ATLAS 16 - Tempo

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DAS MAGAZIN VON GEBRÜDER WEISS THE GEBRÜDER WEISS MAGAZINE

AUSGABE ISSUE 16 2021

Tempo Speed



Tempo ­– jetzt?

Speed – now?

Sie halten die 16. Ausgabe unseres Kunden­ magazins in den Händen – und erst jetzt reden wir über Geschwindigkeit! Dabei liegt das Thema für ein Logistikunternehmen so nah. Denn das Tempo, genauer gesagt die Lieferdauer, ist ein entscheidender Qualitäts­ faktor im Supply Chain Management. Aber im Laufe der vergangenen Jahre sind weitere Aspekte dazugekommen: Transparenz und Präzision sind in den Lieferketten inzwischen mindestens genauso wichtig, Speed allein verliert an Bedeutung. Ohnehin ist Tempo eine höchst individuelle Erfahrung. Was als langsam oder schnell erlebt wird, ändert sich mit der Zeit und variiert von Mensch zu Mensch. Im Stau steht allerdings kaum einer gern, weshalb in Kalifornien an neuen Lösungen für den dichter werdenden Verkehr gearbeitet wird, wie unsere Reportage zeigt. Zu Wort kommen im 16. ATLAS außerdem unter anderem eine Sprinterin, ein Bahnradfahrer, ein Motor­ radfahrer, Logistikprofis, ein Zeitforscher – und auch ein Mars-Experte. Mars? Gebrüder Weiss ist offizieller Logistikpartner der 13. Mars Analog Mission des Österreichischen Weltraum Forums. In unserem Special geben wir einen kurzweili­ gen Einblick in die Unternehmung. So viel vorab: Wer zum Roten Planeten (und wieder zurück) will, sollte im Hinblick auf Tempo gelassen sein. Ob Sie dieses Magazin schnell oder langsam lesen, spielt übrigens keine Rolle. Hauptsache, Sie haben Freude dabei.

This is the sixteenth issue of our customer magazine – and we’ve finally gotten around to talking about speed?! It’s obviously a key topic for a logistics provider. After all, speed – i.e. the delivery period – is a critical factor in the supply-chain management equation. Yet in recent years, other aspects have come to figure prominently as well: transparency and precision are now at least as important, with speed losing ground as the sole criterion. In any case, speed is very relative. What is fast? What is slow? The answers change over time and differ from person to person. That said, hardly anyone likes to be stuck in traffic. So, as our main report shows, Californians are trying to find new solutions to the mounting traffic congestion they face. Other voices in ATLAS 16 include a sprinter, a track cyclist, a motocross rider, logistics pros, a time researcher – and a Mars expert. Mars? Gebrüder Weiss is the official logistics partner for the thirteenth Mars Analog Mission of the Austrian Space Forum. Our featured special provides an entertaining glimpse of the project. Here’s a sneak preview: if you want to travel to the Red Planet (and back), you will need time and patience. And, by the way, it doesn’t matter if you read this magazine quickly or slowly. The main thing is: enjoy!

Herzlich Gebrüder Weiss

Sincerely Gebrüder Weiss



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Kerstin Zilm Abheben oder bohren?  4

Kerstin Zilm Fly high or dig deep?  13

Martin Kaluza Schneckentempo mal zwei  17

Martin Kaluza Snail’s pace times two  19

Alex Raack Schneller!  23

Alex Raack Faster!  27

Wie lange dauert es?  30

How long …  30

Jede Minute zählt  32

Every minute counts  39

Interview Karlheinz Geißler Schnell zu mehr Langsamkeit  44

Interview Karlheinz Geißler Slow down! Pronto!  49

Michael Mittermüller Geschwindigkeit ist nicht alles  53

Michael Mittermüller As fast as it gets  55

Fabienne Hoelzel Zu Fuß zum Hochgeschwindig­keits­ zug  59

Fabienne Hoelzel By foot to the express train  63 Orange network  66

Die Welt in Orange  66 Special AMADEE -20 Special AMADEE -20

Fly me to the Moon Mars  69 So funktioniert die Mars-AnalogMission  70 ­Interview Gernot Grömer: »Für ein Himmelfahrtskommando ­ stehe ich nicht zur Verfügung!«  73 Ganz nah dran  84

Fly me to the Moon Mars  79 How the Mars analog mission works  79 ­Interview Gernot Grömer: “I’m not volunteering for a suicide ­mission.”  80 Close to the action  87 Read everything?  91

Alles gelesen?  90 Imprint  92

Impressum  92

Sandra Kürbisch ist die jüngste Mitarbeiterin in der ­Lagerlogistik bei Gebrüder Weiss Lauterach und erst seit wenigen Monaten Teil des Teams. Dank gut ­trainierter Feinmotorik – die 21-Jährige häkelt in ihrer ­Freizeit – ist sie jetzt schon in allen Ecken und Winkeln, in der Höhe und am Boden der Gänge des T ­ ridonic-­ Lagers ­unterwegs. Sandra Kürbisch is the youngest member of the warehouse logistics team at Gebrüder Weiss Lauterach and has only been on the job for a few months. Thanks to her fine motor skills – she crochets in her spare time – the 21-year-old has already visited nearly every nook and cranny of the Tridonic warehouse, from top to bottom.


Abheben oder bohren?

Los Angeles testet den Verkehr der Zukunft text  Kerstin Zilm  fotos  Jürgen Reisch


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Verkehr in Los Angeles ist zu den meisten Tageszeiten und selbst nachts ein Albtraum. Nach einer kurzen Ver­ schnaufpause durch die Pandemie stehen Autos und Laster wieder täglich meilenweit Stoßstange an Stoß­ stange im Stau. Mehr als hundertfünfzigtausend Pendler verbringen jeden Werktag über zwei Stunden hinterm Lenkrad. Sie teilen sich das Netzwerk aus Stadtauto­ bahnen unter anderem mit Lastkraftwagen, die Güter aus zwei Containerhäfen am Pazifik zu Lagerhallen und Lieferanten im Inland bringen. Doch nicht umsonst wird Los Angeles auch »Traumfabrik« genannt: Visio­ näre erfinden und testen in der US-Westküsten-Metro­ pole den Verkehr der Zukunft.

Oben: Auch ein superschnelles Auto kommt auf dem Freeway 405 nur zäh voran. Rechts: In Los Angeles werden Träume wahr – und der Verkehr stockt immer. Above: Even the fastest wheels only make slow progress on Interstate 405. Right: In Los Angeles, dreams come true – and the traffic never seems to end.

Kurz vor zehn Uhr vormittags an einem Donnerstag, Free­ way 405, 30 Kilometer südlich von Downtown Los Angeles. ­Lässig steuert Lara ihren Porsche Cabrio über die sechs­ spurige Stadtautobahn Richtung Norden, fährt rechts vorbei an einem gelben Schulbus, überholt links einen Prius und einen Kleinlaster mit Rasenmähern auf der Ladefläche, wechselt die Spur hinter einem Sattelschlepper und cruist gerade einmal eine Minute lang mit 60 Stundenkilometern, bevor sie wieder auf die Bremse treten muss. Den Auto­ fahrer, der sich beim Einfädeln auf den Freeway vor sie ge­


drängelt hat, feuert sie an: »Auf geht’s, mein Schatz! Du kannst auch schneller!« Dann setzt sie den Blinker, gibt Gas und findet wieder eine freie Spur. »Zwischen halb zehn morgens und zwei Uhr am Nachmittag ist die beste Zeit, dein Ziel zu erreichen, ohne die Nerven zu verlieren«, ­erklärt sie und dass sie sich ihren Termin in Downtown Los Angeles so gelegt hat, dass sie für die knapp 60 Kilo­ meter von ihrem Haus in Newport Beach nicht mehr als eine ­Stunde braucht. Pendeln ist Laras Alltag. Als Fit-Model liefert sie mit ­ihrem Körper den Maßstab für Schnittmuster von Bade­ anzügen, Hosen und Abendkleidern. Ihre Kundschaft ist über die gesamte Region von Südkalifornien verteilt. 500 Kilo­meter in der Woche auf den Straßen rund um L.A. sind für sie Routine. Auf Social Media ist sie als @thatpor­ schegirl unterwegs – mit mehr als 40.000 Instagram-­ Followerinnen und Followern. Täglich fährt Lara 31 Kilo­ meter zu einer Stammkundin. »Wenn’s gut geht, brauche ich für die Strecke 19 Minuten, manchmal aber auch fast eine ­Stunde«, sagt sie und macht sich einen Spaß daraus, die Zeit, die ihr Naviga­tionsgerät für die Strecke schätzt, zu unter­ bieten. »Meist bin ich mindestens eine Minute schneller!«, lacht sie.

Ganz einfach: Die Nachfrage ist größer als das Angebot Südkalifornien ist die verkehrsreichste Region in den USA . In den Containerhäfen von Long Beach und Los Angeles werden 30 Prozent aller US-Frachtgüter abgewickelt – im Juni 2021 waren das mehr als 875.000 Container. Nur etwas mehr als ein Drittel der Hafenfracht bleibt in der Region. Der Rest wird über Güterzüge und Lkw nach Nordkalifornien und in andere US-Bundesstaaten transportiert. LAX , der größte von fünf Flughäfen im Landkreis von Los Angeles, fertigte im Mai 2021 täglich mehr als 61.000 Reisende ab. Das war ein Rückgang um 47 Prozent im Vergleich zum ­selben Zeitraum vor der Pandemie, doch die Tendenz ist wieder steigend. Fast 30 Jahre lang stand Los Angeles an der Spitze der Liste von Großstädten mit dem stärksten Verkehrsaufkom­ men in den USA. Im Jahr 2020 rutschte die Metropole auf den vierten Platz hinter New York-Newark, Boston und Houston. Das war ein Resultat der strengen Covid-19-Auf­ lagen in Kalifornien, allerdings ist L.A. dieses Jahr auf dem besten Weg, sich den Titel zurückzuholen. »Es ist ganz ­einfach: Die Nachfrage ist größer als das Angebot, und des­ halb sind die Straßen dicht«, erklärt Professorin Genevieve Giuliano von der University of Southern California, USC. »Seit 30 Jahren haben wir keine großen Veränderungen im


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Mobilität in Los Angeles

System gesehen, während die Bevölkerung gewachsen ist und die Durchschnittseinkommen gestiegen sind. Je reicher die Leute sind, desto häufiger fahren sie Auto. Das ist überall auf der Welt so, nicht nur in den USA .« Jede Metropole mit Wirtschaftswachstum habe Verkehrs­ probleme, sagt die Expertin für Verkehrspolitik und Städte­ bau, egal ob Los Angeles und San Francisco oder Paris, ­London, Tokio und Berlin. Studierenden, die sich über den Verkehr beschweren, rät sie, nach Detroit umzuziehen oder in eine andere US-Großstadt mit Bevölkerungsrückgang. »Die Situation in den USA unterscheidet sich von anderen Ländern aber durch die nach wie vor sehr autofreundliche Politik von Bund und Bundesstaaten«, ergänzt Giuliano. Zu vergleichsweise niedrigen Benzinpreisen komme hinzu, dass in den USA Straßen- und Parkplatzbau in der Regel Vor­ rang habe vor Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradwege, Fußgängerzonen und Bürgersteige. Die zu­ nehmende Beliebtheit von Online-Shopping, verknüpft mit der Erwartung, die bestellten Socken, Hundeknochen und Waschmaschinen bereits am nächsten Tag geliefert zu bekom­men, macht die Lage aus verkehrstechnischer Per­ spek­tive zusätzlich kompliziert. »Kleinlaster verstopfen mehr und mehr die Straßen. Waren schnell zu Kunden zu bringen, ist im Vergleich zur Lieferung an Lagerhallen nicht effektiv«, sagt die USC-Professorin. Abgehoben – in zwei Jahren fliegen Autos über Los Angeles Los Angeles hat parallel zur autofreundlichen Politik in den vergangenen Jahren auch Milliarden in den Ausbau des ­U-Bahn-Netzes, in Fahrrad- und Busspuren investiert. Gleich­ zeitig setzt der Bürgermeister auf eine Lösung des Problems, die anmutet wie aus einem Hollywood-Kassenschlager: ­fliegende Autos. »Los Angeles ist die Stadt, in der Ideen von heute zur Realität von morgen werden«, sagte Eric Garcetti im Dezember 2020 bei der Bekanntgabe der Urban Air ­Mobility Partnership, einer Partnerschaft der Stadt mit priva­ ten Unternehmen zum Aufbau eines Netzwerks von lokalem Luftverkehr. »Wir werden damit zum Vorbild dafür, wie man städtische Mobilität in der Luft gestaltet.« In zwei Jahren schon sollen die ersten elektrischen V ­ ehikel am Himmel über Los Angeles fliegen. In einem Werbevideo sehen die Flug­ maschinen aus wie eine Kreuzung aus Drohne und Hub­ schrauber. Passagiere heben damit von Wolken­kratzern ab, gleiten entspannt über verstopfte Straßen und landen direkt vor den Haustüren ihrer modernen Villen. Bürgermeister Garcetti verspricht, dass der moderne Lufttransport über L.A. nicht nur etwas für reiche Über­flieger wird. Die Stadt hat mit dem Weltwirtschaftsforum und 50 Interessengruppen Principles of the Urban Sky entwickelt. ­Danach sollen in weniger als zehn Jahren 23.000 fliegende Autos Passagiere für 30 Dollar pro Flug sicher, nahezu ­geräuschlos und nachhaltig ans Ziel bringen. In einer Anhö­ rung vor dem US-Kongress warb Garcetti für fliegende Autos

als Gegenmittel zu Staus und Luftverschmutzung im ganzen Land: »Diese Technologie hat wortwörtlich keine Grenze nach oben. Sie hat das Potenzial, A ­ bgase zu reduzieren, un­ sere Gemeinden besser zu vernetzen und die Wirtschaft anzukurbeln.« Zur Mobilität in der Luft soll auch der Güter­ transport in fliegenden Vehikeln gehören. Professorin Genevieve Giuliano ist skeptisch: »Zehn­ tausende Luft-Fahrzeuge, die am Himmel herumfliegen, sind nicht gerade eine beruhigende Vorstellung«, sagt sie. ­»Außerdem: Wenn wir davon ausgehen, dass diese Mini­ flugzeuge zwei bis vier Menschen transportieren, brauchen wir sehr viele Start-und Landeplätze für ein Massentrans­ port­system.« Die sogenannten Vertiports, von denen die ­fliegenden Autos senkrecht abheben sollen, sind nur eine von vielen Herausforderungen. Wetterschwankungen und Regulie­rungen des Luftraums beschäftigen derzeit Dutzende Unternehmen, die an der Verwirklichung dieser Vision ­arbeiten. Kleine Start-ups konkurrieren dabei mit Airbus und Boeing um die Dominanz des Marktes. Dessen Wert wird weltweit auf bis zu drei Billionen Dollar geschätzt. »Tausende von fliegenden Autos in der Luft? Ich mag mir gar nicht vorstellen, was da alles schiefgehen kann!«, sagt Lara, das Porsche Girl, und schüttelt ihren Kopf. Es ist inzwi­ schen vier Uhr nachmittags, und sie ist wieder auf dem Free­ way 405 unterwegs. Diesmal Richtung Süden und im Stau. Lara hat einen Termin in Long Beach. Das Navigationssys­ tem zeigt an, dass sie 12 Minuten zu spät ankommen wird. Ihr Kunde nimmt ihr das aber nicht übel. Eine Viertelstunde Verspätung wegen des Verkehrs ist hier Alltag. Lara nutzt die Zeit, um Mascara und Lippenstift nachzubessern. Dann wechselt sie auf die rechte Spur, wo Autos und Laster zügig Richtung Ausfahrt vorankommen. »Die Spur geht hier direkt in die nächste Auffahrt-Rampe über. Ich kann parallel zum Hauptverkehr weiterfahren«, erklärt sie und rauscht mit breitem Grinsen rechts am Stau vorbei. »Eine Minute gewon­ nen und das Navi mal wieder überholt!« Mit der eigenen Tunnelfirma gegen den Verkehrsfrust Müde vom ewigen Im-Stau-Stehen, hat Lara bereits ernst­ haft überlegt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihren Kun­ dinnen und Kunden zu kommen statt mit dem Porsche. Doch das rechnete sich nicht – weder finanziell noch zeitlich. So skeptisch sie gegenüber fliegenden Autos ist – noch weniger begeistert ist sie vom Tunnelbau unter Freeways, wie ihn Tesla-Erfinder Elon Musk vorgeschlagen hat. Sie ist zwar von der Idee, Menschen in einer Metallröhre mit magnetisch angetriebener Transportkapsel bei über 1000 Stundenkilo­

Vier Ebenen Asphalt und Beton kreuzen sich hier – und bald fliegen vielleicht auch noch Autos durch die Luft. Four tiers of asphalt and concrete intersect here – and soon cars might be flying overhead too.



Am südlichen Ende des Freeways 110 liegt der Hafen von Los Angeles – neben den Pkw rollen auch Trucks über die volle Schnellstraße. The Port of Los Angeles is located at the southern end of Interstate 110. Trucks and cars fill the expressway.

Gebrüder Weiss USA Gebrüder Weiss ist seit 2017 mit einer eigenen Landes­ organisation in den USA vertreten.

K A NA DA

USA

Boston Chicago

New York

Komplettes Portfolio: 145 Mitarbeitende an 7 Standorten bieten neben Luft und Seefracht auch Logistiklösungen mit E-Commerce ­sowie ­Domestic Trucking (Landtransport) von Mexiko über die USA bis nach Kanada an.

San Francisco Los Angeles

Dallas

Atlanta

Atlantischer Ozean

Head Office: Chicago Warehouses: Chicago, Atlanta, Los Angeles

MEX IKO

Pazifischer Ozean

Best Place to Work: Die »Business Intelligence Group« hat die Landesorganisation als einen der besten Arbeitgeber 2020 ausgezeichnet.


Mobilität in Los Angeles

metern auf die Reise zu schicken, fasziniert. »Aber in Kali­ fornien bitte nicht unterirdisch. Die Vorstellung, bei einem Erdbeben in einer Röhre zu stecken, ist grauenvoll!« Die Idee zum Tunnelbau kam Musk im Dezember 2016 beim Weg zur Arbeit. »Der Verkehr macht mich verrückt. Ich werde eine Tunnelbohrmaschine bauen und anfangen zu graben«, klagte er auf Twitter und gründete The Boring Company. Im Dezember 2018 rauschten die ersten Autos durch ei­ nen 1,8 Kilometer langen Testtunnel in der Nähe von Musks SpaceX-Unternehmen südlich von Los Angeles. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h war das Experiment allerdings noch weit vom Ziel der 1000 km/h entfernt. Der Bürgermeister zeigte sich dennoch beeindruckt. »Elon Musk sprengt Grenzen, im All, virtuell, über und unter der Erde«, sagte Eric Garcetti. Er gab zu, dass noch niemand wissen könne, ob Tunnel effektiv zur Lösung von Verkehrsproble­ men beitragen können. »Aber ich möchte, dass Los Angeles die Stadt ist, in der Ingenieure solche Ideen ausprobieren.« Entlastung durch Elektrifizierung Ein weiteres Konzept verbindet die Verlagerung des Verkehrs unter die Erde mit Elektrifizierung. Die Idee des magnetisch angetriebenen Transports von Menschen, Autos und Gütern in engen Röhren wird inzwischen weltweit unter dem Über­ begriff Hyperloop entwickelt. Elon Musk war maßgeblich an der Wiederbelebung dieser Idee beteiligt, die Ende des 18. Jahrhunderts das erste Mal öffentlich erwähnt wurde. Musks Vision vom Tunnelbau für seinen Weg zur Arbeit in Los An­ geles hat allerdings noch nicht so recht Fahrt auf­genommen. Er ist derzeit mit mehreren Städten in Texas im Gespräch über die Entwicklung unterirdischer Transport­wege. »Um Himmels willen, nein!«, kommentiert USC-Profes­ sorin Genevieve Giuliano die Idee. »Autos müssen Schlange stehen, damit sie in die Tunnelkapsel kommen. Den nächs­ ten Stau gibt’s am Tunnelende. Ganz abgesehen von den Mil­ liarden, die es kostet, das Ganze erdbebensicher zu bauen.« Realistischer erscheint der Städtebau- und Transport-Exper­ tin der Ausbau vom Straßenbahnnetz. Ob sich eine solche schnittige elektrische und automatisierte Bahn für den Ab­ schnitt des Freeways 405 lohnt, der Elon Musk in den Wahn­ sinn trieb, wird gerade mit einer 6 Milliarden Dollar teuren Studie getestet. In 24 Minuten soll die Bahn eine Strecke überwinden, auf der täglich fast 380.000 Autos und Laster stundenlang im Stau stehen. »Auch hier müssen wir überlegen, wie viel Energie und Geld wir für welches Resultat in das Projekt stecken«, warnt Genevieve Giuliano, und dass selbst über der Erde die geolo­ gischen Gegebenheiten Kaliforniens zusätzliche Hürden schaffen. »Erdbebensichere Überführungen zu den geplan­ ten 18 Haltestellen zu bauen, ist teuer und aufwendig.« Unkonventionelle Ideen für San Francisco Das derzeit teuerste und aufwendigste Verkehrsprojekt Kali­ forniens ist allerdings weder Straßenbahn noch Tunnel –

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es ist ein Hochgeschwindigkeitszug zwischen Los Angeles und San Francisco. Schon Arnold Schwarzenegger hatte sich als Gouverneur für die Verbindung eingesetzt, die die 600 Kilometer in zwei Stunden und 40 Minuten zurücklegen soll. Kostenexplosionen, Verzögerungen und Proteste haben das Projekt auf eine Strecke von 275 Kilometern mitten im Bundesstaat zusammenschrumpfen lassen. Über den ­Freeway 5 zwischen den beiden kalifornischen Metropolen donnern unterdessen weiter Autos und Laster vorbei an ­Erdbeerfeldern, Kuhställen und Orangenhainen. Dabei hat San Francisco bereits eine der beeindruckends­ ten Verkehrskonstruktionen der USA: Die Transbay Tube transportiert in Hauptverkehrszeiten in einer Tiefe von über 40 Metern unter dem Meeresspiegel mehr als 28.000 Passa­ giere pro Stunde von San Francisco auf die andere Seite der Bucht nach Oakland. Die Züge erreichen eine Höchstge­ schwindigkeit von 130 Stundenkilometern und sind notorisch überfüllt. Die einzige Alternative aber ist der Stau auf der Brücke über die Bucht. Vor drei Jahren entfachte die Stadtplanungskommission mit einem Wettbewerb für unkonventionelle Ideen zur ­Be­hebung des Problems die Fantasie der verkehrsgestressten Bürgerinnen und Bürger. Sie forderten Gondeln, Fähren, unter- und oberirdische Fließbänder und fliegende Autos. »Wir haben genug vielversprechende originelle Entwürfe gesehen, um die kommende Generation von Stadtplanern damit zu beschäftigen«, sagte der Vorsitzende der Kom­ mission, Jake Mackenzie, zum Abschluss des Wettbewerbs. ­Allerdings wird keine einzige dieser Ideen derzeit um­ gesetzt. Die Stadt sei noch dabei, die Vorschläge auf ihre ­Realisierbarkeit zu überprüfen, sagte Mackenzie. San Fran­ cisco ­arbeitet stattdessen an Studien für einen weiteren Unter­wasser-Tunnel und an der Erweiterung der bestehen­ den ­Brücke. Lara ist unterdessen auf dem Weg nach Hause. Wieder mal im Stau. Sie verabredet sich mit ihrer Freundin fürs ­Wochenende zum Cruisen auf dem Pacific Coast Highway. »Sonntag, um acht Uhr morgens«, sagt sie und erklärt: »Ich bin eigentlich ein Morgenmuffel, aber das ist die einzige Zeit in dieser Stadt, in der die Straßen leer sind und man das Fahren noch genießen kann.«

Kerstin Zilm berichtet als freie Korrespondentin für Radio, Print und Fernsehen aus Los Angeles. S ­ ie informiert aktuell über ­Waldbrände, Oscar-Verleihungen und Einwanderungspolitik. ­Besonders genießt sie aber Entdeckungsreisen in Kalifornien, das mit immer überraschenden Begegnungen und einem un­end­ lichen Fundus an faszinierenden Geschichten lockt.



