Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL-Leistungen), wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht; – Leistungen zur Kontrolle von gespendetem Blut ein-

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schließlich der Blutgruppenbestimmung; – Alkohol- und Drogengutachten zum Zwecke einer anschließenden Heilbehandlung; – sonstige Leistungen eines Arztes im Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung; – die im Zusammenhang mit einem Schwangerschaftsabbruch nach § 218a StGB stehenden ärztlichen Leistungen einschließlich der nach den §§ 218b, 219 StGB vorgesehenen Sozialberatung durch einen Arzt; – sonstige Leistungen eines Arztes im Zusammenhang mit Empfängnisverhütungsmaßnahmen, einschließlich der Sterilisation bei Mann un Frau; – betriebsärztliche Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ASiG, unabhängig davon, ob sie im Vertrag einzeln aufgeschlüsselt und abgerechnet werden (BMF-Schreiben vom 04.05.2007 , BStBl I, 481); – Gutachten, Berichte und Bescheinigungen, die der schriftlichen Kommunikation unter Ärzten dienen, wenn die medizinische Betreuung im Vordergrund steht; – kurze Bescheinigungen und Zeugnisse, die nach Nr. 70 GOÄ berechnet werden. Sie sind Nebenleistung zu einer Untersuchungs- und Behandlungsleistung. Dies gilt insbesondere für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. – weitere Leistungen des Kapitels B VI der GOÄ (z.B. Berichte und Briefe), soweit ein enger Zusammenhang mit einer im Vordergrund stehenden Untersuchungs- und Behandlungsleistung gegeben ist; – Durchführung von Schuleingangsuntersuchungen.

Verfügung betr. grundsteuerliche Behandlung von kommunalen Kindertageseinrichtungen OFD Magdeburg, Verf. v. 27.9.2012 – G 1102-10-St 272 Mit BFH-Urteil vom 12. 7. 2012 I R 106/10 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass ein von einer Kommune betriebener Kindergarten kein Hoheitsbetrieb, sondern ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) ist (s.a. KSt-Kartei ST § 4 KStG Karte 2.4). Aus diesem Grund ist die Grundsteuerbefreiung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG mangels eines öffentlichen Dienstes oder Gebrauchs ausgeschlossen. Da in Kindertageseinrichtungen (Kindertagesstätten, Horte etc.) sowohl die Förderung der Erziehung als auch die Förderung der Jugendhilfe und damit grds. gemeinnützige Zwecke (§ 52 AO) verfolgt werden, ist beim Vorliegen der Voraussetzungen eines steuerunschädlichen Zweckbetriebes (§ 68 Nr. 1 b AO) im Sinne der o. g. KSt Karteikarte, eine Grundsteuerbefreiung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 a GrStG zu gewähren. Dabei ist die bei der Körperschaftsteuer getroffene Entscheidung zu übernehmen. Fehlt es wegen der Geringfügigkeit der Erträge bzw. Einnahmen (§ 24 KStG, § 64 Abs. 3 AO) an einer Entscheidung bei der Körperschaftsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen vom Vorliegen eines steuerunschädlichen Zweckbetriebes auszugehen und die Grundsteuerbefreiung zu gewähren.


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npoR-Dokumentation

npoR-Dokumentation zusammengestellt von Florian Kamp und Kathrin Wrede*

Vereinsrecht BGH, Beschl. v. 5.2.2013 – VIII ZR 276/12, Persönliche Haftung des Bestellers bei Warenbestellung für nicht rechtskräftigen Verein BGH, Beschl. v. 15.1.2013 – II ZR 189/11, Zulässigkeit der Festsetzung eines uneinheitlichen Mitgliedsbeitrags durch Vereinsvorstand OLG Hamm, Beschl. v. 25.3.2013 – I-27 W 31/13, Notwendiges Quorum für die Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung OLG München, Beschl. v. 28.5.2013 – 31 Wx 136/13, Überbetriebliche Gruppenunterstützungskasse als Idealverein OLG Rostock, Beschl. v. 25.6.2012 – 1 W 16/12, Zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Blockwahl des Vereinsvorstandes OLG Thüringen, Beschl. v. 30.10.2012 – 9 W 415/12, Abgrenzung zwischen Idealverein und wirtschaftlichem Verein bei entgeltlicher Grundstücksüberlassung zur Förderung der Nutzung von Windkraftanlagen OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.6.2013 – 3 W 19/13, Auslegung einer Satzungsbestimmung eines Vereins, welche die Zustimmung oder Genehmigung eines Dritten zu Vereinsbeschlüssen über Satzungsänderungen vorsieht

Krause, Nils/Haase, Florian, Aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung zum Dritten Sektor im Jahr 2012 in Deutschland, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 225-267 Leuschner, Lars, Holzmüller im Verein?, Zur Vorlagepflicht des Vereinsvorstandes bei gruppenspezifischen Maßnahmen, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 107-125 Lissner, Stefan, Die Namensgebung im Vereinsrecht – eine Kurzübersicht, ZStV 2013, 178-182 Morgenroth, Carsten, Die Behandlung der Regeln sportlicher Fairness durch die Rechtsorgane von Sportvereinen, ZStV 2013, 132-138 Saenger, Ingo/Al-Wraikat, Nadja, Zivilrechtliche Neuregelungen aufgrund des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts, ZStV 2013, 128-132 Schneider, Markus H./May, Sascha, Wege des Zusammenschlusses von (Sport-)Vereinen, SpuRt 2013, 99-103 sowie 149-152

Stiftungsrecht OLG Oldenburg, Urt. v. 13.8.2013 – 2 U 46/13, Vertrag zwischen kirchlicher Stiftung und ihren Organen bedarf Genehmigung der Stiftungsbehörde Adam, Thomas, Das Archiv der Stiftungen, ZStV 2013, 138-142

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.6.2013 – 3 W 41/13, Unzulässige Blockwahl des Vorstandes

Arnold, Arnd, Auf dem Weg zu einer besseren Foundation Goverance – Organstruktur, Vergütung, Destinatärsrechte, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 63-80

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 4.3.2013 – 3 W 149/12, Zur Zulässigkeit der Einladung zu einer Vereinsmitgliederversammlung per E-Mail

Balke, Rüdiger, Ehrenamt und Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, ZStV 2013, 168-172

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.12.2012 – 3 W 93/12, Auslegung der Satzungsänderung eines Vereins als Satzungsneufassung

Cordery, Carolyn, Regulating Small and Medium Charities: Does It Improve Transparency and Accountability?, Voluntas 2013, 831-851

Fornefeld, Sebastian/Kahf, Christian/Kamp, Florian/ Lienicke, Clara/Plate-Godeffroy, Emily/Stemplewski, Niclas/ Wrede, Kathrin sowie Röcken, Michael, npoR-Report, npoR 2013, 135-147

Cornelius, Eike/Loleit, Synke, Revision der Anlagerrichtlinie: So ermittelt man die Risikotragfähigkeit des Stiftungsvermögens, SB 2013, 147-152

Graffe, Ingo, Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 159-173 Jakob, Dominique/Uhl, Matthias, Vereins- und Stiftungsrecht 2012 – Länderbericht Schweiz, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 287-299 Kalss, Susanne/Zollner, Johannes, Vereins- und Stiftungsrecht 2012 – Länderbericht Österreich, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 301-315

Cranshaw, Friedrich L., Fundatio Europaea – Europäische Stiftung, DZWIR 2013, 299-316 Frieling, Melanie/Jedicke, Kathrin/Schröder, Selden Peter, Die Versorgung durch Familienstiftungen – Versorgungskombinationen, DStZ 2013, 557-560 * Florian Kamp ist Doktorand und ebenso wie Kathrin Wrede wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Hamburg.


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Gräwe, Daniel, Zur Notwendigkeit und Ausgestaltung von Nonprofit Governance Systemen, ZStV 2013, 81-90 Hakert, Anka, Die gGmbH als Instrument der Vermögensnachfolge?, Anmerkungen zu Leisner, Kunst und das Dilemma – Stiftung oder gemeinnützige GmbH?, Stiftungsmanagement II/2012 (Hrsg.: BWBank), S. 16, npoR 2013, 117-120 Hüttemann, Rainer, Transparenz und Rechnungslegung bei Stiftungen – Brauchen wir mehr Publizität und ein Bilanzrecht für Stiftungen?, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 81-105 Kamp, Florian/Seelig, Janne, Auswahlbibliographie des NonProfit-Rechts 2012, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 317-339 Kamp, Florian/Wrede, Kathrin, npoR-Dokumentation, npoR 2013, 198-202 Münkler, Herfried, Stiftungen als aktiver Teil der Bürgergesellschaft, Opusculum 2012, 3-14

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dung vom 29.6.2013, BStBl. I, 802-838 EuGH, Klage v. 15.2.2013 – C 81/13, Klage des Vereinigten Königreichs Großbritannien betreffend die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit mit Blick auf Kompetenzmängel der EU BFH, Urt. v. 19.6.2013 – II R 10/12, Bedeutung der ausländischen Erbschaftsteuer auf Kapitalvermögen eines inländischen Erblassers für die deutsche Erbschaftsteuer BFH, Beschl. v. 13.5.2013 – I R 39/11, Gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung bei Beteiligung einer ausländischen Familienstiftung an einer inländischen Personengesellschaft BFH, Urt. v. 25.4.2013 – V R 7/11, Zur Steuerfreiheit für Berufsbetreuer unter Berücksichtigung der Möglichkeit der unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht

Plate-Godeffroy, Emily, Aktuelle Verfügungen und Urteile Stiftungsrecht, Stiftungswelt 2013, 75-76

FG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.5.2013 – 7 V 7322/12, Steuerbefreiung der Umsätze als Sozialarbeiter in der Familienhilfe nach § 4 Nr. 25 UStG

Rawert, Peter, Öffnung der Stiftung für körperschaftliche Strukturen? – Der noch lebende Stifter und die Verfassung „seiner“ Stiftung, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 51-61

FG Hessen, Urt. v. 24.6.2013 – 3 K 2837/11, Einkommenssteuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern eines Vorsitzenden einer Gemeindevertretung

Rehländer, Jens, Wie Stiftungen vom Web 2.0 profitieren Eine Anleitung zum Verständnis und Nutzen sozialer Netzwerke, S&S 2013, Rote Seiten

FG Köln, Urt. v. 12.6.2013 – 4 K 759/10, Ein Preisgeld, das einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Ideenwettbewerbs für Beschäftigte einer Bundesverwaltung ausgezahlt wird, ist als steuerpflichtige Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu erfassen

Reuter, Dieter, Die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 37-49 Ritter, Gabriele, Corporate Governance: Auch für Stiftungen ein Thema, SB 2013, 171-176 Sandberg, Berit, Ehre und Lohn machen keine getreuen Stiftungsmanager, ZStV 2013, 97-101 Schäller, Sebastian, Zur Namenskollision zwischen nichtrechtsfähigen und anerkannten Stiftungen, ZStV 2013, 192-194 Schauer, Dirk, Unselbstständige Stiftung von Todes wegen – Sicherung der Kontrolle des Stiftungsträgers mit erbrechtlichen Gestaltungsmitteln, npoR 2013, 120-125 Schauhoff, Stephan, Für ein europäisches Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht als Basis für eine europäische Zivilgesellschaft, npoR 2013, 128-130 Volland, Elke, Auswirkungen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes auf Stiftungen und (andere) gemeinnützige Organisationen, ZEV 2013, 320-323 Weisheit, Martina, Die Vorstiftung: Phantom oder Realität?, SB 2013, 124-127 Weitemeyer, Birgit, Die Reform des Bundesrechts und die nachfolgenden Reformen in den Ländern – Erreichtes und Agenda für die Zukunft, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 17-35

Steuerrecht Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften, Gesetzesverkün-

FG Köln, Urt. v. 22.5.2013 – 8 K 3374/10, Umsatzsteuerbefreiung gem. § 4 Nr. 16b UStG für eine Organgesellschaft (in diesem Fall eine Privatklinik gem. §30 GewO) FG Köln, Urt. v. 28.2.2013 – 15 K 4521/07, Umsatzsteuerfreiheit von ärztlichen Leistungen im Bereich der plastischen Chirurgie FG Köln, Urt. v. 21.11.2012 – 4 K 526/11, Frage der Umsatzsteuerpflichtigkeit eines durch eine städtische Behörde an einen Fremdenverkehrsverein gezahlten Betriebskostenzuschusses FG Köln, Urt. v. 30.5.2012 – 10 K 3264/11, Aberkennung des Status der Gemeinnützigkeit eines Vereins wegen fehlender Abgabe von Steuererklärungen FG München, Urt. v. 24.4.2013 – 3 K 734/10, Vorsteuerabzug bei Verwendung der Eingangsleistungen für den wirtschaftlichen und den als Hauptzweck fungierenden nicht wirtschaftlichen gemeinnützigen Bereich FG Münster, Urt. v. 18.7.2013 – 13 K 4515/10 F, Nachträgliche Veränderbarkeit eines Bescheides über die Feststellung eines Großspendenvortrags BMF, Schr. v. 18.7.2013 – IV D 3 - S7160-h/12/10001, Fortdauernde Anwendbarkeit von § 4 Nr. 8 lit. h UStG auf die Verwaltung von Investmentvermögen iSd Investmentgesetzes BMF, Schr. v. 8.7.2013 – IV D 3 - S 7183/11/10001, Umsatzsteuerbefreiung nach § USTG § 4 Nr. 25 UStG; Leistungen eines selbständigen pädagogischen Leiters – Wirkung der Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII


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npoR-Dokumentation

BMF, Schr. v. 5.7.2013 – IV C 4 - S0179 - a/13/1001, Ablösung des Verfahrens zur Feststellung der satzungsgemäßen Voraussetzungen nach § 60a AO durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts BMF, Schr. v. 3.5.2013 – IV D 2 - S 7200/07/10017: 003IV C 6 - S 2130/13/10001, Umsatzsteuerrechtliche und einkommensteuerrechtliche Behandlung der im Rahmen der Initiative „Deutschland rundet auf” gespendeten Beträge

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Gosch, Dietmar, Keine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung gegenüber einer ausländischen Familienstiftung und deren Stifter, BFH PR 2013, 329-331 Grottke, Markus, Grundlagen der Steuerfreiheit gemeinnütziger Vereine, Steuer&Studium 2013, 513-519 Grube, Friederike, Umsatzsteuerfreiheit der von einem Altenwohnheim erbrachten Leistungen, jurisPR-SteuerR 2013, Anm. 4

BMF, Schr. v. 7.3.2013 – IV D 2 - S 7105/11/10001, Umsatzsteuerrechtliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) - Organisatorische Eingliederung

Holthaus, Jörg, Beschränkte Steuerpflicht, Aktuelle Entwicklungen beim Steuerabzug für Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige nach § 50a EStG, ISR 2013, 256-260

Finanzministerium Bayern, Verf. v. 3.6.013 – 37-S 1915 – 009 – 19850/13, Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung von Hochwasserschäden

Hüttemann, Rainer/Schauhoff Stephan, Umsatzsteuerbefreiung für soziale Dienstleistungen - was erlaubt die europäische Mehrwertsteuerrichtlinie?, MwStR 2013, 426-436

LFD Thüringen, Verf. v. 17.7.2013 – S 7030 A - 12 - A 5.14, Änderungen des Umsatzsteuergesetzes durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz

Kirchhain, Christian, Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung bei Beteiligung einer ausländischen Familienstiftung an einer inländischen Personengesellschaft, ISR 2013, 280-284

