eco.nova September 2021

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SEPTEMBER 2021 | P.B.B. VERLAGSPOSTAMT 6020 INNSBRUCK | ZNR. GZ 02Z030672 M | EURO 3.00

ICH ARBEITE, also bin ich

ARBEIT: GRUNDBEDÜRFNIS UND STATUSSYMBOL

IN BALANCE. Von Arbeits- und Lebenszeit BEZIEHUNGSARBEIT: Gutes Gehalt ist nicht alles LEHR - REICH: Stelle sucht Lehrling OUT OF THE BOX: Wunderwaffe Kreativität


Praxis

Alpenresort

Schwarz


DR.MED.UNIV. JULIA CORDIN Fachärztin für Plastische-, Rekonstruktive- und Ästhetische Chirurgie Spezialistin für Brustchirurgie

Neue Wege gehen Ab September 2021 finden Sie mich wie bisher in Wörgl sowie in der einzigartigen Privatklinik am Sonnenplateau beim Alpenresort Schwarz in Tirol. Ich freue mich sehr darauf, Sie in dieser atemberaubenden Kulisse behandeln zu dürfen.

Dr. Julia Cordin PRAXIS ALPENRESORT SCHWARZ | OBERMIEMING 141, 6414 OBERMIEMING WWW.SCHWARZ.AT

www. julia-cordin.at

TELEFONISCHE TERMINVEREINBARUNG UNTER 0512/312 305 ORDINATION@JULIA-CORDIN.AT


© MARIAN KRÖLL

eco.edit

Christoph Loreck und Mag. Sandra Nardin, eco.nova-Herausgeber

STATUSSYMBOL ARBEIT Bei der Wahl der Arbeit kommt es heute nicht mehr sonderlich aufs Geld an, heißt es. Stimmt, vor allem dann, wenn man ohnehin genug davon hat.

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Wir wünschen Ihnen Freude an Ihrer Arbeit! Ihre Redaktion der eco.nova.

IHR GOLDSCHMIED SEIT 1764

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rbeit soll Sinn stiften und ihren Teil zur Selbstverwirklichung beitragen. Das ist schön. Theoretisch. Und auch wenn es optimal ist, eine (fair bezahlte) Arbeit zu finden, die diese Kriterien erfüllt, so ist es wohl dennoch nicht unbedingt die Regel. Um die besten Köpfe als Mitarbeiter für sein Unternehmen zu gewinnen, gibt es die schöne Bezeichnung des Employer Branding. Kurzum: Nicht mehr (oder nicht mehr nur) der Arbeitnehmer muss sich entsprechend verkaufen, auch der Arbeitgeber muss es tun, um die so genannten High Potentials vom Markt zu fischen. Es geht ums Arbeitsumfeld, um Benefits, Dienstwägen und darum, mehr, Anderes oder Besseres zu bieten als die Konkurrenz. Grundsätzlich ist es nichts Verkehrtes, dass Arbeitgeber sich anstrengen müssen, um eine Atmosphäre zu schaffen, in der Arbeit nicht zum notwendigen Übel wird, sondern Spaß macht, dennoch ist die Vorstellung, man arbeite nicht, weil man MUSS, sondern weil man WILL, grosso modo eine ziemlich romantische. Sachbezüge und zusätzliche Benefits sorgen im Allgemeinen nämlich nur dann für zusätzliche Freude, wenn das Gehalt – wahlweise der finanzielle Background – ohnehin schon stimmt. Es nützt kostenloses Obst oder ein hauseigenes Fitnesscenter nämlich reichlich wenig, wenn man mit seinem Gehalt seinen Lebensunterhalt mehr schlecht als recht bestreiten oder den aufgebauten Lebensstandard nicht halten kann. Work-Life-Balance muss man sich erst mal leisten können! Wir haben uns in dieser Ausgabe auf die Suche danach gemacht, was Arbeit eigentlich ist, was sie mit uns und was gute Arbeitgeber ausmacht, ob man noch einfach nur des Geldes wegen arbeiten gehen darf und ob es überhaupt sinnlose Arbeiten gibt.

HER AUSGEBER & MEDIENINHABER: eco.nova Verlags GmbH, Hunoldstraße 20, 6020 Innsbruck, 0512/290088, redaktion@econova.at, www.econova.at GESCHÄF T SLEITUNG: Christoph Loreck, Mag. Sandra Nardin A S SIS TENZ: Martin Weissenbrunner CHEFREDAK TION: Marina Bernardi REDAK TION: eco.wirtschaft: Marian Kröll, Alexandra

Keller, MMag. Klaus Schebesta, Christiane Fasching, Barbara Liesener, DI Caterina Molzer-Sauper, Marion Witting, MSc. // eco.zukunft: Doris Helweg // eco.geld: Dr. Michael Posselt // eco.kultur: Julia Sparber-Ablinger // eco.mobil: Felix Kasseroler // steuer.berater: Dr. Verena Maria Erian // recht.aktuell: RA Mag. Dr. Ivo Rungg // eco.life: Elisabeth Plattner ANZEIGENVERK AUF: Ing. Christian Senn, Matteo Loreck, Daniel Christleth L AYOUT: Tom Binder LEK TOR AT: Mag. Christoph Slezak DRUCK: Radin-Berger-Print GmbH Die Herstellung, der Verlag und der Vertrieb von Drucksorten aller Art, insbesondere der Zeitschrift eco.nova. GRUNDLEGENDE RICHT UNG: Unabhängiges österreichweites Magazin, das sich mit der Berichterstattung über Trends in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Architektur, Gesundheit & Well­ness, Steuern, Recht, Kulinarium und Life­s tyle beschäftigt. Der Nachdruck, auch auszugsweise, sowie anderwertige Vervielfältigung sind nur mit vorheriger Zustimmung des Herausgebers gestattet. Für die Rücksendung von unverlangt eingesandten Manuskripten und Bildmaterial wird keine Gewähr übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. JAHRE SABO: EUR 25,00 (14 Ausgaben). // Sind Beiträge in dieser Ausgabe in der Kopfzeile mit dem FIRMENNAMEN gekennzeichnet, handelt es sich um BE Z AHLTE ANZEIGEN! UNTERNEHMENS GEGENS TAND:

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FOTOS: ADOBE STOCK, ANDREAS FRIEDLE, TOM BAUSE, GÜNTER R. WETT

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UND WANDEL

Veränderte Arbeitswelt: Der Sinnfrage wird in beruflichen Kontexten zwar mehr Platz eingeräumt, aber längst ist sie nicht das dominante Motiv, einer bezahlten Arbeit nachzugehen.

E C O .W I R T S C H A F T 28 BESTE BEZIEHUNGEN

Von Human Resources zu Human Relations: Mitarbeiterentwicklung ist eine Frage der richtigen Beziehungen. 34 GEWINNER UND VERLIERER Die Pandemie beeinflusst den Arbeitsmarkt massiv und schlägt sich auch in den Löhnen und Gehältern nieder. Positiv und negativ. 36 ES LEBE DIE ARBEIT! Life-Domain-Balance: die richtige Balance zwischen unterschiedlichen Lebensbereichen. 46 GELD UND SO Für die neue Art der Mitarbeiter dient Arbeit auch der Erfüllung ideeller Aspekte. Was gute Arbeitgeber ausmacht. 52 IM PORTRÄT Rieder Bau treibt das digitale Handwerk voran und setzt auf Jobvielfalt. 56 LEHR-STUNDE Die Lehre hat nach wie vor ein Imageproblem. Zu Unrecht. 66 HAUSHALTSBUCH Eine neue Verordnung macht Gemeindebudgets transparenter. Ein Aufwand mit langfristigem Mehrwert.

ECO.ZUKUNFT 76 ALGO-RHITMISCH

Warum Maschinen nicht objektiv sind und was dies mit Personalentscheidungen zu tun hat.

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ZUKUNFTSFAKTOR KREATIVITÄT

Kreativität gilt als Wunderwaffe des Menschen gegen die Macht der Maschinen. Ein Plädoyer fürs Selberdenken.

ECO.GELD 90 KRYPTISCH

Was sind Kryptowährungen und braucht man die? Versuche einer (Er)klärung.

ECO.MOTOR 104 ELEKTRO-PFERD

Der Mustang MACH-E im brachialen Test – ohne V8Motor, mit Zukunftsaussichten 108 RUNDUM HUI Der Kia Sorento Plug-in-Hybrid überzeugt innen, außen und unter der Haube. 110 ALLES RICHTIG GEMACHT Mit dem Zoë hat Renault einen ersten Schritt in Richtung Elektromobilität gewagt, der sich zweifelsfrei als richtig erwiesen hat. 112 TECHNOLOGIE-TRÄGER Die neue RT von BMW bleibt dem bewährten Touringkonzept treu und überzeugt mit Innovationsgeist. Viel souveräner kann man auf zwei Rädern nicht von A nach B kommen.

ECO.LIFE 118 MEISTER DER DRUCKGRAFIK

Michael W. Schneider zu Gast in der Innsbrucker Galerie Nothburga. 120 KUNST UND KONTEXT Hanno Schlögl – ein Leben mit Architektur und Kunst, gezeigt in der Galerie Im Vektor.

04 EDITORIAL 08 KOMMENTAR 10 11¾ FRAGEN 16 KLARTEXT 94 ECO.STEUERN 98 ECO.RECHT

stress aus. besinnlichkeit an. weihnachtsfeier auf den punkt. das grander +43 (0) 52 24 52 6 26 info@das-grander.at das-grander.at

E C O .T I T E L 18 ZWISCHEN KONTINUITÄT


eco.mmentar

3G, 2G, 1G Countdown. Die hochansteckende Delta-Variante treibt die Zahlen nach oben. Viel Zeit zum Gegensteuern hat die Politik nicht mehr. An einer Impfpflicht – direkt oder indirekt – führt kein Weg vorbei.

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rinnern wir uns: Vor knapp einem Jahr gab es heftige Vorwürfe an die Bundespolitik, dass sie nicht jede Möglichkeit zur Bestellung von Impfstoffen bis ins Letzte ausgereizt hatte. Dann kam die Sache mit den „Impfvordränglern“. Inzwischen hat sich die Situation komplett umgekehrt. Impfstoff ist genug da, aber die Impfwilligen fehlen. Und so nimmt das Virus gerade Anlauf für die vierte Welle. Die Politik bettelt die Bevölkerung geradezu zur Impfung. Sie öffnet Impfzentren ohne Voranmeldung und fährt ihren Bürgern mit dem Impfbus nach. Auch mit Prämien, Gewinnspielen und sonstigen Zuckerln sollen Impfmüde gekauft werden. Das ist ja alles schön und nett und könnte die Goldmedaille in der Disziplin Bürgerservice bekommen, wenn der Hintergrund nicht so ernst wäre. Wenn wir wegen mangelnder Durchimpfung in den nächsten Lockdown rasseln, löst das einen Milliardenschaden aus, den – wie die jetzigen Kosten der Pandemie – noch unsere Kinder und Enkelkinder zurückzahlen müssen. Was also tun? Der direkte Weg wäre eine Impfpflicht, zumindest für bestimmte Berufsgruppen. Wenn Ärzte und Pfleger das Virus in Krankenhäuser und Altenheime schleppen, gefährden sie „vulnerable Gruppen“ wie es so schön heißt, also die Schwächsten. Und wenn verschwörungsaffine Lehrer das Virus von einer Klasse in die andere tragen, steht wieder Homeschooling auf dem Programm, also jene Unterrichts-Schmalspurvariante, die Bildungsdefizite produziert. Wer aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden kann oder zu jung dafür ist, soll selbstverständlich (mit entsprechender Testung) gleich behandelt werden wie Geimpfte. Hier braucht es eine klare Differenzierung zwischen „nicht können“ und „nicht wollen“. Das öffentliche Interesse liegt mittlerweile derart klar auf der Hand, dass das Bitten und Betteln ein Ende haben muss. Oft wird der Begriff „Aufklärung“ strapaziert. Doch wer sich über die Impfung (seriös) informieren will, konnte das schon

V O N K L A U S S C H E B E S TA

längst tun. Rechtlich wäre eine Impfpflicht möglich – aber die Politik (nicht nur in Österreich) will sich nicht an dieser heißen Kartoffel die Finger verbrennen. Wenn sich schon die Politik nicht traut, durch die Vordertüre zu gehen, dann eben mit sanftem Druck. Ja, Herr Kickl, das ist dann eine „Impfpflicht durch die Hintertüre“ – aber anders ist euch Verharmlosern, Verweigerern und Verschwörern nicht beizukommen. Ab dem Zeitpunkt, da jeder die Chance auf zumindest den ersten Stich hatte (also jetzt), besteht kein Grund mehr, den Impfmuffeln nachzurennen und auch noch zig Millionen für Gratis-Testungen auszugeben. Solange die Regierung Nachtschwärmern die teuren PCR-Tests finanziert, entsteht null Anreiz, sich impfen zu lassen. Und so hüpfen weiterhin Superspreader durch die Nacht, die zum Zeitpunkt der Testung gerade noch nicht als solche zu erkennen waren. Immerhin, jetzt bewegt sich etwas: Seit kurzem traut sich sogar der Gesundheitsminister, das bislang tunlich vermiedene Reizwort „1G“ in den Mund zu nehmen. Soll heißen: Wer in die Disco will, muss sich impfen lassen oder daheimbleiben. In diesem Stil lassen sich weitere Bereiche des Lebens regeln: Restaurantbesuche, Großevents, Fitnesscenter, Reisen. Umfragen belegen, dass die Mehrheit der Österreicher (derzeit 55 Prozent) diese Linie unterstützt und endlich einen Strich unter die leidige Pandemie ziehen will. Klar, diese Art des sanften Drucks hat etwas Feiges an sich. Aber wenn der Staat es nicht mit einer Impfpflicht geradeheraus sagen will, dann halt hinten herum. So oder so: Der Handlungsbedarf ist akut. 61 Prozent der Bevölkerung haben ihren Beitrag mit einer Immunisierung geleistet. Zieht man Kinder unter zwölf Jahren und medizinische Ausnahmen ab, bleiben rund 25 Prozent, die sich „aus Prinzip“ gegen die Impfung stemmen. Die Pandemie muss ein Ende haben – und das hat sie nur, wenn das viel strapazierte Wort „Solidarität“ auch in diesem Viertel der Bevölkerung ankommt.


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TEAM JÜNGER STEUERBERATER OG


© CHRISTIAN BAUMGARTNER

eco.porträt

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eco.porträt

11¾ FRAGEN AN

MAGDALENA HAUSER 1. Wer sind Sie? 2016 gründete und leitete ich gemeinsam mit Josef und Hermann Hauser das I.E.C.T. – Hermann Hauser, welches sich vor allem um die Unterstützung von Gründungen im Spin-off-Bereich kümmert. Neben dem I.E.C.T. bauten wir Hermann Hausers Investmentfirma für Kontinentaleuropa auf, wo wir hauptsächlich in DeepTechSpin-offs investieren. 2018 durfte ich mit meinen Kollegen Clemens Wasner, Stefan Engl und Dietmar Millinger den Non-Profit-Think-Tank AI Austria gründen. Gemeinsam mit Prof. Wolfgang Lechner bin ich seit Januar 2020 Co-Founder und Co-CEO von ParityQC, dem weltweit ersten Quantenarchitektur-Unternehmen.

9. Warum sind Sie Unternehmerin geworden? Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen, also war mir schon früh klar, dass ich irgendwann ein eigenes Unternehmen gründen und leiten will. Dass ich jetzt die Chance habe, gemeinsam mit Wolfgang sein Quantenarchitektur-Unternehmen aufzubauen, hätte ich allerdings nicht erwartet.

10. Ihre Parity Quantum Computing GmbH beschäftigt mittlerweile 15 Mitarbeiter. Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern und was sind Sie bereit, als Unternehmen dafür zu geben? Wir haben über die letzten zwei Jahre ein Team aus den besten Talenten der Welt aufgebaut. Sie leisten jeden Tag Pionierarbeit, weil es für unser Produkt keine Blaupausen gibt. Mit Scheitern umzugehen, weil ein Ansatz nicht funktioniert hat, gehört bei uns dazu. Ein Umfeld bereitzustellen, wo das möglich ist, sehe ich als unsere Aufgabe an.

2. Warum, glauben Sie, haben wir Ihnen geschrieben? Mit ParityQC haben wir in den letzten Monaten einige Meilensteine erreichen können und es freut uns daher umso mehr, dass wir vor kurzem mit dem Tiroler Innovationspreis ausgezeichnet wurden.

11. Was möchten Sie Mädchen und jungen Frauen mit-

geben, um sie für den MINT-Bereich zu begeistern? Ich glaube weniger, dass es an den Mädchen oder jungen Frauen liegt, dass sie sich nicht für MINT-Fächer begeistern. Ich denke, dass das Umfeld sich noch ändern muss, damit junge Frauen das überhaupt als mögliches Studienfach in Betracht ziehen.

Wie lautet Ihr Lebensmotto? Ich habe nicht wirklich ein Lebensmotto. Da müsste ich mich mit mir selbst auf einen Satz einigen, der dann für jede Lebensphase passt. Das würde nicht funktionieren. 3.

4. Was macht Sie stolz? Was mich fasziniert, ist, dass wir es geschafft haben, ein Unternehmen aufzubauen, bei dem Talente aus der ganzen Welt arbeiten und uns beiden CEOs vertrauen, dass wir das zum Erfolg führen werden. 5.

11¾ :

Was bedeutet für Sie Luxus? Freizeit.

W E L C H E F R A G E W O L LT E N S I E S C H O N

I M M E R B E A N T W O R T E N , N U R H AT S I E N O C H N I E J E M A N D G E S T E L LT ?

6. Mit welcher historischen Persönlichkeit würden Sie

Was ist das ungewöhnlichste Thema, über das Sie richtig viel wissen? Dachaufbauten für Flachdachbegrünung.

7.

8. Was waren die größten (technischen) Fortschritte, die Ihr Leben begleitet/verändert haben? Ich durfte zum Glück noch ohne Smartphone und ständigen Internetzugang aufwachsen. Diese technischen Errungenschaften haben unser Leben wohl alle grundlegend verändert.

Welche Superkraft hättest du gerne, wenn alles möglich wäre? Antwort: Ich würde gerne in der Sekunde alles über ein Gebiet wissen, sobald ich nur den Begriff höre.

HAUSER:

© GÜNTHER EGGER

gerne einen Abend verbringen – warum? Nikola Tesla. Er hat über 280 Patente angemeldet, mehrere Firmen gegründet und wieder in den Sand gesetzt, erfuhr Reichtum und dann wieder hohe Schulden, erlebte und führte den „War of Currents“ mit. Mit ihm kann man sich wahrscheinlich einiges länger als nur einen Abend unterhalten.

Magdalena Hauser mit Wolfgang Lechner, Gründer von ParityQC

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WIRTSCHAF

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wirtschaft & unternehmen

Nachhaltig nachhaltig Das Thema Nachhaltigkeit steht aktuell ganz vorne auf der politischen Agenda. Unternehmer*innen wird jedoch häufig nachgesagt, dass sie damit nichts anfangen könnten. Oft wird der Gegensatz Natur – Wirtschaft konstruiert, der so letztlich nicht stimmt, weil beides ganz gut miteinander kann. Wenn man will. Das sehen auch die heimischen Betriebe so. Im Zuge einer Mitgliederbefragung der Wirtschaftskammer Tirol hielten 81 Prozent der Betriebe fest, dass für sie Nachhaltigkeit (sehr) wichtig ist. Die ökologische Wirtschaft in Tirol erwirtschaftet mittlerweile drei Milliarden Euro Jahresumsatz und schafft 15.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze. Auch für den Tourismus ergeben sich durch den Nachhaltigkeitstrend (der eigentlich kein Trend sein sollte, sondern eben nachhaltig) Chancen. Tirol wird bei Gästen vor allem seiner Natur wegen (wert) geschätzt und tut deshalb gut daran, sich diese Stärken zu bewahren. „Der Gast erwartet zunehmend Nachhaltigkeit von den Betrieben. Der Tiroler Tourismus kann hier Vorreiter sein und auf lange Sicht einen deutlichen Wettbewerbsvorteil erzielen“, ist Hermann Sammer, Nachhaltigkeitssprecher der Sparte Tourismus, überzeugt. Die vielen klein­strukturierten Familienbetriebe vor allem in den Tälern sind mit ihrer Region verwurzelt und setzen schon lange auf lokale Produkte und Partner. Dies gilt es künftig weiter zu forcieren, um das Thema Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren mit Leben zu füllen und es nicht zu einer Worthülse verkommen zu lassen.


© JULIA TÜRTSCHER

eco.wirtschaft

eco.mmentar

Marina Bernardi, Chefredaktion

Meinungsverschiedenheiten Jede Meinung hat ihre Berechtigung – so lange die Fakten stimmen. BERUF UND FAMILIE Heuer ist es wieder so weit: Das Land Tirol sucht seine familienfreundlichsten Betriebe. Ziel des alle zwei Jahre stattfindenden Landeswettbewerbs ist es, Unternehmen zu familienfreundlichen Maßnahmen wie Betriebskindergärten oder flexiblen Arbeitszeiten zu motivieren und Best-Practice-Beispiele vor den Vorhang zu holen. Bis zum 30. September 2021 sind Bewerbungen möglich. Die Teilnehmer*innen werden von einer Jury in den Bereichen Arbeitszeit und -ort, Karenzund Wiedereinstieg, familienfreundliche Maßnahmen sowie Informationspolitik und Unternehmenskultur bewertet. Die Tiroler Landessieger werden voraussichtlich im Februar 2022 im Rahmen eines Festakts gekürt und sind gleichzeitig Anwärter für den Staatspreis „Familie und Beruf“. Mitmachen können private Betriebe, Non-Profit-Organisationen und öffentlich-rechtliche Institutionen. Interessierte können die Bewerbungsunterlagen kostenlos unter www.tirol.gv.at/ familienfreundlichster-betrieb aufrufen, ausfüllen und online einreichen.

GUTE NACHRICHTEN Also zu Beginn eine etwas weniger gute Nachricht: Wir haben einen Fehler gemacht. Konkret in unserer Juni-Ausgabe (Sprechen Sie Wirtschaft), als wir eine Studie zitiert haben, die den österreichischen Schulbüchern ein ziemlich schlechtes Zeugnis in Sachen Wirtschaftsbildung attestierte. Das stimmte zwar zum Zeitpunkt der Studienerstellung, doch das war 2016. Wir haben es folglich verabsäumt, nachzufragen, ob sich diesbezüglich in der Zwischenzeit etwas getan hat. Das hat es nämlich tatsächlich, wie uns der Fachverband Buch- und Medienwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich mitteilte. Die österreichischen Schulbuchverlage haben sich damals intensiv mit den (berechtigten) Kritikpunkten befasst und es wurden sowohl individuell bei vielen Verlagen als auch als Branche gemeinsam Maßnahmen gesetzt. Das finden wir super und wir entschuldigen uns an dieser Stelle für unser Versäumen!

„JE MEHR VERGNÜGEN DU AN D E I N E R A R B E I T H A S T, U M S O B E S S E R W I R D S I E B E Z A H LT .“ MARK T WAIN, S CHRIF T S T EL L ER

Die Meinungsfreiheit ist eines unserer höchsten Güter. Seine Meinung frei und öffentlich kundtun zu können, ist wertvoll und wichtig. Mindestens genauso wichtig ist die offene Diskussion, wenn sie respekt- und achtungsvoll geführt wird. Und weil eine Meinung quasi per definitionem subjektiv ist, kann es zu einem Thema die verschiedensten Ansichten geben. Was ich persönlich sehr schön finde, weil es den eigenen Horizont erweitert und neue Sichtweisen auf eine Sache eröffnen kann. Unschön wird es immer dann, wenn man in einer Diskussion beginnt, keine anderen Meinungen mehr zuzulassen, sondern seine eigene zur aboluten Wahrheit werden lässt. Bei manchem Thema ist das bloß ärgerlich, bei anderen kann das gefährlich werden. Abgesehen davon, dass hetzerische Aussagen etwa über Hautfarbe, Herkunft oder Religion selbst unter dem Deckmantel der „Meinungsfreiheit“ generell und immer verboten sind, gibt es auch darüber hinaus Bereiche, in denen man mit bestimmten Äußerungen vorsichtig sein sollte. Dann nämlich, wenn man seine Meinung als Fakt verkaufen möchte, die Bildung der Meinung aber schon auf falschen „Fakten“ basiert. Von der Corona­ impfung wird man zum Beispiel ebenso wenig unfruchtbar wie vom Onanieren blind (die Welt wäre vermutlich für viele ganz schön dunkel) und wenn man es schafft, Ihnen mit einem Antigen-Teststäbchen durch die Nase einen Chip ins Gehirn zu pflanzen, sind Sie ein anatomisches Wunder. Kurzum: Wir müssen wieder lernen, subjektive Meinungen von objektiven Fakten zu unterscheiden (was zugegeben immer schwieriger wird), und vor allem müssen wir lernen, dass es keine Schande ist, seine Meinung zu überdenken und gegebenenfalls zu revidieren. Anregungen und Kommentare bitte an bernardi@econova.at

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© KUNSTFOTOGRAFIN

eco.mmentar

GUTE ARBEIT(GEBER) Employer Branding ist seit einiger Zeit ein Thema vieler Unternehmen, insbesondere in deren Personalabteilungen. Im Wesentlichen geht es darum, als Arbeitgeber für Mitarbeiter*innen attraktiv zu sein und zu bleiben. Diese Attraktivität ist notwendig, um nicht nur die besten, sondern auch die passenden Mitarbeiter*innen anzuwerben.

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er Prozess, neue Mitarbeiter*innen zu gewinnen, ist vor allem eine Vertrauensfrage. Arbeitgeber*innen vertrauten darauf, dass die/der neue Mitarbeiter*in sich ehrlich darstellt und umgekehrt vertraut Zweiterer darauf, dass die Selbstdarstellung des Unternehmens der Realität entspricht. Später enttäuschte Versprechungen lassen keine nachhaltigen Bindungen zu, erhöhen die Fluktuation und wirken sich schlecht auf das Employer Branding aus. Als attraktiv werden Arbeitgeber*innen dann wahrgenommen, wenn verschiedene Aspekte für die Mitarbeiter*innen als positiv empfunden werden. Dabei geht es neben den leicht vergleichbaren Fakten wie Gehalt und Arbeitszeit vor allem um subjektiv empfundene Faktoren. Ein paar Beispiele.

VON ALEXANDER M. SCHMID

ARBEITSUMFELD

Spätestens seit der Pandemie ist klar, dass das Homeoffice nicht nur eine Notlösung, sondern eine echte Alternative darstellt. Besonders seit dem Zeitalter der Großraumbüros ist klar, dass manche Jobs in solcher Umgebung nur unter herben Produktivitätseinbußen geleistet werden können. Flexibilität in der Gestaltung des Arbeitsplatzes ist inzwischen nicht nur zeitgemäß, sondern auch notwendig geworden.

DIVERSITY MANAGEMENT

Unternehmen waren schon immer eine wichtige Säule der Gesellschaft und spiegeln diese wider. Das betrifft die zunehmende Vielfalt der Kund*innen ebenso wie die eigene Belegschaft. Der Mehrwert daraus ist eine bessere Integration und gesellschaftliche Akzeptanz. Das beginnt bei der Muttersprache, dem kulturellen Hintergrund und der Hautfarbe und geht bis zur partnerschaftlichen Orientierung.

JEDES UNTERNEHMEN WURDE AUS EINEM BESTIMMTEN GRUND G E G R Ü N D E T. M E I S T E N S UM EIN PROBLEM AUS DER W E LT Z U S C H A F F E N . G U T E UNTERNEHMEN HABEN ES V E R S TA N D E N , D A R A U S I H R E DASEINSBERECHTIGUNG, IHREN SINN, ABZULEITEN. SINNSTIFTUNG Die Frage nach dem Sinn stellt sich uns Menschen in allen Lebensbereichen. Dabei kann man den persönlichen Lebenssinn und den von Unternehmen/Organisationen unterscheiden. Ideal wäre ein Zustand, wenn der persönliche Sinn und der des jeweiligen Jobs zusammenpassen. Jede Abweichung davon ist eine potenzielle Bruchstelle. Rein inhaltlich gibt es natürlich überall sinnbefreite Arbeiten. Damit sind jene Tätigkeiten gemeint, die nur zur Beschäftigung dienen, aber keinerlei Wertschöpfung für das Unternehmen bringen. Jeder ist dazu angehalten, diese Aufgaben zu eliminieren, da sie nur Ressourcen kosten.