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Fly high or dig deep? Los Angeles tests the transport of tomorrow TEXT

Kerstin Zilm

Traffic in Los Angeles is a nightmare during most of the day and many wee hours, too. Following the short breather brought by the pandemic, cars and trucks are once again being held captive in miles of gridlock. More than 150,000 commuters spend upwards of two hours a day behind the wheel. They share the urban highway network with trailer trucks hauling goods from two container ports on the Pacific to inland warehouses and suppliers. Yet there is a reason why Los Angeles is known as the “Dream Factory”: visionaries are inventing and trialing future transport scenarios in this West Coast megacity. It’s shortly before 10:00 a.m. on an average Thursday on Interstate 405, 30 kilometers south of downtown L.A. Lara coolly weaves her Porsche convertible through six lanes of northbound traffic, passing a yellow school bus on the right, and a Prius and a pickup with a bed full of lawnmowers on the left; changing lanes behind a semi, she cruises for roughly a minute at 60 kilometers per hour before she needs to brake again. “Let’s move it, honey! You can go faster than that!” she admonishes a driver who cuts in front of her from the access ramp. Then she switches on her blinker, puts her foot down and glides over to a free slot in the next lane. “Between 9:30 a.m. and 2:00 p.m. is the best time to get where you’re heading without going crazy,” she explains. She has scheduled her appointment downtown during that window so she won’t need more than an hour for the scant 60 kilometers from her home in Newport Beach. Commuting is a daily grind for Lara. She works as a fit model: her physique is a sewing pattern benchmark for everything from swimsuits to evening gowns. With clientele scattered through­out southern California, some 500 kilometers a week on the roads around L.A. are routine for her. On social media, she’s @thatporschegirl, with more than 40,000 Instagram followers. Every day Lara travels 31 kilometers to one of her regulars. “If I’m lucky, I need 19 minutes. But sometimes it takes nearly an

hour,” she says. She’s made a game out of beating the estimated arrival time on her GPS. “I’m usually at least a whole minute faster,” she says with a laugh. It’s a simple equation: demand outweighs supply Southern California is the most congested region in the entire country. The container ports of Long Beach and Los Angeles handle a full 30 percent of America’s freight – 875,000 containers in June 2021 alone. Only about one third of the cargo stays in the region. The rest is transported by truck and train to northern California and other states. LAX, the largest of the five airports in Los Angeles County, handled more than 61,000 passengers in May 2021. That was 47 percent lower than pre-pandemic levels. The trend is picking up again. For nearly 30 years, Los Angeles headed the league table of major American cities with the most traffic. In 2020 the megacity dropped to fourth place behind New York/Newark, Boston and Houston – as a consequence of the tight Covid-19 restrictions in California. That said, L.A. is on track to regain its title this year. “It’s a simple equation: demand outweighs supply, and that’s why the roads are choked up,” says Genevieve Giuliano, a professor at the University of Southern California (USC). “We haven’t seen any major changes in the system for 30 years, during which time the population has grown and average incomes have risen. The wealthier people are, the more often they drive their cars. That’s the case all over the world, not just in the U.S.” Every city recording economic growth experiences traffic problems, explains the expert on transportation policy and urban planning – whether it be Los Angeles and San Francisco or Paris, London, Tokyo and Berlin. When students complain about the traffic, she suggests they move to Detroit or another major American city with a waning population. “The situation in the U.S. differs from that in other countries, partly because of the consistently car-friendly policies of the federal and state governments,” Giuliano explains. In addition to


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Mobility in L.A.

relatively low gas prices, spending on road and parking-lot construction takes priority over investments in public transportation, bicycle paths, pedestrian zones and sidewalks. The increasing popularity of online shopping, coupled with the prospect of having the socks, dog bones and washing machines delivered the very next day, further complicates matters when it comes to traffic analysis. “Delivery vans are blocking more and more streets. It’s not effective to deliver goods quickly to customers rather than to warehouses,” notes the USC professor. High fliers – in two years, cars will be ­cruising over Los Angeles Alongside its car-friendly policies, in recent years Los Angeles has also invested billions in extending its subway network, bicycle paths and bus lanes. Simultaneously, the mayor is banking on a solution that sounds like the title of a Hollywood blockbuster: flying cars. “Los Angeles is where we turn today’s ideas into tomorrow’s reality,” Eric Garcetti said in December 2020 when unveiling the Urban Air Mobility Partnership. Here the city is collaborating with private companies to launch a local aviation network. “We will provide a template for operating urban mobility services in the air.” In a scant two years’ time, the first electric vehicles are due to be crisscrossing the skies above L.A. In an advertising video, the flying machines look like a combination of drone and helicopter. Passengers board from the tops of skyscrapers and glide tranquilly above endless tailbacks to land directly in front of their modern-day mansions. Mayor Garcetti has promised that this new form of aerospace travel will not remain the domain of financial high-flyers. The city developed the Principles of the Urban Sky in partnership with the World Economic Forum and 50 stakeholder groups. The plan is to have 23,000 flying cars delivering passengers safely, almost silently, and sustainably to their destinations for a 30 dollar fare – in less than a decade. At a hearing before the House Aviation Subcommittee of the U.S. Congress, Garcetti championed flying vehicles as an antidote to traffic jams and air pollution: “For this technology, the sky is literally the limit. And it has the potential to reduce emissions, to connect communities, and to grow our economies.” Moving forward, personal aerospace mobility is to be flanked by airborne freight vehicles.

Professor Genevieve Giuliano is skeptical: “Tens of thousands of aircraft cruising the skies is not exactly a comforting thought,” she says. “What’s more, if you think about small vehicles carrying two to four people, we will need a lot of take-off and landing sites for a mass transit system.” The so-called vertiports, from which the flying cars are due to take off vertically, comprise just one of many challenges. Dozens of companies working on turning this vision into reality are currently analyzing further issues such as weather fluctuation and airspace control. Startups are competing with the likes of Airbus and Boeing for dominance in a market with an estimated worldwide value of up to three billion dollars. Tunneling beneath the gridlock “Thousands of cars flying across the sky? I can’t even imagine all the things that can go wrong!” says Lara-the-Porsche-girl, shaking her head. In the meantime it’s 4:00 p.m. and she’s back on I-405, this time headed southbound and stuck in a jam. Lara has an appointment in Long Beach. The GPS is showing her ETA as twelve minutes late. The customer will forgive her – a 15-minute delay due to traffic is the norm in L.A. Lara uses the downtime to touch up her mascara and lipstick. Then she slips into the right lane where the cars and trucks are speeding towards the next exit. “This lane leads directly to the next exit. I can travel parallel to the main traffic here,” she says and races right past the tailback with a big grin in her face. “I cut off a minute and beat the GPS again!” Tired of sitting in the never-ending backups, Lara has already seriously considered using public transport rather than the Porsche to get to her customers. But it’s not worth it – neither financially nor in terms of time-savings. No matter how skeptical she is about flying cars, she’s even less excited by the notion of building tunnels under the freeways – as proposed by Tesla inventor Elon Musk. It’s not that she doesn’t find the idea fascinating: moving people through a metal pipe in a magnetically powered capsule at more than 1,000 kilometers per hour. “But in California, please don’t make it subterranean. What a horrible thought, being trapped in a pipe during an earthquake!” Musk hit upon the tunnel solution in 2016 on his way to work. “This traffic drives me insane.


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I’m going to build a tunneling machine and start to burrow,” he posted on Twitter – and founded The Boring Company. December 2018 saw the first cars humming through the 1.8-kilometer pilot tunnel near Musk’s SpaceX company south of Los Angeles. However, given the speed limit of 65 kilometers per hour, the experiment fell far short of its 1,000 kilometers per hour goal. The mayor was nonetheless impressed. “Elon Musk is always somebody who pushes boundaries, literally in space, underground and on land – all three dimensions, as well as the virtual one,” said Eric Garcetti. He admitted, though, that no one was certain that the tunnel would help solve the traffic problems. “Will it work? We don’t know, but I want L.A. to be the place where people test it.” Relief through electrification Another concept combines the underground technology with electrification. The idea of a magnetically driven transport system conveying people, cars and goods in narrow tubes is being evolved worldwide under the name Hyperloop. Elon Musk was also instrumental in reviving this notion, which was first publicly proposed at the end of the 18th century. That said, Musk’s vision of tunneling his way to work in Los Angeles has not gathered much steam. He is currently in talks with several Texan cities on the development of subterranean transport networks. “Heavens, no!” is Professor Giuliano’s response to the idea. “Cars would have to line up to enter the tunnel capsule. The next traffic jam would be at the end of the tunnel. Not to mention the billions it would cost to make the whole thing quakeproof.” The transport expert sees an expansion of the streetcar line as a more realistic alternative. A six-billion-dollar research program is currently testing whether a streamlined electric and fully-automated train would make sense on the segment of I-405 that drives Elon Musk crazy. The train is due to take 24 minutes for a stretch of road where some 380,000 cars and trucks sit snarled in jams nearly every day. “Here, too, we need to decide how much energy and money we want to spend on this project and what we want out of it,” Genevieve Giuliano warns, noting that even above ground, the geological parameters in California will pose further obstacles. “Building quakeproof overpasses to the planned stops is expensive and complicated.”

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Promising, unconventional ideas for San Francisco Currently, the most expensive and complex transport project in California entails ­neither streetcars nor tunnels. It’s an express train between Los Angeles and San Francisco. During his tenure as governor, Arnold Schwarzenegger had already promoted the high-speed link that is designed to cover the 600 kilometers in two hours and forty minutes. Runaway costs, delays and protests have diminished the project to a 275-kilometer stretch in the middle of the state. So cars and trucks continue to thunder along Interstate 5 between the two Californian cities, past strawberry fields, cowsheds and orange groves. That said, San Francisco is already home to one of the impressive transport projects in the U.S.: at peak periods, the Transbay Tube carries more than 28,000 passengers per hour from San Francisco across the Bay to Oakland. Traveling 40 meters below sea level, the trains can reach 130 kilometers per hour – and they’re notoriously overcrowded. The only alternative is to brave the tailback on the bridge. Three years ago the urban planning commission announced a competition, asking for unconventional solutions to this problem, and it sparked the imaginations of the city’s congestion-weary inhabitants. They proposed gondolas, ferries, conveyor systems above and below ground, and flying cars. “We have seen enough promising and original concepts to keep coming generations of urban planners busy,” noted Commission Chairman Jake Mackenzie at the close of the competition. That said, not a single one of these suggestions is currently being put to practice. The city is still evaluating the feasibility of the various ideas, Mackenzie says. San Francisco is concentrating instead on studies for another underwater tunnel and an expansion of the existing bridge. Meanwhile, Lara is on her way home. Again, stuck in traffic. She arranges to meet a friend to spend a weekend cruising along the Pacific Coast Highway. “On Sunday, at 8:00 a.m.,” she says and explains: “I’m usually in a bad mood in the mornings, but that’s the only time the roads are empty in this city and you can enjoy your drive.”  Kerstin Zilm is a freelance correspondent based in Los Angeles who reports for radio, print and television. She provides the latest news on issues as wide-ranging as immigration policy,


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Mobility in L.A.

the Oscar awards and wildfires. But she particularly enjoys her research expeditions across California, which are guaranteed to produce surprising encounters – and a treasure trove of fascinating stories.

Gebrüder Weiss USA Gebrüder Weiss has had its own national organization in the United States since 2017. Complete portfolio: in addition to air and sea freight services, 145 employees at seven locations also offer logistics ­solutions that that range from e-commerce to domestic trucking between Mexico and Canada via the United States. Gebrüder Weiss handled submissions of all the mandatory customs forms and hazardous goods documents, enabling the journey to proceed without complications. Head Office: Chicago Warehouses: Chicago, Atlanta, Los Angeles Best Place to Work: in 2020, the Business Intelligence Group chose the country organization as one of the best ­employers in the Pacific.


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Schneckentempo mal zwei text  Martin Kaluza

Wenn Verkehr unter die Erde verlegt werden soll, braucht es Geräte, die das möglich machen. Und so hat ein Team von Studentinnen und Studenten der ETH ­gerade einen neuartigen Tunnelbohrer entwickelt. ­Anlass war ein Tunnelbauwettbewerb von Elon Musk. »Groundhog Alpha« heißt die sieben Meter lange und ­zweieinhalb Tonnen schwere Maschine, die nicht nur in der Form an einen Wurm erinnert. Entworfen und gebaut ­wurde der Bohrer von Swissloop Tunneling, einem 40-­köpfigen Team von Studierenden der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und der Hoch­ schule St. Gallen. Mit dem »Alpha-Murmeltier« trat das Team im Finale des von Elon Musk initiierten Tunnelwettbewerbs Not-a-Boring competition in Las Vegas an – denn »bohren« bedeutet zwar boring, ist aber eben nicht langweilig. Für seine Vision des Hyperloop oder auch des »Loop« – ein Tunnelsystem, in dem elektrische Fahrzeuge Passagiere emissionsfrei an ihr Ziel bringen, siehe Seite 11 – muss Tunnelbau noch deutlich schneller, kompakter und automatisierter vonstattengehen. »Schneller als die Schnecke« sollten die Maschinen sein.

Von den Alpen in die Wüste: Die Studierenden packen bei der Verladung ihres Equipments in Dübendorf mit an. From the Alps to the desert: the students help load up their equipment in Dübendorf.

400 Teams hatten sich für die Teilnahme beworben, zwölf wurden nach Las Vegas eingeladen, das »Digging Dozen«. Am Ende erhielten nur die Bohrer der ETH Zürich und der TU München tatsächlich eine Starterlaubnis. Die Schweizer gewannen den Wettbewerb in der Kategorie »Innovation und Design« und wurden in der Gesamtwertung Zweite. Gebrüder Weiss unterstützte das Team der ETH Zürich als Logistikpartner und sponserte den Transport des Bohrers. Per Lkw wurde der Container in Dübendorf bei Zürich ab­ geholt und in Hamburg aufs Schiff verladen. Von Houston aus reiste das Equipment dann erneut auf der Straße nach Las Vegas. Bauingenieur Lukas Heller absolviert an der ETH Zürich gerade das letzte Jahr seines Masterstudiums. Er war einer der Ersten, die sich am »Groundhog Alpha«-Projekt beteiligt haben. In dem Jahr, das dem Wettbewerb vorausging, leitete er innerhalb des Teams die Gruppen, die sich mit dem ­Bohrkopf befassten, mit dem Antrieb, dem Abbau und dem Abtransportsystem des Bodens. »Der Wettbewerb war der ­Funke, den es gebraucht hat, in diese Richtung zu forschen«, sagt er. »Mittlerweile ist das nicht mehr ganz der einzige Grund, warum unser Projekt existiert. Wir haben nicht nur


Oben und Seite 21: Auf dem Testgelände in Las Vegas hatte das Team beim Aufbau nicht nur mit Hitze und Sandstürmen zu kämpfen, auch ein Gewitter und Stromausfälle unter­ brachen den Ablauf. Top and page 21: At the test site in Las Vegas, the team not only had to cope with the heat and sandstorms when unpacking the equipment. They were also interrupted by a thunderstorm and power outages.

beim Wettkampf Vollgas gegeben, sondern auch in der Inno­ vation. Ich glaube, wir haben da gut gepunktet.« »Groundhog Alpha« ist wendiger als herkömmliche Ma­ schinen. Der Bohrkopf wird von einem maßgeschneiderten hydraulischen Hexapodsystem gehalten. Sechs hydraulische Präzisionszylinder, die der Industriepartner Hagenbuch ­Hydraulic beigesteuert hat, können den Bohrer so in sechs Freiheitsgraden bewegen. Außerdem kann der Bohrer die Tunnelwand quasi herstellen, während er sich kontinuierlich fortbewegt. »Jeder Tunnelbauer träumt davon, dass die Ma­ schine die Wand selber bauen kann. Wir sind da Pioniere«, sagt Heller. »Normalerweise wird das mit vorgefertigten Elementen gelöst, sogenannten Tübbingen, die man irgend­ wie in den Tunnel hineinbringen muss. Wir hingegen arbei­ ten mit einem Zwei-Komponenten-Polymer-System. Das Material wird von einem 3-D-Drucker, der in die Maschine integriert ist, auf eine abrollende Glasfaserlamelle appliziert, härtet vor Ort innerhalb kürzester Zeit aus und ist dann gleich belastbar.« »Wir haben Interessenten unter unseren Sponsoren, die schon konkrete Einsatzmöglichkeiten sehen«, sagt Hellers Kollege Luca Erdmann. Der Betriebswirtschaftsstudent ist Projektleiter bei Swissloop Tunneling und koordiniert die ­Kooperationen mit Industriepartnern und Sponsoren.


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Snail’s pace times two TEXT

Martin Kaluza

Trend-setting: a team of students from Switzerland has developed an innovative boring machine – as its submission to a tunnel building competition organized by Elon Musk Groundhog Alpha is the name of the seven-­ meter-long drill weighing two-and-a-half metric tons. With a shape recalling a worm, it has been designed and built by Swissloop Tunneling, a team of 40 students from the Swiss Federal Institute of Technology in Zurich and the University of St. Gallen. With their Alpha Groundhog, the team reached the finals of the tunneling technology contest “Not-a-Boring Competition” initiated by Elon Musk in Las Vegas. His visionary Hyperloop – or short, the “Loop” – is a tunnel system in which electric vehicles transport passengers to their destinations emission-free (see page 15). It requires construction technology that is much quicker, requires less space, and is more highly automated. The subterranean drills need to work “faster than at a snail’s pace.” 400 teams had applied to enter, with twelve – the “Digging Dozen” – being invited to Las Vegas. In the end, only the engineers from Zurich and the Technical University of Munich were invited to participate. The Swiss came top in the “Innovation and Design” category and finished second overall in the competition. Gebrüder Weiss served as the Zurich team’s logistics partner and sponsored the transport of its drill. The container was collected by truck in Dübendorf near Zurich, from where it was taken to the German port of Hamburg. A transatlantic crossing followed to Houston, Texas, with the drill completing the final leg of its journey by road to Las Vegas. The civil engineer Lukas Heller is currently completing the final year of his Master’s ­degree at the Institute of Technology in Zurich. He was one of the first members to join the Groundhog Alpha team. In the year preceding the competition, he headed the groups that were developing the drill head, the drive system, and the mining and extraction system. “The competition was the spark it took to pursue research in this area,” he says. “Today, it isn’t quite the only reason why our project exists.

We pushed ourselves to the limit in the competition, but also when it came to innovating. I think we scored highly in that respect.” Groundhog Alpha is more maneuverable than conventional boring machines. The drill head is held in place by a custom-made hydraulic hexapod system. Six precision hydraulic cylinders, which were contributed by the project’s industry partner Hagenbuch Hydraulic, can thus move the drill which has six degrees of freedom. In addition, the drill can effectively create the lining as it advances. “Engineers all dream of a drill that can build the tunnel wall itself. We are pioneers in this field,” says Heller. “Normally, this task is performed using prefabricated elements, a kind of tubing which has to be inserted into the tunnel somehow. By contrast, we have a twin-component polymer system. Using a 3D printer integrated into the machine, the material is applied to a fiberglass lamella as it unrolls. This solidifies very quickly and is immediately able to withstand pressure.” “We have parties among our sponsors who can already envisage concrete applications for this technology,” says Heller’s colleague Luca Erdmann. The business administration student is a project manager at Swissloop Tunneling – with responsibility for liaising with industrial partners and sponsors. “We now want to run trials with the drill and explore its full potential. We can imagine individual elements – such as the 3D printing – being scaled up or down and incorporated into existing machinery.” And we don’t have to wait until the Groundhog Alpha technology has been rescaled completely and Elon Musk has built his gargantuan, four-meter-wide Hyperloop tubes. Channels with a diameter of 50 centimeters, such as those Groundhog Alpha is already drilling, are also required for laying fiber-optic cables and sewage systems. In the majority of cases, tunnel-boring machines are not being deployed for this at present. Ten-meter-long tubes are simply being thrust into the ground. “Our system offers genuine advantages,” says Heller. “We don’t use straight, ten-meter tubes. Our flexible drill head enables us to cut even tight bends in the channels.” And how fast does that work? Heller explains that this depends on the size of the tunnel. The


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Tunnelers

large boring machines used in road and railway applications are particularly slow, managing only between 0.05 and 0.1 centimeters per second. That’s when they are moving at all. Most of the time there is no forward progress because the cutters are switched off while the tubing is inserted. “The speed we targeted is around 0.5 centimeters per second,” says Heller. And that’s twice as fast as a snail can move.  The journalist Martin Kaluza grew up in a North German village. The highpoints of his childhood (or rather lowpoints in the most positive sense of the term) were visits to relatives in Hamburg where there was a real underground railway system.


»Wir wollen jetzt mal einige Teststrecken bohren und schau­ en, was möglich ist. Wir können uns vorstellen, dass sich einzelne Elemente wie der 3-D-Druck skalieren und an vor­ handene Maschinen anbauen lassen.« Und man muss nicht warten, bis die gesamte Technik des »Groundhog Alpha« so weit skaliert wurde, dass Elon Musk damit seine vier Meter mächtigen Hyperloop-Röhren bauen kann. Röhrendurchmesser von einem halben Meter, wie sie »Groundhog Alpha« bereits heute bohrt, werden beispiels­ weise beim Bau von Glasfasernetzen und Kanalisationen benötigt. Meist kommen dabei keine Tunnelbohrmaschinen zum Einsatz, sondern Pressvortriebe. Bei diesem Verfahren werden zehn Meter lange Röhren in den Boden gedrückt. »Unser System bietet im Vergleich dazu echte Vorteile«, sagt Heller. »Wir arbeiten nicht mit geraden 10-Meter-Röhren. Mit unserem flexiblen Bohrkopf können wir sogar engere Kurvenradien fahren.« Und wie sieht es nun mit der Geschwindigkeit aus? Das, erklärt Heller, hänge von der Größe des Tunnels ab. Die gro­ ßen Tunnelbohrer, die Straßen- und Eisenbahntunnel bauen, seien besonders langsam. Ihre Vortriebsgeschwindigkeit liege zwischen 0,05 und 0,1 Zentimetern pro Sekunde – und das sei nur der reine Vortrieb, denn die meiste Zeit geht ­dadurch verloren, dass man diese Maschinen immer wieder

anhalten muss, um die Tübbinge einzusetzen. »Der Speed, den wir angepeilt haben, ist um die 0,5 Zentimeter pro ­Sekunde«, sagt Heller. Und das wäre dann schon doppelt so schnell, wie eine Schnecke kriecht.

Der Journalist Martin Kaluza wuchs in einem norddeutschen Dorf auf. Höhepunkte seiner Kindheit (bzw. Tiefpunkte im besten Sinne) waren Verwandtenbesuche in Hamburg – dort gab es eine echte U-Bahn.


Römisches Heer Wer jemals einen vollen Koffer auf ein Gepäck­ band am Flughafen gehievt hat, der weiß, wie schwer 20 Kilo ungefähr sind. Mit dem doppel­ ten Gewicht, nämlich 40 Kilogramm, war ein römischer Legionär bepackt, darunter seine Kleidung, Lebensmittel, Rüstung und Bewaff­ nung. Trotz dieser Last kam das römische Heer erstaunlich gut voran: Im normalen Schritt schaffte man bei günstigen Verhältnissen gut 30 Kilometer am Tag, im Eilschritt noch etwa sechs Kilometer mehr. Zu verdanken ist diese Leistung der hervorragenden Fitness der Legionäre, die während ihrer Dienstjahre fort­ laufend im Training geblieben sind. Und das alles auf genagelten Sandalen.

Roman army Anyone who has lifted a packed suitcase onto an airport conveyor belt knows how heavy 20 kilograms feels. Including his clothes, food, armor and weaponry, a Roman legionnaire typically carried twice as much, namely 40 kilograms. Despite being loaded down, the army was extremely mobile. In favorable conditions, the troops could cover a good 30 kilometers a day at normal marching pace, and six kilometers further if the need arose – all wearing hobnailed sandals. This stamina was due to the outstanding fitness of the soldiers, who remained in training throughout their years of service.


