finanzwelt Ausgabe 02/2024

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Ein gemeinsamer Weg, der Großes verspricht!

Im Interview sprechen die MAXPOOL-Geschäftsführer Oliver Drewes, Kevin Jürgens und Andreas Zak über aufregende Zeiten und einen unaufhaltsamen Wandel

Einzelpreis 4,50 Euro –G48695 –www.finanzwelt.de 02/2024

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Freunde der finanzwelt,

ist für Sie das Glas immer halb leer oder sehen Sie es eher als halb voll an? Vielleicht gehören Sie aber auch der ZahlenDaten-Fakten-Fraktion an. In unserer Branche sind das in der Regel Analysten, Riskmanager oder Aktuare. Die fragen erst mal nach der nicht konkret angegebenen Maßeinheit (Gramm oder Milliliter) von „halb“, also ob der Inhalt nach Gewicht oder Menge bemessen wird. Und ist ein „volles“ Glas ein mit den Gesetzen der Physik maximal mögliches, also bis zum Glasrand gefülltes Glas? Oder wäre ein „voll“ schon mit einer Füllmenge bis zum Eichstrich des Glases erreicht? Wahrscheinlich fiele noch die Bemerkung, dass ein Zustand wie „halb leer“ oder „halb voll“ nur im Vakuum möglich und in normaler Umgebung das Glas immer voll sei, aber mit unterschiedlichen Mischverhältnissen von Getränk, Luft und Eiswür...“

Spätestens an dieser Stelle dachte ich mir als zum höflichen Zuhören Verdammter: „Hauptsache, ich bin gleich voll, wo bleibt mein Gin Tonic?“ Natürlich geht es bei der Frage nicht um die genaue Berechnung von restlicher Menge und Mischungsverhältnis in meinem Glas, sondern darum, ob man eher das Positive sieht: „Hey, ich habe noch Gin Tonic und mir geht’s gut.“ Oder eher denkt: „Oha, wenn Du so schnell weiter trinkst, hast Du echt ein Problem.“ Aber der Stein war ins Rollen gebracht worden und leider scheiterte mein Versuch, durch schnelles Austrinken meines halbvollen Glases Bombay Tonics für eine eindeutigere Faktenlage und den Status „leer“ zu sorgen. Und schon machten sich bereits zwei Akteure aus der Abteilung „leicht einen sitzen“ an meinem Gin Tonic zu schaffen. Die im Gegensatz zum Analysten eher praxisorientierten, aber mit den simpelsten Grundrechenarten auf Kriegsfuß stehenden

Menschen, wussten auch schon, wie sie die verbliebene Menge an Getränk abmessen wollten. Ihre Methode der Wahl bestand darin, mit einem 1 cl-Weißweinglas die flüssige Hälfte eines 4 cl-Longdrink-Glases aufzunehmen. Sie kamen auf keinen validen Wert, hatten aber auch viel Streuverlust auf Tisch und Hose zu beklagen. Die wie eingenässt aussehende Hose von einem der beiden beschäftigte sie erst einmal eine Weile.

Aber zurück zur eigentlichen Frage: Es gibt neben Pessimisten, Optimisten und den Analysten ja noch die Realisten, welche diese Frage jeweils unterschiedlich und abhängig von ihrem persönlichen Blickwinkel oder dem Common Sense beurteilen. Dabei kann „halb leer“ heißen: „Oha, Ebbe, mal Nachschub bestellen“ und „halb voll“: „Gut gehaushaltet. Schön langsam weiter trinken.“ Alles so weit normal, alles kein Beinbruch. Allerdings kann so eine gesteuerte Sichtweise und das (neudeutsch) Mind Setting große Auswirkungen haben. Der Aktuar rechnet gerade, wie teuer dem Versicherer oder seinem Kunden der Schaden bei einer Cyber-Attacke käme und was eine gute Cyber-Security-Firma monatlich kostet. Wie viele Fälle gab es in der Vergangenheit? Wie wahrscheinlich ist der Schaden in der Zukunft? Daraus entsteht eine konkrete Zahl und eventuell auch eine Handlungsempfehlung. Falls der Entscheider Pessimist ist, investiert er, denn er denkt sich Murphys Law und kann so endlich wieder gut einschlafen. Tagsüber grübelt er allerdings darüber, ob er richtig gehandelt hat. Er weiß ja nicht, ob kein Schaden wegen seiner neusten Schutzmaßnahmen eintrifft, oder ob die alte Firewall und ein einfach verschlüsselter VPN-Tunnel es auch noch weiterhin getan hätten.

Der Optimist hätte vielleicht auch so gedacht und riskiert leichtfertig Kundendaten, Vertrauensverlust und Umsatzeinbußen. Oder aber er sieht eine Chance und sagt, wenn die uns schützen können, legen wir das auch unseren Großkunden ans Herz und verringern Risiko und Schadensquote. Der Realist denkt an die Szene, die er eben an der Bar beobachtet hat, wo zwei Typen in einer klassischen „So-dumm-kannst-du-dir-dasgar-nicht-denken-wie-es-kommen-kann“-Situation sich Gin Tonic in die Hose geschüttet haben und wird eher in Sicherheit investieren. Er kennt ja seine Pappenheimer.

Ich sage immer: Das Beste hoffen und auf das Schlechteste vorbereitet sein. Das könnte in unserer Branche ein guter Weg sein, um allen gerecht zu werden. Und die Aktuare unter uns freuen sich, dafür Modelle zu entwickeln oder Wahrscheinlichkeiten zu berechnen.

In diesem Sinne, Ihr Lenard von Stockhausen

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finanzwelt 02 | 2024 03 EDITORIAL

16 Maklernachfolge – Houston, wir haben ein Nachwuchsproblem

64 Elementarschutz und Maklerbedingungen in Komposit – Das Beste für Mutter Natur

BERATER

06 Titelstory – Ein Pool voller Lösungen

12 Prominente Werbebotschafter, Teil 2 – ING punktet mit The Dirk

16 Maklernachfolge – Houston, wir haben ein Nachwuchsproblem

18 Schutzlücken in der Versicherungsberatung – Guter Rat ist teuer

20 Nach 22 DKM war es Zeit für einen beruflichen Neustart – Interview mit Konrad Schmidt, Prokurist beim Maklerverbund vfm-Gruppe

22 MCC Kongress Zukunftsmarkt Altersvorsorge 2024

– Partner für ein ganzes Leben – der Kongress Zukunftsmarkt Altersvorsorge in Berlin

24 Über Disinflation und Hoffnungsschimmer – Interview mit Sophia Wurm, Vice President bei SPDR ETF, der ETF-Marke von State Street Global Advisors

26 Digitale Banklösungen – Die Wunschliste der Vermögensverwalter

28 Die Herren der Ringe – Interview mit Koba Tsertsvadze, Co-Founder von CNICK

30 CO2-Emissionen – Innovationen in eine nachhaltigere Zukunft

32 „Make a better World“ – Interview mit Jörg Trübl, Co-Founder und CEO der MABEWO AG

34 Kapitalanleger-Musterverfahrengesetz – Reform geplant

18 Schutzlücken in der Versicherungsberatung –Guter Rat ist teuer

66 Zusatzversicherung oder Vollschutz –Ziemlich gesunde Versicherte

BRANCHENNEWS

36 Personality & Events

VERSICHERUNGEN

42 Top Employer 2024 – Erfolgsfaktoren der Versicherungen

44 „ECON-Ausschuss erteilt Provisionsverbot Absage“ – Interview mit Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)

48 Transportversicherung – Alles Gut auf großer Fahrt

50 „Individuell analysieren und aufzeigen, wie der Energiebedarf durch Erneuerbare Energien gedeckt werden kann“ – Interview mit Andreas Krack, Maklerbetreuer der R+V Versicherung

52 Pflegeversicherung – Die Trends 2024

54 „Wir haben den Anspruch, DER Tierversicherer in Deutschland zu werden“ – Interview mit Eric Bussert, Vorstand Vertrieb und Marketing bei der HanseMerkur

56 Kulturwandel – Die wunderbare Cool-Tour der Versicherer

60 Von der Hochzeit zur Haftpflicht – Gut versichert in die Ehe

62 „Nischenspezialist auf Wachstumskurs“ – Interview mit Paul Ristock, Niederlassungsleiter Deutschland, Oberösterreichische Versicherung AG

64 Elementarschutz und Maklerbedingungen in Komposit

– Das Beste für Mutter Natur

Titelbild: © MAXPOOL finanzwelt 02 | 2024 04 INHALT

80 Denkmalimmobilien – Geschichtsträchtig, imposant, wertvoll

94 Fernost – Stößt Indien China vom Thron?

66 Zusatzversicherung oder Vollschutz – Ziemlich gesunde Versicherte

68 „Gesundheits-Apps als digitaler Coach“ – Interview mit Dr. Sylvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung AG

SACHWERTE & IMMOBILIEN

70 „Das ist kein Sprint, sondern eher ein Marathon“ –Roundtable mit Stefan Becker, Neuberger Berman Group LLC, Dr. David Jansen, Willkie Farr & Gallagher LLP, Alexander Koch, Amundi Deutschland GmbH, und Dr. Frank Ulbricht, BfV Bank für Vermögen AG/BCA AG

74 Impact Investing – Wille und Weg sind jetzt da

76 „Investitionsländer, die eine sichere rechtliche und wirtschaftliche Basis liefern“ – Interview mit Christian Hamann, Gründer und CEO sowie Thorsten Eitle, Gründer und CSO, hep global GmbH

78 Baufinanzierung – „Der Neubau zählt sicherlich nicht zu den Fokusthemen des Jahres“

80 Denkmalimmobilien – Geschichtsträchtig, imposant, wertvoll

82 Luxus – das Besondere fürs Depot – Interview mit Ulrich Müller, Investmentberater, Coach, Autor und Unternehmer

84 Britischer Immobilienmarkt – Zaghafte Zeichen einer Erholung

84 Britischer Immobilienmarkt – Zaghafte Zeichen einer Erholung

98 Tech-Fonds – Wie von einem anderen Stern

86 Projektentwickler-Insolvenzen – Stein für Stein

INVESTMENTFONDS

90 Deutschland – Schlechte Daten und neue Rekorde

92 „Demokratisierung von Private Assets“ – Interview mit Georg von Wulffen, Vertriebsleiter Wholesale bei Schroders Investment Management (Europe) S.A.

94 Fernost – Stößt Indien China vom Thron?

96 „Den Riesen abzuschreiben wäre verkehrt“ –Interview mit Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International

98 Tech-Fonds – Wie von einem anderen Stern

100 „Es gilt, Verlierer zu vermeiden“ – Interview mit Tom Ackermans, Portfolio Manager, Fidelity Germany Fund

102 Sony und die Börsenentwicklung – Der Klang des Erfolges

ADVERTORIALS

46 R+V – So werden die Akteure der Energiewende zielführend versichert

RUBRIKEN

03 Editorial

106 Vorschau/Impressum

05

Ein gemeinsamer Weg, der Großes verspricht! MAXPOOL und blau direkt schlagen mit ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit ein neues Kapitel auf. Aber welche Vorteile bringt diese Kooperation den Maklern und warum sind Bündnisse wie die „Pool Alliance“ die Zukunft? Im Interview sprechen die MAXPOOL-Geschäftsführer Oliver Drewes, Kevin Jürgens und Andreas Zak über aufregende Zeiten und einen unaufhaltsamen Wandel.

Geschäftiges Treiben ist in den Unternehmensräumen von MAXPOOL eigentlich nichts Ungewöhnliches. In diesen Tagen geht es aber besonders hektisch zu, denn der Hamburger Maklerpool stellt große Teile der eigenen Technik auf die IT-Infrastruktur von blau direkt um. Die Tools des Lübecker Technikdienstleisters sollen die digitale Organisation und Planung des Maklergeschäfts auf ein neues Niveau heben und gleichzeitig

dank AMEISE, Octi & Co. eine ganze Welt voller Möglichkeiten eröffnen. Große Projekte, feine Details! An ein paar Stellschrauben dreht die IT-Abteilung von MAXPOOL noch unter Hochdruck, denn der digitale Brückenschlag zwischen Hamburg und Lübeck soll für Makler nahtlos erfolgen. In dieser heißen Phase fanden Oliver Drewes, Kevin Jürgens und Andreas Zak dennoch Zeit, mit finanzwelt über ihre große Entscheidung zu sprechen.

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Bester Laune – die drei MAXPOOL-Geschäftsführer hatten beim Interview mehr als einen Grund sich zu freuen.

(v.l.) Kevin Jürgens, Andreas Zak, Oliver Drewes

finanzwelt: In der Welt der Maklerpools scheint es sehr viel Bewegung in Richtung einer Konsolidierung zu geben. Was ist der Grund für diese Entwicklung?

Oliver Drewes» In der Tat erleben wir bewegte Zeiten. Den Startschuss zu den gravierenden Marktveränderungen gab es aus meiner Sicht durch den Einstieg eines Equity Fonds bei unserem Wettbewerber aus München. Kurz danach erfolgte der Einstieg eines weiteren

Equity Fonds bei blau direkt in Lübeck. Damit bildeten sich zwei starke Maklerpools, die praktisch über unbegrenzte Mittel verfügen. Seither waren verschiedene Zukäufe zu beobachten, wie es z. B. mit dem Unternehmen zeitsprung der Fall war. Die Firma ist spezialisiert auf Schnittstellentechnologie und wurde von blau direkt übernommen.

finanzwelt: Nun wagen Sie den Schritt einer engen Kooperation ebenfalls.

Steht dies in Kontrast zu der Unabhängigkeit, die MAXPOOL in den vergangenen Jahren stets auszeichnete? Oliver Drewes» MAXPOOL konzentrierte sich rückblickend darauf, eine absolute Unabhängigkeit sicherzustellen und alle relevanten Technikbereiche selbst und allein zu bauen und vorzuhalten. Mir persönlich war und ist unabhängiges Handeln auch weiterhin wichtig. Daran wird sich durch die gemeinsame Arbeit mit blau direkt auch nichts ändern. Die Entscheidung der umfassenden Zusammenarbeit mit blau direkt fiel, um bei der allgemeinen Marktentwicklung Schritt zu halten. Ich freue mich sehr, dass der Plan funktioniert und wir uns nun gemeinsam für die Zukunft aufstellen. Bekanntlich gehen wir diesen Weg nicht allein. Insgesamt haben sich acht Maklerpool-Gesellschaften in einer Kooperation mit blau direkt zusammengefunden, die wir als ‚Pool Alliance‘ verstehen.

finanzwelt: Erste Berührungspunkte zwischen MAXPOOL und blau direkt gab es bereits im Vorfeld mit Comparit. Oliver Drewes» Richtig, wir hatten schon vor etwas mehr als einem Jahr eine Beteiligung bei Comparit übernommen. Comparit ist bekanntlich ein aufstrebendes Unternehmen für Vergleichstechnik und resultierte aus einer gemeinsamen Unternehmensgründung von blau  direkt, Netfonds und MAXPOOL gemeinsam mit Matthias Brauch. Im Hinblick auf Vergleichstechnik war uns schon lange klar, dass wir als MAXPOOL keine eigene Technologie vorhalten können, da dies eindeutig zu viel Aufwand bedeutet. Somit beteiligten wir uns mit einem Anteil an der Comparit GmbH, die mittelfristig für weitere Beteiligte im Sinne eines Branchenmodells geöffnet werden soll, um eine branchenneutrale und unabhängige Vergleichsplattform zu sein.

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© Robert Schlossnickel, themefire/elements.envato.com

finanzwelt: War dies der Startschuss für die bevorstehende Zusammenarbeit?

Oliver Drewes» In diesem Zusammenhang ist die weiterführende Kooperation zwischen blau direkt und MAXPOOL gewachsen. Zwar ist der Gedanke, eigenverantwortlich Entwicklungen voranzutreiben, reizvoll, aber zunehmend nicht mehr zeitgemäß. Alle Maklerpools arbeiten an IT-Technik mit Schnittstellen, KI und prozessoptimierenden Services. Natürlich sind Maklerpools, die über viel Kapital verfügen, bei diesem Wettlauf zunehmend im Vorteil. Seit dem Startschuss aus München ist eine Verschiebung des Marktes hin zu den Maklerpools zu beobachten, die über unbegrenzte Mittel verfügen. MAXPOOL als unabhängiges und mittelständisches Haus geriet zunehmend unter Zugzwang, um langfristig bestehen zu können.

finanzwelt: Technik trifft Makler-Knowhow: In welchem Maße ergänzen sich MAXPOOL und blau direkt?

Oliver Drewes» Aus meiner Sicht sind die Systeme von blau direkt als marktführend anzusehen. Dies gilt aus heutiger Sicht und mit Blick auf die zukünftige Weiterentwicklung. Zudem versteht sich blau direkt als Infrastrukturdienstleister und Abwickler, weniger als Maklerpool im klassischen Sinne. Diesen Part übernehmen wir mit Serviceleistungen und mit fachlichem Know-how, das dem Maklerbetrieb serviceorientiert beisteht. Eine gute Symbiose aus führender Technik in Kombination mit unserem bewährten Serviceangebot.

Kevin Jürgens» Ich glaube daran, dass verschiedene Maklerpools immer verzahnter kooperieren und sich mit ihren Serviceleistungen ergänzen. Die Klientel der unterschiedlichen Maklerpools ist und bleibt verschieden. Aus dieser

» Durch die Zusammenarbeit beider Häuser können wir die jeweiligen Stärken für den Erfolg unserer Maklerinnen und Makler optimieren. «
Oliver Drewes, Vorstandsvorsitzender PHÖNIX MAXPOOL Gruppe AG

Perspektive sehe ich die laufenden Veränderungen am Markt als eine sehr positive Entwicklung im Sinne von besserer Effizienz, in der sich jeder Maklerbetrieb für den passenden Maklerpool als Kooperationspartner entscheidet.

finanzwelt: Herr Zak, Sie betreuen die technische Anbindung innerhalb des Projekts federführend. Was können Makler und Partner von der neuen Technikwelt erwarten?

Andreas Zak» Unser MAXOFFICE-Verwaltungssystem ähnelt dem System AMEISE von blau direkt. Im Laufe des Aprils überführen wir das MAXOFFICE mit sämtlichen Daten in die AMEISE, die noch einige Funktionen unseres Verwaltungstools nachträglich erhält. So basiert der neue Activity-Feed in der AMEISE auf unserem bekannten NewsFeed, um nur ein Beispiel zu nennen. Aus IT-Sicht haben wir die Kernfunktionen der Verwaltungs- und Schnittstellentechnik an blau direkt ausgelagert, womit wir einen erheblichen Teil unseres Entwicklungsdruckes abgeben konnten. Insbesondere die Datenqualität und Aktualität, für die blau direkt mit seinen Schnittstellen am Markt bekannt ist, wird unbestritten ein spürbarer Vorteil für MAXPOOL-Partner sein. Zu den hauseigenen Stärken gehört auch unsere sehr gute Abrechnung. Wir sind in der Lage, komplizierte und mehrstufige Abrechnungen für den Makler darstellen zu können. Und natürlich befassen wir uns auch in der Zukunft mit allen Funktionen rund um unser Assekuradeur-Geschäft, der PHÖNIX Schutzgemeinschaft. Hier wollen wir auch weiterhin neue Maßstäbe setzen.

finanzwelt: Ab wann können sich Makler von diesen Vorteilen selbst überzeugen?

Andreas Zak» Ab sofort können sich MAXPOOL-Partner über unsere Internetseite einloggen und werden bei den Themen zur Kundenverwaltung einen

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fließenden Übergang in die AMEISE vorfinden. Courtageabrechnungen, die Themen des Assekuradeurs und einzelne weitere Features werden weiterhin für Nutzer in gewohnter Optik bereitstehen. Zudem werden wir auch unsere Endkunden-App Sekretär in die blau direkt-App simplr überführen. simplr bietet schon heute die Möglichkeit für Kunden, direkt in der App Versicherungsverträge vergleichen und abschließen zu können. Diese Option ließ sich bislang mit unserer Technik nicht abbilden. Tatsache ist, dass sich MAXPOOL-Partner auf eine ganze Reihe kommender Features freuen können.

finanzwelt: Herr Jürgens, wie bewerten Sie als Vertriebsvorstand diese Entwicklung? Wird MAXPOOL nun zu einer Anlaufstelle, bei der vor allem technisch versierte Maklerbetriebe eine neue Heimat finden?

Kevin Jürgens» Nein, MAXPOOL ist und bleibt ein Maklerpool, der seinen Fokus auf Service und Fachlichkeit belässt. Für die technischen Komponenten dient die Kooperation mit blau direkt in erster Linie. Wir werden nicht mehr an der Datenqualität in unserem Verwaltungssystem gemessen und müssen nicht mehr alle Ressourcen vorrangig in die Technik investieren. Vielmehr läuft unsere Technik künftig über eines der führenden Systeme mit ausgezeichneten Schnittstellen und nachweislich hoher Datenqualität. Somit bleibt Zeit und Raum, unsere anerkannten Fachbereiche der Vertriebsunterstützung weiter auszubauen und Serviceleistungen zu optimieren.

finanzwelt: Der technische Aspekt dominiert die Zusammenarbeit mit blau direkt. Wird es in diesem Zuge auch auf Seiten der Maklerbetreuung Erneuerungen und Updates geben?

Kevin Jürgens» Sonderkonzepte und die Produkte unseres Assekuradeurs PHÖNIX Schutzgemeinschaft sind

» Ob hauseigene Deckungskonzepte, ­Baufinanzierungsangebote, Servicevereinbarung oder Maklerrente, diese und viele weitere Vorteile werden zukünftig auch die Maklerinnen und Makler von blau direkt nutzen können. «

Andreas Zak, IT-Vorstand

PHÖNIX MAXPOOL Gruppe AG

im Sinne des besten Anspruches von Maklern und für ihre Kunden entwickelt worden und werden stetig von uns weiter ausgebaut. Zudem wird es durch die Kooperation mit blau direkt und den technischen Möglichkeiten zunehmend einfacher, den Maklerbetrieben bei Bestandsservices behilflich zu sein. Dabei denke ich besonders an Bestandsumdeckungen, um die Produkte der Kunden stets bestmöglich, modern und bedarfsgerecht zu halten. Kurzum: Ich freue mich sehr auf den Vertrieb der

nahen Zukunft und auf die weitere Entwicklung von MAXPOOL und unseren Services.

finanzwelt: Guter Service kostet Geld, was für Makler zukünftig bedeutet, dass eine erhebliche Lizenzgebühr erhoben wird. Kostet die Zusammenarbeit mit MAXPOOL für Ihre Partner nun Geld?

Kevin Jürgens» Nicht pauschal. Wer mit MAXPOOL bereits zusammen arbeitet, wird dies auch weiterhin ohne Lizenz-

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Fotos: © Robert
Schlossnickel, themefire/elements.envato.com

» Die exzellente technische Infrastruktur von blau direkt, unsere marktführenden Deckungskonzepte und die persönliche Unterstützung durch unsere Teams ergeben genau die Mischung, die unseren Maklern einen klaren Vertriebsvorsprung verschafft. «

gebühren fortsetzen. Wir erheben ausdrücklich keine pauschalen Gebühren für unsere bestehenden Kooperationspartner, die unsere klassischen Poolleistungen wie Bestandsführungssysteme oder Vergleichstechnik nutzen. Allerdings gibt es verschiedene Zusatzfeatures und Funktionen, die gebührenpflichtig sein werden. Wenn ich 100 Euro investiere und am Ende 1.000 Euro mehr verdiene, ist dies ein gutes Geschäft. So sehe ich auch die Thematik der Lizenzgebühr, die den Zugriff auf eine Vielzahl an neuen technischen Hilfestellungen, Automatisierungen, verbesserten Courtagen und schlanken Prozessen erlaubt. Auf diese Weise ist die Gebühr schnell refinanziert und gewinnbringend investiert.

finanzwelt: Für Sie ist die Zeit der kostenfreien Maklerpools somit vorbei? Kevin Jürgens» Ja, diese Einstellung

entspricht nicht mehr der gegenwärtigen Entwicklung. Es sei denn, der Maklerbetrieb ist mit erheblichen Nachteilen auf der Courtageseite einverstanden. Bei seriösen Maklerpools, die eine geringe Marge im Geschäftsvorfall kalkulieren, wird es zunehmend Kosten geben, die anschließend der Maklerbetrieb trägt. Im Gegenzug generiert sich jedoch mehr und einfacherer Umsatz. Zukünftig wird für neue Maklerbetriebe, die sich an MAXPOOL anbinden möchten, von Beginn an eine Lizenzgebühr zu entrichten sein.

finanzwelt: Herr Drewes, kommen wir zum Abschluss noch einmal auf die „Pool Alliance“ zu sprechen. Wann gibt es dazu Neues zu berichten und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Oliver Pradetto?

Oliver Drewes» Die ‚Pool Alliance‘ ist aus meiner Sicht ein Synonym für eine wegweisende Zusammenarbeit der acht

Gesellschaften, die sich aktuell im Ausund Aufbau befindet. In der zweiten Jahreshälfte 2024 schärfen wir die Konturen und ich glaube, dass noch weitere Partner Teil des Kooperationsnetzwerks werden.

Die Frage zu Herrn Pradetto wurde mir schon häufiger gestellt und ich kann nur betonen, dass die Zusammenarbeit zwischen MAXPOOL und blau direkt auf allen Ebenen konstruktiv und produktiv abläuft. Hannes Heilenkötter, Oliver Lang, Lars Drückhammer und die zahlreichen Lübecker Kolleginnen und Kollegen sind stets freundschaftlich, lösungsorientiert und geben ihr Bestes, um den technischen Zusammenschluss zum Erfolg zu bringen. Oliver Pradetto sehe ich übrigens nur selten, aber wenn, dann sind es ebenfalls nette und freundschaftliche Begegnungen. Glauben Sie mir, ich würde es sagen, wenn es anders wäre. (lvs)

finanzwelt 02 | 2024 10 BERATER | TITELSTORY
Fotos: © Robert Schlossnickel, themefire/elements.envato.com

Was können die neuen digitalen Helfer?

Ameise, Octi, Panda … und sogar ein Alien? Mit der digitalen Toolbox von blau direkt steht den MAXPOOL-Maklern ab sofort ein ganzes Universum an neuen Vertriebs- und Verwaltungstools zur Verfügung. Aber was können die neuen Helfer eigentlich und worin unterscheiden sie sich von den bisherigen Tools im MAXOFFICE? Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick.

Die Ameise ist das zentrale Maklerverwaltungsprogramm und somit das Pendant zum MAXOFFICE. Als klassisches CRM-Tool unterstützt es Makler bei den kleinen und großen Herausforderungen des Arbeitsalltags und sorgt durch die Automatisierung vieler Routinetätigkeiten für mehr Freiraum im Terminkalender. Ein zentraler Unterschied zum MAXOFFICE ist der Aufbau des Programms: Die Ameise ist nämlich nach dem Baukastenprinzip konzipiert, so dass die Nutzer je nach Bedarf zusätzliche Integrationen anbinden und sich so ein CRM-Tool ganz nach ihrem individuellen Bedarf zusammenstellen können.

Ursprünglich als Tool für die Ausschreibung von Versicherungsrisiken konzipiert, fungiert der Panda heute auch als volldigitaler Helfer bei Risikovoranfragen für die privaten und gewerblichen Versicherungen. Wer sich menschliche Unterstützung durch Experten wünscht, bekommt auch das: Dann wandern die Anfragen über den Panda an das MAXPOOL-Team, welches anschließend die Ausschreibung startet.

Mit dem Mailien sparen sich Makler die Mühe, selbst Content für Landingpages oder Texte für Mails zu erstellen. Stattdessen werden die Bestandsdaten analysiert und auf dieser Basis individualisierte E-Mails erstellt.

Der Octi von blau direkt steht dem in nichts nach: Das Tool für die automatische Datenpflege kann selbst Direktvereinbarungen in die Ameise übertragen. Da Makler dies im MAXOFFICE bislang noch selbst erledigen mussten, wird sich die Bestandsverwaltung somit deutlich vereinfachen.

Die DoKuh verspricht nicht nur, Makler bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten hinsichtlich der Beratungsdokumentation zu unterstützen, sondern auch ihre Abschlussquote deutlich nach oben zu schrauben. Makler können damit für unterschiedliche Sparten, Gesellschaften, Tarife & Co. Textbausteine erstellen, die später mit nur einem Klick in die entsprechenden Textfelder eingesetzt werden. Die Kunden können die Beratung anschließend in ihrem simplr einsehen.

Mit simplr verwalten die Kunden ihre Versicherungsverträge, reichen Schadenmeldungen ein, aktualisieren ihre persönlichen Daten oder nutzen das Tool, um mit ihren Maklern zu kommunizieren. So behalten sie nicht nur die Übersicht über ihre gesamte Versicherungssituation, sondern können diese auch jederzeit und von überall aus managen.

» Traditionelle Werte, perfekte persönliche Beratung und eine exzellente Technikbasis sind der Schlüssel zum Erfolg. Diesen bieten wir mehr denn je unseren Maklerinnen und Maklern mit der Kooperation zwischen blau direkt und MAXPOOL. «

KampagnenStar ING punktet mit The Dirk

Prominente gelten als perfekte Werbegesichter. Sie genießen Vorbildfunktion, transportieren Vertrauen, emotionale Bindung und Kompetenz. Laut der Studie „Human Brand Index“ der Hamburger Splendid Research haben insgesamt 69 % der Deutschen großes oder mittleres Interesse an Prominenten in der Werbung, 27 % sehen sogar lieber Werbung mit bekannten Persönlichkeiten als solche ohne. Schauspieler, Moderatoren, Musiker, Sportler – sie gehören zu den beliebtesten Gruppen unter den Promi-Testimonials. Wie gut sich Stars für Botschaften aus der Versicherungs-, Immobilien- und Finanzbranche eignen, soll eine neue finanzwelt-Interviewfolge durchleuchten.

Die Zusammenarbeit der ING Deutschland mit Dirk Nowitzki begann am 01. Mai 2003 zeitgleich mit dem Einstieg der Direktbank als Hauptsponsor beim Deutschen Basketballbund. Im Jahr 2017 wurde ein unbefristeter Vertrag auch über Nowitzkis aktive Sportlerkarriere hinaus geschlossen. Man setzt einen Schwerpunkt auf gesellschaftliche und soziale Engagements sowie die Präsenz des Basketball-Stars in der werblichen Kommunikation der Bank. Gemeinsame Projekte der ING und der Dirk-Nowitzki-Stiftung umfassen unter anderem die Benefiz-Fußballspiele und die Sportinitiative „BasKIDball“. Hanna Maschke, Leiterin Kommunikation & Marke bei der ING, gibt Auskunft über die langjährige Partnerschaft mit dem Ausnahme-Sportler.

finanzwelt: Frau Maschke, im letzten Oktober feierten die ING Deutschland und Dirk Nowitzki das Jubiläum ihrer 20-jährigen Partnerschaft. Wie ist die außergewöhnliche Kooperation zustande gekommen?

Hanna Maschke» Die Kooperation hat seine Anfänge in den frühen 2000er Jahren. Der Deutsche Basketball Bund (DBB) war damals auf der Suche nach einem neuen Haupt-

sponsor für die Nationalmannschaft. Zufälligerweise waren auch wir, früher noch als Allgemeine Deutsche Direktbank, auf der Suche nach einem Einstieg in das Sportsponsoring, um mit Hilfe der Analogie zu einer Hochleistungssportart unsere guten Konditionen zu visualisieren und die Bank mit Markenattributen wie Dynamik, Fairness und Begeisterungsfähigkeit besser zu platzieren. Somit wurden beide Interessen zusammengeführt und ein Sponsoringvertrag zwischen der heutigen ING Deutschland und dem DBB geschlossen. Zeitgleich konnte mit Dirk Nowitzki ein aufstrebendes, sympathisches und teamfähiges Talent als Testimonial für die Bank gewonnen werden. Und kurz darauf wurden die ersten Werbespots mit ihm gedreht.

finanzwelt: Wurde die Zusammenarbeit von Anfang an langfristig angelegt oder entwickelte sich die Kampagne organisch im Laufe der Jahre?

Maschke» Die Partnerschaft hat sich über die Jahre gemeinschaftlich weiterentwickelt. Eine Absicht, diese Kooperation langfristig für die nächsten 20 Jahre anzulegen, gab es 2003 noch nicht. Da war auch nicht absehbar, dass Dirk NBA Champion wird, in die Hall of Fame aufgenommen wird und die deutschen Basketballer 2023 Weltmeister werden. Wir sind gemeinsam gewachsen, als junge Marke zusammen mit einem damals auch noch sehr jungen Dirk. Was als klassische Testimonial-Beziehung begann, hat sich zu einer nachhaltigen und weit über das Werbliche hinausreichenden Partnerschaft weiterentwickelt. 2017 wurde daraus eine ‚Lifetime Partnerschaft‘. Dieser Vertrag setzt einen Schwerpunkt auf gesellschaftliche und soziale Engagements und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen.

finanzwelt: Mit „Diba-diba-du“ und einem Augenzwinkern kamen und kommen die Nowitzki-Spots daher. Wie entstehen solche speziellen Markenanker?

finanzwelt 02 | 2024 12 BERATER | PROMINENTE WERBEBOTSCHAFTER – TEIL 2
Deutschland sucht den

Maschke» Nachdem sich der kommunikative Markenauftritt zu Beginn stark auf die Parallelen zum Leistungssport mit Fokus auf Basketball und Dirk Nowitzki konzentrierte, wurde Dirk ab 2007 nicht mehr ausschließlich im reinen Sportkontext gezeigt, sondern mehr und mehr in Alltags-Situationen. Ab 2010 haben wir dann einen noch stärkeren Fokus auf den Aufbau von emotionaler Nähe gelegt. Als Direktbank war es uns wichtig, nahbar und authentisch zu kommunizieren. Die emotionale Nähe wurde fortan über Analogien aus dem Alltag der Menschen sympathisch und humorvoll in die Kommunikation übersetzt. Wir haben uns, und somit auch die Spots, weiterentwickelt. Raus aus der Turnhalle, mitten ins Leben mit typischen Alltagsszenen. Das Augenzwinkern und der Humor wurden sehr früh zum essenziellen Bestandteil unserer Werbemaßnahmen zusammen mit Dirk. 2018 wurde aus der INGDiBa die ING. Damit verschwand auch das ‚Diba-diba-du‘ endgültig und auch die Farbe Orange nahm einen größeren Platz in unserer Außendarstellung ein. Bei all der Veränderung war Dirk umso wichtiger als Konstante und wesentlicher Markenanker. Manche Markenanker werden also gezielt entwickelt, während sich andere durch äußere Umstände ergeben oder in ihrer Bedeutung verändern.

finanzwelt: Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem berühmten Markenbotschafter, gerade was die Außendarstellung, die Identifikation von Nowitzki mit der ING betrifft?

Maschke» Wir sind sehr zufrieden, Dirk als Markenbotschafter und Partner zu haben. Dirk in Verbindung mit dem Basketball stehen für Loyalität, Fairness, Dynamik und Begeisterungsfähigkeit. Er wird als sympathischer Sportler und bodenständiger Mensch wahrgenommen. All das sind Dinge, die Hand in Hand mit unserer Markenvorstellung gehen und passen daher perfekt zu uns!

finanzwelt: In welchen Abständen werden Spots gedreht? Wie aufwändig ist die Realisierung?

Maschke» Werbedrehs sind einerseits zeitintensiv und benötigen eine sorgfältige Planung vorab. Andererseits erfordert die Schnelligkeit des Marktes auch immer wieder kurzfristige Anpassungen der Kommunikation. Daher haben wir in der Regel einen mehrtägigen Drehtermin pro Jahr, an dem wir Dirk in verschiedenen Einstellungen und Situationen filmen. Schieben aber auch mal spontan einen Drehtag ein, wenn es möglich und nötig ist. Das gibt uns die Möglichkeit, flexibel auf sich ändernde Markbedingungen reagieren zu können und verschiedene Kampagnen im Laufe des Jahres umzusetzen.

finanzwelt: Neben den klassischen Spots gibt es auch ein umfangreiches Foto-, Film-, Plakat-Werbepaket für Social Media und interne Kommunikation.

Maschke» Bei uns stehen neben klassischen TV-Spots ganz klar die digitalen Kanäle im Fokus. Und über die Jahre ist auch

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Fotos: © ING

bei uns die Bedeutung von Social Media kontinuierlich gewachsen. Daher nutzen wir die Drehtermine mit Dirk immer auch dafür, Assets für unsere Social-Media-Kanäle zu produzieren. So kommt Dirk beispielsweise mit Bauarbeiterhelm auf Facebook zum Einsatz, wenn einmal geplante Wartungsarbeiten an der App angekündigt werden. Oder er feiert mit Konfetti unsere Wahl zur ‚Beliebtesten Bank‘. Auch hier sind wir immer mit einem ‚Augenzwinkern‘ und situativem Humor unterwegs. In der internen Kommunikation begleitet uns Dirk ebenfalls, wenn auch nicht immer ganz regelmäßig. Stehen Events mit Dirk an, verlosen wir Wild Cards, Meet and Greets oder sonstige Angebote der direkten Interaktion mit ihm. Aus Erfahrung können wir berichten: Es ist immer etwas ganz Besonderes, wenn Dirk uns in Frankfurt besuchen kommt.

finanzwelt: Verraten Sie uns Details zum Werbebudget? Maschke» Als Direktbank ohne eigene Filialpräsenz ist es für uns entscheidend, von potenziellen Kunden als Bank, aber auch für unser attraktives Produkt- und Serviceangebot wahrgenommen zu werden. Vor diesem Hintergrund achten wir besonders auf Effizienz und Effektivität unserer Kampagnen.

Unser Budget liegt im mittleren, zweistelligen Millionenbereich und ermöglicht es uns, regelmäßig die selbst gesteckten Ziele zu erreichen.

finanzwelt: Lässt sich der Kampagnenerfolg auch mit Vertriebs-Zahlen belegen?

Maschke» Unsere Kampagnen haben grundsätzlich das Ziel, die Marken- und Produktbekanntheit zu steigern. Es geht aber auch darum, genau dann in den Köpfen der Menschen zu sein, wenn eine Entscheidung für ein Bankprodukt ansteht. Das schaffe ich nur, wenn ich relevant bin, und Relevanz hat ganz viel mit einem konkreten Angebot zu tun, das ich der Zielgruppe biete. Somit spielen Produkte in der Regel eine wichtige Rolle in unseren Kampagnen. Es gelingt uns tatsächlich sehr gut, diese Relevanz zu konvertieren und mit unseren Kampagnen die Abschlüsse positiv zu triggern. Dabei hilft uns die Markenwiedererkennung, die wir mit Dirk erzeugen können, ebenso wie die gesteigerten Werte bei der Markenwahrnehmung, etwa Sympathie.

finanzwelt: „Was als klassische Testimonial-Beziehung begann, hat sich zu einer nachhaltigen und weit über das Werbliche hinausreichende Partnerschaft weiterentwickelt“, sagt der ING-Vorstand – können Sie das näher erläutern?

Maschke» Im Laufe der Jahre haben wir im Rahmen unserer Partnerschaft gemeinsame Herzensprojekte umsetzen können. Ganz konkret im sozialen Bereich und Basketballumfeld. So treiben wir zum Beispiel zusammen mit der Dirk-Nowitzki-Stiftung, mit Dirk als Schirmherr, die Initiative ‚BasKIDball‘ voran. Auf diese Weise unterstützen wir die Eröffnung von Basketballhallen mit Sport- und Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland. Ein anderes Projekt ist das Benefiz-Fußballspiel ‚Champions for Charity‘ zu Ehren von Michael Schumacher. Auf Initiative von Dirk und Mick Schumacher konnten wir dieses großartige Projekt bereits viermal realisieren. Die erzielten Erlöse gingen dabei an die Dirk-Nowitzki-Stiftung und die Keep Fighting Foundation der Familie Schumacher. Neben der Unterstützung aller Basketball-Nationalmannschaften des DBB (Herren, Frauen, Jugendliche) fördern wir auch den deutschen Rollstuhlbasketball. An unserem Hauptsitz in Frankfurt sponsern wir zusätzlich das Rollstuhlbasketball Team der ‚ING Skywheelers‘.

finanzwelt: Wieso ist es für ein großes Finanzinstitut wichtig, mit dem Markenbotschafter auch Projekte im sozialen Bereich zu unterstützen?

Maschke» Die kurze Antwort: Weil es wichtig ist! Als große, international agierende Bank tragen wir eine gesellschaftliche Verantwortung, zu der wir mit der Umsetzung sozialer Projekte beitragen wollen. Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen und einen Unterschied machen. Noch besser, wenn der eigene Markenbotschafter das genauso sieht und soziale Themen passioniert in den Mittelpunkt stellt. Zusammen können wir noch mehr Menschen erreichen und die verschiedensten Initiativen und Projekte realisieren, um die glei-

finanzwelt 02 | 2024 14 BERATER | PROMINENTE WERBEBOTSCHAFTER – TEIL 2
Dirk Nowitzki und Mick Schumacher nach dem „Champions for Charity“-Spiel 2022 in Frankfurt ING-Werbeshooting mit Dirk Nowitzki

chen Ziele zu erreichen. Daher arbeiten wir auch bei vielen weiteren Projekten im sozialen Bereich mit starken Partnern zusammen. So wird bei ‚Young Finance‘ mit der Caritas wertvolles Finanzwissen vermittelt, und gemeinsam mit MentorMe unterstützen wir Frauen auf dem Weg in eine bessere berufliche Zukunft.

finanzwelt: Aus der Sicht einer Marketingexpertin: Wie wichtig ist es für Ihr Unternehmen, Prominente in der Werbung einzusetzen?

Maschke» Für unsere werbliche Kommunikation ist Dirk als unser langjähriger Markenbotschafter wichtig und erfüllt einen wertvollen Beitrag, wenn es um die schnelle Anbindung der gezeigten Werbung zu unserem Unternehmen geht. Außerdem profitieren wir natürlich auch von der positiven Wahrnehmung und Leistung der Person. Daher ist es wichtig, dass der Auftritt des gewählten Prominenten authentisch und glaubwürdig auf Außenstehende wirkt, um diesen synergetischen Effekt erzeugen zu können.

finanzwelt: Gibt es auch Risiken, wenn Stars für Kampagnen eingesetzt werden?

