ATLAS 07 deutsch

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16 »Kasachstan!«

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1  Stolzer Vater, stolze Oma 2 | 3  Im Basar pflegen die Alten die Traditionen,

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Straßen, Industrie – aber sie erzwangen zwischen 1928 und 1933 auch die Kollektivierung der Landwirtschaft und die Sesshaftwerdung der Nomaden, unzählige wurden enteignet, deportiert, flüchteten, mindestens 1,3 Millionen Menschen verhungerten in jenen Jahren. Man spürt es noch heute: Nicht alle Kasachen trauen dem nördlichen Nachbarn. Eine Kunst der Gegenwart ist im Kasteev kaum sichtbar. In diesem Haus der Kunstfertigkeiten und Symbole, der Ri­tu­ ale und Traditionen steht die Zeit ein wenig still – während draußen die Zukunft nicht nach gestern fragt. Im Bus sitzt neben mir Darin und fragt nach einer Weile auf Englisch, woher ich komme – der schmale 12-Jährige ­erzählt von seiner Schule, in die er so gern geht; sichtlich zu­ frieden ist dabei der Vater mit dem Englisch und dem Mut des Kleinen. Selbstverständlich fragt auch Darin »Do you like Kazakhstan?« und erwartet lächelnd nur eine Antwort: Alle scheinen stolz auf das, was in den letzten Jahren gebaut und geschaffen wurde, was das Leben freier und leichter macht. Die Neue Auf der Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt – erste Zeugen einer Stadt, die flott und bunt Geschichte und Moderne mischt: Astana. Da liegen die Hallen für Eiskunstlauf und Radsport, die sich wie zwei glitzernde Gürteltiere an den Boden ducken, da ist der das werdende EXPO-Gelände dominierende kugel­ runde kasachische Pavillon, da die Nur-Astana-Moschee und

auf den Straßen die Jungen die Moderne. 4 Warten auf Kunden 5  Gegenwart in Astana

schließlich die neue, klassizistische Oper und das »Triumph Astana«, benannt nach dem »Triumph Palace« in Moskau und genauso zuckerbäckrig wie sein Vorbild. Astana ist Ergebnis von Entschluss und Entschlossenheit. Als sie 1997 zur Hauptstadt deklariert wurde, hatte sie kaum 300.000 Einwohner, das meiste von dem, was sie mittler­­ weile auszeichnet, gab es noch nicht. Heute sind es nahezu 900.000 Menschen, die Arbeit gefunden haben in einer Stadt, die von unzähligen Neubauten zwischen post-stalinistischem Protz, westlicher Glas-Stahl-Kühle und überbordender Deko­ ration geschmückt ist – allemal abwechslungsreicher und ­heiterer als die Vierkantschießschartenbauten, die die aktu­ elle Westarchitektur prägen. Astana ist eine grüne Stadt, es gibt viele Brunnen, Plätze, Parks; die Menschen flanieren über die von Bäumen gesäum­ ten, mit Blumen geschmückten Boulevards, auf denen alle paar Meter ein Eiswagen steht – hier ist jeder ein Gourmet des süßen Kalten. Auf dem EXPO-Gelände wird auch sonntags gearbeitet, alles muss fertig sein und die Welt willkommen heißen, wenn im Sommer 2017 die EXPO eröffnet wird. Kasachstan will sie nutzen, die Chance, die Welt zu Gast zu haben und selbst im Mittelpunkt zu stehen, internationale Investoren zu locken – fünf Millionen Besucher werden erwartet. In weniger als fünf Jahren wird dann nach Plänen des Ar­ chitekturbüros Smith + Gill aus Chicago ein beeindruckendes Gelände entstanden sein, das vollständig unter den Gesichts­


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