npoR Heft 3/2013

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Heft 3/2013

Seiten 117–208

Zeitschrift für Das Recht der Non ProfiT Organisationen

Herausgeber Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend), Dr. Wilhelm-Albrecht Achilles, Prof. Dr. Arnd Arnold, Prof. Dr. Michael Droege, Prof. Dr. Hans Fleisch, Prof. Dr. Stefan Geibel, Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Prof. Dr. Monika Jachmann, Prof. Dr. Dominique Jakob, Prof. Dr. Peter Rawert, Prof. em. Dr. Dieter Reuter, Dr. Andreas Richter, Dr. Stephan Schauhoff, Dr. Ulrich Segna, Dr. Thomas Wachter, Dr. Reinmar Wolff

Aufsätze

Die gGmbH als Instrument der Vermögensnachfolge? (Anka Hakert, LL.M. [Tax]) Unselbstständige Stiftung von Todes wegen – Sicherung der Kontrolle des Stiftungsträgers mit erbrechtlichen Gestaltungsmitteln – (Dirk Schauer) Die Einbindung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer in die Philosophie der Abgeltungsteuer (2) (Dr. Jens Petersen)

S. 117 S. 120 S. 125

Zur Diskussion

Für ein europäisches Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht als Basis für eine europäische Zivilgesellschaft (Dr. Stephan Schauhoff)

S. 128

Praxisforum

Verschärfte Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsgremien in Non-Profit-Unternehmen (Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch) Die Schweiz in der internationalen Konkurrenz der Vereinsstandorte (Prof. Dr. Thomas Koller)

npoR-Report

npoR-Report Vereinsrecht, Stiftungsrecht, Steuerrecht

S. 130 S. 134 S. 135

Rechtsprechung

EuGH: Mehrwertsteuerbefreiung für Krankenhausbehandlung und ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen engverbundenen Umsätze BFH: Der gemeinnützigkeitsrechtliche Grundsatz der Unmittelbarkeit im Falle eines ausgegliederten Krankenhauslabors Anmerkung Prof. Dr. Rainer Hüttemann BVerwG: Vereinbarkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit eines Steuerberaters bei einem Fußballverein mit dem grundsätzlichen Verbot einer gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG

S. 169 S. 180 S. 182 S. 186

Verwaltungsanweisungen

BMF: Hochwasser Deutschland 2013 - Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Hochwassers in Deutschland

S. 193


Das Institut wird gefördert durch die

npoR Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen

Titelbild: Das Titelbild zeigt einen Kirschbaum vor dem Auditorium der Bucerius Law School. Das Bäumchen wurde 2006 in Gedenken an Prof. Dr. W. Rainer Walz, Direktor des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der NonProfit-Organisationen von 2002–2006, auf Initiative von Dr. Hansgeorg Jehner gepflanzt. Prof. Dr. Walz hatte zu Studentenzeiten in Tübingen hin und wieder Kirschen von fremden Bäumen genossen. Dies nahm sein Studienfreund Dr. Jehner, Gründer der Humanistischen Stiftung Frankfurt a.M., zum Anlass, ihm jährlich zum Geburtstag einen großen Korb Kirschen zu schenken. Diese Tradition lebt in dem Kirschbaum fort.

Heft 3/2013

Herausgeber:

Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend) Dr. Wilhelm Albrecht Achilles Prof. Dr. Arnd Arnold Prof. Dr. Michael Droege Prof. Dr. Hans Fleisch Prof. Dr. Stefan Geibel Prof. Dr. Rainer Hüttemann Prof. Dr. Monika Jachmann Prof. Dr. Dominique Jakob Prof. Dr. Peter Rawert, LL.M. Prof. em. Dr. Dieter Reuter Dr Andreas Richter, LL.M. Dr. Stephan Schauhoff Dr. Ulrich Segna Dr. Thomas Wachter Dr. Reinmar Wolff Redaktionsleitung: Florian Kamp Kathrin Wrede Redaktion: Sebastian Fornefeld Magdalena Göbel Christian Kahf Clara Lienicke Dr. Emily Plate-Godeffroy Niclas Stemplewski Julia Theele

Beirat des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen: Ulf Grensemann Prof. Dr. Rainer Hüttemann Prof. Dr. Thomas Koller Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué Prof. Dr. Peter Rawert, LL.M. Prof. em. Dr. Dieter Reuter Dr. Andreas Richter, LL.M. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt Prof. Dr. Verica Trstenjak Rolf Hunck (Ehrenmitglied)

Bibliographische Hinweise: Die Zeitschrift wurde als BLS NON PROFIT LAW NEWS eingeführt (Ausgaben 0/2003 bis 4/2008). Seit 2009 trägt sie den Namen „Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen“. Zitierweise: npoR ISSN 1868-3762 (Online-Ausgabe, Print-Ausgabe: 1868-3770) Herausgeber: Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School Hochschule für Rechtswissenschaft gemeinnützige GmbH Jungiusstraße 6 20355 Hamburg Geschäftsführer: Dr. Hariolf Wenzler, Benedikt Landgrebe (Stellvertreter) Vorsitzender des Aufsichtsrats: Prof. Dr. Michael Göring Amtsgericht Hamburg, HRB 75325 Redaktionelle Gesamtverantwortung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Redaktionsleitung: Florian Kamp, Kathrin Wrede. Redaktion: Sebastian Fornefeld, Magdalena Göbel, Christian Kahf, Clara Lienicke, Dr. Emily Plate-Godeffroy, Niclas Stemplewski, Julia Theele. Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg. Telefon: (040) 30706 -270. www.npoR.de. Telefax: (040) 30706 -275. E-Mail: Redaktion@npoR.de. npoR im Internet:


Vorwort

npoR Heft 3/2013

I

Liebe Leserinnen und Leser, Ende Juli ist im Alter von fast 100 Jahren Berthold Beitz verstorben. Beitz hat sich in seinem langen Leben in vielfältiger Weise mäzenatisch, sozial und humanitär engagiert. Das hat ihm hohe und höchste Auszeichnungen eingebracht, darunter die größte Ehrung überhaupt, die einem Deutschen seiner Generation hat zuteilwerden können, nämlich die Aufnahme in die Galerie der „Gerechten unter den Völkern“ in der israelischen Holocaustgedenkstätte Yad Vashem wegen der Rettung von mehreren hundert Juden vor den Gaskammern der Nazis, ungeachtet der für ihn selbst und seine Familie drohenden Gefahr. Dem Stiftungswesen ist Beitz freilich nicht so sehr durch seine persönliche moralische Lebensleistung als vielmehr durch seine Rolle als jahrzehntelanger Vorstandsvorsitzender der KruppStiftung verbunden. Die Krupp-Stiftung ist sein Werk und zugleich das Werkzeug gewesen, mit der er die ihm von dem 1967 verstorbenen Stifter Alfried Kruppv. Bohlen und Halbach übertragene Aufgabe erfüllt hat, die Krupp’schen Unternehmen zusammenzuhalten und im Geiste der Industriedynastie Krupp weiterzuführen. Beitz hat in Presseinterviews wiederholt behauptet, die Erfüllung dieser Aufgabe sei der Zweck der Stiftung. Das Gleiche ist in sämtlichen Nachrufen zu lesen, die mir zu Gesicht gekommen sind. Tatsächlich trifft das nicht zu. Es war zwar der Wunsch des Stifters, den Unternehmenszusammenhalt zum Stiftungszweck zu machen. Aber dieser Wunsch hat sich nicht verwirklichen lassen, weil ein solcher Stiftungszweck nicht als gemeinnützig hätte anerkannt werden können. So ist er nur in der Präambel der Stiftungssatzung erwähnt, was nach allgemeinen Grundsätzen bedeutet, dass er allenfalls bei der Wahl zwischen mehreren gleichwertigen Alternativen der Verfolgung des gemeinnützigen Stiftungszwecks eine Rolle spielen kann. Die Stiftung hat gleichwohl so gehandelt, als wäre der Wunsch des Stifters Stiftungszweck geworden. Zunächst hat sie die angesichts der Wettbewerbssituation auf dem Weltmarkt dringende Fusion der Stahlproduzenten im Ruhrgebiet ohne Rücksicht auf die Gefahr schädlicher Rückwirkungen auf das Stiftungsvermögen blockiert, weil die Stiftung dadurch den bestimmenden Einfluss auf das Unternehmen verloren hätte. Dann hat der seinerzeitige Beitz-Intimus Gerhard Cromme die wirtschaftliche Notwendigkeit mit dem angeblichen Stiftungszweck durch hochriskant kreditfinanzierte feindliche Übernahmen in Einklang zu bringen versucht, die im Fall Hoesch gelungen, im Fall Thyssen dagegen gescheitert sind. Da die schließlich realisierte Fusion mit Thyssen als Fusion „unter Gleichen“ den Anteil der Stiftung auf 16 % drückte, hat sie ihre Einkünfte, anstatt den gemeinnützigen Zweck zu bedienen, in der Folgezeit zur Aufstockung ihres Anteils auf eine Sperrminorität von über 25 % eingesetzt. Stiftungsaufsicht und Finanzverwaltung haben all das hingenommen. Verwunderlich ist das nicht. Politisch abhängige Verwaltungsbehörden sind ungeeignet, die Einhaltung von Gesetz und Satzung durchzusetzen, zumal dann, wenn sie dies gegenüber einer herausragenden Persönlichkeit tun sollen, mit der, um sich mit ihr zu schmücken, Spitzenpolitiker fast aller Schattierungen Kontakt pflegen. Eine empirische Untersuchung der Stiftungspraxis aus dem Jahre 1990 berichtet sogar im Hinblick auf die alltägliche Praxis von Klagen einiger Stiftungsbehörden über politischen Druck und politische Kungelei, die sie zu bloßen Befehlsempfängern von oben machten (Härtl, Ist das Stiftungsrecht reformbedürftig? S. 114 f., 121). Der Fall Krupp-Stiftung ist also durchaus kein Einzelfall. Er gibt daher Anlass, das alte Petitum nach Übertragung der Stiftungsanerkennung und –aufsicht auf die politisch unabhängige freiwillige Gerichtsbarkeit zu erneuern. Dieses Petitum steht zwar nicht auf der Wunschliste der Stiftungslobby. Aber es ist – ebenso wie die in der Praxis gleichfalls unbeliebte Forderung nach Transparenz – ein Beitrag zur Verbesserung der Akzeptanz des Stiftungswesens, der der großen Mehrzahl der nicht nur de iure, sondern auch de facto gemeinnützigen Stiftungen zu Gute kommt. Ihr Dieter Reuter


II

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Inhaltsverzeichnis

Aufsätze Anka Hakert, LL.M. (Tax) Die gGmbH als Instrument der Vermögensnachfolge? Anmerkungen zu Leisner, Kunst und das Dilemma – Stiftung oder gemeinnützige GmbH?, Stiftungsmanagement II/2012 (Hrsg.: BWBank), S. 16

Dirk Schauer Unselbstständige Stiftung von Todes wegen – Sicherung der Kontrolle des Stiftungsträgers mit erbrechtlichen Gestaltungsmitteln –

Umsatzsteuerbefreiung von Umsätzen bei Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen (BFH, Urt. v. 19.3.2013 – XI R 47/07)

S. 176

S. 117

Der gemeinnützigkeitsrechtliche Grundsatz der Unmittelbarkeit im Falle eines ausgegliederten Krankenhauslabors (BFH, Urt. v. 6.2.2013 – I R 59/11) Anmerkung Prof. Dr. Rainer Hüttemann

S. 180 S. 182

S. 120

Arbeitnehmereigenschaft bei ehrenamtlicher Tätigkeit als Telefonseelsorgerin (BAG, Urt. v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/10)

S. 183

Dr. Jens Petersen Die Einbindung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer in die Philosophie der Abgeltungsteuer (2) – § 51a Abs. 2c und e EStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften S. 125

Zur Diskussion Dr. Stephan Schauhoff Für ein europäisches Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht als Basis für eine europäische Zivilgesellschaft

S. 128

Praxisforum Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch Verschärfte Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsgremien in Non-Profit-Unternehmen S. 130

Vereinbarkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit eines Steuerberaters bei einem Fußballverein mit dem grundsätzlichen Verbot einer gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG (BVerwG, Urt. v. 26. 9. 2012 – 8 C 6. 12) S. 186 Verfassungsmäßigkeit von staatlichen Zuwendungen an parteinahe Stiftungen (SaarlVerfGH, Urt. v. 16.4.2013 – Lv 15/11) S. 187 Gerichtliche Zuständigkeit bei Immobilienvermietung durch Wittelsbacher Ausgleichsfonds (OLG München, Beschl. v. 25.7.2012 – 34 AR 196/12)

S. 192

Verwaltungsanweisungen Hochwasser Deutschland 2013 – Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Hochwassers in Deutschland (BMF, Schr. v. 21.6.2013 – IV C 4 – S 2223/07/0015 :008)

S. 193

Prof. Dr. Thomas Koller Die Schweiz in der internationalen Konkurrenz der Vereinsstandorte – Zweiter Hinweis auf eine bevorstehende Änderung des schweizerischen Vereinssteuerrechts S. 134

Anwendung von § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG auf Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen (BayLfSt, Verf. v. 25.3.2013 – S 7185.1.1-2/6 St33)

S.195

npoR-Report

Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Bezirkstagsmitgliedern, den Bezirkstagspräsidenten und Bezirkstagspräsidentinnen und ihren gewählten Stellvertretern gewährt werden (BayLfSt, Verf. v. 7.2.2013 – S 2337.1.1–1/12St32)

S. 195

Sebastian Fornefeld/Christian Kahf/Florian Kamp/Clara Lienicke/ Dr. Emily Plate-Godeffroy/Niclas Stemplewski/Kathrin Wrede sowie Michael Röcken npoR-Report Vereinsrecht, Stiftungsrecht, Steuerrecht, Andere Rechtsgebiete S. 135

Steuerpflicht kommunaler Kindertagesstätten (OFD Niedersachsen, Verf. v. 15.1.2013 – S 2706 – 182 - St 241)

Rechtsprechung Bindungswirkung einer Entscheidung des Vereinsgerichts (Lizenzentzug eines Profiboxers) (BGH, Urt. v. 23. 4. 2013 – II ZR 74/12)

S. 147

Unwirksamkeit der kirchengesetzlichen Regelungen von „Jehovas Zeugen in Deutschland KdöR“ (BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12) S. 152 Zurückweisung einer Vereinsanmeldung bei Beschränkung des Minderheitenrechts der Vereinsmitglieder (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.5.2013 – I-3 Wx 43/13) Anmerkung Prof. Dr. Lars Leuschner

Tauschähnlicher Umsatz bei der Publikation von Mitgliederzeitschriften öffentlich-rechtlicher Körperschaften durch gewerbliche Unternehmen – Überlassung von Werberechten (OFD Frankfurt/M, Verf. v. 29.4.2013 – S 7119 A - 7 - St 110) S. 196

S. 157 S. 158

Verschmelzung von Vereinen: Freigabeverfahren gem. § 16 Abs. 3 UmwG und Verneinen der analogen Anwendung von § 275 UmwG, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB (OLG Hamm, Beschl. v. 19.9.2012 – I-8 AktG 2/12) S. 159 Anmerkung Dr. habil. Ulrich Segna S. 162 Wirtschaftliche Zwecksetzung eines Vereins, der eine Kindertagesstätte betreibt (OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18.9.2012 – 2 W 152/1) S. 164 Mehrwertsteuerbefreiung für Krankenhausbehandlung und ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze (EuGH, Urt. v. 21. 3. 2013 – C-91/12) S. 169 Zur Umsatzsteuerfreiheit der von einem Altenwohnheim erbrachten Leistungen (BFH, Urt. v. 19.3.2013 – XI R 45/10) S. 172

S. 197

Rezensionen Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Zwischen Wohlfahrtsstaat und Zivilgesellschaft. Stiftungen in Norwegen, Dr. Ulrich Brömmling

S. 202

Friedrich von Schönfeld Die US-amerikanische Diskussion über Leitung und Kontrolle von Non-Profit-Organisationen. Vier Buchempfehlungen

S. 203

Rubriken npoR-Aktuell

S. III

Von den Finanzmärkten

S. V

Veranstaltungshinweise

S. VI

npoR-Dokumentation

S. 198

Fachliteratur

S. 204

Veranstaltungsberichte Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ): Von welcher Zivilgesellschaft reden wir? S. 205 Symposium „Lebenssinn und Erbe“: Wie gebe ich weiter?

S. 207


npoR-Aktuell

npoR Heft 3/2013

III

npoR-Aktuell Florian Kamp/Kathrin Wrede*

Gesetzgebung

Rechtsprechung

Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums zum Kooperationsgesellschafts-Einführungsgesetz (KoopEG) Das Bundesjustizministerium hat am

Ermäßigung der Notargebühren für mildtätige oder kirchliche Organisationen Mit Beschluss vom

8.3.2013 einen Gesetzesentwurf zur Einführung der Kooperationsgesellschaft und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften vorgelegt. Dieser schlägt unter anderem vor, nach dem Vorbild der im GmbH-Recht eingeführten haftungsbeschränkten UG im Genossenschaftsbereich eine Kooperationsgesellschaft (haftungsbeschränkt) - die sog. „kleine Genossenschaft“ - einzuführen. Für kleinere Unternehmen, für die die Rechtsform der Genossenschaft besonders geeignet sei, solle diese attraktiver gestaltet werden, indem Kooperationsgesellschaften von der Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband und einer regelmäßigen Prüfungspflicht befreit werden. Unter anderem war dies von Prof. Dr. Birgit Weitemeyer in dem ExpertenDialog der Kanzlerin „Dialog über Deutschlands Zukunft“ gefordert worden ( vgl. Ergebnisbericht, Vorschlag 9: Reform des Gemeinnützigkeitsrechts der Arbeitsgruppe I.2.b) „Chancen und Grenzen der Bürgerbeteiligung“).

Vermittlungsausschuss einigt sich auf Jahressteuergesetz 2013 Mit der Einigung im Vermittlungsausschuss am 5.6.2013 und der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zum Kompromissvorschlag am 6. bzw. 7.6.2013 wurde das Gesetzgebungsverfahren rund um das ursprünglich gescheiterte Jahressteuergesetz 2013 zu Ende gebracht. Der beschlossene Einigungsvorschlag ist als Neufassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BGBl. I 2013, 1809) in Kraft getreten. Das Gesetz umfasst insbesondere die Einschränkung von Steuergestaltungsmodellen, eine Verschärfung des § 15 AStG für Stiftungen und die Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie.

Vermittlungsausschuss vertagt Beratungen zum AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz und zum Gesetz zur Verkürzung der Aufbewahrungsfristen sowie zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften Mangels Einigung hat der Vermittlungsausschuss am 26.6.2013 seine Beratungen zum AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM-StAnpG) vertagt. Durch das AIFM-StAnpG soll die Besteuerung von Fonds an die bereits beschlossene AIFM-Regulierung angepasst werden. Aus Furcht vor erheblichen Steuerausfällen hatte der Bundesrat das Gesetz gestoppt und den Vermittlungsausschuss angerufen. Ebenfalls vertagt wurden die Beratungen zum Gesetz zur Verkürzung der Aufbewahrungsfristen sowie zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften. Damit wird die im Gesetzesentwurf unter anderem enthaltene Änderung des § 3 Nr. 20 GewStG vorerst nicht umgesetzt. Hiernach sollte die Gewerbesteuerfreiheit im Gesundheitswesen bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen auf stationäre und ambulante Rehabilitationseinrichtungen ausgedehnt werden.

19.6.2013 – V ZB 130/12 hat der BGH entschieden, dass es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Ermäßigung von Notargebühren nur solchen Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen gewährt wird, die ausschließlich mildtätige oder kirchliche Zwecke, nicht aber gemeinnützige Zwecke verfolgen. Dieser Entscheidung liegt die Kostenbeschwerde einer ihrer Satzung zufolge im Bereich der Förderung des Naturschutzes tätigen gemeinnützigen Stiftung zugrunde, mit der diese eine Ermäßigung der Notargebühren für die Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages gemäß § 144 Abs. 2 i.V.m. § 144 Abs. 1 KostO erreichen will. Eine derartige Gebührenermäßigung scheidet nach Auffassung des BGH allerdings aus, weil die Kostenschuldnerin weder mildtätige noch kirchliche Zwecke verfolge, mangels Regelungslücke komme auch keine analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht. Zudem sei § 144 Abs. 2 KostO und die hierin getroffene Auswahl der privilegierten Zwecke mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Zum einen rechtfertige sich die besondere Behandlung kirchlicher Zwecke aufgrund des in den Weimarer Kirchenartikeln vorgesehenen besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes von Religionsgemeinschaften. Zum anderen sei die Gebührenermäßigung im Hinblick auf mildtätige Zwecke deshalb unbedenklich, da diese zum Kernbereich selbstloser Gemeinwohlförderung und damit zu den selbstverständlichen Pflichten des Sozialstaates gehörten.

Zum Umfang des Beurkundungserfordernisses bei Anfechtung eines Erbvertrages Der BGH hat mit Urteil vom 10.7.2013 – IV ZR 224/12 entschieden, dass die im Rahmen einer Erbvertragsanfechtung erteilte Anweisung des Erblassers an den Notar, die notariell beurkundete Anfechtungserklärung dem Nachlassgericht zu übermitteln, nicht gesondert notariell beurkundet werden muss. Nur die Anfechtungserklärung selbst bedürfe nach dem Wortlaut des § 2282 Abs. 3 BGB, dessen Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik der notariellen Beurkundung, nicht hingegen deren Begebung. Dabei erstrecke sich die Beweisregel des § 416 ZPO auch auf die Begebung einer schriftlichen Willenserklärung, wenn deren Übermittlung noch von einer gesonderten Weisung des Erklärenden abhängen soll. Der Entscheidung liegt die Klage einer nach einer Erbvertragsanfechtung vom Erblasser testamentarisch eingesetzten Alleinerbin gegen die durch den angefochtenen Erbvertrag zunächst alleinig begünstigte Stiftung zugrunde. Dabei lag die Besonderheit im Zusammenhang mit dieser Erbvertragsanfechtung

* Florian Kamp ist Doktorand und ebenso wie Kathrin Wrede wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Hamburg.


IV

npoR-Aktuell

npoR Heft 3/2013

darin begründet, dass der Erblasser den Notar zusätzlich zu seiner Bitte um Übermittlung der notariell beurkundeten Erbvertragsanfechtung an das Nachlassgericht anwies, dass dies erst erfolgen solle, wenn der Erblasser selbst oder ein Bevollmächtigter ihm dies gesondert mitteile.

Mitgliedsstaaten zu vereinfachen und zu fördern. Die ersten zehn Länderprofile, darunter auch das deutsche, welches unter Mitwirkung des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen an der Bucerius Law School, Hamburg, erstellt wurde, sind nunmehr online verfügbar.

Genehmigungspflicht bei Vertrag zwischen kirchlicher Stiftung und ihren Organen Mit Urteil

Nationales Reformprogramm 2013 Das Bundeska-

vom 13.8.2013 – 2 U 46/13 hat das OLG Oldenburg entschieden, dass ein Vertrag zwischen einer kirchlichen Stiftung und ihren Organen der Genehmigung durch die Stiftungsbehörde bedarf und ein früherer Pfarrer und Dechant rechtsgrundlos als Mitglied bzw. Vorsitzender des Stiftungskuratoriums erhaltene Barzahlungen an die Stiftung zurückzahlen muss. Mangels stiftungsbehördlicher Genehmigung und da die Annahme einer die stiftungsbehördliche Genehmigung ersetzenden betrieblichen Übung zudem ausscheide, seien die Zahlungen an den beklagten Pfarrer ohne Rechtsgrund erfolgt. Dies gelte insbesondere, da der Beklagte die Barzahlungen als Vorsitzender des Kuratoriums an sich selbst veranlasst habe und die Stiftung sich seine Kenntnis von den Zahlungen nicht zurechnen lassen müsse.

Finanzverwaltung Veröffentlichung der gemeinsamen Positivliste von BMF-Schreiben und gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder Als Anlage 1 zum BMF-Schreiben vom 9.4.2013 – IV A 2 O 2000/12/10001 (BGBl. I 2013, 522) ist die Positivliste der BMF-Schreiben und gleich lautender Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder veröffentlicht worden. Diese listet abschließend die BMF-Schreiben und gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder auf, die für Steuertatbestände, die nach dem 31.12.2011 verwirklicht werden, anzuwenden sind. Die im Vergleich zur vorjährigen Positivliste nicht mehr enthaltenen BMF-Schreiben und Ländererlasse sind in der ebenfalls dem Schreiben angefügten Anlage 2 nachrichtlich aufgeführt, darunter finden sich folgende BMF-Schreiben mit gemeinnützigkeitsrechtlichem Bezug: v. 28.9.1999 – IV C 6 - S 0171 - 79/99 (Gemeinnützigkeit von Schulen in freier Trägerschaft); v. 7.7.2010 – IV C 4 - S 0180/07/0001/:001 DOK 2010/0490291 (Anforderungen an die Satzung eines steuerbegünstigten Vereins hinsichtlich der so genannten Vermögensbindung); v. 20.9.2005 – IV C 4 - S 0181 - 9/05 (Förderung der Allgemeinheit und Satzungsbestimmungen zur Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit); v. 13.12.2007 – IV C 4 - S 2223/07/0018 DOK 2007/0582656 (Steuerbegünstigte Zwecke, § 10b EStG); v. 17.6.2011 – IV C 4 - S 2223/07/0018 :004 DOK 2011/0474108 (Steuerlicher Spendenabzug, § 10b EStG).

Mitteilungen TGE-Profil für Deutschland ist online verfügbar Das Netzwerk Transnational Giving Europe (TGE) erstellt derzeit gemeinsam mit dem European Foundation Centre Länderprofile zum Thema grenzüberschreitendes Spenden in Europa und übermittelt hierin praktische Informationen und erste Ratschläge bezüglich des Umgangs mit den entsprechenden steuerrechtlichen Fragen. Dies dient dem Ziel des Netzwerkes, transnationales Spenden innerhalb der EU-

binett hat am 20.3.2013 das Nationale Reformprogramm beschlossen und mittlerweile der Europäischen Kommission vorgelegt. Hierin dokumentiert die Bundesregierung die Fortschritte, die im vergangenen Jahr in Deutschland erreicht wurden und skizziert ihre Strategien für nachhaltiges Wachstum und solide öffentliche Haushalte. Bei der Ausarbeitung des Reformprogramms wurde auch der Dritte Sektor eingebunden (Ziffern 136-138 NRP). So hat unter anderem der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. bei der Erstellung des Textentwurfes mitgewirkt. In seiner Stellungnahme vom 19.2.2013 begrüßt der Deutsche Verein diese Zusammenarbeit, regt jedoch eine weitere Intensivierung und Verbesserung des Austausches zwischen Drittem Sektor und Bundesregierung zwecks einer wirkungsvolleren Bekämpfung sozialer Probleme an.

Veröffentlichung des Studienberichtes „Wirkungsorientierte Steuerung in Non-Profit-Organisationen“ Der Studienbericht zu der gemeinsam von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, dem Institut für den öffentlichen Sektor e.V. und der Phineo gAG durchgeführten Untersuchung „Wirkungsorientierte Steuerung in Non-Profit-Organisationen“ ist am 16.5.2013 auf dem Deutschen StiftungsTag in Düsseldorf vorgestellt worden. Die Studie untersucht die Relevanz der eigenen gesellschaftlichen Wirkung für die Unternehmenssteuerung von deutschen NonProfit-Organisationen. Dazu wurden 83 gemeinnützige Organisationen aus Deutschland zu ihrer Wirkungsorientierung befragt. Die Interviews ergaben, dass sich nach Einschätzung der meisten Non-Profit-Organisationen (70%) eine stärkere Wirkungsorientierung positiv auf die Qualität ihrer Arbeit auswirke und praktischen Mehrwert besäße. Gleichwohl gab nur ein kleiner Teil der Organisationen (22%) an, die Wirkungen ausreichend und mit einem klaren Konzept zu erfassen. Hierbei sowie bei der Nutzung der Daten für Lern- und Steuerungsprozesse bestehe großer Unterstützungsbedarf. Am besten schnitten bei der Ausprägung der Wirkungsorientierung die Non-Profit-Organisationen im Bildungsbereich sowie Förderstiftungen ab.

StiftungsReport 2013/14 liegt vor Der Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. hat am 11.6.2013 den StiftungsReport 2013/2014 veröffentlicht. Dieser geht der Frage nach, wie Stiftungen zur Weiterentwicklung unseres Wirtschaftssystems beitragen, und zeigt auf, wie Stiftungen Wirtschaft und Gemeinwohl verbinden. Dabei untersucht der Report unter anderem die Nachhaltigkeit und Stabilität von Stiftungen und porträtiert Sozialunternehmer und deren Potenziale. SEPA-Verfahren auch für Vereine Vereine müssen bis zum 1.2.2014 auf das neue SEPA-Lastschriftverfahren umstellen, welches das nationale Überweisungsverfahren ablöst. Unter anderem benötigen Vereine hierzu eine GläubigerIdentifikationsnummer, die sie im Internet bei der Deutschen Bundesbank beantragen können. Die Deutsche Bundesbank empfiehlt, diesen Prozess möglichst bis Ende Oktober 2013 abzuschließen.


Von den Finanzmärkten

npoR Heft 3/2013

BAW München vergibt Stipendien für Mitarbeiter von Non-Profit-Organisationen Die Bayerische Akademie für Werbung und Marketing München (BAW) vergibt jeweils ein Stipendium für die berufsbegleitenden Fachstudiengänge Public Relations und Marketing. Ab sofort kön-

V

nen sich alle Mitarbeiter von Non-Profit-Organisationen, kulturellen sowie sozialen Einrichtungen und Projekten bewerben. Kontakt: Stephanie Burgstaller, Tel.: +49 (0)89 48 09 09-55, E-Mail: stb@baw-online.de

Von den Finanzmärkten

Konjunktur & Kapitalmärkte – aktuelle Einschätzung Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Mit Zweifeln an der Dynamik des Wachstums in China und der anhaltenden Schuldenkrise in Europa übernimmt die USÖkonomie wieder stärker die Rolle einer globalen Konjunkturlokomotive. Die Statements der US-Notenbank, die eine Rückführung der Anleihekäufe im Jahresverlauf andeuten, sind auch Anzeichen für ein an Momentum gewinnendes US-Wachstum. Wichtige Eckpfeiler hierfür sind die Erholung am US-Häusermarkt und der robuste US-Konsum. Im weiteren Jahresverlauf dürfte die Erneuerung des vergleichsweise veralteten Kapitalstocks der US-Industrie auch auf der Investitionsseite Rückenwind geben. Damit sollten die USA die Auswirkungen der automatischen Budgetkürzungen kompensieren und zu noch stärkerem Wachstum zurückfinden können. In Euroland mehren sich die Anzeichen, dass die deutsche Wirtschaft auf dem Wachstumspfad bleibt und zu mehr Stärke findet. In Kombination mit dem höheren USWachstum verbessert das die Chancen Eurolands, der nach wie vor anhaltenden Rezession zu entkommen. Gleichwohl bleiben Wachstumsschwäche und mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit die Achillesfersen vieler Volkswirtschaften in Euroland. Neben (innen-) politischen Streitigkeiten resultieren hieraus auch künftig Gefahren für die Konsolidierung der Staatsfinanzen und des Finanzsystems. Die Europäische Zentralbank dürfte trotz mancher Kritik ihre Geldpolitik auch in den nächsten Monaten expansiv gestalten. Der von den USA ausgehende Zinsanstieg ist Zeichen einer gewissen Normalisierung. Er kann als Signal dafür interpretiert werden, dass die unmittelbaren Gefahren der Schuldenkrise für Weltwirtschaft und Finanzsystem auf dem Rückzug sind. Mit einem weiterhin sehr anspruchsvollen Kapitalmarktumfeld ist zu rechnen. Weltwirtschaft und Märkte dürften in den nächsten Monaten zunehmend der Aussicht ausgesetzt sein, ohne außergewöhnliche Unterstützungsmaßnahmen durch Politik und Notenbanken auskommen zu müssen. Die damit verbundene Volatilität stellt Anleger vor Herausforderungen und spricht für umsichtiges Handeln und ausgeprägtes Risikomanagement. Rentenmärkte Nach dem deutlichen Zinsanstieg der letzten Wochen sollten die Rentenmärkte in ruhigeres Fahrwasser geraten. Der längerfristige Grundtenor sollte aber auf einen weiteren Renditeanstieg ausgerichtet bleiben. Hierfür sprechen nicht nur zunehmende Anzeichen für eine weniger expansive USGeldpolitik, sondern auch die nach Berücksichtigung der

Inflation bis in den mittleren Laufzeitbereich hinein immer noch negativen Realzinsen. Innerhalb Eurolands bildet das nach wie vor schwache Wirtschaftswachstum ein Gegengewicht. Auch wenn die US-Notenbank die Zügel anzieht, dürfte die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bis auf Weiteres expansiv bleiben. Eine nochmalige Leitzinssenkung erscheint aber eher unwahrscheinlich. Auch wenn temporäre Effekte der nach wie vor nicht überwundenen Schuldenkrise zu zeitweise erneut sinkenden Renditen führen können, halten wir eine zurückhaltende Positionierung im kürzeren und mittleren Laufzeitsegment für angebracht. Nach wie vor erscheint dabei das Segment der Unternehmensanleihen attraktiver als Staatsanleihen. Die Renditeaufschläge sind zwar gering, bieten aber die Chance auf eine bessere laufende Verzinsung in stabilen Marktphasen und einen gewissen Risikopuffer gegenüber drohenden Kursverlusten in Schwächephasen. Die gleichen Argumente unterstreichen die Bedeutung von Anleihen von Emittenten aus den Wachstumsländern. Die durch innenpolitische Entwicklungen in einzelnen Ländern und den von den USA ausgehenden Zinsanstieg ausgelösten Kursverluste dürften temporärer Natur sein. Attraktiv erscheinen vor allem Anleihen von Ländern mit niedrigem Finanzierungsbedarf, die nicht von kurzfristigen Kapitalzuflüssen aus dem Ausland abhängig sind. Das dürfte auch für Fremdwährungen gelten. Vor allem dort, wo solide Außenhandelsbilanzen und langfristige Direktinvestitionen die Währungen strukturell unterstützen – wie in Emerging Asia und Lateinamerika – dürften die Währungen gegenüber dem Euro wieder aufwerten und die lokalen Anleihemärkte in ruhigeres Fahrwasser kommen. Aktienmärkte An den Aktienmärkten wirkt die im Laufe des zweiten Quartals eingetretene Konsolidierung einer von vielen Marktteilnehmern befürchteten Überhitzung entgegen. Über die nächsten Wochen dürfte das Handelsgeschehen volatil bleiben. Die mit der Berichtssaison einlaufenden Unternehmensmeldungen stehen im von Unsicherheit geprägten Umfeld nicht nur unter erhöhtem Erwartungsdruck, sondern treffen darüber hinaus auf saisonal bedingt eher geringere Umsätze. Beides erhöht die Wahrscheinlichkeit deutlicher Kursausschläge in beide Richtungen. Der Fokus sollte auf substanzstarken Unternehmen mit soliden Geschäftsmodellen und komfortablen Dividendenrenditen bleiben. Erfahrungsgemäß greifen Investoren auf der Suche nach attraktiven Kaufgelegenheiten in Phasen schwacher Kurse häufig nach Aktien von solchen Unternehmen. Dafür sprechen auch die zurückgekommenen Bewertungen. Im Vergleich zu Anleihen sind Aktien nach wie vor niedrig bewertet. Wie nied-


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Veranstaltungshinweise

rig die Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnisse im historischen Kontext sind, hängt auch von den anstehenden Unternehmensberichten ab. Die anziehende Konjunktur, vor allem in den USA, spricht für stabile bis leicht steigende Unternehmensgewinne. Gleiches gilt für die Unternehmen der Eurozone, die einen Großteil ihres Geschäftes in außereuropäischen Ländern erwirtschaften und somit die konjunkturelle Schwäche in großen Teilen Europas kompensieren können. Japanische Unternehmen dürften – wenn auch in geringerem Ausmaß als bisher – vom deutlich zurückgekommenen Wechselkurs und der extrem expansiven Geldpolitik der Bank of Japan profitieren. In den Wachstumsländern halten wir die Korrektur für übertrieben. Die innenpolitischen Probleme, beispielsweise in Brasilien oder der Türkei, erscheinen lösbar und haben die wirtschaftliche Lage bislang nicht grundlegend verändert. Vor allem die Schwellenländer Asiens zeigen nach wie vor sehr solide ökonomische Rahmendaten. Das betrifft vor allem das durch Demographie und Strukturwandel getriebene Wachstum. Die jüngsten Kursrückschläge eröffnen nach Überwindung der volatilen Marktphase Kurspotenzial bei Aktien aus Industrie- und aus Wachstumsländern. Während Anleihen auf absehbare Zeit nur wenig attraktive Rendite-Risiko-Relationen aufweisen, könnten Aktien auf dem erreichten Niveau wieder stärkere Berücksichtigung in den Portfolios der internationalen Inves-

toren finden. Die daraus resultierenden Umschichtungen dürften den Aktienmärkten Unterstützung geben und im weiteren Jahresverlauf den Aufwärtstrend weiter antreiben. Währungen und Rohstoffmärkte Die Erwartung einer Rückführung der Anleihekäufe der USNotenbank dürfte den US-Dollar weiter stärken. Hinzu sollte der Rückenwind der anziehenden US-Konjunktur kommen. Während ein stärkerer US-Dollar den Ausblick bei Rohstoffen belastet, sprechen bessere Konjunkturdaten für steigende Rohstoffnotierungen. Im direkten Vergleich mit Aktien und Anleihen fehlt Rohstoffen der laufende Ertrag, was mit steigenden Zinsen stärker ins Gewicht fällt. Das kurzfristige Preispotenzial erscheint daher begrenzt. Rohöl dürfte kaum Chancen haben, die Marke von 100 US-Dollar pro Barrel WTI nachhaltig zu übersteigen. Gold sollte auf dem gegenwärtigen Niveau zunehmende Unterstützung finden und längerfristig wieder höher tendieren. Beide Rohstoffe bleiben Investments mit ausgeprägten Inflations- und Krisenschutzaspekten. Frank Kamp Deutsche Bank AG Deutsche Asset & Wealth Management Portfoliomanagement für Stiftungen

Veranstaltungshinweise

Schweizerischer Juristentag 2013 Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

13. und 14. September 2013 Schweizerischer Juristenverein Appenzell www.juristentag.ch

Tag der Stiftungen Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

1. Oktober 2013 Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. bundesweit nina.leseberg@stiftungen.org; www.tag-der-stiftungen.de

Hamburger Stiftungstage 2013 Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

16. bis 19. Oktober 2013 Initiativkreis Hamburger Stiftungen Hamburg http://www.hamburger-stiftungen.de

6. Liechtensteinischer Stiftungsrechtstag 2013: Zivil- und gesellschaftsrechtliche Fragen zur Führung und Abwicklung von Stiftungen Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

24. Oktober 2013 Universität Liechtenstein, Lehrstuhl für Gesellschafts- , Stiftungs- und Trustrecht Universität Liechtenstein, Vaduz gesellschaftsrecht@uni.li; www.uni.li/stiftungsrechtstag

ConSozial 2013: 15. Fachmesse und Congress des Sozialmarktes Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

6. und 7. November 2013 Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen Messezentrum Nürnberg www.consozial.de

Der Schweizer Stiftungstag 2013 Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

7. November 2013 proFonds Dachverband gemeinnütziger Stiftungen der Schweiz Kultur- und Kongresshaus Aarau www.profonds.org

13. Hamburger Tage des Stiftungs- und NonProfit-Rechts Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

8. und 9. November 2013 Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen – Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Bucerius Law School, Hamburg julia.theele@law-school.de; http://www.hamburger-tage.org


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Heft 3/2013 Seiten 117-208 5. Jahrgang 16.9.2013

Zeitschrift für Das Recht der Non ProfiT Organisationen

Herausgeber: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend), Dr. Wilhelm-Albrecht Achilles, Prof. Dr. Arnd Arnold, Prof. Dr. Michael Droege, Prof. Dr. Hans Fleisch, Prof. Dr. Stefan Geibel, Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Prof. Dr. Monika Jachmann, Prof. Dr. Dominique Jakob, Prof. Dr. Peter Rawert, Prof. em. Dr. Dieter Reuter, Dr. Andreas Richter, Dr. Stephan Schauhoff, Dr. Ulrich Segna, Dr. Thomas Wachter, Dr. Reinmar Wolff

Aufsätze Anka Hakert, LL.M. (Tax)*

Die gGmbH als Instrument der Vermögensnachfolge? Anmerkungen zu Leisner, Kunst und das Dilemma - Stiftung oder gemeinnützige GmbH?, Stiftungsmanagement II/2012 (Hrsg.: BWBank), S. 16 In seinem kurzen Beitrag stellt Leisner eine Gestaltungsvariante vor, die es dem Erblasser ermöglichen soll, seine Kunstsammlung nicht nur steuerfrei, sondern sogar mit der Möglichkeit eines Spendenabzuges auf seine Kinder zu übertragen. Ausgangspunkt ist die Einbringung der Kunstsammlung in eine zuvor vom Erblasser mit seinen Kindern gegründete gemeinnützige GmbH. Nach Ablauf eines Zeitraums von zehn Jahren und dem Tod des Vaters wird die Gemeinnützigkeit durch die Kinder aufgegeben. Nach Ansicht von Leisner sollen die Kinder die Kunstgegenstände dann, abgesehen von der Aufdeckung stiller Reserven, steuerfrei entnehmen können. Da die während der Geltung der Gemeinnützigkeit durch das Ausstellen der Bilder und deren Zugänglichmachung für die Allgemeinheit erzielten Erträge für die gGmbH nur äußerst gering sein dürften, sei eine Nachversteuerung der Ertragsteuern für die letzten zehn Jahre nach § 61 Abs. 3 AO zu verschmerzen. Der Steuerbescheid des Vaters, in dem die Spende einkommensmindernd berücksichtigt wurde, könne hingegen nach Ablauf von zehn Jahren nicht mehr abgeändert werden. Was sich angesichts der Kürze des Beitrages als scheinbar einfache Variante darstellt, wirft bei näherer Betrachtung insbesondere spendenrechtliche und schenkungssteuerrechtliche Fragen auf. I. Spendenabzug fraglich Die steuerlichen Vorteile des Spendenabzuges können nur genutzt werden, wenn die Einlage der Kunstgegenstände in die gGmbH nicht als Sacheinlage im Sinne des Handelsrechts

gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erbracht wird. Handelt es sich bei der Einbringung um eine Sacheinlage bei gleichzeitiger Erhöhung des Gesellschaftsanteils, liegt von vornherein keine freigebige Zuwendung vor. Derartige Einlagen sind auch bei einer gemeinnützigen Körperschaft bei Austritt des Gesellschafters oder Auflösung der Gesellschaft wegen § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO an den Gesellschafter zurück zu gewähren, ohne dass dies Auswirkungen auf die Gemeinnützigkeit hätte. Sie stellen aber mangels endgültiger wirtschaftlicher Belastung keine zum Sonderausgabenabzug berechtigende Spende dar.1 Aber auch im Falle der Einbringung der Kunstsammlung im Wege einer disquotalen Einlage ist zweifelhaft, ob es sich dabei um eine freigebige Zuwendung mit der Möglichkeit des Spendenabzuges gemäß § 10b EStG handelt. Eine disquotale Einlage liegt vor, wenn der Gesellschafter die Vermögenswerte ohne vorherige Kapitalerhöhung einbringt, er also mehr leistet, als dies seiner Beteiligungsquote entspricht.2 Voraussetzung für die Spendeneigenschaft dieser Einlage wäre, dass die Zuwendung freiwillig und unentgeltlich geleistet wird, um steuerbegünstigte Zwecke fremdnützig zu fördern.3 Der BFH * Die Autorin ist als Rechtsanwältin im steuerrechtlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Dezernat der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main, tätig. 1 Siehe König, Pahlke/König-AO, 2. Aufl. 2009, § 55 Rn. 21 mit Verweis auf BFH, Urt. v. 20.2.1991 – X R 191/87, BStBl. 1991, 690. 2 Zur disquotalen Einlage: Mylich, ZEV 2012, 229; Milatz/Herbst, ZEV 2012, 21; Crezelius, ZEV 2011, 393. 3 Hofmeister, in: Blümich, 117. Aufl. 2012, zu § 10b EStG, Rz. 16 mwN.


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geht jedoch in stetiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Zuwendung des Gesellschafters, die in rechtlichem Zusammenhang mit einem Gemeinschaftszweck steht, nicht als unentgeltliche Zuwendung anzusehen ist.4 Als Gemeinschaftszweck gilt auch der gesellschaftsvertraglich vereinbarte Zweck einer Kapitalgesellschaft. Dient die Zuwendung also dem Gesellschaftszweck, handelt es sich nach Ansicht des BFH um eine Leistung causa societatis und folglich um keine freigebige Zuwendung. Nicht entscheidend ist nach Ansicht des BFH dabei, ob die Empfängerkörperschaft gemeinnützige Ziele verfolgt und die Zuwendung der Unterstützung dieser satzungsmäßigen Zwecke dient, wie der BFH in seiner Entscheidung vom 17.10.2007 ausführte.5 Hierbei ging es um die Frage der unentgeltlichen Zuwendung eines gemeinnützigen Vereins als Alleingesellschafter an die ebenfalls gemeinnützige GmbH. Der Verein bestellte der gemeinnützigen GmbH ein Erbbaurecht an einem seiner Grundstücke, ohne dass ein Erbbauzins zu entrichten war, und vertrat hierbei die Auffassung, dass es sich bei dem Vorgang um eine Schenkung und somit einen grunderwerbsteuerfreien Vorgang handelte. Dieses Grundstück nutzte die gGmbH zur Erfüllung ihrer gemeinnützigen Zwecke. Der BFH sah in der Zuwendung vorrangig eine Unterstützung des gesellschaftsvertraglich bestimmten Zwecks der empfangenen Kapitalgesellschaft, so dass die Zuwendung als gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als freigebige Zuwendung zu beurteilen war. Überträgt man diese Entscheidung auf die von Leisner vorgestellte Gestaltungsvariante, könnte die Einbringung der Kunstgegenstände durch den Vater ebenfalls als gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als freigebige Zuwendung angesehen werden. Der Vater bringt die Kunstgegenstände ein, damit diese von der gemeinnützigen GmbH im Rahmen der Verwirklichung ihrer satzungsgemäßen Zwecke genutzt werden, und unterstützt damit direkt den gesellschaftsvertraglich bestimmten Zweck. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BFH wäre dies dann jedoch nicht als freigebige Zuwendung anzusehen. Dieser Entwicklung der Rechtsprechung des BFH folgt auch eine neue Entscheidung des BFH, nach der es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern keine freigebigen Zuwendungen gibt.6 Handelt es sich hierbei auch um den umgekehrten Fall, also nicht um eine Einlage, sondern um eine verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter, folgt der BFH damit gleichwohl seiner bisherigen Linie, indem er sagt, dass für eine verdeckte Gewinnausschüttung nichts anderes gelten könne als für Vermögensübertragungen von einem Gesellschafter auf eine Kapitalgesellschaft. Die Finanzverwaltung folgte in der Frage der freigebigen Zuwendung an die Gesellschaft bei disquotalen Einlagen größtenteils der Rechtsprechung des BFH, sah jedoch bis zum koordinierten Ländererlass vom 20.10.2010 in der Zuwendung eine mittelbare Schenkung an die Gesellschafter durch die Werterhöhung ihrer Anteile.7 Gleichwohl finden sich auch Literaturmeinungen, die einen Spendenabzug bei Zuwendungen des Gesellschafters einer gemeinnützigen GmbH als möglich ansehen, ohne jedoch näher auf die Argumente der Rechtsprechung einzugehen und sich mit der grundsätzlichen Frage der Freigebigkeit auseinanderzusetzen.8 Sicherlich wird im konkreten Einzelfall zu prüfen sein, ob bei entsprechender Spendenmotivation nicht doch eine freigebige Zuwendung an die Gesellschaft vorliegt. So sind Konstellationen denkbar, bei denen

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die Spendenmotivation die aus dem Gesellschaftsverhältnis herrührende Motivation in den Hintergrund drängen dürfte, wie beispielsweise bei der zweckgebundenen Zuwendung von Mitteln, die zeitnah für ein bestimmtes Projekt verwendet werden. Bei der von Leisner vorgestellten Gestaltungsvariante sind jedoch Zweifel an der Freigebigkeit angebracht. Wie bei der Frage der Unentgeltlichkeit bei Zuwendungen der Gesellschaft an ihre gemeinnützigen Gesellschafter könnte auch hier im Rahmen einer Gesamtwürdigung relevant sein, ob der Vater die gGmbH in größerem Umfang durch Spenden begünstigt als andere gemeinnützige Organisationen.9 Ebenfalls dürfte neben der altruistischen Motivation zu würdigen sein, dass die von Leisner vorgestellte Gestaltungsvariante das gemeinnützigkeitsrechtliche Pendant zur (vor Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG) steuerfreien Übertragung von Vermögenswerten auf die nächste Generation durch Zwischenschaltung einer nicht gemeinnützigen Kapitalgesellschaft darstellt. Auf Grund der Tatsache, dass die Kinder die anderen Gesellschafter sind, liegen neben der altruistischen Motivation auch private Beweggründe für die Zuwendung nahe. Auf Grund der Unwägbarkeiten in dieser Frage sollte der Spendenabzug im Vorfeld durch einen Antrag auf verbindliche Auskunft des Finanzamts geklärt werden. II. Schenkungssteuerliche Auswirkungen der Einlage? Sollte die Einbringung der Kunstgegenstände in die gGmbH keine freigebige Zuwendung sondern eine Gesellschaftereinlage in Form von Sachmitteln nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO oder eine Leistung causa societatis darstellen, entfällt bereits die Steuerbarkeit der Zuwendung an die Gesellschaft, ohne dass hierfür auf § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG zurückgegriffen werden müsste. Die Frage ist jedoch, ob im Verhältnis zwischen dem Vater und seinen Kindern ein Schenkungssteuertatbestand erfüllt ist. Mit Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG kann eine disquotale Einlage durch den Gesellschafter die Voraussetzungen eines Schenkungssteuertatbestandes erfüllen, wenn die anderen Gesellschafter durch die Zuwendung eine Werterhöhung ihrer Anteile erlangen. Der Gesetzgeber reagierte mit dieser Neuregelung auf das Gestaltungsmodell der disquota-

4 BFH, Urt. v. 17.10.2007 – II R 63/05, ZEV 2008, 153 mit Verweis auf BFH, Urt. v. 12. 7. 1979 – II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl. II 1979, 631, NJW 1980, 256; BFH, Urt. v. 1. 7. 1992 – II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl. II 1992, 921, DStR 1992, 1279, NJW 1993, 160; BFH, Urt. v. 24. 8. 2005 – II R 28/02, ZEV 2006, 41; BFH, Urt. v. 15. 3. 2007 – II R 5/04, BStBl. II 2007, 472, ZEV 2007, 285. 5 BFH, Urt. v. 17.10.2007 – II R 63/05, ZEV 2008, 153; auch wenn es in dieser Entscheidung um die Norm des § 3 Nr. 2 GrEStG ging, enthält sie grundsätzliche Ausführungen zu der Frage, ob eine disquotale Einlage eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft den Tatbestand einer freigebigen Zuwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt, siehe hierzu die Anmerkungen von Crezelius, ZEV 2008, 153 (154). 6 BFH, Urt. v. 30.1.2013 – II R 6/12, DStR 2013, 649. 7 Koordinierter Ländererlass v. 20.10.2010, BStBl. I 2010, 1207. 8 Weidmann/Kohlhepp, Die gemeinnützige GmbH, 2. Aufl., 2011, § 7 Rz. 69; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., 2010, § 7 Rz. 27. 9 Sogenannter Fremdspendenvergleich, der von der Rechtsprechung als Indiz für die Einordnung der Zuwendungen von Kapitalgesellschaften an ihre Gesellschafter eingeführt wurde; siehe hierzu Schauhoff, § 7 Rz. 23, 37 m.w.N.; FG Münster, Urt. v. 19.1.2007 – 9 K 3856/04, EFG 2007, 1470.


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len Einlage, das in der Vergangenheit auf Grund der Rechtsprechung des BFH die schenkungssteuerfreie Übertragung von Vermögenswerten auf die nachfolgende Generation ermöglichte.10 Der Gesetzgeber dürfte dabei nur die nicht gemeinnützige Körperschaft im Blick gehabt haben. Es stellt sich gleichwohl die Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 8 ErbStG durch die Einbringung der Kunstgegenstände durch den Vater bei einer gemeinnützigen Gesellschaft erfüllt sein können. Inwieweit dieser neu geschaffene Steuertatbestand im Falle einer gemeinnützigen GmbH von der Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG erfasst wird und die Steuerbarkeit schon daran scheitert, ist fraglich. Gegenstand dieser Steuerbefreiung ist vom Wortlaut her allein die Zuwendung an eine Körperschaft, nicht hierdurch bedingte Werterhöhungen der Anteile der anderen Gesellschafter. Abgesehen davon stellt sich bei gemeinnützigen Organisationen die Frage, ob eine Werterhöhung der Anteile der Kinder als Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 8 ErbStG auf Grund der Gemeinnützigkeit überhaupt eintreten kann. Der schenkungssteuerliche Tatbestand könnte bereits an der von kommerziellen GmbHs abweichenden Bewertung der Gesellschafteranteile gemeinnütziger Körperschaften scheitern. So fand sich bis 2011 in der Erbschaftsteuerrichtlinie11 die Regelung, dass der gemeine Wert von Gesellschafteranteilen an gemeinnützigen Organisationen auf Grund der sehr eingeschränkten Verwertungsmöglichkeit höchstens mit dem Nennwert anzusetzen sei. Die Erbschaftsteuerrichtlinie 2011 enthält leider keine entsprechend klare Regelung über die Bewertung dieser Anteile mehr. Der BFH bewertete die Anteile im Zusammenhang mit einem Verkauf jedoch für Zwecke der Gemeinnützigkeit ebenfalls dahingehend, dass sie für einen steuerpflichtigen Erwerber, der die steuerbegünstigten Zwecke nach dem Anteilseignerwechsel weiterverfolgen möchte, höchstens den Nominalwert der Anteile zuzüglich des gemeinen Werts der vom bisherigen Gesellschafter geleisteten Sacheinlagen haben.12 Dies würde jedoch bedeuten, dass die disquotale Einlage eines Gesellschafters trotz des höheren Gesellschaftsvermögens zu keiner Werterhöhung der Anteile der anderen Gesellschafter führt und somit die Voraussetzung der schenkungssteuerbaren Fiktion des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG nicht erfüllt ist. Dieser Bewertungsansatz ist jedoch nicht unumstritten. So könnte durchaus dahingehend argumentiert werden, dass der Wert des Vermögens durch Aufgabe der Gemeinnützigkeit realisiert werden könne und daher bei der Wertbestimmung zu berücksichtigen sei.13 Andere Bewertungsansätze außerhalb des Erbschaftsteuerrechts gehen von dem Rekonstruktionswert aus, der bei der vorliegenden Gestaltung auch den Wert der Kunstgegenstände mit einbeziehen würde.14 Sicherlich dürfte ein fremder Dritter bei Aufrechterhaltung der Gemeinnützigkeit und der damit einhergehenden Vermögensbindung lediglich bereit sein, für den Gesellschafteranteil den Nennwert zu zahlen. So erscheint die Bewertung der Anteile mit dem Nennwert im Falle der tatsächlichen Aufrechterhaltung der gemeinnützigen Zwecke vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG auch als einzig sachgerecht. Bedenkt man jedoch, dass im Falle niedriger laufender Gewinne die Nachversteuerung bei Aufgabe der Gemeinnützigkeit äußerst gering sein dürfte, könnte die Bewertung mit dem Nennwert angesichts der vergleichsweise einfachen Abänderbarkeit des Gesellschaftsvertrages und Aufgabe der Gemeinnützigkeit nicht dem gemeinen Wert gemäß § 11 Abs. 2 BewG entsprechen.

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III. Erbschaftsteuerliche Aspekte Geht man von einem Anteilswert des Anteils des Vaters an der gGmbH in Höhe des Nennwerts des Anteils aus, unterliegt mit Eintritt des Erbfalls während der Gemeinnützigkeit der Gesellschafteranteil des Vaters lediglich in Höhe des Nennwertes der Erbschaftsteuer, so dass in den meisten Fällen unter Berücksichtigung der Freibeträge der Kinder in Höhe von 400.000 € keine oder nur eine (auf den Gesellschafteranteil bezogene) geringe Erbschaftsteuer anfallen dürfte. Zu beachten sind hier jedoch wiederum die Abänderungsfristen, da im Falle der Aufgabe der Gemeinnützigkeit diese gemäß § 61 Abs. 3 AO rückwirkend entfällt und die Steuerbescheide auf Grund der neuen Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO abgeändert werden könnten.15 Der Wegfall der Gemeinnützigkeit würde zu einer anderen Bewertung der Gesellschafteranteile führen, so dass auch der Wert des Gesellschafteranteils des Vaters unter Berücksichtigung der eingebrachten Kunstgegenstände entsprechend höher zu bewerten wäre. Die Zeitdauer von zehn Jahren ist mithin nicht nur ab dem Zeitpunkt der Einlage des Erblassers zu beachten, sondern auch ab dem Zeitpunkt des Erbfalls. Nach dem Erbfall müssen die Kinder die GmbH also weitere zehn Jahre gemeinnützig betreiben. IV. Fazit Die Absicht des Gesetzgebers, mit Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG die steuerfreie Übertragung von Vermögen auf die nächste Generation mit Hilfe einer disquotalen Einlage auszuschließen, könnte im Falle der Gründung einer gemeinnützigen GmbH an der abweichenden Bewertung der Gesellschafteranteile scheitern. In Fällen der Zwischenschaltung gemeinnütziger Gesellschaften für derartige Gestaltungsmodelle wird die Finanzverwaltung daher möglicher10 Siehe hierzu die Darstellung der Gestaltungspraxis und der Gesetzesentwicklung bei Milatz/Herbst, ZEV 2012, 21; siehe auch BT-Drs. 17/6263, S. 81, 83 („Satz 1 der vorgeschlagenen Neuregelung schließt die Besteuerungslücke, indem er eine überproportionale Einlage des Schenkers einer Direktzuwendung des Schenkers gleichstellt. Die bisherige Besteuerungslücke ist in der Steuersparbranche bekannt und wird auf Fachveranstaltungen regelmäßig als Gestaltungstipp vorgetragen.“). Siehe hierzu auch den gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder betr. Schenkungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften vom 14.3.2012, BStBl. I, S. 331. 11 R 108 Abs. 1 S. 1 und 2 ErbStR 2003. 12 BFH, Urt. v. 12.10.2010 – I R 59/09, DStR 2011, 20, wobei es sich bei den genannten Sacheinlagen nur um solche handelt, die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO an den Gesellschafter ausgekehrt werden dürfen. 13 Siehe Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., 2012, § 2 Rz. 18, der im Zusammenhang mit der Entscheidung des BFH vom 12.10.2010 – I R 59/09 anführt, dass Rücklagen durchaus einen wirtschaftlichen Wert haben können, wobei die latente Steuerlast bei Aufgabe der Gemeinnützigkeit zu einem „Preisabschlag“ führt. 14 IDW ES 1 in der Fassung 2007, Rn. 152, 170 ff. 15 Diese neuen Tatsachen lägen hier in der anderen Bewertung der Gesellschafteranteile unter Einbeziehung des Gesellschaftsvermögens und der damit einhergehenden höheren Bewertung des Anteils des Erblassers. Da die Kunstgegenstände nicht für die steuerbegünstigten Zwecke verbraucht wurden, ist es sachgerecht, diese im Rahmen der Nacherhebung von Erbschaftsteuer nach Aufgabe der Gemeinnützigkeit zu berücksichtigen, auch wenn sie bislang tatsächlich für gemeinnützige Zwecke genutzt wurden. Zur Frage der Nacherhebung von Erbschaftsteuer siehe auch Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 10. Aufl., 2010, S. 712.


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weise wieder auf den allgemeinen Missbrauchstatbestand des § 42 AO zurückgreifen. Ob der angestrebte Spendenabzug von der Finanzverwaltung tatsächlich anerkannt wird, sollte im Vorfeld mit Hilfe einer verbindlichen Auskunft geklärt werden. Im Übrigen müssten vor der Wahl dieses Gestaltungsmodells die mit Aufgabe der Gemeinnützigkeit und Entnahme der Kunstgegenstände auftretenden steuerlichen Folgen, wie die Nachversteuerung gemäß § 61 Abs. 3 AO, die Spendenhaftung und die Aufdeckung stiller Reserven, sorgfältig kalkuliert werden, um die steuerlichen Auswirkungen verschiedener Gestaltungsvarianten vergleichen zu können und die richtige Wahl zu treffen. Dies dürfte jedoch auf Grund der notwendigen langen Aufrechterhaltung des gemeinnützigen Status kaum möglich sein. Bedenkt man zudem, dass gerade das Steuerrecht einem stetigen Wandel unterworfen ist, erscheint es als durchaus

realistisch, dass die steuerlichen Vorteile dieser Gestaltungsvariante durch den Gesetzgeber in Zukunft ausgeschlossen werden. Ob die Einlage von Kunstgegenständen in eine gemeinnützige GmbH die richtige Wahl ist, sollte daher gut überlegt sein. Im Verlauf dieser Überlegungen dürften die vom Gesetzgeber bereits vorgesehenen Steuererleichterungen für die Übertragung von Kunstgegenständen auf die nächste Generation nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mehr in den Vordergrund treten. So endet auch der Beitrag von Leisner mit der Bezugnahme auf diese Steuerbefreiungsvorschriften, für die jedoch der Einsatz einer gemeinnützigen GmbH nicht erforderlich ist. Mit den dort vorgegebenen Voraussetzungen der Zurverfügungstellung für die Öffentlichkeit wird sicherlich auch der Wunsch des Vaters und seiner Kinder nach einer uneigennützigen Förderung der Kunst erfüllt.

Dirk Schauer*

Unselbstständige Stiftung von Todes wegen – Sicherung der Kontrolle des Stiftungsträgers mit erbrechtlichen Gestaltungsmitteln – A. Einleitung I. Die unselbstständige Stiftung von Todes wegen Als Alternative zur rechtsfähigen Stiftung erfreut sich die unselbstständige Stiftung, auch als fiduziarische oder Treuhandstiftung bezeichnet, wachsender Beliebtheit. Möchte der Stifter die unselbstständige Stiftung noch nicht zu seinen Lebzeiten errichten, so kann er die Errichtung auch von Todes wegen vornehmen. Dies geschieht regelmäßig durch Einsetzung des Stiftungsträgers als Erben oder durch Aussetzung eines Vermächtnisses zugunsten des Stiftungsträgers, jeweils unter Beschwerung mit einer Auflage.1 Der begünstigte Stiftungsträger wird durch die Auflage gemäß §§ 2192 ff. BGB verpflichtet, die zugewendeten Vermögensgegenstände als unselbstständige Stiftung von seinem eigenen Vermögen getrennt zu verwalten und zur Verwirklichung eines bestimmten Zwecks zu verwenden.2 Regelmäßig macht der Erblasser und Stifter dem Stiftungsträger im Rahmen dieser Auflage detaillierte Vorgaben hinsichtlich der Verwaltung und Verwendung des Vermögens, indem er der unselbstständigen Stiftung eine „Satzung“ gibt, durch die der Stiftung eine innere Organisation zugedacht wird, welche an die einer rechtsfähigen Stiftung angelehnt ist.3 All diese Anordnungen erfolgen im Rahmen der erbrechtlichen Auflage nach den §§ 2192 ff. BGB. II. Erfordernis eines internen Kontrollgremiums Der Stiftungsträger genießt einen großen Vertrauensvorschuss seitens des Erblassers, zumal die unselbstständige Stiftung nicht der laufenden Rechtsaufsicht der Stiftungsbehörde unterliegt.4 Es stellt sich daher die Frage, wie der Erblasser letztwillig eine wirksame Kontrolle des Stiftungsträgers gewährleisten kann. Zu diesem Zweck wird zumeist die Schaffung eines internen Kontrollgremiums (Stiftungsrat, Kuratorium, Beirat) empfohlen.5 Dieses Gremium wird mithilfe umfangreicher Satzungsregelungen mit Informations- und Kontrollrechten

ausgestattet, wie sie auch einem fakultativen Kontrollorgan einer rechtsfähigen Stiftung üblicherweise zugedacht werden.6 Diese Satzungsregelungen konkretisieren die letztwillige Auflage, wodurch der Stiftungsträger verpflichtet wird, das Stiftungsvermögen nach Maßgabe der Stiftungssatzung und damit unter Befolgung der Beschlüsse/Vorgaben des Kontrollgremiums zu verwalten und zu verwenden.7 III. Problemaufriss Die bloße Schaffung des Kontrollorgans genügt aber noch nicht, um eine wirkungsvolle Kontrolle des Stiftungsträgers zu gewährleisten. Die konkretisierte Verpflichtung des Stiftungsträgers muss erforderlichenfalls auch eingefordert und durchgesetzt werden können. Es bedarf mithin des Rechts, die Vollziehung der Auflage vom Stiftungsträger verlangen * Der Autor ist Rechtsanwalt in der Kanzlei CMS Hasche Sigle, Büro Stuttgart, und Doktorand am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Bucerius Law School, Hamburg. 1 Herzog, Die unselbständige Stiftung des bürgerlichen Rechts, Zugl. Osnabrück, Univ., Diss. 2005, S. 63 f.; MünchKomm-Reuter, BGB, 6. Aufl., Vorbemerkung §§ 80-88 Rn. 104; Schmidt, Vermögenszuwendung und Festlegung des Stiftungszwecks bei der Errichtung unselbstständiger Stiftungen von Todes wegen, ZEV 2003, 316; Westebbe, Die Stiftungstreuhand, Zugl. Hamburg, Univ. Diss. 1993, S. 79 f. 2 Werner/Saenger-A. Werner, Die Stiftung, Rn. 966. 3 Vgl. u.a. Hoffmann-Becking/Rawert, Formularbuch, 11. Aufl. 2011, Stiftungen I. 32. 4 Seifart/v.Campenhausen-Hof, StiftungsrechtsHdb, 3. Aufl., § 36 Rn. 12. 5 Seifart/v.Campenhausen-Hof, StiftungsrechtsHdb, 3. Aufl., § 36 Rn. 131 ff.; Beck’sche Online-Formulare-Krauß, Vertragsrecht, 22. Ed. 2012, Ziffer 18.3.2.2; Hoffmann-Becking/Rawert, Formularbuch, 11. Aufl. 2012, Stiftungen I. 32; Werner/SaengerA. Werner, Die Stiftung, Rn. 981. 6 Vgl. statt vieler Hoffmann-Becking/Rawert, Formularbuch, 11. Aufl. 2011, Stiftungen I. 32. 7 Werner/Saenger-A. Werner, Die Stiftung, Rn. 966.


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zu können. Dieses Recht steht dem internen Gremium, das nicht zu den in § 2194 BGB genannten Personen zählt, aber nicht ohne weiteres zu. Kann dem Gremium die Auflagenvollziehungsberechtigung letztwillig verliehen werden? Welche Qualifikationsfragen und Folgeprobleme wirft die etwaige letztwillige Gewährung einer solchen Berechtigung auf? Und wie kann diesen im Rahmen des geltenden Rechts begegnet werden? Diesen Fragen widmet sich der vorliegende Beitrag. B. Gewährung eines Auflagenvollziehungsanspruchs I. Per Gesetz Vollziehungsberechtigte Die Vollziehung der Auflage können gemäß § 2194 Satz 1 BGB der Erbe, etwaige Miterben und derjenige verlangen, dem der Wegfall des auflagenbeschwerten Stiftungsträgers unmittelbar zustattenkommen würde. Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, kann auch die nach Landesrecht zuständige Behörde die Vollziehung verlangen, § 2194 Satz 2 BGB.8 Ein solches öffentliches Interesse wird verbreitet bei gemeinnützigen Stiftungen angenommen.9 Weiterhin ist auch der Testamentsvollstrecker nach §§ 2203, 2208 Abs. 2 BGB berechtigt, die Vollziehung der Auflage zu verlangen.10 Das Kontrollgremium der unselbstständigen Stiftung gehört folglich nicht zu den per Gesetz vollziehungsberechtigten Personen. II. Letztwillige Ermächtigung durch den Erblasser Unstreitig kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung grundsätzlich auch einem Dritten die Befugnis einräumen, die Vollziehung der Auflage zu verlangen.11 Der Ermächtigung der Mitglieder des Kontrollgremiums durch den Erblasser/ Stifter könnte jedoch eine etwaige Auflagenbegünstigung der Gremienmitglieder entgegenstehen, soweit erstens eine solche Begünstigung als Hinderungsgrund für eine Auflagenvollziehungsberechtigung anzusehen ist (dazu sogleich 1.) und zweitens die Gremienmitglieder als Auflagenbegünstigte anzusehen sind (dazu sogleich 2.). Ungeklärt ist außerdem die rechtliche Qualifikation einer solchen Verfügung (dazu sogleich C.). 1. Zulässigkeit der Vollziehungsberechtigung von Auflagenbegünstigten Zum Teil wird in der Literatur vertreten, einer gemäß § 2194 BGB vollziehungsberechtigten Person stehe dieses Vollzugsrecht dann nicht zu, wenn sie zugleich Begünstigte der Auflage ist. Denn andernfalls würde dem Auflagenbegünstigten letztlich entgegen § 1940 BGB ein durchsetzbarer Anspruch auf die Auflagenleistung zuteil, während ein solcher dem Auflagenbegünstigten in Abgrenzung zum Vermächtnisnehmer nach dem Willen des Gesetzgebers aber gerade nicht zukommen solle.12 Nach der Gegenansicht kann ein Auflagenbegünstigter gleich aus welchem Grund auch zur Vollziehung der Auflage nach § 2194 BGB berechtigt sein oder durch den Erblasser ermächtigt werden. Andernfalls bliebe unberücksichtigt, dass eine vollziehungsberechtigte Person nach § 2194 BGB erst nachträglich zum Begünstigten werden könne. Weiterhin würde sonst der dogmatischen Abgrenzung der Auflage zum Vermächtnis der Vorrang gegenüber der Verwirklichung des Erblasserwillens eingeräumt. Schließlich könne es andernfalls zu Problemen kommen, wenn eine große Zahl von Begünstigten vorhanden ist.13 Nach anderer Ansicht steht es der Vollziehungsberechti-

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gung von Personen aus dem Kreis des § 2194 BGB nicht entgegen, dass diese zugleich Begünstigte der Auflage sind.14 Nach dieser Ansicht wären jedoch nur die Fälle unbedenklich, in denen eine nach § 2194 BGB vollziehungsberechtigte Person auch zum Kreis der Begünstigten gehört. Eine Aussage über die Zulässigkeit einer Ermächtigung eines auflagenbegünstigten Dritten durch Anordnung des Erblassers trifft diese Ansicht gerade nicht. Hiermit in Einklang steht schließlich eine weitere Meinung, die lediglich für den Fall einer allein durch letztwillige Verfügung eingeräumten Vollziehungsermächtigung einer auflagenbegünstigten Person eine Umgehung des § 1940 BGB annimmt und diese daher für unzulässig erachtet.15 Den letztgenannten, miteinander zu vereinbarenden Ansichten ist zuzustimmen. Das Gesetz sieht die Auflage als nicht einklagbare Begünstigung vor. Zur Sicherung der Vollziehung wird den Personen nach § 2194 Satz 1 BGB das Recht eingeräumt, die Vollziehung der Auflage zu verlangen, und zwar nach dem Gesetz unabhängig davon, ob die genannten Personen zugleich Begünstigte der Auflage sind oder nicht. Ein entsprechender Vorbehalt ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.16 Ein darüber hinausgehendes Recht des Erblassers, Dritte zur Vollziehung der Auflage zu ermächtigen, ist in § 2194 BGB hingegen nicht ausdrücklich vorgesehen. Soweit dem Erblasser aus § 2194 BGB ein solches Recht zugestanden wird, muss jedoch beachtet werden, dass die Abgrenzung der Auflage zum Vermächtnis nicht lediglich begriffsjuristischer Natur ist, sondern Ausfluss des erbrechtlichen Typenzwangs. Möchte der Erblasser einer bestimmten Person einen einklagbaren Anspruch auf eine Leistung des Beschwerten an sich selbst zukommen lassen, so steht ihm hierfür das Institut des Vermächtnisses zur Verfügung. Die Auflage ist hierfür vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. In entsprechenden Fällen wird die Auslegung der Verfügung daher zur Annahme eines Vermächtnisses führen müssen, §§ 133, 2084 BGB. Im Ergebnis steht es der Vollziehungsbefugnis einer Person nach § 2194 BGB nicht entgegen, wenn diese durch die Auflage selbst begünstigt ist. Die Befugnis des Erblassers, Dritte zur Auflagenvollziehung zu ermächtigen, findet jedoch ihre Grenze im erbrechtlichen Typenzwang, sodass der Erblasser nicht einen durch die Auflage selbst begünstigten Dritten zur Durchsetzung der Auflage ermächtigen kann. Hierfür ist der Erblasser auf das Institut des Vermächtnisses verwiesen. Es kommt daher darauf an, ob das Kontrollgremium als Begünstigter der Auflage anzusehen ist.

8 Mit einer Auflistung der jeweils zuständigen Behörden: Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 10 f. 9 Seifart/v.Campenhausen-Hof, StiftungsrechtsHdb, 3. Aufl., § 6 Rn. 89 Fn. 160. 10 Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 5. 11 Soergel-Dieckmann, 13. Aufl., § 2194 Rn. 6; Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 6; MünchKomm-Schlichting, BGB, 5. Aufl., § 2194 Rn. 5. 12 Soergel-Dieckmann, § 2194 Rn. 7 m.w.N.; RGRK-BGB-Johannes, 12. Aufl., § 2194 Rn. 4 jeweils mit Verweis auf BGH, Urt. v. 8.5.1952 - IV ZR 220/51; Palandt-Weidlich, 72. Aufl., § 2194 Rn. 2. 13 Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 6, 9. 14 MünchKomm-Schlichting, BGB, 5. Aufl., § 2194 Rn. 3; OLG Karlsruhe ZEV 2004, 331, 332 f.; jurisPK-BGB-Linnartz, 6. Aufl. 2012, § 2194 Rn. 3; Bamberger/Roth/Müller-Christmann, BGB, 2. Aufl. 2008, § 2194 Rn. 2. 15 Vorwerk, ZEV 1998, 297, 297 f. 16 So auch OLG Karlsruhe ZEV 2004, 331, 332.


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2. Begünstigung des Kontrollgremiums durch die Auflage

C. Gestaltungsgrenzen durch das Recht der Testamentsvollstreckung?

Zum Teil wird eine Auflagenbegünstigung des Kontrollgremiums in dessen Befähigung zur Mitwirkung bei der Stiftungsarbeit gesehen.17 Nach anderer Ansicht soll eine Begünstigung nicht vorliegen, da der Auflagenvollziehungsanspruch fremdnützig sei und das Kontrollgremium allein zur Sicherung der zweckentsprechenden Stiftungstätigkeit handele.18 Für eine Auflagenbegünstigung spricht in der Tat, dass das Kontrollgremium seinen Bestand und seine Befugnisse gegenüber dem Stiftungsträger aus der Auflage ableitet. Dabei beschränken sich die Befugnisse nicht auf die bloße Kontrolle des Stiftungsträgers, sondern räumen dem Kontrollgremium oftmals ein Mitsprache- oder gar Entscheidungsrecht bei der Mittelverwendung sowie Mitspracherechte bei Satzungs- oder Verfassungsänderungen ein. Darüber hinaus wird Gremienmitgliedern oftmals der Ersatz ihrer Aufwendungen zugestanden, und gelegentlich erhalten diese auch ein Entgelt für ihre Tätigkeit. Gegen eine Auflagenbegünstigung sprechen jedoch die folgenden Erwägungen: Zunächst stellt der Ersatz von Aufwendungen keinen Vorteil, sondern lediglich einen Nachteilsausgleich dar. Eine darüber hinausgehende Vergütung der Tätigkeit wird den Gremienmitgliedern des Weiteren nur gegen Erbringung ihrer Leistung zugestanden, sodass als Auflagenvorteil allenfalls die Erwerbschance anzusehen ist. Weiterhin werden diese Entschädigungen oftmals nur aus etwaigen Erträgen des Stiftungsvermögens und damit nicht aus dem Nachlass bedient, sodass die materielle Begünstigung lediglich mittelbar auf die erbrechtliche Auflage zurückzuführen ist. Vor allem jedoch wird das Gremium zu dem Zweck eingerichtet, die Tätigkeit des Stiftungsträgers zu überwachen und auf die Verwirklichung des Stiftungszwecks hinzuwirken. Das Gremium hat seine Befugnisse stets unter Beachtung des Stifterwillens auszuüben, sodass seine Tätigkeit der Verwirklichung des Stifterwillens zugutekommt und daher tatsächlich fremdnützig geprägt ist. Gegen eine Auflagenbegünstigung spricht schließlich insbesondere auch der Wille des historischen Gesetzgebers. Denn dieser wollte die Schaffung stiftungsähnlicher Strukturen im Wege der letztwilligen Auflage gerade ermöglichen.19 Dies erfordert zwingend die Möglichkeit, eine dauerhaft wirksame interne Kontrolle zu implementieren. Würde man die Gremienmitglieder als Auflagenbegünstigte ansehen und müsste man die Ermächtigung des Gremiums daher als Vermächtnis auslegen, so wäre die Durchsetzungsmacht des Kontrollgremiums nach § 2163 Abs. 1 BGB zwangsläufig auf die Lebenszeit des Stiftungsträgers oder nach § 2163 Abs. 2 BGB auf 30 Jahre begrenzt. Gemessen am Ewigkeitsgedanken der Stiftung würde dies nicht genügen, um dem gesetzgeberischen Willen gerecht zu werden.

Der Gestaltungsfreiheit des Erblassers/Stifters könnten durch den erbrechtlichen Typenzwang Grenzen gezogen sein, sofern die letztwillige Ermächtigung des Kontrollgremiums zur Auflagenvollziehung stets als Anordnung einer Testamentsvollstreckung anzusehen wäre.

III. Zwischenergebnis Zwar ist es mit § 1940 BGB nicht zu vereinbaren, dass der Erblasser einem auflagenbegünstigten Dritten außerhalb des Kreises des § 2194 BGB letztwillig die Vollziehungsbefugnis hinsichtlich der Auflage einräumt. Allerdings ist ein im Rahmen der Auflage geschaffenes Kontrollgremium einer unselbstständigen Stiftung nicht als auflagenbegünstigter Dritter anzusehen. Damit stehen die §§ 1940, 2192 ff. BGB der Vollziehungsermächtigung des Kontrollgremiums nicht entgegen.