Maschke» Wenn man von Prominenten als klassische Markenbotschafter spricht, muss man besonders darauf achten, dass sie ihr Gesicht nicht nur kurzfristig für eine Marke hergeben. Je schneller das Gesicht wechselt und womöglich bei anderen Marken auftaucht, desto negativer kann das auch auf die eigene Marke zurückfallen. Auf diese Weise verwässert die eigene Aussagekraft und Glaubwürdigkeit. Ein anderer Aspekt ist eine gewisse Abhängigkeit von möglichen menschlichen Fehlbarkeiten eines Prominenten. Skandale, die breit durch die Medien gehen und diskutiert werden, können eine direkte negative Auswirkungen auf die Marke haben. Im schlimmsten Fall kann sogar die Reputation eines Unternehmens davon Schaden nehmen. Die Wahl eines langfristigen Markenbotschafters muss also gut überlegt und mit Vorsicht getroffen werden.

finanzwelt: Hat sich das Bild und die Funktion eines Markenbotschafters in den letzten Jahren verändert?

Maschke» Ich glaube, da gibt es zwei wesentliche Dinge. Ich habe schon viel von der Bedeutung eines konsistenten Markenbotschafters erzählt, welcher glaubwürdig zur Marke passt, bestenfalls die gleichen Werte vertritt und nicht für mehrere Marken gleichzeitig oder häufig wechselnd als Botschafter fungiert. Bei uns speziell ist es die Entwicklung unserer Partnerschaft mit Dirk hin zu gemeinsamen Projekten und Initiativen im sozialen Bereich. Diese gleich ausgerichtete Umsetzung von Vorstellungen und Überzeugungen macht uns heute zu etwas ganz Besonderem am Markt – besonders im Bankenumfeld sind wir mit dieser Kooperation ein Unikat! Als Gegenpol dazu gibt es immer häufiger Influencer, die für Unternehmen aktiv werden. Da geht es immer mehr um die Art und Weise der Einbindung eines Influencers und die schlussendliche Darstellung der Produkte und Services auf deren Kanälen. Dabei haben diese Persönlichkeiten mehr

ING Deutschland und Dirk Nowitzki feiern 20-jährige Partnerschaft: Spendenscheckübergabe des Vorstandsvorsitzenden Nick Jue

Freiraum in der eigenen kreativen Ausgestaltung als es zuvor üblich war. Es geht weniger um klassische, geskriptete Werbung und mehr um einen glaubwürdigen, weniger vom jeweiligen Unternehmen vorgegebenen Ablauf.

finanzwelt: Werfen wir abschließend noch einen Blick auf die Finanz-Branche: Eine erfolgreiche Kampagne bietet nicht nur Reputation und Gewinn für ein Unternehmen, sondern kann auch ein positives Signal fürs Beratergeschäft bedeuten?

Maschke» Im Kontext unseres Beratungsgeschäfts im Baufinanzierungsbereich spielen Sympathie und Widererkennung der Marke eine wichtige Rolle. Für unsere freien Vermittler, die ihren Kunden verschiedene Produkte von unterschiedlichen Banken anbieten, hilft es natürlich im Kundengespräch neben starken Produktleistungen auch eine bekannte und beliebte Marke anzubieten. Wenn Kunden, oder potenzielle Kunden, also auch dank Dirk ein sehr persönliches und positives Gefühl mit den Produkten der ING Deutschland assoziieren, so kann dies folglich auch einen maßgeblichen Effekt auf die Kaufentscheidung haben. (sg)

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Fotos: © ING
Sport und Social Media: der ING-Auftritt bei Instagram

Houston, wir haben ein Nachwuchsproblem

finanzwelt 02 | 2024 16 BERATER | MAKLERNACHFOLGE Foto: © Zdenka Darulastock.adobe.com

Ein Generationenwechsel steht bevor: Laut dem 16. Vermittlerbarometer des AfW wird in den nächsten 15 Jahren bereits jeder dritte Vermittler seinen Ruhestand antreten. Wer allerdings in seine Fußstapfen tritt und die Nachfolge antreten soll, bleibt offen. finanzwelt beleuchtet das Nachwuchsproblem.

In den Augen einiger junger Menschen könnte das Image des Versicherungsvermittlers besser sein. Die Branche ist vergleichsweise seriös und die zahlreichen Regularien und Gesetze für die Berufsgruppe wirken nicht gerade attraktiv. Beim Image-Ranking der Berufsgruppen (Statista, August 2023) landen ihre Vertreter mit 8 % sogar auf dem letzten Platz. Laut Ranking teilen sie sich diesen mit Mitarbeitern einer Werbeagentur, gefolgt von Mitarbeitern in Telefongesellschaften mit 13 % und Politikern mit 14 %. Im Gegensatz dazu genießen Feuerwehrmänner und -frauen (94 %) das höchste Ansehen, gefolgt von Pflegekräften (89 %) und Ärzten, beziehungsweise Ärztinnen (85 %). Im Rahmen der Online-Umfrage wurden 2008 Menschen ab 14 Jahren befragt. Die Anzahl der Befragten darunter, die auf „Was möchtest du werden, wenn du groß bist?“ also begeistert mit „Versicherungsvermittler“ antworten würden, liegt bei rund 160. Selbstverständlich sind sie noch lange nicht die einzigen im „War for Talents“, aber es ist nun einmal so, dass besonders wirtschaftliche und technische Berufe um qualifizierte Nachwuchskräfte buhlen müssen. Neben dem demografischen Wandel ist eine Werteverschiebung eingetreten und das Stichwort „Work-Life-Balance“ rückt in den Vordergrund. Dazu zählt übrigens nicht der allseits beliebte Korb mit frischem Obst im Büro. Bei Themen der Work-Life-Balance geht es um mehr Zeit für die Familie, das Privatleben und um die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeiten-Einteilung. So soll die Balance also wiederhergestellt und die Omnipräsenz des Jobs im Alltag verringert werden.

Stabile Zukunftsaussichten, aber schlechtes Image

Mit einem Durchschnittsgehalt von 55.000 Euro im Jahr verdient der Versicherungsvermittler laut Statistik gut. Ein stabiles Einkommen (62 %) und ein sicherer Arbeitsplatz (55 %) ist Menschen zwischen 18 und 30 Jahren besonders wichtig, zeigt eine vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in Auftrag gegebene YouGov-Umfrage im März 2021 unter 1.005 Teilnehmern. Im Fokus lag dabei die hauseigene Initiative „Werde #Insurancer“. Wer heute werben will, muss online vertreten sein. Aus diesem Grund gibt es Personen wie Finfluencer, Cleanfluencer und eben Insurancer, die in den Sozialen Medien Präsenz zeigen.

Wie erfolgreich die Werbung der letzteren allerdings ist, zeigt die Studie „Maklermarkt 2030“ von Bearing Point (Mai bis August 2023). Im Rahmen dieser Studie wurden 14 Thesen aufgestellt, die die befragten Experten und Exper-

tinnen in 40 Interviews auf einer Skala von 1 bis 5 einschätzten. Eine dieser Thesen über den Maklermarkt der nahen Zukunft: GDV-Initiativen wie #Insurancer sind gescheitert, Bewerbungen in der Versicherungsbranche sind auf dem Tiefstand. Dieser These stimmen rund 50 % der Befragten zu. Rund 30 % stimmen eher zu, allerdings mit Einschränkungen in Zeitraum und Umfang. Nur rund 20 % stimmen dieser Aussage nicht zu. Wahrscheinlich aufgrund des demografischen Wandels ist in der Studie auch die These vertreten: Die Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei klassischen Erstversicherern hat sich um mindestens 30 % reduziert. Dieser Aussage stimmen ca. 55 % der Experten und Expertinnen zu, gefolgt von rund 30 %, die ihr mit Einschränkungen zustimmen und lediglich rund 15 %, die ihr nicht zustimmen.

Hier gehts zur Studie

„Maklermarkt 2030“

Wie wäre es mit Self-Care?

Das Thema Maklernachfolge ist ein Dauerbrenner der Branche, denn wenn die Zukunft eines ist, dann ungewiss. Zumindest ohne ausreichende Vorbereitung. Konsolidierung und Zusammenschlüsse, Bestandsverkauf – alles Antworten auf mögliche Fragen über die Zukunft der Branche. Allerdings gehen diese nicht das Nachwuchsproblem an. Das Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren bestätigte bereits im Juli 2022, dass Seniormakler sich viel zu spät um die Nachfolge kümmern. Infolgedessen werden beim Verkauf des Bestandes Jungmakler übergangen. Jedoch sind es genau deren innovative Ideen, die die Branche verändern und ihre Digitalisierung vorantreiben können. Ja, die Digitalisierung bleibt weiterhin aktuell. Schließlich erhöht sich der Verkaufswert des Bestandes, je besser die digitale Aufstellung. Klar hat Sicherheit große Priorität, wenn es um den Verkauf des – in den meisten Fällen – Berufslebenswerks geht. Da wird nun mal an die erfahreneren Kollegen verkauft: branchenaffin und berufsbedingt immer auf dem neuesten Stand dank Weiterbildung. Zeitdruck und Sicherheitsbedürfnis der Seniormakler versagt den Jungmaklern allerdings das Sprungbrett mitten ins Herz der Branche. Initiativen wie auch der „Jungmakler Award“ mit seinen namenhaften und zahlreichen Unterstützern beweisen immer wieder, dass die Auswahl an Shooting-Stars in diesem Geschäft vielversprechend ist. Immerhin kann man nicht verneinen, dass es frischen Wind braucht. Während Vermittler also eigentlich ihre Kundschaft dabei unterstützen, für die Zukunft vorzusorgen, sollten sie dieselbe Fürsorge vielleicht auch der eigenen Zukunft sowie der ihres Bestandes angedeihen lassen. (ml)

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Guter Rat ist teuer

Regulatorik sowie manche kundenferne Versicherungslösung erschweren den Maklerberuf. In den letzten Jahrzehnten schnürte der Gesetzesgeber immer engere Beratungskorsetts für die Versicherungsvermittlung. Provisionsexzesse und unbrauchbare Produkte in der Versicherungsbranche riefen die deutsche und europäische Legislative auf den Plan. Der Geist ist aus der Flasche und vor allem Versicherungsmakler sind gesetzlich gefordert, unzählige Versicherungstarife in Spreu und Weizen zu trennen und die passenden Lösungen verständlich näherzubringen. Andernfalls drohen Konflikte und Ersatzansprüche von Seiten der Versicherungskunden.

Vorsicht im Kundenverkehr

Wo kein Kläger, da kein Richter. Etwa 1 % der rund 165.000 Rechtsanwälte sind Fachanwälte für Versicherungsrecht. Die Rechtsgelehrten vertreten Kunden, um ausbleibende Leistungen bei Versicherern durchzusetzen. Fehlt Schadenersatz, schwenkt ein Fokus auf mögliche Beratungsversäumnisse. Der Bundesgerichtshof schrieb Versicherungsmaklern bereits Mitte der 1980er Jahre die Pflichten eines Sachwalters zu. Bei Versicherungsschutzlücken trifft den beratenden Makler die Beweislast, dass der Ersatz ebenfalls bei einer vertragsgerechten Erfüllung aller Aufklä-

finanzwelt 02 | 2024 18 BERATER | SCHUTZLÜCKEN IN DER VERSICHERUNGSBERATUNG
Foto: © Alexander Limbachstock.adobe.com

rungs- und Beratungspflichten ausgeblieben wäre. Sonst liegt eine Ersatzpflicht für solche Vermögensschäden beim Makler und seinem Versicherer für die Berufshaftpflicht. Seit dem BGH-Entscheid sorgten zusätzliche Regelungen beispielsweise im VVG oder in EU-Richtlinien für verschärfte Sorgfaltspflichten. Den Versicherungsmakler in eine Verantwortung zu bringen, ist für Anwaltskanzleien ein relativ leichtes Spiel. Bleiben Entlastungsbeweise aus, heißt es: Im Zweifelsfall gegen den Angeklagten.

Mildernde Umstände

Die Rolle der Beratungsdokumentation wird als Entlastungsbeweis bei der Inanspruchnahme von Maklern unterschätzt. Leger abgefasste Inhalte sorgen für Schwierigkeiten. Die Dokumentation soll den Beratungsweg vom Kundenbedarf zur Versicherungslösung individuell widerspiegeln. Ankreuzfelder, vorgedruckte Beratungsinhalte oder allgemeine Floskeln mindern den Entlastungswert. Ist die Kundenkenntnis einer Beratungsdokumentation nicht nachzuweisen, sinken des Maklers Chancen für mildere Urteile oder Klageabweisungen gen Nulllinie. Die Maklerversicherer kennen die besondere Rechtslage und bieten umfassende Lösungen. Etwa mit automatischen Bedingungs-Upgrades, der Einhaltung von GDV-Mindeststandards oder Ersatzzusagen bei günstigeren Wettbewerberbedingungen halten Versicherer den Maklern den Rücken frei. Sonst geraten Versicherungsmakler per se ins Haftungsrisiko. Auch für den Berufshaftpflichtversicherer sind rechtskonforme Beratungsdokumentationen wichtig. Dokumentationslücken erschweren eine Anspruchsabwehr. Bei gravierenden Mängeln drohen die Versagung des Haftpflichtschutzes oder nach Leistungen an Geschädigte ein Rückgriff gegen den Makler seitens des Berufshaftpflichtversicherers. Eventuell liegen Mitverantwortungen für Versäumnisse bei den beteiligten Kooperationspartnern wie beim Assekuradeur, Pool oder Versicherer selbst. Sollte ein Anwalt, der z. B. von Kooperationspartnern oder dem Berufshaftpflichtversicherer regelmäßig empfohlen wird, den Makler gegen diese Empfehlungsgeber im Falle einer Mitverantwortung oder eines Rückgriffs vertreten, drohen Interessenkonflikte. Experten raten in Maklerhaftungsfällen deshalb zu möglichst unabhängig agierenden Rechtsbeiständen.

Lebenslänglich

Jüngste Gerichtsurteile schafften klare Verhältnisse in puncto Versicherungssummenwahl und Umdeckungen auf neue Versicherer. Unterversicherungen oder Nachteile aus Neubedingungen gehen zulasten des verantwortlichen Maklers, sofern aus der Beratungsdokumentation keine diesbezügliche Kundenaufklärung hervorgeht. Bestandskunden dürfen sich zudem auf die baldige Schließung etwaiger Schutzlücken verlassen. Über den Turnus der Be-

treuungsgespräche mit Bestandskunden scheiden sich die rechtsgelehrten Geister. Dabei geben einige Sparten eine Taktung vor. So sind Neurisiken den privaten Haftpflichtversicherern, oftmals nach Aufforderung in der Jahresbeitragsrechnung, zu melden. Unternehmenskunden erhalten jährlich Fragebögen zu Umsätzen und anderen relevanten Beitragskennziffern. Durch die Dynamikerhöhungen zur Lebensversicherung ergeben sich ebenso jährlich wiederkehrende Beratungspflichten. Mit oder ohne Run-off besteht zur Bonität der Risikoträger sowie bei Kapitalanlagen zu notwendigen Anlageveränderungen mitunter sofortiger Gesprächsbedarf. Der Lebensversicherte hat Zeit. Erst bei Vertragsablauf, oder bei Verrentung sogar später, geraten zu geringe Auszahlungsbeträge auf den Prüfstand. Experten erwarten im Hinblick auf ausgebliebenen Rat zu günstigen Vorsorgealternativen per Nettotarif oder auf intransparente Rentenfaktoren einen Haftungsruck. Die Diskrepanzen können mehrere zig Tausend Euro betragen. Ebenso gelten unverständliche Garantien, Zwei- und MehrHybridtöpfe sowie Index-Policen zur Lebensversicherung als Fallstricke. Der Ball liegt beim Makler, der für seine Kunden bestmögliche Versorgungen bei finanzstarken Anbietern identifizieren soll. Lapidare Verweise auf Produktinformation oder bestehende Finanzaufsicht reichen nicht. Die Kundenentscheidungen sind bei Vertragsabschluss sowie während der Vertragsdauer verständlich zu dokumentieren. Angesichts langfristiger Verträge in der Lebensversicherung können etwaige Versäumnisfolgen den Versicherungsmakler bis in die Zeit nach der Tätigkeitsaufgabe treffen. Deshalb werben Berufshaftpflichtversicherer mit langen Nachhaftungsfristen, damit spätfolgende Ersatzansprüche aus der Vermittlung oder Betreuung von Personenversicherungen in einen weiterhin abgesicherten Zeitraum fallen.

Unterm Strich

Die Versicherungsberatung bleibt anspruchsvoll und die mitunter als akademische Haftung bezeichnete Verantwortung der Versicherungsmakler hat gute Gründe. Es geht um Existenzen und oftmals um fünf- bis siebenstellige Beträge. Mit passender Vorbereitung, versierten Beratungen, durchdachten Protokollen, klaren Vereinbarungen und bestmöglicher Berufshaftpflicht können Makler beispielsweise den üblichen Beratungsrisiken vorbeugen. Die Versicherer im Portefeuille sowie die Assekuradeure, Pools, Rechtsanwälte und anderen Dienstleister sollten ausreichend Kompetenzen nachweisen, um im kritischen Fall maklerfreundlich zu agieren. Zur Partnerauswahl gehören ebenso Überlegungen, dass ein Haftungsfall die Partnerschaft auch mal belasten kann. Die unflexiblen Partner sollten umgehend auf die Ersatzbank. Neben dem Management verbreiteter Unternehmensrisiken wie z. B. Cyber-Gefahren, Arbeitsund Datenschutz oder Finanzrisiken stehen Beratungsversäumnisse weit oben auf den Risikomanagement-Agenden in Maklerunternehmen. (gg)

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Nach 22 DKM war es Zeit für einen beruflichen Neustart

Fast 20 Jahre war Konrad Schmidt bei der bbg Betriebsberatungs GmbH in Bayreuth beschäftigt. Er hatte dort unterschiedliche Führungsverantwortung inne, die letzten sechs Jahre als Geschäftsführer. Für sehr viele in der Branche war er wohl der „Mr. DKM“ der vergangenen Jahre. So kam die Trennung in 2023 dann wohl auch für viele Branchenkenner etwas überraschend. Seit Januar dieses Jahres ist Konrad Schmidt nun als Prokurist beim Maklerverbund vfm-Gruppe aus dem fränkischen Pegnitz tätig. Im Interview haben wir ihn unter anderem nach den Gründen für seine berufliche Veränderung gefragt, was seine neuen Aufgaben sind und wie er die Branche aktuell einschätzt.

finanzwelt: Für viele in der Branche kam ihr Abschied von der bbg-Gruppe überraschend, waren Sie doch so etwas wie das Gesicht der DKM. Die Leitmesse der Branche haben Sie mit Ihrem langjährigen Wirken maßgeblich mitgeprägt. Wie ist es nun zum Wechsel zur vfm-Gruppe gekommen?

Konrad Schmidt» Nachdem ich fast 20 Jahre bei der bbg tätig war und 22 DKMs mitgestaltet habe, war es für mich an der Zeit, eine neue berufliche Herausforderung zu suchen. Ich wollte mit meinen 45 Jahren mal ein anderes Unternehmen kennenlernen und mich in neue Tätigkeiten bzw. Verantwortungsbereiche hineindenken.

finanzwelt: Die vfm-Gruppe bezeichnet sich als Maklerverbund. Wie genau unterscheidet sich das Geschäftsmodell im Verhältnis zu Maklerpools, welche Besonderheiten gibt es und welche Ziele verfolgt die Unternehmensgruppe?

Schmidt» Die vfm-Gruppe bietet der Branche unterschiedliche Mehrwerte, welche sich im Laufe der Zeit entwickelt haben. Ausgangspunkt und Kernstück bleibt die Unterstützung von Ausschließlichkeitsvertretern bei ihrem Umstieg in einen Mehrfachvertreter- oder Maklerstatus. Wir setzen dabei auf Direktanbindungen, welche wir für unsere Partner bei den Versicherungsgesellschaften einrichten. Für Sondersparten, oder wenn sich bei dem einen oder anderen Versicherer eine eigene Courtagezusage nicht lohnt, kann das Geschäft auch über unseren hauseigenen Pool ‚vfm-Service‘

abwickelt werden. Und damit die administrative Abwicklung des Geschäftes optimal erfolgen kann, bieten wir mit Keasy eines der besten Maklerverwaltungsprogramme am Markt an. Somit bieten wir das Beste aus zwei Welten: Der Vermittler ist unabhängiger Unternehmer mit eigenem Bestand und hat gleichzeitig auf den vollen Service von vfm Zugriff – von der technischen Unterstützung, über Versicherungsexperten bis hin zu Marketing und Hilfestellung bei rechtlichen Themen. Mit unserem neuen AO-Plus-Modell bieten wir Ausschließlichkeitsvermittlern in Zusammenarbeit mit ihrer Versicherungsgesellschaft interessante Möglichkeiten, das Produktsortiment zu komplettieren. vfm bietet also wesentlich mehr als ein Pool.

finanzwelt: Innerhalb der vfm-Gruppe sind Sie nunmehr als Prokurist gestartet. Wie genau sieht denn Ihr Aufgabengebiet aus?

Schmidt» In meinem Verantwortungsbereich Veranstaltungen spielt unsere Hausmesse ‚Know-how-Börse‘, welche jedes Jahr im März dreitägig in Würzburg stattfindet, eine große Bedeutung. Darüber hinaus organisiert unser Veranstaltungsteam ca. 80 Events pro Jahr – von fachlichen Veranstaltungen, wie den vfm-Gewerbe-Workshops bis hin zu Ski- und Motoradausflügen für unsere Kooperationspartner. Die vfm-Familie hat ein großes Bedürfnis, sich untereinander auszutauschen und wir bieten hierfür die passenden Gelegenheiten. Im Produktpartnermanagement hilft mir mein Netzwerk zu allen Vorständen bzw. Entscheidern im Maklermarkt. Hier werde ich mit den Versicherungsgesellschaften erarbeiten, wie die Zusammenarbeit im Sinne unserer Makler und Mehrfachagenten noch professioneller werden kann. Dabei sind die unterschiedlichsten Aspekte zu beachten. Auf diese Tätigkeit freue ich mich besonders. Der Bereich Weiterbildung bleibt für jeden Kooperationspartner und Mitarbeiter wichtig, so dass wir uns auch hier weiterentwickeln möchten. Und das Prozessmanagement ist für jedes Unternehmen bedeutsam. Aufgrund des starken Wachstums in den vergangenen Jahren haben wir hier noch einige Prozesse zu optimieren und zu dokumentieren. Insgesamt also ein breites und buntes Aufgabengebiet, das schon jetzt viel Freude macht.

finanzwelt 02 | 2024 20 BERATER | INTERVIEW

finanzwelt: Gibt es vor dem Hintergrund Ihrer langjährigen Expertise als Messe- und Kongressmanager Überlegungen, unter dem Dach der vfm-Gruppe neue Veranstaltungsformate für die Branche zu entwickeln und zu etablieren?

Schmidt» Die Veranstaltungen für dieses Jahr sind bereits terminiert und geplant. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre konnte das Veranstaltungsportfolio immer weiterentwickelt werden, so dass wir hier bereits sehr gut aufgestellt sind. Dennoch werden wir uns auch in diesem Jahr wieder hinterfragen, welche Veranstaltungsformate noch Optimierungsbedarf haben und vielleicht werden wir im Jahr 2025 auch mal ein neues Format ausprobieren. Das Hauptaugenmerk unserer Veranstaltungen liegt immer auf dem persönlichen und fachlichen Austausch der vfm-Familie. Wir werden daher keine großen Branchenevents wie die DKM auf die Beine stellen.

finanzwelt: Die Branche steht unter dem Dauerfeuer immer neuer Regulierungen, der Diskussion Provision versus Honorar und einer schwindenden Vermittlerschaft. Hinzu kommt eine allgemeine Verunsicherung der Märkte vor dem Hintergrund zahlreicher Herausforderungen und Krisen in Europa und der Welt. Welche Chancen und Risiken sehen Sie angesichts dieser Gemengelage, für die Maklerschaft einerseits und für die Branche im Allgemeinen? Schmidt» Ich bin der festen Überzeugung, dass dem Maklermarkt weiterhin die Zukunft gehört. Die Diskussionen um die Honorare werden schon sehr lange geführt. Und meistens ist dafür die Branche selbst der Auslöser, wenn Produktanbieter, beziehungsweise Vertriebe maßlos agieren. Gesellschaftlich brauchen wir einen aktiven Verkauf von Risiko- und Vorsorgelösungen. Sonst kann ein Großteil der Bevölkerung bei unvorhersehbaren Veränderungen in existenzielle Nöte kommen. In unsicheren Zeiten wie diesen sind wir als Branche unverzichtbar. Gegen die politischen Veränderungen in Europa und auf der Welt kann man sich leider nicht versichern, aber häufig gegen die daraus resultierenden Folgen. Je unsicherer die Welt ist oder wahrgenommen wird, umso größer ist das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit. Versicherungslösungen bieten hier einen großen Mehrwert, weshalb die Nachfrage noch steigen wird. Die Krisen und die daraus resultierende Rezession haben Auswirkungen auf die Kaufkraft und das Sparvermögen der Bevölkerung. Aber gleichzeitig gewinnt auch die Risikoabsicherung an Bedeutung, so dass ich mir um die Branche im Allgemeinen keine Sorgen mache. (hs)

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Partner für ein ganzes Leben –der Kongress Zukunftsmarkt

Altersvorsorge in Berlin

Die chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung lehrt den jüngeren Generationen das Fürchten. Babyboomer stehen oftmals vor Altersrenten, welche lediglich kleine Sprünge zulassen. Die jüngste Rentenreform zielte abermals zu kurz. In diesem Umfeld gab der 25. Kongress Zukunftsmarkt Altersvorsorge am 19. und 20.03.2024 in Berlin eine Orientierung in den gravierenden Fragen zur gesetzlichen Rente sowie zu betrieblichen und privaten Vorsorgemodellen. Vertreter aus der Politik, Sozialversicherung und Wirtschaft diskutierten mit den Entscheidern der Lebensversicherer über die zukünftigen Lösungsmöglichkeiten.

Die Renten sind sicher, nur deren Höhe nicht. Rund 70 Jahre folgte Reform auf Reform. Trotz anderslautenden Politikaussagen lässt sich die Mathematik nicht umgehen. Lange Pensionszeiten, stetiger Geburtenrückgang, geringe Zuwanderung an Arbeitskräften sowie Sondereinflüsse wie z. B. Wiedervereinigung oder Finanzkrisen lasten auf den Rentenkassen. Statt auf Big-Bang-Lösungen setzt man auf sanfte Anpassungen zur gesetzlichen Altersversorgung. Ein konstantes Rentenniveau bedingt steigende Rentenbeiträge

und spätere Eintrittsalter in eine Rentenzeit. Laut Rentenpaket II soll das frisch konzipierte Generationenkapital die Auswirkungen aus dem weiter fortgeschriebenen Rentenniveau abfedern. Dafür wird die bisherige Haltelinie für Rentenbeiträge nicht verlängert. Nach stabilen Beitragsjahren steigen jetzt die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Auf der Einnahmenseite verzeichnen die Sozialkassen ein Plus in Folge branchenweiter Gehaltssteigerungen. Die Politik goutiert diese Mehreinnahmen mit Zuschusssenkungen zulasten der gesetzlichen Rentenkasse.

Unverhofft kommt selten oft

Die bestprognostizierte Herausforderung zur gesetzlichen Rentenversicherung ist der Alterungsschub bis ins Jahr 2045. Babyboomer und Genrationen X gelangen in das Pensionsalter und sorgen für massive Sprengkraft in der Rentenkasse, sofern das Rentenniveau konstant bleibt. Eine deutliche Verarmung vieler Rentner in den Neuen Bundesländern zeichnet sich bereits heute ab. Ohne eine Eigenvorsorge über betriebliche und private Lösungen zur Altersabsicherung ziehen dunkle Wolken auf. Zahlungen aus dem gesetzlichen Rentensystem reichen für etliche Empfänger kaum

finanzwelt 02 | 2024 22 BERATER | MCC KONGRESS ZUKUNFTSMARKT ALTERSVORSORGE 2024
Fotos: © MCC

aus und die Situation verschärft sich zusehends. Versicherte wähnen sich in trügerischer Sicherheit, denn die gesetzliche Rentenhöhe ist nicht von Dauer. Die Politik steckt zwischen unpopulären Rentenreformen und Wählergunstverlusten fest. Die private Vorsorge erscheint unumgänglich.

Altersvorsorge privat lösen

Steuerliche Förderungen für die privaten Altersabsicherungen sind rar. Die geförderte Riester-Rente hat den Ruf, bürokratisch und kompliziert zu sein. Die Politik plant deshalb spürbare Erleichterungen, um Riestern im Wettbewerb mit anderen Altersvorsorgen zu stärken. Dabei stehen Rentenleistungen im Fokus. Biometrie-Risiken wie z. B. bei Ableben oder Erwerbsunfähigkeit werden nicht präferiert. Vielmehr soll eine flexiblere Verwendung der Riester-Leistung diesen Vorsorgeweg attraktiver gestalten. In dem Punkt Besteuerung sind hingegen keine bedeutenden Entlastungen vorgesehen. Langlebigkeit und variantenreiche Berufsbiografien der Versicherten treiben die Versicherungsbranche um. Hier bewähren sich fondsgebundene Produkte, die jedoch Versicherte strategisch herausfordern. Die Mischung von Aktien, Anleihen und Liquidität verändert sich mit dem Alter und einem nahenden Renteneintritt. Spezielle Anbieter wollen Kunden und Vermittler in den Kapitalanlageentscheidungen unterstützen. Die gesetzlichen Beratungspflichten zwingen Vermittlern die Entwicklung individueller Anlagestrategien für ihre Kunden nebst Auszahlungskonzepte für eine Rentenzeit auf. Potenzial und Bedarf wachsen, zumal Langlebigkeit mittlerweile zu einem existenziellen Risiko avanciert.

Schub für Betriebsrenten

Die Sozialpartnermodelle bleiben hinter den hohen Erwartungen zurück. Die Politik diskutiert deshalb über Maßnahmen für mehr Attraktivität und verbesserte Vorsorgezu-

Ein Vierteljahrhundert MCC Kongress „Zukunftsmarkt Altersvorsorge“ spricht für sich. Die Veranstaltung gilt als feste Größe in der Versicherungsbranche. Entscheider von privaten und gesetzlichen Versicherern sowie aus Beratungs- und Vermittlungsunternehmen sollten ihre Teilnahme im Kalender 2025 vermerken.

Weitere Information finden Sie hier

gänge. Ob es die Sozialpartner beflügelt, ist ungewiss. Die betriebliche Altersversorgung, oder kürzer bAV, erhält in den anderen Durchführungswegen mehr Zuspruch von Unternehmen. Die Pensionsfonds stehen dabei hoch in der Arbeitgebergunst. Die bAV nimmt für die Politik und Lebensversicherer einen hohen Stellenwert ein. Kritische Stimmen wünschen sich weniger Komplexität und zusätzliche Förderungen zugunsten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Trotz der Widrigkeiten prognostizieren die Referenten für die bAV ein stabiles oder sogar dynamisches Wachstum.

Ausgezeichnete bAV-Lösungen

Ein wichtiger Teil der MCC-Veranstaltung ist der Deutsche bAV-Preis. Zum elften Mal kürte der Deutsche bAV-Preis die innovativsten und kreativsten Projekte in der bAV. In zwei Kategorien, den Großunternehmen sowie den kleinen und mittleren Unternehmen, erhielten diesmal sieben deutsche Arbeitgeber eine Auszeichnung für ihre bAV-Versorgungsstrategien. Die festliche Abendveranstaltung über den Dächern Berlins war eine weitere gute Gelegenheit für einen Austausch mit anderen Veranstaltungsteilnehmern. (gg)

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Über Disinflation und Hoffnungsschimmer

Die Geldpolitik ist ein heißes Eisen: Disinflation und Hoffnungsschimmer treffen aufeinander, Europäische Verbraucher genießen alles mit einer zuvor noch nie dagewesenen Vorsicht. Welche Lektionen das Jahr 2023 uns gelehrt hat und welche Erwartungen wir an 2024 richten können, darüber spricht Sophia Wurm, Vice President bei SPDR ETF, der ETF-Marke von State Street Global Advisors, mit finanzwelt.

finanzwelt: Frau Wurm, das neue Jahr ist angebrochen. Welche Lektionen nehmen wir von 2023 mit?

Sophia Wurm» Nach einem turbulenten Jahr

2023 schau-

en wir 2024 optimistisch nach vorne. Eine weniger restriktive Geldpolitik für wichtige Industriestaaten wie die USA und auch Europa in Kombination mit einem erwarteten „Soft Landing“ sind hier die wichtigsten Argumente. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks zwar abnimmt – allerdings langsamer als erwartet. Die Notenbankpolitik wird vor diesem Hintergrund weiterhin sehr datenabhängig bleiben. Positiv ist zu vermerken, dass sich die USKonjunktur mit einem starken Binnenkonsum bisher stabiler als befürchtet erweist und eine US-Rezession damit weniger wahrscheinlich wird. Wir haben unsere Wachstumsprognose für die USA in diesem Jahr zuletzt erneut angehoben auf 1,4 %.

finanzwelt 02 | 2024 24 BERATER | INTERVIEW

» Auch in der Eurozone hat sich die Inflation in den vergangenen Monaten deutlich verlangsamt, so dass die realen verfügbaren Einkommen steigen. «

finanzwelt: Das Vertrauen der europäischen Verbraucher ist erschüttert durch die Inflation, die Menschen sind vorsichtiger. Müssen sie „motiviert“ werden oder heißt es: aussitzen?

Wurm» Auch in der Eurozone hat sich die Inflation in den vergangenen Monaten deutlich verlangsamt, so dass die realen verfügbaren Einkommen steigen. Gleichzeitig zeigt sich der Arbeitsmarkt sehr robust. Darüber hinaus sprechen hohe Ersparnisse dafür, dass die europäischen Konsumenten zwar einerseits über genügend Vermögen verfügen, aber auf der anderen Seite verunsichert sind, dieses auch auszugeben. Wir gehen davon aus, dass sich die Situation mit weiter fallenden Inflationsraten normalisieren wird. Unsere Wachstumsprognose für die Eurozone wurde zuletzt auf 0,9 % reduziert, impliziert für die Währungsunion aber keine formale Rezession, so dass wir in unserem Kernszenario aktuell mit Zinssenkungen von 100 Basispunkten arbeiten.

finanzwelt: Auf der anderen Seite steht die Disinflation der letzten Monate mit steigenden Einkommen und einer niedrigen Arbeitslosenquote – warum dann noch das Zögern?

Wurm» Im Moment erscheint die Stimmung in der Eurozone schlechter als die tatsächliche Lage gemessen am Aktienmarkt. So ist zum Beispiel der Euro Stoxx 50 seit dem Jahresbeginn bereits um 8 % gestiegen (Stand: 28. Februar 2024) und hat damit viele andere Aktienindizes wie den S&P 500 oder auch den Nasdaq hinter sich gelassen. Ähnlich wie auch in anderen Märkten wurde diese Kursrallye allerdings nur von wenigen Aktien getrieben, so dass keine ansprechende Marktbreite vorliegt. Allerdings zeigt dies eindrucksvoll, dass es durchaus relevant ist, wo die Unternehmen ihre Umsätze erzielen (also zum Beispiel auch außerhalb der Eurozone in stärker wachsenden Regionen) und nicht unbedingt, wo der Unternehmenssitz liegt. Die Belastungssituation in Europa besteht aus der eigenen Wachstumsschwäche und zum Teil hohen Abhängigkeiten von anderen wachstumsschwachen Regionen wie China sowie den bestehenden geopolitischen Risiken. Dies lässt Investoren (aktuell) noch zögern.

finanzwelt: Was ist nötig, damit wieder etwas (positive) Bewegung in den Markt kommt?

Wurm» Relevant ist allem voran, dass die Inflationszahlen weiter sinken und die Notenbanken mehr Handlungsspielraum bekommen. Je näher die Inflation dem Ziel der EZB kommt und die Kapitalmarktzinsen nicht mehr weiter steigen oder sogar anfangen zu fallen, desto eher wird sich für europäische Unternehmen die Refinanzierung erleichtern und der Druck auf die Konjunktur abnehmen.

finanzwelt: Abschließend: Wie lautet Ihre Prognose für 2024 und welche Empfehlungen würden Sie aussprechen?

Wurm» Auch wenn der globale Aktienmarkt, geprägt durch die USA, Anzeichen von Übertreibungen aufweist, erwarten wir in der Summe ein ansprechendes Jahr für die Aktienmärkte. Einige neue Allzeithochs können erreicht werden, wie wir es zuletzt schon vereinzelt beobachten konnten. Besonders hervorzuheben sind hier neben US-Standardwerten auch US-Nebenwerte, die einen sehr hohen Anteil ihrer Umsätze auf dem Heimatmarkt generieren. Sie sind auch wesentlich günstiger bewertet als ihre großen Pendants. Im Bereich der Industriestaaten fällt Japan positiv auf. Ein Ende der Nullzinspolitik und steigende Löhne sollten den Konsum ankurbeln und das Wirtschaftswachstum stärken. Darüber hinaus machen sich aktionärsfreundliche unternehmenspolitische Veränderungen bereits in steigenden Aktienkursen bemerkbar. Für europäische Aktien sehen wir insbesondere Potenzial in langfristig ausgerichteten Zukunftsbranchen, die vom steigenden Einsatz Künstlicher Intelligenz profitieren. Neben dem Technologie-Sektor ist hier unter anderem auch der Health-Care-Sektor gut aufgestellt. Darüber hinaus bietet Europa seinen Investoren in der Summe sehr attraktive Dividenden, welche im Falle sinkender Zinsen wieder attraktiver werden sollten. Insgesamt sehen wir für den Anleihemarkt ebenfalls gutes Potenzial in diesem Jahr, da unser Kernszenario auf einem tendenziell schwachen Wirtschaftswachstum und sinkenden Zinsen – insbesondere am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve – basiert. Da diese Entwicklung wie oben beschrieben sehr datenabhängig sein wird, sollten Investoren allerdings (unverändert) mit hohen Schwankungen rechnen. Neben kurzen Laufzeiten empfehlen wir, im Bereich der Unternehmensanleihen auf gute Bonität zu setzen und längere Durationen mit US- und EUStaatsanleihen abzudecken. (ml)

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Die Wunschliste der Vermögensverwalter

Laut einer aktuellen Studie von Avaloq, einem Anbieter von digitalen Banklösungen und Wealth-ManagementTechnologien, sind die meisten Experten im Bereich Vermögensverwaltung mit ihren aktuellen Beratungssystemen entweder unzufrieden oder sie schätzen sie nicht besonders. Nur 31 % sind der Meinung, dass ihre Technologie auf dem neuesten Stand ist. 45 % geben an, dass ihr System auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sei.

Avaloq hat 200 Vermögensberatungs-Experten in Europa und Asien befragt – in Deutschland, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, Japan, Hongkong und Singapur. Besonders in Deutschland spielen Technologieplattformen eine wichtige Rolle für die befragten Vermögensverwaltungs-Experten – sowohl zur Entlastung und Unterstützung der Berater als auch zur Verbesserung der Kundenbindung. Daher nutzen in Deutschland 50 % der Vermögensverwaltungs-

Profis einschlägige Beratungstechnologie bei ihren Kundengesprächen, was über dem europäischen Durchschnitt von 46 % liegt. Von den deutschen Beratern, die bisher keine Beratungssysteme in ihren Kundengesprächen verwenden, geben 68 % an, dass sie dies in Zukunft gerne tun würden.

Es besteht also laut der Studie „eine klare Nachfrage nach

finanzwelt 02 | 2024 26 BERATER | DIGITALE BANKLÖSUNGEN

modernen Systemen, die tatsächlich unterstützen und entlasten“. Allerdings sehen die befragten Vermögensverwaltungs-Experten in Europa und Asien noch einige Hindernisse für den Einsatz dieser Technologie. International beklagen 69 %, dass die Benutzeroberflächen nicht ihren Anforderungen entsprechen, und 60 % finden die Beratungstechnologie zu kompliziert, um sie gemeinsam mit dem Kunden zu nutzen. Auch in Deutschland sehen mehr als die Hälfte der Vermögensverwalter ähnliche Herausforderungen und Hemmnisse bei ihrer Beratungstechnologie. Die häufigsten genannten Probleme sind eine nicht intuitive Navigation (66 %) und die Notwendigkeit, zu viele verschiedene Systeme gleichzeitig zu verwenden (63 %). Laut der Studie sind international 17 %

Grundsätzlich spricht also viel für eine gute Beratungstechnologie. So zeigt sich auch Britney Lewis, Head of Advisory Product für Aladdin Wealth Tech bei BlackRock, überzeugt: „Eine optimierte, benutzerfreundliche Beratungsplattform, die für Kundeninteraktionen in Echtzeit konzipiert ist, kann diese Bedenken ausräumen. Beim Einsatz einer End-to-End-Plattform geht es darum, den Prozess der personalisierten Angebotserstellung mit effektiven und konformen Anlagevorschlägen zu skalieren, die einfach auszuführen sind. Funktionen wie die sofortige Erstellung von Vorschlägen oder Eignungsprüfungen geben Vermögensberatern die dringend benötigte Zeit zurück, während sie gleichzeitig in der Lage sind, weiterhin solide Interaktionen mit ihren Kunden einzugehen.“ Auf finanzwelt-Nachfrage erklärte Martin Greweldinger, Co-

der Vermögensverwaltungs-Experten derzeit auf zehn oder mehr Technologiesysteme angewiesen, um ihre täglichen Aufgaben zu erledigen. Immerhin die Hälfte der Befragten muss zwischen vier und sechs verschiedenen Systemen wechseln. Trotzdem erwarten deutsche VermögensverwaltungsExperten viel von leistungsfähigen Beratungssystemen.