ZUR PERSON Alexander M. Schmid – Der Vereinfacher – beschäftigt sich seit über sechs Jahren mit Vereinfachung in Unter­­nehmen, hat darüber ein Buch verfasst und erarbeitet mit Unternehmen Strategien, die sie am Markt einfach einzigartig positionieren. www.dervereinfacher.at


TEXTILSERVICE STANGELMAYER

KLEIDER MACHEN LEUTE Schon seit Längerem lässt sich in Unternehmen der Trend zum Outsourcing erkennen. Bereiche, die nicht unmittelbar mit dem Unternehmenszweck in Verbindung stehen, werden ausgelagert. Auch Miete und Leasing lösen den Kauf immer häufiger ab. Was beim Fuhr- oder Maschinenpark längst gang und gäbe ist, erreicht mittlerweile die vielfältigsten Dimensionen. Auch die Arbeitskleidung.

Gerhard und Arnulf Stangelmayer führen den Familienbetrieb in zweiter Generation: „Unsere Mitarbeiter sind unser höchstes Gut“, sagen sie.

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nternehmens- und Teamzugehörigkeit drückt sich häufig durch einheitliche Kleidung aus. Arbeitskleidung wird in der Regel vom Unternehmen zur Verfügung gestellt und verursacht bei näherer Betrachtung einen erheblichen Aufwand – finanzieller wie organisatorischer Natur. Das beginnt bei der Anschaffung, die bereits eine hohe Erstinvestition darstellen kann. In weiterer Folge muss die Kleidung regelmäßig hygienisch gereinigt, laufend kontrolliert und gegebenenfalls repariert und zyklisch ausgetauscht werden. Soll die Arbeitskleidung zusätzlich Firmen- und/oder Namensem­blem erhalten, muss sich auch darum jemand kümmern. Viele Unternehmen stehen deshalb vor der Überlegung, den Bereich der Teambekleidung komplett auszulagern.

MIETEN STATT KAUFEN

Die Textilservice Stangelmayer GmbH hat sich unter anderem auf einen Rundum-Service für Berufsbekleidung spezialisiert und stattet jeden Mitarbeiter individuell mit der entsprechenden (Sicherheits-)Kleidung aus. Der bayrische Familienbetrieb ist seit mittlerweile 55 Jahren Experte in der Textilpflege und wird aktuell in zweiter Generation geführt. Mit knapp 500 Mitarbeitern, die sich täglich professionell um rund 80 Tonnen Wäsche kümmern, ist Textilservice

Stangelmayer eine der größten Wäschereien im Alpenraum und hat sich trotzdem seine familiäre Atmosphäre bewahrt. Seit vielen Jahrzehnten ist Textilservice Stangelmayer dabei auch in Tirol tätig und betreut zahlreiche Unternehmen – darunter viele im Bereich der Hotellerie und Gastronomie –, denen auch bei der Reinigung und Pflege der Arbeitskleidung Regionalität und Nachhaltigkeit wichtig sind. Die Nähe zu Bayern sorgt für kurze Wege, die Wäscherei befindet sich direkt in Kolbenmoor bei Rosenheim, sodass die Kleidung nicht hunderte Kilometer durchs Land reist. „Mit vielen Tiroler Unternehmen verbindet uns eine jahrelange Zusammenarbeit. Bayern und Tirol sind sich nicht nur geografisch nahe, sondern auch in ihrer Mentalität“, sagt Österreich-Vertreter Siegfried Egger, der von Kufstein aus für den heimischen Markt zuständig ist und vor Ort als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die erste Beratung findet stets direkt im jeweiligen Unternehmen statt, wo gerne auch zusammen mit den Mitarbeitern verschiedene Bekleidungsmuster angeschaut und getestet werden und die passende Lösung ausgewählt wird. In der Folge wird die gewählte Kleidung auf Wunsch fachgerecht mit Logo und/oder Namensemblem veredelt und laufend serviciert. Abgerechnet wird nach einem Leasingsystem und einer monatlichen

Pauschale, die neben der Bereitstellung der Kleidung auch die regelmäßige Reinigung inkludiert. Gleichzeitig werden die Stücke durch eine Qualitätskontrolle auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft, wenn nötig repariert und bei Bedarf ausgetauscht. Sinn macht das Mietmodell bereits ab einer Betriebsgröße von drei bis vier einzukleidenden Mitarbeitern, die Vertragslaufzeit beträgt üblicherweise drei Jahre. „Der Mietservice erhält die Liquidität und sorgt einerseits für finanzielle Planbarkeit im Unternehmen und andererseits für einen stets gepflegten Außenauftritt“, erklärt Egger. „Zudem ist der Mietservice im Vergleich zum Kauf platz- und ressourcensparend, da wir neben Bringen, Holen, Waschen und Ersetzen auch die Lagerung übernehmen – zum Beispiel, wenn Mitarbeiter ausscheiden.“ PR

TEXTILSERVICE STANGELMAYER GMBH Werkstraße 1, D–83059 Kolbenmoor Tel.: +49/8031/9097-0 info@stangelmayer.com

www.stangelmayer.com

Vertretung in Österreich:

Liststraße 7, 6330 Kufstein Tel.: 05372/64644


eco.wirtschaft

IE: SER EXT RT KLA

MAN SPRICHT DEUTSH Deutsch geschrieben heißt noch lange nicht verständlich. Ob Recht, Politik, Verwaltung, Technik oder Werbung – der wahre Sinn vieler Aussagen versteckt sich oft hinter barocken Satzgebilden. Ziemlich leichte Sprache nimmt die Luft aus aufgeblasenen Formulierungen und legt den Blick auf die meist bescheidene Substanz frei. Klartext geht einen Schritt weiter und ergründet die wahren Absichten des Verfassers. Es gilt die Unschuldsvermutung. T E X T : K L A U S S C H E B E S TA

ORIGINAL: WIR SIND HIIIIER, HERR FINANZMINISTER!

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„Corona verstärkt Ungleichheit, verschärft Gesundheitsrisiken, reduziert Bildungschancen für Arme, während manche Vermögende und Unternehmen zu den Krisengewinnern gehören und in der Krise noch reicher geworden sind.“ (…) „Wir sind überzeugt, dass mehr Steuergerechtigkeit der zukunftsweisende Weg zu einer Gesellschaft ist, die sich an den Werten Gemeinwohl, Chancengleichheit und Zusammenhalt orientiert. Diejenigen, die viel besitzen, können einen höheren Beitrag leisten, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen.“

ZIEMLICH LEICHTE SPRACHE: Preisfrage: Vom wem stammt dieser Appell? Von der Kirche? Kalt. Vom ÖGB? Auch kalt. Von den Grünen? Ganz kalt. Lassen Sie’s, da kommen Sie nie drauf. Der Aufruf kommt von einer Gruppe Reicher. 36 Millionäre aus Österreich und Deutschland haben in einem im Internet veröffentlichten Appell tatsächlich mehr Steuern eingefordert. Warum? Vielleicht, weil ihnen selbst peinlich ist, dass der Mittelstand abgesahnt wird und sie mit Steuertricks, verschachtelten Stiftungen und Auslandskonten dem Finanzamt so leicht entwischen können. Warum die Reichen vor dem Finanzamt stehen und um Einlass betteln, ist zweitrangig. Sie tun es. Und die Politik sollte dieser Bitte nachkommen, bevor sich der „kleine Mann“ komplett deppert vorkommt.

KLARTEXT: Besteuert uns endlich, bevor uns der Pöbel vor Neid die Türe einrennt!

ORIGINAL: DA GEHT DER BLAUE RAUCH AUF

„Herr Kickl ist nicht der schüchterne Typ. Tagtäglich ätzt er mit seinen Sagern hässliche Löcher in die weißen Hemden der Regierenden. Um zu sehen, wie die blaue Truppe inwendig tickt, lohnt sich ein Blick einige Wochen zurück zum Parteitag. Dort sprachen nämlich Herbert Kickl und Konsorten in geradezu entlarvender Offenheit: 1. „Ich bin kein Nachlassverwalter.“ 2. „Das freie Wort zeichnet die FPÖ aus.“ 3. „Wir spielen nicht auf Unentschieden.“ 4. „Vieles, was heute als rechts verunglimpft wird, ist schlicht normal.“

ZIEMLICH LEICHTE SPRACHE: Eigentlich meinte Herbert Kickl: 1. „Alles, was vor mir war, ist mir egal. Ich bin jetzt die Partei.“ 2. „Lasst meine parteiinternen Gegner nur reden – dann weiß ich mindestens, wo die Abtrünnigen sind und wen ich als Erstes zu eliminieren habe.“ 3. „Konsens? Kompromiss? Deeskalation? Ich nix verstehen.“ 4. „Wo ich bin, ist normal.“

KLARTEXT: Kurz muss weg. Kickl muss her.

UND AUSSERDEM: Am Parteitag sprach nicht nur Kickl, es gab auch andere Wortspenden:

„Du hast meine Stimme, du hast meine Unterstützung“, sagte nicht Kickl, sondern Hofer. Und meinte damit: „Lass mir bitte, bitte, bitte meine letzten Ämter. Ich werde auch nie mehr was Kritisches sagen.“

„Lieber Herbert, den Zusammenhalt wirst du spüren. Du wirst auch die Kraft meiner Landesgruppe spüren“, sagte Kickls größter interner Kritiker, Oberösterreichs Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner. Und meinte: „Ich werfe vor deiner Größe (haha – die Anspielung hat er sicher nicht gecheckt) mein unwürdiges Antlitz in den Staub. Wenn du dich aber nur einmal wegdrehst, wird dir meine Landesgruppe sowas von in den Arsch treten. Diese Kraft wirst du definitiv spüren, Herbert.“


BFI TIROL

KNOW-HOW IST KLARER WETTBEWERBSVORSPRUNG Aus- und Weiterbildung ist wichtiger denn je. Nicht nur die Digitalisierung hat in den heimischen Betrieben an Fahrt aufgenommen. AUSWAHL AKTUELLER KURSE • Fachlehrgang Grafik und Mediengestaltung Start am 4. Oktober 2021

• Programmierakademie Basis Start am 18. Oktober 2021 • Ausbildung zur Sicherheitsfachkraft Start am 4. Oktober 2021

• Ausbildung zum_ zur betrieblichen Nachhaltigkeitsberater_in Start am 14. Oktober 2021

• Online Marketing Conference (OMC) Am 4. November 2021

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er gesamte Arbeitsmarkt und damit die Anforderungen im Job verändern sich zusehends. Das neue BFI-TirolKursprogramm 2021/2022 bietet wieder eine breite Palette an Kursen und Lehrgängen für Höherqualifizierungen und Umschulungen.

PRÄSENZVERANSTALTUNGEN

Es können am BFI Tirol wieder alle Angebote als Präsenzveranstaltung besucht werden. In gewohnter Qualität stehen neben EDV-Kursen auch zahlreiche Seminare und Lehrgänge für Abschlüsse im zweiten Bildungsweg sowie in den Bereichen Wirtschaft, Schönheit und Kosmetik, Elementarpädagogik, Persönlichkeitsentwicklung und Technik zur Auswahl. Das Sprachenzentrum bietet eine bunte Palette an Sprachkursen auf unterschiedlichen Niveaus. Auch akademische Abschlüsse können berufsbegleitend erworben werden.

MASSGESCHNEIDERTE FIRMENSCHULUNGEN Nach Bedarf konzipieren wir außerdem maßgeschneiderte Firmenschulungen, die auf Ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmt sind. Jedes Unternehmen hat andere Anforderungen und Rahmenbedingungen, die es zu berücksichtigen gilt, damit die Schulung den größtmöglichen Nutzen bringt. Das BFI Tirol ist mit seiner mehr als 50-jährigen Erfahrung ein verlässlicher Partner für professionelle Firmentrainings.

NEU: KARRIERECOACHING

Für alle Interessent_innen bietet das Servicecenter in Innsbruck neu auf Wunsch ein kostenloses und unverbindliches Karrierecoaching an. Unsere Expert_innen in ganz Tirol beraten Sie gerne persönlich über das umfangreiche Angebot und mögliche Förderungen. Weitere Infos unter +43 512 59660, info@bfi-tirol.at oder auf www.bfi.tirol. PR

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BFI TIROL Ing.-Etzel-Straße 7, 6020 Innsbruck Tel.: 0512/59 660 info@bfi-tirol.at www.bfi.tirol

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ARBEIT ZWISCHEN KONTINUITÄT UND WANDEL

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Die Arbeit ist ein menschliches Grundbedürfnis, das in unserer modernen Gesellschaft erst die Befriedigung vieler weiterer Bedürfnisse ermöglicht. Historisch betrachtet hat die Arbeit mehrere Bedeutungswandel durchlaufen und wichtige Funktionen, für die es (noch) keinen adäquaten Ersatz gibt. TEXT: MARIAN KRÖLL


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ie Geschichte der Arbeit ist eine wechselvolle, ein Nebeneinander von Kontinuitäten und Brüchen. Mit dem Begriff Arbeit war ursprünglich der Prozess der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur zum Zweck der unmittelbaren Existenzsicherung gemeint. Sie war geschichtlich betrachtet über weite Strecken – besonders in der Antike und im Mittelalter – negativ konnotiert und eine Angelegenheit der unteren sozialen Schichten gewesen. Erst das Christentum verlieh der Arbeit, ehedem ein Synonym für Plage, Mühsal, Last und Not, eine positive Bedeutung. Der fortschreitenden Arbeitsteilung und der damit einhergehenden Geldwirtschaft und späteren Industrialisierung kam dieser Sinneswandel natürlich zupass. Wie der Sozialtheoretiker Bernard Mandeville bereits 1714 in seiner Bienenfabel im Zusammenhang mit dem erstmals verwendeten Ausdruck „Arbeitsteilung“ (division of labour) argumentiert hatte, begehe bei der Ausführung seiner Arbeit kaum noch Fehler, wer diese erst einmal gewohnheitsmäßig übernommen habe. Damit waren das Fließband und die monotone Wiederholung weniger ewig gleicher Handgriffe gewissermaßen

DIE A RBEI T S W ELT IS T DUR C H DIE C OR ON A K RIS E A NS C HEINEND NIC H T N AC HH A LT IG AUS DEN F UGEN GER AT EN, UND DENNOC H IS T NIC H T A L L E S W IE IMMER . vorweggenommen. Der Boden für unser heutiges Wirtschaften (und Arbeiten) war durch den Bedeutungswandel des Arbeitsbegriffs bestellt. Arbeit wurde im Laufe der Zeit zur Ideologie. Um das erkennen zu können, muss man gar nicht bis zu Marx zurückgehen. Es reicht, sich die immer wieder hochkochenden Debatten über Arbeitszeitverkürzung oder das bedingungslose Grundeinkommen vor Augen zu führen. Bisweilen wird Arbeit sogar als die säkulare Religion unserer heutigen Gesellschaft bezeichnet. Der Zugang der Volkswirtschaftslehre zur Arbeit dagegen ist ein nüchterner. Dort ist sie nämlich – so wie auch Boden und Kapital – ein simpler Produktionsfaktor. Die Untrennbarkeit des Menschen von dessen Arbeitskraft bleibt dabei jedoch weitestgehend unberücksichtigt. Die Soziologie dagegen erkennt an, dass Arbeit


ein Prozess ist, in dem Menschen soziale Beziehungen eingehen, die – so definiert es ein Wirtschaftslexikon – „im gesamten Lebenszusammenhang von zentraler Bedeutung sind; hierzu gehören die Strukturierung der Zeit, die soziale Anerkennung und das Selbstwertgefühl.“ Und tatsächlich ist das moderne Arbeitsleben deutlich von sozialen Beziehungen geprägt. Es menschelt beträchtlich in der Arbeitswelt. Das ist immerhin gut so, aber der Rahmen, in dem sich diese Beziehungen abspielen, man kann ihn auch Unternehmenskultur bzw. Corporate Culture nennen, ist nicht immer einfach zu gestalten. Unter Unternehmenskultur versteht man die Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, die Entscheidungen, Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder bzw. der in einem Unternehmen Beschäftigten prägen. Arbeit oder besser gesagt der Job ist ein wesentliches Kriterium, das den sozialen Status mit festlegt und von dem auch das Selbstwertgefühl maßgeblich beeinflusst wird.

SINNSUCHE

Arbeit darf heutzutage viele unterschiedliche Gesichter haben. Nur Langeweile darf in der Arbeitswelt nach wie vor nicht so recht aufkommen. Sich bei der Arbeit zu langweilen ist nicht nur verpönt, sondern beinahe verboten. Das könnte ein Grund sein, warum die heutige Arbeitswelt, geht es nach dem 2020 verstorbenen Kulturanthropologen David Graeber, einiges an Speck angesetzt hat. Es gibt, wie Graeber festgestellt hat, Jobs, deren Daseinsberechtigung sich darin erschöpft, hektische Betriebsamkeit zu simulieren, wo es eigentlich bei Licht betrachtet kaum etwas zu tun gibt. „Bullshit-Jobs“ hat Graeber diese Arbeitsplätze einprägsam genannt und ein mit steilen Thesen gespicktes Buch darüber geschrieben, mit dem sich eine erstaunlich große Anzahl an Menschen identifiziert haben dürfte. Das Buch wurde dementsprechend ein Bestseller. Doch was genau ist ein Bullshit-Job? „Es ist kein mieser Job, das wird leicht verwechselt. Ein Bullshit-Job ist nicht unangenehm, schlecht bezahlt und ohne Status, sondern oft das Gegenteil. Das Wesentliche ist, dass derjenige, der einen Bullshit-Job ausübt, sich insgeheim denkt: Es gibt keine Existenzberechtigung für meine Tätigkeit. Wenn Sie glauben, dass die Welt ohne Ihre Tätigkeit gleich oder sogar etwas besser wäre – das ist ein Bullshit-Job“, erklärte der Anthropologe einmal. Wer also verhältnismäßig viel Arbeitszeit zur Verfügung hat, um sich im Internet beispielsweise Katzenbilder anzusehen, könnte unter Umständen in einem solchen Job sitzen. Die meisten davon hat Graeber übrigens im mittleren Management und generell in Bürotätigkeiten ausgemacht. Obwohl in unserer Zeit alles auf maximale Effizienz, Downsizing und schlankere Strukturen getrimmt zu sein scheint, hätten sich gerade diese Jobs als sehr resistent erwiesen. David Graeber hatte auch eine Erklärung dafür parat: „Ich glaube, das hat politische Gründe. Das Einzige, worauf sich die Linke und die Rechte einigen können, ist, dass mehr Jobs etwas Gutes sind. Daher gibt es wenig Anreize, irgendeine

© DIE FOTOGRAFEN

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„ M E I N E E R FA H R U N G I S T, D A S S ES FÜR DIE ALLERMEISTEN M E N S C H E N W I C H T I G I S T, E I N E R SINNVOLLEN ARBEIT NACHZUGEHEN. E I N E R A R B E I T, D I E A U C H S PA S S MACHT UND BEI DER ES KL ARE A U F G A B E N B E S C H R E I B U N G E N , FA I R E E N T L O H N U N G U N D R E G E L U N G E N G I B T.“ ALFRED LERCHER, LANDESGESCHÄFTSFÜHRER AMS TIROL

Maßnahme zu setzen, die Jobs abschafft.“ Das klingt plausibel. Niemand sollte mit seinem Job die Welt retten müssen, ebenso wie sich niemand im Vakuum der selbst zugeschriebenen Nutzlosigkeit beschäftigen oder zumindest beschäftigt tun sollte. Den eigenen Wirkungsbereich mit Sinn zu füllen bleibt aber letztlich jedem Beschäftigten selbst überlassen. Es scheint jedenfalls erforderlich, dass dem Individuum, welches eine gewisse Arbeit zum Erwerb des Lebensunterhalts zu verrichten hat, dies zu einem Mindestmaß sinnvoll erscheint. Der neue AMS-Tirol-Landesgeschäftsführer Alfred Lercher meint diesbezüglich: „Meine Erfahrung ist, dass es für die allermeisten Menschen wichtig ist, einer sinnvollen Arbeit nachzugehen. Einer Arbeit, die auch Spaß macht und bei der es klare Aufgabenbeschreibungen, faire Entlohnung und Regelungen gibt. Fast alle sagen, dass ein gutes Betriebsklima wichtig ist, um dauerhaft motiviert zu bleiben. Da sind wir nicht unbedingt bei der Selbstverwirklichung, aber es geht bei einem Arbeitsverhältnis schon immer um mehr als nur um einen finanziellen Deal zwischen Chef und Arbeitskraft. Fast jeder Job kann erfüllend sein, wenn es der richtige ist für die Person, die ihn ausübt – und

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wenn der Rahmen passt. Hier schauen die Menschen mit gutem Recht genauer hin – und das ist wahrscheinlich auch das Rezept für ein gutes und motivierendes Miteinander in der Arbeitswelt.“ Geld ist in der modernen Arbeitswelt zwar bei weitem nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts. Erst wenn Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitgeber über das Finanzielle hergestellt ist, kommt ein Arbeitsverhältnis überhaupt zustande. Ob sich zu diesem Einvernehmen Lohn- und folglich Arbeitsplatzzufriedenheit dazugesellt, ist wiederum eine andere Frage. Ebenso wie jene, ob sich die Sphäre der Arbeit gut mit den anderen Bereichen des Lebens vereinbaren lässt oder ob das eine unter dem anderen zu leiden hat, was schlechterdings in allerlei zeitgeistigen Massenerkrankungen wie Burnouts auf der einen und Boreouts auf der anderen Seite des Spektrums resultieren kann.

ZWISCHEN GAU UND VORKRISENNIVEAUS

Die gegenwärtige Coronakrise scheint zumindest zum jetzigen Zeitpunkt wieder in erster Linie zur Gesundheitskrise geworden zu sein. Die Wirtschaft hat nach dem Ende des (vorerst) letzten Lockdowns erstaunlich schnell und rasant wieder Fahrt aufgenommen. Das zeigt sich auch deutlich am heimischen Arbeitsmarkt, wie Alfred Lercher ausführt: „Nach dem Gau am Tiroler Arbeitsmarkt ab Freitag, den 13. März 2020 während des ersten Lockdowns – gekennzeichnet von extrem hoher Arbeitslosigkeit – hat sich der Arbeitsmarkt bereits im letzten Sommer recht gut erholt, um über die Herbst- und Wintermonate noch einmal stark einzubrechen. Im Jänner gab es dann in Tirol nochmals Arbeitslosen-Höchststände, als klar wurde, dass die ganze Wintersaison ausfallen wird.“ Jede Einschränkung, aber auch jede Erleichterung habe sich sehr deutlich und mitunter sehr drastisch ausgewirkt, meint Lercher mit Verweis auf die Daten: „Schaut man sich den Verlauf der

Zahlen an, kann man anhand der Kurve die Ereignisse sehr konkret zuordnen und sieht, mit welcher Geschwindigkeit und Wucht Tirol von Corona getroffen wurde.“ Mittlerweile stehen die Zeichen auf Aufschwung. „Aktuell erholt sich der Arbeitsmarkt sehr gut. Die Signale der Tiroler Wirtschaft sind positiv und in wichtigen Branchen haben sich Beschäftigung und Arbeitslosigkeit tatsächlich sehr schnell erholt. Auch die Meldung offener Stellen bestätigt diese Entwicklung. Im Gastgewerbe und der Hotellerie befindet sich die Arbeitslosigkeit zum Stichtag 1. August auf Vorkrisenniveau. Im Handel, der Dienstleistung, der Warenproduktion und am Bau ist sie dennoch nach wie vor höher als vor Corona“, erklärt der AMS-Landesgeschäftsführer, der sich vom Tempo der Erholung trotz genauer Analysen auf Basis der Erfahrungen des vergangenen Jahres „doch sehr überrascht“ zeigt. Der Tiroler Arbeitsmarkt bewege sich heute in etwa auf dem Niveau von 2017/2018, auch deshalb, weil 2019 ein sensationelles Jahr mit sehr guter Ausgangslage und beinahe Vollbeschäftigung gewesen sei. „In Abhängigkeit von den weiteren Entwicklungen, dem Verlauf der Pandemie, der Impfstrategie, aber auch von Insolvenzen gehen wir derzeit davon aus, dass der Arbeitsmarkt in zwei bis drei Jahren wieder an das Vorkrisenniveau anschließt“, sagt Lercher, der sich nicht sicher ist, ob die Benchmark, ein „sehr sehr gutes Jahr 2019“ mittelfristig übertroffen werden kann. Das liegt nicht zuletzt an der Demografie, gibt der AMS-Landesgeschäftsführer zu bedenken: „Die Generation der Babyboomer geht in Pension und geburtenschwache Jahrgänge kommen nach, die noch dazu später ins Erwerbsleben eintreten. Man wird sehen.“ Die Arbeitswelt ist durch die Coronakrise zwar anscheinend nicht nachhaltig aus den Fugen geraten, aber dennoch ist nicht alles wie immer, wie Lercher erläutert: „In Tirol haben wir aufgrund des dramatischen Einbruchs durch Corona nach wie vor eine erhöhte Arbeitslosigkeit und eine Verfestigung von Problemfeldern, wie beispielsweise steigende Langzeitarbeitslosigkeit oder auch finanzielle Engpässe bis hin zur konkreten Armutsgefährdung von arbeitslosen Menschen.“ Doch es gibt auch gute Nachrichten: „Die Arbeitswelt hat aber im positiven Sinn auch einen Digitalisierungsschub erlebt – Abläufe und Kommunikation wurden durch den Einsatz digitaler Tools effizienter und auch flexibler, Homeoffice wurde flächendeckend erprobt. Für Tirol ist das besonders wertvoll, weil gerade im ländlichen Raum ArbeitnehmerInnen von flexiblen Arbeitsformen

A RBEI T ODER BE S S ER GE S AG T DER JOB IS T EIN K RI T ERIUM, DA S DEN S O ZI A L EN S TAT US MI T F E S T L EG T UND VON DEM AUC H DA S S EL B S T W ER T GEF ÜHL BEEINF L U S S T W IRD.



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auch in Zukunft profitieren werden. Wie stark diese Erfahrungen die Arbeitswelt verändern, wird erst die Phase nach Corona zeigen. Wir gehen aber davon aus, dass eine solche Krise längerfristig auf die innerbetrieblichen Abläufe wirken wird.“ Lercher vermutet auch, dass der Druck auf Arbeitskräfte stärker werden könnte, da vieles transparenter und kontrollierbarer werde. „Auf der anderen Seite schauen die ArbeitnehmerInnen aber nun auch etwas kritischer auf ihr Arbeitsleben. Manche planen Weiterbildungen und Ausbildungen, um dadurch krisensicherer im Job zu werden. Die vielen Monate in Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit waren für viele sehr belastend“, weiß Lercher. Eine dauerhafte neue Normalität am Arbeitsmarkt erwartet er dagegen nicht: „Meist ist es so, dass sich vieles recht schnell wieder einpendelt, wenn die Rahmenbedingungen wieder die alten sein werden. Es wird wahrscheinlich auch jetzt recht schnell gehen mit der Rückkehr zur ‚alten‘ Normalität. Aber in allen Belangen wieder völlig zum Alten zurückzugehen, finde ich persönlich kontraproduktiv und auch nicht erstrebenswert.“ Lercher sieht am Arbeitsmarkt eine Entwicklung durch die Coronakrise verstärkt, die sich bereits seit geraumer Zeit abgezeichnet hat: „Eine noch stärkere Polarisierung durch Fachkräftemangel, der noch zunehmen wird, da beispielsweise der Zuzug von Arbeitskräften aus anderen Ländern – speziell aus dem Osten Europas – durch die Pandemie stark eingedämmt wurde. So schnappt uns die Schweiz beispielsweise jene Fachkräfte weg, die vorher in Tirol im Gastgewerbe gearbeitet haben, und in Osteuropa laufen Bildungskampagnen in Technik und IT, um den Brain-Drain in den Westen zu stoppen.“ Die Folgen? „Der Kampf um gute Arbeitskräfte wird noch intensiver werden und die Arbeitsbedingungen für jene, die keine Ausbildung machen wollen oder können, werden instabiler und unsicherer. Das bedeutet

kurze Dienstverhältnisse und immer wieder Arbeitslosigkeit – und Armutsgefährdung. Ein Szenario, das wir durch unsere Bildungs- und Förderprogramme möglichst eindämmen möchten“, so der AMS-Chef.