LFD Thüringen, Verf. v. 30.5.2013 – S 2223 A-111-A 3.15, Verfügung betr. vereinfachter Zuwendungsnachweis nach § 50 Abs. 2 EStDV; Abwicklung von Spenden über PayPal OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 21.7.2013 – S 2342 A – 75 – St 213, Verfügung betr. Zahlungen Pflegebedürftiger an selbst gewählte Pflegepersonen bei Erstattung durch Krankenkasse/Pflegekasse bzw. Sozialleistungsträger; Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 36 EStG OFD Frankfurt a. M., Verf. v. 7.2.2013 – S 7170 A – 69 – St 112, Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ärztliche Leistungen bei Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen OFD Frankfurt a. M., Verf. v. 13.12.2012 – S 0177 A – 1 – St 53, Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen bei steuerbegünstigten Körperschaften OFD Karlsruhe, Verf. v. 15.1.2013 – S 7172 Karte 2, Annehmbarkeit von mit dem Betrieb von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen eng verbundenen und damit umsatzsteuerfreien Umsätzen OFD Karlsruhe, Verf. v. 15.1.2013 – S 7170 Karte 3, Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche Leistungen OFD Magdeburg, Verf. v. 27.9.2012 – G 1102-10-St 272, Verfügung betr. grundsteuerliche Behandlung von kommunalen Kindertageseinrichtungen Bartmuß, Ralph/Pauls, Alexandra, Zur steuerlichen Behandlung von Vereinsbeiträgen (Teil 3), ZStV 2013, 121-127 Baumgart, Marcel, Kommunale Kindergärten im Steuerrecht - eine Bestandsaufnahme nach dem Urteil des BFH vom 12.7.2012 (I R 106/10), KStZ 2013, 111-112 Eversloh, Udo, Umsatzsteuerbefreiung für Berufsbetreuer, jurisPR-SteuerR 2013, Anm. 6 Goetze, Ulrich, Der Praktische Fall: Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen im Kinder- und Jugendbereich, Stiftungsbrief 2013, 114-119 sowie 134-138

Koller, Thomas, Die Schweiz in der internationalen Konkurrenz der Vereinsstandorte – Zweiter Hinweis auf eine bevorstehende Änderung des schweizerischen Vereinssteuerrechts, npoR 2013, 134-135 Koller, Thomas, Die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit in der neueren Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 175-187 Krebbers, Michael, Stärkt das Ehrenamtsstärkungsgesetz das Ehrenamt? - Steuerliche Änderungen im Gemeinnützigkeits- und Zuwendungsrecht, BB 2013, 2071-2075 Märtens, Markus, Keine Gemeinnützigkeit eines ausgegliederten Krankenhauslabors, jurisPR-SteuerR 2013, Anm. 1 Meurer, Thomas, Aktueller Überblick über die Rechtsprechung zur Steuerfreiheit von Gesundheitsleistungen gem. § 4 Nr. 14 UStG, MwStR 2013, 437-442 Musil, Andreas, Steuerliche Fragen der Gesundheitsreform – Gestaltungsoptionen und Reformperspektiven, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 127-137 Ortman-Babel, Martina/Bolik, Andreas S./Griesfeller, Anne C., Ein Jahressteuergesetz namens Amtshilferichtlinie-Umsatzsteuergesetz: Alter Wein in neuen Schläuchen, DB 2013, 1319-1327 Petersen, Jens, Die Einbindung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer in die Philosophie der Abgeltungsteuer (2) - § 51a Abs. 2c und e EStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften, npoR 2013, 125-128 Prätzler, Robert, Steuerbefreiung der Verwaltung von Sondervermögen, jurisPR-SteuerR 2013, Anm. 6 Raab, Anton, Zur Umsatzsteuerfreiheit der von einem Altenwohnheim erbrachten Leistungen, MwStR 2013, 409-413 Riegler, Barbara/Riegler, Bernhard, Aktuelle Entwicklungen bei der Umsatzbesteuerung der Schulverpflegung (Teil II), ZKF 2013, 121-126


npoR Heft 4/2013

npoR-Dokumentation

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Ritter, Gabriele, Neues zur Umsatzbesteuerung von Leistungen in der Altenpflege, SB 2013, 153-158

BGH, Urt. v. 10.7.2013 – IV ZR 224/12, Stiftung des bürgerlichen Rechts als Alleinerbin

Schlegel, Gerwin, Zum Vorsteuerabzug beim Amateurrennsport, NWB 2013, 2462

BGH, Beschl. v. 19.6.2013 – V ZB 130/12, Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Unanwendbarkeit der notariellen Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 2 KostO auf lediglich gemeinnützige Organisationen

Schmitz, Michael/Meffert, Werner, Zur Steuerpflichtigkeit kommunaler Kindertagesstätten, VR 2013, 155-158 Schotenroehr, Harald/Schotenroehr, Marc A., Möglichkeiten der Eigenkapitalbildung bei steuerbegünstigten Körperschaften - Die Zuführung zur freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO, DStR 2013, 1161-1163 Schütz, Robert/Runte, Julia, Das Ehrenamtstärkungsgesetz – neue Impulse für den Non-Profit-Bereich?, DStR 2013, 1261-1268 Siepmann, Michael, Zulässigkeit und Grenzen von Vereinbarungen zwischen einer Kommune und einem Stifter zur Beibehaltung eines niedrigen Gewerbesteuerhebesatzes, ZStV 2013, 102-107 Steinhauff, Dieter, Gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung bei Beteiligung einer ausländischen Familienstiftung an einer inländischen Personengesellschaft, jurisPR-SteuerR 2013, Anm. 2 Strahl, Martin, Steuergesetzgebung 2013 - Teil II, kösdi 2013, 18491-18504 Tegelkamp, Martin/Krüger, Christiane, Ein Sieg für das Ehrenamt?, FR ErtragssteuerR 2013, 490-497 Tehler, Hermann-Josef, Sport und Umsatzsteuer, UVR 2013, 247-251 Weisheit, Martina, Steuerliche Aspekte einer ehrenamtlichen Tätigkeit bei einer gemeinnützigen Stiftung, SB 2013, 143-146 Weisheit, Martina, Keine Vereinfachung von Auslandsspenden durch das neue Feststellungsverfahren nach § 60a AO, SB 2013, 164-169

Andere Rechtsgebiete EuGH, Urt. v. 12.9.2013 – T-347/09, Zur beihilferechtlichen Zulässigkeit der unentgeltlichen Übertragung bestimmter Flächen des Nationalen Naturerbes EuGH, Urt. v. 25.4.2013 – C-81/12, Homophobe Äußerungen des „Patrons“ eines Profifußballvereins können beweisrechtlich den Anschein einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung durch diesen Verein hervorrufen EuGH, Urt. v. 7.3.2013 – C-424/11, Zu den Grenzen der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von betrieblichen Altersversorgungssystemen BGH, Beschl. v. 22.7.2013 – NotZ(Brfg) 15/12, Zur Genehmigungsfähigkeit einer Nebentätigkeit eines Notars als Mitglied im Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung, die Anteilseignerin von auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Gesellschaften ist BGH, Urt. v. 12.7.2013 – V ZR 85/12, Zu den Ankaufsbedingungen eines Ankaufsrechts des Landes an begrünten privaten Innenhöfen im früheren Ostteil von Berlin

BGH, Urt. v. 1.3.2013 – V ZR 14/12, Zur Unzulässigkeit der Verwertung ungenehmigter Fotografien eines Grundstücks der Stiftung Preußische Kulturgüter OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.1.2013 – VI - U (Kart) 5/12, Zur Existenz eines kartellrechtlichen Aufnahmeanspruches gegenüber einem Handelsverband OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 13.6.2013 – 26 SchH 6/13, Zur Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung vor Entscheidung im Hauptverfahren nach § 1059 ZPO betreffend massive Ausschreitungen bei einem DFB-Vereinspokalspiel OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18.3.2013 – 1 U 215/11, Zur Möglichkeit der Geltendmachung einer Geldentschädigung für Verletzung eines gemeinnützigen Vereins in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, wenn der Geschäftsführer wegen des gleichen Sachverhalts bereits persönlich eine Geldentschädigung erstritten hat OLG Koblenz, Beschl. v. 18.3.2013 – 5 U 34/13, Zur vertraglichen und deliktischen Haftung des Veranstalters einer Wanderung OLG Köln, Urt. v. 7.12.2012 – 6 U 69/12, Grenzen zulässiger Telefonwerbung über den Hausnotrufdienst einer Malteser Hilfsorganisation unter Berücksichtigung der gemeinnützigen Zweckverfolgung OLG Köln, Beschl. v. 16.11.2012 – 19 Sch 24/12, Zur Zulässigkeit eines Schiedsspruchs durch das Vereinsgericht eines Rassezuchtvereins für Hovawart-Hunde LAG Hamm, Urt. v. 7.3.2013 – 8 Sa 1523/12, Zur Anwendbarkeit des KSchG betreffend den Hauptgeschäftsführer eines eingetragenen Vereins als ein durch Satzung berufener besonderer Vertreter im Sinne von 30 BGB LG Düsseldorf, Beschl. v. 30.4.2013 – 33 O 126/12, Zur Erforderlichkeit eines Aufsichtsrates bei einer gemeinnützigen GmbH nach den Vorschriften des Gesetzes über die Drittelbeteiligung VG Arnsberg, Urt. v. 7.6.2013 – 12 K 2195/12, Zur Anerkennung eines Hindu-Tempelvereins in Hamm als Körperschaft öffentlichen Rechts VG Freiburg, Urt. v. 27.7.2013 – 4 K 2412/12, Zu den Voraussetzungen der Genehmigung eines Infostandes in der Fußgängerzone für einen nicht-gemeinnützigen Verein Aberg, Pelle, Managing Expectations, Demands and Myths: Swedish Study Associations Caught Between Civil Society, the State and the Market, Voluntas 2013, 537-558 Andorfer, Veronika A./Otte, Gunnar, Do Contexts Matter for Willingness to Donate to Natural Disaster Relief?, Non-Profit and Voluntary Sector Quarterly 2013, 657-688


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npoR-Dokumentation

Bingham, Timothy/Walters, Geoff, Financial Sustainability Within UK Charities: Community Sport Trusts and Corporate Social Responsibility Partnerships, Voluntas 2013, 606-629 Breen, Oonagh B., The Disclosure Panacea: A Comparative Perspective on Charity Financial Reporting, Voluntas 2013, 852-880 Breuer, Viola, Engagement braucht Leadership – Initiativen zur Besetzung und Qualifizierung ehrenamtlicher Vereinsvorstände, ZStV 2013, 173-178

npoR Heft 4/2013

Lehner, Michael, Neufassung des World Anti-Doping Code 2015, KSzW 2013, 250-254 MacIndoe, Heather/Barman, Emily, How Organizational Stakeholders shape Performance Measurement in Non-Profits: Exploring a Multidimensional Measure, Non-Profit and Voluntary Sector Quarterly 2013, 716-738 Meyer Jr., Victor/Pascucci, Lucilaine/Murphy, Patrick J., Volunteers in Brazilian Hospitals: Good Citizens or Strategic Agents?, ISTR - Voluntas 2013, 293-310

Castelao Caruana, Maria Eugenia/Srnec, Cynthia Cecilia, Public Policies Addressed to the Social and Solidarity Economy in South America. Toward a New Model?, Voluntas 2013, 713-732

Milbourne, Linda/Cushman, Mike, From the Third Sector to the Big Society: How Changing UK Government Policies Have Eroded Third Sector Trust, Voluntas 2013, 485-508

Dainelli, Francesco/Manetti, Giacomo/Sibilio, Barbara, Web-Based Accountability Practices in Non-profit Organizations: The Case of National Museums, Voluntas 2013, 649-665

Moon, Seong-gin/Choi, Sang Ok, Ethic Giving versus Mainstream Giving by Foreign-Born Korean Immigrants in California, Non-Profit and Voluntary Sector Quarterly 2013, 803-827

Daxkobler, Katharina/Kerschner, Ina, Ist ein Base-Jumper ein Sportler? Felix Baumgartner und die Sportlerpauschalierungsverordnung, SWK 2013, 901-905

Nezhina, Tamara G./Ibrayeva, Aigerim R., Explaining the Role of Culture and Traditions in Functioning of Civil Society Organizations in Kazakhstan, Voluntas 2013, 335-358

Dolsâk, Nives, Climate Change Policies in the Transitional Economies of Europe and Eurasia: The Role of NGOs, Voluntas 2013, 382-402

Omona, Julius/Mukuye, Ronard, Problems of Credibility of NGOs in Uganda: Implications for Theory and Practice, Voluntas 2013, 311-334

Eggers, Winfried, Die E-Bilanz – ein neues Thema für Verbände, Verbändereport 2013, 38-41

Orth, Jan F., Sportrecht ist Wirtschaftsrecht, KSzW 2013, 211-216

Eggers, Winfried, Pensionsverpflichtungen von Verbänden: Eine tickende Zeitbombe?, Verbändereport 2013, 52-53

Richter, Hanns-Uwe/Müller-Foell, Julia, Wirksamkeit von Klauseln in Arbeitsverträgen des Profisports, KSzW 2013, 217-223

Germann, Michael, Zur Eingliederung von juristischen Personen des Privatrechts in eine öffentlich-rechtlich verfasste Religionsgemeinschaft, ZStV 2013, 186-191

Ritter, Gabriele, Bindung von Mitarbeitern durch die Einrichtung von Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten, SB 2013, 128-133

Graf Strachwitz, Rupert, Civic Traditions and Civil Society in Germany, Zimmer (Hrsg.), Civil Societies Compared: Germany and the Netherlands 2013, 81-104

Sandberg, Berit/Boriés, Sarah, Bürgerstiftungen in den Printmedien, Opusculum 2013, 4-56

Grambow, Tobias, Die betriebsverfassungsrechtliche Behandlung von Vereinen, Stiftungen und gGmbHs, ZStV 2013, 161-167

Schimke, Martin/Burghardt, Gabriel, Die Ausschlussfrist zur Abgabe der Lizenzunterlagen vor dem Hintergrund des Urteils des LG Duisburg vom 14.7.2009 - 6 O 231/09, KSzW 2013, 287-292

Harrison, Yvonne/Murray, Vic/Cornforth, Chris, Perceptions of Board Chair Leadership Effectiveness in Nonprofit and Voluntary Sector Organizations, Voluntas 2013, 688-712 Korff, Niklas, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien als Organisationsreform für Fußballprofiklubs, KSzW 2013, 263-267 Kremer, Sascha/Sander, Stefan, Athletenvereinbarungen: Zur Verfassungswidrigkeit aktuell üblicher Absprachen über Dopingkontrollen, KSzW 2013, 255-262 Kupfer, Jan/Neuß, Jörg, Die Vermarktung von Fußballclubs im Lizenzfußball - Ausgewählte Rechtsprobleme, KSzW 2013, 293-298 Lambertz, Paul, Die außerordentliche Kündigung von Sponsoringverträgen, KSzW 2013, 242-249 Lehmann, Manfred, Spendenbilanzierung nach IDW-Standard RS HFA 21 – Zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 139-158

Schmidt, Karsten, Verwertung ungenehmigter Fotografien eines Grundstücks der Stiftung Preußische Kulturgüter, JuS 2013, 939-942 Schurr, Francesco A., Die Stiftung und das System des Gemeinnützigkeitsrechts in Italien, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 269-285 Sinclair, Rowena/Bolt, Rebecca, Third Sector Accounting Standard Setting: Do Third Sector Stakeholders Have Voice?, Voluntas 2013, 760-784 Suárez, David F./Hwang, Hokyu, Resource Constraints or Cultural Conformity? Nonprofit Relationships with Businesses, Voluntas 2013, 581-605 Uhl, Matthias, Das Internationale Privatrecht der Stiftung und das Aufsichtsrecht, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 189-224


Rezension

npoR Heft 4/2013

Vetter, Michael, Kostentransparenz beim Stiftungsvermögen, SB 2013, 170-170 Vogelbusch, Friedrich, Verschärfte Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsgremien in Non-Profit-Unternehmen, npoR 2013, 130-134 von Appen, Jörg/Lanig, Katharina, Die Vermarktungsagentur als Handelsvertreter - das dicke Ende kommt zum Schluss?, KSzW 2013, 229-237 von Livonius, Hilger, Zum Betreiben eines Einlagengeschäfts, EWiR 2013, 461-462

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Wieschemann, Christof, Schuld und Sühne - Die Haftung der Fußballvereine für das Verhalten ihrer Anhänger, KSzW 2013, 268-277 Williams, Andrew P./Taylor, Jennifer A., Resolving Accountability Ambiguity in Nonprofit Organizations, Voluntas 2013, 559-580 Winand, Mathieu/Rihoux, Benoît/Robinson, Leigh/Zintz, Thierry, Pathways to High Performance: A Qualitative Comparative Analysis of Sport Governing Bodies, Non-Profit and Voluntary Sector Quarterly 2013, 739-762

von Schnurbein, Georg, Governance und Management von Förderstiftungen in Deutschland und in der Schweiz, Non Profit Law Yearbook 2012/2013, 1-15