ZU DEN WICHTIGSTEN VORTEILEN GEHÖREN:

eine verbesserte Datenvisualisierung (63 %)

automatisierte regulatorische Prüfungen (53 %)

verbesserte Datenanalyse (47 %)

automatische Portfolioüberwachung (45 %)

automatisch erstellte Zusammenfassungen von Kundengesprächen (58 %)

CEO von Avaloq: „Die Umfrage zeigt wichtige Herausforderungen und Chancen für Banken und Vermögensverwalter auf. Sie weist darauf hin, dass Front- und Investment-Office-Tools derzeit unbefriedigend sind, und sie verdeutlicht den Bedarf an maßgeschneiderten, effizienten Lösungen. Zwar wurde in den letzten Jahren stark in Technologie investiert, aber diese Transformation ist noch lange nicht abgeschlossen. Viele Vermögensverwalter sind noch mit komplexen, veralteten Technologiesystemen belastet, die ihnen nicht die Unterstützung bieten, die sie bei Kundengesprächen benötigen. Die Studie zeigt darum auch den klaren Wunsch nach einer konsolidierten und integrierten Technologieplattform mit einer guten User Experience und einem einheitlichen Datenmodell. Wer auch in Zukunft erfolgreich sein will – ob in der Vermögensverwaltung, im Private Banking oder im Universalbankgeschäft –, braucht dazu technologie- und datengestützte Geschäftsmodelle, bei denen der Kunde im Mittelpunkt steht.“(sg)

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Die Herren der Ringe

Ein Ring, mit dem man kontaktlos bezahlen kann? Oder einen, der den Autoschlüssel ersetzt? Am Finger und immer dabei, verknüpft mit dem eigenen Smartphone. Das klingt doch praktisch! Koba Tsertsvadze, Co-Founder von CNICK, spricht mit finanzwelt über den einen Ring und die Philosophie seines Unternehmens.

finanzwelt: Herr Tsertsvadze, bitte erläutern Sie die ursprüngliche Idee von CNICK und das Konzept dahinter.

Zum Beispiel: Warum haben Sie sich für einen Ring als Form entschieden?

Koba Tsertsvadze» CNICK revolutioniert die Modeindustrie mit seinem innovativen und zugleich stilvollen Ring und definiert damit Luxus im Bereich tragbarer Technologie neu. Wir haben den ersten Smart-Ring aus Edelmetallen wie Gold und Silber eingeführt, der kontaktlose Zahlungen ermöglicht sowie die Funktion eines Autoschlüssels bietet. Der CNICK-Ring ist ein batterieloses Gerät, das nie aufgeladen werden muss. Er bietet Kunden uneingeschränkten Zugang zu ihren Geldern, wann immer sie diesen benötigen und dient auch als großartige Backup-Lösung. Wir arbeiten mit Visa, MasterCard sowie lokalen Banken und Fidesmo (A.d.R: Fidesmo ist eine global agierende NFCPlattform für Dienstanbieter) zusammen und bieten mithilfe von Tokenisierung die sicherste Smart-Ring-Zahlung. Unsere Markenstrategie konzentriert sich darauf, innovative Produkte mit wunderschönem Design zu schaffen und ein außergewöhnliches Kundenerlebnis zu bieten. Wir legen Wert auf Design, Funktionalität, Einzigartigkeit und Benutzererfahrung. Im Jahr 2019 haben wir den weltweit ersten Smart-Ring mit Tesla-Schlüsselanwendungen eingeführt. Dieser Ring ermöglicht ein müheloses Sperren, Entsperren und Starten von Tesla-Fahrzeugen mit einem einfachen

Tippen – alles ohne Batterien oder Aufladen und dient als zuverlässiger Ersatzschlüssel.

finanzwelt: Und wie hat der Investment-Prozess funktioniert?

Tsertsvadze» Wir haben uns seit der Gründung des Startups selbst finanziert (sog. Bootstrapping) und alle Entwicklungs- und Geschäftstätigkeiten mit den Einnahmen des Unternehmens finanziert. Allerdings erwägen wir, bald eine Runde für Investoren zu eröffnen.

finanzwelt: Wie würden Sie das Feedback des FinTechSektors seit dem Launch von CNICK beschreiben, da Digitalisierung ein laufender Prozess ist und Smart-Devices eine Lücke füllen müssen – wie zukunftssicher ist CNICK entsprechend?

Tsertsvadze» Seit unserer Idee und dem Proof of Concept haben wir großartiges Feedback aus dem Markt und dem FinTech-Sektor erhalten. Das deutet darauf hin, dass das von uns entwickelte Produkt benötigt wird. Der Markt für tragbare Technologie wächst rasant und gilt als eine der wichtigsten Säulen für die Zukunft der Unterhaltungselektronik. Laut der „Smart Wearables Study 2023“ von MasterCard bevorzugen europäische Verbraucher den Zahlungsring gegenüber anderen kontaktlosen Zahlungsmethoden. Der Zahlungsring ist mit 89 % die bevorzugte Methode, gefolgt von Smartphones (49 %) und Zahlungskarten (44 %). Die Hauptgründe, die Verbraucher dazu bewegen, diesen Zahlungsservice zu nutzen, sind der Wunsch nach schnellen Zahlungen (82 %), das Bedürfnis, up-to-date zu sein (69 %) und ein Sinn für Mode (31 %). Während jüngere Verbraucher eher von dem modischen Aspekt angezogen werden (38 %), bevorzugen Senioren ihn hauptsächlich aus Sicherheitsgründen (32 %).

» Wir haben den ersten Smart-Ring aus Edelmetallen wie Gold und Silber eingeführt, der kontaktlose Zahlungen ermöglicht sowie die Funktion eines Autoschlüssels bietet.

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» Der Markt für tragbare Technologie wächst rasant und gilt als eine der wichtigsten Säulen für die Zukunft der Unterhaltungselektronik. «

finanzwelt: Apropos zukunftssicher: Wie umweltfreundlich und „grün“ ist CNICK?

Tsertsvadze» Wir legen Wert auf die Umwelt, weshalb wir umweltfreundliche Produkte kreieren. Wir haben den ersten intelligenten Ring aus Holz entwickelt und auch einen Ring aus recyceltem Denim-Material entworfen, den wir ‚Jeans‘ nennen. Im letzten Jahr haben wir den weltweit ersten ‚intelligenten Ring‘ aus Silber und Gold eingeführt und es geschafft, ihn umweltfreundlich zu gestalten. Der CNICKSilberring wird aus 100 % recycelten Edelmetallen hergestellt, wodurch das Silberbad ausgelassen und die Umweltbelastung so um 66 % reduziert wird. In Zukunft werden wir unsere Vision in der Produktentwicklung weiterhin aufrechterhalten, um umweltfreundliche Produkte sicherzustellen und zum Wohlergehen unseres Planeten beizutragen.

finanzwelt: Georgien ist ein Land voller Widersprüche: Jahrhundertealte Geschichte trifft auf Innovation und moderne Technologie. Wie würden Sie seine Rolle -- und seinen aktuellen Status – am Europäischen Markt als Player im FinTech-Sector beschreiben?

Tsertsvadze» Georgien ist ein großartiger Ort, um ein Unternehmen zu gründen. Es verfügt über ein großartiges FinTech-Umfeld mit Regierungsunterstützung für lokale Startups und FinTechs durch Zuschüsse. Es ist sehr loyal in Bezug auf Vorschriften, und das Ergebnis ist erstaunlich. Das Land hat mehrere FinTech-Unternehmen, die von Y Combinator (A.d.R.: Y Combinator ist ein Gründungszentrum mit Sitz in Kalifornien) finanziert wurden sowie 500 Start-ups. Diese weltweit führenden Acceleratoren sehen großes Potenzial in diesem Land. All dieser Einfluss ist spürbar für den europäischen Markt. Meiner Meinung nach hat Georgien großes Potenzial, ein Hub für FinTech in Osteuropa zu werden, da die Georgier talentiert sind, die Regierung in Bezug auf Vorschriften freundlich ist und die Steuern für Unternehmen, die IT-Dienstleistungen aus Georgien exportieren, sehr niedrig oder gar null sind.

finanzwelt: Abschließend: Welche Pläne und Ziele hat das Unternehmen für 2024?

Tsertsvadze» Für 2024 haben wir ehrgeizige Pläne und glauben fest daran, sie umzusetzen. Wir wollen neue Märkte betreten, planen den Launch einer neuen Version des Smart-Rings und wollen unsere Position in Deutschland stärken. (ml)

Innovationen in eine nachhaltigere Zukunft

Mit dem europäischen Grünen Deal möchte die EU den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft schaffen. Bis 2050 sollen keine Netto-Treibhausgase mehr ausgestoßen werden und das Wachstum nachhaltig im Sinne der Ressourcenschonung sein. Ein Baustein ist die Verringerung der steigenden Verkehrsemissionen. Mit einer zukunftsweisenden Technik ist ein nötiger Schritt zum Ziel getan.

Es muss sich etwas tun auf Deutschlands Straßen, beziehungsweise unter der Motorhaube. Laut einem Bericht der Europäischen Umweltagentur war der Verkehr im Jahr 2019 für rund ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen der EU verantwortlich. Nahezu 75 % entfielen dabei auf den Straßenverkehr. Der Verkehr ist demnach der einzige Bereich, in dem die Treibhausgasemissionen in den letzten drei Jahrzehnten zugenommen haben. Laut Statistischem Bundesamt stiegen sie im Zeitraum von 1990 bis 2019 um beachtliche 33,5 %.

Rund 740 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) wurden 2021 in der EU durch die Verbrennung von Kraftstoffen im Straßenverkehr ausgestoßen. Pkw und Motorräder verursachten mit 64 % den größten Teil der Emissionen. Auf Lkw und Busse entfielen 27 %, weitere 10 % auf leichte Nutzfahrzeuge.

Quelle: https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Umwelt-Energie/CO2_Strassenverkehr.html

Das steigende Verkehrsaufkommen erschwert das Zielvorhaben der EU, mit Hilfe des Green Deal bis zum Jahre 2050 klimaneutral zu werden. Doch auch technologisch lassen sich Fortschritte erzielen, um Emissionen zu reduzieren, wie das Beispiel FeroxTM eindrucksvoll zeigt. FeroxTM ist ein Kraftstoffzusatz und hat das Potenzial, einen erheblichen Beitrag für eine nachhaltige Welt zu leisten. Dabei handelt es sich nicht um eine gänzlich neue Geschichte. Nein, die Ursprünge reichen beinahe vier Jahrzehnte zurück und stammen aus den Vereinigten Staaten. Das Pro-

finanzwelt 02 | 2024 30 BERATER | CO2-EMISSIONEN

Die Vorteile von FeroxTM (exemplarisch):

Kraftstoffeinsparung:

Die optimierte Verbrennung des Kraftstoffes sorgt für eine höchstmögliche Ausnutzung des Kraftstoffes. Gewerbekunden bestätigen je nach Fahrzeugtyp und Kraftstoff bis zu über 20 % Einsparungen an Kraftstoff.

Einsatz in allen Kohlenwasserstoff basierten Kraftstoffen: FeroxTM kann in LPG, Benzin, Kerosin, Diesel, Heizöl, Schweröl und Kerzenparaffinen eingesetzt werden. Auch optimiert FeroxTM neue Kraftstoffe wie E-Fuels, Bio-Kraftstoffe und potenziell Ammoniak.

Emissionsreduktion: FeroxTM reduziert schädliche Emissionen bis zu über 80 %. Diese sind Feinstaub, Kohlenmonoxid und unverbrannter

dukt wurde 1986 vom Chemiker Dr. Walter Wesely Parish in den USA erfunden. Er gründete zur Herstellung und Vermarktung von FeroxTM das Unternehmen Rennsli Corp. mit Sitz in Orem, Utah. Zunächst nur als flüssiges Produkt verfügbar, gelang vor zwei Jahrzehnten der Durchbruch. Seit 2004 ist es als Feststoff-Produkt, nicht brennbares und patentiertes Superkonzentrat, handelbar. In den folgenden Jahren, insbesondere unter der Führung von Thomas Parish (Sohn des Erfinders), wurde der weltweite Vertrieb von FeroxTM forciert. Hier ist das Unternehmen Rennsli Corp. zuständig.

Entscheidend ist: FeroxTM ändert nicht die NORM-Qualität des Kraftstoffes und ist in der Anwendung garantiert sicher für Motore und Technik. Es löst sich in kürzester Zeit vollständig im Kraftstoff auf und wird chemischer Bestandteil.

Wenn Rohstoffe limitiert sind, spielt die Entsorgung und Abbaubarkeit eine entscheidende Rolle auf dem Weg zu einer nachhaltigeren, emissionsreduzierten Welt. Auch in diesem Punkt punktet FeroxTM, da die Reaktionsprodukte zu 100 % abbaubar sind.

Kraftstoff. Auch Stickoxide können bis zu 25 % reduziert werden. FeroxTM hat damit das Potenzial, die Smog-Probleme der Welt zu lösen, welche in Verbindung mit der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen stehen. CO2 wird im Ausmaß der erzielten Kraftstoffeinsparung reduziert.

Sehr breites Einsatzfeld:

FeroxTM ist weltweit und in allen Segmenten und Industrien einsetzbar, in denen Kohlenwasserstoff basierte Kraftstoffe zum Einsatz kommen. Da FeroxTM in den unterschiedlichsten Anwendungsfeldern eingesetzt werden kann, ergibt sich ein Mehrwert in volkswirtschaftlicher Dimension. FeroxTM kann in Pkw, Motorrädern, Lkw, Baumaschinen, Generatoren, Kraftwerken, Lokomotiven, Schiffen, Kerzen und potenziell in turbinenbetriebenen Flugzeugen eingesetzt kann.

Wie wichtig das Ziel der Emissionsreduzierung ist, zeigt auch die Tatsache, dass die EU im Rahmen des Pakets „Fit für 55“ neue Vorschriften über die CO2-Emissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen angenommen hat. Wenn wir die Klimakrise bewältigen und unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern wollen, müssen wir zu einer umweltfreundlicheren Lebensweise übergehen. An diesem Punkt setzt die Technologie an. Mittlerweile ist FeroxTM in Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen Ländern der EU am Markt und plant die weitere Expansion.

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„Make a better World“

Die Welt ist im rasanten Wandel. Auch und gerade technologisch. Es bedarf neuer Problemlösungen. Das wird immer offensichtlicher, auch in der traditionellen Landwirtschaft ist Pioniergeist gefragt. Die MABEWO AG um Co-Founder und CEO Jörg Trübl hat sich das auf die Fahnen geschrieben. Ein Gespräch zum Status quo, den Plänen und Visionen.

finanzwelt: Herr Trübl, die Geschichte der MABEWO beginnt kurz vor dem Eintreten multipler Krisen wie Pandemie, Lieferkettenproblematik und Ukraine-Krieg. Was hat den Ausschlag zur Unternehmensgründung gegeben?

Jörg Trübl» Zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung war von diesen Krisen noch nichts erkennbar, die Auswirkungen des Klimawandels waren 2019 bereits deutlich spürbar. Auch die Auswirkungen der fortschreitenden Urbanisierung mit der einhergehenden Bodenversiegelung haben sich manifestiert. All das hat seine Konsequenzen bei der Sicherung der Grundversorgung mit Lebensmitteln und Energie. Die Krisen seit 2020 haben dies noch verstärkt. Wir wurden also in unserem Ansatz bestätigt, auf eine lokale, energieautarke Versorgung zu setzen.

finanzwelt: Welche Meilensteine konnten Sie zwischenzeitlich erreichen?

Trübl» Seit dem Beginn hat sich viel ereignet. Eine Unternehmensentwicklung findet entlang vieler paralleler Handlungsstränge statt. Es gelang uns, immer wieder neue technische Entwicklungen anzustoßen, zu testen und marktreif zu machen. Dem aktuellen Stand der Indoor-Farming-Container gingen erste Prototypen und Testanlagen in den Jahren 2021 und 2022 voraus. Durch die neue Gesetzgebung in Bezug auf die Liberalisierung von Cannabis ergeben sich neue Geschäftsmöglichkeiten für den Einsatz von Indoor-GrowingCompartments in Deutschland. Unsere ESG-Zertifizierung im Oktober letzten Jahres und die ISO 9001:2015 Zertifizierung Anfang 2024 sind weitere wichtige Meilensteine.

finanzwelt: Für diejenigen, die Sie noch nicht kennen, was ist der USP der MABEWO?

Trübl» Wir kommen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien. Photovoltaik und Biogas verstehen wir von der Konzeptionierung bis zum Betrieb im Detail. Und nachdem Pflanzen nun einmal Energie sind, haben wir begonnen, über Indoor-Farming-Systeme nachzudenken, die die Versorgung der wachsenden urbanen Bevölkerung sicherstellen könnten. Wir sind als europäischer Pionier hier in Vorleistung gegangen, was die Entwicklung proprietärer Technologien angeht. Daher ist das Unternehmen am Schnittpunkt Indoor-Farming und Erneuerbare Energien positioniert. Damit verfügen wir über ein absolutes Alleinstellungsmerkmal.

finanzwelt: Sie verstehen sich als Innovator und Technologielieferant der nachhaltigen Landwirtschaft. Wo sehen Sie hier die zentralen Herausforderungen?

Trübl» Derzeit ändern sich viele Rahmenbedingungen rund um die Landwirtschaft. Der Klimawandel mit Trockenperioden, Hitze oder Extremereignissen, auch Hofübernahmen, die Anforderungen an die Energieproduktion und die Umgestaltung von Fördersystemen bringen Anpassungsdruck mit sich. Die Landwirtschaft wird sich als höchst konservative Branche grundlegenden Anpassungen gegenübersehen. Das Berufsbild kann sich ändern, vom Lebensmittelproduzenten hin in Richtung Landschaftsschützer, Ressourcenmanager oder Energieerzeuger.

finanzwelt: In Zeiten von Überdüngung und knapper Wasserressourcen muss sich die konventionelle Landwirtschaft wandeln. Hier setzt u. a. das Konzept der vertikalen Landwirtschaft bzw. Indoor-Farming an. Bitte erläutern Sie uns die wesentlichen Merkmale.

Trübl» Wir wollen Fläche sinnvoll und effizient nutzen. Dies ist unter den gegebenen Klimabedingungen fast unmöglich geworden, darum sehen wir in der kontrollierten

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Indoor-Umgebung die dringend notwendige ProduktionsSicherheit. Für einfache und schnellwachsende Produkte wie Micro-Greens und Kräuter für eine CO2-neutrale Ernte oder auch für Jungpflanzen und Aufzucht sowie dem Vorziehen von Gemüse und Salaten. Der Landwirt kann in kleinen, aber stabilen Räumen seine lokale Produktion betreiben und diese nach Bedarf skalieren und automatisieren. Wir entwickeln auch Lösungen für Tierfutter. Dies hat den Vorteil der stabilen und lokalen Futterquelle, was dem Tierhalter ermöglicht, das Gras im Container anzubauen und die freigewordene Fläche für wertvollere Produkte zu nutzen.

finanzwelt: Ist dieser Ansatz universell einsetzbar, regional unabhängig und für viele Gemüsekulturen?

Trübl» Es geht hier darum, dem Gemüsebauer Instrumente der Optimierung und möglichst auch der Automatisierung an die Hand zu geben. Der Aspekt ist die Ernte- und somit auch eine Ertragssicherheit. Es muss in Europa sichergestellt werden, dass die Flächen optimal genutzt werden, keine Bodenverdichtung und kein Ausbluten des Bodens verursacht wird. Die Ertragskraft des Bodens muss stabilisiert werden.

finanzwelt: Im Vorgespräch sagten Sie, dass der Landwirt heutzutage immer mehr die Rolle eines Energiewirts einnimmt. Wie meinen Sie das?

Trübl» Die Energiepreise haben sich in den letzten drei Jahren verdoppelt, die EU hat vor fünf Jahren die internationalen Korridore geöffnet, nun stellt man aber fest, dass die Überland-Leitungen nicht für die Peak-Leistungen bereit sind. Wir haben einerseits die nachhaltige Produktion und andererseits die lokale Stromgewinnung, welche mit unseren Agri-Racks schnell und kostengünstig umgesetzt werden kann. Wir reduzieren die Installationskosten um 20 % zu den bestehenden Lösungen am Markt. Wir werden die Produkte anlässlich der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) Feldtage vom 11. bis 13. Juni 2024 einem breiten und kritischen Fachpublikum vorstellen. Diese Installationen ermöglichen dem Landwirt, auch kleinere Flächen für die Stromproduktion zu nutzen, aber gleichzeitig die Fläche immer noch für die Pflanzenproduktion einzusetzen. Also in erster Linie Landwirt und gleichzeitig auch Energiewirt.

finanzwelt: Wir sprachen die nachhaltige Landwirtschaft an. Nachhaltiges Wachstum wollen Sie auch mit Ihrem Unternehmen verfolgen, so beispielsweise durch den Börsengang. Was bedeutet dieser Schritt für Sie und wen möchten Sie künftig verstärkt erreichen?

Trübl» Ein Unternehmen wie die MABEWO kann eine globale Vision umsetzen. Marktentwicklung und Expansion benötigen Zeit, Kompetenz und Geld. Das Börsenlisting wird Möglichkeiten für eine Kapitalisierung eröffnen. Damit sprechen wir Investoren an, die sich im Bereich der Nachhaltigkeit, der Ressourcenschonung und der Sicherstellung von Lebensmittel- und Energieproduktion engagieren wollen. Wir setzen auf das Interesse der Investoren an MABEWO als ertragreiches Dividendenpapier.

finanzwelt: Zum Abschluss: Gedanken finden idealerweise Eingang in nutzenstiftende Konzepte. Welche Vision treibt Sie an?

Trübl» Unser Name ist Programm. MABEWO steht für ‚Make a better World‘. Das ist ein hoher Anspruch. Ich bin überzeugt, dass die Menschheit dafür prädestiniert ist, mit Technologie neue Lösungen für immer neue Probleme zu finden. Wir treten an, ein Marktführer zuerst in der DACHRegion, dann in Europa und gerne auch einmal in größerem Maßstab zu sein. (ah)

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Reform geplant

Am 28. Dezember 2023 hat das Ministerium für Justiz einen Referentenentwurf für ein zweites Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) veröffentlicht. Ziel dieses Entwurfs ist es, sowohl die Verfahrensstrukturen als auch den individualrechtlichen Schutz, den das KapMuG ermöglicht, dauerhaft zu etablieren und entsprechend weiterzuentwickeln. Inwieweit dieser Entwurf dazu geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, wird im Folgenden auszugsweise betrachtet.

Aktueller Stand des KapMuG

Das KapMuG wurde 2005 eingeführt und dient unter anderem der Schaffung eines effektiven kollektiven Rechtsverfolgungsinstruments, der Verbesserung des Individualrechtsschutzes und der Bündelung gleicher Ansprüche, um deren einheitliche Klärung und eine daraus folgende Kostensenkung für den Einzelnen zu gewährleisten. Entsprechend ermöglicht es das KapMuG auf Antrag von mindestens zehn Parteien, ein Musterverfahren einzuleiten und Individualstreitigkeiten zu bündeln. Nach Erlass eines Vorlagebeschlusses durch das Landgericht werden dem Oberlandesgericht zentrale Tatsachen- und Rechtsfragen vorgelegt und dort einheitlich verhandelt und entschieden. Während des Musterverfahrens werden alle anhängigen Einzelverfahren gem. § 8 KapMuG bis zur Entscheidung des Musterverfahrens ausgesetzt. Mit der KapMuG-Reform im Jahr 2012 wurde zusätzlich ein erleichterter Zugang zum Recht für geschädigte Anleger durch die Schaffung der kostengünstigen Möglichkeit zur Anmeldung von Ansprüchen im Musterverfahren geschaffen. Sobald ein Musterentscheid ergangen ist, entfaltet dieser Bindungswirkung für die Landgerichte, die sodann über die individuelle Schadenshöhe der Ausgangskläger entscheiden.

Verbesserungspotenzial des aktuell geltenden KapMuG

Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Schwächen des KapMuG deutlich. Insbesondere die oft sehr lange Dauer der Musterverfahren wurde kritisiert. Der jetzige Reformentwurf verfolgt deshalb unter anderem das Ziel, die Verfahrenslänge zu kürzen und darüber hinaus auch den Individualrechtsschutz zu stärken.

Verkürzte Einleitungsdauer eines Musterverfahrens

Zur Verkürzung der Verfahrensdauer sieht der Reformentwurf vor, die Dauer des Einleitungsverfahrens anzupassen. Die bisher geltende Sechs-Monatsfrist für die Bekanntgabe zulässiger Musteranträge soll danach auf zwei Monate verkürzt werden. Dass diese Fristverkürzung zu einer Verfahrensbeschleunigung führen wird, erscheint allerdings zweifelhaft. Denn § 3 II Nr. 2 KapMuG-RefE setzt für die Zulässigkeit des Musterverfahrensantrags voraus, dass die Entscheidung über den Rechtsstreit von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Die notwendige Entscheidungserheblichkeit zeigt sich erst nach der Einlassung der Gegenpartei, welche frühestens mit deren Klageerwiderung vorliegen wird. Gerade in komplexeren kapitalmarktrechtlichen Fällen wird eine Klageerwiderung regelmäßig aber noch nicht binnen zwei Monaten eingereicht, sondern nach entsprechenden Fristverlängerungsanträgen häufig erst nach fünf oder sechs Monaten. Dem Landgericht wird es folglich nicht möglich sein, die Zwei-Monatsfrist einzuhalten. Dies zeigt auch die Ausgestaltung als „Soll“-Vorschrift statt als „Muss“-Vorschrift. Weiterhin nennt § 7 Abs. 1 S. 2 KapMuG- RefE keine Frist für den Erlass eines Vorlagebeschlusses, was dazu führen dürfte, dass weitere Verzögerungen des Gesamtablaufes eintreten.

Stärkung des Oberlandesgerichts

Außerdem sieht der Reformentwurf eine Neuverteilung der Rollen von Land- und Oberlandesgericht (OLG) vor. Hatte bisher das Landgericht das Initiativrecht durch Erlass des Vorlagebeschlusses und dessen Bindungswirkung für das OLG, soll nach der Reform das OLG selbst die sich aus den Ausgangsverfahren ergebenden Feststellungsziele formulieren. Auch soll das OLG prüfen, ob die in den Musterverfahrensanträgen enthaltenen Feststellungsziele sachdienlich sind und dabei unter anderem beachten, ob diese für eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung innerhalb einer angemessenen Verfahrensdauer geeignet sind. Mit dieser neuen Rollenverteilung verschlechtert sich die Rechtsposition der Anleger. Diese konnten bisher davon ausgehen, dass ein Vorlagebeschluss auch zwingend zu einem Musterverfahren führt und damit potenzielle Kostenrisiken kalkulieren. Nach dem Reformentwurf sind sie hingegen davon abhängig, ob

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auch das OLG die Eröffnung des Musterverfahrens als sachdienlich anerkennt. Der Prüfungsmaßstab für das Vorliegen der Sachdienlichkeit wird im Entwurf nicht definiert. Dies wiederum führt dazu, dass eine Ablehnung aufgrund mangelnder Sachdienlichkeit rechtlich schwer zu überprüfen ist. Damit steigt das Risiko einer unanfechtbaren Ablehnung durch das OLG, etwa zur Verhinderung von Arbeitsüberlastung unter Berufung auf die eine angeblich mangelnde Sachdienlichkeit.

Aushöhlung der Verfahrensbeteiligungen

Gem. § 8 Abs. 1 KapMuG sind bisher alle von den Feststellungszielen abhängigen Verfahren auszusetzen. Die Reform sieht vor, diese Möglichkeit ersatzlos zu streichen, um dadurch eine Verringerung der Zahl der Verfahrensbeteiligten zu erreichen. Es soll den Parteien außerdem ermöglicht werden, frei entscheiden zu können, ob sie am Musterverfahren teilnehmen oder ein Individualverfahren anstreben wollen. Hiermit entzieht der Reformgeber jedoch dem KapMuG seinen wesentlichen Charakter und unterläuft die diesem zugrundeliegenden Ziele. Soweit die Aussetzung weiterer Verfahren gestrichen wird, kann das Ziel der einheitlichen Klärung von Tatsachen- und Rechtsfragen nicht mehr erreicht werden, da in jedem Individualverfahren eine andere Bewertung als die des Musterverfahrens getroffen werden könnte. Auch die einheitliche Rechtsprechung wird so möglicherweise einem „Flickenteppich“ weichen. Der Reformgeber hat diese Problematik erkannt und möchte dieser durch die Einführung des § 148 Abs. 5 ZPO-RefE entgegenwirken. Demnach könnten Verfahren, die von denselben Feststellungszielen abhängig sind, freiwillig ausgesetzt werden, wobei die Aussetzung jedoch nicht zu einer formellen Bindung an die Entscheidung des Musterverfahrens führt. Der Musterentscheid soll lediglich der Orientierung dienen. In der Folge wäre es damit nötig, jedes ausgesetzte Verfahren einzeln zu entscheiden. Dies würde voraussichtlich eine weitere Überlastung der Justiz bewirken und den eigentlich gewollten Kollektivrechtsschutz faktisch abschaffen.

Fazit

Ziel des Referentenentwurfs ist es, das KapMuG dauerhaft in der Rechtsordnung zu verankern und als effektives Instrument zur Gewährung von Individualrechtsschutz weiterzuentwickeln. Dies gelingt jedoch allenfalls rudimentär. Das selbstgesteckte Ziel, die Dauer der Musterverfahren durch eine Reduzierung der Zahl der Verfahrensbeteiligten zu verkürzen, soll erkauft werden, indem eine Vielzahl von Einzelverfahren auf Landgerichtsebene zu denselben Sach- und Rechtsfragen durchgeführt wird. Auch die Verkürzung der Einleitungsdauer wird durch den Reformentwurf aller Voraussicht nach nicht erreicht. Die Änderung der Rollenverteilung zwischen OLG und Landgericht schwächt die Position der Anleger, indem die weitere Hürde der Sachdienlichkeitsprüfung durch das OLG errichtet wird. Der ursprüngliche Sinn und Zweck des Musterverfahrens werden hierdurch unterlaufen und der kollektive Rechtsschutz gerade nicht gestärkt. Entgegen seiner Zielsetzung ist der Reformentwurf somit nicht dazu geeignet, das KapMuG nachhaltig zu verbessern.

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PERSONALITY & EVENTS

Klimaszewski-Blettner wird Vorstand für globales Schadenmanagement

Dr. Barbara Klimaszewski-Blettner wird zum 01. April im Vorstand der HDI die Verantwortung für das globale Schadenmanagement und die Region Deutschland übernehmen. Derzeit ist sie Managing Director für das Deutschland-Geschäft von HDI Global SE.

Robert Schneider ist CEO Germany von DeA Capital Real Estate

Der Immobilien-Asset- und Investmentmanager im Eigentum der italienischen DeAgostini Gruppe, DeA Capital Real Estate, hat Robert Schneider zum CEO Germany am Standort München ernannt. Seine Laufbahn begann er als Architekt und verfügt entsprechend über tiefgehende Kenntnisse in Planung und Bau von Immobilien.

DEUTSCHE FINANCE GROUP mit neuem Co-Investment

Mit dem Co-Investment Logistik UK hat die DEUTSCHE FINANCE GROUP eine neue Produktreihe für deutsche institutionelle Investoren. Das Co-Investment verfügt über ein geplantes Eigenkapital in Höhe von 100 Mio. GBP, eine Laufzeit bis zum 31.12.2027 und eine prognostizierte IRR von 11 bis 13 % (netto).

Die AMEISE wird effizienter

Das neue Feature des Maklerverwaltungsprogramms AMEISE markiert die Weiterentwicklung der blau direktSystemwelt. Hierbei ist die Anzeige aller verarbeiteten Dokumente ein zentraler Bestandteil des Aktivitäten-Feeds. Es ist das erste Update aus der blau direktProduct-Roadmap.

36 BRANCHENNEWS
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Dr. Barbara Klimaszewski-Blettner/Foto © HDI Robert Schneider/Foto © DeA

DFV: Profitabilitätsziel 2023 erreicht, Aktienkurs seit IPO halbiert

Laut vorläufigem Finanzergebnis für 2023 konnte die DFV Deutsche Familienversicherung AG ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 7 % auf 118 Mio. Euro steigern. Dagegen hat sich der Aktienkurs seit dem IPO von 12,30 Euro auf 6,00 Euro etwa halbiert. Das operative Ergebnis lag bei 8,5 Mio. Euro, das Konzernergebnis vor Steuern bei 5 Mio. Euro.

Newcomer Forum auf der MMM

Mit dem Newcomer Forum möchte die Fonds Finanz das Interesse der jungen Menschen und Neueinsteiger für die Versicherungs- und Finanzbranche wecken. Auf der MMM-Messe am 19. März konnten sich Neulinge und Branchen-Profis miteinander austauschen.

Mobile Payment immer beliebter

79 % der Personen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren nutzen Mobile-Payment-Optionen, z. B. in Form von Smartphone und Smartwatch oder kontaktlos mit ihrer Bank- oder Kreditkarte. Das ergibt die Postbank Digitalstudie 2023.

Ostern durch den Kakao gezogen

Inflation scheut auch nicht vor Schokolade: Laut einer Analyse der Trading- und Investment-Plattform eToro müssen die Haushalte dieses Jahr an Ostern mit deutlich höheren Kosten für Schokolade rechnen. Die weltweiten Kakaopreise sind fast dreimal so hoch wie zu Ostern 2022.

Interesse an nachhaltigen Geldanlagen schwindet

Die Relevanz von Nachhaltigkeit als Anlagekriterium nimmt ab. Das ergibt die repräsentative Umfrage des DIVA (Winter 2023/24) zum Thema Nachhaltige Geldanlage. Darin zeigt sich, dass immer mehr Menschen Nachhaltigkeit als Modeerscheinung sehen und für rund 63 % spielt sie keine Rolle bei der Geldanlage.

Starkes Jahresendergebnis für JDC

Das Jahresendergebnis der JDC Group AG ist auch in einem herausfordernden Jahr 2023 stark. Auf Basis der vorläufigen Geschäftszahlen stieg der Umsatz der Gruppe im 4. Quartal deutlich um rund 21 % auf 48,8 Mio. Euro (Q4 2022: 40,3 Mio. Euro).

StagehacksDie Präsentationsskills für Profis

In seinem neuesten Buch „Stagehacks – Das Wissen der Profis“ teilt Klaus-Jürgen Deuser seine jahrelangen Erfahrungen aus der Unterhaltungsbranche nun mit seinen Lesern. Einzelpersonen und Unternehmen soll geholfen werden, ihre Präsentations- und Vortragsfähigkeiten zu verbessern.

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Vorstandswechsel bei der ALTE LEIPZIGER Bauspar AG

Harald Rupp tritt die Nachfolge von Stephan Buschek an, der Ende des Jahres nach fast 33-jähriger Tätigkeit für die ALTE LEIPZIGER Bauspar AG in den Ruhestand geht. Rupp wird somit zum 01. Januar 2025 neues Vorstandsmitglied.

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Lutz Richter ist neuer CEO bei Summitas

Der studierte Betriebswirt und ehemalige Unternehmensberater, Lutz Richter, ist seit dem 15. März der neue CEO der Summitas Gruppe. Mit seiner 20-jährigen Erfahrung wird er die Bereiche Vertrieb und Operations verantworten.

DVAG mit Rekordzahlen auf Überholspur

Mit einem Umsatz von mehr als 2,3 Mrd. Euro und einem Jahresüberschuss in Höhe von 271,9 Mio. Euro erzielt die DVAG erneut einen Rekordwert in ihrer Unternehmensgeschichte.

Der Postbank Wohnatlas 2024

Die Preise für Wohneigentum in Deutschland in der Mehrheit der deutschen Landkreise und kreisfreien Städte sind deutlich gefallen. München bleibt allerdings weiterhin auf Platz eins, wenn es um die teuersten Städte – auch für Wohneigentum – geht, so der Postbank Wohnatlas 2024.

Branded Residences mit Stil

Mit Branded Residences präsentiert Engel & Völkers die Zusammenarbeit von Projektentwicklern mit renommierten Designern. Insbesondere Unternehmen aus der internationalen Modebranche oder Autoindustrie wie Fendi, Armani, Versace oder Porsche und Lamborghini stellen ihre Marke für Branded Residences weltweit zur Verfügung.

„Keine Angst vor dem eigenen Mut haben“

Laut den Zahlen der Dr. Klein Baufinanzierung sind Immobilienkäufer und Bauherren in Deutschland im Durchschnitt 38 Jahre alt. Überraschend ist, dass auch für jüngere Menschen am Anfang ihres Berufslebens das Eigenheim machbar ist, beispielsweise indem das Thema Finanzierung auch in der Familie angesprochen wird.

BRANCHENNEWS
Lutz Richter
38 finanzwelt 02 | 2024
Harald Rupp/Foto © ALTE LEIPZIGER

Events

Großer Andrang auf der MMM-Messe der Fonds Finanz

Die MMM-Messe der Fonds Finanz am 19. März hat sich mit 5.700 Fachbesuchern erneut als wahrer Publikumsmagnet erwiesen. Das Branchenevent von Deutschlands größtem Maklerpool führte ins Münchener Messecenter MOC. Im Zentrum standen Networking, der Austausch mit Branchenvertretern an den rund 150 Messeständen sowie die neuesten Trends.

Deutscher bAV-Preis 2024: Zukunftsweisende Arbeitgeber

Zum 11. Mal in Folge kürte der Deutsche bAV-Preis innovative und kreative Projekte im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Die Auszeichnung wurde 2013 von MCC ins Leben gerufen. In der Kategorie Großunternehmen landete das Robert Bosch Krankenhaus in Stuttgart als Branchenvorreiter mit der Fondsrente auf dem 1. Platz. In der Kategorie KMU gewann die Flossbach von Storch AG Köln für die perfekte Umsetzung der Kernmarke in der bAV.

Insurance Summit 2024

Am 16. Mai findet der Insurance Summit im Institut für Finanzdienstleistungen in Luzern statt. Von 08:30 bis 17:40 Uhr treffen sich hier die Entscheider der Versicherungs- und Finanzbranche, um die aktuelle Lage und die Zukunft ihres Metiers zu diskutieren. Das Halbtags-Ticket kostet umgerechnet 575 Euro und das Ganztags-Ticket 770 Euro.

INVESTMENTexpo

Die INVESTMENTexpo begrüßt ihre Gäste dieses Jahr am 12. und 13. Juni erneut im Zoo-Palast in Berlin. Die Messe ist Plattform für Experten der Immobilien- und Sachwerte-Branche und bietet die Möglichkeit zum Networking. Ein Ticket für eine Person kostet 2.590 Euro. Für „Young Talents” unter 30 Jahren beläuft sich der Preis auf 490 Euro.

BAI 2024

Die BAI findet mit Pre-Event vom 22. bis 24. April im Kap Europa in Frankfurt statt. Der Bundesverband Alternative Investments beschäftigt sich auch in diesem Jahr wieder unter anderem mit der aktuellen Lage sowie dem Stand Alternativer Investments in der Öffentlichkeit. Für Nicht-Mitglieder kostet das Ticket 1.590 Euro, Mitglieder des BAI zahlen 1.090 Euro.

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ÖKOWORLD baut Vertrieb aus

Die Vertriebsprofis Marcel Blumenthal, Thomas Keymel und Daniel Körber verstärken als neue Regional-Direktoren bei ÖKOWORLD das Team. Damit baut das Unternehmen den Vertrieb aus und führt eine neue regionale Vertriebsstruktur ein.

Gerald Klinck wird neuer CEO der Peach Property Group

Der ehemalige CFO von Cureus, Gerald Klinck, wird zum 15. April der neue CEO der Peach Property Group. Klaus Schmitz tritt von seiner Position als exekutiver Verwaltungsratspräsident zurück und bekleidet wieder ausschließlich das Amt des Verwaltungsratspräsidenten.

Münchener Verein startet arbeitnehmerfinanzierte

bKV

In den Budget-Tarifen der Münchener Verein Versicherung a.G., der bKV GemeinsamGesund und HandwerkGesund werden z. B. bis zu 100 % der Kosten für ambulante und zahnärztliche Leistungen im Rahmen des jährlich zur Verfügung stehenden Budgets übernommen.

die Bayerische: 2027 Umzug in nachhaltige Konzernzentrale

die Bayerische verlässt ihren bisherigen Hauptsitz in München-Neuperlach bis 2027 und bezieht als Mieter auf insgesamt 11.550 Quadratmetern fünf Stockwerke ihrer neuen und nachhaltigen Konzernzentrale, dem Pangaea Life Campus.

AI Act: Versicherer kritisieren Hochrisikoeinstufung

Das EU-Parlament hat dem vorläufigen Gesetzestext zur Regulierung Künstlicher Intelligenz (KI) zugestimmt. Die Versicherer begrüßen die Entscheidung, jedoch kritisieren sie die Zuordnung von bestimmten Anwendungen bei Lebens- und Krankenversicherungen zum Hochrisikobereich.

Weltfrauentag: Versicherungsbedarf ist unabhängig vom Geschlecht

Auch am Weltfrauentag am 08. März zeigt sich, dass der individuelle Versicherungsbedarf geschlechtsunabhängig ist. Der Verbraucherschutzverein BdV bestätigt, dass die eigene Lebenssituation eher darüber entscheidet, welche Absicherung wichtig und sinnvoll ist.

VEMA-Maklerumfrage: Die Favoriten bei der Arbeitskraftabsicherung

In der aktuellen Maklerumfrage der VEMA nannten Partner und Genossen deren bevorzugte Anbieter im Bereich Berufsunfähigkeits-, Dread-Disease- und Grundfähigkeitsversicherung. Mit 22,21 % der Nennungen ist die Alte Leipziger der Favorit in der 1. Kategorie, gefolgt von Canada Life mit 47,49 % in der 2. Kategorie und erneut mit 17,17 % in der 3. Kategorie.

