finanzwelt Ausgabe 02/2018

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32 | IMMOBILIEN | Standorte für Einzelhandel

Die Schwarm-Generation „Standort, Standort und Standort“ lautet die klassische Antwort auf die Frage, was denn eigentlich die drei wichtigsten Kriterien für die Qualität einer Immobilie seien. Das ist ebenso banal wie richtig. Allerdings verändern sich die Faktoren, die hinter der Standortqualität stehen. Das wird derzeit nicht zuletzt in einer etwas überraschenden Neuorientierung im Markt für Einzelhandelsimmobilien sichtbar.

„Binnenwanderung folgt Arbeitsplatzangebot“, so heißt es in der 2009, also vor noch nicht einmal 10 Jahren, veröffentlichten Studie „Demografie und Immobilien“ von Tobias Just. Das Buch (die Habilitation) des damals im Research der Deutschen Bank forschenden und heute an der Uni Regensburg lehrenden Volkswirt fand nicht zuletzt vor dem Hintergrund des anlaufenden demografischen Wandels große Aufmerksamkeit. Es zeichnet das bekannte Bild einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung, die sich durch Binnenwanderungen hin zu den prosperierenden Zentren mit ihrem Angebot an Arbeitsplätzen und einer dichten Infrastruktur neu strukturiert. Verlierer dieser Entwicklung sind die peripheren, kleineren Standorte und vor allem die ländlichen Räume. Dort verstärken sich durch die Abwanderung der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung die Verluste an Wirtschaftskraft und die Ausdünnung der privaten und öffentlichen Infrastruktur gegenseitig. Schon 2015 lieferte das Forschungsunternehmen empirica allerdings das Gegenteil mit der Entdeckung der „Schwarmstädte“. Gerade die jüngere, aktive Generation (25 bis 34 Jahre) folgt mittlerweile anderen Mustern, wie aus den Wanderungsgewinnen zu erkennen ist für Städte, die eher kleiner sind als die potenzielle Konkurrenz. Beispiele liefern Landshut, Regensburg, Karlsru-

he, Koblenz, Münster oder Heidelberg, während viele große Städte wie Essen oder Dortmund nicht wesentlich gewinnen oder sogar verlieren – ebenso wie praktisch alle Landkreise, sofern sie nicht in die „Speckgürtel“ der großen Zentren hineinragen. Angesichts der stagnierenden Gesamtbevölkerung bestimmt diese Umverteilung durch Wanderungen innerhalb Deutschlands maßgeblich die Entwicklung der lokalen Immobilienmärkte. Dabei erweist sich erstaunlicherweise gerade „nicht das Vorhandensein von Arbeitsplätzen“ als relevant für diese Wanderungsbewegungen, so die neue Einsicht der empirica-Analyse. Die entscheidenden Bestimmungsfaktoren liegen ganz klar auf der privaten Ebene und haben einen bestimmten Lebensstil und entsprechende Ansprüche an das soziale und kulturelle Umfeld als Hintergrund: „Hauptsache, man wohnt in einer lebendigen, vitalen, urbanen Stadt.“ Anders gesagt: „Die Bedeutung der Wohnortqualität nimmt stark zu, dafür werden im Gegenzug auch weite Pendelentfernungen in Kauf genommen“, so die empirica-Ergebnisse von 2015.

Verändertes Konsumverhalten Diese sehr nah am Konsumverhalten liegenden Veränderungen im Lebensstil haben Konsequenzen für den Einkauf und die Ansprüche, die diese Kund-

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