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Schneller! text  Alex Raack

Die Faszination des Menschen für Geschwindigkeiten und Bestmarken lässt sich besonders im Sport beob­ achten. Welchen Reiz übt das Höher-weiter-schneller-­ Prinzip auf die Athletinnen und Athleten aus? Und wann macht es Sinn, das Tempo auch mal zu drosseln? Start über 100 Meter Hürden der Frauen bei den Südafri­ kanischen Meisterschaften 2009. Eine der Favoritinnen bei diesem Rennen ist die 18-jährige Irmgard Bensusan. Die Tochter einer Deutschen und eines Südafrikaners hat schon im Alter von vier Jahren mit der Leichtathletik ­be­gonnen. Das Sprinten liegt ihr im Blut. »Schnell laufen«, sagt die heute 30-Jährige, »hat mir schon immer das Gefühl von maximaler Freiheit verschafft. Einfach drauflosrennen, ­keine Gedanken im Kopf, die völlige Entkrampfung.« ­Ben­susans großes Ziel: die Teilnahme an den Olympischen ­Spielen. Ein Sieg über die 100 Meter Hürden bei der na­tio­ nalen Meisterschaft wäre auf dem Weg dahin schon mal ein großer Schritt. Dann passiert es: Nur wenige Sekunden nach dem Start bleibt die Sprinterin im Rennen so unglücklich an einer ­Hürde hängen, dass sich Knie und Unterschenkel heftig ­verdrehen. Die Diagnose: Kreuzbandriss im rechten Knie, dazu Knochenbrüche und gerissene Nervenbahnen im ­Unterschenkel. Die schnelle junge Frau kann ihren rechten Fuß nicht mehr spüren. Die Ärzte machen ihr Mut auf eine zeitnahe Genesung, doch die Behandlung schlägt nicht an. Der Fuß bleibt taub und schlaff. Irmgard Bensusan wird nie wieder auf zwei gesunden Füßen laufen können. Extremerfahrungen Etwa zur selben Zeit holt Andreas Müller Bronze im Scratch bei den Bahnrad-Weltmeisterschaften im polnischen Prusz­ ków und gehört damit auch ganz offiziell zu den schnellsten Radfahrern auf diesem Planeten. Geboren in Berlin, startet Müller seit 2008 auf Straße und Bahn für ­Österreich, eini­ge Jahre später wird er für das Radsportteam Gebrüder WeissOberndorfer fahren. Auch in Müllers Leben dreht sich alles um Geschwindigkeit. Einmal knackt er bergab und im Wind­ schatten die magische 100-km/h-Grenze, ansonsten bewegt

Die Sprinterin Irmgard Bensusan hat bei den Paralympischen Spielen in Tokio 2021 Silber über 200 Meter gewonnen. 2019 wurde sie Welt­ meisterin über 100 und 200 Meter. Sprinter Irmgard Bensusan finished runner-up in the 200 meters at the 2021 Paralympic Games in ­Tokyo. In 2019 she won the 100and 200-meter titles at the World Championships.

er sich in der Regel bei der Hälfte des Tempos. »Als Rad­ sportler«, sagt er, »musst du ein Draufgänger sein, ein bissl Wahnsinn hat jeder in sich.« ­Müllers Sportlerkollege, der Skirennfahrer Christian ­Neureuther, hat das mal in einem Interview mit Financial Times Deutschland gut zusammen­ gefasst. Rennsportler seien oft »süchtig nach dem Rausch, der Ekstase, den ­Kräften, die in einer Kurve auf sie wirken«. Eine Sucht, der sich auch Müller nicht ent­ziehen kann: »Vor einigen Jahren gönnte ich mir mal eine Pause vom Rad­ sport. Nach kurzer Zeit war ich so unausgelastet, dass ich mir mein F ­ ahrrad schnappte und völlig sinnlos über rote Ampeln im Berliner Verkehr raste.« Mit ganz anderen extremen Erfahrungen muss sich die schwer verletzte Sprinterin Irmgard Bensusan befassen. Als ihr bewusst wird, von nun an mit einer Behinderung ­leben zu müssen, bekommt sie Essstörungen und fällt in eine Depression. »Dreieinhalb Jahre habe ich sehr gelitten«, sagt sie. »Mein ganzes Leben hatte ich dem Sprinten unter­ geordnet. Ich fragte mich: Wer bin ich ohne den Sport?« Nach einem langen und schmerzhaften Prozess habe sie ihr Handicap schließlich akzeptieren können – »und damit wieder zu mir selbst zurückgefunden«. 2012 zieht Bensusan in die Heimat ihrer Mutter und ­entwickelt sich bei Bayer Leverkusen zu einer der besten Para-Sprinterinnen der Welt. Mithilfe einer Orthese, einer Art Stützschiene, die ihren verletzten Fuß in Form hält,




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Rekorde

Andreas Müller, geboren 1979 in Berlin, war mehrfacher österreichi­ scher Meister im Bahnradfahren und Vizeweltmeister im Scratch 2013. Außerdem war er als sportli­ cher Leiter für den Österreichi­ schen Radsportverband tätig. Andreas Müller, born in Berlin in 1979, was an Austrian champion in track cycling and a runner-up in scratch at the 2013 World Championships. He has also worked for the Austrian Cycling Federation as a sports director.

s­ tartet sie vorrangig über die Distanzen 100, 200 und 400 Meter. Weil sie nicht mit einer dieser schaufelförmigen Federprothesen aus Carbon läuft, muss sie sich bis heute den Vorwurf gefallen lassen, einen Wettbewerbsvorteil zu genie­ ßen. »Aber das ist Quatsch. Der Fuß in meiner Orthese ist lediglich ein Teil, den ich mit mir rumtrage.« Dass sie auch als Parasportlerin wieder zu den schnellsten Frauen der Welt gehöre, habe in ihrem Fall vornehmlich mit der mentalen Bewältigung ihres Handicaps zu tun. »Ich sehne mich noch immer nach dieser Freiheit durch Geschwindigkeit. Erst als ich meine Behinderung angenommen habe, konnte ich diese Freiheit wieder spüren.« Mit großem Erfolg: Bei den Para­ lympics von Tokio lief die inzwischen für Deutschland star­ tende Bensusan über 200 Meter in 26,58 Sekunden zu Silber. Widerstand vor Material Eine olympische Medaille ist dem Rennradsportler Andreas Müller, der in Tokio Fahnenträger für die österreichische Mannschaft war, bislang verwehrt geblieben. Für den 41-Jäh­ rigen zeigt sich die Faszination Speed vor allem in den Kur­ ven, wenn die Fliehkräfte so stark sind, dass man »extrem in den Sattel gepresst wird und die Hände nicht mehr vom Len­ ker nehmen kann«. Während die besten Fahrer der Szene einfach nicht an mögliche Gefahren dächten, wäge er mögli­ che ­Risiken recht rational ab. »Auf der Straße ist man vielen ­äußerlichen Einflüssen ausgesetzt. Auf der Bahn hat man dagegen vergleichsweise Laborbedingungen.« Beim Radsport, sagt Müller, komme es neben dem Mut zum Risiko, dem Talent und der Trainingsbereitschaft auch sehr aufs Material an – heute deutlich mehr als noch vor zehn Jahren. »Die technischen Entwicklungen in den vergangenen Jahren waren enorm. Wobei man auch damals schon wusste, worauf es bei der Jagd nach den Bestzeiten vor allem an­ kommt: Aerody­namik.« Den Anteil der Aerodynamik beim Thema Speed schätzt Müller auf 95 Prozent. Rollwiderstand, Ketten­spannung, all das falle nur marginal ins Gewicht. Kein Rennradsportler würde heute noch mit offenem Trikot fah­ ren. Für spezielle Zeitfahranzüge bezahlen die Profis heute bis zu 5000 Euro, auch Räder und Helme sind entsprechend designt. »Widerstand steigt im Quadrat zur Geschwindig­

keit«, erklärt Müller. »Um den Durchschnitt von 50 auf 51 km/h anzuheben, muss man also weniger Watt treten, als von 60 auf 61 zu kommen.« Dort habe man sich inzwischen auf der Bahn eingependelt, durchschnittlich 10 km/h mehr als noch zu Müllers Rookiezeiten. Diese Jagd nach immer neuen Rundenrekorden treibt zum Teil erstaunliche Blüten. Bei den Spielen von Tokio klebten sich einige von Müllers Konkurrenten spezielle Pflaster auf die Schienbeine, um so den Luftwiderstand zu verringen. Eine Praxis, die schnell verboten wurde. Erlaubt ist hingegen der Tipp, den Müller seinen Kollegen mit auf den Weg gab: »Wer alles dafür tun will, Widerstand zu verringern, der schneidet sich vor dem Rennen auch die Fingernägel.« »Seit Jahrtausenden lässt der Homo sapiens nicht vom Risiko«, schreibt die ZEIT in einem 2012 erschienenen ­Artikel mit der Überschrift »Drang nach Extremen – Eine uralte Sucht«, »so wurden Pole erobert, höchste Gipfel be­ stiegen, Speisepläne erweitert und Medikamente gefunden.« Und Rennen gewonnen: 44,72 km/h schnell war Irmgard Bensusans Sprintkollege Usain Bolt, als er 2009 den Welt­ rekord über 100 Meter aufstellte. Sagenhafte 296 km/h ­erreichte Müllers Radsportkollegin Denise Mueller-Korenek, als sie 2018 im Windschatten eines Dragsters durch die ­Salzwüste von Utah jagte. Die Faszination rast immer mit. Formel-1-Legende Michael Schumacher hat dazu mal gesagt: »Es geht immer darum, ob du das Gefühl für den Grenz­ bereich hast. Das Limit zu fühlen, ist ein tiefes Gefühl der Freude und der Befriedigung. Aber es ist ein permanenter Kampf, auch gegen die Physik.« Ein Kampf, der reichlich Gefahren birgt. Andreas Müller beobachtete bei den Spielen von Tokio »deutlich mehr Stürze als sonst«. Und Irmgard Bensusan musste 2009 am eigenen Leib erfahren, was selbst auf der Tartanbahn passieren kann. Die anstrengenden Jahre und Monate der Vorbereitung auf die Paralympics 2021 will die Silbermedaillen-Gewinne­ rin nun übrigens mit einer lange geplanten Backpacking-Tour ausgleichen. Und vielleicht macht sie dabei eine Erfahrung, die sie so noch gar nicht kannte, die aber auch ihre Reize hat: die Entdeckung der Langsamkeit.

Es ist schon lange her, dass Alex Raack, geboren 1983 in Celle, von seinen Fußball-Kumpels »Turbo« gerufen wurde. Der freie Journalist setzt inzwischen lieber auf Routine und sein ­gutes Auge – auf sowie neben dem Platz.


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Faster! TEXT

Alex Raack

Competitive sports are the purest expression of humankind’s fascination with speed and peak performances. What inspires athletes to go higher, further and faster? And when does it make sense to ease off the pace? The start of the women’s 100-meter hurdles at the South African Championships in 2009. One of the favorites in this race is 18-year-old Irmgard Bensusan. The daughter of a German mother and South African father started track and field athletics at the age of four. Sprinting is in her blood. “For me, running fast has always felt like the ultimate form of freedom,” the now 30-year-old says. “Just stretch your legs and empty your head and blast off. It’s unadulterated relaxation.” Bensusan’s big ambition: to compete at the Olympic Games. Victory in the 100-meter hurdles at the National Championships would be a big step in the right direction. But then fate intervenes. Just a few seconds into the race, the sprinter’s leg catches a hurdle so awkwardly that her knees and lower legs are brutally twisted. The diagnosis: ruptured cruciate ligaments in the right knee, multiple fractures and severed nerves in the lower leg. The young woman can no longer feel her right foot. The doctors suggest she will make a rapid recovery, but she fails to respond to treatment. Her foot remains limp and numb. Irmgard Bensusan will never have two healthy feet again. Around the same time, Andreas Müller wins bronze in men’s scratch at the Track Cycling World Championships in Pruszków, Poland, cementing his status as one of the fastest cyclists on the planet. Originally hailing from Berlin, Müller has been competing for Austria in road and track events since 2008. A few years later, he joined the Gebrüder Weiss-Oberndorfer cycling team. Müller’s life also revolves around speed. Once, while cycling downhill and with the aid of a slipstream, he cracked the 100 km/h barrier, a momentous achievement. Normally he rides at half that pace. “As a cyclist,” he says, “you have to be a daredevil, we’re all a little bit nutty.” Müller’s sporting colleague, the alpine ski racer Christian Neureuther, once encapsulated this neatly in an interview with the Financial Times Deutschland. Racers often become “addicted to the exhilaration, the elation, the

forces they are exposed to when cornering,” he said. It’s a craving that even Müller cannot escape: “A few years back I took a brief break from cycling. After a short time, I had so much surplus energy that I grabbed my bike and raced like a madman through the Berlin traffic, completely ignoring any red lights.” The severely injured sprinter Irmgard Bensusan has to deal with even more powerful, if very different, emotions. When she realized she would be physically impaired for the rest of her life, she fell victim to depression and eating disorders. “For three and a half years, I really suffered,” she says. “I had sacrificed my whole life to sprinting. I asked myself: What am I without my sport?” After a long and painful process, she managed to accept her condition – and find a way back to being herself. In 2012, Bensusan relocated to her mother’s homeland and evolved into one of the world’s premier disabled sprinters at the sports club Bayer Leverkusen. With the aid of an orthosis, an external support that helps keep her injured foot in shape, she mainly competes over the distances of 100, 200 and 400 meters. Because she does not use the familiar carbon-fiber running blades, she is still subject to complaints that she has an unfair advantage over her rivals. “But that’s nonsense,” she says. “My foot is simply a part that I carry around in my orthosis.” The mental management of her handicap has been key to her again becoming one of the world’s fastest women, albeit now as a para-athlete. “I still yearn for the sense of freedom that speed offers. I was only able to relive that freedom when I had learned to accept my disability.” Her newfound sense of liberty has brought her great success: at the Tokyo Paralympics, Bensusan – who now competes for Germany – won silver in the 200 meters, clocking a time of 26.58 seconds. Road cyclist Andreas Müller, who was the flag-bearer for the Austrian team in Tokyo, has yet to grace an Olympic podium. For the 41-year-old, the fascination of speed really hits home in the bends, when the centrifugal forces are so strong that you are “forced down onto the saddle and can no longer let go of the handlebars.” While most top cyclists banish all thoughts of danger, he weighs up potential risks


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Records

quite rationally. “Lots of external factors affect you in road racing. By comparison, the conditions for track racers are like scientific laboratories.” Müller, who has also acted as a sports director at the Austrian Cycling Federation for some time, concurs that materials are very important in his sport – in addition to courage, talent and training discipline. This is even truer than it was a decade ago. “The technical advances in recent years have been huge. Even back in the old days, we knew what was paramount for the fastest times: aerodynamics.” Aerodynamics is 95% of the battle when it comes to speed, Müller estimates. Rolling resistance, chain tension – these only make marginal differences. Today, no road cyclist would ride with an open-necked jersey. Professionals pay up to 5,000 euros for special time-trial gear; wheels and helmets are custom-designed too. “Resistance increases exponentially with speed,” explains Müller, “so you have to generate less pedal wattage to improve from an average of 50 to 51 kilometers per hour than from 60 to 61 kilometers per hour.” The latter has become the norm in track cycling, with average speeds 10 kilometers per hour higher than when Müller was a rookie. The nonstop hunt for new lap records sometimes has remarkable consequences. At the Tokyo Olympics, several of Müller’s rivals attached special band-aids to their shins that reduced air resistance. This practice was swiftly banned. On the other hand, a tip Müller gave his colleagues is allowed: “If you want to do everything possible to minimize resistance, cut your fingernails before a race.” “For thousands of years, homo sapiens has steadfastly embraced risks,” according to a 2012 article entitled “The Urge For Extremes – An Ancient Addiction” in the German newspaper DIE ZEIT. “That was how the Antarctic and Arctic were conquered, the highest peaks climbed, diets expanded and medications discovered.” And races won: Irmgard Bensusan’s fellow sprinter Usain Bolt ran at 44.72 kilometers per hour when setting the world 100-meters record in 2009. Müller’s cycling colleague Denise Mueller-Korenek achieved an incredible 296 kilometers per hour in 2018 when she hurtled across a Utah salt flat in the slipstream of a dragster. Speed fuels the fascination. As Formula 1 legend Michael Schumacher once said: “It’s always about how good your feel for

extremes is. Pushing yourself to the limits gives you a fantastic thrill and sense of satisfaction. But it entails a never-ending struggle too, against the laws of physics.” It’s a struggle that harbors plenty of dangers. Andreas Müller noticed “significantly more crashes than usual” at the Tokyo Olympics. And, in 2009, Irmgard Bensusan experienced for herself what can happen – even on a Tartan track. After exhausting years and months of preparation for the 2021 Paralympics, the silver medal winning Bensusan now wants to ease off – by embarking on a long-planned backpacking tour. It may even be a rewarding voyage into the unknown. That is, if she can succumb to the allure of slowing down.  It’s been some time since Alex Raack, born in Celle in 1983, was last called “Turbo” by his soccer buddies. The freelance journalist now prefers to use his experience and eagle eyes – on and off the field.


Brieftaube Schneller als der Bote zu Fuß, dezenter als ein Reiter: Bis zur Erfindung des Telegrafierens um 1830 waren Brieftauben die einzige Mög­ lichkeit, Nachrichten unauffällig und innerhalb kürzester Zeit zu überbringen. Ihr Nachteil: Die Vögel müssen zunächst von ihrem Heimat­ schlag an den Abflugort gebracht werden. Von dort aber fliegen sie mit der Nachricht und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 120 km/h zurück. Wie sich die Tiere genau orientieren, ist bis heute nicht im Detail erforscht. Und obwohl der systematische Einsatz von Brieftauben bis in die Antike zu­ rückgeht, hatten die fliegenden Boten in der Neuzeit noch lange nicht ausgedient: Die Nachrichtenagentur Reuters startete um 1850 mit einer Brieftaubenstaffel zum Überbringen von Aktiendaten. Per Taube erfuhr die briti­ sche Regierung vom Sieg über Napoleon in Waterloo, und noch im Zweiten Weltkrieg erlangte G. I. Joe vom U.S. Army Pigeon Service große Berühmtheit: Mit der Überbringung einer Nachricht rettete die Taube vermutlich Tausenden Menschen das Leben.

Homing pigeon Faster than a foot courier, more discreet than a horseback messenger: until the invention of the telegraph in the 1830s, homing pigeons were the only way to deliver communications quickly and inconspicuously. The downside: the birds had to be brought from their coops to their point of departure. From there, however, they could return with a message at an average speed of 120 kilometers per hour. Exactly how they find their way has still not been established. Although the organized use of homing pigeons dates back to Antiquity, the airborne messengers have still been deployed in the modern era. When it began operation around 1850, the Reuters news agency used pigeons to deliver stock market data. A pigeon also carried the news of Napoleon’s defeat at Waterloo to the British government. And during the Second World War, G.I. Joe from the U.S. Army Pigeon Service achieved celebrity status: by delivering a vital message which likely saved thousands of lives.


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Zahlen und Fakten  Facts and Figures

Wie lange dauert es …

How long …

… auf der Schiene über die Seidenstraße nach China?

… does a freight train need to reach China via the Silk Road?

Die Nachfrage nach Güterverbindungen zwischen Asien und Europa ist groß. Gebrüder Weiss bietet von allen ­großen Rail Terminals in Zentraleuropa Verbindungen an. Ein ­Güterzug nach Shanghai ist etwa 20 Tage unterwegs.

Demand for cargo links between Asia and Europe is high. Gebrüder Weiss offers connections from all major rail terminals in Central Europe. A freight train takes around 20 days for its trip to Shanghai.

Duisburg

20

Tage days

Shanghai

… mit der Sammelgutlinie von Wien nach Moskau?

... does the groupage freight service between Vienna and Moscow take?

Auf zwei Linien bietet Gebrüder Weiss Direktverkehre nach Moskau. Die neueste Verbindung startet in Österreich: ­Freitag geht es in Wien los, Ankunft im Moskauer Zoll­ terminal ist vier Tage später.

Gebrüder Weiss offers direct connections to Moscow along two routes. The most recent departs from Austria, setting off from Vienna on Fridays and arriving at the customs terminal in Moscow four days later.

4

Tage  days

Wien  Vienna Moskau  Moscow

… bis ein Gas-Lkw der Gebrüder Weiss-Flotte neu aufgetankt ist?

... does a Gebrüder Weiss gas-powered truck need to refuel?

In vier Niederlassungen fährt Gebrüder Weiss mit einem Gas-Lkw. Bis der Tank mit umweltfreundlichem Treibstoff aufgefüllt ist, dauert es ca. 10 bis 15 Minuten.

Gebrüder Weiss operates gas trucks from four of its branches. It takes about 10 to 15 minutes to fill their tanks with the environmentally friendly fuel.

10 – 15

Minuten  minutes


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… bis Gebrüder Weiss klimaneutral ist? Innerhalb von neun Jahren will Gebrüder Weiss sich klima­ neutral aufstellen, so das Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie. Dafür reduziert das Unternehmen seinen CO2-Ausstoß seit 2020 jährlich um 10 Prozent.

... will it take Gebrüder Weiss to become climate-neutral? Under its sustainability strategy, Gebrüder Weiss plans to operate climate-neutrally within nine years. To this end, it has been reducing its CO2 output by 10 percent annually since 2020.

9 … bis Spezialtransporte abgewickelt sind? Spezialtransporte dauern sehr unterschiedlich lang. Inner­ halb eines Jahres bearbeitet die Abteilung Projects & Break Bulk bei Gebrüder Weiss etwa 600 Spezialtransporte, zum Beispiel den Transport von Brückenteilen, Ankerketten oder einer kompletten Zementfabrik.

600 Spezialtransporte Special transports

Jahre  years

... does it take to complete special transport projects? Special transport projects vary considerably in their durations. The company’s Projects & Break Bulk unit handles approximately 600 special transport projects per year. These include delivering bridge segments, anchor chains and even a complete cement factory.

in

1

Jahr  year

… bis aus dem Mailänder Boten ein inter­ nationaler Logistikkonzern geworden ist?

... did it take the Milanese Courier to become an international logistics group?

Der Mailänder Bote lässt sich mindestens bis ins Jahr 1474 zurückverfolgen. Gebrüder Weiss ist seitdem in mehr als 500 Jahren zu einem global tätigen Unternehmen gewachsen und heute an 170 Standorten in 35 Ländern vertreten.

The history of the Milanese Courier dates back at least as far as 1474. During the following centuries, Gebrüder Weiss evolved into a global operation, now represented in 170 locations spanning 35 countries.

500

Jahre  years

170 Standorte  locations 35 Länder  countries


Jede Minute zählt protokolle  Imke Borchers, Carola Hoffmeister, Miriam Holzapfel

Von Mark Twain wird sinngemäß gern zitiert, man solle nicht auf morgen verschieben, was genauso gut auch übermorgen erledigt werden kann. Das mag für viele Berufe ­zutreffend sein – für manche aber ist das richtige Timing absolut entscheidend, und es z ­ ählen nicht nur die Minuten, sondern auch Sekunden.


Die Uhr im Blick

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Matthias Walkner Motorradrennfahrer und Rallye-Weltmeister, Salzburg, Österreich Als Motocrossfahrer komme ich an unglaublich schöne und entlegene Orte, die zu Fuß oder mit dem Auto nicht erreich­ bar sind. Das macht meinen Beruf für mich einzigartig. Von den anderen Athleten bekomme ich beim Rennen wenig mit. Stattdessen ist die Zeit der Gegner, mit dem ich die ganze Strecke lang konfrontiert bin. Ich muss permanent navigie­ ren, also den Weg etwa durch ­Wüsten finden, in denen es keine ­Straßen gibt, keine Schilder und nur wenige Orientie­ rungspunkte. Bei der Rallye Dakar in Südamerika war ich an sechster Stelle, als ich zu einem ­ausgetrockneten Flussbett kam. Meiner Meinung nach ging es geradeaus weiter durch das etwa 1,3 Kilometer breite Flussbett. Die fünf Fahrer vor mir, darunter ein orts­kundiger Argentinier, waren allerdings abgebogen und ­hatten eine andere Route gewählt. Mir war schnell klar, dass das ein ganz wichtiger Moment für mich ist. Mit der Fahrt durch den Fluss könnte ich 20 Minuten ein­ sparen und vielleicht das Rennen gewinnen. Genauso war es möglich, dass ich noch weiter zurückfalle. Ich musste mich entscheiden – und zwar innerhalb von ein, zwei Sekunden. Ich bin das Risiko eingegangen und durch den Fluss gefahren.

Die nächsten 1,5 Stunden wusste ich nicht, ob das falsch ­gewesen war. Ich hatte zwar schon das Gefühl, die richtige Strecke ausgewählt zu haben. Aber ich konnte nicht ein­ schätzen, ob sich die anderen Fahrer außer Sichtweite weit vor mir befanden. Erst als ich kurz vor dem Ziel in Córdoba durch ein weiteres trockenes Flussbett kam und keine ­Reifenspuren erkennen konnte, wusste ich: Ich bin ganz ­vorne. Ich habe die Rallye Dakar 2018 dann als erster ­Österreicher in der Kategorie Bike tatsächlich gewonnen. In 43 Stunden, sechs Minuten und einer Sekunde.


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Die Uhr im Blick

Uwe Heinze Chauffeur, Hannover, Deutschland

Man kann mich als Chauffeur bezeichnen, aber Künstlerbe­ treuer trifft es eigentlich besser. Denn ich begleite Dirigenten und Dirigentinnen, Solisten und Solistinnen und Sängerin­ nen und Sänger aus dem Bereich Klassik auf ihren Tourneen quer durch Europa. Neben dem Fahren kümmere ich mich um allerhand andere Kleinigkeiten und erfülle zum Beispiel Getränke- oder Essenswünsche. Auf der Rückbank meiner Limousine saßen bereits Berühmtheiten wie Andris Nelsons oder Anne-Sophie Mutter. Damit meine Gäste pünktlich bei ihren Terminen ankommen, muss ich die Zeit natürlich ganz genau kalkulieren. Fahre ich mit zu viel Puffer los, ist bei einer frühen Ankunft das Hotelzimmer noch nicht bezugs­ fertig, und es gibt unerwünschten Leerlauf. Kommen wir zu spät an, wartet möglicherweise ein ganzes Ensemble auf der Bühne zur Probe oder – noch schlimmer – ein Konzertsaal mit voll besetzten Publikumsrängen. Das hat Stresspotenzial, zumal die pünktliche ­Ankunft ganz klar in meinen Verant­ wortungsbereich fällt – selbst dann, wenn sich ein Künstler oder eine Künstlerin verspätet und sich dadurch die Abfahrt verzögert. Unabhängig von der Zeit passe ich meine Fahrt­

geschwindigkeit immer dem jeweiligen Gast an – der eine liebt es schneller, der andere langsamer. In den 27 Jahren, in denen ich schon unterwegs bin, ist es mit dem Stau auf den Straßen immer schlimmer geworden. Wie neulich in Paris, da ging es nicht vor und nicht zurück. In solchen Momenten rufe ich den Tour-Manager an und kündige unsere Ver­ spätung an. Das Wichtigste ist dabei für mich, die Ruhe zu bewahren. Sonst überträgt sich meine Nervosität auf den Gast – und das darf nicht passieren. Da ich viele Künstlerin­ nen und Künstler schon seit Jahren kenne, vertrauen sie mir. Und verzeihen auch mal eine kleine Unpünktlichkeit.


Die Uhr im Blick

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Luisa Kalina Teamleiterin Stückgut, Gebrüder Weiss Passau, Deutschland Wenn ich Frühschicht habe, startet mein Arbeitstag morgens um 7 Uhr. Ich beginne mit der Kontrolle der Sendungsein­ und ­ausgänge des Vortages. Was ist angekommen, was ging raus? Hat alles reibungslos geklappt? Gleichzeitig muss ich den Sammelgutausgang für den laufenden Tag vorbereiten – was steht an, welche Sendungen müssen auf welchen Lkw geladen werden, reicht die geplante Ladekapazität aus? Wäh­ renddessen klingelt dauernd das Telefon, und zahlreiche E­Mails kommen rein, Anfragen, Auftragserfassungen, Re­ klamationen, Schadensbearbeitungen und auch interne An­ fragen. Einkommende Terminsendungen muss ich im Laufe des Tages gleich auf die unterschiedlichen Linien, die wir bedienen, einteilen. Während so einer Schicht muss ich ein­ fach funktionieren. Und die Herausforderungen sind täglich neu, kein Fall gleicht dem anderen. Eine typische Situation: Ein Fahrer soll bei Kunde A zur Beladung plötzlich länger warten als geplant. Dann schafft er es nicht mehr, Kunde B und C anzufahren. Da muss ich reagieren: Kann er während­ dessen bei einem Kunden D laden? Oder rufe ich lieber bei Kunde A an und frage, ob die Beladung beschleunigt werden

kann? Oder schicken wir einen anderen Fahrer auf der Heim­ fahrt bei A vorbei? Wenn es eine Terminsendung ist: Schafft es der Fahrer wieder pünktlich in die Niederlassung, um den Anschluss­Lkw noch zu erwischen? Wir leben im Zeitalter von Just­in­Time, alles muss so schnell wie möglich zuge­ stellt werden. Man gewöhnt sich aber daran, blitzschnell zu reagieren, den Stress auszuhalten und die Ruhe zu bewah­ ren. Schließlich ist die Kundenzufriedenheit ein wichtiges Entscheidungskriterium, und auch die Wirtschaftlichkeit spielt natürlich eine Rolle. In meinem Job gibt es meist nicht die einzig richtige Lösung, sondern es geht darum, schnell und pragmatisch zu entscheiden. Und genau das schätze ich daran.