I. Einordnung als beaufsichtigende Testamentsvollstreckung Nach verbreiteter Ansicht ist die letztwillige Ermächtigung eines Dritten zur Vollziehung der Auflage im Allgemeinen als Anordnung einer beaufsichtigenden Testamentsvollstreckung im Sinne des § 2208 Abs. 2 BGB zu qualifizieren.20 Zum Teil wird dies nur dann angenommen, wenn der Erblasser die betreffende Person zur Vollziehung der Auflage nicht nur ermächtigen, sondern auch verpflichten möchte.21 Im Fall des Kontrollgremiums einer unselbstständigen Stiftung kommen diese Ansichten freilich zu demselben Ergebnis, da die Mitglieder des Kontrollgremiums nach dem Willen des Erblassers/Stifters nach Amtsannahme auch zur Ausübung ihres Amtes verpflichtet sein sollen. Im Anschluss an diese allgemeine erbrechtliche Einordnung werden auch die Mitglieder des Kontrollgremiums einer unselbstständigen Stiftung in der stiftungsrechtlichen Literatur oftmals als beaufsichtigende Testamentsvollstrecker qualifiziert.22 Es ist jedoch fraglich, ob die rechtliche Qualifizierung der Mitglieder des Kontrollgremiums den Bedürfnissen der unselbstständigen Stiftung und auch dem Willen des Erblasser-Stifters entspricht und eine entsprechende Verfügung des Erblasser-Stifters gemäß §§ 133, 2084 BGB tatsächlich als Anordnung einer Testamentsvollstreckung ausgelegt werden kann. 1. Dauerhaftigkeit Zunächst ist fraglich, ob bei Annahme einer Testamentsvollstreckung die erforderliche Dauerhaftigkeit der Kontrollmacht des Gremiums gewährleistet wäre. Soweit man die Mitglieder des Kontrollgremiums als Dauertestamentsvollstrecker ansieht,23 würde nach § 2210 BGB grundsätzlich eine maximale 17 Westebbe, Die Stiftungstreuhand, Zugl. Hamburg, Univ. Diss. 1993, S. 102 f. 18 So im Ergebnis Herzog, Die unselbständige Stiftung des bürgerlichen Rechts, Zugl. Osnabrück, Univ., Diss. 2005, S. 88, mit Verweis auf Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts, 5. Aufl., § 30 III 4. 19 MünchKomm-Schlichting, BGB, 5. Aufl., § 2192 Rn. 3 m.w.N. 20 Soergel-Dieckmann, 13. Aufl., § 2194 Rn. 6; „dürfte“: Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts, 5. Aufl., § 30 III 4. 21 Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 6. 22 Herzog, Die unselbständige Stiftung des bürgerlichen Rechts, S. 87 f.; offengelassen hingegen bei Heinzmann, Der Auflagenvollziehungsanspruch nach § 2194 BGB als Grundlage der unselbstständigen Stiftung von Todes wegen, BWNotZ 2012, 97,101 ff.; für einen außenstehenden Kontrolleur, der nicht zugleich Gremiumsmitglied sein soll: Seifart/v.Campenhausen-Hof, StiftungsrechtsHdb, 3. Aufl., § 36 Rn. 117 und Schmidt, Vermögenszuwendung und Festlegung des Stiftungszwecks bei der Errichtung unselbstständiger Stiftungen von Todes wegen, ZEV 2003, 316, 319. 23 Herzog, Die unselbständige Stiftung des bürgerlichen Rechts, S. 87 f., nimmt dies an, soweit das Gremium über die Mittelverwendung mitentscheiden darf; in diesem Sinn für Außenstehende


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Dauer von 30 Jahren gelten. Demgegenüber wird eine Testamentsvollstreckung, die allein auf die Überwachung einer Auflagenvollziehung beschränkt ist, im Allgemeinen als ein Fall der Abwicklungsvollstreckung angesehen.24 Zwar spricht viel dafür, hier dem Bereich der Testamentsvollstreckung lediglich die Komponente der Überwachung und Durchsetzung der Auflagenvollziehung zuzuordnen und die internen Befugnisse des Gremiums aufgrund von § 2193 Abs. 1 BGB bei der Frage der Qualifikation der Testamentsvollstreckung außer Betracht zu lassen. Damit käme man zwar zur Einordnung als Abwicklungstestamentsvollstreckung, für die gesetzlich grundsätzlich keine Höchstdauer vorgesehen ist.25 Aber auch dann bliebe ungewiss, ob die zeitliche Grenze des § 2210 BGB nicht entsprechend heranzuziehen wäre. Denn der Gesetzgeber ging bei der Schaffung des § 2210 BGB davon aus, dass die Abwicklungsvollstreckung gerade nicht auf eine dauerhafte Vollstreckung abzielt, sondern in angemessener Zeit beendet ist.26 Entsprechende Zweifel äußerte schließlich auch die Rechtsprechung.27 Die dauerhafte Kontrollbefugnis wäre bei Annahme einer Testamentsvollstreckung daher nicht gewährleistet. 2. Amtsannahme, § 2202 BGB Weiterhin beginnt die Testamentsvollstreckung gemäß § 2202 BGB erst mit der Annahmeerklärung des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Nachlassgericht.28 Die Mitglieder des Kontrollgremiums müssten folglich nach ihrer jeweiligen Bestellung die Annahme ihres Amtes dem Nachlassgericht gegenüber erklären. Unterbliebe die Annahmeerklärung, so wären die Mitglieder des Kontrollgremiums zwar im Innenverhältnis der Stiftung kraft Auflage befähigt, Vorgaben gegenüber dem Stiftungsträger hinsichtlich der Verwaltung und Verwendung des Stiftungsvermögens zu machen. Sie könnten die Befolgung dieser Vorgaben gegenüber dem Stiftungsträger im Ernstfall jedoch nicht durchsetzen. Weiterhin wird die Satzung regelmäßig ein Kooptationsrecht des Kontrollgremiums vorsehen. Dieses ist zwar nach § 2198 BGB im Grundsatz auch bei der Testamentsvollstreckung vorgesehen, aber die Bestimmungserklärung hat dort gegenüber dem Nachlassgericht in notariell beglaubigter Form zu erfolgen, § 2198 Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Vorgaben dürften sowohl den Stifter, als auch die Mitglieder des Kontrollgremiums überraschen und daher nicht gewollt sein. 3. Entlassung, § 2227 BGB Die Entlassung des Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund erfordert gemäß § 2227 BGB die Einschaltung des Nachlassgerichts. Den Vorstellungen des Erblassers/Stifters wird es hingegen nicht entsprechen, dass für die umfängliche Abberufung eines Gremiumsmitgliedes aus wichtigem Grund das Nachlassgericht eingeschaltet werden müsste. 4. Vergütung der Gremiumsmitglieder Das Recht der Testamentsvollstreckung sieht in § 2221 BGB vor, dass dem Testamentsvollstrecker vorbehaltlich einer anderweitigen Anordnung des Erblassers eine angemessene Vergütung aus dem Nachlass zusteht.29 Nach stiftungs- und gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsätzen ist hingegen, sofern die „Satzung“ keine Regelung über die Vergütung enthält, von einer Ehrenamtlichkeit der Gremienmitglieder auszugehen. Der Erblasser/Stifter, der keine Vergütung vorgesehen hat, wäre zumindest überrascht, wenn den Gremienmitgliedern eine solche plötzlich kraft Gesetzes zustünde.

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5. Einstimmigkeitsprinzip § 2224 Abs. 1 BGB sieht vor, dass mehrere Testamentsvollstrecker ihre Entscheidungen einstimmig fassen, soweit keine abweichende Bestimmung des Erblassers gegeben ist.30 Zwar wird die „Satzung“ der unselbstständigen Stiftung eine entsprechende Bestimmung enthalten, gleichwohl zeigt auch diese Regelung, dass das Recht der Testamentsvollstreckung nicht auf die Verhältnisse eines grundsätzlich nach dem Mehrheitsprinzip agierenden Stiftungsgremiums passt. 6. Haftungsprivilegierung Der Erblasser/Stifter möchte oftmals dem berechtigten Interesse der Mitglieder des Gremiums nachkommen, eine statutorische Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit anzuordnen. Gerade bei ehrenamtlichen Gremien ist eine solche Haftungsmilderung angezeigt, wie auch § 31a Abs. 1 BGB n.F. i.V.m. § 86 BGB verdeutlicht, der freilich auf die unselbstständige Stiftung nur wertungsmäßig übertragen werden kann. Im Recht der Testamentsvollstreckung steht einer solchen Haftungsmilderung allerdings § 2220 BGB zwingend entgegen.31 II. Zwischenergebnis Das Recht der Testamentsvollstreckung weist zahlreiche Bestimmungen auf, die den Bedürfnissen der unselbstständigen Stiftung nicht entsprechen. Diese Ungereimtheiten sprechen dagegen, eine entsprechende Verfügung des Erblassers/Stifters als Anordnung der Testamentsvollstreckung auszulegen. Anzumerken bleibt, dass die ebenfalls hoch umstrittenen Fragen um die Zulässigkeit einer Dauertestamentsvollstreckung über das Vermögen einer rechtsfähigen Stiftung hier hingegen nicht zum Tragen kommen.32 Denn bei der vorliegenden Problematik steht weder eine ausschließliche Verfügungs- und Verwendungsbefugnis eines externen Testamentsvollstreckers hinsichtlich des Stiftungsvermögens in Frage, noch untersteht die unselbstständige Stiftung der Stiftungsaufsicht, die daher auch nicht in unzulässiger Weise umgangen sein könnte. III. Auslegungsalternative: Bestimmungsrecht unmittelbar aus § 2194 BGB Eine Auslegungsalternative bestünde, sofern man dem Erblasser/Stifter unmittelbar und allein aus § 2194 BGB das Recht zugesteht, einen nicht auflagenbegünstigten Dritten zur Vollziehung der Auflage zu ermächtigen. Dann könnte der Stifter das Gremium allein nach Maßgabe der Satzungsregelungen zur dauerhaften Geltendmachung der Auflagenvollziehung

auch Seifart/v.Campenhausen-Hof, StiftungsrechtsHdb, 3. Aufl., § 36 Rn. 117 und Schmidt, Vermögenszuwendung und Festlegung des Stiftungszwecks bei der Errichtung unselbstständiger Stiftungen von Todes wegen, ZEV 2003, 316, 319. 24 Statt aller: MünchKomm-Zimmermann, BGB, 5. Aufl., § 2210 Rn. 3. 25 MünchKomm-Zimmermann, BGB, 5. Aufl., § 2210 Rn. 3. 26 MünchKomm-Zimmermann, BGB, 5. Aufl., § 2210 Rn. 1. 27 BGH NJW 1964, 1316, 1318. 28 MünchKomm-Zimmermann, BGB, 5. Aufl., § 2202 Rn. 3. 29 MünchKomm-Zimmermann, BGB, 5. Aufl., § 2221 Rn. 4. 30 MünchKomm-Zimmermann, BGB, 5. Aufl., § 2224 Rn. 9. 31 MünchKomm-Zimmermann, BGB, 5. Aufl., § 2220 Rn. 2. 32 Vgl. zu diesen aus jüngerer Zeit: Neuhoff, ZErb 2013, 81 ff.; Ponath/Jestaedt, ZErb 2012, 253 ff.; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 15.10.2010, m. Anm. Reimann, ZEV 2011, 605 ff.


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ermächtigen, ohne die vorstehenden Konsequenzen einer Testamentsvollstreckung fürchten zu müssen. 1. Bestimmungsrecht aus § 2194 BGB Ein dahingehendes Bestimmungsrecht des Erblassers kann nur dann angenommen werden, wenn dem nicht der erbrechtliche Typenzwang entgegensteht. Dieser gebietet, dass der Erblasser nur solche Verfügungen treffen darf, die entweder gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sind oder deren Zulässigkeit sich im Wege der Auslegung ergibt.33 § 2194 BGB enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob der Erblasser eine dritte Person, die nicht zugleich Erbe, Ersatzerbe, Vermächtnisnehmer oder Ersatzvermächtnisnehmer werden soll, zur Auflagenvollziehung ermächtigen kann. In Betracht kommt damit nur eine durch Auslegung gewonnene Anordnungsbefugnis. Der Wortlaut des § 2194 BGB steht einer solchen Befugnis nicht ausdrücklich entgegen. Insbesondere lässt sich aus der Aufzählung nicht schließen, dass der Gesetzgeber nur den Neiderben oder denjenigen, dem der Wegfall unmittelbar zustattenkäme, als Vollziehungsberechtigten zulassen und weitere, gewillkürte Vollziehungsberechtigte ausschließen wollte. Vielmehr ist der Erblasser durch letztwillige Begünstigung in der Lage, willkürlich Personen in den Kreis des § 2194 BGB zu berufen, sodass in systematischer Hinsicht festzustellen ist, dass der Gesetzgeber eine gewillkürte Bestellung von Vollziehungsberechtigten grundsätzlich zulassen möchte. Dem Gesetzgeber kam es ausweislich des § 1940 BGB lediglich darauf an, dass die Auflagenvollziehung nicht durch eine Person verlangt werden kann, die - ohne zugleich in den Kreis der Personen des § 2194 BGB zu gehören - selbst Auflagenbegünstigter ist. Weiterhin ist nicht davon auszugehen, dass das Ermächtigungsrecht allein auf bedachte Personen beschränkt sein sollte, denn auch §§ 2203, 2208 Abs. 2 BGB gestatten es, den nicht letztwillig bedachten Testamentsvollstrecker mit allein dieser Aufgabe zu betrauen.34 Schließlich entspricht die Zulassung eines originären Ermächtigungsrechts aus § 2194 BGB insbesondere der bereits erwähnten Intention des Gesetzgebers, durch die Regelungen der Auflage stiftungsähnliche Strukturen zu ermöglichen.35 Hierdurch werden die Regeln des Testamentsvollstreckungsrechts auch nicht in unzulässiger Weise umgangen. Dem Stifter/Erblasser bleibt es unbenommen, die Testamentsvollstreckung ausdrücklich anzuordnen, und, soweit die vorstehend ausgeführten stiftungsrechtsspezifischen Differenzen nicht bestehen, bleibt die Annahme einer konkludenten Anordnung der beaufsichtigenden Testamentsvollstreckung weiter möglich. Dem Erblasser ist daher unmittelbar aus § 2194 BGB das Recht zuzugestehen, einen Dritten, der weder Begünstigter der Auflage ist noch zum Kreis der Personen nach § 2194 BGB gehört, durch letztwillige Verfügung zur Vollziehung der Auflage zu ermächtigen. 2. Verjährung des Auflagenvollziehungsanspruchs Der Überwachung der Tätigkeit des Stiftungsträgers durch das Kontrollgremium könnte gleichwohl durch eine etwaige Verjährung des Auflagenvollziehungsanspruchs aus § 2194 BGB eine Grenze gezogen sein. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts zum 1.1.2010 und dem damit verbundenen Wegfall des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt auch der Anspruch auf Auflagenvollziehung nunmehr nach der Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB.36 Der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers, im

Wege der erbrechtlichen Auflage stiftungsähnliche Konstruktionen zu ermöglichen,37 ist durch diese Feststellung prima facie in Frage gestellt. Die Annahme, dass in jeder einzelnen Erfüllungshandlung des Stiftungsträgers ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liege, wodurch die Verjährungsfrist jeweils von neuem zu laufen beginne,38 kann das Problem nicht lösen, denn die Durchsetzung der Auflage wird eben gerade dann relevant, wenn sich der Stiftungsträger der Befolgung der Auflage entzieht. Zumal dem Stiftungsträger nur schwer nachzuweisen sein wird, wann er zum letzten Mal einer Pflicht aus der Auflage (etwa einer tatsächlichen Verwaltungstätigkeit im Interesse der Stiftung) freiwillig nachgegangen ist. Die Lösung des Problems liegt vielmehr im systematischen Verständnis der Auflage und des Auflagenvollziehungsanspruchs begründet. Die Auflage als solche und die aus ihr erwachsende Pflicht des Auflagenbeschwerten unterliegen im Einklang mit dem vorstehenden Gesetzgeberwillen keiner zeitlichen Befristung, denn § 2192 BGB verweist gerade nicht auf die §§ 2162, 2163 BGB.39 Der Auflagenvollziehungsanspruch ist seinerseits kein unmittelbarer Anspruch des Vollziehungsberechtigten auf die Auflagenleistung (vgl. oben), es handelt sich lediglich um das Recht des Auflagenvollziehungsberechtigten, die Vollziehung der Auflage vom Auflagenbelasteten zugunsten des Auflagenbegünstigten zu verlangen.40 Dieses Recht wird, anders als der Vermächtniserfüllungsanspruch, immer nur punktuell und nur dann relevant, wenn der Auflagenbelastete seiner Pflicht, die Auflage zu erfüllen, nicht nachkommt. Gerade für diese punktuellen Anlässe gewährt der Gesetzgeber das Recht beziehungsweise den Anspruch aus § 2194 BGB. Nach alldem kann auch immer nur dieser punktuelle Auflagenvollziehungsanspruch der Verjährung unterliegen.41 Das bedeutet, dass hinsichtlich jeder einzelnen Handlungspflicht des auflagenbelasteten Stiftungsträgers das isolierte Recht des Auflagenvollziehungsberechtigten in demjenigen Zeitpunkt entsteht, in dem die jeweilige Handlung vorzunehmen ist, und schließlich mit dem Ablauf desjenigen Jahres, in dem der Auflagenvollziehungsberechtigte von der korrespondierenden Pflichtverletzung des Auflagenbelasteten die nach § 199 Abs. 1 BGB erforderliche Kenntnis erlangt, der dreijährigen Verjährung nach § 195 BGB unterfällt. Der hier vertretenen Lösung steht daher auch eine etwaige Verjährung des Auflagenvollziehungsanspruchs nicht entgegen. D. Fazit Das Kontrollgremium der unselbstständigen Stiftung sollte in der letztwilligen Verfügung nicht nur mit diversen Kontroll-, 33 Werner/Lange, Erbrecht, München 2011, § 14 Rn. 9; MünchKomm-Leipold, BGB, 5. Aufl., § 1937 Rn. 10. 34 Vgl. Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 5. 35 MünchKomm-Schlichting, BGB, 5. Aufl., § 2192 Rn. 3 m.w.N. 36 Statt aller Palandt-Weidlich, 72. Aufl., § 2194 Rn. 1. 37 MünchKomm-Schlichting, BGB, 5. Aufl., § 2192 Rn. 3 m.w.N. 38 So Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 14. 39 Heinzmann, Der Auflagenvollziehungsanspruch nach § 2194 BGB als Grundlage der unselbstständigen Stiftung von Todes wegen, BWNotZ 2012, 97, 99 f.; MünchKomm-Schlichting, BGB, 5. Aufl., § 2192 Rn. 3. 40 Staudinger-Otte, Neubearb. 2012, § 2194 Rn. 1; MünchKommSchlichting, BGB 5. Aufl., § 2192 Rn. 2. 41 So auch Herzog, Die unselbständige Stiftung des bürgerlichen Rechts, Zugl. Osnabrück, Univ., Diss. 2005, S. 74 f. unter Verweis auf BGH NJW, 1995, 2548, 2549, der letztlich zu einer entsprechenden Anwendung des § 199 Abs. 5 BGB gelangt.


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Mitsprache- und Informationsrechten im Innenverhältnis ausgestattet werden, sondern es sollte zudem möglichst ausdrücklich zur Vollziehung der letztwilligen Auflage ermächtigt werden.42 In gleicher Weise sollte der Erblasser/Stifter klarstellen, dass in dieser Ermächtigung keine Anordnung einer Testamentsvollstreckung liege, sondern die Ermächtigung in Ausübung des originären Bestimmungsrechts aus § 2194 BGB erfolgen soll. Sofern eine solche Klarstellung in der Verfügung fehlt, ist diese gleichwohl gemäß §§ 133, 2084 BGB im Grundsatz in demselben Sinne auszulegen. Der Anspruch des Kontrollgremiums auf Vollziehung der Auflage unterliegt schließlich für jeden einzelnen Fall des Pflichtver-

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stoßes der eigenständigen Regelverjährung. Auf diese Weise ist das Kontrollgremium auch im Außenverhältnis dauerhaft in der Lage, die Vollziehung der Auflage und damit die Befolgung seiner Vorgaben vom Stiftungsträger einzufordern, während sich die innenorganisatorischen Fragen allein nach den Bestimmungen der „Satzung“ der unselbstständigen Stiftung richten.

42 Vgl. Westebbe, Die Stiftungstreuhand, Zugl. Hamburg, Univ. Diss. 1993, S. 103.

Dr. Jens Petersen*

Die Einbindung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer in die Philosophie der Abgeltungsteuer (2) – § 51a Abs. 2c und e EStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften Über die Einbindung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer in die Philosophie der Abgeltungsteuer durch die Änderungen in § 51a Abs. 2c und e EStG durch das BeitreibungsRL-Umsetzungsgesetz ist in npoR 2012, S. 108 berichtet worden. Noch während der Abfassung des Berichts gab es im politischen Bereich erste Anzeichen für weitere Änderungen. Diese sind über den Bundesrat1 und die Verbändeanhörung2 in das Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013)3 eingebracht worden. Nach dem Scheitern des Gesetzgebungsverfahrens zum JStG 2013 sind die § 51a EStG betreffenden Änderungen unverändert in das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG)4 übernommen worden. Da es im Gesetzgebungsverfahren zum AmtshilfeRLUmsG keine Anhörung gab, werden im Folgenden Erläuterungen aus dem Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2013 berücksichtigt. Nachstehend werden die aktuellen Änderungen [unterstrichen] erläutert. I. § 51a Abs. 2c und e EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG 1. § 51a Abs. 2c Satz 1 Nr. 3 EStG „3. der Kirchensteuerabzugsverpflichtete hat unter Angabe der Identifikationsnummer und des Geburtsdatums des Schuldners der Kapitalertragsteuer einmal jährlich im Zeitraum vom 1. September bis 31. Oktober beim Bundeszentralamt für Steuern anzufragen, ob der Schuldner der Kapitalertragsteuer am 31. August des betreffenden Jahres (Stichtag) kirchensteuerpflichtig ist (Regelabfrage). 2 Für Kapitalerträge im Sinne des § 43 Absatz 1 Nummer 4 aus Versicherungsverträgen hat der Kirchensteuerabzugsverpflichtete eine auf den Zuflusszeitpunkt der Kapitalerträge bezogene Abfrage (Anlassabfrage) an das Bundeszentralamt für Steuern zu richten. 3Im Übrigen kann der Kirchensteuerabzugsverpflichtete eine Anlassabfrage bei Begründung einer Geschäftsbeziehung oder auf Veranlassung des Kunden an das Bundeszentralamt für Steuern richten. 4Auf die Anfrage hin teilt das Bundeszentralamt

für Steuern dem Kirchensteuerabzugsverpflichteten die rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft und den für die Religionsgemeinschaft geltenden Kirchensteuersatz zum Zeitpunkt der Anfrage als automatisiert abrufbares Merkmal nach Nummer 1 mit. 5Rechtzeitig vor Regel- oder Anlassabfrage ist der Schuldner der Kapitalertragsteuer vom Kirchensteuerabzugsverpflichteten auf die bevorstehende Datenabfrage sowie das gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern bestehende Widerspruchsrecht, das sich auf die Übermittlung von Daten zur Religionszugehörigkeit bezieht (Absatz 2e Satz 1), schriftlich oder in anderer geeigneter Form hinzuweisen. 6Anträge auf das Setzen der Sperrvermerke, die im aktuellen Kalenderjahr für eine Regelabfrage * Der Autor ist Leiter des Steuerreferates im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). 1 BT-Drucks. 17/1000 v. 19.6.2012; BR-Drucks. 302/12 (Beschluss) v. 6.7.2012, Nr. 25a, 53 f.; BT-Drucks. 17/10604 v. 5.9.2012, Nr. 28 S. 17 f., 46; BT-Drucks. 17/11190 v. 24.10.2012, 41 f.; BT-Drucks. 17/11220 v. 25.10.2012, 38 ff. 2 Gemeinsame Stellungnahme des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union und des Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro Berlin – zum Regierungsentwurf für ein Jahhttp://www.bundestag.de/ ressteuergesetz 2013 v. 24.9.2012, bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2012/100/Stellungnahmen/21-_EKD_u__Kom__d__Dt__Bisch__fe.pdf; Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft (DIHK BDI ZDH BDA BdB GDV HDE BGA v. 17.9.2012, http://www.bundestag.de/bundestag/ ausschuesse17/a07/anhoerungen/2012/100/Stellungnahmen/05BDI.pdf S. 42; Finanzausschuss Wortprotokoll 100. Sitzung v. 26.9.2012, Protokoll Nr. 17/100, http://www.bundestag. de/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2012/100/10026_09_2012-JStG_2013__E-Mail_.pdf. 3 Materialien: BT-Drucks. 17/10000, 17/10604, 17/11190, 17/11191, 17/11220, 17/11633, 17/11692, 17/11844; BR-Drucks. 302/12 (Beschluss), 632/12, 33/13, 33/13 (Beschluss). 4 BT-Drucks. 17/12375, 17/12532, 17/13722, BR-Drucks. 157/1/13, 157/12 (Beschluss); Gesetz v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809; BStBl. I 2013, 802.


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berücksichtigt werden sollen, müssen bis zum 30. Juni beim Bundeszentralamt für Steuern eingegangen sein. 7 Alle übrigen Sperrvermerke können nur berücksichtigt werden, wenn sie spätestens zwei Monate vor der Abfrage des Kirchensteuerabzugsverpflichteten eingegangen sind. 8Dies gilt für den Widerruf entsprechend. 9Der Hinweis hat individuell zu erfolgen.10 Gehört der Schuldner der Kapitalertragsteuer keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft an oder hat er dem Abruf von Daten zur Religionszugehörigkeit widersprochen (Sperrvermerk), so teilt das Bundeszentralamt für Steuern dem Kirchensteuerabzugsverpflichteten zur Religionszugehörigkeit einen neutralen Wert (Nullwert) mit. 11Der Kirchensteuerabzugsverpflichtete hat die vorhandenen Daten zur Religionszugehörigkeit unverzüglich zu löschen, wenn ein Nullwert übermittelt wurde; [...]“ Die Identifikationsnummer dient der eindeutigen und unverwechselbaren Zuordnung einer natürlichen Person. Es reicht grundsätzlich aus, wenn der Abzugsverpflichtete mit dieser Nummer die Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft abfragt. Da aber nicht auszuschließen ist, dass es – aus welchen Gründen auch immer – bei der Erfassung, Speicherung oder Übermittlung der Identifikationsnummer zu Ungenauigkeiten kommen kann, wird die Abfrage durch eine 8-stellige Prüfziffer, dem Geburtsdatum, ergänzt. Hierdurch werden Fehlinformationen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Das zusätzlich anzugebende Datum dient mithin der Qualitäts- und Verfahrenssicherheit5. Die Ergänzung um das Geburtsdatum ist kein Novum, sondern wird auch bei der Abfrage des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren angewendet (§ 39e Abs. 4 EStG). Die Erweiterung der Anlassabfrage über diejenige für die Versicherungswirtschaft hinaus – bei Begründung einer Geschäftsbeziehung oder auf Veranlassung des Kunden – verfolgt primär den Zweck, mit aktuellen Daten arbeiten zu können und so Veranlagungsfälle zu vermeiden. Insbesondere können damit unterjährige Änderungen der Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft im Abzugsverfahren berücksichtigt werden6. Die Regelung ist für den Abzugsverpflichteten nicht verpflichtend (arg.: „kann“). Im ursprünglichen Entwurf sollte die weitere Anlassabfrage für den Abzugsverpflichteten verpflichtend erfolgen (arg.: „hat“). Es steht zu vermuten, dass insbesondere die Banken hiergegen im Nachgang zur Anhörung vor dem Finanzausschuss noch Einwände vorgetragen haben, da sie eine unterjährigen Veränderung der Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nur sehr bedingt berücksichtigen können7. Problemlos dürfte die zusätzliche Anlassabfrage für Kapitalgesellschaften umsetzbar sein, da eine mögliche Änderung der Kirchenzugehörigkeit nur für die grundsätzlich einmalige Ausschüttung pro Jahr berücksichtigt werden muss. Aber auch für Kreditinstitute dürfte eine Anlassabfrage insbesondere bei wenigen Geschäftsvorfällen bis zur Abfrage berücksichtigungsfähig sein, da sie rückwirkend korrigiert werden können. Dem für die Verarbeitung der Sperrvermerke zuständigen Bundeszentralamt für Steuern fehlen Anhaltspunkte, in welchem Umfang – insbesondere im Jahr des Inkrafttretens - Sperrvermerke gesetzt werden könnten. Zur Planung der technischen und personellen Ressourcen ist daher rein vorsorglich eine zeitliche Begrenzung aufgenommen worden, bis zu der der Widerspruch gegen die Übermittlung des Zuge-

hörigkeitsmerkmals eingelegt werden muss, um berücksichtigt werden zu können. Der Gesetzgeber wählte hier einen zweimonatigen Zeitraum (bis zum 30. Juni). Seine Überlegungen basierten auf einer – nicht belegten – Annahme. Würden nur 1 Prozent der Steuerpflichtigen bzw. Kirchenmitglieder Widerspruch einlegen und müssten hiervon 10 Prozent manuell bearbeitet werden, ergäben sich 80.000 bzw. 50.000 Anträge, die 47 bzw. 30 Arbeitskräfte zur Abarbeitung innerhalb eines zweimonatigen Zeitraums erforderten. Um hier die organisatorischen Maßnahmen für eine bedarfsgerechte Personalsteuerung flexibel und rechtzeitig treffen zu können, wurde dieser Zeitraum gewählt8. Ob dies in Anbetracht der ebenfalls eingefügten Vorschrift, den Widerspruch nach amtlich vorgeschriebenen, maschinenlesbaren Vordrucken einzulegen, notwendig ist, wird sich zeigen. Die Fristen gelten für die Einlegung und den Widerruf des Widerspruchs für die Regel- und Anlassabfrage. Nachfristig gestellte Anträge werden erst im Folgejahr berücksichtigt. Mit dieser Frist will der Gesetzgeber ferner einem möglichen Verstoß gegen das Steuergeheimnis vorbeugen. Die Offenbarung von Steuerdaten ist nach § 30 Absatz 2 Satz 2 AO nur in gesetzlich zugelassenen Fällen möglich. Die Offenbarung der Daten zur Religionszugehörigkeit an den Abzugsverpflichteten ist begrenzt durch das Widerspruchsrecht des Steuerpflichtigen. Legt dieser Widerspruch ein9 und kann dieser nicht rechtzeitig verarbeitet werden, würden dem Abzugsverpflichteten Daten gegen den Willen des Steuerpflichtigen offenbart10. 2. § 51a Abs. 2e Satz 1 und 2 EStG „1Der Schuldner der Kapitalertragsteuer kann unter Angabe seiner Identifikationsnummer nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck schriftlich beim Bundeszentralamt für Steuern beantragen, dass der automatisierte Datenabruf seiner rechtlichen Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft bis auf schriftlichen 5 Bericht des Finanzausschusses v. 26.10.2011, BT-Drucks. 17/11220 v. 25.10.2012, 38. 6 S. Petersen, Die Einbindung der Erhebung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer in die Philosophie der Abgeltungsteuer – § 51a Abs. 2c und e EStG i.d.F. des BeitreibungsRLUmsetzungsgesetzes, npoR 2012, S. 113 f. 7 Petersen, Kirchensteuer kompakt, 65 ff.; i.Ü. würden die Banken vor kein unlösbares Problem gestellt. Sofern bis zur Änderung des Merkmals die Zahl der Geschäftsvorfälle überschaubar ist, käme eine rückwirkende Korrektur in Frage. Das Argument der Banken, in einem Geschäftsjahr nur mit einem einheitlichen Hebesatz für die Kaitalertragsteuer arbeiten zu wollen (entweder 25% oder 24,45% bei einem Kirchensteuerhebesatz von 9%), könnte entkräftet werden, indem die Sonderausgabenabzugswirkung (§ 32a Abs. 1 S. 3 u. 4 EStG) in den Hebesatz der Kirchensteuer eingerechnet wird. Dieser beträgt dann auf Seiten der Banken statt 9% nur 6,8%. Die Differenz zum normalen Hebesatz (2,1%), die Sonderausgabenabzugswirkung, wird den Kirchen vom Staat gutgebracht, z.B. durch Anrechnung bei den Verwaltungskosten für die Erhebung der Kirchensteuer. Der Steuerpflichtige ist zutreffend belastet, die Kirchen erhalten das ihnen zustehende Steueraufkommen. Angaben gerundet; Differenz von 0,1% = Sonderausgabenabzugswirkung bei der Kirchensteuer. 8 Bericht des Finanzausschusses v. 26.10.2011, BT-Drucks. 17/11220, 39. 9 Wirksamwerden der Willenserklärung mit Zugang bei Empfänger. 10 Bericht des Finanzausschusses v. 26.10.2011, BT-Drucks. 17/11220, 39.


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Widerruf unterbleibt (Sperrvermerk). 2Das Bundeszentralamt für Steuern kann für die Abgabe der Erklärungen nach Satz 1 ein anderes sicheres Verfahren zur Verfügung stellen.“ Die schriftliche Erklärung des Widerspruchs erfolgt nunmehr nach einem von der Finanzverwaltung vorgegebenen und maschinenlesbaren, scanfähigen Muster. Dies entspricht den Usancen im Umgang mit abzugebenden Erklärungen. Entsprechende Vordrucke sollen bei den Abzugsverpflichteten und den Finanzämtern vorrätig gehalten werden und zum Download aus dem Internet bereit stehen. In einer weiteren Ausbaustufe dürfte sich dann die Eingabe über das ELSTERPortal anbieten (Satz 2). 3. § 51a Abs. 2e Satz 3 bis 5 EStG „3Der Sperrvermerk verpflichtet den Kirchensteuerpflichtigen für jeden Veranlagungszeitraum, in dem Kapitalertragsteuer einbehalten worden ist, zur Abgabe einer Steuererklärung zum Zwecke der Veranlagung nach Absatz 2d Satz 1. 4Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt für jeden Veranlagungszeitraum, in dem der Sperrvermerk abgerufen worden ist, an das Wohnsitzfinanzamt Name und Anschrift des Kirchensteuerabzugsverpflichteten, an den im Fall des Absatzes 2c Nummer 3 auf Grund des Sperrvermerks ein Nullwert im Sinne des Absatze 2c Satz 1 Nummer 3 Satz 6 mitgeteilt worden ist. 5 Das Wohnsitzfinanzamt fordert den Kirchensteuerpflichtigen zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 149 Absatz 1 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung auf.“ Ist der Widerruf erklärt und der Sperrvermerk gesetzt, wird die Kirchensteuer nicht im automatisierten Abzugsverfahren vom Abzugsverpflichteten einbehalten. Der kirchensteuerpflichtige Schuldner der Kapitalertragsteuer wird daher verpflichtet, die Kirchensteuer im Rahmen der Veranlagung zu erklären. Hierzu dient der Verweis auf den nicht geänderten Absatz 2d als in der Verwaltungspraxis etabliertes Verfahren, wobei die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kirchensteuer ausschließlich die von den Abzugsverpflichteten einbehaltene Kapitalertragsteuer ist11. Will der Steuerpflichtige auch die Sonderausgabenabzugswirkung (§ 42 Abs. 1 S. 3, 4 EStG) in Anspruch nehmen, verbleibt ihm der Veranlagungsweg i.R.d. § 42 EStG. Die Reichweite des Sperrvermerks war in der Fassung der Formulierung durch das BeitreibungsRL-Umsetzungsgesetz hinterfragt worden. Anders als beim Sperrvermerk im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens stehen dem zur Veranlagung auffordernden Finanzamt keine weiterführenden Informationen zur Verfügung. Weder ist der Abzugsverpflichtete verpflichtet, die Kapitalertragsteuer zu melden noch besteht für Zwecke der Kirchensteuererhebung die Möglichkeit einer Kontenabfrage nach § 93 Abs. 7 AO. Dem zur Veranlagung auffordernden Finanzamt war bisher nur die Tatsache bekannt, dass ein Sperrvermerk abgerufen wurde, nicht aber von wem und in wie vielen Fällen. Es bestand somit für die Finanzverwaltung keine Möglichkeit, die Vollständigkeit einer Erklärung zu prüfen, womit die Gefahr eines Vollzugsdefizits begründet worden wäre. Von daher haben die Länder im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 einen Änderungsvorschlag für § 51a Abs. 2e Sätze 3 bis 5 EStG eingebracht12, der vom Gesetzgeber übernommen wurde. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung besteht für diejenigen Veranlagungszeiträume, in denen Kapitalertragsteuer tatsächlich erhoben und abgeführt worden ist. Die Finanzverwaltung erhält nunmehr nicht nur Kenntnis vom gesetzten Sperrver-

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merk, sondern welcher Abzugsverpflichtete einen Sperrvermerk abgerufen hat13. Dass der Abzugsverpflichtete seinen Name und seine Anschrift beim Abruf des Sperrvermerks zu offenbaren hat, ergibt sich zunächst aus dem Umkehrschluss des Satzes 4. Da der Abzugsverpflichtete sich aber beim Abruf mit seiner WirtschaftsID bzw. der Steuernummer identifizieren muss, wird der Finanzverwaltung diese Tatsache bekannt sein. Diese Erkenntnis kann sie – vergleichbar einer Kontrollmitteilung – für Zwecke der ordnungsgemäßen und vollständigen Steuererhebung verwenden, indem sie an das Wohnsitzfinanzamt zu Verifikation weitergeleitet wird. Einer gesonderten Ermächtigungsgrundlage für die Verarbeitung bedarf es somit nicht. Kommt der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht oder unvollständig nach, wird vom Abzugsverpflichteten eine Auskunft nach § 93 Absatz 1 AO eingeholt14. 4. § 52a Abs. 18 EStG „§ 51a Absatz 2c und 2e in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2592) ist erstmals auf nach dem 31. Dezember 2014 zufließende Kapitalerträge anzuwenden.“ Der Wechsel vom papiergebundenen zum elektronischen Verfahren ist nunmehr – trotz der eindeutigen Monita der steuererhebenden Religionsgemeinschaften15 - auf den Jahreswechsel zum 1.1.2015 festgelegt worden. Es hat sich nach dem Inkrafttreten des BeitreibungsRL-Umsetzungsgesetzes herausgestellt, dass die Annahme von Sperrvermerken, die Authentifizierung von Abzugsverpflichteten, die Abfrage von Steuer-IDNr. und die Bereitstellung des Kirchensteuermerkmals sehr komplexe Anforderungen sind und es eines hinreichenden Vorlaufes für die Test- und Pilotierungsphase bedarf16. Es ist daher letztendlich sinnvoller, ein neues Verfahren erst zu einem Zeitpunkt einzuführen, in dem es in sich abgeschlossen und möglichst ausgereift ist. So wird vermieden, dass es mit einer schnellen Einführung eines evtl. unvollständigen Verfahrens und einer darauffolgenden Korrektur zu Irritationen bei den Steuerpflichtigen kommt.

11 Bericht des Finanzausschusses v. 26.10.2011, BT-Drucks. 17/7524, 19. 12 Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes v. 6.7.2012, BR-Drucks. 302/12 (Beschluss), Ziff. 32, 62 f. 13 Bericht des Finanzausschusses v. 25.10.2012, BT-Drucks. 17/11220, 40. 14 Bericht des Finanzausschusses v. 25.10.2012, BT-Drucks. 17/11220, 40. 15 Zuletzt: Gemeinsame Stellungnahme des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union und des Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro Berlin – zum Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2013 v. 24.9.2012, http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2012/100/ Stellungnahmen/21-_EKD_u__Kom__d__Dt__Bisch__fe.pdf. 16 Bericht des Finanzausschusses v. 25.10.2012, BT-Drucks. 17/11220, 41; s. auch schon Gegenäußerung der Bundesregierung v. 5.9.2012, BT-Drucks. 17/10604, 46; Gemeinsame Stellungnahme des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union und des Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro Berlin – zum Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2013 v. 24.9.2012, http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2012/100/Stellungnahmen/21-_EKD_u__ Kom__d__Dt__Bisch__fe.pdf.


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II. Fazit Mit der weiteren Änderung des § 51a Abs. 2c und e EStG durch das AmtshilfeRL-Umsetzungsgesetz noch vor dem Inkrafttreten der ursprünglichen Regelung ist das Erhebungsverfahren als solches abgerundet worden. In den ersten Schritten der Umsetzung hat sich gezeigt, dass es erheblich komplexerer Programmierung bedarf, ein grundsätzlich anonymes Verfahren zu Gunsten eines personengebundenen Merkmals (sic. Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft17) zu öffnen. Dies bedingt dann auch die zeitliche Verzögerung des Inkrafttretens um ein weiteres Jahr. Die nun neu eingefügten Regelungen greifen Anregungen auf, die angelegentlich des ersten Gesetzgebungsverfahrens bereits angesprochen wurden, mangels des damaligen Zeitdrucks aber nicht zu Verzögerungen führen sollten. Andere Punkte wurden allerdings nicht aufgegriffen (sic. glaubensverschiedene Ehe)18 und bedürfen noch der Klärung. Insgesamt dürfte nunmehr eine Regelung geschaffen worden sein, die sich bis zum 1.1.2015 zu einem möglichst reibungslosen Verfahren umsetzen lässt. Damit wird eine vollständige und nach gleichen Maßstäben durchzuführende Erhebung der Kirchensteuer in der Philosophie der Abgeltungsteuer gewährleistet. Eine weitere Verzögerung wäre hingegen nicht vermittelbar gewesen. Die Verlängerung der ursprünglich zweijährigen Übergangsfrist19 (2009 und 2010) auf nunmehr sechs Jahren bis zur vollständigen automationsgestützten Regelung ab 2015 ist insgesamt im Lichte der

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Übergangsregelungen20 noch angemessen, zumal der Gesetzgeber sie in Abs. 2e (a.F.) bei der Einführung bereits angekündigt hat.

17 Zur Zulässigkeit der Mitteilung der Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft: BFH v. 18.1.2012 – II R 49/10, Rz. 123 ff., BStBl. 2012 II, 168; BFH v. 20.12.2011 – II S 28/10 (PKH), Rz. 100 ff., www.bundesfinanzhof.de; s. auch BayVerfGH v. 12.10.2010 – Vf. 19-VII-09, NVwZ 2011, 40. 18 S. Petersen, npoR 2012, S. 113 f. 19 Petersen, Kirchensteuer kompakt, 45, 62 f.; ders. in: K/S/M § 51a Rdnr. C 172. 20 Kußmaul/Meyering, DStR 2008, 2298 und Baumgärtel/Lange, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2008, § 51 a Anm. J 07–18 f sehen die Übergangslösung aufgrund der fehlenden Verifikation mit einem „konstruktiven Mangel“ behaftet. Selbst wenn dies zutreffen sollte (sic. strukturelles Vollzugsdefizit) ist dies für einen kurzen Zeitraum hinnehmbar. Das BVerfG gibt dem Gesetzgeber in ähnlichen Fällen regelmäßig auf, die beanstandete Norm innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu ändern. Dabei schwanken die Zeitvorgaben: BVerfG v. 27.11.1990 – 1 BvR 402/87, NJW 1991, 1471 – 4 Jahre; BVerfG v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493, 89, BVerfGE 84, 239, 283 ff. – 12 Jahre; BVerfG v. 26.4.1994 – 1 BvR 1299/89, NJW 1994, 2475 – bis zum Ablauf der nächsten Legislaturperiode; BVerfG v. 9.3.2004 – 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, 134 f. – 6 Jahre; BVerfG v. 13.6.2007 – 1 BvR 1550/03 u.a., BVerfGE 118, 168, 211 – 1 Jahr.

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Dr. Stephan Schauhoff*

Für ein europäisches Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht als Basis für eine europäische Zivilgesellschaft

Europa ist eine Wertegemeinschaft, nicht nur eine Freihandelszone. Zum Selbstverständnis Europas gehört es, eine Gesellschaft freier Bürger zu bilden, die unabhängig vom Staat, staatliche Aufgaben ergänzend, auch im Sinne des Gemeinwohls wirken dürfen und sollen. Entsprechende Tätigkeiten oder Zuwendungen im Interesse des Gemeinwohls sind, da sie der Allgemeinheit dienen, steuerfrei möglich, Spenden wirken steuermindernd. Einkünfte, die gemeinnützige Organisationen aus der Verwaltung ihres Vermögens erzielen, bleiben deswegen unbesteuert. Die Zivilgesellschaft, das ehrenamtliche Engagement der Bürger, bildet ein konstitutives Grundelement Europas. Im Gegensatz dazu wollen autoritäre Regierungsformen, wie in China oder Russland, die eigenständige Organisation der Zivilgesellschaft gerade nicht. Für gemeinnützige Organisationen gibt es in den europäischen Mitgliedstaaten einen weitgehend ähnlichen rechtlichen und steuerlichen Ordnungsrahmen: Derartige Organisationen sind der Gewinnlosigkeit verpflichtet; sie verwenden ihre

finanziellen Mittel für die vom jeweiligen Staat definierten gemeinnützigen Zwecke; Zuwendungen, an die Organisation mindern in unterschiedlichem Umfang als Spenden das steuerpflichtige Einkommen; Einkünfte, die die Organisationen aus der Verwaltung ihres Vermögens erzielen, werden von Ertragsteuern, soweit vorhanden auch von Besitzsteuern, befreit; Zuwendungen an die Organisation unterliegen nicht der Erbschaft- und Schenkungsteuer; die Organisationen sind regelmäßig juristische Personen, die als Vereine, Stiftungen oder Kapitalgesellschaften in weitem Umfang sich selbst organisieren dürfen. Was gemeinnützige Zwecke sind, unterscheidet sich in den einzelnen Staaten, wobei es erhebliche Überschneidungsmengen gibt. Frankreich steht aufgrund seiner Tradition dem Einbezug kirchlicher Zwecke skeptisch

* Der Autor ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Büro Bonn.


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gegenüber, auch der Sport oder politiknahe Zwecke werden unterschiedlich beurteilt. Im Kern besteht aber durchaus Übereinstimmung, was gemeinnützige Zwecke sind. Auch wird das Prädikat der Gemeinnützigkeit typischerweise nur juristischen Personen zuerkannt, die mit ihrer Organisation dauerhaft der Gewinnlosigkeit verpflichtet sind, selbstlos agieren und deren Geschäftsführung ausschließlich auf die Verwirklichung des gemeinnützigen Zwecks gerichtet ist. Auch wenn der Rechtsrahmen in Europa ähnlich ist, so ist er keineswegs gleich. Die Unterschiede wirken sich erheblich aus. Zwar hat der Europäische Gerichtshof die Staaten durch mehrere Urteile dazu gezwungen, Organisationen aus anderen europäischen Staaten dann, wenn sie die gleichen Bedingungen wie inländische gemeinnützige Organisationen erfüllen, im Inland jeweils steuerlich gleich zu behandeln.1 Im Detail lassen sich aber natürlich, wie bei jedem eigenständig gewachsenen Rechtssystem, Unterschiede ausmachen, die die Verwaltungsbehörden vielfach die Anerkennung der ausländischen Organisation als gemeinnützig nach eigenen Rechtsvorstellungen versagen lassen. Von einem europäischen Rechtsrahmen, unter welchen Voraussetzungen grenzüberschreitendes gemeinnütziges Wirken anzuerkennen ist, sind wir weit entfernt. Dies wirkt sich beispielsweise aus, wenn der deutsche Bürger an eine auf Mallorca ansässige gemeinnützige Stiftung spenden will, ohne deren Mittelverwendung im Detail nachweisen zu können (kein Spendenabzug)2, wenn das Haus des Stifters in London an die deutsche Stiftung vererbt wurde (englische Nachlasssteuer)3, wenn die deutsche gemeinnützige Stiftung in italienische Wertpapiere investiert hat und die Zins- und Dividendenerträge, anders als bei deutschen Papieren, versteuern muss (italienische Kapitalertragsteuer)4, wenn die schwedische gemeinnützige Stiftung in Deutschland Immobilien vermietet (deutsche Körperschaftsteuer)5 oder die deutsche Kinderstiftung über eine rumänische Schwesterorganisation dort Waisenhäuser fördern will und den Nachweis führen muss, dass jeder in Rumänien ausgegebene Euro entsprechend den deutschen und rumänischen Vorschriften verwandt wurde (drohender Verlust der Gemeinnützigkeit)6 oder, besonders obskur, die niederländische Wissenschaftsstiftung, die Einkünfte aus Deutschland steuerfrei stellen will, nachweisen muss, dass die von ihr bewirkte Förderung der Wissenschaft in den Niederlanden zur Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland beitragen kann (ansonsten Steuerpflicht der Einkünfte in Deutschland).7 Das europäische Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht ist als administrativer Hürdenlauf ausgestaltet, gespickt mit Steuerfallen. Die Verwaltungsbeamten sind in jedem Staat natürlich ihrem jeweiligen nationalen Recht und Staatshaushalt verpflichtet, sie dürfen sich nicht einfach unter Berufung auf die europäische Idee darüber hinweg setzen. Liebevoll werden die nationalen Besonderheiten gepflegt. Soll an diesem Zustand etwas geändert werden, ist der politische Wille gefordert, Europa zu einer Rechtsgemeinschaft in Bezug auf das grenzüberschreitende gemeinnützige Wirken zu machen, auch wenn dieses Wirken nicht den Bürgern im eigenen Nationalstaat, sondern in einem anderen europäischen Staat zugutekommt. Würde damit schon wieder die Vergemeinschaftung von auf nationaler Ebene zu regelnden Besonderheiten drohen? Nein, dieser Einwand überzeugt nicht. Natürlich agieren gemeinnützige Körperschaften vielfach europaweit, suchen sich Ausweichgestaltungen8, um dies auch spendenfinanziert darstellen zu können. Vermögende Bürger verfügen über Wohnsitze in mehreren europäischen Staaten und wol-

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len in mehreren Staaten gemeinnützig aktiv werden. US-Stiftungen wollen sich in Europa engagieren, nach dem One Step Model aber nur in einem Staat eine gemeinnützige Organisation gründen. Woran es mangelt, ist nicht europäisches Bürgerbewusstsein, sondern es mangelt an einem Rechtsrahmen, der entsprechende grenzüberschreitende Gemeinnützigkeit mühelos möglich macht. Die Europäische Kommission hat jüngst den Entwurf einer Verordnung für die wechselseitige Anerkennung einer neuen Rechtsform, der Europäischen Stiftung, vorgelegt.9 Wer künftig eine Europäische Stiftung gründet, soll in allen Mitgliedstaaten in Bezug auf einzelne steuerliche Regelungen als gemeinnützig anerkannt werden können. Der Entwurf wird von den Mitgliedstaaten gegenwärtig allerdings nahezu einhellig abgelehnt. Es wird bezweifelt, dass es überhaupt der neuen Rechtsform einer europäischen gemeinnützigen Stiftung bedarf. Der Entwurf enthält allerdings den notwendigen Kern der Definition der gemeinnützigen Zwecke und des erforderlichen organisatorischen Rahmens für gemeinnützige Körperschaften. Die wechselseitige Anerkennung gemeinnütziger Körperschaften mit diesen europaweit festgelegten gemeinnützigen Zwecken und einer entsprechenden Organisation könnte das Ziel sein. Wenn eine europaweite Anerkennung der gemeinnützigen Rechtsformen, Zwecke und des erforderlichen Organisationsrahmens gelänge, bedürfe es keiner neuen Rechtsformen und die bestehenden Verwaltungshürden wären gelöst. In Missbrauchsfällen kann, nach Aufklärung durch den Ansässigkeitsstaat, natürlich die Steuerbegünstigung versagt werden. Es fehlt bislang der politische Mut, eine europaweite Gemeinnützigkeit zu schaffen, obwohl gerade diese einen wichtigen Bestandteil einer gemeinsamen europäischen Identität darstellt. Während Dividendenzahlungen zwischen europäischen Kapitalgesellschaften ganz selbstverständlich von Steuern entlastet werden10, ist unverständlich, warum Europa keinen rechtssicheren und einheitlichen Rahmen schafft, der es den Bürgern und gemeinnützigen Orga-

1 EuGH v. 14.09.2006 – Rs. C-386/04, Stauffer, Slg. 2006, I-8203 = DStR 2006, 1736; EuGH v. 27.1.2009 – Rs. C-318/07, Persche, Slg. 2009, I 359 Rz. 47 = BStBl. I 2010, 440; EuGH v. 18.12.2007 – C-281/06, Jundt, Slg. 2007, I-12231 = BB 2008,767. 2 FG Düsseldorf v. 14.1.2013 – 11 K 2439/10, npoR 2013, 94. 3 Auch aus deutscher Sicht ist strittig, ob die Bestimmung des § 13 Abs. 1 Nr. 16 c) ErbStG die Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG ausschließt, so z.B. Raudzus, ZEV (dito); dazu EuGH v. 10.2.2011 – Rs. C-25/10 - Missionswerk Werner Henkelbach e.V., EuZV 2011, 238. 4 Auch in Deutschland wird die Entsprechung mit den deutschen Gemeinnützigkeitsvorschriften verlangt. 5 Aus deutscher Sicht wird die Entsprechung mit den deutschen Gemeinnützigkeitsvorschriften verlangt. 6 Nach einem unveröffentlichten Beschluss der Körperschaftsteuerreferenten des Bundes und der Länder muss bei Zuwendungen nach § 58 Nr. 1 AO an eine im Ausland ansässige Körperschaft der deutsche Geber nachweisen, dass der Empfänger die Mittel entsprechend den deutschen Gemeinnützigkeitsvorschriften tatsächlich zur Überzeugung der Verwaltung, im Streitfall des Gerichts, verwandt hat (siehe auch Fn. 2). 7 So § 51 Abs. 2 AO, der vielfach als europarechtswidrig angesehen wird (vgl. nur Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 3 Rz. 12 m.w.N.). 8 Vgl. zum internationalen Charitable Giving npoR 2013, 112. 9 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (FE), Com (2012) 3 S final; dazu Weitemeyer, NZG 2012, 1001. 10 § 43b EStG.


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nisationen ermöglicht, nicht nur in ihrem Ansässigkeitsstaat, sondern in allen Mitgliedstaaten die soziale Wohlfahrt, die Wissenschaft, die Kultur, die Völkerverständigung oder Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Zwar bedürfen entsprechende Regelungen der Einstimmigkeit, da in den europäischen Verträgen eine Harmonisierung dieser Regelungen bislang nicht vorgesehen ist, da die Europäische Union als Freihandelszone gestartet ist, die Entwicklung zur Wertegemeinschaft dagegen noch andauert. Dennoch: Gemeinnütziges Wirken in Europa sollte mit gemeinnützigem Wirken im Heimatstaat gleichgestellt werden. Nicht nur staatliche

Transferzahlungen in gewaltiger Höhe dienen dem europäischen Gemeinwohl, sondern – jedenfalls nach europäischem Verständnis – ebenso der Beitrag privater Organisationen und Spender, gleichgültig ob er der Gesellschaft im eigenen Staat oder einem anderen europäischen Staat zugutekommt. Die vorliegende Verordnung des Rates über das Statut einer Europäischen Stiftung bietet eine günstige Gelegenheit, ein europaweit geltendes Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht und damit einen Rechtsrahmen für eine europäische Zivilgesellschaft zu schaffen.

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Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch*

Verschärfte Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsgremien in Non-Profit-Unternehmen

I. Einleitung In den letzten Jahren ist die Art und Weise, wie Non-ProfitOrganisationen (NPOs) ihre Geschäftsführung beaufsichtigen, wegen aufgedeckter Missstände in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert worden. Auch im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der öffentlichen Unternehmen ist dieses Thema ein „Dauerbrenner“, man denke nur an die Diskussion um die Tätigkeit des Aufsichtsrats beim Berliner Flughafen BER. Vor einiger Zeit hat ein Kenner der Szene die Aufstellung der Träger im NPO-Bereich wie folgt charakterisiert: Zwar wachse die Professionalität der Führung und Betriebswirtschaft. Auf dem Gebiet der Aufsicht liege sie noch weit zurück. Hier gebe es noch viel zu tun, und zwar für Verbände, für Vorstände, für interessierte Freiberufler, für die Wissenschaft – und natürlich für einsatzbereite Menschen, die gerne an der Professionalisierung der Aufsicht mitwirken wollen.1 In diesem Beitrag soll untersucht werden, wie das System der Geschäftsführung und Beaufsichtigung in der gewerblichen Wirtschaft aktuell ausgestaltet ist und welche Konsequenzen sich für NPOs, die i.d.R. die Rechtsform des e.V., der gGmbH bzw. der Stiftung nutzen, ergeben. Wegen der Besonderheiten von Non-Profit-Unternehmen sind weitere inhaltliche Aspekte wie die Sicherung einer hohen Fachlichkeit und die Vernetzung in die Zivilgesellschaft zu berücksichtigen. Wie diese weiteren Einflüsse auf den Aufsichtsrat wirken, ist eigens zu erörtern. II. Entwicklung der Vorschriften für die Aufsicht in der gewerblichen Wirtschaft In den größeren gewerblichen Unternehmen hat die Überwachung der Vorstände durch Aufsichtsräte (AR) eine lange Tradition.2 Im Fachschrifttum konzentrieren sich allerdings die meisten Veröffentlichungen auf die Beaufsichtigung von

solchen Unternehmen, die als Publikumsaktiengesellschaften organisiert sind.3 NPOs bleiben bei der Diskussion meist außen vor. In der Rechtsprechung sind die Anforderungen an den AR schon zu Beginn der 1980er Jahre thematisiert worden. Regelmäßig bei aufgedeckten Skandalen und Missständen wurde (und wird) nach strengeren Gesetzen gerufen. Im Herbst 1998 fand diese Diskussion einen deutlichen Niederschlag im sog. KonTraG4. Der AR wurde mit zusätzlichen Aufgaben betraut, die in ihrer Gesamtwirkung dazu geführt haben, dass die Arbeit stärker professionalisiert wurde. Der AR muss z.B. prüfen, ob der Vorstand ein wirksames Risikomanagementsystem eingeführt hat. Der Abschlussprüfer wird direkt vom AR beauftragt. Bedeutsamer ist die Arbeit in den Ausschüssen (bspw. Finanz- oder Prüfungsausschuss) geworden, in denen ein intensiver Dialog auf hohem fachlichem Niveau möglich ist. Im Jahre 2001 hat die Bundesregierung eine Kommission „Corporate Governance“ eingesetzt. Leitgedanke waren die internationalen Vorschläge für einen Verhaltenskodex, auf dessen Einhaltung die Unternehmen sich durch Erklärung * Der Autor ist Wirtschaftsprüfer sowie Steuerberater und Partner bei Warth & Klein Grant Thornton AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Niederlassung Dresden, sowie Honorarprofessor an der Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden. 1 Beck, Der Aufsichtsrat, 07-08/2011, 112. 2 Vgl. für einen historischen Überblick Feil, Basiswissen Aufsichtsrat, 2008, S. 6 ff. 3 Vgl. meine Rezensionen zu Semler/von Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 2009, bei http://www. socialnet.de/rezensionen/12977.php. 4 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I, 786.


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verpflichten. Durch die Empfehlungen dieser Kommission wurden Grundsätze einer guten Geschäftsführung und Beaufsichtigung niedergelegt. Bei diesen Verhaltensregelungen, auf die sich die Unternehmen selbst verpflichten, handelt es sich um „weiche Gesetze“ (soft law). Die Rechtsprechung greift – internationalen Usancen folgend – vermehrt auf sie zurück. Vorstände und Aufsichtsräte müssen bei ihrer Tätigkeit die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des ordentlichen Geschäftsleiters beachten. Im Jahre 2005 wurde durch das UMAG5 die Beweislast für das Einhalten dieser Sorgfalt umgekehrt. In der praktischen Aufsichtsratstätigkeit von NPOs ist diese Gesetzesänderung so gut wie unbekannt, obwohl diese Beweislastumkehr das Haftungsrisiko erheblich erhöht hat. Zuletzt sind weitere gesetzliche Neuregelungen hinzugekommen, die die Arbeit der AR betreffen. 2009 wurde mit dem BilMoG geregelt, dass mindestens ein unabhängiges AR-Mitglied über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen muss (der sog. „Financial Expert“).6 Für die gewerbliche Aufsicht hat Dehnen überspitzt formuliert: „Die Tage der Rotwein-Runden mit alten Freunden und von Kopfnicker-Kreisen sind gezählt“.7 Die aufgezeigten strengeren Anforderungen an die unternehmerische Aufsicht werden zudem von den Gerichten als Maßstab an die Geschäftsführung und Beaufsichtigung gestellt. Dabei erweitert die Rechtsprechung den Anwendungsbereich über die AG hinaus auch auf andere Rechtsformen. NPOs werden sich auf diese Entwicklung einstellen müssen. III. Gewandelte Anforderungen an den Aufsichtsrat in der gewerblichen Wirtschaft Die aufgezeigte Entwicklung hat dazu geführt, dass sich die Mitglieder der ARe neuen Anforderungen stellen müssen. Traditionell war die Beaufsichtigung auf die Kontrolle der Arbeit des Vorstands gerichtet. Diese Kontrolltätigkeit stand ganz im Einklang mit dem dualen Führungsmodell mit einem für das Management verantwortlichen Vorstand8 und einem AR, der für die Kontrolle der Geschäfte des Vorstands zuständig war. Die hier aufgezeigte Erweiterung der Aufgaben wird von Autoren maßgebender AktG-Kommentare (Lutter/Krieger) als „dramatische Änderung im Sinne einer Erweiterung der Aufgaben des AR als Organ sowie der Rechte und Pflichten seiner Mitglieder“ gewertet.9 Heute muss die Aufsicht über die retrospektive Rückschau hinausgehen. Unternehmerische Entscheidungen sind mit dem Vorstand zu erörtern und mitzutragen. Die beratende Rolle tritt als neue Aufgabe hinzu. Unter dem Schlagwort der „Professionalisierung des Aufsichtsrats“ werden die verschärften Anforderungen an die Qualifikation, Erfahrung und Unabhängigkeit zusammengefasst. Neben den Entscheidungen, die durch Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung dem AR in seiner ureigenen Kompetenz zugewiesen sind, verlangen die beratende Begleitung der Entscheidungen des Managements und die Kontrolle der Umsetzung einen höheren fachlichen und zeitlichen Einsatz. Aufsichtsräte müssen heute genauso qualifiziert sein wie die Vorstände. Ein AR kann nur über Dinge abstimmen, die er selber verstanden hat.10 Eine kritische Begleitung „auf Augenhöhe“ muss möglich sein, den Dingen muss er kritisch auf den Grund gehen, notfalls auch mit der „gebührenden Härte“. Früher war die AR-Haftung ein „theoretisches Problem, mit dem in der Praxis nur sehr selten zu rechnen war“11. Dies hat sich mit dem UMAG im Jahre 2005 schlagartig

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geändert, denn seitdem hat sich für ARe das Haftungsrisiko erhöht. Für sie gilt, dass in den §§ 93 Abs. 2 und 116 AktG eine Beweislastumkehr eingeführt wurde, nach der nunmehr sie nachweisen müssen, dass sie bei den getroffenen Entscheidungen „die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“ angewendet haben.12 Bezüglich der Haftung des AR sind mehrere grundlegende Entscheidungen des BGHs ergangen, welche daraufhin vom Gesetzgeber als Anlass für Gesetzesverschärfungen genommen wurden13: - Nach dem Hertie-Urteil des BGH vom 15.11.1982 muss jedes Mitglied eines AR nach dem Gebot persönlicher und eigenverantwortlicher Amtsausübung sein Amt weisungsfrei ausüben. Zudem muss ein AR-Mitglied diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können. - Nach dem ARAG-Urteil des BGH vom 21.4.1997 hat der AR aufgrund seiner Aufgabe, die Tätigkeit des Vorstandes zu überwachen und zu kontrollieren, die Pflicht, das Bestehen von Schadenersatzansprüchen der AG gegenüber Vorstandsmitgliedern eigenverantwortlich zu prüfen. Dabei ist dem Vorstand ein weiter Handlungsspielraum für die Geschäftsführung zuzubilligen. Der BGH weist dem AR in zeitlicher Hinsicht zwei Gebiete zu: „rückschauende Kontrolle“ (z. B. bezogen auf das vergangene Quartal oder Geschäftsjahr) und die sog. „präventive oder begleitend vorausschauende Kontrolle“ der Geschäftsführung. Insoweit steht dem AR – wie das ARAG-Urteil ausführt – ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum zu, der gerichtlich nur sehr beschränkt überprüfbar ist. - Im Mannesmann-Vodafone-Urteil des BGH vom 21.12.2005 gerieten zudem die Strafbarkeitsrisiken des AR ins Blickfeld: Bewilligt ein AR für eine erbrachte dienstvertraglich geschuldete Leistung einem Vorstandsmitglied nachträglich eine zuvor im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung, die ausschließlich belohnen5 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, BGBl. 2005 I, S. 2802. 6 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts vom 25.5.2009, BGBl. I, S. 1102 f. (neu eingeführt wurde § 105 (5) AktG). 7 Dehnen, in: ders. (Hrsg.), Der professionelle Aufsichtsrat, 2011, S. 10 (der Vorstand leitet die AG unter eigener Verantwortung § 76 Abs. 1 AktG). 8 Für die AG gilt, dass der Vorstand die AG unter eigener Verantwortung leitet (§ 76 Abs. 1 AktG). 9 Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 2008, S. 21. 10 Dehnen, in: ders. (Hrsg.), Der professionelle Aufsichtsrat, 2011, S. 10. Im Sinne einer strengeren Handhabung der Aufsicht in den Unternehmen schlägt Dehnen z. B. einen TÜV bzw. ein Qualitätssiegel zur Professionalität des AR vor (S. 18). Er fordert darüber hinaus ein eigenes Backoffice für den professionellen AR, das unabhängig vom zu kontrollierenden Management sein müsse. Alle Mitglieder sollten in der Lage sein, mit dem Vorstand „auf Augenhöhe“ zu diskutieren (S. 16 ff.). 11 Vgl. die Ausführungen bei Wessing, in: Dehnen (Hrsg.), Der professionelle Aufsichtsrat, 2011, S. 19 ff. 12 Die Vereinigung der BWL-Hochschullehrer (Schmalenbach Gesellschaft für Betriebswirtschaft e. V.) hat in seinem Arbeitskreis „20 goldene Regeln“ für die Umsetzung in der unternehmerischen Praxis formuliert, bei deren Beachtung dem gesetzlich normierten Sorgfaltsmaßstab genügt sein dürfte. Diese Grundsätze sind in der FAZ vom 3.4.2006 publiziert worden. 13 Verweis auf Darstellung von Vogelbusch, KVI im Dialog 4/2012, S. 7 ff.


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den Charakter hat und dem Unternehmen keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringt (kompensationslose Anerkennungsprämie), liegt hierin eine treupflichtwidrige Schädigung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens. Die zur Erfüllung des Tatbestandes der Untreue erforderliche Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht muss auch bei unternehmerischen Entscheidungen eines Gesellschaftsorgans nicht zusätzlich „gravierend“ sein. Ein aktuelles Urteil des OLG Stuttgart vom 29.2.2012 weist darauf hin, dass ein AR seine »Kardinalspflichten« verletzt, wenn er bei Geschäften, die für die Gesellschaft besonders bedeutsam sind, den relevanten Sachverhalt nicht selbstständig erfasst und sich kein eigenes Urteil bildet.14 Die genannten Urteile und die Gesetzesverschärfungen im AktG beziehen sich auf die Rechtsform der AG. Sie können nicht direkt auf die Gremien von NPOs, die in anderen Rechtsformen strukturiert sind, übertragen werden. Dennoch ergibt sich ein mittelbarer Einfluss, da zu erwarten ist, dass die Gerichte die verschärften Grundsätze in den Kernelementen auch auf andere Rechtsformen anwenden werden. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn ein größerer Geschäftsbetrieb vorhanden ist, für den unternehmerische Entscheidungen zu treffen sind. Die für die AG gefundenen Regeln sind aber auch schon deswegen von Vorteil für NPOs, weil sie Klarheit in der Leitungsstruktur und bei den Verantwortlichkeiten schaffen, etwa im Verhältnis zwischen Vorstand und AR und hinsichtlich der Mindestkenntnisse und unternehmerischen Erfahrung der AR-Mitglieder. IV. Persönliche Anforderungen an das einzelne AR-Mitglied Traditionell werden in Gesetz, Rechtsprechung und Schrifttum folgende Anforderungen an AR-Mitglieder gestellt:15 - Es müssen Mindestkenntnisse zu den Pflichten und Aufgaben vorhanden sein (z.B. zum Verstehen der Vorstands- und Prüfungsberichte), - fachliche Qualifikation für die im Gremium erörterten Sachfragen und die Grundfunktionen der Organisation, - ausreichende Leistungsbereitschaft und Zeit, das Amt ist persönlich wahrzunehmen, das AR-Mitglied muss sich ein Urteil selbst bilden und - jedes Mitglied muss unabhängig und eigenverantwortlich entscheiden. Aktuell wird noch als Anforderung an Aufsichtsratsmitglieder die sog. „Diversity“ (Vielfalt der Kompetenzen, 2013 diskutiert als „Gendergerechtigkeit“) gefordert. Neben Generalisten sollen Spezialisten eingebunden sein, die in ihrer Gesamtheit alle erforderlichen Kompetenzen abdecken. Aktuell sind folgende weitere Anforderungen hinzugetreten: - ARe sollen ähnlich wie im angelsächsischen Board-System in der Lage sein, die geschäftspolitischen Maßnahmen „auf Augenhöhe mit dem Vorstand“ mitzudiskutieren. - Dafür sind unternehmerische Kenntnisse und Erfahrungen unabdingbar. - Im AR soll ein „Finanzexperte“ tätig sein, der in der Lage ist, das Berichts- und Rechnungswesen fachlich zu beurteilen. - Durch die Regeln für unternehmerische Entscheidungen sind Standards vorgegeben worden, wie ein AR zu betriebswirtschaftlich begründeten Entscheidungen kommt und wie diese zu dokumentieren sind. In den bisherigen Ausführungen sind die Entwicklungen in der gewerblichen Wirtschaft dargestellt worden, die zu Gesetzen und Governance Standards geführt haben, die insgesamt eine deutlich professionellere Tätigkeit fordern. In den folgen-

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den Abschnitten ist zu untersuchen, inwieweit sich diese Diskussion auf den NPO-Bereich ausgewirkt hat. V. Regeln zur Corporate Governance in der Freien Wohlfahrt und bei Stiftungen Im nicht-gewerblichen Bereich sind in der Freien Wohlfahrtspflege und beim Bundesverband Deutscher Stiftungen die Regeln zur Corporate Governance vorbildlich übertragen worden. Diese Überlegungen können auch für andere Branchen beispielgebend sein. Beck weist darauf hin, dass die Einführung und rasche Durchsetzung des DCGK in der kapitalnahen Wirtschaft von der Freien Wohlfahrtspflege „zunächst skeptisch beobachtet, dann zögernd verfolgt und schließlich, vor allem in der Diakonie, auf breiter Front interessiert und dann stürmisch aufgenommen“ wurde.16 Mittlerweile haben die meisten Landesverbände der Diakonie die Übernahme eines Diakonie Kodex verbindlich (z. B. als Satzungspflicht) übernommen.17 Die Arbeitshilfe 182 des Verbandes der Diözesen Deutschlands und der Kommission für caritative Fragen der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahre 2004 empfiehlt allen Trägern mit mehr als 50 Arbeitnehmern, die Bestimmungen des DCGK zu übernehmen.18 Der Bundesverband Deutscher Stiftungen (BDSt) hat im Jahr 2006 „Grundsätze Guter Stiftungspraxis“ erarbeitet, um Stiftungsorganen, Stiftungsverwaltern, Stiftungsmitarbeitern sowie potenziellen Stiftern eine Orientierung für ihre praktische Arbeit zu geben.19 Die Kirchen haben 2010 die Regeln für den Bereich der kirchlichen Stiftungen empfohlen. Ende März 2012 hat der BDSt ergänzend „Grundsätze Guter Verwaltung von Treuhandstiftungen“ beschlossen. VI. Besondere Ausgangsbedingungen für NPOs Für die Frage eines geeigneten Systems der Geschäftsführung und Beaufsichtigung der hier im Blickpunkt stehenden Unternehmen sind nach Ansicht des Verfassers folgende Aspekte zu beachten: Anders als Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft haben NPOs nicht das Ziel, den Anteilseignern einen Gewinn zu gewähren, sei es als Dividendenausschüttungen oder als gute Kursentwicklung (Performance an der Börse). Stattdessen übernehmen sie Verpflichtungen gegenüber Stakeholdern wie der Mitarbeiterschaft („Dienstgemeinschaft“), die wirtschaftliche Rendite kosten – z. B. die Bindung an einen Tarif. Aus dem Steuerrecht und der Spendenfinanzierung kommen weitere Anforderungen hinzu. Die meisten NPOs sind nach ihrer Satzung auf das Gemeinnützigkeitsrecht verpflichtet. Dies bedeutet, dass erwirtschaftete Überschüsse wieder 14 OLG Stuttgart, Urt. v. 29.2.2012 – 20 U 3/11, ZIP 2012, 625. 15 Vgl. Feil, Basiswissen Aufsichtsrat, 2008, S. 108 ff. 16 Beck, Blätter der Wohlfahrtspflege 6/2010, S. 203 f. Zunächst sind in einigen Landesverbänden (z. B. in Württemberg und Baden) die Fragen der Corporate Governance diskutiert worden. Ein eigener Kodex wurde entwickelt und ein die Diskussion prägender Sammelband (Bachert (Hrsg.), Corporate Governance in Nonprofit-Unternehmen, 2006) als Praxisratgeber publiziert. 17 Bei Beck, Blätter der Wohlfahrtspflege 6/2010, S. 204 ff. findet sich eine Evaluation des DCGK aus Sicht von vier großen Landesverbänden. 18 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und wirtschaftliche Aufsicht (Arbeitshilfe 182), 2004, S. 15. 19 Sie können auf der Homepage http://www.stiftungen.org als pdf heruntergeladen werden.


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für die satzungsgemäßen Zwecke einzusetzen sind. Spendern, die je nach Träger wesentliche Teile der Arbeit finanzieren, ist ein Spendennachweis vorzulegen. Wenn NPOs nach den Regularien des jeweiligen „Marktes“ wirtschaften, erzielen sie mit ihren Zweckbetrieben wesentliche Einnahmen (z. B. Krankenhäuser, Pflege- und Wohnheime, Werkstätten der Eingliederungshilfe usw.). Für Entgelte von Sozialversicherungen oder Betriebskostenzuschüsse sind weitere Rechenschaftsberichte zu geben. Gemeinnützige Träger werden darüber hinaus von einer interessierten Öffentlichkeit und der Mitarbeiterschaft begleitet, ohne deren wohlwollende Unterstützung sich ihre satzungsgemäße Arbeit nicht verwirklichen lässt. NPOs haben sich daher mit ihren Stakeholdern auf normative Grundlagen (i. d. R. in der Form von Leitbildern und inhaltlichen Konzepten) geeinigt, die bei der täglichen Arbeit zu beachten sind. Gewerbliche Unternehmen haben ihre Jahresabschlüsse an die Eigentümer zu liefern, um den Nachweis des rentablen Umgangs mit den anvertrauten Geldern zu geben. Ganz allgemein weisen sie nach, dass sie ein verlässlicher Geschäftspartner sind. Dies gilt auch für NPOs. Darüber hinaus sind sie zusätzlich verpflichtet, einen Nachweis über die bestimmungsgemäße Verwendung der Gelder und erbrachter Leistungen zu führen. Zusammenfassend lässt sich für NPOs eine umfangreiche und komplexe Interessenlage erkennen. Das Management und der AR haben Träger-, Klienten- und Mitarbeiterinteressen abzuwägen. Für die Aufsicht im NPO-Bereich ergibt sich m. E. daher eine zweifache Aufgabe: - Zum einen hat das Management dem AR Rechenschaft über die wirtschaftliche Lage, die beabsichtigte Geschäftspolitik und die dafür erforderlichen Budgets zu geben. - Zum anderen hat das Management über die Einhaltung der normativen und fachlichen Standards zu berichten. Für diese Berichte gibt es einen weiten Adressatenkreis. Im Weiteren wird deshalb erörtert, wie dieser zweifachen Aufgabe durch eine geeignete Beaufsichtigung entsprochen werden kann. VII. Empfehlungen für die Aufsicht in NPOs 1. Professionalisierung der Aufsichtsgremien Persönliche Anforderungen und die Voraussetzung der Unabhängigkeit, wie sie für ARe in der gewerblichen Wirtschaft gelten, sind grundsätzlich auch im NPO-Bereich zu beachten. Dem entsprechen die aufgezeigten Regularien beispielsweise des Corporate Governance Kodex für die Diakonie bzw. für Stiftungen. Für Träger, die einen größeren Geschäftsbetrieb und eine Vielzahl von Angestellten aufweisen, ist das duale Organisationssystem mit einer verantwortlichen, kompetent ausgestatteten Geschäftsführung, die hauptamtlich besetzt ist, und einem ehrenamtlich besetzten Aufsichtsgremium unbedingt zu empfehlen. Eine hohe Transparenz über die eigenen Finanzen und die Erträge und Aufwendungen der Geschäftstätigkeit sind unabdingbar. Auch hierzu liegen entsprechende Empfehlungen in Form der Transparenzstandards der Caritas und Diakonie aus dem Jahre 2010 vor.20 Das Aktiengesetz stellt seit 2005 erhöhte Anforderungen an Vorstände und Aufsichtsräte hinsichtlich der Vorbereitung und Dokumentation unternehmerischer Entscheidungen. Die Organe müssen nachweisen, dass sie die Entscheidungen auf der Basis fundierter Planungen getroffen haben. Es

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ist davon auszugehen, dass diese erhöhten Anforderungen auch für Aufsichtsgremien im NPO-Bereich gelten werden, jedenfalls dann, wenn es in einem Schadensfall konkret um die Möglichkeit geht, sich aus einer persönlichen Haftungsinanspruchnahme zu befreien. Es ist daher erforderlich, dass den Aufsichtsgremien die neuen Regularien bekannt werden. 2. Den Bedingungen der NPO entsprechende Strukturierung der Aufsichtsgremien Hier wird vorgeschlagen, den Anforderungen der Professionalisierung durch eine weitere strukturelle Komponente Rechnung zu tragen: Erforderlich ist es, dass die Aufsichtsgremien kleiner und fachkundiger hinsichtlich der rechtlichen, wirtschaftlichen und Führungsthemen besetzt werden. Darüber hinaus muss die Arbeitsweise hinsichtlich Sitzungsturnus, Vorbereitung und Stringenz der Sitzungen deutlich profiliert werden. Für eine solche stärkere Professionalisierung sind von der Struktur her prinzipiell zwei Modelle denkbar: Modell 1 Gesamt-AR mit einem kompetent besetzten Finanzausschuss, der die Beaufsichtigung über die strategische und operative Geschäftstätigkeit plant, organisiert und durchführt Modell 2 Kleiner AR und parallel ein Beirat für die fachlichen und normativen Fragestellungen Beim Modell 1 bedient sich der Gesamt-AR eines professionell besetzten Finanzausschusses, in dem die ökonomischen Entscheidungen sowie die Personalauswahl und Führung vorbereitet werden. Vorteilhaft an diesem Modell ist, dass die AR-Mitglieder, die für die Vernetzung in der Zivilgesellschaft stehen und deren Anliegen die Pflege der normativen und fachlichen Grundlagen ist, weiterhin Mitglieder des AR sind. Nachteilig ist allerdings, dass sie damit auch persönlich im etwaigen Schadensfall haften und sich häufig mit Fragestellungen auseinandersetzen müssen, von denen sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen nur geringe Teile verstehen können. Beim Modell 2 wird das Gesamtgremium aufgespalten in einen kleinen AR, der für die professionelle Erfüllung der rechtlichen und wirtschaftlichen Aufgaben zuständig und verantwortlich ist. Für die Entwicklung und laufende Begleitung des Vorstands und AR hinsichtlich der normativen und fachlichen Grundlagen ist ein Beirat eingerichtet. Die ehrenamtlichen Mitglieder dieses Beirats sind von der Haftungsinanspruchnahme geschützt, da sie nicht in die Kontrolle und Begleitung der Entscheidungen des Vorstands eingebunden sind. Beide Modelle können im Übrigen nur eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo darstellen, wenn es eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Vorstand, Finanzausschuss und AR (im Modell 1) bzw. zwischen Vorstand, AR und Beirat (im Modell 2) gibt. VIII. Ergebnis Dieser Beitrag hat zunächst die verschärften gesetzlichen Vorschriften, die in den letzten Jahren für die Aufsicht in der

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http://www.caritas.de/fuerprofis/presse/stellungnahmen/1130-2010-transparenzstandardsvoncarita.


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Wirtschaft eingeführt worden sind, dargestellt. Der AR steht stärker in der öffentlichen Beachtung. Er muss mit vermehrten Klagen und Schadensersatzverfahren rechnen.21 Aus diesen erhöhten Anforderungen folgt als Konsequenz, dass die Arbeit professionalisiert werden muss. Neben Kenntnissen über das zu beaufsichtigende Unternehmen sind die Regeln des Gesellschafts- und Handelsrechts sowie der BWL unabdingbare Voraussetzung für die Übernahme des Amtes als AR. Die Darstellung sollte darüber hinaus einen Beitrag dazu leisten, die besonderen Anforderungen für die Aufsichtsgremien im NPO-Bereich herauszuarbeiten. Dies ist einmal die Vernetzung in der Zivilgesellschaft sowie die Zusammenarbeit mit der Mitarbeiterschaft. Zum anderen ist es die Entwicklung

und laufende Begleitung des Vorstands hinsichtlich der normativen und fachlichen Grundlagen, die zentral für den Erfolg eines NPO-Unternehmens sind. Nach meiner Ansicht wäre es eine konsequente Weiterentwicklung des Aufsichtssystems in diesem Bereich, wenn die Aufsichtsgremien deutlich kleiner und professioneller besetzt werden könnten (Modell 2). Die notwendige Vernetzung und der fachliche Rat der bisherigen Mitglieder könnten in einem zusätzlichen Beiratsgremium in die Arbeit einfließen.