HUMANITÄT UND HUMANKAPITAL

Bei diversen Aus- und Weiterbildungsprogrammen geht es in erster Linie darum – wie übrigens im Bildungssektor als Ganzes –, die Menschen für die Arbeitswelt zu ertüchtigen. Das sogenannte Humankapital zählt nachweislich seit Adam Smith‘ Hauptwerk „Der Wohlstand der Nationen“ nebst Maschinen und Werkzeugen, Gebäuden sowie Grund und Boden zu den vier Formen von fixem Kapital, das Unternehmen brauchen, um überhaupt wirtschaften zu können. Humankapital, im Englischen Human Resources (HR) genannt, ist also genauso ein Produktionsfaktor wie physisches Kapital. Michael Braungart, einer der Väter der Kreislaufwirtschaft, hat jüngst in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ in Richtung Human Resources indes kritisch angemerkt: „HR muss sich in ihrer derzeitigen Form auflösen. Menschen sind kein Rohmaterial, das man vermehren, vermeiden, vermindern kann. Noch immer geben Führungskräfte in Vorträgen zuallererst an, wie viele Mitarbeiter sie haben. Das ist nicht die richtige Sicht auf Menschen in Unternehmen.“ Auf den ersten, oberflächlichen Blick könnte man geneigt sein, dem Professor rundheraus zuzustimmen. Ob die Aufregung über HR tatsächlich berechtigt ist, darüber lässt sich streiten, ist der Begriff doch an sich positiv besetzt. Er weist dem Menschen einen essenziellen Stellenwert im Wirtschaftsgefüge zu. Ohne ihn bzw. jenes intellektuelle Kapital, das er ins Unternehmen einbringt, kann es kein Wirtschaften geben. Wirtschaftswissenschaftler verweisen sogar explizit darauf, dass mit dem Begriff „Humankapital“ keine Abwertung


Platter Rieser Partner Notare im Alten Postamt

Platterneuerung. Riesernennung. Partnergänzung. Starke Verbindungen. Mit der Ernennung von Cornelia Rieser zur öffentlichen Notarin in Landeck und mit Roland Pfister als Partner tritt unsere Kanzlei künftig auf als: Platter Rieser Partner, Notare im Alten Postamt. Was bleibt, ist unsere tiefe Verbundenheit mit den Menschen. Mit dem Notarberuf. Und mit der Region, in der wir uns um die wichtigen Dinge des Lebens kümmern.

Öffentliche Notare Mag. Oskar Platter Mag. Cornelia Rieser & Partner

6500 Landeck, Malser Straße 21 T 05442 62251

kanzlei@platterrieserpartner.at platterrieserpartner.at


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des Menschen einhergehe, sondern vielmehr dessen Aufwertung bei gleichzeitiger Versachlichung, die eine Sicht auf den Mitarbeiter als Wert des Unternehmens anstelle als Verursacher von Personalkosten ermögliche. Zweifellos ist der Zugang, Mitarbeiter als „wertvoll“ zu betrachten, ein wertschätzenderer als der, sie vor allem als Kostenstelle wahrzunehmen. Der Begriff Humankapital ist also nicht ganz so grausig, wie er auf den ersten Blick erscheinen könnte. Dennoch spricht einiges dafür, den Fokus nicht allein auf den Menschen als intellektuelle Ressource zu legen, sondern auch auf die interpersonalen Beziehungen, die Human Relations, am Arbeitsplatz im Kleinen und in der großen weiten Arbeitswelt allgemein.

EVOLUTIV STATT REVOLUTIONÄR

Die Lockdowns im bisherigen Verlauf der Pandemie dürften so manchem Arbeitnehmer auch dazu gedient haben, die eigene berufliche Situation kritisch zu hinterfragen. Das deckt sich mit der Erfahrung, die auch Alfred Lercher gemacht hat: „Es gab natürlich solche Reaktionen, die Überlegung, umzuschulen, sich weiterzubilden oder den Job zu wechseln. Das ist ja auch unabhängig von Corona gelebte Realität auf einem Arbeitsmarkt, der so dynamisch ist wie der unsere. Sich beruflich zu verändern und zu wechseln – das passiert in Tirol ohnehin ständig und fällt meist nur in unserer Statistik auf. Daher glaube ich nicht, dass es jetzt zu einer dramatischen Welle von Kündigungen und Veränderungen aufseiten der ArbeitnehmerInnen kommen wird. Einige Menschen haben aber tatsächlich umgesattelt oder machen eine Ausbildung, was für die Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaft insgesamt sehr wichtig ist.“

Der Tiroler Arbeitsmarkt weist unter anderem aufgrund der in einigen Regionen maßgeblichen Tourismuslastigkeit doch ein paar Besonderheiten auf. Tirol ist folglich – um einen Ausspruch des Lyrikers Friedrich Hebbel zu verballhornen – nicht die kleine Arbeitswelt, in der die große ihre Probe hält. Aber es gibt auch in Tirol Arbeitslose da und offene Stellen dort, und beide wollen nicht und nicht zueinanderfinden. Das hat unterschiedliche Gründe, führt Lercher aus: „Arbeitslose Personen passen tatsächlich nicht immer auf die angebotenen Beschäftigungen. Die Struktur der arbeitslosen Menschen und die der ausgeschriebenen Stellen zeigt recht deutlich, wie hier die Schere auseinandergeht. Beispielsweise ist der Anteil der Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen auch in Tirol recht hoch. Dieser Personengruppe ist dann aufgrund der Einschränkungen nicht jede Beschäftigung zumutbar. Oder betrachten wir Arbeitsuchende mit maximal Pflichtschulausbildung. Hier fallen all jene Stellen weg, die einen Abschluss voraussetzen.“ Das ist einmal der Problemaufriss aus der Arbeitnehmerperspektive, dem Lercher einen weiteren folgen lässt: „Es liegt aber nicht immer nur an den Arbeitsuchenden. Was wir auch merken, ist, dass Unternehmen sich bei der Ausschreibung zu sehr einschränken. Es kommt recht häufig vor, dass Betriebe Personen mit Fachausbildung suchen und auf Nachfrage des AMS stellt sich heraus, dass nicht unbedingt ein Lehrabschluss gefragt ist, sondern eine gewisse Kompetenz vorhanden sein muss.“ Lercher verweist darauf, dass das AMS die passenden Instrumente hat, um fehlende Qualifikationen nachzuholen, neue Kompetenzen zu erwerben oder bestehende auf den neuesten Stand zu bringen.


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DER S INNF R AGE W IRD IN BERUF L IC HEN KON T E X T EN Z WA R MEHR P L AT Z EINGER ÄUM T, A BER L Ä NG S T IS T S IE NIC H T DA S DOMIN A N T E MO T I V, EINER BE Z A HLT EN A RBEI T N AC HZUGEHEN. PA R A DIGMEN W EC HS EL IS T A L S O VORER S T K EINER IN S IC H T, EIN KON T INUIERL IC HER UND BEHU T S A MER WA NDEL IS T DAGEGEN S EHR WOHL IM GA NGE .

Der Landesgeschäftsführer bedauert, dass das Arbeitsmarktservice in der Regel erst dann aktiv werden kann, wenn der Schaden – die Arbeitslosigkeit – bereits eingetreten ist, und wünscht sich ein prophylaktisches Vorgehen: „Es wäre viel sinnvoller, Veränderungen bereits im Entstehen zu erkennen und diesen entgegenzuwirken. Ein Beispiel: Ein Betrieb braucht MitarbeiterInnen mit anderen Kompetenzen, als sie das Stammpersonal mitbringt. Der richtige Schritt wäre, die eigenen Leute auszubilden oder aufzuschulen. Genau dafür können Betriebe unter anderem Förderungen vom AMS erhalten. Dieses Instrument sollte noch mehr genutzt werden.“ Auf einem schwierigen Arbeitsmarkt haben es besonders ältere Menschen und Langzeitarbeitslose schwer. Hier sieht Alfred Lercher auch die Unternehmen verstärkt gefordert: „Es braucht sicherlich auch eine weitere Sensibilisierung der Betriebe. Wir erleben es leider immer wieder, dass älteren arbeitslosen Menschen keine Chance mehr gegeben wird. Das ist kontraproduktiv, denn so verliert man einen großen Teil des bestehenden Arbeitskräftepotenzials und schließt damit viele Menschen aus. Die Vorteile von älteren MitarbeiterInnen für das Betriebsklima, Know-how und so weiter sind längst belegt, dennoch kämpfen wir hier immer noch gegen viele Vorurteile an.“ Gerade in der Krise hat sich gezeigt, dass der Arbeitsmarkt zwar eine große Dynamik entfalten kann, die Arbeitswelt mit ihren Usancen aber erstaunlich stabil ist und sich rasch wieder ihrem Ausgangszustand annähern kann. Die Digitalisierung hat coronabedingt einen ordentlichen Schub bekommen, davon abgesehen hat sich relativ wenig verändert. Die rasche Entstehung immer neuer Berufsbilder wird zwar schon seit Jahrzehnten regelmäßig angekündigt, vollzieht sich in der Realität aber gemächlicher. Der Sinnfrage wird in beruflichen Kontexten zwar mehr Platz eingeräumt, aber längst ist sie nicht das dominante Motiv, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Paradigmenwechsel ist also vorerst keiner in Sicht, ein kontinuierlicher und behutsamer Wandel ist dagegen sehr wohl im Gange.

erfolgs.geschichten

Mag. Katrin Mark-Winkler, AUSTRIALPIN Geschäftsführung, mit Mag. Robert Deflorian, Firmenkundenbetreuer Hypo Tirol Bank (Mitte), umrahmt von den AUSTRIALPIN Gründern und Eigentümern Bruno und Andreas Hörtnagl

Vom Stubaital bis nach Hollywood Seit 25 Jahren fertigt AUSTRIALPIN hochqualitative Bergsport- und Sicherheitsausrüstung aus Metall und hat so die Welt erobert. Die Geschichte der Metallverarbeitung im Stubaital geht zurück bis ins 15. Jahrhundert. Schon damals wurde in der Schlick wertvolles Eisenerz abgebaut und später in diversen Schmieden und Betrieben im Tal verarbeitet. Eine Tradition, die der Hersteller von Bergsport- und Sicherheitsausrüstung, AUSTRIALPIN, heute erfolgreich fortführt. Der große Durchbruch auf internationaler Bühne gelang dem Unternehmen mit einer Schnalle aus Metall, die ursprünglich für Paragleiter konzipiert war – der COBRA®-Schnalle. Mit ihrem innovativen Schließmechanismus und dank der herausragenden Qualität vertrauen heute Gurthersteller aus den unterschiedlichsten Branchen auf die Schnalle aus dem Stubaital. Egal ob beim Sprung aus der Stratosphäre von Felix Baumgartner, der Feuerwehr, Spezialeinsatzkräften oder Rennfahrern – die COBRA® ist überall dort zu finden, wo keine Abstriche in Sachen Sicherheit und Zuverlässigkeit gemacht werden dürfen. Nach Investitionen von insgesamt 8,7 Millionen Euro in den neuen Ausbau von Produktions- und Lagerhallen sowie Büroräumlichkeiten beschäftigt das Unternehmen heute über hundert Arbeitskräfte und leistet mit einem strikten Nachhaltigkeitskonzept einen wertvollen Beitrag zur lokalen Wertschöpfung. „Die Hypo Tirol hat AUSTRIALPIN vor 19 Jahren einen großen Vertrauensvorschuss gegeben. Gerade die Anfangsjahre sind nicht leicht für den Familienbetrieb gewesen und wir haben mit der Hypo Tirol einen Partner gefunden, der uns in der schwierigen Anfangszeit vertraut und damit diese Entwicklung ermöglicht hat. Auch bei den vielseitigen Entwicklungs- und Bauprojekten konnten wir uns sicher sein, immer einen guten Partner an unserer Seite zu haben“, sagt Katrin Mark-Winkler, Geschäftsführerin von AUSTRIALPIN, und fügt hinzu: „Wir freuen uns auf viele weitere erfolgreiche Jahre mit der Hypo Tirol.“ PR

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BESTE BEZIEHUNGEN Mitarbeiterentwicklung ist eine Frage der richtigen Beziehungen. Darauf kommt es nämlich mehr an als auf alles andere. Christine Edenstrasser, Philipp Wascher und Gerald Schwaninger haben sich gemeinsam auf einen Weg gemacht, um den Human Resources ein beziehungszentriertes Human Relations zur Seite zu stellen. INTERVIEW: MARIAN KRÖLL

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Christine Edenstrasser mit Dr. Philipp Wascher (li.) und Mag. Gerald Schwaninger. Gemeinsam haben sie Anfang des Jahres „derWeg“, ein Kompetenznetzwerk für Mitarbeiterentwicklung, gegründet.

ECO.NOVA: Sie haben mit Ihrem Kompetenznetzwerk für Mitarbeiterentwicklung „derWeg“ als Ziel formuliert, in Ihrer Heimat Tirol gemeinsam mit den Kunden eine neue Unternehmenskultur zu begründen. Was stimmt denn mit der Bestehenden nicht? PHILIPP WASCHER: Grundsätzlich ist an der Bestehenden nichts verkehrt. Kulturell ist es in den letzten Jahren allerdings augenfällig geworden, dass die Konfliktkultur sich verschoben hat. Die Menschen sind anspruchsvoller, die individuellen Ansprüche höher geworden. Das ist

auch eine Generationenfrage. Die Erwartungshaltung der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern ist größer geworden, man lässt sich nicht mehr alles bieten. Es muss sehr viel mehr unternommen werden als früher, um ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten, in dem die Leute auch bleiben wollen. CHRISTINE EDENSTRASSER: Wir lösen Probleme maßgeschneidert, hören genau zu, nehmen wahr und denken mit. Dadurch helfen wir, die Unternehmenskultur wie einen Garten zu pflegen, damit sich Menschen in inhomogenen Teams gut entwickeln können.

Man kann noch so tolle Strategien haben, wenn die Unternehmenskultur nicht passt, helfen sie nichts. Insofern stimmt der Ausspruch „Culture eats strategy for breakfast“. GERALD SCHWANINGER: Man kann sich noch so tolle Leitbilder geben, Unternehmenskultur wird von den Menschen gemacht, die miteinander arbeiten. Das ist ein dynamischer und lebendiger Prozess. Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter verstehen, dass sie ein Stück weit dafür Verantwortung tragen, Unternehmenskultur zum Wirken zu bringen und dauerhaft freudvoll umzusetzen.


eco.wirtschaft

Employer Branding, die Pflege der Arbeitgebermarke, gehört mittlerweile zum guten Ton. Dabei kann der Eindruck entstehen, dass in diese Arbeitgebermarke zwar Geld investiert wird, darüber hinausreichende strukturierte Maßnahmen, wenn der Mitarbeiter erst einmal an Bord ist, aber häufig fehlen. Ist die Mitarbeiterentwicklung weiterhin ein unterschätztes Thema? EDENSTRASSER: Mitarbeiterentwicklung ist ein notwendiges Thema mit hoher Öffentlichkeitswirksamkeit. Einerseits gibt es sehr viele, die das schon gut machen – mit Coaching-Pools, Mitarbeiterakademien, Workshops und Trainings –, andererseits gibt es viele Unternehmen, die noch im Jammermodus sind. Wir sehen uns als Agenten der Veränderung und wissen, dass große Veränderungen drei, fünf, manchmal sieben Jahre und länger dauern.

Mitarbeiterentwicklung ist also ein längerer Prozess, der Geduld verlangt? EDENSTRASSER: So ist es. Es wäre unseriös, sofort Resultate zu versprechen. Mitarbeiterentwicklung ist ein Weg, weshalb wir uns auch „derWeg“ genannt haben. WASCHER: Das hören Unternehmen am Anfang nicht so gern, weil damit natürlich ein gewisser finanzieller Aufwand verbunden ist. SCHWANINGER: Es heißt oft, dass Mitarbeiterentwicklung so viel Geld kosten würde. Habe ich aber in einem Team mit zehn Leuten drei, die nur mehr mit halber Kraft arbeiten, weil sie innerlich nicht mehr dabei sind, fehlen mir eineinhalb Arbeitskräfte, die aber bezahlt werden müssen. Es dauert oft Monate oder gar Jahre, bis man draufkommt. Dann gilt es auch, Trennungsprozesse respektvoll zu gestalten und guten Ersatz zu finden. Es gibt eben nicht nur Onboarding-, sondern auch Outgoing-Prozesse, die Kultur hinterlassen, Marketing für das Unternehmen sein können. Viele gestalten diese Prozesse alles andere als stabil. Das verursacht im Nachgang oft Kosten, mit denen man gar nicht gerechnet hat.

Der Return on Investment in der Mitarbeiterentwicklung lässt sich also relativ klar darstellen? SCHWANINGER: Das hängt davon ab, wie transparent im Unternehmen gearbeitet wird. Wir sind nicht angetreten, um Kulturen und Menschen von oben herab zu verändern. Veränderung beruht auf Freiwilligkeit. Wenn entsprechende Veränderungsbereitschaft da ist, kann man über eine längere Zeit sehr viel bewegen. Das ist ein Prozess der kleinen Schritte und nicht eines einzelnen großen Wurfes. WASCHER: FOTOS: © ANDREAS FRIEDLE

CHRISTINE EDENSTRASSER entstammt einer renommierten Tiroler Unternehmerfamilie und ist – nach Erfahrungen als Markenmanagerin in einer international bekannten Tourismusorganisation – seit 2000 als zertifizierter Wirtschaftscoach, Veränderungsexpertin und Managementtrainerin tätig. Sie ist der Überzeugung, dass Entwicklung menschenzentriert sein muss.

PHILIPP WASCHER

ist studierter Kultur-, Literaturund Sprachwissenschaftler, setzte internationale Schwerpunkte in der Wissenschaft, ist erfahrener Ausbildner/ Berater im Pflegemanagement, Wirtschaftsmediator und anerkannter Fachbuchautor im Bereich Coaching, Beratung und Führung.

GERALD SCHWANINGER ist studierter Betriebswirt, kommt aus dem professionellen Sportmanagement und war Leistungssportler. Seine Expertisen liegen in der Verhaltensdiagnostik, der Organisations- und Teamentwicklung. Begegnen, begeistern und bewegen bildet seine Grundhaltung in der Zusammenarbeit mit Menschen.

www.derweg.cc

Von außen betrachtet sind es oft die Kleinigkeiten, die große Wirkung entfalten können. Gerade wenn sich in der Kommunikation eine Blockade lösen lässt, kann das große Kräfte freisetzen, und das schlägt sich in der Produktivität nieder.

Inwieweit ist Mitarbeiterentwicklung auch eine Führungskräfteentwicklung? SCHWANINGER: Ein persönliches Beispiel: An einem meiner letzten Tage beim FC Wacker Innsbruck 2013 hat mir ein Vorstandsmitglied gesagt, dich hätten wir eigentlich einmal in eine Führungskräfteentwicklung schicken müssen. Ich kann behaupten, damals jeden Blödsinn, den man nicht hätte machen dürfen, selbst gemacht zu haben. Weil ich es nicht besser gewusst habe. Das war für mich ein wesentlicher Antrieb, mich weiterzuentwickeln und diesen Weg zu gehen. Bei der Führungskräfteentwicklung geht es wie bei der Mitarbeiterentwicklung allgemein um Beziehungsmanagement. Führen heißt, Entscheidungen – die nicht immer populär sind – zu treffen und Beziehungen zu konstruieren. Oftmals tun das Führungskräfte nicht, weil sie lieber das tun, was sie besonders gut können. WASCHER: Führungskraft wird man in der Regel, weil man entweder sehr lange dabei ist oder fachlich für den Besten gehalten wird. Personalentwicklung setzt bei der Beziehungsgestaltung an. Wie sehe ich meine Rolle? Stimmt diese mit der Rollenerwartung des Unternehmens überein? Wie bin ich von der Persönlichkeitsstruktur her fähig, Konflikte auszutragen? Das ist ein ganz wesentliches Merkmal, wo oft weggeschaut wird.

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„ES IST WICHTIG, DASS DIE M I TA R B E I T E R V E R S T E H E N , D A S S SIE EIN STÜCK WEIT DAFÜR VERANT WORTUNG TRAGEN, U N T E R N E H M E N S K U LT U R Z U M W I R K E N Z U B R I N G E N .“ GER ALD S CHWANINGER

gen reagiert. Das ist nett, aber dafür braucht es uns nicht. Sinnvolle Mitarbeiterentwicklung ist kein Schnellschuss und beginnt mit dem Bekenntnis, sie kontinuierlich umzusetzen. Unternehmen, die das Thema ernst nehmen, beginnen damit, ihre Mitarbeiter zu sensibilisieren. Diese müssen wissen, was man mit ihnen vorhat. Sonst kann nichts Positives passieren.

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Weil Menschen nun einmal eher konfliktscheu sind? WASCHER: Es gibt Menschen, die es als ihre Aufgabe sehen, Konflikte unter den Teppich zu kehren. Dann kommen diese später wieder hoch, im schlimmsten Fall als Mobbing. In der Regel geht es darum, Führungskräfte wie Mitarbeiter darin zu stärken, mit ihren Ressourcen und ihrer Persönlichkeitsstruktur ihren Aufgaben gerecht zu werden. SCHWANINGER: Dabei wird viel über Vertrauen und Authentizität gesprochen. Das bringt nichts, wenn nicht geklärt ist, was diese Wörter bedeuten. Vertrauen ist aber nie letztgültig geklärt. Das fängt bei der Frage nach dem Selbstvertrauen an: Traue ich mir meinen eigenen Job zu? Trauen mir andere meinen Job zu? Vertrauen ist ein punktueller Wert. Vertrauen brauche ich nie, wenn es gut läuft, sondern dann, wenn es nicht gut läuft und man Hilfe braucht. Unternehmen, die in puncto Vertrauen viele ungeklärte Fragen haben, entwickeln keine gute Zugkraft. Wenn dieses Vertrauen aber nicht gegeben ist, braucht man über Konfliktfähigkeit erst gar nicht zu reden. Konflikt ist die leidenschaftliche Diskussion aller Beteiligten über den Fortschritt des Unternehmens. Das einzufordern und auszuhalten, erfordert Mut – und Übung. WASCHER: Die Coronakrise hat gezeigt, wie tragfähig und vertrauensvoll diese Beziehungen sind. Durch Social Distancing und Homeoffice braucht man viel mehr an Grundlage, um gemeinsam weiter zu bestehen. Das, was die Beziehung im

Alltag ausmacht – das Sich-Begegnen, das Nachfragen-Können, der informelle Austausch – ist ganz anders und schwieriger.

Fast jedes Unternehmen behauptet heute, dass die Mitarbeiter das größte Kapital seien. Halten Sie das in der Mehrzahl für Lippenbekenntnisse? EDENSTRASSER: Diese Aussagen müssen mit Leben gefüllt werden. Nach dem ganzen technischen Fortschritt und der Professionalisierung im Berufsleben steht jetzt der menschliche Fortschritt an. Wie trete ich zu anderen in Beziehung, wie gebe ich Feedback, wie unterstütze ich die Veränderung? Wir rufen die Mitarbeiter, die wir begleiten dürfen, auch in ihre Verantwortung und fragen: „Was möchtest du dazu beitragen, damit Veränderung gelingt?“ Mitarbeiterentwicklung sorgt für stabilere Teams, geringere Fluktuation, besserer Kommunikation und Konfliktfähigkeit und damit letztlich bessere Arbeit.

Woran krankt die Mitarbeiterentwicklung meistens? SCHWANINGER: Das lässt sich gar nicht so einfach sagen. Wichtig ist die Freiwilligkeit. Man kann Angebote machen, aber niemanden zur Aneignung neuer Kenntnisse bzw. Skills zwingen. Mitarbeiterentwicklung dient aber leider oftmals nur der Symptombehandlung. Im Unternehmen merkt man, dass manche Dinge sich verschlechtert haben, die Fluktuation gestiegen ist und vermehrt Konflikte im Raum stehen. Darauf wird mit zwei Teamentwicklungsta-

Ist Mitarbeiterentwicklung in allen Bereichen wichtig oder gibt es Berufe bzw. Tätigkeiten – etwa die vielzitierte Supermarktkassiererin – wo sich die Unternehmen diese – bewusst provokant formuliert – „sparen“ können? SCHWANINGER: Grundsätzlich ist Mitarbeiterentwicklung immer sinnvoll, weil man die Menschen in ihrer Persönlichkeit stärkt. Wir begleiten auch die Pflege, den Sozialbereich und den Handel sehr stark, wo man es mit Menschen zu tun hat, die in der Außenwahrnehmung nicht so prominent vorkommen. Aber gerade die sind es, bei denen wir den größten Unterschied machen können. Mitarbeiterentwicklung ist nicht nur eine berufliche Stärkung, sondern auch eine persönliche. Die Idee ist, den Menschen in seiner Persönlichkeit zu stärken. WASCHER: Dabei geht es auch immer um Wertschätzung und die Frage, ob es Berufsgruppen gibt, die weniger „wert“ sind. Meine Erfahrung ist, dass genau die Unscheinbaren besonders wichtig sind und viel Gutes im Unternehmen bewegen können. Mitarbeiterentwicklung funktioniert wohl nur, wenn Arbeitgeber wie Arbeitnehmer dafür bereit sind und aktiv daran mitwirken. Ist es legitim, wenn Mitarbeiter gar nicht „entwickelt“ werden wollen, sondern einfach nur ihre Zeit bis zur Pensionierung in einem bezahlten Arbeitsverhältnis verbringen wollen und sich ihre Lebenszufriedenheit, ihren Lebenssinn, in der Freizeit erwerben? EDENSTRASSER: Ist Mitarbeiterentwicklung


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ein Thema im Unternehmen, gibt es am Anfang – wie bei jedem Veränderungsprozess – maximale Instabilität, die verbunden ist mit Unsicherheit, Ängsten und Stress. Ist der Prozess gut aufgesetzt und kommuniziert und die Menschen sind gut eingebunden, gibt es viel weniger Ängste. Ruft uns ein Unternehmer, um eine Leitbildoder Markenaktivierung zu machen oder Ziele zu entwickeln, starten wir den Prozess, klären den Auftrag und holen die Menschen ins Boot. Wir stellen ganz bewusst inhomogene Teams – Alte, Junge, Fachkräfte, Lehrlinge – zusammen, in denen viel Spannendes passiert. Es muss nicht immer so sein, dass alle nach einem Veränderungsprozess rufen. Der Unternehmensführer hat eine höhere Verantwortung für das Ganze und muss nicht alle Mitarbeiter vorab fragen, ob sie dabei sein wollen. Es gibt aber natürlich Mitarbeiter, die nicht entwickelt werden wollen, aber selbstverständlich auch ein Leistungsversprechen abgegeben haben. Durch das Wunder der Wertschätzung – die das Belohnungszentrum im Gehirn anregt und zugleich das Angstzentrum beruhigt – gelingt es uns, auch Mitarbeiter mitzunehmen, die anfänglich nur ihre Ruhe haben wollten.

„DURCH DAS WUNDER DER W E R T S C H ÄT Z U N G G E L I N G T E S U N S , A U C H M I TA R B E I T E R M I T Z U N E H M E N , D I E A N FÄ N G L I C H N U R I H R E R U H E H A B E N W O L LT E N .“ CHRISTINE EDENSTRASSER

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UBIT

ERFOLGSKONZEPT IT-SOMMERAKADEMIE

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ie Sommerakademie ist eine Ergänzung zu IT-Lehrlingsausbildungen in den Betrieben und bietet die Möglichkeit, unter realen Bedingungen Inhalte zu vermitteln, die in einem Betrieb oder in der Berufsschule nur schwer umzusetzen sind. Die Akademie ist als „Challenge“ angelegt und setzt damit inhaltlich und methodisch auf ein modernes Konzept. In zwei Gruppen zu je 14 Personen bekamen die Auszubildenden aus einer Mischung aus fachlichen Inputs, Coaching, selbstständiger Leistung und Teamwork-Einheiten Lerninhalte über Netzwerk- und Systemtechnik, künstliche Intelligenz und machine learning vermittelt. Im Zentrum standen praxisnahes und spannendes Learning-by-Doing, was der IT-Sommerakademie einen belebenden Wettkampfcharakter verleiht. Alle Projekte wurden von erfahrenen Entwicklern und

Technikern mit viel Praxis-Know-how betreut. Den Abschluss der Sommerakademie bildeten am 27. August die Projektpräsentationen und die „Preisverleihung“ mit Übergabe des Wanderpokals und der persönlichen Zertifikate an alle Teilnehmer. Gewonnen hat der 17jährige Jeremias Stotter, Lehrling im 2. Lehrjahr bei der Kufgem. Fachgruppenobfrau Sybille Regensberger und Berufsgruppensprecher Clemens Plank freuten sich über die Ergebnisse der neuen Sommerakademie: „Die Lehrlinge haben nicht nur Neues vom Fachgebiet gelernt, sondern auch ihre Soft Skills weiterentwickelt. Sie haben gelernt, in einem neuen Team zu arbeiten, gemeinsam Probleme und Herausforderungen zu meistern, sowie ihre Präsentationstechniken verbessert – ein echter Mehrwert an Arbeitserfahrung für jeden Lehrling und Ausbildungsbetrieb.“ PR

© CHARLY LAIR, DIE FOTOGRAFEN

Bereits zum sechsten Mal veranstaltete die Fachgruppe UBIT gemeinsam mit dem WIFI die IT-Sommerakademie – heuer mit einem völlig neuen Konzept.

v. li.: Lisa Noggler (Kufgem), Jeremias Stotter und Sybille Regensberger

INFO Für IT-Interessierte findet am 17. September am WIFI Tirol ein großer Hackathon statt, bei dem Teilnehmer in einem großen Programmier-Wettbewerb in Teams gegeneinander antreten. Das Siegerteam qualifiziert sich für den Bundeswettbewerb in Wien. Infos und Anmeldung an: patricia.hueber@wktirol.at.