BRANCHENNEWS
40 finanzwelt 02 | 2024
v.l.n.r. Daniel Körber, Marcus Langer, Thomas Keymel, Marcel Blumenthal Foto © ÖKOWORLD Gerald Klinck/Foto © Cureus

Nur jeder fünfte Tarif in der Risiko-LV erzielt Bestnote

Franke & Bornberg hat in seinem aktuellen Rating zu Risiko-Lebensversicherung 112 Tarife von 60 Gesellschaften nach 38 Kriterien analysiert. Nur 18 Versicherer haben mindestens ein hervorragendes Produkt im Angebot und erreichen die Bestnote FFF+. Somit erhält nur jeder fünfte Anbieter eine Bestnote.

Wie erschwinglich ist Wohnen in Deutschland?

Die aktuelle Studie von Price Hubble bringt aufschlussreiche Erkenntnisse zur Beantwortung dieser Frage. Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört u. a. die Aussage, dass in Berlin, Hamburg und München die monatlichen Zinssätze beim Kauf von Wohnungen finanziell belastender sind als die Miete.

Trotz Krisen – die Deutschen sind mehrheitlich glücklich

YouGov hat gemeinsam mit dem SINUS-Institut zum Anlass des Weltglückstags am 20. März untersucht, wie glücklich die Bevölkerung ist. Das Ergebnis überrascht positiv, denn derzeit bezeichnen sich 60 % der Deutschen als sehr oder eher glücklich. Je höher dabei der Bildungsgrad oder das Haushaltseinkommen, desto glücklicher sind die Befragten.

HANetf ernennt neuen Vertriebschef für Europa

Andre Voinea ist nun Head of Europe Sales bei HANetf. Von insgesamt 17 Jahren Branchenerfahrung sammelte Voinea fünf davon bei HANetf. Seine bisherige Position übernimmt Michael Geister als neuer Director of DACH Sales.

Armutsfalle Scheidung: So nehmen Frauen das Thema Geld in die eigenen Hände

Frauen in Deutschland sind zum Zeitpunkt ihrer Scheidung im Durchschnitt 44 Jahre alt. Um in diesem Fall auch künftig finanziell abgesichert zu sein, raten Finanz-Experten wie Ulrich Müller zu: 1. getrennten Konten, 2. Unterhaltsansprüche konsequent durchzusetzen und 3. Geld in Aktien und Fonds anzulegen.

Teil-Provisionsverbot für deutsche Versicherungsmakler wackelt

Der ECON-Ausschuss hat in seiner Sitzung am 20. März über viele Änderungsanträge an dem Entwurf der Kleinanlegerstrategie abgestimmt, um sich auf die Abstimmung im gesamten EU-Parlament in der Woche vom 22. bis 25. April 2024 vorzubereiten.

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Andre Voinea, Head of Europe Sales/ Foto © HANetf

Erfolgsfaktoren der Versicherungen

Was machen die Versicherer unter den Top Employers 2024 besser als der Wettbewerb? Die Erfolgsfaktoren hat finanzwelt bei den Siegern nachgefragt. Der Award wird an Arbeitgeber vergeben, die herausragende HRStrategien aufweisen, ihre Mitarbeiter in das Zentrum des unternehmerischen Handelns stellen und ihnen ein optimales Arbeits- und Entwicklungsumfeld bieten. Ins-

gesamt 163 Unternehmen in Deutschland hat das Top Employers Institute mit dem Titel „Top Employer 2024“ ausgezeichnet. Darunter befinden sich acht Versicherer: Die ERGO Group, Gothaer, Helvetia Versicherungen, NÜRNBERGER Versicherung, R+V Allgemeine Versicherung AG, Swiss Life Deutschland, VHV Gruppe und die W&W-Gruppe.

Was zeichnet Sie im Personalbereich besonders aus und was ist hier Ihr USP?

Julia Merkel, Vorstandsmitglied, R+V Versicherung AG:

Die R+V gehört seit vielen Jahren zu den Top-Arbeitgebern in Deutschland. Neben spannenden Jobprofilen und Entwicklungsmöglichkeiten sowie flexiblen Arbeitszeiten, einer ansprechenden Vergütung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf punktet die R+V besonders mit ihrer wertebasierten genossenschaftlichen Unternehmenskultur. Unser Slogan „Du bist nicht allein“ ist für Mitarbeitende auf vielen Ebenen erlebbar.

Debora Dannenmaier, Referentin Personalinstrumente und Julia Pinzer, Referentin Personalgewinnung, Nürnberger Versicherung:

Das große Engagement für unsere Mitarbeitenden und die Vielzahl an monetären und nicht-monetären Leistungen ermöglicht es, fast allen Anforderungen und Umständen gerecht zu werden. Das merkt jeder neue Mitarbeitende bereits am ersten Tag: Das Wir-Gefühl ist spürbar und der kollegiale Zusammenhalt für uns eine wichtige Säule. Wir aus HR geben hierbei unser Bestes und arbeiten tagtäglich an der weiteren Verbesserung.

finanzwelt 02 | 2024 42 VERSICHERUNGEN | TOP EMPLOYER 2024
Foto: © athitatstock.adobe.com

Christian Stefan Braun, Leiter Employer Branding, ERGO Group AG: Unser Arbeitgebermotto „ERGO. Grow together.“ bildet eine Schlüsselkomponente. Wir zeigen dadurch, dass wir jedem Einzelnen die Möglichkeit bieten, sein volles Potenzial auszuschöpfen und mit uns gemeinsam zu wachsen – persönlich, beruflich und wir auch gemeinsam als Unternehmen. Die Basis bilden vier Arbeitgeberqualitäten: Kollegialität, Entwicklung, Erfolg und Diversität. Diese haben wir aus dem Unternehmen heraus erarbeitet. Sie sind für Talente relevant und sie differenzieren uns in Summe von anderen Arbeitgebern. So wird uns zum Beispiel die Kollegialität – also die teamorientierte Zusammenarbeit und der wertschätzende Umgang miteinander, regelmäßig in Befragungen und über Feedback als besondere Qualität bestätigt.

Alexander Hohaus, Functional Lead Employer Branding, Talent Marketing und Erstausbildung, Gothaer Finanzholding AG:

Wir setzen auf eine authentische, echte und unverstellte Arbeitskultur. Genau das wollen wir auch nach außen transportieren. Denn bei uns können die Menschen so sein, wie sie sind. Wir bieten viel Freiraum für eigenverantwortliches Handeln, individuelle Freiheiten und mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Eine Kultur der Wertschätzung, des Vertrauens und der Transparenz sowie der Rückhalt einer starken Gemeinschaft sind selbstverständlich. Bei uns zählt das Wir: bunt, dynamisch, nachhaltig. Vielfalt ist für uns mehr als eine leere Worthülse, sondern Teil unserer Unternehmensstrategie. Deshalb haben wir bewusst das Motto „Vielfalt bereichert uns“ gewählt und uns auf den Weg gemacht, es in allen Bereichen unseres Konzerns zu verankern.

Volker Steck, CEO Helvetia Versicherungen Deutschland: Im Gesamtergebnis sind wir in diesem Jahr besser als die Branchenbenchmark in Deutschland. In verschiedenen Einzelkategorien liegen wir deutlich über der Branche, etwa bei Purpose & Values 23 %, Onboarding 21 %, Performance 17 %, Leadership 17 % und bei People Strategy 12 %. Der wichtigste Faktor und unser USP sind für Helvetia die Mitarbeitenden, die für unsere Kunden da sind, wenn es darauf ankommt. Sie sind der Schlüssel zu unserem Erfolg. Wir investieren laufend in die Qualität unseres Services. Zentrales Element sind unsere qualifizierten Mitarbeitenden, die persönlich diesen Service erbringen.

Nelli Schieke, Bereichsleiterin Personal, Swiss Life Deutschland: Für Swiss Life ist eine gelebte Unternehmenskultur mit gemeinsamen Werten ein wichtiger Baustein. Daneben bieten wir unseren Mitarbeitenden einen umfangreichen Katalog an Sozialleistungen an: Von zwei ausgezeichneten Betriebsrestaurants, über Jobtickets und diversen Vorsorgemöglichkeiten ist alles dabei. Gleichzeitig ist es uns ein großes Anliegen, Teilhabe an wichtigen Entscheidungen zu ermöglichen und so dem Wandel der Arbeitswelt gemeinsam zu begegnen. Dafür haben wir zum Beispiel ein eigenes New-Work-Team, das den Swiss Life „Way of Work“ ins Unternehmen trägt. Hybrides Arbeiten, persönliche Erlebnisse und unser soziales Engagement, zum Beispiel in Form unserer Mitarbeitenden-Stiftung, stechen heraus. Deshalb arbeiten unsere Kollegen gern bei uns.

Henrik Metzlaff, Leiter Personal VHV Vereinigte Hannoversche Versicherung: Ich bin stolz darauf, dass die VHV Gruppe erneut vom internationalen Top Employers Institute als Top Employer ausgezeichnet wurde. Diese Auszeichnung ist das Resultat unseres anhaltenden Engagements für herausragende Arbeitsbedingungen und eine attraktive Arbeitskultur. Dass wir unser Ergebnis im Bereich Vielfalt gegenüber dem im Vorjahr nochmals stark verbessern konnten, freut uns besonders. Diese Anerkennung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und ist gleichzeitig ein Ansporn, weiter an dem Thema zu arbeiten. (mho)

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„ECON-Ausschuss

erteilt Provisionsverbot Absage“

Die Diskussion um mögliche Provisionsverbote durch die EU-Kommission und die EU-Kleinanlegerstrategie wurde durch eine Entscheidung des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlaments (ECON) am 20.03.2024 deutlich entschärft. Im Interview spricht Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) über den aktuellen Stand der Dinge, die rückläufige Zahl der Versicherungsmakler und die wichtigsten Ziele des BVK in diesem Jahr.

finanzwelt: Herr Heinz, welche zentralen Ziele haben Sie sich für 2024 gesetzt?

Michael H. Heinz» Nachdem ein generelles Provisionsverbot im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy – RIS) schon verhindert werden konnte, setzt sich der BVK weiter dafür ein, dass ein sinnvolles Nebeneinander von Provisionsvergütung und Honorarvergütung für alle Vertriebswege in der Zukunft möglich sein wird. Dafür haben wir uns die letzte Zeit intensiv mit den Entscheidungsträgern in Brüssel und Berlin auseinandergesetzt und waren erfolgreich. Unser generelles Ziel ist es, eine zunehmend überbordende Regulierung der Vermittler zu verhindern. Bei der Reform der privaten Altersvorsorge setzen wir uns weiter für den RiesterBestandsschutz ein. Im Hinblick darauf sollen die Vermittler mit ihrer Expertise weiterhin zentraler Ansprechpartner für die Kunden bleiben. Den diesbezüglich bevorstehenden gesetzlichen Reformprozess werden wir weiterhin eng begleiten. Der BVK will dabei weiterhin wichtiger Ansprechpartner für die Politik bleiben und die Interessen der Vermittler noch stärker vertreten. Als weiteres zentrales Ziel wollen wir die Wahrnehmung des BVK im Vermittlermarkt ausbauen und dabei insbesondere unser Maklerprofil schärfen. Unser Ziel ist, unsere Stellung als größter Maklerverband zu behaupten und möglichst auszubauen.

finanzwelt: Wie ist der aktuelle Stand der Diskussion um mögliche Provisionsverbote durch die EU-Kommission und die EU-Kleinanlegerstrategie?

Heinz» Wir begrüßen, dass es nach aktuellem Stand kein generelles Provisionsverbot geben wird. Der ECON-Ausschuss zur EU-Kleinanlegerstrategie tagte am 20. März und lehnte mit 32 zu 21 Stimmen die Einführung von EU-weiten Provisi-

onsverboten ab. Darüber sind wir sehr froh. Der ECON-Ausschuss votierte auch dafür, dass im beratungsfreien Vertrieb weiterhin Provisionen gezahlt werden dürfen. Ein partielles Provisionsverbot soll jedoch für den Fall gelten, wenn die Beratung auf unabhängiger Basis angeboten wird. Dies gilt aber nur für die Dienstleistung und soll nicht den Maklerstatus betreffen. Damit nahm der ECON-Ausschuss den Gedanken des BVK auf, Provisionsverbote nicht auf den Status, sondern auf die unabhängige Dienstleistung zu beziehen. Zwar strebt die belgische Ratspräsidentschaft noch vor Ende ihrer Amtszeit an, zur RIS eine so genannte ‚allgemeine Ausrichtung‘ im Rat zu erreichen. Aber derzeit sieht es nicht danach aus, dass die Trilogverhandlungen zur RIS bis zur Europawahl im Juni zu einem Abschluss kommen. Der BVK wird die weiteren Entwicklungen weiterhin eng begleiten.

finanzwelt: Welche Auswirkungen hätte ein Provisionsverbot der Versicherungsvermittler aus sozialpolitischer Sicht?

Heinz» Aus sozialpolitischer Sicht wäre ein Provisionsverbot eine Katastrophe. Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass gerade Kleinanleger und einkommensschwache Schichten auf Beratung aus Kostengründen verzichten. Angesichts der wachsenden Rentenlücke ist private Vorsorge jedoch wichtiger denn je. Daher wäre es sozialpolitisch unverantwortlich, die Vermittler als Experten durch ein Provisionsverbot vom Markt zu drängen. Beratung ist wichtig und muss angemessen entlohnt werden. Ein Provisionsverbot wäre für den Verbraucherschutz kontraproduktiv.

finanzwelt: Seit Anfang 2022 verfügt der BVK zusätzlich über ein eigenes Büro in Brüssel. Welches Zwischenfazit ziehen Sie heute?

Heinz» Der Schwerpunkt unserer politischen Interessenvertretung hat sich in den letzten Jahren zunehmend nach Brüssel verlagert. Daher war es folgerichtig, auch ein Büro vor Ort einzurichten. Zudem konnte mit dem Büro die Zusammenarbeit mit unserem europäischen Dachverband BIPAR gestärkt werden.

finanzwelt: Die Zahl der Versicherungsmakler geht immer mehr zurück. Nach dem Vermittlerregister des DIHK

finanzwelt 02 | 2024 44 VERSICHERUNGEN | INTERVIEW

» Der Bedarf an gut ausgebildeten Vermittlern wird weiterwachsen. Der Kampf um die besten Köpfe hat begonnen. «

sind die Registrierungen der über die Unternehmen registrierten gebundenen Versicherungsvertreter innerhalb eines Jahres um 5,6 % (- 6.176) gesunken. Wie bewerten Sie das?

Heinz» Der zunehmende Vermittlerschwund stellt für die Absicherung der Bevölkerung und den sozialpolitischen Auftrag unseres Berufsstands eine fragwürdige Entwicklung dar. Wir bedauern die neuerliche Abnahme der Registrierungen sehr. Zwar mag das hohe Durchschnittsalter der Vermittler eine gewisse Rolle spielen, aber nach unserem Dafürhalten ist dieser Vermittlerschwund maßgeblich eine Folge der Verunsicherung des Berufsstands durch die Diskussion um mögliche Provisionsverbote durch die EU-Kommission. Außerdem belasten die seit Jahren fortschreitende Regulierung, Bürokratisierung und immer neue Auflagen die Versicherungsvermittler. Daher sagen wir schon jetzt für 2024 wieder einen bedauerlichen Rückgang der Registrierungen voraus.

finanzwelt: Was fehlt, ist wie in vielen Branchen der Nachwuchs. Was raten Sie jungen Menschen, die trotz all der

Widrigkeiten dennoch den Beruf des Versicherungsvermittlers ergreifen möchten?

Heinz» Der BVK rät jungen Menschen, sich ein eigenes Bild zu machen. Der Vermittlerberuf ist sehr vielseitig und erfordert ein hohes Maß an Qualifikation und permanenter Weiterbildung. Im schrumpfenden Vermittlermarkt liegen zwar große Chancen für den Nachwuchs. Diesen zu fördern ist eine zentrale Aufgabe der BVK-Junioren, denen inzwischen über 630 Nachwuchsvermittler angehören. Mit diversen Veranstaltungen und Webinaren setzen wir uns aktiv für die unter 35-Jährigen ein.

finanzwelt: Was ist abschließend Ihr wichtigster Rat an Versicherungsvermittler für 2024?

Heinz» Der Bedarf an gut ausgebildeten Vermittlern wird weiterwachsen. Der Kampf um die besten Köpfe hat begonnen. Gerade dem Nachwuchs bieten sich durch die demografische Entwicklung ungeahnte Chancen. Wir werden weiter für die Interessen der Vermittler kämpfen. Aber der BVK braucht deren Solidarität. (mho)

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So werden die Akteure der Energiewende zielführend versichert

Ob Photovoltaik oder Windkraftanlagen – im Rahmen der Energiewende werden vielerorts neue Bauten für Anlagen von Erneuerbaren Energien beantragt und realisiert. Mit der R+V Versicherung erhalten Betreiber, Hersteller, Fachfirmen und Installateure einen verlässlichen Versicherungsschutz.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist eine zentrale Säule der Energiewende. Laut Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz soll bis zum Jahr 2030 mindestens 80 % des in Deutschland verbrauchten Stroms aus Erneuerbaren Energien stammen. 2020 waren es rund 45 %. Daher werden die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen laufend verbessert. Makler können von dieser Entwicklung profitieren, denn sie versichern die Akteure der Energiewende. Für die Betreiber der Energieanlagen, Fachfirmen und Installateure sowie die Hersteller von Baukomponenten bestehen individuelle Risiken, für die sie jeweils eine Deckung benötigen. Für diese potenziellen Maklerkunden bietet die R+V ein umfassendes Portfolio an Versicherungsprodukten, das alle Eventualitäten umfasst – von der Planung über den Aufbau bis hin zum Betrieb und späteren Rückbau der Anlagen.

Absicherung bei Planung und Bau

Betreiber von Bauvorhaben, die erheblich in die Natur eingreifen, müssen etwa eine Rückbauverpflichtungserklärung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einreichen. „Eine clevere Alternative ist die Rückbaubürgschaft im Rahmen einer Kautionsversicherung“, erklärt Frank Walther, Direktionsbevollmächtigter Banken/Kredit der R+V. Mit der Rück-

baubürgschaft kommen die Betreiber ihrer gesetzlichen Verpflichtung als Anlagenbetreiber nach und behalten dennoch die für ihren Geschäftsbetrieb notwendige Liquidität, weil ihre Kreditlinie nicht belastet wird. „Dadurch haben sie mehr freies Geld, um Projekte vorzufinanzieren und weiter in die Zukunft zu investieren. In Zeiten anhaltend hoher Zinsen ist das gerade für den Mittelstand sehr wichtig“, so Walther weiter. Das Risiko für Hersteller von Baukomponenten und Fachfirmen sowie Installateure lässt sich unter anderem mit der Warenkreditversicherung und der Betriebshaftpflichtversicherung abdecken. „Werden zum Beispiel mangelfreie Bauteile an einen Betreiber einer Energieanlage geliefert oder Dienstleistungen erbracht und dieser bezahlt nicht wie vereinbart, übernimmt die R+V-Warenkreditversicherung bereits bei Zahlungsverzug die Zahlung an den Hersteller. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen den Betreiber muss nicht abgewartet werden “, betont Frank Walther. Die Betriebshaftpflichtversicherung übernimmt für Hersteller, Fachfirmen und Installateure die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie die Befriedigung berechtigter Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts Dritter aus Mangelfolgeschäden, zum Beispiel aufgrund mangelhafter Produktion, falscher Lagerung oder fehlerhafter Montage.

Umfassender Schutz in der Betriebsphase

Moderne Anlagen zur Gewinnung von Erneuerbarer Energie sind vielfältigen Risiken ausgesetzt. Einerseits wirken permanent Witterungseinflüsse und mechanische Beanspruchungen auf die komplexe Technik ein. Andererseits können Fehler bei Reparaturen ebenfalls zu Betriebsstörungen und

46 ADVERTORIAL finanzwelt 02 | 2024

Ausbau der Erneuerbaren gewinnt an Tempo

Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch

im Zeitraum 2000 bis Juni 2023

anderweitigen Schäden führen. Auch Vandalismus und Diebstahl gehören zu den Risiken. Betreiber und Reparateure von Energieanlagen sollten sich umfassend gegen diese Risiken absichern. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Technischen Versicherungen wie eine Maschinen- oder eine Elektronikversicherung. Über diese sind Sachschäden unter anderem durch Versagen von Mess-, Regel- oder Sicherheitseinrichtungen oder auch Bedienungsfehler versichert. Während der Montage bietet eine Montageversicherung Schutz. Zudem schützt die Betriebshaftpflichtversicherung das Betriebs- und gegebenenfalls auch das Privatvermögen von Unternehmen vor existenzbedrohenden Risiken. Denn schärfere Gesetze und eine immer verbraucherfreundlichere Rechtsprechung erhöhen das Haftungsrisiko eines Betriebs kontinuierlich. Hier bietet die R+V ein umfassendes Portfolio an Betriebshaftpflicht-Produkten an.

Risiken durch Emissionszertifikate absichern

Die bereits erwähnte Warenkreditversicherung lässt sich übrigens auch an anderer Stelle für die Zielgruppe gewinnbringend einsetzen: In Deutschland sind viele Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Emissionen durch CO2-Zertifikate abzudecken. Dazu gehören etwa Stromproduzenten und Unternehmen in der Eisen- und Stahlindustrie. Ein CO2-Zertifikat berechtigt dazu, innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine Tonne Kohlendioxid zu produzieren. „Wer hingegen in eigene erneuerbare Energieanlagen investiert, bewirkt Emissionseinsparungen, die in Teilen als Emissionszertifikate veräußert werden können. Risiken, die mit dem Verkauf der Zertifikate einhergehen, können mit der R+V zielführend

abgesichert werden“, unterstreicht Andreas Krack, Maklerbetreuer der R+V. Der Experte nennt ein Beispiel aus der Praxis: Ein Produktionsunternehmen mit drei Standorten in Deutschland hat alle seine Bürogebäude, Hallen und Warenlager mit Photovoltaikanlagen bestückt und deckt darüber einen großen Teil des eigenen Energiebedarfs. Da das Unternehmen jetzt weniger CO2 produziert, kann es seine zuvor erworbenen Emissionszertifikate verkaufen. „Der Käufer zahlt jedoch den vereinbarten Kaufpreis nicht. Die R+V-Warenkreditversicherung übernimmt bereits ab Verzug und erstattet dem Unternehmen unkompliziert den Verkaufspreis“, so Krack.

Fazit

Die Energiewende zwingt viele mittelständische Unternehmen dazu, sich energiepolitisch neu zu positionieren. Mit der R+V als versiertem Partner haben Makler die besten Karten, den schnell wachsenden vielfältigen Versicherungsbedarf dieser Zielgruppe optimal zu decken.

Info

Das R+V Maklerportal bietet weitere Informationen für Makler, zum Beispiel eine Übersicht zu zusätzlichen mit der Energiewende verbundenen Themenfeldern. Dort werden auch die jeweils passenden Produkte näher erklärt.

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Foto: © Markus Altmann
50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 2000 2005 2010 2015 2020 1. Jh. 2023 52 % 45,3 % 31,4 % 17,1 % 10,3 % 6,3 %
Quelle: Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat); Stand: September 2023.

Stabile, verlässliche Liefer- und Produktionsketten gelten als wichtige Erfolgsgaranten für Unternehmen. Deshalb setzen Groß- und Industrieunternehmen auf die Transportversicherungen. Verzichten die kleinen und mittleren Unternehmen auf Transportschutz, drohen existenzielle Schwierigkeiten. Bleiben wichtige Lieferungen aus, geraten Betriebsabläufe, Kundenzahlungen und Umsatzentwicklungen ins Stocken. Betroffene Händler, Handwerker und Produzenten verspielen damit ihre Kundenbeziehungen, Liquidität und Reputation. Versicherungsmakler punkten mit passenden Lösungen, falls Waren und andere Güter vom rechten Weg abkommen sollten.

Zu Land, zu Wasser und in der Luft

Unterwegs sind Güter vielen Gefahren ausgesetzt. Die Transportversicherer bieten gewöhnlich einen Allgefahrenschutz unter den Bedingungen ordnungsgemäßer Lagerungen und sicherem Transport an. Die Güter erhalten

Bereiche haben einen historischen Ursprung in der Transportversicherung. Unternehmen sichern die Versendung sowie den Bezug ihrer Waren und anderen Güter auf den nationalen oder internationalen Transportwegen ab. Für die innerbetrieblichen Transporte wie z. B. aus der Herstellung über ein Auslieferungslager in die Verkaufsräume dient eine Werkverkehrsversicherung. Eine Deckungsvariante nutzen Handwerker und Monteure für den Autoinhalt mit Ware und Werkzeugen. Im Privathaushalt kommt Transportschutz bei hochwertigeren Paketsendungen oder Wohnungsumzügen mit Möbelspediteuren u. a. zum Einsatz. So werden Schäden unterwegs abgesichert, für die das Transportunternehmen nicht verantwortlich zeichnet.

Mit mehreren Dritten im Bunde

Beschädigte, verschwundene oder zerstörte Güter gehören mit zum Transportgeschäft. Permanenter Termindruck und Starkverkehr fordern ihren Tribut. Grundsätzlich haften Logistikunternehmen für beschädigte und verlorene Güter,

Alles Gut auf großer Fahrt

beispielsweise Schutz für Schäden durch Be- und Entladen, Bruch, Deformation, Diebstahl, Feuer, Naturereignisse oder Transportmittelunfall. Die Art und Beschaffenheit der Güter sowie die Transportmittel bzw. -wege spiegeln sich im Versicherungsbeitrag. Es liegt nahe, vergleichbaren Schutz ebenso für das Transportmittel anzubieten. Während Versicherer die Policen für Flugzeuge oder Wasserfahrzeuge auf Binnengewässer oder zu hoher See in der Regel im Transportressort führen, sind z. B. bei den Arbeitsmaschinen oder Landfahrzeugen separate Fachbereiche für die technische bzw. Fahrzeugversicherung zuständig. Beide

die sie für den Auftraggeber, oft synonym Verlader oder Versender genannt, außerbetrieblich transportieren oder lagern. Direkte und multimodale Transporte per Straße, via Schiene, im Schiff oder in der Luft, ggf. gesteuert mittels Spedition oder Reederei, unterliegen nationalen und internationalen Haftungsregeln. Höchstsummen, Sonderziehungsrechte und das Gewicht begrenzen den Schadensersatz. Die Ansprüche können sich ebenso auf Güterfolgeschäden sowie auf reine Vermögensschäden erstrecken. Geht Transportgut unter, kann den Empfänger beispielsweise ein Produktionsausfall treffen. Um Lagerhaltungs-

finanzwelt 02 | 2024 48 VERSICHERUNGEN | TRANSPORTVERSICHERUNG
Foto: © phaisarnwong2517stock.adobe.com

kosten zu senken, lassen viele Hersteller Rohstoffe und Teilprodukte zum Fertigungszeitpunkt anliefern und Fertigungsergebnisse weiterverfrachten. Lieferverzug gefährdet die In-Time-Lieferung bzw. -Produktion und sorgt für verlustreiche Güterfolgeschäden. Ignorieren Transportbetriebe etwa Lieferhinweise sind reine Vermögensschäden möglich. Die Missachtung eines Auslieferungsverbots an den insolventen Empfänger verantwortet der Transportbetrieb mit eventuellen Ausgleichsansprüchen bei Zahlungsausfall. Liegen die Ersatzforderungen des Verladers bzw. Versenders über der Ersatzpflicht des Transportunternehmens, können sowohl die Höherversicherung der Ersatzsummen oder eine zusätzliche Transportversicherung die Differenz abdecken. Verkehrshaftungsversicherungen für Transportunternehmen sind komplex. Versicherungsmakler können auf Assekuradeure, Spezialvermittler und Versicherer zugreifen, die einen Transportschutz zuschneiden. Umfassende Deckungen sowie die Schadenabwicklung und das Regulierungstempo des Risikoträgers sind bei einer Versicherungsvergabe enorm wichtig. Nur auf Billigbeiträ-

zumindest teilweise unterwegs sind. Sind die Objekte selten oder sogar Unikate, liegen deren Werte oftmals über Anschaffungs-, Neu- oder Zeitwerten und schwanken. Im Schadenfall können Reparaturkosten diese Werte deutlich übersteigen. Die Taxe schafft zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer verbindliche Sicherheit, bis zu welchem Betrag eine Reparatur ersetzt wird. Die Taxe begrenzt gewöhnlich den Höchstersatz im Totalschadenfall. Feste Taxen bewähren sich ebenfalls in der kommerziellen Schifffahrt bei Einzelanfertigungen, Kleinserien und Spezialumbauten von Schiffen. In etlichen Berufen und Hobbyaktivitäten sind Transportdeckungen für Geräte und Waren gang und gäbe. Im Handel und Handwerk zählen Betriebe auf Ausstellungs-, Messen- und Musterkollektionsversicherungen, damit Waren, Transportbehälter und Stände gegen klassische Transportgefahren geschützt sind. Die Werttransporte für Bargeld, Edelsteine, Juwelen, Kunst oder Pelzwaren unterliegen mitunter besonderen Sicherheitsvorkehrungen inklusive speziellem Transportunternehmen, das die Transporthaftung absichert. Jäger und Waffenliebhaber sorgen

ge zu achten, ist selten zielführend. Logistiker verzeichnen fast zwangsläufig Schäden. Ersatzleistungsverzug verärgert sowohl den Versicherungsnehmer als auch dessen Kundschaft.

Im Kleinen genauso wie im Großen

Die Transportversicherer bieten viele Absicherungen fern von Waren und Transportmitteln. So erhalten z. B. Kunstwerke, Oldtimer, Segelyachten oder Sportboote den Versicherungsschutz nach einer festen Taxe, sofern sie

für den mobilen Waffeneinsatz vor. Camper sichern mobile Unterkünfte und Reisende das Gepäck gegen Feuer, Diebstahl, Unterschlagung, Transportmittelunfälle etc. ab. Für die Freizeitsportler stehen Bruch, Kollision, Raub, Untergang usw. hochwertiger Wasser- und Wintersportgeräte im Mittelpunkt. Die versicherten Gefahren, Interessen, Kunden und Objekte sind in der Transportversicherung besonders vielschichtig. In der Absicherung von Privathaushalten sind Transportdeckungen die Kür. In der Versicherungsberatung von Unternehmen gehören die vielen Facetten der Transportversicherung zum Pflichtprogramm. (gg)

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„Individuell analysieren und aufzeigen, wie der Energiebedarf durch Erneuerbare Energien gedeckt werden kann“

Die Akteure der Energiewende benötigen umfassenden Versicherungsschutz. Warum es sich als Vermittler lohnt, in dieses Beratungsfeld einzusteigen, erläutert Andreas Krack, Maklerbetreuer der R+V Versicherung.

finanzwelt: Warum sollten sich Vermittler gerade jetzt mit der Zielgruppe der Betreiber der Energieanlagen, Fachfirmen und Installateure sowie die Hersteller von Baukomponenten beschäftigen?

Andreas Krack» Die Energiewende ist ein großes Thema für Gewerbe- und Firmenkunden, denn der Energiemarkt ist einerseits seit zwei Jahren sehr volatil, andererseits gibt es riesigen Bedarf. Deutschland soll klimaneutral werden. Die Grundlagen dafür liefert das im vergangenen Jahr verabschiedete Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). So soll die Photovoltaikleistung sich in den kommenden Jahren deutschlandweit verdoppeln. Für erhöhte Nachfrage sorgt auch das Gebäudeenergiegesetz, das Bauherren vorschreibt, bei Neubauten mindestens eine Erneuerbare Energie zu nutzen, zum Beispiel in Form einer Solardachanlage.

finanzwelt: Welche relevanten Bereiche gibt es neben Photovoltaik bzw. Solarenergie noch?

Krack» Einerseits ist die Nutzung von Windkraft zur Stromerzeugung eine wachsende Branche und andererseits Wasserkraftanlagen, die aus fließendem Wasser Strom erzeugen.

finanzwelt 02 | 2024 50
VERSICHERUNGEN | INTERVIEW

Ein wachsender Sektor ist auch die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen und die Entwicklung von Lade-Infrastruktur zur Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe.

finanzwelt: Welche Vorkenntnisse benötigen Vermittler, um in diesem Kontext erfolgreich zu beraten?

Krack» Makler sollten die aktuellen gesetzlichen Vorschriften im Bereich Erneuerbare Energien kennen, um ihre Kunden angemessen zu beraten. Außerdem benötigen sie Verständnis für die Funktionsweise und die Vor- und Nachteile verschiedener erneuerbarer Energietechnologien wie zum Beispiel der Photovoltaik oder von Windkraftanlagen. Da sich die erneuerbaren Energietechnologien ständig weiterentwickeln, sollten Makler stets über die neuesten Innovationen informiert sein. Das Thema ist zwar anspruchsvoll, die Hürden sind aber nicht unüberwindlich.

finanzwelt: Wie können sich Vermittler dieses Wissen beschaffen? Krack» Die R+V Versicherung verfügt über ausgewiesene Expertise in allen Energiefragen und unterstützt Makler durch versierte Maklerbetreuer bei der Beratung der Zielgruppe. Alles, was Makler wissen müssen, ist zudem im Maklerportal der R+V verständlich zusammengefasst. Dort finden sich auch sämtliche Informationen zu den Phasen eines Energieprojekts und dem jeweiligen Versicherungsbedarf sowie zu den Produkten wie Technische Versicherungen, Betriebs- und Betreiberhaftpflicht und Kreditversicherungen. Hilfreiche Verkaufs- und Kundeninformationen inklusive. Mittels zielgerichteter Risikofragebögen können Vermittler eine bedarfsgerechte Risikoaufnahme durchzuführen. Bei besonderen Risi-

ken organisieren wir zudem Vor-OrtBesichtigungen durch Experten.

finanzwelt: Wie können Vermittler mit dem Thema „Energie“ vertrauensvoll in die Beratung ihrer Gewerbe- oder Firmenkunden einsteigen? Welche Anspracheanlässe funktionieren gut?

Krack» Da gibt es mehrere vielversprechende Varianten. So können Vermittler zum Beispiel Fallstudien und Erfolgsgeschichten von anderen Unternehmen präsentieren, die bereits erfolgreich auf Erneuerbare Energien umgestellt haben. Damit verdeutlichen sie ihren Gewerbe- und Firmenkunden, welche Möglichkeiten es gibt und welche Vorteile sie erwarten können. Wir empfehlen zudem, dass sich Vermittler zunächst umfassend über Erneuerbare Energien informieren und dann ihre Gewerbe- und Firmenkunden über die Vorteile und Möglichkeiten informieren, die mit der Nutzung Erneuerbarer Energien verbunden sind. Wenn sie den Energiebedarf ihrer Gewerbe- sowie Firmenkunden individuell analysieren, lassen sich geeignete Möglichkeiten aufzeigen, wie dieser Bedarf durch Erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Das kann beispielsweise durch die Installation von Solaranlagen, die Nutzung von Windenergie oder die Implementierung von Energieeffizienzmaßnahmen erfolgen.

finanzwelt: Bitte skizzieren Sie kurz ein typisches Leistungsbeispiel aus dem Bereich der Technischen Versicherungen.

Krack» In ein Rotorblatt einer 5-Megawatt-Windkraftanlage der Firma Rossi schlug der Blitz ein. Das Blatt konnte repariert werden, doch die Kosten dafür beliefen sich auf 100.000 Euro. Zudem stand die Anlage einen Monat

still und konnte somit keinen Strom erzeugen. Ein zusätzlicher Betriebsunterbrechungsschaden von 75.000 Euro war die Folge. Die Gesamtkosten in Höhe von 175.000 Euro wurden über die Maschinen- und Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung der R+V reguliert. Ein anderes Beispiel, das die R+V unkompliziert reguliert hat, waren zwei auf den Dächern eines Hofes installierte Photovoltaik-Anlagen, die vom Blitz getroffen wurden. Dabei wurden zehn von 19 installierten Wechselrichtern zerstört. Der Sachschaden und Ertragsausfall lagen bei 25.000 Euro.

finanzwelt: Welches Cross-Selling-Potenzial ist bei der Zielgruppe vorhanden? Wie sollten Vermittelnde hier am besten vorgehen?

Krack» Hier lassen sich zahlreiche Verknüpfungspunkte zu mit Energieanlagen verbundenem oder darüberhinausgehenden Versicherungsbedarf finden, die Vermittler in der Beratung ansprechen sollten. Die Rückbaubürgschaft im Rahmen der Kautionsversicherung bietet eine clevere Alternative zur herkömmlichen Bankbürgschaft. Hinzu kommt noch vor Abschluss der Verträge, zum Beispiel dem Wartungsvertrag, die Empfehlung für einen umfassenden Rechtsschutz. Die handelnden und entscheidenden Personen des Unternehmens wie Geschäftsführer und Manager lassen sich zudem mit einer D&O-Versicherung gegen Haftpflichtrisiken absichern. Handelt es sich bei dem Gewerbe- oder Firmenkunden um ein Unternehmen aus der Logistik-, Hafen- und Transportwirtschaft, das erneuerbare Energieprojekte entwickelt, betreibt oder finanziert, ist ebenfalls Schutz vor möglichen Haftungsansprüchen sinnvoll. Ein weites Feld, das viel Potenzial bietet! (fw)

» Die Energiewende ist ein großes Thema für Firmenkunden, denn der Energiemarkt ist einerseits seit zwei Jahren sehr volatil, andererseits gibt es riesigen Bedarf. «
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Die Trends 2024

Wiltrud Pekarek

Vorständin

Hallesche Krankenversicherung a. G.

Marvin Blazek

Produktmarketingmanager KV HanseMerkur Krankenversicherung AG

Stefan Huhn

Vorstand

R+V Krankenversicherung AG

Welche Entwicklungen und Trends werden die Pflegeversicherung in diesem Jahr vor allem beeinflussen? Und welche Themen und Neuigkeiten stehen bei den Versicherern auf der Agenda? Zu ihrem Ausblick für 2024 hat finanzwelt drei Anbieter von Pflegeversicherungen befragt und interessante Antworten erhalten.

Was sind die zentralen Trends im Bereich der Pflegeversicherung 2024?

Wiltrud Pekarek» In der Pflegeversicherung erkennen wir eine herausfordernde Entwicklung des Marktumfeldes. Das zeigt sich beispielweise in der Pflege-Pflichtversicherung. Hier weitet

der Gesetzgeber seit Jahren die Leistungen aus. Das wiegt viele Versicherte im Glauben, dass sie ausreichend abgesichert seien. Parallel beobachten wir drastisch steigende Kosten und Eigenanteile (z. B. in der vollstationären Pflege), welche viele Menschen in der Regel mit ihren Einkünften selbst nicht tragen können. Dieses Missverhältnis wird den meisten erst mit Eintritt des Pflegefalls bewusst. So muss zunehmend die finanzielle und körperliche Belastung von Angehörigen getragen werden. Als Teil einer Lösung dieser Herausforderung kristallisiert sich für uns zunehmend die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Pflegezusatzversicherung heraus. Hier geht es zum einen darum, Mitarbeitende, die selbst pflegebedürftig werden, finanziell zu unterstützen. Zum anderen geht es aber für Arbeitgeber vor allem um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Immer mehr Menschen müssen diesen Spagat leisten. Der Erhalt der Arbeitskraft steht für viele Arbeitgeber somit im Mittelpunkt und wird durch den Fachkräftemangel verstärkt. Unsere betriebliche Pflegeergänzungsversicherung ‚FEELcare‘ ist eine unmittelbare Unterstützung für Arbeitgeber und deren Belegschaften. Die betroffenen Mitarbeitenden werden zeitlich, finanziell, körperlich und emotional entlastet. Auf diese Weise sind wir stolz, auch 2024 einen wichtigen gesellschaftspolitischen Beitrag leisten zu können. Unabhängig davon bzw. ergänzend sollte sich jeder und jede in geeigneter Form gegen die finanziellen Folgen einer Pflegebedürftigkeit absichern. Es gibt genügend sehr gute Pflegezusatzprodukte am Markt. Die Diskussion um die Finanzierbarkeit der sozialen Pflegeversicherung müsste für alle ein Alarmsignal sein und zusätzliche Absicherung des Pflegefallrisikos auf freiwilliger Basis zum Trend werden.

finanzwelt 02 | 2024 52 VERSICHERUNGEN | PFLEGEVERSICHERUNG

Marvin Blazek» Begleitet von einer öffentlichen Diskussion stehen wir vor der gesellschaftlichen Herausforderung, dass die Zahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich wächst und die gesetzliche Pflegeversicherung an ihre Grenzen gelangt ist. Angesichts der Tatsache, dass die jüngsten Entlastungen des Gesetzgebers die gesetzlich versicherten Pflegebedürftigen nur begrenzt erreichen und dadurch die Unzufriedenheit wächst, gewinnt die private Pflegezusatzversicherung erneut an Bedeutung.