Witesman, Eva M./Fernandez, Sergio, Government Contracts with Private Organizations: Are there Differences between Non-Profits and For-Profits?, Non-Profit and Voluntary Sector Quarterly 2013, 689-715

Ward, Sara/Scanlon, Thomas J./Hines, Tony, Mutuality Ownership Form and Professional Sports: Football, Non-Profit and Voluntary Sector Quarterly 2013, 763-780

Zollo, Ronald, Organized Labor‘s Civic Niche, Non-Profit and Voluntary Sector Quarterly 2013, 781-802

Weber, Christian, Die GmbH & Co. KGaA als Rechtsform eines Proficlubs der Fußball Bundesliga, GmbHR 2013, 631-638

Zorn, Theodore E./Grant, Suzanne/Henderson, Alison, Strengthening Resource Mobilization Chains: Developing the Social Media Competencies of Community and Voluntary Organizations in New Zealand, Voluntas 2013, 666-687

Weber, Oliver, Gold: Glänzende Anlage für ein Stiftungsvermögen?, SB 2013, 179-180 Weber, Peter C., Modernity, Civil Society, and Sectarianism: The Egyptian Muslim Brotherhood and the Takfir Groups, Voluntas 2013, 509-527 Wenzel, Jens, Bankerlaubnispflicht und Haftung der Geschäftsführer bei Stehenlassen sog. Winzergelder, NZG 2013, 814-817

Rezension

Stiftungsrecht, Kommentar zum BGB-Stiftungsrecht, zu den Landesstiftungsgesetzen und zum Stiftungssteuerrecht Von Christoph Stumpf, Joachim Suerbaum, Martin Schulte und Rudolf Pauli. München, Verlag C.H. Beck, 1. Auflage 2011, 818 S., 109,- EUR, ISBN 978-3406584114. Der Stumpf/Suerbaum/Schulte/Pauli ist die erste Kommentierung zum kompletten Stiftungsrecht. Neu für den Bereich der stiftungsrechtlichen Literatur ist die kompakte Darstellung sämtlicher Themen des Stiftungsrechts ausgehend von der Rechtsnorm in Form eines Kommentars. Damit steht dem Rechtsanwender erstmals ein Werk zur Verfügung, das alle relevanten Normen des über zahlreiche Einzelgesetze verstreuten Stiftungsrechts übersichtlich bündelt. Der Kommentar enthält eine ausführliche Einleitung, beginnend mit der historischen Entwicklung des Stiftungsrechts, fortfahrend mit einer Erklärung der wesentlichen Grundbegriffe bis hin zu einem internationalen Rechtsvergleich des Stiftungsrechts. Im Anschluss werden in vier Themenkomplexen das Stiftungsprivatrecht (§§ 80-88 BGB), das Landes-

stiftungsrecht mit Abdruck aller sechzehn Landesstiftungsgesetze, das kirchliche Stiftungsrecht der evangelischen und katholischen Kirche und sonstiger Religionsgemeinschaften sowie das Stiftungssteuerrecht behandelt. In seiner Kommentierung zum Landesstiftungsrecht vertritt Suerbaum noch eine kritische Haltung zur Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung (vgl. C 118 ff.). Entsprechende Regelungen in den Landesstiftungsgesetzen, die ohne Bezugnahme auf den Stiftungszweck oder irgendeine tatbestandliche Konditionierung im Sinne eines Vorbehaltes zugunsten reiner Verbrauchsstiftungen gedeutet werden können (vgl. § 4 Abs. 2 StiftG NRW), hält er für kompetenziell und inhaltlich fragwürdig. Das Bundesrecht normiere in den §§ 80 ff. BGB abschließend die Anerkennungsvoraussetzungen für Stiftungen, worunter auch das Tatbestandsmerkmal der „dauerhaften Verwirklichung des Stiftungszwecks“ falle. Da es an einem Abweichungsvorbehalt zugunsten der Länder fehle, könne der Landesgesetzgeber schon aus formellen Gründen keine Aussage zur Zulässigkeit von Verbrauchsstiftungen treffen. Im Übrigen sei bei der Verbrauchsstiftung in Abgrenzung zur Stiftung auf Zeit der Zweck nicht zeitlich limitiert, sondern weiterhin erfüllbar; seine Verwirklichung solle allein


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Fachliteratur

wegen eines geplanten Verzehrs des Stiftungsvermögens enden. Dies sei mit dem dienenden Charakter des Stiftungsvermögens für die Verwirklichung des Stiftungszwecks nicht vereinbar. Ein nicht durch die Zwecksetzung gebotener Verzehr diene nicht der dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks. Der Verbrauch von Grundstockvermögen sei nur dann zulässig, wenn die Zweckerfüllung es erfordere. Mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz, das erst nach Erscheinen des Kommentars zum 21. März 2013 wirksam geworden ist, ist die Verbrauchsstiftung auf bundesrechtlicher Ebene gesetzlich ausdrücklich anerkannt worden (vgl. §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 Satz 2 BGB). Landesgesetzliche Regelungen zur organbeschlossenen Satzungsänderung (vgl. die Kommentierung C 88 ff.) hält Suerbaum indessen grundsätzlich für zulässig, da § 87 Abs. 1 BGB die Frage der Satzungsänderung im Stiftungsrecht nicht abschließend regele. Die landesgesetzlichen Regelungen forderten für eine solche organbeschlossene Satzungsänderung entweder einen Änderungsvorbehalt in der Satzung – wobei auch ohne landesgesetzliche Vorgabe ein solcher Änderungsvorbehalt in der Stiftungssatzung als Ausfluss der Stifterfreiheit grundsätzlich zulässig sei − oder aber sähen (ergänzend oder alternativ) kraft Gesetzes eine Änderungsbefugnis der zuständigen Stiftungsorgane vor. Suerbaum kritisiert die inhaltliche Ausgestaltung solcher gesetzlicher Änderungsbe-

fugnisse in einzelnen Landesstiftungsgesetzen. So hält er das in einigen Landesstiftungsgesetzen normierte Zustimmungserfordernis des Stifters − sofern dieser noch lebt − für nicht systemkonform, da im Stiftungsrecht grundsätzlich nicht der aktuelle Wille, sondern der in der Stiftungssatzung verobjektivierte Wille des Stifters maßgeblich sei. Im Übrigen dürften jedenfalls solche Satzungsänderungen, die zu einer Änderung des Stiftungszwecks führen, nicht unbegrenzt in das freie Belieben der Stiftungsorgane gestellt werden. Dafür spreche schon das Bestimmtheitsgebot, jedenfalls aber fehle es an der von § 80 Abs. 2 BGB geforderten dauernden und nachhaltigen Zwecksetzung, wenn der Stiftungszweck beliebig von den Stiftungsorganen in Frage gestellt werden dürfe. Suerbaum fordert daher, landesgesetzliche Regelungen, die Änderungen des Stiftungszwecks in der Satzung vorbehaltlos erlauben, um die aus dem Bundesrecht resultierenden Anforderungen für Zweckänderungen zu ergänzen. Dadurch würde eine Änderung des Stiftungszwecks in der Stiftungssatzung nur dann zulässig, wenn sie wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse geboten sei. Zahlreiche Landesgesetze enthielten bereits dieses zusätzliche Tatbestandsmerkmal. Dr. Emily Plate-Godeffroy Bucerius Law School, Hamburg

Fachliteratur

Der funktionale Stiftungsbegriff als Denkmodell eines rechtsformübergreifenden Stiftungsrechts

Stiftungsmanagement. Ein Leitfaden für erfolgreiche Stiftungsarbeit (StiftungsRatgeber Band 4)

Von Eva Frankenberger. Frankfurt a.M., Peter Lang Verlag, 2013. 193 S., 45,95 EUR, ISBN 978-3631645307. Ausgehend von dem von A. Schlüter entwickelten funktionalen Stiftungsbegriff untersucht die Autorin in ihrer rechtswissenschaftlichen Dissertation zunächst, inwieweit eine Gleichwertigkeit zwischen der rechtsfähigen Stiftung und ihren Ersatzformen, der unselbständigen Stiftung und der Stiftungskörperschaft besteht und wie eine Annäherung mit gestalterischen Mitteln erreicht werden kann. Im zweiten Teil identifiziert sie auf der Grundlage des funktionalen Stiftungsbegriffs rechtsformübergreifende Stiftungsprinzipien, um aus diesen Lösungsansätze für kontroverse Fragen des Stiftungsrechts wie den Grundrechtsschutz des Stifters, die Zustiftung zu Teilzwecken der Empfängerstiftung, die Vermögensbindung im Fall der Auflösung bzw. des Rechtsformwechsels der Stiftung sowie die Behandlung von Stiftungskörperschaften im Gemeinnützigkeitsrecht zu entwickeln.

Von Hans Fleisch. Berlin, Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V., 2013. 188 S., 19,80 EUR, ISBN 978-3-941368-50-7. Der „Leitfaden für erfolgreiche Stiftungsarbeit“ behandelt die grundlegenden Fragen des Stiftungsmanagements und richtet sich in erster Linie an diejenigen, die in einer Stiftung ehren- oder hauptamtlich Verantwortung tragen oder künftig tragen möchten, sowie an Berater von Stiftungen. Der Autor, Prof. Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär beim Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. und Geschäftsführer der Deutschen StiftungsAkademie, hat in dieses Buch seine langjährige Erfahrung beim Aufbau, in der Beratung und in der Geschäftsleitung von Stiftungen einfließen lassen. Der Ratgeber zeichnet sich daher durch eine besondere Praxisnähe aus. Als grundlegenden Erfolgsfaktor für die Wirkung von Stiftungen betont er die Fokussierung und den gezielten Einsatz von Hebeln. Dr. Emily Plate-Godeffroy Bucerius Law School, Hamburg


Veranstaltungsberichte

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Veranstaltungsberichte Der Dritte Sektor zwischen Gemeinwohl und Ökonomisierung Bericht über die 13. Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-Profit-Rechts

Zum 13. Mal trafen sich am 8. und 9. November 2013 führende Wissenschaftler und Praktiker zur Jahrestagung des Dritten Sektors. Auf Einladung des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen der Bucerius Law School in Hamburg diskutierten sie in drei Themenblöcken über die Zukunft der gemeinnützigen Organisationen zwischen Gemeinwohl und Ökonomisierung. 8. November 2013 Die Direktorin des Instituts, Prof. Dr. Birgit Weitemeyer, führte durch den ersten Tag. In ihrer Eröffnung rief sie sehr persönlich die Bedeutung des Dritten Sektors in Erinnerung und setzte damit den Rahmen für die folgenden Vorträge und Diskussionen. In der Hamburger Rede zum Thema „Gezeitenwende in der Anlagepolitik“ reflektierte Rolf Hunck, Vorstandsvorsitzender der Hartog Stiftung, über seine fünfzigjährige Erfahrung in Bank und Stiftungen. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftslage, insbesondere der Verschuldungskrise und der Eurokrise, warnte er vor der hohen Inflation und zeigte mögliche Anlagestrategien für Stiftungen auf. Er warb für den Aufbau von Aktienportfolios, gab Hinweise für eine erfolgreiche Anlagestrategie und prognostizierte hierfür eine Aktienrendite von 5-6%. Den ersten Themenblock „Stiftungsrecht“ eröffnete Prof. Dr. Peter Rawert, Notar in Hamburg, mit einem Vortrag zur gesetzlich neu geregelten Verbrauchsstiftung. Nach einem historischen Abriss über die vor der Gesetzesänderung bestehenden Möglichkeiten zur Beschränkung der Lebensdauer von Stiftungen beschrieb er in großer Klarheit das Gesetzgebungsverfahren des Ehrenamtsstärkungsgesetzes. Rawert entlarvte die Forderung der Bundesländer nach einer größeren Reform des Stiftungsrechts, um dann insbesondere eine Stiftungsrechnungslegung zu normieren, vor dem Hintergrund ihrer früheren Blockade gegen gerade dieses Regelungsgebiet als reine Verzögerungstaktik. Anschließend gab er kautelarjuristische Ratschläge zur Gestaltung moderner Verbrauchsstiftungen, erläuterte das Verfahren zur Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung sowie ihrer Beendigung und zeigte anhand einiger Fallbeispiele die rechtlichen Hauptfragen auf. Das öffentliche Recht war Gegenstand des sich anschließenden Vortrags „Nachhaltigkeit in der Krise; Stiftungssteuerung durch Neuausrichtung der Stiftungsaufsicht und Regelungsalternativen zu § 87 BGB“ von Prof. Dr. Michael Droege, Universität Mainz. Droege stellte die Aussagekraft des Stiftungsreports 2013/2014, der der Stiftungsaufsicht besonders gute Arbeit bescheinigte, in Frage. Er analysierte Funktion und Instrumente der Stiftungsaufsicht und kritisierte die weit interpretierte Subsidiarität sowie die kaum begründete Entscheidung BVerwGE 40, 347, in der die Stiftungsaufsicht

auf die reine Rechtskontrolle beschränkt wurde. Auf dieser Grundlage sprach er sich für eine Reform des § 87 BGB aus und stellte alternative Aufsichtsformen vor, etwa eine Bundesstiftungsagentur oder eine Aufsicht durch Selbstverwaltungskörperschaften. Die Diskussion mit den Stiftungsreferenten aus Bayern (Dr. Wolfram Backert), Hamburg (Jakob Nicolai) und Niedersachsen (Sigrun Kraim) behandelte schwerpunktmäßig die Verbrauchsstiftung sowie die Vorschläge alternativer Aufsichtsformen. Gründungen von und Umwandlungen in Verbrauchsstiftungen nach dem Ehrenamtsstärkungsgesetz habe es bislang kaum gegeben. Insbesondere Nicolai äußerte sich zurückhaltend über das Institut der Verbrauchsstiftung, lobte aber die durch das Gesetz erreichte Rechtssicherheit. Prof. Dr. Dominique Jakob, Universität Zürich, berichtete von der Schweizer Verwaltungspraxis, die auch ohne eine explizite gesetzliche Regelung der Einrichtung von Verbrauchsstiftungen sehr offen gegenüberstehe. Ebenfalls rechtsvergleichend, mit einem Verweis auf die zeitlich begrenzten Carnegie Foundation und Gates Foundation, warb Dr. Rupert Graf Strachwitz, Maecenata Institut, Berlin, für den Nutzen von Verbrauchsstiftungen. Die aufsichtsrechtlichen Reformvorschläge von Droege stießen bei den anwesenden Stiftungsreferenten überwiegend auf Kritik. Eine Bündelung von Stiftungsaufsichten würde aufsichtsrechtliche Pluralität und den im Föderalismus möglichen Wettbewerb verhindern. Rawert warnte vor den Gefahren einer Selbstverwaltungskörperschaft des stark selbstbezogenen Stiftungssektors. Über Fonds, Kapitalanlagen und Finanzinstrumente für Stiftungen referierte Dr. Marcus Helios, Rechtsanwalt und Steuerberater, Düsseldorf, und behandelte damit Rechtsfragen, die bislang kaum beleuchtet wurden, aber in Zeiten eines Niedrigzinses besondere Bedeutung gewinnen. In dem ersten, generellen Teil wurde der gemeinnützigkeitsrechtliche Umgang mit Ertrag und Verlusten von Anlagen aufgezeigt. Helios kam zu dem Ergebnis, dass im Grundsatz kein Finanzinstrument für Stiftungen verboten sei. Darauf aufbauend analysierte er die rechtliche Zulässigkeit ausgewählter Finanzinstrumente, insbesondere Fondsanlagen, Eigen- und Fremdkapitalinstrumente sowie derivative Anlagen. Hier lag der Schwerpunkt auf der Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten und der Verwendungspflicht von Gewinnen sowie deren Versteuerung. In einem lebendigen Vortrag gab Jakob Einblicke in den Kodifizierungsprozess der Europäischen Stiftung und des europäischen Gemeinnützigkeitsrechts. Anhand einiger Fälle grenzüberschreitender Tätigkeit gemeinnütziger Organisation unterstrich er das praktische Bedürfnis für eine Einigung auf europäischer Ebene und legte die verschiedenen Regelungsebenen dar. Sodann schilderte er den bisherigen Verlauf des Regulierungsprozesses, von den ersten wissenschaftli-