21 Auf die Frage der Absicherung dieses Risikos (Directors & Officers Versicherung) bin ich nicht weiter eingegangen.

Prof. Dr. Thomas Koller*

Die Schweiz in der internationalen Konkurrenz der Vereinsstandorte – Zweiter Hinweis auf eine bevorstehende Änderung des schweizerischen Vereinssteuerrechts

Wie bereits früher berichtet1, sind in der Schweiz zurzeit interessante Bestrebungen zu einer Änderung des Vereinssteuerrechts im Gang. Nach geltendem Recht sind in der Schweiz juristische Personen, welche ideelle Zwecke verfolgen, nicht per se steuerbefreit. In den Genuss der Befreiung von der Steuerpflicht gelangen juristische Personen nur, wenn sie gemeinnützige oder öffentliche Zwecke oder Kultuszwecke verfolgen2. Die Verfolgung von Selbsthilfezwecken, wie sie für viele Vereine, insbesondere für Sportvereine, typisch ist, gilt nicht als gemeinnützig und schließt die Steuerbefreiung aus. Allerdings muss auch betont werden, dass die Besteuerung von Vereinen in der Schweiz außerordentlich zurückhaltend erfolgt3. Diese zurückhaltende Besteuerung nicht gemeinnütziger Vereine genügte indessen den eidgenössischen Räten nicht mehr. Mit einer sogenannten Motion (eingereicht von Ständerat Kuprecht) haben sie daher in den Jahren 2009/2010 die Regierung (gegen deren Willen) beauftragt, „die Möglichkeit zu prüfen und die nötigen Gesetzesänderungen vorzuschlagen, sodass Vereine … ganz oder bis zu einem bestimmten Betrag steuerbefreit werden, wenn sie ihre Erträge und Vermögensmittel ausschließlich für ideelle Zwecke, namentlich für Jugend- und Nachwuchsförderung verwenden.“4 Das Eidgenössische Finanzdepartement hat nun im Auftrag der Landesregierung (d.h. des Bundesrates) eine Vorlage für eine Änderung der entsprechenden Gesetze ausgearbeitet und zusammen mit einem umfangreichen Erläuternden Bericht vom 10.4.2013 in die Vernehmlassung geschickt5. Die Kantonsregierungen und interessierte Kreise hatten die Möglichkeit, bis zum 10.7.2013 Stellungnahmen zu diesem Entwurf abzugeben. Nun werden diese Vernehmlassungen verarbeitet und bei der Abfassung eines definitiven Gesetzesentwurfs mitberücksichtigt, der dem Parlament zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet wird. Dies wird allerdings nicht ganz einfach sein, da in den Vernehmlassungen – wie man hört – offenbar kein klarer Trend auszumachen ist. Bei der Ausarbeitung des Vernehmlassungsentwurfs hat

das Finanzdepartement verschiedene Varianten zur Umsetzung der Motion Kuprecht geprüft und sich dann für eine Variante entschieden, die beim Steuerobjekt ansetzt und eine Freigrenze vorsieht. Neu soll ein Art. 66a in das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer6 mit folgendem Wortlaut eingefügt werden: „Gewinne von juristischen Personen mit ideellen Zwecken werden nicht besteuert, sofern sie höchstens 20.000 Franken betragen und ausschließlich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet sind.“ Für die direkten Steuern der Kantone und Gemeinden soll das kantonale Recht die

* Der Autor ist Ordinarius für Privatrecht und Sozialversicherungsrecht, unter Berücksichtigung des Steuerrechts, an der Universität Bern. Das Manuskript wurde am 20.8.2013 abgeschlossen. 1 Koller, npoR 2010, 40 f. 2 Art. 56 lit. g und lit. h des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14.12.1990 (SR 642.11, DBG; http://www.admin.ch/ opc/de/classified-compilation/19900329/201301010000/642.11. pdf); Art. 23 Abs. 1 lit. f. und lit. g des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (SR 642.14; StHG; http://www.admin.ch/opc/de/classifiedcompilation/19900333/201301010000/642.14.pdf). 3 Näheres dazu bei Koller, npoR 2010, 40, 41. 4 Motion von Ständerat Alex Kuprecht, eingereicht am 20.3.2009 (Geschäftsnummer 09.3343; abrufbar unter http://www.parlament. ch/D/Suche/Seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20093343); vom Ständerat angenommen am 27.5.2009 ( http://www.parlament. ch/ab/frameset/d/s/4809/298822/d_s_4809_298822_299030.htm), vom Nationalrat am 15.3.2010 ( http://www.parlament.ch/ab/ frameset/d/n/4813/322723/d_n_4813_322723_323019.htm). 5 Entwurf eines Bundesgesetzes über die Steuerbefreiung von juristischen Personen mit ideellen Zwecken ( http://www.admin.ch/ ch/d/gg/pc/documents/2201/Ideelle-Zwecke_Entwurf_de.pdf) und Erläuternder Bericht zum Bundesgesetz über die Steuerbefreiung von juristischen Personen mit ideellen Zwecken vom 10.4.2013 ( http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/2201/ Ideelle-Zwecke_Erl.-Bericht_de.pdf). 6 Vgl. dazu Fn. 2.


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Höhe der Freigrenze bestimmen können.7 Im Unterschied zur Motion Kuprecht würden mit dieser Bestimmung nicht bloß Vereine, sondern sämtliche juristischen Personen, die ideelle Zwecke verfolgen, in den Genuss der Steuerbefreiung kommen. Das Finanzdepartement erachtet diese Ausdehnung der Steuerbefreiung aus Gründen der Rechtsgleichheit als notwendig8. Die vorgeschlagene Neuregelung ist moderat. Sie hat in erster Linie lokale, kleine Vereine im Auge (wie z.B. kleine Sportclubs, Schachvereine etc.), welche bloß geringfügige Gewinne erzielen. International tätige Organisationen mit großen wirtschaftlichen Betrieben dürften kaum von der Neuregelung profitieren können. Einen (unter dem Gesichtspunkt des schädlichen Steuerwettbewerbs problematischen) Vorteil in der internationalen Konkurrenz der Vereinsstandorte würde die Schweiz damit nicht erzielen. Auf welches Echo der Vorschlag des Finanzdepartements stoßen wird, wird sich zeigen. Die neuen Bestimmungen könnten in verschiedener Hinsicht zu Kritik Anlass geben. Da die Steuerbefreiung anders als bei gemeinnützig tätigen juristischen Personen nicht bei der subjektiven Steuerpflicht ansetzt, müssten juristische Personen mit ideellen Zwecken auch in Zukunft eine Steuererklärung einreichen. Der entsprechende administrative Aufwand für den Vereinsvorstand, der bei kleinen Vereinen in aller Regel ehrenamtlich arbeitet, würde somit nicht entfallen. Die Einführung einer Freigrenze

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anstelle eines Freibetrages hätte sodann einen sogenannten Schwelleneffekt zur Folge. Juristische Personen mit ideellem Zweck, die einen leicht über der Freigrenze liegenden Gewinn erzielen, müssten ihn vollständig versteuern und könnten so schlechter gestellt sein als juristische Personen mit ideellem Zweck, deren Gewinn knapp unter der Freigrenze liegt9. Und schließlich sieht der Entwurf keine Befreiung von der Kapitalsteuer vor, die nach kantonalem Recht bei nicht steuerbefreiten Vereinen (und anderen juristischen Personen) zu erheben ist10. Das Finanzdepartement hat in seinem Erläuternden Bericht seinen Vorschlag sehr gut begründet. Es sind vor allem veranlagungsökonomische Gründe, die für die vorgesehene Neuregelung sprechen. Darüber hinaus will der Vorschlag aber auch bewusst zurückhaltend sein, d.h. es soll eine „überschießende“ Steuerbefreiung von juristischen Personen mit ideellen Zwecken verhindert werden. Das ist sympathisch. Ob diese Zurückhaltung in der kommenden politischen Auseinandersetzung eine Chance haben wird, ist im jetzigen Zeitpunkt allerdings fraglich.

7 So der neu vorgeschlagene Art. 26a StHG [Fn. 2]. 8 Erläuternder Bericht [Fn. 5], S. 21 Ziff. 3.2. 9 Erläuternder Bericht [Fn. 5], S. 29 Ziff. 4.1.1. 10 Art. 29 StHG [Fn. 2].

npoR-Report Sebastian Fornefeld/Christian Kahf/Florian Kamp/Clara Lienicke/Dr. Emily Plate-Godeffroy/ Niclas Stemplewski/Kathrin Wrede* sowie Michael Röcken**

Vereinsrecht Bindung des Vereins an Entscheidungen des Vereinsgerichts° Die Entscheidung des BGH setzt sich mit dem Verhältnis der satzungsmäßigen Vereinsorgane dahingehend auseinander, wenn eines dieser Vereinsorgane, hier der sog. Berufungsausschuss, eine Entscheidung des anderen Organs, hier des Vorstandes, aufhebt und der Vorstand dagegen Klage erhebt. Der Kläger, ein Berufsboxsportverband, klagte gegen ein Mitglied, einen Berufsboxer. Der Vorstand des Klägers hatte dem Mitglied aufgrund einer medizinischen Untersuchung die Lizenz entzogen und ihn vom Wettkampfbetrieb ausgeschlossen. Gegen Entscheidungen des Vorstandes war nach der Satzung eine Berufung an den Berufungsausschuss möglich; diese waren nach der Satzung „vereinsintern endgültig“. Das Mitglied machte davon Gebrauch und legte Berufung zum Berufungsausschuss ein. Der Berufungsausschuss hob den Vorstandsbeschluss auf. Der Vorstand erhob gegen das Mitglied Klage und beantragte hilfsweise die Feststellung, dass er dem Beklagten mit Vorstandsbeschluss die Lizenz zu Recht entzogen habe. Das Berufungsgericht stellte fest, dass das Lizenzverhältnis

zwischen den Parteien nicht mehr bestehe. Dagegen wandte sich der Beklagte mit seiner Revision, welche Erfolg hatte. Der BGH führt in seiner Entscheidung zunächst aus, dass es sich bei dem Berufungsausschuss nicht um ein Schiedsgericht i. S. d. §§ 1025 ff. ZPO handele, da die Mitglieder des Berufungsausschusses nach der Satzung von der Generalversammlung des Vereins gewählt werden. Eine Entscheidung könne so der Überprüfung durch ein staatliches Gericht unterliegen. Für das Vorliegen eines echten Schiedsgerichts wäre es erforderlich gewesen, dass die Streitbeteiligten paritätisch Einfluss auf dessen * Sebastian Fornefeld , Clara Lienicke und Niclas Stemplewski sind Doktoranden und wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Steuerrecht der Bucerius Law School, Hamburg; Christian Kahf ist ebendort hilfswissenschaftlicher Mitarbeiter und Schwerpunktstudent im Steuerrecht. Florian Kamp ist Doktorand und ebenso wie Dr. Emily Plate-Godeffroy und Kathrin Wrede wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der NonProfit-Organisationen der Bucerius Law School, Hamburg. ** Michael Röcken ist Rechtsanwalt in Bonn, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes deutscher Vereine und Verbände e.V. (bdvv) und ebendort Leiter des Referats Recht. Er zeichnet für den vereinsrechtlichen Teil des npoR-Reports verantwortlich. ° Siehe hierzu auch den Volltext in der Rubrik „Rechtsprechung“, S. 147.


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Besetzung nehmen. Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass das Lizenzverhältnis zwischen den Parteien weiter bestehe. Der vom Vorstand verhängte Lizenzentzug sei durch die Entscheidung des Berufungsausschusses als Organ des Klägers aufgehoben worden. Da somit der Kläger (durch den Berufungsausschuss als Vereinsorgan) die Entscheidung über den Lizenzentzug selbst aufgehoben und ihr die Wirksamkeit genommen habe, bestehe das Lizenzverhältnis fort. Wenn das innerhalb seiner satzungsmäßigen Befugnis tätig gewordene Vereinsgericht eine vom Vorstand gegen ein Vereinsmitglied verhängte Vereinsmaßnahme aufhebt, stehe für den Verein im Verhältnis zum Mitglied bindend fest, dass die Maßnahme entfallen sei. Im Rahmen der auf die Feststellung der Wirksamkeit der betreffenden Maßnahme gerichteten Klage des Vereins gegen das Vereinsmitglied sei nicht zu überprüfen, ob das Vereinsgericht die betreffende Vorstandsentscheidung sachlich zu Recht aufgehoben habe. Der BGH führt weiter aus, dass eine Vereinsentscheidung durch den Verein selbst mit der Folge aufgehoben oder abgeändert werden könne, dass die mit der aufgehobenen oder abgeänderten Entscheidung verbundene Maßnahme entfällt. Dies könne entweder durch den Vorstand oder ein anderes Organ geschehen. Wenn ein Vereinsgericht nach der Satzung die Zuständigkeit habe, Maßnahmen des Vorstands zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben oder abzuändern, so führe auch die Aufhebung oder Abänderung einer Maßnahme oder Entscheidung des Vorstands dazu, dass die ursprüngliche Entscheidung oder Maßnahme durch diejenige des Vereinsgerichts ersetzt würde. Damit sei verbunden, dass der Verein sich die Abänderung der Vorstandsentscheidung durch das Vereinsgericht im Verhältnis zu dem betroffenen Vereinsmitglied zurechnen lassen müsse. Das staatliche Gericht sei keine (weitere) Rechtsmittelinstanz gegenüber den zuständigen Vereinsorganen und könne die Entscheidung des Vereinsgerichts nicht aufheben, weil es andernfalls in die Vereinsautonomie eingreife, und könne daher im Verhältnis zum Vereinsmitglied nur feststellen, ob eine Maßnahme oder Entscheidung des Vereins dem Vereinsmitglied gegenüber wirksam oder unwirksam sei. Dem stehe nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BGH bei einer Klage des Vereinsmitglieds gegen eine ihn betreffende Maßnahme sowohl die Vorstandsentscheidung als auch die Entscheidung des Vereinsgerichts Gegenstand der Überprüfung durch das staatliche Gericht sein können. Dem liegen aber Fälle zugrunde, in denen die Entscheidungen aller Vereinsinstanzen, insbesondere also auch die letztinstanzliche Vereinsentscheidung, rechtliche Belange des betroffenen Vereinsmitglieds nachteilig berühren. BGH, Urt. v. 23.4.2013 – II ZR 74/12

Bestellung eines Notvorstandes Der Beteiligte begehrte als Mitglied und Kassenprüfer des betroffenen Vereins die Bestellung eines Notvorstandes, da der Vorstand des Vereins die Geschäftsführung grundsätzlich und vollständig verweigere. Das Registergericht wies den Beteiligten darauf hin, dass allein die tatsächliche Untätigkeit des Vorstandes nicht die Bestellung eines Notvorstandes rechtfertige und im Übrigen hier kein dringender Fall vorliege. Zwischen dem Beteiligten und den Vorstandsmitgliedern war weiter streitig, ob der Verein bereits aufgelöst worden war. Nach Anhörung der eingetragenen Vorstandsmitglieder

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entzog das Registergericht durch Beschluss vom 19. Oktober 2011 dem Verein nach § 73 BGB die Rechtsfähigkeit, weil anzunehmen sei, dass die Mitgliederzahl unter drei herabgesunken sei. Das OLG sah das Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Bestellung eines Notvorstandes als zulässig und begründet an. Für die Bestellung eines Notvorstandes nach § 29 BGB stehe dem Beteiligten in seiner Eigenschaft als Vereinsmitglied ein eigenes Antragsrecht zu. Dementsprechend stehe einem Vereinsmitglied in Verfahren betreffend die Bestellung eines Notvorstandes auch ein Beschwerderecht zu. Soweit bei einem Verein die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen, sind sie bis zur Behebung des Mangels nach § 29 BGB auf Antrag eines Beteiligten in dringenden Fällen durch das Amtsgericht zu bestellen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Dem Betroffenen würden die zu seiner Vertretung erforderlichen Vorstandsmitglieder fehlen, da u. a. auch die grundsätzliche Verweigerung der Geschäftsführung oder die rechtliche Verhinderung bei der Mitwirkung in einzelnen Fällen als ausreichend angesehen werden könne. Obwohl die aktuelle Situation des Betroffenen aufgrund persönlicher Differenzen innerhalb der Mitgliederschaft entstanden sei, handele es sich nicht um einen Fall, in dem das Verfahren nach § 29 BGB lediglich zur Streitentscheidung zweckentfremdet werde. Das Gericht habe nicht zu beurteilen, ob die Vorstandsmitglieder ihre Tätigkeit für den Verein zu Recht eingestellt haben. Zur Bestellung eines Notvorstandes genüge es, dass die noch eingetragenen Vorstandsmitglieder selbst von einem wirksamen Rücktritt ausgingen und daher nicht mehr für die Vertretung und Geschäftsführung des Vereins zur Verfügung stünden. Das OLG sah hier auch den dringenden Fall i. S. d. § 29 BGB. Ein solcher sei gegeben, wenn ein sofortiges Einschreiten erforderlich sei, um Schaden zu vermeiden, oder wenn eine notwendige Handlung nur sofort vorgenommen werden könne und das fehlende Vorstandsmitglied auf satzungsmäßige Weise nicht oder nicht rechtzeitig bestellt werden könne. Der Betroffene befände sich in einer derartigen Situation. Dem Betroffenen drohe nämlich schon deshalb Schaden, weil das Registergericht den Beschluss vom 19. Oktober 2011 über die Entziehung der Rechtsfähigkeit gefasst habe. Für diesen wäre eine Anhörung eines Notvorstandes erforderlich gewesen. Ferner wäre für die Zustellung des Beschlusses ggf. von Amts wegen ein Notvorstand zu bestellen gewesen, damit die Entscheidung formell rechtskräftig werden könnte. Die Auswahl eines zu bestellenden Notvorstandes obliege dem Gericht. Dieses sei verpflichtet, eine unparteiische Person zu bestellen, an Anträge der Beteiligten sei es nicht gebunden. Der Notvorstand müsse die Interessen des Betroffenen in den Vordergrund stellen und dabei angemessen auf die möglicherweise gegenläufigen Interessen der einzelnen Vereinsmitglieder Rücksicht nehmen. Für den Betroffenen seien (mindestens) zwei Personen als Mitglieder des Notvorstandes zu bestellen, da die Satzung des Betroffenen eine Gesamtvertretung durch zwei Vorstandsmitglieder vorsähe. Die Streitfrage, ob das Gericht in solchen Fällen zwingend so viele Mitglieder zur Ergänzung des Vorstandes zu bestellen habe, wie es nach der Satzung zur Vertretung des Vereins erforderlich ist (dafür Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Auflage, Rn. 299; dagegen Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Auflage, Rn. 352; Krafka/


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Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Auflage, Rn. 2267 – jeweils unter Berufung auf KG, OLGZ 1965, 332 und OLGZ 1968, 200, 207; Stöber ferner unter Berufung auf BayObLG, NJWRR 1999, 1259, 1261; OLG Köln, Rpfleger 2002, 569, 571), lässt das OLG hier offen, da hier alle Vorstandsmitglieder weggefallen seien und ein aus zwei Personen bestehender Notvorstand zu bestellen sei. Dies sei auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falls sachgerecht und wäre nach Ansicht des OLG selbst dann geboten gewesen, wenn man grundsätzlich auch die Bestellung einer einzelnen, alleinvertretungsberechtigten Person zulassen wollte. Es sei hier zunächst unumgänglich, dass jedenfalls ein neutrales und außerhalb des Vereins stehendes Mitglied des Notvorstandes bestellt würde. Dieses müsse über die erforderliche Sachkunde verfügen, um die notwendigen Feststellungen zur Wirksamkeit der bisherigen Mitgliederbeschlüsse und der erfolgten Amtsniederlegungen zu treffen sowie sachgerecht über das weitere Vorgehen gegenüber Dritten zu entscheiden. Außerdem sei es sachgerecht, wenn eine Person aus dem Kreis der Mitglieder des Betroffenen bestellt würde und ihre Kenntnisse über das bisherige Geschehen und über die Mitgliederschaft des Betroffenen einbringe. Das OLG wies weiter darauf hin, dass für den Fall, dass sich trotz Ausschöpfung der gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten keine geeignete und zur Übernahme des Amtes bereite Person finden lasse, der Antrag auf Bestellung des Notvorstandes im Ergebnis zurückzuweisen sei. Weiter wies es darauf hin, dass ein Notvorstand keinen Vergütungsanspruch gegen den Staat erwerbe, sondern nur gegen den Verein. OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 4.12.2012 – 2 W 49/12

Ausschluss eines NPD-Mitgliedes aus einem Verein Das LG Bremen hatte über eine Klage eines NPD-Mitgliedes zu entscheiden, welches aus einem Sportverein ausgeschlossen worden war. In der Satzung des Vereins war im § 2 zum Zweck des Vereins u. a. aufgenommen worden, dass „der Verein politisch und religiös streng neutral ist und in allen seinen Belangen auf demokratischer Grundlage steht.“ Weiter heißt es, dass der Verein „die Funktion des Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten“ fördert. Er bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität eine sportliche Heimat.“ Zur Beendigung der Mitgliedschaft heißt es in § 10 Abs. 4: „Mitglieder, die (…) eine mit § 2, Abs. 5 unvereinbare Gesinnung offenbaren, werden aus dem Verein ausgeschlossen“. Nachdem der Kläger nicht freiwillig ausgetreten war, wurde er unter Verweis auf seine Gesinnung als herausgehobener Funktionär der NPD aus dem Verein ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluss erhob er Feststellungsklage. Das LG Bremen sah die Klage als zulässig an, da alle Maßnahmen eines eingetragenen Vereins der gerichtlichen Überprüfung, im Regelfall im Wege des Feststellungsantrages, zugänglich seien. Die Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Vereinsrechtliche Disziplinarmaßnahmen seien nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 87, 337; 102, 265; BGH NJW 1997, 3368) nur einer beschränkten Kontrolle durch die staatlichen Gerichte unterworfen, die sich darauf erstrecke, ob die verhängte Maßnahme eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung habe, ob das satzungsmäßige Verfahren beach-

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tet worden und sonst keine Satzungsverstöße vorgekommen seien sowie ob die Maßnahme nicht grob unbillig oder willkürlich sei. Diese Beschränkung greife allerdings nur für diejenigen Vereinigungen, die keiner Aufnahmepflicht unterliegen. Diesen stehe auch grundsätzlich das Recht zu, selber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen jemand ausgeschlossen werden kann. Hier überprüfe die Rechtsprechung Ausschlussentscheidungen nur auf Gesetzwidrigkeit, grobe Unbilligkeit oder Willkür. Der ausgesprochene Ausschluss finde eine Stütze in der Satzung des Beklagten. Diese sieht in § 10 Abs. 4 einen Vereinsausschluss für den Fall vor, dass das Mitglied eine Gesinnung offenbart, die mit § 2 Abs. 5 der Satzung unvereinbar ist. Eine satzungsmäßige Grundlage des Ausschlusses liege daher vor. Das vom Beklagten durchgeführte Ausschlussverfahren weise keinen Rechtsfehler auf, auch sei das erforderliche rechtliche Gehör gewährt worden. Der Vereinsausschluss erweise sich auch nicht als grob unbillig oder willkürlich. Die Frage, ob die vom Beklagten dem Kläger unterstellte Gesinnung einen unüberbrückbaren Konflikt mit den Vereinszielen begründet, sei der vollständigen Nachprüfung durch die Gerichte entzogen. Die Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes unter die herangezogene Vereinsvorschrift gehöre zu den Maßnahmen, die der Verein eigenverantwortlich zu treffen habe und die gerichtlich nicht nachzuprüfen seien (BGHZ 87, 337). Mit Ausnahme der Feststellung der der Ausschlussentscheidung zu Grunde zu legenden Tatsachen sei der Vereinigung ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Solange jedoch wie hier kein Monopolverein vorliege, seien die Gerichte auf eine Willkürprüfung derart beschränkt, ob der Ausschluss auf einen sachlichen Grund gestützt werden kann. Der Beklagte führt die satzungsmäßigen Ziele aus § 2 Abs. 5 der Satzung an. Der Beklagte versteht diese Satzungsbestimmung als ein Bekenntnis dahin, dass er einen aktiven Beitrag zur Integration von in Deutschland lebenden Ausländern mit den Mitteln des Sportes leisten wolle. Diese Auslegung der Satzungsbestimmung sei vertretbar. Mit dem so verstandenen Ziel stünden die politischen Thesen der NPD in offenem Gegensatz. Die Annahme des Beklagten jedenfalls, die Thesen der NPD zur Ausländerpolitik bildeten einen unüberbrückbaren Gegensatz zu den satzungsmäßigen Zielen des Vereins, sei bei Berücksichtigung des dem Beklagten zukommenden Bewertungsspielraumes vertretbar und keinesfalls willkürlich. Die Ausschlussentscheidung sei auch nicht deshalb grob unbillig, weil sie die Grundrechte des Klägers unberücksichtigt ließe. Auch bei Überprüfung von vereinsrechtlichen Maßnahmen seien die grundlegenden Wertentscheidungen des Verfassungsgebers zu berücksichtigen. Die Vereinsautonomie könne dabei umso ungehinderter zur Geltung kommen, je stärker die Vereinigung im privaten Bereich angesiedelt sei. Angesichts dessen sei der Beklagte hier weder gehindert, die von ihm als wesentlich verstandene Wertvorstellung, auch einen Beitrag zur Integration hier lebender Ausländer leisten zu wollen, zum Aufnahmekriterium zu bestimmen, noch, bei Leugnung dieser Wertvorstellung den Ausschluss des Betreffenden vorzunehmen. Das LG Bremen sah den Ausschluss auch nicht als unverhältnismäßig an. Dies käme nur dann in Betracht, wenn ein milderes Mittel als der Ausschluss geeignet und ausreichend wäre, um die Vereinsziele angemessen zu wahren, wobei auch hier wiederum ein Beurteilungsspielraum des Vereines zu berücksichtigen sei. Weder sehe die Satzung ein anderes


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Mittel als den Vereinsausschluss vor, noch sei erkennbar, dass ein geringeres Mittel wie eine Abmahnung oder ein nur zeitweiliger Ausschluss geeignet wäre, die Interessen des Vereins hinreichend zu wahren. LG Bremen, Urt. v. 31.1.2013 – 7 O 24/12

Persönliche Haftung des bestellenden Fußballobmanns der Fußballabteilung Der mittlerweise rechtskräftigen Entscheidung des LG Kleve, welche nunmehr auch durch den BGH bestätigt wurde, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte war Fußballobmann der Fußballabteilung des VSM S e. V. Im September 2009 bestellte er bei der Klägerin Sportbekleidungsartikel für die Fußballabteilung zum Gesamtpreis von 1.371,09 Euro. Nachdem eine Restforderung von 771,04 Euro offenblieb, erhob der Händler Zahlungsklage gegen den Fußballobmann. Das Amtsgericht sah gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 771,04 Euro aus § 433 Abs. 2 BGB als gegeben an. Wenn der Beklagte die Bestellung im Namen des VSM S e. V. getätigt habe, hafte er nach § 179 Abs. 1 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Der Beklagte sei nämlich nicht bevollmächtigt gewesen, für den Hauptverein die Bestellung zu tätigen. Habe der Beklagte hingegen die Bestellung im Namen der Fußballabteilung abgegeben, so hafte er nach § 54 S. 2 BGB für die so begründete Forderung, da die Voraussetzungen des § 54 S. 2 BGB vorlägen. Bei der Fußballabteilung könne es sich um einen unselbständigen Teil des Gesamtvereins oder um einen nichtrechtsfähigen Verein im Sinne des § 54 BGB handeln. Letzteres sei hier der Fall. Die Fußballabteilung des VSM S e. V. sei körperschaftlich organisiert; in regelmäßigen Vorstandssitzungen würden die Angelegenheiten der Abteilung durch Vorstandsbeschlüsse geregelt. Die Fußballabteilung sei von ihrem jeweiligen Mitgliederbestand unabhängig. Sie verfüge ferner über eine eigene Abteilungskasse und sei nach § 12 Ziffer 2 der Vereinssatzung finanziell selbständig. Die in § 54 S. 2 BGB normierte Handelndenhaftung verfolge den Zweck, den Geschäftspartnern des nichtrechtsfähigen Vereins einen Ausgleich für die Intransparenz der Vertretungsverhältnisse infolge des Ausfalls der Registerpublizität zu verschaffen. Die Haftung des Beklagten trete neben die Haftung der passiv parteifähigen Fußballabteilung. Das LG Kleve bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Organisationseinheiten unterhalb der Schwelle des rechtsfähigen Vereins könnten selbstständige, nicht eingetragene Vereine sein. Dass Zweck und Organisation der Untergliederung in einer von dieser selbst beschlossenen Satzung festgelegt sind, sei nicht erforderlich; ausreichend sei die Regelung in der Satzung des Hauptvereins. Diese Voraussetzungen erfülle die Fußballabteilung des VSM S e. V. § 12 Ziffer 1 der Vereinssatzung ordne ausdrücklich an, dass für jede im Verein betriebene Sportart eine Fachabteilung besteht. Als solche nehme die Fußballabteilung für den Gesamtverein selbständig Aufgaben wahr. Nach § 12 Ziffer 2 der Vereinssatzung regele die Abteilung ihre finanziellen Angelegenheiten selbst, so dass eine finanzielle Selbständigkeit gegeben sei. Der Vorstand werde gemäß § 12 Ziffer 4 der Vereinssatzung nicht vom Gesamtverein eingesetzt, sondern von der Abteilungsversammlung jährlich gewählt. Die Abteilung sei somit körperschaftlich organisiert. Mit der mindestens einmal im Jahr stattfindenden Abteilungsversammlung verfüge die Abteilung auch über ein eigenes Organ der Willensbildung. Durch den Verweis in § 12 Ziffer 2 S. 5 der Vereinssatzung auf die Finanzordnung des Ver-

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eins würde dem Abteilungsvorstand zur Wahrnehmung der Belange der Abteilung organschaftliche Vertretungsmacht eingeräumt. Denn in § 7 der Finanzordnung würde dem Vereinsvorstand das Eingehen von Rechtsverbindlichkeiten gestattet, diese Regelung gelte gemäß § 7 S. 3 der Finanzordnung für die Abteilungen sinngemäß. Schließlich folge aus der Gliederung des VSM S e. V. nach einzelnen Sportarten, dass die Fußballabteilung den Gesamtvereinsnamen mit einem auf die Sportart verweisenden Zusatz führt. Der Einordnung der Fußballabteilung als selbstständiger, nicht eingetragener Verein stehe nicht entgegen, dass gemäß § 2 Ziffer 2 der Satzung nicht die Abteilung, sondern der Gesamtverein über die Aufnahme von neuen Mitgliedern entscheide. Weil der Beklagte – soweit er im Rahmen der ihm zustehenden Geschäftsführungsbefugnis gehandelt hat – einen Rückgriffanspruch gegen den Verein aus § 670 BGB habe, führe die Anwendbarkeit des § 54 S. 2 BGB nicht zu untragbaren Ergebnissen. LG Kleve, Urt. v. 20.7.2012 – 5 S 50/12

Stiftungsrecht Auskunftspflicht einer Familienstiftung gegenüber einem Destinatär Die Entscheidung des VG Aachen behandelt die Frage, inwieweit einem Destinatär einer Familienstiftung ein Informationsrecht gegenüber der Stiftung zusteht. Der Kläger ist Nachkomme eines im Jahre 1871 verstorbenen Aachener Stifters, der im Wege einer testamentarischen Verfügung einer damaligen städtischen Armenverwaltung den „E.Hof“ zum Zweck einer Stiftung übergeben hat. Die Beklagte ist Trägerin der „Stiftung C“ und verwaltet das Stiftungsvermögen. Zweck der Stiftung ist die Gewährung von Ausbildungsstipendien an die Stifternachkommen unter bestimmten Voraussetzungen. Mit Schreiben vom 29.11.2010 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Überlassung einer Liste der Stifternachkommen. Mit Bescheid vom 17.12.2010 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger Zugang zu den bei der Stiftungsverwaltung vorhandenen Informationen über Namen und Anschriften aller Stifternachkommen zu gewähren. Zur Begründung heißt es, aus datenschutzrechtlichen Gründen sei vor einer Informationserteilung eine Anfrage an die Stifternachkommen und deren Einverständnis mit der Datenweitergabe erforderlich. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 e) IFG NRW, der die Freigabe personenbezogener Daten auch ohne Zustimmung der Betroffenen – wie vom Kläger gefordert – ermöglicht, seien nicht erfüllt. In seiner daraufhin eingereichten Klage weist der Kläger darauf hin, dass der Familienverband, dem er angehöre, es sich zur Aufgabe gemacht habe, dem Kreis der Betroffenen die jährliche Rechnungslegung über das Stiftungsvermögen bekannt zu machen. Dies diene dem Schutz der Betroffenen und liege in deren Interesse. Vorangegangen waren diesem Verfahren bereits verschiedene Verwaltungsgerichtsverfahren von Destinatären gegen die Stiftungsverwaltung, in der die Beklagte mehrfach zur Einhaltung des Stifterwillens verurteilt wurde und sich die Beklagte zudem in einem Vergleich dazu verpflichtete, jedem Stifternachkommen die Prüfung der Rechnungslegung auf seine eigenen Kosten zu ermöglichen. Das Gericht hat in seiner Entscheidung den Anspruch des Klägers auf Zugang zu der begehrten Information bejaht. Die


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Voraussetzungen für ein Informationsrecht nach § 4 IFG NRW seien erfüllt. Danach hat jede natürliche Person gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen einen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Hiergegen könne dem Kläger insbesondere nicht der gesetzliche Verweigerungsgrund des § 9 Abs. 1 IFG NRW entgegengehalten werden, wonach der Antrag auf Informationszugang von der Einwilligung der Betroffenen abhängig gemacht wird, soweit durch das Bekanntwerden der Information personenbezogene Daten offenbart werden. Hierzu führt das VG Aachen aus, dass in vorliegendem Fall zwar solche personenbezogenen Daten in Rede stünden, denn zu den personenbezogenen Daten gehörten nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten (DSG NRW) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Außerdem fehle es an der den Verweigerungsgrund des § 9 Abs. 1 IFG NRW aushebelnden Einwilligung der Betroffenen. Dennoch sei der Informationszugang hier ausnahmsweise gemäß § 9 Abs. 1 e) IFG NRW zulässig. Hiernach dürfen personenbezogene Daten offenbart werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der begehrten Information geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Das erforderliche rechtliche Interesse bestehe dann, wenn die Kenntnis der Daten zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich sei. Dies sei dann zu bejahen, wenn ein Destinatär mit seinem Begehren die Umsetzung des Stifterwillens unterstützen möchte bzw. die Kontrolle der Stiftungsverwaltung bezweckt. Zwar kämen den Destinatären keine stiftungsaufsichtsrechtlichen Befugnisse zu. Oberstes Prinzip des Stiftungsrechts sei aber stets der Stifterwille, wie auch der BGH grundsätzlich ausführe. Mindestens als Annex hierzu komme den Destinatären das Recht zu, durch eigene Maßnahmen die Umsetzung des Stifterwillens zu gewährleisten und hierzu die Namen und Anschriften der Berechtigten zu erfahren, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen und sie über die Stiftung zu informieren sowie ihnen die jährliche Rechnungslegung über das Stiftungsvermögen bekannt zu machen. Dies gelte jedenfalls in diesem besonderen Einzelfall, in dem vorherige Rechtsstreitigkeiten erwiesen hätten, dass die Stiftungsverwaltung einer solchen Unterstützung bedürfe. Insbesondere angesichts der besonderen Handhabung der Stiftungsverwaltung im Zusammenhang mit der jährlichen Rechnungslegung sei das rechtliche Interesse des Klägers am Erhalt der begehrten Informationen im Sinne des § 9 Abs. 1 e) IFG NRW zu bejahen, da dies zu der bestmöglichen Umsetzung des Stifterwillens führe. Außerdem stehen dem rechtlichen Interesse des Klägers am Informationszugang nach Ansicht des VG Aachen keine überwiegenden schutzwürdigen Belange der Betroffenen entgegen. Auch wenn die begehrten Daten als grundsätzlich geschützte Einzelangaben gemäß § 3 Abs. 1 DSG NRW zu qualifizieren seien, sei im Rahmen der zwischen den beteiligten Interessen vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen, dass es sich um relativ wenig problematische Grunddaten handele, so dass das Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen tendenziell geringer zu bewerten sei. Im Übrigen sei im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, welche Gefahren sich aus der Offenbarung für die Betroffenen ergeben, also beispielsweise, ob eine Stigmatisierung in der Öffentlichkeit oder sonstiger persönlichkeitsbeeinträchtigender Schaden drohe. Dies sei vorliegend eindeutig zu verneinen, denn der Kläger werde den Betroffenen lediglich ein schrift-

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liches Informationsangebot unterbreiten. Vielmehr sei sogar davon auszugehen, dass die Stifternachkommen, die bisher keine Kenntnis über die Stiftung und die Rechte der Destinatäre haben, ein hohes Interesse an diesem Informationsangebot haben werden. Denn dies ermögliche ihnen, bei Erfüllung der Voraussetzungen als berechtigte Person für sich oder ihre Nachkommen ein Auslandsstipendium zu erhalten. VG Aachen, Urt. v. 17.4.2012 – 86/11

Vermögensopfer und liechtensteinische Stiftung Bösch analysiert in diesem Beitrag die Entscheidung FL OGH, Urt v. 7.12.2012 – 03 CG.2011.93, in welcher der liechtensteinische OGH sich mit dem Beginn des Fristenlaufs für eine pflichtteilsrechtliche Schenkungsanrechnung im Falle einer andauernden lebzeitigen Einflussnahme eines Stifters auf die von ihm beschenkte Stiftung auseinander gesetzt hat. Dabei erläutert der Verfasser ausführlich die in diesem Fall vom liechtensteinischen OGH anerkannte sogenannte Vermögensopfertheorie. Bösch erklärt, dass eine starke Stiftereinflussnahme bei liechtensteinischen Stiftungen der Regelfall sei und erläutert, dass auch die liechtensteinische Stiftungsrechtsreform von 2008 daran nichts geändert habe. So eröffneten die Regelungen des Art. 552 PGR dem Stifter weitreichende Beherrschungsmöglichkeiten innerhalb der von ihm gegründeten liechtensteinischen Stiftung. Daher sei es nach Ansicht des Autors nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die liechtensteinischen Gerichte sich mit der hier prozessentscheidenden Frage beschäftigen mussten. Zum konkreten Fall führt Bösch zunächst aus, dass der Stifter und Erblasser aufgrund seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes in Liechtenstein seine Erbfolge testamentarisch dem liechtensteinischen Recht habe unterstellen können. Deshalb gelte nach § 785 Abs. 3 Satz 2 liecht. ABGB im Rahmen des pflichtteilsrechtlichen Ergänzungsanspruchs eine bloß zweijährige Frist für die Anrechnung der vom Erblasser lebzeitig vorgenommen Schenkungen. Grundsätzlich unterfalle die hier streitgegenständliche unentgeltliche Zuwendung eines Stifters an die Stiftung zwar unproblematisch der pflichtteilsrechtlichen Schenkungsanrechnung und § 785 Abs. 3 Satz 2 liecht. ABGB sei somit anwendbar. Das Gericht habe den Beginn des Fristenlaufs vorliegend aber dennoch verneint, da die Schenkung des Stifters an die von ihm gegründete Stiftung zwecks Pflichtteilsvermeidung nicht als „gemacht“ im Sinne der Norm gelten könne. Denn im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals müsse die Frage entschieden werden, was bezüglich des Laufs der Zweijahresfrist gelte, wenn der Erblasser und gleichzeitige Stifter – wie in diesem Fall – zu Lebzeiten zwar rechtzeitig unentgeltliche Zuwendungen mache, aber weiterhin elementare Gestaltungsrechte in seiner Stiftung ausüben könne beziehungsweise der Zugriff auf das Stiftungsvermögen durch andere Konstellationen weiterhin ermöglicht sei. Zur Beantwortung dieser Frage habe sich der FL OGH nunmehr zur sogenannten Vermögensopfertheorie bekannt. Diese Theorie erläutert Bösch anschließend ausführlich. Nach ihr beginne die Zweijahresfrist des § 785 Abs. 3 Satz 2 liecht. ABGB erst ab jenem Zeitpunkt zu laufen, ab dem der Geschenkgeber die Schenkung und das damit verbundene Vermögensopfer tatsächlich spüre. Er skizziert sodann, inwieweit es in vorliegendem Fall an einem tatsächlichen Vermögensopfer gefehlt habe. Dabei führt er folgende Einflussnahmefaktoren seitens des Stifters an, die nach außen hin nicht erkennbar gewesen seien: So seien die Stiftungsräte gemäß einem parallel abgeschlossenen Mandatsvertrag als Beauf-


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tragte des Stifters „rein treuhänderisch tätig und an die Befolgung seiner Weisungen gebunden“ gewesen. Sie hätten ihre Aufgaben „unter der obersten Geschäftsführung und Verantwortung ihres Auftraggebers“ zu besorgen gehabt. Zudem sei der Stifter gemäß Beistatut zu Lebzeiten auch einziger Beirat gewesen, an dessen Zustimmung die wichtigsten Geschäfte der Stiftung gebunden gewesen seien. Aufgrund dieser Sachverhaltskonstellation sei der FL OGH zu der überzeugenden Schlussfolgerung gekommen, dass in Wirklichkeit der Stifter allein habe schalten und walten können. Ein Vermögensopfer habe er bei der unentgeltlichen Zuwendung an die Stiftung somit nicht geleistet. Im Weiteren erläutert Bösch die dogmatische Rechtfertigung der Vermögensopfertheorie und kritisiert in diesem Zusammenhang eine fehlende gründliche Literaturrecherche des Prozessgerichts. Im Übrigen setzt er sich mit der Reichweite der Vermögensopfertheorie auseinander. Zwar könne das Vorliegen eines Vermögensopfers bei vorliegender Sachverhaltskonstellation eindeutig verneint werden, weniger klar seien allerdings beispielsweise die Fälle eines stifterischen Gebrauchs- oder Nutzungsrechts zu beurteilen. Dabei verweist er auf den vom BGH im Rahmen des Pflichtteilsrechts vertretenen Lösungsansatz, nach dem der Fristenlauf der Schenkungsanrechnung bereits aufgrund eines bloßen Nutzungsvorbehalts (z.B. Nießbrauch) seitens des Erblassers nicht beginne. Bösch nimmt den vorliegenden Fall zum Anlass, deutliche Kritik am liechtensteinischen Stiftungsrecht und der liechtensteinischen Gerichtsbarkeit zu üben, der es bislang nicht gelungen sei, den Missbrauch im Stiftungswesen wirksam einzudämmen. Bei der vorliegenden Stiftung handele es sich betreffend die Verschleierung der tatsächlichen Beherrschungsmöglichkeiten des Stifters um keinen Einzelfall. Vielmehr sei es gängige Stiftungspraxis, dass das Innenleben liechtensteinischer Stiftungen nicht deren Statuten entspreche. Zudem beweise dieser Fall, wie wichtig die Kenntnis über die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb der Stiftung für den Pflichtteilsberechtigten sei. Aus diesem Grund pflichtet der Verfasser der Rechtsprechungspraxis des FL OGH bei, nach der jedermann auskunftspflichtig sei, der von der Verheimlichung der tatsächlichen Verhältnisse Kenntnis habe, hier also auch die beschenkte Stiftung, und nicht nur der derjenige, der selbst die Verdunklungshandlung gesetzt habe. Dabei hält der Verfasser es angesichts der Beweisnot des Pflichtteilsberechtigten sogar für vertretbar, vom diesem im Rahmen seines Auskunftsbegehrens lediglich den Anscheinsbeweis zu verlangen. Harald Bösch, Vermögensopfer und liechtensteinische Stiftung, zugleich eine Besprechung von FL OGH 7.12.2012, 03 CG.2011.93, PSR 2013, S. 52-62.

Zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Stiftung (FE) Hopt/von Hippel beleuchten in ihrem Beitrag ausführlich den Vorschlag für eine Europäische Stiftung (FE), den die Europäische Kommission im Februar 2012 veröffentlicht hat. Nach einem kurzen Überblick über die Entstehungsgeschichte der Idee einer Europäischen Stiftung, die bisherige Entwicklung und den Inhalt des Kommissionsvorschlags arbeiten die Autoren die beiden ungeschriebenen Leitgedanken des Vorschlags heraus. Dies sei zum einen die gewünschte Erleichterung grenzüberschreitender Tätigkeit

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von Stiftungen. Diese Zielsetzung manifestiere sich im Kommissionsvorschlag insbesondere in den vorgesehenen einfachen und unbürokratischen Möglichkeiten der Errichtung der Europäischen Stiftung, in der großzügigen Handhabung des grenzüberschreitenden Elements, der Ermöglichung der Sitzverlegung sowie der automatischen steuerlichen Gleichbehandlung der FE mit einer ansässigen nationalen Stiftung. Zum anderen sei der Kommissionsvorschlag vom Leitgedanken der Vertrauenswürdigkeit geprägt. Diese Zielsetzung der Gewährleistung einer vertrauenswürdigen Institution mit hohen Standards komme insbesondere in den folgenden Regelungen zum Ausdruck: Beschränkung auf die ausschließliche Förderung gemeinnütziger Zwecke aus einem abschließenden Katalog, relativ weitgehende zwingende Vorgaben zur internen Organisationsstruktur, vergleichsweise hohe Anforderungen an Rechnungslegung und Publizität sowie weitreichende Befugnisse der staatlichen Stiftungsaufsicht. Hopt/von Hippel zeigen im Weiteren auf, dass diese beiden Leitgedanken miteinander in einem Zielkonflikt stehen. So lege die Überwindung nationaler Barrieren ein flexibles und zugängliches Modell der Europäischen Stiftung nahe, da es wenig sinnvoll erscheine, neue Barrieren zu errichten, die von der Gründung einer FE abhalten könnten. Andererseits spreche das Ziel der Vertrauenswürdigkeit für ein Mindestmaß an klar definierten Pflichten, Regeln und effizienten Durchsetzungsmechanismen. Anschließend gehen die Autoren auf die innovativen Aspekte des Kommissionsvorschlags im Vergleich mit nationalen Stiftungsrechten und anderen europäischen Rechtsformen ein. Dabei führen sie zunächst die detaillierte und strenge Ausgestaltung des Entwurfs im Hinblick auf die interne Organisationsstruktur, Rechnungslegung, Prüfung und Transparenz an. Die im Vergleich mit der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) wesentlich detaillierte Regelung wird von den Autoren als sinnvoll qualifiziert, da einer der Hauptkritikpunkte an der SE gerade sei, dass es sich hierbei nicht um eine Europäische Aktiengesellschaft handele, sondern es vielmehr eine Vielzahl von SEs gebe, die ganz unterschiedlichem mitgliedstaatlichen Aktienrecht unterlägen. Dadurch werde das Bestreben nach Einheitlichkeit konterkariert. Hopt/von Hippel empfehlen, für die Europäische Stiftung einen gangbaren Mittelweg zu finden, da andererseits bei zu weitreichenden europarechtlichen Detailregelungen mit Widerstand der Mitgliedstaaten zu rechnen sei. Als weiteren innovativen Aspekt des Vorschlags führen die Autoren die Regelungen betreffend Interessenkonflikte im Rahmen der Vorstandstätigkeit an und arbeiten dabei den unklaren Regelungsgehalt des Art. 32(1) des Kommissionsvorschlags heraus, der derartigen Interessenkonflikten vorbeugen soll. Im Hinblick auf die Auslegung der in dieser Normierung verwendeten und nicht näher definierten Begriffe der „geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung“ sowie des „tatsächlichen oder möglichen Interessenkonflikts“ kann nach Ansicht der Autoren weder die Vorschlagsbegründung noch ein rechtsvergleichender Blick in verschiedene Stiftungsgesetze zur Aufklärung beitragen. Unklar sei dabei unter anderem, ob der unbestimmte Rechtsbegriff „Interessenkonflikt“ eng oder weit auszulegen sei. Die Autoren empfehlen eine Neufassung der Norm, denkbar sei dabei ein Rückgriff auf nationale Regelungen. Zudem könne die Rechtsfolge bei einem bestehenden Interessenkonflikt modifiziert werden in beispielsweise eine Veröffentlichungspflicht der Interessenkonflikte im Jahresbericht statt des bislang vorgesehenen Stimmrechtsaus-


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schlusses, um die Handlungsfähigkeit des Stiftungsvorstands nicht zu gefährden. Zudem stellen Hopt/von Hippel die im Kommissionsvorschlag normierte partielle Einschränkung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Europäischen Stiftung dar. Wirtschaftliche Tätigkeiten der FE, die nur der Mittelbeschaffung für den gemeinnützigen Zweck dienen und nicht direkt den gemeinnützigen Zweck fördern, dürfen lediglich bis zur Höhe von 10% des Jahresnettoumsatzes vorgenommen werden. Innovativ ist nach Ansicht der Autoren die im Rahmen dieses Nebentätigkeitsprivilegs feste Grenze. Tatsächlich werfe diese restriktive Regelung der Kommission Abgrenzungsfragen auf. Im Ergebnis handele es sich zwar um einen realistischen Kompromiss, der durch eindeutigere Formulierungen allerdings klarer gefasst werden könne. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Kommissionsvorschlags ist nach Ansicht der Autoren die vorgesehene „automatische“ steuerliche Privilegierung: Nach dem Vorschlag erhalten die Europäischen Stiftungen sowie ihre Spender und Destinatäre automatisch dieselben steuerlichen Privilegien wie nationale gemeinnützige Organisationen. Hopt/von Hippel halten diese automatische Anerkennung der steuerrechtlichen Privilegien, mit der die Kommission weiter gehe als von den meisten vorgeschlagen, für sehr ambitioniert. Problematisch sei dabei zum einen die latente Befürchtung, die FE könne zur Umgehung der Vorgaben des nationalen Steuerrechts missbraucht werden. Zum anderen seien politische Widerstände denkbar, sich in einer steuerrechtlich sensiblen Frage (Steuervergünstigungen) zu binden. Daher halten die Autoren zunächst eine rechtsvergleichende Analyse der steuerrechtlichen Voraussetzungen für erforderlich und wünschenswert. Als weitere offene Fragen im Zusammenhang mit dem Kommissionsvorschlag führen die Autoren Konkurrenzfragen, die Möglichkeit der Zweckänderung, die Erhaltung des Stiftungsvermögens, den Sitz und die Sitzverlegung an. Anschließend stellen die Autoren verschiedene Lösungsmöglichkeiten vor. Beispielhaft hierfür sei die Möglichkeit der größenabhängigen Differenzierungen genannt. So könnten nach Ansicht der Verfasser bei größeren Stiftungen durchaus gesteigerte Anforderungen an die Corporate Governance gelten, für kleinere Stiftungen könnten Erleichterungen vorgesehen sein (zum Beispiel nur ein statt drei Vorstandsmitglieder). Auch andere nationale Stiftungsrechte sähen solche größenabhängigen Differenzierungen vor. Da die Stiftungsaufsicht mit starken Kompetenzen ausgestattet sei, erscheine eine solche Lösung trotz der Abschwächung des Leitgedankens der Vertrauenswürdigkeit auch vertretbar. In ihrer abschließenden Zusammenfassung stellen die Autoren klar, dass es zu begrüßen sei, dass die Kommission sich des Themas der Europäischen Stiftung angenommen habe, auch wenn nach wie vor nationale Hindernisse bestünden, die durch die jüngere Rechtsprechung des EuGH nicht vollständig beseitigt worden seien. Wie die Erfahrungen mit der Europäischen Aktiengesellschaft zeigten, könne eine Europäische Stiftung möglicherweise auch Vorbildfunktion für nationale Stiftungsrechte entfalten und das Label “FE“ somit von zusätzlicher Bedeutung sein. Klaus J. Hopt/Thomas von Hippel, Die Europäische Stiftung – Zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über das Statut der Europäischen Stiftung (FE) –, ZEuP 2013, S. 235-262.

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Steuerrecht Europarechtswidrigkeit von Steuervergünstigungen heimischer Pensionsfonds bei Dividendenauszahlung Der EuGH beschäftigte sich in diesem Urteil mit einer möglichen Europarechtswidrigkeit von Steuervergünstigungen heimischer Pensionsfonds und Pensionskassen bei der Besteuerung von Dividenden. Die Kommission warf der Bundesrepublik Deutschland in diesem Verfahren vor, Rechtsvorschriften beibehalten zu haben, nach denen Dividendenzahlungen an in Deutschland beschränkt steuerpflichtige Pensionsfonds steuerlich ungünstiger behandelt würden als ebensolche Zahlungen an in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Pensionsfonds. Konkret ging es um die §§ 43a Abs. 1 Nr. 1/2 EStG, 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG, nach denen beschränkt steuerpflichtige Pensionsfonds von den in Deutschland bezogenen Dividenden und Zinsen die mit der Erzielung dieser Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhand stehenden Betriebsausgaben nicht abziehen können. Der Gerichtshof stellte zu Beginn klar, dass eine ungünstigere Behandlung der an gebietsfremde Pensionsfonds gezahlten Dividenden grundsätzlich verboten sei. Dies ergebe sich daraus, dass hierdurch die in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften davon abgehalten werden, im erstgenannten Mitgliedstaat zu investieren und so faktisch eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs (Art. 63 AEUV) vorliege. Gleichzeitig sei aber die tatsächliche Vertragsverletzung des Mitgliedsstaats von der Kommission nachzuweisen und dürfe keinesfalls bei bloßen Vermutungen der Kommission unterstellt werden. Als Beispiele für mögliche Betriebsausgaben gebietsfremder Pensionsfonds, die mit dem Dividendenbezug in Deutschland in unmittelbarem Zusammenhang stünden, nannte die Kommission hier Bankgebühren und ähnliche Transaktionskosten, Kosten im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung über die Zahlung der von einer gebietsansässigen Gesellschaft an einen gebietsfremden Fonds ausgeschütteten Dividenden und Ausgaben für den Einsatz von Personal, das speziell mit dem Erwerb von Aktien befasst sei. Bezüglich keiner dieser drei Posten konnte von der Kommission aber nach Auffassung des Gerichtshofs konkret dargelegt werden, dass sie wirklich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bezug von Dividenden in Deutschland stehen. Die Beispiele waren nach Ansicht des Gerichts allesamt hypothetischer Natur. Weil eine Verletzung der Vertragspflichten der BRD deshalb nicht rechtlich hinreichend dargelegt war, wies der EuGH die Klage ab. EuGH, Urt. v. 22.11.2012 – C-600/10

Umsatzsteuerbefreiung für eine nach § 219 SGB V gebildete Genossenschaft in unmittelbarer Anwendung des Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. f 6. EGRichtlinie (RL 77/388/EWG) Das FG Düsseldorf beschäftigt sich im vorliegenden Urteil im Verfahren des zweiten Rechtszugs mit den Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. f 6. EG-RL für eine von Krankenkassen nach § 219 SGB V gebildete Genossenschaft und bejaht diese im Ergebnis. Die Klägerin ist die sich in Liquidation befindliche Gesamtrechtsnachfolgerin einer Genossenschaft und Arbeitsgemeinschaft im Sinne des § 219 SGB V. Unternehmensgegenstand war die Betreuung und Beratung ihrer Mitglieder, welche Betriebskrankenkassen und andere Krankenkassen der gesetz-


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lichen Krankenversicherung waren. Die hierfür vereinnahmten Entgelte wurden durch den Beklagten, das Finanzamt, im Umsatzsteuerbescheid für 2000 als steuerpflichtige Entgelte zugrunde gelegt. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt (5 K 3327/02 U) und führte aus, dass sich die Steuerfreiheit unmittelbar aus Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. f 6. EG-RL ergebe. Die hiergegen eingelegte Revision des Finanzamts führte zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung an das FG Düsseldorf (V R 5/07). Zwar sei rechtsfehlerfrei begründet, dass die Mitglieder der Genossenschaft gemäß § 2 Abs. 3 UStG und Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-RL keine Unternehmer seien. Überdies sei zwischen den Parteien unstreitig, dass die Genossenschaft ihre Leistungen ausschließlich an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke ihrer Tätigkeiten erbringe. Indes ließen die erstinstanzlichen Feststellungen keine abschließende Entscheidung über eine Wettbewerbsverzerrungsgefahr und darüber, ob die Entgelte lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten darstellten, zu. Zweifel an letzterer Voraussetzung begründete der Beklagte insbesondere wegen mangelnder Transparenz der Entgeltregelung und der Jahresüberschüsse der Genossenschaft. In der nun vorliegenden Entscheidung des erkennenden fünften Senats des FG Düsseldorf wurde der Klage unter Würdigung letztgenannter tatbestandlicher Voraussetzungen erneut stattgegeben. Dass die Steuerbefreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führe, begründet der Senat mit § 80 Abs. V Nr. 2 SGB X. Eine gemäß der 6. EG-RL schon schädliche reale Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung sei jedenfalls dann zu verneinen, wenn im konkreten Einzelfall eine Auftragsvergabe an eine private Stelle nach § 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X ausgeschlossen ist. Während die Genossenschaft in diesem Sinne eine öffentliche Stelle sei (§ 81 Abs. 3 S. 1 SGB X), sei eine Verarbeitung von Sozialdaten durch Private nach dieser Vorschrift nur möglich, wenn der Auftrag nicht die Speicherung des gesamten Datenbestandes des Auftraggebers, der Krankenkassen, umfasst. Weil im Gegenschluss die Speicherung des gesamten Datenbestandes eine Auftragserteilung an eine nicht-öffentliche Stelle und damit den Wettbewerb ausschließe, konnte die Klägerin durch die Verträge mit den Krankenkassen und durch Zeugenaussagen, aus denen sich ergab, dass alle Daten bei der Genossenschaft zentral gespeichert waren, die Unmöglichkeit einer Wettbewerbsverzerrung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. f 6. EG-RL beweisen. Auch gelangte das Finanzgericht zur Überzeugung, die Genossenschaft habe von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten gefordert. Einerseits spreche hierfür, dass die Aufsichtsratsmitglieder satzungsgemäß Vertreter der Mitgliedskassen waren und diese somit faktisch die Entgelte selbst festlegen konnten. Ferner ergebe sich dies aus der Intention des Zusammenschlusses nach § 219 SGB V. Auch spreche die Wahl der Rechtsform einer Genossenschaft für eine verursachungsgerechte (anteilige) Umlegung der Kosten. Dies sei letztlich im Beweiserhebungsverfahren durch einen Zeugen und das Angebot der Klägerin, die Aufsichtsratsprotokolle über die Preisfindungsgrundsätze offenzulegen, bekräftigt worden. Aus gleichen Gründen stünden auch die Jahresüberschüsse der Genossenschaft dem Tatbestandsmerkmal nicht entgegen. Die zeitweiligen Überschüsse seien im Hinblick auf größere Investitionen durch einen Zeugen und den Liquidator als notwendig nachgewiesen und angesichts nachfolgender Jahresfehlbeträge nicht einmal kostendeckend gewesen. Die vom Aufsichtsrat im Voraus kalkulierten Entgelte, so die Rich-

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ter, inkludierten zwangsläufig verbundene Risiken und Unschärfen, sodass diese am Jahresende zu Überschüssen und Fehlbeträgen führen konnten. FG Düsseldorf, Urt. v. 4.4.2012 - 5 K 3139/09 U

Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG für gemeinnützige Körperschaften, auch wenn diese keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten In der vorliegenden Entscheidung bestätigt das FG Schleswig-Holstein die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Körperschaftssteuererhöhungsbetrages nach § 38 Abs. 5 und 6 KStG bei der Besteuerung einer gemeinnützigen Körperschaft ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und sieht darin keine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Klägerin war eine auf dem Gebiet der studentischen und berufsbegleitenden Ausbildung tätige, als gemeinnützig anerkannte Körperschaft ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Das beklagte Finanzamt setzte gemäß der Übergangsvorschriften vom Anrechnungs- zum im Streitjahr 2007 anwendbaren Halbeinkünfteverfahren einen Körperschaftssteuererhöhungsbetrag in Höhe von 3/100 des zum 31. Dezember 2006 gesondert festgestellten Bestands des EK 02 fest. Auf das Vorbringen der Klägerin hatte der erkennende erste Senat zu entscheiden, ob die Hinzurechnungsbesteuerung auf gemeinnützige Körperschaften anwendbar ist. Eingangs dieser Prüfung stellte das Gericht fest, dass schon der Gesetzeswortlaut keinen Anhaltspunkt für eine gegenteilige Auffassung darbiete. Überdies sei eine Ausnahme auch aus systematischen Gründen nicht angezeigt: So ergebe sich eine Sonderregelung nur für die gemeinnützigen Körperschaften, deren Anteilseigner solche des § 38 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 38 Abs. 3 KStG sind. Eine derartige Anteilseignerstruktur lag jedoch der Klägerin nicht zugrunde. Ferner gewähre nur das Wahlrecht des § 34 Abs. 16 KStG zugunsten der Besteuerung nach der alten Rechtslage einen Ausnahmetatbestand zu der neu eingeführten Pauschalbesteuerung. Dieses Optionsrecht stehe ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/7063, S. 21) entgegen dem klägerischen Vorbringen auch gemeinnützigen Körperschaften ohne einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu. Wären diese Körperschaften generell von dem Anwendungsbereich des § 38 Abs. 5 und 6 KStG ausgenommen, so wäre das Wahlrecht insoweit überflüssig. Da jedoch die Klägerin die Option nicht ausübte, blieb ihr eine Ausnahme von der Hinzurechnungsbesteuerung verwehrt. Auch konnte die Klägerin mit dem Argument, § 38 Abs. 5 KStG sei infolge der Unanwendbarkeit der Vorschriften über die Eigenkapitalgliederung in Ermangelung eines ausschüttungsfähigen Substrats nicht einschlägig, nicht überzeugen. Das FG Schleswig-Holstein entgegnete, dass die Grundlage zur Festsetzung des Körperschaftssteuererhöhungsbetrages nicht eine Rechtspflicht zur Eigenkapitalgliederung, sondern die gemäß § 182 Abs. 1 AO bindende tatsächliche Feststellung des EK 02 sei. Gemäß dieser Argumentation schlussfolgerte das Gericht, dass der Gemeinnützigkeitsstatus einer Körperschaft und der Umstand, dass diese keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält, der Anwendbarkeit des § 38 Abs. 5 und 6 KStG nicht entgegenstehe. Diese, so das Finanzgericht weiter, sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ausgeschlossen. Die Klägerin vertrat diesbezüglich, dass eine uneinheitliche Verwaltungspraxis hinsichtlich der gesonderten Feststellung des EK 02 bei gemeinnützigen Körperschaf-


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ten ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit der Einführung des § 38 Abs. 5 und 6 KStG zu einer gleichheitswidrigen Besteuerung führe. Nach der richterlichen Auffassung begegne jedoch der Gesetzgeber mit dem Optionsrecht des § 34 Abs. 16 KStG und der im Steuerrecht anzuerkennenden Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis diesen Erwägungen in verfassungskonformer Weise. FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 31.1.2013 - 1 K 123/10

Keine Befreiung von der Umsatzsteuer gemäß § 4 Nr. 21 oder Nr. 22 lit. a UStG oder Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL für Leistungen eines Arbeitsvermittlers, der das Entgelt aufgrund eines Vermittlungsgutscheins erhält Der Kläger war seit 2004 als Arbeitsvermittler tätig. In den Streitjahren schloss er im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit Vermittlungsverträge mit Arbeitssuchenden, durch die der Kläger beauftragt wurde, geeignete offene Stellen vorzuschlagen. Das Honorar sollte durch einen Vermittlungsgutschein (§ 421g SGB III a.F.) von der Bundesagentur für Arbeit bzw. einer zuständigen Arbeitsgemeinschaft, ohne einen solchen durch den Arbeitssuchenden selbst, bezahlt werden. Nachdem der Kläger zunächst gemäß § 19 UStG keine Umsatzsteuererklärung abgab und für die Folgejahre die Vermittlungsleistung als steuerfrei behandelte, setzte das beklagte Finanzamt durch Bescheid Umsatzsteuer fest und änderte die bestehenden Umsatzsteuerbescheide, wobei die Umsätze aus der Arbeitsvermittlung als steuerpflichtig behandelt wurden. Ein hiergegen gerichteter Einspruch blieb ohne Erfolg. Die daraufhin erhobene Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Der vierte Senat des FG Schleswig-Holstein musste sich mit den Fragen auseinandersetzen, ob die Leistungen des Klägers gemäß § 4 Nr. 21 oder Nr. 22 lit. a UStG steuerbefreit sind und ob sich der Kläger zudem unmittelbar auf die von der Umsatzsteuer befreiende Vorschrift des Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL berufen kann. Die Vermittlungsleistung des Klägers gegenüber den Arbeitssuchenden stelle keine Dienstleistung mit belehrendem Charakter dar, so das Finanzgericht. Ein solcher sei jedoch Voraussetzung für die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 22 lit. a UStG. Überdies dienten die Leistungen aus selbigem Grunde nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck, sodass sich eine Steuerbefreiung auch nicht aus § 4 Nr. 21 UStG ergeben könne. Um sich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL berufen zu können, müsse der Kläger Leistungen erbringen, die eng mit der Sozialfürsorge verbunden sind und als eine Einrichtung mit sozialem Charakter von dem Mitgliedsstaat anerkannt worden sein. Eine Leistung in diesem Sinne liege nur vor, wenn der Personenkreis der Leistungsempfänger im Hinblick auf seine Bedürftigkeit dem Personenkreis der Sachverhalte entspricht, bei denen der EuGH oder BFH das Merkmal der mit der Sozialfürsorge eng verbundenen Leistung bejaht hat. Für Leistungen, die auch von nicht Bedürftigen beansprucht werden, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Zwar seien Arbeitssuchende grundsätzlich hilfsbedürftig, jedoch richte sich die Vermittlungstätigkeit des Klägers nicht ausschließlich an bedürftige Arbeitssuchende, weil auch ungekündigt Beschäftigte derartige Leistungen in Anspruch nehmen würden. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn das Angebot durch Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung wie das Training berufsunabhängiger Qualifikationen speziell auf hilfsbedürftige Arbeitssuchende zugeschnitten wäre (vgl. hierzu FG Berlin-Brandenburg, EFG 2010, 2037). Eine enge

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Verbundenheit der Leistung mit der Sozialfürsorge müsse in Ermangelung dieses Zuschnitts verneint werden und könne sich auch nicht aus der Regelung des § 296 SGB III ergeben. Ferner sei der Kläger keine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter. Eine Anerkennung setze eine unmittelbare vertragliche Beziehung zwischen dem Unternehmer und dem Mitgliedsstaat voraus. In dem zu entscheidenden Fall habe jedoch der Kläger aufgrund des mit dem Arbeitssuchenden geschlossenen Vertrags geleistet; ein Vertrag zwischen ihm und dem Träger der Arbeitsverwaltung habe gerade nicht bestanden. Dem stehe auch nicht der Vermittlungsgutschein entgegen, denn die Übernahme des Vermittlungsentgelts erfolge gemäß § 421g SGB III allein im Verhältnis zwischen dem Arbeitssuchenden und dem Träger der Arbeitsverwaltung. Weil folglich kein Steuerbefreiungstatbestand einschlägig sei, habe der Beklagte die Umsätze aus der Vermittlung von Arbeitssuchenden zu Recht als steuerpflichtig behandelt. Schließlich könne sich der Kläger wegen der Überschreitung der maßgeblichen Umsatzgrenze von 17.500 Euro nicht auf die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG berufen. Ohne Erfolg blieb auch das Argument des Klägers, eine gewinnbringende Vermittlungstätigkeit bei einem gesetzlich festgelegten Entgelt sei nur bei Steuerfreiheit desselben möglich. Die Steuerpflichtigkeit führe zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber Kleinunternehmern (Art. 3 Abs. 1 GG). § 19 UStG, so das Finanzgericht, diene jedoch gerade der Verwaltungsvereinfachung für Unternehmer mit geringen Umsätzen und stelle somit einen ausreichenden sachlichen Differenzierungsgrund dar. FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.8.2012 - 4 K 172/11

Kein Besteuerungsrecht Deutschlands für Einkünfte eines in Indonesien im Rahmen eines Entwicklungshilfeprogramm nichtselbstständig Tätigen, die nicht ausschließlich aus Mitteln der BRD finanziert sind - Unzulässigkeit der Aufteilung kombifinanzierter Gehälter Der Kläger ist eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person. Er war für eine bundeseigene gemeinnützige GmbH im Jahr 2008 nichtselbständig tätig, indem er am indonesischen Standort die Büroleitung unterstützte. Die GmbH war ein Unternehmen für internationale Zusammenarbeit und nachhaltige Entwicklung, die hauptsächlich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), aber auch von internationalen Auftraggebern und der Privatwirtschaft beauftragt wurde. Der Auftrag an die GmbH durch das BMZ erfolgte, nachdem Deutschland und Indonesien einen Vertrag über die technische und wirtschaftliche Zusammenarbeit (TZ-Rahmenabkommen) abschlossen hatten und Indonesien einen Förderungsantrag beim BMZ stellte. Der Leistungsanspruch auf Entwicklungshilfe sollte auftragsgemäß dem Kooperationsland Indonesien zustehen. Überdies schloss die GmbH selbst eine zivilrechtliche Durchführungsvereinbarung mit dem Kooperationspartner, um weitere Details festzulegen. Die Gehälter des Klägers aus seiner Tätigkeit für die GmbH wurden vom Beklagten, dem zuständigen Finanzamt, als in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit der deutschen Einkommenssteuer unterworfen. Der Kläger vertrat die Auffassung, der Bundesrepublik Deutschland habe für diese Einkünfte kein Besteuerungsrecht zugestanden. Das FG Thüringen gab dem klägerischen Antrag statt, indem es in der Entscheidung das Besteuerungsrecht Deutschlands verneinte und folglich eine Steuerbefreiung nach dem Dop-


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pelbesteuerungsabkommen der BRD mit Indonesien (Art. 23 Abs. 1 DBA Indonesien) annahm. Zunächst, so der zweite Senat, begründe der im TZ-Rahmenabkommen enthaltene Besteuerungsverzicht Indonesiens das Besteuerungsrecht Deutschlands nicht. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung diene ein DBA der Vermeidung denkbarer Doppelbesteuerungen, sodass eine Prüfung der tatsächlichen Ausnutzung des Besteuerungsrechts durch den Vertragsstaat unzulässig sei. Zudem sei das TZ-Rahmenabkommen nicht im Wege der Spezialität vorrangig. Weil ein DBA durch ein Zustimmungsgesetz zu nationalem Recht werde (Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG), das TZ-Rahmenabkommen jedoch „nur“ ein Verwaltungsabkommen (Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG) sei, ergebe sich ein Vorrang des DBA nicht zuletzt aus § 2 Abs. 1 AO, der nur erstgenannten Verträgen einen Vorrang einräumt. Auch nach Art. 15 DBA Indonesien stehe das Besteuerungsrecht nicht der Bundesrepublik Deutschland als Ansässigkeitsstaat zu, da der Kläger im Streitjahr länger als 183 Tage in Indonesien tätig war (Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA Indonesien). Gegenteiliges könne sich auch nicht aus dem in Art. 19 Abs. 1 DBA Indonesien niedergelegten sog. Kassenstaatsprinzip ergeben. Voraussetzung für eine Besteuerung durch Deutschland sei hiernach, dass die BRD oder eine ihrer Gebietskörperschaften formell Schuldner der Vergütung ist, diese also unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse geleistet wurde. Die privatrechtliche GmbH, die hier Schuldnerin der Vergütung war, erfülle diese Voraussetzung nicht. Schließlich ergebe sich ein Besteuerungsrecht nicht aus Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien, wonach das Kassenstaatsprinzip bei Entwicklungshilfeprogrammen der BRD dergestalt erweitert würde, dass der deutsche Fiskus ein Recht zur Besteuerung der in diesem Rahmen geleisteten Vergütungen an entsandte Fachkräfte auch dann zustehe, wenn die Mittel hierfür ausschließlich durch die BRD bereitgestellt wurden. Zwar äußert der Senat gewichtige Zweifel schon daran, ob die von der GmbH unterstützen Programme in der Trägerschaft Deutschlands stünden, ließ dies jedoch offen. Entscheidend sei jedenfalls, dass das Ausschließlichkeitskriterium nicht erfüllt ist. Nach dem Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien schade schon die minimale Finanzierung der Vergütung aus einer nicht in der Norm genannten Quelle; diese schließe folglich die Anwendbarkeit des Kassenstaatsprinzips aus. Im konkreten Einzelfall sei jedoch das Finanzgericht zur Überzeugung gelangt, nicht nur das BMZ, sondern u.a. auch die Europäische Kommission, die Vereinten Nationen und die Weltbank hätten finanzielle Mittel für die Vergütungen bereitstellt, sodass eine das Besteuerungsrecht Deutschlands ausschließende „Kombifinanzierung“ für die Tätigkeit des Klägers entstanden sei. Überdies folgte das FG Thüringen der Argumentation des Beklagten, die Anteile des Gehalts, die ausschließlich von der BRD finanziert würden, könnten nach Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien der deutschen Besteuerung unterliegen, nicht. Eine derartige Aufteilung der Gehälter spreche schon gegen den Wortlaut, nach dem sich „ausschließlich“ auf die insgesamt gezahlte Vergütung der Tätigkeit als Ganze beziehe und ein „insoweit“ oder „soweit“ fehle. Zu einer einschränkenden Auslegung führe auch nicht das Telos der Norm. Letztlich laufe hierdurch Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien nicht leer oder biete kein Missbrauchspotential durch eine minimale „symbolische“ Fremdfinanzierung, denn die Würdigung im konkreten Einzelfall ergebe sich daraus, dass der Kläger bei seiner Bürotätigkeit, anders als die typische entsandte Fachkraft, gleichzeitig viele Projekte betreute und es nur dadurch zur

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anteiligen Umlegung des Gehalts auf die Vertragspartner, die das einzelne Projekt unterstützten, kam. FG Thüringen, Urt. v. 25.4.2013 - 2 K 756/10, Rev. anh. unter I R 42/13

Befreiung von der Umsatzsteuer bei der Ausrichtung von Kunstausstellungen Das Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. beschäftigte sich in diesem Urteil mit der Rechtmäßigkeit einer Befreiung von der Umsatzsteuer bei der Ausrichtung von Kunstausstellungen. Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein, der zum Zweck die Förderung zeitgenössischer Kunst hatte. In diesem Rahmen präsentierte er auch in einem selbst unterhaltenen Gebäude fremde Kunstwerke, die aus unterschiedlichen Quellen bezogen wurden und stets nur für kurze Zeit dort zur öffentlichen Einsicht zur Verfügung standen. Er wandte sich gegen eine Bescheinigung des Regierungspräsidiums nach § 4 Nr. 20a) Satz 2 UStG, mit der er von der Umsatzsteuer befreit wurde. Das Gericht hielt den Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO für eröffnet, weil es sich bei der Bescheinigung der kulturellen Gleichwertigkeit nicht um eine Abgabenangelegenheit nach § 33 FGO handele, sondern um eine der Besteuerung vorgelagerte Frage. Zudem sei die Anfechtungsklage gegen diese Bescheinigung zulässig, weil sie für den Kläger mit dem Entfallen der Befugnis zum Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG auch potentiell wirtschaftlich nachteilige Folgen hatte. Trotz des grundsätzlich begünstigenden Charakters der Umsatzsteuerbefreiung bestehe wegen des Ausschlusses der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug die Möglichkeit einer Verletzung des Klägers in eigenen Rechten, weshalb eine Klagebefugnis zu bejahen sei. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG unterliegen grundsätzlich alle Lieferungen und Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Nach § 4 Nr. 20 a) S. 1 UStG sind allerdings die Umsätze von Museen von der Umsatzsteuer befreit. Gem. Satz 2 der Vorschrift gilt das Gleiche bei Vorliegen einer landesbehördlichen Bescheinigung, die dem Unternehmer die Erfüllung gleichwertiger kultureller Aufgaben bestätigt. Zentrales Merkmal eines Museums sei aber nach § 4 Nr. 20 a) S. 4 UStG, dass das Unternehmen eine Sammlung aufweise. Nach Ansicht des Gerichts würde dies auch in Nr. 4.20.3 II UStAE bestätigt. Dabei sei unter dem Begriff des Sammelns ein systematisches Suchen, Beschaffen, Erhalten und Aufbewahren von Dingen einer bestimmten Kategorie zu verstehen, wobei die Dauerhaftigkeit der Sammlung ebenfalls vorauszusetzen sei. Hier hatte der Kläger nach Ansicht des Gerichts weder eine eigene Sammlung noch stelle er im Rahmen seiner Ausstellungen andere Kunstsammlungen aus, weil die von ihm hier dargebotenen Gegenstände nur vorübergehend ausgestellt würden und darüber hinaus nicht unter dem Aspekt einer gemeinsamen Kunstsammlung zusammengestellt worden waren, sondern allein vom Ausstellungsthema temporär vereint würden. Der Aspekt der Dauerhaftigkeit als zu fordernde Voraussetzung würde besonders deutlich bei einem systematischen Vergleich zu den anderen in § 4 Nr. 20 a) S. 1 UStG genannten Einrichtungen, die allesamt auf Dauer angelegt seien. Deshalb sei eine Auffassung, die eine Gleichstellung nach § 4 Nr. 20 a) S. 2 UStG auch ohne das Vorhandensein einer dauerhaft angelegten Kunstsammlung für gerechtfertigt halte, abzulehnen. Das Gericht hielt die Anfechtungsklage des Klägers in der Folge gem. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO für begründet. VG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.6.2012 – 6 K 2133/11


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Zu den Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft im Gesundheitswesen Hummel untersucht in seinem Aufsatz die umsatzsteuerliche Organschaft im Gesundheitswesen. Während diese Form der Organschaft in den meisten Fällen mittlerweile überflüssig sei, da die zwischen Unternehmern anfallende Umsatzsteuer über den Vorsteuerabzug ausgeglichen werden kann, sei sie für Unternehmen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, weiterhin interessant. Betroffen sei damit vor allem der nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerbefreite medizinische Bereich, dem über die umsatzsteuerrechtliche Organschaft die umsatzsteuerneutrale Eigenversorgung durch zwar rechtlich selbständige, aber wirtschaftlich verbundene juristische Personen ermöglicht werde. Hummel geht der Frage nach, ob die umsatzsteuerrechtliche Organschaft in Fällen der Eigenversorgung rechtsmissbräuchlich ist und verneint dies. Sodann erläutert er die Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft. Er ist der Auffassung, dass der Begriff der juristischen Person nicht zivilrechtlich, sondern umsatzsteuerrechtlich ausgelegt werden müsse, sodass auch die beherrschte Personengesellschaft als Organgesellschaft fungieren könne. Das Erfordernis der organisatorischen Eingliederung erfordere nach aktueller BFH-Rechtsprechung nicht mehr zwingend eine Personalunion der Geschäftsführer von Organträger und Organgesellschaft, vielmehr reiche es aus, dass der Organträger die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrsche und ein abweichender Wille der Organgesellschaft nicht gebildet werden könne. Hummel lehnt die Auffassung der OFD Karlsruhe, dass schon die Möglichkeit einer in Teilbereichen abweichenden Willensbildung der Organgesellschaft für die Organschaft schädlich sei, ab. Die fachliche Weisungsbefugnis Dritter sei unschädlich, da sie nicht die organisatorische Verantwortung für die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft betreffe. Auch schuldrechtliche Weisungsrechte eines Dritten (auch eines Minderheitsgesellschafters) könnten nicht schädlich sein, da sich die Beurteilung einer Organschaft nur nach dem Innenverhältnis zwischen Organträger und Organgesellschaft, nicht aber nach den schuldrechtlichen Beziehungen der Organgesellschaft zu Dritten richte. Auch mit dem Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung setzt sich der Verfasser auseinander. Hier könne der OFD Karlsruhe, die verlangt, dass entgeltliche Leistungen von nicht nur unwesentlicher Bedeutung zwischen Organträger und Organgesellschaft ausgetauscht werden, ebenfalls nicht gefolgt werden, da für die wirtschaftliche Eingliederung im Gegenteil überhaupt keine Leistungsbeziehungen zwischen Organgesellschaft und Organträger notwendig seien, wenn die Organschaft das Ziel hat, am Markt tätig zu werden. Für den Fall, dass sich das Konzept der Organschaft auf einen Leistungsaustausch zwischen Organträger und Organgesellschaft stützt, erläutert Hummel anhand der BFH-Rechtsprechung, dass es für die steuerliche Beurteilung dieser „Innenleistungen“ unerheblich sei, ob die Leistungen quantitativ und qualitativ einen gewissen Umfang erreichen. David Hummel, Missbrauch der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft bei Kooperationen im Gesundheitswesen?, MwStR 9/2013, S. 294-300.

Zuschüsse im Umsatzsteuerrecht Lippross setzt sich in seinem Beitrag mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Zuschüssen unter besonderer Betrachtung der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis auseinan-

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der. Der Autor merkt zu Beginn seines Beitrages an, dass es bislang keine einheitliche Definition des Begriffs Zuschuss gibt. So kennt auch das deutsche Umsatzsteuerrecht die Kategorie der Zuschüsse selbst nicht. Das Europarecht unterscheidet lediglich zwischen unmittelbar preisrelevanten Subventionen und solchen, die nicht unmittelbar mit dem Preis der Lieferung zusammenhängen (Vgl. Art. 73, 174 MwStSysRL). Erstere müssen in die Steuerbemessungsgrundlage einbezogen werden, wohingegen bezüglich der zweiten Kategorie die Option für die nationalen Gesetzgeber besteht, diese in den Nenner des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzuges mit einzubeziehen. Hiervon hat der deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht. Für die Frage, wie am sinnvollsten mit Zuschüssen umgegangen werden sollte, unterscheidet der Autor zunächst sechs Konstellationen, die unter der Kategorie der Zuschüsse behandelt werden (Leistungsaustausch mit dem Zuschussgeber, zusätzlicher Leistungsaustausch mit dem Zuschussgeber, Entgelt eines Dritten, abgekürzter Zahlungsweg, Zuschuss als Entgeltminderung, echter Zuschuss). Am ausführlichsten setzt sich Lippross mit der Kategorie des „Leistungsaustausches mit dem Zuschussgeber“ auseinander. Hierzu analysiert der Autor prägende Urteile des BFH, die sich mit der Übernahme von Aufgaben aus dem Kompetenzbereich der öffentlichen Hand beschäftigen. Dabei handelt es sich zum einen um den Bau einer Tiefgarage mit Teilfinanzierung durch die öffentliche Hand, die Übertragung von Abfall- und Abwasserentsorgung auf privatrechtliche Unternehmen, die Auslagerung kirchlicher Aufgaben auf einen Verein sowie die Überlassung von Sportanlagen auf eine GmbH in kommunaler Trägerschaft. Lippross kommt zu dem Schluss, dass die Übernahme einer Aufgabe aus dem Kompetenzbereich der öffentlichen Hand entgegen der zuvor behandelten Rechtsprechung nicht per se eine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne darstellt. Einen weiteren Schwerpunkt setzt Lippross bei der Abgrenzung von Entgelten eines Dritten und sog. echten Zuschüssen Lippross plädiert im Ergebnis dafür, mit Zuschüssen nach den allgemeinen umsatzsteuerlichen Grundsätzen umzugehen und keine eigene Kategorie der Zuschüsse einzuführen. Otto-Gerd Lippross, Zuschüsse im Umsatzsteuerrecht, DStZ 2013, S. 433-444.