Stefan Huhn» Die Pflege in einer alternden Gesellschaft ist eine große Herausforderung für uns alle: Die Zahl der Pflegebedürftigen liegt aktuell schon bei über fünf Millionen und wird weiter stark zunehmen. Die Eigenbeteiligungen im Pflegefall führen zu hohen finanziellen Belastungen. Daran hat sich auch mit der letzten Pflegereform nichts geändert. Wir als Versicherer sind gefordert, nicht aufzuhören, die Menschen von den Vorteilen einer privaten Vorsorge zu überzeugen und das häufig bei vielen Menschen beinahe schon tabuisierte Thema Pflege immer wieder in den Fokus der Beratung zu rücken. Viele unterschätzen die Pflegelücke und überschätzen gleichzeitig die Kosten für eine ordentliche private Absicherung. Die bKV boomt regelrecht. Dieses Erfolgsmodell der betrieblichen Vorsorge kann sich auch zur besseren Absicherung des Pflegerisikos anbieten. Damit es aber von möglichst vielen Arbeitgebern genutzt wird, sind von der Politik jedoch entsprechende Förderinstrumente bereitzustellen, etwa Steuer- und Sozialabgabenfreiheit. Damit kann dazu beigetragen werden, die Pflegevorsorge unserer Gesellschaft nachhaltig abzusichern. So können deutlich mehr Menschen erreicht werden als über individuelle Pflegezusatzversicherungen. Mit CareFlex Chemie haben wir als R+V gemeinsam mit der Barmenia bereits gezeigt, dass dies möglich ist – sogar als arbeitgeberfinanzierte tarifliche Lösung für eine gesamte Branche. Das kann ein Vor-

bild für Tarifparteien anderer Branchen sein. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass sich viele Beschäftigte eine zusätzliche Pflegeabsicherung von ihrem Unternehmen wünschen. Drei von vier der Befragten empfänden dies als eine wertvolle Zuwendung ihres Arbeitgebers. Meines Erachtens dürfte das für die Politik doch Anreiz genug sein, die betriebliche Pflegeversicherung voranzutreiben, wobei aber auch die Förderung der individuellen Pflegeabsicherung ausreichend Berücksichtigung finden muss.

Welche Ziele haben Sie sich für 2024 gesetzt? Welche Neuerungen haben Sie geplant?

Wiltrud Pekarek» Wir sind zuversichtlich, dass wir im Jahr 2024 unseren erfolgreichen Weg in der Vollversicherung und der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) fortsetzen und unser Wachstumsziel erneut übertreffen werden. Als Innovationsführer entwickeln wir aktuell diverse neue Produktkonzepte u. a. für die Zusatzversicherung. Unsere Innovationsfähigkeit beweisen wir regelmäßig in der bKV. Dort haben wir zuletzt die Budgettarife nicht nur erfunden, sondern innovativ weiterentwickelt. Bekanntermaßen finden sich die Budgettarife nun auch im Produktangebot aller relevanten bKV-Anbieter. Unser Ambitionsniveau bleibt hinsichtlich Neuerungen auch dieses Jahr ungebrochen hoch. Auch digitale Services stehen für 2024 auf der Agenda. So werden wir beispielsweise ersten Versicherten die elektronische Patientenakte bis Mitte des Jahres 2024 anbieten. Daneben bleibt die stetige Weiterentwicklung unserer Kunden-App ‚Hallesche4u‘ im Fokus, in die wir auch eine Pflegewelt integriert haben.

Marvin Blazek» Die Zugänge zur Pflegetagegeldversicherung der HanseMerkur sind seit Jahren konstant hoch und wir handeln gegenüber unseren Kunden und Vertriebspartnern aus ei-

ner starken Position heraus. Allerdings sehen wir, dass unsere private Pflegetagegeldversicherung noch nicht in Gänze vom stetigen Wachstum der Krankenversicherung der HanseMerkur profitiert. Dieser Herausforderung begegnen wir mit unseren leistungsstarken Produkten, einer transparenten Beitragskalkulation und stabilen Beiträgen. Besonders innovativ ist unser Einsteigertarif für junge Leute. Die Tarife sind ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert und daher preislich sehr attraktiv. Später kann auf Wunsch ohne Gesundheitsprüfung in unsere Tarife mit Alterungsrückstellungen gewechselt werden.

Stefan Huhn» Als genossenschaftlicher Versicherer liegt uns das gesellschaftlich so wichtige Thema Pflege sehr am Herzen. Wir sehen uns hier in der dauerhaften Verantwortung, die Menschen umfassend zu informieren und zu weit verbreiteten Irrtümern aufzuklären. Dass erst gerade einmal knapp über vier Millionen Menschen in Deutschland eine private Pflegezusatzversicherung besitzen, zeigt deutlich, dass dies dringend geboten ist. Natürlich bieten wir auch hochwertige Produkte an, die unseren Kunden bedarfsgerechte finanzielle Absicherungen ermöglichen. Hier sind wir mit unserer ‚R+V-PflegeVorsorge‘ bereits bestens aufgestellt. Allerdings möchten wir produktübergreifend zum echten Gesundheitspartner werden und bieten daher auch im Bereich Pflege innovative digitale Services an. So geben wir mit ‚Mein digitaler PflegeBerater‘ eine kostenlose Unterstützung an die Hand, die emotionalen und organisatorischen Beistand für pflegende Angehörige in ihrer individuellen Pflegesituation bietet. Seit dessen Start vor gut anderthalb Jahren fand eine ständige Weiterentwicklung statt und in den vergangenen Monaten wurden viele neue Features integriert. Dazu zählen unter anderem hilfreiche Podcasts und Videos. Dieser Service ist für jeden frei zugänglich, die Nutzer müssen also keine R+V-Kunden sein. (mho)

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„Wir haben den Anspruch, DER Tierversicherer in Deutschland zu werden“

Der deutsche Haustierbestand hat mit über 35 Millionen Tieren ein historisches Hoch erreicht, wobei Hunde und Katzen den größten Anteil ausmachen. Das führt auch zu einer steigenden Nachfrage nach Tierversicherungen. Die HanseMerkur Allgemeine Versicherung hat im aktuellen Scoring von Ascore Analyse in den Bereichen Tieroperation Hund & Katze die Höchstbewertung von sechs Kompassen erzielt. Im Interview spricht Eric Bussert, Vorstand Vertrieb und Marketing bei der HanseMerkur, über die Erfolgsfaktoren, zentrale Trends in der Tierversicherung und das Potenzial für Makler.

VERSICHERUNGEN | INTERVIEW
finanzwelt 02 | 2024 54

finanzwelt: Herr Bussert, welche Rolle spielt das Thema Tierversicherungen für die HanseMerkur?

Eric Bussert» Bereits vor der Einführung unserer Tier-Krankenversicherung Ende 2022 verzeichnete unsere Tier-OPVersicherung eine hohe Nachfrage. Für uns war es angesichts des anhaltenden Haustier-Booms ein logischer Schritt, mit einer Tier-Krankenversicherung in Form eines Rundum-sorglos-Pakets unser Angebot in diesem Bereich auszubauen. Das Segment Tierversicherung ist für uns ein strategisches Fokusthema, bei dem wir viel Potenzial sehen – die überaus erfreulichen Zahlen aus 2023 sowie diverse Auszeichnungen für die Produkte bestätigen uns in dieser Einschätzung. Wir haben den Anspruch, der Tierversicherer in Deutschland zu werden. Wir hatten sehr früh das richtige Gespür für einen neuen Trend: Hunde und Katzen werden für viele Menschen immer mehr zum wichtigen Gefährten im Alltag.

finanzwelt: Wie sind Sie im Markt positioniert, was ist Ihr USP?

Bussert» Uns unterscheidet maßgeblich von anderen Tierversicherern, dass wir aus der Expertise eines Krankenversicherers heraus handeln. Die anderen gehen das Thema rein aus der Sachversicherungsperspektive heraus an, wir aber nutzen Erfahrungen und Überschneidungen aus der KV. Hinsichtlich unserer Marktpositionierung bieten wir Tierhaltern ein marktführendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir überzeugen darüber hinaus mit zwei Besonderheiten, die uns abheben: Rassespezifische Erkrankungen sind bei uns nicht von vornherein ausgeschlossen, zudem verzichten wir in unserer Tier-Krankenversicherung von Beginn an auf die Kündigung im Schadenfall und ab dem 4. Versicherungsjahr auch auf die Kündigung zum Ablauf. Wir bieten unseren Kunden somit einen Bestandskündigungsschutz. Diese Sicherheit für den Kunden durch Verzicht auf Rechte seitens des Versicherungsunternehmens ist einmalig am Markt. Zusätzlich verzichten wir bei älter werdenden Tieren auf altersbedingte Kündigungen und Selbstbeteiligungen und stellen dem ein tägliches Kündigungsrecht des Kunden nach Ablauf des 1. Versicherungsjahres gegenüber. Hieran lässt sich ablesen, dass wir Hunde- und Katzenliebhabern ein verlässlicher Partner sein möchten – ein Leben lang.

finanzwelt: In der aktuellen Ascore Analyse über Tierversicherungen haben Sie in den Bereichen Tieroperation Hund & Katze die Höchstbewertung von sechs Kompassen erzielt. Was waren die Hauptgründe dafür?

Bussert» Wir freuen uns sehr über die Höchstbewertung von Ascore. Gemäß Kriterienkatalogen waren die Versicherung von angeborenen Fehlentwicklungen der Tiere, die bei Vertragsabschluss nicht bekannt waren, Kriterien wie die Deckung von Vorsorgebehandlungen (z. B. Zahnreinigungen) sowie alternative Heilbehandlungen das, was besonders überzeugt hat. Weitere entscheidende Faktoren:

die Versicherungsdauer im Ausland und die Wartezeit nach einem Unfall. Bei Betrachtung der genannten Kriterien schneidet die HanseMerkur sehr gut ab: Tiere sind bei Auslandsaufenthalten von bis zu zwölf Monaten weltweit geschützt. Wenn das Tier unfallbedingt operiert werden muss, entfällt in den Varianten Easy und Best die Wartezeit. Auch in den Bereichen Vorsorge und alternative Heilmethoden bieten wir beste Leistungen für die pelzigen Freunde.

finanzwelt: Wie entwickelt sich die Nachfrage bei Tierversicherungen generell und speziell bei Ihnen?

Bussert» Wir stellen weiterhin eine überaus hohe Nachfrage bei unserer Tier-Krankenversicherung fest. Kunden und Interessenten zeigen ein erhöhtes Interesse am Versicherungsschutz, wir verzeichnen stetig mehr Abschlüsse – das liegt sicherlich auch an den Erfahrungen der Kunden mit der neuen Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die im November 2022 in Kraft trat, aber auch an unserer starken Produktwelt.

finanzwelt: Was sind die neuesten Trends?

Bussert» Hinsichtlich Trends zeichnet sich eindeutig ab, dass Kunden verstärkt Wert auf umfassenden Schutz legen: Sie wählen nicht unbedingt die günstigste, sondern die leistungsstärkste Versicherung für ihre geliebten Vierbeiner. Diese Feststellung basiert auf einer Auswertung, die die HanseMerkur im vergangenen Jahr zur Tier-OPVersicherung vorgenommen hat, sowie auf der Analyse des Abschlussverhaltens. Demnach schließt mehr als die Hälfte der Kunden den Versicherungsvertrag ohne Selbstbeteiligung und mit dem zusätzlichen Baustein „Zahn“ ab. Bei etwa zwei Drittel der Hunde und über die Hälfte der Katzen fällt die Wahl auf eine Versicherung ohne Selbstbeteiligung. Ebenfalls eine interessante Beobachtung: Die Nachfrage nach Tier-OP-Versicherungen ist seit der Einführung der Tier-KV unverändert hoch geblieben. Beide Produkte haben demnach ihre eigene Zielgruppe und erfüllen jeweils ein echtes Kundenbedürfnis.

finanzwelt: Welches Potenzial ergibt sich daraus für Sie und speziell auch für die Makler?

Bussert» Die vertriebliche Relevanz und das Potenzial der Tierversicherungen sind außerordentlich hoch. Es handelt sich bei der Versorgung des vierbeinigen Familienmitglieds um ein hochemotionales Thema, zudem der Bedarf an Versicherungsprodukten im Bereich Tier sehr hoch ist. Dies ermöglicht Maklern einen neuen Zugangsweg zum Kunden. Zudem schafft der Vermittler mit unseren Tierversicherungen Lösungen, die sofort wirken – und das wiederum stärkt die Kundenbindung. Die Abläufe in der Beratung sind durch schlanke, digitale Prozesse so einfach wie möglich, was die Attraktivität dieser Sparte noch mal erhöht. Aus meiner Sicht eine Win-win-Situation für Kunde und Vermittler. (mho)

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Die wunderbare Cool-Tour der Versicherer

Das Füreinander zählt. Du bist nicht allein. Vom Ich zum Wir. Gemeinsam mehr gewinnen. Mit der kleinen Kette dieser exemplarischen Hashtags von namhaften Marktakteuren ist eigentlich schon alles gesagt. Die Versicherer präsentieren sich mit einem erfrischenden und partnerschaftlichen Gesicht. Auf ihrer Kulturreise in die Zukunft.

Mehr als nur die Abschaffung der Krawattenpflicht und das lockere Duzen über alle Ebenen. Es scheint fast so, als ob sich der Geist von Udo Lindenberg in diesen Slogans widerspiegelt und auf die Denkweise der Versicherungsbranche einwirkt. Erste Schritte zu einem unternehmerischen Kulturwandel, der eine spürbare Aufbruchstimmung und eine sichtbare Begeisterung auslösen kann. Auch wenn es dafür einen langen Atem braucht. Und sich an der einen oder anderen Stelle natürlich auch Skepsis und Zurückhaltung zeigt. Eins ist aber wohl allen Beteiligten klar: Die Zeit ist reif. Für neue Wege. Für eine andere Unternehmens-Kultur.

Dunkle Wolken über der Branche

Denn die dunklen Wolken über der Branche beschäftigen schon seit geraumer Zeit die Köpfe aller Marktakteure und erfordern wirksame Handlungen. Eine Herausforderung jagt im Wochentakt die nächste. In einem ungeahnten Tempo, das keine Bewegungsstarre und Trägheit mehr erlaubt. Mit einem immer weiter steigenden Beschleunigungsfaktor durch die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz. Mit zukünftigen Entwicklungen, die weit über die Grenzen der Vorstellungskraft hinaus gehen und trotzdem von den Versicherern im Blick behalten werden müssen, weil es das eigene Geschäftsmodell mit der Prognose und Kalkulation von Risikoeintrittswahrscheinlichkeiten (auch in und gerade in der

» Die Zeit ist reif. Für neue Wege. Für eine andere Unternehmens-Kultur. «

Zukunft) erfordert. In einem verschärften Wettbewerb, der von der Wucht der Demografie-Welle und einem unerbittlichen Ausleseprozess geprägt ist.

Einer muss den Job ja machen

Das alles sind ausschlaggebende und zum Teil existenzielle Gründe, die einen konsequenten und möglichst schnellen Kulturwandel alternativlos machen. Weil diese Ballung von Herausforderungen mit der klassischen Aufbauorganisation, den hierarchisch geprägten Entscheidungsstrukturen und den bisherigen Denk- und Arbeitsweisen nicht mehr bewältigt werden kann. Es geht also um viel mehr, als sich nur den normalen Kulturwandel unserer Gesellschaft von Generation zu Generation anzupassen oder sich im „War for Talents“ nur hübsch für die nächste Generation zu machen. Das sind mehr oder weniger normale und stetig laufende Entwicklungs- und Anpassungsprozesse. Die Dimension des aktuellen Kulturwandels geht aber deutlich darüber hinaus. Mit gravierenden Auswirkungen auf die gesamte Unternehmensstruktur. Im Innendienst und im Vertrieb, weil es um die Leistungsfähigkeit und Performance des Unternehmens zur Sicherung der Existenzfähigkeit und zur Steigerung des Unternehmenswerts in einer neuen Branchenwelt geht und damit absolut oberste Chefsache ist. Einer muss den Job ja machen. Im Sinne des Startschusses, der Glaubwürdigkeit, der Überzeugung, der Konsequenz und der Geschwindigkeit.

Zusammen sind wir stark

Dabei kommt allen Akteuren wohl eine Erfahrung zugute, die eigentlich niemand machen wollte: Die Erfahrung aus der Corona-Pandemie. Nicht einmal die kühnsten Branchenteilnehmer hätten wohl im Vorfeld der Pandemie daran geglaubt, dass die als träge und langsam bekannte Branche diese extreme Herausforderung in einer solchen Geschwindigkeit, mit einem ausgeprägten Teamgeist und einer absoluten Kundenorientierung bewältigen kann und wird. Ein Schlüsselerlebnis für alle, das zeigt, zu was die Versicherer und ihre Organisationen fähig sind. Wenn das gesamte Team an einem Strang zieht und nicht nur in erster Linie an Kostenersparnis und Digitalisierung der Prozesse gedacht wird,

finanzwelt 02 | 2024 56 VERSICHERUNGEN | KULTURWANDEL

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Hinterm Horizont geht’s weiter. Zusammen sind wir stark.

sondern im selben Maße auch an die Produktivitätspotenziale, die aus dem Erfolgsfaktor Mensch geschöpft werden können, wenn die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Mit einer Unternehmenskultur, die das alles möglich macht und mit dem Geist von Udo Lindenberg: Zusammen sind wir stark.

Gegen die Strömung, gegen den Wind

Natürlich wird es trotzdem auch viele Reibungspunkte und einige Widerstände in den einzelnen Unternehmen geben. Das liegt in der Natur der Sache. Oder besser gesagt in der Natur der Veränderung. Weil so ziemlich alles auf den Prüfstand und auch auf den Kopf gestellt werden muss. Neben vielen dicken Brettern, die zu bohren sind. Mit persönlichen Unsicherheiten und Ängsten beim Einzelnen, die im Rahmen eines solchen Wandels immer aufkommen. Gerade auch bei

ersten Rückschlägen, die es geben wird. Mit dem Druck der Doppelbelastung von Führungskräften und Know-how-Trägern, die in viele wichtige Projekte eingebunden werden. Im laufenden Betrieb, der trotzdem gewährleistet werden muss. Es wird sicher kein Zuckerschlecken. Aber die Branche kann auf ein gesundes Selbstbewusstsein setzen. Und auf ihre Kraft und Energie. Weil sie bewiesen hat, dass sie zu so etwas in der Lage ist. Besonders unter Druck, der auch beflügeln kann, wenn’s gegen die Strömung oder gegen den Wind geht.

Hinterm Horizont geht’s weiter

Dabei ist besonders bemerkenswert, mit welcher Offenheit und Transparenz die Führungsetagen der Versicherer an diese Mammutaufgabe herangehen. Mit einer Nähe und Menschlichkeit, die manche wohl verblüfft und manchmal sogar zu einer gewissen Euphorie beiträgt, weil alles auf direktem Weg von „ganz oben“ nach „ganz unten“ ankommt. Über interne Live-Events bis hin zu öffentlichen Statements in Medienberichten oder über die persönlichen Social-Media-Kanäle der Vorstandsmitglieder. Dank der digitalen Kommunikationsmöglichkeiten, die es früher nicht gab. Das schafft Vertrauen. Weil es einen hautnahen Blick hinter den Horizont ermöglicht. Auch wenn nicht jede Botschaft immer gleich Freudenstürme auslöst. Aber das Zielbild wird sichtbar und es ist eine neue Qualität der internen Kommunikation und Information, die bei einem Kulturwandel in dieser Dimension der wichtigste Erfolgsfaktor ist. Und nicht zu vergessen: Den Worten folgen auch Taten und viele positive Veränderungen werden schnell sichtbar. Von der neuen Art des Umgangs miteinander über moderne Arbeitswelten aus dem Schlaraffenland bis hin zu einem Blumenstrauß an Benefits für die Work-Life-Balance. Damit steigt die breite Akzeptanz und Motivation in der Innenwirkung und auch die Aufmerksamkeit und Attraktivität in der Außenwirkung.

Die ersten Schritte zur wunderbaren Cool-Tour der Versicherer sind gemacht. Erste Studien von renommierten Unternehmensberatungen zeigen bereits auf, dass der unternehmerische Kulturwandel eine direkte und messbare Wirkung auf die betriebswirtschaftliche Performance hat. Das sollte einen zusätzlichen Motivationsschub für alle geben, weil es zeigt, dass am Ende des Tages der Erfolgsfaktor Mensch das Wichtigste ist und bleibt. Und jede Investition in die eigene Mannschaft ihr Geld mehr als wert ist. Hinterm Horizont geht’s weiter. Zusammen sind wir stark.

finanzwelt 02 | 2024 58
VERSICHERUNGEN | KULTURWANDEL Foto: © JMarquesstock.adobe.com
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Moderation:

Prof. Dr. Jörg Puchan

Professor für Angewandte Informatik, Hochschule München

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25. MCC-KONGRESS

Gut versichert in die Ehe

Drum prüfe, wer sich ewig bindet: Heiraten ist ein bedeutender Schritt im Leben, der nicht nur emotionale, sondern auch finanzielle Aspekte mit sich bringt. Hier gilt es unbedingt, auch die Versicherungen unter die Lupe zu nehmen. Wer bringt was in die Lebensgemeinschaft mit? Welcher Vertrag hat die besseren Leistungen und soll fortgeführt, welcher aufgelöst werden? Wo gibt es noch Lücken? Insgesamt birgt das Zusammenlegen von Versicherungen enorme Einsparpotenziale. Zu beachten sind dabei auch der Wechsel von Single- in Familientarife und die Anpassung von Deckungssummen.

Wenn die Hochzeitsglocken bei den Kunden läuten, sollten Versicherungsmakler dem Brautpaar nicht nur gratulieren, sondern auch einen Beratungstermin vereinbaren. Um den Versicherungsschutz zu überprüfen und nachzubessern, sich vor allem auch selbst als zuverlässigen Berater zu positionieren. Das schafft Vertrauen und stärkt die Kundenbindung.

Hausratversicherung

Gerade bei Sachversicherungen wie dem Hausrat lässt sich einiges sparen. Bringen beide Partner jeweils eine Hausratversicherung mit in die Ehe ein und ziehen zusammen, sollten sie die Policen zusammenlegen. Schließlich reicht eine Hausratversicherung aus, um das gemeinsame Hab und Gut abzusichern. Dabei sollte der Vertrag mit den besseren Leistungen fortgeführt, der andere gekündigt werden. Da sich durch die Hochzeit der Hausrat in der Regel vergrößert, sollte die Deckungssumme auf den neuen Wert erhöht werden, um eine Unterversicherung zu vermeiden.

Privathaftpflichtversicherung

Auch bei einer Privathaftpflichtversicherung ist es sinnvoll, einen Vertrag zu kündigen, da der Ehepartner beitragsfrei mitversichert ist. Lag ein Singletarif vor, so muss der Vertrag erweitert werden. Die bleibende Versicherung muss dann natürlich sofort über den Ehepartner informiert werden, um den Versicherungsschutz zu gewährleisten. Das gilt übrigens auch für unverheiratete oder gleichgeschlechtliche Paare, die in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben. Allerdings sind Schäden, die sich Ehepartner gegenseitig zufügen, nicht durch die gemeinsame Haftpflichtversicherung abgedeckt.

Kfz-Versicherung

Bei der Kfz-Versicherung sollte der Partner in den Vertrag aufgenommen werden, dann greift der Versicherungsschutz auch für ihn. Werden zwei Fahrzeuge genutzt, kann der Zweitwagen in die günstigere Schadensfreiheitsklasse eingestuft werden. Lag zuvor ein Single- oder FrauenRabatt vor, so fällt dieser weg, wenn der Ehepartner das Auto nun auch fahren darf. Auch hier gilt es, die sehr unterschiedlichen Regelungen der einzelnen Versicherungsunternehmen genau zu prüfen, um die beste Lösung zu finden.

Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung bietet eine Familienversicherung. Der Ehepartner kann beitragsfrei mitversichert werden, wenn dieser nur ein geringes Einkommen hat, nicht privat versichert, nicht verbeamtet oder nicht

finanzwelt 02 | 2024 60 VERSICHERUNGEN | VON DER HOCHZEIT ZUR HAFTPFLICHT Foto: © Katleho Seisa/peopleimages.comstock.adobe.com

hauptberuflich selbstständig ist. Wer mehr als 365 Euro bzw. 400 Euro monatlich im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) verdient, ist dagegen versicherungspflichtig. Falls der hauptverdienende Ehepartner eine private Krankenversicherung besitzt, muss er die Partnerin zusätzlich versichern, wenn sie nicht bei der gesetzlichen Krankenkasse ist.

Berufsunfähigkeitsversicherung

Wer den Bund der Ehe schließt, sollte unbedingt über eine Berufsunfähigkeitsversicherung nachdenken. Wird der Hauptverdiener durch Unfall oder Krankheit berufsunfähig, stellt das die Familie vor finanzielle Belastungen. Schließlich reichen die staatlichen Leistungen kaum aus, um den Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Wer bereits vor der Ehe eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hatte, sollte unbedingt die Deckungssumme prüfen und gegebenenfalls erhöhen. Für Menschen, die sich eine BUVersicherung nicht leisten können und vor allem körperlich arbeiten, bietet sich eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung an. Sie deckt zwar weniger Risiken ab, ist aber günstiger.

Kapital- und Risikolebensversicherung

Um den Partner oder die Familie im Todesfall finanziell abzusichern, empfiehlt sich auch der Abschluss einer Lebensversicherung – sei es in Form einer Kapital- oder einer Risikolebensversicherung. Das bietet sich besonders an, wenn ein Ehepartner Hauptverdiener ist oder ein Immobilienkredit abbezahlt werden muss. Darüber hinaus dient die Kapitallebensversicherung auch der privaten Altersvor-

sorge. Wer bereits eine Lebensversicherung vor der Ehe abgeschlossen hat, sollte darauf achten, den Partner als Bezugsperson festzulegen sowie die Versicherungssumme zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Ehepaare können auch eine verbundene Lebensversicherung abschließen, die im Verglich zu zwei Einzeltarifen günstiger ist und beide Partner absichert.

Rechtsschutzversicherung

Sparpotenzial gibt es nach der Hochzeit auch bei der Rechtsschutzversicherung, da der Ehepartner ohne Zusatzbeitrag miteingeschlossen ist. Liegen vorher zwei Policen vor, so kann ein Vertrag gekündigt werden. (mho)

Fazit

Wenn Kunden heiraten, dann sollten Versicherungsmakler die Chance ergreifen, das Gespräch mit dem Brautpaar zu suchen, um den Versicherungsschutz zu überprüfen und nachzubessern. In einer gründlichen Analyse gilt es, dabei sowohl die gemeinsamen als auch die individuellen Bedürfnisse und finanziellen Gegebenheiten der Partner zu berücksichtigen. Wer als Berater dabei hilft, den optimalen Versicherungsschutz zu gewährleisten und gleichzeitig potenzielle Einsparungen zu realisieren, der baut Vertrauen für die Zukunft auf.

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„Nischenspezialist auf Wachstumskurs“

Die Oberösterreichische Versicherung hat Anfang 2022 eine grundlegende Neuaufstellung im deutschen Markt durchgeführt und ist seitdem auf Expansionskurs. Der Fokus liegt auf den lukrativen Nischen Dauercamper-, Wochenendhaus-, Tiny-House- und Photovoltaikversicherungen. Mit finanzwelt sprach Paul Ristock, Niederlassungsleiter Deutschland der Oberösterreichische Versicherung AG, über das rasante Wachstum in Deutschland, die Erfolgsfaktoren bei der Neuausrichtung als Nischenspezialist und Alleinstellungsmerkmale.

finanzwelt: Herr Ristock, welche Positionierung hat die Oberösterreichische Versicherung AG im Heimatmarkt? Seit wann sind Sie in Deutschland vertreten?

Paul Ristock» In Deutschland sind wir seit dem Jahr 2000 vertreten. Damals als Risikoträger für den Assekuradeur „dieHanauer24“. Wir starteten als Pionier mit der Photovoltaikversicherung, für die wir heute noch als Spezialist bekannt sind. Im Heimatmarkt Österreich ist die Oberösterreichische eine der Länderversicherer und Marktführer in Oberösterreich. Als Vollsortimenter hat die Oberöster-

finanzwelt 02 | 2024 62 VERSICHERUNGEN | INTERVIEW

» Unsere Nischenprodukte sind Dauercamper-, Wochenendhaus-, Tiny-House- und Photovoltaikversicherungen, mit denen wir derzeit stark wachsende Trendmärkte bedienen und unseren Vertriebspartnern damit die Erschließung neuer Zielgruppen ermöglichen. «

reichische eine vergleichbare Marktpositionierung wie beispielsweise die Versicherungskammer Bayern in Deutschland. Beide Versicherer wurden 1811 von König Maximilian I. von Bayern gegründet, damals als „Allgemeine Brandversicherungsanstalt für das Königreich Bayern“.

finanzwelt: Anfang 2022 haben Sie im deutschen Markt eine grundlegende Neuaufstellung durchgeführt. Was waren die Gründe dafür und welche wichtigen Veränderungen haben Sie durchgeführt?

Ristock» Die Oberösterreichische hatte bis Ende 2021 ihre deutsche Niederlassung in Hanau. Mit dem Standortwechsel nach Regensburg beabsichtigte man eine Verlagerung zurück zu den Wurzeln, näher an den Heimatmarkt heran. Das und die personelle Neuaufstellung erleichterte einen operativen und strategischen Neuanfang. Mit meiner Übernahme als Niederlassungsleiter Deutschland habe ich die Entwicklung zum spezialisierten Nischenanbieter vorangetrieben. Durch eine Konzentration der Vertriebsstrategie auf wenige Großpartner und Zielgruppenmakler konnten wir mit unseren Nischenprodukten bereits erhebliche Erfolge verzeichnen.

finanzwelt: Wie hat sich Ihre Neuausrichtung bisher in den Verkaufszahlen hierzulande niedergeschlagen? Ristock» Überraschend gut! Bereits im ersten Jahr 2022 haben wir unseren durchschnittlichen Bestandszuwachs der Jahre 2019, 2020 und 2021 verzehnfacht. Von 2022 auf 2023 verzeichneten wir einen Zuwachs von knapp 65 %. Im September 2023 haben wir erstmals die Zehn-Millionen-EuroGrenze bei der Bestandsnettoprämie überschritten. Unser Risikoträger Oberösterreichische Versicherung AG in Linz verzeichnet mehr als 500 Mio. Euro Prämieneinnahmen. Wir können daher von einer sehr erfolgreichen Neuausrichtung – auch in den Verkaufszahlen – sprechen.

finanzwelt: Kern Ihrer Strategie auf dem deutschen Markt ist die Aufstellung als Nischenanbieter. Welche Produkte stehen im Vordergrund?

Ristock» Unsere Nischenprodukte sind Dauercamper-, Wochenendhaus-, Tiny-House- und Photovoltaikversicherungen, mit denen wir derzeit stark wachsende Trendmärkte bedienen und unseren Vertriebspartnern damit die Erschließung neuer Zielgruppen ermöglichen.

finanzwelt: Wo haben Sie etwa bei der Photovoltaikversicherung klare Alleinstellungsmerkmale?

Ristock» Bei der Photovoltaikversicherung Klima Pro bieten wir bis zu einer Versicherungssumme von bis zu 50.000 Euro keinen Selbstbehalt an. Wir haben eine Indexierung nach dem Baukostenindex eingeführt, da Versicherungssummen von vor 20 Jahren im Falle eines Totalschadens zum Teil nicht mehr für die Neuanschaffung einer PV-Anlage ausreichen. Gerade weil die Preise für Ersatzteile, Reparaturen oder die Stundensätze der Handwerker stark von der Inflation getrieben sind, möchten wir so für unsere Vertriebspartner auch in Zukunft ein zuverlässiger Partner bleiben. Bei uns sind alle elektronischen Bauteile mitversichert, sowohl der Akku, die Ladestationen als auch mobile sowie fest installierte Überwachungskomponenten. Innere Betriebsschäden sind bis zu 3.000 Euro in den ersten fünf Jahren ab Betriebsbereitschaft gedeckt, danach abnehmend. Trafos sind vor allem bei Bodenanlagen mitversichert, was bei Wettbewerbern teilweise fehlt. Dies nur als kleiner Auszug davon, warum kein Weg an der Oberösterreichischen vorbeiführt. Ein weiteres Highlight ist etwa, dass wir Anlagen bis zu einem Alter von zehn Jahren, ohne Vorschäden, eindecken.

finanzwelt: Sie haben auch Ihre Vertriebsstrategie neu ausgerichtet. Was sind die wichtigsten Merkmale, vor allem in Bezug auf das Maklergeschäft?

Ristock» Im Wesentlichen waren das Konsolidierungsprozesse und die Ausrichtung auf Versicherungsvermittler, die sich auf die Zielgruppe spezialisieren. Die Zusammenarbeit mit großen intermediären Maklerdienstleistern wie der VEMA, blau direkt und Covomo sind für uns Schlüsselpartner bei der Umsetzung. Auch Kooperationspartner, die am Pointof-Sale unseren Versicherungsschutz anbieten, forcieren wir.

finanzwelt: Was sind Ihre Ziele für 2024? Welche wichtigen Neuerungen wird es auf Produktseite und im Vertrieb geben?

Ristock» Ein kontrolliertes Wachstum, ohne dabei an Servicequalität einzubüßen, ist oberstes Ziel. Von Seiten der IT-Unterstützung stellen wir unseren Vertriebspartnern individuelle Onlineabschlüsse, nutzbar von Vertriebspartnern sowie deren Kunden, zur Verfügung. Über den Dienstleister ‚zeitsprung‘ werden wir demnächst eine BiPro-Schnittstelle anbieten können. Produktseitig passen wir in diesem Jahr unsere Nischenprodukte Dauercamper, Wochenendhaus und Tiny House und weitere um eine Indexierung an, um weiterhin ein zuverlässiger Partner zu bleiben. Auch unsere Wohngebäudeversicherung werden wir umfangreich erneuern. (mho)

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Das Beste

für Mutter Natur

Starkregen, Sturmflut und Co. schwemmten jüngst die Diskussionen zur Pflichtversicherung für Elementarschäden aus den Vorjahren erneut mit hoch. Im Ahrtal hadern Betroffene der Flutkatastrophe unverändert mit Baustellen und den Behörden mangels Finanzunterstützung. Die Ahrtalbewohner mit Elementarschadendeckung leben hingegen wieder in eigenen vier Wänden. Dennoch zieren sich Versicherer in der Pflichtversicherungsfrage. Zu groß sind die Befürchtungen, dass ruinöse Groß- und Katastrophenrisiken in die Geschäftsbücher gelangen.

Die Überschwemmungen im vergangenen Winter gaben den kritischen Stimmen recht. Gefährdete Gebäude an Wasserkanten gegen Überschwemmung zu schützen, fühlt sich für etliche Versicherer so an, als sollen sie bereits lichterloh brennende Häuser gegen Feuerschäden absichern. Zudem bietet die Elementarversicherung weit mehr als einen Schutz vor dem gefürchteten Nass. Absicherungen gegen die Elemente halten längst Einzug in die Sonderbedingungen moderner Deckungskonzepte und zählen zur Pflicht in der Kundenberatung.

Obligatorischer Schutz nimmt ab

Die Elementarschadendeckungen finden sich in etlichen Bedingungen der Sachversicherung. Versicherer bieten diesen Schutz gegen die Elemente, wie z. B. für Überschwemmungen und Rückstau sowie bei Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Lawinen oder Schneedruck, oftmals als Erweiterung an. Dabei unterliegen Objekte im Überschwemmungsgebiet und in anderer vorbelasteter Region signifikanten Mehrbeiträgen, Risikoausschlüssen oder Selbstbehalten. Im Zweifel lehnen Versicherer die besonders gefährdeten Objekte ab

Der dicke Silberstreif am Horizont

oder kündigen bereits bestehenden Objektschutz, wenn sich beispielsweise Bedrohungslagen absehbar verändern. Im Ahrtal wütete ein beschaulicher Fluss als ein alles verschlingender Strom, der daraufhin wieder ruhig dahinplätscherte. Die Nerven der Versicherungstechniker liegen angesichts der unabsehbaren Schadenverläufe als Folge des Klimawandels blank. Regelmäßig neu klassifizierte Gebiete nach Überschwemmungs- und Starkregengefährdungen sorgen für Bewegung in den Portefeuilles der Gebäude-, Hausratund Inhaltsversicherungen. In früheren Zeiten weniger beachtet, waren Elementargefahren z. B. in der Technischen oder Transportversicherung obligatorisch mitversichert. Mittlerweile kalkulieren Underwriter für drohende Elementargefahren am Kundenstandort ebenso Ausschluss, Eigenbehalt oder Mehrbeitrag ein. So müssen etwa Bootseigner mit höheren Versicherungsbeiträgen für Überschwemmung und Co. am wassernahen Winterlager rechnen. Ebenso dürften die Bauleistungsversicherungen der Häuslebauer in Ufernähe zunehmend teurer ausfallen. Die Beratungskomplexität rund um den elementaren Schutz nimmt für bisher einfachere Standardfälle somit deutlich zu.

Kleingedrucktes auf der Goldwaage

Die Haftungsfälle zur Betriebsschließungsversicherung stecken einigen Maklern und Versicherern noch in den Knochen. Nur wenige Worte entschieden über Versicherungsschutz für Corona-Ausfälle oder Vermittlerrückgriff wegen etwaiger Beratungsmängel. Unterschiedliche Herangehensweisen der Versicherer im Wettbewerb um Kunden führen ebenso in der Elementarversicherung zu variierenden Bedingungswerken. IDD und VVG bürden Versicherungsmaklern erhebliche Beratungspflichten samt einer hinreichenden Zahl passender

Wer seine Kundschaft umfassend gesetzeskonform absichert, sieht höheren Courtagen, geringeren Haftungsrisiken sowie später lukrativeren Angeboten bei einer Bestandsveräußerung entgegen.

VERSICHERUNGEN | ELEMENTARSCHUTZ UND MAKLERBEDINGUNGEN IN KOMPOSIT Foto: © DOC RABE Mediastock.adobe.com
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Kundenangebote auf. Es gilt, möglichst besten Schutz den Privat- und Unternehmenskunden vorzuschlagen, um im Schadenfall nicht den Kürzeren zu ziehen. Die Sachversicherer sowie Assekuradeure, Pools und Spezialanbieter, welche sich beispielsweise Gebäuderisiken, Technischen Versicherungen oder Transportdeckungen gezielter widmen, sorgen häufig für maßgebliche Konzepte, die von Maklerseite anzubieten wären. Einige Experten erwarten eine angespanntere Schadensituation in der Berufshaftpflicht für Versicherungsmakler. Denn ohne die bestmöglichen Lösungen haben Makler bei Inanspruchnahme wegen Versicherungslücken das Nachsehen.

Unverhofft kommt manchmal oft

Große und kleine Katastrophen legen Versicherungslücken schnell offen. Während Corona eher auf spezielle Branchen oder Versicherungslösungen wirkte, verwüsten Naturkatastrophen oftmals weite Areale und treffen viele Kunden zur selben Zeit; ein Risiko für Versicherungsmakler in diesen Re-

Hochwasser in St. Goar am Rhein

gionen. Ähnlich wie Sturmereignisse zerstören z. B. Lawinen, Schneefälle oder Überschwemmungen weiträumige Landstriche. Deshalb sollte der Fokus nicht nur auf Einzelgefahren wie Starkregen oder Überschwemmung liegen, sondern vielmehr auf dem umfassenden Schutz idealerweise gegen alle versicherbaren Gefahren. Die Kunden mit übergroßem Sparwillen zulasten des Deckungsumfangs bringen hingegen sich und ihr Eigentum im Schadenfall für wenige Cent und Euro Beitragsersparnis mitunter in eine ernsthafte wirtschaftliche Schieflage. Ohne dahingehende Beratungsdokumentation ziehen sie ihren Versicherungsvermittler zugleich mit runter. Besonders Haftungsfälle im Nachgang von Naturkatastrophenschäden bringen die Berufshaftpflichtversicherung eines Maklers schnell an die Deckungssummengrenze. Es bleibt zudem fraglich, ob der betroffene Haftpflichtversicherer bei unversicherten Elementarschäden in Serie stillhält oder lieber den Berufshaftpflichtschutz aufkündigt. Die Alternative, konsequent nur umfassende Makler- bzw. Sonderbedingungen mit angemessen hohen Beiträgen anzubieten, erscheint attraktiver. (gg)

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Ziemlich gesunde Versicherte

Die Löcher in den Sozialkassen vergrößern die Sorgen der Versicherten mit jedem Jahr. Gesetzliche Krankenversicherer verzeichnen Milliardenverluste. Ohne Beitragserhöhung bleiben der Politik nur Stellschrauben mit Leistungskürzungen als Konsequenz.

Anhaltender Ärztemangel, geplante Klinikschließungen und knappe Medizinversorgung schaffen hohe Wechselbereitschaft zugunsten der privaten Krankenversicherung, kurz: PKV. Über 10 % der Deutschen kehren der gesetzlichen Krankenversicherung, oder kurz: GKV, den Rücken. Mit stabiler Tendenz und auf Nimmerwiedersehen, denn es gibt kaum Möglichkeiten für eine Rückkehr in die GKV.

Freie Wahl ohne Qual

Die private Krankenversicherung ist vorwiegend Arbeitnehmern mit Verdiensten über der Beitragsbemessungsgrenze, Beamten und Selbstständigen vorbehalten. Wichtigste Eintrittsvoraussetzung ist ein annehmbarer Gesundheitszustand, um in den Krankenvollschutz der PKV zu wechseln. 36 der im PKV-Verband organisierten Mitglieder bieten Versicherten Krankenvoll- und -zusatzversicherungen an. Die anderen ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder widmen sich der Krankenzusatzversicherung zur Ergänzung und Erweiterung der Gesundheitsvorsorge für Versicherte der GKV. Die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten und die Postbeamtenkrankenkasse sind Einrichtungen

Im Jahr 2023 gab es 96 gesetzliche Krankenkassen in Deutschland

für die namentlich erwähnten Beamten, deren Leistungsergänzungen zur Beamtenbeihilfe dem Vollschutz der PKV ähneln. Andere Beamte können sich, gewöhnlich zum Laufbahnbeginn, mittlerweile statt für Beihilfen mit PKV-Ergänzung ebenso für freiwillige gesetzliche Absicherungen in der GKV zum ermäßigten Beitrag entscheiden. Während Arbeitgeber grundsätzlich 50 % der gesetzlichen Versicherungsbeiträge für die Arbeitnehmer übernehmen, knausern Beamtendienstherren in einigen Bundesländern mit weiteren Beitragszuschüssen zum GKV-Modell, obwohl Beihilfen eingespart werden. Makler, die mit den Möglichkeiten der Beamtenversorgung vertraut sind, können hier punkten. Der Entscheidungsweg in Richtung PKV ist für Selbstständige und gutverdienende Arbeitnehmer als freiwillig Versicherte der GKV ebenfalls kompliziert. Neben guter Gesundheit und jungem Lebensalter sind Faktoren wie unter anderem die Berufswahl und Karriereplanungen, der Familienstand und das weitere Familienleben oder auch längerfristige Auslandsaufenthalte von enormer Bedeutung. Der verbeamtete Dauersingle hat einen anderen Krankenversicherungsbedarf als die Familie mit Kindern sowie mit zwei Versorgereinkommen aus selbständiger Tätigkeit und Anstellungsverhältnis. Singles bleiben des Öfteren nicht für immer kinderlos und Familien bestehen nicht ewig. Versorgerausfall, erwachsene Kinder, neuer Job, Scheidung oder Umzüge ins In- und Ausland verändern den Krankenversicherungsbedarf zum Teil sehr erheblich.