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chen Studien über den Kommissionsvorschlag und die Stellungnahmen bis hin zu den Verordnungsüberlegungen des Europäischen Parlaments. Anhand dreier Kriterien (attraktive Stiftungsform, grenzüberschreitende Stiftungstätigkeit und Verbesserung der steuerlichen Situation) bewertete er die derzeitigen FE-VO. Im Anschluss an sein ernüchterndes Urteil über Verlauf und Zwischenergebnis des Verfahrens präsentierte er einige Vorschläge zur Verbesserung des derzeitigen Entwurfs. Er plädierte auf gesellschaftsrechtlicher Ebene für eine stärkere Selbstregulierung durch Kodizes und mahnte auf steuerrechtlicher Ebene, das Momentum für ein rechtsformunabhängiges, europäisches Gemeinnützigkeitsrecht nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Anschließend wurde mit Dr. Stephan Schauhoff, Rechtsanwalt und Steuerberater, Bonn, und Dr. Klaus Wehmeier, Körber-Stiftung, Hamburg, über mögliche Inhalte und taktisches Vorgehen bezüglich des europäischen Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts diskutiert. Schauhoff betonte die praktische Bedeutung eines europäischen Gemeinnützigkeitsrechts und beurteilte eine alleinige Regelung der europäischen Stiftung als wenig interessant für die Praxis. Er wies auf die gemeinsamen Werte und rechtlichen Ähnlichkeiten der Mitgliedsstaaten hin und monierte, dass einzelne Personen in Judikative und Exekutive überflüssige Probleme schaffen würden. Wehmeier unterstrich den besonderen Praxisbedarf eines europäischen Gemeinnützigkeitsrechts mit Praxisbeispielen der Körber-Stiftung. Die Schaffung einer europäischen Stiftung sei auch für sich genommen ein gutes erstes Zeichen, dass die Europäische Union sich der Themen des Dritten Sektors annehme. Den zweiten Themenblock „Wohlfahrtsorganisationen zwischen Wirtschaft und Gemeinnützigkeit“ eröffnete Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt, Rechtsanwalt, Hamburg, mit einer Einführung in das Arbeitsrecht kirchlicher Wohlfahrtsunternehmen. Der Schwerpunkt lag auf dem Individualarbeitsrecht, das Hohenstatt im Gefüge des nationalen und europäischen Rechts aufzeigte. Anhand der aktuellen Rechtsprechung untermauerte er die Einschätzung, dass aufgrund strengerer Auslegung die Reichweite kirchlicher Selbstverwaltungsgarantie beschränkt werde. Auch beim Kollektivarbeitsrecht gebe es aufgrund zweier Urteile des BAG von 2012 Anpassungs- und Regelungsbedarf. In der nachfolgenden Diskussion berichteten die Vertreter der kirchlichen Wohlfahrtsorganisationen von ihren arbeitsrechtlichen Erfahrungen. Prof. Dr. Georg Cremer, Deutscher Caritasverband, Freiburg, prognostizierte, dass sich katholische Organisationen gegenüber der zivilrechtlichen Zweitehe öffnen und Kündigungen deswegen seltener würden. Dr. Wolfgang Teske, Diakonie Mitteldeutschland, Halle, und Wolfgang Janowsky, EvangelischLutherische Landeskirchenstelle, Ansbach, kritisierten das aggressive Verhalten der Gewerkschaften, das angesichts des geringen Rückhalts bei den Angestellten unangemessen sei. Sascha Voigt de Oliveira, Rechtsanwalt und Steuerberater, Berlin, stellte in seinem Vortrag die Vorzüge einer ausdifferenzierten Wirkungsmessung gegenüber einer reinen Verwaltungskostenquote dar. Seit Tätigkeiten gemeinnütziger Organisationen auch für erwerbswirtschaftliche Unternehmen interessant geworden seien, müssten diese ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Außerdem stünden gemeinnützige Organisationen unter einem wachsenden Legitimationszwang ihrer steuerrechtlichen Privilegien. Eine Hinwendung zur Wirkungsmessung könne sowohl Wettbewerbsfähigkeit wie auch Legitimierung unterstützen. Anhand einer empirischen Studie der KPMG zeigte er Vorteile, Bedeutung, Herausforderung

und Verbreitung der Wirkungsmessung auf. Voigt de Oliveira monierte, dass rechtlich meist nur an die Verwaltungsquote angeknüpft werde, belegte de lege lata und forderte de lege ferenda eine stärkere Beachtung, etwa in Satzung und Geschäftsordnung, sowie eine verstärkte Entwicklung von Wirkungsmessungsverfahren. Zahlreiche Wissenschaftler und Vertreter von Wohlfahrtsverbänden warnten in der anschließenden Diskussion indes davor, den Gemeinnützigkeitsstatus an die Effektivität der Organisationsarbeit zu koppeln. Dies könnten die Aufsichtsbehörden nicht überwachen, Pluralität und zivilgesellschaftlicher Mehrwert gemeinnütziger Arbeit stünden auf dem Spiel. Stattdessen wurde für eine weichere Verankerung, etwa in einem Kodex, plädiert. Sehr viel offener standen Vertreter mittelvergebender Organisationen einer Wirkungsmessung gegenüber. Dr. Christian Meyn, Auridis GmbH, Neuss, warnte vor den Gefahren der Verwaltungsquote, die nur Aufschluss über Effizienz gebe. Es könne nämlich auch sehr effizient das Falsche erreicht werden. „Die Umsatzbesteuerung von Zweckbetrieben und ihre Steuerbefreiung nach nationalem Recht und Europarecht – was muss sich ändern?“ fragte Dr. Jörg Alvermann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Köln, und gab in seinem Vortrag erste Antworten. Er zeigte anhand einiger höchstrichterlicher Urteile die Diskrepanz zwischen europäischem Recht und dem umgesetzten nationalen Recht auf. Dies habe zu einer starken Rechtsunsicherheit und einer Explosion an Streitfällen geführt. Da je nach Lage ein Interesse gegen die Umsatzsteuer (für die Verbilligung der Ausgangsbesteuerung) oder an dieser (für den Vorsteuerabzug) bestehe, habe ein Rosinenpicken stattgefunden. Zusammenfassend zeigte er den Handlungsbedarf für die Finanzverwaltung, den nationalen Gesetzgeber und die EU auf. Unter der Leitung von Dr. Rupert Graf Strachwitz, Maecenata Institut, Berlin, diskutierten Prof. Dr. Georg Cremer, Prof. Dr. Michael Ling, Justiziar des Bistums Mainz, Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin, und Dr. Wolfgang Teske über „Zweckbetriebe zwischen Wirtschaftlichkeit, Gewerbe, Gemeinwohl und ideellem Zweck“. Zunächst beschrieben die Vertreter der kirchlichen Wohlfahrtsorganisationen ihre Schwierigkeiten, karitative Arbeit in der sich verändernden Gesellschaft sowie einem Tätigkeitsfeld zu leisten, das zunehmend auch für erwerbswirtschaftliche Unternehmen interessant wird. Hans-Joachim Otto mahnte, es müsse vor allem die Wettbewerbsgleichheit für gewinnorientierte Unternehmen sichergestellt werden. Damit stieß er auf breite Kritik. Zum einen wurde auf den zivilgesellschaftlichen Mehrwert von gemeinnütziger und ehrenamtlicher Arbeit hingewiesen. Zum anderen überträfen die wirtschaftlichen Nachteile des Gemeinnützigkeitsstatus häufig die dadurch erhaltenen Steuerprivilegien. Cremer betonte auch die Vorteile der Marktöffnung, die in einer Reihe von Feldern zu einer stärkeren Orientierung auf die Interessen der Nutzer und mehr Wahlmöglichkeiten geführt habe. Die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage bei den Wohlfahrtsverbänden seien je nach Tätigkeitsfeld und Region äußerst unterschiedlich. Zudem kritisierte er die Ansicht, es handle sich etwa bei der Krankenhausfinanzierung um staatliche Gelder; im Ergebnis bestimmten vielmehr die Versicherten mit ihrer Leistungswahl die Zuteilung der Mittel. 9. November 2013 Der zweite Tag und damit der dritte Themenblock „Aktuelles Gemeinnützigkeitsrecht“ unter Leitung von Prof. Dr. Rainer


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Hüttemann, Universität Bonn, begann mit einem Vortrag von Dr. Martin Strahl, Steuerberater, Köln, über „Die Besteuerung von privaten und öffentlichen Forschungseinrichtungen sowie ihrer Kooperationen“. Strahl arbeitete zunächst die Grenze zum Gemeinnützigkeitsrecht heraus, die private Forschungseinrichtungen überschreiten, wenn sie im Auftrag Dritter Forschungsprojekte durchführen. Im zweiten Teil skizzierte er die Besteuerung öffentlicher Forschungseinrichtungen, insbesondere deren Zusammenarbeit mit Dritten aufgrund privatrechtlicher Kooperationsverträge. Zudem zeigte er jeweils die Vorzüge und rechtlichen Konstruktionsmöglichkeiten der, auch gemeinsam mit dem Kooperationspartner erfolgenden, Gründung von Tochtergesellschaften auf. In der anschließenden Diskussion berichtete Dr. Doreen Kirmse, Max-PlanckGesellschaft, München, von zunehmenden umsatzsteuerlichen Problemen bei der gemeinsamen Finanzierung von Lehrstühlen durch Universitäten und durch die Max-PlanckGesellschaft. Über die Neufassung des IDW RS HFA 5 zur Rechnungslegung von Stiftungen referierte Harald Spiegel, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, München. Anhand der fünf großen Themenkomplexe Kapitalerhaltungskonzept, Eigenkapitalgliederung, Leistungszusagen, Gewinn- und Verlustrechung sowie Einnahmen- und Ausgabenrechnung, beschrieb und bewertete er die avisierten Neuerungen des IDW-Standards. Er resümierte, dass etwa durch die Anerkennung von Kapitalrücklagen oder dem Wahlrecht zwischen dem Gesamtkosten- und dem Umsatzkostenverfahren durch die Reform neue Flexibilität gewonnen werde. Anderseits zeigte er die weiterhin bestehenden Hürden auf, etwa die neutrale Gesellschaftereinlage oder die steuerrechtlichen Unschärfen. In der anschließenden Diskussion mit Henning Otto, VolkswagenStiftung, Hannover, und Prof. Dr. Reiner-Peter Doll, Hochschule Heilbronn, Vorsitzender des Arbeitskreises „Rechnungslegung und Prüfung von NPO“ beim IDW, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, München, wurde über die Vorzüge der realen Eigenkapitalgliederung und der steuerrechtlichen Behandlung von Umschichtungsergebnissen gesprochen. Henning Otto berichtete von den vor der Einführung des § 58 Nr. 7 AO bestehenden aufsichtsrechtlichen Problemen, Rücklagen für die Kapitalerhaltung zu bilden. Zudem sprach er sich gegen eine Definition von kleinen und großen Stiftungen aus, um auch weiterhin rechtliche Flexibilität erhalten zu können. Allgemein wurde bemängelt, dass die Reform des IDW RS HFA 5 bislang ohne eine wirkliche Einbindung der Stiftungen erfolgt sei und daher mangelnde Akzeptanz befürchten lasse. Die diesjährige Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung des BFH zum Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht gab Dr. Frank Schindler, Richter am Finanzgericht Hamburg. Detailliert stellte er die Entscheidungen des BFH zur Gemeinnützigkeit von Körperschaften, zur Einkommensteuerfreiheit von Einnahmen natürlicher Personen sowie zur Umsatzsteuer dar und umriss die wichtigsten beim BFH anhängigen Verfahren. Dabei systematisierte er die Entscheidungen, kritisierte insbesondere die sehr stark am Wortlaut verharrende Rechtsprechung des I. Senats des BFH und gab

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Hinweise für die Praxis. Gegenstand der folgenden Diskussion war das BFH-Urteil vom 13. Juni 2012 (I R 71/11, BFH/ NV 2013, 89). Hüttemann übte unter Beifall der Anwesenden starke Kritik an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 65 Nr. 3 AO. Durch die Aufhebung der 20%-Hürde komme es zu großen Rechtsunsicherheiten. Auch Albrecht Kasper, Albertinen-Stiftung, Hamburg, berichtete von einem ähnlichen Fall aus Hamburg und warnte vor einer Klagewelle. Carina Emser, Bundesministerium der Finanzen, Berlin, sah keinen Raum für eine Privilegierung von Zweckbetrieben wie die des Mahlzeitendienstes. Thomas von Holt, Rechtsanwalt und Steuerberater, Bonn, entgegnete, wissenschaftliche Studien hätten keinen Nachweis für einen Markteinfluss derartiger Betriebe gefunden. Die Sicht der Finanzverwaltung auf die aktuelle Entwicklung des Gemeinnützigkeitsrechts stellte Ingo Graffe, Ministerium der Finanzen, Rheinland-Pfalz, dar. Anhand einiger anschaulicher Beispiele aus der Verwaltungspraxis zeigte er Probleme auf, die durch Gesetzesänderungen, insbesondere das Ehrenamtsstärkungsgesetz, entstanden sind. Probleme bereiten etwa § 51 Abs. 2 AO für ausländische Körperschaften und die unwiderlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 AO, die mangels einheitlicher Regeln der Verfassungsschutzberichte und häufig sehr zurückhaltender Auskünfte von Bund und Ländern wenig praktikabel sei. Ebenfalls zu starr seien § 53 Nr. 2 S. 3 und 6 AO sowie § 66 AO formuliert, für die Graffe insbesondere eine Ergänzung von „gleichartigen Einrichtungen“ forderte. Der neue § 58 Abs. 1 Nr. 3 AO bringe nur Scheinsicherheit und vergrößere die Bürokratie. Weitere Beispiele betrafen die Auslegung der §§ 55, 60a, 62 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, 63 Abs. 5 AO. Die Tagung schloss mit einer Diskussion der Referenten des dritten Themenblocks mit Emser. Schwerpunkte waren hier § 53 Nr. 2 S. 8 AO sowie § 60a AO und mögliche Themen der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene. Zudem regten Berater und Stiftungsvertreter eine zügige Anpassung der entsprechenden Vordrucke (etwa für die Zuwendungsbestätigung) an und fragten, ob ein Nachweis für die Mittelverwendung geplant sei; letzteres verneinte Graffe. Rainer Bode, Landesarbeitsgemeinschaft soziokultureller Zentren NRW, Münster, zeigte sich überrascht, dass es keine weitergehende Analyse über die Wirkung der Gesetzesreform gebe. Schließlich erläuterte Emser, auf welchen Zeitpunkt die Bescheide nach § 60a AO nach Ansicht des BMF rückwirken. Die 13. Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-ProfitRechts belegten erneut, wie wichtig die Vernetzung von Wissenschaft und Praxis ist. Grundlage waren die exzellenten Vorträge und Diskussionen zusammen mit den ausführlichen Tagungsunterlagen. Abgerundet wurde dies durch die vielen persönlichen Gespräche in den Pausen und dem vergnüglichen gemeinsamen Abendessen in der Hamburger Speicherstadt. Friedrich von Schönfeld, Doktorand am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Bucerius Law School, Hamburg