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Das größte und wirkungsvollste Instrument sind wir selbst, weil wir über die Beziehung wirken. Die Methoden sind unsere Werkzeuge. SCHWANINGER: Spätestens sobald der Satz „Lass uns sachlich bleiben“ fällt, bedarf es einer Klärung auf der Beziehungsebene. WASCHER:

Hören Sie diesen Satz oft? SCHWANINGER: Der Satz fällt tatsächlich sehr schnell … WASCHER: … und ist der Versuch, sich aus problematischen Themen in der Beziehung zurückzuziehen. Unser kommunikativer Ansatz ist nicht der, eine heile Scheinwelt zu konstruieren, sondern Höhen und Tiefen in einer Beziehung miteinander bewältigen zu können und einen gemeinsamen Weg zu gehen. EDENSTRASSER: Es geht uns ums Befähigen. Wir unterstützen Menschen dabei, besser Feedback geben zu können, sich selbst und andere besser erkennen zu können.

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Muss denn Erwerbsarbeit immer sinnstiftend sein? EDENSTRASSER: Werte und Sinn spielen in unserem Leben eine große Rolle, es gibt aber durchaus unterschiedliche Arbeitstypen. Es gibt Existenzarbeiter genauso wie Berufungsarbeiter, Visions- und Statusarbeiter. Jeder dieser Typen ist Teil eines großen Ganzen, aber nicht jeder muss unbedingt einen großen Sinn in seiner Arbeit sehen. WASCHER: Es gibt per se keine sinnlose Tätigkeit, sondern nur sinnhaftes Tun. Die Wahrnehmung, was sinnvoll ist, ist eine subjektive Einschätzung. Man kann nicht ausblenden, dass es in einer Arbeitsbeziehung wesentlich auch um Existenzsicherung geht. Geld spielt folglich immer eine Rolle. Bei der Arbeit ist man als Person in einem sozialen Miteinander, deshalb geht es auch immer um das Ego, die Selbstwirksamkeit und die Entfaltungsmöglichkeiten. Es wird gerne behauptet, dass Entlohnung nicht mehr ausschlaggebend für die Arbeitnehmer sei, sondern andere Faktoren – subsumiert unter dem Begriff der Work-Life-Balance. Ist es nicht so, dass diese erst relevant ist, wenn es am Gehaltszettel passt? SCHWANINGER: Ich kenne Unternehmen, die glauben, laut Kollektivvertrag zahlen zu können, bei denen dann die Mitarbeiter zur Konkurrenz gehen, die etwas mehr bezahlt. Das hat auch mit den Lebenshaltungskosten in Tirol zu tun. Die Frage nach der Work-Life-Balance stellt sich also erst, wenn die Grundexistenz vernünftig abgesichert ist, man einen gewissen

„IN DER REGEL GEHT ES DARUM, F Ü H R U N G S K R Ä F T E W I E M I TA R B E I T E R D A R I N Z U S TÄ R K E N , M I T I H R E N R E S S O U R C E N U N D IHRER PERSÖNLICHKEITSSTRUK TUR IHREN A U F G A B E N G E R E C H T Z U W E R D E N .“ PHILIPP WA S CHER

Lebensstandard hat und dann nach anderen Dingen Ausschau halten kann. Bei der jüngeren Generation ist es so, dass diese recht gut abgesichert ist und oft mit einer anderen Grundausstattung in die Arbeitswelt kommt als die Generationen davor. Viele junge Leute arbeiten deshalb gerne 25, 30 Stunden pro Woche, weil es sich ausgeht. Ob sich das langfristig mit diesem Lebensstandard ausgeht, ist eine andere Frage.

Hat die Coronakrise, in mancher Hinsicht eine Zäsur, etwas an der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geändert? WASCHER: Empirische Evidenz habe ich dazu keine, aber mein Erfahrungswissen zeigt mir, dass die Coronakrise klar eines zutage gebracht hat: Wie gut sind die Beziehungen am Arbeitsplatz? Ob es in der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur einen reinen Cash-Nexus, einen Tausch Arbeitskraft gegen Gehalt gibt oder mehr, hat sich in der Krise gezeigt. Im Homeoffice haben im letzten Jahr viele Ar-

beitnehmer außerdem gemerkt, was sie eigentlich an ihren Kollegen haben, selbst wenn diese manchmal schwer erträglich sein mögen. Der Wert des Miteinander zeigt sich erst so richtig, wenn man es nicht mehr hat. SCHWANINGER: Man muss damit erst einmal umgehen können, im Homeoffice zu sitzen und nicht mehr den täglichen Abgleich zu haben. Viele Mitarbeiter haben nicht mehr gespürt, ob sie noch gut genug sind. Manche haben extra länger gearbeitet, um zu beweisen, dass sie im Homeoffice besonders leistungsfähig sind. Es wird eine ganz spannende Sache, wie es in diesem Kontext gelingen kann, in Verbindung zu bleiben. WASCHER: Es ist sinnvoll, sich regelmäßig zu sehen. Die richtige Mischung macht’s. Als Arbeitgeber sollte man stark darauf achten, was das Homeoffice mit dem sozialen Gefüge macht. Daran wird das Modell auch zukünftig zu messen sein. EDENSTRASSER: Die wichtigste Frage ist, ob wir als Menschen und Organisationen etwas aus der Krise gelernt haben.


Hier ist Ihr neues Lebensgefühl zuhause Zwei Standorte, zwei Frauen, ein gemeinsames Ziel: Die Plastischen Chirurginnen punkten mit Kompetenz2 im Herzen Innsbrucks und Schwaz. Wir heben Perfektion und Präzision auf eine neue Ebene: Mit viel Gefühl, umfassendem Know-How und zwei erfahrenen Teams schaffen wir Ergebnisse, die sich wirklich sehen lassen können. Bei uns erwartet Sie nicht nur Kompetenz2, sondern eine herzlich-authentische Atmosphäre, die weit über die Grenzen des Inntals hinaus bekannt ist. Gemeinsam nehmen wir uns Zeit für das, was wirklich wichtig ist: Ihr neues Lebensgefühl.

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Fachärztin für Plastische, Rekonstruktive & Ästhetische Chirurgie Handchirurgie

Fachärztin für Plastische, Rekonstruktive & Ästhetische Chirurgie Handchirurgie, TCM

Praxis am Marktplatz, Innrain 6 6020 Innsbruck, Austria t +43 512 30 80 30 mattesich@dpch.at

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GEWINNER UND VERLIERER Die Pandemie beeinflusst den Arbeitsmarkt massiv und schlägt sich auch in den Löhnen und Gehältern nieder. Positiv und negativ. INTERVIEW: MARINA BERNARDI

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eit 2012 und sohin fast zehn Jahren führt das Innsbrucker Unternehmen CONNECT COMPETENCE als Experte für Personal und Organisation in regelmäßigen Abständen seine Tiroler Gehaltsstudie durch. Erstmals seit Jahren wurde dabei im vergangenen Jahr ein Rückgang bei den Löhnen und Gehältern von Anlernkräften, also jener Arbeitnehmer, die Aufgaben verrichten, die keine Berufsausbildung erfordern, verzeichnet. Seit 2019 musste diese Gruppe einen Lohn-/Gehaltsrückgang von durchschnittlich 5,4 Prozent hinnehmen. Auf der anderen Seite haben Arbeitnehmer, deren Jobs ausgesprochenes Expertenwissen erfordern, innerhalb von zwei Jahren ihr Einkommen im Schnitt um sieben Prozent erhöhen können. Einkommensunterschiede tun sich aber nicht nur innerhalb der Bildungsschichten auf. Nach wie vor sind sie auch zwischen Männern und Frauen viel stärker, aber noch zwischen Jung und Alt sichtbar. Hier wirkt sich insbesondere das kollektivvertraglich geprägte Senioritätsprinzip aus. Der Unterschied zwischen älteren und jüngeren Arbeitnehmern flacht zwar ab, liegt aber

immer noch bei bis zu 40 Prozent. Vor allem dieser Faktor braucht ein Umdenken – weg vom Alter hin zur relevanten Erfahrung. Das würde auch Frauen zugutekommen. Gender hat nach wie vor Einfluss auf die Bezahlung, vor allem auf Expertenebene. Das liegt jedoch nicht immer am Geschlecht an sich, sondern daran, dass Frauen oftmals noch weniger lange in dieser Funktion tätig sind als Männer. Somit ist ein Teil der Differenz auch genannter Seniorität geschuldet. Wir haben Mag. (FH) Ulrike Aigner und Mag. Armin Steger von CONNECT COMPETENCE ein paar Fragen zur Studie gestellt.

ECO.NOVA: Sie haben bereits zum sechsten

Mal eine Studie zu den Löhnen und Gehältern in Tirol durchgeführt. Lassen sich über die Jahre Änderungen erkennen? ULRIKE AIGNER: Ja, es lassen sich durchaus signifikante Änderungen feststellen. So sind zum Beispiel bei den Anlernkräften, also jenen ohne spezifische Fachausbildung, die Löhne und Gehälter in dieser Zeit um 16 Prozent gestiegen, während im Fachkräftebereich im gleichen Zeitraum die Löhne und Gehälter um 27 Prozent und damit fast

doppelt so hoch gestiegen sind. Ähnliche Größenordnungen der durchschnittlichen Erhöhungen gibt es auch in Führungspositionen.

Wie haben sich die Einstiegsgehälter in den vergangenen Jahren entwickelt? AIGNER: Auch die Einstiegsgehälter haben sich in den vergangenen Jahren stetig erhöht. Einzige Ausnahme sind die Einstiegsgehälter bzw. -löhne der Anlernkräfte.

Tirol landet bei den Durchschnittsgehältern im Bundesländerschnitt meist auf den hinteren Rängen. Lässt sich dies auch aus Ihrer Studie ableiten bzw. wie schätzen Sie das Lohn- und Gehaltsniveau in Tirol ein? ARMIN STEGER: Dass Tirol im Bundesländervergleich bei den Durchschnittsgehältern meist auf den hinteren Rängen angesiedelt ist, können wir so nicht bestätigen. Die Löhne und Gehälter in den Branchen, die wir in Tirol analysiert haben, liegen in etwa im österreichischen Durchschnitt. Sie erreichen jedoch nicht ganz das Niveau von besonders strukturstarken Regionen wie dem Großraum Wien, aber auch Wels – Linz –Steyr oder dem Bundesland Vorarlberg.


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Mag. Ulrike Aigner, Recruiting, Beratung und Training

Mag. Armin Steger, Beratung, Training und Coaching

„ES BESTEHT AUCH IN TIROL EIN ENTLOHNUNGSUNTERSCHIED ZWISCHEN MÄNNERN UND FR AUEN. ALLERDINGS LIEGT DIESER NICHT IN DER GRÖSSENORDNUNG WIE OF T IN D E N M E D I E N D A R G E S T E L LT.“

„ D I E L E T Z T E G E H A LT S S T U D I E H AT I N T I R O L G E Z E I G T, DASS DIE ÖFFENTLICHEN VERSORGUNGSUNTERNEHMEN M I T D E N D O R T G E Z A H LT E N L Ö H N E N U N D G E H Ä LT E R N V O R D E R M E TA L L B R A N C H E G E L E G E N S I N D .“

ARMIN STEGER

ULRIKE AIGNER

In welchen Branchen werden in Tirol im Schnitt die höchsten Gehälter bezahlt? AIGNER: Die letzte Gehaltsstudie hat in Tirol gezeigt, dass die öffentlichen Versorgungsunternehmen mit den dort gezahlten Löhnen und Gehältern vor der Metallbranche gelegen sind.

Auch wenn die Schere kleiner wird: Nach wie vor herrschen Entlohnungsunterschiede zwischen den Geschlechtern. Worauf führen Sie das zurück? STEGER: Es besteht auch in Tirol ein Entlohnungsunterschied zwischen Männern und Frauen. Allerdings liegt der im Rahmen der Studie von uns festgestellte Lohn- und Gehaltsunterschied nicht in der Größenordnung wie oft in den Medien dargestellt. Im Bereich der Anlern- und Hilfskräfte liegt der Unterschied bei rund zwölf Prozent. Dieser Effekt wird durch den Umstand verstärkt, dass Männer in der Instandhaltung und Frauen eher in den Servicediensten zu finden sind. Größere Unterschiede gibt es im Bereich der Expert*innen und Führungskräfte. Bei genauer Betrachtung fällt jedoch auf, dass Frauen im Vergleich zu Männern in dieser Gruppe oftmals wesentlich kürzere Erfahrungen in der Funktion aufweisen, die die Differenz erklären. Generell kann man an dieser Stelle sagen, dass in den Betrieben die Unterschiede zwischen Alt und Jung oftmals ein viel größeres Problem darstellen.

Welchen Einfluss hat das Gehalt auf die Mitarbeitermotivation bzw. welche Rolle spielen dabei Sachleistungen? STEGER: Das Gehalt hat nach wie vor Einfluss auf die Mitarbeitermotivation. Es kommen jedoch immer mehr alternative Benefits zum Tragen – diese reichen vom freien Kaffee oder Obst über die private Nutzung von Handy und Notebook, Kinderbetreuung bis hin zum Beitrag zu Gesundheitsthemen. Auch flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit von Homeoffice spielt zunehmend eine wichtige Rolle bei der Mitarbeitermotivation bzw. -zufriedenheit.

Den „Beruf fürs Leben“ gibt es kaum mehr, Jobs werden – freiwillig oder unfreiwillig – immer häufiger gewechselt, oft auch nur projektbezogen gearbeitet. Wie wirkt sich dies auf die persönlichen Gehaltsentwicklungen aus? AIGNER: Es gilt, Erfahrungen im Beruf zu sammeln. Sobald sich diese Erfahrungen in einem anderen Unternehmen oder anderen Beruf nützen lassen, kann sich das positiv auf die persönliche Gehaltsentwicklung auswirken. Wir arbeiten stetig flexibler, oftmals zeitunabhängig und immer öfter ortsungebunden. Inwiefern beeinflusst diese Tatsache aktuelle Arbeitsverträge. Welche Vor- und Nachteile haben All-In-Verträge?

STEGER: Die Vertrauensarbeitszeit gewinnt an Bedeutung, da wir in etlichen Jobs zunehmend auch in unterschiedlichen Arbeitsumgebungen arbeiten können. Jedoch gibt es nach wie vor sehr viele Jobs, beispielsweise in der Produktion, aber auch im Handel, die nach wie vor ortsgebunden sind. Diese werden in der aktuellen öffentlichen Diskussion oftmals übersehen. Ob All-In-Verträge Vor- oder Nachteile bringen, ist schwer zu beantworten, da sie sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Bei Experten- und Führungsstellen verschwimmen aufgrund der neuen Medien Arbeits- und Freizeit zunehmend. Hier geht es verstärkt darum, eine Aufgabe zu erfüllen, sodass All-In-Regelungen kein Allheilmittel sind.

LOHN - UND GEHALTSSTUDIE Zum sechsten Mal führte das Tiroler Personalberatungsunternehmen CONNECT COMPETENCE gemeinsam mit BWI Unternehmensberatung eine Studie zu den Löhnen und Gehältern in Tirol durch. Diese Trends und Entwicklungen am Tiroler Arbeitsmarkt sind das Ergebnis der Gehaltsstudie Tirol 2021 aus Daten von marktdominierenden Unternehmen mit ca. 29.000 Mitarbeiter*innen in Tirol.

www.connectcompetence.net

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ES LEBE DIE ARBEIT!

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Die fein-säuberliche Trennung zwischen Arbeit und Leben, wie sie die WorkLife-Balance suggeriert, wird der Realität nicht gerecht. Deshalb ist es zielführender, von Life-Domain-Balance zu sprechen, der richtigen Balance zwischen den unterschiedlichen Lebensbereichen. Was es damit und mit anderen Phänomenen der Arbeitswelt auf sich hat, haben wir mit dem Arbeitspsychologen Jürgen Glaser zu ergründen versucht. TEXT: MARIAN KRÖLL


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D E R B E G R I F F W O R K- L I F E - B A L A N C E I S T I R R E F Ü H R E N D , W E I L E R E I N E N G E G E N S AT Z KO N S T R U I E R T, W O E I G E N T L I C H K E I N E R I S T. A R B E I T S Z E I T I S T E I N M E I S T I N T E G R A L E R B E S TA N D T E I L D E R L E B E N S Z E I T. D A R Ü B E R H I N A U S V E R U R S A C H T A U C H D A S P R I VAT L E B E N B I S W E I L E N B E T R Ä C H T L I C H E A R B E I T.

se nur abzusitzen und nicht das Beste aus ihr zu machen. Das hat nicht ausschließlich, aber sehr wohl auch mit Karriere im Sinne eines beruflichen Vorankommens zu tun, aber sehr viel mehr mit dem persönlichen Vorankommen, mit Weiterentwicklung, die auf das Konto einzahlt, das auf den Namen Lebensglück lautet.

VON ARBEITS - UND LEBENSZEIT

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rbeit ist zweifellos ein elementarer Bestandteil unseres Lebens, der unser heutiges Gesellschaftssystem und unsere Wirtschaftsordnung entscheidend prägt. Der Erwerbsarbeit widmen wir nach der Ausbildung, die tendenziell zwar auch immer länger dauert, und vor der Pension, die tendenziell später angetreten wird, unsere besten Jahre. Da wäre es doch eine arge Verschwendung, diese lange Pha-

Es ist nicht etwa so, dass auf der einen Seite die (Erwerbs-)Arbeit stünde und auf der anderen das Leben, beides scharf voneinander abgegrenzt. Darauf macht im folgenden Interview der Arbeitspsychologe Jürgen Glaser von der Universität Innsbruck aufmerksam. Er ist mit dem viel gebrauchten Begriff Work-Life-Balance nicht besonders glücklich, hält diesen sogar für irreführend. Durch ihn würde nämlich ein Gegensatz konstruiert, wo eigentlich keiner ist. Man könnte auch falsche Dichotomie dazu sagen, da die Arbeitszeit nun einmal ein meist integraler Bestandteil der Lebenszeit ist. Darüber hinaus verursacht auch das Privatleben bisweilen beträchtliche Arbeit, die im Gegensatz zur Erwerbsarbeit nicht monetär vergütet wird. Daher ist es wohl treffender, den Begriff „Life-Domain-Balance“, also die Balance unterschiedlicher Lebensbereiche, in die Debatte einzuführen. Welche Lebensbereiche davon umfasst sind, hängt nicht zuletzt davon ab, wie man Lebensqualität definiert. ,,Lebensqualität schließt alle wichtigen Lebensbereiche ein und umfasst nicht nur das materielle und individuelle Wohlergehen, sondern auch immaterielle und kollektive Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit, die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen“, liefert der deutsche Soziologe Heinz-Herbert Noll eine brauchbare Definition. Lebensqualität hängt also sowohl von objektiven als auch subjektiven Größen ab. Die Frage nach einer guten Life-Domain-Balance erschöpft sich nicht in Diskussionen über familienfreundliche Arbeitszeit-

LIFE DOMAIN BALANCE Konzepte zur Verbesserung der Lebensqualität Eberhard Ulich, Bettina S. Wiese, Gabler Verlag, 330 Seiten, EUR 66,80 (E-Book: 35,90) Die Autoren stellen Konzepte für das Balancieren wichtiger Lebensbereiche vor. Neben der Erwerbsarbeit gehören dazu auch Partnerschaft, Familie, Hobbys, gemeinnützige Arbeit und die Gesundheit. Besondere Schwerpunkte bilden die kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen moderner flexibilisierter Arbeitsstrukturen für die Life Domain Balance sowie eine lebensspannenpsychologische Betrachtung der verschiedenen relevanten Handlungsfelder. Fallbeispiele aus der Praxis veranschaulichen die dargestellten Lösungen.

modelle, wie dies bei der Work-Life-Balance allzuoft der Fall ist. Zudem liegt der Fokus oft darauf, dass Arbeit und (Privat)leben einander überhaupt nicht oder nicht negativ beeinflussen sollen. Bei dieser einseitigen Betrachtung geht unter, dass es sehr wohl und nicht selten auch positive wechselseitige Beeinflussungen gibt. Die Aufspaltung in einen „Arbeitsmenschen“ und einen „Freizeitmenschen“ ist unsinnig, wobei dazugesagt werden muss, dass Freizeitverhalten sowohl berufsfortsetzende, generalisierende als auch kompensatorische Züge annehmen kann. Generalisation und Kompensa-

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dem individuellen Leben und dem Gemeinwesen Struktur gibt, wenn die Berufstätigkeit in Normalarbeitsverhältnissen das nicht mehr leistet“. Die Frage, welche alternativen Tätigkeiten die Funktionen der Erwerbstätigkeit übernehmen können, bleibt unbeantwortet.

EIN STÜCK GLÜCK

„ D I E V E R Ä N D E R T E L E B E N S S I T U AT I O N OHNE ARBEIT K ANN EBENSO KRANK MACHEN WIE DIE BISWEILEN RÜDE H E U T I G E A R B E I T S W E LT.“ JÜRGEN GLASER

38 tion könnten in unterschiedlichen Phasen einer Berufsbiografie einander abwechseln und miteinander interagieren, argumentiert Eberhard Ulich in seinem Buch „Life Domain Balance – Konzepte zur Verbesserung der Lebensqualität“. Das erscheint plausibel. Pandemiebedingt hat das Homeoffice in aller Welt in den Bereichen, in denen es möglich ist, ebenso beinahe pandemische Verbreitung gefunden. Aus arbeitspsychologischer Sicht wurden bereits 1984 „costs“ und „benefits“ gegeneinander abgewogen. Die Untersuchung ist überraschend zeitlos, benennt sie doch als „Nachteile u. a. den finanziellen Aufwand für die Einrichtung eines häuslichen Arbeitsplatzes und die Anpassung der Wohnungssituation an die Arbeitserfordernisse, eine mit der Heimarbeit möglicherweise verbundene Verringerung der Aufstiegschancen und die elektronische Überwachung der Arbeit“. Nicht zu unterschätzen seien auch die möglichen psychosozialen Folgen wie Belastungen durch Rollenkonflikte und unstrukturierte Arbeitsbedingungen, soziale Isolation oder Verringerung der mit dem Arbeitsweg verbundenen Stimulations- und Lernmöglichkeiten. Dem wurden folgende Vorteile gegenbergestellt: „Geringer oder kein zeitlicher und materieller Aufwand für

den Arbeitsweg, geringe Kosten für Arbeitskleidung und deren Reinigung, individuelle Autonomie durch Arbeitszeit- und Arbeitsplatzflexibilität, Möglichkeit der Nutzung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Ausrüstung auch für nichtberufliche Zwecke und eindeutige arbeitsbezogene Ergebnisbewertung.“ Arbeitgeberseitig machte man vor bald 40 Jahren bereits folgende Probleme aus: „Führung bzw. Kontrolle von Mitarbeitern auf Distanz, Ausrüstungskosten, Kosten und Zeit für die Überarbeitung von Ablaufprozeduren und Retraining der Mitarbeiter sowie Kosten und Zeit für rechtliche Abklärungen, Abschlüsse von Vereinbarungen usw.“ Die möglichen Vorteile wurden in verbesserter Effizienz von Routinearbeiten, größerer Effektivität von Arbeitstätigkeiten mit hohen Qualifikationsanforderungen, weniger Büroraum und Parkplatz, Nutzung der Telekommunikationsmöglichkeiten außerhalb von Spitzenzeiten, geringeren Arbeitskosten sowie einer größeren Chance, qualifizierte Mitarbeiter zu behalten“, gesehen. Erwerbsarbeit, ob von zu Hause aus oder vor Ort im Unternehmen geleistet, scheint derzeit trotz des rasanten technologischen Fortschritts auch deshalb alternativlos, weil wir, wie es der Soziologe Ralf Dahrendorf dargestellt hat, „noch nicht wissen, was eigentlich

Life-Domain-Balance ist summa summarum eher ein individuelles „must have“ denn ein „nice to have“. Sie ist ein zu gestaltender, lebenslanger Prozess, an dem persönliche Aktivitäten ebenso beteiligt sind wie strukturelle Rahmenbedingungen in Unternehmen und Gesellschaft. Es geht um mehr als individuelles Wohlbefinden und persönliche Lebensqualität. Es geht vielmehr um Kulturen von Unternehmen, die auf motivierte und leistungsfähige Mitarbeiter angewiesen sind, und noch allgemeiner formuliert um das gesellschaftliche Gemeinwohl in einer vernetzten Welt.

Was wollen Arbeitnehmer in der heutigen, modernen Arbeitswelt wirklich? J Ü RG E N G L A S E R : Nähert man sich dem Thema aus der Psychologie heraus, gibt es eine starke Theorie, die Selbstbestimmungstheorie, im Englischen Self-Determination Theory genannt. Weltweit gibt es viele empirische Befunde, die zeigen, dass allen Menschen drei psychologische Grundbedürfnisse zu eigen sind. Ein Bedürfnis nach Autonomie, das heißt, selbstbestimmt handeln zu können, ein Bedürfnis nach Kompetenzerleben, in welcher Domäne auch immer, sowie das Bedürfnis nach Verbundenheit und Anschluss, etwa in einem Team. Diese Bedürfnisse haben sich für viele positive Aspekte in der Arbeitswelt als relevant erwiesen. Organisationen ist immer wichtig, wie es um das Commitment, die Bindung an die Organisation bestellt ist. In dem Maße, in dem es gelingt, diese psychologischen Bedürfnisse in der Arbeit zu befriedigen, entstehen daraus positive Folgen wie Wohlbefinden, Zufriedenheit bis hin zur Lebenszufriedenheit und nicht zuletzt positive Auswirkungen auf die organisationale Bindung und auf Leistungskennziffern. Geringere Bedürfnisbefriedigung schlägt sich in höheren Absenzen, mehr Fluktuation und Kündigungsabsichten nieder. Dieser Befund darf kulturunabhängig – sowohl für unsere eher individualistische als auch für die kollektivistische Kultur in Asien – universelle Gültigkeit beanspruchen. Die Befriedigung dieser Bedürfnisse leistet zweifellos einen wichtigen Beitrag zum Lebensglück. Die ArE C O. N OVA :


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beit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert und damit auch die Wertüberzeugung der Arbeitnehmer – weg von einer stärkeren Karriereorientierung mit Interesse an materiellen Aspekten hin zum Wunsch nach einer als sinnvoll erlebten Arbeit, die einen Beitrag für die Gesellschaft leistet. Muss das eigene Tun als sinnvoll erlebt werden oder ist es legitim, „nur“ des Geldes wegen Arbeiten zu gehen? Das ist legitim. Es gibt die bekannte Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ aus den 1930er-Jahren von Marie Jahoda, die die soziopsychologischen Wirkungen von Arbeitslosigkeit untersucht hat. Dabei hat sich gezeigt, dass strukturelle Arbeitslosigkeit sogenannte latente Funktionen von Arbeit stark gefährdet. Die manifeste Funktion von Arbeit ist es, Geld zu haben. Das ist natürlich völlig legitim und nach wie vor ist das oberste Kriterium, sich und seine Familie von der Arbeit ernähren zu können. Jahoda hat besonders darauf hingewiesen, dass Funktionen wie Zeitstrukturierung am Tag, soziale Einbettung und der Bezug von

„ES WIRD VERMEHRT DARÜBER D I S K U T I E R T, O B D I E E I N G E R Ä U M T E A U T O N O M I E I N D E R A R B E I T S W E LT N I C H T A U C H Z U R Ü B E R F O R D E R U N G F Ü H R T. E S G I B T M E N S C H E N , D I E E I N S TA R K E S B E D Ü R F N I S N A C H S T R U K T U R H A B E N .“ JÜRGEN GLASER

Identität aus Arbeit ganz wichtig sind. Tritt Arbeitslosigkeit ein, entstehen Depressionen, auch im klinischen Sinn, und die soziale Aktivität lässt nach.