Viel gesünder leben

Die Risikoträger der GKV und PKV setzen in der Gesundheitsversorgung verstärkt auf gesündere Lebensgewohnheiten und Vorsorgemaßnahmen. Mit Ernährungsvorschlägen, Gesundheitstipps, Sportprogrammen etc. rücken viele Anbieter beispielsweise Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Problemen und Lebensmittelunverträglichkeiten prophylaktisch näher. Ebenfalls im Fokus stehen vielfach junge Leute und Familien. Junge Versicherte verursachen tendenziell weniger Leistungsfälle und eventueller Familiennachwuchs stärkt die Versichertengemeinschaft. GKV und PKV bewegen sich in puncto Information für Versicherte auf ähnlichem Niveau.

finanzwelt 02 | 2024 66 VERSICHERUNGEN | ZUSATZVERSICHERUNG ODER VOLLSCHUTZ
Quelle © Statista 2024

Auf neue Lebensumstände wie etwa durch Ehepartnerverlust, Familiengründung oder Pensionierung reagiert die GKV mit Automatismen. Ehepartner, Nachwuchs und Rentner bleiben so oder so in der GKV. Frischen Wind bringen die Wechselmöglichkeiten der Versicherten innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherer, die sich in Nuancen bei Beiträgen und Leistungen voneinander unterscheiden. Dieser Wettbewerb trägt Früchte. Jedes Jahr verschwinden Risikoträger und die Versicherten gelangen in eine andere gesetzliche Krankenkasse. In den letzten 15 Jahren halbierte sich deren Zahl und rutschte unter 100. Für einige Experten kein Manko, denn unterm Strich können größere Kassen umfassender über Gesundheitsvorsorge informieren und Maßnahmen initiieren. Nach einem Wechsel in die PKV entfallen viele gewohnte Automatismen. Jede Veränderung z. B. im Beruf oder zum Familienstand bedeutet Beratungsbedarf. Je früher der Versicherungsmakler davon erfährt, desto besser. Die privaten Versicherer bieten zwar vielfach Lösungen für Vertragsveränderungen an, diese sind jedoch an Fristen gebunden. Bei gravierenden Anlässen wie z. B. den Neuordnungen der Krankenvollversorgung für verwitwete Beamtenehegatten oder nach Insolvenz für einen Selbständigen vergehen Wochen und Monate wie im Fluge. Es sind oft intensive Kundennähe und große Eile geboten, damit die Sorgen rund um den Gesundheitsschutz wieder kleiner werden.

Am Ball bleiben

Für zwangsweise gesetzlich Krankenversicherte bleibt die Tür zur PKV offen. Viele private Zusatzdeckungen runden den gesetzlichen Schutz ab. Mittlerweile sorgen gesetzliche Krankenkassen in Eigenregie zusammen mit PKV-Anbietern für Versicherungslösungen. So schützen Krankenzusatzversicherungen für Auslandsreisen, Brillen, Schutzimpfungen oder Zahnbehandlungen die gesetzlich Versicherten. Das sind gute Karten für Versicherungsmakler, die mit einer großen Anzahl passender und günstiger Lösungen bei freier Versichererwahl aufwarten. Die betriebliche Krankenversicherung, kurz: bKV, bietet zusätzliche Optionen. Während gesetzliche Krankenversicherer ihre Versicherten mit dem Zusatzschutz enger anbinden wollen, erzielen Unternehmen mit einer bKV ähnliche Bindungswirkungen. Die Belegschaft verfügt über vergleichbaren Krankenzusatzschutz mit individuellen Ausbauoptionen. Arbeitnehmer können jederzeit die gesetzliche Kasse ohne Neuabschluss von Zusatzversicherungen wechseln oder als freiwillig Versicherter einen privaten Vollschutz wählen. Egal, wie sich die Kunden beruflich oder privat entscheiden, für Makler folgt Krankenversicherungsgeschäft. Die hohen Aufwendungen für Beratungen, deren Dokumentationen und zur Kundeninformation lohnen sich also. (gg)

67 Foto: © rh2010stock.adobe.com
„Gesundheits-Apps als digitaler

Coach“

Gesundheits-Apps spielen eine immer wichtigere Rolle für eine bessere Gesundheitsversorgung und dienen den Versicherern als wichtiges Kundenbindungsinstrument. Die Gothaer wurde vom Deutschen Institut für ServiceQualität (DISQ) und dem Nachrichtensender ntv mit dem Deutschen App-Award ausgezeichnet. Im Interview erläutert Dr. Sylvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung AG, die Erfolgsfaktoren für die Auszeichnung, die zentrale Bedeutung der Apps für eine bessere Gesundheitsversorgung und die meistgenutzten Features.

finanzwelt: Frau Dr. Eichelberg, was waren die entscheidenden Erfolgsfaktoren für Ihre Auszeichnung mit dem Deutschen App-Award 2024?

Dr. Sylvia Eichelberg» Unsere Gesundheits-App ist für unsere Kunden wie ein persönlicher Gesundheitscoach. Ähnlich wie ein Coach, der einen bei Fitnesszielen unterstützt, hilft die App dabei, die eigene Gesundheit zu erhalten. Sie bietet dabei eine Vielzahl von Funktionen, unter anderem Präventionsangebote zu Themen wie mentale Gesundheit, Schlaf oder Ernährung, einen unkomplizierten Zugang zu medizinischen Leistungen, aber auch die digitale Rechnungseinreichung. Genau dieses Gesamtpaket und den damit verbundenen Kundennutzen hat die Jury überzeugt.

finanzwelt: Warum sind digitale Services wie Gesundheits-Apps heute Ihrer Meinung nach so entscheidend für eine bessere Gesundheitsversorgung?

Dr. Eichelberg» In den letzten Jahren sind die Kundenerwartungen an einfache, nützliche und bedienungsfreundliche

digitale Lösungen gestiegen – auch als Folge der Pandemie. Nur passgenaue individuelle Services über den gewünschten Kanal schaffen eine hohe Kundenzufriedenheit und entscheiden mit über die Wahl der Krankenversicherung. Hier spielt unsere Gesundheits-App eine entscheidende Rolle. Sie bietet beispielsweise eine Ersteinschätzung von Krankheitssymptomen, Hilfe bei der Arzt- und Krankenhaussuche oder telemedizinische Angebote. Ein weiterer Treiber ist das steigende Gesundheitsbewusstsein der Kunden. Krankenversicherungen sollten daher ihren Versicherten helfen, gesund zu bleiben und Krankheiten vorzubeugen. Eine proaktive Gesundheitsförderung ist daher heute und in Zukunft ein klares Ziel der Krankenversicherungen. Digitale Coaches wie unsere Gesundheits-App bieten dabei tolle Unterstützung.

finanzwelt: Inwiefern wird dadurch die Kommunikation zwischen Kunde und Versicherer vereinfacht bzw. verbessert?

Dr. Eichelberg» Ganz einfach: Über die Gesundheits-App können unsere Versicherten Rechnungen, Rezepte und Verordnungen einreichen. Eingereichte Dokumente und Vertragsdaten können jederzeit und überall eingesehen werden. Das erleichtert nicht nur die Kommunikation für beide Seiten enorm, das ganze Prozedere wird auch erheblich beschleunigt. Eine weitere wichtige Rolle spielt auch die elektronische Patientenakte (ePA), die wir als einer der ersten privaten Krankenversicherer auf den Markt gebracht haben. Sie dient als digitale Ablage für sämtliche ärztliche Informationen und Dokumente. Das erleichtert den Austausch zum Beispiel von Ärzten untereinander und mit den Versicherten signifikant. Die Versicherten haben durch die ständige Ver-

» Über die Gesundheits-App können unsere Versicherten Rechnungen, Rezepte und Verordnungen einreichen. Eingereichte Dokumente und Vertragsdaten können jederzeit und überall eingesehen werden. «

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fügbarkeit der Daten viele Vorteile: Zweitmeinungen können schneller eingeholt werden, Doppeluntersuchungen können vermieden und Wechselwirkungen von Medikamenten durch die Abrufbarkeit der verordneten Präparate besser berücksichtigt werden.

finanzwelt: Welche Features werden am meisten genutzt?

Dr. Eichelberg» Wie bei einem kompetenten Gesundheitscoach zu erwarten, sind das Funktionen entlang der gesamten Patientenreise. Der Symptomchecker, die Arzt- und Hebammensuche und die Leistungseinreichung gehören zu den meistgenutzten Features. Auch Themen zur Gesunderhaltung wie Ernährung, Zahngesundheit und Gesundheit am Arbeitsplatz werden häufig aufgerufen. Sehr beliebt sind auch Video- und Gamification-Formate. In unserem Gesundheitsquiz lassen sich mittlerweile täglich 10 bis 15 % der Nutzenden auf ihr Wissen zu Gesundheitsthemen testen. Wir sehen daran: Das Interesse am Thema ist riesig.

finanzwelt: Welche Bedeutung haben exzellente Gesundheits-Apps – neben Preis, Leistung und Service – bei der Auswahl eines Versicherers?

Dr. Eichelberg» Unsere Vertriebspartner kennen die Bedürfnisse unserer Kunden am besten. Deshalb binden wir sie früh und eng in die Entwicklung unserer Services und Produkte ein. Sie können ihre Fachkompetenz optimal in die Beratung für die bestmögliche Gesundheitsversorgung unserer Kunden einbringen. Wenn sie denen dann im persönlichen Gespräch die Vorzüge unserer Gesundheits-App darstellen, ist das noch mal ein wichtiger Faktor, denn bei den gängigen Vergleichsplattformen spielen ja nur die klassischen Leistungen eine Rolle. Mit der App schaffen wir außerdem ein einfach nutzbares und individualisiertes Kundenerlebnis, das rund um die Uhr zur Verfügung steht. Damit punkten wir zusätzlich.

finanzwelt: Wie sieht die Zukunft in diesem Bereich aus? An welchen neuen Anwendungen arbeiten Sie gerade? Dr. Eichelberg» Grundsätzlich haben all die Services Zukunftspotenzial, die Versicherte beim Erhalt ihrer Gesundheit unterstützen. Wir konzentrieren uns derzeit darauf, das Nutzererlebnis weiter zu verbessern. Deshalb setzen wir in Zukunft auf eine noch stärkere Individualisierung. Das bedeutet: Je nach Art der Versicherung und der jeweiligen Themenpräferenz werden den Nutzern andere, für sie besonders relevante Inhalte angezeigt. Auch für Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden eine betriebliche Krankenversicherung anbieten, wollen wir Content individualisieren. Funktionen, für die bisher mehrere Anwendungen nötig waren, wollen wir Schritt für Schritt zusammenführen. Außerdem denken wir über die Integration von Bausteinen zur betrieblichen Gesundheitsförderung in Form von Videos oder LiveCoaching nach. Ziel ist es, dass jede und jeder die Angebote bekommt, die er braucht und haben möchte. Dafür arbeiten wir. (mho)

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„Das ist kein Sprint,

sondern eher ein Marathon“

Die Diskussionsteilnehmer

Stefan Becker, Head of Intermediary Business für Deutschland und Österreich, Neuberger Berman Group LLC

Dr. David Jansen, Partner, Willkie Farr & Gallagher LLP

Alexander Koch, Head of Third Party Distribution, Amundi Deutschland GmbH

Dr. Frank Ulbricht, Vorstandsvorsitzender, BfV Bank für Vermögen AG und Vorstandsmitglied BCA AG

Totgesagte leben länger, heißt es so schön. Wie schaut das Comeback des ELTIF aus? In diesen Wochen wird viel über den ELTIF 2.0 diskutiert. Seit die Novelle in Kraft getreten ist, fragen sich viele Marktteilnehmer, was es mit der Fondshülle auf sich hat. Grund genug, sich in größerer Runde auszutauschen. Vier Experten stellten sich den Fragen der finanzwelt.

finanzwelt: Die ELTIF-Reform, ausgedrückt im runderneuerten ELTIF 2.0, ist zu Jahresbeginn in Kraft getreten. Durch die Novelle sollten einige Probleme der Vorgängerversion ELTIF 1.0 beseitigt werden. Herr Dr. Jansen, wie kann dieses Update regulatorisch eingeordnet werden?

Dr. David Jansen» Ich glaube, dass die Novellierung an einigen entscheidenden und in der Vergangenheit vielfach kritisierten Aspekten angesetzt hat, um die Gestaltungsmöglichkeiten für Fondsinitiatoren zu erleichtern. So wurden Vereinfachungen im Bereich der erwerbbaren Vermögensgegenstände, der Fremdfinanzierung und, ganz wesentlich, des Vertriebs aufgenommen. Lassen Sie mich kurz beispielhaft erläutern: Der ELTIF 2.0 kann als Dachfonds ausgestaltet werden, wobei er bei dem Spektrum an potenzi-

ellen Zielfonds nicht mehr nur auf ELTIFs beschränkt ist. Auch die Anlage in Immobilien wird mit der neuen rechtlichen Hülle signifikant erleichtert, weil hier in der Praxis schwer handhabbare Anforderungen entfallen sind. Diese exemplarischen Erleichterungen machen deutlich, dass der Gesetzgeber den ELTIF konzeptionell überarbeitet hat, um letztlich auch die Attraktivität und Nachfrage nach diesem Vehikel zu erhöhen.

finanzwelt: Kurz nachgehakt, Sie haben es bereits angerissen: Die Novellierung betrifft ganz entscheidend den Vertrieb bzw. die Vertriebsaktivitäten. Dr. Jansen» Absolut. Beim ELTIF im Jahr 2015 wollte der Gesetzgeber beim Anlegerschutz zurecht keine Kompromisse eingehen. Doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Es gab dann eine nur für den ELTIF geschaffene Beratungspflicht und zusätzliche KYC-Vorgaben, die sich als Vertriebshürden entpuppten und jetzt gestrichen worden sind. Die Prüfung ist nunmehr an bewährte MiFIDVorgaben, wie sie auch für andere Produkte gelten, angeglichen.

finanzwelt: Neuberger Berman ist mit drei ELTIFs am Markt. Teilen Sie die dargelegte Ansicht, Herr Becker?

Stefan Becker» Ich denke, dass die wirksamsten Änderungen dieser Reform tatsächlich die Vermarkung betreffen, und zwar in positiver Hinsicht. Der ELTIF 1.0 war tatsächlich ein Kind seiner Zeit, d. h. der Regulator hatte insbesondere noch die Fehlentwicklungen und den mangelnden Anlegerschutz bei geschlossenen Beteiligungen vor Augen. Dem wollte man entgegentreten und zeitgleich Kapital in langfristige Projekte in der EU anziehen. Mit dem ELTIF 2.0 soll insbesondere Privatanlegern ermöglicht werden, in Anlageklassen zu investieren, die ihnen vormals eher verschlossen waren. Wie der Markt den neuen regulatorischen Rahmen und die langsam auf den Markt kommenden Produkte annimmt, bleibt aktuell abzuwarten. Interesse, sowohl von Privaten als auch Institutionellen, ist zumindest vorhanden.

finanzwelt: Deckt sich das mit den Erfahrungen bei Amundi?

Alexander Koch» Ja, den geschilderten Eindruck bekommen auch wir so zurückgespiegelt. Die Komplexität und das Überdrehen der regulatorischen Schraube haben in der Vergangenheit nicht die Erfolge gezeitigt, die man sich 2015 erhofft hatte. Aber Erfahrungen und Lernen aus den Fehlern sind doch

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SACHWERTE & IMMOBILIEN | ROUNDTABLE

entscheidend; mit den Nachschärfungen und Verbesserungen soll nun der Zugang zu den Private Markets per Fonds weiter vereinfacht werden, bei ähnlich hohem Anlegerschutz wie bei UCITS-Fonds. Ein wegweisender Schritt, zumal die Bandbreite an Private Assets dem Endanleger im breiten Portfolio durchaus Mehrwert bieten können.

finanzwelt: Die BfV Bank für Vermögen mit angeschlossenem Haftungsdach ist kein Produktgeber, aber sehr nah dran am Vertrieb. Ist mit der Novelle die Basis für eine steigende ELTIF-Nachfrage geebnet?

Dr. Frank Ulbricht» Tendenziell ja. Die entscheidende Frage lautet, welchen Anlegerkreis das Produkt ansprechen soll. Für die privaten Investoren spielten Mindestanlagesumme und die Begrenzung auf maximal 10 % des liquiden Vermögens eine sehr bedeutende Rolle. Mit der ELTIF-2.0-Verordnung ist diesbezüglich eine spürbare Entlastung gekommen. Die Eintrittsbarrieren wurden gesenkt; das verschafft Rückenwind. Ich denke, damit ist grundsätzlich die Möglichkeit einer echten Alternativen zu offenen Immobilien-Publikumsfonds geschaffen worden. Neben Aktien und Anleihen wird dem Privatanleger die Welt der alternativen Anlagen zugänglich gemacht: Private Equity, Private Debt und vor allem das Thema Infrastrukturinvestments. Nachfrage muss natürlich auf ein entsprechendes Angebot stoßen und hier merken wir, dass viele Gesellschaften mit Produkten in den Startlöchern stehen.

finanzwelt: Gibt es aktuell noch etwaige Schwachstellen oder Unklarheiten bei der Reform?

Dr. Jansen» Die wichtigen technischen Regulierungsstandards (RTS) für die novellierte Verordnung über den ELTIF sind zwar als Entwurf veröffentlicht, aber noch nicht abschließend gebilligt worden. Wann dies im Jahresverlauf erfolgt, ist noch nicht absehbar. Die wichtigsten Themen betreffen hier Mindesthalteund Rücknahmefristen.

Becker» Es ist denkbar, dass die RTS jetzt auch in der vorliegenden Form einfach so angenommen werden, um

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Dr. David Jansen Alexander Koch

Zeit zu gewinnen. Sonst könnten diese technischen Regulierungsstandards gegebenenfalls erst nach den Europawahlen im Sommer nochmals neu diskutiert und somit erst viel später verabschiedet werden.

finanzwelt: Welche Rechtsformen werden für den ELTIF genutzt?

Koch» Wir nutzen aus Gründen der regulatorischen Flexibilität Luxemburger Rechtsformen, den RAIF oder UCI Part II. Luxemburg ist für die Auflage neuer Fonds ein guter Standort und wir haben diesbezüglich in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht.

finanzwelt: Scope hat im vergangenen Jahr eine europäische ELTIF-Studie vorgelegt. Man schaut doch immer gerne über den Tellerrand hinaus. Lernen von den Nachbarn – ist dies auch bei diesem Thema möglich?

Koch» Zumindest überlegenswert. Es gibt in einigen Ländern auch steuerliche Anreize, um langfristig in die europäische Realwirtschaft zu investieren. Das könnte auch für Deutschland attraktiv sein.

finanzwelt: Nach der rechtlichen Einordnung und den damit verknüpften Herausforderungen möchten wir nun auf die Ausgestaltung der ELTIFs eingehen. Alternative Investments sind eine Geldanlage abseits der „Norm“. Was halten Sie in diesem Zusammenhang von der Formulierung „Demokratisierung einer Anlageklasse“? Becker» Die Öffnung dieser vielfältigen Anlageklasse für Privatinvestoren ist zu begrüßen. Alternative Anlagen bieten aufgrund ihrer sehr langfristigen Orientierung einen Ausgleich, da diese Anlageklassen in der Regel weniger stark im Wert schwanken. Alternatives können Diversifikation und attraktive langfristige Renditen bieten sowie ein Engagement für eine nachhaltigere Zukunft sein. Dr. Ulbricht» Die möglichen Vorteile von Investments in diese Assetklassen liegen auf der Hand. Ich möchte jedoch hervorheben, dass es sich bei Private Equity, Private Debt oder auch Infrastruktur im Unterschied zu Aktien und Anleihen um klassische Langfristanlagen handelt, die kaum liquide sind. Das sollten Privatanleger wissen und es liegt an uns, dies ent-

sprechend in den Beratungsgesprächen deutlich zu machen. Hinzu kommt, dass Alternatives in der Regel ein hohes Maß an Investmentexpertise voraussetzen, über die eine Vielzahl der privaten Investoren nicht verfügt. Das gilt übrigens tendenziell auch für Berater. Der ELTIF 2.0 öffnet Türen, ermöglicht ein breiteres Spektrum an Investmentopportunitäten, ist jedoch auch kein Selbstläufer. Aufklärung und Wissenstransfer sind in diesem Zusammenhang, auch mit Blick auf die Erfolgsaussichten der Produkte, ganz entscheidend. Abgesehen davon ist hervorzuheben, dass der ELTIF (offen oder geschlossen) als Beimischung im bestehenden Portfolio dient und kein klassisches Basisinvestment darstellt. Koch» Das kann ich nur unterstreichen. Für ELTIFs sollte es eine Beratungspflicht geben. In Deutschland haben viele Privatkundenberater vielleicht schon ein grundlegendes Wissen über die Anlageklassen, auch bedingt durch die Immobilienfonds. Doch rudimentäres Know-how reicht hierbei nicht aus. Der Informationsbedarf ist hoch und umfassend. Und ich glaube, an dieser Stelle sind wir alle in der Pflicht. Ob es jetzt ein Asset Manager, eine Vertriebseinheit oder ein Intermediär ist. Auf Augenhöhe mit den Beratern muss das Fundament dafür geschaffen werden, damit es ein ‚Erfolgsmodell‘ wird.

finanzwelt: Man liest überall, der ELTIF sei ein „Gamechanger“. Doch für welche Klientel ist das Produkt geeignet? Becker» Auch wenn mit der Novellierung der Mindestanlagebetrag pro Anleger sowie der ELTIF-spezifische Eignungstest entfallen, ist es ein komplexer regulatorischer Rahmen, der sich nur als Beimischung im bereits diversifizierten Portfolio für Privatanleger eignet. Für den Umgang mit ELTIFs bedarf es, wie geschildert, spezieller Expertisen, sowohl auf Seiten der Kunden als auch bei Beratern. Aktuell sind viele noch in der Wartestellung und es existieren zwangsläufig viele Missverständnisse. Denken Sie nur an die verschiedenen Anlageklassen, die in den ELTIF 2.0 einfließen können. Ein Beispiel wäre Private Equity; eine Anlageklasse, die hierzulande nach wie vor mit viel Unwissen verbunden ist. Das müssen

finanzwelt 02 | 2024 72 SACHWERTE & IMMOBILIEN | ROUNDTABLE
Stefan Becker

wir gemeinsam in Angriff nehmen und überwinden. Klar ist, der ELTIF 2.0 steht für eine langfristige Kapitalanlage.

finanzwelt: Sind deutsche Privatkundenberater eigentlich gewappnet für den ELTIF 2.0?

Koch» Auch hier sind wir am Anfang der Entwicklung. Es gilt, die Berater zu unterstützen und das nötige Rüstzeug bereitzustellen. Denn diejenigen, deren Know-how nicht ausreicht, werden logischerweise hierzu nicht in erforderlichem Maße beraten können. Das lässt sich nur mit Aufklärung, Workshops und Interaktion erreichen.

Dr. Jansen» Es muss die zentrale Aufgabe sein, die Vielschichtigkeit und das Vokabular der Private Markets aus dem institutionellen Kontext in die Retailmärkte zu überführen. Kein ganz einfaches Unterfangen. Denken Sie nur beispielsweise an die Teilsegmente von Private Equity oder Private Debt. Überall tauchen Anglizismen auf, die für Berater und Kunden mitunter so nicht verständlich sind. Glossare sind in diesem Zusammenhang gute Tools.

Dr. Ulbricht» Ich kann dem Gesagten nur zustimmen. Die Branche muss aktiv werden, sonst besteht die Gefahr, dass die Nachfrage kundenseitig schnell wieder abebbt. Wir müssen die Berater mit ihrem bisherigen Erfahrungsschatz abholen, unterstützen und ihnen auf Augenhöhe begegnen. Das ist kein Sprint, sondern eher ein Marathon. Ich sehe hier eine Parallele zur Nachhaltigkeitsthematik mit ihren vielen Ausprägungen und Teilaspekten.

finanzwelt: Hat die BfV das Thema des ELTIF 2.0 bereits auf dem Radar?

Dr. Ulbricht» Absolut. Ende des vergangenen Jahres haben wir gemeinsam mit einigen Kooperationspartnern den ELTIF-Gipfel erfolgreich an drei Standorten durchgeführt. Das Interesse bei Beratern ist vorhanden. Insofern streben wir auch künftig weitere nutzwertorientierte Fortbildungsmaßnahmen an, um Know-how zu vermitteln. Ziel ist, dass diese nach und nach auf den Markt kommenden Produkte für die Berater keine ‚Blackbox‘ mehr sind; sondern als langfristiger Portfoliobaustein für die

Kunden gesehen werden. Des Weiteren stellen wir in Zusammenarbeit mit Plattformlösungen die gesamte Infrastruktur zur Verfügung, angefangen von Informationen aus unserem Research über Produkte und Beratungstools bis hin zu Abwicklungsprozessen.

finanzwelt: Welche Produktanbieter werden nach Ihrer Meinung das Rennen machen?

Becker» Mit Blick auf die Asset Manager hinter den am Markt existierenden ELTIFFonds wird deutlich, dass insbesondere große Marktplayer ELTIF-Produkte anbieten. Der regulatorische Rahmen, die Komplexität der unterschiedlichen Assetklassen (Private Debt, Private Equity, Real Estate und Infrastruktur), das alles spielt Häusern mit einer langjährigen Expertise wie beispielsweise Neuberger Berman oder Amundi in die Hände. Dr. Ulbricht» Das sehen wir auch so. In einem Umfeld, in dem neue, erklärungsbedürftige Produkte peu à peu auf den Markt kommen, ist die Expertise der Anbieter ganz entscheidend. Die avisierte Rendite ist eine Sache, wichtiger sind jedoch der Track Record des Emittenten und die profunden Kenntnisse

der einzelnen Marktsegmente und jeweiligen Besonderheiten.

finanzwelt: Zum Schluss – wird der ELTIF 2.0 ein neuer „Verkaufsschlager“, vergleichbar mit dem ETF?

Koch» Die beiden Produktkategorien sind nicht vergleichbar. Wir stehen mit den ELTIF-Produkten am Anfang einer Entwicklung. Eine Phase, die sehr spannend, aber zugleich auch herausfordernd ist. Wir zählen, gerade mit Blick auf das europäische Ausland, zu den Pionieren am Markt und wissen um das Potenzial einerseits, aber auch um die Relevanz der Wissensvermittlung andererseits. Es ist ein Marathon. Doch die Argumente, sich mit alternativen Anlageklassen im Rahmen der Portfolioallokation zu beschäftigen, liegen auf der Hand.

Dr. Jansen» Der ELTIF 2.0 erhöht die Flexibilität und ist eine bedeutende Entwicklung für Privatanleger. Es ist möglich, dass damit eine neue Ära eingeläutet wird, in der ihnen Anlageklassen erschlossen werden, zu denen sie lange Zeit keinen Zugang hatten. Noch ist verständlicherweise vieles im Fluss, ich erwähne nur beispielhaft das Thema Marktinfrastruktur. (ah/mho)

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Dr. Frank Ulbricht

Wille und Weg sind jetzt da

Geld wächst nicht auf Bäumen, aber Geld kann durchaus dabei helfen, Bäume wachsen zu lassen. Das Stichwort hier lautet Impact Investing – Investitionen, die etwas bewirken, also einen (nachhaltigen) Impact haben. In Zeiten schmelzender Polkappen, Blumen in der Antarktis und –dezent ausgedrückt – unüblichen Naturereignissen auch in Deutschland, muss Geld vorrangig zu einer grünen Zukunft beitragen.

Wer in Umwelt, Energie und Gesundheit anlegt, der muss nicht auf Rendite verzichten. Das bestätigt die Marktstudie der Bundesinitiative Impact Investing (BIII) zum Thema aus dem Jahr 2022. In diesem Jahr lag das Volumen der Impact Assets bei 38,9 Mrd. Euro. Die Studie zeigt außerdem, dass 76 % der Befragten mit der Impact Performance ihres Portfolios zufrieden sind. Die finanzielle Performance des Portfolios

entspricht den Erwartungen von 73 % der Befragten. In 16 % der Fälle wurden die Erwartungen an die Impact Performance sogar übertroffen. Bei der Frage nach der finanziellen Performance waren es nochmal 3 % mehr.

Wenn es um Geldanlagen geht, müssen Anleger selbstverständlich auch auf Schwankungen vorbereitet sein. Schwankungen – sofern keine regelrechte Berg- und Talfahrt – sind normal und zu erwarten. Die geopolitische Lage wirkt sich dennoch genauso auf den Bereich Impact Ivesting aus, wie auf jeden weiteren in der Gesellschaft. Da sich Impact Investing überwiegend im Bereich der Privatmärkte abspiele, sei man mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert wie die traditionellen Private Markets, erklärt die Geschäftsführerin der BIII, Susanne Bregy. Höhere Betriebs- und Refinanzierungskosten der Unternehmen drücken auf Bewertungen;

finanzwelt 02 | 2024 74 SACHWERTE & IMMOBILIEN | IMPACT INVESTING

aber auch Exits würden durch die geringeren bzw. teurere Liquidität schwieriger. Das wiederum führe unter Umständen zu weniger und späteren Rückflüssen bei den Limited Partnern, die dadurch weniger, beziehungsweise späteres Kapital für Neuinvestitionen hätten. „Auf der anderen Seite“, betont Bregy, „erwirtschaften erfolgreiche Private Markets Investitionen – vor allem Private Equity und Venture Capital – höhere Renditen als in liquiden Märkten, was wiederum höhere Realrenditen bedeutet.“

Geld kann auch grün!

„Über das Thema Geld spricht man nicht!“, „Geld ist schmutzig!“ oder sogar Begriffe wie „Schwarzgeld“ und „Blutgeld“ – wie man es dreht und wendet… ein gutes Image sieht anders aus. Selbst die Vorstellung von einer nachhaltigen Geld-

anlage ist nicht greifbar, denn Windräder passen nicht in den Trophäenschrank und maritime Lebensräume sieht man höchstens beim Tauchen im Urlaub aus der Nähe. Bei all der medialen Aufmerksamkeit, die nachhaltigen Themen derzeit zukommt, werden auch kritische Stimmen hörbar, die das als Modeerscheinung abtun; „Klimawandel ist nicht real!“ und so weiter. Schwindet das Interesse an „grünen“ Geldanlagen also nach und nach?

„Nein, ich denke nicht“, meint Susanne Bregy. Die aktuelle Regulatorik habe eine Verunsicherung verursacht, deshalb wollen gewisse Investoren nicht in ein Risiko des Green-/ Impactwashing geraten. „Insofern kann es sein, dass auf dem Papier das Interesse rückläufig ist, aber per se steigt meines Erachtens die Nachfrage. Ich sehe die Abflachung als temporär an und nicht der Nachhaltigkeit an sich geschuldet.“

Grün, grün, grün sind alle meine Kleider…

Wem in den letzten paar Jahren aufgefallen ist, wie schnell alles an Produkten „grün“ und „nachhaltig“ werden kann, dem ist sicher auch der Begriff „Greenwashing“ in diesem Kontext begegnet. Ein kurzes Beispiel: Sogenanntes „Veganes Leder“ ist eigentlich nichts anderes als Plastik und es wäre tatsächlich nachhaltiger, etwas aus echtem Leder zu kaufen, weil dieses Beiprodukt sonst verschwendet ist. Auch Impactwashing bezeichnet die gezielte Irreführung der Investoren. Die angeblich positive Wirkung des Impact Investments entspricht dann nicht der Realität. Einheitliche Standards in der Branche sollen der Gefahr von Impactwashing entgegenwirken. Auf dem Blog des Mikrofinanz-Unternehmens Invest in Visions werden die Operating Principles of Impact Management (OPIM) thematisiert, welche diese Standards etablieren soll. Die OPIM wurden 2019 von der International Finance Cooperation (IFC) ins Leben gerufen, denn um die ökologische und gesellschaftliche Wirkung eines Investments zu messen, muss der Anlageprozess von Anfang an analysiert werden. Das bedeutet: jeder Schritt von der Erstellung der Investitionsstrategie bis hin zum Exit.

Das Jahr 2024 ist noch relativ jung. Die Branche Impact Investing kennt ihre Ziele und Potenziale – gute Voraussetzungen für Erfolge. „Wir wollen weiterhin in den Mainstream. Investoren sollen in Risiko-, Rendite- und Impact-Kategorien denken!“, erklärt Susanne Bregy. Die Transformation sei für die BIII ein enorm wichtiges Thema. „Und klar beschäftigen wir uns auch mit der Regulatorik. Hierbei ist die doppelte Materialität – inside out/outside in – wesentlich für uns.“ Der Gedanke, dass die Investition in die Zukunft nicht nur die eigene Zukunft meinen muss, sondern auch die entscheidende (Start-)Hilfe zur Selbsthilfe für andere sein kann, ist ein schöner. Das findet auch die Geschäftsführerin des BIII: „In meinen Augen wird bald jeder verstanden haben, dass Investitionen und beabsichtigte positive Wirkung Hand in Hand gehen.“ (ml)

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„Investitionsländer, die eine sichere rechtliche und wirtschaftliche Basis liefern“

Die hep global GmbH (hep) ist ein sehr routinierter Player im Bereich der Erneuerbaren Energien. Das Unternehmen entwickelt, baut, betreibt und finanziert Solarparks rund um den Globus. Christian Hamann, Gründer und CEO sowie Thorsten Eitle, Gründer und CSO, standen im Exklusiv-Interview zum Schwerpunkt Solarenergie Rede und Antwort. Natürlich gingen wir auch auf den aktuellen Fonds, die Wichtigkeit des lokalen Know-hows bei neuen Projekten und die Zukunftspläne ein.

finanzwelt: Herr Eitle, seit 15 Jahren sind Sie mit hep mit weltweit über 80 entwickelten Photovoltaik Anlagen und mehr als 30 in der Verwaltung ein globaler Player am Markt der Erneuerbaren Energien. Was fasziniert Sie an dieser Assetklasse?

Thorsten Eitle» Schon bei der Gründung vor über 15 Jahren haben wir uns auf das Thema Photovoltaik konzentriert. Das war und ist eine gute Entscheidung – PV ist mit die wichtigste Säule der Energieversorgung weltweit. Vorteile sind die Skalierbarkeit, die relativ einfache Technik sowie die Möglichkeit, dezentral Strom zu produzieren. Weiterhin weist Photovoltaik die geringsten Produktionskosten für Energie im Energiemix aus, so dass sie in Zukunft auch ökonomisch Vorreiter sein wird. Auch wenn wir uns zunehmend mehr mit Themen wie Speicherung oder Wasserstoffpyrolyse beschäftigen, werden all diese Techniken am effizientesten sein, wenn man sich für den günstigsten Inputfaktor entscheidet. Stand heutigen Wissens ist dies die PV-Energie und die Skaleneffekte bei der Technologie sind noch immer nicht ausgeschöpft.

finanzwelt 02 | 2024 76 SACHWERTE & IMMOBILIEN | INTERVIEW
Christian Hamann (li.) und Thorsten Eitle (re.)

finanzwelt: Erneuerbaren Energien sind ein globales Megathema. Trotzdem sind die Unterschiede im Energiemix, Förderung und Vergütung von Land zu Land stark unterschiedlich. Worauf muss man achten?

Christian Hamann» Wir konzentrieren uns auf Investitionsländer, die uns eine sichere rechtliche und wirtschaftliche Basis liefern. Neben Deutschland, Japan und den USA bauen wir nun den ersten Solarpark im investitionsfreundlichen Kanada. Unser Vorteil besteht in den Niederlassungen in unseren Investitionsländern. Dennoch gibt es auch bei diesen Ländern einen Unterschied. Sowohl bei der Stromvermarktung als auch bei der Förderung des Ausbaus unterscheiden sich diese Märkte erheblich. In Deutschland gibt es mit dem EEG noch immer ein sogenanntes ‚Fit in Tariff-System‘ FiT) das sukzessive eingeschränkt wird. Auch in Japan gab es ein FiT-System, das allerdings gegenwärtig zu einem marktlicheren System umgebaut wird. In Nordamerika sind die freie Vermarktung des Stromes bzw. die Vermarktung über Stromabnahmeverträge (PPAs) mit Unternehmen oder Stromendhändlern (im wesentlichen Energieversorgungsunternehmen) schon immer vorherrschend. In Sachen PPAs sind diese Märkte deutlich reifer. Der Ausbau der Förderung erfolgt in diesen Ländern über steuerliche Vorteile. Diese sind spätestens seit dem ‚Inflation Reduction Act‘ auch den Europäern präsent. Tatsächlich wird dieses Instrument in den USA schon sehr lange eingesetzt, um bestimmte Entwicklungen ordnungspolitisch zu beschleunigen. Das heißt der Markt ist sehr vertraut mit dieser Art der Förderung.

finanzwelt: Sie haben allein in Nordamerika drei Niederlassungen. Wie wichtig sind Ihnen lokale Expertise und Netzwerk?

Eitle» Wir sind in Nordamerika mit über 70 Mitarbeitern sehr gut aufgestellt. Ohne eigene Mitarbeiter, umfangreiche Kontakte und umfassender Expertise ist es undenkbar, als deutsches Unternehmen in den USA und Kanada zu performen. Wenn wir uns für ein Investitionsland entschieden haben, bauen wir in der Regel vor Ort mit lokalen Mitarbeitern entsprechende Niederlassungen auf. Wie schon zuvor dargestellt gibt es regionale Besonderheiten, die man ohne Präsenz vor Ort und dem Netzwerk von Mitarbeitern mit lokalen Wurzeln nur unzureichend berücksichtigen kann. Das fängt bei der Flächensicherung an, geht über die Besonderheiten beim Netzanschluss und Bau bis hin zur Vermarktung des Stroms. Unseres Erachtens kann man keine Gelder seriös verwalten, wenn man nicht ‚Boots on the Ground‘ hat. Das ist aber etwas, was unseres Erachtens für alle Sachwert-Investments gelten sollte.

finanzwelt: Was reizt Sie als Investor an Kanada bzw. der kanadischen Provinz Alberta? Hamann» Kanada bzw. Alberta sind aus vielerlei Gründen interessant. Zum einen sehen wir in Kanada eine stabile Stromnachfrage, die unter anderem aus der Elektrifizierung

der Bergbauindustrie kommt. Der Bergbau macht in Kanada ca. 10 % des Bruttoinlandsproduktes aus, d. h. er ist unverzichtbar. Auf der Angebotsseite ist Alberta so interessant, da es einer der wenigen deregulierten Strommärkte ist, dessen Markt allerdings von einem Oligopol bestimmt wird. Dieses Oligopol betreibt im Wesentlichen fossile Kraftwerke und hat ein hohes Interesse, seine Kraftwerksflotte bei möglichst hohen Strompreisen durch erneuerbare zu ersetzen. Diese Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage kann für Betreiber von PV-Parks zu einem sehr vorteilhaften Ergebnis führen. Sowohl bei den laufenden Erträgen als auch perspektivisch, wenn man eine Anlage veräußern möchte. Die Rentabilität von Solarenergieprojekten hängt jedoch nicht nur von Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt ab, sondern auch von verschiedenen anderen Faktoren wie den Kosten für die Installation und den Betrieb der Anlagen, den regulatorischen Rahmenbedingungen und den finanziellen Modellen. Diese erachten wir in Alberta derzeit als attraktiv.

finanzwelt: Der Fonds verfügt über zwei Hebel. Zum einen 25 % Fremdkapital und ca. 30 % staatliche Förderung auf die Investitionskosten. Wie funktioniert diese Förderung?

Eitle» Kanada fördert den Ausbau der Erneuerbaren Energien über Steuergutschriften, sogenannte Tax Credits. Diese bekommt man auf ca. 30 % der Investitionssumme und führt zu einem Renditevorteil von knapp 4 %. Wir bekommen einen Zuschuss, der ist zinsfrei und muss nur über die Steuerschuld zurückgezahlt werden. Das kann man sich in etwa so vorstellen wie die Förderdarlehen im sozialen Wohnungsbau, die von einigen Investitionsbanken in Deutschland zur Verfügung gestellt werden.

finanzwelt: Außerdem profitiert der Investor voraussichtlich über eine deutliche höhere CO2-Zertifizierung als in Europa üblich. Was macht das aus?

Hamann» On top gibt es die verpflichtenden CO2-Zertifikate. Wenn ich heute baue, bekomme ich anhand eines bestimmten Faktors CO2-Zertifikate, welche ich dann am Markt verkaufen kann. Dies kann aktuell bis zu einem Drittel der Erträge ausmachen, wird aber über die Laufzeit sukzessive weniger. Die Ratio dahinter ist, dass man den Ausbau der Erneuerbaren incentivieren möchte. (lvs)

Mehr zur Strategie und zu den Zukunftsplänen von hep lesen Sie online im ausführlichen Interview. Info

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„Der Neubau zählt sicherlich nicht

zu den Fokusthemen

Der Traum von den eigenen vier Wänden scheint – zumindest aktuell – wieder in greifbare Nähe zu rücken. Natürlich haben die inzwischen allseits bekannten Faktoren sich auch auf den Bereich der Baufinanzierung ausgewirkt. Allerdings gibt es wieder Anzeichen, die die Hoffnung auf das Eigenheim zulassen. Wenn die Mieten steigen und die Kaufpreise stagnieren, mag die Tür sich zwar geschlossen haben, aber dann muss man lediglich das offene Fenster suchen. Wer auf das perfekte Timing wartet: Es ist jetzt.