Mittelverwendungsrechnungen zum Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO erfüllen die Anforderungen vielfach nicht und sind in Streitigkeiten mit dem Betriebsprüfer schwer zu handhaben. Vorschlag einer modifizierten Kapitalflussrechnung. Stahl verfolgt mit ihrem Beitrag das Ziel, eine Mittelverwendungsrechnung aufzuzeigen, welche sämtliche Anforderungen, die von Finanzverwaltung und Gesetz gestellt werden, erfüllt, ohne zusätzlichen Aufwand zu generieren. Zum Einstieg wird die Bedeutung der drei Kernbegriffe Mittel, zeitund satzungsnahe Verwendung sowie der Mittelverwendungsrechnung dargestellt. Im Anschluss daran erfolgt eine Bestandsaufnahme der derzeit in der Literatur vertretenen Ansätze, welche kritisch diskutiert und an den gesetzlichen Anforderungen gemessen werden. Stahl arbeitet präzise die Schwachpunkte der einzelnen Konzepte heraus und zieht daraus den Schluss, dass keiner der Ansätze eine konsequente und systematische Umsetzung darstellt. In der Folge entwickelt Stahl ihren Entwurf einer Mittelverwendungsrechnung auf Grundlage einer Kapitalflussrechnung, welche alle Ein- und Auszahlungen gegenüberstellt. Sie zeigt auf, in wel-


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chen Punkten eine solche modifiziert werden muss, um zum Nachweis der Mittelverwendung geeignet zu sein, wobei ein breites Spektrum von der Abgrenzung der Sphären bis hin zu einzelnen Korrekturposten abgedeckt wird. Sie weist darüber hinaus darauf hin, dass auch diese Lösung nicht zum Nachweis der satzungsmäßigen Verwendung nicht liquider Mittel geeignet ist, solche bleiben allein der Prüfung durch Inaugenscheinnahme zugänglich. Die praktische Umsetzung wird in einem umfassenden Fallbeispiel aufgezeigt. Der Beitrag zeigt die Schwachstellen der verwendeten Mittelverwendungsrechnungen gut auf und erarbeitet einen durchdachten Lösungsansatz, der anhand eines umfassenden Beispiels verständlich vermittelt wird. Silvana Stahl, Entwicklung einer geeigneten Mittelverwendungsrechnung als Nachweis der zeitnahen und satzungsmäßigen Mittelverwendung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO, ZögU 2013, S. 38-57.

Andere Rechtsgebiete Untreuestrafbarkeit bei satzungswidriger Vergütung eines Vereinsvorsitzenden In diesem Beschluss setzte sich das OLG Köln mit den Anforderungen an eine mögliche Untreuestrafbarkeit wegen satzungswidriger Vergütung des Vereinsvorsitzenden auseinander. Der Angeschuldigte war Vorstandsvorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) und erhielt in einem Zeitraum von knapp einem Jahr Zahlungen in Höhe von 34.000€ als Kompensation für seine Arbeitsleistungen. Diese Zahlungen erfolgten auf satzungswidriger Basis, weil nach der Rechtsprechung des BGH solch eine finanzielle Arbeitszeitkompensation eines Vorstandsmitglieds bei einem gemeinnützigen Verein nur erfolgen darf, wenn die Satzung die Möglichkeit einer Vergütung ausdrücklich vorsieht, was sie im Falle des DJV nicht tat. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft lehnte das LG aber die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts ab. Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft war Gegenstand dieses Verfahrens. Gem. § 203 StPO besteht hinreichender Tatverdacht, wenn bei vorläufiger Tatbewertung eine spätere Verurteilung wahrscheinlich ist, ohne dass diese Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzen müsse. Ob aus der satzungswidrigen Vergütung schon eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB folgte, konnte nach Auffassung des Gerichts dahinstehen, wenn schon ein Vermögensnachteil nicht hinreichend wahrscheinlich eingetreten war. Wegen der Konturlosigkeit des Untreustraftatbestandes sei zur Feststellung eines Vermögensnachteils eine wertende Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung normativer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte erforderlich. Unter Rückgriff auf Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts sei aber insbesondere der gesetzgeberische Wille, mit dem pflichtwidrigen Handeln und dem Entstehen eines Vermögensnachteils zwei separate Tatbestandsmerkmale aufzustellen, zu beachten. Deshalb dürfe das Merkmal des Vermögensschadens nicht völlig in dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit aufgehen (sog. Verschleifungsverbot), sondern bedürfe eigenständiger Feststellungen. Zwar dürften auch normative Gesichtspunkte berücksichtigt werden, sie sollten wirtschaftliche Erwägungen aber niemals ganz verdrängen. Indem die Staatsanwaltschaft aber von der Satzungswidrigkeit der Vergütung auf das Vorliegen eines Vermögensschadens geschlossen habe, sei ge-

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nau dieses Verschleifungsverbot missachtet worden. Darüber hinaus sei auch nach Aktenlage nicht wahrscheinlich, dass die Vergütung des Vereinsvorsitzenden aus wirtschaftlicher Perspektive gegenüber seinen erwiesenermaßen erheblichen erbrachten Arbeitsleistungen völlig unangemessen war. Insoweit die Staatsanwaltschaft folgerte, dass der Angeschuldigte nicht dargelegt habe, dass er trotz seiner eigentlich ehrenamtlich geschuldeten Tätigkeit die Kompensation in der Höhe von 34.000€ „wert gewesen sei“, missachte sie erneut das Verschleifungsverbot, da allein aufgrund der Satzungswidrigkeit der Vergütung eben gerade nicht von einem grundsätzlich bestehenden Schaden in voller satzungswidriger Höhe ausgegangen werden dürfe. Mangels Ansatzpunkten, dass die Arbeitsleistung des Angeschuldigten wirtschaftlich nicht dem errechneten Stundenlohn von 24€ entspreche, sei das Vorliegen eines Vermögensschadens – und damit auch eine spätere Verurteilung – nicht wahrscheinlich, weshalb das OLG Köln die Beschwerde der Staatsanwaltschaft als unbegründet zurückwies. OLG Köln, Beschl. v. 6.5.2013 – 2 Ws 254/13

Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Stiftung (FE) Dieser Beitrag basiert auf einer Stellungnahme, welche der Verfasser vor dem Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes im November 2012 zur Frage der Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Stiftung (FE) abgegeben hat. Hierin beleuchtet er das Kapitel V (Art. 38 und Art. 39) des Kommissionsvorschlags zur Europäischen Stiftung, welches die Errichtung eines Eurobetriebsrates im Wege der Verhandlungen mit der Europäischen Stiftung vorsieht und hierfür in weitem Umfang auf die Vorschriften der Eurobetriebsräterrichtlinie (EBR-RL) verweist. Seifert erläutert, dass die Frage der Arbeitnehmerbeteiligung in den supranationalen Rechtsformen eine zentrale Bedeutung für den europäischen Gesetzgeber habe, wie sich am Recht der Europäischen Gesellschaft (SE), der Europäischen Genossenschaft (SCE) sowie an den Diskussionen um die Schaffung einer Europäischen Privatgesellschaft (SPE) ablesen lasse. Beim Vergleich des Kommissionsvorschlags zur FE mit ebendiesen Rechtsformen überrasche daher umso mehr, dass der Kommissionsvorschlag die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmensorganen der Europäischen Stiftung nicht vorsehe. In einem ersten Schritt analysiert Seifert das im Kommissionsvorschlag vorgesehene Instrument der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter. Dabei stellt er fest, dass der Kommissionsvorschlag mit dem Geltungsbereich der Unterrichtungs- und Anhörungspflichten, für welche ein Schwellenwert von mindestens 50 Beschäftigten der Europäischen Stiftung innerhalb der EU und mind. 10 Arbeitnehmern in jedem von mindestens zwei Mitgliedstaaten vorgesehen sei, einen Mittelweg im Vergleich zur SE-RL und zur EBR-RL gehe. Der Bruch mit dem Recht der SE, welche keinen Schwellenwert vorsieht, sei durchaus nachvollziehbar, da der Gesetzgeber bei der SE wegen des hohen Mindestkapitals von einer gewissen Unternehmensgröße und Arbeitnehmeranzahl ausgegangen sei und der größere Anwendungsbereich daher faktisch kaum ins Gewicht fallen dürfe. Im Übrigen bedeute das Fehlen einer transnationalen Arbeitnehmerbeteiligung in einer unterhalb des Schwellenwertes liegenden FE nicht notwendigerweise, dass die Interessen der Arbeitnehmer überhaupt nicht von einer gewählten Arbeitnehmervertretung wahrgenommen werden, da in zahlreichen Mitgliedstaaten bereits unterhalb des Schwellenwertes von 50 Arbeitnehmern


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Arbeitnehmervertretungen zu errichten seien. Im Weiteren beleuchtet Seifert die Errichtung des Eurobetriebsrates, wofür der Kommissionsvorschlag weitgehend auf die EBR-RL verweise. Diesbezüglich sieht der Autor folgende Problemstellungen: Zum einen hält er die Voraussetzungen für die Einleitung des Verhandlungsverfahrens, wofür bei einer Arbeitnehmerschaft von bis zu 200 Arbeitnehmern ein Antrag von mindestens 20 Arbeitnehmern in mindestens zwei Mitgliedstaaten und über 200 Arbeitnehmern ein Antrag von mindestens 10% der Arbeitnehmer in mindestens zwei Mitgliedstaaten erforderlich sei, für zu hoch geschraubt und letztlich dazu geeignet, die Schaffung eines Eurobetriebsrates innerhalb einer FE stark zu begrenzen. Zum anderen sieht der Autor auch im Zusammenhang mit dem im Kommissionsvorschlag vorgesehenen Modell der verhandelten Arbeitnehmerbeteiligung unter Einbindung eines Verhandlungsgremiums der Arbeitnehmer und der Leitung der FE offene Fragen. So hält er den im Kommissionsvorschlag diesbezüglich enthaltenen Verweis auf die RL 2009/38/EG für teilweise verfehlt. Beispielhaft sei hier der vom Verfasser erwähnte Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie angeführt, der davon ausgeht, dass auf Arbeitgeberseite die zentrale Leitung des Unternehmens die Verhandlungen führe. Eine solche fehle in der Gründungsphase der FE, die erst mit Registereintragung Rechtsfähigkeit erlange, aber gerade. Außerdem hält Seifert eine Verbesserung der Sanktionierung von Verstößen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerbeteiligung für erforderlich. Eine registerrechtliche Absicherung wie bei der SE, die erst dann eingetragen werden könne, wenn eine Vereinbarung über die Arbeitnehmerbeteiligung abgeschlossen worden sei, fehle im Kommissionsvorschlag. Hinsichtlich der ehrenamtlich Beschäftigten hält Seifert deren teilweise Einbeziehung in das Verfahren über die Unterrichtung und Anhörung im Sinne eines Beobachterstatus bei einer längerfristigen ehrenamtlichen Tätigkeit für sinnvoll, da die Ehrenamtlichen vergleichbar einem Arbeitnehmer weisungsgebunden ihre Tätigkeit erbrächten und auch gewissen Arbeits- und Unfallgefahren ausgesetzt seien. Dennoch stelle der Kommissionsvorschlag die Ehrenamtlichen den Arbeitnehmern nicht vollständig gleich. Denn die wirtschaftliche Angewiesenheit der Arbeitnehmer auf das

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Arbeitsverhältnis führe auch zu einer weitaus intensiveren Abhängigkeitsbeziehung zur FE im Vergleich zu den Ehrenamtlichen. In einem zweiten Schritt setzt sich Seifert mit der im Kommissionsvorschlag nicht vorgesehenen Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Stiftungsorganen auseinander. Hiermit breche die Kommission nicht nur mit den früheren Entwürfen zur FE, sondern bleibe auch hinter den Regelungen zur SE und SCE zurück, die eine solche Mitbestimmung vorsähen. Die hierzu vorgebrachte Begründung der Kommission, nur sehr wenige Mitgliedstaaten würden solche Mitbestimmungsregelungen kennen, zweifelt Seifert an und führt aus, dass in den Ländern, die eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer kennen, die Gründung einer FE durchaus zu einer „Flucht aus der Mitbestimmung“ seitens der Arbeitgeber führen könne. Als mögliche Fallkonstellation, in denen die Gefahr der Beseitigung der Arbeitnehmermitbestimmung bestehe, führt er die Gründung einer FE „ex nihilo“ durch notarielle Urkunde oder schriftliche Erklärung an. Ein Unternehmen, das nach dem nationalen Recht mitbestimmt war, könne auf diese Weise in eine FE eingebracht werden, und die Arbeitnehmer verlören ihre Mitbestimmungsrechte. Ebenso stelle sich das Problem der „Flucht aus der Mitbestimmung“ im Falle der Verschmelzung von Stiftungen. Sieht das nationale Recht eine Arbeitnehmermitbestimmung in Stiftungen vor (z.B. Österreich), so sei denkbar, dass die Verschmelzung von Stiftungen als Mittel genutzt werde, um der national normierten Mitbestimmung zu entgehen. Die entgegen der Ansicht der Kommission durchaus in Einzelfällen bestehende Gefahr einer Mitbestimmungsflucht in die FE sollte konsequenterweise durch ein Schließen dieser Regelungslücke gebannt werden. Seifert regt als Lösung an, für die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der FE auf das bei der SE geltende Verhandlungsmodell zurückzugreifen und somit das bei der FE vorgesehene Verhandlungsverfahren für die Unterrichtung und Anhörung auch auf die Frage der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Organen der FE auszuweiten. Achim Seifert, Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Stiftung (FE), ArbuR 2013, S. 150-156.

Rechtsprechung Vereinsrecht Bindungswirkung einer Entscheidung des Vereinsgerichts (Lizenzentzug eines Profiboxers) a) Wenn das innerhalb seiner satzungsmäßigen Befugnis tätig gewordene Vereinsgericht eine vom Vorstand gegen ein Vereinsmitglied verhängte Vereinsmaßnahme aufhebt, steht für den Verein im Verhältnis zum Mitglied bindend fest, dass die Maßnahme entfallen ist. b) Im Rahmen der auf die Feststellung der Wirksamkeit der betreffenden Maßnahme gerichteten Klage des Vereins gegen das Vereinsmitglied ist nicht zu überprüfen, ob das in-

nerhalb seiner satzungsmäßigen Befugnis tätig gewordene Vereinsgericht die betreffende Vorstandsentscheidung sachlich zu Recht aufgehoben hat. BGH, Urt. v. 23. 4. 2013 - II ZR 74/12 Tatbestand [1] Der Kläger, der B. D. B. e. V. (BDB), ist ein deutscher Berufsboxsportverband, der Beklagte ist Berufsboxer und Mitglied des Klägers. Der Kläger begehrt, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, die Feststellung, dass der Beschluss seines Vorstands vom 13. August 2007 wirksam sei, den Beklagten wegen medizinischer Bedenken vom Wettkampfbetrieb auszuschließen und ihm keine Lizenz als Profiboxer mehr zu erteilen.


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[2] Verbandsorgane des Klägers sind der Vorstand, die Generalversammlung und der Berufungsausschuss (Art. 11 bis 24 der Satzung).

(4) Die Lizenzen werden jeweils für den Zeitraum eines Jahres erteilt, unbeschadet der Möglichkeit, kürzer befristete Lizenzen in Ausnahmefällen zu gewähren …“

[3] Die Satzung des Klägers lautet auszugsweise:

[5] Nach Art. 3 seiner Satzung erlässt der Kläger Durchführungsbestimmungen in Form von „Sportlichen Regeln“ (im Folgenden: SportlR). Diese enthalten zu der Frage eines Lizenzentzugs die folgenden Bestimmungen:

„Art. 11. Vorstandszusammensetzung und -aufgaben … (3) Der Vorstand hat das Recht, bei jedem ihm zur Kenntnis gelangten Verstoß gegen die Satzung des BDB durch ein Mitglied selbständig einzuschreiten und eine Entscheidung zu treffen. Dieses gilt auch, wenn das Ansehen des deutschen Berufsboxsports in sonstiger Weise geschädigt worden oder eine solche Schädigung zu erwarten ist. Er ist berechtigt, zur Erreichung der genannten Zwecke folgende Maßnahmen gegen Mitglieder zu verhängen: - Verweis - Geldstrafe bis € 5. 113,- Aberkennung des Titels - befristeter oder endgültiger Lizenzentzug - Ausschluss aus dem BDB In besonderen Fällen ist der Vorstand berechtigt, die vorgenannten Maßnahmen der Geldstrafe sowie des befristeten oder endgültigen Lizenzentzuges zur Bewährung auszusetzen. (4) Gegen die Entscheidung des Vorstandes ist die Berufung möglich … Art. 20. Zusammensetzung und Aufgaben des Berufungsausschusses (1) Der Berufungsausschuss ist das Rechtsorgan des BDB … (2) Der Berufungsausschuss entscheidet über Berufungen, welche von Mitgliedern gegen Maßnahmen eingelegt worden sind, die der Vorstand gem. Art. 11 Abs. 3 der Satzung gegen sie verhängt hat. Art. 23. Entscheidung des Berufungsausschusses … (2) Ein Urteil des Berufungsausschusses ist vereinsintern endgültig … Art. 28. Erteilung (1) Alle Personen, die im Rahmen des Berufsboxsportes eine offizielle Tätigkeit ausüben, benötigen hierfür eine Lizenz. Diese ist beim Vorstand des BDB zu beantragen. Dem den Berufsboxsport Ausübenden sind die gesundheitlichen Risiken seiner Tätigkeit bekannt. Er übt seinen Beruf aufgrund eines freien Entschlusses und auf eigene Gefahr aus. Ansprüche des Berufsboxers auf Schadenersatz infolge beruflicher Schadenfälle können gegen den BDB nicht geltend gemacht werden; der Berufsboxer verzichtet mit seinem Eintritt in den BDB ausdrücklich auf solche Ansprüche. … [4] (3) Der Vorstand des BDB erteilt nach Maßgabe der vorliegenden Satzung und der Sportlichen Regeln die Lizenz oder versagt diese unter Angaben von Gründen.

„§ 3. Lizenzentzug und -überprüfung (1) Berufsboxer, deren Fähigkeiten nicht mehr den Leistungsanforderungen entsprechen, die man billigerweise an einen Berufsboxer stellt, und bei denen aufgrund dessen eine gesundheitliche Gefährdung zu befürchten ist, haben sich auf Anordnung des BDB einer vertrauensärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Ergeben sich bei dieser Untersuchung medizinische Bedenken, kann die Lizenz des Boxers für gewisse Zeit oder auf Dauer entzogen werden. § 24. Kampfabbruch, Zwangspause … (2) Jeder Boxer, der … durch KO aufgrund von Kopftreffern einen Kampf verloren hat, muss eine Zwangspause von drei Monaten absolvieren. Innerhalb dieser Zeit oder unmittelbar nach der Zwangspause ist eine erneute ärztliche Untersuchung durch den Vertrauensarzt des BDB erforderlich. Hinsichtlich der durchzuführenden Untersuchungen entscheidet der BDB nach Rücksprache mit dem Vertrauensarzt … (3) Der BDB kann Boxern, die in mehreren aufeinanderfolgenden Kämpfen KO-Niederlagen erlitten haben, die Lizenz zeitweise oder dauernd entziehen.“ [6] Der Beklagte erhielt 1999 eine Lizenz als aktiver Berufsboxer vom Kläger. Am 27. April 2007 unterlag der Beklagte, der zu diesem Zeitpunkt den Titel des Deutschen Meisters im Schwergewicht führte, in einem Kampf nach mehreren Kopftreffern durch K. O. in der ersten Runde. Der Ringarzt riet zu einer Kampfsperre und zur Überprüfung der Boxlizenz des Beklagten. Eine vom Kläger verlangte vertrauensärztliche Untersuchung des Beklagten ergab nicht altersentsprechende arteriosklerotische Veränderungen in der rechten hirnversorgenden Arterie und den Verdacht auf eine alte Dissektion. Der Vertrauensarzt sah bei weiterer Ausübung des Boxsports ein erheblich erhöhtes Schlaganfallrisiko. Der Beklagte ließ sich daraufhin durch einen Sportmediziner untersuchen, der ihm mitteilte, dass der in den vorherigen Untersuchungen festgestellte Befund eines kleineren kalzifizierten Plaques im Bereich der rechten hirnversorgenden Arterie seiner Auffassung nach keine Kontraindikation gegen eine Titelverteidigung mit zwei Aufbaukämpfen zur Vorbereitung mit „leichteren“ Gegnern sei. [7] Der Vorstand des Klägers beschloss am 13. August 2007, unter Berufung auf Art. 28 Abs. 3 der Satzung und § 3 Abs. 1 SportlR sowie unter Verweis auf die medizinischen Untersuchungsergebnisse, den Beklagten mit sofortiger Wirkung vom weiteren Wettkampfbetrieb auszuschließen und ihm keine Lizenz als Profiboxer mehr zu erteilen. Der Beklagte machte von der ihm im Vorstandsbeschluss angegebenen Möglichkeit, nach Art. 11 Abs. 4 der Satzung Berufung einzulegen, Gebrauch und legte Berufung zum Berufungsausschuss des Klägers ein. Der Berufungsausschuss hob am 13. November


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2007 den Vorstandsbeschluss auf, weil dieser nicht erkennen lasse, auf welchem Sachverhalt, welchen Tatsachen und welchen weiteren Überlegungen er beruhe. Der B. D. B. habe „selbstverständlich die Möglichkeit (…), die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen“. [8] Der Kläger verweigerte dem Beklagten im Februar 2008 die Erlaubnis für die Teilnahme an einer Boxsportveranstaltung am 20. Februar 2008, erteilte sie jedoch nach Erlass einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburgs. [9] Danach verweigerte der Kläger dem Beklagten die Starterlaubnis für die Teilnahme an weiteren Boxveranstaltungen. [10] […] Entscheidungsgründe [13] Die Revision hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage. [14] […] [18] 1. Der Antrag, dass das Lizenzverhältnis zwischen den Parteien seit dem 13. August 2007 nicht mehr bestehe, ist als Zwischenfeststellungsantrag zulässig. [19] a) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass eine Überprüfung der Entscheidungen des Vorstands des Klägers vom 13. August 2007 und des Berufungsausschusses vom 13. November 2007 durch die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht ausgeschlossen ist. [20] aa) Der Berufungsausschuss ist kein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO, das an die Stelle der staatlichen Gerichte tritt, und seine Entscheidung kein Schiedsspruch. Durch die Vereinssatzung können zwar auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein einem Schiedsgericht zugewiesen werden, für das gemäß § 1066 ZPO die §§ 1025 ff. ZPO entsprechend gelten (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 211; Urteil vom 3. April 2000 II ZR 373/98, BGHZ 144, 146, 148). In Anlehnung an § 1029 Abs. 1 ZPO ist das satzungsmäßig berufene Gericht aber nur dann ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs der Entscheidung durch eine unabhängige und unparteiliche Instanz unterworfen werden (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 211 f. mwN). Um ein solches Schiedsgericht zu sein, muss das Vereinsgericht satzungsmäßig als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert sein (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 212 mwN). Die Streitbeteiligten müssen paritätisch Einfluss auf dessen Besetzung nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 213 f.; Urteil vom 28. November 1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93, 109). In der Satzung des Klägers ist nicht gewährleistet, dass der Berufungsausschuss bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Vereinsmitglied - wie sie hier vorliegt - den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht. Die Mitglieder des Berufungsausschusses des Klägers werden nach Art. 21 Abs. 2 der Satzung von der Generalversammlung des Klägers gewählt. Das genügt nicht dem Erfordernis der paritätischen Bestimmung der Schiedsrichter durch die Streitparteien.

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[21] Vielmehr ist der Berufungsausschuss des Klägers, wie das Berufungsurteil zutreffend erkennt, ein vereinsinternes Gericht, d. h. ein verbandsinternes Organ, dem in Ausübung der autonomen, Verbänden zustehenden Befugnis zur inneren Selbstorganisation eine Entscheidungszuständigkeit in bestimmten satzungsmäßig geregelten Bereichen zugewiesen ist. Solche Entscheidungen der Vereins- oder Verbandsgerichte sind grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften, das heißt in der Regel mit der Klage nach den §§ 253 ff. ZPO, überprüfbar (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 - III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 211; vgl. für Entscheidungen über Disziplinarmaßnahmen BGH, Urteil vom 28. November 1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93, 110). [22] bb) Der Streitfall betrifft keine Angelegenheit der inneren Ordnung eines Vereins, für die die Befassung der ordentlichen Gerichtsbarkeit in früherer höchstrichterlicher Rechtsprechung versagt wurde, solange nicht die Mitgliederversammlung darüber Beschluss gefasst hatte (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1968 - II ZR 52/66, BGHZ 49, 396, 398; RGZ 79, 409, 411). Die Klärung des Lizenzverhältnisses zwischen Verein und betroffenem Mitglied geht über eine Angelegenheit der inneren Ordnung hinaus. [23] Es liegt entgegen der Auffassung der Revision auch keine Streitigkeit zwischen Organen eines Vereins vor. Der Kläger oder sein Vorstand geht nicht gegen den Berufungsausschuss als Klagegegner vor. Vielmehr begehrt der Verein eine gerichtliche Feststellung gegenüber dem von der Vereinsentscheidung betroffenen Mitglied. Die Streitigkeit wird nicht allein dadurch zu einem Verbandsorganstreit, dass eine Maßnahme des Vorstands und eine Entscheidung des Berufungsausschusses des Klägers im Rahmen der Feststellung eines Rechtsverhältnisses nach § 256 ZPO Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Vereinsmaßnahmen grundsätzlich zur gerichtlichen Nachprüfung gebracht werden können und dabei die Feststellung der Unwirksamkeit einer Maßnahme Gegenstand des Antrags sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93, 110 mwN). Dabei hat das Gericht gegebenenfalls auch eine in zweiter Vereinsinstanz erlassene Entscheidung zu überprüfen (BGH, Urteil vom 27. Februar 1954 - II ZR 17/53, BGHZ 13, 5, 13). [24] cc) Ist für eine belastende Maßnahme des Vereins gegen ein Mitglied ein vereinsintern vorgesehener Rechtsweg erschöpft und vereinsintern eine Entscheidung getroffen, so ist es dem Verein - entgegen der Ansicht der Revision, die dafür kein schutzwürdiges Interesse sieht - auch nicht von vorneherein verwehrt, diese Entscheidung zur Überprüfung durch staatliche Gerichte zu stellen (vgl. Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl., Rn. 3206, 3319, 3380; Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Aufl., Rn. 1027; aA wohl Haas in Haas/Haug/Reschke, Handbuch des Sportrechts, Stand Juli 2005, Ordner 1, 2. Kap., Rn. 137). [25] Einem Verein ist der Zugang zu den staatlichen Gerichten im Verhältnis zu seinen Mitgliedern bei Vorliegen der sonstigen Zulässigkeits- und Sachurteilsvoraussetzungen grundsätzlich nicht allein deshalb versagt, weil durch eine vereinsinterne Rechtsmittelinstanz eine vereinsintern abschließende Entscheidung getroffen worden ist. Dies folgt aus der verfassungsrechtlich auch für den Verein verbürgten Rechtsweggarantie.


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[26] Es kann offen bleiben, ob etwas anderes gilt, wenn der Verein in seiner Satzung eindeutig für sich selbst den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ausgeschlossen hat. Für den von einer belastenden Vereinsmaßnahme Betroffenen werden Satzungsklauseln, die den Rechtsweg zur staatlichen Gerichtsbarkeit ohne Gewähr einer echten Schiedsgerichtsbarkeit ausschließen, als unwirksam angesehen oder ihnen nur die Wirkung beigemessen, dass grundsätzlich der vereinsinterne Rechtsweg als Vorschaltverfahren erschöpft sein muss, bevor die staatliche Gerichtsbarkeit angerufen werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1967 - II ZR 231/64, BGHZ 47, 172, 174 f.; Urteil vom 26. Februar 1959 - II ZR 137/57, BGHZ 29, 352, 354). [27] Mit der Bestimmung in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 der Satzung des Klägers, dass eine Entscheidung des Berufungsausschusses „vereinsintern endgültig“ ist, hat sich der Kläger jedenfalls nicht selbst des Rechtswegs zur staatlichen Gerichtsbarkeit nach Abschluss des vereinsinternen Verfahrens begeben. Die Satzung eines Vereins ist nach objektiven Gesichtspunkten aus sich heraus auszulegen und der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich (BGH, Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10, ZIP 2012, 1097 Rn. 17; Urteil vom 21. Januar 1991 - II ZR 144/90, BGHZ 113, 237, 240; Urteil vom 28. November 1988 - II ZR 96/88, BGHZ 106, 67, 71). Dem Wortlaut der Regelung kann ein Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten nicht entnommen werden (vgl. für eine ähnliche Klausel BGH, Urteil vom 26. Februar 1959 - II ZR 137/57, BGHZ 29, 352, 354). Die Regelung lässt die Entscheidung des Berufungsausschusses vereinsintern endgültig sein und besagt damit nur, dass innerhalb des Vereins keine Überprüfung durch ein weiteres Organ vorgesehen ist. Insbesondere enthält die Regelung keine Beschränkung der Überprüfbarkeit nur von Seiten des Vereins. Da für das Vereinsmitglied die Anrufung der staatlichen Gerichte nicht ausgeschlossen werden kann, wäre zu erwarten, dass sich Anhaltspunkte für eine einseitige Beschränkung der Überprüfung im Wortlaut oder Zusammenhang der Satzungsbestimmung finden lassen. [28] b) In dem verbliebenen Feststellungsantrag des Klägers hat das Berufungsgericht rechtlich unbedenklich einen Zwischenfeststellungsantrag gegenüber den Widerklageanträgen gesehen, mit denen der Beklagte Ersatz der durch das Kampfverbot entgangenen Einnahmen und Entschädigung für die Aberkennung seines Titels als Deutscher Meister im Schwergewicht begehrt. [29] Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Antrag auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses i. S. d. § 256 ZPO gerichtet ist und zudem die nach § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Vorgreiflichkeit für die Entscheidung über die Widerklage vorliegt, ist gleichfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. [30] aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht den noch verbliebenen Feststellungsantrag des Klägers als Zwischenfeststellungsantrag im Hinblick auf die Widerklageanträge gewertet, wogegen auch die Revision nichts erinnert. Denn der Antrag ist darauf gerichtet, im Hinblick auf die Entscheidung über die Widerklageanträge vorab die Frage nach dem Bestand der Boxlizenz des Beklagten zu klären. [31] bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der Antrag auf die Feststellung eines

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Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 ZPO gerichtet ist. Die Feststellung des Bestands der Boxlizenz bzw. der Lizenzinhaberschaft betrifft die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien. Unter einem Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, juris Rn. 16; Urteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, NJW 2009, 751 Rn. 10 mwN). [32] Dazu können einzelne auf einem umfassenderen Rechtsverhältnis beruhende Ansprüche oder Rechte gehören (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2011 - II ZR 306/09, BGHZ 191, 354 Rn. 14 mwN; Urteil vom 12. Dezember 1994 - II ZR 269/93, NJW 1995, 1097 mwN), wie etwa auch die Mitgliedschaft in einem Verein oder Verband und das sich hieraus ableitende Lizenzverhältnis eines Vereins- oder Verbandsmitglieds zu dem Verband. Die Feststellung, ob der Beklagte über den 13. August 2007 hinaus noch über eine Boxlizenz des Klägers verfügte, ist gleichfalls auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO gerichtet. [33] cc) Auch die Vorgreiflichkeit der begehrten Feststellung im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen. Die Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, wenn die Feststellung des Rechtsverhältnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits vorgreiflich ist, also ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht, es sei denn, über die Hauptsache wird unabhängig von dem Bestand des streitigen Rechtsverhältnisses entschieden (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, ZIP 2007, 1942 Rn. 17). Die Feststellung, ob das Lizenzverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten nach der Entscheidung des Vorstands vom 13. August 2007 noch bestanden hat oder nicht, ist jedenfalls für die Widerklageanträge vorgreiflich, mit denen der Beklagte Schadenersatz in Höhe des ihm wegen des Kampfverbots entgangenen Gewinns begehrt. Sie ist für die im Verfahren über die Widerklage bedeutsame Frage präjudiziell, ob der Verband dem Beklagten die Teilnahme an den betroffenen Boxveranstaltungen untersagen durfte. [34] Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht ein Feststellungsinteresse des Klägers bejaht, weil er als Verband nach Meinung der Revision kein Rechtsschutzinteresse auf Feststellung der Unwirksamkeit eines eigenen Beschlusses haben könne, kommt es darauf nicht an. Denn bei der Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 - VI ZR 174/74, BGHZ 69, 37, 41). [35] 2. Der Zwischenfeststellungsantrag ist aber nicht begründet, weil das Lizenzverhältnis zwischen den Parteien über den 13. August 2007 hinaus bestanden hat. Der vom Vorstand am 13. August 2007 verhängte Lizenzentzug ist durch die Entscheidung des Berufungsausschusses als Organ des Klägers aufgehoben worden. Da somit der Kläger (durch den Berufungsausschuss als Vereinsorgan) die Entscheidung über den Lizenzentzug selbst aufgehoben und ihr die Wirksamkeit genommen hat, bestand das Lizenzverhältnis über den 13. August 2007 hinaus fort. Wenn das innerhalb seiner satzungsmäßigen Befugnis tätig gewordene Vereinsgericht eine vom Vorstand gegen ein Vereinsmitglied verhängte Vereinsmaßnahme aufhebt, steht für den Verein im Verhältnis zum


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Mitglied bindend fest, dass die Maßnahme entfallen ist. Im Rahmen der auf die Feststellung der Wirksamkeit der betreffenden Maßnahme gerichteten Klage des Vereins gegen das Vereinsmitglied ist nicht zu überprüfen, ob das Vereinsgericht die betreffende Vorstandsentscheidung sachlich zu Recht aufgehoben hat. [36] a) Eine Vereinsentscheidung kann durch den Verein selbst mit der Folge aufgehoben oder abgeändert werden, dass die mit der aufgehobenen oder abgeänderten Entscheidung verbundene Maßnahme entfällt. So kann etwa der Vorstand eine von ihm beschlossene Disziplinarmaßnahme wieder aufheben oder abändern. Hat der Verein in Ausübung der autonomen, Verbänden zustehenden Befugnis zur inneren Selbstorganisation einem Vereinsgericht in bestimmten satzungsmäßig geregelten Bereichen die Zuständigkeit zugewiesen, Maßnahmen des Vorstands zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben oder abzuändern, so führt auch die Aufhebung oder Abänderung einer Maßnahme oder Entscheidung des Vorstands durch das nach der Satzung dafür zuständige Vereinsgericht dazu, dass die ursprüngliche Entscheidung oder Maßnahme durch diejenige des Vereinsgerichts ersetzt wird. Damit ist verbunden, dass der Verein sich die Abänderung der Vorstandsentscheidung durch das Vereinsgericht im Verhältnis zu dem von der Vorstandsentscheidung betroffenen Vereinsmitglied zurechnen lassen muss. Die Anrufung des in der Satzung vorgesehenen Vereinsgerichts durch das Vereinsmitglied führt dazu, dass die Willensbildung innerhalb des Vereins nicht schon mit dem Vorstandsbeschluss, sondern erst mit der letztinstanzlichen Vereinsentscheidung abgeschlossen ist. Das entspricht auch dem Zweck der Vereinsgerichtsbarkeit, den Verein davor zu schützen, vorzeitig mit Prozessen überzogen zu werden und für unfertige, noch nicht endgültige Beschlüsse im ordentlichen Prozessweg verantwortlich gemacht zu werden (vgl. RGZ 85, 355, 357). [37] b) Mit der Aufhebung einer vom Vorstand ausgesprochenen Maßnahme durch das Vereinsgericht, soweit dieses im Rahmen seiner satzungsmäßigen Zuständigkeit gehandelt hat, steht fest, dass der Verein keine (wirksame) Maßnahme verhängt hat. Im Rahmen der auf die Feststellung der Wirksamkeit der betreffenden Maßnahme gerichteten Klage des Vereins gegen das Vereinsmitglied ist durch das staatliche Gericht nicht zu überprüfen, ob das innerhalb seiner satzungsmäßigen Befugnis tätig gewordene Vereinsgericht die betreffende Vorstandsentscheidung sachlich zu Recht aufgehoben oder abgeändert hat. [38] Das staatliche Gericht ist keine (weitere) Rechtsmittelinstanz gegenüber den zuständigen Vereinsorganen und kann die Entscheidung des Vereinsgerichts nicht aufheben. Es kann eine Maßnahme oder Entscheidung des zuständigen Vereinsorgans weder aufheben noch abändern, weil es andernfalls in die Vereinsautonomie eingriffe, und stellt daher im Verhältnis zum Vereinsmitglied nur fest, ob eine Maßnahme oder Entscheidung des Vereins dem Vereinsmitglied gegenüber wirksam oder unwirksam ist (Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl., Rn. 3380 f.; Schöpflin in Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Stand: 1. Februar 2013, § 25 Rn. 72; Otto in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 25 Rn. 51. 1). Da sich im Verhältnis zum Vereinsmitglied die Aufhebung der vom Vorstand beschlossenen Maßnahme durch das Vereinsgericht als die abschließende Entscheidung des Vereins durch das zuständige Vereinsorgan über die Maßnahme darstellt,

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soweit dieses im Rahmen seiner satzungsmäßigen Zuständigkeit gehandelt hat, kann das staatliche Gericht nur feststellen, dass keine wirksame Maßnahme des Vereins vorliegt. [39] Dem steht nicht entgegen, dass nach der Senatsrechtsprechung bei einer Klage des Vereinsmitglieds gegen eine ihn betreffende Maßnahme sowohl die Vorstandsentscheidung als auch die Entscheidung des Vereinsgerichts Gegenstand der Überprüfung durch das staatliche Gericht sein können. Liegen wegen eines verbandsinternen Instanzenzuges mehrere Entscheidungen über eine Verbandsmaßnahme vor, etwa wenn ein Vereinsmitglied in einem in zwei Vereinsinstanzen gegliederten Ausschließungsverfahren von beiden Instanzen aus dem Verein ausgeschlossen worden ist, so unterliegen bei einer Klage des Vereinsmitglieds grundsätzlich alle Entscheidungen im vereinsinternen Instanzenzug, durch die das Vereinsmitglied in seinen rechtlich geschützten Belangen berührt sein kann, der gerichtlichen Überprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1954 - II ZR 17/53, BGHZ 13, 5, 13 ff.). Dies entspricht zum einem dem Grundsatz, dass eine gerichtliche Nachprüfung erst nach Erschöpfung des dafür in der Vereinssatzung vorgesehenen Instanzenzugs erfolgen kann, um eine unnötige Anrufung der ordentlichen Gerichte zu vermeiden, und beruht zum anderen auf dem Gesichtspunkt, dass das ordentliche Gericht, wenn es denn nach Abschluss des vereinsinternen Verfahrens mit der Nachprüfung der gegen das Vereinsmitglied verhängten Maßnahme befasst ist, auch eine abschließende Beurteilung vornimmt, um ein etwaiges weiteres gerichtliches Verfahren nach Aufhebung nur einer einzelnen Entscheidung und nochmaliger Durchführung des davon betroffenen vereinsinternen Verfahrensabschnitts zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1954 - II ZR 17/53, BGHZ 13, 5, 16; Urteil vom 6. März 1967 - II ZR 231/64, BGHZ 47, 172, 174 f.). [40] Dem liegen aber Fälle zugrunde, in denen die Entscheidungen aller Vereinsinstanzen, insbesondere also auch die letztinstanzliche Vereinsentscheidung, rechtliche Belange des betroffenen Vereinsmitglieds nachteilig berühren, beispielsweise die erste und die zweite Vereinsinstanz ihn aus unterschiedlichen sachlichen Gründen aus dem Verein ausschließen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1954 - II ZR 17/53, BGHZ 13, 5, 13 ff.). In diesen Fällen käme es möglicherweise zu einer Wiederholung des vereinsgerichtlichen Verfahrens und damit zu einer anschließenden erneuten Überprüfung durch das staatliche Gericht, wenn dieses (zunächst) nur die letztinstanzliche Entscheidung des betreffenden Vereinsorgans überprüft und gegebenenfalls aufhebt. Dem sind die Fälle, in denen die Maßnahme bereits durch die letztinstanzliche vereinsinterne Entscheidung aufgehoben worden ist und damit in der Sache keine wirksame vereinsrechtliche Entscheidung oder Maßnahme (mehr) vorliegt, nicht vergleichbar. [41] Dass der Berufungsausschuss des Klägers hier den Vorstandsbeschluss nicht wegen inhaltlicher Mängel, sondern wegen Verfahrensfehlern aufgehoben hat, führt nicht dazu, dass im vorliegenden Fall die Feststellung der Wirksamkeit des Vorstandsbeschlusses ausnahmsweise festgestellt werden kann, weil ansonsten möglicherweise ein mehrfaches Durchlaufen des vereinsinternen Instanzenzuges vor der Anrufung des staatlichen Gerichts erforderlich wäre. Zwar kann ein Vorstand, dessen Beschluss, gegen ein Vereinsmitglied eine bestimmte Maßnahme zu verhängen, von der übergeordneten Vereinsinstanz - wie hier der Beschluss des Vorstands des Klä-


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gers vom 13. August 2007 - wegen Verfahrensfehlern aufgehoben wird, seinen Ausgangsbeschluss unter Behebung der beanstandeten Mängel wiederholen, so dass es gegebenenfalls zu einem erneuten vereinsinternen Rechtsmittelverfahren kommen kann. In diesem Fall würde es sich aber um ein Rechtsmittel gegen einen neuen Vorstandsbeschluss handeln, so dass nicht wegen derselben Maßnahme vor einer Anrufung der staatlichen Gerichte mehrfach der vereinsinterne Instanzenzug durchlaufen würde. Der Zweck des vereinsinternen Vorschaltsystems, die unnötige Anrufung der staatlichen Gerichte zu vermeiden, wäre damit nicht unterlaufen. [42] c) Der Berufungsausschuss des Klägers hat die Entscheidung des Vorstands über den Lizenzentzug im Rahmen seiner satzungsmäßigen Zuständigkeit nach Art. 20 Abs. 2 der Satzung aufgehoben. Danach entscheidet er über Berufungen von Mitgliedern gegen Maßnahmen, die der Vorstand gem. Art. 11 Abs. 3 der Satzung gegen sie verhängt hat. Der Vorstand hat den Lizenzentzug in seinem Beschluss vom 13. August 2007 auf Art. 11 Abs. 3 der Satzung gestützt. Zwar wird im Beschluss nur Art. 11 Abs. 4 der Satzung erwähnt, der die Berufung gegen Entscheidungen nach Art. 11 Abs. 3 der Satzung zulässt. Aus der Bezugnahme auf Art. 11 Abs. 4 der Satzung und dem abschließenden Hinweis, dass gegen die Entscheidung des Vorstands das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden kann, die in der Satzung nur gegen Maßnahmen nach Art. 11 Abs. 3 der Satzung vorgesehen ist, wird aber hinreichend deutlich, dass sich der Beschluss des Vorstands vom 13. August 2007 zur Begründung auf Art. 11 Abs. 3 der Satzung stützt.

Unwirksamkeit der kirchengesetzlichen Regelungen von „Jehovas Zeugen in Deutschland KdöR“ Eine Religionsgemeinschaft, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangt hat, kann in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts gem. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 WRV in ihrer Gründungsphase durch Kirchengesetz einen zu der Gemeinschaft gehörenden privatrechtlich organisierten Verein in die Körperschaft eingliedern und damit dessen eigenständige rechtliche Existenz beenden. Dies erfordert ein - im Amtsblatt der Religionsgemeinschaft zu veröffentlichendes - hinreichend klares Gesetz der Körperschaft, in welchem Gesamtrechtsnachfolge angeordnet, der einzugliedernde Verein benannt und der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eingliederung eindeutig geregelt ist. Zudem muss sich der Verein der Regelungsbefugnis der Religionsgemeinschaft hinsichtlich einer Eingliederung und einer damit verbundenen Vermögensübertragung unterworfen haben. Ist ein eingetragener Verein eingegliedert und seine rechtliche Existenz beendet worden, hat die Körperschaft dies in entsprechender Anwendung von § 278 Abs. 1, § 198 Abs. 2 Satz 3 UmwG zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden. BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12 Tatbestand [1] Am 4. Oktober 2003 verletzte sich eine Versicherungsnehmerin der Klägerin in einem damals im Eigentum des beklagten Vereins stehenden Gebäude; die Klägerin verlangt

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deshalb von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. [2] Der Beklagte ist eine örtliche Untergliederung des deutschen Zweigs der Glaubensgemeinschaft Jehovas Zeugen. Der deutsche Zweig der Glaubensgemeinschaft war ursprünglich als „Jehovas Zeugen in Deutschland e. V.“ organisiert, der Beklagte als „Jehovas Zeugen Versammlung Ö. e.V.“. Am 13. Juni 2006 wurden dem Verein „Jehovas Zeugen in Deutschland e. V.“ vom Land Berlin die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen. [3] Diese erließ am 8. Juli 2006 ein Übergangsgesetz (Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland, Nr. 1, Jahrgang 2006, Seite 6), in welchem es in Art. 1 Ziff. I heißt: „Bereits bestehende Versammlungen werden als vom Zweigkomitee gegründete Versammlungen anerkannt, ohne dass dies eines erneuten Anerkennungsaktes bedarf. Mit der Verleihung der Körperschaftsrechte sind sie religionsrechtlich selbständige Untergliederungen des öffentlichen Rechts. Dies gilt auch, soweit sie zur Teilnahme am Rechtsverkehr als eingetragene Vereine gehandelt haben. Bis zu ihrer Löschung im Vereinsregister sind sie kirchliche Vereine im Sinne der Abgabenordnung. Das Eigentum der eingetragenen Vereine bleibt den Versammlungen zugeordnetes Eigentum im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 2 StRG. (…).“ [4] § 6 Abs. 1 Statusrechtsgesetz (StRG) in der Fassung vom 8. Juli 2006 (Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland, Nr. 1, Jahrgang 2006, Seite 1) lautet: „Die Versammlungen sind religionsrechtlich selbständige Gliederungen des öffentlichen Rechts. Das ihnen zugeordnete Eigentum sowie die durch sie vereinnahmten Spenden werden von ihnen verwaltet.“ [5] Am 12. Dezember 2007 löschte das Amtsgericht Ö. den Beklagten aus dem Vereinsregister mit der Begründung, dass die Mitglieder durch schriftlichen Beschluss auf die Rechtsfähigkeit verzichtet hätten. [6] Mit einem an „Jehovas Zeugen, Versammlung Ö.“ gerichteten Schreiben vom 26. Mai 2008 teilte das Zweigkomitee von Jehovas Zeugen in Deutschland KdöR unter anderem folgendes mit: „Als das zuständige Organ (…) bestätigen wir euch mit diesem Schriftstück, dass eure Versammlung seit jeher - ungeachtet der Rechtsform, in der sie jeweils existierte (und damit auch als Verein) - eine Untergliederung unserer Religionsgemeinschaft war (…). Es wird festgestellt, dass das Vermögen eures Versammlungsvereins im Ganzen durch religionsrechtliche (kirchengesetzliche) Anordnung (Art. 1 I Übergangsgesetz) auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts übergegangen ist. In Konkretisierung des Übergangsgesetzes wird festgestellt, dass der dadurch bewirkte Eigentumsübergang des Grundstücks An der L. 5, Flurstück 2015/9, eingetragen im Grundbuch von Ö. Blatt 7116, vormaliger Eigentümer: Jehovas Zeugen, Versammlung Ö. e. V. auf Jehovas Zeugen in Deutschland, K. d. ö. R. mit Inkrafttreten des Übergangsgesetzes am 08. 07. 2006 erfolgte.


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Hiermit bestätigen wir euch die Zuordnung eures vormaligen Vereinsvermögens als Eigentum im Sinne der §§ 6 Abs. 1 S. 2 StRG, 1 Abs. 1 S. 2 VersO (Art. 1 I S. 5 Übergangsgesetz). Dieses Schriftstück ist zugleich feststellender religionsrechtlicher (kirchenrechtlicher) Verwaltungsakt im Sinne des § 3 Abs. 3 S. 4 StRG.“ [7] Am 23. Juli 2008 berichtigte das Grundbuchamt O. das Grundbuchblatt 7116 dahingehend, dass Eigentümerin „Jehovas Zeugen, Versammlung Ö.“ sei. [8] Im Dezember 2010 hat die Klägerin gegen den Verein „Jehovas Zeugen, Versammlung Ö. e. V.“ Klage erhoben. Das Landgericht hat den Beklagten im Wege eines Versäumnisurteils zur Zahlung von 120. 564, 15 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass er verpflichtet ist, der Klägerin 50 % aller weiteren materiellen Schäden aus dem Unfall vom 4. Oktober 2003 zu ersetzen. Den hiergegen von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Vereins ausdrücklich im eigenen Namen eingelegten Einspruch hat es als unzulässig verworfen. [9] Auf dessen Berufung hat das Oberlandesgericht die Urteile des Landgerichts aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen. […] Entscheidungsgründe [10] I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Berufung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des beklagten Vereins zulässig. Er sei mit der Einspruchseinlegung dem Verfahren konkludent als Streithelfer des Beklagten beigetreten und daher zur Berufungseinlegung berechtigt gewesen. Die Berufung sei auch begründet. Denn die Klage sei unzulässig, da der Beklagte im Zeitpunkt der Klageerhebung als eingetragener Verein nicht mehr existiert habe. [11] Sein Vermögen sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund der Regelung in Art. 1 Ziff. I des Übergangsgesetzes und des nachfolgenden kirchenrechtlichen Verwaltungsaktes vom 26. Mai 2008 auf Jehovas Zeugen in Deutschland KdöR oder die Untergliederung „Versammlung Ö.“ - soweit diese Rechtsfähigkeit erlangt haben sollte - übergegangen. Aufgrund dieses Vermögensübergangs und der Löschung im Vereinsregister habe der Beklagte seine Rechts- und Parteifähigkeit verloren. [12] II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht sieht die Klage zu Unrecht als unzulässig an. [13] A. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die von dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des beklagten Vereins eingelegte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts sei zulässig. [14] I. Zu Recht hat das Berufungsgericht dessen Einspruch gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts zugleich als Erklärung des Beitritts als Streithelfer auf Beklagtenseite ausgelegt. Diese - in vollem Umfang nachprüfbare (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 1990 - V ZR 329/89, NJW 1991, 1175 f.) - Auslegung geht von dem anerkannten Grundsatz aus, dass bei Prozesshandlungen im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (siehe nur

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Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - V ZR 233/11, ZfIR 2013, 23 Rn. 11 mwN). [15] In dem Einspruchsschriftsatz wurde ausdrücklich klargestellt, dass der Einspruch nicht im Namen des beklagten Vereins eingelegt werde, sondern für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden selbst. Dieser wollte sich somit im eigenen Namen an dem Rechtsstreit beteiligen, was ausschließlich im Wege einer Nebenintervention nach §§ 66 ff. ZPO möglich war (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1994 - IX ZR 152/93, NJW 1994, 1537 f.). Mit der Einlegung eines Einspruchs gegen ein nicht gegen ihn ergangenes Urteil hat er auch eine typische Unterstützungshandlung vorgenommen (vgl. §§ 66 Abs. 2, 70 Abs. 1 Satz 1 ZPO; BGH, Urteil vom 10. März 1994 - IX ZR 152/93, NJW 1994, 1537 f.). [16] II. Ob der Streitbeitritt den Anforderungen der §§ 66, 70 ZPO genügt, insbesondere ob der als Streithelfer Beitretende ein rechtliches Interesse an dem Obsiegen der Partei hat, ist im Rahmen der Zulässigkeit der Berufung des Streithelfers nicht zu prüfen. [17] 1. Bei der Nebenintervention beschränkt sich die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung ihrer Zulässigkeit auf die allgemeinen persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen, also darauf, ob Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit gegeben sind; insoweit bestehen hier keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Nebenintervention. Die besonderen Voraussetzungen der Nebenintervention werden hingegen nur auf Antrag einer Hauptpartei und nur im Verfahren nach § 71 ZPO geprüft (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2012 IV ZR 233/09, juris Rn. 13, BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362). Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit eines von einem Streithelfer eingelegten Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05, BGHZ 165, 358, 362; BGH, Urteil vom 27. Februar 1980 - IV ZR 167/78, NJW 1980, 1693; RGZ 163, 361, 364 ff.; RG, JW 1901, 798 f.; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 71 Rn. 1 Fn. 2; a. A. Baur, FS Lent, 1957, S. 1, 8). [18] 2. Ob die Klägerin mit dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung konkludent zugleich einen Antrag gemäß § 71 Abs. 1 ZPO auf Zurückweisung der Nebenintervention gestellt hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 12. Juni 1989 - II ZB 2/89, juris Rn. 11; Urteil vom 21. Juni 1951 - III ZR 5/50, LM Nr. 1 zu § 66 ZPO; RG, JW 1901, 798 f.) und ob das Berufungsurteil ein Zwischenurteil gem. § 71 Abs. 2 ZPO enthält (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 1989 - II ZB 2/89, juris Rn. 9; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 71 Rn. 5), kann offen bleiben. Denn ein im Zwischenstreit über die Nebenintervention ergangenes Zwischenurteil, das im ersten Rechtszug vom Oberlandesgericht erlassen worden ist, ist unanfechtbar; dies gilt auch dann, wenn ein Rechtsmittel zugelassen worden ist (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2012 - I ZB 7/12, juris Rn. 7 ff.). [19] III. Als Streithelfer durfte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Beklagten selbst Berufung einlegen (vgl. § 66 Abs. 2, § 70 Abs. 1 ZPO). Soweit die Revision meint, die Berufung des Streithelfers sei unzulässig, weil das Landgericht dessen Nebenintervention bereits rechtskräftig zurückgewiesen habe, ist dies unzutreffend. Das Urteil, mit dem das Landgericht den vom Streithelfer eingelegten Einspruch verworfen


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hat, enthält keine Zurückweisung der Nebenintervention. Weder hat die Klägerin einen entsprechenden Zurückweisungsantrag gestellt noch hat sich das Landgericht mit der Frage eines Beitritts auseinandergesetzt oder gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 ZPO nach mündlicher Verhandlung entschieden. [20] B. Das Berufungsgericht hat die Klage jedoch zu Unrecht wegen fehlender Parteifähigkeit des Beklagten als unzulässig abgewiesen. [21] I. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt es an, dass der Beklagte - lässt man die kirchenrechtlichen Regelungen unberücksichtigt - nach den allgemeinen vereinsrechtlichen Bestimmungen seine rechtliche Existenz und damit seine Parteifähigkeit nicht verloren hat. Einem Verlust der Rechtsund Parteifähigkeit des Beklagten steht bereits der Umstand entgegen, dass noch Vereinsvermögen vorhanden ist (vgl. MünchKomm-BGB/Reuter, 6. Aufl., § 41 Rn. 13 mwN, § 49 Rn. 19); eine Übertragung des dem Verein gehörenden Grundstücks „An der L. 5“ nach zivilrechtlichen Regeln auf die Körperschaft Jehovas Zeugen in Deutschland ist nicht erfolgt. Darüber hinaus führen der Verzicht auf die Rechtsfähigkeit und die Löschung im Vereinsregister dazu, dass ein eingetragener Verein als nicht rechtsfähiger Verein fortbesteht (Waldner/Wörle- Himmel in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl., Rn. 401; Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl., Rn. 2213; BeckOK BGB/Schöpflin, Edition 26, § 41 Rn. 13; MünchKomm-BGB/Reuter, 6. Aufl., § 41 Rn. 22; Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl., § 47 Rn. 2; Schäfer, RNotZ 2008, 22). Als nicht rechtsfähiger Verein ist der Beklagte gemäß § 50 Abs. 2 ZPO weiterhin parteifähig. [22] II. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt aus den kirchenrechtlichen Regelungen, welche die Körperschaft Jehovas Zeugen in Deutschland erlassen hat, kein anderes Ergebnis. [23] 1. Die Verleihung des Körperschaftsstatus erstreckt sich nur auf den Dachverband „Jehovas Zeugen in Deutschland e. V.“, nicht auch auf dessen örtliche Untergliederungen. Allerdings ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass eine Religionsgemeinschaft, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangt hat, in ihrer Gründungsphase durch Kirchengesetz einen zu der Gemeinschaft gehörenden privatrechtlich organisierten Verein in die Körperschaft eingliedert und damit dessen eigenständige rechtliche Existenz beendet. [24] a) Eine solche Maßnahme ist gemäß Art. 140 GG, 137 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 WRV Gegenstand des Selbstbestimmungsrechts einer Religionsgesellschaft. [25] Der über Art. 140 GG als Bestandteil des Grundgesetzes fortgeltende Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV (zur Fortgeltung der Weimarer Kirchenartikel siehe BVerfGE 102, 370, 386 f. mwN) garantiert den Religionsgesellschaften die Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diese Garantie eine notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 2 GG) die dazu unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt. Das Ordnen und Verwalten umfasst das Recht, alle eigenen Angelegenheiten auf Grundlage des religiösen Selbstverständnisses rechtlich

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zu gestalten (vgl. zum Ganzen BVerfG, DVBl 2007, 1555, 1561; Senat, Urteil vom 11. Februar 2000 - V ZR 271/99, NJW 2000, 1555 f., jeweils mwN). [26] Das durch Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV allen Religionsgesellschaften garantierte Selbstbestimmungsrecht wird durch die Körperschaftsrechte gemäß Art. 137 Abs. 5 und 6 WRV erweitert (Korioth in Maunz/Dürig, GG, Stand: Februar 2003, Art. 137 WRV Rn. 90). Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß Art. 140 GG, 137 Abs. 5 WRV ist ein Mittel zur Erleichterung und Entfaltung der Religionsfreiheit, welches die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen soll (BVerfGE 102, 370, 387, 393). Durch seine Verleihung erhält die Religionsgemeinschaft eine besondere Rechtsstellung, die über diejenige privatrechtlich verfasster Religionsgemeinschaften hinausgeht (BVerfGE 102, 370, 388; 66, 1, 20; BGH, Beschluss vom 24. Juli 2001 - VI ZB 12/01, BGHZ 148, 307, 309). Zu den anerkannten Korporationsrechten zählt neben der Organisationsgewalt die gegenständlich auf die normative Ausgestaltung der Körperschaft und der aus ihr abgeleiteten einzelnen Rechte beschränkte (BVerwG, NVwZ 2008, 1357 Rn. 14) - Rechtsetzungsautonomie (P. Kirchhof in Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., S. 651, 670 f.; Korioth, aaO, Rn. 87, 90; von Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl., S. 257 ff., 266; Heinig, Öffentlichrechtliche Religionsgesellschaften, S. 294 f.; Zacharias, NVwZ 2007, 1257, 1259 f.; Magen, NVwZ 2001, 888 f.). [27] Diese unmittelbar mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verbundene und deshalb schon in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV wurzelnde Befugnis stellt ein zentrales Recht der korporierten Religionsgemeinschaften zur Gestaltung einer ihrem religiösen Selbstverständnis gemäßen Organisationsform dar (vgl. Zacharias, aaO; Magen, Körperschaftsstatus und Religionsfreiheit, S. 15, 271 ff. und NVwZ 2001, 888 f.; P. Kirchhof, aaO, S. 671). [28] b) Da eine Regelung über die Eingliederung lokaler Vereine in die neu entstandene Körperschaft Rechte außenstehender Dritter - wie beispielsweise der Vereinsgläubiger - und damit den bürgerlichen Rechtskreis berührt, handelt es allerdings nicht um eine allein den inneren Bereich einer Religionsgemeinschaft betreffende Angelegenheit, für die sich aus den staatlichen Gesetzen keine Schranken ergeben (vgl. BVerfG, NJW 1999, 350; Senat, Urteil vom 11. Februar 2000 - V ZR 271/99, NJW 2000, 1555 f.; BVerfG, DVBl 2007, 1555, 1561 mwN). Vielmehr wird die Rechtsetzungsbefugnis der Körperschaft durch die Schranke des für alle geltenden Gesetzes gemäß Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV begrenzt, welche gegenüber allen Gewährleistungen des Art. 137 WRV gilt (Morlok in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 137 WRV Rn. 57). [29] Zu den für alle geltenden Gesetzen zählen auch die Vorschriften des Sachenrechts (BVerfG, NJW 1983, 2571 f.; Senat, Urteil vom 11. Februar 2000 - V ZR 271/99, NJW 2000, 1555 f.; BayObLG, NJW-RR 1994, 914 f.; vgl. auch BVerwG, NVwZ 2008, 1357 Rn. 17 und NVwZ 1991, 774, 776) und die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, welche den Erwerb und Verlust der Rechtsfähigkeit regeln (vgl. BVerfGE 83, 341, 355; Muckel in Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., S. 827, 836 f.; Ehlers in Sachs, GG, 6. Aufl., Art. 137 WRV Rn. 18 f.; Magen in Umbach/Clemens, GG, Art. 140 Rn. 88 ff.; von Campenhausen/


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de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl., S. 106; vgl. auch Mückl in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Band VII, S. 711, 783; von Campenhausen/Unruh, in Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., Art. 137 WRV Rn. 190 ff. und BVerwG, NVwZ 1991, 774, 776). Diese Regelungen haben für Religionsgemeinschaften dieselbe Bedeutung wie für jedermann und treffen sie in ihrer Besonderheit nicht härter als andere (vgl. dazu BVerfG, DVBl 2007, 1555, 1561; BVerfGE 66, 1, 20 mwN). [30] c) Die grundsätzliche Anwendbarkeit der Vorschriften des Sachenrechts und des Vereinsrechts führt jedoch nicht dazu, dass sich diese Normen stets gegenüber den grundgesetzlich geschützten Rechten der Religionsgemeinschaften durchsetzen (vgl. BVerfGE 53, 366, 400, 404; 66, 1, 22; 70, 138, 167; Mückl, aaO, S. 783; Morlok, aaO, Rn. 34). Die inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung bilden mit dem Grundgesetz ein organisches Ganzes. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV gewährleistet mit Rücksicht auf das zwingende Erfordernis des friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirche sowohl das selbständige Ordnen der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen als auch den staatlichen Schutz anderer für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck ist durch entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen (BVerfGE 53, 366, 400 f.; 66, 1, 22; 70, 138, 167; Senat, Urteile vom 11. Februar 2000 - V ZR 271/99, NJW 2000, 1555 f. und vom 28. März 2003 - V ZR 261/02, NJW 2003, 2097, 2099). [31] Dementsprechend ist anerkannt, dass auch im Bereich des bürgerlichen Rechts die Religionsfreiheit ihre Grenze nicht stets an den Rechten außenstehender Dritter findet (vgl. BVerfGE 57, 220, 244; Khan, Rpfleger 1990, 71 f.). So sind beispielsweise innerkirchliche Regelungen über die Vertretung bei Rechtsgeschäften und über Genehmigungserfordernisse grundsätzlich auch im staatlichen Recht zu beachten (BVerwG, NVwZ 2008, 1357 Rn. 15; OLG Braunschweig, Rpfleger 1991, 452 f; OLG Hamm, Rpfleger 1981, 60 f.; Seeger, MittBayNot 2003, 361; Eckert/Heckel, MittBayNot 2006, 471 f.; Schäfer, NVwZ 2008, 1319 f.; Khan, Rpfleger 1990, 71 f.). Auch ergibt sich unmittelbar aus der Verfassung, dass religionsrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht insolvenzfähig sind, obwohl dadurch auch die Rechtsstellung der Gläubiger tangiert wird (BVerfGE 66, 1, 25). Zudem steht den religiösen Körperschaften die hoheitliche Befugnis zu, Gegenstände mit Wirkung auch gegenüber Außenstehenden zu widmen (BVerfGE 102, 370, 388; BVerwG, NVwZ 2008, 1357 Rn. 22). Für das Vereinsrecht ist anerkannt, dass bei seiner Anwendung auf Religionsgemeinschaften deren Eigenverständnis in besonderem Maße zu berücksichtigen ist, wobei jedoch unabweisbare Rücksichten auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs und auf die Rechte anderer nicht vernachlässigt werden dürfen (BVerfGE 83, 341, 356; von Campenhausen/Unruh, in Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., Art. 137 WRV, Rn. 191 f.). Bei der Anwendung des Vereinsrechts auf Vereine, die Teilgliederungen einer Religionsgemeinschaft sind oder mit ihr in besonderer Verbindung stehen, ist auch den sich daraus ergebenden besonderen Anforderungen an die innere Organisation Rechnung zu tragen (BVerfGE 83, 341, 356). [32] d) Bei der danach erforderlichen Güterabwägung ist auf der einen Seite von Bedeutung, dass eine der Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nachfolgende Eingliederung von Vereinen dem Aufbau der

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Körperschaft dient (vgl. zu diesem Aspekt Claasen, Religionsfreiheit und Staatskirchenrecht in der Grundrechtsordnung, S. 175). Da die Neuverleihung der Körperschaftsrechte und damit auch der Aufbau einer Körperschaft in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV ausdrücklich vorgesehen sind (vgl. Claasen, aaO, S. 175), kommen dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft und der privilegierten Rechtsposition, welche sich aus dem Körperschaftsstatus ergibt, in dieser Gründungsphase besonderes Gewicht zu. Hier erhielt die Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen in Deutschland durch die Verleihung der Körperschaftsrechte erstmals die Möglichkeit, sich in Deutschland eine ihrem Selbstverständnis entsprechende Organisationsstruktur zu geben. In Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts aus Art. 140 GG, 137 Abs. 3 Satz 1 WRV hat sie entschieden, die bislang als selbständige Vereine organisierten regionalen Untergliederungen in die Körperschaft einzugliedern. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die Auflösung der zahlreichen lokalen Vereine nach dem allgemeinen Vereinsrecht und die Übertragung ihres Eigentums nach zivilrechtlichen Regeln auf die Körperschaft mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden wäre, der die Ausübung des Selbstverwaltungs- und Selbstorganisationsrechts erheblich - wenn nicht gar unzumutbar erschwerte. [33] Die Vereine müssten nach § 47 BGB liquidiert werden (vgl. BeckOK BGB/Schöpflin, Edition 26, § 41 Rn. 3 f., § 47 Rn. 1). Das Vereinsvermögen könnte erst nach Ablauf des Sperrjahres nach § 51 BGB an die Körperschaft ausgeantwortet werden, die Vereine bestünden gemäß § 49 Abs. 2 BGB bis zur Beendigung der Liquidation fort. Die Übertragung von unbeweglichem Vermögen auf die Körperschaft bedürfte jeweils gem. §§ 873, 925 BGB der Auflassung und Eintragung in das Grundbuch. [34] Auf der anderen Seite haben aber auch die mit den hier tangierten Normen des Zivilrechts verfolgten Ziele erhebliches Gewicht. Der Schutz der Religionsfreiheit sowie des Selbstverwaltungsrechts der Religionsgemeinschaften darf nicht dazu führen, unabweisbare Rücksichten auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs und auf die Rechte anderer zu vernachlässigen (vgl. BVerfGE 83, 341, 356; BK/Kästner, Art. 140 GG, Rn. 322, Stand: März 2010, Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl., Art. 140 Rn. 25). Die Vorschriften über die Liquidation von Vereinen dienen dem Schutz der Gläubiger (Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 47 Rn. 1). Deswegen kann grundsätzlich gemäß § 47 BGB die Verteilung des Vereinsvermögens bei Auflösung des Vereins nur in dem gesetzlich vorgeschriebenen Liquidationsverfahrens erfolgen (BeckOK BGB/Schöpflin, Edition 26, § 41 Rn. 3 f., § 47 Rn. 1). Im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs unterrichtet das Vereinsregister die Öffentlichkeit über die Rechtsverhältnisse des eingetragenen Vereins (BeckOK BGB/Schöpflin, Edition 26, § 55 Rn. 1; Waldner/Wörle-Himmel in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl., Rn. 139a aE); dort sind gemäß § 76 Abs. 1 BGB auch die Liquidatoren, ihre Vertretungsmacht und die Beendigung der Liquidation einzutragen. Die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken ergeben sich grundsätzlich aus dem Grundbuch (vgl. aber auch § 3 Abs. 2 GBO). Erfolgt eine Grundbucheintragung, wird hierdurch der im Sachenrecht geltende Publizitätsgrundsatz verwirklicht. Die Umwandlung von Rechtsträgern - welche eine Gesamtrechtsnachfolge ohne Gläubigerzustimmung und ohne Liquidation ermöglicht (vgl.


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Decker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 UmwG Rn. 2)- wird durch das Umwandlungsgesetz geregelt, wobei § 1 Abs. 2 UmwG eine Umwandlung außerhalb des Umwandlungsgesetzes nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zulässt und § 1 Abs. 3 UmwG die Regeln des Umwandlungsgesetzes zu zwingendem Recht erklärt (Semler in Semler/ Stengel, Umwandlungsgesetz, 3. Aufl., § 1 Rn. 1). Auch diese Regelungen dienen dem Schutz der Gläubiger und dem Interesse der Rechtssicherheit (Semler, aaO; vgl. auch Hörtnagl, in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, 5. Aufl., § 1 UmwG, Rn. 73). [35] e) Die widerstreitenden Rechtspositionen sind zu einem schonenden Ausgleich zu bringen. Dies führt dazu, dass die Eingliederung eines eingetragenen Vereins in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts durch Kirchengesetz in der Gründungsphase grundsätzlich möglich ist. [36] aa) Zur Wahrung der Sicherheit des Rechtsverkehrs müssen für eine wirksame Eingliederung allerdings folgende Voraussetzungen erfüllt sein: [37] (1) Die Eingliederung hat durch - im Amtsblatt der Religionsgemeinschaft zu veröffentlichendes - Gesetz der Körperschaft zu erfolgen, ein Verwaltungsakt ist nicht ausreichend. Das Gesetz muss hinreichend klar sein. Der einzugliedernde Verein muss namentlich benannt und der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eingliederung eindeutig geregelt sein. [38] (2) Es muss Gesamtrechtsnachfolge angeordnet sein. Eine Übertragung nur des Vermögens oder einzelner Vermögensgegenstände wäre mit den Gläubigerinteressen unvereinbar. Durch eine Gesamtrechtsnachfolge kommt es zwar zu einem Austausch des Schuldners ohne Mitwirkung des Gläubigers. Die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des neuen Schuldners - der Körperschaft des öffentlichen Rechts - ist aber gering (vgl. BVerfGE 66, 1, 24). Denn die Verleihung des Körperschaftsstatus an eine Religionsgemeinschaft setzt voraus, dass diese nach ihrem Mitgliederbestand und den Vermögensverhältnissen in der Lage ist, ihren finanziellen Verpflichtungen auf Dauer nachzukommen. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist im Verleihungsverfahren sorgfältig zu prüfen (BVerfG, aaO). [39] Die vollständige Eingliederung eines Vereins in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist mit der Übertragung des Eigentums an einzelnen Vermögensgegenständen nicht vergleichbar. Die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen eine solche Eigentumsübertragung durch Kirchengesetz erfolgen kann (vgl. nur BVerfG, NJW 1983, 2571 f. - obiter dictum, Demharter, GBO, 28. Aufl., § 20 Rn. 9; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn. 3295 a; Mainusch, NJW 1999, 2148 ff.), bedarf somit keiner Entscheidung. [40] (3) Schließlich muss der Verein der Religionsgemeinschaft angehören und sich deren Regelungsbefugnis hinsichtlich einer Eingliederung und einer damit verbundenen Vermögensübertragung unterworfen haben. Der Staat kann einer Religionsgemeinschaft keine Hoheitsbefugnisse gegenüber Personen verleihen, die ihr nicht angehören (BVerfGE 19, 206, 216). [41] bb) Betrifft die Eingliederung einen im Vereinsregister

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eingetragenen Verein, müssen sich die rechtliche Beendigung des Vereins und die Rechtsnachfolge durch die Körperschaft klar aus dem Register ergeben, damit dieses seine Funktion erfüllen kann, die Öffentlichkeit über die Verhältnisse des Vereins zu unterrichten (vgl. BeckOK BGB/Schöpflin, Edition 26, § 55 Rn. 1; Waldner/Wörle-Himmel, aaO, Rn. 139a aE). Daher hat die Körperschaft die Eingliederung eines eingetragenen Vereins in entsprechender Anwendung von § 278 Abs. 1, § 198 Abs. 2 Satz 3 UmwG zur Eintragung in das Vereinsregister anzumelden. Eine solche Eintragung ist zwar nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beendigung des Vereins und seine Eingliederung in die Körperschaft. [42] Kommt die Körperschaft ihrer Verpflichtung zur Anmeldung nicht nach und führt die fehlende Eintragung der Eingliederung zu einer Irreführung von Vereinsgläubigern, vermag dies aber Schadensersatzansprüche gegen die Körperschaft zu begründen. [43] 2. Das von der Körperschaft Jehovas Zeugen in Deutschland erlassene Gesetz hat die Eingliederung des Beklagten in die Körperschaft nicht herbeigeführt, da die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die eigenständige rechtliche Existenz des Beklagten ist daher nicht beendet. [44] a) Allerdings ist Art. 1 Ziff. I Übergangsgesetz dahingehend auszulegen, dass damit die Eingliederung des Beklagten in die Körperschaft Jehovas Zeugen in Deutschland und die Beendigung seiner Rechtsfähigkeit beabsichtigt waren. [45] Die Regelung ist hingegen nicht so zu verstehen - wie es das Berufungsgericht für möglich hält -, dass der Beklagte in eine religionsrechtliche Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit umgewandelt werden sollte. Art. 1 Ziff. I Übergangsgesetz i. V. m. § 6 StRG ist zwar missverständlich dahingehend formuliert, dass mit der Verleihung der Körperschaftsrechte die Versammlungen religionsrechtlich selbständige Untergliederungen des öffentlichen Rechts sind, deren Eigentum ihnen zugeordnet bleibt und von ihnen verwaltet wird. Aus dem an die Versammlung Ö. gerichteten Schreiben des Zweigkomitees vom 26. Mai 2008, worin festgestellt ist, dass das Vermögen des Beklagten auf die Körperschaft Jehovas Zeugen in Deutschland übergangen ist, die nun ihrerseits dessen „Zuordnung“ zu der Versammlung bestätigt, wird jedoch deutlich, dass die Versammlungen durch Art. 1 Ziff. I Übergangsgesetz nicht in rechtlich selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts umgewandelt werden sollten. Dieses Auslegungsergebnis entspricht auch dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft, wie sich aus der späteren Klarstellung in § 5 Abs. 4 Statusrechtsgesetz in der Fassung vom 27. Mai 2009 (Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland, Nr. 2, Jahrgang 2009, Seite 1) ergibt. Danach verfügen die religionsrechtlich selbständigen Gliederungen grundsätzlich nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit im staatlichen Recht, soweit Vorschriften des Religionsrechts eine solche nicht ausdrücklich anordnen. [46] b) Durch diese Regelungen konnte die Eingliederung des Beklagten in die Körperschaft jedoch nicht erreicht werden. [47] Sie sind schon nicht hinreichend klar. Dass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eine Eingliederung der lokalen Vereine in die Körperschaft und damit verbunden die Beendigung der eigenständigen rechtlichen Existenz der Vereine erreicht


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werden sollte, ergibt sich aus Art. 1 Ziff. I Übergangsgesetz i. V. m. § 6 Statusrechtsgesetz nicht. Erst aufgrund der späteren Klarstellung in § 5 Abs. 4 Statusrechtsgesetz in der Fassung vom 27. Mai 2009 wird erkennbar, dass die Versammlungen jedenfalls keine eigene Rechtspersönlichkeit mehr besitzen sollen. Aus den Regelungen wird jedoch nicht deutlich, dass eine Gesamtrechtsnachfolge und damit auch der Übergang der Verbindlichkeiten des jeweiligen Vereins auf die Körperschaft eintreten soll. Der feststellende Verwaltungsakt im Schreiben der Körperschaft vom 26. Mai 2008, wonach das „Vermögen“ des Vereins auf die Körperschaft übergegangen ist und das vormalige Vereinsvermögen dem Verein lediglich zugeordnet wird, verhilft den kirchengesetzlichen Regelungen nicht zu der erforderlichen Klarheit. Denn die Unklarheit eines Gesetzes kann nicht durch den Erlass eines Verwaltungsaktes behoben werden. Hinzu kommt, dass die einzugliedernden Vereine in dem Gesetz nicht benannt sind und auch der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eingliederung nicht geregelt ist. [48] Den Regelungen muss somit die Anerkennung versagt bleiben. Sie tragen den Interessen des Rechtsverkehrs und insbesondere der Gläubiger nicht hinreichend Rechnung. Auch für einen aufmerksamen Gläubiger bleibt unklar, welches rechtliche Schicksal die ihm zustehende Forderung erfahren hat und gegen wen eine mögliche Klage zu richten wäre. Die Unklarheit der von der Körperschaft erlassenen Regelungen zeigt sich letztlich auch darin, dass das Grundbuchamt diese dahingehend verstanden hat, dass die „Versammlung Ö.“ Rechtsnachfolgerin des Beklagten geworden ist. Eine Auslegung in dieser Weise hat auch das Berufungsgericht für möglich gehalten. [49] 3. Da die versuchte Eingliederung des Beklagten bereits aus den vorgenannten Gründen unwirksam ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob sich die Regelungsbefugnis der Körperschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland auf das Land Baden-Württemberg erstreckte, wo der Beklagte ansässig ist, obwohl dort bislang keine Zweitverleihung der Körperschaftsrechte erfolgt ist (siehe dazu VG Mainz, NVwZ-RR 2012, 417 f.; VG München, ZevKR 29 (1984), 628 ff. mit Anm. Störle; Zacharias, NVwZ 2007, 1257 ff.; P. Kirchhof, aaO, S. 687; von Campenhausen/de Wall, aaO, S. 139; Mückl, aaO, S. 774; BeckOK GG/Germann, Edition 17, Art. 140 Rn. 70; Bohl, Der öffentlich-rechtliche Körperschaftsstatus der Religionsgemeinschaften, S. 95 f.; Ehlers in Sachs, GG, 6. Aufl., Art. 137 WRV Rn. 29). [50] C. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Zurückweisung einer Vereinsanmeldung bei Beschränkung des Minderheitenrechts der Vereinsmitglieder OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.5.2013 – I-3 Wx 43/13 [1] Gründe [2] I. [3] Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 hat der Notar die Neu-

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anmeldung des Vereins vom 20. Juli 2012 in Urschrift und die Abschrift der Niederschrift über die Gründungsversammlung vom 26. Nov. 2011 nebst Vereinssatzung eingereicht und den Vollzug im Vereinsregister beantragt. [4] Mit Schreiben vom 08. Aug. 2012 hat das Registergericht einzelne Regelungen der Satzung vom 26. Nov. 2011 beanstandet (§§ 2,4 und 5) und darum gebeten, die Satzung durch Beschluss der Mitgliederversammlung entsprechend zu ändern und die Satzungsänderung mit Abschrift des Änderungsbeschlusses und des Wortlauts der geänderten Satzung (§ 71 BGB) zu den Akten zu reichen. [5] Daraufhin hat der nach dem Satzungsentwurf vorgesehene Geschäftsführer, der gleichzeitig Verfahrensbevollmächtigter des Vereins ist, mit Schreiben vom [6] 20. Nov. 2012 eine – ebenfalls mit Datum 26. Nov. 2011 versehene – Satzung zu den Akten gereicht, „die eine Neufassung der §§ 2,4 und 5 im Sinne der gerichtlichen Beanstandung“ vorsehe und von allen Mitgliedern einstimmig beschlossen worden sei. Ein Beschluss der Mitgliederversammlung ist dem Schreiben nicht beigefügt. [7] Das Registergericht hat mit Schreiben vom 22. Nov. 2012 beanstandet, eine nur neugeschriebene Satzung stelle keine wirksame Satzungsänderung dar. Erforderlich sei ein wirksamer Beschluss der Mitgliederversammlung; sodann sei die Satzung mit dem Datum der Beschlussfassung zu datieren, vom Vorstand zu unterzeichnen und mit dem Beschluss der Mitgliederversammlung einzureichen. [8] Nach Ablauf der zuvor gesetzten Frist hat das Registergericht mit dem angefochtenen Beschluss den Eintragungsantrag kostenpflichtig zurückgewiesen, weil die in den Verfügungen vom 08. Aug. und vom 22. Nov. 2012 genannten Eintragungshindernisse nicht behoben worden seien. [9] Dagegen richtet sich die Beschwerde des Vereins, der geltend macht, der Beschluss der Mitgliederversammlung und die nochmals korrigierte Fassung der Satzung seien als Anlage beigefügt. [10] In dem beigefügten Protokoll der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 14. Dez. 2012 heißt es unter TOP 3 „Satzungsänderung“ u.a. [11] „Auf entsprechenden Antrag des Vorsitzenden wird die vorliegende Satzung von den anwesenden Mitgliedern einstimmig genehmigt und von diesen noch einmal unterschrieben.“ [12] Die mit gleichem Datum vorgelegte Satzung enthält – wie die mit dem Eintragungsantrag vom 31. Juli 2012 vorgelegte Satzung vom 26 Nov. 2011 – die §§ 2,4 und 5 in der damals beanstandeten Form. [13] Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, weil der zu dem Beschluss der Mitgliederversammlung vom 14. Dez. 2012 eingereichte (neue) Satzungstext keine weiteren Änderungen zu der beanstandeten Satzung vom 26. Nov. 2011 enthalte. [14] Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat der Verein das Protokoll der Mitgliederversammlung vom


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08. April 2013 vorgelegt, mit dem die monierten Satzungspunkte geändert worden seien. Beschlossen wurden Änderungen zu §§ 2 und 4. [15] II. [16] Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 61, 374 Nr. 4, 382 Abs. 3 FamFG zulässig, insbesondere ist der Vorverein als solcher beschwerdebefugt, wenn die Anmeldung zur Eintragung in das Vereinsregister vom Registergericht zurückgewiesen wird (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 72. Aufl., § 60, Anm. 1 und § 21, Anm. 12). [17] In der Sache allerdings ist die Beschwerde nicht gerechtfertigt. [18] Bei der Anmeldung eines Vereins, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, zur Eintragung in das Vereinsregister, ist die Anmeldung nach § 60 BGB zurückzuweisen, wenn den Erfordernissen der §§ 56 bis 59 BGB nicht genügt ist. Zurückweisungsgründe und damit Gegenstand der Prüfungspflicht sind jedoch nicht nur die ausdrücklich genannten Vorschriften, sondern alle den Verein betreffenden Bestimmungen, weil das Registergericht über die Erlangung der Rechtsfähigkeit im Einklang mit dem materiellen Recht entscheiden muss. Die Anmeldung ist daher auch bei sonstigen Gesetzesverstößen zurückzuweisen, unabhängig davon, ob die verletzte Vorschrift eine Soll- oder Mussvorschrift ist. Das Registergericht hat bei begründeten Bedenken ein materielles Prüfungsrecht und eine entsprechende Prüfungspflicht. (Schöpflin in Bamberger/Roth, Beck’scher Online-Kommentar, Stand 01.02.2013, § 60, Anm. 2 m.N.). [19] Im vorliegenden Fall hat das Registergericht die Anmeldungen mit Schreiben vom 31. Juli 2012 und vom 20. Nov. 2012 zu Recht beanstandet. [20] Dies gilt hinsichtlich der Anmeldung mit Schreiben vom 31. Juli 2012 wegen der auch vom Verein nicht in Frage gestellten Beanstandungen der §§ 2, 4 und 5 der Satzung vom 26. Nov. 2011 und hinsichtlich der mit Schreiben vom 20. Nov. 2012 vorgelegten „neuen“ Satzung, die jedoch ebenfalls noch das Datum vom 26. Nov. 2011 trägt, weil es an einem entsprechenden Beschluss der Mitgliederversammlung fehlt, der auch im Beschwerdeverfahren nicht „nachgeholt“ worden ist. [21] Der Verein kann sich nicht mit Erfolg auf den Beschluss der Mitgliederversammlung vom 14. Dez. 2012 berufen, den er zugleich mit der „nochmals korrigierten Fassung der Satzung“ mit der Beschwerde vorgelegt hat. Denn die von der Mitgliederversammlung am 14. Dez. 2012 beschlossene Satzung gleichen Datums enthält – wie das Registergericht im Nichtabhilfebeschluss bereits ausgeführt hat – außer dem geänderten Datum die beanstandeten Regelungen der §§ 2, 4 und 5 der Satzung vom 26. Nov. 2011 in unveränderter Form. [22] Schließlich räumen auch die im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens gefassten Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 08. April 2013 die vom Registergericht angeführten Gründe für die Zurückweisung des Eintragungsantrages schon deshalb nicht aus, weil zwar Änderungen der §§ 2 und 4 der Satzung beschlossen worden sind, nicht jedoch von § 5 Nr. 3 der Satzung, so dass danach für die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung

nach wie vor nur ein Quorum von 1/3 der stimmberechtigten Vereinsmitglieder vorgesehen ist. Bei der Bestimmung eines Einberufungsquorums in der Vereinssatzung ist jedoch nicht abzustellen auf die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder, sondern auf die Zahl der an der Mitgliederversammlung teilnahmeberechtigten Mitglieder; auch diese können das Minderheitenverlangen unterstützen (Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Aufl., 2006, Rdnr. 160). Das Minderheitenrecht nicht stimmberechtigter Mitglieder kann die Satzung nicht beschränken oder ausschließen; sie kann daher nicht vorsehen, dass z.B. fördernden, außerordentlichen, jugendlichen oder Ehrenmitgliedern das Recht nicht zustehen soll, die Einberufung der Mitgliederversammlung zu verlangen (LG Bremen, Rechtspfleger 1990, 262, Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Aufl., 2012, Rdnr. 655; Schöpflin, a.a.O., § 37, 4 m.N.). [23] Es bleibt dem Verein unbenommen, nunmehr die Satzung im Einklang mit dem materiellen Vereinsrecht insgesamt neu zu beschließen und zusammen mit dem Beschluss der Mitgliederversammlung in einer neuen Anmeldung zur Eintragung vorzulegen. [24] […] Anmerkung Die Entscheidung betrifft den Beschluss eines Registergerichts, in dem dieses den Antrag auf Eintragung eines Vereins zurückgewiesen hat. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das OLG Düsseldorf mit der vorliegenden Entscheidung zurückgewiesen. Nachdem der (Vor-)Verein einen Teil der in dem Zurückweisungsbeschluss gerügten Eintragungshindernisse im Laufe des Beschwerdeverfahrens beseitigt hat,1 stützt sich die Entscheidung des Beschwerdegerichts letztlich auf die Unzulässigkeit von § 5 Nr. 3 der vom Verein eingereichten Satzung. Dieser sieht vor, dass für die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein Quorum von 1/3 der stimmberechtigten Vereinsmitglieder erforderlich ist. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist eine solche Satzungsbestimmung unzulässig, weil das Einberufungsrecht sämtlichen Mitgliedern, d.h. auch den nichtstimmberechtigten Mitgliedern zustehen müsse. Der Entscheidung des OLG Düsseldorf ist zuzustimmen. § 5 Nr. 3 der Satzung ist unvereinbar mit § 37 Abs. 1 BGB. Obgleich die Regelung nicht ausdrücklich in dem die Zurückweisungsgründe enthaltenden § 60 BGB genannt wird, erstreckt sich das Prüfungsrecht und die Prüfungspflicht des Registergerichts auf Grundlage des Systems der Normativbestimmungen anerkanntermaßen auf sämtliche Gesetzesverstöße.2 Mit der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung3 und Literatur4 ist davon auszugehen, dass zur Ermittlung des Einberufungsquorums auf sämtliche an der Mitgliederversammlung teilnahmeberechtigten Mitglieder abzustellen ist. 1 Aus der Funktion des Beschwerdegerichts als zweiter Tatsacheninstanz folgt, dass die Sachlage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zu beurteilen ist (Gutjahr, BeckOK FamFG, Stand: 1.7.2013, § 69 Rn. 30). 2 Vgl. BGH NJW 1952, 1216. 3 BAG NZA 1995, 823, 834; LG Bremen Rpfleger 1990, 262. 4 Hadding, Soergel BGB, 13. Aufl. 2000, § 37 Rn. 6; Schöpflin, Bamberger/Roth BGB, 3. Aufl. 2012, § 37 Rn. 4; Stöber, Vereinsrecht, 9. Aufl. 2004, Rn. 425; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rn. 160.