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Die Uhr im Blick

Claus Erhard Umschlagsleiter, Gebrüder Weiss Wolfurt, Österreich Unter einem Umschlag stellen sich die meisten wohl eine Halle vor, in der sich Paletten und Produkte bis unter die Decke stapeln. In dem Lager, das mein Team und ich betreu­ en, wird hingegen Ware von einem Laster auf den nächsten verladen – alle möglichen Güter mit Ausnahme von Tieren und Sprengstoff. Morgens um 3 Uhr werden die ersten Lkw mit Waren an unserem Standort entladen, die dann von den Fahrerinnen und Fahrern innerhalb von Vorarlberg ausgelie­ fert werden. Gleichzeitig holen sie weitere Güter ab, die an Adressen in ganz Österreich sowie der Schweiz gehen. Sie treffen sich auf halbem Weg mit anderen Lkw, tauschen ihre beladenen Anhänger aus und kehren an das jeweilige Aus­ gangshaus zurück. Bis die letzten Lkw gegen 19 Uhr unser Gelände verlassen, ist alles ganz genau getaktet – manchmal auch noch darüber hinaus –, wie eine Choreografie. Die ­Lieferketten müssen reibungslos funktionieren, es kommt wirklich auf jede Minute an. Selbst wenn wir personell gut aufgestellt sind und ich umsichtig kalkuliere, kann immer etwas Unvorhersehbares passieren. Und das bringt dann im schlimmsten Fall die nachfolgenden Termine zum Einsturz,

wie bei einem Domino-Spiel. Zum Beispiel, wenn ein Fahrer krank wird oder ein Stau besonders zäh ist. Das ist natürlich schon stressig. Ich versuche dann in Absprache mit dem je­ weiligen Schichtleiter und Rollfuhrdisponenten vor Ort eine Lösung zu finden. Wir arbeiten nun einmal terminabhängig und wollen die vereinbarten Zeiten unbedingt einhalten.


Die Uhr im Blick

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Anja Grewe Konferenzdolmetscherin, Hamburg, Deutschland

Als Konferenzdolmetscherin arbeite ich zu 90 Prozent simul­ tan. Da findet die Verdolmetschung zeitgleich zum Gespräch statt, wir stehen also automatisch unter Zeitdruck. Wenn ich in der Kabine sitze und das Mikro angeht, schlägt mein Puls immer noch hoch. Dolmetschen ist ein Job mit viel Adrena­ lin. Es kommt auf eine unglaublich schnelle Auffassungsgabe an, ich muss gleichzeitig hören und sprechen. Natürlich be­ reite ich mich im Vorfeld ausführlich vor, lerne die Vokabeln und studiere Präsentationen, Redenotizen oder Videos zum Thema. Manchmal sind die Themen auch ganz speziell, da geht es dann zum Beispiel einen Tag lang nur um diabetische Füße. Die Vorbereitungszeit macht einen Großteil meiner Arbeit aus. Aber während der Konferenz muss ich ahnen, worauf die Sprechenden hinauswollen, ich sortiere die Sätze im Kopf vor. Da muss ich mich wahnsinnig gut konzentrie­ ren. Weil es so anstrengend ist, arbeiten wir beim Simultan­ dolmetschen immer mindestens zu zweit und wechseln uns alle 20 bis 30 Minuten ab. Und ich kann ja auch nicht alles wissen. Wenn plötzlich vom Thema abgeschweift wird und ich dann eine spezielle Vokabel nicht kenne oder sie mir auf

Anhieb nicht einfällt, dann springt meine Partnerin ein und schlägt die Vokabel nach. Oder ich googel selber ganz schnell, wenn ich gerade eine Sinneinheit zu Ende verdolmetscht habe. Das kann man tatsächlich trainieren. Trotz des hohen Stresslevels macht mir mein Job richtig viel Spaß. Die ver­ schiedenen Einblicke in Branchen und Unternehmen, vor Ort mit den Teilnehmenden, das ist wie lebenslanges Lernen und superspannend. Im besten Fall ermögliche ich eine rei­ bungslose Kommunikation zwischen den Menschen, und das macht mir Freude.


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Die Uhr im Blick

Leon Ebeling Rettungssanitäter und angehender ­Notfallsanitäter, Stuttgart, Deutschland Mit Blaulicht zu einem Einsatz fahren dürfen wir nur, wenn der Patient oder die Patientin in einem kritischen Zustand ist. Das ist in Deutschland klar geregelt. Und es ist auch fest­ gelegt, wann man spätestens dort sein muss, wo man auf uns wartet: Ab Eingang des ­Notrufsignals in der Leitstelle haben wir sechzig Sekunden Zeit, um im Rettungswagen den Einsatz zu übernehmen. Anschließend müssen wir inner­ halb von weiteren 14 Minuten beim Patienten oder bei der Patientin sein. Wenn viel los ist, bei Großschadenslagen zum Beispiel, brauchen wir auch mal mehr als 15 Minuten, bis wir ankommen. Dann kann sich aber auch die Feuerwehr oder die Besatzung eines Krankentransportwagens um die Erstversorgung kümmern, sodass die Hilfsfrist einge­ halten wird. Natürlich müssen wir uns in einem Notfall nicht an ­Geschwindigkeitsbegrenzungen halten, aber wir fahren trotzdem selten mehr als 20 km/h über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, um weder jemanden im Straßen­ verkehr noch uns selbst zu gefährden. Und es ist nicht so, dass wir grundsätzlich zu jedem Einsatz durch die Stadt

r­ asen. Es hängt vielmehr vom Einzelfall ab, wie sehr wir uns beeilen. Bei lebensbedrohlichen Zuständen wie einem Schlaganfall, ­einem Herzinfarkt oder aber bei einer notwen­ digen Rea­ni­mation muss selbstverständlich so rasch wie möglich gehandelt werden, und es zählt tatsächlich jede Sekunde. Generell gilt bei uns allerdings die Maßgabe, dass wir im Einsatz zwar möglichst zügig, aber auch möglichst sicher vorgehen – und nicht möglichst schnell. Dafür muss jeder Handgriff sitzen und absolut konzentriert ausgeführt werden. Deswegen ­rennen wir zum Beispiel nicht, denn ­rennen heißt Hektik, und Hektik heißt Fehler machen. ­Außerdem sind wir mit unseren Sicherheitsschuhen, den ­Rettungsrucksäcken und den Geräten wirklich voll beladen. Rennen wäre also gar nicht so leicht.


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Every minute counts TEXT

Imke Borchers, Carola Hoffmeister, Miriam Holzapfel

As Mark Twain put it, “Never put off till tomorrow, what you can do the day after.” That may be true for some professions – but for others, perfect timing is absolutely crucial. Every minute counts. And in some cases, every second.

Matthias Walkner Motorcycle Racer and World Rally Champion, Austria As a motocross rider, I find myself in incredibly beautiful, remote places that can’t normally be accessed on foot or by car. That, in my view, is what makes my profession so unique. You aren’t really aware of the other competitors during races. Instead, the clock is your main opponent, the rival you need to beat. I’m constantly navigating, trying to find the best way through deserts and other places where there are no roads, no signposts and very few landmarks or reference points. During the Dakar Rally I was in sixth position when I came upon a dried-up riverbed. As I understood it, I needed to go straight ahead, across a river that was about 1.3 kilometers wide. But the five riders ahead of me, including an Argentinian familiar with the area, had turned off and taken another route. It soon dawned on me that this was a really important moment in the race. By riding across the river, I might be able to save 20 minutes and maybe even win the event. Alternatively, I might lose ground and drop even further behind. I had to make up my mind quickly – within just a second or two. I “took the plunge” and risked continuing straight ahead. For the next 90 minutes I had no idea whether my gamble would pay off. Intuitively I had the feeling that I had picked the right route. But I had no way of knowing where the other riders were – they could have been way ahead of me, out of sight. Finally, shortly before the finish line in Córdoba, I passed through another dried-out riverbed – and there were no tread or tire marks in sight. At that point I realized I had taken the lead. The happy ending: in 2018 I became the first Austrian to win Dakar in the motorbike category – completing the course in 43 hours, six minutes and one second.

Uwe Heinze, Chauffeur, Hanover, Germany Some people might call me a chauffeur, but the term “artiste’s aide” would actually be more accurate. Because I shepherd conductors, soloists and other singers from the world of classical music on their tours across Europe. In addition to driving them from place to place, I also field all kinds of minor issues, making sure – for example – that they get what they want to drink and eat. I’ve had all kinds of celebrities in the back of my limousine, people like Andris Nelsons and Anne-Sophie Mutter. I obviously need to calculate journey times accurately to ensure that my guests arrive at events on time. If I plan too cautiously, we might get to the hotel before the room is available, in which case you end up having to kill time. And if we cut it too fine, we might find the entire ensemble waiting on stage to rehearse or – worse – a packed-out concert hall champing at the bit. That can be stressful, not least as I am always held responsible for arriving on schedule, even if the artiste is late and delays our departure. Independent of the time available, I always drive at the pace my passenger prefers – some like it faster than others. In the 27 years I’ve been plying the roads, the congestion has gotten worse and worse. As in Paris recently, when there was no way forward and no way back. When things like that happen, I call the tour manager and report the delay. The most important thing is that I maintain my composure. Otherwise the artiste will start getting nervous – and that’s definitely a no-go. I have known lots of artistes for years, so they have come to trust me. And they are willing to forgive and forget if we are a few minutes late.

Luisa Kalina Team Leader General Cargo, Gebrüder Weiss Passau, Germany When I’m on an early shift, my working day starts at 7:00 a.m. I begin by reviewing the previous day’s general cargo. What was delivered? What was dispatched? Were there any hitches? At the same time, I need to start


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Clockwatching

preparing the current day’s outbound shipments. What are we expecting? Which freight needs to be loaded onto which truck? Do we have enough capacity? And while I’m doing all this, the phone is ringing off the hook and a string of emails is landing in my inbox – ­inquiries, orders, complaints, damage reports, and mails about internal issues, too. I have to allocate the scheduled consignments we receive during the day to the correct delivery routes. Put simply, I have to keep on top of things during a shift like that. The challenges you face are never the same, there’s always something new. Take one typical situation: a driver has to wait longer than expected to pick up goods from Customer A. So he can’t make it to Customers B and C in time. In that case, I have to intervene. Can he collect a consignment from Customer D during the delay? Or does it make more sense to call Customer A and ask if the loading can be speeded up? Or should we ask a different driver to stop by Customer A on his return journey? And if we’re talking about a scheduled shipment, can the driver make it back to the warehouse before the connecting run leaves? We live in the age where efficiency is a must and goods need to be delivered “just-in-time.” But you get used to responding instantly to problems, coping with the stress and maintaining your cool. Ultimately, keeping customers satisfied is paramount and, needless to say, minimizing costs is a factor as well. For the most part in my field of work, there is more than one possible solution to a conundrum. Being pragmatic and identifying a fast fix is what counts. And that’s exactly what I like about my job.

Claus Erhard Freight Handling Manager, Gebrüder Weiss Wolfurt, Austria When I tell people I work in transhipment, they probably imagine a large structure with pallets and products stacked up to the roof. But at the hub I manage with my team, the cargo is transferred from one truck to another. It has all kinds of goods, the only exceptions being animals and explosives. By 3:00 a.m. we are already unloading the day’s first truck so our drivers can deliver the goods here in the Vorarlberg region. At the same time, they pick up other shipments destined for recipients across

Austria and Switzerland. The trucks meet at a half-way point, switch their loaded trailers, and then return to their bases with the new consignments. Every step is timed to perfection until the very last truck leaves our site at around 7:00 p.m. – and sometimes even later. You have the impression that the whole process has been choreographed. The supply chains need to operate without a single hitch; every minute really does count. And even if we have a full complement of staff and I have planned everything conservatively, something unexpected can still throw a wrench in the works. And, in a worst-case scenario, spark chaos: a domino effect that disrupts the rest of the day’s schedule. For example, if a driver calls in sick, or traffic is extremely congested somewhere. Then, of course, things really do get stressful. In those situations, I liaise with the shift supervisor and dispatcher and we try to find a solution locally. After all, we are all tied to a schedule and want to do everything we can to deliver on the dot as agreed.

Anja Grewe Conference Interpreter, Hamburg, Germany Some 90 percent of my work as a conference interpreter is simultaneous. That means that the interpreting takes place at exactly the same time, which automatically puts us under pressure. When I’m sitting in the booth and turn on my mike, it still makes my heart race. You need to comprehend what’s said at lightning speed, listen and talk at the same time. I obviously prepare extensively beforehand: I learn the vocabulary and study relevant presentations, speakers’ notes and videos. Sometimes the subjects are quite specific: for example, you can spend whole days talking about diabetic feet. Preparation takes up the majority of my time. But during the conference itself I need to anticipate where the speakers are headed. I map out my sentences in my head. I have to concentrate like crazy. And because the job is so strenuous, we simultaneous interpreters work in teams of at least two, and trade off every 20–30 minutes. But I can’t and don’t know everything. If somebody suddenly veers off-topic and I don’t know a certain term or the right word doesn’t occur to me instantaneously, my partner helps out and looks up the word. Or I quickly google it myself as soon as I’ve wrapped


Clockwatching

up the point. You can actually practice that. Despite the high levels of stress, I really enjoy my job. All the insights into different industries and companies, being on site with the participants – it’s basically life-long learning and super intriguing. If all goes well, I’m enabling people to communicate without a hitch, and I enjoy that.

Leon Ebeling Trainee Emergency Paramedic, Stuttgart, Germany We’re only allowed to switch on our blue lights when making our way to patients in critical condition. The regulations in Germany are clear on this. They also define how much time we have to reach patients once we have been notified. After the emergency signal has been activated at our headquarters, we have 60 seconds to be in our vehicles and on our way. After that we have another 14 minutes to reach the patient. If it’s a high-demand incident, e.g. with multiple casualties, we sometimes take longer than 15 minutes. However, in that case, staff from a fire truck or non-emergency ambulance can perform first aid and make sure that patients get help within the timeframe specified. We’re allowed to ignore speed limits in emergencies, of course. But we rarely drive more than 20 kilometers per hour faster, given the dangers it entails for us and other road users. And we don’t end up racing through the streets on every call. Just how fast we drive depends on the given circumstances. If patients’ lives are in jeopardy as a result of a stroke or heart attack etc., or they need resuscitating, then we obviously need to move fast because every second literally counts. In general, though, the rule is that we should drive as quickly as is safely possible – not just as fast as we can. We need to muster all our concentration and can’t afford to slip up. For that same reason, we don’t run when we arrive. People start making mistakes when they rush. What with our safety shoes, the emergency packs on our backs and other equipment in tow, we are normally loaded down anyway – and couldn’t easily run even if we wanted to.

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Postkutsche Ursprünglich wurden Postsendungen – und auch Passagiere – in ungefederten Pferde­ wagen befördert, teils sogar ohne Verdeck. Erst mit den Fortschritten im Straßenbau etablierte sich die Kutsche und damit ein Minimum an Komfort. Die Reisegeschwindigkeit der Kutsche steigerte sich ebenfalls über die Jahr­ hunderte: Um 1700 reiste man noch sehr langsam mit etwa 2 km/h, im 19. Jahrhundert, als es schon Landstraßen gab, waren es dann 10–12 km/h, was Distanzen von bis zu 100 Kilometern am Tag ermöglichte. Zu dieser Hochzeit der Fahrpost gab es zwischen damals wichtigen europäischen Handelszentren täglich etwa eine Verbindung. Als die Eisen­ bahn zunehmend ausgebaut wurde, wurde der Transport mit der Postkutsche unattrak­ tiv – durch den Benzinmangel im Ersten Welt­ krieg erlebte sie in Europa aber noch mal eine Renaissance, bevor sie dann endgültig als Museumsexponat endete.

Stagecoach Originally, both post and passengers were transported in unsprung horse-drawn carriages, some of which did not even have soft tops or roofs. It took advances in road building for carriages to become established and offer a minimum degree of comfort. Their speed also increased over the centuries. Back around 1700, they still travelled very slowly – at about two kilometers per hour. But following the construction of rural roads in the 19th century, they could manage ten to twelve kilometers per hour – bringing journeys of up to 100 kilometers into range. In the heyday of mail coaches, there was roughly one connection a day between the main European trading centers of the time. Following the advent of the railway, transport by stagecoach lost its appeal. However, due to fuel shortages during the First World War, the carriages experienced a revival in Europe – before finally entering retirement in museums across the continent.


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Schnell zu mehr Langsamkeit Miriam Holzapfel im Gespräch mit dem Zeitforscher und Wirtschaftspädagogen Karlheinz Geißler über Takt, Rhythmus und den Charme von Wartezeiten

Herr Professor Geißler, wir waren für 11 Uhr verabredet, und eigentlich hatte ich mich beeilt, um auf die Minute pünktlich zu sein. Vor ihrem Haus kamen mir dann ­Zweifel: Legen Sie auf eine solche Pünktlichkeit über­ haupt Wert? Nun, Sie sehen es ja: Ich sitze im Rollstuhl, weil ich früher Kinderlähmung hatte. Bis vor zehn Jahren konnte ich zwar noch gehen, aber ich konnte nie aus eigener Kraft beschleu­ nigen, ich konnte nie schnell sein, mich nie sehr beeilen. Ein solches Leben setzt voraus, dass man verschiedene Zeit­ formen leben kann: Man muss warten können, Pausen aus­ halten, man muss langsam sein können – und all diese Zeit­ formen produktiv machen. Und deshalb ist Pünktlichkeit eine Kategorie, die für mich nicht wichtig ist. Aber wie verabreden Sie sich dann? Ich mache keine Zeitpunktverabredungen, sondern Verab­ redungen für Zeiträume. Ich sage: Kommen Sie so zwischen 11 Uhr und 12 Uhr, oder: Kommen Sie am späten Vormittag. So machen das übrigens auch Naturvölker und andere Ge­ sellschaften, die wirtschaftlich nicht ganz so prosperieren. Oft finden wir das sehr reizvoll, denken Sie an Italien, wo man es mit der Pünktlichkeit auf die Minute auch nicht ganz so genau nimmt. Und doch organisiert sich unsere Gesell­ schaft in der Regel streng nach der Uhr. Wie organisieren Sie Ihren Tag ohne Uhr? Gerade wenn man keine Uhr nutzt, bekommt man irgend­ wann ein sehr gutes Gefühl dafür, wie spät es ist. Und das reicht mir. Ich schaue zur Sonne und weiß, welche Tageszeit es ist, und ich fühle, wenn Mittag ist oder wenn die Zeit für eine bestimmte Handlung gekommen ist. Bevor ich mich am Morgen an den Computer setze, koche ich mir beispielsweise erst einen Espresso. Solche Rituale strukturieren meinen Tag, und ich weiß immer, an welcher Stelle ich mich gerade befinde und welche Phase als Nächstes kommt. Reicht dieses Gefühl aus, um beispielsweise einen Zug zu bekommen? Der fährt ja genau zu einem bestimmten Zeitpunkt ab und nicht nur so ungefähr.

Prof. Dr. em. Karlheinz Geißler war bis zu seiner Pensionierung Uni­ versitätsprofessor in München. Er ist Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Zeit­politik und des Tutzinger Projekts Ökologie der Zeit. Zuletzt ist von ihm Die Uhr kann gehen: Das Ende der Gehorsamkeitskultur erschienen. Prof. Dr. Karlheinz Geißler was a university professor in Munich ­until his retirement. He is a cofounder of the German Society for Time Policy and the project “Eco­ logy of Time.”

Na, so ist es ja eben gerade nicht. Die Bahn ist eine sehr elas­ tische Organisation, was Zeit betrifft, sie ist ein Scheinriese im Hinblick auf Pünktlichkeit. Viele Leute erreichen einen Zug nur deshalb, weil er verspätet ist. Wenn ich von Frank­ furt nach München fahren will, und das kommt öfter vor, dann begebe ich mich zum Bahnhof, wenn ich bereit bin, und meistens kommt ein Zug früher, als ich es erwarte. Und si­ cher erreiche ich am Ende der Reise meinen Zielort – darauf kommt es an. Pünktlichkeit ist eine Sache, die man gerade bei Zugreisen lieber nicht erwarten sollte. Beim Autofahren macht man das ja auch nicht, dass man eine Ankunft nach langer Fahrt auf die Minute genau einhält. Ich habe eine Zeit lang den Deutschen-Bahn-Vorstand beraten und immer empfohlen, nicht ausgerechnet mit Pünktlichkeit fürs Bahn­ fahren zu werben, denn das produziert permanent Enttäu­ schung. Wichtig ist, dass die Bahn überhaupt fährt, dass sie sicher ist und einen gewissen Komfort bietet. Unsere Gesell­ schaft erfordert doch sonst auch sehr viel Flexibilität, und aus einer gewissen Unpünktlichkeit ergeben sich überall Chancen. Das Warten auf einen Zug beispielsweise kann sehr produktiv sein, der Philosoph Walter Benjamin hat es einmal ungefähr so formuliert: Je länger ich warten muss, desto schöner werden die Frauen.


Zuletzt hat die Corona-Pandemie sehr viel Warte- und Pausenzeiten mit sich gebracht, die viele Menschen eher weniger schön fanden. Wie haben Sie als Zeitforscher diese Phase der Entschleunigung erlebt? Natürlich war das sehr spannend für mich. Das Interessante ist, dass die Pandemie eine besonders radikale Form des Ausbremens gewesen ist. Allerdings wurde die Gesellschaft als solche dabei gar nicht wirklich entschleunigt. Zwar hat in vielen Bereichen des Lebens die Geschwindigkeit ab­ genommen, viele Menschen mussten morgens nicht mehr schnell aus dem Haus oder auf dem Weg nach Hause rasch noch etwas einkaufen. Auf der anderen Seite gab es aber auf einmal ganz neue zeitliche Belastungen, der Arbeitsalltag wurde sehr verdichtet: Alles musste neu koordiniert werden,

Von März 2020 bis März 2021 hat der Fotograf Noah Kalina fast jeden Tag den Blick ins Tal des Delaware River im Staat New York aufgenom­ men und so den Fluss im Rhythmus der Jahres­ zeiten porträtiert. Every day from March 2020 to March 2021, the photographer Noah Kalina took a picture of the Delaware River valley in New York State, ­capturing the rhythms of the seasons.

man musste für sich selbst eine Festlegung treffen, wann man morgens aufsteht, wann man mit der Arbeit anfängt und wann man eine Pause macht, um sich um Haushalt oder Familie zu kümmern. Es sind in der Pandemie viel mehr Zeitentschei­ dungen zu treffen gewesen und nicht etwa weniger, nur weil das gesellschaftliche Leben insgesamt ausgebremst wurde. Und man muss erst einmal lernen, wie man das überhaupt macht, wie man sich organisiert und wie man Familienleben und Arbeitsleben voneinander trennt. Wie gelingt es mir, wieder mehr nach der eigenen Ord­ nung zu leben? Na, indem ich mich nicht immer nach der Uhr richte. Die Uhr ist eine bestimmte Form von Ordnung, und wenn ich sie ablege, organisiere ich meine Zeit wieder selbst, nicht mehr nach einem Gerät ausgerichtet, sondern nach der jeweiligen Situation. Anders ausgedrückt: Ich muss nach Zeitqualitäten leben – die Uhr zeigt aber nur Quantität. Beispielweise beginnt die Schule immer um acht, egal ob die Kinder noch müde sind oder nicht. Das ist überhaupt nicht sinnvoll. Besser wäre es, wenn Kinder morgens dann in die Schule gehen könnten, wenn sie auch wirklich lernfähig sind, wenn man also in den Schulen ein Gleitzeitmodell einführen würde. Kinder und Eltern wären dann aufgefordert, die Zeiten des eigenen


»Wohlstand   entsteht durch Schnelligkeit, aber wirkliche ­Zufriedenheit kommt durch Langsamkeit.«

Körpers als Maßstab zu nehmen und nicht die der Uhr. Wenn man so will, war dies ein Vorteil der Pandemie: Dass die for­ malen Strukturen größtenteils weggefallen sind und man zu einer eigenen Ordnung finden konnte. Dafür sind Rituale hilfreich, sonst steht man am Ende am Kochtopf und rührt mit dem Smartphone um, weil man gedanklich noch bei der Arbeit ist. Es braucht im Laufe eines Tages jeweils Distanz zum Vorangegangenen, und die bekommt man, indem man Übergänge organisiert und Pausen macht. Wo es aber nicht gelingt, eine eigene Ordnung zu schaffen, entsteht Stress. Insgesamt ist es ja so, dass Schnelligkeit im Arbeitsleben in aller Regel gern gesehen ist, während Langsamkeit oft

als Makel interpretiert wird. Hat die Schnelligkeit ihren guten Ruf zu Unrecht? Das finde ich nicht. Der Schnelligkeit ist viel zu verdanken, und es ist verständlich, dass die Ökonomie auf Schnelligkeit setzt, weil dort eben Zeit in Geld verrechnet wird. Wenn Sie kein Geld verlieren wollen, müssen Sie beschleunigen. Und das führt letztlich zu volkswirtschaftlichem Wachstum. Die Schnelligkeit hat also großartige Vorteile, sie macht uns wohlhabend: Dort, wo es sehr, sehr schnell gehen muss, wird am meisten Geld verdient, an der Börse zum Beispiel. Es gibt im Finanzwesen keine Zeit, die nicht in Geld verrech­ net wird. Umgekehrt ist es so, dass das, was man nicht be­ schleunigen kann, meist nicht besonders gut bezahlt wird, Pflege zum Beispiel. Das alles hat aber Grenzen, und man muss sehen, an welcher Stelle Schnelligkeit wirklich sinnvoll oder notwendig ist. Der Mensch kann nicht permanent nur beschleunigen, denn Beschleunigung verbraucht Ressour­ cen. Für ein wirklich gutes Leben benötigen wir auch Zeiten, die nicht in Geld verrechnet werden können. Diese Zeiten sind ebenfalls überaus wichtig und produktiv. Man kann beispielsweise nicht dauerhaft den Schlaf verkürzen, wenn man sich gut fühlen will. Also, Wohlstand entsteht durch Schnelligkeit, aber wirkliche Zufriedenheit kommt durch Langsamkeit.