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Bericht über den Schweizerischen Juristentag 2013 – Demokratie und Stiftungsrecht Appenzell, 13. und 14. September 2013 Angesichts der zu verhandelnden Themen, „Demokratie“ und „Stiftungsrecht“, hätte der Tagungsort des diesjährigen Juristentages nicht besser gewählt werden können. Zum einen gilt Appenzell mit seiner traditionellen Landsgemeinde als Sinnbild der direkten Demokratie schlechthin. Zum anderen ist es gerade eine Stiftung, die die Tagungslokalität Kunsthalle Ziegelhütte unterhält, die sich noch dazu auf dem Areal der über 500-jährigen Korporation Stiftung Ried befindet, einer der ältesten Sozialeinrichtungen Europas. Der Vortragssaal in der Kunsthalle war schließlich just über dem Brennofen der ehemaligen Ziegelei gelegen – was zur warmen Atmosphäre des Anlasses sowie den feurigen Voten und heißen Diskussionen beigetragen haben mag. Nach der Generalversammlung des Schweizerischen Juristenvereins durfte dessen Präsidentin, Prof. Dr. Regula KägiDiener, eine illustre Runde von Persönlichkeiten aus Politik, Justiz und Wirtschaft ebenso wie zahlreiche Juristinnen und Juristen aus dem In- und Ausland begrüßen und das Wort sogleich dem regierenden Landammann Daniel Fässler übergeben. Dieser legte in seiner Ansprache die historische Entwicklung und heutige Stellung der Landsgemeinde Appenzell dar und schlug damit den perfekten Bogen zum ersten Tagungsthema, der „Demokratie“. Prof. Dr. Martina Caroni (Luzern) ergründete in ihrem Vortrag „Herausforderung Demokratie“ zunächst, wer oder was denn eigentlich das „Volk“ sei, und kam zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um einen dynamischen, sich verändernden Begriff handelt. Die Referentin betonte, dass die Teilelemente einer Demokratie permanent auf ihren Kerngehalt hinterfragt werden müssen, und vertiefte die mit dieser Erkenntnis verbundenen Herausforderungen anhand der Diskussion um die Einführung eines Ausländerstimmrechts auf kantonaler und kommunaler Ebene. Daneben stand die Finanzierung politischer Kampagnen im Fokus. Hier forderte Caroni Reformen. De lege ferenda sei zu überlegen, die private Kampagnenfinanzierung mittels eines „blinden Fonds“ abzuwickeln. Mit einem solchen vertraulichen, zwischen anonym bleibendem Spender und Empfänger geschalteten Instrument könne das Vertrauen in die Legitimationswirkung demokratischer Wahlen erhalten bleiben. Im zweiten Vortrag zum Thema „La démocratie directe en Suisse au XXIe siècle – une évolution nécessaire?“ befasste sich Dr. Stéphane Grodecki (Genf) mit dem Verhältnis zwischen Volksinitiativen und der Achtung von Menschenrechten. Der Referent zeigte anhand jüngerer Beispiele auf, wie die Bundesbehörden mit solchen Volksinitiativen umgehen, die gegen fundamentale Menschenrechte verstoßen. Dabei kritisierte er die zurückhaltende Praxis der Bundesversammlung, die im Zweifel keinen Verstoß annimmt und sich mithin für die Zulässigkeit der Initiative entscheidet. Der Referent erläuterte die Vorschläge des Bundesrats vom März 2013, wonach Volksinitiativen einer materiellen Vorprüfung unterzogen und die Voraussetzungen für Verfassungsänderungen verschärft werden sollen. Da die vorgeschlagene Neufassung des einschlägigen Art. 139 Abs. 3 der Schweizerischen Bundesverfassung wenig griffig sei, favorisierte es Grodecki, ei-

nen Rechtsweg an das Bundesgericht zu eröffnen, um Volksinitiativen justiziabel zu machen. Die anschließende Diskussion unter der Leitung von Prof. Dr. Pascal Mahon (Neuenburg) war von zahlreichen Wortmeldungen aus dem Publikum geprägt. Vertreter der Politik, der Behörden und der Wissenschaft lobten die progressiven Ansätze der Referenten, unterzogen deren Argumente aber einer kritischen Prüfung. So wurde vor allem über die demokratische Legitimation und die konkrete Ausgestaltung eines Stimmrechts für Ausländer sowie über den Umgang mit völkerrechtswidrigen Volksinitiativen vertieft diskutiert. Der ehemalige Bundesrat Prof. Dr. Arnold Koller wies darauf hin, dass letztere Problematik noch im 20. Jahrhundert von nur marginaler Bedeutung gewesen sei; die Schweiz sei damals weit weniger völkerrechtlichen Verpflichtungen als heutzutage unterlegen, und Volksinitiativen seien seltener als heute zustande gekommen. In der „Inflation“ von Volksinitiativen wittert Koller sodann eine Gefahr für das Gleichgewicht von direkt- und indirektdemokratischen Elementen im Schweizer Staatswesen. Darüber hinaus sei das Thema der angenommenen völkerrechtlichen Volksinitiativen bei den Bürgern noch nicht angekommen, so dass hierüber eine öffentliche Debatte anzustreben sei. Im Anschluss an die lebhafte Diskussion durften die Teilnehmer im pittoresken Großratssaal des Appenzeller Rathauses den Ausführungen des Leiters des Kulturamtes und „stillstehenden Landammanns“ Roland Inauen lauschen, der allerlei Fesselndes über die Geschichte des Kantons und die prägenden religiösen Grabenkämpfe zu berichten wusste. Besonderen Eindruck hinterließ eine gleich einem Damoklesschwert an der Saaldecke befestigte rosettenartige Scheibe, auf der eine Szene aus dem „Urteil des Kambyses“ abgebildet ist. Nach der zugehörigen Legende befahl der persische Herrscher Kambyses, einem korrupten Richter die Haut abzuziehen, um mit dieser den Richterstuhl zu bespannen, auf welchem der Nachfolger im Richteramte fortan zu sitzen hatte. Dieses „Warnschild“ sollte die hiesigen Richter stets daran erinnern, sich um ein gerechtes Urteil zu bemühen. Nach dieser Schauergeschichte bedurfte es einer Stärkung. Daher lud die Präsidentin zu einem Apéro unter den historischen Rathausbögen, bevor der erste Tag durch ein von musikalischen Einlagen im „Appezöller-Dialekt“ begleitetes Galadinner beschlossen wurde. Dort sprach Dr. Ivo Greiter, Vizepräsident des österreichischen Juristentages, ein Grußwort und überreichte seinen Schweizer Kollegen ein Buch über die Suche nach kreativen Lösungen im Recht – freilich nicht ohne einige vielversprechende Kostproben aus diesem Werk vorzustellen. Am frühen Samstagmorgen erwartete das Publikum den Vortrag von Prof. Dr. Dominique Jakob (Zürich) zum Thema „Ein Stiftungsbegriff für die Schweiz“. Im Rahmen der Erläuterung der Grundparameter des Schweizer Stiftungsrechts sowie der aktuellen Reformbestrebungen zeigte der Referent die problematische Konzeption der inzwischen gescheiterten Motion Luginbühl auf. Unter den Beteiligten des Dritten Sektors sei dieser Gesetzesvorstoß zum Teil auf Unverständnis gestoßen und habe eine gewisse Nervosität ausgelöst. Anstatt


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quasi im Rundumschlag die „Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandorts Schweiz“ – so der Titel der Motion – zu fordern, plädierte Jakob dafür, etwaige neuralgische Punkte der aktuellen Rechtslage zunächst einmal genau herauszuarbeiten und in ihrem jeweiligen rechtlichen Umfeld zu analysieren; auf diesem Boden müssten dann einheitliche Leitwertungen gefunden werden, um das durch verschiedenste Schauplätze geprägte Stiftungsrecht homogen weiterzuentwickeln. Vor diesem Hintergrund befasste sich der Referent mit der Frage, welche Stiftungsstrategie die Schweiz verfolgen und wie eine solche aussehen könnte. Hier machte Jakob deutlich, warum jede Rechtsfortbildung ihren Ausgang beim Stiftungsbegriff zu nehmen habe. Um die Basis eines modernen und funktionsfähigen Stiftungsstandorts bilden zu können, müsse der Stiftungsbegriff einerseits in seiner bisherigen Gestalt erhalten, andererseits jedoch mit modernen Elementen (Stifterfreiheit, Governance, Compliance und dergleichen) angereichert werden. In diesem Zusammenhang präsentierte der Referent im Wege einer Punktevergabe entwickelte Stiftungsindizes, mit denen sich Stiftungsstandorte international vergleichen lassen. Jakob bemerkte hierzu augenzwinkernd, dass die unter Weinkennern bekannten „Parker-Punkte“ auf das Stiftungswesen übertragen und insofern von „JakobPunkten“ gesprochen werden könnte. Zuletzt widmet sich der Referent drei ausgewählten Einzelfragen: In puncto „Stifterrechte“ sei zu überlegen, die derzeitige an rein formalen Kriterien orientierte Rechtslage (Art. 86a ZGB) mit Blick auf die Legitimität des Stifteranliegens zu öffnen. In Sachen internationale Gemeinnützigkeit schlug der Referent die Entwicklung eines „Cross-border Philanthropy Code“ vor – ein Regelwerk, das auf funktionale Vergleichbarkeit der Organisationen setzen und erfüllbare Kontrollpflichten statuieren könnte. Mit Verweis auf die nach geltendem Recht sehr begrenzten Einsatzmöglichkeiten von Familienstiftungen stellte Jakob die rhetorische Frage, ob man Schweizer Bürger, die legitime Planungsinteressen hegen, weiterhin auf ausländische Rechtsvehikel (vor allem auf Familienstiftungen und Trusts unterschiedlichster Jurisdiktionen) verweisen dürfe, oder nicht vielmehr eine Schweizer Rechtsfigur zur Verfügung stellen müsse, die nach hiesigen Qualitätsgrundsätzen ausgestaltet ist. Zuletzt schloss der Referent mit der für sämtliche Reformvorhaben wichtigen Erkenntnis, dass sich Stifterfreiheit und Governance nicht etwa ausschließen, sondern sich gegenseitig bedingen und regulieren. Die damit verbundenen Leitwertungen fänden sich in dem Wahlspruch „Freiheit durch Governance“ vereinigt, der einen Schlüssel für ein Stiftungsrecht der Zukunft bilden könnte. Prof. Dr. Parisima Vez (Freiburg) referierte zum Thema „Surveillance étatique et autorégulation des fondations classiques“. Dementsprechend bildeten die dogmatische Verankerung und Organisation der Stiftungsaufsicht sowie das Phänomen der Selbstregulierung die beiden Schwerpunkte ihres Referats. Zur dogmatischen Verankerung der Stiftungsaufsicht hob Vez hervor, dass die klassische Stiftung unter den juristischen Personen die einzige sei, die von Gesetzes wegen einer hoheitlichen Aufsicht qua Rechtsform unterworfen ist – dies etwa im Unterschied zu juristischen Personen des Bank- und Versicherungswesens, welche nur, aber immerhin aufgrund einer konkreten „gefährlichen“ Tätigkeit beaufsichtigt werden, um Gläubiger zu schützen und einen funktionsfähigen Finanzmarkt zu garantieren. Während der Zweck der Stiftungsaufsicht ursprünglich im öffentlichen Interesse gelegen habe, habe dieser sich im Laufe der Zeit dahingehend weiterentwickelt, nunmehr auch dem Schutz des ursprüngli-

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chen Stifterwillens zu dienen. Da Stiftungen nach heutigem Rechtsstand anerkanntermaßen auch wirtschaftliche Zwecke verfolgen dürfen, liege die Aufsicht zumindest nicht mehr allein im öffentlichen Interesse, welch letzteres indes für eine staatliche Aufsicht zwingend vorauszusetzen sei. Die Legitimation einer hoheitlichen Stiftungsaufsicht sei folglich neu zu diskutieren. Nach einem Vorschlag von Vez sollte die hoheitliche Aufsicht im Stiftungsrecht neu als eine staatlich angebotene „Dienstleistung“ nicht mehr die Regel, sondern nur noch die Ausnahme darstellen. Der Staat würde danach die Stiftungsaufsicht nur noch aufgrund eines begründeten Antrags seitens der Stiftung übernehmen. Am Beispiel der „Affäre Rau“ (näher dazu: Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 7. April 2006 „Aspekte der Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Gustav Rau“, BBl 2006, 7707 ff.) zeigte die Referentin diverse Probleme der Aufsichtsorganisation auf, wie etwa die Kompetenzabgrenzungen zwischen Aufsichtsund Vormundschaftsbehörde und die begrenzten Handlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden insbesondere im nichtjuristischen Bereich. Da sich der Bundesrat sowie die Protagonisten des Sektors gegen ein zwischenzeitlich diskutiertes zweistufiges Aufsichtsmodell (direkte Aufsicht durch die Kantone plus Oberaufsicht des Bundes) gewandt haben, sei ein solches nicht weiter zu verfolgen. Ein Lösungsansatz könne aber im Konfliktbewältigungsverfahren der Mediation liegen. Die Referentin schlug denn auch eine Mediationsstelle als Alternative zu einer staatlichen Kontrolle via Aufsichtsbehörde vor, welche gleich einer Ombudsstelle als unabhängige und kostengünstige, gegebenenfalls mit verschiedenen Kompetenzen (Beweiserhebung, Empfehlungen) ausgestattete Instanz implementiert werden solle. Abschließend entfaltete Vez die Prinzipien eines Selbstregulierungssystems (Umsetzung des Stiftungszwecks, Implementierung von Kontrollmechanismen sowie Transparenz), beurteilte die existierenden Governance-Codes (Swiss NPO-Code; Swiss Foundation Code) als sehr nützlich und hielt fest, dass die Selbstregulierung die einzige „glaubwürdige“ Alternative zu staatlichen Eingriffen darstelle. Die anschließende Diskussion wurde von Herrn Dr. Dr. Thomas Sprecher (Zürich) moderiert. Da im Referat von Jakob die Rechtsfigur des Trusts als stiftungsrechtliche Ersatzform zur Sprache gekommen war, wurde ausführlich darüber diskutiert, welchen Einfluss das Haager Trustübereinkommen (HTÜ) auf das Stiftungsrecht und dessen Revisionsbedürftigkeit ausübe. Jakob betonte die Bedeutung der Schweiz als internationaler Finanzplatz, auf dem gerade auch ein Vehikel wie der Trust nicht mehr wegzudenken sei. Dies läge nicht zuletzt daran, dass das HTÜ Trusts gerade als Trusts anerkenne. Damit könnten Bedürfnisse bedient werden, die mit heimischen Rechtsfiguren nicht erfüllbar seien. Indes: Da die Anerkennung auslandsrechtlicher Trusts zu komplexen Folge- bzw. Einordnungsproblemen im hiesigen Recht führt (z.B. die Frage nach der Einordnung trustrechtlicher Wertungen in das Schweizer Erb-, Familien- und Sachenrecht), sollte es ein langfristiges Ziel des Schweizer Standorts sein, den interessierten Kreisen auch heimische Rechtsfiguren anzubieten, die – anders als der Trust angloamerikanischer Prägung – passgenau in die Dogmatik des Schweizer Rechts eingebettet sind. Letztere könnten auch mit einer eigens für sie entworfenen Governance ausgestaltet werden, die sowohl den Maßstäben des Schweizer Rechts als auch internationalen Anforderungen entspricht. Die Beteiligten müssten sich dann nicht mehr den auslandsrechtlichen – und das heißt womöglich defizitären –