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Der Umkehrschluss aus § 40 S. 1 BGB zeigt zunächst, dass die Regelung des § 37 Abs. 1 BGB grundsätzlich zwingend ist. § 37 Abs. 1 BGB selbst eröffnet dem Satzungsgeber zwar die Möglichkeit, in der Satzung eine abweichende Regelung bezüglich des Einberufungsquorums zu treffen. Diese Möglichkeit beschränkt sich jedoch darauf, die Anzahl der für den Einberufungsantrag erforderlichen Mitglieder abweichend von der in § 37 Abs. 1 BGB vorgesehenen 10%-Grenze festzulegen. Der Wortlaut der Vorschrift („durch die Satzung bestimmte Teil […] der Mitglieder“) macht jedoch deutlich, dass die „Bezugsgröße“ stets sämtliche Mitglieder sein müssen und das Antragsrecht daher nicht auf einzelne Mitgliederkategorien beschränkt werden darf. Angesichts dieses eindeutigen Verstoßes brauchte sich das OLG Düsseldorf nicht mit der umstrittenen Frage auseinanderzusetzen, ob § 37 Abs. 1 BGB lediglich eine Absenkung des Einberufungsquorums unter die 10%-Grenze oder auch eine die Einberufung erschwerende Erhöhung des Quorums über die 10 %-Grenze hinaus gestattet. Die h.M. hält Letzteres für möglich.5 Es müsse lediglich gewährleistet sein, dass die erforderliche Mitgliederzahl nicht auf die Hälfte oder mehr festgesetzt werde, um das Einberufungsrecht nicht seines Charakters als Minderheitsrecht zu berauben. Sie kann sich auf den Wortlaut von § 37 Abs. 1 BGB berufen, der im Unterschied zu § 45 Abs. 1 S. 1 GenG und § 122 Abs. 1 S. 1, 2 AktG den Satzungsgeber nicht auf eine Absenkung des gesetzlich vorgesehenen Quorums beschränkt. Demgegenüber tritt eine von Hadding geprägte Gegenauffassung in der Literatur dafür ein, § 37 Abs. 1 BGB aus „teleologischen und rechtssystematischen Gründen“6 korrigierend dahingehend auszulegen, dass das Quorum in der Satzung nur abgesenkt, nicht aber angehoben werden darf.7 Sie stützt sich auf die Überlegung, Minderheitsrechte stünden generell nicht zur Disposition des Satzungsgebers, und nimmt insoweit die Rechtslage bei den körperschaftlichen Handelsgesellschaften zum Vorbild. Neben den bereits genannten Regelungen der §§ 45 Abs. 1 S. 1 GenG, 122 Abs. 1 S. 1, 2 AktG umfasst dies auch den Hinweis auf die Rechtslage bei der GmbH, wo § 50 Abs. 1 GmbHG das Einberufungsrecht der Minderheit regelt. Obgleich die Vorschrift ausweislich § 45 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich dispositiv ist, entspricht es inzwischen der ganz h.M., dass eine Erschwerung der Einberufung durch die Satzung unzulässig ist.8 Ob die vorgeschlagene rechtsfortbildende Angleichung von § 37 Abs. 1 BGB an das Recht der körperschaftlichen Handelsgesellschaften tatsächlich geboten ist, erscheint nicht frei von Zweifeln. Andere Beispiele lehren, dass Unterschiede zwischen dem Vereinsrecht und dem Recht der körperschaftlichen Handelsgesellschaften, die auf den ersten Blick systemwidrig wirken mögen, durchaus ihre Berechtigung haben.9 Im vorliegenden Zusammenhang gilt es insoweit zu bedenken, dass aufgrund des im Vereinsrecht geltenden Kopfstimmrechts der Mehrheits-Minderheits-Konflikt eine deutlich geringere Rolle spielt als bei den körperschaftlichen Handelsgesellschaften.10 Dass der Gesetzgeber dem Satzungsgeber in § 37 Abs. 1 BGB einen größeren Gestaltungsspielraum gewährt, muss hiernach keinesfalls planwidrig sein. Wesentlich bedeutsamer als der Mehrheits-Minderheits-Konflikt ist beim Verein der Prinzipal-Agent-Konflikt zwischen den Mitgliedern und dem Vorstand. Weil bei größeren Vereinen die Mitgliederversammlung kaum noch handlungsfähig ist, das Vereinsrecht anders als das Aktienrechts aber kein obligatorisches Aufsichtsorgan vorsieht, ist die Vorstandskontrolle vielfach defizitär.11 Betrachtet man § 37 Abs. 1 BGB vor diesem Hintergrund, erscheint die Problematik in einem anderen Licht. Bei kleinen

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Vereinen kann es zum Schutz einer „Funktionärsherrschaft“ durchaus genügen, wenn 20% oder – wie im vorliegend zu entscheidenden Fall – sogar 1/3 der Mitglieder erforderlich sind, um eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu erzwingen. Die durch den Wortlaut des § 37 Abs. 1 BGB gewährte Flexibilität erweist sich insoweit als nachvollziehbar. Bei Publikumsvereinen mit mehreren tausenden Mitgliedern dürfte demgegenüber kein Zweifel daran bestehen, dass bereits die 10%-Grenze deutlich zu hoch ist, um eine effektive Vorstandskontrolle zu ermöglichen.12 Insoweit hilft aber keine rechtsfortbildende Angleichung des Vereinsrechts an das Recht der körperschaftlichen Handelsgesellschaften, sondern es ist zu erwägen, de lege ferenda eine Koppelung des Einberufungsquorums an die Mitgliederzahl vorzuschreiben.13 Prof. Dr. Lars Leuschner, Universität Osnabrück

Verschmelzung von Vereinen: Freigabeverfahren gem. § 16 Abs. 3 UmwG und Verneinen der analogen Anwendung von § 275 UmwG, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB § 16 Abs. 3 Nr. 2 UmwG ist im sog. Freigabeverfahren gegenstandslos, wenn dieses zum Ziel hat festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungsklage eines Vereinsmitglieds gegen einen den Verein betreffenden Verschmelzungsbeschluss der Eintragung nicht entgegensteht. Der Verschmelzungsbeschluss der Mitgliederversammlung eines Vereins bedarf, wenn nicht in der Satzung eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist, gemäß § 103 UmwG einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. § 275 UmwG, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB sind mangels Regelungslücke auf einen solchen Beschluss nicht analog anzuwenden. OLG Hamm, Beschl. v. 19.9.2012 – I-8 AktG 2/12 Gründe A. Bei dem Antragsteller handelt es sich um einen Arbeitgeberverband, dessen Zweck es ist, seine Mitglieder in allen sozial- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten von grund-

5 OLG Celle Rpfleger 2011, 278; KG NJW 1962, 1917; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 995; BayObLG NJW-RR 2001, 1479; Ellenberger, Palandt BGB, 72. Aufl. 2013, § 37 Rn. 1; Westermann, Erman BGB, 13. Aufl. 2011, § 37 Rn. 1; Weick, Staudinger BGB, 2005, Rn. 3, Stöber (Fn. 4), Rn. 655. 6 Hadding (Fn. 4), Rn. 5. 7 Hadding (Fn. 4), Rn. 5; Reuter, MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 37 Rn. 3; Schöpflin (Fn. 4), Rn. 4; ders., Prütting/Wegen/Weinreich BGB, 7. Aufl. 2012, § 37 Rn. 1. 8 Statt vieler Zöllner, Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 50 Rn. 2 m.w.N. 9 Vgl. insoweit die Diskussion um die analoge Anwendbarkeit der die Haftung für masseschmälernde Zahlungen betreffenden §§ 64 S. 1 GmbHG, 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V.m. § 92 Abs. 2 S. 1 AktG, § 34 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 99 S. 1 GenG auf den Verein (hierzu ausführlich Leuschner, ZHR 175 (2011), 787 ff. m.w.N.). 10 Das gilt jedenfalls im Verhältnis zur AG und der GmbH. Bei der Genossenschaft spielt der Mehrheits-Minderheit-Konflikt ähnlich wie beim Verein kaum eine Rolle (vgl. § 43 Abs. 3 GenG). Ausführlich zur möglichen Abhängigkeitsbegründung beim Verein Leuschner, Das Konzernrecht des Vereins, 2011, S. 244 ff. 11 Ausführlich Segna, Vorstandskontrolle in Vereinen, 2002, passim. 12 Segna, NZG 2002, 1048, 1054; Reuter (Fn. 7), Rn. 3. 13 Segna, NZG 2002, 1048, 1054.


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sätzlicher Bedeutung zu unterrichten, zu beraten und zu vertreten. Er ist nicht Partei von Tarifverträgen, vermittelt seinen Mitgliedern keine Tarifbindung und steht Unternehmen aller Branchen offen. Er ist hervorgegangen aus dem früheren N B, der Mitglieder mit und ohne Tarifbindung vereinigte. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2006 – Urt. v. 18.07.2006, Az. 1 ABR 36/05 – bestanden Bedenken, ob eine Tarifbindung auch nicht tarifgebundener Mitglieder sicher auszuschließen sei. Aufgrund dessen wurde der Antragsteller errichtet, der von dem N B abgespalten wurde und die Mitglieder ohne Tarifbindung übernahm. Die Mitglieder mit Tarifbindung blieben in dem N B. Dieser vermittelt Tarifbindung an Unternehmen der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie sowie in Verbindung damit der kunststoffverarbeitenden Industrie. Die Antragsgegnerinnen sind Mitglieder der Antragstellerin. Mit Schreiben vom 13.02.2012 berief der Vorstand des Antragstellers eine ordentliche Mitgliederversammlung für den 19.04.2012 ein, die als Tagesordnungspunkt 7 „Fusion mit dem N B“ die Beschlussfassung über die Annahme eines Verschmelzungsvertrages zwischen dem Antragsteller und diesem vorsah (gemäß Entwurf eines Verschmelzungsvertrages Anl. K 1). Die Antragsgegnerinnen beantragten mit weiteren Mitgliedsunternehmen des Antragstellers die Durchführung einer Verschmelzungsprüfung gem. § 100 UmwG. Die vom Landgericht Dortmund beauftragte Dr. T legte in der Folgezeit ihren Bericht über die Prüfung der Verschmelzung vor, der zu dem Ergebnis kam, dass die Rechte und Pflichten der Mitgliedschaft im N B denjenigen in dem Antragsteller gleichwertig seien. In der Mitgliederversammlung vom 19.04.2012 wurde der Verschmelzung des Antragstellers mit dem N B. mit einer Mehrheit von 565 Ja- zu 163 Nein-Stimmen, d.h. mit einer Mehrheit von 77,61 % zugestimmt. Die Antragsgegnerinnen haben mit Klageschrift vom 16.05.2012, eingegangen am 18.05.2012, beim Landgericht Hagen in dem Verfahren 8 O 141/12 Anfechtungsklage gegen diesen Beschluss der Mitgliederversammlung erhoben (Anl. K 2/1). […]Der Antragsteller hat nunmehr unter dem 16.08.2012 Antrag auf Feststellung der Unbedenklichkeit der Klage für die Eintragung des Verschmelzungsbeschlusses in das Vereinsregister nach § 16 Abs. 3 UmwG gestellt. B. Der Freigabeantrag des Antragstellers ist zulässig und begründet. Er kann nach § 16 Abs. 3 UmwG die Feststellung verlangen, dass die Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss vom 19.04.2012 der Eintragung im Vereinsregister nicht entgegensteht. I. Der Freigabeantrag des Antragstellers ist zulässig. Das Umwandlungsgesetz ist zunächst auch auf eingetragene, nicht wirtschaftliche Vereine i.S.v. § 21 BGB, zu denen die hiesigen Arbeitgeberverbände gehören, anwendbar, § 3 Abs. 1 Nr. 4 UmwG. Gegen den Verschmelzungsbeschluss vom 19.04.2012 haben die Antragsgegnerinnen Anfechtungsklage eingereicht beim Landgericht Hagen (Anl. K 1/1). Der Antragsteller kann insofern als Rechtsträger, gegen dessen Verschmelzungsbeschluss sich die Klage richtet, gemäß § 16 Abs. 3 UmwG in Bezug auf die Eintragung die Freigabe geltend machen. Der danach statthafte Antrag ist im Übrigen in zulässiger Weise gestellt worden.

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II. Der Antrag ist begründet, weil die Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet ist, § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, Alt. 2 UmwG. Insbesondere auf die Fragen der Unzulässigkeit der Anfechtungsklage i.S.v. § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, Alt. 1 UmwG und eines vorrangigen Vollzugsinteresses i.S.v. § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 UmwG kommt es nicht mehr an. 1.Der Begründetheit des Freigabeantrags steht zunächst nicht die Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 UmwG entgegen, wonach der Kläger binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags nachgewiesen haben muss, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000,- € hält (materielles Freigabekriterium, vgl. Senat AG 2011, 826; i.E. str.). Im Streitfall sind die Vereinsmitglieder nicht mit einer bestimmten Beteiligung kapitalmäßig erfasst. Von daher kann dieses Erfordernis vorliegend nicht als notwendiges Freigabevoraussetzung zugrunde gelegt werden, zumal das vom Gesetz vorgesehene Freigabeverfahren ansonsten nicht durchgeführt werden könnte. Diese Regelung ist daher in der vorliegenden Konstellation nicht anwendbar (vgl. Fronhöfer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 16 Rn. 156.02). 2. Bei der Beurteilung einer offenkundigen Unbegründetheit i.S.v. § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, Alt. 2 UmwG ist nach überwiegender Auffassung eine vollständige rechtliche Würdigung vorzunehmen (vgl. OLG München WM 2011, 2287). Diese Würdigung führt zu der Annahme, dass der angefochtene Beschluss der Mitgliederversammlung vom 19.04.2012 nicht wegen einer von den Antragsgegnerinnen geforderten Einstimmigkeit unwirksam ist. a) Die § 103 S. 1 UmwG geforderte Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen war im Rahmen der Beschlussfassung erreicht. Es bedurfte nicht entsprechend §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 Abs. 1 UmwG der Zustimmung aller Mitglieder. Eine analoge Anwendung dieser Regelungen im Falle der Verschmelzung von Vereinen ist nicht gerechtfertigt. Eine solche Einstimmigkeit war zudem auch von der Satzung des Antragstellers nicht gefordert. aa) Ob in Bezug auf die Verschmelzung von Vereinen § 33 Abs. 1 S. 2 BGB analog anzuwenden ist, ist in der Literatur streitig. Maßgebliche höchst- oder obergerichtliche Rechtsprechung hierzu liegt, soweit ersichtlich, noch nicht vor. Zum Teil wird angenommen (so Vossius, in: Widmann/Mayer, UmwG, Stand 2010, § 103 Rn. 21, § 99 Rn. 95; Hennrichs, in Lutter, UmwG, 4. Aufl. 2009, § 103 Rn. 11), dass (jedenfalls im Fall des Erlöschens des übertragenden Vereins) eine Regelungslücke insoweit nicht existiere. Im Umwandlungsgesetz sei ein Zustimmungserfordernis aller Mitglieder gemäß § 275 Abs. 1 UmwG nur für den Fall des Formwechsels vorgesehen. Der Gesetzgeber stelle demgegenüber den Fall der Verschmelzung, bei dem der Ausgangsrechtsträger in dem Zielrechtsträger aufgehe, bei einer ¾-Mehrheit der Stimmen zur Disposition. Insofern bestehe aus umwandlungsrechtlicher Betrachtung im Umkehrschluss keine Regelungslücke. Darüber hinaus handele es sich hierbei nicht um vergleichbare Sachverhalte. Die Verschmelzung sei aus Sicht des übertragenden Rechtsträgers einer Auflösung vergleichbar. Der Rechtsträger gehe unter (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Die Frage der Änderung des Vereinszwecks stelle sich nicht, weil der Rechtsträger nicht fortbestehe und der Zielrechtsträger Gesamtrechtsnachfolger sei. Die Auflösung des Vereins könne schon nach allgemeinen Regeln (§ 41 BGB) mit einer Mehr-


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heit von ¾ der erschienen Mitglieder beschlossen werden, auch wenn sie den Vereinszweck entfallen lasse.Von einem anderen Teil des Schrifttums (Katschinski, in: Semler/Stengel, UmwG, 3. Aufl. 2012, § 103 Rn. 17, 19; Leuering, in: Kölner Kommentar zum UmwG, 2009, § 103 Rn. 9; Reichert, Vereinsund Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rn. 4463) wird das Bestehen einer in dieser Hinsicht auszufüllenden Regelungslücke bejaht. Die mit der Verschmelzung verbundene Umgestaltung des Charakters des Verbands und seiner Beteiligung könne dem einzelnen Mitglied nur zugemutet werden, wenn es dem ausdrücklich zustimme. Ein effektiver Minderheitenschutz im Rahmen des verschmelzungsrechtlichen Umwandlungsverfahrens lasse sich nur bei entsprechender Anwendung der §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 UmwG begründen. Der Schutz des einzelnen Mitglieds vor Zweckänderungen könne, so die Antragsgegnerinnen, ansonsten leicht durch die Gründung eines weiteren Vereins und einer Verschmelzung mit diesem neuen Zielverein unterlaufen werden. Die Zustimmung aller Vereinsmitglieder des übertragenden Vereins sei jedenfalls erforderlich, wenn ein Verein auf einen Rechtsträger zur Aufnahme oder zur Neugründung verschmolzen werde, der einen grundlegend anderen Zweck verfolge, wie dies der Fall sei bei der Mischverschmelzung von eingetragenen Vereinen auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform, wenn dieser ein Handelsunternehmen betreibe oder die wirtschaftlichen Zwecke seiner Mitglieder fördere (vgl. insbes. Katschinski a.a.O.). Es liege nicht der Charakter einer Auflösung vor, da die Verschmelzung zur Folge habe, dass die Mitglieder des übertragenden Vereins Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers würden (§ 20 Abs. 2 Nr. 3 UmwG).Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass eine analoge Anwendung der §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 Abs. 1 UmwG ausscheidet und ein Einstimmigkeitserfordernis nicht besteht. Eine im Wege der Analogie zu füllende Regelungslücke liegt nicht vor. Das Umwandlungsgesetz sieht ersichtlich von einer Berücksichtigung der bekannten Regelungen der §§ 33 BGB; 275 UmwG in diesem Zusammenhang ab. Wenn eine Einstimmigkeit konkret auch für den Fall der Verschmelzung von Vereinen gewollt gewesen wäre, wäre dies vom Gesetzgeber in dieser Hinsicht mit geregelt worden. Das Gesetz sieht insoweit allerdings eine Unterscheidung vor, die sich an dem Fortbestand des übertragenden Vereins orientiert. Im Falle des Formwechsels besteht der Rechtsträger mit maßgeblichem Vereinszweck fort. Im Falle des Erlöschens soll es nach diesem Regelungsgefüge hierauf nicht mehr ankommen. Auch wenn der Minderheitenschutz nunmehr tangiert sein kann, weil die Mitgliedschaft in dem übertragenden Verein nicht endet, sondern in dem übernehmenden Rechtsträger fortbesteht, wird dies nach derzeitiger gesetzlicher Regelung (ob und inwieweit dies rechtspolitisch zu begrüßen ist, sei dahingestellt) in Kauf genommen. Alsdann haben es die Vereine gemäß § 103 S. 2 UmwG gerade auch selbst in der Hand, durch Satzung das Erfordernis einer größeren Mehrheit vorzusehen. Eine abweichende Hilfsregelung im Wege der Analogie zu §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 Abs. 2 UmwG ist von daher de lege lata nicht geboten. Auch die Sicherstellung eines finanziellen Interessenausgleichs und eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses (im Rahmen eines Spruchverfahren, § 15 UmwG), wie es die Antragsgegnerinnen letztlich fordern, kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht, da der Verein satzungsgemäß keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt und auch keine Vermögensinteressen vermittelt.

stellers in §§ 8 Ziff. 6; 15 eine Mehrheit von ¾ der vertretenen Stimmen für Beschlüsse über Satzungsänderungen, die Auflösung des Verbandes und gerade auch die Verwendung des Verbandsvermögens vor. Nach § 40 BGB ist das Einstimmigkeitserfordernis nach § 33 BGB nicht zwingend (BGHZ 96, 245; Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl. 2012, § 33 Rn. 2). Von der Möglichkeit, größere Mehrheiten zu fordern, ist vorliegend kein Gebrauch gemacht worden. Vielmehr haben sich die Mitglieder des Vereins auf eine ¾-Mehrheit in Bezug auf Beschlüsse über Satzungsänderungen und auch Auflösungsmaßnahmen verständigt, der in vergleichbarer Weise vorliegt, so dass der angefochtene Verschmelzungsbeschluss auch danach nicht von einer Einstimmigkeit der Mitglieder getragen sein musste.

bb) Abgesehen davon sieht auch die Satzung des Antrag-

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass

b) Überdies wäre auch eine Änderung des Zwecks des Vereins i.S.v. § 33 Abs. 1 S. 2 BGB zu verneinen. Als Vereinszweck ist - unter Berücksichtigung der grundsätzlich auf Dauer ausgerichteten Vereinstätigkeit und zu erwartender Änderungen der bei Vereinsgründung maßgeblichen Umstände - nur derjenige enge Satzungsbestandteil anzusehen, in dem der oberste Leitsatz für die Vereinstätigkeit zum Ausdruck gebracht wird, und mit dessen Abänderung schlechterdings kein Mitglied bei seinem Beitritt zum Verein rechnen kann. Eine Zweckänderung liegt nur dann vor, wenn sich der Charakter eines Vereins ändert, also die Leitidee des Vereins ausgetauscht wird und so die Mitgliedschaft einen gänzlich anderen Charakter annimmt (BGHZ 96, 245; Reichert, a.a.O., Rn. 599 ff.; Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 33 Rn. 3). Keine Zweckänderung ist demgegenüber gegeben, wenn Art und Weise der Zweckverfolgung unter Aufrechterhaltung der bisher grundsätzlichen Zweckrichtung lediglich ergänzt werden. Auf dieser Basis ist eine Zweckänderung im Streitfall zu verneinen. Allein die Verschmelzung mit einem anderen Verein selbst kann nicht als Zweckänderung behandelt werden, da hierdurch der Leitsatz der Vereinstätigkeit, ihre Idee, noch nicht verändert wird. Auch die Verschmelzung auf den N B begründet keinen grundlegend anderen Zweck als zuvor beim Antragsteller. Denn die maßgeblichen Vereinszwecke des Antragstellers werden gerade nicht aufgegeben oder im Rahmen der geänderten Verhältnisse nach der Fusion unmöglich gemacht. Beide Rechtsträger verfolgen den in übergeordneter Hinsicht gemeinsamen Zweck, als Berufsverband die gemeinsamen wirtschaftlichen, sozial- und arbeitsrechtlichen Interessen ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern wie diese auch in entsprechenden Angelegenheiten zu vertreten (wie dies zudem auch bereits vor der Abspaltung vom N B der Fall war). Soweit sich der Zweck nun vor allem für tarifgebundene Mitglieder (wieder) auf eine Tarifvermittlung erstreckt, stellt dies wertungsmäßig eine noch zu akzeptierende Ergänzung des bisherigen Zwecks dar, die die Identität als Interessenverband für seine Mitglieder grundlegend nicht verändert. Ein „diametraler“ Interessengegensatz, wie es die Antragsgegnerinnen meinen, ist hiermit (wie etwa im Fall der Umwandlung in ein Handelsunternehmen) nicht verbunden. Im Kern sollen weiterhin die Mitglieder in allen sozial- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung unterrichtet, beraten und vertreten werden. Es handelt sich an dieser Stelle nicht um Veränderungen, mit denen die Mitglieder von vornherein nicht rechnen mussten, zumal hierdurch eine „Reunion“ bereits einheitlich praktizierter Verbandstätigkeiten erfolgt.


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die Nichttarifmitglieder nach der Satzung des N B nicht mehr aktiv- und passivwahlberechtigt für den engeren Vorstand sein sollen (vgl. hierzu §§ 7 Ziff. 9; 8 der Satzung). Diese Umstände (deren innere Legitimation nicht zu überprüfen ist) sind jedenfalls selbst nicht Gegenstand des „Leitsatzes“ und der „Idee“ der Vereinstätigkeit, sondern sind im Gesamtgefüge eines im Wesentlichen übereinstimmenden Vereinszwecks in erster Linie nur organisatorischer Natur im Rahmen der Selbstverfassung der Kooperation. Entsprechendes folgt aus der Wertung des § 14 Abs. 2 UmwG. Danach kann die gegen den Verschmelzungsbeschluss gerichtete Anfechtungsklage nicht darauf gestützt werden, dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenen Rechtsträger sei. Der tragende Vereinszweck wird durch die von den Antragsgegnerinnen beanstandete innere Organisationsstruktur nicht verändert. Da die Mitgliedschaft im Verein schließlich auch keine konkreten Vermögenswerte vermittelt, können die Antragsgegnerinnen nicht damit gehört werden, sie erlitten wirtschaftliche Nachteile bzw. (nicht näher konkretisierte) Vermögensverluste. Soweit sich die Antragsgegnerinnen zur Untermauerung ihres abweichenden Standpunktes auf den (Vorlage-) Beschluss des 15. Zivilsenats des OLG Hamm vom 14.04.1980 (Az. 15 W 61/79 = NJW 1980, 1592) berufen, ist festzustellen, dass schon kein vergleichbarer Fall einer maßgeblichen Zweckerweiterung vorliegt (dort Errichtung und Verwaltung von Fonds zur Sicherung und Förderung genossenschaftlicher Einrichtungen bei landwirtschaftlichem Genossenschaftsverband). Zudem ist diese Entscheidung mit ihrer weiten Beurteilung der Zweckänderung ersichtlich vor der Klärung und engeren Fassung des Begriffs der Zweckänderung durch den Bundesgerichtshof in 1985 (Beschl. v. 11.11.1985, II ZB 5/85; BGHZ 96, 245) ergangen. Der vormalige Beschluss kann insofern nicht mehr als maßstäblich zugrunde gelegt werden. Eine Zweckänderung liegt nicht vor. Die Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Verschmelzungsbeschluss verspricht auch aus diesem Grunde keine Aussicht auf Erfolg.

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scheint diese Konstellation ungewöhnlich, wird das Institut des Freigabeverfahrens doch in der Regel mit der Aktiengesellschaft assoziiert. In der Tat hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 16 Abs. 3 UmwG und dessen späteren Änderungen vor allem diese Rechtsform und das bis heute nicht vollständig gelöste Problem der „räuberischen Aktionäre“ vor Augen4. Doch darf man nicht übersehen, dass § 16 UmwG im „Allgemeinen Teil“ des Verschmelzungsrechts steht und damit auch bei der Verschmelzung von Vereinen zur Anwendung kommt. Insbesondere greift auch hier die in § 16 Abs. 2 S. 2 UmwG angeordnete Registersperre ein, deren Überwindung das Freigabeverfahren dient. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 UmwG haben die Vorstände der an der Verschmelzung beteiligten Vereine die Verschmelzung jeweils zur Eintragung in das Register des Sitzes ihres Vereins anzumelden. Bei der Anmeldung haben sie zu erklären, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses nicht oder nicht fristgemäß erhoben oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist (§ 16 Abs. 2 S. 1 UmwG). Liegt diese Negativerklärung nicht vor, darf die Verschmelzung nicht eingetragen werden, es sei denn, dass die klageberechtigten Mitglieder durch notariell beurkundete Verzichtserklärung auf die Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses verzichten (§ 16 Abs. 2 S. 2 UmwG). Diese Registersperre ist für Umwandlungen mit Rücksicht darauf vorgesehen, dass eine Eintragung dieser Vorgänge in der Regel zum „Eintritt nicht mehr rückgängig zu machender Folgen“ führt5. Sie soll verhindern, dass durch den Vollzug der Verschmelzung vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor endgültige Klarheit über die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses geschaffen ist. Allerdings kann die Registersperre durch einen Unbedenklichkeitsbeschluss gemäß § 16 Abs. 3 UmwG überwunden werden. Damit will das Gesetz dem Umstand Rechnung tragen, „daß es wirtschaftlich unvertretbar sein kann, dem beklagten Rechtsträger zuzumuten, vor dem Vollzug der Verschmelzung erst den rechtskräftigen Abschluß des erfahrungsgemäß langen Rechtsstreits über die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses abzuwarten; anderenfalls würde der wirtschaftliche

III. […] Anmerkung Die Verschmelzung von eingetragenen Vereinen spielt in der Praxis eine nicht zu unterschätzende Rolle1. Gerichtsentscheidungen zu den dabei auftretenden – und zum Teil sehr komplexen – Rechtsfragen gibt es allerdings nur wenige2. Der vorstehend abgedruckte Beschluss des OLG Hamm verdient daher nähere Betrachtung, zumal er sich mit der von der Rechtsprechung bislang nicht behandelten und im Schrifttum lebhaft umstrittenen Frage der analogen Anwendung der §§ 275 UmwG, 33 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Verschmelzungsbeschluss der Mitgliederversammlung auseinandersetzt. Die Mitgliederversammlung des Antragstellers, eines Arbeitgeberverbandes, hatte im April 2012 mit der nach § 103 S. 1 UmwG erforderlichen Dreiviertelmehrheit der Verschmelzung des Antragstellers auf den „N B“-Verband zugestimmt3. Gegen den Verschmelzungsbeschluss haben mehrere Mitglieder des Antragstellers (die Antragsgegner) Anfechtungsklage beim LG Hagen erhoben. Der Antragsteller hat daraufhin beim OLG Hamm im sog. Freigabeverfahren gemäß § 16 Abs. 3 UmwG beantragt festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungsklage der Eintragung der Verschmelzung in das Vereinsregister nicht entgegensteht. Auf den ersten Blick er-

1 Terner, Anm. zum Beschluss des LG Frankenthal vom 9.5.2007 (1 T 100/07), RNotZ 2007, 280. 2 Siehe aus jüngster Zeit OLG Bamberg, Beschl. v. 18.6.2012 – 6 W 26/12, NZG 2012, 1269 (zur Geltung von § 8 UmwG und den Anforderungen an einen wirksamen Verzicht auf die Erstattung des Verschmelzungsberichts); OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.5.2011 – 8 W 294/10, BeckRS 2012, 05372 (zur Frage, ob eine Regelung in der Satzung eines übertragenden Vereins, die qualifizierte Anforderungen für die Auflösung des Vereins vorsieht, grundsätzlich entsprechend für die Verschmelzung gilt); LG Frankenthal, Beschl. v. 9.5.2007 – 1 T 100/07, RNotZ 2007, 478 m. Anm. Terner (u.a. zur analogen Anwendbarkeit der Einberufungsfrist nach § 123 Abs. 1 AktG und zur Zuständigkeit einer Vertreterversammlung für den Verschmelzungsbeschluß); LG Dresden, Beschl. v. 29.8.2007 – 3 T 964/05, NZG 2008, 353 (zum Geschäftswert für die Beurkundung eines Verschmelzungsvertrags). 3 Es handelte sich also um eine Verschmelzung durch Aufnahme i.S. von § 2 Nr. 1 UmwG. 4 Siehe die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 12/6699, S. 89, die sich ausdrücklich auf die frühere Rechtsprechung zur rechtsmissbräuchlichen Anfechtungsklage bezieht; ferner Stratz, Schmitt/ Hörtnagl/Stratz (Hrsg.), UmwG, 5. Aufl. 2009, § 16 Rn. 23, demzufolge die Einführung des § 16 Abs. 3 UmwG den „ersten gesetzlichen Meilenstein“ bei der Rechtsentwicklung zum Themenkreis „räuberische Aktionärsklage“ markierte. 5 Begr. zu § 16 UmwG in BT-Drucks. 12/6699, S. 88.


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Erfolg der Verschmelzung stets verzögert oder gar vereitelt, ohne dass dies in einigen Fällen zu rechtfertigen wäre“6. Das Bedürfnis, das Interesse der beteiligten Rechtsträger an einem möglichst raschen Vollzug der Verschmelzung auf der einen und das Interesse einzelner Mitglieder an einer möglichst effektiven Rechtskontrolle des Verschmelzungsbeschlusses auf der anderen Seite in eine ausgewogene Balance zu bringen, besteht auch beim Verein. Es ist daher nur folgerichtig, dass das Freigabeverfahren nach der Systematik des Umwandlungsgesetzes grundsätzlich auch bei der Verschmelzung von Vereinen eröffnet ist. Die Zuständigkeit liegt seit der letzten Änderung des § 16 UmwG durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.7.20097 nicht mehr beim Prozessgericht der Klage, sondern bei demjenigen OLG, in dessen Bezirk der beklagte Verein seinen Sitz hat. Das steht angesichts der eindeutigen lex lata außer Zweifel (§ 16 Abs. 3 S. 7 UmwG). Dagegen lassen sich die in § 16 Abs. 3 S. 3 UmwG aufgeführten Voraussetzungen, unter denen das Gericht dem Freigabeantrag zu entsprechen hat, nicht ausnahmslos auf die Verschmelzung von Vereinen übertragen. So bestimmt § 16 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 UmwG, dass ein Freigabebeschluss zu ergehen hat, wenn „der Kläger nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags durch Urkunden nachgewiesen hat, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1000 Euro hält“. Dieses gleichfalls durch das ARUG eingeführte sog. Bagatellquorum will die Möglichkeit eines „Kleinstaktionärs“ beschränken, eine Freigabe zu verhindern8. Auf die Verschmelzung von Vereinen ist es, wie das OLG zu Recht feststellt, wegen der nichtvermögensrechtlichen Ausgestaltung der Vereinsmitgliedschaft nicht anwendbar9. Schief ist es allerdings, wenn das Gericht meint, „das vom Gesetz vorgesehene Freigabeverfahren [könnte] ansonsten nicht durchgeführt werden“. Denn § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 UmwG ist keine „notwendige Freigabevoraussetzung“. Ein Freigabebeschluss hat vielmehr immer und schon dann zu ergehen, wenn nur eine der drei in § 16 Abs. 3 S. 3 UmwG normierten Voraussetzungen erfüllt ist („oder“)10. Und so hat ja auch das OLG den beantragten Freigabebeschluss erlassen, weil es die Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss für offensichtlich unbegründet, also einen Fall des § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 UmwG für gegeben hielt. Daher brauchte es sich auch nicht auf die Frage einzulassen, ob im vorliegenden Fall ein vorrangiges Eintragungsinteresse in dem von § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 UmwG umschriebenen Sinne bestand. Widerspruch fordert auch (und vor allem) der Standpunkt des Gerichts zu der von ihm verneinten Frage der analogen Anwendung der §§ 275 UmwG, 33 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Verschmelzungsbeschluss der Mitgliederversammlung heraus. Gemäß § 103 UmwG bedarf der Verschmelzungsbeschluss einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen, sofern nicht die Satzung eine größere Mehrheit bestimmt. Ob diese Mehrheit auch dann ausreicht, wenn der aufnehmende Verein einen anderen Zweck als der übertragende verfolgt, ist in § 103 UmwG nicht geregelt. Die Vorschrift unterscheidet sich in diesem Punkt von § 275 UmwG, der für den Formwechsel nach dem Vorbild des § 33 Abs. 1 BGB zwischen Umwandlungen mit und ohne Zweckänderung unterscheidet. Soll der Zweck des Rechtsträgers geändert werden (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB), bedarf der Umwandlungsbeschluss der Zustimmung aller, also auch der nicht in der Mitgliederversammlung erschienenen Mitglieder; andernfalls genügt grundsätzlich eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Das OLG räumt zwar ein, dass das Anliegen des Minderheiten-

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schutzes, dem § 275 UmwG Rechnung trägt, auch bei der Verschmelzung tangiert sein kann. Doch verneint es das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke mit der Begründung, dass der Gesetzgeber, wenn er eine Einstimmigkeit auch für den Fall der Verschmelzung gewollt hätte, diese mit geregelt hätte. Damit unterstellt das Gericht aber, was zu begründen gewesen wäre, dass nämlich der Gesetzgeber den von ihm verfolgten Regelungsplan im UmwG vollständig umgesetzt hat. Daran bestehen erhebliche Zweifel. In der Begründung zu § 275 UmwG findet sich die Einschätzung, eine Änderung des Vereinszwecks gegen den Willen einzelner Mitglieder könne „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nicht hingenommen werden. Es bedürfe deshalb einer Regelung, die eine Umgehung der „grundlegenden Vorschrift des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB“ verhindere11. Diese „grundsätzlichen Erwägungen“ betreffen in gleichem Maße die Verschmelzung. Denn auch bei dieser Form der Umwandlung läuft das einzelne Mitglied Gefahr, gegen seinen Willen eine Mitgliedschaft in einem Verein aufgedrängt zu bekommen, der einen ganz anderen Charakter hat als derjenige, dem es ursprünglich beigetreten ist. Besteht somit unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes zwischen Formwechsel und Verschmelzung kein wesentlicher Unterschied, so läuft das vom OLG und einem Teil des Schrifttums herangezogene Argument, die Verschmelzung werde vom Gesetz in Ansehung des übertragenden Vereins der Auflösung gleichgestellt, so dass in jedem Fall eine Dreiviertelmehrheit ausreiche12, auf eine fragwürdige Unterstellung hinaus, die auch in den Materialien zu § 103 UmwG keine Stütze findet. Denn dort heisst es nur, die für die Verschmelzung erforderliche Mehrheit solle „wie in § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB bei der Satzungsänderung und in § 41 Satz 2 BGB bei der Auflösung mit drei Vierteln der erschienenen Mitglieder festgelegt werden“13. Damit sollte augenscheinlich nur zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei der Verschmelzung ebenso wie bei der Satzungsänderung und Vereinsauflösung um eine Grundlagenentscheidung handelt, die nicht dem in § 32 Abs. 1 S. 3 BGB verankerten Grundsatz der einfachen Mehrheit unterfällt. Eine Analogie zu § 275 UmwG lässt sich auch nicht unter Hinweis darauf ablehnen, die Vereine hätten es gemäß § 103 Satz 2 UmwG selbst in der Hand, in der Satzung eine größere Mehrheit vorzusehen. Denn diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber den Vereinen auch in Bezug auf den Formwechsel eingeräumt (vgl. § 275 Abs. 2 S. 3 UmwG), ohne dass ihn dies davon abgehalten hätte, für den Fall der Zweckänderung zwingend (!) die Zustimmung aller Mitglieder zu verlangen14. Der (auch) das Umwandlungsrecht durchziehende Gedanke des Minderheitenschutzes15 wird vom OLG 6 7 8 9

Begr. zu § 16 UmwG in BT-Drucks. 12/6699, S. 88. BGBl. I, S. 2479. RegBegr. in BT-Drucks. 16/11642, S. 41. So der Sache nach auch Schwanna, Semler/Stengel (Hrsg.), UmwG, 3. Aufl. 2012, § 16 Rn. 31a: § 16 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 „richtet sich primär an börsennotierte Rechtsträger einer Umwandlung in der Rechtsform einer AG, KGaA oder SE“. 10 Vgl. (für § 246a Abs. 2 AktG) Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 246a Rn. 15. 11 BT-Drucks. 12/6699, S. 164. 12 Hennrichs, Lutter/Winter (Hrsg.), UmwG, 4. Aufl. 2009, § 103 Rn. 11. 13 Begr. zu § 103 UmwG in BT-Drucks. 12/6699, S. 112. 14 Zum zwingenden Charakter von § 275 UmwG siehe Katschinski, Semler/Stengel (Fn. 9), § 275 Rn. 11. 15 Zum Anleger- und Minderheitenschutz als eines der Ziele des Gesetzes siehe BT-Drucks. 12/6699, S. 71.


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in bedenklicher Weise ausgehöhlt, wenn es die Mitglieder für die Verschmelzung auf die Möglichkeit der Selbstvorsorge verweist. Soweit das Gericht anmerkt, die Mitglieder des Vereins hätten sich auf eine Dreiviertelmehrheit in Bezug auf Satzungsänderungen und Auflösungsmaßnahmen geeinigt, ist im Übrigen daran zu erinnern, dass sich eine solche Satzungsbestimmung gerade nicht auf Änderungen des Vereinszwecks erstreckt, sofern nicht der gegenteilige Wille eindeutig aus der Satzung hervorgeht16. Im Ergebnis sprechen jedenfalls die überzeugenderen Gründe für eine analoge Anwendung des § 275 Abs. 1 UmwG. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung für die Verschmelzung stellt eine planwidrige Gesetzeslücke dar, die nach dem Gebot der Gleichbehandlung des Gleichartigen durch einen Rückgriff auf die Schutzvorkehrung beim Formwechsel zu schließen ist17. Die praktischen Auswirkungen dieses Streits halten sich allerdings in Grenzen, da der Begriff des Vereinszwecks i. S. von § 33 Abs. 1 S. 2 BGB eng zu interpretieren ist. Unter dem Vereinszweck ist – in den Worten des BGH – nur der „oberste Leitsatz für die Vereinstätigkeit“ zu verstehen, „mit dessen Abänderung schlechterdings kein Mitglied bei seinem Beitritt zum Verein rechnen kann“18. Im vorliegenden Fall war ein Austausch der Leitidee zu verneinen, da sowohl der übertragende als auch der aufnehmende Verein den Zweck verfolgen, als Berufsverband die gemeinsamen wirtschaftlichen, sozial- und arbeitsrechtlichen Interessen ihrer Mitglieder zu fördern und nach außen zu vertreten. Dr. habil. Ulrich Segna, Universität Luxemburg

Wirtschaftliche Zwecksetzung eines Vereins, der eine Kindertagesstätte betreibt 1. Ob ein Verein, dessen Zweck der Betrieb einer Kindestagesstätte gemäß § 1 Kindertagesstättengesetz Schleswig-Holstein ist, auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. 2. Das Registergericht hat dabei zu prüfen, ob satzungsgemäß ein ideeller oder sonstiger nicht wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird und der Verein auch nicht tatsächlich einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, also eine unternehmerische Tätigkeit, beabsichtigt oder verfolgt. 3. Allein daraus, dass die Personensorgeberechtigten nach § 25 Abs. 3 S. 1 KiTaG SH einen angemessenen Beitrag zu den Kosten der Kindertageseinrichtungen zu entrichten haben, ergibt sich jedenfalls nicht, dass der Betrieb einer Kindertagesstätte als unternehmerische Tätigkeit einzuordnen ist. OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18.9.2012 – 2 W 152/11 Gründe I. Der Betroffene ist seit dem 17. November 1978 in das Vereinsregister eingetragen, davon seit dem 22. Februar 2007 unter dem jetzigen Namen „Kindergarten (…) e. V.“. Zum Vereinszweck heißt es in der zuletzt am 27. Oktober 2009 neugefassten und am 11. Juli 2010 in das Vereinsregister eingetragenen Satzung in Übereinstimmung mit der Gründungssatzung in Ziff. 2: „2. Zweck

2.1 Der Zweck des Vereins ist die Betreuung von Klein- und Vorschulkindern zur Förderung der Chancengleichheit in der Schule. 2.2 Er ist auf demokratischer Grundlage aufgebaut und sieht ausschließlich und unmittelbar seine Aufgabe im Sinn des Abschnittes „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Der Verein darf keine Personen durch Verwaltungsaufgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch unverhältnismäßige hohe Vergütung begünstigen. Der Verein ist selbstlos und gemeinnützig tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. 2.3 Etwaige Gewinne dürfen nur für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Mitglieder oder Dritte, die Kinder betreuen, erhalten eine angemessene Aufwandsentschädigung.“ Der geschäftsführende Vorstand und der Vorstand im Sinne des § 26 BGB besteht nach Ziff. 9 der Satzung aus dem Vorsitzenden oder der Vorsitzenden, Kassiererin oder Schriftführerin. Je zwei von ihnen können den Verein vertreten. Derzeit sind im Vereinsregister seit dem 2. Mai 2011 als 1. Vorsitzende K. B. und als Schriftführerin D. M. sowie bereits seit dem 29. Mai 2009 als Kassenwartin H. K. im Vereinsregister eingetragen. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 7. Juli 2011 – URNr. 326/2011 des Notars W. – meldeten H. K. und D. M. die Neufassung der Satzung auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des Vereins vom 16. Juni 2011 gemäß den Beschlüssen zu TOP 2 des der Anmeldung beigefügten Protokolls zur Eintragung im Vereinsregister an. In der neugefassten Satzung, für deren weiteren Inhalt auf das zu den Registerakten eingereichte Dokument Bezug genommen wird, heißt es zum Zweck des Vereins nunmehr „2. Zweck 2.1. Zweck des Vereins ist der Betrieb einer Kindertagesstätte gem. § 1 KiTaG Schleswig-Holstein. Er erfüllt die Ziele Grundsätze der §§ 4 und 5 KiTaG Schleswig-Holstein. 2.2 Der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Er verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins. Der Verein darf keine Person durch Ausgabe, die dem Zweck des Vereins fremd sind oder durch unverhältnismäßige Ver16 Reuter, MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 33 Rn. 23; Schöpflin, Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl. 2012, § 33 Rn. 12; jeweils m.w.N. 17 Katschinski, Semler/Stengel (Fn. 9), § 103 Rn. 19; Reuter, MüKoBGB, 5. Aufl. 2006, § 41 Rn. 41; Leuering, Kölner Kommentar zum UmwG, 2009, § 103 Rn. 13; Pathe, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 5, 2009, § 54 Rn. 74; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl. 2010, Rn. 397; P. Hager, RNotZ 2011, 565, 585; Neumayer/Schulz, DStR 1996, 872, 873. 18 BGH, Beschl. v. 11.11.1985 – II ZB 5(85 (KG), BGHZ 96, 245, 251 f.


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gütungen begünstigen.“ […] Mit Schreiben vom 17. August 2011, das nicht ausdrücklich als Zwischenverfügung bezeichnet und nicht mit einer Frist zur Behebung von Hindernissen, jedoch mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen worden ist, hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Lübeck mitgeteilt, dass der Anmeldung nicht entsprochen werden könne. […] Der beglaubigende Notar hat in seiner Erwiderung vom 15. September 2011 die Auffassung vertreten, dass die Verfügung vom 17. August 2011 noch keine Entscheidung darstelle, obwohl sie eine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Vorsorglich hat er gegen die Verfügung Beschwerde eingelegt. […] Er macht geltend, der Betroffene habe zuletzt am 12. Juli 2011 einen Freistellungsbescheid erhalten, nach dem er gemeinnützig sei. […] Das Amtsgericht hat der Beschwerde gegen „die formelle Zwischenverfügung“ vom 17. August 2011 mit Beschluss vom 5. Oktober 2011 nicht abgeholfen. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch die Finanzverwaltung könne allenfalls ein Indiz für die Entscheidung sein, ob ein Verein wirtschaftlich oder nicht wirtschaftlich sei. Auch wenn der Verein einmal aus einer Elternselbsthilfegruppe entstanden sei, erfordere eine Änderung des Vereinszwecks eine Prüfung darauf, ob sich der Betroffene von einem Idealverein bzw. nicht wirtschaftlichen Verein zu einem wirtschaftlichen Verein entwickelt habe. Nach wie vor sei nicht ausreichend dargelegt, welche nicht wirtschaftlichen Betätigungen der Betroffene neben dem Betrieb der Kindertagesstätte ausübe bzw. in welcher Form die Unterhaltung der Kindertagesstätte hinter den übrigen Aktivitäten zurückstehe, d. h. im Nebenzweckprivileg betrieben werde. Dass die Löschung des Vereins zu weitreichenden gesellschaftlichen Problemen führen könne, weil die gewünschte Kinderbetreuung zu den bisherigen Konditionen nicht mehr möglich sei und ggf. höhere Kosten verursachen werde, sei vom Registergericht nicht zu berücksichtigen. Insoweit müsse die Politik, ggf. durch eine Gesetzesänderung, Abhilfe schaffen. II. 1. Die Beschwerde gegen die Verfügung des Registergerichts vom 17. August 2011 ist unzulässig. Denn es fehlt bislang an einer Entscheidung des Registergerichts, die nach §§ 382 Abs. 4 S. 2, 58 ff. FamFG mit der Beschwerde angefochten werden könnte. Wenn eine Anmeldung zur Eintragung in das Register unvollständig ist oder der Eintragung ein durch den Antragsteller behebbares Hindernis entgegensteht, hat das Registergericht dem Antragsteller nach § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG eine angemessene Frist zu dessen Beseitigung zu setzen. Die Zwischenverfügung dient dazu, einem Eintragungsantrag zum Erfolg zu verhelfen. Diese Voraussetzungen erfüllt die Verfügung vom 17. August 2011 nicht. Es fehlt bereits an der für eine anfechtbare Zwischenverfügung nach dieser Bestimmung zwingend erforderlichen Fristsetzung zur Beseitigung des Hindernisses. Tatsächlich verfolgt die Verfügung auch nicht das Ziel, ein

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der Eintragung entgegen stehendes konkretes Hindernis aus der Welt zu schaffen. Vielmehr vermittelt sie – gestützt auf die zitierte Entscheidung des Kammergerichts – die Rechtsauffassung des Registergerichts, dass der Betrieb einer Kindertagesstätte eine entgeltliche unternehmerische Betätigung sei, dies den Betroffenen zu einem wirtschaftlichen Verein mache und er deshalb nach §§ 21, 22 BGB nicht aufgrund Eintragung in das Vereinsregister Rechtsfähigkeit erlangen könne. Auch wenn mit der Verfügung dem Betroffenen Gelegenheit zu Darlegungen gegeben worden ist, welche nicht wirtschaftlichen Betätigungen er ausübt, geht das Registergericht auf der Grundlage des erklärten Satzungszweckes gerade nicht von einem behebbaren Hindernis aus. Ein Schreiben mit diesem Inhalt ist ungeachtet der erteilten Rechtsmittelbelehrung keine anfechtbare Zwischenverfügung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 1. Februar 2012 – 2 W 192/11 -, FGPrax 2012, 126 und vom 18. April 2012 – 2 W 28/12 –, NZM 2012, 623, jeweils m.w.N.; OLG Nürnberg, FGPrax 2012, 155 für das Grundbuchverfahren; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 11. Aufl., Kap. 10.4.8. Rn. 606; Keidel/Heinemann, FamFG, 17. Aufl., § 382 Rn. 22 m. w. N.). Die Verfügung vom 17. August 2011 ist auch nicht deswegen mit der Beschwerde anfechtbar, weil sie den Hinweis enthält, der Verein sei ggf. gemäß § 395 FamFG aus dem Vereinsregister von Amts wegen zu löschen. Weder enthält das Schreiben schon die konkrete Ankündigung einer beabsichtigten Löschung, noch ist – wie es § 395 Abs. 2 FamFG zwingend vorschreibt – eine angemessene Frist zum Widerspruch gesetzt. Überdies zielt der Widerspruch nach § 395 FamFG nicht auf Überprüfung der Rechtsauffassung des Registergerichts durch das Beschwerdegericht ab, sondern auf eine Widerspruchsentscheidung durch das Registergericht. Erst gegen den Beschluss, durch den der Widerspruch durch das Registergericht zurückgewiesen wird, ist alsdann die Beschwerde nach § 58 FamFG statthaft, vgl. § 395 Abs. 3 i. V. m. § 393 Abs. 3 S. 2 FamFG. 2. Der Senat ist mangels einer anfechtbaren Zwischenverfügung derzeit an einer Sachentscheidung gehindert. Gleichwohl sieht er sich für die im weiteren Verfahren vorzunehmende Prüfung zu einigen Hinweisen veranlasst. a. Der Senat hat die Voraussetzungen für die Eintragung eines sog. Idealvereins in das Vereinsregister, die er in ständiger Rechtsprechung seinen Entscheidungen bisher zugrundelegt hat, in der oben bereits zitierten Entscheidung vom 18. April 2012 – 2 W 28/12 – wie folgt zusammengefasst: Nach § 21 BGB erlangt ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister. Dagegen kann ein Verein mit dem Zweck eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dieses Ziel nach § 22 BGB nur durch staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit erlangen. Der Grund dafür, dass nur nicht wirtschaftliche Vereine in das Vereinsregister eingetragen werden können, liegt insbesondere in dem Ziel, die Sicherheit des Rechtsverkehrs und den Gläubigerschutz zu gewährleisten (vgl. nur BGHZ 45, 395; 85, 84; Senat, NJW-RR 2001, S. 1478; Rpfleger 2010, S. 669 f.; FGPrax 2011, S. 34 ff.). Das Vereinsrecht enthält nämlich insbesondere keine Vorschriften zur Sicherung der Kapitalaufbringung und -erhaltung und keine privatrechtli-


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chen Bilanzierungsvorschriften (K. Schmidt, Rpfleger 1988, S. 46). Wirtschaftliche Vereine können daher nur nach § 22 BGB die Rechtsfähigkeit erlangen und müssen ansonsten auf andere Rechtsformen, insbesondere der Kapitalgesellschaften oder der eingetragenen Genossenschaft, zurückgreifen (K. Schmidt, a. a. O.). Ein eingetragener Verein soll nicht in einer Weise am Rechtsverkehr teilnehmen, die vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes ein Handeln mit unbeschränkter Haftung oder einen Betrieb in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bzw. einer Genossenschaft erfordert (Senat, Rpfleger 2010, S. 669 f.). Für die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Vereinen folgt der Senat in ständiger Rechtsprechung – mit der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur – der von K. Schmidt begründeten typologischen Methode (Senat, OLGR Schleswig 1997, S. 12; NJW-RR 2001, S. 1478; Rpfleger 2010, S. 669 f.; FGPrax 2011, S. 34 ff. – jeweils m. w. N.; K. Schmidt, a. a. O., S. 45 ff.). Dabei ist von drei Grundtypen von Vereinen auszugehen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist: Nicht nach § 21 BGB eintragungs-fähig ist zunächst der Volltypus des unternehmerischen Vereins, der an einem äußeren Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Ferner betrifft dies den Verein mit einer derartigen unternehmerischen Tätigkeit an einem inneren, aus den Mitgliedern bestehenden Markt. Schließlich ist auch ein Verein auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, der eine genossenschaftliche Kooperation betreibt, also von seinen Mitgliedern mit ausgegliederten unternehmerischen Teilaufgaben betraut wird (vgl. nur Senat, jeweils a. a. O.; K. Schmidt, a.a.O., S. 45 ff.; Weick in: Staudinger, 2005, § 21 Rn. 6 ff.). Nicht maßgeblich für die Abgrenzung zwischen Wirtschaftsvereinen und Idealvereinen ist jedenfalls, ob der Verein eine Gewinnerzielungsabsicht hat (Senat, OLGR Schleswig 1997, S. 12; Rpfleger 2010, S. 669 f.; BayObLGZ 1985, S. 283 ff.; 1989, S. 124 ff.; OLG Frankfurt, NJW-RR 2006, S. 1698 f.; K. Schmidt, a. a. O., S. 46 f.). Maßgeblich ist vielmehr, dass Wirtschaftsgüter planmäßig und gegen Entgelt angeboten werden, und zwar unabhängig davon, ob das Entgelt nur Kosten deckend oder sogar Verlust bringend ist (Senat, OLGR Schleswig 1997, S. 12; BayObLGZ 1985, S. 283 ff.; OLG Celle, Rpfleger 1992, S. 66 f.; KG, DNotZ 2011, S. 632 ff. [Anmerkung: Auf diese Entscheidung stützt sich vorliegend das Registergericht]; zu der besonderen Ausgestaltung der Entgeltlichkeit beim dritten Typus des wirtschaftlichen Vereins vgl. Senat, Rpfleger 2010, S. 669 f., juris Rn. 27; K. Schmidt, a. a. O., S. 46). Wenn nach der Einordnung in einen der drei Typen von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen ist, steht dies nur dann der Eintragung in das Vereinsregister nicht entgegen, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit als bloßer Nebenzweck in den Dienst des Hauptzwecks gestellt wird (so genanntes Nebenzweckprivileg, vgl. nur BGHZ 85, 84; Senat, NJW-RR 2001, S. 1478; K. Schmidt, a. a. O., S. 46). b. Nach diesen Maßstäben spricht viel dafür, dass der Betroffene ein nicht wirtschaftlicher Verein ist. aa) Auszugehen ist von der Satzung, die für eine nicht unternehmerische Tätigkeit spricht und dies gerade auch in der jetzt geänderten Form tut.

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Nach Ziff. 2.1. der Satzung ist Zweck des Vereins der Betrieb einer Kindestagesstätte gemäß § 1 Kindertagesstättengesetz Schleswig-Holstein (KiTaG), wobei der Betroffene die Ziele und Grundsätze der §§ 4 und 5 KiTaG erfüllt. Kindertageseinrichtungen nach § 1 KiTaG sind nach der gesetzlichen Legaldefinition in Abs. 1 sozialpädagogische Einrichtungen, in denen Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr und in begründeten Einzelfällen darüber hinaus ganztags oder für einen Teil des Tages regelmäßig gefördert werden. Zu den Kindertageseinrichtungen im Sinne des Gesetzes gehören nach § 1 Abs. 1 S. 2 KiTaG Kindertagesstätten und kindergartenähnliche Einrichtungen. Zweck des Kindertagesstättengesetzes ist nach § 3 Abs. 1 die Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und der Tagespflege nach den §§ 22 bis 26 SGB VIII. Nach § 22 Abs. 3 SGB VIII und § 4 Abs. 1 S. 1 KiTaG haben die Kindertagesstätten einen eigenen Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsauftrag. Dabei gehört zu den Zielen des in § 2 der Satzung des Betroffenen in Bezug genommenen § 4 KiTaG, die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu unterstützen und das leibliche, seelische und geistige Wohl des Kindes zu fördern (§ 4 Abs. 1). Dies geschieht vor allem durch die Förderung der individuellen Selbst-, Sozial- und Lernkompetenz und orientiert sich an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes (§ 4 Abs. 1 S. 3). Gemäß § 4 Abs. 2 KiTaG sind in den Kindertagesstätten insbesondere diejenigen Fähigkeiten entsprechend dem jeweiligen Alter und Entwicklungsstand zu unterstützen und weiterzuentwickeln, die die Kinder im täglichen Leben benötigen, mit denen die Kinder ihre Erfahrungen verarbeiten und Selbständigkeit gewinnen können und die Kinder im Zusammenleben mit anderen Menschen brauchen. Behinderungen, Beeinträchtigungen und Benachteiligungen eines Kindes sollen durch gemeinsame Erziehung aller Kinder und durch individuelle Hilfe ausgeglichen oder verringert werden (§ 4 Abs. 4 S. 1 KiTaG). Nach den Grundsätzen des § 5 KiTaG, auf den in § 2 der Vereinssatzung in Bezug genommen worden ist, sollen Kinder entsprechend ihrem Entwicklungsstand und unter dem Aspekt der Ganzheitlichkeit betreut, erzogen und gebildet werden, wobei einzelne pädagogische Maßnahmen immer auf die Gesamtentwicklung des Kindes bezogen sein sollen (Abs. 1). Bei den Bildungsvorgängen sind u. a. die kulturellen Erfahrungen und Lebensbedingungen der Kinder einzubeziehen (Abs. 2). Der Übergang zur Schule und die Förderung schulpflichtiger Kinder sollen durch eine am jeweiligen Entwicklungsstand und der Alterssituation der Kinder orientierte Zusammenarbeit mit der Schule erleichtert werden (Abs. 6) Nach Abs. 8 soll die Arbeit in den Kindertagesstätten die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen, von Kindern mit unterschiedlichen Fähigkeiten und von unterschiedlicher sozialer Herkunft sowie das Zusammenleben von Kindern unterschiedlicher nationaler und kultureller Herkunft fördern. Dabei sollen nach Abs. 9 behinderte und nicht behinderte Kinder in Kindertagesstätten gemeinsam gefördert werden. Der Satzungszweck zielt danach auf nicht wirtschaftliche, ideelle Ziele ab.


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Dementsprechend ist anerkannt, dass Vereine mit Tätigkeiten auf dem Gebiet der Bildung und Erziehung in der Regel nicht wirtschaftliche Zwecke im Sinne des § 21 BGB verfolgen, wie zum Beispiel Trägervereine von Kinderkrippen, Kindergärten, Kinderhorten und Jugendzentren (Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kap. 4.1.4. Rn. 114; OLG Hamburg OLGE 15, 323 und Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Aufl., Rn. 79 Unterpunkt 20, jeweils für einen Schulverein). bb) Dafür, dass nach der eingangs dargestellten typologischen Methode gleichwohl einer der Grundtypen vorliegt, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, hat das Vereinsregistergericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Der bislang bekannte Sachverhalt spricht eher dagegen. Dem Volltypus des unternehmerischen Vereins ist der Betroffene schon deshalb nicht zuzuordnen, weil er nicht Leistungen an einem äußeren Markt anbietet, sondern, soweit ersichtlich, nach Ziff. 3.1. und Ziff. 5.1. der Satzung nur die Kinder von Mitgliedern (aktive Mitglieder oder Probemitglieder, die das Personensorgerecht für das zu betreuende Kind haben) in einer Kindergruppe des Betroffenen betreut werden. Der Betroffene will also auf einem inneren, aus den aktiven Mitgliedern und Probemitgliedern bestehenden Markt tätig werden. Das Registergericht ist, ohne dies näher zu begründen, davon ausgegangen, dass der Betroffene dabei gleichwohl eine unternehmerische Tätigkeit ausübt, weil er seine Leistungen entgeltlich anbietet. Zur unternehmerischen Betätigung hat es Feststellungen indes bislang nicht getroffen. Es stützt sich dabei ersichtlich nur auf die zitierte Entscheidung des Kammergerichts. Das Kammergericht kommt in seinem Beschluss – ausgehend von der sicherlich zutreffenden Annahme, dass ideelle Zwecke kommerzialisiert werden können – zu dem Schluss, das Angebot von Leistungen zur Kinderbetreuung gegen Entgelt stelle eine unternehmerische Tätigkeit dar. Sollte dies tatsächlich in dieser Allgemeinheit im Sinne eines Automatismus zu verstehen sein, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Allerdings geht auch der Senat in seiner eingangs wiedergegebenen Entscheidung – mit dem Kammergericht der herrschenden Meinung folgend – davon aus, dass das planmäßige Anbieten von Wirtschaftsgütern gegen Entgelt in der Regel auf eine unternehmerisches Tätigwerden schließen lässt. Indes darf bei der Abgrenzung nicht in Vergessenheit geraten, dass die zur Abgrenzung aufgestellten Kriterien helfen sollen, Vereine zu identifizieren, deren Hauptzweck es ist, ein Unternehmen zu betreiben oder wie ein Unternehmen am Wirtschaftsverkehr teilzunehmen. Der Prüfung im Einzelfall, ob durch den tatsächlichen Betrieb der Kindestagesstätte durch den Betroffenen in der gewählten Form der Schutzzweck des § 22 BGB – die Gewährleistung der Sicherheit des Rechtsverkehrs und des Schutzes der Gläubiger – überhaupt berührt ist, ist das Registergericht jedenfalls durch die einfache Feststellung, die Leistung werde gegen Entgelt angeboten, nicht enthoben. Bei der Prüfung dürfen die besonderen Wertungen, die der Landesgesetzgeber mit den Regelungen des KiTaG getroffen hat, nicht unberücksichtigt bleiben. Bereits die Aufzählung der möglichen Träger in § 9 Abs. 1 KiTaG spricht deutlich dafür, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Kindertagesstätten, die von einer Elterninitiative

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betrieben werden, auch weiterhin in der Form eines eingetragenen Vereins organisiert sein können. Nach dieser Bestimmung können Kindertageseinrichtungen errichtet und betrieben werden von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe, insbesondere den Kirchen und Religionsgemeinschaften öffentlichen Rechts sowie den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und den Elterninitiativen (Nr. 1), Gemeinden, Ämtern und Zweckverbänden als öffentliche Träger (Nr. 2), den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (Nr. 3) und anderen Trägern, insbesondere Wirtschaftsunternehmen, privatgewerblichen Trägern und nicht anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe (Nr. 4). Mit Elterninitiativen in § 9 Abs. 1 Nr. 1 Ki-TaG hat der Gesetzgeber zweifellos die in großer Zahl bestehenden Kindergartenvereine gemeint, die von Eltern betrieben werden, und nicht etwa von Eltern gegründete Kapitalgesellschaften, die unter Nr. 4 der Regelung besondere Erwähnung gefunden haben. Unternehmerisch orientierte Kindertageseinrichtungen, die das Kammergericht angelehnt auch an eine Spiegel-OnlineVeröffentlichung mit Beispielen aus dem Raum Berlin belegt, spielen in Schleswig-Holstein schon deshalb keine entscheidende Rolle, weil derartige, unter § 9 Abs. 1 Nr. 4 KiTaG fallende Einrichtungen gemäß § 25 Abs. 1 KiTaG keine staatliche Förderung erhalten (vgl. dazu Otto/ Am Wege, Kindertagesstättengesetz Schleswig-Holstein, 4., Aufl., § 9, Anm. 1). Sollte sich erweisen, dass es sich bei dem Betroffenen um eine Kindertageseinrichtung handelt, die in den Bedarfsplan des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 7 Abs. 1 KiTaG aufgenommen worden ist und deren Betriebskosten nach § 25 Abs. 1 KiTaG finanziert werden, stellt sich die Frage, ob der für einen wirtschaftlichen Verein nach § 22 BGB maßgebende Aspekt der Gewährleistung des Gläubigerschutzes überhaupt berührt ist. Bei Verträgen mit anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KiTaG, die in einen Bedarfsplan nach § 7 Abs. 1 KiTaG aufgenommen worden sind und die eine finanzielle Förderung nach § 25 KiTaG erhalten, – in Abgrenzung zu Verträgen mit Trägern nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 KiTaG – dürften die Gläubiger im Regelfall geschützt sein, weil die Betriebskosten dieser Kindertagesstätten gemäß § 25 Abs. 1 KiTaG durch Zuschüsse des Landes, Teilnahmebeträge oder Gebühren, Zuschüsse des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und Zuschüsse der Gemeinden aufgebracht werden. Sie sind damit in der Regel faktisch zu 100 % gedeckt. Denn für die Finanzierung der Betriebskosten tragen die Gemeinden eine besondere Verantwortung. Sie haben gemäß § 8 Abs. 1 KiTaG dafür Sorge zu tragen, dass die im Bedarfsplan vorgesehenen Kindertageseinrichtungen geschaffen und betrieben werden. Gemäß § 25 Abs. 4 KiTaG schließen die Standortgemeinden mit den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe, zu denen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KiTaG insbesondere auch Elterninitiativen gehören, für den Fall, dass die Kindertageseinrichtungen in den Bedarfsplan aufgenommen sind, schriftliche Vereinbarungen über die Finanzierung und die die Finanzierung betreffenden Angelegenheiten ab. Zwar hat der Gesetzgeber seine ursprüngliche Absicht fallen gelassen, die besondere Verantwortung der Gemeinden für den Betrieb der im Bedarfsplan vorgesehenen Kindertagesstätten dadurch zu unterstreichen, dass die Gemeinden die Verantwortung für die Sicherstellung der Gesamtfinanzierung durch Verträge über die Restkostenabdeckung für alle Einrichtungen zu gewährleisten hatten. In der Praxis wird der besonderen Verantwortung der


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Gemeinden gleichwohl vielfach dadurch Rechnung getragen, dass die Gemeinden die Gesamtfinanzierung sicherstellen, indem sie mit dem Träger der Einrichtung eine schriftliche Vereinbarung schließen, in der sie sich zur Restkostenabdeckung verpflichten (vgl. dazu Otto/Am Wege, a.a.O., § 25 KiTaG, Anm. 16). Soweit die Finanzierung der Betriebskosten in dieser Weise gewährleistet sein sollte, können Gläubiger mit ihren Forderungen von vornherein nicht ausfallen. Personen- und Vermögensschäden, die durch den Betrieb der Kindestagesstätte entstehen können, werden in der Praxis regelmäßig durch den Abschluss entsprechender Versicherungen abgedeckt sein. Dafür, dass der Betroffene in einen Bedarfsplan nach § 7 KiTaG aufgenommen worden sein könnte, könnte der Umstand sprechen, dass er auf der Internetseite der Gemeindeverwaltung von (…) in der Übersicht der in (…) vorhandenen Kindertagesstätten aufgelistet ist. Letztlich wird das Registergericht dazu Feststellungen treffen können. Anderes folgt nicht etwa aus § 25 Abs. 3 S. 1 KiTaG, wonach die Personensorgeberechtigten einen angemessenen Beitrag zu den Kosten der Kindertageseinrichtungen zu entrichten haben. Daraus lässt sich nicht etwa i.S.d. vorbeschriebenen Automatismus der Schluss auf eine unternehmerische Betätigung ziehen. Aus dem Gesamtkontext dieser Bestimmung zu § 25 Abs. 1 KiTaG und § 7 KiTaG ergibt sich, dass dies nur für solche Kindertageseinrichtungen gilt, die in den Bedarfsplan des örtlichen Trägers der Jugendhilfe nach § 7 Abs. 1 KiTaG aufgenommen worden sind, was nach § 7 Abs. 3 S. 6 KiTaG Voraussetzung für eine finanzielle Förderung nach den §§ 23, 25, 25 a und 30 KiTaG ist. Durch § 25 Abs. 2 S. 1 KiTaG soll sichergestellt werden, dass Eltern, die ihre Kinder in einer Kindertageseinrichtung betreuen lassen, deren Betriebskosten aus Mitteln der öffentlichen Hand bezuschusst wird, sich auch selbst in angemessener Weise an den Betriebskosten beteiligen. Allerdings kann es bei einer wirtschaftlichen Innenmarktbetätigung zu Zuordnungsschwierigkeiten kommen hinsichtlich der Frage, ob angebotenen Leistungen gleichsam eine Gegenleistung zu den von den Mitgliedern entrichteten Beiträgen sind oder ob der Verein seine Leistungen hiervon unabhängig anbietet bzw. erbringt (vgl. Reichert, a. a. O., Rn. 139). Wird – wie hier – kein Wirtschaftsgut im engen Sinne angeboten, sondern nach dem Satzungszweck in erster Linie der gesetzliche Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungszweck, den das Kindertagesstättengesetz als Aufgabe einer Kindertagesstätte normiert, verfolgt, ist in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass die Erhebung von Mitgliedschaftsbeiträgen nur Mittel zum Zweck sein kann, welcher nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist (vgl. die oben bereits zitierte Entscheidung des OLG Hamburg OLGE 15, 323 für einen Schulverein). Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang wiederum auf die Systematik des KiTaG. Nach § 9 Abs. 2 muss der Träger in der Lage sein, eine geeignete und bedarfsgerechte Kindertageseinrichtung zu schaffen und angemessene Eigenleistungen zu erbringen. Dazu dienen Mitgliedsbeiträge, aus denen sich u.a. das Vereinsvermögen speist. Eine unternehmerische Betätigung lässt sich daraus nicht ableiten. cc) Weiter wird das Registergericht zu prüfen haben, ob dem

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Betroffenen nicht doch das sog. Nebenzweckprivileg zu Gute kommt. Wirtschaftstätigkeit des Vereins hindert seine Eintragungsfähigkeit nicht, solange das Vereinsleben infolge des Einflusses übereinstimmender Mitgliederinteressen durch nicht wirtschaftliche Interessen bestimmt bleibt (so Reuter in MüKo, BGB, 6. Aufl., § 22 Rn 20). Auch hier ist wieder von den gesetzgeberischen Grundgedanken des KiTaG auszugehen. Der daraus über die Bezugnahme in der Satzung abzuleitende, vom Betroffenen verfolgte ideelle Zweck ist eingangs bereits ausführlich herausgearbeitet worden. Dass er das Vereinsleben prägen kann, ergibt sich aus der Entwicklung des Betroffenen und weiteren Bestimmungen der Satzung. Der Betroffene ist aus einer Elterninitiative hervorgegangen. Typischerweise schließen sich darin Eltern zusammen, die nicht einem Träger als Kunden und Abnehmer einer „Dienstleistung“ Kinderbetreuung gegenübertreten wollen. Vielmehr vertreten und verwirklichen sie mit besonderem persönlichem Engagement eigene Vorstellungen und Konzepte und schließen sich gerade dazu zusammen. Dieser Zweck wirkt auch bei dem Betroffenen offenbar fort. Wie seinem Internetauftritt zu entnehmen ist, handelt es sich offenbar um eine kleine Einrichtung mit starker aktiver Elternbeteiligung und kleinen Gruppen. Nach Nr. 11.3 der Satzung entscheidet die Mitgliederversammlung über das pädagogische Konzept nach Anhörung des Beirats. Nach Nr. 6.3 der Satzung gehört es zu den Pflichten der Mitglieder, sich nach persönlichem Leistungsvermögen und individuellen Fertigkeiten an der Verwaltung und Instandhaltung der Kindertagesstätte zu beteiligen, wobei jedes Mitglied grundsätzlich 10 Arbeitsstunden innerhalb eines Jahres aufzuwenden hat. Dies alles sind Indizien, die dafür sprechen, dass es sich bei dem Betroffenen nach wie vor um eine „echte“ Elterninitiative handelt, bei der das persönliche Engagement der Eltern bei dem Betrieb der Kindertagesstätte im Vordergrund steht, und die Eltern dem Verein nicht nur als anonymer Kundenstamm gegenüber stehen. dd) Bei der Abgrenzung, ob ein nicht wirtschaftlicher oder wirtschaftlicher Verein vorliegt, wird das Registergericht auch zu würdigen haben, dass der Betroffene nach Ziff. 2.2 der geänderten Satzung nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, sondern ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstige Zwecke“ der Abgabenordnung. Da die Anerkennung steuerbegünstigter gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke erfordert, dass die Tätigkeit und die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die Förderung oder Unterstützung solcher Zwecke gerichtet sind (vgl. Art. 52 bis 54 AO), spricht dies eher für eine nicht wirtschaftliche Tätigkeit als Hauptzweck (vgl. zum Indizwert der Satzung Terner DNotZ 2011, 636). Denn ein gemeinnütziger Zweck des Vereins ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet (Stöber/Otto, a. a. O., Rn. 76). Allerdings muss der Vorstand, der einen Verein oder die Neufassung einer Satzung mit einem geänderten Satzungszweck zur Eintragung anmeldet, dem Registergericht die Überzeugung verschaffen, dass die ideelle oder sonstige nicht wirtschaftliche Zweckangabe in der eingereichten


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Satzung zutrifft und dass der Verein nicht in Wirklichkeit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, also eine unternehmerische Tätigkeit beabsichtigt oder verfolgt. Ist dies nicht bedenkenfrei, so reicht die in der Satzung enthaltene Erklärung, dass der Zweck des Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, nicht aus (Reichert, a. a. O., Kap. 4.1.3. Rn. 112). Denn damit äußert der Betroffene letztlich nur seine eigene Rechtsauffassung über seine eigene beabsichtigte Tätigkeit, die nur dann für das Regis-tergericht maßgeblich ist, wenn sie mit dem tatsächlichen Vereinszweck vereinbar ist (Senat, Rpfleger 2010, 669).