Es ist interessant, dass die soziale Aktivität nachlässt, obwohl Arbeitslosigkeit mit mehr Tagesfreizeit einhergeht. Das ist ein etwas paradoxer Effekt, der aber mit den erwähnten Depressionen zusammenhängt. Man hat zwar die Zeit, aber seinen Platz in der Gesellschaft verloren, scheut sich davor, sich als Arbeitsloser in sozialen Netzwerken zu bewegen. Das führt zu einer Abwärtsspirale, die schwer zu durchbrechen ist.

Ist die Depression durch gesellschaftlichen Druck und Erwartungen verursacht oder eher durch ein intrinsisches Unbehagen? Der Kollege Karsten Paul hat zu dem Thema habilitiert und gezeigt, dass beide Aspekte wirksam sind. Teilweise geraten Menschen in Arbeitslosigkeit, weil zuvor klinisch relevante Krankheitssymptome vorhanden sind, teils entwickeln sie solche aber auch erst, wenn der Zustand der Arbeitslosigkeit länger andauert. Insofern ist beides im Sinne einer Abwärtsspirale am Wirken. Die veränderte Lebenssituation ohne Arbeit kann ebenso krank machen wie die bisweilen rüde heutige Arbeitswelt


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besonders psychisch labile Personen krank machen kann.

Würde eine veränderte gesellschaftliche Wahrnehmung der Arbeit oder gar ein Paradigmenwechsel hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen den psychischen Druck auf die Arbeitnehmer reduzieren? Davon ist auszugehen. Ich habe mich jüngst nochmal intensiv mit dem Konzept New Work auseinandergesetzt, das vom österreichisch-amerikanischen Philosophen Frithjof Bergmann entwickelt wurde. Bergmann war gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen und hat sich stattdessen dafür ausgesprochen, Stipendien für Arbeitslose zu vergeben, damit diese sich ihren Kompetenzen und Neigungen gemäß entwickeln können, anstatt jedem mit der Gießkanne einen gewissen Betrag zu überweisen. Dem liegt das positive Menschenbild zugrunde, dass sich jeder weiterentwickeln, weiterbilden möchte und es sich nicht in der – ich halte den Begriff für problematisch, aber er ist nun einmal in Österreich etabliert – sozialen Hängematte bequem macht. Ich vertrete eine humanistische Rich-

tung in der Arbeitsorganisationspsychologie und habe deshalb einen Bias. Daher gehe ich grundsätzlich von einem positiven Menschenbild aus. Es sprechen auch viele wissenschaftliche Befunde dafür, dass eine Mehrheit so tickt, dass sie sich weiterentwickeln und nicht untätig bleiben möchte, auch um in den Genuss der zuvor genannten latenten Funktionen von – idealerweise selbstbestimmter – Arbeit zu kommen.

Sie haben die identitätsstiftende Funktion der Arbeit angesprochen. Gibt es eine Grenze, ab der es ungesund ist, sich überwiegend oder sogar ausschließlich mit dem Job zu identifizieren? Absolut. Arbeitssoziologen beschreiben die moderne Arbeitswelt als immer stärker von sogenannten indirekten Steuerungsmechanismen geprägt. Das, was früher der Vorgesetzte explizit gesagt hat, ist heute durch verschiedene Kennzahlensysteme vorgegeben. Die Beschäftigten bekommen zwar immer mehr Freiheiten, manche fühlen sich davon aber überfordert. Eine sogenannte interessierte Selbstgefährdung (Verhalten, bei dem man sich selbst dabei zusieht, wie das persönliche Arbeitshan-

deln die eigene Gesundheit gefährdet, Anm. d. Red.), wie sie von Soziologen zuerst beschrieben wurde, resultiert daraus, dass man sich selbst wie ein Arbeitskraftunternehmer sieht. Stößt man in der vermeintlichen Freiheit, im Rahmen von Zielvereinbarungen binnen eines gewissen Zeitraums vordefinierte Dinge erreichen zu müssen, auf Widrigkeiten, kann es durchaus sein, dass Menschen, die sich stark über die Arbeit identifizieren, selbst ihr Privatleben durchrationalisieren und ökonomisieren. Die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben kann gerade dann Probleme machen, wenn man selbst nicht die Kontrolle über diese Grenzen hat. So herrscht in manchen Branchen eine ständige Erreichbarkeitskultur, die einen normativen Druck entstehen lässt. Das fördert die Zunahme von Konflikten zwischen Arbeits- und Privatleben und lässt Erholungsmangel entstehen. Das kann sich wiederum in Burnout und anderen Erkrankungen manifestieren. Halten Sie den Symptomkomplex Burnout für die größte Gefahr in der modernen Arbeitswelt? Schwierige Frage. Eine große Gefahr schlummert in Berufen, die mit


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Sie sind auf der Suche nach Mitarbeitern für Ihren Betrieb? Dann haben Sie gefunden, was Sie brauchen. Die in Rum ansässige Firma InterWorkPersonalservice GmbH hat sich auf die Bereitstellung von top qualifizierten inländischen Fachkräften aus Ostösterreich für den Einsatz in Tirol, Salzburg und Vorarlberg spezialisiert.

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Später arbeitete er auch als IT Consultant sowie im Fuhrpark- und Objektmanagement. Abseits der Arbeit findet man Christian als Jungjäger im Wald, wo er seinen Ausgleich findet. Mit seinem Wissen und der facettenreichen Erfahrung bildet er die ideale Ergänzung für die erfolgreiche Arbeit der InterWork Personalservice GmbH. WIR BERATEN SIE GERNE: Bundesstraße 25 . 6063 Rum Tel.: 0512/343060 office@interwork.co.at

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„ D I E A R B E I T H AT S I C H I N D E N V E R G A N G E N E N J A H R Z E H N T E N VER ÄNDERT UND DAMIT AUCH DIE WERTÜBERZEUGUNG DER A R B E I T N E H M E R – W E G V O N E I N E R S TÄ R K E R E N K A R R I E R E O R I E N T I E R U N G M I T I N T E R E S S E A N M AT E R I E L L E N A S P E K T E N H I N Z U M W U N S C H N A C H E I N E R A L S S I N N V O L L E R L E B T E N A R B E I T.“ JÜRGEN GLASER

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dem Helfen einhergehen, etwa die Pflege. Dort ist die intrinsische Motivation hoch, eine sinnvolle, gesellschaftlich wertvolle Tätigkeit auch unter widrigen Rahmenbedingungen und bei schlechter Bezahlung zu verrichten. Das fördert Erschöpfungssymptome. Ob Burnout die größte Gefahr ist, weiß ich nicht so recht. In unserem Fach wird vermehrt darüber diskutiert, ob die eingeräumte Autonomie in der Arbeitswelt nicht auch zur Überforderung führt. Es gibt Menschen, die ein starkes Bedürfnis nach Struktur haben. Führungskräfte sind deshalb gefordert, auf diese Bedürfnisse zu achten und teilweise auch Grenzen abzustecken und die gesundheitliche Fürsorgepflicht für die Beschäftigten ein Stück weit wahrzunehmen. Sie haben anfangs die Funktion der Arbeit erwähnt, unseren Alltag zu strukturieren. Durch größere Autonomie geht die Arbeitswelt dieser Funktion ein Stück weit verlustig und die Struktur muss vom Arbeitnehmer selbst geschaffen werden. Absolut richtig. Eine Doktorandin in meinem Team hat sich etwa intensiv mit dem Thema Self-Leadership auseinandergesetzt. Im selben Maße, in dem man sich seinen Arbeits- und Lebensalltag selber strukturieren kann, brauchen Beschäftigte auch die Kompetenz, das zu tun. Das könnte in der Form von Schulungsangeboten in Sachen Strukturierung und Selbstorganisation geschehen. Solche können die Fertigkeit schulen, sich selbst Ziele zu setzen, die realistisch und motivierend sind. Sind das nicht Kompetenzen, die vorausgesetzt werden können? Nein. Gerade wenn es einen Kulturwandel auch in gewissen Branchen gibt, in denen bislang eher direktiv geführt wurde, und sich auch hier Homeoffice zunehmend verbreitet, muss man darauf achten, dass die Voraussetzungen stimmen. Führungskräfte müssen genau hinschauen und auch über die potenziellen Schwierigkeiten reden, die etwa auch in Teams entstehen können.

Als Antithese zum Burnout ist vor einigen Jahren der Begriff Boreout geprägt worden. Was ist davon aus arbeitspsychologischer Sicht zu halten? Am Phänomen Boreout ist etwas dran, ich glaube aber, dass das in der heutigen Arbeitswelt eine wesentlich geringere Bedeutung hat, als das früher noch der Fall war. In der Arbeitspsychologie gibt es eine lange Tradition, Phänomene wie Monotonieerleben am Arbeitsplatz sowie psychische Sättigung zu untersuchen. Diese langjährig erforschten Phänomene finde ich treffender als den Modebegriff Boreout. Im Vergleich zum Burnout, als Folge chronischer Arbeitsverdichtung und -intensivierung wie auch Arbeitsextensivierung ins Privatleben hinein, spielt Boreout aus meiner Sicht heute eine untergeordnete Rolle.

Gerade den jüngeren Kohorten wird in der Arbeitswelt nachgesagt, dass ihnen die sogenannte Work-Life-Balance eines der wichtigsten Kriterien bei der Arbeitsplatzwahl sein soll. Halten Sie das für plausibel? Ich mag den Begriff WorkLife-Balance nicht und bin nicht der Erste, der darauf hinweist. Eberhard Ulich hat den alternativen Begriff der Life-Domain-Balance geprägt, um damit deutlich zu machen, dass Leben verschiedene Domänen umfasst. Beim Begriff Work-Life-Balance könnte man den falschen Eindruck gewinnen, dass da die Arbeit und auf der anderen Seite das Leben ist und beide nichts miteinander zu tun haben.

Das ist gewissermaßen eine falsche Dichotomie. So ist es. Wenn wir Spaß an der Arbeit haben und Sinn aus ihr schöpfen, wirkt sich das auch positiv auf die Nicht-Arbeitsdomänen aus. Unterschiedliche, auch internationale Studien legen den Schluss nahe, dass spätestens mit den Generationen Y und Z ein Wertewandel in Gang gekommen ist. Man muss allerdings aufpassen, den jüngeren Generationen nicht ein „Wünschdir-was“-Stereotyp umzuhängen. Man muss auch sehen, dass geradlinige Karrierewege wie früher heute nicht mehr üblich und Kar-

rieren allgemein kaum mehr planbar sind. Inwieweit dieser Wertewandel als Reaktion auf die strukturellen Änderungen in der Arbeitswelt – geringere Planbarkeit, höhere Unsicherheit, Prekarisierung – interpretiert werden kann, wäre näher zu untersuchen.

Das legt die These nahe, dass die Jugend aufgrund größerer Unwägbarkeiten in der Arbeitswelt und einer damit einhergehenden unruhigeren Erwerbsbiographie gewissermaßen auch aus Selbstschutz nicht mehr „All-in“ gehen möchte. Das ist ein Teilaspekt. Der andere könnte vor dem Hintergrund der Verfassung unserer Welt und der Zunahme globaler Problemthemen etwa auch ein tiefes Bedürfnis sein, sich in kleinere soziale Gebilde wie Familien und Freundeskreise zurückzuziehen, die es in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr so gibt wie früher.

Was hat aus Ihrer Sicht als Psychologe diese Pandemie mit dem arbeitenden Menschen gemacht? Es zeigt sich, dass die psychischen Probleme insbesondere unter jüngeren Menschen zunehmen. Durch die Isolation, die teilweise Vereinsamung und auch das Wegbrechen gewisser Jobs, mit denen sich diese Gruppe etwa während des Studiums über Wasser gehalten hat. Das hat gewisse Gruppen in unserer Gesellschaft sehr viel verletzlicher gemacht, während wieder andere zu den Gewinnern zählen. Da würde ich mich dazuzählen. Wir hatten etwa in der Lehre einen starken Digitalisierungsschub, der auch Vorteile mit sich gebracht hat. Ein solcher ist auch in weiten Teilen der Wirtschaft zu beobachten. Die Entwicklung ist insgesamt sehr ambivalent. Wir sind gerade dabei zu untersuchen, welche neuen Herausforderungen für den Arbeitnehmer*innenschutz gerade in Bezug auf Homeoffice entstehen. Bei den veränderten Arbeitsbedingungen muss man genau hinsehen und darauf achten, dass die Selbstverantwortung für eine überzogene Leistungserwartung vonseiten der Betriebe nicht zu sehr zu Lasten der Arbeitnehmer*innengesundheit geht.


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„VORURTEILE GEGENÜBER DER ZEITARBEIT SIND ÜBERHOLT“ Interwork-Geschäftsführer Rainer Körber erklärt, warum der Zeitarbeit und Arbeitskräfteüberlassung eine rosige Zukunft bevorsteht und was das viel kritisierte Modell sowohl den Unternehmern als auch den Mitarbeitern bringen kann. INTERVIEW: MARIAN KRÖLL

Wie interpretieren Sie als Personaldienstleister Ihre Rolle im herkömmlicherweise unmittelbaren Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern? RAINER KÖRBER: Wir sehen uns als Partner für beide Seiten, als Partner, der zusammenführt. Mitarbeiter wie Kunden haben gleichermaßen den Vorteil der Flexibilität. Das hilft letztlich allen Beteiligten und der gesamten Wirtschaft.

E C O. N OVA :

Worauf kommt es den Menschen, die Sie weitervermitteln, beruflich an? Den Menschen kommt es auf einen sicheren Arbeitsplatz und ganzjährige Beschäftigung an. Das haben sie bei uns – gepaart mit einem hohen Maß an Flexibilität. Das ist vor allem für junge, ungebundene Arbeitskräfte interessant, die etwas anderes als die gewohnte Umgebung suchen, genauso wie für ältere, deren Kinder aus dem Haus sind und die nach besseren Verdienstmöglichkeiten, als sie sie in ihrer Region finden, Ausschau halten.

Geht es in der Zeitarbeit um reine Existenzsicherung oder spielen auch andere Bedürfnisse – Work-Life-Balance, Selbstverwirklichung – eine Rolle? Wir sehen Zeitarbeit in keiner Weise als reine Existenzsicherung. Es handelt sich um ein Instrument, das die Wirtschaft ebenso braucht wie viele Arbeitskräfte, die ohne dieses Modell keine Anstellung finden würden. Selbstverwirklichung spielt natürlich auch eine Rolle. Mitarbeiter können auf Wunsch in ein Integrationsleasing wechseln und damit direkt von Betrieben in die Stammbelegschaft übernommen werden. Das kommt bei uns allerdings nicht so häufig vor, weil die Betriebe die Dienstleistungen – Unterkunft, Anfahrt – nicht in dem Umfang zur Verfügung stellen können, wie wir das tun. Mit Mitarbeitern, die aus der Umgebung kommen, funktioniert Integrationsleasing besser. Die Work-Life-Balance spielt eine große Rolle. Wir bieten unseren Mitarbeitern seit Jahren bei den meisten Kunden eine Viertagewoche

an. Das hilft auch dabei, Arbeitskräfte aus Ostösterreich für den Einsatz in Tirol oder Vorarlberg zu mobilisieren.

Wie sieht es in der Zeitarbeit in Sachen Verdienstmöglichkeiten aus? Die Verdienstmöglichkeiten sind sehr gut. Wir sind verpflichtet, nach dem Kollektivvertrag des Beschäftigers – also unseres Kunden – zu bezahlen. In manchen Sektoren wie in der Industrie gibt es außerdem Zuschläge von bis zu 19 Prozent. Generell ist es außerdem so, dass den Mitarbeitern, die von uns bereitgestellt werden, mehr Spesen und Auslösen zugestanden werden als den Stammkräften. Unterkunft und Anreise werden von der Firma bezahlt. Worin liegen die Vorteile der Zeitarbeit für die Arbeitgeber? Ohne Zweifel in der Flexibilität. Das ist gerade in Zeiten eines chronischen Fachkräftemangels relevant. In Tirol gibt es in manchen Bereichen, beispielsweise im Bau- und Baunebengewerbe, so gut


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wie keine regionalen Fachkräfte mehr. Als Personaldienstleister holen wir diese Fachkräfte aus anderen Bundesländern zu den Kunden, die das Personal brauchen. Diese können ihre Aufträge dadurch seriös und fristgerecht erfüllen. Das schützt die Firmen davor, Projekte wegen akutem Fachkräftemangel an Mitbewerber aus dem Ausland zu verlieren. In manchen Branchen ist die Lage mittlerweile prekär. Diese versorgen wir mit Personal. Wir haben außerdem nicht wenige Mitarbeiter, die seit Jahren beim selben Kunden beschäftigt sind. Der Kunde bekommt von uns Arbeitskräfte, die er am freien Arbeitsmarkt nicht bekommen würde. Arbeitskräfteüberlassung stand in der Vergangenheit wiederholt in der Kritik. Die Kritikpunkte drehen sich um Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitnehmer zweiter Klasse zu sein, Zeitarbeit sei schlecht für den Lebenslauf und einige mehr. Wie treten Sie diesen Vorurteilen entgegen? Ich halte diese Kritikpunkte für überholt, auch wenn sie noch vielfach in den Köpfen der Menschen präsent sind. Es gibt über unsere genauso wie über manch andere Branche gewisse Vor-

„IN DER DERZEITIGEN WIRTSCHAF TLICHEN L AGE WIRD PERSONALBEREITSTELLUNG EIN NOCH GRÖSSERES THEMA AL S JE ZUVOR, WEIL DIE UNTERNEHMEN FLEXIBLER W E R D E N M Ü S S E N .“ RAINER KÖRBER

urteile, die sich hartnäckig halten. Schwarze Schafe gibt es überall, die weit überwiegende Mehrheit arbeitet aber seriös. Zeitarbeit ist auch kein Lückenfüller im Lebenslauf. Das ist überholt. Wir haben viele Mitarbeiter, die seit vielen Jahren bei uns beschäftigt sind, die sehr zufrieden und beim Kunden bestens integriert sind. Gerade im höher qualifizierten Bereich etwa bei Industrieingenieuren wird Personalleasing zunehmend ein Thema. In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage wird Personalbereitstellung ein noch größeres Thema als je zuvor, weil die Unternehmen flexibler werden müssen. Liegt in der Zeitarbeit eine Chance auch für ältere Arbeitnehmer und Langzeitarbeitslose, die sich mit dem berufli-

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chen Wiedereinstieg besonders schwertun? Personalbereitstellung ist gerade für ältere Arbeitnehmer eine gute Chance, vor allem wenn sie regional keine Arbeit mehr finden. Wir haben viele Mitarbeiter aus abgelegenen Regionen, die dort keine Arbeit finden, auch weil jüngere Arbeitnehmer bevorzugt werden oder es wie im Osten Österreichs starke Konkurrenz aus Osteuropa gibt. Ältere Mitarbeiter sind oft aufgrund ihrer Lebensumstände flexibler – die Kinder sind meistens aus dem Gröbsten heraußen – und haben bei uns die Chance, bundesweit eingesetzt zu werden und dabei gut zu verdienen. Wir haben viele Mitarbeiter über 50, die gut arbeiten, viel Erfahrung mitbringen und den Unternehmen einen Mehrwert bringen. www.interwork.co.at

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GELD UND SO Monetäre Anreize bieten meist nur kurzfristig Befriedigung. Generell und speziell im Job. Für die neue Art der Mitarbeiter dient Arbeit auch der Erfüllung ideeller Aspekte wie Selbstverwirklichung oder Sinnstiftung. Das stellt die Arbeitswelt vielerorts auf den Kopf, Unternehmen vor Herausforderungen und patriarchische Systeme vor das Aus. TEXT: MARINA BERNARDI

D

ie Zeiten, in denen man mit Arbeit reich werden konnte, sind vorbei. Vielleicht hat es sie auch nie wirklich gegeben. Das mag ein Mitgrund sein, warum das Gehalt oft der nicht mehr wirklich ausschlaggebende Grund dafür ist, sich seinen Arbeitsplatz auszusuchen. Vielmehr geht es um Sinnstif-

tung, Orientierung und die viel bemühte Work-Life-Balance, die in dieser Ausgabe einen Ersatzbegriff bekommen hat (siehe Seite 36).

SELBSTFINDUNG

Nicht mehr nur Arbeitnehmer müssen sich heute selbst verkaufen. Auch Arbeitgeber

müssen es. Employer Branding nennt sich das – um gute Mitarbeiter auf der einen Seite erst mal zu finden und sie auf der anderen schließlich zu halten. Mitarbeiter und Unternehmer kommen dabei immer mehr drauf: Geld allein macht nicht glücklich. Vor allem in Bereichen, in denen man ohnehin bereits gut verdient.


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EMPLOYER BRANDING ORIENTIERT SICH G R U N D S ÄT Z L I C H A N Z W E I D I N G E N : S I N N UND ORIENTIERUNG. ARBEITNEHMER B R A U C H E N D A S G E F Ü H L , E T WA S SINNVOLLES ZU TUN. UND SIE MÜSSEN W I S S E N , W O D I E R E I S E H I N G E H T.

Mit den aktuellen Umbrüchen entsteht ein neues Sinndenken. Wenn ein guter Mitarbeiter keinen Sinn mehr in seiner Arbeit sieht, kann man ihn auf monetärer Ebene vielleicht dazu motivieren, noch ein paar Monate zu bleiben. Mehr aber vermutlich nicht. „Die Werte haben sich mit der neuen Arbeitnehmergeneration sehr verändert. Früher war es wichtig, als langjähriger Mitarbeiter im Unternehmen Karriere zu machen und viel zu arbeiten, um die Familie zu ernähren. Das ist heute nicht mehr so. Was sich definitiv verändert hat, ist die Zugehörigkeitsdauer. Wir stellen fest, dass junge Mitarbeiter öfter wechseln und eine lange Zugehörigkeit nicht mehr sehr attraktiv ist“, sagt eine Personalentwicklerin eines Unterländer Unternehmens. „Wir können feststellen, dass die neue Generation sehr viel Wert auf die ‚weichen‘ Faktoren legt und weniger durch finanzielle Mittel gelockt wird.“

Employer Branding orientiert sich quasi folgerichtig grundsätzlich an zwei Dingen: Sinn und Orientierung. Arbeitnehmer brauchen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Und sie müssen wissen, wo die Reise hingeht. Um als Arbeitgeber zur Marke werden zu können, braucht es folglich viel Beschäftigung mit sich selbst. Das mögen allerdings die wenigsten. Doch Unternehmer müssen wissen, wofür sie und ihr Unternehmen stehen, wer sie sein und wo sie hinwollen. Das braucht Selbstreflexion und die Fähigkeit, sich einzugestehen, dass man sich gegebenenfalls ändern muss. Unternehmen, die ihr Image nach innen nicht verkaufen können, haben definitv ein Problem. Wenn ein Unternehmen nach innen nicht funktioniert, kann es auf Dauer nicht erfolgreich sein. Andererseits muss es sich auch nach außen klar deklarieren, weil sich gute Mitarbeiter heute kaum mehr auf eine Stellenanzeige in der Tageszeitung bewerben. Die Besten bewerben sich nicht, sie werden umworben. Gute Leute findet man fast nicht mehr dort, am Markt. Die stehen hier nicht einfach rum und warten. Wie also kann man für High-Potentials attraktiv werden? Indem man ihnen wertschätzend und auf Augenhöhe gegenübertritt und die Wertegerüste von Arbeitnehmer und -geber zusammenpassen. „Wir bemühen uns, allen unseren Mitarbeitern respektvoll gegenüber zu agieren. Bei Fröschl kann jeder Karriere machen, der will und Leistung zeigt. Wir sehen dies auch auf Grund der Tatsache, dass bei uns oft mehrere Familienmitglieder und langjährige Mitarbeiter arbeiten und das teilweise schon in dritter Generation. Flache Hierarchien, ein soziales Miteinander und eine offene, respektvolle Kommunikation sind uns wichtig. Wir leben es vor und es bestimmt auch unser Handeln. Unsere Werte werden – was uns sehr freut – auch in der kleinsten Partie gelebt“, beschreibt es die Personalentwicklung des Haller Bauunternehmens. Und dass es damit vieles richtig macht, zeigt die Tatsache, dass die Fröschl AG & Co KG auch heuer wieder unter die

Top-Arbeitgeber Österreichs im trend-Ranking gereiht wurde (Liste im Anschluss). Wie zum Beispiel auch die Universität Innsbruck, die Innsbrucker Kommunalbetriebe AG, die Tiroler Versicherung, die BTV – Vier Länder Bank oder das Management Center Innsbruck. Auch das Bezirkskrankenhaus/BKH Kufstein findet sich im Ranking: „Ein Krankenhaus produziert nichts, sondern erbringt Dienstleistungen – und zwar in einer für den Patienten unglaublich persönlich verspürbaren Weise. Damit Patienten spüren, dass uns nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihre subjektive Befindlichkeit ein Anliegen ist, müssen sich unsere Mitarbeiter selbst wohl fühlen. Bei dieser Art der Dienstleistung, die wir erbringen, merken (zumindest die stationär betreuten) Patienten zumeist ganz schnell, ob es im Team gut läuft oder Ärger gibt. Und wir wollen, dass es gut läuft“, beschreibt Verwaltungsdirektor Wolfgang Schoner. Auf die Frage, was denn seiner Meinung nach einen guten Arbeitgeber ausmache, antwortet Schoner mit Attributen, die wohl gleichsam allgemeine Gültigkeit haben dürften: nachvollziehbare, eindeutig definierte Hierarchien, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie flach oder steil sind, und damit einhergehende Führungskompetenz und -verantwortung, eine klare Kommunikation und ein Wertebild, das, wenn es nicht gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeitet, dann trotzdem letztlich von allen mitgetragen wird. Und ganz wichtig: eine ausgeprägte Fehlerkultur. „In unserem Haus herrscht eine Kultur, die jeden noch so banalen Hinweis auf eine mögliche Fehlfunktion mit ehrlicher Aufmerksamkeit quittiert“, sagt Schoner. „Das war nicht immer einfach“, gesteht er, „aber wir haben in vielen Gesprächen letztlich jede Führungskraft zum Mitmachen bewegen können.“ Langfristig führe eine gute Stimmung im Team auch dazu, dass die (Sozial-) Leistungen des Arbeitgebers (im Fall des BKH Kufstein Kantine, Betriebsgarconnieren oder Kinderkrippe und -garten) mehr geschätzt werden, ist der Krankenhausdirektor überzeugt: „Fühlen sich Mitarbeiter wohl, verstanden und respektiert, führt das auch dazu, dass das Handeln und die Entscheidungen der Führungskräfte – sowohl auf der unmittelbaren Ebene als auch auf höchster Betriebsebene – positiver eingeschätzt werden.“ Wir haben bei einigen heimischen Betrieben nachgefragt, was sie selbst zu einem guten Arbeitgeber macht, was sie von Mitarbeitern erwarten und wie sich diese am besten motivieren lassen.

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K AT H R I N W I N T E R L E - P R E I N D L

THOMAS MADRITSCH

HEAD OF HUMAN RESOURCES, CURA COSMETICS GROUP

G F FA C H H O C H S C H U L E K U F S T E I N T I R O L

ECO.NOVA: Wie schätzen Sie das Verhältnis zwischen mo-

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netären und ideellen Aspekten in Bezug auf die Mitarbeitermotivation ein? KATHRIN WINTERLE-PREINDL: Ganz klar – eine faire Entlohnung ist wichtig und die Voraussetzung, dass Mitarbeiter schon mit einem guten Gefühl bei uns in der CURA starten. Aber der Effekt der monetären Vergütung verpufft auch sehr schnell, wenn die restlichen Rahmenbedingungen nicht passen. Damit die Freude an der Arbeit erhalten bleibt, zählen die ideellen Aspekte. Mitarbeiter möchten Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit erfahren. Eine nachvollziehbare Führung, transparente Entscheidungen und eine offene Kommunikation tragen wesentlich dazu bei, dass Mitarbeiter motiviert bleiben. Vertrauen, Weiterentwicklung und Sinnhaftigkeit sind der beste Nährboden für Mitarbeitermotivation. Haben Sie in den vergangenen Jahren ihre Rekrutierungsstrategie verändert? Natürlich haben wir uns im Laufe der Zeit auch als Arbeitgeber weiterentwickelt und uns den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes bzw. unserer potenziellen Bewerber angepasst. Wir setzen zu den klassischen Suchkanälen nun vermehrt auch auf Social Media. Employer Branding ist ein wichtiges Thema für uns geworden. Sich als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu positionieren, um die passenden Talente zu finden, ist gerade in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten Strategien geworden. Wir konnten uns auch während der Pandemie rasch umstellen und haben den gesamten Recruitingprozess auf Onlinerecruiting umgestellt. Dies haben wir teilweise so beibehalten, damit wir weiterhin flexibel bleiben für Bewerber, die sich nicht in Tirol befinden. Das ermöglicht uns auch einen effektiven und raschen Bewerbungsprozess.