„Die Zinsen haben ihren Höchststand hinter sich gelassen, die Immobilienpreise befinden sich momentan auf einem niedrigeren Niveau“, erklärt Jörg Haffner, Geschäftsführer des Unternehmens Qualitypool, das eine digitale Vermittlung von Baufinanzierungskrediten nach neuestem Standard ermöglicht. In den Ballungsgebieten würden die Preise aktuell wieder zulegen. „Weitere Unterstützung für potenzielle Eigenheimbesitzer kommt von der KfW, z. B. mit dem Neustart verschiedener Programme zur Heizungsförderung.“

Besonders die „Glorreichen Sieben“, die Big 7 der deutschen Metropolen, bleiben weiterhin heißes Pflaster, denn wer beispielsweise über eine Immobilie in München nachdenkt, der muss auch das nötige Eigenkapital mitbringen. Ja, München bleibt weiterhin die teuerste Stadt in Deutschland, aber ist das wirklich überraschend? Laut dem diesjährigen Wohnatlas der Postbank fielen die Preise für Eigentumswohnungen in der Bayerischen Landehauptstadt zwar um 14,37 %, aber der Quadratmeterpreis liegt inflationsbereinigt trotzdem noch bei knapp 9.000 Euro. Hamburg als Nummer zwei ist nach einem Minus von 12,71 % zwar günstiger, aber es sind immer noch etwas mehr als 6.000 Euro pro Quadratmeter.

Jörg Haffner Geschäftsführer Qualitypool GmbH

Neubau oder Bestand?

Jetzt scheint die Zeit des Bauens im Bestand gekommen zu sein. Bei den Quadratmeterpreisen auch nicht weiter verwunderlich. Im Fall von Bestandsimmobilien liegt der Fokus auf den Kosten für eine eventuelle (auch energetische) Sanierung, um den Standards zu entsprechen. Auch die Grundsteuer ist für Immobilienbesitzer wichtig, aber wer vor einer sanierungsbedürftigen Immobilie steht, für den ist das Zukunftsmusik. „Die Sanierung von Bestandshäusern bleibt ein Fokusthema“, so Haffner. „Unser aktueller Eindruck ist, dass kaum Ängste bei den Finanzierungskunden bestehen, es sind wieder sehr viele Leads im Markt.“ Die Kunden würden versuchen, unter den aktuellen Bedingungen zuzugreifen. Die Zahl der Anträge und damit verbunden die Bearbeitungszeiten der Banken nehmen zu. Man müsse aber auch anmerken, dass die Finanzierbarkeit bei den aktuellen Konditionen noch nicht für alle Kundengruppen geleistet werden könne.

Dachziegel (Keramik) waren im Jahr 2023 um

24,2 %

teuer als im Vorjahr.

Quelle: Destatis, 2024

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis, Stand: 14. März) sind die Kosten für Baumaterialien 2023 zwar gesunken, halten sich aber immer noch höher als vor der Energiekrise. Der Preis für die „Basics“ wie Zement stieg um 32,2 % an. Kalk und gebrannter Gips waren letztes Jahr um 31,4 % teurer als im Jahr 2022 und Frischbeton legte um rund 25 % zu. Destatis verzeichnete 2023 zumindest einen Preisrückgang von -26,1 % bei Holz und Konstruktionsvollholz (-20, 7 %) gegenüber dem Vorjahr 2022. Auch Bauschnittholz war im Vergleich um 18,3 % günstiger. Der Punkt ist: Preise für Baumaterialien fallen bei

finanzwelt 02 | 2024 78 SACHWERTE & IMMOBILIEN | BAUFINANZIERUNG

des Jahres“

Bestandsimmobilien weg oder fallen deutlich günstiger aus. Ob Ersteres oder Letzteres, das hängt vom Zustand der Immobilie ab. Bei Bestandimmobilien bleibt jedoch die Frage: Wurde das Haus zwischen 1930 und 1993 gebaut? Dann ist auch der Faktor Asbest besonders wichtig. Schließlich will man von seinen eigenen vier Wänden – im schlimmsten Fall – nicht lebensgefährlich krank werden. Ist die Immobilie seit 1993 bereits saniert worden, so sollten notwendige Informationen – etwa zu verwendeten Materialien oder dem Wartungsstand der Installationen – eingeholt werden. Der Asbest-Punkt entfällt bei Neubauten. Im EU-Raum gilt „erst“ seit 2005 ein Asbest-Verbot: Keine Herstellung, keine Verwendung, kein Inverkehrbringen.

Das Thema Baufinanzierung weckt immer wieder Hoffnung, denn wenn der Zinssatz fällt, wird’s günstiger. SSV-Stimmung kommt dennoch nicht auf. Es gilt, den Markt weiterhin zu beobachten und für sein Traumhaus schon einmal den ein oder anderen Euro zur Seite zu legen. Am besten ist es, so früh wie möglich damit anzufangen. „Für Makler und Berater gilt es, in Sachen Sanierung und Fördermittel stets auf dem neuesten Stand zu bleiben“, rät der Qualitypool-Geschäftsführer. Sie sollten zum Beispiel ständig informiert bleiben über das aktuelle KfW-Angebot und enge Kontakte zu Energieberatern aufbauen. Im Rahmen von Sanierungen sei zusätzliches Wissen zu Ratenkrediten gefragt. „Und natürlich sollten sie – wie gewohnt – den Anleihen- und Zinsmarkt im Auge behalten, um Zinssenkungen zu antizipieren und potenzielle Kunden rechtzeitig abholen zu können.“

Bestand’s Time to Shine!

„Der Neubau bzw. Kauf von Neubauimmobilien zählt sicherlich nicht zu den Fokusthemen des Jahres 2024“, summiert Haffner. Der Traum vom Eigenheim darf der aktuellen Lage nach also doch wieder geträumt werden, denn gegebenenfalls passende Förderungsmöglichkeiten gibt es auf dem Markt. Bei all den genannten Zahlen darf auch nicht vergessen werden, dass das Eigenheim weiterhin die erste Wahl bei der Altersvorsorge bleibt. Keine Miete zahlen und eines schönen Tages stolz darauf zurückblicken, wie man ein einfaches Haus in sein persönliches, ganz eigenes Zuhause verwandelt hat. Klingt doch gar nicht mal so übel, oder? (ml)

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Nicht ohne Grund sind historische Gebäude eine besondere Art von Immobilie, denn sie sind Symbol für den Lauf der Zeit und bilden einen Kontrast zur Moderne, wie wir sie kennen. Bekanntlich haben Wände Ohren, aber hätten sie auch Stimmen, einen Mund zum Sprechen… welche Geschichten sie wohl erzählen könnten? Ihre besondere Position auf dem Immobilienmarkt bleibt jedenfalls genauso zeitlos wie die Gebäude selbst.

In Deutschland gibt es rund eine Million Denkmäler (Kulturfinanzbericht 2022). Zu diesen zählen neben Burgen, Schlös-

sern und Kirchen auch Gärten, Parks, bewegliche Denkmäler wie etwa Lokomotiven oder Kleidungsstücke sowie Bodendenkmäler in Form von beispielsweise Grabhügeln oder Überresten von Befestigungsanlagen. Wer allerdings das Privileg besitzt, Privateigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes zu sein, darf sich nicht nur über sein persönliches Stück Geschichte freuen, sondern auch über Steuererleichterungen. Eine solche Erleichterung: Die Gewinne im Fall eines Wiederverkaufs sind steuerfrei. Aus (unter anderem) diesem Grund ist dieses Segment als Kapitalanlage besonders beliebt.

finanzwelt 02 | 2024 80 SACHWERTE & IMMOBILIEN | DENKMALIMMOBILIEN

Auch als Gewerbeimmobilie sind Denkmalimmobilien eine gute Alternative zu Glasfassaden und Stahlbalken. Da bei ihnen auch die Sanierung bedacht werden muss, stellt sich die Frage: Sind sie ins Value-Add-Segment einzuordnen? „Denkmalschutz bedeutet nicht automatisch Value-Add, aber de facto gibt es natürlich oft diesen Zusammenhang“, meint Carolin Brandt, stellv. Bereichsleiterin Asset Management bei HIH Real Estate. „Es gibt durchaus wunderbar sanierte Denkmalimmobilien am Markt.“ Fabian Spindler, Geschäftsführer und Managing Director von Jamestown US Immobilien, stimmt seiner Branchenkollegin zu. Besonderen Wert könnten Investoren heben, wenn sie das Erbe einer Immobilie fortführen und so nachhaltig für heutige und künftige Generationen in zeitgemäße Nutzungskonzepte umsetzten. Historische Objekte könnten auf eine andere Art und Weise nachhaltige Nachfragepotenziale bieten, so Spindler: „Etwa, wenn sie sich als Landmark-Immobilie im jeweiligen Stadtbild etablieren. Es geht also eben nicht um Neubau-Standard und Effizienz, sondern um die kulturelle und historische Bedeutung.“

Denkmalschutz ist nicht gleich Denkmalschutz

Es käme im Wesentlichen darauf an, ob das komplette Gebäude oder nur Teile davon unter Denkmalschutz stünden, betont die Asset Management-Expertin von HiH Real Estate, Carolin Brandt. Grundsätzlich schränke der Denkmalschutz die Eigentümerrechte aber ein. Mit dem Kauf eines solchen Gebäudes verpflichten sich Eigentümer – daher auch die Investoren – schließlich dazu, es instand zu halten und vor allem, es vor dem Abriss zu bewahren. Für gewünschte, beziehungsweise geplante Veränderungen müssen entsprechend Genehmigungen der zuständigen Behörden eingeholt werden. „Die damit verbundene Komplexität kann zusätzliches zeitliches oder finanzielles Investment erfordern“, meint Jamestown-Managing Director Fabian Spindler. Insbesondere die energetische Aufrüstung historischer Gebäude könne enorm schwierig und teuer sein. „Je nach Struktur des Gebäudes und der Art des Denkmalschutzes kann die Fassadendämmung etwa deutlich erschwert bis unmöglich sein“, so Brandt. „Das hat natürlich enorme Auswirkungen auf eine mögliche Sanierung und

Estate GmbH

den individuellen Dekarbonisierungspfad einer Immobilie.“ Gerade in solchen Fällen seien vertikal integrierte Investoren im Vorteil, die sowohl das strategische Konzept als auch die operative Umsetzung aus einer Hand anbieten können, fügt Spindler hinzu. Es brauche neben Asset-ManagementExpertise auch Kompetenz im Bereich Architektur, Projektentwicklung, Marketing, Vermietung und Technologie. Auf einer solch breiten und interdisziplinären Grundlage ließen sich Innovation und Restauration vereinen.

Besonders im Hinblick auf das immer wichtiger werdende Thema Umnutzung gibt es bei Denkmalimmobilien einige Schwierigkeiten zu meistern. Fassadeneingriffe wie beispielsweise Fenstervergrößerungen seien aufgrund des Denkmalschutzes nicht möglich, bringt Carolin Brandt an, was für eine moderne Wohn- und Büronutzung eine große Herausforderung darstelle. Nutzungskonzepte müssten also noch kreativer sein, um trotz der Einschränkungen nachhaltige Aufwertungen und Vermietungserfolge sicherstellen zu können. Die genannten Punkte sind an sich schon zeitintensiv. Bedenkt man Deutschland als Land der Bürokratie und Behörden, kann man sich den Rest vorstellen. Die stellv. Bereichsleiterin rät – um das gemeinsame Ziel der Effizienz zu erreichen – ein pragmatischeres Vorgehen: „Man sollte den Schulterschluss mit Investoren bzw. Eigentümern suchen, um unseren historischen Gebäudebestand zu schützen und nachhaltigen Nutzungen zuzuführen.“

Etwas ganz Besonderes

Denkmalimmobilien wirken wie die Königsdisziplin der Branche, das Kronjuwel. Sie in das moderne Heute zu führen, ohne dabei den Glanz vergangener Zeiten zu trüben, erfordert besonderes Feingefühl; vor allem erfordert es aber Geduld, Zeit und Geld. „Es gilt, die individuelle Geschichte eines Objektes mit dem jeweiligen Standort, den lokalen Bewohnern sowie einem maßgeschneiderten Design- und Nutzungskonzept sinnvoll zu verknüpfen“, betont Spindler abschließend. Hierin liegen das Alleinstellungsmerkmal und die potenziell attraktive Wertschöpfung. Laufen diese Faktoren erfolgreich zusammen, erstrahlt ein altes Gebäude in neuem Glanz. (ml)

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Luxus – das Besondere fürs Depot

Die Inflation hat deutsche Konsumenten seit Anfang 2022 fest im Griff. Doch das tut der Begeisterung für Luxusartikel keinen Abbruch. Im Januar meldete der Luxus-Konzern LVMH derart herausragende Zahlen, dass die eigentlich eher langweilige Aktie an nur einem Tag um mehr als 10 % nach oben schoss. Besonders auffällig in diesem Zusammenhang: Aktionäre versetzten die Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr in Hochstimmung – eine Zeit also, in der Krise und Teuerung allgegenwärtig waren. finanzwelt sprach mit dem Investmentberater, Coach, Autor und Unternehmer Ulrich Müller über ein spezielles Marktsegment.

SACHWERTE & IMMOBILIEN | INTERVIEW

finanzwelt: Sind Luxus-Aktien solide Säulen für ein Depot?

Ulrich Müller» Die Unternehmensberatung Bain & Company sieht die Branche weiter auf Erfolgskurs. Bis 2030 könnte der weltweite Luxus-Markt auf 570 Mrd. Euro wachsen –gegenüber dem bisherigen Höchstwert von 345 Mrd. Euro aus dem Jahr 2022 ist das eine satte Steigerung. Wachstumstreiber innerhalb der Branche sind aus Sicht von Bain Kunden, die wenig preissensitiv sind und unabhängig von den ökonomischen Rahmenbedingungen gerne auf Besonderes setzen. Doch diese Zielgruppe umfasst inzwischen nur einen kleinen Teil der Luxus-Kunden. Recherchiert man in sozialen Medien, so fällt auf, dass selbst die als konsumkritisch geltende Generation Z auf Luxus-Accessoires setzt – gerne kombiniert mit Secondhand-Mode. Auch die Experten von PwC Deutschland bestätigten in einer Untersuchung aus dem vergangenen Jahr, dass junge Menschen bevorzugt Luxus und Secondhand kombinieren.

finanzwelt: Zählt der weltweite Tourismus auch zu den Treibern des Luxusmarkt? Müller» Vor allem Asiaten shoppen teure Mitbringsel gerne auf Reisen. Das Ende der Pandemie sorgt für eine höhere Reiseaktivität und begünstigt den Absatz teurer Düfte oder Accessoires. Auch der ein oder andere edle Tropfen wird traditionell gerne im Duty-Free-Shop am Flughafen gekauft. Vor allem aber die junge Generation setzt beim Einkauf mehr und mehr aufs Online-Shopping. Aus diesem Grund haben Luxusmarken in den vergangenen Jahren ihr Engagement auf sozialen Medien und auch im Web 3.0 ausgebaut. Mit dabei sind unter anderem die Marke Yves Saint Laurent der L’Oréal-Gruppe, Prada oder auch Nike. Auch wenn der Hype um digitale Produkte auf der Blockchain in der allgemeinen Wahrnehmung abgeebbt ist, spielen Bitcoin und Co. für junge Käuferschichten eine große Rolle. Dass die Online-Parallelwelt für viele Vertreter der Generation Z fast ebenso wichtig ist, wie das wahre Leben, können vor allem die Eltern Heranwachsender tagtäglich beobachten. Findige Luxus-Konzerne haben dieses Potenzial längst erkannt und buhlen online um die Käuferinnen und Käufer von morgen.

finanzwelt: Global gesehen – wo liegen die Chancen bei den vielen starken Marken? Müller» Nicht nur in Deutschland ist Luxus unabhängig von der Wirtschaftslage gefragt. Die einschlägigen Untersuchungen der Unternehmensberatungen nennen immer auch die regionale Ansprache von Kunden als Schlüssel zu steigenden Umsätzen in der Luxusbranche. In diesem Zusammenhang weiterhin interessant ist Asien und vor allem China. In China legte das Pro-Kopf-Einkommen zwischen 2013 und 2022 jedes Jahr um 8,1 % zu. Das zeigen Zahlen der Fondsgesellschaft Oddo BHF. Demnach könnten bis 2025 die Hälfte der chinesischen Haushalte der oberen Mittelschicht angehören. Da zugleich der Anteil des privaten

Konsums an der Wirtschaftsleistung in China noch immer deutlich unter dem Niveau westlicher Industrieländer liegt, besteht Nachhol-Potenzial.

finanzwelt: Wie können nun die Anleger vom Luxus-Trend profitieren?

Müller» Beliebt sind Luxus-Konglomerate wie LVMH. Der französische Konzern um CEO Bernard Arnault, der es auch dank des ungebrochenen Luxus-Trends in die weltweite Top drei der Superreichen geschafft hat, bietet mittels seiner Aktie Zugang zu zahlreichen Luxus-Marken. Mit dabei sind Dior, TAG Heuer, Dom Pérignon und natürlich auch Louis Vuitton. Mit diesen starken Marken deckt LVMH viele Bereiche ab. Dazu gehören edle Uhren ebenso wie Schmuck, Taschen oder auch Schaumwein der edelsten Sorte. Ähnlich aufgestellt wie LVMH sind L’Oréal, Kering, Estée Lauder oder Richemont. Um Chancen mit Aktien aus dem LuxusSegment bewerten zu können, kommt es entscheidend auf Geschäftsmodelle und Marken an. Ist ein Unternehmen breit aufgestellt und trifft es bei Kunden einen Nerv, sorgt das für stetige Umsätze. Besonders wichtig ist es, einen Draht zur jungen Generation zu haben und in aufstrebenden Regionen der Welt zu punkten. Ist eine Luxus-Marke online präsent und schafft sie es, eine gewisse Community aufzubauen, ist das ein Pluspunkt. Auch gute Geschäfte in Asien und insbesondere China sind Qualitätsmerkmale für LuxusUnternehmen. Setzt man diese Eigenschaften ins Verhältnis zur Bewertung der Aktie, gelingt eine erste Einschätzung. Auch ETFs auf den Luxus-Sektor können eine Lösung sein. Diese bündeln gleich mehrere Unternehmen und streuen so das Risiko. Der Luxus-Markt bleibt langfristig interessant –Anleger können sich diesen Trend auf verschiedene Weisen zunutze machen. (sg)

Info

Ulrich Müller hat fast 30 Jahre Börsenerfahrung und ist Gründer der bekannten Ulrich Müller Wealth Academy in Halstenbek bei Hamburg. Mit Gruppenseminaren und individuellen Coachings zu den Themen „Investieren mit Strategie“ und „Trader Mental Coaching“ werden Teilnehmende dazu ausgebildet, ihr Geld erfolgreich an der Börse zu investieren. Vor der Gründung der UMWA war der studierte Finanzwirt 17 Jahre als Investmentberater tätig, dabei wurden seine Anlageentscheidungen von mehr als 10.000 Investmentberatern übernommen. Über viele Jahre entwickelte er seine eigenen Analyse- und Bewertungssysteme im Bereich Aktien & Optionen, die er nun in seiner Akademie an private Anleger weitergibt. Seit Mai 2023 ist er zudem Aufsichtsratsvorsitzender einer Aktiengesellschaft.

finanzwelt 02 | 2024
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Zaghafte Zeichen einer Erholung

Die Folgen der Covid-Pandemie und des Brexits haben der britischen Wirtschaft und dem Immobilienmarkt arg zugesetzt. Wie auch auf dem europäischen Festland gesellte sich eine stark steigende Inflation hinzu. Langsam scheint der Boden gefunden zu sein. Erste Hoffnungsschimmer gibt es im Zusammenhang mit einer erwarteten Zinssenkung. Insbesondere der britische Logistikmarkt ist dabei einen Blick wert.

Die Ausgangslage auf der Insel ist gegenwärtig trüb – so wie das sprichwörtlich englische Wetter. Demnach ist die britische Wirtschaft angesichts hoher Zinsen und Inflation zum Jahresende 2023 in eine Rezession geschlittert. Das BIP schrumpfte im Jahresendquartal um 0,3 % zum Vorquartal. Die Inflation ist im Vergleich zu Kerneuropa mit aktuell 4 % immer noch zu hoch. Die in der Vergangenheit hochgeschraubten Zinsen haben Investitionen teurer gemacht, etwa in Bauten und Maschinen. Was macht das alles mit dem Immobilienmarkt?

Hoffnung auf Zinssenkung

Im Ländervergleich Deutschland versus Großbritannien fällt zunächst einmal auf, dass auf der Insel die Eigentumsquote mit circa 65 % deutlich höher ist als hierzulande. Das ist auf politische Entscheidungen in den 80er Jahre des vergangenen Jahrtausends zurückzuführen. Doch die Probleme infolge der galoppierenden Inflation und drastischer Zinsanhebungen sind identisch. Der britische Immobilienmarkt hat aktuell arg zu kämpfen. Laut einer aktuellen Studie der Deutsche Hypo – NORD/LB Real Estate Finance ist das Transaktionsvolumen 2023 trotz eines starken Abschlussquartals um circa ein Drittel auf 43,3 Mrd. Pfund zurückge-

gangen. Dabei mussten alle Assetklassen im vergangenen Jahr einen Rückgang des Transaktionsvolumens verkraften. Wohnimmobilien waren mit einem Investitionsvolumen von 10,8 Mrd. Pfund die beliebteste Assetklasse. Auf Platz zwei und drei folgten Büro- und Logistikimmobilien mit 9,5 Mrd. bzw. 9,2 Mrd. Pfund. „Die erwartete Leitzinssenkung dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu einer spürbaren Belebung auf den Vermietungs- und Investmentmärkten führen“, betonen die Autoren. Hinzu kommt, dass Großbritannien einer Befragung von CBRE unter europäischen Immobilieninvestoren zufolge auch im laufenden Jahr seinen Platz als führender Standort für Immobilieninvestments behaupten kann. Unter den europäischen Städten bleibt London die unangefochtene Nummer eins. Stabile Rahmenbedingungen, steuerliche Anreize und Transparenz sind weitere Argumente für Investments auf der Insel. Die Logistikbranche, man denke nur an das E-Commerce, zählt zu den Gewinnern. Die DEUTSCHE FINANCE GROUP schreibt hierzu in einem Blogbeitrag vom Februar 2024: „Die Logistikindustrie hat sich als einer der stabilsten Sektoren im Vereinigten Königreich erwiesen, getrieben durch die starke Entwicklung des E-Commerce und die damit verbundene Notwendigkeit für effiziente Lieferketten. Diese Tendenz hat sich auch in den vergangenen Monaten fortgesetzt, wobei die Nachfrage nach Logistikflächen weiterhin hoch bleibt. Unternehmen sind mehr denn je auf flexible und zugängliche Lager- und Verteilungslösungen angewiesen, um den Anforderungen des Online-Handels gerecht zu werden. Die anhaltend hohe Nachfrage in Kombination mit einem begrenzten Angebot führt zu einem stetigen Anstieg der Mieten für Logistikimmobilien.“ Das lässt hoffen. Die Insel sollte man nie abschreiben und der Blick über die eigenen Landesgrenzen lohnt generell. (ah)

SACHWERTE & IMMOBILIEN | BRITISCHER IMMOBILIENMARKT
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SACHWERTE & IMMOBILIEN | PROJEKTENTWICKLER-INSOLVENZEN
STEIN FÜR STEIN

München, New York, Wien, Berlin – die Signa Holding ist durch ihre Immobilien international präsent. Derzeit macht der Projektentwickler allerdings nicht aufgrund stilvoller Architektur von sich reden, sondern eher aufgrund des nun insolventen Chefs René Benko. Man könnte sagen, auch negative Publicity ist Publicity. Ginge es dabei nicht um die Zukunft eines Unternehmens. finanzwelt macht eine Momentaufnahme.

Von Forbes und Formel 1

Wie finanzwelt im Januar berichtete, meldete die zur Signa Holding gehörende Projektgesellschaft „Elbtower“ nach dreimonatigem Stillstand am Bau Insolvenz an. Der Elbtower wird nun in einem Atemzug mit Galeria Karstadt Kaufhof genannt, deren Suche nach Geldgebern mit den Meldungen um Benkos prekäre Lage nun sicherlich endgültig ein Ende gefunden hat. Insolvenzen in der Branche sind hinsichtlich gegebener, geopolitischer Umstände unabwendbar geworden und füllen Seiten in kürzlich zurückliegenden finanzweltAusgaben. Im Fall von Benkos Insolvenz kommt beinahe etwas Glamouröses dazu: Der österreichische Unternehmer war seit seinem Debüt 2019 und bis vor Kurzem (Dezember 2023) noch unter den Milliardären auf der wahrscheinlich bekanntesten Liste in der Wirtschaft, der Forbes Billionaires List. Zu den Shareholdern von Signa gehörte unter anderem niemand Geringeres als Formel-1-Legende Niki Lauda.

Es wirkt wie ein Sturz von ganz oben nach ganz unten. Medienberichten zufolge stellte René Benko Anfang März dieses Jahres einen Insolvenzantrag. Nicht als Privatperson, sondern für sein Unternehmen. Nach 24 Jahren scheint das letzte Kapitel des Projektentwicklers also geschrieben. Der österreichischen Zeitung „Standard“ zufolge handele es sich streng juristisch um keinen Antrag auf reine Privatinsolvenz, weil bei einer solchen das Bezirksgericht zuständig wäre. Benko stelle vielmehr einen Antrag auf Privatinsolvenz als Einzelunternehmer, bei der er aber ebenfalls mit seinem privaten Vermögen hafte. Entsprechend mache es in der praktischen Abwicklung des Insolvenzverfahrens kaum einen Unterschied.

Von Geldwäsche und Gläubigern

Und als wäre das nicht schon gewichtig genug, bestätigte die Münchener Staatsanwaltschaft Berichten zufolge am 13. März, dass gegen die insolvente Signa Holding wegen des Verdachts auf Geldwäsche ermittelt wird. Da die Münchener allerdings auch in Kontakt mit anderen Staatsanwaltschaften in Deutschland stehe, wolle man sich mit weiteren Medienauskünften vorerst zurückhalten. Es soll sich in diesem Zusammenhang um eine dreistellige Millionensumme handeln, die mutmaßlich zwischen Signa-Firmen und zum Nachteil der Gläubiger hin und her geschoben worden sein soll. Angesichts der Schlagzeilen um den Projektentwickler hat sich nun auch die Stadt Berlin von der Zusammenarbeit zurückgezogen. Laut dem rbb24 sprach Bausenator Christian Gaebler (SPD) im Ausschuss für Stadtentwicklung,

Bauen und Wohnen von der 2020 unterzeichneten Absichtserklärung nun als „überholt, weil der Vertragspartner nicht mehr handlungsfähig ist.“

Obwohl Benko einen Insolvenzantrag für sein Unternehmen eingereicht hat, läuft die Sanierung in Eigenverantwortung. Der Punkt, der die Signa-Gläubiger besonders stört: Die beiden Immobiliengesellschaften, Signa Prime und Signa Developement, werden weiterhin von einem Management geleitet, dass dem österreichischen Investor wohlgesonnen ist. Schweizer Medien berichten weiter, dass im Februar eigentlich der Verkauf eines größeren Immobilien-Portfolios der Signa Developement im Ganzen geplant gewesen sei, ein solcher Paketverkauf jedoch keinen guten Preis erzielen würde. Dieses Vorgehen – ein vom Management gemachter und vom Sanierungsverwalter begrüßter Vorschlag – bestärkte die Signa-Gläubiger in ihrem Verdacht, Insider-Wissen spiele eine Rolle. Aus diesem Grund sollen sie schließlich die Strafanzeige gestellt haben, deren Hintergrund von der Münchener Staatsanwaltschaft bestätigt wurde.

Das Handelsgericht Wien will (Stand: 18.03.) über die Sanierungspläne abstimmen, so auch die deutsche Berichterstattung. Finde sich keine Lösung, der die Mehrheit der Gläubiger zustimmen, folge der Konkurs und damit die Zerschlagung der Signa. Als einer der Gläubiger tritt die Republik Österreich höchstselbst auf. Wolfgang Peschorn ist Präsident der österreichischen Finanzprokuratur und Anwalt der Republik. Dass die Republik den vorgeschlagenen Sanierungsplänen nicht zustimmt, sei durchaus realistisch, erklärte Peschorn gegenüber dem ORF Radio. Mit Forderungen in Höhe von rund 11 Mrd. Euro insgesamt gilt die Signa-Pleite als die Insolvenz in der Geschichte der österreichischen Wirtschaft. Bisher wurden allerdings „nur“ 3,1 Mrd. Euro anerkannt. Ziel sei es, am Handelsgericht Wien eine Mehrheit nach Köpfen und auch nach Forderungssumme zu erreichen.

Von Insolvenz und Illiquidität

Ein Investor wie René Benko kann nur Geschichte schreiben: Glanz und Glamour, Prominenz und Partys, abgelöst von Insolvenz und Illiquidität. Der Fokus liegt dabei gänzlich auf den Gläubigern und ihren Forderungen sowie auf Treuhandlösung oder Konkurs. Bekanntlich kann es nur einen Gewinner geben und Benko wirkt wie im tiefen Schlund der Immobilienkrise verschwunden. Einst Gewinner – nun Verlierer. (ml)

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finanzwelt 02 | 2024

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Schlechte Daten und neue Rekorde

Die deutsche Wirtschaft lahmt. Vorbei die Zeiten, in denen das europäische Ausland neidvoll auf uns blickte. Nun haben wir die rote Laterne. Indes steigen die Aktienindizes. Verkehrte Welt? Insbesondere das Herzstück des deutschen Mittelstands lässt Hoffnung aufkeimen. Berater sollten auch mit Blick auf die deutsche Investmentlandschaft Stock Picking betreiben und selektiv empfehlen.

Konjunktur-Lokomotive Europas, überdurchschnittliches Wachstum und solide Finanzen? Klingt nach einem super Zeugnis für den Standort Deutschland. Doch leider trifft das nicht zu. Jedenfalls für das laufende Jahr. Lieferketten-Probleme, Inflation und die Energieumstellungen haben die Wachstumsaussichten der euro-

päischen Wirtschaft im Allgemeinen und für Deutschland im Besonderen deutlich geschmälert. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wie manche Mittelmeeranrainer, tut sich Deutschlands Wirtschaft jedoch besonders schwer.

Wirtschaft dümpelt vor sich hin

Mehrere Wirtschaftsinstitute kommen unisono zu dem Schluss, dass die deutsche Volkswirtschaft aktuell arg zu kämpfen hat. Vor allem das 1. Quartal fällt durch ein Schrumpfen der wirtschaftlichen Leistung aus. Die Kapazitätsauslastung der deutschen Industrie befindet sich mit nur noch 81 % auf Rezessionsniveau, so das IfW Kiel. In vielen Branchen leiden die Unternehmen unter

einem schlechten Auftragseingang, aber auch unter den Folgen der Streikwelle, die Deutschland seit einiger Zeit in Bann hält. Zudem gewinnt man den Eindruck, dass die verhaltene deutsche Industriepolitik der vergangenen Jahre sich zunehmend rächt. „Wir erwarten im 1. Quartal ein erneutes Schrumpfen der Wirtschaftsleistung in Deutschland um 0,1 %. Die Industrie bleibt dabei ein Bremsklotz“, ist aus dem Hause der Sutor Bank zu hören. Glücklicherweise sind die Aussichten auf die kommenden Quartale etwas optimistischer, so dass sich die Erwartungen der Unternehmen stabilisieren konnten. Dann wirken sich insbesondere steigende Realeinkommen und eine Entspannung bei den Finanzierungsbedingungen wachstumsfördernd aus.

finanzwelt 02 | 2024 90 INVESTMENTFONDS | DEUTSCHLAND
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Inflation auf dem Rückmarsch

Rückenwind könnte auch von der Inflationsfront kommen. So hat die langfristige Inflationsprognose das Zwei-Prozent-Ziel erreicht, so dass die EZB mit der Senkung ihrer Leitzinsen beginnen kann. Dennoch erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass weitere Daten notwendig sind. Die Währungshüter sind noch nicht „hinreichend zuversichtlich“, dass die Inflation in Richtung ihres Ziels fällt. Dessen ungeachtet bleiben die Börsen optimistisch und vertrauen auf die Kraft der Notenbanken. Es wird in den nächsten Wochen darauf ankommen, wie schnell die Zinshoffnungen durch die Notenbanken erfüllt werden. Bleibt diese Erwartung unerfüllt, werden wir Korrekturen an den Börsen erleben. Im Markt wird davon ausgegangen, dass die EZB im Juni an der Zinsschraube drehen könnte. Sinkende Zinsen würden die Aktienmärkte weiter beflügeln und die Konjunktur ankurbeln. Insbesondere in der Immobilienbranche ist der Ruf nach einem moderateren Zinsniveau deutlich zu hören.

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus?

Zum einen sollten Sie Ihren Kunden attraktiv bewertete deutsche Aktien empfehlen, die über ein solides Geschäftsmodell verfügen, geordnete Bilanzen haben und international positioniert sind. Viele deutsche Unternehmen agieren multinational, d. h. nur ein Bruchteil ihres Umsatzes erwirtschaften sie hierzulande. Zum anderen ist vielleicht gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, um über Investments in die zweite oder dritte Börsenreihe nachzudenken. Stabilisiert sich der konjunkturelle Ausblick, dann sind diese Aktien vorne. Für diejenigen, die sich angesichts der Börsenstände kurzfristig Sorgen über die weitere Entwicklung machen, dürften Absicherungsstrategien eine sinnvolle Wahl sein. Oder eben Gewinne mitnehmen. Insofern ist der Dialog mit den Kunden gerade in etwas schwierigen Zeiten das A und O. Deutschland bleibt in der Gunst vieler Anleger wichtig (Stichwort: Home Bias), daran werden kurzfristige

(ah)

WISSENSWERTES

Von 1949 bis heute weist Deutschland die zweitniedrigste Inflationsrate der Welt auf, die stärkste Währung und einen besonders starken Anleihemarkt, der weltweit an siebter Stelle rangiert. Der deutsche Aktienmarkt steht weltweit auf Rang acht und ist stark auf das verarbeitende Gewerbe ausgerichtet.

Die reale Rendite deutscher Aktien lag von 1900 bis 2023 bei durchschnittlich 3,2 %, Anleihen wiesen eine Rendite von -1,5 % und Staatsanleihen von -2,4 % auf. Von 2004 bis 2023 lagen die realen Renditen in Deutschland bei 5,4 % für Aktien, 2,2 % für Anleihen und -1,2 % für Staatsanleihen.

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Rückgänge nichts ändern.
Name ISIN +/- 3 Monate Vola 3 Monate Letzter Vortag Tief Hoch Rheinmetall DE0007030009 48,16 % 26,61 % 415,70 421,80 402,00 421,30 Daimler Truck DE000DTR0CK8 35,07 % 32,22 % 43,69 43,61 43,10 43,98 Siemens Energy DE000ENER6Y0 25,40 % 40,30 % 14,09 14,17 13,90 14,26 MTU Aero Engines DE000A0D9PT0 20,21 % 20,44 % 225,40 228,40 224,40 227,00 Sartorius vz. DE0007165631 19,72 % 37,13 % 357,90 366,10 357,60 367,40 SAP DE0007164600 19,41 % 22,82 % 173,44 176,94 172,32 176,16 Mercedes-Benz Group (ex Daimler) DE0007100000 15,40 % 20,65 % 72,38 72,55 72,01 72,49 Heidelberg Materials DE0006047004 15,19 % 21,27 % 88,40 90,08 88,20 90,00 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft DE0008430026 12,29 % 17,85 % 436,50 439,40 432,50 437,90 Siemens DE0007236101 12,01 % 19,28 % 179,52 181,92 177,88 180,40 Quelle: https://www.finanzen.net/index/dax/topflop/3m, Abruf am 11.03.2024 Quelle: UBS
DAX Gewinner, 3 Monate

„Demokratisierung von Private Assets“

Das 1. Quartal 2024 liegt hinter uns. Ungeachtet der teilweise sehr durchwachsenen wirtschaftlichen Daten präsentieren sich die Börsen gut gelaunt. Doch welche Segmente werden verstärkt nachgefragt? Wie gestaltet sich der Fondsvertrieb? Georg von Wulffen, Vertriebsleiter Wholesale bei Schroders Investment Management (Europe) S.A., German Branch, im exklusiven Interview.

finanzwelt: Anfang März befinden sich die Kapitalmärkte in guter Verfassung. Das trotz einer höheren Kerninflationsrate und zumindest hierzulande wirtschaftlich gedämpften Aussichten. Wie nehmen Sie die Stimmung bei den Anlegern wahr?

Georg von Wulffen» Zunehmend gut. Die Rallye bei Aktien und Renten zum Jahresende hin war für alle Anleger natürlich hilfreich und auch der freundliche Jahresstart hat zu einer guten Stimmung beigetragen. Noch entscheidender ist aber, dass Anleihen seit einiger Zeit wieder eine richtig interessante und ernstzunehmende Alternative zu Aktien sind. Hier bieten sich nun für Multi Asset Manager tolle Möglichkeiten an, sehr attraktive gemischte Portfolios aufzubauen, die in den nächsten Monaten gut funktionieren sollten. Und auch im Fondsvertrieb an Endkunden, der die letzten Jahre sehr von Multi Asset- und Aktienfonds dominiert war, spielen Rentenfonds wieder eine große Rolle.

finanzwelt: Wie hat sich der Fondsvertrieb in den zurückliegenden Jahren, auch mit Blick auf die zunehmende Bedeutung der alternativen Anlageklassen, verändert? von Wulffen» Der Fondsvertrieb ist in den letzten Jahren sicherlich deutlich komplexer geworden. Das Thema Nachhaltigkeit zum Beispiel war in der Vergangenheit eines der beherrschenden Themen und bringt für uns als Anbieter und auch unsere Kunden einen hohen Grad an Komplexität und ständige Neuerungen mit sich. Ansonsten sind die Anforderungen an Service und Reporting, teilweise mit einem hohen Grad an Individualisierung, deutlich gestiegen. Videokonferenzen spielen seit der Corona-Zeit eine viel größere Rolle

und haben sich gerade für Gespräche mit Portfoliomanagern aus Übersee sehr bewährt. Und ja: Private Assets nehmen einen immer wichtigeren Stellenwert ein, verglichen mit klassischen Anlageklassen. Auf der institutionellen Seite haben wir in Deutschland bereits einen sehr großen PrivateAssets-Anteil und das wollen wir weiterhin konsequent ausbauen. Aber auch der Bereich der Demokratisierung, also Private Assets für das Endkundengeschäft, wird sicherlich wichtiger werden.

finanzwelt: Derzeit ist der regulatorische Rahmen ELTIF 2.0 in aller Munde. Wie erfolgversprechend schätzen Sie die Aussichten (insbesondere im Vertrieb von Publikumsfonds) ein?

von Wulffen» Die ELTIF 2.0-Regulierung Anfang dieses Jahres geht mit deutlichen Erleichterungen einher, was sowohl den Vertrieb an die Endkunden, aber auch die Produktgestaltung betrifft. Es ist eine gute Entwicklung, dass Privatanleger nun auch einen unkomplizierten Zugang zu Assetklassen wie Private Equity, Private Debt oder Infrastrukturinvestments erhalten. Diese attraktiven Investments waren bislang Institutionellen oder hochvermögenden Privatanlegern vorbehalten. Insofern, ja: Ich bin optimistisch, dass dem ELTIF in diesem Jahr der Durchbruch in der Breite in Deutschland gelingt.

finanzwelt: Auf welche Strategien hat sich das Interesse der Investoren in den vergangenen Monaten fokussiert? von Wulffen» Für uns gesprochen ist das ganz klar der Bereich Credit. Und hier mit besonderem Fokus auf europäische Unternehmensanleihen. Nach wie vor hohe Kupons und möglicherweise sinkende Zinsen geben diesem Markt einen deutlichen Rückenwind und in Europa sind die Spreads momentan so hoch wie in keiner anderen Region. Und das Interesse an unseren Emerging-Market-Equity-Strategien hat in den letzten Wochen deutlich zugenommen. Sowohl für globale Emerging-Markets-Equity-Strategien als auch für spezielle Sub-Segmente wie zum Beispiel Frontier Markets.

finanzwelt 02 | 2024 92 INVESTMENTFONDS | INTERVIEW

finanzwelt: ESG war in der Vergangenheit sehr beliebt. Nun scheint Sand im Getriebe zu sein. Deckt sich dieser Eindruck mit Ihren Vertriebserfahrungen? von Wulffen» Zum Thema ESG kann ich in letzter Zeit durchaus gewisse Ermüdungserscheinungen beobachten. Der Bereich ist aktuell nicht mehr so dominierend wie noch vor zwei Jahren. Das liegt in Teilen an den eher schwierigen Jahren 2022 und 2023. Vor allem aber auch an der Komplexität und Vielschichtigkeit des Themas und komplizierten Beratungsprozessen. Hier gibt es großen Handlungsbedarf in Sachen Vereinheitlichung und Vereinfachung. Aber grundsätzlich sind wir der Überzeugung, dass nachhaltige Fonds, die verschiedene Ansprüche für Anlegererfüllen, nach wie vor interessant sind. Viele möchten nicht in Tabakhersteller und Unternehmen, die an der Produktion von fossilen Brennstoffen beteiligt sind, investieren. Auch wird gefordert, Unternehmen mit hohen Emissionen aus den Portfolios auszuschließen, und die faire Behandlung von Mitarbeitenden ist vielen wichtig. Neben der Auswahl der Anlagen ist insbesondere auch Active Ownership ein wichtiger Faktor, Unternehmen zu einem angemessenen nachhaltigen Handeln zu bewegen. Ergebnisse unserer Global Investor Study aus dem letzten Jahr zeigen, dass dem insgesamt 80 % der Befragten zustimmen, wobei sich auch in Deutschland ein ähnliches Bild abzeichnet.

finanzwelt: Mit Blick nach vorne – welche Entwicklungen (im Produktbereich) stehen in Ihrem Hause aktuell ganz oben auf der Agenda?

von Wulffen» Mit Blick auf die gerade beschriebenen Trends steht vor allem die Demokratisierung von Private Assets für das Endkundengeschäft im Fokus. Unsere langjährige Private-Markets-Expertise mit semiliquiden Strategien unter anderem in den Bereichen Private Equity und Infrastruktur haben wir daraufhin im letzten Jahr mit dem Private Equity ELTIF ergänzt. Aufgrund des großen Interesses in einigen europäischen Märkten werden wir auch Fonds im Bereich Global Emerging Markets ex China auflegen. Beim Thema Nachhaltigkeit haben wir kürzlich unser Impact-InvestingAngebot mit dem Global Equity Impact Fund verstärkt. Der nach Artikel 9 der SFDR klassifizierte Fonds wird basierend auf den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN SDGs) branchenübergreifend in Unternehmen investieren, die sich mit zentralen Themen wie Gesundheit und Wellness, finanzielle Integration, nachhaltige Infrastruktur sowie verantwortungsvoller Konsum und Produktion befassen. (ah)

» Die Rallye bei Aktien und Renten zum Jahresende hin war für alle Anleger natürlich hilfreich und auch der freundliche Jahresstart hat zu einer guten Stimmung beigetragen. «

Stößt Indien China vom Thron?