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nicht erfolgt. Ob bei entsprechender Anerkennung ein nicht wirtschaftlicher Verein anzunehmen sei, weil dies dafür spreche, dass das Nebenzweckprivileg nicht überschritten werde, hat das Kammergericht in der zitierten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen (bei juris Rn. 16). c. Ob der Betroffene nach den aufgezeigten Abgrenzungskriterien ein nicht wirtschaftlicher Verein ist, wird im weiteren Verfahren nach ergänzendem Vortrag des Betroffenen auf der Grundlage der vorstehenden Hinweise zu klären sein. 3. […]

Indes drängen sich vor dem Hintergrund, dass der Betroffene – wie bereits erwähnt - aus einer Elterninitiative hervorgegangen ist, Zweck des Vereins seit seiner Gründung die Betreuung von Klein- und Vorschulkindern zur Förderung der Chancengleichheit in der Schule ist und dem Betroffenen in der Vergangenheit nach dem vorgelegten Freistellungsbescheid des Finanzamtes vom 12. Juli 2011 bescheinigt worden ist, dass er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken im Sinn der §§ 51 ff. AO dient, solche Bedenken bei dem Betroffenen nicht auf. Die vorstehenden Umstände sind vielmehr deutliche Indizien dafür, dass der Betroffene in erster Linie nicht wirtschaftliche Zwecke, nämlich die Förderung der Jugendhilfe und Erziehung, verfolgt. Der Freistellungsbescheid weist nämlich zur Ausstellung von Zuwendungsbescheinigungen aus, dass der Betroffene als gemeinnützige Zwecke fördert: „Förderung der Jugendhilfe, Förderung der Erziehungshilfe“. Diese Satzungszwecke entsprechen, wie im Freistellungsbescheid auch ausgeführt, § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und 7 AO. Als Förderung der Allgemeinheit dürfen diese Förderungszwecke nach § 52 Abs. 1, 2 AO u. a. anerkannt werden, wenn die Körperschaft gemeinnützige Zwecke verfolgt. Dies ist der Fall, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Gemäß § 55 AO geschieht eine Förderung selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden und die weiteren in § 55 AO genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dann aber ist der Freistellungsbescheid Indiz dafür, dass der Betroffene entsprechend dem Satzungszweck auch tatsächlich gemeinnützige Zwecke verfolgt. ee) Dem steht die vom Registergericht zitierte Entscheidung des Kammergerichts vom 18. Januar 2011 – 25 W 14/10 – nicht entgegen. Die Beschwerde weist zu Recht darauf hin, dass der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht vergleichbar ist. In jenem Verfahren plante der Betroffene den Betrieb von Betreuungszentren, nämlich die Unterhaltung von Kindergärten, Jugend- und Familienzentren sowie die Durchführung von Veranstaltungen zur Jugendbildung, Familienberatung und von Sportveranstaltungen. Wie den Entscheidungsgründen zu entnehmen ist, war Zweck dabei die entgeltliche Anbietung der Kinderbetreuung gegenüber Dritten (vgl. bei juris Rn. 12 und 13), wobei die Entgelte offenbar durch Dritte, nämlich die Leistungsnehmer und von staatlichen Leistungsträgern des Landes Berlin geleistet werden sollten. Überdies war eine Anerkennung des Vereins, dass ausschließlich steuerbegünstige gemeinnützige Zwecke i. S. von §§ 51 ff. AO verfolgt werden, gerade noch

Steuerrecht Mehrwertsteuerbefreiung für Krankenhausbehandlung und ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist wie folgt auszulegen: - Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, d. h. ästhetische Operationen und ästhetische Behandlungen, fallen unter den Begriff „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ im Sinne von Buchst. b bzw. Buchst. c dieser Vorschrift, wenn diese Leistungen dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. - Die rein subjektive Vorstellung, die die Person, die sich einem ästhetischen Eingriff unterzieht, von diesem Eingriff hat, ist als solche für die Beurteilung, ob der Eingriff einem therapeutischen Zweck dient, nicht maßgeblich. - Für die Beurteilung, ob Eingriffe wie die im Ausgangsverfahren unter den Begriff „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen, ist es von Bedeutung, dass Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden von einer Person erbracht werden, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen ist, oder dass der Zweck des Eingriffs von einer solchen Person bestimmt wird. - Bei der Beurteilung, ob Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren fraglichen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b oder c der Mehrwertsteuerrichtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sind, sind sämtliche in diesem Abs. 1 Buchst. b und c hierfür aufgestellten Voraussetzungen sowie die sonstigen einschlägigen Vorschriften des Titels IX Kapitel 1 und 2 dieser Richtlinie, z. B. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und die Art. 131, 133 und 134 der Richtlinie, zu berücksichtigen. EuGH, Urt. v. 21. 3. 2013 - C-91/12 […] Rechtlicher Rahmen Die Mehrwertsteuerrichtlinie [3] Die Mehrwertsteuerrichtlinie hat mit Wirkung ab 1. Januar 2007 die bisherige gemeinschaftliche Mehrwertsteuerre-


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gelung, insbesondere die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1), aufgehoben und ersetzt. [4] Titel IX („Steuerbefreiungen“) der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält in seinem Kapitel 1 lediglich den Art. 131, der Folgendes bestimmt: „Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen.“ [5] Titel IX Kapitel 2 („Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“) umfasst die Art. 132 bis 134. [6] Art. 132 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt: „Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer: … b) Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden; c) Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden; …“ [7] Nach Art. 133 der Mehrwertsteuerrichtlinie können die Mitgliedstaaten im Einzelfall die Gewährung der Befreiung u. a. nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von der Erfüllung einer oder mehrerer der in Art. 133 genannten Bedingungen abhängig machen. [8] In Art. 134 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es: „In folgenden Fällen sind Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen von der Steuerbefreiung des Artikels 132 Absatz 1 Buchstabe … b … ausgeschlossen: a) sie sind für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich; b) sie sind im Wesentlichen dazu bestimmt, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden.“ [9] Art. 173 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt, soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht

auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, dass nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden darf, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt. Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs wird gemäß den Art. 174 und 175 der Richtlinie für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt. Die schwedische Regelung [10] Nach Kapitel III § 4 des Mervärdeskattelag (Mehrwertsteuergesetz) 1994: 200 (im Folgenden: ML) sind ärztliche Heilbehandlungen, zahnärztliche Behandlungen und soziale Betreuung von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen. [11] Ärztliche Heilbehandlungen sind nach Kapitel III § 5 ML Maßnahmen zur medizinischen Vorsorge, Diagnose oder Behandlung von Krankheiten, körperlichen Mängeln und Verletzungen sowie zur Geburtshilfe, wenn diese Maßnahmen in einem Krankenhaus oder einer anderen öffentlichen oder privaten Einrichtung oder einer geschlossenen Anstalt ausgeführt werden oder wenn die Maßnahmen sonst von einer Person ausgeführt werden, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen ist. Ausgangsverfahren und Vorlagefragen [12] PFC bietet medizinische Leistungen auf dem Gebiet der ästhetisch-plastischen Chirurgie und entsprechende Behandlungen an. Das Unternehmen erbrachte in dem im Ausgangsverfahren fraglichen Zeitraum Leistungen sowohl in Form von Schönheitsoperationen als auch in Form von plastischer Chirurgie sowie bestimmte Hautpflegeleistungen. [13] PFC führt Eingriffe wie Brustvergrößerung, Brustverkleinerung, Bruststraffung, Bauchformung, Fettabsaugung, Gesichtsstraffung, Stirnstraffung, Operationen an Augen, Ohren und Nase sowie andere Maßnahmen der plastischen Chirurgie durch. Außerdem nimmt das Unternehmen Behandlungen wie dauerhafte Haarentfernung und Hautverjüngung mittels intensiv gepulsten Lichts, Behandlungen von Zellulitis sowie Botox- und Restylane-Injektionen vor. [14] PFC beantragte die Erstattung der Vorsteuer für Mai 2007. Das Skatteverk lehnte sowohl die Erstattung als auch den Abzug der Vorsteuer mit der Begründung ab, dass Mehrwertsteuer nicht für Umsätze erstattet werden könne, die von der Mehrwertsteuer befreit seien, und dass auch ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht komme, da es sich sowohl bei der ästhetischen als auch bei der plastischen Chirurgie um ärztliche Heilbehandlungen handele, die von der Mehrwertsteuer befreit seien. [15] PFC erhob gegen diesen Bescheid des Skatteverk Klage beim Länsrätt i Stockholms län (Verwaltungsgericht Stockholm), das der Klage mit der Begründung stattgab, dass die Dienstleistungen dieses Unternehmens auf dem Gebiet der ästhetisch-plastischen Chirurgie sowie die ästhetischen Behandlungen keine ärztlichen Heilbehandlungen seien. [16] Das Skatteverk legte gegen das Urteil des Länsrätt i Stockholms län Berufung beim Kammarrätt i Stockholm (Oberverwaltungsgericht Stockholm) ein, das der Berufung teilweise mit der Begründung stattgab, dass Leistungen, bei denen es sich um plastische Operationen und Behandlungen handele oder die aus psychischen Gründen durchgeführt wür-


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den, von der Mehrwertsteuer befreite Umsätze seien, wenn sie von Personen erbracht würden, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen seien. [17] Das Skatteverk legte gegen das Urteil beim Högsta förvaltningsdomstol Rechtsmittel ein und machte geltend, dass die von PFC durchgeführten ästhetischen und plastischen Operationen und Behandlungen ärztliche Heilbehandlungen gemäß Kapitel III § 4 ML seien und PFC deshalb für im Rahmen dieser Tätigkeit durchgeführte Erwerbungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. [18] Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts dienten die durchgeführten Eingriffe in einigen Fällen der Behandlung von Patienten, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines körperlichen Mangels eine ästhetische Operation durchgeführt werden musste. In anderen Fällen seien die Eingriffe eher allein auf Wunsch des Patienten durchgeführt worden, um sein Aussehen zu verändern oder zu verbessern. Diese verschiedenen Maßnahmen seien unabhängig von ihrem Zweck aus medizinischer Sicht vergleichbare Leistungen, die vom gleichen Personal durchgeführt werden könnten. [19] Der Högsta förvaltningsdomstol wirft die Frage auf, wie im Rahmen von Leistungen medizinischer Art in Form von chirurgischen Maßnahmen und verschiedenen Behandlungen der im Ausgangsverfahren fraglichen Art die Ausdrücke „ärztliche Heilbehandlungen“ und „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ zu verstehen sind. Das Gericht fragt sich insbesondere, ob diese Ausdrücke so zu verstehen sind, dass sie alle Arten chirurgischer Maßnahmen oder anderer ästhetischer Behandlungen umfassen, die von Ärzten oder anderen Personen, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen sind, durchgeführt werden, oder ob der mit den fraglichen Eingriffen verfolgte Zweck von maßgeblicher Bedeutung ist. [20] Unter diesen Umständen hat der Högsta förvaltningsdomstol das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Mehrwertsteuerrichtlinie so auszulegen, dass die dort aufgeführten Befreiungen von der Mehrwertsteuer Leistungen erfassen, die, wie im vorliegenden Rechtsstreit, - ästhetische Operationen, - ästhetische Behandlungen darstellen? 2. Ist die Beurteilung davon abhängig, ob die Operation oder Behandlung zu dem Zweck durchgeführt wird, Krankheiten, körperlichen Mängeln oder Verletzungen vorzubeugen oder diese zu behandeln? 3. Ist, wenn dem Zweck Bedeutung beizumessen ist, die Vorstellung des Patienten vom Zweck der Behandlung zu berücksichtigen? 4. Ist es für diese Beurteilung von Bedeutung, ob die Maßnahme von einer Person durchgeführt wird, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen ist, oder ob der Zweck des Eingriffs von einer solchen Person festgelegt wird?

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Zu den Vorlagefragen [21] Mit diesen Fragen, die zusammen zu behandeln sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, d. h. ästhetische Operationen und ästhetische Behandlungen, von der Mehrwertsteuer befreit sind. [22] Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht insbesondere wissen, ob ein etwaiger vorbeugender oder therapeutischer Zweck derartiger Leistungen für die Beantwortung der ersten Frage, ob diese Leistungen von der Mehrwertsteuer befreit sind, eine Rolle spielt. Falls dies bejaht wird, möchte das vorlegende Gericht mit seiner dritten Frage wissen, ob für die Beurteilung, ob ein solcher Zweck gegeben ist, die subjektive Vorstellung der Leistungsempfänger von diesen Leistungen zu berücksichtigen ist. Mit der vierten Frage soll geklärt werden, ob es für die Beurteilung des Ausgangsrechtsstreits von Bedeutung ist, dass die fraglichen Leistungen von einer Person erbracht werden, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen ist. [23] Die Begriffe, mit denen die in Art. 132 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen bezeichnet sind, sind eng auszulegen, weil diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Die Auslegung dieser Begriffe muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden, und den Erfordernissen der steuerlichen Neutralität entsprechen. Daher entspricht es nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der in Art. 132 genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen (vgl. u. a. Urteil vom 10. Juni 2010, Future Health Technologies, C-86/09, Slg. 2010, I-5215, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). [24] Was die Leistungen medizinischer Art angeht, ergibt sich in Analogie zur Rechtsprechung zur Richtlinie 77/388, dass die Buchst. b und c des Art. 132 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie, deren Anwendungsbereiche unterschiedlich sind, eine abschließende Regelung der Steuerbefreiungen für Leistungen der Heilbehandlung im engeren Sinne bezwecken (vgl. Urteil Future Health Technologies, Randnrn. 26, 27 und 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Art. 132 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie bezieht sich nämlich auf Leistungen, die in Krankenhäusern erbracht werden, während sich Art. 132 Abs. 1 Buchst. c auf diejenigen Heilbehandlungen bezieht, die außerhalb von Krankenhäusern, sei es in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort, erbracht werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. September 2002, Kügler, C-141/00, Slg. 2002, I-6833, Randnr. 36, sowie Future Health Technologies, Randnr. 36). [25] Sowohl der Begriff „ärztliche Heilbehandlung“ in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie als auch der Begriff „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ in Art. 132 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie erfassen daher Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen (vgl. Urteil Future Health Technologies, Randnrn. 37 und 38).


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[26] Zwar müssen die „ärztlichen Heilbehandlungen“ und die „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ einem therapeutischen Zweck dienen, doch folgt daraus nicht zwangsläufig, dass die therapeutische Zweckbestimmtheit einer Leistung in einem besonders engen Sinne zu verstehen ist (vgl. Urteil Future Health Technologies, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung). [27] Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs können Leistungen medizinischer Art, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden, daher unter die Steuerbefreiungsregelung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen (vgl. Urteil Future Health Technologies, Randnrn. 41 und 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). [28] Daraus folgt, dass der Zweck von Leistungen wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden im Rahmen der Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Mehrwertsteuerrichtlinie für die Beurteilung, ob diese Leistungen von der Mehrwertsteuer befreit sind, von Bedeutung ist. Diese Steuerbefreiung gilt nämlich für Leistungen, die dazu dienen, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen (vgl. in diesem Sinne auch Urteil Future Health Technologies, Randnr. 43). [29] Somit können Leistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, soweit sie dazu dienen, Personen zu behandeln oder zu heilen, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angeborenen körperlichen Mangels ein Eingriff ästhetischer Natur erforderlich ist, unter die Begriffe „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b oder Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen. Wenn der Eingriff jedoch zu rein kosmetischen Zwecken erfolgt, fällt er nicht unter diese Begriffe. [30] Das Skatteverk ist jedoch der Ansicht, die Feststellung des Zwecks der betreffenden Operation oder Behandlung sei sowohl für die Dienstleister als auch für die Steuerbehörden äußerst schwierig und könnte zu „erheblichen Anwendungsund Abgrenzungsproblemen“ führen. [31] In Situationen wie der des Ausgangsverfahrens ist es tatsächlich möglich, dass ein und derselbe Steuerpflichtige sowohl steuerbefreite Tätigkeiten nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b oder c der Mehrwertsteuerrichtlinie als auch mehrwertsteuerpflichtige Tätigkeiten ausübt. [32] Eine derartige Situation ist jedoch in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehen und in den Art. 173 ff. geregelt. Art. 173 der Richtlinie bestimmt, soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, dass nur der Teil der Mehrwertsteuer abgezogen werden darf, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt. Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs wird gemäß den Art. 174 und 175 der Mehrwertsteuerrichtlinie für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.

[33] Hinsichtlich der dritten Frage, ob die subjektive Vorstellung, die Leistungsempfänger wie die im Ausgangsverfahren von diesen Leistungen haben, für die Beurteilung des Zwecks eines bestimmten Eingriffs von Belang ist, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass gesundheitliche Probleme, die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c der Mehrwertsteuerrichtlinie unter die von der Mehrwertsteuer befreiten Eingriffe fallen, psychologischer Art sein können (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 6. November 2003, Dornier, C-45/01, Slg. 2003, I-12911, Randnr. 50, und vom 27. April 2006, Solleveld und van den Hout-van Eijnsbergen, C-443/04 und C-444/04, Slg. 2006, I-3617, Randnrn. 16 und 24). [34] Die rein subjektive Vorstellung, die die Person, die sich einem ästhetischen Eingriff unterzieht, von diesem Eingriff hat, ist als solche für die Beurteilung, ob der Eingriff einem therapeutischen Zweck dient, nicht maßgeblich. [35] Da es hierbei um die Beurteilung einer medizinischen Frage geht, muss sie auf medizinischen Feststellungen beruhen, die von dem entsprechenden Fachpersonal getroffen worden sind. [36] Daraus folgt für die vierte Frage, dass es für die Beurteilung, ob Eingriffe wie die im Ausgangsverfahren unter den Begriff „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen, von Bedeutung ist, dass Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden von einer Person erbracht werden, die zur Ausübung eines Heilberufs zugelassen ist, oder dass der Zweck des Eingriffs von einer solchen Person bestimmt wird. [37] Um die Vorlagefragen vollständig zu beantworten, ist darauf hinzuweisen, dass bei der Beurteilung, ob Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren fraglichen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b oder c der Mehrwertsteuerrichtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sind, sämtliche in diesem Abs. 1 Buchst. b und c hierfür aufgestellten Voraussetzungen sowie die sonstigen einschlägigen Vorschriften des Titels IX Kapitel 1 und 2 dieser Richtlinie zu berücksichtigen sind (vgl. entsprechend insbesondere Urteil vom 10. Juni 2010, CopyGene, C-262/08, Slg. 2010, I-5053, Randnr. 37), und es ist nicht allein darauf abzustellen, ob diese Dienstleistungen unter den Begriff „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. b bzw. Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen. [38] Insbesondere sind im Fall der nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung gegebenenfalls neben dem vollständigen Wortlaut dieser Vorschrift die Art. 131, 133 und 134 dieser Richtlinie zu berücksichtigen. [39] […]

Zur Umsatzsteuerfreiheit der von einem Altenwohnheim erbrachten Leistungen 1. Die mit dem Betrieb eines von einem gewerblichen Unternehmer betriebenen Altenwohnheims eng verbundenen Umsätze sind nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG u.a. dann umsatzsteuerfrei, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr


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mindestens 40 % der Leistungen Kranken und behinderten Menschen zu Gute gekommen sind, die in einem vom Gesetz näher bestimmten Maß der Hilfe bedürfen. Dass diesen Personen eine Pflegestufe zuerkannt wurde, ist nicht erforderlich. 2. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG darf nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden, die nicht geeignet ist, die Gleichbehandlung sämtlicher unter das Privatrecht fallenden Betreiber von Altenwohnheimen zu gewährleisten. BFH, Urt. v. 19.3.2013 – XI R 45/10 Tatbestand [1] I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Umsätze der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) aus dem Betrieb eines Altenwohnheims von der Umsatzsteuer befreit sind. [2] Die Klägerin, eine GmbH, betrieb ein als gemeinnützige Körperschaft anerkanntes Altenwohnheim („Senioren-Wohnstift“). Sie überließ dem jeweiligen Bewohner auf der Grundlage eines Heimvertrages eine abgeschlossene unmöblierte Wohnung mit eingebauten Küchenelementen, die über eine eigene Klingel, ein Namensschild, eigenen Telefonanschluss, Briefkasten und Kelleranteil verfügte. Zu den ferner von der Klägerin erbrachten sog. Grundleistungen gehörte die Überlassung eines Telefons, eine Notruf- und Pflegebereitschaft rund um die Uhr, die regelmäßige Grundreinigung der Wohnung, die Vorhaltung der Gemeinschaftsräume und -anlagen (Bibliothek, Gymnastikraum, Kapelle, Seelsorge, Hallenbad), ein tägliches Mittagessen im Speisesaal einschließlich Bedienung sowie die Betreuung und Pflege im Krankheits- und Pflegefall bis zu einer Gesamtdauer von 14 Tagen im Jahr. Für darüber hinaus in Anspruch genommene Pflegeleistungen war ein gesondertes Entgelt zu entrichten. Die Klägerin rechnete gegenüber der Pflegekasse ab, soweit von dieser Leistungen gewährt wurden, und im Übrigen direkt mit den Bewohnern des Senioren-Wohnstifts. [3] Im Streitjahr 2001 standen insgesamt 302 Wohnungen sowie weitere 10 Zimmer in der Pflegestation zur Verfügung. Nach den dem Gesundheitsamt als Heimaufsicht vorgelegten Meldungen wurde regelmäßig etwa 10 bis 20 Bewohnern eine Pflegestufe zuerkannt. [4] Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) war der Ansicht, dass die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, in denen jeweils eine Pflegebedürftigkeit des betreffenden Heimbewohners i.S. des § 68 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes in der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung (BSHG) bestätigt worden war, nicht geeignet seien, die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. d des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr 2001 maßgebenden Fassung (UStG) nachzuweisen. [5] Dementsprechend behandelte das FA im Umsatzsteuerbescheid für 2001 nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) „die Pflegeerlöse einschließlich Verpflegung und diverser Nebenumsätze“ als steuerpflichtig. Es unterwarf die ermittelten steuerpflichtigen Leistungen gemäß § 12 Nr. 8 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz und zog anhand der eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung geschätzte Vorsteuer ab. Die von der Klägerin vereinnahmten Zinserträge und die Erlöse aus der Vermietung der Wohnungen behandelte das FA als steuerfrei.

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[6] […] [10] Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 1025 veröffentlicht. [11] […] Entscheidungsgründe [20] II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). [21] Die Versagung der Steuerbefreiung der streitigen Umsätze verletzt § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG. Die Sache ist nicht spruchreif; es sind weitere Feststellungen zu treffen. [22] 1. Nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG waren von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei u.a. „die mit dem Betrieb ... der Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime ... eng verbundenen Umsätze, wenn a) diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden“ --was im Streitfall ausscheidet-- „oder … d) ... im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 vom Hundert der Leistungen den in § 68 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes oder den in § 53 Nr. 2 der Abgabenordnung genannten Personen zu Gute gekommen sind“. [23] a) Gemäß § 68 Abs. 1 BSHG --nunmehr § 61 Abs. 1 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch-- ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu gewähren (§ 68 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Hilfe zur Pflege ist auch Kranken und behinderten Menschen zu gewähren, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Hilfebedarf als nach § 68 Abs. 1 Satz 1 BSHG haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach § 68 Abs. 5 BSHG bedürfen; für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung oder in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung gilt dies nur, wenn es nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Hilfen nicht zumutbar sind oder nicht ausreichen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG). [24] Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen i.S. des § 68 Abs. 1 BSHG sind gemäß § 68 Abs. 5 BSHG: „1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- und Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Trep-


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pensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.“ [25] b) Die ferner von § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG in Bezug genommene Vorschrift des § 53 Nr. 2 AO nennt in der im Streitjahr geltenden Fassung Personen, deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe i.S. des § 22 BSHG; beim Alleinstehenden oder Haushaltsvorstand tritt an die Stelle des Vierfachen das Fünffache des Regelsatzes. [26] 2. § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG, der mit den Nachfolgebestimmungen in Art. 131 und Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL identisch ist. Danach befreien unbeschadet sonstiger Vorschriften „die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer: ... g) die eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen“. [27] Die Mitgliedstaaten können nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 133 MwStSystRL-- die Gewährung der u.a. unter Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Befreiung für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer näher bezeichneter Bedingungen abhängig machen. [28] 3. Die Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG i.V.m. § 68 Abs. 1 BSHG durch das FG hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. [29] a) Das FG hat insoweit ausgeführt, die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG seien nicht gegeben, weil unstreitig weniger als 40 % der Bewohner des von der Klägerin betriebenen Seniorenstifts vom Medizinischen Dienst eine Pflegestufe zuerkannt worden sei. [30] Auch die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG lägen nicht vor, weil eine Kostenübernahme des Sozialversicherungsträgers für die Pflege dieses Personenkreises, also von Kranken und behinderten Menschen, die für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Hilfebedarf als nach § 68 Abs. 1 Satz 1 BSHG haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach § 68 Abs. 5 BSHG bedürfen, nicht erfolgt sei. Die Vorschrift des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG setze jedoch voraus, dass eine Kostenübernahme des Sozialversicherungsträgers stattgefunden habe. [31] b) Diese Begründung des FG verletzt § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG.

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[32] Die Vorschrift setzt --anders als etwa § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG-- gerade keine Kostenübernahme des Sozialversicherungsträgers voraus (zutreffend FG Nürnberg, Urteil vom 30. März 2010 2 K 1743/2008, EFG 2011, 391, rkr., unter 3.b), sondern stellt lediglich auf einen bestimmten Personenkreis ab, dem die Leistungen zu Gute gekommen sein müssen, nämlich Personen, die entweder körperlich hilfsbedürftig sind (§ 68 Abs. 1 BSHG) oder die --was im Streitfall ausscheidet-wirtschaftlich hilfsbedürftig sind (§ 53 Nr. 2 AO). [33] Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) betrifft die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind. Sie bezweckt die Entlastung der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten und --insoweit entsprechend-- aber auch die Entlastung der selbst zahlenden Privatpatienten von der Umsatzsteuer (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 2003 V R 24/00, BFHE 203, 523, BStBl II 2004, 89, unter II.2.a). [34] Mit diesem (doppelten) Zweck der Vorschrift ist die ausnahmslos auf die Notwendigkeit einer Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger abstellende Auffassung des FG nicht zu vereinbaren. [35] 4. Der Senat kann aufgrund der bisher vom FG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG i.V.m. § 68 Abs. 1 BSHG im Streitfall vorliegen. [36] a) Fraglich ist, ob und in welchem Umfang die Bewohner des Senioren-Wohnstifts der Klägerin körperlich hilfsbedürftig i.S. des § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG waren. [37] aa) Das FG hat insoweit die von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen der Ärzte nicht ausreichen lassen, weil es der Auffassung war, es müsse bei den Bewohnern eine „Pflegebedürftigkeit nach § 15 SGB XI“ --also eine der drei dort genannten Pflegestufen-- vorliegen. [38] Nach § 15 Abs. 1 SGB XI sind pflegebedürftige Personen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz einer der folgenden drei Pflegestufen zuzuordnen: [39] „1. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. [40] 2. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. [41] 3. Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.“


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[42] bb) Diese Auffassung des FG entspricht nicht der Rechtslage, weil weder § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG noch § 68 Abs. 1 BSHG auf § 15 SGB XI verweist. [43] Es reicht für die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG vielmehr eine (einfache) Pflegebedürftigkeit i.S. von § 68 Abs. 1 BSHG bei dem entsprechenden Personenkreis aus; sie kann auch vorliegen, wenn keine Pflegestufe i.S. von § 15 SGB XI nachgewiesen wurde (zutreffend FG Nürnberg, Urteil in EFG 2011, 391, unter 3.d, m.w.N.). [44] Auch nach den im Streitjahr 2001 geltenden Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) war für die Annahme einer Pflegebedürftigkeit i.S. des § 68 Abs. 1 BSHG das Vorliegen einer Pflegestufe nicht erforderlich (vgl. Abschn. 99 Abs. 3 und 4 UStR 2000). [45] cc) Der Senat kann als Revisionsgericht die entsprechende Prüfung der Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG nicht selbst vornehmen, weil das FG die ärztlichen Bescheinigungen nicht in Bezug genommen hat (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 37; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz 83; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 217 f.) und deren Inhalt nur pauschal wiedergegeben hat (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). [46] Das FG hat zwar ausgeführt, „die Mehrheit der Bewohner“ müsse „sicherlich infolge ihres Alters und Gesundheitszustandes Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens, beispielsweise im Bereich der Körperpflege und bei Einschränkungen der Mobilität (vgl. § 68 Abs. 5 BSHG) in Anspruch nehmen.“ Das Gericht habe diesen Vortrag der Klägerin als wahr unterstellen können und habe „deswegen von der Einvernahme der im Schriftsatz vom 3. April 2010 angebotenen Zeugen zur Beweiskraft der ärztlichen Bescheinigungen sowie Art und Umfang der indizierten und ausgeführten Pflegeleistungen abgesehen.“ [47] Der Senat neigt dazu, diese Wahrunterstellung des FG nicht als Feststellung i.S. von § 118 Abs. 2 FGO anzusehen, aus der sich mit hinreichender Klarheit ergibt, dass bei mindestens 40 % der Bewohner des Senioren-Wohnstifts der Klägerin die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 BSHG vorgelegen hätten. Jedenfalls besteht auch unabhängig davon im Streitfall aus nachfolgenden Gründen weiterer Feststellungsbedarf. [48] b) Sollten --was dem Senat naheliegend erscheint-- die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG bei den Bewohnern des Senioren-Wohnstifts der Klägerin vorgelegen haben und mindestens 40 % der Leistungen der Klägerin diesem Personenkreis zu Gute gekommen sein, ist es nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG erforderlich, dass diese Bedingung in dem Kalenderjahr, das dem Streitjahr 2001 vorausging --also im Jahr 2000-- erfüllt war. [49] Jedenfalls zu den danach maßgebenden Verhältnissen des Vorjahres (vgl. dazu EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 38 bis 41) fehlen Feststellungen des FG. [50] c) Zudem muss das FG prüfen, ob sämtliche der streitigen Leistungen, für die die Klägerin die Steuerbefreiung begehrt, unter § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG fallen.

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[51] Die Feststellung des FG hierzu, im Streitfall gehe es um die „Pflegeerlöse einschließlich Verpflegung und diverser Nebenumsätze“ ist unklar. Weitere Feststellungen dazu hat das FG nicht getroffen - entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht durch eine wirksame Bezugnahme. [52] Bei der vorzunehmenden Prüfung ist davon auszugehen, dass „eng verbunden“ i.S. des Eingangssatzes zu § 4 Nr. 16 UStG jede Leistung ist, die für die Pflege und Versorgung dieses Personenkreises unerlässlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 2008 XI R 61/07, BFHE 222, 134, BStBl II 2009, 68, unter II.1.b, m.w.N.). [53] Dabei ist vom FG ggf. zu prüfen, ob die streitigen Leistungen der Klägerin an die Bewohner des Senioren-Wohnstifts umsatzsteuerrechtlich als eine einheitliche Leistung zu qualifizieren sind (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 20. August 2009 V R 21/08, BFH/NV 2010, 473, unter II.1.a; vom 8. Juni 2011 XI R 22/09, BFHE 234, 448, Rz 29 ff.). [54] 5. Soweit danach die streitigen Umsätze nicht schon nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG i.V.m. § 68 Abs. 1 BSHG steuerfrei sind, wird das FG unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) prüfen müssen, ob Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG eine Steuerfreiheit rechtfertigt. [55] a) Ein Steuerpflichtiger kann sich auf die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung vor einem nationalen Gericht berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist (vgl. EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 32, m.w.N.). [56] Ficht ein Steuerpflichtiger --wie hier die Klägerin-- die Nichtanerkennung der Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG an, haben die nationalen Gerichte zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen in diesem Artikel eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, einschließlich insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (vgl. EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 33, m.w.N.). [57] b) Wie der EuGH in der Rechtssache --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) zu einem ambulanten Pflegedienst bezogen auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG entschieden hat, „darf die nationale Regelung im Rahmen der Umsetzung der in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung keine sachlich unterschiedlichen Bedingungen für Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und die unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden juristischen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen“ (Rz 58). Folglich stehe Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG, lege man ihn im Licht des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität aus, einer Grenze wie der Zwei-Drittel-Grenze (in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG) entgegen, „soweit sie im Zusammenhang mit Leistungen, die im Wesentlichen identisch sind, im Hinblick auf die Anerkennung des ‚sozialen Charakters‘ im Sinne dieser Vorschrift auf bestimmte unter das Privatrecht fallende Steuerpflichtige angewandt wird, auf andere aber nicht“ (Rz 59).


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[58] c) Ob dies im Streitjahr 2001 auch auf die Steuerbefreiung für Altenwohnheime in § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG zutraf, weil von der Finanzverwaltung bei gleichen Leistungen unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen angewendet wurden, muss das FG prüfen - entsprechende Feststellungen sind im Streitfall noch nicht getroffen worden. [59] Für die Praktizierung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen spricht, dass die Klägerin --wie sie unwidersprochen vorbringt-- nachdem sie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband beigetreten war, ab 2005 die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 18 UStG erreicht hat, obwohl sich an den von ihr erbrachten Leistungen der Art nach nichts geändert habe. [60] d) Das FG muss ferner ggf. prüfen, ob die streitigen Leistungen (ganz oder zum Teil) „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen [oder] Lieferungen von Gegenständen“ sind (vgl. dazu EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 22 bis 24, m.w.N.; Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 XI R 46/08, BFHE 232, 232, m.w.N.). [61] e) Soweit die Klägerin eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen oder Lieferungen von Gegenständen erbracht hat, wird das FG im zweiten Rechtsgang auch Feststellungen zur Anerkennung der Klägerin als soziale Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG treffen müssen - falls entsprechend den vorstehenden Darlegungen die in § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG aufgestellten Anerkennungsvoraussetzungen wegen Verstoßes gegen den Neutralitätsgrundsatz nicht anwendbar sein sollten. [62] Nach der EuGH-Rechtsprechung sind hierbei mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu ihnen können zählen (vgl. EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 31, m.w.N.) - das Bestehen spezifischer Vorschriften seien es nationale oder regionale, Rechts oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit , - das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, - die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und - der Gesichtspunkt, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden. [63] f) Schließlich hat das FG im zweiten Rechtsgang die Anforderungen von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG zu berücksichtigen (vgl. EuGH-Urteil Zimmermann in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 60 bis 62). [64] Danach ist die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn

- die betreffenden Lieferungen oder Dienstleistungen zur Ausübung der von der Steuer befreiten Tätigkeiten nicht unerlässlich sind (Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG) oder - sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden (Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG).

Umsatzsteuerbefreiung von Umsätzen bei Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen Scheitert die Anerkennung des sozialen Charakters einer Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen allein an der in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG normierten Pflicht, diesbezüglich ausschließlich auf die Verhältnisse des vorangegangenen Kalenderjahrs abzustellen, sind die Umsätze dieser Einrichtung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei. BFH, Urt. v. 19.3.2013 – XI R 47/07 Tatbestand [1] I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in A einen ambulanten Pflegedienst. Sie ist examinierte Krankenschwester und arbeitete 1992 als angestellte Pflegedienstleiterin in einer Sozialstation. Daneben betreute sie ab Anfang 1993 einzelne Patienten selbständig und meldete zum 1. Juni 1993 einen ambulanten Pflegedienst an. Auf ihren Antrag vom 27. August 1993 wurde sie zum 1. Oktober 1993 für die Leistungen der Häuslichen Krankenpflege (§ 37 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch in der damals geltenden Fassung --SGB V--), Häuslichen Pflegehilfe (§§ 53 bis 56 SGB V) und Haushaltshilfe (§ 38 SGB V) zu den Krankenkassen zugelassen. [2] In den Umsatzsteuererklärungen für 1993 und 1994 (Streitjahre) behandelte sie ihre Umsätze als gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. e des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) steuerfrei. [3] Im Jahr 1999 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) fest, dass die Klägerin (mit ihrem Personal) im Jahr 1993 insgesamt 76 Personen behandelt hatte, von denen 52 Personen (= 68 %) Privatzahler waren. Daraufhin versagte das FA die Steuerfreiheit der von der Klägerin im Jahr 1993 erbrachten Leistungen gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG unter Hinweis darauf, dass nach dieser Vorschrift in mindestens zwei Drittel der Fälle die Kosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssten. Die Steuerfreiheit für die von der Klägerin im Jahr 1994 erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG versagte das FA, weil die Vorschrift auf die Verhältnisse des Vorjahrs abstelle. Allerdings greife die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG ein, soweit die Klägerin Leistungen der Behandlungspflege erbracht habe; deren Anteil schätzte das FA auf ein Drittel (Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 27. April 1999). [4] Dagegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruch


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Klage. Während des Klageverfahrens legte sie ein an sie gerichtetes Schreiben der Verwaltung A vom 19. Oktober 2005 vor, nach dem sie zum einen spätestens seit 1988 die gleichen Leistungen erbracht bzw. die gleichen Tätigkeiten ausgeführt habe wie die Pflegestationen (Sozialstationen) aus dem Kreis der Liga der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin und zum anderen sie bzw. ihr Unternehmen in sozialrechtlicher Hinsicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt worden sei. [5] Das Finanzgericht (FG) gab der Klage überwiegend statt. Es führte aus, die im Streitjahr 1993 bis zum 1. Oktober ausgeführten Umsätze der Klägerin seien, soweit sie auf die Behandlungspflege entfielen, gemäß § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei; deren Anteil schätzte das FG auf der Grundlage von Berechnungen, die die Klägerin im Klageverfahren vorgelegt hatte, auf 75 %. [6] Für den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis 31. Dezember 1994 könne die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG beanspruchen. Ab diesem Zeitraum seien mindestens zwei Drittel dieser Umsätze auf Personen entfallen, bei denen die Pflegekosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden seien. § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass erst der Zeitraum ab Oktober 1993 heranzuziehen sei.

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[13] Der EuGH hat diese Fragen mit Urteil vom 15. November 2012 C-174/11 --Zimmermann-- (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2013, 35, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2013, 84) wie folgt beantwortet: [14] „Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage verbietet es bei einer Auslegung im Licht des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung der von gewerblichen Leistungserbringern erbrachten ambulanten Pflege von einer Bedingung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden abhängig gemacht wird, nach der die Kosten dieser Pflege im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sein müssen, wenn diese Bedingung nicht geeignet ist, im Rahmen der für die Zwecke dieser Vorschrift erfolgenden Anerkennung des sozialen Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, die Gleichbehandlung zu gewährleisten.“ [15] Das FA hat sich zur Entscheidung des EuGH nicht geäußert. [16] Die Klägerin sieht ihre Rechtsauffassung bestätigt.

[7] Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 624. [8] Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG. [9] Die Klägerin hingegen beruft sich für die Steuerfreiheit ihrer Umsätze unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). [10] Der Senat hat mit Beschluss vom 2. März 2011 XI R 47/07 (BFHE 232, 568, BStBl II 2012, 699) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: [11] „1. Erlauben es Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und/oder Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG dem nationalen Gesetzgeber, die Steuerbefreiung der Leistungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen davon abhängig zu machen, dass bei diesen Einrichtungen‚ im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind‘ (§ 4 Nr. 16 Buchst. e UStG)? [12] 2. Ist es unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer für die Antwort auf diese Frage von Bedeutung, dass der nationale Gesetzgeber dieselben Leistungen unter anderen Voraussetzungen als steuerfrei behandelt, wenn sie von amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind, ausgeführt werden (§ 4 Nr. 18 UStG)?“

[17] Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit das FG die Klagestattgabe für den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis zum 31. Dezember 1994 auf § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG gestützt hat. [18] Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe [19] II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO-). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die streitigen Umsätze der Klägerin von der Steuer befreit sind. [20] 1. Der Senat versteht das Revisionsbegehren des FA trotz dessen (umfassenden) Antrags, die Klage insgesamt abzuweisen, unter Zugrundelegung der Revisionsbegründung dahingehend, dass das FG-Urteil nur insoweit angegriffen werden soll, als das FG seine Klagestattgabe --für den Zeitraum vom 1. Oktober 1993 bis 31. Dezember 1994-- auf § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG gestützt hat. [21] Soweit das FG entschieden hat, die im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 1993 ausgeführten Umsätze der Klägerin seien bei einem (geschätzten) Anteil der Behandlungspflege von 75 % nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei, hat das FA keine Rechts- oder Verfahrensfehler geltend gemacht. [22] Dass Leistungen der Behandlungspflege (nicht aber Leistungen der Grundpflege und der haushaltswirtschaftlichen Versorgung) durch dazu qualifiziertes Krankenpflegepersonal nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei sind, entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. z.B. Urteil vom 22. April 2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849; Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom


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10. September 2002 C-141/00 --Kügler--, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30). [23] 2. a) Nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG in der in den Streitjahren 1993 und 1994 geltenden Fassung waren von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei u.a. „die mit dem Betrieb ... der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn a) diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden“ --was im Streitfall ausscheidet-- „oder ... e) ... im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind“. [24] b) Die Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach befreien unbeschadet sonstiger Vorschriften „die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer: ... g) die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialen Charakter anerkannte Einrichtungen“. [25] Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/ EWG --nunmehr Art. 133 MwStSystRL-- können die Mitgliedstaaten die Gewährung der unter Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Befreiung für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung näher bezeichneter Bedingungen abhängig machen. [26] 3. Die streitbefangenen Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG steuerfrei. [27] Zwar hat das FG für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass die Klägerin zum 1. Oktober 1993 für die Leistungen der Häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V), Häuslichen Pflegehilfe (§§ 53 bis 56 SGB V) und Haushaltshilfe (§ 38 SGB V) zu den Krankenkassen zugelassen worden ist, und dass in dem im Revisionsverfahren allein noch verbliebenen Streitzeitraum vom 1. Oktober 1993 bis 31. Dezember 1994 mindestens zwei Drittel ihrer Umsätze auf Personen entfallen sind, bei denen die Pflegekosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden sind. Der Tatbestand des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ist jedoch insoweit nicht erfüllt, als die

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Pflegekosten nicht „im vorangegangenen Kalenderjahr“ in mindestens zwei Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. [28] 4. Für die Steuerfreiheit der streitbefangenen Leistungen kann sich die Klägerin jedoch mit Erfolg unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG berufen (vgl. dazu EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 32; BFH-Urteile vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 1. Dezember 2010 XI R 46/08, BFHE 232, 232). [29] a) Die Klägerin hat in Ausübung der ambulanten Pflege eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG erbracht (vgl. EuGH-Urteile --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 44; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 22 bis 24). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. [30] b) Bei der Klägerin handelt es sich zudem um eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG. [31] aa) Vorgenannte Vorschrift legt die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Es ist daher grundsätzlich Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen diesen Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit über ein Ermessen (EuGHUrteile vom 26. Mai 2005 C-498/03 --Kingscrest Associates und Montecello--, Slg. 2005, I-4427, UR 2005, 453, Rz 49, 51; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 26). [32] Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist (EuGH-Urteile --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 61; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 32). [33] bb) Nach dem EuGH-Urteil --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) geht es vorliegend im Wesentlichen darum, ob die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) bei der Ausgestaltung der Anerkennung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens beachtet hat (vgl. Rz 28; s.a. EuGH-Urteil --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 55). Ficht ein Steuerpflichtiger die Anerkennung oder die Nichtanerkennung der Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG an, haben die nationalen Gerichte demgemäß zu prüfen, ob die zuständigen Behörden die Grenzen des ihnen in diesem Artikel eingeräumten Ermessens unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts eingehalten haben, einschließlich insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt (EuGH-Urteile --Kügler-- in Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 56; --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 33).


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[34] cc) Hierzu führt der EuGH in seinem Urteil --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) näher aus: „31. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht jedoch hervor, dass es bei der Bestimmung der Einrichtungen, deren ‚sozialer Charakter‘ im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie für die Zwecke dieser Bestimmung anzuerkennen ist, Sache der nationalen Behörden ist, im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu ihnen können das Bestehen spezifischer Vorschriften – seien es nationale oder regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit –, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und der Gesichtspunkt zählen, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Kügler, Randnrn. 57 und 58, und Kingscrest Associates und Montecello, Randnr. 53, sowie entsprechend Urteile vom 6. November 2003, Dornier, C-45/01, Slg. 2003, I-12911, Randnrn. 72 und 73, L. u. P., Randnr. 53, und CopyGene, Randnrn. 65 und 71). ... 35. Was zunächst die Zwei-Drittel-Grenze betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach der in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung die Tatsache, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden, einen Gesichtspunkt darstellt, der bei der Festlegung der Einrichtungen berücksichtigt werden kann, deren ‚sozialer Charakter‘ im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie für die Zwecke dieser Bestimmung anzuerkennen ist. ... 37. Entsprechend ist das Erfordernis einer wie im Ausgangsverfahren auf zwei Drittel der Fälle festgesetzten Schwelle für die Zwecke der Anwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie zu beurteilen. Durch das Erfordernis einer solchen Schwelle wird nämlich auf ähnliche Weise dem Bedürfnis entsprochen, bei der Anwendung dieser Vorschrift den sozialen Charakter von Einrichtungen anzuerkennen. Ebenso überschreitet ein Mitgliedstaat das ihm nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie zustehende Ermessen grundsätzlich nicht dadurch, dass er auch im Zusammenhang mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bedingung verlangt, dass die Kosten für die betreffenden Leistungen der ambulanten Pflege ganz oder zum überwiegenden Teil von den gesetzlichen Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträgern übernommen worden sein müssen. ... 40. ... ist es erforderlichenfalls Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob in den Situationen, in denen von Beginn der betreffenden Tätigkeiten an der ‚soziale Charakter‘ im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie nach der in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils dargestellten

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Rechtsprechung anzuerkennen wäre, die Pflicht, ausschließlich auf das vorangegangene Kalenderjahr abzustellen, zur Folge hat, dass hinsichtlich des ersten Kalenderjahrs dieser Tätigkeiten oder sogar ihrer ersten beiden Kalenderjahre die Anerkennung des ‚sozialen Charakters‘ des betreffenden Leistungserbringers im Sinne dieser Vorschrift automatisch und zwangsläufig ausgeschlossen ist. 41. Soweit die Pflicht, ausschließlich auf das vorangegangene Kalenderjahr abzustellen, dies zur Folge hätte, kann sie nicht auf der Grundlage des Einleitungssatzes von Art. 13 Teil A Abs. 1 der Sechsten Richtlinie gerechtfertigt werden.“ [36] dd) Unter Anlegung dieser Maßstäbe hat Deutschland bei der Ausgestaltung der Anerkennung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens nicht beachtet. [37] Zwar hat der EuGH im Urteil --Zimmermann-- (UR 2013, 35, HFR 2013, 84) die Zwei-Drittel-Grenze des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG sowie die dort normierte Bedingung, dass die Kosten für die betreffenden Leistungen der ambulanten Pflege ganz oder zum überwiegenden Teil von den gesetzlichen Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträgern übernommen worden sein müssen, ausdrücklich gebilligt. Durch die in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG normierte Pflicht, diesbezüglich jeweils auf das vorangegangene Kalenderjahr abzustellen, würde jedoch die Anerkennung des „sozialen Charakters“ der Klägerin für den Streitzeitraum, in dem sie dem Grunde nach Umsätze i.S. des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ausführte, automatisch und zwangsläufig ausgeschlossen. Hierfür bietet Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG keine Grundlage (EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 40, 41). [38] Aus den Ausführungen des EuGH ergibt sich ferner, dass insofern auf die Tätigkeit der Klägerin im Zeitraum ab dem 1. Oktober 1993 abzustellen ist, ab dem die Zwei-DrittelGrenze erfüllt ist, und nicht auf das Kalenderjahr 1993. [39] c) Die Steuerbefreiung der streitigen Leistungen ist nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen. [40] aa) Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG sind von der Steuerbefreiung Dienstleistungen ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der von der Steuer befreiten Tätigkeiten nicht unerlässlich sind (vgl. EuGH-Urteil --Zimmermann-- in UR 2013, 35, HFR 2013, 84, Rz 61, m.w.N.). [41] Vorliegend ist weder durch das FG festgestellt noch überhaupt vom FA geltend gemacht, dass die Klägerin solche von der Steuerbefreiung ausgeschlossenen Dienstleistungen getätigt hätte. [42] bb) Hinsichtlich Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG, nach dem Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen von der in Art. 13 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen sind, wenn sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteu-


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er unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden, sind diese Voraussetzungen für einen Ausschluss der Steuerbefreiung weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der gemeinnützigkeitsrechtliche Grundsatz der Unmittelbarkeit im Falle eines ausgegliederten Krankenhauslabors Eine von gemeinnützigen Krankenhausträgern gegründete GmbH, die die Laborleistungen für die Krankenhäuser erbringt, verfolgt selbst nicht unmittelbar gemeinnützige oder mildtätige Zwecke. BFH, Urt. v. 6.2.2013 – I R 59/11 Tatbestand [1] I. Streitpunkt ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine GmbH, die ein Labor für Krankenhäuser betreibt-- im Streitjahr 2006 als gemeinnützig anzuerkennen ist. [2] Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 15. September 2006 mit einem Stammkapital von 50.000 EUR gegründet. Ihre Geschäftsanteile werden zu 50 v.H. vom A e.V., zu 37,5 v.H. von der B GmbH und zu 12,5 v.H. von der C GmbH gehalten. Die Gesellschafter der Klägerin sind als gemeinnützig anerkannt und Träger mehrerer katholischer Krankenhäuser. Die Krankenhäuser sind als steuerbegünstigte Zweckbetriebe i.S. von § 67 der Abgabenordnung i.d.F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10. Oktober 2007 (BGBl I 2007, 2332, BStBl I 2007, 815) --AO-- anerkannt. [3] [...] [5] Die Laborleistungen, die in den von den Gesellschaftern der Klägerin unterhaltenen Krankenhäusern anfielen, wurden bis zur Gründung der Klägerin von Laboren abgewickelt, die in den jeweiligen Krankenhausbetrieb integriert waren. Nach der Gründung der Klägerin übernahm diese das für die Erbringung der Laborleistungen erforderliche Personal (im Streitjahr 2006: 61 Mitarbeiter) im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs von ihren Gesellschaftern. Die Vergütung der Mitarbeiter erfolgt nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Caritasverbandes. Die für die Erbringung der Laborleistungen erforderlichen Räumlichkeiten mietete die Klägerin von ihren Gesellschaftern an. Die erforderlichen Analyseautomaten hat die Klägerin von Dritten angemietet bzw. geleast. Eigene Investitionen der Klägerin im Streitjahr betrafen ausschließlich die EDV-Ausstattung und das Mobiliar der Labore. [6] Im November 2006 schloss die Klägerin einen Kooperationsvertrag mit einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin, wonach diese die ärztliche Leitung und die Wahrnehmung der ärztlichen Aufgaben der Klägerin umfassend sicherstellen sollte. Die Klägerin sollte während der Laufzeit des Kooperationsvertrages keine eigenen Fachärzte für Laboratoriumsmedizin anstellen und die Gemeinschaftspraxis keine von ihr angestellten nichtärztlichen Mitarbeiter bei der Klägerin einsetzen. Die Leistungen für Patienten der von ihren Gesellschaftern unterhaltenen Krankenhäuser sollten ausschließlich durch die Klägerin, die Leistungen für Patienten niedergelassener Ärzte ausschließlich durch die Gemeinschaftspraxis erbracht werden. Der Gemeinschaftspraxis sollte für ihre Tätigkeit ein pauschales Honorar von 180.000 EUR

pro Jahr zustehen, mit dem sämtliche Tätigkeiten und Kosten der Gemeinschaftspraxis für die Klägerin abgegolten waren. Die Abrechnung von Leistungen für Patienten der von den Gesellschaftern der Klägerin unterhaltenen Krankenhäuser sollte ausschließlich durch die Klägerin erfolgen. Die Einnahmen hieraus standen der Klägerin auch dann zu, wenn die Ärzte der Gemeinschaftspraxis gegenüber den Wahlleistungspatienten dieser Krankenhäuser zur gesonderten Liquidation berechtigt waren. Für Leistungen der Klägerin an Patienten anderer als der von ihren Gesellschaftern unterhaltenen Krankenhäuser stand den Ärzten der Gemeinschaftspraxis bei Wahlleistungspatienten das Liquidationsrecht zu. [7] Am 4. Dezember 2006 nahm die Klägerin ihre Geschäftstätigkeit auf. Bei Umsatzerlösen von 363.601 EUR erwirtschaftete sie in der Zeit bis 31. Dezember 2006 einen Jahresüberschuss von 3.568 EUR. Die Erlöse entfielen auf ca. 190.000 Laborleistungen und auf die Belieferung zweier der Krankenhäuser ihrer Gesellschafter mit Blutkonserven. Die Blutkonserven hatte die Klägerin vom Deutschen Roten Kreuz bezogen; sie wurden nach Überprüfung der Verträglichkeit mit dem Blut der jeweiligen Patienten („Kreuzen“) an die Krankenhäuser geliefert. Die Preisgestaltung für die von der Klägerin erbrachten Leistungen erfolgte bezüglich der Privatpatienten nach der Gebührenordnung für Ärzte und im Übrigen unter Berücksichtigung der Kostenstruktur der Gesellschafter der Klägerin im Jahre 2005. Die Abrechnung der Leistungen wurde in der Weise vorgenommen, dass die Klägerin bei ambulanten und stationär durchgeführten Leistungen an gesetzlich Versicherte ihren Gesellschaftern Rechnungen erteilte; von diesen wurde gegenüber den Krankenkassen nach Fallpauschalen abgerechnet. Leistungen an Privatversicherte und Wahlleistungen wurden direkt gegenüber den betreffenden Patienten abgerechnet. Im Jahr 2007 erbrachte die Klägerin ihre Leistungen zu ca. 90 v.H. an ihre Gesellschafter und zu ca. 10 v.H. an andere Anbieter im Gesundheitswesen (z.B. Krankenhäuser oder eine Laborgemeinschaft niedergelassener Ärzte). [8] Die Klägerin reichte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) für das Streitjahr eine Erklärung zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, ein. Das FA erließ auf der Grundlage des von der Klägerin erklärten Jahresüberschusses körperschaftsteuerliche Bescheide und setzte für das Streitjahr eine Körperschaftsteuer von 892 EUR fest. Es war der Auffassung, die Klägerin sei nicht steuerbefreit, weil es an der Unmittelbarkeit der begünstigten Leistungen fehle. Dies folge daraus, dass die Leistungen seitens der Klägerin nicht unmittelbar an die Patienten, sondern an die jeweiligen Krankenhausträger erbracht würden. Aus dem gleichen Grund stelle die Tätigkeit der Klägerin auch keinen Zweckbetrieb i.S. von § 66 AO dar. [9] Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster hat sie als unbegründet abgewiesen; sein Urteil vom 30. Mai 2011 9 K 73/09 K,F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 437 abgedruckt. [10] Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Klägerin. […] Entscheidungsgründe [12] II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).


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Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin nicht als gemeinnützig anzuerkennen ist [13] 1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) sind Körperschaften, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung ist jedoch nach Satz 2 der Vorschrift insoweit ausgeschlossen, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. § 64 Abs. 1 AO wiederum sieht vor, dass dieser Begünstigungsausschluss nicht zum Tragen kommt --und damit die Steuerbefreiungen zu gewähren sind--, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ein Zweckbetrieb i.S. der §§ 65 bis 68 AO ist. [14] 2. Das FG hat angenommen, die Klägerin fördere zwar mit ihren Laborleistungen selbstlos und unmittelbar das öffentliche Gesundheitswesen (gemeinnütziger Zweck gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO --vgl. jetzt § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO i.d.F. des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements [AO n.F.]--) und verfolge mildtätige Zwecke i.S. des § 53 AO. Jedoch sei ihr wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht als Zweckbetrieb i.S. der §§ 65 bis 68 AO anzusehen. [15] 3. Entgegen der Sichtweise der Vorinstanz fehlt es der Betätigung der Klägerin schon an dem Merkmal einer unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke. [16] a) Die Laborleistungen der Klägerin fördern nicht das öffentliche Gesundheitswesen i.S. des § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO. Unter den Begriff der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens fallen Tätigkeiten, die der Gesundheit der Bürger dienen, insbesondere durch Verhinderung und Bekämpfung von Seuchen und Krankheiten (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2007 I R 90/04, BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628; Gutachten der Unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen --BMF--, Heft 40, 1988, S. 110). Die Tätigkeiten müssen indes eine von der individuellen Hilfe gegenüber dem einzelnen Patienten losgelöste, auf das öffentliche Gesundheitswesen bezogene, übergreifende Funktion haben; die Hilfe in individuellen Krankheitsfällen gehört deshalb nicht dazu (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 52 AO Rz 22; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., § 3 Rz 92; Fischer, jurisPR-SteuerR 26/2009, Anm. 3; anderer Ansicht Leisner-Egensperger in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 52 AO Rz 124 ff.; Wallenhorst in Wallenhorst/ Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., Kap. D Rz 72a). Da nicht ersichtlich ist, dass die von der Klägerin durchgeführten individuellen Laborleistungen auch eine auf die Allgemeinheit bezogene Funktion --etwa die der vorbeugenden Gesundheitspflege, wie man sie einem Krankenhaus in seiner Gesamtheit zubilligen könnte (vgl. Hüttemann, a.a.O., § 3 Rz 92)-- erfüllen, unterfallen sie nicht § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO. [17] b) Die Hilfe in individuellen Krankheitsfällen kann jedoch als Förderung des Wohlfahrtswesens gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO --s. jetzt § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AO n.F.-- gemeinnützig sein (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 52 AO Rz 32;

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Hüttemann, a.a.O., § 3 Rz 105). Die Wohlfahrtspflege ist in § 66 Abs. 2 AO als die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen definiert. Des Weiteren kann die individuelle Hilfe in Krankheitsfällen unter dem Aspekt der Mildtätigkeit dem Steuerbefreiungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 2002 unterfallen. Gemäß § 53 Nr. 1 AO verfolgt eine Körperschaft mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. [18] c) Eine Voraussetzung der Steuerbefreiung ist jedoch gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002, dass die Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar erfüllt. Das ist gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 AO der Fall, wenn sie die steuerbegünstigten Zwecke selbst erfüllt, gegebenenfalls und nach Maßgabe von § 57 Abs. 2 Satz 2 AO unter Hinzuziehung von Hilfspersonen. An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall, weil die Hilfeleistungen gegenüber den Patienten ausschließlich von den Krankenhäusern erbracht werden und die Klägerin mit ihren Laborleistungen lediglich die Krankenhäuser bei deren Hilfeleistungen unterstützt. [19] Das FG hat diesen Dienstleistungscharakter der Laborleistungen der Klägerin, die noch dazu ganz überwiegend --nämlich soweit es die gesetzlich krankenversicherten Patienten betrifft-- aufgrund von Verträgen zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Krankenhaus erbracht werden, nicht verkannt. Es war jedoch der Auffassung, dies stehe nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 17. Februar 2010 I R 2/08 (BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006) dem Unmittelbarkeitserfordernis nicht entgegen. Dem liegt jedoch eine zu weitgehende Interpretation dieses Urteils zugrunde. [20] Der Senat hat dort an dem Grundsatz festgehalten, dass das Handeln als Hilfsperson allein keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründet; denn die Hilfsperson verwirklicht fremde gemeinnützige Zwecke ihres Auftraggebers (s. auch Senatsurteil in BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628). Sie fördert damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 AO, was für die Steuerbefreiung nicht ausreicht. Eine Ausnahme hält der Senat nur für gerechtfertigt, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungsziele verfolgt (dem folgend der sog. Anwendungserlass des BMF zur AO --AEAO-- zu § 57, Nr. 2 i.d.F. vom 17. Januar 2012, BStBl I 2012, 83; vgl. auch Hüttemann, a.a.O., § 4 Rz 55 ff.; Fischer, jurisPR-SteuerR 33/2010, Anm. 2). Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn mehrere nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002 steuerbefreite Körperschaften arbeitsteilig zur Verwirklichung eines steuerbegünstigten Zwecks zusammenwirken. Dies betrifft nicht nur Zusammenschlüsse auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, sondern auch Fälle, in denen z.B. die öffentliche Hand eine steuerbefreite Organisation mit der Erbringung der steuerbegünstigten Tätigkeit beauftragt, die Auftragnehmerin aber einzelne Tätigkeiten an andere steuerbefreite Körperschaften vergibt. [21] Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Hilfsperson bleibt aber nach der Senatsrechtsprechung, dass deren Tätigkeit bei isolierter Betrachtung ihrerseits die „übrigen Voraussetzungen“, d.h. auch das Unmittelbarkeitserforder-


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nis des § 57 AO, erfüllt. Es kann sich deshalb zwar um eine Leistung handeln, die im zivilrechtlichen Vertragsverhältnis einem Dritten geschuldet ist. Doch muss die Leistung, wenn es um die steuerbegünstigten Zwecke der Wohlfahrtspflege bzw. der Mildtätigkeit geht, zumindest faktisch unmittelbar gegenüber dem Hilfsbedürftigen erbracht werden, wie es z.B. bei den im Senatsurteil in BFHE 228, 388, BStBl II 2010, 1006 zu beurteilenden Betreuungsleistungen gegenüber entwicklungsgestörten und behinderten Personen der Fall war. [22] Handelt es sich demgegenüber auch bei Außerachtlassung der zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen um Handlungen, die nicht als unmittelbare Hilfeleistungen gegenüber dem Bedürftigen, sondern vielmehr als Dienstleistung gegenüber dem „eigentlichen“ Leistungserbringer zu charakterisieren sind, fehlt es an der erforderlichen Unmittelbarkeit (vgl. auch Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 7 Rz 138). So liegt die Sache im Streitfall: Die in Rede stehenden Laborleistungen mögen zwar ärztlichen Charakter haben, sind aber der Sache nach als Dienstleistungen gegenüber den unmittelbar behandelnden Ärzten zu beurteilen. Nur die behandelnden Ärzte haben Kontakt zu den Patienten, nur sie ziehen die medizinischen Schlüsse aus den von der Klägerin gelieferten Befunden und entscheiden z.B., welche Heil- oder Vorsorgemaßnahmen jeweils geboten sind. Die Laborleistungen sind --wie auch das FG an anderer Stelle festgestellt hat-- Vorbereitungsleistungen, die die Krankenhäuser dabei unterstützen sollen, ihre Patienten medizinisch zu betreuen, sind aber selbst keine unmittelbaren Behandlungs- oder Betreuungsleistungen „am Patienten“. Das gilt entgegen der Sichtweise der Klägerin auch angesichts des Umstands, dass die Klägerin die Laborbefunde anhand des Blutes bzw. der Körpersekrete der Patienten trifft. Denn die der Klägerin von den Krankenhäusern zur Verfügung gestellten Proben sind reine Untersuchungsobjekte; sie haben ihre körperliche Verbindung zum Patienten verloren und an ihnen werden von der Klägerin keine Heil- oder Behandlungsmaßnahmen vorgenommen. [23] d) Da es somit bereits aus diesem Grund an einer unmittelbaren Erfüllung der gemeinnützigen bzw. mildtätigen Zwecke in Person der Klägerin fehlt, bedarf es keiner Erörterung, ob die Voraussetzungen des § 57 AO auch deshalb nicht gegeben sein könnten, weil die Klägerin nach den Bedingungen des Kooperationsvertrags mit der überörtlichen Gemeinschaftspraxis keine eigenen Fachärzte für Laboratoriumsmedizin einsetzen durfte und sie sich demnach offenbar für die Wahrnehmung ihrer ärztlichen Aufgaben der Fachärzte der Gemeinschaftspraxis bedient hat. Ebenso kann offenbleiben, ob die Steuerbefreiung auch mit Blick auf das Erfordernis der Selbstlosigkeit gemäß § 55 AO zu versagen wäre, weil die Tätigkeit der Klägerin sich darin erschöpft, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten, der nach den Feststellungen der Vorinstanz die gleichen Leistungen zu vergleichbaren Bedingungen anbietet, wie nicht steuerbefreite, mit Gewinnerzielungsabsicht agierende Anbieter (vgl. zur verwandten Problematik im Zusammenhang mit Krankentransporten einerseits Senatsbeschluss vom 18. September 2007 I R 30/06, BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126; andererseits „Nichtanwendungsschreiben“ des BMF vom 20. Januar 2009, BStBl I 2009, 339 und AEAO zu § 66, Nr. 6). Und schließlich ist bei dieser Sachlage nicht darüber zu befinden, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Klägerin die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs nach § 66 oder § 65 AO erfüllen würde.

Anmerkung Der Regelungsgehalt des gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsatzes der „Unmittelbarkeit“ (§ 57 AO) ist an sich trivial: Nach dem Willen des Gesetzgebers verdient nur diejenige Körperschaft eine steuerliche Entlastung, die „selbst“ die Allgemeinheit fördert1. So gesehen ist der Leitsatz des hier zu besprechenden BFH-Urteils missverständlich: Es geht nicht darum, ob die Klägerin (eine Labor-GmbH) selbst steuerbegünstigte Zwecke „unmittelbar“ gefördert hat, sondern es geht darum, ob in der Unterhaltung eines Krankenhauslabors, das gegen Entgelt Leistungen an gemeinnützige Krankenhäuser erbringt, eine Förderung des „öffentlichen Gesundheitswesens“ bzw. des „Wohlfahrtswesens“ (heute: § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Nr. 9 AO) zu sehen ist. Sofern man diese Frage bejaht, wäre zusätzlich noch zu prüfen gewesen, ob das Labor auch die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs (§§ 65 ff. AO) erfüllte2. Im Ergebnis hat der I. Senat eine Steuerbegünstigung verneint: Für eine Förderung des „öffentlichen“ Gesundheitswesens fehle es der Klägerin an der notwendigen „übergreifenden Funktion“, und die steuerbegünstigten Heilbehandlungen der „eigentlichen Leistungserbringer“ gegenüber den Patienten (der gemeinnützigen Krankenhäuser) habe sie lediglich als Hilfsperson durch „Vorbereitungsleistungen“ unterstützt, also nicht „unmittelbar“ gefördert. Dem BFH ist im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass allein der Umstand, dass eine Körperschaft in erster Linie als Hilfsperson (§ 57 Abs. 1 S. 2 AO) für andere steuerbegünstigte Körperschaften tätig wird, bei der auf die einzelne Körperschaft bezogenen Betrachtungsweise des geltenden Rechts (vgl. § 51 Abs. 1 AO) noch keine Steuerbegünstigung begründet. Vielmehr muss die eigene Tätigkeit der Hilfspersonen selbst eine „Gemeinwohlqualität“ i.S. der §§ 52 ff. AO aufweisen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine Körperschaft für eine andere Körperschaft steuerbegünstigte Betreuungsleistungen gegenüber bedürftigen Personen erbringt3. Anders ist hingegen zu entscheiden, wenn sich die Hilfspersonentätigkeit in der Erbringung „marktgängiger“ Dienstleistungen (wie z.B. Buchführung oder EDV-Leistungen) erschöpft. Insoweit gilt der Grundsatz, dass eine „typische gewerbliche Betätigung im Allgemeinen nicht gemeinnützig sein kann“4. Der vorliegende Fall weist nun die Besonderheit auf, dass die „Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens“ (anders als z.B. die Wohlfahrtspflege) keine individuelle Hilfeleistung gegenüber bestimmten Personen erfordert, so dass auch die Bereitstellung von „Infrastruktur“ für andere gemeinnützige Gesundheitseinrichtungen nach § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO begünstigt sein könnte5. Indes bedarf es auch hier einer wertenden Abgrenzung, die der I. Senat – in der Sache durchaus einleuchtend – an der „übergreifenden Funktion“ einer Einrichtung für das „öffentliche Gesundheitswesen“ festmachen will. Daran dürfte es der Klägerin – nicht zuletzt auch mit Blick auf die große Zahl von (steuerpflichtigen) medizinischen Laboreinrichtungen – im Urteilsfall in der Tat gefehlt haben. Hingegen wäre z.B. eine überregionale Agentur zur Vermittlung von Transplantationsorganen nach diesem Maßstab als steuerbegünstigt anzuerkennen6. 1 Vgl. bereits Hüttemann/Schauhoff, FR 2007, 1133. 2 Daran hatte das FG Münster, Urt. v. 30.5.2011 – 9 K 73/09 K, F, EFG 2012, 437 als Vorinstanz die Steuerbegünstigung scheitern lassen. 3 BFH, Urt. v. 17.2.2010 – I R 2/08, BStBl. II 2010, 1006. 4 BFH, Urt. v. 31.1.1973 – II R 51, 58, 62/69, BStBl. II 1973, 690 f. 5 Vgl. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl. 2012, § 4 Rz. 40. 6 S. auch ders./Schauhoff, FR 2007, 1136.


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Auch wenn der Entscheidung des BFH de lege lata zuzustimmen ist, mag man sich de lege ferenda fragen, ob die auf die einzelne Körperschaft (§ 51 Abs. 1 AO) bezogene Betrachtungsweise des geltenden Rechts immer zu sinnvollen Ergebnissen führt. So hatte die klagende GmbH im finanzgerichtlichen Verfahren nicht ganz zu Unrecht moniert,7 dass die Steuerbegünstigung der Labortätigkeit nur infolge der Ausgliederung aus den steuerbegünstigten Krankenhäusern in Frage gestellt werde: Hätten die Gesellschafter der Labor-GmbH ihren Bedarf an labormedizinischen Leistungen weiterhin durch eigene Labore selbst gedeckt, wäre bei ihnen auch der Laborbereich (solange keine Fremdleistungen erbracht werden) weiterhin zur steuerbegünstigten Sphäre zu rechnen gewesen. Im Ergebnis „bestraft“ das geltende Gemeinnützigkeitsrecht also – im Interesse einer effizienten Zweckerfüllung häufig wirtschaftlich sinnvolle – Ausgliederungen von Hilfstätigkeiten auf zentrale Servicegesellschaften mit steuerlichen Nachteilen (z.B. durch das Verbot zum Einsatz von Spendenmitteln). Da wohl niemand daran denkt, die Organisationsfreiheit gemeinnütziger Einrichtungen grundsätzlich in Frage zu stellen (man wird z.B. steuerbegünstigten Krankenhäusern nicht gemeinnützigkeitsrechtlich die Unterhaltung von Laboren und Apotheken zur Eigenversorgung verbieten können), könnte im Interesse einer größeren „Organisationsneutralität“ des Gemeinnützigkeitsrechts darüber nachgedacht werden, ob man auch gesellschaftsrechtlich verselbständigte „Selbstversorgungsgesellschaften“ mit Wirkung für die Körperschaft- und Gewerbesteuer und die Mittelverwendung als steuerbegünstigte Zweckbetriebe anerkannt, wenn diese ausschließlich der „Selbstversorgung“ ihrer steuerbegünstigten Gesellschafter dienen. Eine solche Sonderregelung in § 68 AO gerät natürlich in Konflikt mit der Wettbewerbsneutralität des Gemeinnützigkeitsrechts8 und bedürfte daher der tatbestandlichen Eingrenzung (z.B. durch das Erfordernis einer gesellschaftsrechtlichen oder organschaftlichen Verbindung zu steuerbegünstigten Körperschaften). Immerhin zeigt der Urteilsfall, dass für steuerbegünstigte Einrichtungen mit vorhandenen Selbstversorgungsbetrieben ein Fremdbezug der bisher selbst erbrachten Vorleistungen von „außenstehenden“ steuerpflichtigen Anbietern häufig aus verschiedenen Gründen keine ernsthafte Alternative darstellt, so dass eine Ausdehnung der Steuervergünstigung nicht zwangsläufig zur „Verdrängung“ steuerpflichtiger Anbieter führen muss. Richtig ist aber auch, dass durch solche Sonderregelungen die gewachsenen Marktstrukturen mittelund langfristig „zementiert“ und Investitionen in den Aufbau eigener Selbstversorgungseinrichtungen eher gefördert werden. Letztlich wird aber der Gesetzgeber entscheiden müssen, wie er diese Gesichtspunkte bewertet. Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Universität Bonn

Andere Rechtsgebiete Arbeitnehmereigenschaft bei ehrenamtlicher Tätigkeit als Telefonseelsorgerin Durch die Ausübung unentgeltlicher ehrenamtlicher Tätigkeit wird kein Arbeitsverhältnis begründet.

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Auffassung ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung geltend. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Parteien in einem Arbeitsverhältnis standen. [2] Der Beklagte ist eine kirchliche Einrichtung und im Bereich der Stadt C und Umland Träger der Telefonseelsorge. Die Klägerin war für den Beklagten auf der Grundlage von schriftlichen „Beauftragungen“ vom 26. April 2002 und 22. April 2005 seit April 2002 ehrenamtlich als Telefonseelsorgerin im Umfang von zehn Stunden im Monat tätig. Sie erhielt hierfür zuletzt eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 30,00 Euro. [3] Für die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Mitarbeiters in der Telefonseelsorge bedarf es einer Ausbildung gemäß der Rahmenordnung für die Aus- und Fortbildung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Telefonseelsorge und der Offenen Tür. Beim Beklagten gilt eine Dienstordnung. Darin ist ua. Folgendes bestimmt: „3. Dienstumfang Ziel für jede TS [Telefonseelsorge] ist die Absicherung eines 24-Stunden-Dienstes. Dies ist kurzfristig in C noch nicht erreichbar. Aber gemeinsam und abgestimmt mit anderen sächsischen TS-Stellen ist eine ununterbrochene Erreichbarkeit der TS gewährleistet. Um diese Erreichbarkeit abzusichern und auszubauen, ist von jedem Ehrenamtlichen eine Dienstbereitschaft von monatlich ca. 10 Stunden erforderlich, das entspricht zwei bis drei Abenddiensten oder einem Nachtdienst. Eine regelmäßige Beteiligung der MitarbeiterInnen in diesem Umfang wird erwartet. Eine zeitweise Entlastung vom normalen Dienst ist in Absprache mit dem TS-Leiter möglich. Zum Dienstumfang zählt weiterhin die Teilnahme an der monatlichen Fallbesprechung in einer Kleingruppe. 4. Verhinderung und Vertretung im TS-Dienst 4.1. Können MitarbeiterInnen aus zwingenden Gründen einen geplanten Dienst nicht wahrnehmen, sind sie verpflichtet, selbst eine Vertretung zu organisieren. Ist ihnen das nicht möglich, so sind die hauptamtlichen TS-Mitarbeiter zu informieren und um Unterstützung zu bitten. 5. Umgang mit ankommenden Anrufen 5.1.Anrufe sind spätestens nach dem 3. Rufzeichen entgegen zu nehmen, um eventuelle Rufweiterleitungen zu vermeiden. 5.2. Alle ankommenden Anrufe sind statistisch zu erfassen (Dienstbuch, Statistikblatt, evtl. später PC). Für Aufleger und kurze Scherzanrufe ist kein Statistikblatt auszufüllen, sie sind - wie auch Sperrungen (Call Guard) - durch einen Strich in der entsprechenden Dienstbuchspalte als Anzahl festzuhalten.

BAG, Urt. v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/10 Tatbestand [1] Die Klägerin macht die Unwirksamkeit einer nach ihrer

7 EFG 2012, 439. 8 Dazu allgemein auch FG Münster, Urt. v. 30.5.2011 – 9 K 73/09 K, F, EFG 2012, 437, 439.


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5.3. Bei jedem Verlassen des Dienstzimmers ist der Hörer des Seelsorge-Telefons neben das Gerät zu legen. Das gilt auch bei Dienstende, wenn (planmäßig) keine Ablösung erfolgt. 6. Erhaltung und Vertiefung der Beratungskompetenz Zur Erhaltung und Vertiefung der Beratungskompetenz sind die Reflexion über das Beratungsgeschehen und Impulse aus Bildungsveranstaltungen unerlässlich. Deshalb wird folgendes von jedem TS-Mitarbeiter erwartet: 6.1. Über jedes Beratungsgespräch sind nach einem vorgegebenen Raster kurze Notizen (auf das Statistikblatt) niederzuschreiben. 6.2. Die Teilnahme an der monatlichen Fallbesprechung ist verpflichtend. Dabei sollte jeder wenigstens einmal im Jahr ein Gespräch vorstellen. Der Leiter der Fallbesprechung (ersatzweise das TS-Büro) ist vorher zu informieren, wenn ein Gruppenmitglied nicht an einer Fallbesprechung teilnehmen kann. 6.3. Einmal jährlich sollte jeder an einer anderen Weiterbildungsveranstaltung teilnehmen, die die Beratungskompetenz fördert. Hierfür können auch Weiterbildungen der Stadtmission C genutzt werden.“ [4] Neben der Dienstordnung hat der Beklagte einen Leitfaden „Stichworte zum TS-Dienst“ herausgegeben. Darin sind ua. Hinweise zum Umgang mit sogenannten Auflegern, Scherz- und Schweigeanrufen sowie Suizidankündigungen enthalten. Für die Erfassung und Dokumentation haben die Mitarbeiter einen vom Beklagten bereitgestellten Vordruck zu verwenden. [5] Der Seelsorgedienst war in einer Wohnung zu leisten, die der Beklagte zu diesem Zweck angemietet hat. Jeweils im Vormonat legte der Beklagte Dienstpläne für den Folgemonat aus, in die sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter eintrugen. Dabei bestand die Möglichkeit, sich im Zeitraum von 8:00 bis 24:00 Uhr für Vier-Stunden-Dienste in der Zeit von 8:00 bis 12:00 Uhr, 12:00 bis 16:00 Uhr, 16:00 bis 20:00 Uhr oder 20:00 bis 24:00 Uhr einzutragen oder an Wochenenden für Acht-Stunden-Dienste in der Zeit von 0:00 bis 8:00 Uhr. Für die zeitliche Lage der Supervision durften die Mitarbeiter Vorschläge unterbreiten. Da eine Vielzahl von Mitarbeitern an der Supervision teilnahm, wurde der Termin letztlich vom jeweiligen Supervisor bestimmt. [6] Leiter der Telefonseelsorge war der hauptamtlich tätige Mitarbeiter Herr D, der bei kurzfristigen Ausfällen oder schwer zu besetzenden Dienstzeiten auch den Dienst am Telefon versah. [7] Am 22. Januar 2010 entband Herr D die Klägerin mündlich von ihrem Dienst. Nach Abgabe der Schlüssel musste die Klägerin die Räumlichkeiten der Telefonseelsorge umgehend verlassen. Gründe hierfür hat der Beklagte nicht mitgeteilt. [8] Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Sie habe ihre vertraglichen Leistungen in persönlicher Abhängigkeit

zum Beklagten erbracht. Auf die Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit komme es für ein Arbeitsverhältnis nicht an. Die Entbindung vom Dienst im Januar 2010 sei als fristlose Kündigung anzusehen und bereits mangels Schriftform unwirksam. Des Weiteren lägen auch keine Kündigungsgründe vor. [9] […] Entscheidungsgründe [12] […] [13] I. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin stand nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten. [14] 1. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 499/06 - Rn. 13 mwN, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 10). [15] a) Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG 25. Mai 2005 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe mwN, BAGE 115, 1). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist Letztere maßgebend (BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 301/10 Rn. 13, NZA 2012, 731; 20. Mai 2009 - 5 AZR 31/08 - Rn. 19 mwN, AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 15). [16] b) Mit dem Arbeitsverhältnis ist typischerweise die Vereinbarung oder jedenfalls die berechtigte Erwartung einer angemessenen Gegenleistung für die versprochenen Dienste verbunden, wie aus §§ 611, 612 BGB hervorgeht (vgl. HWK/Thüsing 5. Aufl. BGB vor § 611 Rn. 10, § 612 Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 20 f.; BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 - zu B III 2 c der Gründe, BAGE 109, 87). Wesen des Arbeitsverhältnisses ist der Austausch von Arbeit und Lohn. Der dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegende Vertrag ist ein gegenseitiger Vertrag (§ 611 BGB). Ob eine berechtigte Vergütungserwartung besteht, richtet sich nach der Art der Arbeit und nach den Umständen, unter denen sie geleistet wird (§ 612 Abs. 1 BGB). Auch wenn die Erwerbsabsicht keine notwendige Bedingung für die Arbeitnehmereigenschaft ist, spricht ihr Fehlen doch im Rahmen einer Gesamtwürdigung gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Denn typischerweise verfolgt ein Arbeitneh-


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mer das Ziel, für seine Arbeit ein Entgelt zu erhalten. Dass neben diesem materiellen Interesse oftmals auch immaterielle Interessen eine Rolle spielen, schließt nicht aus, die Erwerbsabsicht als wesentliches Merkmal zur Abgrenzung von Tätigkeiten heranzuziehen, die vorwiegend auf ideellen Beweggründen beruhen (BAG 26. September 2002 5 AZB 19/01 - zu B II 4 a der Gründe, BAGE 103, 20; vgl. auch 28. Juli 1999 - 4 AZR 192/98 - zu 1 a aa der Gründe, BAGE 92, 140). Es ist gerade die durch die Entgeltlichkeit vermittelte Funktion der Sicherung wirtschaftlicher Existenz des Arbeitnehmers, die Gegenstand des grundrechtlichen Schutzes nach Art. 12 Abs. 1 GG ist (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B I 3 b aa der Gründe, BVerfGE 97, 169). [17] c) Dienste können auch im Rahmen eines Auftrags verrichtet werden. Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen (§ 662 BGB). Der Auftrag hat mit dem Arbeitsverhältnis gemein, dass der Beauftragte im Zweifel in Person zu leisten hat (§ 664 BGB) und Weisungen des Auftraggebers unterliegt (§ 665 BGB). Allerdings bezieht sich das Weisungsrecht des Auftraggebers, anders als das Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO, regelmäßig auf einen bestimmten Auftrag und ist in seinen Rechtswirkungen auch deshalb begrenzt, weil die Tätigkeit des Beauftragten nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu einer für sie zu zahlenden Vergütung steht. Das Auftragsverhältnis unterscheidet sich vom Arbeitsverhältnis durch die Unentgeltlichkeit der zu erbringenden Dienste (vgl. HWK/Thüsing BGB vor § 611 Rn. 10; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 20 f.; MünchKommBGB/ Seiler 5. Aufl. BGB § 662 Rn. 25, der allerdings die Tauglichkeit der Entgeltlichkeit als Abgrenzungsmerkmal bezweifelt; ebenso MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. BGB § 611 Rn. 34) und durch die jederzeit für beide Seiten bestehende Möglichkeit grundloser Beendigung (§ 671 BGB). Jedenfalls zeigt § 662 BGB, dass dem Gesetz die unentgeltliche Leistung von Diensten nicht schon um ihrer Unentgeltlichkeit willen fremd ist. Außerdem weisen einige gesetzliche Vorschriften darauf hin, dass weisungsgebundene Tätigkeiten, die Gegenstand eines Arbeitsvertrags sein können, auch ehrenamtlich ausgeübt werden können (vgl. zB § 11 Abs. 1 BWahlG). Es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, dass Dienste in persönlicher Abhängigkeit ausschließlich aufgrund eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden können (BAG 6. Juli 1995 - 5 AZB 9/93 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 80, 256). [18] d) Indes darf - wie die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten (BAG 6. Juli 1995 - 5 AZB 9/93 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 80, 256) - auch die Beauftragung zu ehrenamtlicher Tätigkeit nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Rechtsgeschäft gegen §§ 134, 138 BGB verstoßen, wenn es sich als Umgehung zwingender Rechtsnormen darstellt (BAG 26. September 2002 - 5 AZB 19/01 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 103, 20). [19] 2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin des Beklagten war, nicht zu beanstanden. [20] a) Die Klägerin unterlag keinem arbeitsrechtlichen Direktionsrecht. Der Beklagte ordnete den Einsatz der Klä-

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gerin nicht an. Das auftragsrechtliche Weisungsrecht hätte solche Anordnungen auch nicht gedeckt. Die Klägerin erhielt vom Beklagten keine Weisung, zu bestimmten Zeiten Telefondienst zu leisten. Sie war auch frei zu entscheiden, ob sie sich überhaupt in die Dienstpläne eintragen wollte. Allerdings wurde von ihr erwartet, dass sie im Monat zehn Stunden zum Telefondienst bereit stand. Ferner war sie an Weisungen des Beklagten gebunden, was die inhaltliche Gestaltung ihrer Beratungsaufgabe betrifft. Sie hatte die Dienstordnung für die Telefonseelsorge zu beachten, nach ins Einzelne gehender Vorschrift Gesprächsvermerke anhand eines Formblatts zu erstellen und die in den „Stichworten zum TS-Dienst“ enthaltenen Vorgaben zu beachten. Diese Umstände waren aber im Streitfall nicht Ausdruck eines von dem Beklagten in Anspruch genommenen arbeitsvertraglichen Direktionsrechts, sondern hielten sich in den für den Auftrag typischen, auf die Erledigung des jeweiligen Auftrags bezogenen Grenzen des Weisungsrechts nach § 665 BGB. Den Inhalt ihrer Telefongespräche hatte allein die Klägerin zu verantworten. [21] b) Jedenfalls spricht entscheidend gegen die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin, dass sie die Tätigkeit unentgeltlich und ohne Vergütungserwartung als ehrenamtliche karitative Arbeit leistete. Den karitativen und unentgeltlichen Charakter ihrer Tätigkeit zieht die Klägerin selbst nicht in Zweifel. Ihre Tätigkeit hat sie nicht in der Erwartung einer Gegenleistung erbracht. Sie beansprucht auch mit der Klage keine Vergütung für das von ihr entfaltete seelsorgerische Wirken. Dieses sollte nicht, auch nicht teilweise, der Sicherung oder Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Existenz dienen. Das Anliegen der Klägerin galt dem freiwilligen und unentgeltlichen Einsatz für die Sorgen und Nöte der rat- und trostbedürftigen Anrufer. Es war Ausdruck einer religiös begründeten inneren Haltung gegenüber dem Gemeinwohl und gegenüber ihren Mitmenschen. Diesem unentgeltlichen und ehrenamtlichen Charakter entsprach es, dass die Parteien in der Vereinbarung über die „Beauftragung“ der Klägerin die Beendigung ihrer Zusammenarbeit entsprechend den Vorschriften des Auftragsrechts geregelt haben, wonach es keiner Kündigung bedarf. Außerdem war jederzeitiger Widerruf möglich. Auch für die Kündigung der Klägerin war keine Frist vorgeschrieben, vielmehr wurde ihr - entsprechend § 671 Abs. 2 BGB - lediglich empfohlen, ihren Wunsch „wenigstens drei Monate vorher“ mitzuteilen. Unter diesen Umständen wäre die Erwartung einer Vergütung für die Tätigkeit auch nicht berechtigt gewesen. [22] c) Anhaltspunkte für eine Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Vorschriften sind nicht erkennbar. Dass Tätigkeiten der vorliegenden karitativen und seelsorgerischen Art ohne Entgelt geleistet werden können, zeigt die vielfältige Anerkennung dieser Beschäftigungsformen durch den Gesetzgeber. So gelten etwa nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, nicht als Arbeitnehmer. [23] 3. Über die Frage, welchen rechtlichen Begrenzungen die Beendigung eines Auftrags nach § 671 BGB unterliegt und ob der Beklagte seinen eigenen Ansprüchen an den Umgang mit ehrenamtlichen Mitarbeitern gerecht geworden ist, hatte der Senat nicht zu entscheiden.