Was ist erfahrungsgemäß Ihr bestes Argument, um neue Mitarbeiter zu gewinnen? Unsere Mitarbeiter sind unsere besten Markenbotschafter. Erfahrungsgemäß können wir am meisten überzeugen, wenn die Begeisterung unserer Mitarbeiter im Gespräch auf den Bewerber überspringt. Bis es dazu kommt, versuchen wir mit unserem Employer Branding unseren Bewerbern einen guten, authentischen Einblick zu geben, was wir als CURA COSMETICS GROUP alles zu bieten haben und wer am besten zu uns passt.

E C O . N O VA :

Was motiviert Ihre Mitarbeiter? T H O M A S

MADRITSCH: Motivation ist sicherlich sehr persönlich, dennoch

gibt es Gemeinsames – Selbstverwirklichung und Sinnstiftung sind bei uns sicher eine der stärksten Triebfedern. Ich würde meinen, die ideellen Aspekte überwiegen. Wir haben an der FH überwiegend Mitarbeiter:innen, die direkt daran beteiligt sind, unsere Studierenden zur Wissensaufnahme anzuregen und sie auf einem Stück des Lebenswegs zu begleiten. In unserem Betrieb sind wir auf hohe Eigenmotivation der Belegschaft angewiesen, sonst könnte unser Modell nicht funktionieren.

Was, glauben Sie, macht Sie zu einem guten Arbeitgeber? Wir geben Ziele, Struktur, Ordnung und Spielregeln – das macht jedes Unternehmen. Darüber hinaus geben wir Raum zur Selbstbestimmung und Entfaltung, für eigene Entscheidungen und persönliche Entwicklung. Aus unserer Sicht machen das nur Unternehmen, die auch gute Arbeitgeber sind. Wir pflegen zudem eine wertschätzende und kollegiale Arbeitsatmosphäre sowie eine offene Dialogkultur. Unser familiäres Arbeitsumfeld mit lebensphasenorientierten und flexiblen Arbeitsmodellen, kombiniert mit einem krisensicheren Arbeitsplatz, runden unser Angebot als Arbeitgeberin ab. Was erwarten Sie von einem guten Mitarbeiter? Wir erwarten Expertise und Talent und den Wunsch, dies einzubringen und an den gemeinsam gesteckten Zielen im Team zu arbeiten. Wir geben und erwarten Vertrauen in Fähigkeiten und die Entwicklung von Menschen und wir erwarten Veränderungsbereitschaft sowie die Identifikation mit unseren Werten. Als Hochschule sind bei uns Neugier und Forschergeist unabdingbare Eigenschaften, aber auch das proaktive Einbringen von Ideen.

Haben Sie in den vergangenen Jahren Ihre Rekrutierungsstrategie verändert? Unsere Rekrutierungsstrategie hat sich inhaltlich nicht verändert – sie basiert nach wie vor sehr stark auf persönlichem Kontakt, guter Begleitung und ausgezeichnetem Onboarding und Integration. Unsere Wege in der Kommunikation haben sich in den letzten Jahren stark auf digitale Instrumente ausgerichtet und die Nutzung von data-driven Recruiting-Tools sowie Social-Media-Kanälen.


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DIE PERFEKTE LÖSUNG

für Betrieb oder Büro!

HEIKE SCHEUMANN L E I T E R I N P E R S O N A L M A N A G E M E N T, S T I H L T I R O L

Es gibt die These, dass „weiche“ Faktoren wie eine gute Work-Life-Balance für die Arbeitnehmer immer wichtiger werden. Konnten Sie Derartiges auch in Ihrem Unternehmen beobachten? HEIKE SCHEUMANN: Eine gute Work-Life-Balance gehört für uns zu den entscheidenden Faktoren, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und zu bleiben. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere betrieblichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, um dem Bedürfnis unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach einer optimalen Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben gerecht zu werden. Dazu zählen nicht nur flexible Arbeitszeitmodelle und Gleitzeitmöglichkeiten in vielen Unternehmensbereichen, sondern auch flexibles Homeoffice. Großen Wert legen wir auf die Gesundheit in unserer Belegschaft und bieten ein vielfältiges Gesundheitsangebot in Präsenz- und Onlineformaten. Auch ein Fitnessraum steht zur Verfügung. Zusätzlich unterstützen wir in der Kinderbetreuung während der Ferienzeiten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen. ECO.NOVA:

Was erwarten Sie von einem guten Mitarbeiter? Wir legen vor allem Wert auf authentische Persönlichkeiten. Motivation und Freude für die beruflichen Aufgaben sind uns genauso wichtig wie Sozialkompetenzen und fachliches Know-how. Wir schätzen die Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung sowie Flexibilität und Professionalität. Dabei sollte der Spaß auch nicht zu kurz kommen. Welche Rolle spielen über die fachliche Qualifikation hinausreichende soziale Kompetenzen in Ihrem Unternehmen? Wir sind davon überzeugt, dass die persönlichen Kompetenzen mindestens genauso wichtig sind wie fachliche Qualifikationen. Die Weiterentwicklung dieser Kompetenzen bildet daher auch einen Schwerpunkt in unserer Mitarbeiterentwicklung. Denn nur wenn wir als Unternehmen in diese Kompetenzen investieren, sind wir für zukünftige Herausforderungen gerüstet.

Wie hat sich die Arbeitnehmergeneration, die heute vor dem Eintritt ins Berufsleben steht, gegenüber den vorherigen Generationen verändert? Im Gegensatz zu früheren Zeiten wird der Job nicht mehr nur als Möglichkeit gesehen, den Lebensunterhalt zu sichern. Die Tätigkeit soll ebenso sinnvoll sein und darf gerne auch Spaß machen. Darüber hinaus spielt die bereits angesprochene Work-Life Balance eine große Rolle und Möglichkeiten zum flexiblen Arbeiten. Wesentlich sind auch individuelle Weiterentwicklungsmöglichkeiten sowie Freiräume und eigenverantwortlich Themen und Prozesse mitgestalten zu können. Für viele der „jüngeren Arbeitnehmergeneration“ sind außerdem Benefits interessant, die nicht jedes Unternehmen bieten kann.

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ARMIN LÖSCHNIG

IRENE AUER

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Was sehen Sie als wichtigeren Punkt in Bezug auf die Mitarbeitermotivation: Gehalt oder Selbstverwirklichung? ARMIN LÖSCHNIG: Der Punkt Gehalt ist sicher ein wichtiger, der in erster Linie passen muss. Durch das Gehalt entsteht auf Dauer aber keine Motivation, jedoch nur wenn dieser Faktor stimmt, kann in weiterer Folge auch Motivation entstehen. Wichtig für die Motivation der Mitarbeiter sind viele Faktoren – zum Beispiel der Sinn in der Arbeit, das Mitwirken und Mitgestalten, die persönliche Entwicklung, ein gutes Betriebsklima und das gute Zusammenarbeiten, ehrliches und zeitnahes Feedback, der Umgang und die Kommunikation auf Augenhöhe oder die richtige Führung.

ECO.NOVA: Was erwarten Sie von einem guten Mitarbeiter?

ECO.NOVA:

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Was ist erfahrungsgemäß Ihr bestes Argument, um neue Mitarbeiter zu gewinnen? Nicht jeder Mitarbeiter spricht auf jedes bzw. auf dasselbe Argument gleich gut an. Dabei finden sich aber immer wieder Argumente wie Entwicklungsmöglichkeiten, das aktive und persönliche Einbringen in die tägliche Arbeit, ein gutes Betriebsklima, das passende Team, das umfangreiche und spannende Tätigkeitsfeld, Wertschätzung der Mitarbeiter und ihrer Arbeit sowie die Regionalität von Fiegl+Spielberger. Ihr Unternehmen ist stark in der Lehrlingsausbildung tätig. Bleiben Ihre Lehrlinge nach Abschluss im Unternehmen? Die Lehre bzw. die Weiterbildung/Entwicklung unserer Mitarbeiter ist unumgänglich und in unserem Haus gar nicht mehr wegzudenken. Der Facharbeiter ist fast unmöglich auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Aus diesem Grund setzen wir schon seit Jahrzenten auf die Lehrlingsausbildung und somit die Eigenentwicklung des Fachkräftenachwuchses. So gesehen ist die Lehrlingsausbildung für uns sehr wichtig. Wir geben unseren Lehrlingen bis auf wenige Ausnahmefälle eine Übernahmegarantie. Viele unserer ehemaligen Lehrlinge bleiben auch und entwickeln sich bei uns weiter. Es ist immer schön zu sehen, wie sich ein (in der Regel) 15-jähriger Lehrling im Laufe der Jahre entwickelt und zu einer wichtigen Stütze im Unternehmen wird.

IRENE AUER: Gegenseitige Wertschätzung und Respekt sind unabdingbar. Ein guter Mitarbeiter steht hinter dem Betrieb, denkt unternehmerisch, liebt seine Arbeit, bringt sich ein, ist belastbar und zu 100 Prozent für das Unternehmen da. Man hält zusammen, auch in schwierigen Zeiten. Es muss uns wieder mehr gelingen, dass Mitarbeiter stolz darauf sind, für das Unternehmen zu arbeiten.

Ist die Lehre bzw. innerbetriebliche Ausbildung etwas, das sich für Sie rentiert? Wir bilden sehr gerne junge Leute aus. Ob sich das für uns rentiert, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Es geht doch darum, jungen Menschen die Freude am Tun zu vermitteln, damit sie hervorragende Fachkräfte werden und die Chance nutzen können, im Leben voranzukommen. Die meisten Lehrlinge möchten bei uns bleiben, aber wir lassen sie gerne in die weite Welt ziehen. Einige kommen wieder zurück und bringen ihre Erfahrungen wieder im Betrieb ein. Wie hat sich die Arbeitnehmergeneration, die heute vor dem Eintritt ins Berufsleben steht, gegenüber den vorherigen Generationen verändert? Wir müssen vermehrt feststellen, dass derzeit eine Grundgereiztheit, eine gewisse Unzufriedenheit besteht, wahrscheinlich auch der Pandemie geschuldet. Viele müssen das Leben nun schon lange anders führen. Das ermüdet. Vor allem die jungen Arbeitnehmer sind nicht mehr so belastbar, sehen oft keinen Sinn mehr in ihrem Tun, möchten sich neu orientieren, wissen aber meist nicht, wo die Reise hingehen soll. Mehr Freizeit, feiern, Spaß haben hat einen höheren Stellenwert. Deshalb haben wir ein betriebliches Resilienzprogramm gestartet, um mögliche Lösungen anzubieten. In Mitarbeiter zu investieren und sich der Probleme anzunehmen, ist heute wichtiger denn je.

Wie tragen Sie dem Wunsch nach mehr Work-Life-Balance Rechnung? Work-Life-Balance, betriebliche Resilienz und Achtsamkeit sind für uns nicht nur Schlagworte. Wir versuchen mit gezielten Maßnahmen eine Stärkung des Miteinanders, wie „Mitarbeiter in Bewegung“, aber auch Mitarbeitern durch regelmäßige zusätzliche Begleitung einer Arbeitspsychologin dahingehend zu helfen, ihren Alltag besser zu bewältigen.


eco.wirtschaft

DIE TOP-ARBEITGEBER Wie jedes Jahr ermittelte das Magazin trend in Kooperation mit kununu, Statista und Xing auch heuer die Top-Arbeitgeber in Österreich. Wir haben uns die Tiroler herausgepickt.

PLATZ

RANKING*

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18

3

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5

68

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24

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293

7

125

9

146

11

200

13

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15

246

17

253

19

283

FIRMENNAME

ORT

Universität Innsbruck

Innsbrucker Kommunalbetriebe

Fröschl

Tiroler Versicherung Egger

BTV – Vier Länder Bank

Fachhochschule Kufstein Tirol Pfeifer

Bezirkskrankenhaus Kufstein Raiffeisen-Landesbank Tirol TIWAG

Tirol Kliniken

MCI Management Center Innsbruck STIHL Tirol

Die Kurzentren

ilf Consulting Engineers Fiegl+Spielberger

Medizinische Universität Innsbruck Binderholz Eglo

MITARBEITER

SCORE

Innsbruck

5.101

8,06

Innsbruck

704

7,95

Hall in Tirol

1.385

Innsbruck

330

St. Johann in Tirol

1.630

Innsbruck

869

Kufstein

500

Imst

720

Kufstein

1.200

Innsbruck

1.300

Innsbruck

300

Innsbruck

400

Innsbruck

8.550

Langkampfen

600

Kufstein

1.200

Innsbruck

>200

Innsbruck

600

Innsbruck

2.000

Innsbruck Pill

2.000

*)

300

8,02

7,91 7,74

7,57

7,55

7,49 7,48

7,35 7,30 7,24

7,20

7,17 7,16

7,14

7,14 7,12 7,08

7,05

Stellt das Ergebnis im trend-Gesamtranking dar

METHODIK: Das Ranking der 300 besten Arbeitgeber basiert auf einer anonymen Onlinebefragung von Arbeitnehmern, trend-Lesern und Mitgliedern der Karrierenetzwerke Xing und kununu. Zusätzlich werden Bewertungen auf kununu herangezogen. Insgesamt flossen über 220.000 Urteile aus vier verschiedenen Bewertungskanälen in das Ranking ein (inklusive der Bewertungen des Vorjahres). Hierfür werden 8.000 Arbeitnehmer zufällig und unter Berücksichtigung einer breiten regionalen und soziodemografischen Streuung im Rahmen eines Online-Access-Panels befragt, wie sehr sie ihren Arbeitgeber weiterempfehlen würden. Weiters wurden Mitglieder des beruflichen Netzwerks Xing sowie die kununu-Community und die trend-Leserschaft eingeladen, an der Befragung teilzunehmen. Zudem wurden über 11.000 Arbeitgeberbewertungen der Onlineplattform kununu berücksichtigt. Um das Ergebnis zu ergänzen, werden außerdem alle befragten Arbeitnehmer gebeten, auch ihnen bekannte andere Arbeitgeber der gleichen Branche zu beurteilen (indirekte Bewertung mit 97.000 Urteilen). Quelle: trend.EDITION 1, 26. März 2021

51


eco.wirtschaft

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eco.wirtschaft

Die Verbindung aus jahrzehntelang überliefertem traditionellem Bauhandwerk mit innovativen Technologien hat dem Tiroler Unternehmen Rieder Bau kürzlich die Auszeichnung als „Bestes Tiroler Familienunternehmen 2021“ eingebracht.

ZUKUNFT BAUEN Anton Rieder verfolgt große Ziele und bewegt sich dabei durchaus abseits des Mainstreams. Gemeinsam mit seinem Team treibt der Andersdenker das digitale Handwerk voran und macht damit das Bauen smarter. T E X T : D O R I S H E LW E G

W

ie genau die Zukunft der Baubranche aussehen wird, kann auch Anton Rieder nicht im Detail vorhersagen. Was ihn persönlich jedoch seit vielen Jahren antreibt, ist die Begeisterung für Zukunftsthemen und das große Interesse an digitalen Innovationen. „Es gibt Unternehmen, die im Hier und Jetzt agieren und dabei Toparbeit leisten. Und dann gibt es Unternehmen, die neben dem alltäglichen Geschäft auch in die Zukunft denken und bereit sind, gewohntes Terrain zu verlassen. Die Digitalisierung sowie neue Fertigungsverfahren und Materialien werden sicher auch zu einem Umbruch in der Welt des Bauens führen“, ist sich Anton Rieder sicher. Er möchte diese Zukunft mitgestalten, mit dabei sein, wenn neue Technologien und Maßstäbe gesetzt werden. Als erfolgreicher Unternehmer natürlich auch mit dem Ansinnen, wettbewerbsfähig zu bleiben.

AM WEG ZUM DIGITALEN HANDWERK

Schon seit vielen Jahren beschreitet Rieder seinen eigenen Weg und gilt als Pionier in Sachen Digitalisierung am Bau. Als einer der wenigen Totalunternehmer in Österreich baut RIEDERBAU Total seit bereits zehn Jahren nach der neuen BIM-Norm (Building In-

53 formation Modeling). Diese innovative Planungsmethode hat sich international bereits in vielen Ländern als Standard durchgesetzt und ersetzt die bisherigen zweidimensionalen Baupläne durch eine dreidimensionale Darstellung der Bauprojekte. Mit BIM werden auch in der Bauausführung sämtliche Prozessschritte digital erfasst, kombiniert und vernetzt, sodass alle Beteiligten

„MEINE VISION I S T, D A S S D E R KUNDE MEHR IN PRODUK TEN DENK T UND NICHT IN L E I S T U N G E N .“ ANTON RIEDER

jederzeit Zugriff auf die aktuellen Daten haben. „Dadurch können Gebäude effizienter, transparenter und kostengünstiger geplant, berechnet, errichtet und bewirtschaftet werden“, blickt Rieder zuversichtlich in die Zukunft. Dabei gelten in unserer Region eigene Spielregeln: „Viele Grundstücke sind unförmig oder Hanglagen. Die Kunst ist, mit Methoden des Systembaus trotzdem

sehr individuelle Gebäude erstellen zu können“, weiß Rieder und räumt ein, dass bereits eine jahrelange Lernphase hinter ihm liegt: „Wir haben viele Jahre gebraucht, um uns diese Kompetenzen zu erwerben und es ist für uns nach wie vor eine große Herausforderung. Wir sind im Basislager angekommen und können den Gipfel sehen. Wir werden diesen Weg beständig weitergehen.“ Insbesondere für künftiges klimaneutrales Bauen sieht der Visionär sich damit bestens gerüstet. „Dafür wird es digitale Gebäudemodelle brauchen. Ich wüsste nicht, wie man sonst die Daten berechnen könnte“, so Rieder. Auch Hybridbauweisen sieht Rieder im Vormarsch: „Eine intelligente Kombination verschiedener Baustoffe je nach Projekt, Statik und Architektur kann das Maß der Dinge werden. Vielleicht wird es irgendwann auch CO2-freien Beton geben.“ Der Einstieg in den Holzbau steht schon in konkreten Plänen. Auf Grund der hohen Preise wird in Tirol auch die Transformation bestehender Gebäude immer mehr zum Thema. „Wir spezialisieren uns auch zunehmend auf Zubauten, Umbauten oder Aufstockungen. Grund und Boden sind in Tirol an sich schon knapp und das Bauen wird immer kostenintensiver, insofern macht es Sinn, auf Bestehendem aufzubauen.“


eco.wirtschaft

„U N S E R E M I TA R B E I T E R S I N D N I C H T E I N FA C H N U R E I N B U N T E R H E U H A U F E N : JEDER EINZELNE VON IHNEN IST D I E G E F U N D E N E N A D E L .“ VERENA RIEDER-HACKL

tive Technologien und Denkweisen, um das Bauen in Zukunft smarter zu gestalten“, ist sich das Unternehmerpaar einig. Gemeinsame Aktivitäten und das attraktive Arbeitsumfeld tragen ebenso zu einem guten Arbeitsklima bei wie gezielte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Damit wird allen die Chance geboten, ihre Fähigkeiten und Stärken kontinuierlich weiterzuentwickeln. „Ich persönlich vertrete die Ansicht, dass ein Facharbeiter so gut verdienen muss, dass er die Chance auf die Schaffung eines Eigenheimes hat. Aber auch in den RIEDERBAU-Räumlichkeiten sollen sich die Mitarbeiter wohlfühlen. Zu dem gerade erst 2019 neu errichteten Erweiterungsbau erfolgt mit Baustart Herbst 2021 ein weiterer Zubau mit einer großen Mitarbeiterterrasse, großzügigem Mitarbeiterraum mit Kochmöglichkeiten, Multifunktionsraum, Trainingsmöglichkeiten inklusive Yoga- und Rückenschule, Besprechungsräume sowie weitere 18 neue Mitarbeiter-Arbeitsplätze.

ZUFRIEDENHEIT AM BAU

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TOTALBAU Auch wenn das Wort schrecklich klingt, ein großer Wettbewerbsvorteil von RIEDERBAU ist die Kompetenz des Generalunternehmers, was so viel heißt, dass der Kunde hier von der Planung über die Ausführung bis zur schlüsselfertigen Übergabe alles aus einer Hand erhält. „Mein Zugang zum Thema Bauen ist etwas abseits des Mainstreams. Derzeit werden viele Objekte in zahlreichen Projekten errichtet, Planung und Ausführung werden in verschiedenen Teams bewerkstelligt. Meine Vision ist, dass der Kunde mehr in Produkten denkt und nicht in Leistungen – ein Gebäude zu einem fixen Preis und einem fixen Termin, egal ob es sich um ein Einfamilienhaus, ein Gewerbeobjekt oder Wohnbau handelt. Beim Autokauf käme ja auch keiner auf die Idee, das Auto in Teilen zu kaufen“, so Rieder.

ERFOLGSFAKTOR MITARBEITER

Um alle Gewerke zu vereinen und das Komplettangebot von der Planung bis zur schlüsselfertigen Übergabe professionell zu bewerkstelligen, hat sich die Jobvielfalt wie der Mitarbeiterstab in den letzten Jahren beträchtlich vergrößert. Aktuell 190 „Andersdenker“ aus den verschiedensten Bereichen finden beim innovativen Bauunternehmen ein attraktives Arbeitsumfeld. Von Architekten, Bauleitern, Statikern, Vertriebsmitarbeitern bis hin zu einem großen

Handwerksportfolio hat Verena Rieder-Hackl hier ein Team formiert, das gemeinsam andere Wege beschreitet und somit eine Vorreiterrolle in Österreich einnimmt. „Innovationskraft und Wohlbefinden – bei uns sind diese beiden Faktoren der Schlüssel für ein erfolgreiches Miteinander“, erklärt Rieder. „Unser Unternehmen bietet Raum zur Entfaltung und damit die Chance, individuelle Stärken auszuleben und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Flexible Arbeitszeitmodelle, moderne Büros, monatliche Führungsdialogrunden, Workshops und eine Beratung und Begleitung für die individuellen Anliegen unserer Mitarbeiter sind wichtige Bestandteile für ein attraktives Arbeitsumfeld.“ Als Personalentwicklerin beschäftigt sich Verena Rieder-Hackl intensiv mit den Themen New Work, MIT (Mensch-Information-Transformation) und Teamorganisation. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Transparenz in der Kommunikation, Chats und hybride Sitzungen sind zur Normalität geworden. „Wir sind anders, und das ist gut so. Wir suchen Chancen und keine Hindernisse. Und wir tun das, was wir lieben. Das macht den Unterschied. Unsere 190 Mitarbeiter – davon zehn Lehrlinge – sind nicht einfach nur ein bunter Heuhaufen: Jeder einzelne von ihnen ist die gefundene Nadel. Und gemeinsam verfolgen wir große Ziele, denn wir tun nicht einfach nur das, was auch viele andere gut machen. Stattdessen nutzen wir innova-

An der an sich hohen Berufszufriedenheit in der Baubranche hat sich auch während der Coronakrise nichts geändert. „Wenn man jeden Tag sieht, was man geschaffen hat, dann macht das einen Handwerker stolz und zufrieden“, glaubt Anton Rieder. Neben der 4,5-Tage-Woche und der meist eingehaltenen Normalarbeitszeit versucht das Unternehmen auch Rücksicht auf familiäre Gegebenheiten zu nehmen. „Der Papamonat ist bei uns keine Seltenheit mehr, ebenso wie Mitarbeiter*innen in Teilzeit oder Homeoffice wieder ins Arbeitsleben zurückzuführen“, erklärt Rieder. „Auf der Baustelle selbst ist es natürlich schwierig, Gleitzeitmodelle umzusetzen. Aber auch hier versuchen wir, Rücksicht zu nehmen und vorab mit den Polieren die Terminvorgaben zu besprechen.“ Die Summe all dieser Aspekte hat wohl auch dazu beigetragen, dass sich RIEDERBAU „Bestes Familienunternehmen Tirol 2021“ nennen darf. Die von „Die Presse“, dem Bankhaus Spängler, der BDO und der Notariatskammer ausgerichtete Preisverleihung fand kürzlich in der Aula der Wissenschaften in Wien statt und holte je Bundesland die besten Familienunternehmen vor den Vorhang. Eine hochkarätige Jury bewertete die wirtschaftliche Performance der Familienbetriebe und bezog zudem viele Soft Facts in die Analyse mit ein. So freut es Anton Rieder umso mehr, dass seine Visionen und Wege abseits des Mainstreams Wege zum Erfolg sind.


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eco.wirtschaft

GUTE ZEITEN, SCHLECHTE ZEITEN

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eco.wirtschaft

TEXT: MARINA BERNARDI

© DIE FOTOGRAFEN

er Fachkräftemangel bleibt weiterhin akut, auch wenn sich die Arbeitslosenzahlen hierzulange wieder zu entspannen beginnen. Neu ist das Problem nicht und dennoch: „Wir werden auch in den kommenden Jahren vor der enormen Herausforderung stehen, Fachkräfte im großen Stil nachzubesetzen. Deshalb müssen wir alle Hebel in Bewegung setzen, um die Jugend bestmöglich zum Einsatz zu bringen“, sagt David Narr, Lehrlingskoordinator der Wirtschaftskammer Tirol. Mit Akademikern allein wird es nicht getan sein. Im Gegenteil. Trotz aller Möglichkeiten am Arbeitsmarkt scheint die Lehre nach wie vor vor einem Imageproblem zu stehen. In der Vergangenheit war die Lehre selbst wohl nicht ganz unschuldig daran. Nicht selten wurden Lehrlinge als billige Arbeitskräfte angesehen, denen man ungeliebte Aufgaben übertragen konnte. Nach Abschluss der Lehre wanderte so mancher Junge in andere Branchen ab und ging seinen Lehrherren somit langfristig verloren. Durch den akuten Fachkräftemangel der letzten Jahre, doch auch schon in weiter zurückliegender Vergangenheit, als die Anzahl der Lehrlinge auffällig weniger wurde, hat innerhalb der Unternehmen ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Man hat das Potenzial von Lehrlingen erkannt und versucht, sie nachhaltig ans Unternehmen zu binden. Damit hat auch ein Wandel im Umgang mit Mitarbeitern im Allgemeinen und Lehrlingen im Speziellen stattgefunden. Das Problem der Lehre indes ist auch ein gesellschaftliches. Die Lehre wurde lange allgemein als unattraktiv dargestellt. Es wurde suggeriert, dass man heutzutage studieren müsse, um etwas aus sich machen zu können. Damit hat man sich gesamtheitlich keinen Gefallen getan. „Viele Eltern sind noch immer der Meinung, dass die Chancen am Arbeitsmarkt mit einem Abschluss an einer mittleren oder höheren Schule besser sind. Allerdings lassen sie hierbei die Entwicklungen am Arbeitsmarkt in den letzten zehn bis 20 Jahren außer Acht. Der Stellenwert von Lehrabsolventen und auch deren Verdienstmöglichkeiten sind enorm gestiegen, während gerade bei Absolventen einiger Studienrichtungen ein umgekehrter Trend erkennbar ist. Auch der Arbeitsmarkt orientiert sich an Angebot und Nachfrage“, so Narr und weiter: „Viele Eltern sehen in einer Lehre außerdem eher ein Arbeits- denn ein Ausbildungsverhältnis und halten ihre Töchter und Söhne mit 15 Jahren noch nicht reif genug für eine duale Ausbildung. Zum anderen ist es ein Problem, dass alle Schülerinnen und Schüler ihr neuntes Pflichtschuljahr in der Sekundarstufe 2 absolvieren müssen. Hier sind mehrjährige Schultypen klar im Vorteil zur einjährigen polytechnischen Schule, die als klassische Zubringerin zur Lehre etabliert ist.“

Es ist ein Dilemma: Obwohl das duale System der heimischen Lehrlingsausbildung – Theorie in der Berufsschule, Praxis im Lehrbetrieb – über die Grenzen Österreichs hinaus gelobt wird, steht die Lehre noch immer vor einem Imageproblem. Das befeuert den ohnehin seit Langem vorherrschenden Fachkräftemangel zusätzlich. Verschiedene Initiativen sollen die Lehre auf ein neues Level heben. „Meister/Meisterin“ ist mit der Novelle zur Gewerbeordnung im vergangenen Jahr zu einem eintragungsfähigen Titel geworden – ein Erfolg im Ringen um die Gleichwertigkeit von beruflichen und akademischen Bildungsabschlüssen und im titelfreudigen Österreich ein großer Schritt.

