finanzwelt Ausgabe 02/2018

Page 86

86 | VERSICHERUNGEN | Roundtable Biometrie

bewusst verschwiegen, doch der Kunde sagt aus, er habe dem Makler alles an Krankenakten und Auskünften zur Verfügung gestellt. Er könne ja nicht wissen, was da relevant wäre und was nicht. Und da sind heutzutage viele Richter geneigt, in diesem Fall dem Verbraucher recht zu geben. finanzwelt: Und wenn der Vermittler die gesamte Krankenakte einfach an den Versicherer weiterreicht? Kaiser » Das ist sicher nicht im Sinne des Kunden. Krankenakten sind meist umfangreicher als die verlangten letzten 5 Jahre. Wenn ich alles an Informationen einreiche, benutzt der Versicherer auch alles an Informationen. Wenn ich also nicht die Informationen selektiere, habe ich als Makler dem Kunden den Schutz „versaut“. Schwalb » Da interessiert mich die rechtliche Seite. Einerseits soll ich die Gesundheitsfragen möglichst genau beantworten, andererseits will ich Lappalien, die zu einem ungerechtfertigten Ausschluss führen könnten, nicht erwähnen. Dann mache ich mich doch auch zum Mitwisser? Jöhnke » Diese Situation ist rechtlich schwierig zu betrachten. Da müsste erst einmal analysiert werden, wie die Beratungssituation konkret war. Wer hatte Kenntnis von was? Z. B. bei einer Rückenmassage: Welche Behandlung war wieso indiziert? Da ist unsere Empfehlung als Maklerkanzlei, sich bestenfalls die Patientenakte zu besorgen.

Erst dann kann man prüfen, was und warum etwas verschrieben worden ist, um später im Leistungsfall kein Haftungsszenario zu bekommen. Denn der Makler sitzt erst einmal grundsätzlich mit im Haftungsboot. finanzwelt: Also müsste der Makler schon im Vorfeld vieles mehr als nur den Produktvergleich beachten, damit im Schadens-/Leistungsfall keine Komplikationen auftreten? Herr Schwalb, Sie sprechen ja in Ihren Vorträgen immer wieder von Absicherungskonzepten anstatt einzelner Produktlösungen. Können Sie diese Idee kurz beschreiben? Schwalb » Wir glauben, dass die Bedarfe der Kunden stark unterschiedlich sind. Es ist zu einfach anzunehmen, man müsse einfach nur das Maximale des Nettos absichern, dann sei die BU die beste Absicherung. Aber ist das bezahlbar? Was mache ich, wenn der Kunde den Beitrag nicht aufbringen kann? Es gibt unterschiedliche Entwicklungen im Leben des Kunden. Hat er Kinder? Hat er eine Finanzierung? Sich an diese wechselnden Bedarfe anzupassen, geht nur mit einer Absicherungsstrategie. Das ist eine Kombination aus unterschiedlichen Produkten mit unterschiedlichen Laufzeiten, wobei man natürlich immer im Blick haben muss, was sich der Kunde auch wirklich leisten kann. Kaiser » Das ist insofern wichtig, weil der Makler sich unwohl fühlt, wenn der Kunde keine BU bekommt oder sie gerade nicht passt. Weil er seit Jahren

Björn Thorben M. Jöhnke

finanzwelt 02/2018

vermittelt bekommt, die BU sei das Nonplusultra. Alles andere sei schlecht und der Vermittler würde dann nicht gut beraten. Schwalb » Ich halte es sogar für einen der größten Fehler, dass wir in der Vergangenheit alles, was nicht BU war, als minderwertige Ersatzprodukte angesehen haben. finanzwelt: Wie kann ein Vermittler in der Biometrie-Beratung das HaftungsRisiko weitestgehend minimieren? Jöhnke » Zuallererst muss der Vermittler über genaue Kenntnisse der Produkte, die es am Markt gibt, verfügen. Er muss in der Lage sein, den Kunden entsprechend einzuschätzen, um ihm dann eine passende Lösung zu bieten. Dazu muss der Vermittler, der Biometrie beraten will, auch „fit“ in der Thematik sein. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn der Kunde hinterher sagt, er habe eigentlich ein ganz anderes Produkt haben wollen als das, was der Berater empfohlen hat. Diese Problematik ist noch nicht so im Markt angekommen. Deswegen wollen wir auf der Veranstaltung dem Vermittler Lösungen an die Hand geben, wie er seine Haftung deutlich minimieren kann. finanzwelt: Man kennt das aus anderen Bereichen der Vermittlung, wie z. B. Altersvorsorge mittels Software. Können Sie etwas Ähnliches anbieten? Jöhnke » Ein Mittel ist die richtige Dokumentation. Hier kann der Vermittler genauestens dokumentieren, was er mit dem Kunden besprochen hat, welche Punkte er erfragt und was er empfohlen hat. Kaiser» Gerade die Bereiche der Absicherung jenseits der BU entwickeln sich gerade erst richtig. Da gibt es einfach noch gar keine Standards. Die einen Produkte sind auf Sachbasis, die anderen auf Lebensbasis. Der eine definiert seine Rente anders als der andere. Das ist alles schwierig zu vergleichen. Das Wichtigste ist erst einmal, einen Überblick zu bekommen, welche Produkte es am Markt gibt. Was können


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.