Das heißt, man sollte die eine Zeitform nicht grundsätz­ lich der anderen vorziehen? Aber nein! Ich bin für Vielfalt, auch in der Zeit. Es gibt viele Zeitformen, und alle haben etwas Produktives, sonst gäbe es sie nicht. Wir müssen daher schauen, welche Produktivkraft in den verschiedenen Zeitformen jeweils liegt und wie wir zu einer Zeitorganisation kommen, die uns zufriedenstellt. Das heißt, wir müssen zwischen Takt und Rhythmus unterschei­ den. Wenn wir uns nach der Uhr organisieren, organisieren wir nach Takt – und der kann beschleunigt werden. Takt heißt Wiederholung ohne Abweichung: Jede Stunde ist gleich lang, und wenn eine Stunde nicht gleich lang ist, ist die Uhr kaputt. In der Natur ist das anders, sie ist rhythmisch organi­ siert, und daran können wir uns orientieren: Im Winter sind andere Zeiten angesagt als im Sommer, die Tage sind je nach Jah­reszeit unterschiedlich lang, es gibt Ruhephasen und Be­ schleunigung, und alle Phasen haben ihre Berechtigung und ihre Dauer. Es gibt deshalb kein Volk auf der Erde, das kei­ nen Rhythmus hätte, das nicht tanzt und singt. Aber es gibt viele Völker ohne Uhr. Das bedeutet, dass dem Menschen Rhythmus einge­ schrieben ist, Takt aber nicht? Genau, jedes Leben ist rhythmisch. Und wenn es Zeitpro­

bleme gibt, ist immer Rhythmus die Lösung. Ich bin deshalb auch für eine Verteilung des Ruhestands auf das gesamte ­Leben. Das könnte so aussehen, dass wir längere Urlaube machen oder dass Eltern Erziehungszeiten nehmen. Das wird ja bereits in einigen Staaten unterstützt und finanziert, das sind wirksame symbolische Handlungen, die in Richtung ­einer Gesellschaft weisen, die die Vielfalt von Zeiten aner­ kennt. Auch im Hinblick auf den Klimawandel ist das eine wichtige Forderung: Wir müssen sehr schnell zu mehr Lang­ samkeit kommen. Nicht nur Langsamkeit, auch das Warten ist den meisten Menschen sehr unangenehm. Warum ist das so? Es gibt unterschiedliche Formen des Wartens. Es gibt ein

»Jedes   Leben ist ­rhythmisch. Und wenn es Zeitprobleme gibt, ist immer Rhythmus die Lösung.«


Warten, das sehr lästig ist: Wenn jemand anders uns warten lässt, denn das ist immer mit Herrschaft verbunden. Da sitzt man dann in Vorzimmern oder auf langen Gängen oder an zugigen Orten und fühlt sich der Organisation eines anderen ausgeliefert. Es gibt aber auch ein Warten, das hochproduk­ tiv ist. Ein Bauer, der gut warten kann, bekommt die besten Äpfel oder die besten Kartoffeln. Da gibt es nichts zu be­ schleunigen. Auch das erzwungene Warten, weil der Zug vielleicht eben doch noch nicht kommt oder weil es einen Sturm gibt, kann durch andere Dinge kompensiert werden, durch Sozialkontakte etwa, die uns guttun. Man kann zum Beispiel Wartezeit nutzen, um endlich wieder jemanden anzurufen, mit dem man lange nicht gesprochen hat, oder man sucht das Gespräch mit jemandem, der sich ebenfalls in dieser Situation befindet. Oder man atmet, einfach mal durch. Zeit wird also als angenehmer erlebt, wenn ich mich auf die jeweilige Situation einlasse, anstatt mich abzu­ lenken? Ja, auf die jeweilige Situation und auf die Zeitformen, die die verschiedenen Situationen uns anbieten. Natürlich gibt es Zeiten, da muss man einfach schnell sein, und das ist völlig

in Ordnung. Es gibt aber auch andere Zeiten, wo das nicht notwendig ist. Und das sollte man erkennen und unterschei­ den können, dafür sollte man ein Gefühl entwickeln. Es geht ­darum, eine Verbindung mit der Umgebung herzustellen, mit dem sozialen Raum und mit der Natur. Wenn das gelingt, dann geht es uns gut, in welcher Zeitform auch immer.

Miriam Holzapfel hat Kulturwissenschaften studiert und arbeitet als ­Redakteurin und Autorin. Sie betreut verschie­dene ­CorporatePublishing-Projekte, so auch den ATLAS für Gebrüder Weiss.


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Slow down! Pronto! Miriam Holzapfel talks to Karlheinz Geißler about timing, rhythm and the allure of having to wait Professor Geißler, we had an appointment for 11:00 a.m. and I had actually rushed to make sure I would be on time. But when I reached your front door, I started to have doubts. Is punctuality important for you at all? Well, as you can see: I’m in a wheelchair because I contracted polio as a child. Ten years ago I could still walk, but I could never accelerate my stride under my own steam. Speed was out of the question. I could never really hurry. A life like mine forces you to view time through a different prism. You need to learn how to wait, to tolerate lulls in activity, periods of respite; you need the ability to accept a leisurely pace – and to make all of this passing time productive. And for those reasons, no: punctuality is not key to the way I think. How do you arrange to meet others then? I don’t make appointments for specific times. I make them for specific periods. I say, “Drop by between eleven and noon,” or “Come in the late morning.” Incidentally, primitive peoples and other societies do just that, ones that aren’t quite as affluent. We often find this very appealing, just think of Italy where they don’t take punctuality so seriously. Broadly speaking, time is a constraint on our society. If you don’t go by the clock, how do you manage your schedule? At some point you develop a very good feel for passing time, especially if you don’t clockwatch. And that’s good enough for me. I look at the sun and know what time of day it is. I can sense when it’s midday or when it’s time to do something specific. For example, I make myself an espresso of a morning before settling down at my computer. Rituals like that help me structure my day, and I always know which point I have reached and which phase is up next. Is this sense of time good enough to catch trains, for example? They don’t depart at an approximate time, they leave on the dot.

Well that’s simply not true. Rail services are very elastic time-wise. Their punctuality is an illusion. Often enough, people only catch trains because they have been delayed. If I want to travel from Frankfurt to Munich, which I do quite frequently, then I head for the station when I’m ready and usually a train comes earlier than I expect. I’m sure to arrive at my destination eventually – and that’s the main thing. Punctuality is not something you should count on, especially if you are traveling by train. Car users certainly don’t expect to arrive right on schedule at the end of a long drive. I was a consultant for the German Railways Board for a while and always told them not to feature punctuality in their advertising – because it always prompts disappointment. What matters is that the train is actually running, is safe and offers a modicum of comfort. In other respects, our society demands a great deal of flexibility, and a little tardiness creates all kinds of opportunities. Waiting for a train, for example, can be very productive. The philosopher Walter Benjamin once put it roughly like this: the longer I have to stand around, the more attractive the women become. More recently, Covid-19 has resulted in lots of pauses, intervals and waiting – which plenty of people likely found less attractive. As a time researcher, how did you experience this slowdown? That was obviously a very fascinating time for me. The interesting thing is that the pandemic slammed the brakes on society with so little warning. However, the speed of society didn’t really decline as such. True, the pace slowed in many areas: lots of people no longer had to rush out in the morning or dive into a shop on the way home. But, on the other hand, there were suddenly completely new time pressures, as the working day became very condensed. Everything had to be recalibrated, you had to decide for yourself when to get up, when to start work and when to take a break to care for a member of your family or household. Many more time-­ related decisions had to be made during the pandemic, not fewer. For the simple reason that life in our society had slowed down. And you have to learn how to do all that from scratch, how to organize your own life, and how to keep your personal and professional spheres separate.


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Rhythms

How can I learn to live more in sync with my own inner clock? Well, by not always checking your watch. Watches impose certain strictures and, when I take mine off, I am free to dispose of my time as I see fit again. To allocate it according to the demands of situations, rather than starting and stopping when my watch says its time. Put differently, I have to structure my time according to its quality – whereas clocks only show the quantity. For example, schools always start at 8:00 a.m. in Germany, regardless of whether the children are still tired or not. That makes no sense whatsoever. It would be better for school days to begin when kids are genuinely capable of learning, i.e. if a kind of flextime was introduced. Children and parents would then be asked to consult their own body clocks, rather than the ones on the wall. If you like, this has been one advantage of the pandemic: that formal structures have largely been suppressed and people can rediscover their natural rhythms. Rituals are helpful in this respect. Otherwise you can end up standing at the stove and stirring the soup with your cellphone – because your head is still crammed full of work. During the course of a day, you need to leave the previous day behind. And you can do that best by defining transitions and taking breaks. If you don’t succeed in managing your own time, higher stress levels are the inevitable outcome. Overall, speed is welcomed in our workaday world, whereas slowness is often seen as a failing. Is speed’s positive reputation unjustified? Not in my view. We owe a lot to speed and it is understandable for commerce to prioritize it – because in that domain time literally is money. You have to pick up the pace if you don’t want to lose out. Ultimately, that generates economic growth. So speed has fantastic benefits, it makes us affluent. The most money can be earned where speed is absolutely paramount, where things have to happen very, very quickly. On the stock market, for example. In the world of finance, all time is charged monetarily. Conversely, things that can’t be accelerated are not typically paid very well. Caring for others, for example. But there are limitations to all of this, and you have to look closely – to see where speed really is necessary and makes sense. Humans can’t keep accelerating the whole time, because acceleration consumes resources.

To enjoy really rewarding lives, we also need times that cannot be counted as a cost. These times too are extremely important and productive. For example, you can’t permanently cut back on sleep if you want to feel fit. So while speed is the source of prosperity, real satisfaction derives from slowness. You mean, we shouldn’t fundamentally prioritize one type of time over the other? Absolutely not! I’m a fan of diversity, even when it comes to time. There are lots of different types of time and all of them have something to offer. Otherwise they wouldn’t exist. So we need to work out which type offers which productive benefit, and how we can best create a mix that we find fulfilling. Put differently, we need to distinguish between the beat and the rhythm. If we base our schedules on clocks, we structure it by beat – and that can be accelerated. Beat means repetition without deviation: every hour is the same length and if one isn’t, it means you need a new clock. Things work differently in the natural world. Nature is structured by its rhythms, and we can align ourselves with them accordingly. Different times are required in winter and summer. The days vary in length, depending on the season. There are rest phases and periods of acceleration, and they all have their legitimacy and duration. For this reason, there are no peoples on earth who completely lack rhythm, who don’t sing and dance. But there are plenty who don’t own clocks. Does that mean that we are born with rhythm, that – unlike beat – it is innate to us? Exactly, all life is rhythmical. And when time problems arise, rhythm always offers the solution. That’s why I’m also an advocate of ­distributing our retirements over our entire lives. That could mean taking longer vacations or parents taking more time off to care for their children. Some countries are already supporting and financing these effective and symbolic actions, actions that single out those societies that acknowledge the diversity of time. It’s also an important weapon against climate change. We need more slowness. Pronto! It isn’t just slowness that most people ­dislike. The same also applies to waiting. Why is that? Waiting takes different forms. One type is very aggravating: when somebody else makes us


Rhythms

wait, because that’s always about exploiting power they have to control you. You end up sitting in an antechamber, a long corridor or drafty room, and feel like you are under the thumb of that person’s organization. But there’s another kind of waiting, one that is highly productive. Farmers with an abundance of patience harvest the best apples and potatoes. There’s nothing that can be accelerated there. Even involuntary waiting – because a train hasn’t arrived or a storm is blowing over – can be compensated by other things that are beneficial for us. That includes engaging with others. For example, rather than wasting the time, you can use it to call someone you haven’t heard from for ages, or you can chat to somebody else in the same predicament. Or you can simply take a nice, deep breath. So I experience time as more pleasant if I embrace the situation at hand, rather than trying to extricate myself from it? Is that right? Yes, we need to accept such situations and the various types of time each one offers us. Of course, there will always be occasions when speed is imperative, and that’s absolutely fine. But there are others when it is redundant. And we need to recognize that, and learn to distinguish between them. And to develop a feel for time. It’s about connecting with our environment, with our social space and with nature. If we succeed, that makes us happy – no matter what type of time it is.  Miriam Holzapfel, studied Cultural Studies and works as an ­editor and copywriter. She manages an array of corporate publishing pro­jects including ATLAS for ­Gebrüder Weiss.

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Geschwindigkeit ist nicht alles text  Michael Mittermüller

Pandemie und E-Commerce haben das Tempo in der Logistikbranche in neue Höhen getrieben. Dabei hat ein Umdenken von Schnelligkeit hin zu Präzision und Nach­ haltigkeit schon längst eingesetzt. Gerade erst mit einem Klick im Internet bestellt, und schon klingelt der Lieferant mit der Ware an der Tür. Eine Traum­ vorstellung? Wohl schon mehr Realität. Viele Kunden er­ warten sich eine Lieferung innerhalb von 24 Stunden – ­un­abhängig davon, woher die Zustellung kommt. Von der Same Day Delivery über die Wunschzeit-Lieferung bis hin zur Echtzeit-Verfolgung der Sendung: Geschwindigkeit war immer schon eine Basisanforderung an die Logistik. Der Boom im E-Commerce, vor allem während der Pandemie, bringt die Logistikbranche dennoch zunehmend an ihre Grenzen. Lässt sich dieses Tempo noch weiter steigern? Und ist Tempo wirklich das alles entscheidende Kriterium? Internet als Treiber Damals galt es als echte Sensation: Vor rund 20 Jahren wur­ de innerhalb von Deutschland erstmals der Overnight-­ Service eingeführt, der eine Zustellung am nächsten Werk­ tag garantiert. »Das Tempo in der Logistik hat schon seit Jahrzehnten stark zugenommen, der Trend ist nicht neu. Durch das Internet ist ­dieses Phänomen jedoch noch be­ schleunigt worden«, erklärt Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Warten kostet Geld Klar ist: In bestimmten Branchen oder Situationen ist eine rasche Lieferung unumgänglich. Fällt eine Maschine in einer Fabrik aus, muss sofort ein Ersatzteil her – denn jede Minute des Stillstands in der Produktion kostet das Unternehmen Geld. Auch dann, wenn in der Just-in-Time-Produktion ­Ver­zögerungen eintreten. Oder wenn es um Waren geht, die im Alltag unerlässlich sind. »Waschmaschinen oder Kühl­ schränke müssen schnell da sein. In Wien haben wir bei­ spielsweise ein Expresswarenlager, dadurch können wir eine 24-Stunden-Lieferung im Rahmen unseres Home-Delivery-

Peter Schafleitner ist schon seit mehr als dreißig Jahren für ­Gebrüder Weiss tätig. Seit 2015 ist er Direktor und Regional­ leiter Mitte und war maßgeblich an der Entwicklung des Home-­ Delivery-Geschäfts beteiligt. Peter Schafleitner has been working for Gebrüder Weiss for more than three decades. Since 2015 he has been Director and Regional Manager Central, playing a pivotal role in the development of the home delivery segment.

Service für Endkunden in Österreich garantieren«, sagt Peter Schafleitner, Regionalleiter Mitte bei Gebrüder Weiss. Doch mehr Geduld Und was erwartet sich der Endkunde? Eine Untersuchung des Instituts für Handelsforschung Köln (IFH) aus dem Vor­ jahr bringt hier durchaus überraschende Ergebnisse. Die Kon­sumenten sind hinsichtlich der Schnelligkeit einer Liefe­ rung großzügiger geworden. 2019 wünschten sich 31 Prozent ihre bestellten Produkte innerhalb von einem Tag. Dieser Anteil hat sich während der Corona-Pandemie auf nur noch 15 Prozent halbiert. Acht von zehn Konsumenten reicht eine Zu­stellung innerhalb von drei Tagen. Ein laut IFH wahrschein­licher Grund für diese Entwicklung: Die Kunden zeigen aufgrund der aktuellen Lage gerade mehr Verständ­ nis und Solidarität gegenüber den Zustellern. Offen bleibt die Frage, ob dieser Trend auch langfristig halten wird. Für Kummer ist das Tempolimit bereits erreicht. »Mit ei­ ner einfachen Prozessoptimierung lassen sich die Geschwin­ digkeiten nicht mehr steigern. Noch mehr Tempo geht zu­ lasten der Effizienz und der Umwelt«, sagt der WU-Profes­ sor. Ein einfaches Beispiel: Würde eine Getränkelieferung an einen Händler nur alle zwei Tage statt täglich durch­ geführt werden, wären ein höheres Sendungsvolumen und eine bessere Planbarkeit möglich.


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Lieferketten

Schnell kommissioniert, schnell geliefert: Die Abläufe in der Logistik sind eng getaktet. Quick picks delivered fast: logistics processes are timed to perfection.

Teure Geschwindigkeit Und obwohl dem Endkunden mit der kostenlosen Zustellung meist das Gegenteil suggeriert wird: Nicht nur Warten, auch Geschwindigkeit kostet Geld. »Ein Container, der mittels Seefracht aus China geliefert wird, ist sechs Wochen unter­ wegs. Mit dem Flugzeug schaffe ich das in drei Tagen, dafür kostet es das Mehrfache«, meint Schafleitner. Die Bahn ist über die Seidenstraße zwar nur halb so lange unterwegs wie die Seefracht, aber die Kosten verdoppeln sich ebenfalls. Aber es gibt auch Hinweise, dass das Tempo einer gewis­ sen Entschleunigung Platz machen könnte. In der Schifffahrt wurde laut Kummer beispielsweise schon zurückgerudert, was den Temporausch betrifft. »Auch Amazon ist zu der Erkenntnis gekommen, dass sich die Liefergeschwindigkei­ ten nicht ständig steigern lassen, und bietet den Kunden eine wöchentliche Zustellung an«, sagt der Logistik-Experte. ­Getestet wurde diese wöchentliche Zustellung bereits 2019. Mehrere Bestellungen wurden gebündelt und teilweise in einem Paket verschickt. Damit wird auf der einen Seite Ver­ packung gespart, andererseits steigt durch den Wunschlie­ fertag die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde zu Hause ist. Umweltaspekt wird stärker In Zukunft gehe es darum, Aufklärungsarbeit bei den ­Kunden zu leisten. »Die Kunden müssen entscheiden, was ihnen am wichtigsten ist: Geschwindigkeit, Kosten oder Umweltfreund­ lichkeit«, sagt Kummer. Der Trend zur Umweltfreundlich­ keit hat auch in der Logistik längst eingesetzt und ist für viele ­Kunden schon wichtiger als ein ausschließlicher Fokus auf die Geschwindigkeit. »In der Schweiz fahren wir mit einem ­Wasserstoff-Lkw, wir haben mehrere Gas-Lkw im Fuhrpark, und in Wien und Graz sind vollelektrisch angetriebene Wa­ gen im Einsatz. Alle Sendungen innerhalb unseres Netzwerks ­können klimaneutral zugestellt werden. Es gibt immer mehr Kunden, denen nachhaltigere Konzepte auch etwas wert sind«, ergänzt Schafleitner.

Die Genauigkeit könnte der Geschwindigkeit in Zukunft ebenso den Rang ablaufen. Wunschzustelltermine, Delivery on Demand oder Click and Collect: Der Kunde erhält ver­ stärkt die Möglichkeit, Zeitpunkt und Ort der Lieferung ­selber zu bestimmen. Das wird zunehmend nachgefragt und hat auch Einfluss auf die Lieferprozesse. Die neue Langsamkeit Und möglicherweise sorgt ja auch ein Gewöhnungseffekt ­dafür, dass die Schnelligkeit nicht mehr die Hauptanforde­ rung an Liefer- und Produktionsprozesse ist. Denn diese sind derzeit aufgrund der Pandemie sowieso viel langsamer. »Quer durch alle Branchen gibt es Probleme mit der Roh­ stoffbeschaffung und dem Nachschub«, erklärt Schafleitner. Sowohl in der Luft als auch auf See herrschen Kapazitäts­ probleme, da Container für den Transport und Infrastruktur in den Häfen fehlen, dazu kommt noch der Fahrermangel in der Branche. »Wir rechnen damit, dass diese Situation noch bis zum Jahr 2023 anhalten wird«, sagt der Regionalleiter. Geschwindigkeit ist bei vielen Lieferungen notwendig, aber sie ist nicht alles. Zuverlässigkeit, Transparenz und vor allem Präzision sind Faktoren, die verstärkt in den Vor­ dergrund rücken. Und natürlich die Nachhaltigkeit: Durch die Bündelung von Paketen und die Nutzung von E-Autos oder Lastenfahrrädern werden Lieferketten immer grüner. Und bei dieser Entwicklung ist das Tempo dann nicht mehr alleine entscheidend.

Markus Mittermüller ist freier Journalist in Wien mit den­ ­S chwerpunkten Wirtschaft und Sport. Er ist Gründer des ­Journalisten-Netzwerks www.medienkomplizen.at


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As fast as it gets TEXT

Michael Mittermüller

The pandemic and e-commerce have propelled the pace of the logistics industry to record speeds. That said, insiders began prioritizing precision and sustainability long ago. No sooner have users clicked OK on the Internet than the courier is on their doorstep, purchase in hand. A pure pipedream? It’s more likely reality than fantasy. Today many customers expect to get their goods within 24 hours – regardless of where the vendor is located. From same-day and scheduled deliveries through to real-time shipment tracking, speed has always been a core requirement in logistics. But the boom in e-commerce, above all during the pandemic, is increasingly stretching operations to breaking point. Are even shorter delivery times possible? And is speed really the only factor that counts? The Internet has driven change At the time it was an absolute sensation. Some 20 years ago, overnight delivery services were launched in Germany, guaranteeing that merchandise would arrive the day after it was ordered. “The pace has been picking up in the logistics segment for decades. It isn’t a new trend. But the Internet has turbocharged the process,” explains Sebastian Kummer, Chair of the Institute of Transport and Logistics at the Vienna University of Economics and Business. Delays cost money There’s no disputing that, in some segments and situations, rapid delivery is a must. If factory machines grind to a halt, spare parts are needed fast – because every minute of downtime costs a company money. As is also the case when delays hit just-in-time production. Or if the goods in question are indispensable in any modern home. “Faulty washing machines or refrigerators need to be replaced quickly. In Vienna, for example, we have an express goods warehouse that enables us to guarantee 24hour turnaround for our Home Delivery customers in Austria,” says Peter Schafleitner, Director and Regional Manager Central at Gebrüder Weiss.

People can be patient But what exactly do end-customers expect? A survey conducted by the Cologne Institute of Trade Research in 2019 produced genuinely surprising results. Consumers have become more flexible when it comes to delivery times. 31 percent wanted to have their purchases within 24 hours – a proportion that halved to 15 percent during the pandemic. But four out of five would be happy to wait three days. The Institute of Trade Research has a plausible explanation for this trend: given the difficult circumstances, customers are more understanding of the problems facing delivery companies. Whether this lasts beyond the pandemic is open to question. In Sebastian Kummer’s view, the segment has already reached its limit. “Optimizing processes alone will no longer cut times. Added speed will undermine efficiency and the environment,” says the professor in Vienna. One simple example: if beverage retailers were restocked every second day rather than every single day, planning would be easier and delivery volumes would increase. Counting the cost of speed But while free deliveries often imply the opposite to end-customers, speed – like waiting – comes with a price. “A container takes six weeks from China by ship. With an aircraft, I can get it to Europe in three days – but the transport charges are often several times as high,” explains Schafleitner. Rail delivery via the Silk Road only takes half as long, but the cost is double that of sea freight. But there are also signs that slower deliv­ eries are enjoying a resurgence. For example, ocean-bound providers have started slackening their timetables, says Kummer. “Amazon too has recognized that delivery times cannot be shortened ad infinitum, and is now offering customers weekly deliveries,” he adds. This service was tested two years ago. Multiple orders were pooled and, in some cases, dispatched in a single consignment. This saves packaging and, with customers able to choose their delivery day, increases the chance of them being at home.


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Supply Chains

The environment now figures in the equation In future the focus will be on explaining the options. “Customers will need to choose their priorities: speed, cost or eco-friendliness,” says Kummer. In logistics, calls for environmental compatibility have been getting louder for years, and for many customers this aspect is already more important than speed alone. “In Switzerland we operate a hydrogen-fueled truck. We also have several gas-powered models in our fleet. And in Vienna and Graz, we deploy fully electric vehicles. We achieve climate-neutrality with each of the shipments in our network. Increasing numbers of customers are appreciating ecologically-sounder options,” Schafleitner elaborates. In future, precision could also supersede speed as the paradigm. With scheduled, on-­ demand deliveries and Click & Collect services, customers will have more ways of specifying when and where their goods arrive. Inquiries for these services are rising, and this is also starting to impact delivery processes. The new slowness Consumers may also be growing accustomed to changing circumstances, as a result of which speed is no longer the paramount production and delivery value. After all, these processes are currently far slower anyway due to the pandemic. “Every industry across the board is experiencing problems in the sourcing and supply of raw materials,” explains Schafleitner. There are capacity bottlenecks in both sea and air freight, given the lack of transport containers and port infrastructure. What is more, the segment is struggling to recruit enough drivers. “We anticipate that this situation will persist until 2023,” he says. Speed is of the essence for many deliveries, but it isn’t everything. Factors like reliability, transparency and above all precision are steadily gaining ground. And, of course, sustainability. Thanks to the pooling of packages and the use of electric cars and cargo bikes, supply chains are becoming increasingly green. And in the light of these trends, speed is no longer the be-all and end-all.  Markus Mittermüller is a freelance journalist with twin focuses in commerce and sports. Based in Vienna, he is the founder of the journalists’ network www.medienkomplizen.at


Der erste Lkw Ein Phönix aus der Werkstatt: 1896 präsentier­ te Gottlieb Daimler mit Phoenix den ersten Lkw der Welt. Das Fahrzeug mit 4 PS war je­ doch tatsächlich einer vierspännigen Kutsche sehr viel ähnlicher als den Lkw von heute, die problemlos 40 Tonnen transportieren und oft über 500 PS haben. Mit einer Höchstgeschwin­ digkeit von 26,7 km/h, eisenberingten Holz­ reifen und einem offenen Fahrersitz war der Fahrkomfort ebenfalls mit dem einer Kutsche zu vergleichen. Da aber die industrielle Revo­ lution mit der Jahrhundertwende unaufhaltsam voranschritt und die ersten in Serie produzier­ ten Güter auf den Markt kamen, stieg der Be­ darf an Transportmitteln zur Verteilung dieser Waren rasant. Und mit Geschwindigkeit und Komfort ging es beim Lkw ebenfalls schnell voran.