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„DIE LEHRE WIRD IN DER A L L G E M E I N E N WA H R N E H M U N G LEIDER IMMER NOCH UNTER WERT G E S C H L A G E N – Z U U N R E C H T.“ DAV ID N A R R , L E HR L IN G S KO O R D IN AT O R DER WIRTSCHAFTSKAMMER TIROL


eco.mmentar

FACHKRÄFTE BRAUCHT UNSER LAND!

Dabei hat die Lehre durchaus ihre Vorzüge, vor allem persönlicher Natur. „Der Umgang mit Kunden, Geschäftspartnern, ArbeitskollegInnen und BerufsschulkameradInnen birgt ein unglaublich wichtiges und vielfältiges Potenzial bei jungen Menschen. Viele Betriebe unterstützen diese Entwicklung durch zusätzliche Schulungen und Teambuildings. Diese sozialen Kompetenzen zeichnen Lehrabsolventen in den meisten Lehrberufen besonders aus. Damit erwerben die Jugendlichen Kompetenzen, die ihnen auch bei einem Berufswechsel zugutekommen“, ist Narr überzeugt. „Ich bin mir sicher, dass wir alle in Zukunft einen Arbeits- und Leistungswillen an den Tag legen müssen. Ansonsten wird es so oder so nicht reichen. Daher denke ich, dass eine Ausbildung in einem realen wirtschaftlichen Umfeld, wie es die Lehre darstellt, auch hier gewisse Vorteile mit sich bringt.“

STELLE SUCHT LEHRLING

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T

irols Wirtschaftszahlen und damit direkt verbunden auch die Arbeitsmarktdaten befinden sich wieder auf einem erfreulichen Kurs und haben sich auf hohem Niveau eingependelt. Um Tirols Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestmöglich zu unterstützen und die Auswirkungen der Coronakrise abzufedern, arbeiten wir ständig an neuen Angeboten und Verbesserungen, können aber zugleich umfangreiche, bewährte Förderprogramme auch diesen Herbst fortsetzen. So zum Beispiel das Bildungsgeld update, das die beruflichen Aus- und Weiterbildungskosten unterstützt. Besonders wichtig ist die Stärkung der Lehre zum Beispiel mit der Ausbildungsbeihilfe für Lehrlinge. Initiativen wie diese helfen dabei, dringend benötigte Fachkräfte auszubilden, denn sie sind der Motor der Tiroler Wirtschaftsleistung. Aber auch Partnerschaften zwischen Schule und Wirtschaft, wie der Tiroler Nachwuchs-Ingenieur-Preis tragen dazu bei, bereits frühzeitig Ausschau nach künftigen Arbeitskräften zu halten.

V O N B E AT E PA L F R A D E R

Landesrätin Dr. Beate Palfrader

Die Entwicklungen am Lehrstellenmarkt zeigen sich österreichweit regional sehr unterschiedlich. In Tirol besteht dabei seit Jahren ein Überhang an offenen Lehrstellen gegenüber Lehrstellensuchenden. Das hat neben dem teils unreflektierten Drängen in weiterführende Schulen auch mit den demografischen Entwicklungen samt geburtenschwachen Jahrgängen zu tun. Die zahlreichen offenen Lehrstellen belegen jedenfalls nachdrücklich die Bereitschaft der Unternehmen, Lehrlinge auszubilden. Das habe sich laut Narr auch durch Corona nicht geändert. Die Herausforderungen werden künftig gleichwohl nicht weniger werden. Vor allem gehe es laut David Narr darum, das berufspraktische Bildungssystem gesetzlich zu etablieren. Mit dem Meister (Mstr.) als eintragungsfähigem Titel ist ein erster Schritt gemacht. „Der gravierendste Schwachpunkt ist nach wie vor die Schieflage der Lehre gegenüber dem schulisch-universitären System (Schule, Universität, Fachhochschulen). Dort gibt es klare Hierarchien, vorgezeichnete Aufstiegslinien, internationale Anrechenbarkeit und – nach wie vor – akademisches Image.“ Mit einem in sich schlüssigen und gesetzlich fundierten Qualifizierungssystem für die berufliche Bildung würde erreicht, dass sich schulische und berufliche Ausbildungen angleichen: „Das neue Konzept ermöglicht die Entwicklung bis zur höchsten Bildungsstufe. Das bietet eine überzeugende und völlig gleichwertige Alternative zum schulischen Bildungssystem.“ Um die Lehre zu attraktivieren, sieht Narr letztlich sowohl die Eltern als auch die Pflichtschulen in der Verantwortung: „Vor allem in den Gymnasien wird in Sachen Berufsorientierung viel zu wenig gemacht und auch in den anderen Schultypen gibt es noch reichlich Luft nach oben. Viel hängt außerdem vom Engagement und der Objektivität der jeweiligen Lehrperson ab. Man muss jedoch dazu sagen, dass gerade die duale Ausbildung ein so buntes Mosaik an Möglichkeiten bietet, dass es für Eltern und Lehrpersonen nicht einfach ist, den Überblick zu bewahren. Beide Seiten sind gefordert, die zahlreichen Beratungsangebote zu nutzen und einen offenen Zugang zu bewahren.“


eco.wirtschaft

TIROLS LEHRLINGE IN ZAHLEN

3.285

10.666

UNTERNEHMEN

haben 2020 Lehrlinge ausgebildet, 1.969 davon im Gewerbe & Handwerk

LEHRLINGE

waren zum Stichtag 31.12.2020 insgesamt in Ausbildung, davon 7.271 (68 %) Buben und 3.395 (32 %) Mädchen

5.090

465

3.001

LEHRSTELLENSUCHENDE IM JUNI 2021

LEHRLINGE

waren zum Stichtag 31.12.2020 im 1. Lehrjahr in Ausbildung

LEHRABSCHLUSSPRÜFUNGEN 2020

8,4 % haben mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden / 24,3 % haben nicht bestanden

BEIM AMS

gemeldete sofort verfügbare Lehrstellen im Juli 2021, Zusätzlich 1.115 offene Lehrstellen, die nicht sofort angetreten werden können

968

TOP-10-LEHRBERUFE Obwohl in der Tiroler Wirtschaft in ca. 160 Lehrberufen ausgebildet wird, konzentrieren sich fast 60 % der Lehrlinge laut Wirtschaftskammer Tirol auf 10 Lehrberufe: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Einzelhandel Metalltechnik Elektrotechnik Kraftfahrzeugtechnik Installations- und Gebäudetechnik Bürokaufmann/-frau Koch/Köchin Hochbau (Maurer*in) Friseur*in / Stylist*in Tischler*in

Quellen: WK Tirol/Tiroler Lehrlingsstatistik 2020, AMS

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VOM SUCHEN UND FINDEN Corona hat den Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten reichlich durcheinandergebracht. Doch gerade der Lehrstellenmarkt hat sich erstaunlich rasch erholt – vor allem in Tirol. Trotzdem scheint es einen Missmatch zwischen Lehrstellensuchenden und suchenden Unternehmen zu geben. Dennoch stehen die Chancen für eine erfolgreiche Zukunft gut, wenn man ihr mit Offenheit und Flexibilität begegnet. INTERVIEW: MARINA BERNARDI

S 60

chon seit Längerem übersteigt in Tirol die Zahl der beim AMS gemeldeten offenen Lehrstellen jene der Lehrstellensuchenden. Zu mancher Zeit kam auf drei offene Lehrstellen nur ein Lehrstellensuchender und auch wenn Corona für einen Einbruch am Arbeitsmarkt gesorgt hat, so waren im heurigen Juli 968 sofort verfügbare Lehrstellen gemeldet – bei 465 Lehrstellensuchenden. Woran also hakt es, dass junge Menschen keine geeignete Lehrstelle zu finden scheinen bzw. Betriebe keine adäquaten Lehrlinge? „Die Zahl der Jugendlichen, die keine Lehrstelle finden, ist in den letzten Jahren zwar kontinuierlich zurückgegangen, aber trotzdem gibt es sie nach wie vor“, sagt Sabine Platzer-Werlberger, stellvertretende Geschäftsführerin des AMS Tirol. Meist handle es sich dabei um Jugendliche, die Probleme haben – allen voran schlechte Noten im Abschlusszeugnis oder einen negativen Abschluss. „Und dann auch tatsächlich Schwächen in den Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben oder Mathematik. Oft ergänzen den persönlichen Rucksack gesundheitliche Einschränkungen, soziale Schwierigkeiten in den Familien oder Suchterkrankungen, wenn auch selten“, erklärt Platzer-Werlberger. „Das Positive ist, dass wir diese Jugendlichen in unseren Systemen erkennen und ihnen helfen können. Für diese jungen Menschen gibt es die Ausbildungsgarantie des AMS mit unterschiedlichen Angeboten wie der Überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA), die für sehr viele die Starthilfe in eine Lehrstelle in einem Betrieb ist.“ Wir haben mit Sabine Platzer-Werlberger über aktuelle Probleme, aber auch viel Positives gesprochen.

ECO.NOVA: Woran liegt es, dass trotz vie-

ler offener Lehrstellen einige junge Menschen keinen geeigneten Lehrplatz zu finden scheinen? S A B I N E P L AT Z E R WERLBERGER: Viele Menschen glauben, Jugendliche, die heute keine Lehrstelle finden, seien faul und unmotiviert. Doch das stimmt nicht. Ich glaube auch nicht, dass sich die Jugend innerhalb von zehn Jahren

„MAN MUSS DEN KINDERN BEIBRINGEN, DASS ARBEIT S PA S S M A C H E N K ANN UND SOLL UND ES NICHT AL S NOT WENDIGES ÜBEL SEHEN, UM DAS RESTLICHE LEBEN DAMIT ZU F I N A N Z I E R E N .“ S A B INE P L AT ZERWERLBERGER

im kognitiven Bereich großartig verändert hat, doch vielfach hat sich das Umfeld verändert. Es gibt Jugendliche, die erleben im Elternhaus oder auch im schulischen Bereich keine entsprechende Förderung, auch psychische Erkrankungen nehmen zu. Viele Jugendliche kommen aus instabilen Familienverhältnissen. Sie sind weder faul noch unbegabt, ihnen fehlt schlichtweg die Basis.

Hier versuchen wir im Bereich der Sozialarbeit Defizite aufzuholen und den jungen Leuten ein solides Fundament zu geben. Das Konzept der ÜBA funktioniert dabei wunderbar. Diese Lehre ist einer „herkömmlichen“ Lehre in einem Unternehmen gleichgestellt, in 70 bis 80 Prozent der Fälle können wir die Jugendlichen auch entsprechend in die Wirtschaft vermitteln. Natürlich wird es immer Fälle geben, die schwierig bleiben. Manchmal sind 15- oder 16-Jährige auch schlichtweg noch zu jung für den Einstieg in die Arbeitswelt. Sie suchen erst ihren Weg, gehen zuerst in weiterführende Schulen oder probieren verschiedene Dinge aus. Das Lehrantrittsalter wird deshalb immer höher. Den voll motivierten, fitten 15-jährigen Youngster, höflich und gut ausgebildet, den sich die Wirtschaft optimalerweise wünscht, gibt es kaum.

Den „Beruf fürs Leben“ gibt es quasi nicht mehr. Der Arbeitsplatz wird heute häufiger gewechselt als früher, oftmals auch die Branche. Was bedeutet das für die Ausbildung junger Menschen? Ich finde, diese Entwicklung hat auch etwas Befreiendes. Wie soll jemand mit 15 Jahren wissen, was er den Rest seines Lebens machen möchte? So gesehen, bedeutet es für die Jugendlichen deutlich weniger Druck. Nichtsdestotrotz ist es nötig, sich mit Berufsfeldern und der Arbeitswelt zu beschäftigen. Das Wichtigste für eine stabile, erfüllende und nicht zuletzt auch existenzsichernde berufliche Laufbahn ist nach wie vor eine gute, fundierte Grund- und Erstausbildung, die auch abgeschlossen werden sollte. Es ist wichtig, einen Lehrabschluss bzw. anFOTOS: © ANDREAS FRIEDLE


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dere anerkannte Fachabschlüsse vorweisen zu können. Tatsächlich ist das in der Regel der erste Schritt und Einstieg ins Arbeitsleben, auf den meist noch viele Veränderungen und Entwicklungen folgen. Daher ist es in der Grundausbildung essenziell, dass die Fertigkeit, flexibel zu sein, lern- und bildungsbereit und offen, bereits in der Jugend als Arbeitstugend trainiert wird. Eine aktive Berufsberatung und -orientierung beginnt in Österreich in der Regel bei den 12- bis 13-Jährigen. Wir betreuen im AMS Tirol rund 400 bis 500 Schulklassenworkshops jährlich, um eine erste Orientierung zu geben, zeigen aber auch, dass sich daraus nicht zwingend ein stringenter Weg ergeben muss. Der Arbeitsmarkt ist aktuell extrem dynamisch. Die Wechselfrequenz ist hoch. Das hat seine Vorteile, bringt aber auch Hektik in Erwerbsbiografien.

Was wird die aktuell junge Generation konkret brauchen, dass sie sich am Arbeitsmarkt leichter tut? Gute Basiskompetenzen in Lesen, Schreiben, Rechnen – die auch digital kompetent angewandt werden können. Soziale Kompetenzen sind ebenso wichtig: Teamfähigkeit, Organisationstalent, kommunikative Kompetenzen und

auch ein guter Umgang mit sich selbst sowie das Wissen um die eigenen Fähigkeiten. In Österreich haben die jungen Leute viele Möglichkeiten und das ist wichtig. Eine Gesellschaft funktioniert nicht ausschließlich mit Maturant*innen und Akademiker*innen, genauso wenig wie sie es nur mit Arbeiter*innen oder Handwerker*innen tut. Wir brauchen (Hoch-)Schulen und Lehrbetriebe gleichermaßen. Nach wie vor ist Bildung hierzulande noch vererbt. Rund 80 Prozent aller Studierenden haben Akademikereltern. Es geht hier aber nicht nur darum, jedem, der es möchte, ein Studium zu ermöglichen, sondern auch darum, Akademikerkindern aufzuzeigen, dass es daneben auch viele andere Wege gibt. Hier braucht es noch viel Arbeit.

Hat dadurch die Lehre ein Imageproblem bekommen – eben weil Bildung vererbt und die Lehre dadurch mancherorts als „zweitklassig“ angesehen wird? Vielfach ist bei jungen Menschen eine weiterführende Schule die erste Wahl nach der Pflichtschulausbildung. Es gibt tatsächlich das Phänomen, dass sich viele Eltern für ihre Kinder einen schulischen Weg wünschen. Man muss jedoch sehen, dass auch

die Lehre erfolgreiche Karrieren ermöglicht und nicht nur Arbeit bedeutet, sondern auch Ausbildung nicht nur in fachspezifischen Bereichen. Um ausreichend Fachkräfte auszubilden, braucht es unbedingt all diese Angebote – Lehre, HTLs, Kollegs bis hin zu Hochschulausbildungen. Der Mangel aktuell ist nicht nur im Bereich der Lehrberufe akut, sondern zieht sich über mehrere Berufsfelder und Ausbildungsstufen. Wir sehen es als große Stärke der österreichischen Ausbildungslandschaft, dass es duale Ausbildung und ausgezeichnete berufs- und allgemeinbildende Schulen gibt. Was wir momentan spüren, ist die Demografie. Es sind weniger geburtenstarke Jahrgänge, die gerade in die Ausbildungen gehen. Um diese wird regelrecht geworben – was für die Jugendlichen durchaus positiv ist. Letztlich ist die Lehre ein wichtiger Bestandteil und ein zentraler Pfeiler der Tiroler Wirtschaft, der auch immer öfter von Maturant*innen gewählt wird. Ich sehe hier weniger ein Imageproblem, das Handwerk in Tirol hat einen guten Ruf. Von den Sozialpartnern wird viel Imagearbeit in diese Richtung betrieben, um die Vorteile der Lehre aufzuzeigen und die Qualität der Ausbildung weiterzuentwickeln. Für das AMS ist wichtig, dass die unterschiedlichen


CONNECT COMPETENCE

DIE ARBEITGEBERMARKE

„LEHRBERUFE WERDEN GENERELL ANSPRUCHSVOLLER, S P E Z I E L L I M KO G N I T I V E N B E R E I C H .“

Employer Branding – als Arbeitgeber heutzutage ein „Must-have“.

S A B INE P L AT ZER-W ERL B ER GER

Angebote gut genutzt und nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir bekennen uns zu einer Bildungs- und Berufsberatung, die eine breite Palette an Informationen rund um Schule, Lehre, Studium und Beruf anbietet, damit entsprechend den Talenten und Interessen der Beruf gewählt werden kann.

Gibt es nach wie vor „klassische“ Frauen- und Männer-Lehrberufe? Wir versuchen, hier bereits in der Berufsorientierung entgegenzuwirken. Leider tut sich jedoch nur sehr langsam etwas und besonders bei den Lehrberufen ist die Verteilung zwischen Männern und Frauen eklatant. Generell machen circa doppelt so viele Buben wie Mädchen eine Lehre, die Lehre ist also noch extrem männerlastig. Frauen arbeiten dabei nach wie vor großteils in den klassischen Branchen der Dienstleistung, Einzelhandel, Büro, Frisör, Hotel- und Gastgewerbeassistenz; Männer in Handwerk, Produktion, Bau und Gewerbe. Das spiegelt sich in der vorhergehenden Ausbildung wider – und im Gehalt. Der Gender-Pay-Gap beginnt schon in der Lehre. So erhalten zum Beispiel Metalltechniker im ersten Lehrjahr eine höhere Lehrlingsentschädigung als zum Beispiel Frisöre. Das ist natürlich unabhängig vom Geschlecht, aber es zeigt, dass eher „männertypische“ Berufe unterm Strich besser entlohnt werden.

Wie bekommt man diese Stereotypen aufgelöst? Hier geht es vor allem um Rollenklischees, Machtverteilungen und Verteilungskämpfe. In Österreich geht nur die Hälfte der Frauen direkt vom Erwerbsleben in Pension, Frauen bekommen im Schnitt nur die Hälfte der Pension von Männern. Das hat verschiedene Gründe und nicht alle davon sind nachvollziehbar. Wir versuchen am AMS seit Jahrzehnten über Projekte, Information, Role Models oder „Girls‘ Days“ Mädchen zu motivieren, andere Berufe zu erlernen. Der Erfolg ist zwar da, aber bescheiden. Es braucht noch einen viel stärkeren Ansatz, wirklich systematisch ab dem Kindergartenalter gegen diese Rollenklischees anzugehen, den Unterricht in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern didaktisch zu überarbeiten und bewusste Mädchenförderung zu betreiben. Und last, but not least muss wahrscheinlich die Arbeitspraxis in den Betrieben frauen- und familienfreundlicher werden. Wo Frauen beispielsweise in technischen Berufen höchst erfolgreich sind, da ist meist die Firmenkultur eine offene, freundliche und ambitionierte. Aktuell stehen wir bei einer Frauen-Teilzeitarbeitsrate von fast 60 Prozent! Natürlich soll und darf man Familie leben, aber ein zu langes, chronisches Verharren in Teilzeit ist verheerend. Mit welchen Gefühlen schauen die jungen Erwachsenen heute in die Zukunft? Es fällt auf, dass junge Menschen relativ pessimistisch auf die berufliche Zukunft schauen, obwohl

Employer

Branding

Christian Bauer und Ulrike Aigner, Geschäftsführer CONNECT COMPTENCE GmbH

I

n Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels suchen sich nicht mehr Unternehmen ihre Mitarbeiter*innen aus, sondern umgekehrt. Unternehmen bewerben sich bei Mitarbeiter*innen und müssen sich attraktiv präsentieren. Das Employer Branding wird immer wichtiger.

ALS ARBEITGEBER POSITIONIEREN

Mitarbeiter*innen und Talente gewinnen Sie heute nicht mehr durch ein paar schöne Bilder, Worte und Floskeln, sondern ausschließlich durch echte Arbeitgeberattraktivität – nach innen und außen. Dazu benötigen Sie eine starke Arbeitgebermarke. Nur diese hat das Potenzial einer starken Bindungs- und Anziehungskraft. Die Arbeitgebermarke drückt dabei aus, wofür Ihr Unternehmen steht und wofür nicht. Darin bündeln sich alle Eigenschaften, die Arbeit bzw. den Arbeitsalltag bei Ihnen im Betrieb kennzeichnet – von der Gestaltung der Arbeitsbedingungen bis zu den kulturellen Besonderheiten. All das basiert auf Identität, Werte, Kultur und Zielen. Es geht um mehr als eine Zustandsbeschreibung, es geht auch um ein zukunftsorientiertes Bild.

PASSION FÜR EMPLOYER BRANDS

Wir haben nicht nur viele Top-Firmen im Employer Branding erfolgreich begleitet, sondern ganze Regionen in Tirol – darunter die erfolgreichsten Tourismusregionen. Wir reduzieren Employer Branding nicht auf Personalmarketing oder jagen einfach Bewerberpräferenzen nach. Wir gehen weiter. Denn nur wenn Ihr Bild als Arbeitgeber nicht auf Selbstverständlichkeiten beruht und sich unterscheidet, besteht die Chance, eine wirkungsvolle Arbeitgebermarke zu werden. Employer Branding ist ein sehr interdisziplinäres Thema. Daher muss man Unternehmen in ihrer ganzen Komplexität (Werte, Kultur, Organisation, Menschen ...) verstehen. Dazu braucht es Kompetenz, Erfahrung und unternehmerisches Verständnis – darin sind wir Experten. www.connectcompetence.net

PR

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eco.wirtschaft

„ D I E A K T U E L L E J U N G E G E N E R AT I O N IST NICHT ZULE TZT DURCH CORONA VERUNSICHERT UND STREBT MEHR AL S FRÜHER NACH BERUFEN MIT GUTEN ANSTELLUNGSCHANCEN, PL ANBARKEIT U N D S I C H E R H E I T.“ S A B INE P L AT ZER-W ERL B ER GER

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die Arbeitsmarktprognosen für alle, die eine Ausbildung angehen, sehr gut sind. So lesen sich jedenfalls aktuelle Jugendstudien und Befragungen. In der täglichen Beratungspraxis im AMS fällt auch auf, dass der Trend hin zur Work-Life-Balance bei den Jüngeren stärker wird. Aber auch quer durch alle Altersgruppen gibt es den Wunsch, im Arbeitsleben flexibler zu sein und dass Arbeitsfelder von Interesse sind, wo man Sinn findet. Diesen Trend hin zu sozialen Berufen oder Green Jobs gibt es bei den Jungen schon länger, ebenso wie den Wunsch, neben der Arbeit Zeit und Energie für andere Dinge zu haben. Daneben gibt es natürlich sehr karriereorientierte junge Frauen und Männer, die zielstrebig und intensiv arbeiten und dabei überhaupt nicht auf die Uhr schauen. Speziell beim Jobeinstieg werden oft Überstunden gemacht, die nicht verbucht und angegeben werden. Was glauben Sie, motiviert junge Menschen mehr: das Gehalt oder ideelle Aspekte wie Selbstverwirklichung oder das Aufgehen im Beruf? Wir erleben in der Bildungsberatung tatsächlich beides – einerseits den Trend, einen Beruf zu finden, bei dem auch Selbstverwirklichung und Sinn erfahren werden können. Dies hat sich in der Zeit der Lockdowns nochmals verstärkt und tritt sehr häufig im jüngeren und mittleren Erwachsenenalter auf. Es ist nicht selten, dass sich auch Menschen in gut bezahlten, sicheren Jobs überlegen, ob sie

beruflich und im Leben auf dem richtigen Weg sind. Einige satteln um und machen etwa eine Pflegeausbildung, die Ausbildung zum Fitnesstrainer oder nehmen ein Jahr Bildungskarenz. Bei den ganz Jungen gibt es wieder mehr Idealistinnen und Idealisten, die sich für Berufe im Umweltbereich oder im Sozialbereich interessieren und die selten an die Bezahlung nach der Ausbildung denken. Für manche Jugendliche ist das Thema Bezahlung sogar völlig unwichtig. Es gibt aber auch ganz bodenständig Ausgerichtete, die sich genau informieren, wie die Bezahlung sein wird. Beide Ansätze sind völlig legitim – und verändern sich auch im Lauf der Jahre. Manchmal ist es auch eine Frage des familiären Backgrounds. Natürlich sind Jugendliche aus guten, stabilen finanziellen Verhältnissen oft unbeschwerter in der Herangehensweise. Speziell junge Menschen mit gefragten Ausbildungen wie Techniker*innen oder Informatiker*innen haben heute öfters den Anspruch, Arbeitszeit und Einsätze anders zu gestalten als früher. Betriebe stellen sich aufgrund der Mangelsituationen bei Fachkräften zusehends darauf ein und genehmigen beispielsweise Sabbaticals, mehrere Monate unbezahlten Urlaub oder auch flexible Arbeitszeiten wie Teilzeit und Vollzeitphasen im Wechsel und bemühen sich aktiv um ihre Mitarbeiter*innen. Verstärkt – und das freut mich – auch mit dem Angebot, Mütter und Väter bei der Kinderbetreuung zu unterstützen.

Wie hat sich der Lehrstellenmarkt generell in den letzten Jahren verändert? Der Lehrstellenmarkt in Tirol ist an und für sich stabil in den letzten Jahren. Inmitten der Coronakrise ist neben dem Stellen- aber auch der Lehrstellenmarkt eingebrochen. Dieser hat sich jedoch überraschend schnell erholt. Es gibt zwar einen Trend dahin, dass weniger Betriebe Lehrlinge ausbilden, aber wir haben speziell im Vergleich mit anderen Bundesländern ein tolles Angebot an offenen Lehrstellen. Sehr stark ist in Tirol naturgemäß das Angebot in der Gastronomie. Gastro-Lehrbetriebe, aber auch viele andere Branchen haben ein Problem, diese Stellen abzudecken. Ein Grund ist, dass aktuell eben weniger Jugendliche zur Verfügung stehen und das bereits genannte Handlungsfeld in Richtung Pflichtschule: Viele Jugendliche bringen die notwendigen Basisskills nicht mit und müssen diese zuerst bei uns in der ÜBA nachholen, bevor sie in die betriebliche Lehre einsteigen können. Vielleicht wäre eine Verlängerung der Pflichtschule auf zehn oder elf Jahre, wie in anderen Ländern, ein Ansatzpunkt – mit viel Praxis, Berufsorientierung und konkreter Stärkung des Nachwuchses.

In welchen Bereichen sehen Sie am Arbeitsmarkt das größte Zukunftspotenzial? Wir haben in Tirol einen Fachkräftemangel und Bedarf in vielen Branchen. Der Pflege- und Gesundheitsbereich sucht dringend Personal, genauso wie zahlreiche Berufe aus dem Bereich MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Maschinenbau, Mechatronik, Chemie und die verschiedenen Informatik- und IT-Richtungen suchen dringend Personal. Seit Jahren suchen wir Elektroinstallateur*innen, Fachpersonal in der Gastronomie, in Zukunft werden auch wieder Lehrpersonen, Buchhaltungsfachkräfte, Holztechniker*innen oder Umwelttechnolog*innen gefragt sein. Es gibt gute Chancen für die berufliche Zukunft, vorausgesetzt, man bringt eine solide Grundausbildung mit und die Offenheit, immer weiter zu lernen. Auch Betriebe sind bemüht, gute Lehrlinge und Mitarbeiter*innen zu finden und vor allem zu halten, und bieten deshalb viele tolle Chancen. Trotz Corona bietet der Arbeitsmarkt aktuell viele Möglichkeiten, um erfolgreich zu sein. Es ist wichtig, die eigenen Interessen und Kompetenzen zu (er)kennen, um im Beruf letztlich auch glücklich zu werden.


TIROLER VERSICHERUNG

FÜR FRAU TIROLER © TIROLER/ILLMER

Ganze zweihundert Jahre besteht die TIROLER Versicherung bereits und ist damit die erste Versicherung österreichweit. Anlässlich dieses Jubiläums wurde die Initiative „FrauTIROLER“ ins Leben gerufen, um ein solidarisches Zeichen gegen Gewalt und für Chancengleichheit zu demonstrieren.