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Vereinbarkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit eines Steuerberaters bei einem Fußballverein mit dem grundsätzlichen Verbot einer gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG enthält ein grundsätzliches Verbot einer gewerblichen Tätigkeit für Steuerberater. Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn die vom Gesetz vermutete abstrakte Gefahr der Verletzung von Berufspflichten im konkreten Fall widerlegt wird. BVerwG, Urt. v. 26. 9. 2012 - 8 C 6. 12 Gründe [1] I. Der Kläger ist seit 1978 Steuerberater, zuletzt in einer Steuerberatungsgesellschaft, und Mitglied der Beklagten. Er begehrt die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Geschäftsführer der B. GmbH. [2] Seit 1999 ist der Kläger ehrenamtlich als Vizepräsident Mitglied im Vorstand (Präsidium) des gemeinnützigen Vereins B. Für diese Tätigkeit erhält er eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1 500 €. [3] Am 1. Juli 2003 wurde die B. GmbH gegründet, deren Unternehmensgegenstand „der professionell und amateurmäßig betriebene Fussballsport“ ist. Das Stammkapital beträgt 2, 5 Mio. €. Alleiniger Gesellschafter der Gesellschaft ist der Verein. Im Jahre 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm die Mitwirkung in der zu gründenden Gesellschaft zu genehmigen. Mit Schreiben vom 14. April 2004 teilte die Beklagte mit, eine derartige Tätigkeit sei derzeit wegen Verstoßes gegen das Verbot der gewerblichen Tätigkeit unzulässig. Sollte das 8. Steuerberatungsänderungsgesetz planmäßig in Kraft treten, würde sich ein möglicher Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen einer Geschäftsführungstätigkeit in der Gesellschaft allerdings erledigen. [4] Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 18. Mai 2004 wurde der Kläger zum weiteren Geschäftsführer der B. GmbH bestellt. In dieser Funktion ist er ehrenamtlich tätig. Neben ihm gibt es zwei für das operative Tagesgeschäft zuständige hauptamtliche und einen weiteren ehrenamtlich tätigen Geschäftsführer. Die Vertretung der Gesellschaft erfolgt durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen. Die Aufgabe der ehrenamtlichen Geschäftsführer besteht darin, die hauptamtlichen Geschäftsführer zu überwachen und im Sinne des Trägervereins zu beeinflussen. [5] Nach vorheriger Anhörung widerrief die Beklagte im August 2007 die Bestellung des Klägers zum Steuerberater. Zur Begründung führte sie aus, dass die Geschäftsführung der B. GmbH eine unzulässige gewerbliche Tätigkeit darstelle. Dass der Kläger unentgeltlich, ehrenamtlich und in gemeinnütziger Absicht tätig sei, ändere daran nichts. Die dagegen erhobene Klage ist beim Finanzgericht Düsseldorf anhängig. Das Verfahren ist im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt. [6] [...] [7] Mit Bescheid vom 26. Juni 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. […] [8] Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom

4. August 2010 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers, mit der dieser zuletzt noch eine zeitlich bis Ende 2013 befristete Ausnahmegenehmigung begehrt, hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil mit Urteil vom 20. Dezember 2011 geändert und den Beklagten zur Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung verpflichtet. […] [13] II. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. […] [14] […] [17] 2. Der Kläger hat einen Anspruch auf die beantragte Ausnahmegenehmigung. [18] a) Gemäß § 57 Abs. 1 StBerG haben Steuerberater und Steuerbevollmächtigte ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben. Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist. Sie haben sich auch außerhalb der Berufstätigkeit des Vertrauens und der Achtung würdig zu erweisen, die ihr Beruf erfordert (§ 57 Abs. 2 StBerG). Als Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Steuerberaters und des Steuerbevollmächtigten nicht vereinbar sind, gelten insbesondere eine gewerbliche Tätigkeit; die zuständige Steuerberaterkammer kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen, soweit die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht erwarten lässt (§ 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG). [19] Nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG ist der Freie Beruf des Steuerberaters mit einer gewerblichen Tätigkeit demnach grundsätzlich unvereinbar. Dem liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass eine gewerbliche Zweit- oder Nebentätigkeit im typischen Regelfall die verlässliche Einhaltung der allgemeinen Berufspflichten des Steuerberaters (§ 57 Abs. 1 und 2 StBerG) im Sinne einer abstrakten Gefahr zu beeinträchtigen droht. Die Neuregelung durch das 8. Steuerberatungsänderungsgesetz hat an diesem Grundsatz nichts geändert. Zwar wurde das zuvor ausnahmslose Verbot einer gewerblichen Tätigkeit durch die Neufassung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG zu einem nur grundsätzlichen Verbot abgeschwächt, das Ausnahmen zugänglich ist. Jedoch wurde der Katalog der mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbaren Tätigkeiten (§ 57 Abs. 3 StBerG) nicht erweitert (BTDrucks 16/7077 S. 1). Namentlich sind diese Tätigkeiten unverändert nur dann zulässig, wenn sie nicht gewerblich ausgeübt werden; der Absicht des Gesetzgebers widerspräche es, den Katalog des § 57 Abs. 3 StBerG durch Auslegung dahin zu erweitern, dass auch die gewerbliche Betätigung der gesetzlich vereinbaren Tätigkeiten darunter fällt (vereinbare Tätigkeit „im gewerblichen Kleid“, vgl. Mutschler, DStR 2008, 1500 f.). Auch insofern verbleibt es vielmehr bei § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG. [20] Die Zulassung einer Ausnahme kommt nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG in Betracht, wenn die vom Gesetzgeber unterstellte abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung von Berufspflichten im konkreten Fall widerlegt ist (ebenso BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 a. a. O.; vgl. Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Aufl. 2009, § 57 Rn. 92). Davon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Ergibt die vorzunehmende Einzelfallprüfung, dass eine konkrete Gefährdung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist, besteht ein Anspruch auf die Zulassung der Aus-


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nahme. Insofern ist der zuständigen Steuerberaterkammer kein Ermessensspielraum eröffnet. Die Formulierung in § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG („kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen“) beinhaltet eine Handlungsermächtigung, jedoch kein Entscheidungsermessen. Die Ausnahmegenehmigung ist hingegen zu versagen, wenn der Antragsteller die grundsätzlich bestehenden Zweifel, dass durch eine gewerbliche Zweitbetätigung die Berufspflichten als Steuerberater gefährdet werden, in seinem Einzelfall nicht ausgeräumt hat. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast (BFH, Urteil vom 17. Mai 2011 a. a. O.; Beschluss vom 8. Februar 2000 - VII B 245/99 - DStR 2000, 670). [21] Allerdings hat die Bundessteuerberaterkammer in Wahrnehmung ihrer Regelungsautonomie (vgl. § 86 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 6 StBerG) in § 16 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB) Fallgruppen bestimmt, in denen eine Gefahr für die Verletzung von Berufspflichten im Regelfalle ausgeschlossen ist. Deshalb genügt es, wenn der Steuerberater darlegt, dass seine gewerbliche Zweitbetätigung unter eine der Fallgruppen des § 16 BOStB einzuordnen ist. Es ist dann an der Steuerberaterkammer, eine etwa gleichwohl bestehende konkrete Gefahr für die Einhaltung der Berufspflichten ihrerseits darzutun und ggf. zu beweisen. Umgekehrt ist der Anwendungsbereich des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG nicht auf diese Fallgruppen beschränkt. Dem Steuerberater ist unbenommen, für eine nicht in § 16 BOStB angesprochene gewerbliche Tätigkeit gleichwohl eine Ausnahmegenehmigung zu verlangen; nur obliegt ihm dann der volle Nachweis, dass eine konkrete Gefahr für die Einhaltung seiner Berufspflichten als Steuerberater nicht besteht.

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ist sein Streben erwerbswirtschaftlich geprägt. Der zeitliche Aufwand von etwa zwei Stunden wöchentlich und die Tatsache, dass der Kläger in das operative Geschäft der GmbH nicht eingebunden ist, sprechen ebenfalls gegen eine Interessenkollision. Der Kläger hat auch in der Vergangenheit gezeigt, dass er streng zwischen der Steuerberatung und seinem Engagement für B. zu unterscheiden weiß. Eine Interessenverquickung ist auch zukünftig nicht zu erwarten, weil der Kläger die Tätigkeit als Geschäftsführer nur bis zum 31. Dezember 2013 ausüben will und sich aus der steuerberatenden Tätigkeit altersbedingt weitgehend zurückgezogen hat. [25] Fehlt es schon an einer Gefährdung von Mandanteninteressen, so musste das Oberverwaltungsgericht entgegen der Annahme der Beklagten nicht bedenken, ob einer solchen Gefährdung durch eine besondere Kontrolle des Klägers durch Kollegen oder Arbeitgeber begegnet werden müsste. Die von der Revision in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des Finanzgerichts Düsseldorf (Urteil vom 17. Juni 2009 - 2 K 4794/08 StB - juris) und des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 12. November 2008 - 12 K 12055/08 - juris) betreffen den Sonderfall des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls. Darum geht es hier nicht. Auch aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover (Urteil vom 27. Juni 2012 - 5 A 2906/11 - n. V.), die den Fall einer landwirtschaftlichen Betätigung neben dem Beruf des Steuerberaters zum Inhalt hat, lässt sich für den vorliegenden Rechtsstreit nichts gewinnen. Die Fälle sind schon wegen des Unterschieds hinsichtlich der finanziellen und der zeitlichen Dimension der zweitberuflichen Tätigkeit nicht vergleichbar.

[22] b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist dem Kläger die begehrte Ausnahmegenehmigung zu erteilen.

[26] […]

[23] Allerdings betätigt er sich als einer von vier Geschäftsführern der B. GmbH gewerblich im Sinne des Gesetzes. Sein organschaftliches Handeln für die Gesellschaft teilt notwendig den gewerblichen Charakter der unternehmerischen Tätigkeit der Gesellschaft selbst, die nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die Profifußballabteilung des Vereins B. betreibt und als solche wirtschaftliche Interessen verfolgt. Dies genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 4. März 1996 - StbSt (R) 4/95 - NJW 1996, 1883 und vom 25. Februar 2003 - StbSt (R) 2/02 - NJW 2003, 1540) und des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 17. Mai 2011 - VII R 47/10 - DB 2011, 1853 und Beschluss vom 29. November 2011 - VII B 110/09 - BFH/NV 2012, 797), der sich der Senat anschließt, um von einem gewerblichen Charakter der Tätigkeit auszugehen.

Verfassungsmäßigkeit von staatlichen Zuwendungen an parteinahe Stiftungen

[24] Der Kläger hat jedoch hinreichend dargetan, dass in seinem konkreten Fall keine Gefahr für die Einhaltung seiner Berufspflichten als Steuerberater besteht. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die die Beklagte keine Verfahrensrügen erhoben hat und die den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO daher binden, weisen die Tätigkeiten des Klägers als Steuerberater und als ehrenamtlich tätiger Geschäftsführer der B. GmbH keine sachliche Nähe zueinander auf. Ein finanzielles Interesse des Klägers ist nicht erkennbar. Namentlich will er seinen Mandantenkreis als Steuerberater nicht um zusätzliche Mandanten aus dem Bereich des Fußballsports erweitern. Der Kläger erhält für seine Tätigkeit weder eine Aufwandsentschädigung noch

Gründe:

1. Eine politische Partei kann sich auf das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien berufen, wenn sie rügt, dass eine ihr nahe stehende Stiftung gegenüber den anderen politischen Parteien nahe stehenden Stiftungen ungleich behandelt wird. 2. Eine in der Vergangenheit staatlich bewirkte Zuwendung von Vermögenswerten an politische Stiftungen verletzt das Recht auf Chancengleichheit einer - neu im Parlament vertretenen - politischen Partei auch dann nicht, wenn die früher bedachten politischen Stiftungen weiterhin an den Erträgen der Vermögenswerte partizipieren. SaarlVerfGH, Urt. v. 16.4.2013 – Lv 15/11

A. I. Der Antragsteller, der saarländische Landesverband der Partei DIE LINKE., wendet sich im Wege des Organstreits dagegen, dass der Antragsgegner, der Landtag des Saarlandes, in der Folge einer in den Jahren 1969 und 1970 erfolgten Übertragung von Anteilen an dem die „Saarbrücker Zeitung“ herausgebenden Unternehmen auf die „Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar mbH“, die von den der CDU, der SPD und der FDP nahen politischen Stiftungen getragen wird, keine Neuregelung der Förderung von anderen Parteien nahen politischen Stiftungen oder Bildungseinrichtungen vorgenommen hat. […]


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B. Der vom Antragsteller im Organstreitverfahren nach Art. 97 Nr. 1 SVerfGHG gestellte Antrag zu 1) ist zulässig, aber unbegründet. Der Antrag zu 2) ist unzulässig. I. Der Antrag zu 1) ist zulässig. 1. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet im Organstreitverfahren gemäß Art. 97 Nr. 1 SVerf, § 9 Nr. 5 SVerfGHG über die Auslegung der Verfassung aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang von Rechten und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind. 2. Der Antragsteller, der Landesverband einer politischen Partei, ist im Organstreitverfahren gemäß Art. 97 Nr. 1 SVerf, §§ 9 Nr. 5, 39 SVerfGHG beteiligtenfähig. Zwar sind politische Parteien in diesen Vorschriften nicht ausdrücklich als mögliche Beteiligte eines Organstreits genannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes angeschlossen hat, können aber auch politische Parteien „andere Beteiligte“ im Sinne von Art. GG Artikel 93 GG, Art. 97 Nr. 1 SVerf sein, wenn sie Rechte geltend machen, die sich aus ihrem in Art. GG Artikel 21 GG beschriebenen verfassungsrechtlichen Status ergeben (vgl. BVerfGE 4, BVERFGE Jahr 4 Seite 27, BVERFGE Jahr 4 31; 60, 53, 61; 92, 80, 88; SVerfGH Beschluss vom 18.11.2011 - Lv 1/11 -; Urt. v. 01.07.2010 - Lv 4/09 - ; Urt.v. 12.10.1994 - Lv 10/94 -). Der Landtag des Saarlandes ist gem. Art. 97 Nr. 1 SVerf, §§ 9 Nr. 5 SVerfGHG ein möglicher Antragsgegner. Zwar ist der 14. Landtag des Saarlandes, gegen den der Antragsteller seinen Antrag gerichtet hat, inzwischen aufgelöst und der 15. Landtag des Saarlandes zusammengetreten. Das ist aber unerheblich, da der Bestand der gesetzgebenden Körperschaft durch die Neuwahl ihrer Mitglieder nicht berührt wird (BVerfGE 4, BVERFGE Jahr 4 Seite 144, BVERFGE Jahr 4 152; VerfGH Berlin, LVerfGE 6, 66, 76; VerfG Brandenburg, Beschl. v. 15.10.2009 VERFGBRANDENBURG Aktenzeichen 1009 - 10/09 EA, juris Rn. 4; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 39 Rn. 5; a.A. Achterberg/Schulte in v. Mangold/Klein/ Starck, GG II, 6. Aufl. 2010, Art. 39 Rn. 15). 3. Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Der Antragsteller kann geltend machen, dass er durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist (§ 40 Abs. 1 VerfGHG). a. Antragsgegenstand eines Organstreitverfahrens kann auch ein gesetzgeberisches Unterlassen sein. Das folgt grundsätzlich bereits aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 1 SVerfGHG und ist in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs schon bisher so gesehen worden (vgl. u. a. SVerfGH B. v. 18.11.2011 - Lv 1/11-; Urt. v. 02.06.1998 - Lv 4/97-; ebenso StGH Baden - Württemberg, Urt. v. 9.3.2009 - Aktenzeichen GR108 GR 1/08 - juris Rn. 75 m. w. N..). Die Verfassungsrechtsprechung des Bundes hat dies zwar in der Vergangenheit gelegentlich offen gelassen (vgl. nur BVerfGE 120, BVERFGE Jahr 120 Seite 82, BVERFGE Jahr 120 97; 107, 286, 294; 103, 164, 169). Die Ablehnung eines Gesetzentwurfs kann aber

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auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts unter gewissen Umständen dem als Maßnahme zu wertenden Erlass eines Gesetzes gleichstehen (BVerfGE 120, BVERFGE Jahr 120 Seite 82, BVERFGE Jahr 120 97 - zur Ablehnung der Aufhebung einer wahlrechtlichen Sperrklausel durch den Landtag von Schleswig-Holstein). Ein gesetzgeberisches Unterlassen steht einem positiven Tun aber nur dann gleich, wenn eine - verfassungsrechtlich begründete - Rechtspflicht zum Handeln besteht (BVerfGE 96, BVERFGE Jahr 96 Seite 264, BVERFGE Jahr 96 277). Dies ist insbesondere dann zu erwägen, wenn den Gesetzgeber von Verfassungs wegen im Sinne einer Nachbesserungspflicht die Pflicht zur Anpassung der Rechtslage an geänderte tatsächliche Verhältnisse oder an klar gestellte oder neue rechtliche Vorgaben treffen kann (StGH Baden - Württemberg, Urt. v. 9.3.2009 - Aktenzeichen GR108 GR 1/08 - juris Rn. 76). So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hat sich in seiner Sitzung vom 18. Mai 2011 in erster Lesung mit dem von der Fraktion DIE LINKE. eingebrachten Entwurf des Gesetzes über die staatliche Finanzierung und Gleichstellung parteinaher Stiftungen (PStGlG) befasst und ihn abgelehnt. Damit hat er zu verstehen gegeben, dass er keine gesetzliche Kompensation der den parteinahen politischen Stiftungen aus der früheren Übertragung der Anteile an dem die Saarbrücker Zeitung herausgebenden Unternehmen für geboten hält. Daher ist nicht auszuschließen, dass der Antragsgegner es bislang versäumt hat, eine durch eine ungleiche Förderung parteinaher Stiftungen möglicherweise verfassungswidrige Lage zu beseitigen. b. Es ist auch nicht von vornherein auszuschließen, dass der Antragsteller in seinem geltend gemachten Recht auf Chancengleichheit aller politischer Parteien, das nach saarländischem Verfassungsrecht aus Art. 63 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 SVerf i. V. m. Art. GG Artikel 21 Abs. GG Artikel 21 Absatz 1 GG folgt (SVerfGH Urt. v. 1.7.2010 - Lv 4/09; SVerfGH, NJW 1980, NJW Jahr 1980 Seite 2181, NJW Jahr 1980 2182 f.), verletzt ist. aa. Politische Parteien sind allerdings im Organstreit nur insoweit antragsbefugt, als sie um Rechte streiten, die sich aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status ergeben. Dieser wird durch die aus Art. 63 SVerf, Art. 60 Abs. 1 SVerf i. V. m. Art. GG Artikel 21 Abs. GG Artikel 21 Absatz 1 GG abzuleitenden Prinzipien der Staatsfreiheit und Chancengleichheit der Parteien bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes innerhalb der auch von der Verfassung des Saarlandes verbürgten freiheitlichen demokratischen Grundordnung gekennzeichnet. Der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt nicht, vorgegebene Unterschiede auszugleichen mit dem Ziel, faktische Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Er verwehrt es dem Staat allerdings, durch finanzielle Zuwendungen bestehende faktische Ungleichheiten der Wettbewerbschancen zu verschärfen (st. Rspr., vgl. BVerfGE 111, BVERFGE Jahr 111 Seite 382, BVERFGE Jahr 111 398). bb. Politische Parteien einerseits und ihnen nahestehende politische Stiftungen andererseits sind allerdings - nicht nur organisationsrechtlich sondern auch verfassungsrechtlich streng voneinander zu trennen (BVerwGE 106, BVERWGE Jahr 106 Seite 177, BVERWGE Jahr 106 185), Daher kann


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nicht stets in einer staatlichen Einwirkung auf die Rechtsstellung, die Organisation oder das Vermögen einer „politischen“ Stiftung eine staatliche Beeinflussung der Chancengleichheit einer politischen Partei, der sie nahe steht, gesehen werden. Von Verfassungs wegen sind „politische“ Stiftungen gerade in ihrem Finanzgebaren (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 PartG, § AO § 55 Abs. AO § 55 Absatz 1 Satz 3 AO) - politische Parteien dürfen keine Spenden von ihnen nahe stehenden politischen Stiftungen annehmen, diese dürfen keine Mittel zur Unterstützung einer ihnen nahe stehenden politischen Partei verwenden) aber auch in ihrer personellen Führung (§ 11 Abs. 2 S. 3 PartG) unabhängig von politischen Parteien zu organisieren. Die Grenzen der staatlichen Finanzierung politischer Parteien dürfen nicht durch eine staatliche Finanzierung von politischen Stiftungen verletzt werden (BVerfGE 73, BVERFGE Jahr 73 Seite 1 ff.). Daher ist die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Vergabe von Zuschüssen an eine politische Stiftung abhängig von einer strikten Trennung zwischen ihr und der politischen Partei, der sie nahe steht (BVerfGE 73, BVERFGE Jahr 73 Seite 1, BVERFGE Jahr 73 34). Das gilt unabhängig davon, dass die staatliche Finanzierung politischer Parteien mittlerweile anderen Voraussetzungen und Schranken unterliegt (BVerfGE 85, BVERFGE Jahr 85 Seite 264, insbes. 289.; vgl. a. Mertens/Wolf, ZRP 1996, ZRP Jahr 1996 Seite 440, ZRP Jahr 1996 441; kritisch noch Morlok, MIP 1996, 7, 12). cc. Ungeachtet dessen lässt sich nicht von vornherein ausschließen, dass eine staatliche Förderung, die einzelne politische Stiftungen ohne sachlichen Grund bevorzugt, nicht nur die anderen politischen Stiftungen benachteiligt, sondern zugleich auch der der bevorzugten politischen Stiftung nahe stehenden politischen Partei im politischen Wettbewerb Vorteile zukommen lässt, die anderen politischen Parteien zugleich versagt werden. Unbeschadet der Abgrenzbarkeit der Tätigkeit der Stiftungen von derjenigen der politischen Parteien, deren grundsätzlichen politischen Vorstellungen sie sich verbunden fühlen, ist nicht zu verkennen, dass ihre Arbeit insbesondere auf den Gebieten der Forschung, der Materialsammlung und Materialaufbereitung, der Publikation von Schriften, der Pflege internationaler Beziehungen, aber auch der politischen Bildung im Inland im engeren Sinne der ihnen jeweils nahestehenden Partei in einem gewissen Maße zugute kommt. Durch die Tätigkeit der Stiftungen gelangen nicht nur die politischen Parteien zu Erkenntnissen, die es ihnen erleichtern, ihre Aufgaben wahrzunehmen, etwa tagespolitische Folgerungen aus längerfristigen gesellschaftlichen Entwicklungen zu ziehen. Auch wenn die Ergebnisse der in den Stiftungen geleisteten Arbeit der Öffentlichkeit und damit auch allen politischen Parteien zugänglich sind, ergibt sich doch aus ihrer spezifischen, jeweils der Interessenlage einer bestimmten politischen Partei zugewandten Aufgabenstellung, dass diese daraus regelmäßig einen größeren Vorteil ziehen wird als eine andere (so auch BVerfGE 73, BVERFGE Jahr 73 Seite 1, BVERFGE Jahr 73 37, BVERFGE Jahr 73 38). Zugleich spricht die Bildungsarbeit politischer Stiftungen - der Lebenserfahrung nach - vornehmlich Personen an, die zu bestimmten politischen und gesellschaftlichen Überzeugungen und Wertvorstellungen neigen oder sie bereits teilen, die gleichermaßen jedenfalls im Grundsatz die politischen und gesellschaftlichen Überzeugungen und Wertvorstellungen einer der politischen Stiftung nahe stehenden politischen Partei sind. Auf diese Weise kann die Bildungs-

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arbeit politischer Stiftungen grundsätzlich auch das Interesse und den Einsatz für die programmatischen Grundsätze und Ziele einer ihr nahe stehenden politischen Partei fördern. Dass dies nicht zufällig geschieht sondern - verfassungsrechtlich völlig bedenkenfrei - zum Selbstverständnis, zum Wissen ihrer Wirkungsmöglichkeiten und zum Alltag einer politischen Stiftung gehört und von der öffentlichen Meinung auch so gesehen werden darf und wird, folgt nicht nur anschaulich aus den Namen vieler politischer Stiftungen, die meist die Namen geschichtlich bedeutsamer Persönlichkeiten einer politischen Partei sind, sondern auch daraus, dass - wie gemeinkundig ist - verdiente, früher in einer politischen Partei verantwortlich mitwirkende Persönlichkeiten nach ihrem Ausscheiden aus der aktiven Politik das Stiftungsgeschehen mitbestimmen. Daher ist es nicht auszuschließen, dass eine finanzielle Förderung von politischen Stiftungen, die bestimmten politischen Parteien nahe stehen, auch den Status einer politischen Partei, deren ihr nahe stehende Stiftung keine entsprechende finanzielle Förderung genießt, im Rahmen der Mitwirkung an der Willensbildung des Volkes beeinflussen kann. Dass nicht nur durch eine unterschiedliche Finanzierung der Parteien (selbst), sondern auch durch die Finanzierung oder sonstige Begünstigung Dritter die Chancengleichheit der politischen Parteien verletzt sein kann, hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 9. April 1992 betont. Dort ist ausgeführt, dass der Gesetzgeber zu prüfen hat, ob eine zu großzügige steuerliche Begünstigung von Spenden, auch von Spenden juristischer Personen, an Organisationen des politischen Vorfeldes, die mit Hilfe der ihnen zugeflossenen Mittel auf den Prozess der politischen Willensbildung mit dem Ziel einwirken, die Politik bestimmter Parteien zu befördern, ihrerseits das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe an diesem Prozess beeinträchtigen kann. Auch die Chancengleichheit der Parteien könnte dadurch berührt sein (BVerfGE 85, BVERFGE Jahr 85 Seite 264, BVERFGE Jahr 85 318). Wenn der Antragsteller in der jährlichen Ausschüttung von Gewinnen des Unternehmens der Saarbrücker Zeitung an die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar mbH und damit mittelbar an deren Gesellschafter, die parteinahen politischen Stiftungen von CDU, SPD und FDP, eine staatliche Förderung sieht, die diesen politischen Parteien wie auch immer zugute kommt, so ist es folglich nicht von vornherein ausgeschlossen, dass er in seinem Recht auf Chancengleichheit aus Art. 63 SVerf i. V. m. 21 Abs. 1 GG in einer Weise verletzt ist, die seine Antragsbefugnis im Organstreitverfahren begründet. 4. […] II. Der Antrag zu 1.), mit dem der Antragsteller begehrt festzustellen, dass das „aktuelle Modell der staatlichen Finanzierung parteinaher Stiftungen im Saarland“ die Garantie der Chancengleichheit der politischen Parteien verletzt, ist unbegründet. Aus der verfassungsrechtlichen Garantie der Chancengleichheit der politischen Parteien nach aus Art. 63 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 SVerf i. V. m. Art GG Artikel 21 Abs. GG Artikel 21 Absatz 1 GG (SVerfGH, VerfGHE 3, 244, 249; Wendt/ Rixecker/Gröpl, Art. 63 Rdn. 2) folgt kein Anspruch auf staatliche Finanzierung politischer Parteien (vgl. u. a. v. Man-


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goldt/Klein/Starck/Streinz, GG, 5.Aufl., Art. 21 Rdn. 181 m. w. N.), wohl aber das Gebot strikt formaler, Differenzierungen nur aus besonderen zwingenden Gründen zulassender Gleichbehandlung (v.Mangoldt/Klein/Starck/Streinz, a. a. O. Rdn. 185 m. w. N.; v.Münch/Kunig, GG, 6.Aufl., Art. 21 Rdn. 34). Das gilt dann auch, wenn staatliche Zuwendungen Stiftungen oder sonstige Bildungseinrichtungen gewährt werden, die politischen Parteien nahe stehen und daher mittelbare Vorteile für die politischen Parteien selbst begründen können. 1. Allerdings hat die Regierung des Saarlandes am 5. November 1969 entgegen der Ansicht des Antragsgegners über Vermögenswerte des Saarlandes verfügt und damit im Ergebnis finanzielle Zuwendungen an die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar GmbH und über sie an die der CDU, der SPD und der FDP nahe stehenden politischen Stiftungen vorgenommen, als sie der Veräußerung der Anteile an der Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH zugestimmt hat, auch wenn zweifelhaft ist, ob ihr oder dem Saarland diese vermögenswerten Rechte - zur beliebigen Verfügung - zustanden. Denn die Anteile an dem die Saarbrücker Zeitung herausgebenden Unternehmen gehörten zum Ende des 2. Weltkriegs materiellrechtlich der Buchgewerbehaus GmbH, die lediglich unter Sequestration stand und deren Vermögen nach der Verordnung Nr. 49-24 des Hohen Kommissars der Regierung Frankreichs an der Saar zwar der Regierung des Saarlandes „übergeben“ („sont remis“) - nicht aber zu unbeschränktem Eigentum übertragen - wurde. Das geschah mit der ausdrücklichen Bestimmung, die Anteile an ein Unternehmen mit gleichem Gegenstand zu veräußern und den Erlös an einen Hilfsfonds zur Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus auszuzahlen. Ob die spätere Übertragung der Anteile der Buchgewerbehaus GmbH an die Presseverlag Saarbrücker Zeitung GmbH und deren die Privatisierung in den Jahren 1969/1970 vorbereitende Treuhandverwaltung für das Saarland zu einer Änderung der „Eigentumsverhältnisse“ und damit zur rechtlich wirksamen Schaffung eines Vermögenswertes des Saarlandes geführt haben, ist - zumindest - zweifelhaft. Das kann jedoch dahinstehen, weil das Saarland faktisch bewirken konnte, dass die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar GmbH 26% der Anteile „erwarb“, ihr also einen Vermögenswert tatsächlich zugewandt hat, dessen rechtswirksame Übertragung heute nicht mehr - von etwaigen anderen Berechtigten - in Frage gestellt wird. 2. Die dem Antragsteller nahe stehende Einrichtung - die der Rosa Luxemburg Stiftung verbundene P1-I.-Gesellschaft e.V. genießt anders als die der CDU, der SPD und der FDP nahe stehenden Stiftungen im Saarland keine Vorteile aus den Erträgen des die Saarbrücker Zeitung herausgebenden Unternehmens. Das ist jedoch keine Folge eines„aktuellen Modell(s) der staatlichen Finanzierung parteinaher Stiftungen im Saarland“. Vielmehr profitieren die drei der CDU, der SPD und der FDP nahen Stiftungen von den Gewinnen der Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH, einem Unternehmen der Privatwirtschaft. Der Landeshaushalt stellt keine Mittel für sie bereit. 3. Auch die in den Jahren 1969/1970 erfolgte Beteiligung der Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar mbH - und über sie der sie tragenden parteinahen Stiftungen von CDU,

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SPD und FDP - führt nicht zu einer Verletzung des Antragstellers in seinem Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien. a. Die Veräußerung von 26% der Anteile der Saarbrücker Zeitung Druckerei und Verlag GmbH im Jahr 1969 hat das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit nicht verletzt. Sinn und Zweck der Übertragung der Gesellschaftsanteile war nach den dem Beschluss des Antragsgegners zugrunde liegenden Erwägungen nicht die unmittelbare oder mittelbare Finanzierung politischer Parteien. Vielmehr ging es angesichts der öffentlichen Kritik an der Verfügung des Staates über ein Zeitungsunternehmen und angesichts der von Verfassungs wegen gebotenen Gewährleistung der Staatsfreiheit des Pressewesens um die unternehmerische Sicherung des Schicksals eines bedeutenden Medienunternehmens im Saarland. Damit verbunden war das Ziel, jedenfalls Teile des Vermögens des die Saarbrücker Zeitung herausgebenden Unternehmens landespolitischen Zwecken zu erhalten und - durchaus sachnah - der politischen Bildung zur Verfügung zu stellen. Dabei hat sich der Antragsgegner lediglich grob an dem traditionellen Stärkeverhältnis der politischen Grundströmungen im Saarland orientiert. Der Gleichheitssatz gebietet es, dass eine staatliche Förderung von parteinahen Stiftungen alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen angemessen berücksichtigt. Nur wenn die staatliche Förderung der pluralen Struktur der gesellschaftlichen und politischen Kräfte Rechnung trägt, wird sie dem verfassungsrechtlichen Gebot gerecht, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfGE 73, BVERFGE Jahr 73 Seite 1, BVERFGE Jahr 73 38). Diese Grundsätze hat der Antragsgegner in den Jahren 1969/1970 - jedenfalls ohne die Rechte der damals noch nicht bestehenden Antragstellerin zu verletzen - beachtet. Dass er aus diesem Anlass nicht vorausschauend Regelungen getroffen hat, die auch künftig neu entstehenden politischen Stiftungen oder Bildungseinrichtungen gerecht werden konnten, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Saarland wollte zum damaligen Zeitpunkt die Anteile an dem Unternehmen der Saarbrücker Zeitung veräußern, weil es der Regierung des Saarlandes und dem Antragsgegner zu Recht unvertretbar erschien, dass ein Zeitungsunternehmen unter staatlichem Einfluss stand und möglicherweise auch, um den Vorgaben der Kontrollratsgesetzgebung und der Regierung Frankreichs gerecht zu werden. Staatlichen Einfluss dauerhaft zu verhindern konnte nur durch seine endgültige Aufgabe geschehen. Hätte sich das Saarland vorbehalten, je nach den politischen Entwicklungen der Zukunft den der politischen Bildung zugewiesenen Vermögenswert „umzuverteilen“, also nicht nur neue politische Stiftungen und Bildungseinrichtungen nach ihrem Entstehen zu bedenken sondern auch nach einem Wechsel von „Kräfteverhältnissen“ von Wahl zu Wahl Anteile an der „Dachgesellschaft“, der Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung mbH, neu zu ordnen, sie einzuräumen oder zu entziehen, wäre das, soweit gesellschaftsrechtlich überhaupt vorstellbar, schwerlich ohne kontinuierliche staatliche Beobachtung und Regulierung möglich gewesen. Das hätte dem angestrebten, verfassungsrechtlich nicht nur legitimen sondern geradezu


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gebotenem Ziel, sich endgültig der staatlichen gesellschaftsrechtlichen Beeinflussbarkeit eines Zeitungsunternehmens zu entledigen und Staat und Presse dauerhaft zu trennen, widersprochen. Die Übertragung von 26% der Anteile war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil das Saarland keinen Einfluss auf die Erfüllung der Aufgaben des sie übernehmenden Trägers behielt. Entgegen der Meinung des Antragstellers handelte es sich nicht um eine Privatisierung von staatlichem Vermögen im Sinne einer „Aufgabenprivatisierung“. Weder die Übertragung von Anteilen auf eine Gesellschaft, die selbst oder deren Gesellschafter politische Bildungsarbeit betreiben, noch die Übertragung von Anteilen auf eine Gesellschaft, die - staatsfrei - saarländische Interessen in Bezug auf ein bedeutendes Presseunternehmen wahrnehmen sollte, stellt eine Übertragung staatlicher Aufgaben dar. Die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar mbH mag - bereits aufgrund ihrer Gesellschafter - sich der politischen Bildung verschrieben haben. Die parteinahen Stiftungen betreiben - unter anderem - auch wissenschaftliche Politikberatung. Die staatliche Förderung politischer Bildung und wissenschaftlicher Politikberatung liegt gewiss im öffentlichen Interesse und stößt grundsätzlich nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken (BVerfGE 73, BVERFGE Jahr 73 Seite 1, BVERFGE Jahr 73 38). Sie stellt damit jedoch keine ausschließliche staatliche Aufgabe der Daseinsvorsorge dar. Die politischen - und im Übrigen auch andere - Stiftungen haben es sich zwar zur Aufgabe gemacht, Bürgerinnen und Bürger Wissen um und Verständnis für das politische Geschehen und seine historischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Hintergründe und Bedingungen zu vermitteln. Der Staat kann dies zwar fördern, kann aber politische Bildungsarbeit auch weiterhin- vor allem durch seine Schulen und Universitäten - selbst wahrnehmen. Das bedeutet aber nur, dass der Staat nicht eine von ihm bislang selbst wahrgenommene und wahrzunehmende Aufgabe auf einen Privaten übertragen hat, sondern dass weitere Träger sich einer Aufgabe angenommen haben, die staatlich gefördert werden kann, nicht zwingend aber auch staatlich wahrgenommen oder überwacht werden muss. Der eigentliche Zweck der Übertragung der Anteile an die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar mbH war es aber darüber hinaus, die staatsfreie Sicherung der regionalwirtschaftlichen und strukturpolitischen Interessen des Saarlandes an einem bedeutenden Presseunternehmen zu sichern. Das zeigt sich daran, dass der zu gründenden gemeinnützigen Institution eine gesellschaftsrechtliche Sperrminorität eingeräumt werden sollte und wurde. Dies ist vor dem historischen Hintergrund zu sehen, dass die Saarbrücker Zeitung sich schon während der Weimarer Republik für die aus damaliger Sicht spezifischen Interessen des Saarlandes an einer staatsrechtlichen Vereinigung des Saarlandes mit dem Deutschen Reich eingesetzt hatte und auch nach dem Ende des 2. Weltkriegs nach dem Verständnis vieler politischer Kräfte die Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland fördern sollte. Gerade das territoriale politische Schicksal des Saarlandes in den Jahrzehnten zwischen 1918 und 1957 hatte der Antragsgegner im Blick, als es darum ging, die durch Privatisierung des Unternehmens zu erreichende Staatsfreiheit einer Zeitung mit ihrer wirtschaftlichen und ideellen Verbundenheit mit dem Land zu vereinbaren. Dass der damalige Landtag das durch die Übertragung von 26% der Anteile an die parteina-

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hen Stiftungen Interessen des Saarlands als gesichert ansah, ist als Einschätzung verfassungsrechtlich in jedem Fall vertretbar. Die Übertragung einer hoheitlichen Aufgabe, die die fortdauernde - die politischen Grundströmungen des Landes dauerhaft abbildende - Sicherung ihrer Erfüllung durch den Staat erforderlich gemacht hätte, ist damit nicht erfolgt. Damit sind die jährlichen Gewinnausschüttungen als die eines Privatunternehmens zu betrachten und nicht - mittelbar - als weitere Zuwendungen des Staates. Da die Vermögensprivatisierung aus den Jahren 1969/1970 somit nicht zu einem rechtswidrigen Zustand geführt hat, wurde der Antragsteller durch die Ablehnung seiner Gesetzesinitiative im Mai 2011 zur finanziellen Förderung der parteinahen Stiftungen unter Berücksichtigung der Gewinnausschüttungen der Saarbrücker Zeitung nicht in seinem Recht auf Chancengleichheit verletzt und ihm ein etwaiger, zu erörternder verfassungsrechtlicher Folgenausgleichsanspruch versagt. b. Das Auftreten neuer politischer Parteien und ihnen nahe stehender Stiftungen und sonstiger Bildungseinrichtungen hat daran - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nichts geändert. Das folgt zum einen daraus, dass die den parteinahen Stiftungen von CDU, SPD und FDP zugute kommenden Gewinne der Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH keine Zuwendungen des Landes (mehr) sind. Bei der Übertragung der Anteile in den Jahren 1969/1970 handelte es sich nicht um einen Dauertatbestand, sondern um eine zum Zeitpunkt ihrer Vornahme jedenfalls aus der Sicht des Rechts auf Chancengleichheit der Antragstellerin nicht zu beanstandende einmalige Vermögensübertragung, die sich im Akt ihrer Durchführung erschöpft hat. Dass drei politische Stiftungen als Träger der Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung mbH noch in der Gegenwart von den Erträgen des die Saarbrücker Zeitung herausgebenden Unternehmens profitieren, ist dem damaligen staatlichen Zuwendungsakt nicht (mehr) zuzurechnen. Das zeigt sich allein schon darin, dass die in den Jahren 1969/1970 erfolgte Veräußerung der Anteile an der Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH keineswegs zwangsläufig zu diesen Erträgen führen musste. Je nach der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens wäre auch jederzeit denkbar gewesen, dass das zugewendete Vermögen stark oder gar vollständig an Wert verloren hätte. Die in den Jahren 1969/1970 gewiss erhoffte aber keineswegs sichere Verstetigung des Wertes ist aber nicht auf die Zuwendung selbst sondern auf das ökonomisch erfolgreiche Verhalten der Unternehmensleitung - und möglicherweise auch günstige Umstände - zurückzuführen. Der Staat, demgegenüber allein das Recht auf Chancengleichheit besteht, trägt dafür nur insofern Verantwortung, als er gewissermaßen die erste Ursache für die gegenwärtigen finanziellen Möglichkeiten der politischen Stiftungen gesetzt hat. Das gebietet aber ebenso wenig von Verfassungs wegen Kompensationen wie sie erforderlich gewesen wären, hätten sich wirtschaftliche Misserfolge eingestellt oder würde die eine oder andere der damaligen (mittelbaren) Zuwendungsempfängerinnen aufgrund wirtschaftlicher oder anderer Fehlentscheidungen ihrer Verantwortlichen heute nicht mehr über anteilige Erträge zugunsten ihrer politischen Bildungsarbeit verfügen können. Sähe man das anders, würde man gewisser-


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maßen eine gegenwärtige und künftige Haftung des Staatshaushalts für das mit einmal übertragenen Vermögenswerten wirtschaftlich erfolgreiche Wirken Privater zugunsten Dritter begründen, die zum Zeitpunkt einer staatlichen Zuwendung nicht bestanden und nur dann gleichfalls in deren Genuss kommen müssten, würde die Zuwendung erst jetzt erfolgen. So wie das Grundrecht der Gleichheit nämlich lediglich verbietet, gleiche Sachverhalte „gleichzeitig“ ungleich zu behandeln, so gebietet auch das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien nicht, für die gleiche Behandlung auch künftiger Fälle vorzusorgen (v. Münch/Kunig/Boysen, GG, 6.Aufl., Art. 3 Rdn. 92 m. w. N.). Auch insoweit gilt kein Grundsatz der gewissermaßen „intergenerationellen“ Gleichbehandlung gegenwärtiger mit künftigen politischen Strömungen. Niemand, der Empfänger einer staatlichen Leistung sein müsste, würde sie heute gewährt, kann von Verfassungs wegen verlangen, dass ihm Ausgleich für eine Anderen in der Vergangenheit gewährte staatliche Leistung verschafft wird. III. […]

Gerichtliche Zuständigkeit bei Immobilienvermietung durch Wittelsbacher Ausgleichsfonds Die Vermietung von zum Vermögen des Wittelsbacher Ausgleichsfonds gehörenden Gewerbeimmobilien ist kein Handelsgeschäft. OLG München, Beschl. v. 25.7.2012 – 34 AR 196/12 Gründe I. [1] Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Räumung und Herausgabe gewerblicher Mieträume in München. Die Klägerin ist ein Ausgleichsfonds in der Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts (Art. 2 Gesetz über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung des Bayerischen Staates mit dem vormaligen Bayerischen Königshaus - KönigAusG BayRS IV 687), die im Jahr 1923 errichtet wurde und das Übereinkommen zwischen dem bayerischen Staat und dem vormaligen bayerischen Königshaus über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung durchzuführen hat. Zum Stiftungsvermögen gehören bedeutende Kunstschätze, Schlösser, aber auch sonstige Liegenschaften. Aufgabe des Ausgleichsfonds ist Vermögenserhaltung und Erwirtschaftung von Erträgen; die Erträge stehen gesetzlich den Mitgliedern des vormaligen Königshauses zu (vgl. Art. 5 des genannten Gesetzes). Die Beklagte ist ein italienisches Modeunternehmen, das in der Rechtsform der Società a Responsabilità Limitata (s.r.l.) betrieben wird. Die Beklagte hat nach Klagezustellung fristgerecht die funktionelle Zuständigkeit der angerufenen Zivilkammer gerügt und beantragt, den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen abzugeben; beide Parteien seien Vollkaufleute. Die Klägerin hat dem widersprochen. Sie sei ausschließlich vermögensverwaltend tätig. Es handle sich nicht um ein beidseitiges Handelsgeschäft. [2] [...] [8] 3. Die Zivilkammer hat die Voraussetzungen für das Vorliegen eine Handelssache nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG bejaht, ohne sich mit der Rechtsperson der Klägerin und der öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung ihrer Aufgaben hinlänglich auseinanderzusetzen. Dass der beklagten ausländischen

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Partei Kaufmannseigenschaft zuzusprechen sein dürfte, weil die italienische s.r.l. eine der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung vergleichbare Handelsgesellschaft darstellt (Art. 2463 Cc) und für die Beurteilung der Kaufmannseigenschaft einer ausländischen Partei das Recht des Landes maßgeblich ist, in dem die Partei ihren Geschäftssitz hat (Zöller/Lückemann § 95 GVG Rn. 4), ist allein nicht hinreichend. Notwendig ist vielmehr, dass das Geschäft (Gewerberaumvermietung) für beide Teile - auch für die Klägerin - ein Handelsgeschäft ist. Handelsgeschäfte sind nach § 343 HGB alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. [9] a) Das Vorliegen eines beiderseitigen Handelsgeschäfts (§ 343 HGB) hat das Landgericht mit dem Umfang, der Komplexität und der Anzahl der mit der Vermögensverwaltung des Fonds verbundenen Geschäfte bejaht und ist von einer planmäßigen und auf Dauer angelegten wirtschaftlich selbständigen Tätigkeit und der Teilnahme am Wettbewerb ausgegangen. Es hat sich der herrschenden Auffassung angeschlossen, wonach § 1 HGB keine Ausnahme für juristische Personen des öffentlichen Rechts trifft; diese werden wie natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts durch Betrieb eines Handelsgewerbes oder Eintragung Kaufleute (vgl. etwa Baumbach/Hopt HGB 35. Aufl. § 1 Rn. 27; MüKo/ Karsten Schmidt HGB 3. Aufl. § 1 Rn. 40; Roth in Koller/Roth/Morck HGB 7. Aufl. § 1 Rn. 31). [10] Notwendig ist aber das Betreiben eines Gewerbes in Form eines wirtschaftlichen Unternehmens. Es muss eine Tätigkeit ausgeübt werden, die nicht nur allein und herkömmlich mit der Zielrichtung einer öffentlichen Aufgabe betrieben wird. Denn eine solche Tätigkeit ist keine Gewerbeausübung (BGHZ 53, 222: städtische Abwasserbeseitigung; BGHZ 57, 191/199 f.: Rundfunk- und Fernsehanstalt im Programmbereich; BGHZ 83, 382/386 f.: Wasser- und Bodenverband; BGHZ 95, 155/157: Deutsche Bundesbahn). Dabei kann auch in Erfüllung öffentlich-rechtlicher oder gemeinnütziger Aufgaben eine öffentliche Körperschaft Gewinn anstreben (vgl. BGHZ 114, 257/258); dies ist jedoch im Einzelfall zu prüfen (BGHZ 49, 258/260; 57, 191/199 f.), wobei es genügt, einen wirtschaftlichen Erfolg am Markt erzielen zu wollen (BGHZ 95, 155/160). [11] b) Der klagende Fonds wurde durch Gesetz über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung des Bayerischen Staates mit dem vormaligen Bayerischen Königshause (vom 9.3.1923; BayRS IV, 687) errichtet. In der Rechtsstellung einer Stiftung des öffentlichen Rechts (Art. 2) hat er die genannte Auseinandersetzung zur gesetzlichen Aufgabe (Art. 1). Das Vermögen ist zwischen dem Freistaat und dem vormaligen Königshaus vertraglich fixiert (Art. 3). Es umfasst neben Wohnimmobilien zahlreiche Schlösser und Kunstgegenstände, die zum großen Teil aus dem Privatvermögen des Hauses Wittelsbach stammen (vgl. http://www.haus-bayern.com/ waf/wafaufgabe.htm). Es wird von einem Rat verwaltet, dessen Mitglieder von beiden Seiten gestellt werden. Der Fonds ist als Stiftung des öffentlichen Rechts zugleich öffentliche Einrichtung (Art. 1 Abs. 3 BayStG i.d.F.v. 26.9.2008, GVBl S. 834) und Bestandteil sogenannter mittelbarer Staatsverwaltung (Art. 55 Abs. 5 Satz 2 BV; siehe Lindner in Lindner/ Möstl/Wolff Verfassung des Freistaates Bayern Art. 55 Rn. 82 und 87). Der Fonds erzielt aus seinem Vermögen Nutzungen (Erträge), die dem vormaligen Königshaus zufließen (Art. 5).


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Er dient also einerseits der materiellen Versorgung der Mitglieder der ehemaligen Dynastie und sichert andererseits vor allem die Erhaltung der außerordentlich wertvollen Kunstsammlungen für die öffentliche Benutzung (vgl. Spindler/ Schwarz Handbuch der bayerischen Geschichte Band IV 1 Kap. A. VI, S. 472). Im Sinne gegenseitiger Zugeständnisse bezweckt die gesetzliche Regelung, alle vermögensrechtlichen Ansprüche des Hauses Wittelsbach gegen den bayerischen Staat abzufinden (Art. 10). [12] c) Die vorgenannte Aufgabenbeschreibung schließt es aus, die Vermietung von Immobilien aus dem Vermögen des Fonds einer wirtschaftlichen Unternehmenstätigkeit zuzuordnen. Ersichtlich verkürzt und in dieser Form auch verfehlt ist die Auffassung des Einzelrichters der Zivilkammer, die Vermietertätigkeit des Fonds diene dazu, einer kleinen Personengruppe durch Gewinnerzielung bei der Vermögensverwaltung dauernde Einkünfte zu ermöglichen. Dabei mag dahin stehen, ab welchem Geschäftsumfang und ab welchem Grad büromäßiger Organisation die Verwaltung eige-

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nen Vermögens sich überhaupt erst als gewerbliche Tätigkeit darstellt (vgl. BGH NJW 2002, 368/369). Entscheidend ist, dass sich das gegenständliche Geschäft in der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe erschöpft, die Vermögensauseinandersetzung abzuwickeln, indem durch die Erträgnisse der Fondsverwaltung das vormalige Königshaus in dessen vermögensrechtlichen Ansprüchen gegen den Freistaat abgefunden wird. Die Tätigkeit stellt sich als eine solche dar, die „allein und herkömmlich“ mit der Zielrichtung einer öffentlichen Aufgabe betrieben wird (BGHZ 57, 191/199; 83, 382/ 386 f.). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Klägerin „marktorientiert“ vermietet, das Geschäft also isoliert betrachtet auch dasjenige eines Gewerbetreibenden sein kann. In dieser Eigenschaft stellt sich ihr Geschäft vielmehr als Erfüllung des Stiftungszwecks und als gesetzlich geforderte Maßnahme sicherer und wirtschaftlicher Verwaltung dar (vgl. Art. 6 BayStG). Diese Aufgabe ist nicht kaufmännischer Natur. Weil die Zivilkammer dies grundlegend verkannt hat, kann deren Verweisungsbeschluss keinen Bestand haben.

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Hochwasser Deutschland 2013 - Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Hochwassers in Deutschland BMF, Schr. v. 21.6.2013 – IV C 4 - S 2223/07/0015 :008 Durch das Hochwasser Ende Mai/Anfang Juni 2013 sind in weiten Teilen des Bundesgebiets beträchtliche Schäden entstanden. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2014 zur Unterstützung der Betroffenen folgende Verwaltungsregelungen: I. Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen 1. Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen sind entsprechend dem BMF-Schreiben vom 18. Februar 1998 - IV B 2 - S 2144 - 40/98 -/- IV B 7 - S 0183 - 62/98 - ( BStBl 1998 I S. 212) zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. Aufwendungen des sponsernden Steuerpflichtigen sind danach Betriebsausgaben, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u. a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z. B. durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht. 2. Zuwendungen an Geschäftspartner Wendet der Steuerpflichtige seinen von dem Hochwasser unmittelbar betroffenen Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar.

§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG ist insoweit aus Billigkeitsgründen nicht anzuwenden. 3. Sonstige Zuwendungen Erfüllt die Zuwendung des Steuerpflichtigen unter diesen Gesichtspunkten nicht die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug, so ist aus allgemeinen Billigkeitserwägungen die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Steuerpflichtigen aus einem inländischen Betriebsvermögen an durch das Hochwasser unmittelbar geschädigte Betriebe als Betriebsausgabe zu behandeln, die ohne Rücksicht auf § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG abgezogen werden darf. 4. Behandlung der Zuwendungen beim Empfänger In den Fällen der Nrn. 1 bis 3 sind die Zuwendungen beim Empfänger gemäß § 6 Absatz 4 EStG als Betriebseinnahme mit dem gemeinen Wert anzusetzen. II. Lohnsteuer Aus Billigkeits- und Vereinfachungsgründen gilt Folgendes: 1. Unterstützung an Arbeitnehmer Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 3.11 LStR 2011 steuerfrei sein. R 3.11 Absatz 2 LStR 2011 ist auf Unterstützungen, die von dem Hochwasser betroffene Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber erhalten, mit folgender Maßgabe anzuwenden: - Die in R 3.11 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 3 LStR 2011 genannten Voraussetzungen brauchen nicht vorzuliegen, - die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 Euro je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 Euro überstei-


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gende Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei den von dem Hochwasser betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden. Auf Unterstützungen, die in Form von sonst steuerpflichtigen Zinsvorteilen ( BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2008 - IV C 5 - S 2334/07/0009 -, BStBl 2008 I S. 892) oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden, ist die vorstehende Regelung ebenfalls anzuwenden. Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden durch das Hochwasser aufgenommen worden sind, sind deshalb ebenfalls nach R 3.11 Absatz 2 LStR 2011 steuerfrei, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung hierfür ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zu einem Betrag in Höhe des Schadens steuerfrei. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen ( § 4 Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 LStDV ); dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Hochwasser zu Schaden gekommen ist. 2. Arbeitslohnspende Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens a. zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an von dem Hochwasser betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (Nummer 1) oder b. zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 2 EStG , bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen ( § 4 Absatz 2 Nummer 4 Satz 1 LStDV ). Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erklärt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung ( § 41b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 EStG ) anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden. III. Aufsichtsratsvergütungen Verzichtet ein Aufsichtsratsmitglied vor Fälligkeit oder Auszahlung auf Teile seiner Aufsichtsratsvergütung, gelten die unter II. 2. genannten Grundsätze sinngemäß. Der Betriebsausgabenabzug gemäß § 10 Nummer 4 KStG auf Seiten der Gesellschaft bleibt unberührt. IV. Spenden Vereinfachter Zuwendungsnachweis Für alle Sonderkonten, die von inländischen juristischen

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Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen oder von den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Mitgliedsorganisationen eingerichtet wurden, gilt ohne betragsmäßige Beschränkung der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a EStDV genügt in diesen Fällen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z. B. Kontoauszug) eines Kreditinstitutes oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Soweit bis zum 20. Juni 2013 Zuwendungen nicht auf ein Sonderkonto, sondern auf ein Konto der o.g. Spendenempfängers geleistet wurden, gilt auch hier der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Haben auch nicht steuerbegünstigte Spendensammler Spendenkonten eingerichtet und zu Spenden aufgerufen, sind diese Zuwendungen steuerlich abziehbar, wenn das Spendenkonto als Treuhandkonto geführt wird und die Zuwendungen anschließend entweder an eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle weitergeleitet werden. Zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen muss dem Zuwendungsempfänger auch eine Liste mit den einzelnen Spendern und dem jeweiligen Anteil an der Gesamtsumme übergeben werden. Unter folgenden Voraussetzungen ist bei Spendensammlungen nicht steuerbegünstigter Spendensammler über ein als Treuhandkonto geführtes Spendenkonto auch ein vereinfachter Zuwendungsnachweis möglich: Die gesammelten Spenden werden auf ein Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich ihrer Mitgliedsorganisationen überwiesen. Nach § 50 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Satz 2 EStDV genügt als Nachweis in diesen Fällen der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Spenders zusammen mit einer Kopie des Barzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des nicht steuerbegünstigten Spendensammlers. V. Spendenaktionen von gemeinnützigen Körperschaften für durch das Hochwasser geschädigte Personen Einer gemeinnützigen Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert ( § 55 Absatz 1 Nummer 1 AO ). Ruft eine gemeinnützige Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke insbesondere mildtätigen Zwecke -verfolgt (z. B. Sportverein, Bildungsverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für die vom Hochwasser Betroffenen auf und kann sie die Spenden nicht zu Zwecken, die sie nach ihrer Satzung fördert, verwenden, gilt Folgendes: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine zum Beispiel mildtätigen Zwecke, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterstützung der vom Hochwasser Betroffenen stehen, fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für vom Hochwasser 2013 Betroffene erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. Die Körperschaft hat die Bedürftigkeit der unterstützten Person selbst zu prüfen und zu dokumentieren.


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Es reicht aber auch aus, wenn die Spenden entweder an eine gemeinnützige Körperschaft, die zum Beispiel mildtätige Zwecke verfolgt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterstützung der vom Hochwasser Betroffenen stehen (z.B. mildtätige Zwecke), oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zu diesem Zweck weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für Betroffene des Hochwassers 2013 in Deutschland erhält und verwendet, bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen. VI. Elementarschäden als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden an einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus oder einer selbstgenutzten Eigentumswohnung sowie für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung können nach R 33.2 Nr. 7 EStR nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige zumutbare Schutzmaßnahmen unterlassen oder eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hat. Bei den durch die Hochwasserkatastrophe unmittelbar geschädigten Steuerpflichtigen ist der Abzug der o.a. Aufwendungen für die Schadensbeseitigung sowie für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung als außergewöhnliche Belastungen bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der R 33.2 EStR nicht wegen einer fehlenden Versicherung gegen Hochwasserschäden zu versagen. Eine sogenannte Elementarversicherung stellt keine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit im Sinne der R 33.2 Nr. 7 EStR dar. Die nach Abzug der zumutbaren Belastung als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Aufwendungen können auch gemäß § 39a Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 39a Absatz 2 Satz 4 EStG als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte 2010 bzw. auf einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (sog. Ersatzbescheinigung) eingetragen oder als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal berücksichtigt werden. VII. Umsatzsteuer Das Umsatzsteuerrecht ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union insbesondere durch die Vorschriften der Richtlinie 2006/112/ EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 ( Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie ) weitgehend harmonisiert. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die dort getroffenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie kennt keine Möglichkeit, die es einem Mitgliedstaat zur Bewältigung von Naturkatastrophen, wenn auch nur zeitlich und sachlich begrenzt, gestatten würde, von den verbindlichen Richtlinienvorschriften abzuweichen. Sachliche Billigkeitsmaßnahmen bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Absatz 1b UStG sind daher ebenso wenig möglich wie eine Ausweitung der Steuervergütung nach § 4a UStG . VIII. Weitere steuerliche Erleichterungen für unmittelbar Betroffene Weitere Erleichterungen, z.B. im Hinblick auf Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen, Anpassung der Vorauszahlungen, Verlust von Buchführungsunterlagen, ergeben sich aus

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den von den obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Billigkeitserlassen. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG sind Zuwendungen von der Schenkungsteuer befreit, wenn sie ausschließlich mildtätigen Zwecken im Sinne des § 53 AO gewidmet sind und die Verwendung zu diesem Zweck gesichert ist. Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.

Anwendung von § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG auf Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen BayLfSt, Verf. v. 25.3.2013 - S 7185.1.1-2/6 St33 Auf die Verfügung des BayLfSt vom 17.01.2013, S 7185.1.12/4 St33: Die o.g. Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern wird wie folgt geändert: Die generelle Vertrauensschutzregel für Umsätze, die bis zum 31. Dezember 2012 ausgeführt worden sind, wird aufgehoben. Daher findet die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG für Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassenähnlichen Einrichtungen grundsätzlich in allen offenen Fällen keine Anwendung. Redaktionelle Anmerkung: In der Verfügung vom 17.1.2013 (S 7185.1.1-2/4 St33), die mit obiger Verfügung abgeändert wird, hatte das BayLfSt Bezug auf die auf Bund-Länder-Ebene erörterte Frage genommen, ob Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen als ehrenamtliche Tätigkeiten i.S.d. § 4 Nr. 26 a UStG anzusehen sind, und dies mit Hinweis auf die einhellige Auffassung der Referatsleiter Umsatzsteuer verneint. Die zudem in damaliger Verfügung enthaltene Vertrauensschutzregel für Umsätze, die vor dem 1.1.2013 erzielt wurden, wird nunmehr zumindest in allen offenen Fällen aufgehoben.

Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Bezirkstagsmitgliedern, den Bezirkstagspräsidenten und Bezirkstagspräsidentinnen und ihren gewählten Stellvertretern gewährt werden BayLfSt, Verf. v. 7.2.2013 - S 2337.1.1–1/12St32 Bezug: FMS vom 28.12.2012, Az.: 34 – S 2337 – 007 – 46 792/12 Zur steuerlichen Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Bezirkstagsmitgliedern gewährt werden, wird Folgendes bekannt gegeben (vgl. R 3.12 Abs. 3 Satz 10 LStR 2011): 1 Allgemeines 1.1 Einkünfte Die den ehrenamtlichen Bezirksräten nach Art. 14a Abs. 1 BezO gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus „sonstiger selbständiger Arbeit” im Sinn des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer. Darüber hinaus sind Entschädigungen, die für den Verdienstausfall nach Art. 13a Abs. 2 BezO gewährt werden, in voller Höhe steuerpflichtig. Die den Bezirkstagspräsidenten und Bezirks-


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tagspräsidentinnen nach Art. 53 Abs. 3 des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (KWBG) vom 24. Juli 2012 (GVBI 2012 S. 366, BayRS 2022–1–1), geändert durch Bekanntmachung vom 16. Oktober 2012 (GVBl 2012 S. 528), gewährten Entschädigungen sowie die weiteren Entschädigungen, die deren gewählten Stellvertretern nach Art. 53 Abs. 4 KWBG gewährt werden, sind den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ( § 19 EStG ) zuzuordnen; das Gleiche gilt für die diesen Personen nach Art. 55 KWBG gewährte jährliche Sonderzuwendung 1.2 Steuerfreiheit Steuerfrei sind a. nach Maßgabe des § 3 Nr. 13 EStG Reisekostenvergütungen, die nach den Vorschriften des Bayerischen Reisekostengesetzes gewährt werden; b. nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben bzw. als Werbungskosten berücksichtigungsfähig wären. 2 Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen ( § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ) 2.1 Ehrenamtliche Bezirksräte Die den ehrenamtlichen Bezirksräten nach Art. 14a Abs. 1 BezO gewährten pauschalen Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt 256 € monatlich (3.072 € jährlich) nicht übersteigen. Die steuerfreien Beträge nach Satz 1 erhöhen sich für Fraktionsvorsitzende auf das Doppelte. 2.2 Bezirkstagspräsident und Bezirkstagspräsidentin Die den Bezirkstagspräsidenten und Bezirkstagspräsidentinnen nach Art. 53 Abs. 3 KWBG gewährten Entschädigungen sind steuerfrei, soweit sie 768 € monatlich (9.216 € jährlich) nicht übersteigen. In die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des nach Satz 1 steuerfreien Teils der Entschädigung ist die nach Art. 55 KWBG zu leistende Sonderzahlung mit einzubeziehen. 2.3 Gewählter Stellvertreter des Bezirkstagspräsidenten oder der Bezirkstagspräsidentin Die weitere Entschädigung, die dem gewählten Stellvertreter des Bezirkstagspräsidenten oder der Bezirkstagspräsidentin nach Art. 53 Abs. 4 KWBG für diese Tätigkeit neben der ihm als Bezirksrat nach Art. 14a Abs. 1 BezO zustehenden Entschädigung gewährt wird, ist steuerfrei, soweit sie 256 € monatlich (3.072 € jährlich) nicht übersteigt. Nr. 2.2 Satz 2 gilt entsprechend. 2.4 Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der jeweils maßgebliche steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn die Mitgliedschaft im Bezirkstag oder das Amt des Bezirkstagspräsidenten oder der Bezirkstagspräsidentin oder als deren gewählter Stellvertreter während eines ganzen Kalenderjahres bestanden hat. 2.5 Fahrtkostenerstattung Soweit ehrenamtlichen Bezirksräten im Rahmen der Entschä-

digung nach Art. 14a Abs. 1 BezO die tatsächlichen Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Sitzungsort erstattet werden, werden diese neben den steuerfreien Beträgen nach den Nrn. 2.1 bis 2.4 als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt; bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bayerischen Reisekostengesetz maßgebend. Das Gleiche gilt, soweit Bezirkstagspräsidenten und der Bezirkstagspräsidentinnen sowie deren gewählten Stellvertretern im Rahmen der Entschädigung nach Art. 53 Abs. 3 KWBG oder im Rahmen der weiteren Entschädigung nach Art. 53 Abs. 4 KWBG die tatsächlichen Fahrtkosten zwischen Wohnung und Dienststelle erstattet werden. 2.6 Mitglied mehrerer kommunaler Vertretungsorgane Steuerpflichtige, die gleichzeitig Mitglied mehrerer kommunaler Vertretungsorgane sind oder mehrere Tätigkeiten als kommunaler Wahlbeamter oder als kommunale Wahlbeamtin ausüben, können steuerfreie Entschädigungen nach den Nrn. 2.1 bis 2.5, nach Nr. 2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zur Steuerlichen Behandlung der Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Vertretungsorgane gewährt werden vom 28. Dezember 2012 (FMBI 2013 S. 3) und nach Nr. 2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zur Steuerlichen Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen ersten und weiteren Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, den gewählten Stellvertretern der Landräte und Landrätinnen sowie den Gemeinschaftsvorsitzenden von Verwaltungsgemeinschaften gewährt werden, vom 28. Dezember 2012 (FMBI 2013 S. 5) nebeneinander beziehen. R 3.12 Abs. 3 Satz 6 LStR 2011 ist insoweit nicht anzuwenden. 3 Wirkung der steuerfreien Aufwandsentschädigungen Mit den steuerfreien Entschädigungen nach Nr. 2 sind alle Aufwendungen, die mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinn der Nr. 2 zusammenhängen, mit Ausnahme der Aufwendungen für Dienstreisen, abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesem Falle können die tatsächlichen Aufwendungen insoweit, als sie die steuerfreien Entschädigungen übersteigen, als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten berücksichtigt werden. 4 Schlussbestimmungen Diese Bekanntmachung tritt mit Wirkung vom 1. August 2012 in Kraft.

Tauschähnlicher Umsatz bei der Publikation von Mitgliederzeitschriften öffentlich-rechtlicher Körperschaften durch gewerbliche Unternehmen – Überlassung von Werberechten OFD Frankfurt/M, Verf. v. 29.4.2013 – S 7119 A - 7 - St 110 Die Frage, ob die Publikation von Mitgliederzeitschriften öffentlich-rechtlicher Körperschaften durch gewerbliche Unternehmen als umsatzsteuerpflichtiges Tauschgeschäft zu beurteilen ist, war bereits mehrfach Gegenstand der Erörterungen der Umsatzsteuerreferatsleiter des Bundes und der Länder.


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Sachverhalt Eine Kammer (oder andere Körperschaft des öffentlichen Rechts) ist alleinige Herausgeberin, Eigentümerin und Inhaberin aller Rechte ihrer Mitgliederzeitschrift. Diese Mitgliederzeitschrift beinhaltet regelmäßig einen redaktionellen Teil und einen umfangreichen Anzeigenteil. Die Beiträge für den redaktionellen Teil der Zeitschriften, wie Nachrichten, Aufsätze, Fortbildungsangebote etc., werden durch die Kammer eigenverantwortlich verfasst. Mit der verlegerischen Betreuung, der Herstellung und dem Vertrieb der Mitgliederzeitschrift wird dagegen ein Verlag beauftragt. Dieser verpflichtet sich, sämtliche Kosten der Herstellung und des Vertriebs inklusive der Versandvorbereitung zu übernehmen. Im Gegenzug erhält der Verlag das Recht, Werbeanzeigen in den Zeitschriften zu platzieren. Die Anzeigen werden von dem Verlag auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko eingeworben, platziert und gedruckt. Die Kammer behält sich ggf. Einflussmöglichkeiten vor. Je nach vertraglicher Gestaltung zahlt die Kammer (über die Einräumung des Werberechtes hinaus) Porto- und Druckkostenzuschüsse in unterschiedlicher Höhe, die sich an den kalkulierten Herstellungskosten der Zeitschrift orientieren. Umsatzsteuerliche Beurteilung Durch die Herstellung der Kammerzeitschrift gegen die Einräumung des Rechts, Werbeanzeigen in den jeweiligen Zeitschriften zu platzieren und diese wirtschaftlich zu verwerten, findet zwischen dem Verlag und der Kammer ein Leistungsaustausch in Form eines tauschähnlichen Umsatzes (ggf. mit Baraufgabe) statt. Die Leistung des Verlags besteht in der Gestaltung, der Herstellung und dem Vertrieb der Zeitschrift für die Kammer. Um diese vertragliche Leistung zu erhalten, räumt die Kammer dem Verlag als Gegenleistung das Recht zur Anzeigenplatzierung und -verwertung ein und zahlt darüber hinaus ggf. noch einen Porto- bzw. Druckkostenzuschuss. Bei tauschähnlichen Umsätzen i. S. des § 3 Abs. 12 UStG gilt nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG als Bemessungsgrundlage der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Der Kammer ist die Erstellung ihrer Mitgliederzeitschrift die Überlassung des Anzeigenplatzierungsrechts wert. Dem Verlag ist der Erhalt des Anzeigenplatzierungsrechts der Gesamtbetrag seiner Aufwendungen für die Herstellung und Versendung der Kammerzeitschriften abzüglich der ggf. erhaltenden Druck- und Portokostenzuschüsse wert. Dabei sind die gesamten Herstellungskosten der Zeitschrift heranzuziehen. Eine Aufspaltung der Kosten für die Zeitschriften in einen Anzeigenteil und einen Teil für den übrigen Text- und Bildteil ist nicht vorzunehmen, da sie wirtschaftlich eng miteinander verflochten sind und sich gegenseitig bedingen. Die Leistung des Verlags gegenüber der Kammer kann dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, sofern der wesentliche Leistungsinhalt im Druck einer Zeitschrift besteht ( § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 49 der Anlage 2 zum UStG ). Die vorstehende Auffassung hat der BFH durch Urteil vom 11.07.2012 (Az. XI R 11/11) bestätigt. Zur Frage, wann eine Kammer mit der Überlassung des Anzeigenverwertungsrechts bzw. Werberechts einen körperschaft-

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steuerlichen BgA begründet und damit auch umsatzsteuerlicher Unternehmer wird Beruft sich eine Kammer entsprechend der Regelungen auf die neuen Rechtsprechungsgrundsätze zur Besteuerung der öffentlichen Hand, was nur einheitlich für das gesamte Unternehmen ausgeübt werden kann, fällt die Überlassung des Anzeigenverwertungsrechts/Werberechts stets in den unternehmerischen Bereich, da die PdöR auf privatrechtlicher Grundlage handelt. Sachverhaltsvariante Ein Verlag stellt aufgrund eines gegenseitigen Vertrages für eine Kommune eine Werbebroschüre her, die die Kommune auslegt und verteilt. Inhalt der Publikation ist ein redaktioneller Teil, der von der Kommune selbst erarbeitet wird, und ein Anzeigenbereich, der ausschließlich vom Verlag (für eigene Rechnung) betreut wird. Nach dem Vertrag ist Auftraggeber für die Publikation die Kommune. Der Kommune entstehen keine Kosten, da diese vollständig vom Verlag übernommen werden. Aus der Aufmachung der Broschüre geht hervor, dass es sich um eine Publikation der Kommune handelt. Umsatzsteuerliche Beurteilung Die Sachverhaltsvariante ist entsprechend den o. g. Mitgliedszeitschriften zu beurteilen. Bei derartigen kommunalen Werbebroschüren dürfte allerdings häufig der Regelsteuersatz zur Anwendung kommen, da die Publikationen überwiegend Werbezwecken dienen ( § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 49 Anlage 2 zum UStG ). In Zweifelsfällen bleibt es dem Verlag unbenommen, für die jeweilige Publikation eine unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke einzuholen. Die Rundvfg. vom 27.06.2008 wird aufgehoben.

Steuerpflicht kommunaler Kindertagesstätten OFD Niedersachsen, Verf. v. 15.1.2013 – S 2706 – 182 - St 241 Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 12. Juli 2012, BStBl 2012 II S. 837, entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung entschieden, dass Kommunen mit dem Unterhalten von gebührenpflichtigen Kindergärten nicht hoheitlich tätig sind, sondern Betriebe gewerblicher Art (BgA) unterhalten. Ertrag- und umsatzsteuerlich ergeben sich die folgenden Konsequenzen: a) Körperschaftsteuerpflicht Die Kommune ist wie alle anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) wegen jedes einzelnen von ihr unterhaltenen BgA Subjekt der Körperschaftsteuer. Die Körperschaftsteuer ist dabei für jeden BgA gesondert zu ermitteln und mittels Steuerbescheid gegenüber der jPöR festzusetzen. Weil die jPöR nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 , § 4 KStG bereits dann subjektiv unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist, wenn der BgA nur mit Einnahmeerzielungsabsicht betrieben wird, ein Totalgewinn also nicht zu erwarten ist, ist auch bei dauerdefizitären Tätigkeiten grundsätzlich ein Einkommen zu ermitteln ( § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG ). Nach § 156 Abs. 2 AO kann die Festsetzung von Steuern unterbleiben, wenn feststeht, dass die Kosten der Einziehung einschließlich der Festsetzung außer Verhältnis zu dem festzusetzenden Betrag stehen. Kommunale Kindergärten bzw. Kindertagesstätten sind in der Regel dauerdefizitär (vgl.


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Rdnr. 43 des BMF-Schreibens vom 12. November 2009, BStBl 2009 I S. 1303). Es ist bei dauerdefizitären Kindergärten/Kindertagesstätten deshalb nicht zu beanstanden, wenn von der Kommune keine Körperschaftsteuererklärungen abgegeben werden. Eine ertragsteuerliche Auswirkung kann sich aber evtl. dann ergeben, wenn der Kindergarten bzw. die Kindertagesstätte aufgegeben wird. Die Aufgabe eines BgA führt zur Überführung sämtlicher im Betriebsvermögen des BgA befindlichen, Wirtschaftsgüter ins Hoheitsvermögen der jPöR und zieht die Aufdeckung der darin enthaltenen stillen Reserven nach sich (insbesondere in Grundstücken). Dasselbe gilt, wenn künftig der Besuch eines Kindergartens bzw. einer Kindertagesstätte beitragsfrei sein sollte, weil dies den Wegfall der o. b. Einnahmeerzielungsabsicht und damit ebenfalls die Aufgabe des BgA zur Folge hat. Unabhängig von der Aufgabe des BgA führt auch die Veräußerung eines Grundstückes zur Aufdeckung der stillen Reserven. Den Kommunen ist daher vom Niedersächsischen Städtetag mitgeteilt worden, dass es, auch wenn die Nichtabgabe von Steuererklärungen wie oben ausgeführt nicht beanstandet wird, im Einzelfall für die Kommune durchaus sinnvoll sein kann, die angefallenen Verluste durch das Finanzamt gesondert feststellen zu lassen, um diese mit einem ggf. später anfallenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn zu verrechnen.