The first truck A phoenix on wheels: in 1896, Gottlieb Daimler presented the Phoenix, the world’s first truck. But mustering just 4 hp, the vehicle had far more in common with a four-horse carriage than today’s trucks, which can easily transport 40 metric tons and often have engines rated at over 500 hp. With a top speed of 26.7 kilometers per hour, iron-ringed wooden wheels and an open driver’s seat, the level of comfort was also more reminiscent of carriages. However, given the inexorable rise of industrialization, and the spread of mass-produced goods around the turn of the century, demand for fast transport and delivery services grew rapidly. During this same period, trucks became faster and more comfortable as well.


Güterzug Wie schnell ein Güterzug fahren darf, ist von Land zu Land verschieden. Generell fahren sie im unteren Geschwindigkeitsbereich des Schienenverkehrs zwischen 80 und 120 km/h. Damit können keine Rekorde gebrochen wer­ den, allerdings sind auf der Strecke zwischen China und Europa Güterzüge immerhin nur halb so lange unterwegs wie Containerschiffe. Der Güterverkehr der Zukunft aber wird schneller sein als der heutige Personenverkehr: Verkehrsforscher des Deutschen Zentrums für Luft­ und Raumfahrt haben ein Konzept für einen Hochgeschwindigkeitsgüterzug vorge­ stellt, der Spitzengeschwindigkeiten von 400 km/h erreichen soll. Damit würde der TGV postal übertroffen werden, der bis zum Jahr 2015 Briefpost mit 270 km/h durch Frank­ reich transportiert hat. Er wurde allerdings eingestellt – mangels Briefpost.

Freight train The speed of freight trains varies from country to country. Generally speaking, they operate within the lower rail traffic ranges, i.e. between 80 and 120 kilometers per hour. While that rules out speed records, freight trains only take half as long as container ships for the route between Europe and China. The goods transport of tomorrow will be faster than today’s passenger services: researchers at the German Aerospace Center have produced a concept for a high-speed freight train capable of 400 kilometers per hour. That would outpace the TGV La Poste, which transported letters across France at speeds of 270 kilometers per hour – a service that was, however, decommissioned in 2015 as customers switched to email.


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Zu Fuß zum Hochgeschwindigkeits­zug Strategien für wachsende S ­ tädte text  Fabienne Hoelzel

Die Welt ist urban, und die großen Städte wachsen schnell. Dieses Tempo fordert die Stadtplanung heraus und verlangt nach klugen Strategien. In Brasilien leben 88 Prozent der Bevölkerung im städtischen Raum. In der Schweiz wohnen fast 85 Prozent der Menschen in städtischen Gebieten. Oder China: Dort wohnen und arbeiten heute knapp über 60 Prozent der Leute in ­urbanen ­Regionen, vor 40 Jahren waren es noch etwas weniger als 20 Prozent. Diese Aufzählung könnte man fast beliebig für den ganzen Erdball fortführen, der Anteil der städtischen Bevölkerung ist insgesamt rasant gestiegen. Lediglich bei der Betrachtung des afrikanischen Kontinents werden zwei Aspekte ins Auge fallen. Zum einen ist der Anteil der ländlichen Bevölkerung dort noch relativ hoch. So leben in Äthiopien aktuell nur knapp über 17 Prozent der Menschen in städtischen Agglo­ merationen, in Nigeria sind es allerdings mittlerweile schon etwas über 50 Prozent. Da Nigeria und Äthiopien mit je circa 200 respektive 100 Millionen Einwohnern die beiden bevöl­ kerungsreichsten Länder Afrikas sind, sind diese Zahlen wichtig. Außerdem leiten sie zu einem interessanten Aspekt über: Das Wachstum der Weltbevölkerung findet vor allem in den Städten statt, sei es natürlich über die Geburtenrate, sei es durch Zuzug aus ländlichen Gebieten – oder durch den Zusammenschluss von Dörfern und Kleinstädten zu Groß­ städten. In hoch urbani­sierten Regionen wie der Schweiz oder Brasilien liegen die jährlichen Zuwachsraten in Städten zwischen 0,5 und 1 Prozent. In vielen Ländern Afrikas süd­ lich der Sahara beträgt dieser Zuwachs aber 3 bis 7 Prozent. Diese kleinen, in ihrer Wirkung aber ­gigantischen Zahlen bestimmen, in welchem Tempo neue Städte entstehen – ge­ plant, ungeplant, halb geplant. Und in all diesen Städten müssen die Menschen leben können, sie sind angewiesen auf eine sozial- und klimaverträgliche Infrastruktur zum Woh­ nen und Arbeiten. Damit umzugehen und mit der Geschwin­ digkeit Schritt zu halten, ist die Herausforderung von Stadt­ entwicklung und Raumplanung der nächsten Jahre.

Drei Lösungsideen Natürlich gibt es für die weltweiten Probleme nicht eine ­einzige, gesamte Lösung. Aber es gibt drei globale Strategien, die vor Ort Fortschritte erzielen: erstens die Umwandlung oder Weiterentwicklung bestehender Strukturen, zweitens das sogenannte Leapfrogging Development, bei dem einige Entwicklungsschritte übersprungen werden, um zukunfts­ fähige Modelle zu erproben, sowie drittens strategischer Städtebau anstelle der Entwicklung von klassischen Master­ plänen. Transformation und Wandel An vielen Orten geht es nicht so sehr darum, Städte, Gebäu­ de und Infrastrukturen neu zu bauen, sondern mit dem zu ar­beiten, was bereits da ist. Dies betrifft den süd- und nord­ amerikanischen Kontinent ebenso wie große Teile Europas. In den beiden Amerikas geht es in vielen Städten darum, die soziale Ungerechtigkeit zu beheben, die sich auch darin zeigt, dass nicht alle Menschen den gleichen Zugang zu Res­ sourcen haben: In vielen nord- und lateinamerikanischen Städten wie São Paulo oder Los Angeles nutzen vor allem einkommens­schwache Schichten den öffentlichen Verkehr. Dieser aber bedient trotzdem vor allem innerstädtische Ge­ biete, und die Feinverteilung in die vielen Wohngebiete an den Stadträndern ist ungenügend. Einkommensstarke Schichten wiederum bewegen sich vor allem im privaten Auto fort, welches die Luft verunreinigt und überproportio­ nal viel Platz beansprucht. Für dieses Ungleichgewicht gibt es schon länger viel beachtete Ansätze, etwa in Curitiba ­(Brasilien), in dem der damalige Bürgermeister Jaime Lerner dauerhafte Schnellbusspuren auf dem bestehenden Straßen­ netz eingerichtet hat. Das schafft soziale Gerechtigkeit – ­Zugang zu günstiger Mobilität und damit auch zu Bildung und Kultur – und es schafft Arbeitsplätze, weil fast jeder ein Bus-Chauffeur werden kann. Im Bereich des Sozialwoh­ nungsbaus gibt es in Frankreich bemerkenswerte Ansätze. Mit viel Engagement hat das preisgekrönte Architekturbüro von Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal eine Reihe von hoch verdichteten und sozial problematischen Wohnblocks und -türmen in guten Wohnraum umgewandelt, ohne neu




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Wachsende Städte

Seite 60 und 61: Aus der Vergangenheit in die Zukunft: Hochgeschwindigkeitszug in Shanghai, China, und Durchgangsstraße in Sodo, Äthiopien p. 60/61: From the past to the future: a high-speed train in Shanghai, China, and a thoroughfare in Sodo, Ethiopia.

zu ­bauen und Menschen umzusiedeln. Die kleinen Wohnun­ gen wurden von außen um eine zusätzliche, flexibel nutzbare Raumschicht erweitert. »Froschsprünge« Leapfrogging Development ist vielleicht die aufregendste Herangehensweise, und sie betrifft vor allem Regionen des globalen Südens, etwa Subsahara-Afrika, Indien und Südost­ asien. Viele dieser Regionen, Städte und Gesellschaften ­gelten aus europäischer Perspektive als zurückgeblieben und entwicklungsbedürftig. Oft ist aber genau das Gegenteil der Fall. So siedeln etwa Slums in Subsahara-Afrika und Südost­ asien häufig entlang und auf Wasserkörpern und haben Bauund Lebensweisen entwickelt, die gerade angesichts drohen­ der Überflutungen von Städten auf Meeresspiegelhöhe zukunftsweisend sein können. Natürlich können diese Bau­ weisen nicht eins zu eins übertragen werden, aber sie können als Vorbild für neue Konzepte oder Strategien im Städtebau dienen. Das gilt auch für das Entwickeln neuer Infrastruktur­ lösungen, die nicht unbedingt groß, teuer und zentral ver­ waltet sein müssen, um die erwünschte Verbesserung der Lebensumstände zu erreichen. In Äthiopien etwa gehen 80 Prozent der Menschen zu Fuß, sie nutzen also das nach­ haltigste und gesündeste Fortbewegungsmittel überhaupt und erfüllen bereits, was Städtebauer erreichen wollen: die fußläufige Stadt. Äthiopische Städte, die erst noch im Wer­ den begriffen sind, haben damit die einmalige Chance, das Kapitel der autogerechten amerikanischen und europäischen Stadt auszulassen und direkt in die Zukunft zu springen (da­ her Leapfrogging). Abkehr vom klassischen Masterplan Das dritte Themenfeld ist der strategische Städtebau. Das bedeutet, dass man ein strategisch relevantes Areal umwan­ delt oder gegebenenfalls neu bebaut, damit aber das gesam­ te städtische Gebiet transformiert, da der Eingriff präzise platziert ist. Dadurch entstehen neue städtische Logiken. Ein solches Beispiel ist etwa die Highline in New York, ein erhöhter Stadtpark auf einer stillgelegten Einschienenbahn entlang ehemaliger Schlachthöfe. Sie hat einen ganzen Stadt­ teil zugänglich gemacht und Raum für Erholung und Be­ gegnung geschaffen – was sich in einem gewissen Sinne auch schon fast wieder ins Gegenteil verkehrt hat, da der Stadt­ teil so attraktiv geworden ist, dass die Preise für viele ins Unerschwingliche gewachsen sind. Ein weiteres Beispiel ist

der Ausbau des chinesischen Hochgeschwindigkeitsbahn­ netzes. Eine Reihe von Millionenstädten im chinesischen Hinterland und an der Küste werden in einer Art und Weise verbunden, die das Fliegen unattraktiv oder unnötig macht und das urbane Wachstum so auf mehrere Zentren verteilt. Dies wirkt unermesslich großen und – infolge von Verkehrs­ stau, Luft­verschmutzung und peripheren Wohnghettos – ­irgendwann ineffizienten Städten entgegen und schafft so polyzen­trische, gut verbundene Stadtregionen mit einem kleineren öko­logischen Fußabdruck. Das ist eine der wichtigsten Herausforderungen der ­Gegenwart und der Zukunft: Eine regional und global extrem vernetzte Gesellschaft ermöglichen und trotzdem lokal die fußläufige Stadt implementieren, um damit Lebenszeit zu gewinnen und zugleich Stau und Emissionen zu redu­ zieren.

Fabienne Hoelzel ist Professorin für Entwerfen und Städtebau an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart ­sowie Gründerin/Direktorin von FABULOUS URBAN , einem ­Städte­bau- und Planungsbüro, das sich mit Regionen des globalen ­Südens b ­ eschäftigt und einen forschungsgeleiteten Entwurfs­ ansatz verfolgt.


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By foot to the express train Strategies for growing cities TEXT

Fabienne Hoelzel

Ours is an urban world. In Brazil, for instance, where 88 percent of the population lives in metropolitan areas. Or in Switzerland, where nearly 85 percent live in major cities. Or in China, a country where more than 60 percent live in conurbations today; 40 years ago, it was less than 20 percent.

tainable models; and lastly, strategic city planning in lieu of traditional master plans.

This list could be expanded to encompass almost the entire planet; overall, the number of urban dwellers has risen dramatically. However, two striking features emerge from observations of Africa. Firstly, the percentage of rural population is still relatively high. In Ethiopia, for example, a scant 17 percent live in urban agglomerations, while in Nigeria that segment has just surpassed 50 percent. These figures are important because Nigeria and Ethiopia, with their respective inhabitant counts of some 200 and 100 million, are the most populous countries on the continent. And secondly, the growth of the planet’s population is occurring primarily in cities – as a consequence of rising birthrates, migration and rural exodus, and the consolidation of villages and towns into major cities. In highly urbanized regions such as Switzerland and Brazil, the cities are growing at a rate of 0.5 to one percent a year. In many African countries south of the Sahara, the increases are between three percent and seven percent. These seemingly small yet, in their impact, gigantic numbers determine the speed with which new cities spring up – planned, unplanned, and semiplanned. In all these cities, people need to be able to live: they need a social and climate-­ compatible infrastructure to live and work. This, along with the pace of change, is the challenge awaiting urban planners and developers over the years ahead.

Transformation and change In many areas the main thrust is on working with what already exists rather than creating new cities, buildings and infrastructures. This applies to the Americas and equally to parts of Europe. In lots of cities in the former, the goal is to remedy the social injustices manifested in unequal access to resources etc. In many of them – as exemplified by São Paulo and Los Angeles – the low-income demographics tend to be the users of public transportation. However, these transit systems tend to serve inner-city areas – and are sparse and inadequate in the populous residential suburbs. High-income segments are wont to travel in their own cars, which pollute the air and consume a disproportionate amount of space. There are long-standing, serious initiatives aimed at correcting this imbalance. In Curitiba (Brazil), for instance, then-mayor Jaime Lerner integrated permanent express bus lanes into the existing road network, resulting in greater social justice: access to affordable mobility and hence to education and the arts. The project also creates jobs, because almost anyone can become a bus driver. In the area of low-income housing, France can boast several remarkable projects. Take the deeply engaged, prize-winning architectural firm of Anne Lacaton and Jean-Philippe Vassal, which succeeded in transforming a series of overcrowded, socially problematic high-rises into attractive residential properties. They did so without new construction and without relocating the residents: the small apartments were expanded outwards by adding an additional, flexible-use layer of space.

Three potential solutions Obviously, there is no single solution for these worldwide problems. There are, however, three global strategies that are fostering progress at a local level. First of all, the further advancement of existing structures; secondly, so-called “leapfrogging” in which multiple developmental stages are skipped in order to trial more sus-

Leapfrogging Perhaps the most exciting approach, leapfrogging is most relevant in the southern hemisphere, e.g. in Sub-Saharan Africa, India and Southeast Asia. From a European perspective, many of these regions, cities and societies are viewed as backward and in need of development. Often enough, though, the opposite is the


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Expanding cities

case. In Sub-Saharan Africa and Southeast Asia slum dwellings are often located on bodies of water – where their inhabitants have evolved pioneering construction methods and lifestyles that can be a blueprint for cities built at sea level. Naturally these types of construction cannot simply be replicated, but they can serve as models for fresh concepts and strategies in urban planning. This also applies to the development of new infrastructure solutions that don’t have to be expensive, centrally managed and all-encompassing to produce the desired improvements to people’s lives. In Ethiopia, some 80 percent of the population uses the most sustainable and healthy means of transportation there is: walking. In doing so, they have already realized the urban planners’ dream of a pedestrian-friendly city. The country’s emerging cities, now at a very early stage in their evolution, have the unique opportunity to leapfrog American and European blueprints – which are designed for cars – and land directly in a more sustainable future. Departure from traditional master plans The third route is strategic urban planning. This entails transforming or rebuilding a strategically relevant area in such a way as to reshape the urban character as a whole – the result of intervening in exactly the right location. This in turn spawns a new urban logic. The Highline in New York is a prime example. Here an elevated city park was created along a decommissioned monorail track that is flanked by former abattoirs. It has made an entire district accessible as a space for recreation and interaction – but, in one sense, almost achieved the opposite. The park has made this district so attractive that it has become prohibitively expensive for most home-buyers. Another example is the extension of Chinas high-speed rail network. It connects the interior of the country with the coast – i.e. a series of major cities – in a way that makes air travel less appealing and necessary, and hence diversifies urban growth into multiple centers. This discourages the emergence of those much larger and ultimately less efficient cities that suffer from traffic jams, air pollution and peripheral residential ghettos. Instead it promotes polycentric, well-connected urban regions with smaller ecological footprints. This is one the most crucial challenges we face both today and tomorrow: enabling a society that is highly networked both regionally

and globally while – promoting pedestrian-­ friendly cities at the local level. In other words, restoring the quality of life and time, while ­simultaneously reducing traffic and emissions.  Fabienne Hoelzel is Professor of Design and Urban Planning at the Stuttgart State Academy of Fine Arts, and a founding director of FABULOUS URBAN , a planning office that focuses on regions in the southern hemisphere and pursues research-led design.


Containerschiff Im Hinblick auf Geschwindigkeit verhält es sich auf den Weltmeeren wie derzeit auf deut­ schen Autobahnen: Es gibt kein generelles Limit. Einige Containerschiffe wären mit einem Reisetempo von 25 Knoten (46 km/h) durchaus in der Lage, einen Wasserskifahrer hinter sich herzuziehen. Die Meeresschutz­ organisation OceanCare fordert nun, dass Schiffe langsamer unterwegs sein sollen, um den Kraftstoffverbrauch zu senken. Schon jetzt haben einige Reedereien die Durch­ schnittsgeschwindkeit ihrer Schiffe auf etwa 18 Knoten (33 km/h) reduziert. Das sogenann­ te »Slow Steaming« ist noch nicht verbindlich, aber vermutlich unumgänglich, um das selbst gesteckte Klimaziel der Branche zu er­ reichen: Bis 2050 wollen die Schifffahrtsnatio­ nen den Treibhausgasausstoß der globalen Flotte halbieren.

Container ship When it comes to speed, the situation on the world’s oceans is the same as on Germany’s autobahn: there is no general limit. With a cruising speed of 25 knots (46 kilometers per hour), some container ships would be quite capable of towing a water skier. The marine conservation organization OceanCare is now calling for vessels to slow down and cut their fuel consumption. Some shipping lines have already reduced their average speed to about 18 knots (33 kilometers per hour). While this so-called “slow steaming” is not yet mandatory, it will be needed to achieve the industry’s self-imposed climate target: to halve the global fleet’s greenhouse gas emissions by 2050.


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Artikel xx Die Welt in orange  Orange network

2 Deutschland Mit verstärkter Präsenz in Bayern: Anfang Oktober eröffnete ein neuer Gebrüder Weiss-Standort im nieder­ bayerischen Straubing. Auf einer ­Fläche von 45.000 Quadratmetern wird künftig Full-Service-Logistik angeboten, bis zu 120 Arbeitsplätze entstehen dort mittelfristig. Kurz ­zuvor hatte Gebrüder Weiss die Spe­ dition Lode im oberbayerischen Waldkraiburg übernommen. Mit den beiden neuen Standorten verdichtet der Logistiker sein süddeutsches Landverkehrsnetz und bietet Kunden aus Industrie und Handel eine naht­ lose Anbindung an ihre Märkte in Deutschland, Österreich sowie Rich­ tung Mittel- und Südosteuropa.

Germany Extended presence in Bavaria: at the beginning of October, a new ­Gebrüder Weiss location opened in the Lower Bavarian city of Straubing. Full-service logistics will be available on its 45,000 square meter prem­ ises, with up to 120 jobs being created in the medium term. Shortly ­before this, Gebrüder Weiss had acquired the forwarding company Spedition Lode of Waldkraiburg in Upper Bavaria. These two new sites are reinforcing the Group’s land transport network in Southern Germany, which can now offer customers from trade and industry a seamless connection to their markets in Germany, Austria and further into Central and Southeastern Europe.

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1 Österreich

3 China

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It’s time to celebrate: Im September feierte das Kundenportal myGW 1-jähriges Jubiläum – und 4,5 von 5 Sternen bei der Kundenzufrieden­ heit. Mit myGW können alle Belange rund um Transport- und Logistik­ aufträge über einen einzigen Account abgewickelt werden, zu jeder Zeit. Seit letztem Jahr haben sich bereits über 12.000 Nutzerinnen und Nutzer aus 18 Ländern registriert. Zunächst wurde die Plattform in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Tsche­chien, Ungarn und der Slowakei frei­geschaltet, danach folgten wei­tere Länder. Der konzern­weite Rollout wird voraussichtlich bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Große Nachfrage nach CoronaSchnelltests in Europa, aber zu wenig Laderaum in der Luftfracht – um ­diesem Engpass entgegenzuwirken, organisierte Gebrüder Weiss eine aus fünf Charterflügen bestehende Luftbrücke zwischen China und ­Österreich. Ein Airbus A330 und eine ­Boeing 747 wurden für den Transport umgerüstet und brachten insgesamt 14 Millionen Testkits von Shanghai nach Linz. Von dort sorgten mehre­ re Lkw für den reibungslosen Weiter­ transport der Medizinprodukte zu den jeweiligen Empfängern. Der Groß­teil der Ladung war für den Pharmagroßhandel bestimmt.

Grüezi und herzlich willkommen: ­Sieben neue Auszubildende starteten im August ihre Logistik-Karriere bei Gebrüder Weiss in der Schweiz. Im September begann auch in Österreich und Deutschland das neue Lehrjahr. Insgesamt 90 junge Menschen haben sich 2021 für eine Ausbildung bei Ge­ brüder Weiss in der D-A-CH-Region entschieden, 19 mehr als im Vorjahr. Aufgrund der Corona-Pandemie setz­ te Gebrüder Weiss beim Recruiting vermehrt auf digitale Kanäle, um jun­ ge Interessentinnen und Interessen­ ten anzusprechen. Hilfreich dabei war der gute Ruf des Logistikunterneh­ mens als Ausbildungsbetrieb ebenso wie als verlässlicher Arbeitgeber.

Austria It’s time to celebrate! In September, the portal myGW marked its first ­anniversary – and 4.5 out of five points in its customer satisfaction rating. myGW lets customers manage all aspects of transport and ­logistics orders 24/7 via a single ­account. More than 12,000 users from 18 countries have already signed up since last year. Initially, the platform was launched in Austria, ­Germany, Switzerland, Hungary, Slovakia and the Czech Republic, with other countries following suit. The Group-wide rollout is expected to be complete by the end of the year.

China High demand across Europe for rapid Covid-19 tests, but too little air freight capacity to transport them! To beat this bottleneck, Gebrüder Weiss organized an airlift with five charter flights between China and Austria. Having been converted for cargo, an Airbus A330 and Boeing 747 delivered a total of 14 million test kits from Shanghai to Linz. From there, trucks were on hand to ensure the smooth onward transport of the medical products. The majority of the shipment was ­destined for pharmaceutical wholesalers.

Switzerland Welcome to your new world! In ­August, seven new logistics ­apprentices started their careers at ­Gebrüder Weiss in Switzerland. The ­following month, the new apprenticeship year also began in Austria and Germany. A total of 90 young people opted to undergo training at ­Gebrüder Weiss in the D-A-CH region during 2021 – that’s 19 more than in the previous year. Due to the ongoing pandemic, ­Gebrüder Weiss increasingly relied on digital channels to attract potential young recruits. In this respect, the company’s reputation as a trusted employer and trainer served it well.


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Artikel xx

5 Bulgarien Seit diesem Sommer hat sich das ­Distributionsnetz der Landesor­ga­ nisation Gebrüder Weiss Bulgarien mit der Übernahme von ­R henus ­Bulgarien deutlich erweitert. Mit der ­Integration der Rhenus-Standorte wurde die Grundlage für den Ein­ stieg in den Bereich Home Delivery geschaffen: End­kunden in der Bal­ kanrepublik ­können durch die breite eigene ­Netz­abdeckung nun schnell und zuver­lässig beliefert ­werden.

8 Slowakei

Bulgaria

Nach einem umsatzstarken Ge­ schäftsjahr 2020 hat Gebrüder Weiss Slowakei sieben Millionen Euro in den Ausbau seiner Logistikfläche ­investiert. Nahezu 20.000 Quadrat­ meter mehr Platz gibt es ab sofort am Standort Bratislava. Neben neuen Büros und großzügigen Außen­ flächen wurde auch die Lagerkapazi­ tät deutlich aufgestockt – alles unter Berücksichtigung vieler ökologischer Aspekte. Dass nachhaltiges Wirt­ schaften beim Logistiker an der ­Tagesordnung ist, bestätigte auch die Rating-Agentur Bisnode / Dun & Bradstreet. Sie vergab im Juli die ­maximale Punktzahl an Gebrüder Weiss Slowakei.

This summer the distribution network at Gebrüder Weiss Bulgaria got a major fillip with the acquisition of Rhenus Bulgaria. Following the integration of the Rhenus locations, a platform for serving the home ­delivery market has now been secured. Thanks to its own extensive network, the Group can now guarantee fast and dependable deliveries across the Balkan state.

Slovakia

7 Neuseeland

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Auch in Neuseeland bewegt Gebrü­ der Weiss Großes: Die südlichste Nie­ derlassung im Netzwerk konnte ihren ersten Spezialauftrag verzeichnen. Für einen österreichischen Anlagen­ bauer organisierte das Unternehmen ­ pril den Transport einer Bio­ im A masse-Heizanlage von Deutschland über Malaysia nach Lyttelton, dem Hafen von Christchurch (Neusee­ land). ­Allein für den Transport der zwei ­Boiler der Anlage musste kurzer­ hand eine spezielle Ladungssicherung entworfen werden. Die rest­lichen ­Anlagenteile wurden in rund 150 Con­ tainern aus sechs verschie­denen ­Ländern nach Neuseeland verschifft. Nach knapp sechs Monaten war auch die letzte Ladung am Bestimmungs­ ort angekommen.