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Kontrollrahmen fremder Rechtsfiguren unterwerfen. Vor diesem Hintergrund bedürfte es weder trustrechtlicher Elemente im Stiftungsrecht noch eines schweizerischen materiellen Trustrechts. Denn der Trust sei als genuine Rechtsform des Common Law mit einer Civil Law-Rechtsordnung nur schwerlich in Einklang zu bringen. Gefragt nach den Möglichkeiten, wie Destinatäre in die Governance-Struktur eingeflochten werden könnten, gab Jakob zu bedenken, dass die Gestaltungen vielfältig sein können. Je offener ein Destinatärskreis gestaltet ist, desto schwieriger könne es sein, die Begünstigten sachgerecht in die Foundation Governance einzubeziehen, zumal dann, wenn es sich um Förderstiftungen handelt, die sich durch die jeweils einmalige Vergabe finanzieller Mittel auszeichnen. Mittel und Wege gäbe es aber im Rahmen der Satzungsgestaltung, etwa die Einrichtung eines Zweitorgans, das die Interessen der Destinatäre vertritt. Rechtsvergleichend wies Jakob auf das neue liechtensteinische Recht hin. Dort könnten durch die Schaffung eines privaten Kontrollorgans sogar ansonsten vorgesehene Aufsichtselemente zurückgedrängt werden. Im Übrigen lägen die Probleme im Schweizer Recht auf der Ebene der Antragslegitimation im Rahmen der Stiftungsaufsichtsbeschwerde, die derzeit aufgrund einer nicht einheitlichen Rechtsprechung wenig rechtssicher zu handhaben und nach „legitimen Kontrollinteressen“ (und somit Governance-Kriterien) auszugestalten sei. Vez entgegnete, dass die Antragslegitimation wesentlich mit der Frage zusammenhängt, ob Begünstigten tatsächlich ein Anspruch auf eine Leistung der Stiftung zusteht. Prof. Dr. Thomas Gächter (Zürich) lobte die Ausführungen zum Zusammenspiel von Kontrolle und Freiheit und wies darauf hin, dass stiftungsrechtliche Reformen nicht angegangen werden können, ohne diese mit dem Recht der Vorsorgeeinrichtungen zu koppeln. Der Sektor der beruflichen Vorsorge beherberge derzeit ein Vermögen in Höhe von sage und schreibe CHF 700 Milliarden. Eine derartig hohe Summe und die damit verbundenen Anliegen des Rechts der beruflichen Vorsorge verlangten nach Kontinuität, nicht nach raschen und möglicherweise unüberlegten Reformen. Infolgedessen sei zu diskutieren, ob das Stiftungsrecht des ZGB – anders als bislang – vom Recht der Vorsorge funktional getrennt werden könnte. Gegebenenfalls sei auch über ein neues Vorsorgevehikel nachzudenken, anderenfalls es schwierig werden könnte, die zusammenhängenden Rechtsgebiete sinnvoll weiterzuentwickeln. Vez pflichtete diesen Ausführungen bei und hob die Bedeutung des „Minenfelds“ der Personalvorsorgestiftungen hervor. Jakob verlieh den geäußerten Gedanken Nachdruck und betonte, dass die Materien trotz unterschiedlicher Wertungen derzeit rechtstechnisch untrennbar zusammenhängen. Er räumte ein, dass sich die stiftungsrechtlichen Autoren den Eigenheiten des Personalvorsorgerechts nur selten öffnen. Anhand des Konnexes zum (Personal-)Vorsorgerecht lasse sich aber sehr schön die allgemeine Herausforderung illustrieren, die so heterogene Rechtsfigur „Stiftung“ und ihr Recht auf homogene Art und Weise weiterzuentwickeln. Auch lege ein Beispiel aus dem Vorsorgerecht, die jüngst im Zuge der BVG-Strukturreform kodifizierte Anlagestiftung, ein beredtes Zeugnis von der Schwierigkeit einer homogenen Rechtsfortbildung ab. Das Recht der Anlagestiftung enthalte nämlich nicht wenige Elemente, die mit stiftungsrechtlichen Grundsätzen konfligieren. Die heterogenen Rechtsgebiete des Stiftungs- und Vorsorgerechts seien mithin nur schwer zu konsolidieren. Da sich der kommende Juristentag des Jahres

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2014 dem Recht der sozialen Sicherheit widmet, könnten dort möglicherweise erforderliche Reformen vorgespurt werden. Sprecher thematisierte das Projekt einer European Foundation und deren Verhältnis zur Schweiz und warf die Frage auf, ob es sich hierbei um eine Bedrohung oder vielmehr um eine erfreuliche Ergänzung des inländischen Sektors handelt. Jakob charakterisierte die European Foundation als Phantom, das derzeit über den nationalen Stiftungsrechtsordnungen schwebe. Er klärte über den Hintergrund der geplanten supranationalen Stiftungsform auf und kritisierte den Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vom Februar 2012, welcher die zivil- mit den steuerrechtlichen Materien in wesentlichen Punkten vermische. Mit Blick auf die Schweiz wies Jakob darauf hin, dass man sich vor der europäischen Stiftung – so sie denn wirklich kommen sollte – nicht fürchten müsse. Die neue Rechtsform eigne sich wohl im Regelfall lediglich für „echte“ gesamteuropäische Vorhaben (z.B. als „Stiftung für europäischen Verbraucherschutz“). Ein Großteil des internationalen Wirkens der schweizerischen Philanthropie lasse sich weiterhin mittels der nationalen Rechtsfiguren rechtssicher bewältigen. Statt mit einer European Foundation zu konkurrieren, sei an der besseren Wirkkraft und Kontrolle der eigenen Vehikel zu arbeiten, um auch in Zukunft den Anforderungen internationaler Philanthropie gerecht zu werden. Herr Bundesrichter Dr. Felix Schöbi wollte den Aspekt der Mediation innerhalb des Aufsichtsrechts vertieft wissen. Auf die Frage, warum Mediation als solche überhaupt ein günstiges Gestaltungsmittel sein solle, konkretisierte Vez ihre Vorstellungen von einer ombudsstellengleichen Mediationsinstanz und betonte die möglichen Wirkungen vor allem auf psychologischer Ebene. So sei Mediation zwar nicht per se günstiger als ein rechtlich vorgegebenes Verfahren, koste aber sicherlich auch nicht mehr als die Tätigkeiten der Aufsichtsbehörden. Dieser Vorschlag wurde aufgegriffen und vor dem Hintergrund des an sich bestehenden Über-/Unterordnungsverhältnisses zwischen Stiftung und Aufsichtsbehörde diskutiert. Im Ergebnis erzielten die Diskutanten Einigkeit darin, dass Streitschlichtungselemente auch im Stiftungskontext sinnvoll sein können und sich unter Umständen eignen, die Intensität der verwaltungsrechtlichen Kontrolle abzuschwächen. Mit Blick auf die viel beachtete Kultur des Gebens in den USA machte Sprecher auf die kulturellen Unterschiede zur Schweiz im Umgang mit philanthropischem Engagement aufmerksam. Die Mitglieder der vermögenden US-amerikanischen Gesellschaft unterlägen geradezu einem gesellschaftlichen Druck, sich philanthropisch zu betätigen, was zumeist mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten verbunden werde. Folglich wurde die Frage aufgeworfen, ob Entsprechendes auch in der Schweiz denkbar und wünschenswert sei. In diesem Zusammenhang räumte Jakob mit dem verbreiteten Vorurteil auf, wonach der US-amerikanische Philanthropiesektor deutlich wirkungsstärker als der gesamteuropäische sei. Es bestehe kein Anlass, sich unbesehen am Habitus einer US-amerikanischen Charity-Kultur zu orientieren. Gerade auch der Standort Schweiz müsste sich angesichts der Effektivität seines Sektors keinesfalls verstecken, besetzt er doch innerhalb Europas einen der Spitzenplätze. Dies schließe freilich nicht aus, dass in Bezug auf Transparenz und Kommunikation auch die Mäzene hierzulande von der Charity-Kultur US-amerikanischer Provenienz einiges lernen können. Nur „im Geheimen“ zu stiften – wie in der Vergangenheit oftmals geschehen – führe nämlich dazu, dass Fördergelder ungenutzt oder philanthropische Initiati-


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ven unkoordiniert blieben. Für Schweizer Stifter und Spender könne sich daher ein Mittelweg anbieten. „Tue Gutes, und sprich vernünftig darüber!“, lautet stattdessen das Credo von Jakob, demzufolge das hiesige Recht durchaus den Boden eines „Swiss Giving Pledge“ bieten könnte. Sprecher erkundigte sich danach, ob die sogenannte unselbständige Stiftung einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden sollte. Da diese Stiftungsform in der Praxis des Schweizer Stiftungsrechts immer breiteren Raum einnähme – etwa in Form einer Unterstiftung einer sogenannten Dachstiftung –, unterstrich Jakob die Bedeutung dieser Frage, welche er im Ergebnis verneinte. Die unselbständige Stiftung sollte ihre primär schuldrechtliche Basis behalten, um die damit verbundenen Gestaltungen hinreichend flexibel zu halten. Gleichzeitig regte Jakob an, die wissenschaftliche Aufarbeitung des Rechts der unselbständigen Stiftung in der schweizerischen Doktrin voranzutreiben. Dabei sei zu untersuchen, welche Wertungen des Stiftungsrechts des ZGB auf das Recht der unselbständigen Stiftung zu übertragen seien. Schließlich kam Sprecher auf den derzeit problematischen Stand der Familienstiftung zu sprechen und fragte, ob diese derzeit wenig taugliche Rechtsfigur „noch zu retten“ sei. Jakob und Vez kritisierten das Bundesgericht, welches in seiner Rechtsprechung das Diktum vom Verbot der voraussetzungslosen Unterhaltsstiftung bis in die jüngste Zeit relativ unreflektiert weitergetragen habe und daher einem „historischen Missverständnis“ unterläge. Jakob betonte, dass sich die Wertungen, die dem historischen Gesetzgeber beim Erlass des Art. 335 ZGB zugrunde gelegen haben, stark verändert hätten. Ein Bedürfnis nach privater Vermögensperpetuierung und familiären Nachfolgelösungen sei allenthalben nachweisbar. Es sei nicht sachgerecht, einerseits die Familienstiftung mittels einer restriktiven Auslegung des Art. 335 Abs. 1 ZGB zu diskriminieren, andererseits aufgrund der Anerkennung ausländischer Vehikel (Nichteinordnung des Art. 335 ZGB als Eingriffsnorm im Sinne des IPR) Schweizer Bürger mit entsprechenden Anliegen auf Trusts oder liechtensteinische Familienstiftungen zu verweisen. Stattdessen biete es sich an, die bundesgerichtliche Rechtsprechung entweder zu lockern oder Art. 335 ZGB zu modifizieren oder alternativ ein neues Rechtsinstitut zu schaffen, mit dem sich die legitimen Anliegen bei gleichzeitiger Governance befriedigen lassen. Letztere Varianten bedingten freilich den Ruf nach dem Gesetzgeber. Vez wies darauf hin, dass das Verbot der voraussetzungslosen Unterhaltsstiftung keine Stütze in den Materialien zu Art. 335 ZGB finde. Vielmehr sei nach jahrzehntelanger Zulässigkeit diese Stiftungsform aufgrund eines auf einen Aufsatz von Franz Gerhard (Die Familienstiftung nach ZGB, ZSR 49/1930, 137 ff.) gestützten Leitentscheids des Bundesgerichts plötzlich

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verneint worden, was sich seither zur ständigen Rechtsprechung entwickelt habe. Mit der Frage, wo das Stiftungsrecht der Schweiz in 20 Jahren stehe, verlangte Sprecher den Referenten seherische Fähigkeiten ab, womit gleichzeitig die Schlussrunde eingeleitet war. Vez meinte etwas provokativ, dass sich das Stiftungsrecht wohl genau am heutigen Stand befinde, sofern kein politischer Wille Einzug halte, etwas grundlegend zu verändern. Demgegenüber zeigte sich Jakob optimistisch(er) und prognostizierte, dass sich die Anliegen von Stiftern und Stiftungen auch in Zukunft in valide rechtliche Formen gießen lassen werden. So brauche man sich um das Stiftungswesen nicht zu sorgen, wenn die Schweiz im Wettbewerb der Stiftungsrechtsordnungen ihre Spitzenposition verteidige und mit Blick auf Familienstiftungen die notwendigen Reformen anpacke. Der Stiftungssektor werde jedenfalls in gesamteuropäischer Perspektive zusammenwachsen. Nach der stiftungsrechtlichen Diskussion hielt Prof. Dr. Luzius Mader (Bundesamt für Justiz) eine Festansprache, die zahlreiche persönliche Gedanken zur Theorie und Praxis der Schweizer Demokratie enthielt. Mader gewährte dem Publikum überdies einen Blick in die „Gesetzgebungswerkstatt“ des Bundes und betonte in Bezug auf das Stiftungsrecht, dass es unter den derzeitigen Reformvorhaben keine prioritäre Position belege. Indes beobachte man die Entwicklungen auch nach der Abschreibung der Motion Luginbühl (siehe dazu Studen, Nichts Neues im „Stiftungsparadies“ Schweiz?, npoR 2013, 61 ff.), so dass nicht per se die Auffassung vorherrsche, es bestehe kein Handlungsbedarf, das Stiftungsrecht zu verbessern. Präsidentin Kägi-Diener dankte schließlich allen Mitwirkenden für die gelungene Veranstaltung sowie für die spannenden Diskussionen und lud zu einer Führung durch das „Dorf“ Appenzell. Wie es sich für eine Tagung, auf der aktuelle Probleme der Demokratie erörtert wurden, gehört, wurde sie auf dem Landsgemeindeplatz im Rahmen eines Apéro riche beschlossen. Die Gutachten des Juristentages wurden in der Zeitschrift für Schweizerisches Recht publiziert: Martina Caroni, Herausforderung Demokratie, ZSR 132 (2013) II, 5 ff.; Stéphane Grodecki, La démocratie directe en Suisse au XXIe siècle – une évolution nécessaire?, ZSR 132 (2013) II, 95 ff.; Dominique Jakob, Ein Stiftungsbegriff für die Schweiz, ZSR 132 (2013) II, 185 ff.; Parisima Vez, Surveillance étatique et autorégulation des fondations classiques, SZR 132 (2013) II, 341 ff. Ass. iur. Matthias Uhl/RAin lic. phil. et iur. Daniela Dardel, Zentrum für Stiftungsrecht, Universität Zürich


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PtP – eine wissenschaftliche Tagung für ein globales Projekt 12.-14. September 2013, Hannover

Vom 12. bis zum 14. September 2013 fand in Hannover die Tagung „Philanthropication thru Privatization: A New Route to Foundation Formation in Developing Regions“ statt, durchgeführt von der VolkswagenStiftung und dem Maecenata Institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. „Philanthropication thru Privatization“, kurz: PtP, ist der Titel eines von Lester M. Salamon, Johns Hopkins University, initiierten internationalen Projekts anwendungsorientierter Forschung, dessen erste Ergebnisse nach einigen Jahren Arbeit vorgestellt wurden. Die aktuelle Phase, zu der diese Tagung gehörte, wurde von der VolkswagenStiftung gefördert; bei den vorherigen Phasen engagierten sich italienische Stiftungen, die zahlreich in Hannover vertreten waren. Einleitend stellte Salamon Grundzüge der bisher erzielten Ergebnisse vor. Das PtP-Projekt betrifft Privatisierungen von Eigentum der öffentlichen Hand oder von Non-Profit-Einrichtungen, an deren Ende „charitable or philanthropic endowments“ stehen. In diesen Fällen werden Privatisierungserlöse nicht vom Staat vereinnahmt, sondern sie stellen ganz oder teilweise die Vermögensgrundlage für eine vom Staat getrennte Organisation mit Förderaufgaben, teils auch mit operativen Aufgaben dar. Während dieser in Englisch stattfindenden Tagung war es üblich, stets von PtP-Foundations stellvertretend für die als Ergebnis der „philanthropication“ entstandenen Organisationen zu reden. Tatsächlich nehmen viele dieser aus Privatisierungserlösen entstandenen Entitäten die Rechtsform einer Stiftung im Sinne der jeweiligen Herkunftsländer an oder tun dies, wie die Baden-Württemberg Stiftung gGmbH, zumindest dem Namen nach. Salamon erläuterte, dass fünf Typen von PtP-Prozessen gebildet wurden, um weltweit Fälle identifizieren, entsprechend einordnen und analysieren zu können. Typ 1 betrifft die Privatisierung eines Unternehmens in öffentlicher Hand, sei es durch Verkauf, sei es durch Überführung in eine AG. Der Erlös bzw. die AG werden Eigentum der PtP-Foundation. Die bedeutendsten, eingehender untersuchten Fallbeispiele für diesen Typ stammen mit der VolkswagenStiftung, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt oder der Baden Württemberg Stiftung aus Deutschland; kleinere Beispiele aus anderen Ländern sind der Czech Foundation Investment Fund oder der Nadácia Slovenskej sporitel’ne. Die Typen 2 bis 4 sind nicht ganz so verbreitet. Beim Typ 2 handelt es sich um andere Vermögensgegenstände, etwa Gebäude, die an eine PtP-Foundation übertragen werden. Ein untersuchtes Projektbeispiel ist die Oper „La Scala“ in Italien. Typ 3 ist am einfachsten mit der längerfristig garantierten Einnahmeübertragung aus staatlichen Lotterien charakterisiert, was zum Beispiel bei der King Baudouin Foundation in Belgien der Fall ist. Seltener, aber aus Sicht einiger Teilnehmer für die europäische Zukunft nicht ganz uninteressant, ist der Typ 4. Ein Staat, der seinen Schuldendienst gegenüber einem anderen Staat nicht mehr bedienen kann, wird von dem Gläubigerstaat aufgefordert, diese Schuldansprüche in eine ggf. gemeinsam gesteuerte Stiftung einzubringen. Ein Beispiel ist die Stiftung für deutsch-