R 79 Abs. 2 KStR 2004 sieht vor, dass Veranlagungen und gesonderte Feststellungen für Körperschaften, die unter § 156 Abs. 2 AO fallen, seitens der Finanzverwaltung durchzuführen sind, wenn die Körperschaften dies beantragen. Soweit die Kindergärten/Kindertagesstätten bei den Finanzämtern steuerlich als steuerbegünstigte BgA Zweckbetriebe im Sinne des § 68 Nr. 1 Buchst. b AO ) erfasst und als gemeinnützig anerkannt sind, ändert sich an der bisherigen ertragsteuerlichen Behandlung nichts. Kindergärten, Kinderhorte und Kindertagesstätten der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften bilden keinen Betrieb gewerblicher Art, weil bei ihnen regelmäßig eine pastorale Aufgabenwahrnehmung im Vordergrund steht. b) Umsatzsteuerpflicht Umsatzsteuerlich hat die Entscheidung des BFH keine Auswirkungen, da die Leistungen von Kindergärten bzw. Kindertagesstätten in der Regel nach § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind (unter gleichzeitigem Ausschluss des Vorsteuerabzugs). Gleichwohl sind in dem Vordruck „Anlage UR zur Umsatzsteuererklärung” die steuerfreien Kindergarten-Umsätze anzugeben (Veranlagungsverfügung III/8 Nr. 2 vom 26. Juli 2005, Tz. 3c).

npoR-Dokumentation zusammengestellt von Florian Kamp und Kathrin Wrede*

Vereinsrecht Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz), Gesetzesverkündung vom 21.3.2013, BGBl. 2013 I, 556 BGH, Urt. 23.4.2013 – II ZR 74/12, Bindungswirkung einer Entscheidung des Vereinsgerichts (Lizenzentzug eines Profiboxers) BGH, Urt. v. 23.4.2013 – II ZR 161/11, Anwendbarkeit des Vereinsrechts auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (hier: Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit) BGH, Urt. v. 15.3.2013 – V ZR 156/12, Religionsgemeinschaft kann in ihrer Gründungsphase durch Kirchengesetz einen zu der Gemeinschaft gehörenden privatrechtlich organisierten Verein in die Körperschaft eingliedern und damit dessen eigenständige rechtliche Existenz beenden (Zeugen Jehovas)

BGH, Urt. v. 19.2.2013 – II ZR 169/11, Der Vereinszweck eines Sportvereins setzt nicht zwingend voraus, dass der Verein zur Ausübung einer bestimmten Sportart eine entsprechende Abteilung unterhält KG Berlin, Urt. v. 30.4.2013 – 5 U 31/12, Anforderungen an die Schutzfähigkeit der Vereinsbezeichnung hins. ihrer Unterscheidbarkeit (Palästinensische Ärzte) OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.5.2013 – I-3 Wx 43/13, Das Minderheitenrecht nicht stimmberechtigter Mitglieder kann die Satzung eines eingetragenen Vereins nicht beschränken oder ausschließen (hier: Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung durch ein Quorum von 1/3 der stimmberechtigten Vereinsmitglieder)

* Florian Kamp ist Doktorand und ebenso wie Kathrin Wrede wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Hamburg.


npoR-Dokumentation

npoR Heft 3/2013

OLG Hamm, Beschl. v. 19.9.2012 – I-8 AktG 2/12, Anfechtungsklage gegen Eintragung einer Vereinsverschmelzung wegen fehlender Einstimmigkeit bei Beschlussfassung OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 4.12.2012 – 2 W 49/12, Bestellung eines Notvorstandes sowie Antrags- und Beschwerderecht eines einzelnen Mitglieds beim Verein OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.9.2012 – 2 W 152/11, Wirtschaftliche Zwecksetzung eines Vereins, der eine Kindertagesstätte betreibt LG Bremen, Urt. v. 31.1.2013 – 7 O 24/12, Ausschluss eines Vereinsmitglieds wegen NPD-Mitgliedschaft LG Kleve, Urt. v. 20.7.2012 – 5 S 50/12, Fußballabteilung als selbstständiger, nicht-rechtsfähiger Verein Hüttemann, Rainer, Das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts, DB 2013, 774-779 Reuter, Dieter, Änderungen des Vereins- und Stiftungsrechts durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz, npoR 2013, 41-47

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Ritter, Gabriele, Vergütung von Stiftungsvorständen: An Satzungsänderungen führt kein Weg vorbei, SB 2013, 84-87 Sauer, Jörg/Schwarz, Stephanie, Vermögensverwaltung: Zulässigkeit und Grenzen bei gemeinnützigen Stiftungen, SB 2013, 66-69 Schurr, Francesco A., Abberufung von Stiftungsorganen in Liechtenstein, PSR 2013, 21-25 Studen, Goran, Nichts Neues im „Stiftungsparadies“ Schweiz?, npoR 2013, 61-63 Theuffel-Werhahn, Berthold, Entwurf der neuen IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen veröffentlicht, SB 2013, 88-92 Theuffel-Werhahn, Berthold, Nicht alle Wege führen nach Rom: Die ungewisse Rechtsstellung der Destinatäre, SB 2013, 73-78 Thiesler, Ekkehard, Heiligt der Zweck die Mittel? - Stiftungen als Spagat zwischen Zweck und Ertrag, Kreditwesen 2013, 255-258

Roth, Hans-Peter, Reform des Gemeinnützigkeitsrechts – „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes“, SteuK 2013, 136-140

Voigt de Oliveira, Sascha, SEPA kommt! - Überblick zu den Neuerungen im Zahlungsverkehr: Was müssen Stiftungen beachten?, StiftungsWelt 2/2013, 78-79

Stiftungsrecht

Weisheit, Martina, Die Vorstiftung: Phantom oder Realität?, SB 2013, 124-127

FL OGH, Urt. v. 7.12.2012 – 03 CG 2011.93, Auskunftsverpflichtungen einer Stiftung über Zuwendungen des Stifters und Beginn der Frist für Pflichtteilergänzungsansprüche

Steuerrecht

VG Aachen, Urt. v. 17.4.2012 – 8 K 86/11, Informationsrechte eines Destinatärs gegenüber einer Familienstiftung Bösch, Harald, Vermögensopfer und liechtensteinische Stiftung, Zugleich Besprechung von FL OHG 7.12.2012 - 03 CG.2011.93, PSR 2013, 52-62 Dietz, Hans-Ulrich, Viele Vorratszwecke in der Stiftungssatzung eine Gefahr für die Gemeinnützigkeit?, SB 2013, 108-110 Falk, Hermann/Richter, Andreas, Treffen der Familienstiftungen 2012, FR 2013, 343-346

EuGH, Urt. v. 21.3.2013 – C-91/12, Mehrwertsteuerbefreiung für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze EuGH, Urt. v. 22.11.2012 – C-600/10, Europarechtskonformität der deutschen Besteuerung von Dividenden und Zinsen, die an Pensionsfonds und Pensionskassen gezahlt werden sowie der Behandlung von Dividenden und Zinsen, die an gebietsfremde Einrichtungen gezahlt werden, im Hinblick auf den Abzug von Betriebsausgaben, die mit der Erzielung von Einkünften in Form von Dividenden und Zinsen in unmittelbarem Zusammenhang stehen

Fornefeld, Sebastian, Aktuelle Verfügungen und Urteile zum Stiftungsrecht, StiftungsWelt 2/2013, 84-85

BFH, Urt. v. 19.3.2013 – XI R 47/07, Umsatzsteuerbefreiung von Umsätzen bei Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen

Gräwe, Daniel, Zur Notwendigkeit und Ausgestaltung von Nonprofit Governance - Systemen, ZStV 2013, 81-90

BFH, Urt. v. 19.3.2013 – XI R 45/10, Zur Umsatzsteuerfreiheit der von einem Altenwohnheim erbrachten Leistungen

Hannes, Frank/von Oertzen, Christian, ZEV-Report Gesellschaftsrecht/Unternehmensnachfolge, ZEV 2013, 165-168

BFH, Urt. v. 4.3.2013 – III B 64/12, Gewerbesteuerfreiheit für einen Lotterieeinnehmer

Heuer, Karl-Heinz, § 118 Stiftungen, Leitgedanken des Rechts - Festschrift Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, 2013, 1287-1295

BFH, Urt. v. 6.2.2013 – I R 62/11, Rückstellungen für Kostenüberdeckungen eines kommunalen Zweckverbandes im Hinblick auf das Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG 2002

Meyn, Barbara, Stiftung und Vermögensverzehr, Zivil- und spendenrechtliche Auswirkungen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes für Verbrauchsstiftungen & Co, S&S 2013, Rote Seiten

BFH, Urt. v. 6.2.2013 – I R 59/11, Steuerrechtliche Gemeinnützigkeit eines ausgegliederten Krankenhauslabors


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npoR-Dokumentation

BFH, Urt. v. 19.12.2012 – V S 30/12, Steuerfreiheit von Schönheitsoperationen BFH, Urt. v. 8.11.2012 – V R 15/12, Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Überlassung von Grundstücken im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG BFH, Urt. v. 27.9.2012 – III R 13/12, Kindergeldanspruch für ein Kind, das ein durch ein Stipendium gefördertes Promotionsstudium in Großbritannien absolviert FG Düsseldorf, Urt. v. 4.4.2012 – 5 K 3139/09 U, Ausmaß der Umsatzsteuerbefreiung bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts

npoR Heft 3/2013

Benecke, Martina/Böglmüller, Matthias, Anschein diskriminierender Einstellungspolitik eines Profifußballclubs, Anm. zu EuGH, Urt. v. 25.4.2013 - C-81/12, EuZW 2013, 469-475 Blumers, Wolfgang, Zurechnung des Einkommens von ausländischen Familienstiftungen – Anmerkung zum Urteil des Hessischen FG vom 14. 11. 2012, 10 K 625/08, DStR 2013, 1009-1011 Bösch, Harald, Vermögensopfer und liechtensteinische Stiftung, Besprechung von FL OGH 7.12.2012, PSR 2013, 52-62 Boxberger, Lutz/Sonnleitner, Marc, Auswirkungen des KAGB und AIFM-StAnpG auf die Vermögensanlage steuerbefreiter Stiftungen in geschlossene Fonds, npoR 2013, 54-57

FG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2012 – 13 K 1178/10 E, Unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflichtigkeit von Mitarbeitern der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)

Eggers, Winfried, Das Ehrenamtsstärkungsgesetz ist in Kraft, Für die steuerlichen Neuregelungen gelten drei verschiedene Stichtage, Verbändereport 3/2013, 32-33

FG Hessen, Urt. v. 14.11.2011 – 10 K 625/08, Negatives Einkommen von Stiftungen aus Gewerbebetrieb, §§ 3c Abs. 1, 4 Abs. 3 EStG

Eggers, Winfried, Diskussion um die Umsatzsteuer auf Mitgliedsbeiträge kommt nicht zur Ruhe, Bundesrechnungshof greift das Thema erneut auf, Verbändereport 3/2013, 34-35

FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 31.1.2013 – 1 K 123/10, Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Körperschaftsteuererhöhungsbetrages nach § 38 Abs. 5 und 6 KStG im Falle einer gemeinnützigen Körperschaft

Eversloh, Udo, Leistungsort bei Vermittlung von Mitgliedschaften in Vereinen mit Sitz im Ausland, Anmerkung zu BFH XI R 30/10, jurisPR-SteuerR 23/2013, Anm. 6

FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.8.2012 – 4 K 172/11, Zur Steuerbefreiung für Leistungen eines Arbeitsvermittlers FG Thüringen, Urt. v. 25.4.2013 – 2 K 756/10, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einer entsandten Fachkraft nach Indonesien (GIZ) und Besteuerungsrecht Deutschlands bei ausschließlicher Finanzierung des Gehalts aus Mitteln der BRD oder ihrer Gebietskörperschaften

Fischer, Peter, Spenden an Stiftungen im EU-Ausland, jurisPR-SteuerR 18/2013, Anm. 1 Fischer, Peter, Staatliche Förderung von Zweckbetrieben (§§ 65 ff. AO) gemeinnütziger Rechtsträger: Die EU-Kommission erklärt Zuschüsse für vereinbar mit dem Binnenmarkt (Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV), jurisPR-SteuerR 21/2013, Anm. 1

VG Frankfurt a. M., Urt. v. 27.6.2012 – 6 K 2133/11, Befreiung von der Umsatzsteuer bei der Ausrichtung von Kunstausstellungen

Fritsch, Frank, Anm. zu BFH XI 30/10, Zum Leistungsort bei der Vermittlung von Mitgliedschaften in Vereinen mit Sitz im Ausland, UStB 2013, 103-105

BMF, Schr. v. 21.6.2013 – IV C 4 - S 2223/07/0015 :008, Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Hochwassers in Deutschland

Gersch, Eva-Maria, Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts, AO-StB 2013, 111-114

Bayerisches Landesamt für Steuern, Verf. v. 25.3.2013 – S 7185.1.1-2/6 St33, Anwendung von § 4 Nr. 26 Buchst. a UStG auf Tätigkeiten in Gremien der Sparkassen oder sparkassennahen Einrichtungen

Goetze, Ulrich, Der Praktische Fall: Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen im Kinder- und Jugendbereich, SB 2013, 134-138

Bayerisches Landesamt für Steuern, Verf. v. 7.2.2013 – S 2337.1.1–1/12St32, Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Bezirkstagsmitgliedern, den Bezirkstagspräsidenten und Bezirkstagspräsidentinnen und ihren gewählten Stellvertretern gewährt werden OFD Frankfurt a.M., Verf. v. 29.4.2013 – S 7119 A-7 St 110, Verfügung betr. tauschähnlicher Umsatz bei der Publikation von Mitgliederzeitschriften öffentlich-rechtlicher Körperschaften durch gewerbliche Unternehmen - Überlassung von Werberechten OFD Niedersachsen, Verf. v. 15.1.2013 – S 2706 – 182 – St 241, Steuerpflicht kommunaler Kindertagesstätten

Goetze, Ulrich, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen im Kinder- und Jugendbereich, SB 2013, 114-119 Günther, Karl-Heinz, Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen bei steuerbegünstigten Körperschaften, AO-StB 2013, 99-100 Holthaus, Jörg, Beschränkte Steuerpflicht, Aktuelle Entwicklungen beim Steuerabzug für Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige nach § 50a EStG, ISR 2013, 256-260 Hummel, David, Missbrauch der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft bei Kooperationen im Gesundheitswesen?, MwStR 2013, 294-300


npoR-Dokumentation

npoR Heft 3/2013

Lange, Hans-Friedrich, Zum Leistungsort bei der Vermittlung von Mitgliedschaften in Vereinen mit Sitz im Ausland, BFH/PR 2013, 156-157 Lippross, Otto-Gerd, Zuschüsse im Umsatzsteuerrecht, Systematische Darstellung mit kritischer Würdigung aktueller Rechtsprechung und der Verwaltungsanweisungen, DStZ 2013, 433-444 Martin, Suse, Umsatzsteuerbefreiung für ambulante Pflegeleistungen, BFH/PR 2013, 157-159 Meurer, Thomas, Frage der Umsatzsteuerpflichtigkeit eines durch eine städtische Behörde an einen Fremdenverkehrsverein gezahlten Betriebskostenzuschusses, Anm. zu FG Köln, Urt. v. 21.11.2012 - 4 K 526/11, MwStR 2013, 381-384 Meyn, Barbara, Stiftung und Vermögensverzehr, Zivil- und spendenrechtliche Auswirkungen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes für Verbrauchsstiftungen & Co, S&S 2013, Rote Seiten Möschel, Wernhard, Glücksspiel und der europäische Binnenmarkt, EuZW 2013, 252-255 Pezzer, Hans-Jürgen, Anmerkung zu BGH VIII R 5/10, BFH/ PR 2013, 133-135 Pfützenreuter, Volker, Rückstellungen für Kostenüberdeckungen eines kommunalen Zweckverbandes, Anmerkung zu BFH 1. Senat, Urteil vom 06.02.2013 - I R 62/11, jurisPRSteuerR 25/2013, Anm. 4 Pump, Hermann/Krüger, Elmar, Wie können Betreuer (ehrenamtliche Betreuer und Berufsbetreuer) ihre steuerliche Haftung nach § 69 AO aus der Vermögensbetreuung vermeiden?, Bt Prax 2013, 51-56 Ritter, Gabriele, Aktuelles zur Umsatzbesteuerung von Zytostatika, SB 2013, 70-72

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ßigen Mittelverwendung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO, ZögU 2013, 38-57 Stein, Thomas/Zinser, Stefan, Ausländische rechtsfähige Stiftungen: Grundzüge der Erbschaft- und Schenkungssteuerfolgen, SB 2013, 93-98 Weisheit, Martina, Spendenrecht: Vereinfachter Zuwendungsnachweis per Mausklick?, SB 2013, 63-65

Andere Rechtsgebiete BAG, Urt. v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, Arbeitnehmereigenschaft bei ehrenamtlicher Tätigkeit als Telefonseelsorgerin BGH, Beschl. v. 2.5.2013 – 1 StR 96/13, Strafbarkeit des Risikochefs der BayernLB wegen Bestechlichkeit u.a. im Zusammenhang mit dem Verkauf von Formel-1-Anteilen Vorgehend: LG München, Urt. v. 27.6.2012 – 5 KLs 406 Js 100098/11, Rechtskräftigkeit des Urteils eingetreten durch Zurücknahme des Rechtsmittels BGH, Urt. v. 19.3.2013 – VI ZR 56/12, Geschäftsmäßige Begründung von Verbindlichkeiten aus geschuldeten Winzergeldern fällt als Einlagengeschäft im Sinne des §1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 1 KWG unter die Erlaubnispflicht des § 32 KWG BGH, Urt. v. 15.1.2013 – II ZR 83/11, Wahlordnung für die Wahl zur Vertreterversammlung einer Genossenschaft, § 43a Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 GenG BVerwG, Urt. v. 26.9.2012 – 8 C 6.12, Vereinbarkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit eines Steuerberaters bei einem Fußballverein mit dem grundsätzlichen Verbot einer gewerblichen Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG SaarlVerfGH, Urt. v. 16.4.2013 – Lv 15/11, Verfassungsmäßigkeit von staatlichen Zuwendungen an parteinahe Stiftungen

Ritter, Gabriele, Neues zur Speiseversorgung: Klarheit über die Anwendung des Steuersatzes, SB 2013, 104-107

OLG Köln, Beschl. v. 6.5.2013 – 2 Ws 254/13, Untreuestrafbarkeit des Vereinsvorsitzenden bei satzungswidriger Vergütung

Rondorf, Hans-Dieter, Anmerkung zu BMF IV D 2 S7100/07/10050-06, MwStR 2013, 179-180

OLG München, Urt. v. 25.7.2012 – 34 AR 196/12, Zur Kaufmannseigenschaft einer Stiftung öffentlichen Rechts

Schauhoff, Stephan/Kirchhain, Christian, Steuer- und zivilrechtliche Neuerungen für gemeinnützige Körperschaften und deren Förderer, Zum Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes, FR 2013, 301-314

Boemke, Burkhard, Diskriminierung eines konfessionslosen Bewerbers durch Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft, jurisPR-ArbR 18/2013, Anm. 1

Schiffer, K. Jan, Steuersparen mit gemeinnützigen Stiftungen?, SB 2013, 62

Dederer, Hans-Georg, § 66 Verbände, Leitgedanken des Rechts - Festschrift Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, 2013, 707-716

Siepmann, Michael, Zulässigkeit und Grenzen von Vereinbarungen zwischen einer Kommune und einem Stifter zur Beibehaltung eines niedrigen Gewerbesteuerhebesatzes, ZStV 2013, 102-107

Fischer, Peter, Staatliche Beihilfen für Kletteranlagen des deutschen Alpenvereins – Die EU-Kommission erklärt mit Beschluss vom 5.12.2012 Zuschüsse für den gemeinnützigkeitsrechtlichen Zweckbetrieb als vereinbar mit Art. 197 Abs. 3 Buchst. c AEUV, npor 2013, 58-59

Stahl, Silvana, Entwicklung einer geeigneten Mittelverwendungsrechnung als Nachweis der zeitnahen und satzungsmä-

Fornefeld, Sebastian/Kamp, Florian/Lienicke, Clara/PlateGodeffroy, Emily/Wrede, Kathrin, npoR-Report, npoR 2013, 65-72


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npoR Heft 3/2013

Rezensionen

Günther, Karl-Heinz, Gewinnermittlung für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe geistlicher Orden, EStB 2013, 94-94

Saxe, Annegret, Nonprofit Organizations and the MarketHierarchy-Continuum: A research sketch, ZögU 2013, 73-80

Hübner, Alexander, Non-Profit-Organisationen im Wettbewerb um DAWI mit Staat und kommerziellen Anbietern/Kommission will vereinfachte und effizientere Kontrolle staatlicher Beihilfen, npoR 2013, 60-61

Seifert, Achim, Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Stiftung (FE), Kritische Überlegungen zum Kommissionsvorschlag eines Statuts für eine FE, AuR 2013, 150-156

Kamp, Florian/Wrede, Kathrin, npoR-Dokumentation, npoR 2013, 109-111 Kirsch, Hans-Jürgen/Weber, Christian/Gallasch, Florian, Bilanzierung von Vermarktungsrechten im Profifußball, DStR 2013, 541-546 Ley, Ursula, E-Bilanz – Handlungsbedarf gemeinnütziger Körperschaften, npoR 2013, 47-54

Vielhaber, Ralf, Stiftungsmanager: Die Besten nach Preis und Leistung, npoR 2013, 63-64 Wicker, Pamela/Breuer, Christoph, Understanding the Importance of Organizational Resources to Explain Organizational Problems: Evidence from Nonprofit Sport Clubs in Germany, Voluntas 2013, 461-484 Wojciech Sokolowski, S., Effects of Government Support of Nonprofit Institutions on Aggregate Private Philanthropy: Evidence from 40 Countries, Voluntas 2013, 359-381

Louis, Anke Katrin/Müller, Thomas, Verwaltung einer Treuhandstiftung ohne bankenrechtliche Erlaubnis. Zulässigkeit in typischen und atypischen Fällen, NWB-EV 2013, 116-121 Müller, Jürgen, Aufsichtsrat in der Wohlfahrtspflege - Defizite und Herausforderungen, ZStV 2013, 90-97 Ritter, Gabriele, Bindung von Mitarbeitern durch die Einrichtung von Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten, SB 2013, 128-133

Rezensionen

Zwischen Wohlfahrtsstaat und Zivilgesellschaft. Stiftungen in Norwegen Ulrich Brömmling, Schriftenreihe zum Stiftungswesen Band 44, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2012, zugleich Diss. Berlin, Humboldt-Universität 2012, 420 S., 99,- EUR, ISBN 978 – 3 – 8329 – 7800 6. Ulrich Brömmling, in der Stiftungsszene als Autor und Berater bestens bekannt, hat im vergangenen Jahr seine Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin vorgelegt und veröffentlicht, die die Erträge seiner über Jahre hinweg zusammengetragenen Forschung über das Stiftungswesen in Norwegen verdichtet. Die Arbeit bietet allen im Stiftungswesen Tätigen einen hochinteressanten Einblick in die historisch einmalige Situation der Stiftungen in diesem skandinavischen Land und in deren heutige Struktur. So verfügt Norwegen im Vergleich etwa zu Schweden oder Deutschland aufgrund seines ausgeprägten Verständnisses als Wohlfahrtsstaat über einen noch schwach ausgeprägten Stiftungssektor. Während in Deutschland der Staat verbreitet auf die zusätzlichen Leistungen baut, die Stiftungen (und andere Gemeinnützige) erbringen, herrscht in Norwegen immer noch die Vorstellung, der Staat sei primär und vorrangig für das Wohl der Allgemeinheit zuständig. Dies geht zurück auf das Bild einer Einheit von Staat und Gesellschaft als Gemeinschaft („faelleskab“), vgl. S. 15.

Allerdings wandelt sich auch in Norwegen das Bild. So gibt es aktuell immerhin rund 8500 Stiftungen bei 4,8 Mio. Einwohnern (vgl. S. 221) gegenüber rund 19.000 Stiftungen bei 81 Mio. Einwohnern in Deutschland. Jedoch weist Brömmling zu Recht darauf hin, dass es in Deutschland keinerlei Transparenz zur Verbreitung nicht rechtsfähiger Stiftungen gibt, während die Unterscheidung zwischen diesen beiden Typen von Stiftungen im funktionalen Sinne in Norwegen nicht getroffen wird (S. 221 Fn. 990). Die Arbeit bietet eine umfangreiche Darstellung der politischen Kultur in Norwegen, der Geschichte des Stiftungswesens seit dem 11. Jahrhundert und der rechtlichen Grundlagen bis hin zu einem ersten modernen Stiftungsgesetz aus dem Jahre 1980, das erstmals eine Kontrolle in Form eines Revisors installierte. Neben aktuellen Daten und Statistiken rund um das norwegische Stiftungswesen hat Brömmling im Auftrag der norwegischen Regierung eine eigene Stiftungsdatenbank aufgebaut und eine qualitative Untersuchung in Form einer Befragung repräsentativ ausgewählter Stiftungen vorgenommen. Dabei zeigt sich, dass das Selbstverständnis unsicher und das Selbstbewusstsein norwegischer Stiftungen gering ist (S. 382). Für die Rechtswissenschaft sind die Ausführungen zum Stiftungsrecht und zu seiner Entstehung aufschlussreich (S. 188 ff.). So sind unternehmensverbundene Stiftungen erlaubt, aber mit hohen Publizitätspflichten belegt und im Unternehmens- wie im Stiftungsregister einzutragen


Rezensionen

npoR Heft 3/2013

(S. 191 f.). In Reaktion auf Fälle des missbräuchlichen Umgangs mit zwei Stiftungskomplexen, die der Allgemeinheit gewidmet waren, auf deren finanzielle Mittel aber die Stifterfamilie immer wieder zurückgriff, sieht das 2001 geschaffene und im Jahr 2005 in Kraft getretene aktuelle Stiftungsgesetz weitaus mehr Kontrollinstrumente vor. So bestehen Inkompatibilitäten zwischen Vorstand und Stifter und seinen Angehörigen, und es wird ein gesetzliches Mindestkapital von 100.000 Kronen und 200.000 Kronen bei wirtschaftlicher Tätigkeit vorgeschrieben. Nachträgliche Änderungen der Stiftungssatzung sind möglich, aber nicht durch den Stifter. Neu war vor allem die Einführung einer zentralen staatlichen Stiftungsaufsicht. Eine weitere Kontrollinstanz ist die Prüfung durch Rechnungsprüfer. Die steuerlichen Vorteile für das norwegische Stiftungswesen sind gering, so sind lediglich die Stiftungen selbst von der Ertragsteuer befreit, aber die Schenkungen oder Stiftungen selbst sind nicht schenkungs- oder erbschaftsteuerbefreit, Spenden können nur bis zu einem Betrag von 12.000 Kronen durch den Spender steuerlich abgesetzt werden. Insgesamt besticht das Werk auf über 400 Seiten durch eine Vielzahl von hochinteressanten Informationen zu norwegischen Stiftungen, die einerseits das Bild eines in vieler Hinsicht außergewöhnlichen Stiftungslandes zeichnen, anderseits aber auch für die hiesige Diskussion um die Rolle von Stiftungen wertvolle Hinweise bieten. Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Bucerius Law School, Hamburg

Die US-amerikanische Diskussion über Leitung und Kontrolle von Non-Profit-Organisationen. Vier Buchempfehlungen Die Diskussion über die Leitung und Kontrolle von Non-ProfitOrganisationen nimmt nun auch in Deutschland, häufig unter den Modebegriffen Corporate oder Nonprofit Governance, an Fahrt auf. Seit dem Jahrtausendwechsel steigt die Zahl der jährlichen Vorträge, Symposien und Publikationen; Universitäten bieten inzwischen Kurse und ganze Studiengänge in diesem neuen Fachbereich an. Gleichwohl steckt das Forschungsgebiet hierzulande noch in den Kinderschuhen. Anders in den USA, wo die Forschung des sehr viel größeren Dritten Sektors 20 Jahre vorher begann und inzwischen eine kaum noch überschaubare Literatur zu dem Thema existiert. Vier Publikationen seien hier vorgestellt, die die amerikanische Diskussion prägen und auch für die deutsche Wissenschaft und Praxis von Interesse sein könnten. Zum einen gibt es einige aktuelle Überblickswerke. Die kürzere Variante bietet „Understanding Nonprofit Organizations; Governance, Leadership, and Management”, das zeitgleich mit einem zweiten Buch über die gesellschaftliche Bedeutung von Non-Profit-Organisationen von den Professoren Steven J. Ott und Lisa A. Dickie herausgegeben wurde (2. Auflage, Boulder 2012, XXI, 330 S.). Die 28 Kapitel sind eine Sammlung von häufig bereits zuvor veröffentlichten Artikeln führender Experten und in zehn Teile gegliedert: Steuerung und Kontrolle, juristischer Rahmen, effektive und ethische Führung, Kapazitätsausbau, Umsatzgenerierung, soziales Unternehmertum, Netzwerke und Zusammenarbeit, Finanzkontrolle, Ehrenamtliche Mitarbeiter sowie Rechnungslegung und Bewertung. Kurze Ein- und Überleitungen

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der Herausgeber zu jedem Teil erleichtern dem Leser einzelner Kapitel den jeweiligen Einstieg und dem Leser des gesamten Werkes einen guten Lesefluss. Das sehr viel umfangreichere Standardwerk wird inzwischen von Professor David O. Renz herausgegeben: „The Jossey-Bass handbook of nonprofit leadership and management“ (3. Auflage, San Francisco 2010, XXXVIII, 832 S.). Das Buch hält mehr, als der Titel verspricht: Es ist nicht nur ein Handbuch für Praktiker, sondern auch für Forschung und Lehre geeignet. In den fünf Teilen und 26 Kapiteln sind ebenfalls die großen Namen der amerikanischen Wissenschaft und Praxis vertreten. Nach dem einleitenden Teil über die Geschichte sowie den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen von Non-Profit-Organisationen beschäftigen sich die weiteren Teile mit „leading, governing, managing“. Hier werden tiefe Einblicke in die modernen Techniken der Führung und Kontrolle von Non-Profit-Organisationen, ihrer Programme, Finanzen und Mitarbeiter gegeben. Mit den in sich abgeschlossenen Kapiteln, den zahlreichen Verweisen sowie dem zusätzlichen Material über die Internetseite des Verlages ist das Buch als umfangreiches Referenzwerk die erste Wahl. Der andere Teil der amerikanischen Literatur besteht aus Praxisratgebern, bei denen die Autoren auf interdisziplinäre Forschungsergebnisse und Theorien, aber vor allem auf ihre eigene Erfahrung als Berater von Non-Profit-Organisationen zurückgreifen. Die prominenteste Veröffentlichung ist hierbei John Carvers „Boards That Make a Difference: A New Design for Leadership in Nonprofit and Public Organizations“ (3. Aufl., San Francisco 2006, XXVIII, 418 S.). Der Autor ist Berater von Non-Profit-Organisationen und stellt in diesem Buch sein „Policy Governance Model“ besonders ausführlich vor. Es zeichnet sich durch eine strikte Trennung zwischen einem strategisch arbeitenden board (vergleichbar mit dem deutschen Vereins-/Stiftungsvorstand) und einem operativ tätigen CEO (vergleichbar mit dem Vereins-/Stiftungsgeschäftsführer) sowie einer stärkeren Fokussierung auf den Wirkungsgrad der Organisation aus. Das Buch besticht sicherlich nicht durch seine Wissenschaftlichkeit – die ausführlichen Verweise beziehen sich größtenteils auf eigene Publikationen, einige prominente Untersuchungen und Modelle anderer Autoren bleiben vollkommen unerwähnt. Doch für den tieferen Einstieg in die anglo-amerikanische Literatur ist das Buch gleichwohl sinnvoll. Denn es ist das wohl meistverkaufte Buch dieser Art (nach eigenen Angaben über 100.000 Mal) und in der Praxis das bekannteste Modell, das von vielen großen Organisationen weltweit als Blaupause verwendet wird, weswegen zahlreiche andere Publikationen auf ihm zumindest indirekt aufbauen. Ein zweites Ratgeber-Buch ist „The effective board of trustees“ der beiden Professoren Richard P. Chait und Thomas P. Holland sowie von Barbara E. Taylor (Phoenix 1991 und 1993, 140 S.). Anders als Carvers Buch basiert es auf einer dreijährigen Forschung, in der die Autoren strukturierte Gespräche mit 108 board-Mitgliedern und CEOs von colleges führten. Durch eine zuvor erfolgte Einteilung der boards in effektive und ineffektive Gruppen konnten gemeinsame Strukturen und Prozesse der jeweiligen Gruppe identifiziert werden. Diese werden in sieben Kapiteln zunächst näher beschrieben. Unter Zuhilfenahme weiterer Literatur werden sodann Empfehlungen zur Leitung und Kontrolle von NonProfit-Organisationen erarbeitet, etwa zu der Besetzung und Fortbildung des board, der Gruppenbildung und –arbeit sowie der Arbeit des CEO. Trotz seines frühen Erscheinungs-


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Fachliteratur

datums hat das Buch nicht an Aktualität verloren. Weitere Publikationen der inzwischen prominenten Autoren bauen auf diesem Buch auf, und viele der dortigen Empfehlungen finden sich bis heute in der Literatur. Diese vier Buchempfehlungen sind freilich nur ein kleiner Ausschnitt der US-amerikanischen Literatur. Für die deutsche Wissenschaft und Praxis mögen sie gleichwohl ein ers-

ter interessanter Einstieg in die dort bestehende Diskussion sein. Friedrich von Schönfeld, Doktorand am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Bucerius Law School, Hamburg

Fachliteratur

Die Stiftung

Stiftungsrecht

Von Christian Meyn, Andreas Richter, Claus Koss und Anna Katharina Gollan. Freiburg, Haufe-Lexware, 3. Auflage 2013. 738 S., 89,- EUR, ISBN 978-3-648-03539-9. Auch die dritte Auflage dieses Praxis-Handbuchs eröffnet dem im Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts tätigen Berater einen raschen und praktisch verwendbaren Zugang zu dieser Materie. Im Mittelpunkt des Handbuchs steht dabei die Frage, wie sich das Anliegen des Stifters rechtlich und steuerlich optimal umsetzen lässt. Dabei stellen die Autoren die wichtigsten Rechts- und Erscheinungsformen von Stiftungen vor, wobei jeweils die zentralen Aspekte des Zivil-, Gesellschafts-, Familien-, Erb- und Steuerrechts erörtert werden. Zudem enthält das Werk umfangreiche praktische Arbeitshilfen und Gestaltungsbeispiele. Den Abschluss bildet die Thematisierung der Rechnungslegung gemeinnütziger Stiftungen. Die vorliegende Auflage berücksichtigt den Stand der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis einschließlich März 2013, insbesondere auch alle Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes sowie die aktuellen Entwicklungen zur grenzüberschreitenden Gemeinnützigkeit.

Von Andreas Schlüter und Stefan Stolte. München, Verlag C.H. Beck, 2. Auflage 2013. 244 S., 39,- EUR, ISBN 978-3406-61213-8. Auch diese dritte Auflage ermöglicht es aufgrund ihrer kompakten Darstellung sowohl Praktikern als auch Lernenden, sich in den Themenkreis Stiftungsrecht und Stiftungsgründung rasch und fundiert einzuarbeiten. Die Neubearbeitung wurde um die Themen Rechnungslegung und Publizität sowie um zusätzliche Muster und Übersichten erweitert. Die Autoren berücksichtigen unter anderem die Neuerungen betreffend die zivilrechtlichen Aspekte des Stiftungsrechts, wie die seit 2010 geltende Haftungserleichterung für Vorstandsmitglieder und den Einfluss des reformierten Pflichtteilsrechts auf Stiftungen. Insbesondere aber werden die Änderungen im steuerrechtlichen Bereich thematisiert, so beispielsweise die Inhalte des das Gemeinnützigkeitsrecht betreffenden Anwendungserlasses zur Abgabenordnung aus 2012. Verarbeitet ist ferner das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes, dessen Neuerungen in einem separaten Kapitel dargestellt werden.

Besteuerung der Ärzte, Zahnärzte und sonstiger Heilberufe Von Ralf Klaßmann, Dirk Lewejohann, Helmut Offermanns und Gernot Wagner, Herne, Verlag NWB, 8. Auflage 2013, 793 S., 99,80 EUR, ISBN 978-3-482-42768-8. In der Neuauflage dieses Standardwerkes zur Besteuerung der Ärzte, Zahnärzte und sonstiger Heilberufe informieren die Autoren ausführlich über die steuerrechtlichen Besonderheiten der Heilberufe und ermöglichen damit Beratern, die in diesem Bereich tätig sind, die gezielte Einarbeitung in die konkreten Problemstellungen. Zudem enthält das PraxisHandbuch wichtige Hinweise für die wirtschaftliche Beratung bei Heilberufen und erläutert das grundlegende juristische Wissen, vor allem aus dem Sozialrecht. Der Aufbau des Buches folgt der Reihenfolge, in der Mediziner mit steuerlichen Fragen konfrontiert werden – von der Angestelltentätigkeit über die Gründung bzw. Übernahme einer Praxis bis hin zu deren Auflösung. Als praktische Hilfestellung dienen zahlreiche Checklisten und Vertragsmuster.

Erbschaft- und Kommentar.

Schenkungsteuer,

Kompakt-

Von Michael Preißer, Christian Rödl und Stephan Seltenreich (Hrsg.). Stuttgart, Schäffer-Poeschel Verlag, 2. Auflage 2013. 1454 S., 129,95 EUR, ISBN 978-3-7910-3047-0. Auch die zweite Auflage des Kompakt-Kommentars, der erstmalig als Herausgeberausgabe veröffentlicht wurde, stellt präzise und praxisnah das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz und die damit zusammenhängenden zivilrechtlichen Vorschriften des Schenkungsrechts, des Gesellschaftsrechts, des Erbrechts sowie ausgewählte einkommensteuerliche Folgefragen dar. Dabei wird die Erbschaftsteuerreform umfassend erläutert, zudem enthält das Werk eine Gesamtdarstellung des Rechtsanwalts und Fachanwalts für Verwaltungsrecht Dirk Naumann zu Grünberg zum Stiftungsrecht. Im Anhang stellt der Kompakt-Kommentar des Weiteren das internationale Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht mit den länderspezifischen Besonderheiten in den wichtigsten Residenzstaaten vor. Mit seinen zahlreichen Gestaltungsvorschlägen, Fallbeispielen und Strukturcharts ist der sehr


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aktuelle Kompakt-Kommentar (Rechtsstand 1.1.2013) ein wertvoller Praxisratgeber für den Bereich des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts.

J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 4, Familienrecht, §§ 1896-1921 (Rechtliche Betreuung und Pflegschaft). Kommentierung von Werner Bienwald. Berlin, Sellier-de Gruyter, Neubearbeitung 2013. 1157 S., 419,- EUR, ISBN 9783-8059-1157-3. In dieser Neubearbeitung berücksichtigt Werner Bienwald, Professor der Evangelischen Fachhochschule Hannover i.R., sowohl die für das Betreuungs- und Pflegschaftsrecht maßgeblichen Gesetzesänderungen (insbesondere Patientenverfügungsgesetz, FGG-Reform, UN-Behindertenrechtskonvention, Änderungen des Vormundschafts- und Betreuungsrechts) als auch die damit zusammenhängende Rechtsprechung. Dabei haben auch die neuesten Entscheidungen des BGH zur Zwangsbehandlung Eingang in die Kommentierung gefunden. Bienwald zeigt insbesondere die Divergenz zwischen den Absichten des Betreuungsrechtsge-

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setzgebers und der Realität auf und verdeutlicht damit den Ruf nach weiteren Gesetzesreformen.

J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 2, Recht der Schuldverhältnisse, §§ 516-534 (Schenkungsrecht) Kommentierung von Tiziana J. Chiusi. Berlin, Sellier-de Gruyter, Neubearbeitung 2013. 410 S., 139,95 EUR, ISBN 978-3-8059-1136-8. Diese vollständige Neubearbeitung erläutert das Schenkungsrecht umfassend und bringt die Kommentierung der §§ 516-534 BGB auf den neuesten Stand der umfangreichen Rechtsprechung und Literatur. Für die dogmatische Erfassung des Schenkungsrechts werden dabei neben der modernen Rechtsprechung und Literatur insbesondere auch rechtshistorische und rechtsvergleichende Aspekte berücksichtigt. Zudem stellt Chiusi in ihrer Kommentierung insofern einen gemeinnützigkeitsrechtlichen Bezug her, als sie auf die schenkungsrechtliche Einordnung von Spenden im Rahmen des § 525 und des § 534 BGB eingeht. Florian Kamp und Kathrin Wrede, Bucerius Law School

Veranstaltungsberichte

Von welcher Zivilgesellschaft reden wir? Der ZiviZ-Survey als neues Instrument der Dauerberichterstattung Zivilgesellschaft am 12. Juni 2013 in Berlin

Zivilgesellschaft braucht eine Dauerberichterstattung, nur wer finanziert das? Diese Frage wurde am 12. Juni im Allianz Forum in Berlin im Rahmen der Veranstaltung „Von welcher Zivilgesellschaft reden wir? Der ZiviZ-Survey als neues Instrument der Dauerberichterstattung Zivilgesellschaft“ mit Experten aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutiert. Das Projekt Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ) stellte dort die Ergebnisse des erstmals durchgeführten ZiviZ-Surveys vor. Anschließend wurde der Nutzen des Surveys erörtert und daraus die Notwendigkeit einer dauerhaften Implementierung des Instrumentes abgeleitet. I. Der ZiviZ-Survey Trotz der unbestritten hohen gesellschaftlichen Bedeutung der organisierten Zivilgesellschaft bzw. des Dritten Sektors ist die Datenlage bisher unbefriedigend. Das Projekt ZiviZ, das der Stifterverband gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung und der Fritz Thyssen Stiftung ins Leben gerufen hat, möchte hier Licht ins Dunkel bringen. Ende letzten Jahres wurde deshalb der erste bundesweite ZiviZ-Survey durchgeführt. An der Befragung beteiligten sich 3.800 Organisationen. Ziel des Surveys ist es, Informationen über Ziele,

Struktur und Herausforderungen der Zivilgesellschaft zu erheben. In der Debatte um die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Organisationen fehlen bisher belastbare Daten. Diese Lücke soll der ZiviZ-Survey füllen. II. Erste Ergebnisse° Zivilgesellschaftliche Selbstorganisation findet in mehr als 615.000 Organisationen statt. Den Großteil stellen die mehr als 580.000 Vereine. Die Vereinsdichte schwankt zwischen einem Verein je 1.000 Einwohner in Hamburg und knapp zwei Vereinen je 1.000 Einwohner im Saarland. Neben den Bereichen Sport, Freizeit und Kultur ist der Bereich Bildung und Erziehung ein wichtiges Betätigungsfeld, zu dem freie Schulen und andere Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und Fördervereine gehören. Auch wenn Stiftungen und gemeinnützige GmbHs quantitativ nicht mit Vereinen gleichzusetzen sind, haben sie doch in den letzten Jahren stetig an Bedeutung zugenommen. Insbesondere in den

° Die Broschüre mit den ersten Ergebnissen steht unter ziviz.info als PDF zur Verfügung.

www.


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Bereichen der Sozialen Dienste und Gesundheit wirkt sich nach der Öffnung des Marktes für privatwirtschaftliche Akteure auch die neue Konkurrenzsituation auf gemeinnützige Organisationen aus, was sich in höheren Gründungsaktivitäten gemeinnütziger GmbHs niederschlägt. Die zivilgesellschaftliche Organisation gibt es nicht. Selbstorganisation von Bürgerinnen und Bürgern nimmt je nach Handlungsfeld verschiedene Formen an. Die Organisationen unterscheiden sich entsprechend ihrer Einbettung in lokale Handlungskontexte in ihrer Rechtsform, Größe, Gründungsjahr und dem Betätigungsfeld, vor allem aber auch in ihren internen Strukturen. Die Heterogenität der organisierten Zivilgesellschaft spiegelt sich beispielhaft im Verhältnis von Beschäftigten und Engagierten sowie im Selbstverständnis der Organisationen als Wertegemeinschaft und/oder Dienstleister in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern und Rechtsformen. Der Bereich der Sozialen Dienste etwa ist einer der Bereiche mit den meisten hauptamtlich Beschäftigten. Zudem dominiert hier das Dienstleistungsverständnis. Im Gegensatz dazu steht der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz, der größtenteils von freiwilligem Engagement getragen wird und dessen Organisationen sich im Wesentlichen als Mitgliederorganisationen verstehen. Die ZiviZ-Daten zeigen, dass viel zitierte Trendaussagen wie die der Ehrenamtskrise der Zivilgesellschaft, der Staatsabhängigkeit des Dritten Sektors und der zunehmenden Ökonomisierung zwar ernst zu nehmende Probleme darstellen, diese aber nicht gleichermaßen auf alle Organisationen zu übertragen sind. Vielmehr sind je nach Rechtsform, Tätigkeitsfeld und Organisationstypus recht unterschiedliche Befunde auszumachen. Zwei weitere Ergebnisse beziehen sich auf Finanzierungsund Unterstützungsstrukturen. Besonders der Unterstützung der Organisationen durch staatliche Gelder wird in der öffentlichen Debatte eine hohe Bedeutung beigemessen. Die ZiviZ-Daten zeigen, dass nur 37 Prozent der Organisationen überhaupt öffentliche Mittel erhalten. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse, dass Unterstützungen in Form nicht-materieller Leistungen für die Organisationen sehr wichtig sind. Rund die Hälfte der Organisationen wird zum Beispiel durch Infrastruktur oder Sachmittel bei ihrer Arbeit unterstützt. III. Ergebnisse der Diskussion 1. Nutzen des ZiviZ-Surveys und Forschungsbedarf Die Datenlücke zur organisierten Zivilgesellschaft wird erstmals wieder geschlossen. Ein Instrument wie der ZiviZSurvey stand seit den John-Hopkins-Projekten in den 90er Jahren aus. Die Teilnehmer der Veranstaltung begrüßen deshalb den ZiviZ-Survey und bestätigen, dass wir nun wieder „…zu einem wesentlich differenzierteren Bild der organisierten Bürgergesellschaft gelangen“ und politische Entscheidungen auf einer fundierten Basis treffen können und keine pauschalen Schlüsse mehr ziehen müssen. Darüber hinaus besteht jedoch nach wie vor weiterer Forschungsbe-

darf. Dem Survey sollten idealerweise Vertiefungsstudien, basierend auch auf qualitativen Ansätzen, an die Seite gestellt werden. Klare Zustimmung erhält das Projekt für das Vorhaben, den ZiviZ-Survey in eine Dauerberichterstattung zu überführen. Eine einmalige quantitative Erfassung der Organisationen ist zwar hilfreich, aber noch nicht ausreichend, um eine Grundlage für die politische und gesellschaftliche Diskussion zu schaffen. Bestimmte Konsequenzen sind erst dann abzuleiten, wenn auch Veränderungen in die Beobachtung einbezogen und interpretiert werden. Konkreter Handlungsbedarf bestünde beispielsweise dann, wenn bestimmte Organisationen mehrere Jahre in Folge über ihre finanzielle Situation oder andere Rahmenbedingungen klagen würden. 2. Anspruch an den ZiviZ-Survey Die Diskussion zeigt: Die Ansprüche an den ZiviZ-Survey sind hoch. Es wird neben anderen Fragen diskutiert, ob die organisierte Zivilgesellschaft über den Zugang der Rechtsformen hinreichend abgedeckt ist. Außen vor bleiben etwa nicht eingetragene Vereine und Initiativen ebenso wie die Unternehmen der Sozialwirtschaft, die nicht als gemeinnützige Unternehmen operieren. Hier mangelt es jedoch an Möglichkeiten der Umsetzung, da nicht eingetragene Vereine nicht registrierungspflichtig sind und sich zahlenmäßig nur schwer und mit sehr hohem Ressourceneinsatz erfassen ließen. Die Repräsentativität einer solchen Erhebung wäre nicht einzulösen. Die Diskussion hat auch deutlich die politische Dimension einer Dauerbeobachtung der organisierten Zivilgesellschaft sichtbar gemacht. Um die Vermengung von wissenschaftlicher Auswertung mit politischen Interessen zu verhindern, wurde der Bedarf nach Datentransparenz betont. Die Daten müssen dann der wissenschaftlichen Community öffentlich zugänglich gemacht werden, um als Grundlage für Interpretationen dienen zu können. Eine offene Diskussion entwickelte sich um die Frage, in wessen Zuständigkeitsbereich die Finanzierungsverantwortung fallen sollte, um eine solche Organisationsbefragung durchzuführen. Der anwesende Vertreter der Bundesregierung bestritt eine Finanzierungsverantwortung des Bundes und verwies auf die Eigenverantwortung der Zivilgesellschaft. Insbesondere im Bereich der Wohlfahrtsverbände seien genug Mittel vorhanden, um die Finanzierung einer repräsentativen Organisationsbefragung zu sichern. Dem wurde entgegengehalten, dass die statistische Beobachtung aller anderen gesellschaftlichen Handlungsbereiche vom Statistischen Bundesamt geleistet werde. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass keine vergleichbaren Daten zum Bereich der Zivilgesellschaft erhoben werden. Jana Priemer und Dr. Holger Krimmer, Zivilgesellschaft in Zahlen (ZiviZ), Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.


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Wie gebe ich weiter? Symposium „Lebenssinn und Erbe“ am 27. und 28. Mai 2013 in der Carl Friedrich von Siemens Stiftung in München Tod, Erbe, Lebenssinn und Verantwortungsbewusstsein waren die Themen, mit denen sich rund 30 Teilnehmer des interdisziplinären Symposiums „Lebenssinn und Erbe“ am 27. und 28. Mai 2013 auf Einladung der Universität Amsterdam und des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin in den Räumen der Carl Friedrich von Siemens Stiftung in München befassten. Und das war, wie sich herausstellte, höchste Zeit. Tod und Erbe sind Themen, die wieder Platz im Leben finden müssen, die wieder ohne Umschweife angesprochen gehören. Die Tabuisierung der Endlichkeit des Lebens muss überwunden werden, so das Fazit des Symposiums. Das liegt im Sinne jedes Einzelnen, aber auch im Interesse von Rechtsanwälten, Steuer- und Vermögensberatern sowie von Stiftungen. Bis 2020 werden in Deutschland rund 2,6 Billionen Euro vererbt, alleine im Jahr 2013 sollen es geschätzte 254 Milliarden Euro sein, referierte der Berater Hubertus Jonas. Und das sind nur die materiellen Werte. Das Thema Weitergeben müsse daher dringend angegangen werden, meinte auch Diplomsoziologin Christina Rahn, Universität Frankfurt/Main. Derzeit befassen sich aber die Menschen in Deutschland, wenn überhaupt, erst in der dritten Phase ihres Lebens mit der Weitergabe ihres ideellen und materiellen Vermögens. Zu spät, meinen Dr. Kai Jonas, Professor für Psychologie an der Universität Amsterdam, und Dr. Rupert Graf Strachwitz, Leiter des Maecenata Instituts, die vor zwei Jahren das Projekt „Lebenssinn und Erbe“ als interdisziplinäres Forschungs- und Publikationsprojekt zusammen mit einem Unternehmensberater, einem Unternehmer und einem Theologen konzipierten. Jetzt stellten die Bearbeiter ihre Arbeitsthesen erstmals zur Diskussion. Wichtig war ihnen der interdisziplinäre und übergreifende Ansatz. So waren dann auch die Teilnehmer des Symposiums in unterschiedlichen Disziplinen beheimatet. Juristen, Soziologen, Psychologen, Unternehmer, Vermögensverwalter, Politikwissenschaftler und Theologen zählten zu den Teilnehmern der Tagung. Alle waren sich einig, dass das Thema Weitergeben auch außerhalb der Räume der Carl Friedrich von Siemens Stiftung mehr Beachtung finden sollte. Dies gilt auch für die Wissenschaft. Interessanterweise ist Erben und Vererben schon in der Bibel ein Thema, doch in München stellten Theologen wie Anselm Bilgri, München, und Psychologen wie Dr. Christiane Wempe, Universität Mannheim, nun fest, dass es in ihren Wissenschaftszweigen kaum behandelt wird. Die Vertreter der verschiedenen Disziplinen näherten sich dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven an. Zunächst galt es, eine Frage zu klären: Stirbt die Familie aus? Die steigenden Scheidungsraten, beispielsweise, sprächen für eine heute geringe Bedeutung der Familie. „Kinder aus Scheidungsfamilien haben eine viermal so hohe Wahrscheinlichkeit, sich selbst scheiden zu lassen“, erklärte Dr. Peter Kaiser, Professor für Psychologie an der

Hochschule Vechta. Das würde das Problem des Weitergebens künftig noch verschärfen. Doch dem widersprach die Psychologin Wempe. „Man kann nicht vom Untergang der Familie sprechen.“. Wempe ist überzeugt, junge Leute wollen Kinder, Kinder seien auch ein Schutzfaktor, was die Scheidung einer Ehe betreffe. Die Familie sterbe nicht aus, sie sei heute nur oft anders gelagert. Dabei erinnerte sie an die Regenbogenfamilie, die heute viel häufiger vorkomme als früher. „In Erbsituationen ist das hoch problematisch“, stellte sie fest. Diesem Trend folgend, sollten Erblasser sich besser zeitig mit dem Thema Weitergeben befassen und ihr Testament gestalten. Wempe erklärte den erstaunten Tagungsteilnehmern jedoch, dass aktuell nur ein Viertel der Deutschen ein Testament verfasse und das meist erst im Alter von 50 bis 60 Jahren. „Bei jeder sechsten Erbschaft gibt es Streit, meist unter Geschwistern“, sagte sie. Dies erklärt den dringenden Handlungsbedarf. Spannend vor allem für Vermögensverwalter, Fundraiser und Stiftungsvertreter wurde es, als Kai Jonas sein jüngstes Forschungsergebnis vortrug. Seine Untersuchung mit Studenten der Universität von Amsterdam hatte ergeben, dass je entfernter der Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erbe ist, desto risikoreicher der Empfänger mit dem Ererbten umgeht. Das Erbe wird dann als weniger wertvoll betrachtet, als Spielgeld quasi. Jonas ist der Meinung, die Frage, woher das Geld kommt, könnte als Marketinginstrument, zum Verbraucherschutz oder zur Optimierung von Anlagestrategien und Bankprodukten eingesetzt werden. Auch für Stiftungen sieht er Chancen. Augenzwinkernd gab er den Anwesenden mit auf den Weg: „Wenn Sie Geld erben, bedenken Sie, von wem Sie es erhalten haben, bevor Sie es investieren.“ Am Ende gehe man sonst risikoreicher mit dem Erbe um, als man sollte. Erblasser sollten sich Gedanken machen, wie sie ihr Lebenswerk weitergeben wollen. Und zwar umfassend. Hubertus Jonas, übrigens der Vater von Kai Jonas, prangerte an, dass bei der Beratung von Erblassern meist nur Steuer- und Rechtsthemen eine Rolle spielten, nach dem Motto: Wie kann ich beim Vererben Geld sparen? Der Sinn des Lebens, die Werte, die auch weitergegeben werden sollen, rückten dann meist in den Hintergrund. Er stellte fest, dass Rechtsanwälte, Steuer- und Bankberater oftmals gar nicht in der Lage seien, mit ihren Mandanten umfassend über den Tod zu sprechen. Sie scheuten das Thema. So böten sie meist hastig Produkte an, mit denen den Erblassern nur vordergründig geholfen sei. Gemeinsam mit seinem Sohn hat Jonas aktuell ein Handbuch zu diesem Thema publiziert (Konfliktfrei vererben: Ein Ratgeber für eine verantwortungsbewusste Erbgestaltung). Um was aber handelt es sich bei dem Lebenssinn, der künftig auch in Beratungsgesprächen mehr zum Tragen kommen sollte? Diesem Thema widmete sich der zweite Tag der Tagung. Ist der Sinn des Lebens ein Dreiklang von Lernen, Leben, Weitergeben? Hat das Leben darin heute eine weitaus höhere Bedeutung als das Weitergeben, wie Graf Strachwitz


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bedauert? Kann Philanthropie ein Weg sein, diesen Dreiklang wiederherzustellen? Ist der Sinn des Lebens, das eigene Leben anzunehmen, wie Theologe und Berater Bilgri vorschlägt? In der Bibel heißt es: „Seid fruchtbar und mehret Euch“. Dies sei auch auf den menschlichen Geist anzuwenden, so führe man ein sinnvolles Leben, meint Bilgri. Miriam Ströing, Doktorandin an der Universität Potsdam, die in München ihre aktuelle Studie zum Thema Reichtum und gesellschaftliche Verantwortung vorstellte, brachte die Sache auf den Punkt, als sie erklärte, beim Sinn des Lebens gehe es um Verantwortungsbewusstsein. Vor allem Kinderlose scheinen sich Gedanken zu machen, wie sie ihrem Erbe und damit ihrem Leben Sinn geben können. Ströing stellte dazu ihre Ergebnisse vor, aus denen hervorgeht, dass Kinderlose immer noch zu 80 Prozent die Familie im Erbe bedenken. Wer aber annimmt, dass Familien mit Kindern ausschließlich die Nachkommen bedenken, der irrt. Der Wunsch nach gesellschaftlicher Mitverantwortung steigt, fand Ströing heraus. So würden zum Teil auch Familien mit Kindern gemeinnützige Organisationen an ihrem Erbe teilhaben lassen. Grundsätzlich lasse sich sagen, dass höhere Bildung, höheres Alter, Kinderlosigkeit und ausgeprägte Religiosität ein Engagement über den Tod hinaus wahrscheinlicher machen, so Ströing. „Philanthropie als Vermächtnis ist keine Ausnahme“, sagt sie. 40 Prozent der von ihr Befragten planten, über den Tod hinaus gemeinnützig tätig zu werden. Ein Schwerpunkt der Tagung in München lag auf den Familienunternehmen. Zum einen sind 95 Prozent der Unternehmen in Deutschland in Familienhand. Zum anderen – und das ist in diesem Zusammenhang wichtig – sind dort Lebenssinn, Werte und Vermögen oft sehr eng aneinander gekoppelt. Das Weitergeben eines Familienunternehmens will besonders gut vorbereitet sein. Der Unternehmer Dr. Felix-Michael Weber ging der Frage nach, weshalb die Postgründergeneration ein Unternehmen oftmals weiter-

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führt, obgleich es auch eine Last darstellen kann. Die Verantwortung sei groß, das Vermögen gebunden und nicht diversifiziert. Die Erben müssen also einen Sinn darin sehen, das Erbe anzutreten. In seiner Untersuchung dazu war er auf vier Gründe gestoßen, warum Kinder das Unternehmen übernehmen. Das Vermögen der Familie könne gebündelt besser verwaltet werden, der Zusammenhalt der Familie werde durch die Weiterführung der Firma gesichert, das Unternehmen biete der Familie die Gelegenheit zum Austausch, und die Erben sehen eine Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitern und dem sozialen Umfeld. Dr. Andrea Müller, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, wies darauf hin, dass sich bei der Art und Weise, wie Unternehmen von einer an die nächste Generation übergeben werden, schon einiges getan habe. So berichtete sie von einem Unternehmer, der mit seinem Sohn auf den Berg fuhr. „Unten in der Gondel sagte er zum Junior: ,Und wenn wir oben aussteigen, will ich wissen, ob du das Unternehmen übernimmst.‘ So darf es keinesfalls laufen“, resümierte sie. Auch deshalb müsse es Beratungsangebote geben. Sie stellte dazu auch ein von ihr mit entwickeltes Prozessmodell der Unternehmensnachfolge vor. Das Thema Tod und Weitergabe dürfe nicht länger tabuisiert werden, befand auch sie. Was die Unternehmensnachfolge betrifft, gehe die Schweizer Bank UBS das Thema offensiv an, so Müller. Die Bank werbe mit dem Slogan: „Entscheiden Sie selbst, wann Sie aussteigen möchten.“ In anderen Worten: Befassen Sie sich mit der Weitergabe! Das war auch die Meinung der Teilnehmer des Symposiums. Das Projektteam fühlt sich dadurch herausgefordert. Als nächste Schritte sollen eine an ein breiteres Publikum gerichtete Buchpublikation und möglichst auch ein wissenschaftlicher Sammelband entstehen. Victoria Strachwitz, München



W. Rai n er Walz -Pre i s 2013 Das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-

ein Lebenslauf, die gutachterlichen Beurteilungen der

Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Ham-

Arbeit und ggf. Nachweise der Examina beizufügen.

burg, vergibt für das Jahr 2013 den von der Humanis-

Die Abschlussarbeit (Promotions-, Habilitations- oder

tischen Stiftung, Frankfurt, im Jahr 2007 gestifteten

Masterarbeit) soll im Jahre 2012 abgeschlossen wor-

W. Rainer Walz-Preis. W. Rainer Walz hat das Institut

den sein oder im Jahr 2013 abgeschlossen werden.

als Direktor von 2002 an bis zu seinem Tode im Jahr 2006 zu einer führenden Forschungseinrichtung zu allen rechtlichen Fragen des Dritten Sektors entwickelt. Der Preis ist bestimmt für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die im Rahmen einer Abschlussarbeit eine bedeutende wissenschaftliche Leistung auf dem Gebiet des Stiftungsrechts, des Vereins-, Genossenschafts-, Gemeinnützigkeitsrechts, des sonstigen Zivil-, Straf- und öffentlichen Rechts der Non-Profit-Organisationen sowie der Rechtsökonomie erbracht haben.

Der Preis ist mit 5.000 € dotiert und wird im Rah-

Über die Vergabe des Preises entscheidet unter Ausschluss des Rechtsweges die Leitung gemeinsam mit dem Beirat des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen. Wenn keine geeigneten Bewerbungen eingehen, kann von der Vergabe des Preises abgesehen werden.

Bewerbungen müssen bis zum 31. März 2014 beim Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-ProfitOrganisationen eingereicht werden.

men der „Hamburger Tage des Stiftungs- und NonProfit-Rechts“ im November 2014 vergeben. Der Preis

Institut für Stiftungsrecht und

kann auch geteilt und an mehrere Personen verge-

das Recht der Non-Profit-Organisationen

ben werden. Bewerberinnen und Bewerber sollten ein akademisches oder staatliches Abschlusszeugnis nachweisen. Selbstbewerbungen sind erwünscht. Der Bewerbung sind ein Exemplar der wissenschaftlichen Arbeit, welche die Grundlage für die Bewerbung bildet,

Professor Dr. Birgit Weitemeyer Bucerius Law School Jungius­straße 6, 20355 Hamburg


die JaHresTagung des driTTen seKTors der driTTe seKTor ZwiscHen gemeinwoHL und ÖKonomisierung bescheinigung nach §15 fao für die steuerrechtlichen Teilveranstaltungen

13. Hamburger Tage des sTifTungs- und non-ProfiT-recHTs Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School, Hamburg 08./09. November 2013

wissenscHafTLicHe LeiTung Prof. Dr. Birgit Weitemeyer, institut für stiftungsrecht und das recht der non-Profit-organisationen

THemenscHwerPunKTe: die Verbrauchsstiftung im Zivilrecht und im steuerrecht nachhaltigkeit in der Krise – stiftungssteuerung durch neuausrichtung der stiftungsaufsicht und regelungsalternativen zu § 87 bgb fonds, Kapitalanlagen und finanzinstrumente für stiftungen aus gemeinnützigkeitsrechtlicher sicht der Kommissionsvorschlag für eine europäische stiftung und die Kompromissvorschläge – wie gelingt ein europäisches gemeinnützigkeitsrecht? wohin entwickelt sich das arbeitsrecht für kirchliche wohlfahrtsunternehmen?

Beirat des Instituts: Ulf Grensemann, deutsche bank ag, frankfurt/m.; Prof. Dr. Rainer Hüttemann, institut für steuerrecht, universität bonn; Prof. Dr. Thomas Koller, ordinarius für Privatrecht und sozialversicherungsrecht, unter berücksichtigung des steuerrechts, universität bern; Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, Lehrstuhl für internationale wirtschaft, universität magdeburg; Prof. Dr. Peter Rawert, LL.m. (exeter), notariat ballindamm, Hamburg; Prof. Dr. Dieter Reuter, Kiel; Dr. Andreas Richter, LL.m. (Yale), P + P Pöllath + Partners, berlin; Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt, bucerius Law school, Hamburg; Prof. Dr. Verica Trstenjak institut für europarecht, internationales recht und rechtsvergleichung, universität wien. Ehrenmitglied: Rolf Hunck, Harold a. und ingeborg L. Hartog-stiftung, Hamburg www.hamburger-tage.net

non-Profit-organisationen in der rechtfertigung: reine Verwaltungskostenquote oder anspruchsvolle wirkungsmessung? die umsatzbesteuerung von Zweckbetrieben und ihre steuerbefreiungen nach nationalem recht und europarecht – was muss sich ändern? Zweckbetriebe zwischen wirtschaftlichkeit, gewerbe, gemeinwohl und ideellem Zweck die besteuerung von privaten und öffentlichen forschungseinrichtungen und ihrer Kooperationen neufassung des idw-standards zur rechnungslegung von stiftungen idw rs Hfa 5 – neue flexibilität zwischen alten Hürden aktuelle rechtsprechung des bfH zum spenden- und gemeinnützigkeitsrecht aktuelle entwicklungen des gemeinnützigkeitsrechts aus der sicht der finanzverwaltung

referenTen Dr. Jörg Alvermann, streck mack schwedhelm, Köln; Prof. Dr. Georg Cremer, deutscher caritasverband e.V., freiburg; Prof. Dr. Michael Droege, universität mainz; Prof. Dr. Adalbert Evers, universität gießen; Ingo Graffe, ministerium der finanzen rheinland-Pfalz, mainz; Dr. Marcus Helios, KPmg ag wirtschaftsprüfungsgesellschaft, düsseldorf; Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt, freshfields bruckhaus deringer, Hamburg; Rolf Hunck, Harold a. und ingeborg L. Hartog-stiftung, Hamburg; Prof. Dr. Dominique Jakob, universität Zürich; Prof. Dr. Michael Ling, bistum mainz; Hans Joachim Otto, Parlamentarischer staatssekretär beim bundesminister für wirtschaft und Technologie, berlin; Prof. Dr. Peter Rawert, LL.m. (exeter), notariat am ballindamm, Hamburg; Dr. Frank Schindler, richter am finanzgericht Hamburg; Michael Sell, bundesministerium der finanzen, berlin; Harald Spiegel, dr. mohren & Partner, münchen; Dr. Rupert Graf Strachwitz, maecenata institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft an der Humboldt-universität zu berlin; Dr. Martin Strahl, carlé Korn stahl strahl, Köln; Dr. Wolfgang Teske, diakonie mitteldeutschland, Halle; Sascha Voigt de Oliveira, KPmg ag wirtschaftsprüfungsgesellschaft, berlin.


der driTTe seKTor ZwiscHen gemeinwoHL und ÖKonomisierung

13. Hamburger Tage des sTifTungsund non-ProfiT-recHTs

08./09. November 2013 Bucerius Law School, Hamburg Preis: € 790,– (ust.-frei). Vorzugspreis für mitglieder der Verbände/organisationen des dritten sektors: € 650,– (ust.-frei). frühbucherrabatt: 20% bei buchung bis zum 16.09.2013.

1.Tag:

freiTag, den 8.11.2013

08.30 – 09.00 uhr Teilnehmerregistrierung und Begrüßungskaffee 09.00 – 09.05 uhr Eröffnung der Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-Profit-Rechts Prof. Dr. Birgit Weitemeyer 09.05 – 09.30 uhr Hamburger Rede 2013 Rolf Hunck, Harald a. und ingeborg L. Hartogstiftung, Hamburg 09.30 – 09.45 uhr Diskussion I. Themenblock Stiftungsrecht Die Diskussion mit den Stiftungsreferenten der Länder Diskussionsleitung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer

Teilnehmer – Sie treffen Vorstände, geschäftsführer und Kuratoriumsmitglieder aus dem gesamten non-Profit-sektor (u.a. die abteilungen Vermögensverwaltung, finanzen und rechnungswesen, steuern/ recht); Vertreter der banken und sparkassen; steuerberater; wirtschaftsprüfer; rechtsanwälte; notare. Beirat der Hamburger Tage: Prof. Dr. Hans Fleisch, bundesverband deutscher stiftungen, berlin; Willibald Geueke, Venro - Verband entwicklungspolitik deutscher nichtregierungsorganisationen, bonn; Dr. Holger Niese, deutscher olympischer sportbund, frankfurt/m.; Dr. Helmut Röscheisen, deutscher naturschutzring, bonn; Erich Steinsdörfer, stifterverband für die deutsche wissenschaft e.V., essen; Dr. Wolfgang Teske, diakonie mitteldeutschland, Halle; Dr. Gerhard Timm, bundesarbeitsgemeinschaft der freien wohlfahrtspflege e.V., berlin; Burkhard Wilke, deutsches Zentralinstitut für soziale fragen, berlin; Olaf Zimmermann, deutscher Kulturrat, berlin. Stimmen der Teilnehmer 2012: „die Veranstaltung war erstklassig! interessante Themen, die besten experten, gute organisation – wunderbar!!“ „insgesamt wieder eine schöne Veranstaltung mit fachlich hohem niveau und familiärer atmosphäre“ „die Tagung ist für mich aus zwei gründen sehr wichtig. sie stellt m.e. die einzige wirklich wissenschaftlich fundierte Tagung zum nPo-recht dar in deutschland und führt aufgrund dieses merkmals eine Teilnehmergruppe zusammen, die sich austauschen kann.“ „alles war erstklassig!!!“ „Tolle Veranstaltung. gelungene mischung aus praktischer wissenschaft und wissenschaftlicher Praxis.“ „richtiges format am richtigen ort mit einem erfahrenen und kompetenten Team!“

09.45 – 10.15 uhr Die Verbrauchsstiftung im Zivilrecht und im Steuerrecht (Zeitbestimmung, Auflösung, Haftungsgefahren für Organe) Prof. Dr. Peter Rawert, notar, notariat ballindamm, Hamburg 10.15 – 10.45 uhr Nachhaltigkeit in der Krise – Stiftungssteuerung durch Neuausrichtung der Stiftungsaufsicht und Regelungsalternativen zu § 87 BGB Prof. Dr. Michael Droege, universität mainz 10.45 – 11.30 uhr Diskussion mit den Stiftungsreferenten der Länder Dr. Wolfram Backert, bayerisches staatsministerium für wissenschaft, forschung und Kunst, münchen; Hans-Heinrich Gronau, ministerialrat, LL.m. (London), niedersächsisches ministerium für inneres und sport, Hannover; Jakob Nicolai, abteilungsleiter, Justizbehörde Hamburg 11.30 – 12.00 uhr Kaffeepause mit Obst und Gebäck 12.00 – 12.30 uhr Fonds, Kapitalanlagen und Finanzinstrumente für Stiftungen aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht Dr. Marcus Helios, rechtsanwalt, steuerberater, KPmg ag wirtschaftsprüfungsgesellschaft, düsseldorf 12.30 – 13.00 uhr Diskussion 13.00 – 14.00 uhr Gemeinsames Mittagessen (mit Gelegenheit zur Führung durch die Bucerius Law School) 14.00 – 14.30 uhr Der Kommissionsvorschlag für eine Europäische Stiftung und die Kompromissvorschläge – Wie gelingt ein europäisches Gemeinnützigkeitsrecht? Prof. Dr. Dominique Jakob, Zentrum für stiftungsrecht, universität Zürich 14.30 – 15.00 uhr Diskussion Dr. Klaus Wehmeier, Körber-stiftung, Hamburg;


Dr. Stephan Schauhoff, rechtsanwalt, steuerberater, flick gocke schaumburg, bonn II. Themenblock Wohlfahrtsorganisationen zwischen Wirtschaft und Gemeinnützigkeit Diskussionsleitung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer 15.00 – 15.20 uhr Wohin entwickelt sich das Arbeitsrecht für kirchliche Wohlfahrtsunternehmen? Prof. Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt, freshfields bruckhaus deringer, Hamburg 15.20 – 15.40 uhr Diskussion 15.40 – 16.00 uhr Non-Profit-Organisationen in der Rechtfertigung: Reine Verwaltungskostenquote oder anspruchsvolle Wirkungsmessung? Sascha Voigt de Oliveira, rechtsanwalt, steuerberater, KPmg ag wirtschaftsprüfungsgesellschaft, berlin 16.00 – 16.20 uhr Diskussion 16.20 – 17.00 uhr Kaffeepause mit Obst und Kuchen 17.00 – 17.30 uhr Die Umsatzbesteuerung von Zweckbetrieben und ihre Steuerbefreiungen nach nationalem Recht und Europarecht – was muss sich ändern? Dr. Jörg Alvermann, rechtsanwalt, fachanwalt für steuerrecht, streck mack schwedhelm, Köln 17.30 – 18.00 uhr Diskussion Ralf Klaßmann, wirtschaftsprüfer, steuerberater, bdo ag wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln Podiumsdiskussion 18.00 – 19.00 uhr Zweckbetriebe zwischen Wirtschaftlichkeit, Gewerbe, Gemeinwohl und ideellem Zweck Prof. Dr. Georg Cremer, deutscher caritasverband e.V., freiburg; Prof. Dr. Adalbert Evers, universität gießen; Prof. Dr. Michael Ling, Justitiar des bistums mainz; Hans Joachim Otto, Parlamentarischer staatssekretär beim bundesminister für wirtschaft und Technologie, berlin (angefragt); Dr. Wolfgang Teske, diakonie mitteldeutschland, Halle. Diskussionsleitung: Dr. Rupert Graf Strachwitz, maecenata institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft an der Humboldt-universität zu berlin

2.Tag:

III. Themenblock – Aktuelles Gemeinnützigkeitsrecht Diskussionsleitung: Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Dipl. Volkswirt, Universität Bonn 09.30 – 10.00 uhr Die Besteuerung von privaten und öffentlichen Forschungseinrichtungen und ihrer Kooperationen Dr. Martin Strahl, steuerberater, Partner, carlé Korn stahl strahl, Köln 10.00 – 10.30 uhr Diskussion Dr. Doreen Kirmse, referatsleiterin der maxPlanck-gesellschaft zur förderung der wissenschaften e.V., münchen 10.30 – 11.00 uhr Neufassung des IDW-Standards zur Rechnungslegung von Stiftungen IDW RS HFA 5 – Neue Flexibilität zwischen alten Hürden Harald Spiegel, rechtsanwalt, wirtschaftsprüfer, steuerberater, dr. mohren & Partner, münchen 11.00 – 11.30 uhr Diskussion Henning Otto, Volkswagenstiftung, Hannover; Prof. Dr. Reiner-Peter Doll, Hochschule Heilbronn, Vorsitzender arbeitskreis „rechnungslegung und Prüfung von nPo“ beim idw, wirtschaftsprüfer und steuerberater bei faLK & co., münchen 11.30 – 12.00 uhr Kaffeepause mit Imbiss 12.00 – 12.30 uhr Aktuelle Rechtsprechung des BFH zum Spendenund Gemeinnützigkeitsrecht Dr. Frank Schindler, richter am finanzgericht Hamburg 12.30 – 13.00 uhr Diskussion 13.00 – 13.30 uhr Aktuelle Entwicklungen des Gemeinnützigkeitsrechts aus der Sicht der Finanzverwaltung (insb. Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts) Ingo Graffe, ministerialrat, referatsleiter Körperschaftsteuer, ministerium der finanzen rheinland-Pfalz, mainz 13.30 – 14.00 uhr Diskussion Michael Sell, Leiter der steuerabteilung im bundesministerium der finanzen, berlin 14.00 uhr

20.00 – 23.00 uhr Gemeinsames Abendessen im Genuss-Speicher Hamburg Verleihung des W. Rainer Walz – Preises 2012

sonnabend, den 9.11.2013

09.00 – 09.30 uhr begrüßungskaffee

Verabschiedung der Teilnehmer, Fingerfood


13. Hamburger Tage des sTifTungs- und non-ProfiT-recHTs Tagungspreis: € 790,– (ust.-frei).

anTworT – faX (040) 30 70 6 – 275 Termine freitag, 8. november 2013 08.30 - 19.00 uhr samstag, 9. november 2013 09.00 - 14.00 uhr

Ja, ich melde mich verbindlich für die o.g. Tagung vom 08. – 09. November 2013 an. den Tagungspreis in Höhe von € 790,- (ust.-frei) werde ich nach rechnungseingang überweisen. frühbucherrabatt: 20%. bei buchung bis zum 16.09.2013 spare ich € 160,- und zahle € 630,-. Ja, ich melde mich verbindlich für die o.g. Tagung an zum Vorzugspreis für Mitglieder des Dritten Sektors (€ 650,- [ust.-frei] gegen nachweis; frühbucherrabatt: 20% bis 16.09.2013: € 520,-). bundesarbeitsgemeinschaft der freien wohlfahrtspflege

Veranstaltungsort

deutscher Kulturrat

bucerius Law school Hochschule für rechtswissenschaft Jungiusstraße 6 20355 Hamburg

bundesverband deutscher stiftungen

Tel.: (040) 3 07 06 – 270 www.law-school.de

stifterverband für die deutsche wissenschaft

deutscher olympischer sportbund deutscher naturschutzring Venro - Verband entwicklungspolitik deutscher nichtregierungsorganisationen

Partner der Hamburger Tage: die Tagungsgebühren schließen ausführliche Tagungsunterlagen, mittag-/abendessen, Pausengetränke sowie die abendveranstaltung ein. ust. wird lediglich auf die Verpflegungspauschale erhoben. mit der rechnung erhalten sie weitere informationen.

name/Vorname

Die Veranstaltung wird gefördert durch: bdo ag wirtschaftsprüfungsgesellschaft

beruf/Position

institution/firma

Anmeldung und Information bucerius Law school institut für stiftungsrecht und das recht der non-Profit-organisationen

straße/Hausnummer

frau Julia Theele Jungiusstr. 6, 20355 Hamburg

PLZ/ort

e-mail: julia.theele@law-school.de, Tel: (040) 30 70 6 – 270 www.hamburger-tage.net Telefon Veranstaltungshinweis: anmeldungen sind verbindlich. nach eingang ihrer anmeldung erhalten sie mit der bestätigung eine rechnung. die seminargebühr wird mit rechnungsstellung fällig. bei stornierung bis zwei wochen vor der Veranstaltung wird die volle seminargebühr erstattet. die Teilnahme-

e-mail

berechtigung kann jederzeit auf einen zu benennenden ersatzteilnehmer übertragen werden. Programmänderungen behält sich der Veranstalter vor. Fotos: Thies ibold, www.ibold.com

datum/unterschrift


npoR Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Heft 3/2013

Impressum Geschäftsführende Herausgeberin: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School Trägergesellschaft: Hochschule für Rechtswissenschaft gemeinnützige GmbH Jungiusstraße 6 20355 Hamburg Geschäftsführer: Dr. Hariolf Wenzler, Benedikt Landgrebe (Stellvertreter) Vorsitzender des Aufsichtsrats: Prof. Dr. Michael Göring Amtsgericht Hamburg, HRB 75325 Redaktion: Redaktionelle Gesamtverantwortung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Redaktionsleitung: Florian Kamp, Kathrin Wrede Redaktion: Sebastian Fornefeld, Magdalena Göbel, Christian Kahf, Clara Lienicke, Dr. Emily Plate-Godeffroy, Niclas Stemplewski, Julia Theele Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg Telefon (040) 30706 -270 Telefax (040) 30706 -275 E-Mail: Redaktion@npoR.de npoR im Internet: www.npoR.de Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen erscheint vierteljährlich als: – kostenpflichtige Druckausgabe (ISSN 1868-3770) – kostenpflichtige elektronische Druckversion (ISSN 1868-3762) – kostenlose Leseversion (ISSN 1868-3762). Bezug: Abruf der kostenlosen Onlineversion und der Ausgaben des Newsletters BLS NON PROFIT LAW NEWS unter www.npoR.de. Aufnahme in den E-Mail-Verteiler oder Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements: Füllen Sie unseren Bestellschein aus oder wenden Sie sich an die Redaktion. Alternativ können Sie die Druckausgabe auch über die Buchhandlung Ihres Vertrauens beziehen. Laufzeit eines Abonnements: ein Jahr, das Abonnement verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn es nicht rechtzeitig gekündigt wird. Der kostenpflichtige Bezug eines Einzelheftes ist möglich. Kündigung: Ein kostenpflichtiges Abonnement können Sie mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines jeden Kalenderjahres kündigen. Kosten: – Druckausgabe (ISSN 1868-3770): 50,- Euro p.a. inkl. USt. zzgl. Porto und Ver sandkosten (8,- Euro p.a.) – Elektronische Druckversion (ISSN 1868-3762): 10,- Euro p.a. inkl. USt – Elektronische Leseversion (ISSN 1868-3762): kostenlos. Zahlung im Voraus für ein Jahr per Rechnung. Bei einem Abonnementbeginn während des laufenden Jahres wird bei der gedruckten Version eine anteilige

ISSN 1868-3762

Rechnung erstellt, die Laufzeit für die PDF-Version ist stets das gesamte Kalenderjahr. Urheber- und Verlagsrecht: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Vervielfältigung, Weiterverbreitung oder Speicherung ist gestattet, wenn dies nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt und das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen als Herausgeber unter Verweis auf die Internetpräsenz www.npoR.de gut sichtbar als Quelle erwähnt wird. Die Vervielfältigung, Weiterleitung oder Speicherung von Teilen der Zeitschrift ist verboten. Die Einbettung der Zeitschrift in eine Onlinepräsenz (Webseite) ist nur in der Form gestattet, dass durch einen Hyperlink auf die Originalquelle unter www.npoR.de verwiesen wird. Die Einbettung in einen Frame der verweisenden Webseite ist nicht gestattet. Manuskripte: Manuskripte und Zuschriften werden ausschließlich an die Redaktion erbeten. Herausgeber und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden. Es werden nur Originalaufsätze angenommen, die ausschließlich dem Institut für Stiftungsrecht und das Recht der NonProfit-Organisationen zur Alleinverwertung in allen Medien (einschließlich Datenbanken) angeboten werden. Nach Ablauf eines Jahres kann eine Drittverwertung durch den Autor erfolgen. Das Institut hat dann ein einfaches Verwertungsrecht hinsichtlich aller Medien. Senden Sie Manuskripte bitte als Textdatei an Redaktion@npoR.de Mediadaten: Die Mediadaten stehen unter: http://www.npor.de/pdf/mediadaten_npoR_2013.pdf zum Abruf bereit. Gestaltung: Susanne Laudien, grafikerin@laudien.net Satz: kravcov hey hoffmann werbung & design,

www.hey-hoffmann.de

Fotos: Dr. Gregor Roth, Thies Ibold Verlag: Bucerius Law School Press, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg Druck der Printversion (ISSN 1868-3770): Druckhaus Humburg GmbH & Co. KG, Am Hilgeskamp 51-57, 28325 Bremen Telefon (04 21) 42798 -0, Telefax (04 21) 42798 -99 druckhaus@humburg.de, www.humburg.de


npoR - Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen www.npoR.de Heft 3/2013 – ISSN 1868-3762


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