In Ungarn nimmt Gebrüder Weiss an Fahrt auf: Das Home-Delivery-­ Geschäft dort boomt. Mit einem um­ fangreichen Investitionspaket von rund 30 Millionen Euro stellt das Un­ ternehmen die Weichen für weiteres Wachstum. Im Zuge ­dessen wurden im Sommer zwei neue Standorte in Zalaegerszeg (Westungarn) und Pécs (Südungarn) eröffnet. Für drei weitere Standorte sind umfangreiche Ausbau­ New Zealand maßnahmen geplant, darunter der Gebrüder Weiss also marked major Hauptsitz Budapest, dessen Gesamt­ progress in New Zealand when the fläche sich nahezu verdoppeln wird. southernmost branch in the network accepted its first special order. Hungary ­Commissioned by an Austrian manuGebrüder Weiss is picking up the facturer, the company transported pace in Hungary, where the home a biomass heating plant in April from ­delivery business is booming. With Germany via Malaysia to Lyttelton, a substantial investment package the main port of Christchurch, New ­totaling some 30 million euros, Zealand. For the two boilers alone, the company is currently laying the a tailored load-securing system had ­foundations for further growth. As to be created at short notice. The part of this program, two new loca­remaining components were shipped tions opened their doors in the to New Zealand in some 150 containers from six different countries. ­summer – in Zalaegerszeg (western Hungary) and Pécs (southern Hunga- Just under six months later, the final consignment arrived at its destinary). Expansion work is also planned tion. at three further sites, including the headquarters in Budapest where the total area will almost double.

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Since recording strong sales in the 2020 financial year, Gebrüder Weiss Slovakia has invested seven million euros in the expansion of its logistics facilities. Almost 20,000 square meters of additional space are now available at the Bratislava site. New offices and generously proportioned ­outdoor areas have been created, and storage capacity has been ­significantly increased – all in line with an array of ecological criteria. The rating agency Bisnode / Dun & Bradstreet also confirmed that ­sustainable management is high on the subsidiary’s agenda. In July, it awarded its maximum score to ­Gebrüder Weiss Slovakia.

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Artikel xx

Überschallflugzeug Eilige Reisende dürfen wieder hoffen: Fast 20 Jahre nach dem letzten Linienflug der legendären Concorde soll 2025 mit der Overture des Tech­Unternehmens Boom Supersonic erneut ein ziviler Überschalljet in Produktion gehen. Mit einer Reisegeschwindigkeit von 2335 Kilometern pro Stunde soll die Overture noch etwas schneller fliegen als ihre Vorgänge­ rin und zugleich rentabler und emissionsärmer zu betreiben sein, denn Boom Supersonic setzt auf CO2­neutralen Treibstoff und orien­ tiert sich im gesamten Produktions­ und Ferti­ gungsprozess an Nachhaltigkeitsprinzipien. Deshalb steht auch bereits fest, wie das neue Überschallflugzeug eines Tages wieder zerlegt und recycelt werden kann, noch ehe es über­ haupt fertiggestellt ist. Nach Unternehmens­ angaben liegen bereits 70 Bestellungen für die Overture vor.

High-speed aircraft New hope for travelers in a hurry: in 2025, almost two decades after the last scheduled flight of the legendary Concorde, a supersonic passenger jet is due to enter production again. Manufactured by Boom Supersonic, the Overture has a cruising speed of 2,335 kilometers per hour. It should be able to fly faster than its Anglo-French ancestor while being more profitable. It also generates lower emissions and runs on CO2-neutral fuel, and its design and construction processes are keyed to sustainability. As a result, the manufacturers already know how the jet can be dismantled and recycled at the end of its lifespan – even though it is still on the drawing board. According to the company, 70 orders have already been placed for the Overture.


Artikel xx Special AMADEE -20

Fly me to the Moon Mars Gebrüder Weiss begleitet die 13. Mars-Analog-Mission ­A MADEE -20 des Öster­reichischen Weltraum Forums ÖWF. Lesen Sie in ­diesem ­Special, was eine Analog-­Mission ist, ­warum solche Missionen durch­ geführt werden und wie ­Gebrüder Weiss die Unternehmung unter­ stützt und begleitet hat.

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Special AMADEE -20

So funktioniert die Mars-AnalogMission Noch nie hat ein Mensch einen Fuß auf den Mars gesetzt. Aber die ­Vorbereitungen, um diesen Schritt in abseh­ barer Zeit möglich zu ­machen, laufen auf ­Hochtouren. In marsähnlichen Umgebungen auf der Erde arbeiten spe­ziell ­trainierte Astronautinnen und Astronauten iso­ liert von ihrer Umwelt und testen Ausrüstung und Arbeits­abläufe für zukünftige astronautische und robo­ tische Explorationen des Roten Planeten. Gebrüder Weiss unterstützt diese Arbeit mit dem Transport des Equip­ ments der AMADEE -20-Mission von Innsbruck bis in die Wüste Negev in Israel. Dort lief die Simulation vom 4. bis zum 31. Oktober erfolgreich ab. Die wichtigsten Informationen dazu lesen Sie hier.

Kontakt zur Erde: Das Mission Support Center in Innsbruck, Österreich, hat die Mission eng begleitet. Um die Reise­zeit von Signalen zwischen Erde und Mars zu simulieren, wurde jede Kommunikation um 10 Minuten verzögert. Gemischtes Team: Sechs internationale Analog-Astro­nau­ tin­nen und ­-Astronauten haben in einem Team zusammen­ gearbeitet – völlig isoliert von allen anderen Menschen. Wegweisende Forschung: Mehr als 20 Experimente ­wurden im Rahmen der Mission durchgeführt, insgesamt 200 For­ schende aus 25 Ländern waren daran beteiligt. Forschungs­ gebiete sind Biologie, Medizin, Psychologie, Inge­nieurs­ wissenschaften, Geologie und Architektur. Gut angezogen: Für Einsätze im Freien wurden Raum­ anzugs-Simulatoren mit einem Gewicht von 45 kg entwickelt. Auf dem Mars bräuchte man sogar einen ca. 150 kg schweren Anzug, um die Sauerstoffversorgung dort zu gewährleisten. Da der Mars aber nur ein Drittel der Erdanziehungskraft hat, entspricht ein 150 kg schwerer Anzug auf dem Mars un­ gefähr einem 50-kg-Anzug auf der Erde. Ausgewählte Lage: Das Habitat am Ramon-Krater bestand aus Computer-Arbeitsplätzen, von denen die Sensordaten aus den Raumanzug-Simulatoren überwacht und die Ex­ perimente koordiniert wurden, einem Laborbereich, Schlaf­ kojen und einem Aufenthaltsbereich, außerdem gehörte eine Küche sowie ein Hygiene-Modul mit Dusche und WC zur Anlage.

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Special AMADEE -20

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­»Für ein Himmelfahrtskommando ­stehe ich nicht zur Verfügung!« Frank Haas im Gespräch mit Gernot Grömer über technologische Herausforderungen, triviale Probleme und die großen Chancen einer Mission zum Mars

Herr Grömer, der Mars ist kein ideales Urlaubsziel: Es herrschen starke Temperaturschwankungen, es kommt zu Sandstürmen, es gibt kaum Sauerstoff und eigentlich auch kein Wasser. Was sollen wir da? (lacht) Also, wenn es darum geht, am Strand zu liegen und einen Drink zu bestellen, dann ist der Mars der falsche Ort. Es gibt aber ein paar andere Gründe, die den Planeten für uns extrem interessant machen. Zum einen die Fragen, ­warum der Mars so ist, wie er jetzt ist, und ob es dort schon einmal Leben gab. Wir glauben nämlich, dass es Phasen gegeben hat, wo der Mars zumindest theoretisch bewohnbar war. Die Frage ist jetzt, ob er tatsächlich bewohnt wurde. Das sind zwei sehr unterschiedliche Dinge. So gesehen bietet der Mars etwas, was jede gute Urlaubstour auch bieten sollte: ein Narrativ, eine Geschichte. Es gibt ein tolles Zitat von Ibn Battūta, dem Marco Polo der arabischen Welt: »Reisen macht einen zuerst sprachlos und transformiert einen dann in einen Geschichtenerzähler.« Mit anderen Worten: Wir wissen noch nicht hundertprozentig, was uns auf dem Mars erwarten wird und welche Überraschungen der Planet für uns bereithält. Und genau das ist der Grund, dorthin zu ­fliegen. Das große Ziel ist also die bemannte Marsmission. Wie nah sind wir da dran? Es gibt mehrere Raumfahrtagenturen weltweit, die sich mit dem Thema beschäftigen. Die Chinesen haben sich zum Beispiel 2033 als mögliches Flugdatum gesetzt. Außerdem gibt es einige private Initiativen, etwa Mars One mit EinwegMissionen, wo man den Rest des Lebens auf dem Mars ­verbringen müsste. Das wird sicher nichts werden. Aber wenn ein Elon Musk sagt, er möchte innerhalb der nächsten zehn Jahre zum Mars fliegen, dann muss man das schon ernst nehmen. Er hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er ­spektakuläre Technologieentwicklungen einfach umsetzt, weil er den nötigen wirtschaftlichen Muskel dafür hat. Folgt man den Prognosen des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF), dann können wir davon ausgehen, dass wir spätestens in dreißig Jahren die erste Mars-Expedition ha­ ben werden. Das bedeutet, dass derjenige Mensch, der den

Gernot Grömer ist Gründer und Administrative Director des ÖWF . AMADEE -20 war bereits die 13. astronautische Mars-Simula­tion, die der promovierte Astro­biologe geleitet hat. Gernot Grömer is the founder and Administrative Director of the ­Austrian Space Forum. AMADEE-20 was already the thirteenth astronautic Mars simulation headed by this astro­biology specialist.

ersten Schritt auf dem Roten Planeten machen wird, in die­ sem Moment irgendwo als Zehnjähriger oder Zehnjährige in ­Bregenz oder in Peking oder in New York in die Volksschule geht. Fest steht: Wir fragen uns nicht mehr, ob wir zum Mars fliegen, sondern wann. Die Reise selbst würde etwa ein halbes Jahr dauern. Aber wie sieht es mit der Rückkehr aus? Wie kommt man wieder weg? Die Idee ist einfach: Wenn ein Gebrüder Weiss-Lkw nach Italien fährt, dann nimmt der nicht den Sprit für die ganze Reise mit, weil er im Zielgebiet eine Tankstelle hat, die ihn für die Rückreise versorgen kann. Und so sehen wir den Mars: wie eine große planetare Tankstelle. Aus der Atmo­­ sphäre dort kann man CO2 in Kohlenstoff und Sauerstoff ­aufspalten und mit mitgebrachtem oder vor Ort produ­zier­ tem Wasserstoff Raketentreibstoff machen. Dafür müsste man zunächst eine Cargo-Mission ohne Menschen an Bord hinschicken, die vor Ort ein Rückkehr-Raumschiff mit ­leeren Treibstofftanks landet. Einige Monate lang kann dann Atmosphäre verarbeitet werden, bis die Treibstoff­ tanks ­gefüllt sind und die Erde das Signal bekommt: We are ready! Und dann kommt ein kleineres, schnelleres und masse­armes Raumschiff mit Besatzung. Wenn etwas schief­ geht, dann steigt die Besatzung ins Rückkehr-Raumschiff und fliegt direkt zurück. Wenn aber alles klappt, dann blei­


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Special AMADEE -20

»Aus   meiner Sicht wäre es ein fataler Fehler, ohne 3-D-Drucker auf den Mars zu ­fliegen.«

ben diese Menschen ein Jahr auf der Oberfläche, bevor sie dann mit diesem vollgeladenen Raumschiff wieder zurück zur Erde reisen können. Der Trick ist also: Man parkt das Rückkehr-Raumschiff bereits auf dem Mars, bevor die ersten Menschen kommen. Das ÖWF ist einer von mehreren Playern weltweit, und Sie arbeiten mit verschiedenen Weltraum-Instituten zusammen. Genau, das ist alles sehr international. Wir heißen zwar ­Österreichisches Weltraum Forum, aber bei uns sind deutlich mehr als zwanzig Nationen dabei. Unsere offizielle Arbeits­ sprache ist deshalb »bE«, »broken English«. Bei der AnalogMission in Israel waren zweihundert Leute aus fünfund­ zwanzig Nationen beteiligt, und die Grenzen zwischen den Herkunftsländern verschwinden dabei sehr schnell. ­Trotzdem sind wir eine österreichische Einrichtung und ­machen seit gut fünfzehn Jahren etwas, wofür wir in Europa ziemlich einzigartig aufgestellt sind. Wenn wir den ­Vorsprung, den Österreich hier hat, wieder verlieren, weil Länder wie China viel mehr Ressourcen in vergleichbare ­Programme reinpumpen, dann wäre das sehr schade und schlecht für den Standort Österreich. Gehen wir gedanklich noch einmal zurück auf den Mars. Wie sieht es mit der extremen Strahlenbelastung aus, die dort vorherrscht, gibt es dafür eine Lösung? Das Strahlenproblem ist vergleichbar mit dem Problem, nur mit einer Badehose bekleidet in der Antarktis spazieren zu gehen. Das lässt sich technologisch bewältigen. Mehr ­Respekt habe ich vor den Problemen, die wir noch gar nicht kennen, vor den Überraschungen, die noch auf uns zukom­ men. Wir müssen auf jedes Equipment-Teil zeigen und sagen können, was passiert, wenn genau diese eine Komponente versagt. In der Technologieentwicklung gilt deshalb das Mantra »Fail fast, fail cheap, have a steep learning curve«. Das heißt, dass wir neue Technologien schon während der Entwicklung an die Grenze des Kaputtgehens treiben. Wenn ich nämlich weiß, wo sensible Stellen sind und wo ein Bau­ teil bricht, dann kann ich draus lernen. Aus meiner Sicht wäre es ein fataler Fehler, ohne 3-D-Drucker auf den Mars zu ­fliegen. Das nächste Ersatzteillager ist im Worst Case schließlich 380 Millionen Kilometer weit weg. Und wir kön­ nen nicht davon ausgehen, dass das Rückkehr-Raumschiff

zu hundert Prozent funktioniert. Daran schließt sich eine Reihe von Konsequenzen an, angefangen bei der Frage, wie viel Klo­papier ich mitnehmen muss, bis hin zu Fragen der Ernährung. Es sind also ganz basale, zum Teil triviale Proble­ me und ­Herausforderungen, die wir lösen müssen. Wir ha­ ben zum Beispiel unsere Hardware zu einer der vergangenen Missionen in zwei Schiffscontainern in den Oman transpor­ tiert. Die beiden Raumanzüge waren zusammen in einem Container, und genau dieser eine Container ist bei einem Sturm auf See beschädigt worden. Daraus haben wir gelernt, dass wir die beiden Raumanzüge lieber auf zwei Container verteilen, damit wir mit einem Anzug weiterarbeiten können, wenn der andere verloren geht. Wenn man das einem er­ fahrenen ­Spediteur erzählt, dann sagt der natürlich: Hey, das hätte ich euch auch schon vorher sagen können. Trotz aller Herausforderungen mangelt es nicht an ­Bewerbungen für eine Reise zum Mars. Wie muss der ideale Raumfahrer oder die ideale Raumfahrerin aus Ihrer Sicht beschaffen sein? (lacht) Der Science-Fiction-Autor Robert Heinlein hat gesagt: Ein guter Astronaut muss in der Lage sein, ein Computer­ programm zu schreiben, ein Hähnchen zu grillen, einen ­guten Witz zu erzählen, einen Knochenbruch zu schienen und gleichzeitig eine tolle Geschichte zu schreiben. Das heißt, anders als bei Robotern, die hoch spezialisierte Leis­ tungen vollbringen müssen, wissen wir beim Menschen gar nicht immer genau, was er alles kann. Für komplexe ­Missionen brauche ich Generalisten. Es reicht nicht aus, Pilotin zu sein, man muss zusätzlich in der Lage sein, eine Reparatur an einem Lebenserhaltungssystem vorzuneh­ men oder ein tröstendes Gespräch mit einem Kollegen zu führen, der depressiv wird. In der Psychologie spricht man hier von einer Variante des Alpha-Charakters. Das sind ­Leute, die vom Naturell her eher der ruhige Bastler-Typ sind, die aber im Notfall einen Schalter umlegen und ein Kom­ mando ­erteilen können. Ist ein Team von fünfundzwanzig solcher Typen aber nicht auch ein bisschen zu homogen? Natürlich, wir versuchen ein Team deshalb möglichst komple­mentär zu besetzen. Die verschiedenen Typen sind sich unter­einander nicht in jeder Hinsicht ähnlich. Bei der Mission in Israel jetzt haben wir sechs Analog-Astronautin­ nen und -Astronauten im Team – das ist so eine typische Mannschaftsgröße, mit der wir auch für den Mars rechnen. Die anderen Teammitglieder sind On-site-Support außer­ halb der Iso­lation, und die müssen auch zusammenpassen. Bei der Auswahl prüfen wir zunächst Select-out-Kriterien: Wer zum ­Beispiel Herzrhythmusstörungen oder eine psych­ iatrische Defizienz hat, ist draußen. Dann gibt es Select-inKriterien: wenn jemand in einem Bereich eine besonders hohe Kom­petenz hat. In unserem Fall sind wir so auf einen


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Special AMADEE -20

»Ich   glaube, dass wir die letzte Generation sind, die den Mars als unbe­ siedelten Him­melskörper kennt.«

Pool von 30 Leuten gekommen. Danach wird geschaut, wie die Leute untereinander passen. Wir wählen nämlich nicht die Ein­zelpersonen aus, sondern Teams. Und da gibt es ge­ wisse Strategien, angefangen mit einem ausgewogenen Ge­ schlechterverhältnis. Gemischte Teams funktionieren auf lange Sicht einfach viel besser. Diesen Pool an Leuten setzen wir dann draußen im Feldtraining irgendwo in den Bergen in Österreich in einer Schlucht aus und sagen: Überlebt! ­Dieser Versuch wird natürlich beobachtet, und da sieht man dann, dass es Leute gibt, die wir falsch eingeschätzt haben, die vielleicht doch keine guten Teamplayer sind. Und wer diese Stufe ebenfalls erfolgreich durchlaufen hat, kommt in den kleinen Pool von zertifizierten Analog-Astronauten, aus dem dann die jeweiligen Crews für die Missionen zusam­ mengestellt werden. Also – es ist ein ziemlicher Aufwand. Was können wir in der Corona-Krise von zertifizierten Analog-Astronautinnen und -Astronauten lernen? Sind die nicht auch Meister der Isolation? Uns sind in der Krise von den Medien tatsächlich die Türen eingelaufen worden. Analog-Astronauten waren da sehr ­begehrte Interviewpartner für die Bewältigung von Stress. Und es gibt dafür einen ganzen Blumenstrauß an Techniken: Der Klassiker ist ein strukturierter Tagesablauf. Also lieber nicht den ganzen Tag unrasiert im Pyjama verbringen, lieber rasieren, auch wenn man nicht rausgeht. Dann: ein Ziel ­setzen. Bei uns ist es die Flugplanung, Gesteinsproben ent­ nehmen und so weiter. Aber das kann man auch auf einen ganz normalen Alltag übertragen und sich konkret etwas vor­nehmen, was dann auch erledigt wird. Hilfreich ist außer­ dem ein Buddy-System mit anderen Menschen, die vielleicht ähnliche Erfahrungen durchmachen und an deren Hand man durch eine Krise geht. Das ist in unserem Fall abgebildet durch die Leute im Mission Support Center, die gemeinsam mit den Analog-Astronauten trainiert haben und persönliche Beziehungen zu ihnen aufgebaut haben. Neben der Pandemiebekämpfung beschäftigt uns ­Menschen gerade auch sehr der Klimaschutz. Inwiefern bringt uns die Erforschung des Weltraums hier weiter? Da gibt es viele Aspekte. Zum einen ist der Mars für uns im Prinzip ein Modellplanet mit 95 Prozent CO2-Atmo­

sphäre. Er ist wegen des Treibhauseffektes um 19 Grad ­wärmer, als er ­eigentlich sein sollte. Auch die Venus ist CO2dominiert und der heißeste Planet im Sonnensystem. Auf­ grund dieser ­Beobachtungen hat man den Effekt von CO2 auf die Erd­atmosphäre überhaupt erst entdeckt – viele wissen gar nicht, dass die ganze Klimadebatte sich eigentlich aus der Plane­tologie entwickelt hat. Allgemein ist die Raumfahrt ein ­hervorragendes Monitoring Tool für Erdbeobachtungen, für die Klimaentwicklung, die Wetterentwicklungen und die Folgen des Klimawandels. Es gibt einfach keinen besseren Aussichtspunkt auf unseren Planeten als von einer Satelli­ten­ plattform in der Erdumlaufbahn aus. Zum anderen bietet der Mars uns ein Studienmodell beispielsweise für Extrem­ effekte. Auf dem Mars können wir beobachten, was passiert, wenn es extrem viel CO2 gibt. Unsere Forschung wirkt ­vielleicht weit weg, aber sie hat auf der Erde einen konkre­ ten wissenschaftlichen Nutzen. Das heißt, wir sollten lieber früher als später zum Mars fliegen? Ja. Und dafür gibt es wirtschaftliche Gründe, es gibt Gründe, die in der Technologieentwicklung liegen, es gibt wissen­ schaftliche Gründe, und es gibt geopolitische Gründe: ­Nationen, die in der Raumfahrt kooperieren, führen keine Kriege gegeneinander. Außerdem haben wir die Ressourcen, und wir haben die Leistungsfähigkeit. Das jährliche öster­ reichische Raumfahrt-Budget entspricht etwa hundert ­Meter Autobahnneubau, man muss das mal in Relation ­setzen. Mit drei Monaten weniger Zweiter Irakkrieg hätten wir uns eine vergoldete Marsmission leisten können. It’s there, wir können es. Ich glaube, dass wir die letzte Genera­ tion sind, die den Mond und den Mars als unbesiedelten Himmels­körper kennt. Unsere Enkelkinder werden in ­einer Welt aufwachsen, wo eine Mondstation genauso Alltag sein wird wie für uns eine Antarktisstation. Würden auch Sie die Erde einmal verlassen? Wenn ich mir zuerst ein klares Bild von der verwendeten Technologie und den Leuten, die mitfliegen, machen dürfte: ja. Sie würden schließlich auch nicht mit jedem beliebigen Arbeitskollegen in einen Wohnwagen steigen und darin ein halbes Jahr verbringen. Außerdem müsste ich eine realis­ tische Chance sehen, wieder zurückzukommen. Für ein ­Himmelfahrtskommando stehe ich nicht zur Verfügung.

Frank Haas ist Leiter Markenstrategie und Kommunikation bei G   ebrüder Weiss – und als Chefredakteur verantwortlich für den ATLAS .


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Fly me to the Moon Mars Gebrüder Weiss is partnering AMADEE-20 , the Austrian Space Forum’s thirteenth Mars analog mission. In this special feature, you can discover what a Mars analog mission is, why these missions are conducted, and how exactly Gebrüder Weiss is supporting it.

How the Mars ­analog mission works Never before has a human set foot on Mars. But preparations for doing so in the fore­ seeable future are in full swing. In settings analogous to conditions on Mars, highly trained astronauts have been isolated from their normal environments on Earth, enabling them to test equipment and workflows for astronautical and robotic explorations of the Red Planet. Gebrüder Weiss is supporting this research by delivering the Austrian Space Forum’s equipment from Innsbruck to the project site in Israel’s Negev Desert. The simulation there was success­ fully completed between October 4 and October 31. Here are the key facts in a nutshell. Contact with Earth: the Mission Support Center followed the project closely from its base in Innsbruck, Austria. To simulate the time lapse in communications between Earth and Mars, each signal and message was delayed by ten minutes. International teamwork: the mixed-gender crew of six analog astronauts operated in complete isolation. Groundbreaking research: more than 20 experiments were conducted during the mission, with a total of 200 scientists from 25 countries participating. Their research focuses are ­bio­logy, medicine, psychology, engineering, geology and architecture. The perfect attire: special “spacesuits” weighing 45 kilograms were created for outdoor simulations. On the surface of Mars, astronauts would need a 150 kilograms suit to guarantee oxygen supply. However, Mars only has about a third of Earth’s gravitational pull, so a 150 kilo-

grams suit there is roughly equivalent to a 50 kilograms suit here. Prime location: the habitat at the Ramon Crater consisted of computer workstations to coordinate the experiments and monitor data from the spacesuit sensors, flanked by a laboratory area, sleeping berths, a lounge, a kitchen, and a sanitary module containing a shower and toilet.