Diejenigen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten über Investmentmöglichkeiten in Asien nachdachten, kamen am chinesischen Riesen kaum vorbei. Der ferne Kontinent im Osten und die kommende Weltmacht gingen sozusagen Hand in Hand. Spätestens mit der Corona-Pandemie und der schwelenden Immobilienkrise ist Peking ins Schleudern geraten. Ganz anders der indische Nachbar. Das Land hat sich gemausert und zieht Investoren an. Nach einer fulminanten Rallye ist die Frage, ob in NeuDelhi noch Luft nach oben ist.

„Indien wird zur wirtschaftlichen Supermacht“, titelte der ARDWeltspiegel. „Wachstumsland Indien: Welche Chancen bieten sich Investoren?“, fragte das Magazin Capital im Herbst des vergangenen Jahres. Keine Frage, das Land am Ganges ist wieder im Kommen. Investoren hoffen auf ordentliche Renditen und legen ihre Gelder an. Oftmals wurde der Staat nur als verlängerte Werkbank Chinas abgetan. Doch die Fortschritte, insbesondere die Wirtschaftsleistung, sind erheblich. Gepaart mit einer jungen, wachsenden Bevölkerung strebt Indien zur Weltmacht heran. Die Börse frohlockt. Zu viel der Euphorie?

Dynamisches

Bevölkerungswachstum und attraktive Unternehmenslandschaft

Laut des GTAI (Germany Trade and Invest) ist Indien seit Sommer des vergangenen Jahres das bevölkerungsreichste Land der Welt. Wirtschaftlich schließt der Subkontinent ebenfalls zu den Großen auf. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt Indiens Wirtschaft derzeit auf Platz 5, so die Forscher des GTAI. Laut Prognosen wird die jährliche Wirtschaftsleistung bis Ende der Dekade die von Deutschland und Japan überholen. Respekt! Vinay Agarwal, Director bei FSSA Investment Managers, stößt in den positiven Grundtenor ein: „Indien dürfte bis 2030 zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen. Seine Anziehungskraft als Investitionsziel wird durch eine große Bevölkerung von aufstrebenden und jungen Verbrauchern untermauert. Mehr als die Hälfte der Bürger des Landes ist unter 30 Jahre alt, und

INVESTMENTFONDS | FERNOST Foto: © Sasintstock.adobe.com finanzwelt 02 | 2024

WISSENSWERTES

FAKTEN

Fläche (in km²): 3.287

Einwohner (2023, Mio.): 1.422

Bevölkerungswachstum (2022, %): 0,9

Sustainable Development Goals (2023, Rang v. 166 Ländern): 112

Corruption Perceptions Index (2022, Rang v. 180 Ländern): 85

Quelle: www.gtai.de

mit der zunehmenden Formalisierung der Wirtschaft und dem steigenden Pro-Kopf-Einkommen ändern sich auch ihre Konsumpräferenzen. Das beeindruckende Wachstum des Landes, die gestärkten Corporate-Governance-Standards und das große Universum an Unternehmen, die hohe Kapitalrenditen erwirtschaften, tragen zur Attraktivität des Landes bei.“

Modi vor einer neuen Regierungsperiode?

Die Erfolgsgeschichte Indiens ist untrennbar mit einem Namen verbunden: Narendra Modi, dem seit 2014 amtierenden Premierminister. Er hat viel bewirkt und Reformen angestoßen. In Kürze wird in der größten Demokratie der Welt ein neues Parlament für eine fünfjährige Amtszeit gewählt. Modis Bharatiya Janata Party (BJP) tritt gegen den Indischen Nationalkongress, der das Land nach der Unabhängigkeit 1947 die meiste Zeit regiert hatte, und mehrere regionale Parteien an. „Werden die Wahlen zu einer Fortsetzung der bisherigen Politik führen oder einen politischen Kurswechsel einläuten? Diese Frage beschäftigt die Anleger am meisten. Modis Anhänger interpretieren die Erdrutschsiege seiner Partei bei Regionalwalen in mehreren Bundesstaaten Ende 2023 als klare Bestätigung seiner wachstumsorientierten Politik“, sagt Avinash Vazirani, Investment Manager Indian Equities bei Jupiter Asset Management. In der Tat ist es die gelungene Kombination entscheidender Faktoren, die das Ansehen Indiens im internationalen Konzert der Weltmächte gehoben hat. Und das lockt Investoren und Unternehmen an. Auch für die deutsche Unternehmenslandschaft spielt

Quelle: https://www.finanzen.net/index/sensex, Abruf am 07.02.2024

das Land in Südasien zunehmend eine bedeutende Rolle. Das schlägt sich im wachsenden bilateralen Handel nieder. Im Jahr 2022 handelten beide Länder erstmals Waren im Wert von mehr als 30 Mrd. US-Dollar, so das GTAI. Zudem hofft die Regierung, dass das Land zusätzliche Marktanteile im Zuge der Verlagerung von Lieferketten erringt. Die junge Bevölkerung kurbelt den Konsum an, was Rückenwind gibt. „Auch andere Branchen wie Infrastrukturausrüster, insbesondere Farben- und Zementunternehmen, können vom Streben des Landes nach einer verbesserten Qualitätsinfrastruktur profitieren. Gut geführte Unternehmen in diesen Branchen, die sich durch hohe Renditen und eine geringe Verschuldung auszeichnen, werden mit der Entwicklung Indiens florieren. Im Rampenlicht steht auch der Finanzsektor, wo private Banken von der zunehmenden Verbreitung von Finanzdienstleistungen im ganzen Land profitieren dürften“, bemerkt Experte Agarwal in diesem Zusammenhang.

Und die Börse?

„Indischer Aktienmarkt überholt Börse Hongkong“, lautete eine Schlagzeile Ende Januar bezogen auf die Marktkapitalisierung. Tatsächlich schlägt sich die Erfolgsstory Indiens auch an der Börse nieder. Der SENSEX 30 steht Anfang März bei mehr als 74.000 Zählern und hat auf Ein-Jahressicht mehr als 20 % zugelegt. Experten sind indes uneins, wie lange der nun schon Jahre andauernde Höhenflug anhält. Vieles könnte und ist eingepreist. Hinzu kommt, dass Kapital wieder nach China abfließen könnte, sobald die dortige Lage wieder hoffnungsvoller erscheint. Aktuell ist der Subkontinent noch einen Blick wert. (ah)

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YTD 1M 3M 6M 1J 5J Performance 1,94 % 2,71 % 6,32 % 12,00 % 23,19 % 102,17 % Hoch 73.994,70 73.994,70 73.994,70 73.994,70 73.994,70 73.994,70 Tief 70.001,60 70.809,84 69.100,56 63.092,98 57.084,91 25.638,90 Volatilität 5,41 % 3,00 % 6,06 % 7,86 % 10,06 % 44,66 % SENSEX Performance
„Den Riesen abzuschreiben wäre verkehrt“

Eine Reise um die Welt kann sehr erhellend sein. Ganz in diesem Sinne befragte finanzwelt Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International, zu den Entwicklungen in den einzelnen Regionen. Welche Märkte sind nach wie vor attraktiv, wie geht es weiter in China und wo kann man die Euroländer wirtschaftlich verorten. Ein spannender Abriss zum Frühjahr 2024.

finanzwelt: Herr Roemheld, in den vergangenen Monaten stand ein Thema ganz weit oben auf der Agenda: die Inflation. Die Preissteigerung dies- und jenseits des Atlantiks ist mittlerweile von ihren Hochs runtergekommen. Wie werden sich die Notenbanken verhalten?

Carsten Roemheld» Grundsätzlich gehen die aktuellen Inflationsraten, sowohl in den USA als auch in Europa, in die richtige Richtung und geben Raum für Zinssenkungen. Gleichwohl müssen wir auch festhalten, dass die Inflation noch weit entfernt ist vom 2 %-Ziel der Zentralbanken. Es ist sogar möglich, dass sie, wie unlängst gesehen, auch nochmal temporär leicht ansteigen kann. Insofern sprechen die aktuellen Daten weiterhin gegen rasche und starke Zinssenkungen. Dennoch sind wir der Meinung, dass die Fed als auch die EZB die Zinsen behutsam senken werden. Für die USA gehen wir von zwei bis drei Zinsschritten aus, voraussichtlich beginnend ab Juni.

finanzwelt: Lassen Sie uns eine kleine Weltreise machen. Insbesondere zu den Industrienationen, die zurückliegend und aktuell eher positiv überraschen, und jenen, die die Investoren tendenziell enttäuschen. Wirtschaftlich gut aufgestellt präsentierten sich in erster Linie die USA. Wie sind dort die Aussichten?

Roemheld» Nach wie vor zeigt sich die US-amerikanische Wirtschaft vergleichsweise robust. Insofern ist es auf relativer Basis immer noch besser, in den Vereinigten Staaten engagiert zu sein als zum Beispiel in Europa. Dennoch ist auch die dortige ökonomische Lage nicht ungetrübt. Im Gegenteil. So steigt die öffentliche Verschuldung der Vereinigten Staaten auf immer neue Rekordwerte. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt die Quote bei mehr als 120 %. Der wirtschaftliche Aufschwung der vergange-

nen Jahre wurde auch durch die Einführung umfangreicher Konjunkturprogramme ermöglicht, die ihrerseits die Verschuldung in die Höhe getrieben haben. Die Krise auf dem US-Gewerbeimmobilienmarkt ist aktuell ein Thema, das man verfolgen sollte. Viele Bürogebäude in den USA stehen leer.

finanzwelt: Auf der anderen Seite der Welt kriselt es gewaltig. Jahrelang hat China die Welt mit hohen Wachstumsraten beeindruckt. Nun steckt das Land in einer Wachstumsfalle. Wie stark taumelt der Riese?

Roemheld» China wurde aus Anlegersicht zuletzt etwas zu Unrecht vergessen. Die chinesische Wirtschaft ist 2023 nur um 5,2 % gewachsen. Das ist weniger als in der Vergangenheit, aber auch keine Katastrophe. Sorgen macht vor allem der Immobilienmarkt, mit einem BIP-Anteil von 30 % eine der wichtigsten Säulen der chinesischen Wirtschaft überhaupt. Haus- und Wohnungsverkäufe brachen ein, die Zahl der leerstehenden Wohnprojekte nimmt weiter zu. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und Kapital anzuziehen, braucht es Vertrauen. Und wenn dieses Vertrauen zurückkehrt, zum Beispiel durch staatliche Stimuli, dann ergeben sich für Anleger auch wieder Chancen. Investoren sollten nicht vergessen, über welches langfristige Potenzial die chinesische Wirtschaft verfügt. Den Riesen abzuschreiben wäre verkehrt.

finanzwelt: Reisen wir weiter in das älteste Kaiserreich. Insbesondere der japanische Aktienmarkt hat viele zurückblickend überrascht. Der Nikkei 225 steht um die 40.000 Punkte. Hat Japan die Wende zum Positiven hinbekommen?

Roemheld» Tatsächlich war Japan über Jahrzehnte nahezu abgeschrieben. Das Land kämpfte lange mit einer relativ erfolglos betriebenen Nullzinspolitik gegen die Deflation. Die Zeichen haben sich geändert. Die japanische Wirtschaft verzeichnet Inflationsraten um oder über 2 %, es kommt zu starken Lohnanstiegen und die Zentralbank verabschiedet sich von Negativzinsen. Doch damit nicht genug. Es gibt weitere Argumente, die Japan wieder attraktiver erscheinen lassen. Verbesserungen in der Corporate Governance

finanzwelt 02 | 2024 96 INVESTMENTFONDS | INTERVIEW
» Investoren sollten nicht vergessen, über welches langfristige Potenzial die chinesische Wirtschaft verfügt. «

sind ein Beispiel. Zudem gibt es viele japanische Unternehmen, die auf Zukunftstechnologien und KI setzen und gut positioniert sind. Aktuell gibt es mehr und mehr ausländisches Kapital, was in den japanischen Aktienmarkt fließt. In der Summe nicht ganz überraschend, dass japanische Aktien in diesem Jahr bisher zu den besten Werten der Industrieländer gehören. Auch ein baldiger wirtschaftlicher Aufschwung könnte der Exportnation Japan zusätzlichen Rückenwind verleihen.

finanzwelt: Bleiben wir für den Moment noch in Asien. Ist Indien das neue China? Viel wird darüber diskutiert, der indische Aktienmarkt ist gut gelaufen. Ist auf dem Subkontinent noch Luft nach oben?

Roemheld» Vielfach wird Indien als Nachfolger Chinas gepriesen. Natürlich hat das Land in der Vergangenheit wirtschaftlich enorme Fortschritte gemacht. Angesichts der erwarteten Wiederwahl von Premier Modi könnte man davon ausgehen, dass die Reformen weitergeführt werden. Ein höheres Wirtschaftswachstum könnte zu steigenden Unternehmensgewinnen führen. Mit Blick auf die Bewertungen bin ich aber aktuell etwas skeptisch, was weitere Kurssprünge betrifft. Sollte China in der Gunst der Investoren wieder attraktiver erscheinen, werden Gelder zudem mög-

licherweise Richtung Peking abfließen. Indien hat Potenzial, allerdings ist aktuell vieles in den Kursen eingepreist.

finanzwelt: Wie fällt Ihr genereller Blick auf die Schwellenländer im Frühjahr 2024 aus?

Roemheld» Ich bin durchaus optimistisch gestimmt. Insbesondere die asiatischen Schwellenländer haben viel Potenzial und Nachholbedarf gegenüber den Industrienationen. Sie bieten Anlegern einen Zugang zu hervorragenden strukturellen Wachstumschancen. Innerhalb der Anlageklasse gibt es jedoch erhebliche Bewertungsunterschiede zwischen den einzelnen Ländern und Sektoren. Anleger sollten deswegen selektiv vorgehen.

finanzwelt: Wir landen wieder auf dem europäischen Kontinent. Ein kurzes Statement zum Staatenbund?

Roemheld» Leider sieht es in Euroland wirtschaftlich weniger erquickend aus. Doch aus der Sicht der Finanzmärkte ergibt sich ein anderes Bild: Die hiesigen Aktienmärkte verfügen über etablierte Unternehmen und bekannte Marken, die in Form der ‚Granolas‘ in den letzten Monaten durchaus mit den USA mithalten konnten. Vor allem auf der Bewertungsseite ergeben sich dadurch durchaus interessante Anlagemöglichkeiten im Euroraum. (ah)

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Wie von einem anderen Stern

Die Indizes befinden sich auf der Überholspur. Auch 2024 zeichnet sich dieses Bild ab. Ist das wirklich so? Bezogen auf die jeweiligen Indexstände stimmt das, doch bei näherem Hinschauen offenbart sich die Realität: Es sind wenige Aktientitel, die die Rallye forcieren. Insbesondere der TechSektor mit KI-Bezug lässt viele erstaunt zurück.

An den Kapitalmärkten geht nichts ohne die „Magnificent Seven“. Anders ausgedrückt die glorreichen Sieben. Damit sind jene US-amerikanische Unternehmen gemeint, die sich insbesondere durch ihre Markt- und Preisdurchsetzungsmacht sowie weltweite technologische Marktführerschaft auszeichnen. Zu der „Magnificent Seven“ zählen Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla. Anleger, die auf gute Gewinne in der Vergangenheit hofften, lagen tendenziell mit dieser Auswahl goldrichtig. Insbesondere der Kursverlauf von Nvidia ist atemberaubend. So sorgt die hohe Nachfrage nach KI-Anwendungen dafür, dass die Aktie des US-Chipdesigners auf ungeahnte Höhen klettert. Mitte März kratzte sie erstmals an der Marke von 900 US-Dollar. Allein im laufenden Jahr hat sich die Aktie nahezu verdoppelt. Gigantisch. Worauf beruht das starke Wachstum dieser „Magnificent Seven“?

Billiges Kapital lässt neue Technologien schneller entstehen

„Im Jahr 2023 wuchs der Umsatz der ‚Glorreichen Sieben‘ im Schnitt um 25 %, und dennoch erzielten diese sieben Aktien einen einfachen Durchschnitt von 110 %.[1] Wir stehen am Anfang der vierten industriellen Revolution. Diese

[1] Quelle: Bloomberg. Stand: 31. Dezember 2023 98 INVESTMENTFONDS | TECH-FONDS

Roman Przibylla

Public Solutions

CAT Financial Products AG

‚Mega-Cap‘-Unternehmen profitieren von günstigerem Kapital im Vergleich zu älteren Unternehmen und nutzen es, um wettbewerbsfähige Burggräben in neuen Branchen zu errichten. Künftig werden noch mehr neue Unternehmen dem Club der Marktkapitalisierung von einer halben Billion Dollar beitreten“, sagt Matthew J. Moberg, Portfoliomanager Franklin Equity Group. Insbesondere die Kursprünge in den vergangenen Monaten waren wie von einem anderen Stern. Abzulesen auch am S&P 500-Index, der jüngst die Marke von 5.000 Punkten nachhaltig übersprungen hat. Der US-Index S&P 500 legte im vergangenen Jahr um 26 % zu. Der Anteil der Glorreichen Sieben am S&P 500-Index ist auf 29 % gestiegen. Richard Clarke-Jervoise, Managing Partner ODDO BHF Private Equity, Venture Capital, wirft an dieser Stelle ein: „Wir glauben, dass Technologien in immer größerem Umfang für Innovationen und Wandel sorgen und dass die jüngsten Entwicklungen in Bereichen wie Künstliche Intelligenz und Quantencomputer zu einer neuen Generation von Tech-Giganten führen werden. Wir glauben insbesondere, dass die Voraussetzungen für die Entstehung einer neuen Generation von 1-Billion-Dollar-Konzernen gegeben sind, die viele der vor 20 bis 30 Jahren gegründeten Unternehmen herausfordern dürften“.

Die nächste Generation in den Startlöchern

Die „Glorreichen Sieben“ werden gerne als Einheit bezeichnet. Doch wie homogen ist diese Gruppe? Gerade die letzten Quartalszahlen zeigen, dass die Kursverläufe doch

NVIDIA Aktie Performance

Matthew J. Moberg

Franklin Equity Group

sehr stark auseinanderdriften. Während Apple und Tesla vergleichsweise zu kämpfen haben, geht es für Nvidia ausnahmslos nach oben. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Gruppe in Outperformer und Zurückgebliebene zerbricht. So hat beispielsweise Tesla in Asien schwer zu kämpfen und die dortigen Wettbewerber sichern sich ihrerseits wichtige Marktanteile. Die Aktie von Apple ist seit einiger Zeit im Sinkflug. Seit Jahresbeginn ist das Papier um 5 % gefallen. Das Papier wurde zwischenzeitlich zu 170 Dollar gehandelt. Gleichzeitig hat die Tech-Börse Nasdaq seit Jahresbeginn gut zugelegt. Analysten stellen sich die Frage, wo die KI-Innovationen bei Apple entstehen. KI ist das Zauberwort in diesen Tagen und wird es wohl auch bleiben. Aktuell lohnt es sich, weniger nach einzelnen Branchen, sondern im Detail zu untersuchen, welche Unternehmen am meisten vom KI-Einsatz profitieren können. „Neben Halbleiterunternehmen wie Nvidia, AMD und Super Micro Computer sind dies in der breiten Öffentlichkeit noch unbekannte Tech-Werte wie Gitlab, Palantir, Samsara oder Cloudflare. Diese Tech-Aktien der nächsten Generation werden im Next-Generation-Tech+-Index für Privatanleger investierbar gemacht“, fügt Roman Przibylla, Head Public Solutions, bei CAT Financial Products an. Mit einer Marktkapitalisierung von nahezu 600 Mrd. US-Dollar und einem Jahresumsatz von circa 36 Mrd. US-Dollar ist auch der Halbleiterhersteller Broadcom ein echter Gigant, der das Potenzial hat, zu den Magnificent Seven aufzuschließen. Der Halbleiterhersteller spielt beim Thema KI eine wichtige Rolle. Insbesondere generative KI wie ChatGPT und DALL-E 3 von OpenAI machten im vergangenen Jahr 15 % des Chip-Umsatzes von Broadcom aus. (ah)

Fazit

Es ist viel Bewegung im Markt. Der Wandel ist nachhaltig; neue Themen treten dazu und der Megatrend Künstliche Intelligenz mit den unterschiedlichen Anwendungen steht erst am Beginn einer erfolgversprechenden Reise. Einige Aktien bergen, trotz ambitionierter Bewertungen, weiter viel Potenzial. Dennoch sind die einzelnen Aktien der „Glorreichen Sieben“ nicht gegen mögliche Rückschläge immun.

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Zeitraum % 1 Woche 5,65 % 1 Monat 19,58 % 6 Monate 88,37 % 1 Jahr 271,57 % 3 Jahre 659,82 % 5 Jahre 2.306,02 %
finanzwelt 02 | 2024 Quelle: https://www.finanzen.net/aktien/nvidia-aktie, Abruf am 11.03.2024 Foto: © Jahan Mirovistock.adobe.com

Deutschland im Frühjahr 2024. Wie ist es um die hiesige Wirtschaftsleistung bestellt? Gibt es Lichtblicke? Sehen wir ein Comeback der Nebenwerte? Viele Fragen, die finanzwelt in Kronberg mit Tom Ackermans, Portfolio Manager Fidelity Germany Fund, erörterte.

finanzwelt: IWF und EU attestieren der deutschen Wirtschaft ein Mini-Wachstum für das laufende Jahr. Wie ist es aus Ihrer Sicht um die hiesige Volkswirtschaft bestellt? Tom Ackermans» Ja, die Wehklagen über die deutsche Wirtschaft sind groß, zumal die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert wurden. Die Zeiten sind durchaus anspruchsvoll. Mit der Transformation der Wirtschaft und dem allgegenwärtigen Reformstau gibt es eine Reihe von schwerwiegenden

finanzwelt: Vom „kranken Mann“ Europas ist teilweise die Rede und es wird viel lamentiert. Die deutsche Wirtschaft agiert nicht im luftleeren Raum. Sind einige Probleme dennoch hausgemacht?

Ackermans» Absolut. Die überbordende Bürokratie ist ja in der öffentlichen Diskussion allgegenwärtig. Die hiesigen Unternehmen, oftmals auch global aktiv, müssen sich mit ihren Wettbewerbern in den USA oder Asien messen lassen. Das ist die Benchmark. Wir können uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die Welt ist im steten Wandel; das gilt es, sich jederzeit zu vergegenwärtigen. Um mitzuhalten, müssen sich Unternehmen und ihre Geschäftsfelder weiterentwickeln und Innovationen vorantreiben können. Sonst werden wir abgehängt.

„Es gilt, Verlierer zu vermeiden“

Herausforderungen, denen sich die deutschen Unternehmen stellen müssen. Doch alles schwarzzumalen, trifft die Realität auch nicht. Einige Branchen, wie beispielsweise der Chemiesektor, blicken auf ein schwieriges Jahr 2023 zurück und sind jetzt in einer Übergangsphase, in der sich die Nachfrage langsam verbessert. Natürlich gibt es auch Schattenseiten, beispielsweise in der Baubranche. Doch in der Summe gibt es durchaus deutsche Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb sehr gut positioniert sind.

finanzwelt: Nun möchte die Regierung die Schuldenbremse einhalten und sparen.

Ackermans» Das ist in der gegenwärtigen Lage zu kurz gedacht. Viele multinationale Unternehmen fordern eine Aufweichung der Schuldenbremse, und ich kann das nachvollziehen. Sie führen z. B. das Argument an, dass der klimagerechte Umbau der Wirtschaft finanzielle Ressourcen benötigt. Ein zu rigider Sparkurs kann auf Kosten des Wachstums gehen.

finanzwelt: Lassen Sie uns kurz ein Thema streifen, das dieser Tage viel diskutiert wird. Ein (mögliches) Comeback der Nebenwerte.

Ackermans» Es stimmt, dass in den Vorjahren die Kursentwicklung an den Börsen nur von wenigen großen Unternehmen getragen wurde. Die kleineren Titel hatten angesichts Rezessionssorgen und höherer Inflationsraten oftmals einen schweren Stand. Unser Augenmerk liegt jedoch nicht auf der Indexbetrachtung, sondern im Stock Picking. Genauer gesagt investieren wir in Einzeltitel, die eine langfristig gute Wertentwicklung bieten und überzeugen. Es muss dabei nicht der nächste Überflieger sein. Das Vermeiden von Verlusten ist mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger.

finanzwelt: Seit Herbst vergangenen Jahres sind Sie federführend beim Fidelity Germany Fund. Wo gewichten Sie derzeit über? Bleiben Sie der Investmentphilosophie treu? Ackermans» Eine Übergewichtung haben wir aktuell bei Versicherungsunternehmen und im Bereich Software und IT. Dagegen sind wir im Chemie- und Automobilsektor eher untergewichtet. Ich bleibe dem erprobten Investmentansatz des Fonds treu, d. h. einerseits stehen Qualitätsunternehmen mit erstklassigen Wachstumsaussichten im Fokus, andererseits gilt es, Verlierer zu vermeiden. (ah)

finanzwelt 02 | 2024 100 INVESTMENTFONDS | INTERVIEW

RENDITEKICK

Der Podcast von INTELLIGENT INVESTORS und finanzwelt

Am Puls der Zeit. Eine neue Folge unseres Podcasts „Renditekick“ ist im Kasten.

Daniel

Einfach mal reinhören: intelligent-investors.de/podcast/

• ESG in Zeiten von Inflation und Rezession

• Comeback nachhaltiger Geldanlagen

• Regulierung und Vertrieb

• Nachhaltigkeit und Luxusgüterindustrie

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Warum nachhaltiges Investieren wieder Rückenwind erfahren sollte

Sailer, Head of Sustainable Investment Office bei Metzler Asset Management, gab fundierte Antworten. Alexander Heftrich, Chefredakteur, INTELLIGENT INVESTORS Daniel Sailer, Head of Sustainable Investment Office, Metzler Asset Management

„Make.believe“ ist seit 2009 der offizielle Claim des japanischen Technikriesen Sony. Das börsennotierte Unternehmen hatte in den Jahren zuvor mit Slogans wie „Like no other“, „This is living“ oder schlicht „It’s a Sony!“ sein Alleinstellungsmerkmal zu unterstreichen versucht. „Im Zuge der Weiterentwicklung von Sony und unseres Bestrebens, das Beste aus Elektronik, Entertainment und Technologie in das Zuhause unserer Kunden zu integrieren, ist ein allumfassendes und einheitliches MarkenImage wichtiger denn je“, begründet Sony den Schritt. Und in der Tat beschreibt der leicht märchenhafte Claim

eine moderne Erfolgsgeschichte: Vom ersten tragbaren Kassettenplayer bis hin zu revolutionären Fernsehern und Spielkonsolen hat Sony die Technologiebranche entscheidend geprägt.

Zur Geschichte

Sony wurde 1946 unter dem Namen „Tokyo Tsushin Kogyo“ von Masaru Ibuka und Akio Morita gegründet. Ibuka, dessen Unternehmen „Japan Precision Instruments Company“ während des Zweiten Weltkriegs elektronische Geräte ge-

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Foto: © Pawel Pajorstock.adobe.com

liefert hatte, und Morita, ein Forscher und Wissenschaftler, arbeiteten 40 Jahre zusammen in der „produktivsten und faszinierendsten Beziehung der Unternehmensgeschichte“. Ibukas Talent bei der Produktentwicklung und Moritas Geschäfts- und Marketinggespür machten Sony zu einem der renommiertesten Markennamen der Welt.

Das erste Verbraucherprodukt des Unternehmens war ein elektrischer Reiskocher. Obwohl dieses Gerät zum Ladenhüter avancierte, erlebte Totsuko – wie der Name des Unternehmens abgekürzt lautete – ein erfolgreiches Geschäft mit der Reparatur von Radios für den japanischen Rundfunksender NHK. Im Jahr 1950 führte Totsuko den ersten japanischen Bandrekorder ein. Als 1952 Masura Ibuka die Vereinigten Staaten besuchte, knüpfte er die ersten Kontakte zur Lizenzierung des Transistors von Bell Laboratories, damals eine Abteilung der Western Electric Company, dem Fertigungsarm der American Telephone & Telegraph (AT&T). Im nächsten Jahr reiste Akio Morita in die Vereinigten Staaten und schloss den Deal mit Western Electric ab.

Mit einem Reiskocher fing in den 50ern alles an

Dieser wegweisende Deal führte zur ersten enorm erfolgreichen Produktlinie: Transistorradios. Obwohl Texas Instruments 1955 mit seinen Regency-Radios als erstes auf den Markt kam, sorgte das TR-63 von Totsuko, ein günstiges tragbares Transistorradio, für jede Menge Aufmerksamkeit. Der Verkaufserfolg war so riesig, dass sich die beiden Gründer entschlossen, ihrem Unternehmen einen internationalen Titel zu verpassen: 1958 wurde Sony der offizielle Name der Company, abgeleitet vom lateinischen „Sonus“ (Klang). Ab diesem Zeitpunkt ging es steil bergauf mit dem japanischen Unternehmen. Ende 1958 reüssierte Sony in Japan an der Börse. Und zwölf Jahre später ging das Unternehmen auch in New York an den Aktienmarkt.

Japans Flagge weht

1960 führten Geschäfte in den Vereinigten Staaten schließlich zur Gründung der Sony Corporation of America mit Hauptsitz in New York City. Als das Unternehmen 1962 sein Geschäft in der Fifth Avenue eröffnete, hisste man die erste japanische Flagge seit Beginn des Zweiten Weltkriegs – was durchaus für einige Aufregung sorgte.

Auf der Weltausstellung in New York im Jahr 1964 stellte Sony den MD-5 vor, den ersten vollständig transistorisierten Taschenrechner. Im Jahr 1968 lieferte das Unterneh-

men seinen ersten Trinitron-Farbfernseher aus. Als 1971 rund 40 % der japanischen Haushalte Farbfernsehgeräte besaßen, brachte Sony ganz innovativ den ersten Farbvideorekorder auf den Markt. Dies führte 1975 zur Einführung des Betamax-Systems. Obwohl es als die beste je entwickelte VCR-Technologie angesehen wurde, war sie teurer als der Konkurrent VHS (Video Home System). Da immer mehr Studios und Videotheken auf VHS umstiegen, verlor Betamax Marktanteile, so dass Sony schließlich 1988 auf ein eigenes VHS-System setzte.

Das Jahr 1979 markierte dann einen weiteren großen Schritt auf der Erfolgsleiter: Der Sony Walkman kam auf den Markt. Obwohl die Ingenieure von Sony damals skeptisch waren, ein Gerät zu entwickeln, das Musik nur abspielen und nicht aufnehmen konnte, wurde der Walkman zum internationalen Milliardengeschäft – obwohl anfangs der Preis für dieses Kultobjekt bei stolzen 750 Dollar lag. Der erste CD-Spieler entstand im Jahr 1982 aus einer Entwicklungsvereinbarung zwischen Sony und dem niederländischen Hersteller Philips Electronics NV. Im nächsten Jahr führte Sony den ersten Camcorder ein.

Ende der 1980er Jahre wollten die Sony-Manager, insbesondere der Unternehmenspräsident und der Vorsitzende der Sony Corporation of America, Norio Ohga, Medieninhalte zum Portfolio von Sony hinzufügen. 1988 kaufte man die CBS Records Group und damit das damals größte Plattenunternehmen der Welt. Im nächsten Jahr erwarb man das Filmproduktionsstudio Columbia Pictures Entertainment, Inc. Diese bis dato größte Übernahme eines USUnternehmens durch die Japaner löste eine Kontroverse in den Vereinigten Staaten aus.

Turbulente Geschäftsphasen

Die 1990er Jahre sollten sich eher als schwierige Phase für Sony entpuppen. Die japanische Wirtschaft geriet in eine zehnjährige Rezession, und sowohl Ibuka als auch Morita erlitten Schlaganfälle. Morita trat offiziell 1994 in den Ruhestand und starb 1999. Mit ihren Gründern nicht mehr an der Spitze des Konzerns erklärte Sony 1993 seinen ersten

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Foto: © Sony Foto: © Sony Die Sony-Gründer Masaru Ibuka und Akio Morita

Millionenseller und Kultobjekt:

Der Sony Walkman / Foto © Sony

Verlust von mehr als 200 Mio. US-Dollar. Trotz dieser Geschäftsturbulenzen entwickelte und lieferte Sony weiterhin neue Produkte. 1994 führte die Unterhaltungsabteilung die PlayStation-Videospielkonsole auf dem japanischen Markt ein. Bis 2002 trug die Spieleinheit mit mehr als 10 % zum jährlichen Umsatz des Unternehmens bei. Ein weiteres profitables Geschäftshighlight war Sony Online Entertainment, insbesondere das Internet-Virtual-Reality-Spiel „EverQuest“. Die Entertaiment-Abteilung des Konzerns begeisterte auch die Konsumenten mit dem Roboterhund AIBO, der 1999 vorgestellt wurde. 1997 präsentierte Sony mit der VAIO-Produktlinie die eigenen Personal Computer. Der VAIO galt als ebenso hochwertiges wie teures System, das vor allem an jene User gerichtet war, die sich für die Entwicklung bzw. die Wiedergabe von Multimedia-Programmen interessierten.

Im Jahr 2005, nach durchaus enttäuschenden jährlichen Finanzberichten, wurde Howard Stringer vom Vorsitzenden und CEO der Sony Corporation of America zum Vorsitzenden und CEO der Sony Corporation befördert. Obwohl die Ernennung eines Nicht-Japaners an die Spitze des Mutterunternehmens die Branche überraschte, waren etwa zwei

Drittel der weltweiten Sony-Mitarbeiter Nicht-Japaner. 2009 wurde Stringer auch Präsident der Elektronikabteilung von Sony. Mit dem Ziel, Sony in einer schwierigen Phase wiederzubeleben, konzentrierte sich Stringer auf die Optimierung der Abläufe und die Senkung der Betriebskosten. Schöne neue Welt: Da das für Sony so wichtige Segment der Verbraucherelektronik starken Schwankungen unterlag, verzeichnete das Unternehmen Rekordverluste. 2012 trat Stringer dann von seinen unterschiedlichen Posten zurück und wurde von Hirai Kazuo abgelöst, einem ehemaligen leitenden Angestellten in der Videospielabteilung. Unter seiner Führung fokussierte sich Sony auf Verbraucherelektronik und unternahm zahlreiche Kostensenkungsmaßnahmen, darunter den Verkauf verschiedener Immobilienbesitztümer. 2013 verkaufte Sony sein Hauptquartier in New York City für mehr als 1 Mrd. US-Dollar.

Auf und Ab im Entertainment-Bereich

Aktuell stammt die Hälfte der Gesamteinnahmen des Konzerns aus dem Verkauf von Fernsehgeräten, Kameras, Audiogeräten, Mobiltelefonen und Computerchips.

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INVESTMENTFONDS | SONY UND DIE BÖRSENENTWICKLUNG
Sony-CEO Kenichiro Yoshida / Foto: © Sony
Fotos: © Kenishirotie / Nattawittstock.adobe.com

Die andere Hälfte erwirtschaftet die Entertainment-Abteilung von Sony. Die Playstation, die ab dem Jahr 2020 die Modell-Nummer PS5 trägt, verkauft sich nach wie vor extrem gut. Und auch das Musikgeschäft läuft erfolgreich: Sony Music Entertainment zählt neben der Universal Music Group und Warner Music Group zu den drei großen Playern im Musik-Business. Sony lieferte die Werke seiner assoziierten Künstler auf CD, DVD und Blu-ray aus, inzwischen spielt der Download die entscheidende Rolle. Zwar startete 2011 in Deutschland das „Music-Unlimited“-Angebot, das als Antwort auf Streaming-Dienste wie Spotify verstanden wurde. Doch 2015 kündigte Sony an, dass ein eigener Dienst nicht lukrativ genug sei und dass Spotify die Grundlage für den neuen Musikdienst „Playstation Music“ bilden würde.

Im Filmsegment hat sich die Tochterfirma Sony Pictures als eine der wichtigsten Produktionsfirmen der Welt etabliert. Das Filmstudio entstand aus der Zusammenlegung von Columbia Pictures, Tri-Star Pictures und der Filmabteilung von The Coca-Cola Company. Zu den größten Kinoerfolgen von Sony Pictures zählt vor allem das „Spider-Man“Franchise, die James-Bond-Filme „Skyfall“ und „Spectre“

sowie die Fantasy-Teile „Jumanji“. Das Unternehmen hält Rechte an diversen Franchises wie etwa „Ghostbusters“, „Men in Black“ oder auch an Marvel-Helden.

Insgesamt erzielte die Sony Corporation in den letzten drei Geschäftsjahren einen Umsatz von jeweils rund 70 Mrd. Dollar – zum Ende 2023 steigerte man diesen Wert auf 85 Mrd. Dollar. Zu den größten Aktionären des Konzerns gehören The Master Trust Bank of Japan, Ltd. (17,9 %), Citibank as Depositary Bank for Desositary Receipt Holders (9,7 %) sowie Custody Bank of Japan, Ltd (6,2 %). Aktueller CEO der Sony Group Corporation ist seit April 2018 der Japaner Kenichiro Yoshida, der seit 1987 im Unternehmen tätig ist und zuvor die Rolle des Chief Financial Officers bekleidete. Sony beschäftigte am Ende des Geschäftsjahres 2022/2023 weltweit rund 113.000 Mitarbeiter. Im Vorjahr belief sich die Anzahl der Beschäftigten des japanischen Konzerns auf rund 108.900. Aktuell verzeichnet die Sony-Aktie einen Anstieg auf 99,52 Dollar und konnte im Januar 2024 sogar ein neues Sechs-Monate-Hoch erreichen. Laut Börsennachrichten legten Sony-Papiere auf Zehn-Jahres-Sicht per saldo um +136,9 % zu, was einer Performance von im Mittel + 9,0 % pro Jahr entspricht. (sg)

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Foto: © Urbanscapestock.adobe.com
In der nächsten Ausgabe erwarten Sie unter anderem diese Themen:

Rohstoff-Fonds

Seit Jahresanfang konnten einige Rohstoffe erhebliche Kurssprünge verzeichnen. Im Schatten von Gold sind in diesem Zusammenhang auch die Industriemetalle bedeutsam. Sie werden für viele industrielle Applikationen benötigt und sind teilweise unverzichtbar. Geht dieser Aufwärtstrend auch im 2. Halbjahr weiter? Wie differenziert sind Rohstoffe im Portfolio zu betrachten? Wir liefern Ihnen die Antworten.

Frauen in der Finanzbranche

Die Branche ist nach wie vor eine Männerdomäne, zumindest in den Führungsetagen. Wenn das Finanzwesen diverser und moderner werden will, muss es konservative Prozesse und Strukturen überdenken und frischen Wind zulassen. Wie nehmen Frauen das aktuell wahr? In einem Roundtable-Gespräch kommen weibliche Führungskräfte zu Wort.

Reiseversicherung

Es ist die schönste Zeit im Jahr. Der wohlverdiente Urlaub steht an. Mit einer Reiseversicherung im Gepäck kann nichts schiefgehen. Doch worauf gilt es zu achten, wenn man die Reise absichern möchte? Wir blicken auf die einzelnen Tarife und Merkmale, damit Ihre Kunden einen sorgenfreien Urlaub genießen können.

IMPRESSUM

CHEFREDAKTION

Lenard von Stockhausen (lvs) stockhausen@finanzwelt.de

ART DIRECTOR

wirkungswerk GmbH & Co. KG kontakt@wirkungswerk.com

PROJEKTLEITUNG

LEKTORAT/LESERSERVICE

Angela Schnell schnell@finanzwelt.de

BILDREDAKTION

Sabrina Henkel s.henkel@finanzwelt.de

REDAKTION

Stefan Gehrke (sg) gehrke@finanzwelt.de

Günter Giese (gg) giese@finanzwelt.de

Alexander Heftrich (ah) a.heftrich@finanzwelt.de

Markus Hofelich (mho) hofelich@finanzwelt.de

Maria Leladze (ml) leladze@finanzwelt.de

Helge Schaubode (hs) schaubode@finanzwelt.de

AUTOREN DIESER AUSGABE

Constantin Jacob

Andreas Kötterheinrich

Daniel Lamann

Axel Wegner

Bernhard Wieser

VERKAUFSPREIS

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Jahresabonnement: 25,– Euro inkl. Versandkosten, inkl. MwSt. (Inland). Die finanzwelt kann nur direkt beim Verlag abonniert werden und ist nicht im Handel erhältlich.

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Jörg Freiesleben

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