polnische Zusammenarbeit, in die Altlasten an Schulden gegenüber Deutschland aus der sozialistischen Ära einflossen. Der Schuldendienst fällt damit nicht weg, aber die Gelder fließen auch nicht mehr aus dem überschuldeten Land ab. Der Typ 5 ist wiederum zahlreicher zu finden. Er umfasst die Privatisierung von quasi-staatlichen oder quasi-privaten Einrichtungen wie Non-Profit-Organisationen. Zu dieser Fallgruppe gehören die italienischen Stiftungen, die seit den neunziger Jahren aus der Privatisierung des Sparkassenwesens hervorgegangen sind. Während Deutschland ein Hotspot besonders für PtP des ersten Typs ist, ist es Italien für den fünften Typ, gerade auch was die Größe der entstandenen gemeinnützigen Vermögensmassen angeht. Der deutsche Hotspot ist besonders interessant für viele anstehende Privatisierungen in anderen Ländern und Kontinenten, bei denen es um Industrieunternehmen bzw. rohstoffverarbeitende Unternehmen geht. Im Kontext der nicht ausbleibenden Diskussionen dieser Typeneinteilung ist der Hinweis von Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, auf eine noch nicht berücksichtigte Vermögensart hervorzuheben, nämlich auf solche Vermögenswerte, deren ökonomische Bewertbarkeit erst durch gesetzgeberische Akte begründet wird, etwa Luft in Form von Verschmutzungsrechten oder UMTS-Lizenzen. In fünf thematischen Panels und einem Schlusspanel wurden danach zentrale Projektdimensionen und weiterführende Perspektiven behandelt. Panel 1: PtP Project: Key Insights from PtP-Cases Im ersten, von Salamon moderierten Panel wurden sechs der 21 durchgeführten Fallstudien vorgestellt. In diesem Panel ging es, illustrierend zu den fünf Typen, um eine exemplarische Darstellung eines PtP-Prozesses: Wer war an dem PtPProzess beteiligt, welche Personen, Gruppen und Interessen standen einander gegenüber, welche Allianzen sind gebildet worden, und welche allgemeineren Trends und Umfeldbedingungen konnten noch festgestellt werden. Hierzu gehörte ebenso die Darstellung dessen, was die PtP-Foundations gefördert bzw. initiiert haben, in welchen Handlungsfeldern sie sich bewegen, oder ob und wie sie sich im Internet, in Publikationen oder anderweitig darstellen. Anhand von Fallstudien sollte untersucht werden, ob und inwiefern es Ähnlichkeiten oder gar eine direktere Verbindung zwischen dem Entstehen und der Wirkung der VolkswagenStiftung in Deutschland, der Fondazione Cariplo in Italien, der Erste Stiftung in Österreich, dem ASB Community Trust in Neuseeland, der Oranje Foundation in den Niederlanden und dem Czech Foundation Investment Fund in Tschechien geben könnte, die über einen allgemeinen Stiftungsdiskurs hinausgehen. Eine Aufgabe der Tagung bestand darin, genügend Details für eine solche Analyse herauszuarbeiten. Wie gut dies letztlich gelungen war, zeigt sich an eindringlichen Hinweisen, das „Copyright“ für eine Definition von PtP und die Erkenntnisse über das, was sie auszeichnet, wenn eine PtP-Foundation Erfolg haben soll, zu sichern und nicht aus der Hand zu geben. Die vergleichen-


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de Analyse der Fälle ergibt fünf Faktoren, die im Rahmen einer Privatisierung eine Philanthropisierung der Erlöse wahrscheinlich machen: 1. Der Privatisierungsprozess läuft schon, d.h. es gibt keinen festgestellten Fall, in dem eine Privatisierung nur deshalb begonnen wurde, um eine Philanthropisierung der Erlöse herbeizuführen. 2. Die zu privatisierenden Vermögensmassen haben spezielle Eigenschaften, die über ihre ökonomische Bedeutung hinausgehen. 3. Die rechtlichen Rahmenbedingungen bieten relativ leichte Wege für eine PtP-Lösung an. 4. Es gibt eine vielschichtige, auch diffuse Opposition gegen die Privatisierung, nicht nur im Allgemeinen, sondern auch im besonderen Fall. 5. Es setzen sich Anwälte bzw. Persönlichkeiten für eine PtPLösung ein, die ihren eigenen Ruf, ihre Kontakte und ihren Einfluss einbringen: „He paved the way“, so heißt es bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt über Theo Waigel. Ergänzt wurde die Darstellung der Fallstudien durch eine Gesamtbetrachtung von Nigel Siderer, der die insgesamt weltweit identifizierten gut 500 PtP-Foundations vergleichend betrachtete. Die ausgewählten 21 näher untersuchten PtPFoundations verfügten über ursprüngliche Privatisierungserlöse in Höhe von ca. 16,7 Milliarden Euro und über heutiges Vermögen von 33,7 Milliarden Euro. Forscherteams in elf Ländern untersuchten diese Fälle nach einem umfänglichen, einheitlichen Untersuchungs- und Frageraster. Das Untersuchungsset zielte gleichermaßen auf spätere Darstellung und Analyse ab. Vom deutschen Team waren die VolkswagenStiftung, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die BadenWürttemberg Stiftung gGmbH, die Rheinland-Pfalz Stiftung für Kultur und aus Österreich Die Erste Stiftung ausführlich analysiert worden. Panel 2: PtP-Foundations and the Private Role in Addressing Public Problems Schon im zweiten Panel, moderiert von Dr. Rupert Graf Strachwitz, Maecenata Institut, ging es um eine kritische Sichtweise auf PtP-Foundations. Prof. Dr. Birgit Weitemeyer, Bucerius Law School, meldete vor dem Hintergrund der BadenWürttemberg Stiftung einige Zweifel an, ob PtP-Foundations pragmatisch wie normativ betrachtet wirklich gute Lösungen sind. Diana Leat, Center for Philanthropy and Nonprofit Studies, warf grundsätzlich die Frage nach der Demokratiekompatibilität einer PtP-Lösung auf. An diese Fragestellungen schloss sich eine konstant wiederkehrende Tagungsdiskussion um den Fragenkreis an, wie eigentlich PtP-Lösungen in unterschiedliche politische Systeme passen und im Verhältnis zu diesen zu bewerten sind. Dazu gehörte auch die grundsätzliche Erörterung, ob PtP-Lösungen überhaupt mit demokratietheoretischen Überlegungen vereinbar sind. Wird nicht dadurch erst eine vollständige Vermögensprivatisierung vollzogen, indem auch die Erlöse privatisiert werden? Dagegen wurde als Argument vorgebracht, dass sich insgesamt seit Langem der Trend zu einer Multiplizierung und Relokalisierung der Entscheidungsorte zeigt. PtP-Foundations sind aus dieser Perspektive besondere Entscheidungsräume mit eigenen, relevanten Mitteln jenseits von Staat und Markt mit dem in einer Demokratie demokratisch mitgegebenen Auftrag, in bestimmten Feldern zu wirken. Gerade deshalb spielten hier wie an anderen Stellen der Tagung Fragen der Governance,

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der späteren Organisationsentwicklung und der öffentlichen Präsenz und Transparenz von PtP-Foundations eine wichtige Rolle. Letztlich ist die Lösung dieser Fragen entscheidend, um fundierte Empfehlungen zu geben, was eine funktionierende PtP-Lösung auf längere Sicht auszeichnet oder welche vorhandenen Lösungen als Modell taugen. Für eine weltweit tragende Modellbildung, das zeigte die Tagung, ist es allerdings noch zu früh. Gleichwohl konnten einige interessante Erkenntnisse über das weitere Schicksal einmal gewählter PtP-Lösungen diskutiert werden. Panel 3: PtP: Does it Have a Future? Das dritte Panel, moderiert von Gerry Salole, European Foundation Centre, führte den Blick weit über Europa hinaus, um die Frage zu beantworten, ob die PtP-Lösung eine Zukunft hat. Es ging um Afrika, um China und um die vielen Rohstoffkriege der Gegenwart, bei der die vom Rohstoffreichtum unmittelbar betroffenen Bevölkerungen um ihre Rechte kämpfen. Spannend war auch der Einblick in die osmanisch geprägte Stiftungswelt, die von Dr. Adnan Ertem, Chef der türkischen Stiftungsverwaltung mit 1800 Mitarbeitern, gegeben wurde. Ein wichtiges Thema in diesem Panel war die Privatisierung. Prof. William Megginson, University of Oklahoma, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass die Jahre 2009, 2010 und 2012 diejenigen mit den größten Umfängen an Privatisierungen weltweit waren (180 Milliarden Dollar!), die jemals gemessen wurden – obwohl es in Europa seit Jahren immer weniger Privatisierungen gibt. Eine spannende Diskussion drehte sich um die Frage, ob sich PtP auch im Rahmen der Preisbildung beim Verkauf bemerkbar macht. Wiederholt wurde auf typische Mechanismen der staatlichen Preisfindungspolitik hingewiesen. Dass sich hierbei auch nationale Kulturen und politische Systeme bemerkbar machen, zeigten Hinweise aus dem international besetzten Publikum bzw. von den Panelteilnehmern aus China. So wurde auf die Praxis hingewiesen, dass der Wert öffentlicher Unternehmen, die privatisiert werden sollen, so seriös wie möglich geschätzt wird, sich diese Schätzungen jedoch in dem Moment halbieren, wenn jemand aus dem Umfeld des Machtapparates als Käufer auftritt. Doch auch unabhängig von solchen Erscheinungen stellen die Verfahren der Wertermittlung eine wunde Stelle bei allen Privatisierungen dar, weshalb grundsätzlich viele Privatisierungen, ob mit oder ohne Philanthropisierung, sehr schnell den Eindruck hinterlassen, dass unter Wert verkauft worden ist, besonders auch wenn Staat und Politik massiv auf einen Verkauf drängen. Im Hinblick auf positive Preisbildungsprozesse aus zivilgesellschaftlicher Sicht interessant waren hier die Erfahrungen von Charles Bell, Consumers Union, der über die Privatisierung der Krankenhäuser von Blue Cross berichtete, einer Non-Profit-Einrichtung, die aufgrund neuer gesetzlicher Vorschriften in den Profitmarkt überführt werden musste (im Rahmen der Typologie ein Fall von Typ 5). Anfang 1993 war dabei eigentlich kein Privatisierungserlös vorgesehen, der im Non-ProfitBereich geblieben wäre. Getragen von der Überzeugung, dass eine Non-Profit-Einrichtung der Gemeinschaft gehört, entstand eine sich stetig verbreiternde zivilgesellschaftliche Kampagne für die Gründung einer Fördereinrichtung, der California Healthcare Foundation, aus dem zu erzielenden Privatisierungserlös. Ein Jahr später sprach man im öffentlichen Diskurs von 300 bis 400 Millionen Dollar, gelandet ist man schließlich bei einem Privatisierungserlös in Höhe von vier Milliarden Dollar – nach diesem Vorbild wurde dann in zwölf weiteren Staaten der USA verfahren.


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Bei der Studie anderer Fälle bzw. bei der Diskussion, wo Ansatzpunkte und Erfolgschancen für PtP etwa in Afrika wären, wurde der Einbezug der lokalen Bevölkerung und zivilgesellschaftliches Engagement als Stakeholder hervorgehoben, was dazu führen kann, dass höhere Privatisierungserlöse erzielt und klügere Lösungen als ursprünglich vorgesehen gefunden werden. Panel 4: PtP: The Government and Industry Perspective Das vierte Panel, moderiert von Graf Strachwitz, widmete sich der Frage, welches Interesse Regierungen und Wirtschaft an einer PtP-Lösung haben können. Aus Unternehmenssicht wies Allessandro Carpinella, KPMG Italien, auf die Potenziale von PtP in Situationen hin, wenn sich die Stakeholder in einer wechselseitigen Blockadesituation verfangen haben. Marcos Kisil, Instituto Para O Desenvolviment, stellte für Brasilien die besonderen Herausforderungen dar, da Politik und Gesellschaft die gemeinsame Überzeugung teilen, dass Korruption, Selbstbedienungsmentalität und Klientelwirtschaft zum Wesen von Politik gehören. Kisil sah vor dem Hintergrund des korrupten Politikverständnisses in der brasilianischen Gesellschaft große Widerstände gegen PtP des ersten Typs, die auf dem Verkauf öffentlichen Eigentums beruhen. Nicht ohne Ironie hielt er jene Formen für chancenreicher, bei denen nur Lizenzen für einige Jahrzehnte vergeben, aber keine endgültigen Verkäufe getätigt werden. Das würde die Zustimmungschancen in Politik und Gesellschaft erhöhen, weil diejenigen, die gerade nicht von Korruption profitieren, darauf hoffen können, es dann bei der nächsten Gelegenheit zu tun. Im Zusammenhang mit Korruption wurde allerdings immer wieder bemerkt, dass ein Vorzug von PtP-Lösungen darin besteht, dass mit ihnen im Raum der PtP-Foundations auch neue Eliten entstehen. Panel 5: Next Steps – From Research to Action Das fünfte Panel, moderiert von Salamon, widmete sich der Frage, wie der Übergang von der Forschung zum Handeln aussehen kann und ob die vorliegenden Ergebnisse Antworten hierauf schon erlauben. Die Ansichten waren geteilt. Während sich Salole eher für vertiefende Forschung aussprach, plädierte Johan Schotte, Johan Schotte Foundation, für die Formulierung einer kurzen PtP-Roadmap, mit der man gezielt Verantwortliche in Politik und Wirtschaft mit der Botschaft anspricht: Wir haben keine kopierbaren Modelle, aber erfolgreiche und erprobte Anregungen. Hinzufügen kann man: Solche Anregungen kommen nicht zuletzt aus Deutschland, was für Stiftungsfachleute und Politik, aber vielleicht auch die Wirtschaft eine interessante Perspektive für internationale Entwicklungszusammenarbeit wäre. Schlusspanel: Conclusions and Next Steps Das abschließende Panel, moderiert von Krull, VolkswagenStiftung, gab Salamon die Möglichkeit, die nächsten Schritte zu skizzieren. Christian Pfeiffer, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, beschloss die Tagung mit einer Re-flexion darauf, wie Gewaltspiralen auch mit zivilgesellschaftlicher Initiative zu unterbrechen sind. In vielerlei Hinsicht weitete so die PtP-Tagung stiftungs- und zivilgesellschaftliche Horizonte. Resumee: PtP funktioniert und ist aus drei Blickwinkeln interessant Im Verlaufe der Tagung konnte man eine gesicherte Erkenntnis gewinnen, belegt durch die Fallstudienanalyse:

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„PtP works“. Dieser Satz meint nicht einfach, dass die philanthropischen Organisationen, die aus Privatisierungserlösen entstanden sind, irgendwie existieren, sondern dass viele von ihnen dies erfolgreich tun. Erfolg ist ein relatives Kriterium, das nur in Abhängigkeit von Erfolgskriterien bestimmt werden kann. Auf der Tagung wurden solche Kriterien in verschiedene Richtungen ausbuchstabiert. Dabei zeichnete sich gerade auch im Fortgang der mitunter lebhaften Diskussion ab, dass PtP besonders aus dem Blickwinkel von drei Erfolgsdimensionen interessant ist: Die erste Dimension ist quantitativer Natur. So übertrifft das heutige Vermögen der VolkswagenStiftung nicht nur die Gesamtheit der ihr im Verlaufe der Jahrzehnte zugeführten Privatisierungserlöse, sondern zugleich übertreffen die in diesem Zeitraum ausgereichten Fördermittel die insgesamt zugeführten Privatisierungserlöse. Die typische Alternative wäre die Vereinnahmung im Staatshaushalt und eine zeitnahe komplette Verausgabung gewesen. Nur abstrakt kann man davon ausgehen, dass die heutige Staatsverschuldung um diesen Betrag plus Zinsen geringer ausfallen würde. Die UMTS-Milliarden, die im Staatshaushalt verschwanden, sind ohne erkennbare Nachhaltigkeit verpufft. PtP-Stiftungen erweisen sich dagegen als nachhaltige Investitionen, verfügen über ein größeres Vermögen als zu Beginn, obwohl sie konstant noch mehr als dieses Vermögen ausgegeben haben und weiter ausgeben werden. Die zweite Dimension besteht in einer erkennbaren Autonomisierung und Identitätsbildung. Die meisten aus PtPLösungen hervorgehenden Organisationen besetzen in einer viel unabhängigeren Weise Orte jenseits von Staat und Wirtschaft, als aus den Gründungsdiskursen und auch häufig den mitgegebenen Strukturen und rechtlichen Einfassungen zu erwarten und vorgesehen war. Auf der Tagung wurden daher die PtP-Foundations grundsätzlich der Zivilgesellschaft zugeordnet und als eine Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen verstanden, unabhängig von konkreten Förderprofilen. Für die großen PtP-Foundations von der VolkswagenStiftung bis zu den italienischen Sparkassen-Stiftungen kann dieser Autonomisierungs- und Traditionsbildungsprozess tatsächlich als plausibel gelten. Ob dies wirklich auf jeden Einzelfall zutrifft, kann jedoch für kleinere PtP-Foundations bezweifelt werden, wenn sie einem starren Governance-Korsett fortgesetzter enger politischer Kontrolle unterliegen. Leat, langjährige Nestorin eines kritisch aufgeklärten Stiftungsdiskurses aus Großbritannien, formulierte daher pointiert: „The price for good examples is very high.“ Als die PtP-Perspektiven in verschiedenen Erdteilen Panelthema wurden, wurden auch deshalb besondere Chancen im Kontext der Privatisierung von Rohstoff- und Schürfrechten gesehen, da in diesem Bereich hohe Preise erzielbar sind. Die dritte Erkenntnisdimension bezieht sich auf die Wirksamkeit der PtP-Foundations. Hier konnte die vergleichende Analyse zeigen, dass diese Einrichtungen vielfach erfolgreich mit Fördermitteln und eigenen Aktivitäten zu relevanten Akteuren in den von ihnen bearbeiteten Feldern werden, ob es sich dabei um Gesundheit, Bildung, Kultur oder Wissenschaft handelt. Gerade weil sie dabei einen Ort jenseits von Staat und Wirtschaft besetzen, strukturieren sie diese Themenfelder auch mit anderen Logiken, als es Staat und Wirtschaft tun. Trotz dieser Vorzüge waren im Diskussionsverlauf ebenso kleine wie große Probleme und offene Fragen immer wieder zum Thema geworden: Genau das zeichnet eine gute wissenschaftliche Tagung aus. Dr. Rainer Sprengel, Berlin


Veranstaltungshinweise

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(Fortsetzung von Seite IV)

ConSozial 2013 Am 6. und 7.11.2013 fand in Nürnberg die 15. Fachmesse und Congress des Sozialmarktes statt und bot kontroverse Diskussionen insbesondere zu den Themen der Wirkungsmessung sozialer Arbeit und der gesellschaftlichen Entwicklung im Bereich der Betreuung von Kindern, Bedürftigen und älteren Menschen. Zentrales Thema der Messeauftritte von Verbänden und Einrichtungsträgern war die Gewinnung von Nachwuchs und Fachkräften. Ein weiterer Höhepunkt der Messe war die Verleihung des mit 10.000 Euro dotierten ConSozial-Management-Preises an die KulturTafel Bamberg, die bedürftigen Menschen kulturelle Teilhabe ermöglicht, und an das Deutsche Rote Kreuz mit seinem Führungskräfte-Entwicklungsprogramm für Management-Kompetenzen in der ambulanten Pflege. Online-Befragung zu den Auswirkungen der Niedrigzinsphase für Stiftungen Die Mehrheit der deutschen Stiftungen kommt bisher offenbar relativ gut durch die Krise. Das ist das Ergebnis einer Online-Befragung von 250 der insgesamt 402 beim StiftungsPanel registrierten Stiftungen durch den Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. im Juli dieses Jahres. Es gebe kaum Stiftungen, die Vermögensverluste realisiert hätten. Bei knapp 40 % der befragten Stiftungen seien die ordentlichen Erträge gleich geblieben, bei mehr als einem Drittel hätten sie ab- und bei über einem Viertel hätten sie sogar zugenommen. Für das Jahr 2013 seien die Erwartungen aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsniveaus jedoch gedämpft. Die Renditen hätten in den Jahren 2011 und 2012 nur noch durchschnittlich 3 % betragen. Den-

V

noch seien nur bei einem Fünftel der befragten Stiftungen im Jahr 2012 die Ausgaben zur Zweckverwirklichung gesunken. 53 % der befragten Stiftungen verfügten bereits über eine Anlagerichtlinie, wobei bei nur 20 % der Stiftungen die Anlagerichtlinien auch Vorgaben zur Verbindung von Stiftungszweck und Vermögensanlage enthielten. 40 % der Stiftungen planten konkrete Maßnahmen, um der Krise entgegenzuwirken, und setzten dabei vor allem auf Fundraisingaktivitäten.

Neue Studie des Maecenata Instituts zum Stiftungswesen Am 30.9.2013 hat das Maecenata Institut im Rahmen eines Colloquiums seinen 6. Forschungsbericht „Statistiken zum deutschen Stiftungswesen“ vorgelegt. Der Bericht, der als Oposculum Nr. 66 veröffentlicht ist, enthält 16 Diagramme und nimmt zu zahlreichen Einzelfragen Stellung. Der Bericht wird ergänzt durch eine stiftungsbezogene Auswertung der letzten Organisationsbefragung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, einen Beitrag aus der neuen Berliner Filiale des Foundation Center, New York, zur Datenerfassung und -auswertung in den USA, eine vergleichende Analyse zum Verhältnis zwischen Vermögen und Stiftungsfreudigkeit in Europa sowie einen Aufsatz zur Problematik der kirchlichen Stiftungen.

Verleihung des KOMPASS 2013 Am 14.11.2013 hat der Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. folgenden vier Preisträgern den Kommunikationspreis KOMPASS 2013 verliehen: „Herbert Quandt-Stiftung“ (Bad Homburg), „Stiftung Lesen“ (Mainz) gemeinsam mit der „hessenstiftung – familie hat zukunft“ (Bensheim), „broken hearts stiftung“ (Seevetal), „Stiftung Stadtgedächtnis“ (Köln).

Veranstaltungshinweise

Symposium 2014: Der Stifterwille – Ein Phänomen zwischen Gegenwart und Ewigkeit Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

17. und 18. Januar 2014 Europäisches Institut für Rechtspsychologie Zürich, Zentrum für Stiftungsrecht an der Universität Zürich, sowie Swiss Foundations Universität Zürich symposium@eirp.ch

8. Stiftungsrechtstag an der Ruhr-Universität Bochum – „Die Stiftung als Teil der Wirtschaftsordnung“ Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

14. Februar 2014 Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte, Bürgerliches Recht und Handelsrecht an der Ruhr-Universität Bochum und Fundare e.V. Veranstaltungszentrum der Ruhr-Universität Bochum stiftung@rub.de; www.ruhr-uni-bochum.de/ls-muscheler/ fundare_stiftungsrechtstag8.html

Arbeitskreis Stiftungsprivatrecht Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

20. und 21. März 2014 Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V Bucerius Law School julia.theele@law-school.de; www.stiftungen.org

5. Stiftungstag Sachsen-Anhalt Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

25. April 2014 Ministerium für Inneres und Sport des Lan- des Sachsen-Anhalt Franckesche Stiftungen zu Halle www.sachsen-anhalt.de

Deutscher StiftungsTag 2014 Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

21. bis 23. Mai 2014 Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. Hamburg www.stiftungen.org


W. Rai n er Walz-P re i s 2013 Das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-

ein Lebenslauf, die gutachterlichen Beurteilungen der

Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Ham-

Arbeit und ggf. Nachweise der Examina beizufügen.

burg, vergibt für das Jahr 2013 den von der Humanis-

Die Abschlussarbeit (Promotions-, Habilitations- oder

tischen Stiftung, Frankfurt, im Jahr 2007 gestifteten

Masterarbeit) soll im Jahre 2012 oder im Jahr 2013

W. Rainer Walz-Preis. W. Rainer Walz hat das Institut

abgeschlossen werden. Die Preisvergabe kann auch

als Direktor von 2002 an bis zu seinem Tode im Jahr

ohne eine vorherige Bewerbung erfolgen.

2006 zu einer führenden Forschungseinrichtung zu allen rechtlichen Fragen des Dritten Sektors entwickelt.

Über die Vergabe des Preises entscheidet unter Aus-

Der Preis ist bestimmt für Wissenschaftlerinnen und

schluss des Rechtsweges die Leitung gemeinsam mit

Wissenschaftler, die im Rahmen einer Abschlussarbeit

dem Beirat des Instituts für Stiftungsrecht und das

eine bedeutende wissenschaftliche Leistung auf dem

Recht der Non-Profit-Organisationen. Wenn keine ge-

Gebiet des Stiftungsrechts, des Vereins-, Genossen-

eigneten Bewerbungen eingehen, kann von der Verga-

schafts-, Gemeinnützigkeitsrechts, des sonstigen Zivil-,

be des Preises abgesehen werden.

Straf- und öffentlichen Rechts der Non-Profit-Organisationen sowie der Rechtsökonomie erbracht haben.

Bewerbungen müssen bis zum 31. März 2014 beim Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-

Der Preis ist mit 5.000 € dotiert und wird im Rah-

Organisationen eingereicht werden.

men der „Hamburger Tage des Stiftungs- und NonProfit-Rechts“ im November 2014 vergeben. Der Preis kann auch geteilt und an mehrere Personen verge-

Institut für Stiftungsrecht und

ben werden. Bewerberinnen und Bewerber sollten

das Recht der Non-Profit-Organisationen

ein akademisches oder staatliches Abschlusszeugnis

Professor Dr. Birgit Weitemeyer

nachweisen. Selbstbewerbungen sind erwünscht. Der

Bucerius Law School

Bewerbung sind ein Exemplar der wissenschaftlichen Arbeit, welche die Grundlage für die Bewerbung bildet,

Jungius­straße 6, 20355 Hamburg


Herausgeber: Rainer Hüttemann, Peter Rawert, Karsten Schmidt, Birgit Weitemeyer

NON PROFIT LAW YEARBOOK 2012/2013 Das Jahrbuch des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen

Das Non Profit Law Yearbook 2012/2013 widmet sich im Schwerpunkt zehn Jahre nach ihrem Inkrafttreten am 01.09.2002 der Bewertung der Reform des Bundesstiftungsrechts im BGB und bezieht Anpassungen in den Landesstiftungsgesetzen ein. Neben aktuellen Beiträgen und der Dokumentation des deutschen Stiftungs- und Non-Profit-Rechts des Jahres 2012 enthält es Beiträge über das Stiftungs-, Non-Profit- und Gemeinnützigkeitsrecht aus Österreich, der Schweiz und Italien. Seitenanzahl: 368 ISBN: 978-3-86381-028-3 Bindung: Paperback Größe: 16,2 cm x 22,9 cm Erschienen: 10.09.2013 Preis: 29,90 EUR inkl. MwSt. Autoren: Arnd Arnold, Ingo Graffe, Florian Haase, Rainer Hüttemann, Dominique Jakob, Susanne Kalss, Thomas Koller, Nils Krause, Manfred Lehmann, Lars Leuschner, Andreas Musil, Peter Rawert, Dieter Reuter, Georg von Schnurbein, Francesco A. Schurr, Matthias Uhl, Birgit Weitemeyer, Johannes Zollner



npoR Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Heft 4/2013

Impressum Geschäftsführende Herausgeberin: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School Trägergesellschaft: Hochschule für Rechtswissenschaft gemeinnützige GmbH Jungiusstraße 6 20355 Hamburg Geschäftsführer: Dr. Hariolf Wenzler, Benedikt Landgrebe (Stellvertreter) Vorsitzender des Aufsichtsrats: Prof. Dr. Michael Göring Amtsgericht Hamburg, HRB 75325 Redaktion: Redaktionelle Gesamtverantwortung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Redaktionsleitung: Florian Kamp, Kathrin Wrede Redaktion: Sebastian Fornefeld, Moritz Geißler, Magdalena Göbel, Christian Kahf, Clara Lienicke, Dr. Emily Plate-Godeffroy, Niclas Stemplewski, Julia Theele Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg Telefon (040) 30706 -270 Telefax (040) 30706 -275 E-Mail: Redaktion@npoR.de npoR im Internet: www.npoR.de Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen erscheint vierteljährlich als: – kostenpflichtige Druckausgabe (ISSN 1868-3770) – kostenpflichtige elektronische Druckversion (ISSN 1868-3762) – kostenlose Leseversion (ISSN 1868-3762). Bezug: Abruf der kostenlosen Onlineversion und der Ausgaben des Newsletters BLS NON PROFIT LAW NEWS unter www.npoR.de. Aufnahme in den E-Mail-Verteiler oder Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements: Füllen Sie unseren Bestellschein aus oder wenden Sie sich an die Redaktion. Alternativ können Sie die Druckausgabe auch über die Buchhandlung Ihres Vertrauens beziehen. Laufzeit eines Abonnements: ein Jahr, das Abonnement verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn es nicht rechtzeitig gekündigt wird. Der kostenpflichtige Bezug eines Einzelheftes ist möglich. Kündigung: Ein kostenpflichtiges Abonnement können Sie mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines jeden Kalenderjahres kündigen. Kosten: – Druckausgabe (ISSN 1868-3770): 50,- Euro p.a. inkl. USt. zzgl. Porto und Ver sandkosten (8,- Euro p.a.) – Elektronische Druckversion (ISSN 1868-3762): 10,- Euro p.a. inkl. USt – Elektronische Leseversion (ISSN 1868-3762): kostenlos. Zahlung im Voraus für ein Jahr per Rechnung. Bei einem Abonnementbeginn

ISSN 1868-3762

während des laufenden Jahres wird bei der gedruckten Version eine anteilige Rechnung erstellt, die Laufzeit für die PDF-Version ist stets das gesamte Kalenderjahr. Urheber- und Verlagsrecht: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Vervielfältigung, Weiterverbreitung oder Speicherung ist gestattet, wenn dies nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt und das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen als Herausgeber unter Verweis auf die Internetpräsenz www.npoR.de gut sichtbar als Quelle erwähnt wird. Die Vervielfältigung, Weiterleitung oder Speicherung von Teilen der Zeitschrift ist verboten. Die Einbettung der Zeitschrift in eine Onlinepräsenz (Webseite) ist nur in der Form gestattet, dass durch einen Hyperlink auf die Originalquelle unter www.npoR.de verwiesen wird. Die Einbettung in einen Frame der verweisenden Webseite ist nicht gestattet. Manuskripte: Manuskripte und Zuschriften werden ausschließlich an die Redaktion erbeten. Herausgeber und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden. Es werden nur Originalaufsätze angenommen, die ausschließlich dem Institut für Stiftungsrecht und das Recht der NonProfit-Organisationen zur Alleinverwertung in allen Medien (einschließlich Datenbanken) angeboten werden. Nach Ablauf eines Jahres kann eine Drittverwertung durch den Autor erfolgen. Das Institut hat dann ein einfaches Verwertungsrecht hinsichtlich aller Medien. Senden Sie Manuskripte bitte als Textdatei an Redaktion@npoR.de Mediadaten: Die Mediadaten stehen unter: http://www.npor.de/pdf/mediadaten_npoR_2013.pdf zum Abruf bereit. Gestaltung: Susanne Laudien, grafikerin@laudien.net Satz: kravcov hey hoffmann werbung & design,

www.hey-hoffmann.de

Fotos: Dr. Gregor Roth Verlag: Bucerius Law School Press, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg Druck der Printversion (ISSN 1868-3770): Druckhaus Humburg GmbH & Co. KG, Am Hilgeskamp 51-57, 28325 Bremen Telefon (04 21) 42798 -0, Telefax (04 21) 42798 -99 www.humburg.de druckhaus@humburg.de,


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