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“I’m not volunteering for a suicide mission.” Frank Haas converses with Gernot Grömer about technological challenges, ­trivial problems and the huge opportunities afforded by a mission to Mars

Mr. Grömer, Mars is not the ideal vacation destination. It has major temperature fluctuations and is beset by sandstorms; there’s hardly any oxygen and basically no water. So why go there? (laughs) Right. If you want to lie on the beach and order a drink, then Mars definitely isn’t the right choice. But there are other reasons why we find the planet fascinating. For instance, the many questions: why is Mars the way it is now, and has it ever sustained life? In our view there have been phases when this was at least possible hypothetically. The question now is whether it was actually inhabited. And those are two very different things. Viewed from this perspective, Mars offers something that every good vacation destination needs: a narrative, a story. There’s a great quote from Ibn Battūta, the Marco Polo of the Arab world: “Traveling initially leaves you speechless and then transforms you into a storyteller.” In other words, we still don’t fully know what to expect when we land on Mars, what surprises the planet has in store for us. And that, in a nutshell, is the reason for going there. So a manned mission to Mars is the ultimate aim. How close are we to it? Several space agencies around the world are looking into this. The Chinese, for example, have announced 2033 as a possible date. Also, there are some private initiatives – such as Mars One, which plans to offer one-way trips, so you would have to spend the rest of your life on Mars. That really is pie in the sky. But when an Elon Musk says he wants to fly to Mars within the next ten years, you have to take it seriously. He has already demonstrated his ability to tap spectacular technological developments in the past – if only because he has the financial muscle to do so. Based on the forecasts of the Austrian Space Forum, we can expect the first Mars expedition thirty years from now at the latest. In other words, the individual who will take the first step on the Red Planet is currently about ten years old and attending an elementary school in a city like Bregenz, Beijing or New York. One thing is certain: we are no longer

asking whether we will fly to Mars. Now it’s about the when. The trip itself would take about six months. But what about the return journey? How do you get back? The idea is simple: when a Gebrüder Weiss truck travels to Italy, it doesn’t take enough fuel for the entire journey because it can fill up at a gas station before the return leg. That’s exactly how we view Mars: like a large, planetary gas station. CO2 from the Martian atmosphere can be broken down into carbon and oxygen, which can then be combined with hydrogen – brought from Earth or produced on site – to make rocket fuel. To achieve this, you would first have to dispatch an unmanned cargo craft to land a return spacecraft with empty fuel tanks on the surface. For a few months, the atmosphere can then be processed until the fuel tanks are full and the Earth receives the “primed for departure” signal. Next a smaller, speedier, low-mass manned spaceship will arrive. If something goes wrong, the crew will simply board the return flight and head straight back. But if everything pans out, they will remain on Mars for a year before returning to Earth in this fully fueled space­ ship. So the secret is to park the return spacecraft on Mars before the first humans show up. The Austrian Space Forum is one of several players worldwide and you cooperate with an array of space institutes. Exactly, it’s all very international. Although we call ourselves the Austrian Space Forum, well over twenty nations are involved. Our official working language is therefore “BE,” or “Broken English.” Two hundred people from twenty-five nations are participating in the analog mission in Israel, and any distinctions between countries of origin vanish very quickly. Nevertheless, we are an Austrian institution and for a good 15 years we’ve been doing something for which we are quite uniquely configured in Europe. It would be a real pity – and bad for Austria as a business location – if it were to lose the lead it has built because countries like China are pumping far more resources into comparable programs.


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Let’s return to the subject of Mars. What about the extreme levels of radiation? Is a solution lined up? The radiation issue is a bit like taking a stroll in the Antarctic clad only in swimming trunks. There’s a technological answer. I fret more about the problems we haven’t even discovered yet, for the surprises that wait over the horizon. We have to be able to point to every single component and say what will happen if it fails. So, in the area of technological development, the mantra “fail fast, fail cheap, have a steep learning curve” always applies. This necessitates that we push new technologies to their absolute limit during development. If I know where the vulnerabilities are and where a part is likely to break, then I can learn from that. In my view, it would be a horrible mistake to fly to Mars without a 3D printer. After all, if disaster strikes, the nearest spare parts depot is 380 million kilometers away. Nor is there any guarantee that the return spacecraft will function as planned. And that opens up a string of significant consequences, from nutritional issues through to deciding how much toilet paper I need to take. The problems and challenges we need to master are very basic, sometimes even trivial. For example, in one past mission we transported our hardware to Oman in two shipping containers. The two spacesuits were both in one container – and this very container was damaged in a storm at sea. We learned the lesson that it is better to ship the two suits in separate containers so that we can continue working with one if the other gets lost. Of course, if you explain that to an experienced freight forwarder, then he or she will say: Hey, I could have told you that. Despite all the challenges, applicants for flights to Mars aren’t in short supply. What, from your point of view, makes an ideal astronaut? (laughs) According to the science fiction author Robert Heinlein, a good astronaut needs to be able to write a computer program, grill a chicken, tell a good joke, apply a splint to a broken bone and simultaneously write a great story. In other words, unlike with robots – which perform highly specialized tasks – we don’t always know exactly what individual humans can do. For complex missions I need generalists. Piloting a spacecraft is not enough. You need to be able to repair a life support system – and reassure a

depressed colleague. In psychology, individuals like this are seen as variants of Alpha characters. They are people who tend to be quiet and methodical by nature, but who can switch up a gear quickly and seize control in an emergency. But isn’t a 25-strong team of this type of character a bit too homogeneous? Of course, which is why we do our best to build teams with complementary attributes. The various Alpha characters are not similar in every respect. For the mission in Israel, we now have six analog astronauts – that’s a fairly standard size for a team, a size we are also expecting for Mars. The other members provide on-site support outside the isolation zone and they too need to be the right mix. When forming a team, we begin with qualities that rule candidates out, using the so-called select-out criteria. For instance, anyone with an irregular pulse or psychiatric issues is excluded. Then we come to the select-in criteria – where people have particularly high degrees of competence in a specific area. In our case, that helped us narrow down the shortlist to 30. After that, we look at how well people harmonize with each other. We choose teams, not individuals. And we apply certain basic strategies, starting with a balanced gender ratio. Quite simply, mixed teams function much, much better in the long run. We then abandon the candidates in the wild somewhere – in some gorge in the Austrian mountains – and order them to survive! Needless to say, we closely monitor this exercise. At the end of the day we sometimes realize that there are individuals we have misjudged, who may not be good team players after all. But those who do successfully “survive” this stage will be inducted into the small contingent of certified analog astronauts, from which the crews for the various missions are then picked. So it’s quite a complicated process. What can certified analog astronauts teach us about surviving during the pandemic? Aren’t they experts in isolation too? The media bombarded us during the crisis. Analog astronauts were in high demand for interviews on coping with stress. We have a broad repertoire of techniques we can call on. A structured everyday routine is the classic. In other words, don’t wander around unshaven in your pajamas all day long. Have a shave, even if you have no plans to go out. Then there’s


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“Set yourself a target.” For us, that involves flight planning, taking rock samples and so on. But you can also apply it to situations in normal everyday life, by picking on something specific and then doing it. It’s also helpful to have a functioning buddy system comprising other people dealing with similar trials and tribulations, so you can help each other get through. In our case, these are the people at our Mission Support Center who underwent training ­together with the analog astronauts and forged personal relationships with them. Even while we are fighting the pandemic, we humans are very concerned about ­climate protection. How can space exploration help us here? There are many different ways. On the one hand, Mars is basically a good model for our planet, given its atmosphere of 95 percent CO2. As a result of the greenhouse effect, it is 19 degrees warmer than it should be. Venus – where CO2 also dominates in the atmosphere – is the hottest planet in the solar system. In this context, the effects of CO2 on the Earth’s atmosphere have only just been discovered. Lots of people don’t even know that the entire climate debate actually evolved from planetology. In general, space travel is an excellent tool for monitoring the Earth, climate trends and their effects, and weather patterns. There is simply no better vantage point than a satellite platform orbiting our planet. On the other hand, for example, Mars offers us a paradigm for studying extreme phenomena. On Mars, we can observe what happens when there is an excessively high level of CO2. Our research may seem remote,

but it has real scientific consequences for us on Planet Earth. You’re saying, we should fly to Mars sooner rather than later? Yes. And there are good economic reasons for that. There are reasons related to technology development, there are scientific reasons and there are geopolitical reasons. Nations that cooperate on space travel do not wage war against each other. What is more, we have both the resources and the skills. Austria’s annual space budget is equivalent to about 100 meters of highway construction. You have to see that in perspective. Shortening the second Iraq War by three months would have more than paid for a Mars mission. It’s there, we can do it. It’s my assumption that we will be the last generation on Earth to think of the Moon and Mars as uninhabited celestial bodies. Our grandchildren will grow up in a world where a lunar station is just as much a part of everyday life as a base in the Antarctic. Would you leave Earth one day too? If I had a firm idea of the technology used and the people accompanying me: yes. After all, you wouldn’t move into a caravan with any old co-worker and spend half a year trapped inside it with them. Also, I’d want to feel comfortable that there’s a realistic chance of making it back to Earth. I’m not volunteering for a suicide mission.  Frank Haas is Head of Brand Strategy and Communications at Gebrüder Weiss – and editor-in-chief of ATLAS .

From Innsbruck to Ramon Crater The equipment for the mission was transported in two ­orange Gebrüder Weiss containers from Austria to the Negev Desert.

it was transported by truck to the Slovenian port of Koper, where it was loaded onto a ship to Ashdod before com­ pleting its odyssey overland to the Negev Desert.

Some three metric tons of equipment were loaded into the containers, including high-risk items like the Mars Rover, drones and space suits.

Ramon Crater, aka Makhtesh Ramon (from the ­Hebrew word for mortar “makhtesh”), is the largest of five erosion craters in the Negev Desert. It is almost 40 kilometers long, between two and ten kilometers wide and 500 meters deep. The entire crater is a nature preserve and conserva­ tion area.

Gebrüder Weiss handled submissions of all the mandatory customs forms and hazardous goods documents, enabling the journey to proceed without complications. From the Austrian Space Forum in Innsbruck, the equipment was taken to the Gebrüder Weiss ­terminal in Hall. From there

All in all, transporting the sensitive cargo took four weeks. The containers were readied in Innsbruck on August 19–20 and arrived at their destination in Israel on September 16.


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Die schönsten Eindrücke aus der Wüste Negev: Wenn wir es nicht besser wüssten, könnte das ­tatsächlich der Mars sein – das suggerieren jeden­ falls die Bilder auf diesen Seiten, die während der Analog-Mission in der Wüste entstanden sind. Sie zeigen Astronautinnen bei der Feld­ forschung (S. 69, 74, 82), das Habitat im Ramon-­ Krater von oben und beim Sonnenuntergang (S. 71, 75/76). Einzig die Gebrüder Weiss-Con­ tainer lassen vermuten, dass wir uns doch inner­ halb der Erdumlaufbahn befinden.

Die schönsten Eindrücke aus der Wüste Negev: If we didn’t know better, we’d think we were on Mars here – the pictures on these pages, taken during the analog mission in the desert, suggest just that. They show female astronauts engaged in fieldwork (pp. 69, 74, 82), and the habitat in Ramon Crater from above and at sunset (pp.71, 75/76). The Gebrüder Weiss containers alone remind us that we are still on Earth.

Von Innsbruck in den Ramon-Krater In zwei orangen Gebrüder Weiss-Containern wurde das ­Missions-Equipment von Österreich in die Wüste Negev gebracht.

ÖST ER R EICH

Innsbruck Koper

SLOW EN IEN

In die Container wurde Ausrüstung mit einem Gesamt­ gewicht von etwa drei Tonnen verladen, darunter sensible Mars-Rover, Drohnen und Weltraumanzüge.

Schwarzes Meer

Gebrüder Weiss hat die Prüfung und die Erstellung aller erforderlichen Gefahrgut- und Zolldokumente übernommen, sodass der Transport reibungslos verlaufen konnte. Mittelmeer

ISR A EL

Ashdod

LIBA NON

Die Route verlief vom ÖWF in Innsbruck über das ­Gebrüder Weiss-Terminal Hall bis nach Koper (SLO) per Lkw, dann auf dem Seeweg nach Ashdod und weiter in die Wüste Negev. Der Ramon-Krater, auch Machtesch Ramon (von hebrä­ isch machtesch für Mörser, Reibschüssel), ist der größte von fünf Erosionskratern in der Wüste Negev. Er ist fast 40 Kilo­ meter lang, zwischen zwei und zehn Kilometern breit und 500 Meter tief. Der gesamte Krater ist ein Natur- und Land­ schaftsschutzgebiet.

SY R IEN GOL A N HÖHEN

Mittelmeer

Tel Aviv W E ST JOR DA N L A N D

Ashdod

Totes Meer

GA Z A ST R EIF EN ISR A EL

SAU DI- A R A BI EN

WÜ STE NE GE

JOR DA N IEN

V

RamonKrater

ÄGY P T EN

Rotes Meer

Der Transport der empfindlichen Fracht dauerte insgesamt vier Wochen: Am 19. und 20. 08. wurden die Container in Innsbruck verladen und am 16. 09. in der Wüste angeliefert.


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Ganz nah dran Die AMADEE -20-Mission ist ein großes Teamwork. Wir haben verschiedene Beteiligte nach ihrem Blick auf die Unternehmung befragt.

Wolfram Senger-Weiss

Robert Rubatscher

Vorsitzender der Geschäftsleitung Gebrüder Weiss

Speditionslogistiker, Gebrüder Weiss Hall

Ein Projekt wie die Analog-Mission unterstützen zu ­dürfen, ist natürlich eine spannende Aufgabe für alle direkt beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. ­Zusätzlich würde ich aber behaupten, dass dieses Pro­ jekt eine besondere Strahlkraft besitzt. Es eröffnet uns einen Blick auf die logistischen Herausforderungen der Raumfahrt und vermittelt einen gewissen Einblick, welche ­neuen Sphären die Anforderungen an Mobilität in Zukunft erreichen könnten. Ich finde, es passt gut zu unserem Unternehmen, neue technologische Ent­ wicklungen zu begleiten und im Rahmen unserer ­Möglichkeiten zu fördern, auch wenn sie herkömm­ liche ­Dimensionen verlassen.

Diese Mission ist wirklich etwas Besonderes. Wir waren drei Lehrlinge, die in das Projekt eingebunden waren und die sich die Arbeit aufgeteilt haben. Ich war für den logis­ tischen Bereich zuständig, ein anderer Lehrling hat bei der Abwicklung der Tour mitgearbeitet. Für uns war es eine tolle Gelegenheit, das gelernte Fachwissen anzuwen­ den. Dabei ist vor allem die zolltechnische Abwicklung kompliziert gewesen, denn das Transportgut beinhaltet neben zahlreichen Gefahrgütern auch Einzelanfertigun­ gen – wie spezielle Batterien. Auch diese Geräte müssen selbstverständlich deklariert werden, obwohl es nicht mal ein Formular dafür gibt. Speziell zum Schluss, als es in die heiße Phase gegangen ist, lastete eine große Verantwor­ tung auf unseren Schultern. Hätten wir auch nur einen kleinen, scheinbar unbedeutenden Fehler gemacht, hätte das bereits die gesamte Mission gefährden können, denn vor Ort in Israel folgt das Team einem strikten Zeitplan. Letztendlich haben wir alle viel dazugelernt.


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Armin Ploner

Anika Mehlis

Branch Manager Air & Sea, Gebrüder Weiss Hall

Analog-Astronautin AMADEE -20

Unser Unternehmen ist in den letzten Jahren sehr ­gewachsen, und es rücken neue Themen in den Fokus, E-Mobilität oder neue Antriebstechnologien zum ­Beispiel. Außerdem stehen wir vor einem Generations­ wechsel. Daher haben wir dieses zukunftsorientierte Projekt unseren Lehrlingen anvertraut. Es kann ja nur ein Vorteil sein, wenn unsere Disponenten von morgen schon während der Ausbildung so ein Projekt organi­ siert haben. Und man darf die jungen Mitarbeitenden wirklich nicht unterschätzen. Die waren nämlich sofort begeistert bei der Sache und sind mit dieser Aufgabe ­unglaublich gewachsen. Sie mussten Verantwortung übernehmen, Meinungen austauschen, Ideen einbrin­ gen – alles Dinge, die man nur in der Praxis lernen kann. Ich war wirklich beeindruckt, was die Lehrlinge hier auf die Beine gestellt haben.

Als Wissenschaftlerin arbeite ich normalerweise in einem sehr speziellen Fachgebiet. Als Analog-Astronautin kann ich als Biologin auch Forschung zum Beispiel aus dem Bereich der Medizin oder Geologie ausführen, das finde ich sehr reizvoll. Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann könnte ich tatsächlich glauben, ich bin auf dem Mars. Man fühlt sich wirklich wie aus der Welt gefallen hier in der Wüste. Aber es lastet auch ein großer Druck auf uns: Wenn wir jetzt in die Isolationsphase eintreten, dann erwarten alle draußen – das Team im Mission Support Center, die Forschenden, mit denen wir zusammenarbei­ ten –, dass wir dann auch die entsprechenden Ergebnisse liefern und Daten einholen. Daher ist es besonders wich­ tig, dass wir als Team funktionieren und mit dieser Ver­ antwortung umgehen können. Das ist eine Herausforde­ rung, aber sie macht mir vor allem viel Spaß.


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Artikel xx


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Special AMADEE -20

Close to the action Teamwork is key to the Amadee-20 mission. We asked various players for their views of the project.

Wolfram Senger-Weiss Chairman of the Management Board, Gebrüder Weiss Needless to say, being able to support a project like the Analog Mission is very exciting for all the staff directly involved. That said, I would also contend that the project possesses a unique appeal. It opens our eyes to the logistical challenges of space travel and allows us insights into those spheres where the mobility requirements of tomorrow might propel us. In my view it is a good fit for our organization if we can marshal our capabilities to drive and support such new technological developments where we can – even if they extend beyond our traditional orbits.

Robert Rubatscher Apprentice in freight forwarding logistics, Gebrüder Weiss Hall This mission really is unique. Our group of three apprentices was integrated into the project and we divided up the work between us. I was responsible for the logistics operations, another trainee helped administer the delivery runs. It proved a great opportunity for us to put our newfound expertise into action. The customs processing was the most complicated, because the freight included numerous hazardous and custom-made items like special batteries. Needless to say, these too have to be declared, although there is no customs form available. A huge responsibility weighed on our shoulders, particularly at the end when the pace and pressure picked up. If we had made a single, seemingly trifling mistake, it could have jeopardized the entire mission – because the team on the ground in Israel maintains a rigid schedule. At the end of the day, we all learned a lot.

Armin Ploner Branch Manager Air & Sea, Gebrüder Weiss Hall Our company has grown considerably in recent years, and we are constantly being bombarded by new subjects – such as e-mobility and new drive technologies. We’re also facing a generational change. That’s why we’ve entrusted this visionary project to our apprentices. It’s a win-win situation for us if our up-and-coming dispatchers have already managed a project like this during their training. And it would be wrong to underestimate these youngsters. They were totally excited from the very start, and all grew amazingly during the project. They had to take responsibility, share opinions, and contribute ideas – all things that trainees don’t normally learn to do. I was really impressed at the things they managed to achieve here.

Anika Mehlis Analog astronaut at AMADEE-20 As a scientist, I typically work in a very narrowly defined field. But as a biologist-cum-analog astronaut, I can research areas like medicine and geology as well. For me, that’s a real positive. If I look out the window, I really could believe I’m in a Martian landscape. You genuinely feel you’re in a different world out here in the desert. But there’s a lot of pressure on us, too. When the time comes to enter the isolation phase, everyone on the outside – the team at Mission Support, the researchers we work with – will expect us to obtain the data and deliver the results they need. So it­’s really important that we mesh as a team and can cope with this responsibility. It may be a challenge but for me, above all, it’s a lot of fun.



Starship­Rakete Am Design der Starship­Rakete von Elon Musks Unternehmen SpaceX wird derzeit noch gearbeitet, an ihrer Tauglichkeit auch. Ihr Ziel aber steht fest: Sie soll den Mars errei­ chen – und das scheint möglich zu werden. Nach vier gescheiterten Testflügen ist 2021 ein Prototyp der Rakete unbeschadet wieder auf der Erde gelandet. Schon 2023 möchte der japanische Milliardär Yusaku Maezawa mit einer Gruppe Künstlerinnen und Künstler im Starship um den Mond herumfliegen, um die Passagiere auf besondere Weise zu inspi­ rieren. Inspiriert ist auch die NASA, die sich von SpaceX eine Art Superrakete bauen lassen will: Diese soll mit einer Spitzengeschwindig­ keit von 12.000 km/h unterwegs sein und Nutzlasten von 80 Tonnen innerhalb von einer Stunde an jeden beliebigen Ort der Erde brin­ gen können.

Starship Elon Musk’s company SpaceX is currently working on the design of its Starship rocket – and its overall viability. The designated mission is clear: it needs the ability to reach Mars, something that does seem to be viable. After four failed test flights, a prototype of the rocket landed safely back on Earth in 2021. As early as 2023, the Japanese billionaire Yusaku Maezawa plans to orbit the moon together with a group of artists – providing the passengers with a unique source of inspiration. NASA too is inspired, and wants to commission SpaceX to build what it calls a “super rocket.” This is expected to have a top speed of 12,000 kilometers per hour and the ability to transport 80-ton payloads to any place on Earth within an hour.


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Alles gelesen?

1.  Welche futuristische Idee soll laut Bürgermeister Eric Garcetti schon in zwei Jahren Wirklichkeit werden und dabei helfen, das Verkehrsproblem in Los Angeles zu lösen? L Fliegende Untertassen P Fliegende Teppiche T Fliegende Autos 2. Der von Swissloop Tunneling im Rahmen eines Wettbewerbs von Elon Musk entwickelte Tunnelbohrer »Groundhog Alpha« ist … A … genauso schnell wie eine Gazelle B … halb so schnell wie ein Murmeltier R … doppelt so schnell wie eine Schnecke 3. Welcher Bote hat der britischen Regierung die Nachricht vom Sieg über Napoleon in Waterloo überbracht? A Eine Brieftaube U Der Mailänder Bote O Der Pony-Express 4. Die 13. Mars-Analog-Mission des Österreichischen Weltraum Forums ÖWF trägt den Namen M WOLFGANG -20 N AMADEE -20 W MOZART -20

6. Wie heißt der Krater, in dem das Habitat der AMADEE -20- Mission aufgebaut ist? P Ramon I Ramona R Raimund 7. Was sollte man laut Radprofi Andreas Müller schneiden, wenn man den ­Luftwiderstand auf dem Rad verringern will? O Die Fingernägel N Die Haare F Die Kurve 8. Wie bewegen sich über 80 Prozent der Äthiopier vorwärts? G Zu Fuß R Auf E-Rollern H Mit autonom fahrenden Linienbussen 9. Das neue Überschallflugzeug ­Over­ture wird gebaut vom ameri­kanischen TechUnternehmen T Crash Bandicoot J Boom Supersonic R Bang & Olufsen

5. Ohne welchen Gegenstand würde ÖWF-Direktor Gernot Grömer nicht zum Mars reisen? S 3-D-Drucker E Viergewinnt-Spiel D Mehrfachsteckdose

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Schicken Sie das Lösungswort an ­redaktion@ gw-atlas.com und gewinnen Sie eins von drei Paar kabellosen In-Ear-Kopfhörern. Einsendeschluss ist der 28. Februar 2022.

Die Gewinner werden per E-Mail be­nachrichtigt und erhalten die Gewinne bis Ende März 2022. Leider, liebe ­Kolleginnen und Kollegen, ist die Teil­nahme von Gebrüder Weiss-Mitarbeitenden aus rechtlichen Gründen nicht ge­stattet. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinne sind nicht in bar ablösbar.

Wir hoffen, Sie hatten bis hierhin Freu­ de mit der neuen Ausgabe des ATLAS . Mit unserem Kundenmagazin wollen wir Sie unterhalten und erfreuen und Ihnen e ­ twas aus der weiten Welt von Logistik, Verkehr und Mobilität er­ zählen. Auf dieser Doppelseite können Sie prüfen, was Sie neu erfahren haben oder vielleicht ohnehin schon wussten. Und im Zweifelsfall lesen Sie einfach noch einmal nach, denn alle Antworten und die entsprechenden Zusammen­ hänge dazu finden Sie auf den voran­ gehenden Seiten.


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Read everything?

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6.  What is the name of the crater where the habitat of the AMADEE-20 mission has been constructed? P Ramon I Ramona R Raimund 7.  According to the professional cyclist Andreas Müller, what should you cut if you want to reduce air resistance when cycling? O Your fingernails N Your hair F The corners 8.  How do over 80 percent of Ethiopians travel? G On foot R On e-scooters H On autonomous buses 9.  The new high-speed aircraft Overture is built by the American tech company T Crash Bandicoot J Boom Supersonic R Bang & Olufsen

Send the solution to redaktion@gw-atlas.com and win one of three sets of wireless earbuds. The deadline for submissions is F ­ ebruary 28, 2022.

The winners will be notified by e-mail, and will receive their prizes by the end of March 2022. For legal reasons, we sincerely regret that Gebrüder Weiss employees are not permitted to enter. The judges’ decision is final. Prizes cannot be exchanged for cash.

1.  According to Mayor Eric Garcetti, what visionary idea should become a reality in two years and help solve the traffic problem in Los Angeles? L Flying saucers P Flying carpets T Flying cars 2.  The Groundhog Alpha tunnel boring machine developed by Swissloop Tunneling for submission in a competition run by Elon Musk is ... A ... just as fast as a gazelle B ... half as fast as a groundhog R ... twice as fast as a snail 3.  Which “messenger” delivered the news of Napoleon’s defeat at Waterloo to the British government? A A carrier pigeon U The Milanese Courier O The Pony Express 4.  The thirteenth Analog Mars Mission of the Austrian Space Forum bears the name M Wolfgang-20 N AMADEE-20 W Mozart-20 5.  Which item would Gernot Grömer, the Director of the Austrian Space Forum, definitely take to Mars? S 3D printer E Connect 4 game D Power strip

We hope you have had lots of fun reading the new edition of ATLAS . With our customer magazine, we hope to entertain and amuse you, and tell you more about the big wide world of logistics, traffic and mobility. On this double spread you can review the things you have learned or demonstrate what you may already have known. And, if in doubt, just browse through the issue again, because the answers and background information can all be found on the previous pages.


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Der nächste ATLAS: im Frühjahr 2022 The next ATLAS: in spring 2022

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ATLAS ist das Kundenmagazin der Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. und erscheint zweimal im Jahr. Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Bundesstraße 110, A-6923 Lauterach, www.gw-world.com. © 2021 Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet. Printed in Austria. Alle Rechte vorbehalten. redaktion@gw-atlas.com Redaktionsschluss: 15. Oktober 2021 Chefredaktion und V. i. S. d. P.: Frank Haas für die ­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. in Zusammenarbeit mit Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH, ­Hamburg; ­www.groothuis.de. Idee und Konzeption: Frank Haas für­Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. und Rainer Groothuis  Redaktion und Projektmanagement: Merlin Herrmann für­ Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Miriam Holzapfel, Imke Borchers  Gestaltung: Sandra Gerstenfeldt, Susan Schulz  Korrektorat: Regina Louis  Herstellung: Raimund Fink für Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H., Carolin Beck, Steffen Meier  Lithografie: Alexander Langenhagen, edelweiß publish, Hamburg  Druck und Bindung: BULU – Buch­druckerei Lustenau GmbH, Millennium Park 10, A-6890 Lustenau  Gedruckt auf: Salzer Design white bulk, Pop’Set Citrus Yellow Artikelnummer: 6053

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