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inst waren Brände und ihre verheerenden Folgen der Auslöser für die kaiserliche Genehmigung zur Gründung der österreichweit ersten Versicherung in Tirol. 200 Jahre später besteht die TIROLER Versicherung immer noch und wendet sich nun Problemen zu, die mindestens genauso unter den Nägeln brennen. Mit der Initiative „FrauTIROLER“ wird versucht, Aufmerksamkeit als auch Unterstützung für Frauen und Kinder in der Europaregion Tirol zu schaffen. TIROLER-Vorstand Franz Mair spricht sich dabei klar gegen die in vielen Haushalten herrschende Gewalt sowie die spürbare Benachteiligung von Frauen aus: „Hier muss sich im Denken und Handeln noch einiges ändern. Wir nehmen unser Jubiläum zum Anlass, ein Zeichen zu setzen – indem wir die Thematik in den Mittelpunkt unseres Jubiläums und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.“

EINE FRAULICHE FÖRDERUNG

zugute kommen. Um dies möglichst sinnvoll und effektiv zu erreichen, hat sich die TIROLER Versicherung wohl die bestmögliche Unterstützung ins Boot geholt. Eine Fachjury, bestehend aus Vertreterinnen der Opferschutzgruppe Klinik Innsbruck, dem Gewaltschutzzentrum Tirol, der Caritas und der Plattform für offene Jugendarbeit, entscheidet über die Zulassung zur Online-Abstimmung und vergibt 100.000 Euro an Fördergeldern. Doch auch die Bevölkerung soll mitreden können, weshalb die Hälfte der Förderungen über eine Online-Abstimmung vergeben werden soll. Unter frautiroler.info lassen sich Projekte einreichen, die mit der gewählten Problematik zusammenpassen. Nach einer Überprüfung durch die Fachjury werden diese dann für das Onlinevoting freigegeben. Die andere Hälfte wird von der Jury für besonders herausragende Projekte vergeben.

Ganze 200.000 Euro sollen dabei an Projekte vergeben werden, die Frauen und Kinder in der Region Tirol – Südtirol – Trentino

„In Tirol wurden 2021 im Gewaltschutzzentrum Tirol bisher bereits 1.110 Opfer von familiärer Gewalt betreut – ein Großteil

FEIER UND FLAMME

Präsentierten kürzlich die Inititative FrauTIROLER: das Vorstandstrio der TIROLER Versicherung Isolde Stieg (2. v. r.) mit Walter Schieferer (re.) und Franz Mair sowie Marketingleiterin Stefanie Egger (2. v. l.) und Eva Pawlata (Mi.) vom Gewaltschutzzentrum Tirol

davon Frauen und Kinder. Die Gesetze in Österreich sind vorbildlich, die Finanzierung von Opferschutzeinrichtungen jedoch ausbaufähig“, zeigt Eva Pawlata, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol, die Dringlichkeit auf. „Umso mehr ist es von Bedeutung, dass ein Unternehmen wie die TIROLER VERSICHERUNG einen Betrag von 200.000 Euro zur Verfügung stellt, um Chancengleichheit zu fördern und gegen Gewalt aufzutreten.“ Doch es geht um mehr als nur finanzielle Unterstützung. Mit den bunten Plakaten der Kampagne „Feier und Flamme für die Frauen“ soll Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und ein Bewusstsein für diese Problematik geschaffen werden. Denn die TIROLER VERSICHERUNG ist ein Verein auf Gegenseitigkeit – von den und für die Menschen unserer Region. www.tiroler.at PR


eco.wirtschaft

WAS IST MEINE GEMEINDE WERT?

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Im Oktober 2015 trat die so genannte Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 für Gemeinden in Kraft. Was ein wenig kompliziert klingt, ist es in der Praxis auch. Für die eine Gemeinde mehr, für die andere weniger, für jede einzelne ist die Verordnung jedenfalls mit Aufwand verbunden – aber auch mit einem langfristigen Mehrwert. TEXT: MARINA BERNARDI

D

ie Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 – kurz: VRV 2015 – mag keinen sonderlich sexy Namen tragen, hat jedoch durchaus ihren Sinn. Generell verpflichtet sie Länder und Gemeinden seit dem Finanzjahr 2020, entsprechende Voranschläge und Rechnungsabschlüsse zu erstellen. Vereinfacht gesagt, wurden die Haushalte von Gemeinden vorher nach dem Prinzip der Kameralistik geführt, also als Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (wie sie auch andere öffentliche Verwaltungen oder Universitäten führen), die zwar recht einfach zu handhaben, aber unterm Strich recht wenig aussagekräftig ist. Mit der neuen Verordnung

wurde nun ein System analog der doppelten Buchführung von Unternehmen eingeführt. Ist die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung letztlich eine einfache Gegenüberstellung von – dem Namen folgend – Einnahmen und Ausgaben mit einem ausgewiesenen Gewinn oder Verlust am Ende, werden in der doppelten Buchführung sämtliche Vorgänge zweifach, also auf einem Konto und einem Gegenkonto, gebucht. Es wird einerseits erfasst, auf welchem Konto die Bewegung stattfand – etwa auf dem Bankkonto oder der Kasse – und auf der anderen Seite, wofür dieses Geld verwendet wurde – zum Beispiel zum Kauf von Maschinen oder Waren oder den Fuhrpark. Außerdem kennt die

Kameralistik keinen Wertverlust, auch als Abschreibung bekannt, geht man doch davon aus, dass jeder gekaufte Gegenstand durch Gebrauch mit der Zeit an Wert verliert. Man kennt das im privaten Bereich vom Auto, Selbiges gilt im Unternehmen zum Beispiel auch für Gebäude, Inventar oder Geräte wie Computer und Drucker und bei Gemeinden weiterführend zudem für Straßen oder Infrastrukturen. Und hier wird’s nun knifflig. Um einen Wertverlust zu ermitteln, muss man zuerst den Wert der Dinge kennen. Das war für Gemeinden bis dato nicht verpflichtend zu erfassen, weil man in der kameralistischen Haushaltsrechnung schlichtweg keine Vermögensbuchhaltung brauchte.


© TOM BAUSE

eco.wirtschaft

Kurzum: Das tatsächliche Vermögen von Gemeinden war bis zum Jahr 2020 vielfach unbekannt, weil niemand sich darüber Gedanken machte bzw. machen musste. Eine doppelte Buchführung jedoch verlangt eine Eröffnungsbilanz, in der all diese Werte zahlenmäßig abgebildet sind. Die Gemeinden standen mit Eintritt der Verordnung nun vor der Aufgabe, ihr Vermögen zu sichten, zu erfassen … und es zu bewerten. Das stellte vor allem jene Gemeinden vor Herausforderungen, die dafür tatsächlich bei null beginnen mussten. Über 150 davon hat die GemNova, die 2010 vom Tiroler Gemeindeverband als Dienstleistungsunternehmen für Gemeinden gegründet wurde, begleitet – unter anderem in Person von Christoph Carotta und Georg Hochfilzer: „Vor allem kleine Gemeinden mit zwei, drei Mitarbeitern waren mit dieser Aufgabe überfordert. Den Vermögens-Ist-Stand einer Gemeinde zu bewerten ist nicht einfach, wenn man überhaupt keine oder nur wenige Daten zur Verfügung hat. Viele Finanzverwalter konnten auch mit dem Prinzip der doppelten Buchführung nichts anfangen. Hier konnten wir als GemNova unsere Ressourcen und unser Know-how zur Verfügung stellen – einerseits, um die Vermögenswerte überhaupt erst zu erfassen, und andererseits, um die geforderten Voranschläge und Rechnungsabschlüsse zu erstellen und die Gemeindeverantwortlichen entsprechend zu begleiten,

„IN DEN GEMEINDEN WIRD EIN BEWUSSTSEIN DAFÜR GESCHAFFEN, W O F Ü R M A N S E I N G E L D A U S G I B T, U N D D E R UMGANG WIRD EIN ACHTSAMERER, WEIL DIE UNMIT TELBAREN AUSWIRKUNGEN IM H A U S H A LT S I C H T B A R W E R D E N .“ M A RIO REME S , F IN A NZ V ERWA LT ER DER M A RK T GEMEINDE WAT T EN S

um sie dann quasi in die Selbständigkeit zu entlassen.“

GEBÄUDE, INFRASTRUKTUR, KUNST

Die Dimension der Vermögenserfassung und -bewertung von Gemeinden wird dann deutlich, wenn man sich bewusst macht, welche Bereiche davon umfasst sind. Nämlich alle. „Die meisten denken dabei an das Gemeinde- und Feuerwehrhaus, die Schulen oder Grundstücke. In der Folge stellen sich Fragen nach dem Sportplatz, dem Schießstand, Musikpavillon oder Denkmälern, nicht zu vergessen sämtliche Infrastrukturen wie Straßen, Wege oder Brücken“, sagt Hochfilzer. Diese Bestandsaufnahme macht nicht nur Arbeit, sie hat auch ihren Nutzen. „Gemeinden sehen damit schwarz auf weiß, wie es um ihr Vermögen steht und wofür sie Verantwortung tragen“, so Hochfilzer. Die meisten Gemeinden schätzten ihr Vermögen übrigens niedriger ein, als es tatsächlich ist, weil in der Tat auf den ein oder anderen Bestand schlicht „vergessen“ wurde. Für die Bewertung wurde von Steuerberater Prof. Dr. Helmut Schuchter, MBA Klaus Kandler im Auftrag der GemNova und der KufGem in Absprache mit dem Land Tirol

ein Leitfaden erarbeitet, an dem man sich „entlanghangeln konnte“, wie es etwa Mario Remes, Finanzverwalter von Wattens, bezeichnet. Die Marktgemeinde hatte den Vorteil, dass vorausschauenderweise schon zahlreiche Vermögensdaten vorhanden waren, dennoch gab es viel zu tun. Remes gibt einen kleinen Einblick: „Grundstücke zum Beispiel bewertet man nach dem so genannten Grundstücksrasterverfahren. Die Basis dafür bildet eine vom Finanzamt erstellte Auflistung über die verschiedenen Grundstückspreise. In Zusammenarbeit mit dem Bauamt lassen sich außerdem die Besitzverhältnisse der einzelnen Grundstücke ausheben und folglich jene Flächen, die der Gemeinde gehören. Auch Straßen müssen Abschnitt für Abschnitt begutachtet, ihr Alter und Zustand bewertet werden. Daraus ergibt sich der jeweilige Quadratmeterpreis (für eine neue Asphaltstraße übrigens rund 72 Euro netto), der entsprechend hochgerechnet wird. Zu diesen großen Brocken kommen Büromaterial, Computer, Autos, Mopeds, Lagerbestände … also alles, was nicht direkt über externe Aufzeichnungen herangezogen werden kann.“ Auch Kunstund Kulturgüter: „Wenn man den ungefäh-

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eco.wirtschaft

„GEMEINDEN WUS S TEN BISHER INFORMELL , WELCHE WERTE SIE BESASSEN, NUN WIRD DAS SACHVERMÖGEN EXPLIZIT AUFGELIS TE T UND DIE FINANZIERUNG N A C H V O L L Z I E H B A R .“ G E O R G H O C HF IL Z E R , G E MN O VA

68 ren oder sogar genauen Preis eines Kunstgegenstandes weiß, zum Beispiel über ein Schätzgutachten, nimmt man diesen auf, wäre die genaue Kostenschätzung ein zu großer Aufwand, gibt es den Posten der so genannten ‚nicht bewerteten Kulturgüter‘. Wichtig ist, dass sämtliche Güter jedenfalls erfasst werden“, so Remes. All diese Werte finden sich im Vermögenshaushalt wieder. Dieser ist einer von drei Teilbereichen des Gesamthaushaltes. Gab es früher mit der Kameralistik einen Ein-Komponenten-Haushalt, also DEN Haushalt, so besteht dieser nun aus drei Teilen: dem Ergebnishaushalt (der Gewinn- und Verlustrechnung), dem Finanzierungshaushalt (der Cashflow-Rechnung, einer Übersicht über die Geldflüsse, sowohl Ein- als auch Ausgänge) und dem angesprochenen Vermögenshaushalt (quasi die Bilanz mit Anlage- und Umlaufvermögen, Eigen- und Fremdkapital). Jeder der einzelnen Haushalte ist in sich geschlossen und dennoch greifen alle ineinander. Und hierin besteht die nächste Crux: Viele Finanzverantwortlichen in Gemeinden mussten das neue System in seinen Grundzügen erst verstehen lernen. „Mit der neuen Verordnung mussten also die Vermögenswerte erfasst und bewertet werden, und gleichzeitig wurde

man mit einem neuen buchhalterischen System konfrontiert, das zusätzlich Aspekte wie Rückstellungen oder Abschreibungen beinhaltet. Ich selbst bin Bilanzbuchhalter und habe lange in einer Bank gearbeitet. Mir ist das also nicht fremd, aber viele Finanzverwalter haben teils Jahrzehnte nur nach der Kameralistik gearbeitet. Für sie ist es eine enorme Umstellung. Es ist sehr komplex geworden“, so Remes. Diese Komplexität birgt unter anderem die Gefahr für Missinterpretationen. Stellte man früher einfach die Einnahmen den Ausgaben gegenüber und erhielt ein Ergebnis, das besagt, man erzielte entweder einen Gewinn, mit dem man im nächsten Jahr zum Beispiel Investitionen tätigen konnte (was gut ist), oder einen Verlust, weil man zu viel ausgegeben bzw. zu wenig eingenommen hatte und folglich wenig bis keinen finanziellen Spielraum hat (was nicht gut ist), so ist das Zahlenwerk heute wesentlich vielschichtiger – damit zwar auch aussagekräftiger, braucht jedoch ein (buchhalterisches) Grundverständnis. Grundstücke zum Beispiel sind ein beachtlicher Vermögenswert, können aber oft nicht verwertet werden, weil sie bebaut sind – mitunter mit der örtlichen Schule oder auch Straßen. Dieses Vermögen ist dann zwar

vorhanden, aber gebunden und damit nicht in Geld ummünzbar, sollte man zum Beispiel Kapital für Investitionen benötigen. Schwierig wird es auch beim Thema der Abschreibungen. Jedes Gut verliert über die Jahre zumindest buchhalterisch an Wert. Asphaltierte Straßen werden zum Beispiel über 33 Jahre hinweg abgeschrieben (stehen also nach 33 Jahren unabhängig von ihrem Zustand mit null Euro in der Bilanz), Immobilien im Schnitt über 50 Jahre, Maschinen nach weitaus geringerer Laufzeit. „Für Gemeinden hat das den Vorteil, dass Abschreibungen eine Art Radarsystem darstellen, wann bestimmte Güter ersetzt werden und Investitionen getätigt werden sollten, weil man davon ausgeht, dass die Abschreibungs- quasi mit der Nutzungsdauer gleichgesetzt ist. Das gibt Planungssicherheit und die Möglichkeit, entsprechende Rücklagen zu bilden. Auf der anderen Seite sind Abschreibungen ein Kostenfaktor, der zwar nicht direkt bezahlt wird, aber trotzdem durch Einnahmen kompensiert werden muss, um positiv zu bilanzieren“, so Remes. Der Voranschlag der Marktgemeinde Wattens weist für das Finanzjahr 2021 zum Beispiel planmäßige Abschreibungen von fast vier Millionen Euro auf. Obwohl die abgeschriebenen Gegenstände (Gebäude, Straßen, Inventar etc.) trotzdem noch vorhanden und mengenmäßig nicht weniger sind, fällt ihr buchhalterischer Wert, der durch Einnahmen auf der anderen Seite ausgeglichen werden muss. Das war früher kein Thema und bedürfe deshalb so mancher Erklärung, so Remes. Auch im Gemeinderat. Trotz aller Mühen erkennen die Gemeinden durchaus Vorteile am neuen System, resümieren Georg Hochfilzer und Mario Remes gleichermaßen. Remes: „Anfangs werden neue Dinge oft mit Skepsis betrachtet, doch nach einiger Zeit wird vermutlich nur mehr im neuen System gedacht werden und das alte Vergangenheit sein. Auch wenn es gerade in den ersten Jahren ein aufwändiges Verfahren ist, so schafft es eine breite Informationsbasis, mit der man nachhaltig erfolgreich arbeiten und Handlungsempfehlungen ableiten kann.“ Auch Hochfilzer sieht darin ein wertvolles Planungsinstrument: „In den Gemeinden findet seit geraumer Zeit ein Umdenken statt, dass man Geld nicht einfach wahllos ausgeben kann. Mit dem neuen Haushalt werden Gemeinden wie Unternehmen geführt und das ist gut so. Die Zahlen bieten gute Grundlagen für künftige Entscheidungen.“


eco.wirtschaft

TIROLS GEMEINDEN IN ZAHLEN Zahlen 2020 KUFSTEIN

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2.315.484.352 Euro Gesamterträge aller Tiroler Gemeinden

2.278.952.396 Euro Gesamt-Aufwendungen aller Tiroler Gemeinden

Das Finanzjahr 2020 ergab einen Überschuss der Erträge über die Aufwendungen in Höhe von rund 36,6 Millionen Euro und erbrachte somit in Summe landesweit ein positives Nettoergebnis im Ergebnishaushalt.

40

Jahre beträgt die Nutzungsdauer für Hallenbäder.

2.500

Euro netto betragen die durchschnittlichen Neubaukosten pro Quadratmeter Stahlbetonbrücke.

128 BIS1.011

Euro kostet eine Kanal-Druckleitung pro Laufmeter je nach Material und Bodenoberfläche.

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Gemeinden in Tirol davon 271 mit weniger als 10.000 Einwohnern

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Einwohner zählt Tirols kleinste Gemeinde Gramais

2.478.453.430 Euro Einzahlungen

2.422.407.976 Euro Auszahlungen

Das Finanzjahr 2020 ergab einen Überschuss der Einzahlungen über die Auszahlungen in Höhe von rund 56 Millionen Euro und erbrachte somit in Summe landesweit ein positives Ergebnis im Finanzierungshaushalt.

1.900

Euro betragen die durchschnittlichen Investitionskosten für einen Breitbandanschluss. Zwischen 60 und 80 % davon fließen in den Tiefbau.

12.752.423.020 Euro Bilanzsumme (Aktiva & Passiva) im Vermögenshaushalt.

Quelle: Gemeindefinanzbericht 2021, VRV-2015-Leitfaden des Landes Tirol

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WIRTSCHAFTSKAMMER

ZEIT ZU HANDELN 70

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ohl kaum eine Berufsgruppe liegt in wirtschaftlichen Dingen derart am Puls der Zeit wie die Handelsagenten. In so gut wie jeder Branche kommen sie zum Einsatz und kennen sich dementsprechend gut aus. Sie stehen an vorderster Front, sind mitten im Geschehen und haben deshalb eine gute Sensorik für den Markt. Die Auswirkungen der Krise haben sie stark zu spüren bekommen – im Negativen wie im Positiven. Denn gerade in Krisenzeiten wurde ihre risikominimierende Funktion von vielen Unternehmen geschätzt. „Jetzt gibt es die Chance, sich neu zu erfinden und die Marktumstellung so schnell wie möglich erfolgreich zu meistern“, erklärt Obmann KR Robert M. Hieger. Mit dem diesjährige Handelsagententag – kurz HAT – möchte er diese positive Entwicklung fördern und somit die Wirtschaft stärken.

EIN TAG IM DIENST DER WIRTSCHAFT

Nach einem Jahr Pause kann am 17. September nun wieder getagt werden. Mit einem neuen und abwechslungsreichen Programm sollen dabei nicht nur Handelsagenten angesprochen werden, sondern auch Unternehmen, die sich nach neuen Vertriebspartnern umsehen möchten. Neben österreichischen Handelsagenten und Unternehmen werden auch Vertreter aus Deutschland, Südtirol und der Schweiz erwartet. Dies soll den grenz-

© ANDREAS FRIEDLE

Mit der Ausrichtung des bereits achten Handelsagententages möchte die Tiroler Wirtschaftskammer ein besonderes Zeichen setzen. Es soll wieder bergauf gehen – mit vollem Schwung und neuen Partnern.

KR Robert M. Hieger, Obmann des Bundesgremiums der Handelsagenten

überschreitenden Handel fördern und zugleich die Möglichkeit zur Erschließung neuer Absatzmärkte bieten. Den ganzen Tag über werden Inhalte geboten, die informieren, inspirieren, weiterbilden und – vor allem – die Leute zusammenbringen.

VOLLES PROGRAMM

Das Programm des HAT steht dieses Jahr ganz unter dem Motto Aufbruch. Das wirtschaftliche Treiben soll wieder an Schwung gewinnen und Unternehmer wagen, neue Wege zu gehen. Zugleich soll aus dem Erlebten gelernt werden, um auch in Zukunft krisenfest zu bleiben. Auf diese Botschaft

hin abgestimmt wurde auch der diesjährige Gastredner ausgewählt: Skisprunglegende Toni Innauer, einer der renommiertesten Keynote-Speaker im deutschsprachigen Raum, gibt Tipps, wie man auch in schwierigen Zeiten den Kopf oben behält und Krisen mit einem erfolgreichen Mindset nachhaltig meistert. Das nächste große Highlight des HAT findet gleich im Anschluss statt: die Eröffnung der ersten Tiroler Vertretungsbörse. Diese soll allen Teilnehmern die Chance geben, neue Geschäftskontakte zu knüpfen sowie bestehende Geschäftsbeziehungen zu pflegen und zu vertiefen. Dabei wurde von Anfang an über die eigenen Landesgrenzen hinausgedacht. Hieger weiß: „Die DACH-Region mit Südtirol zählt zu den wirtschaftlich stärksten Regionen der EU.“ Mit solch einem Potential muss gearbeitet werden. Eine gute Vernetzung über eine Vielzahl von Handelsagenten kann hierbei von entscheidendem Vorteil sein. PR

8. TIROLER HANDELSAGENTENTAG Freitag, 17. September 2021 von 9:30 bis 18 Uhr in der Wirtschaftskammer Tirol. Der Eintritt ist kostenlos, um Anmeldung bei Mag. Peter Huber (05 90 905-1407 oder peter.huber@wktirol.at) wird gebeten.


weiberwirtschaft.at

200 Jahre feiern wir fraulich. Mit 200 000 EURO für Kinder- und Frauenprojekte. Mehr Informationen unter frautiroler.info Sicher sind wir weiblich.


ZUKUNF

bildung & innovation

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Zwischen Verantwortung und Sorge Seit zehn Jahren erhebt Deloitte mit dem „Global Millennial and Gen Z Survey“*) die Stimmung unter jungen Menschen weltweit. Die zentrale Erkenntnis der neuen Ausgabe: Nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie glaubt die Mehrheit der Jungen, dass sich die Gesellschaft bei Themen wie Klimakrise und Ungleichheit an einem Scheideweg befindet. Fast die Hälfte hat außerdem das Gefühl, dass ihre Arbeitgeber*innen nicht genug zur Unterstützung ihres psychischen Wohlergehens während der Pandemie getan haben. Deloitte hat heuer dafür rund 23.000 junge Menschen weltweit – davon 500 in Österreich – zur aktuellen Lebensund Arbeitssituation befragt. Die Angehörigen der Millennials und Generation Z wollen demnach gerade wegen der Gesundheits- und Klimakrise mehr denn je Verantwortung übernehmen, um gesellschaftliche Veränderungen hin zu mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit voranzutreiben. Sie richten Konsum- und Karriereentscheidungen an ihren persönlichen Werten aus und erwarten von Unternehmen sowie Politik, dass konkrete Taten gesetzt werden. Auf der anderen Seite steigt die Unsicherheit über die persönliche finanzielle Zukunft. Auch das Thema Stress ist in diesen Krisentagen allgegenwärtig. Etwa ein Drittel hat durch pandemiebedingte Ängste sogar eine Auszeit von der Arbeit genommen. Allerdings gab fast die Hälfte dieser Gruppe ihrem Arbeitgeber nicht den wahren Grund für die Abwesenheit an. Wichtig sei demnach (und zwar generell), in Unternehmen ein offenes und inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen und eine Umgebung, die das Wohlergehen und die persönliche Entfaltung der Mitarbeitenden unterstützt. *) Millennials wurden zwischen Jänner 1983 und Dezember 1994 geboren, die Generation Z zwischen Jänner 1995 und Dezember 2003


eco.zukunft

BUCHTIPP

DU SOLLST ERFINDEN MIT KIDS ZUR ARBEIT

FÜR EINE OFFENE GESELLSCHAFT Ein Team an der Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin (Direktorin: Bettina Toth) der Medizinuni Innsbruck führt(e) unter der Leitung von Oberärztin Katharina Feil die Fragebogenstudie iTransQol über die Lebensqualität von Trans*personen unter Hormontherapie durch. Ziel ist, deren persönliches Wohlbefinden und damit die Lebensqualität langfristig zu verbessern. Derzeit werden rund 300 Transfrauen und -männer aus ganz Österreich in Tirol betreut. Generell beo­ bachtet Feil, dass die Zahl der Menschen, die sich als trans* verstehen, zunimmt. Sie führt das auf einen offener werdenden Umgang der Gesellschaft zurück, dennoch sei noch viel zu tun: „Trans*personen sind noch sehr viel Diskriminierung ausgesetzt, sehr häufig auch von medizinischem Personal.“ Die Hormontherapie könne indes zu mehr Akzeptanz beitragen. Denn „wenn die äußere Erscheinung mit dem Auftreten übereinstimmt, werden die Betroffenen von der Umwelt anders wahrgenommen“, erklärt die Medizinerin. Ein Fragebogen-Durchgang habe zudem gezeigt, dass sich die Lebensqualität der teilnehmenden Trans*personen sukzessive gesteigert hat, nachdem sie mit der Hormontherapie begonnen haben und damit erste körperliche Veränderungen sichtbar wurden. „Wir haben versucht, alles was die Lebensqualität ausmacht – soziale Komponenten von der Interaktion mit der Familie oder am Arbeitsplatz bis zu Mobbing und gesundheitlichen Komponenten – zu erfassen. In Zukunft wünschen wir uns, dass der Fragebogen bei jedem Patient*innenkontakt ausgefüllt wird, damit wir den Verlauf besser beurteilen können“, erklärt Feil.

Mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind immer noch einer der Hauptgründe für die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Vor allem Frauen gehen dem Arbeitsmarkt dadurch vielfach verloren. Immer mehr Betriebe setzen deshalb auf eine eigene Tagesbetreuung für die Kinder ihrer Mitarbeiter*innen. Wie die CURA COSMETICS GROUP in Innsbruck, die vor über einem Jahr unter Mithilfe des Vereins „Frauen im Brennpunkt“ eine eigene betriebliche Kinderbetreuung initiierte und damit zum Vorzeigemodell wurde. Seit Juni ist Carolina Guiñazú ausgebildete Betriebstagesmutter für Kinder vom Babyalter bis 14 Jahre im Curalino, die Rückmeldungen sind durchwegs positiv. We like!

„ARBEITE KLUG, N I C H T H A R T.“ HUGH LAURIE ALS DR. GREGORY HOUSE

Avi Jorisch, edition | mena-watch 194 Seiten, EUR 19,90 Israel ist bekannt als erfolgreiches Innovationsland. Kein Land der Welt zählt mehr Hightech-Starups pro Kopf. Autor Avi Jorisch, Unternehmer und Nahost­experte, stellt in diesem Buch eine Reihe bemerkenswerter israelischer Innovationen vor, die Milliarden Menschen weltweit zugutekommen, und geht der Frage nach, warum israelische Erfinder*innen, Entdecker*innen und Reformer*innen aller Glaubensrichtungen so daran interessiert sind, die Lebensbedingungen der Menschheit zum Besseren zu wenden.

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Bernhard Hollaus (technische Projektleitung, MCI) und Christian Raschner (Leiter Olympiazentrum Tirol)

GUTE KNIEBEUGE, BÖSE KNIEBEUGE

> 1.700 Trotz herausfordernder Zeiten beweisen die Tiroler Mut zum Gründen. Exakt 1.746 Neugründungen wurden im ersten Halbjahr 2021 verzeichnet. Die anfängliche Krisen-Schockstarre scheint einer Jetzt-erst-recht-Mentalität gewichen zu sein. Mit einem Anteil von 44,1 Prozent dominierte laut der aktuellen Gründerstatistik der Wirtschaftskammer Österreich im Spartenvergleich wieder das Gewerbe & Handwerk, gefolgt von Handel und Information & Consulting. Die Gründerdynamik liegt damit wieder auf hohem Niveau und zeigt sich überraschend krisenresistent.

Professionelle Skirennfahrer*innen müssen sich regelmäßigen Fitnesstestungen unterziehen, um ihre Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Ein wesentlicher Bestandteil davon sind Kniebeugen, die richtig (und „gültig“) ausgeführt werden müssen. Das war bisher nicht so einfach zu überprüfen. Nun haben Forschende am Department für Medizin-, Gesundheits- und Sporttechnologie am MCI eine neue Methode entwickelt, die diese Krafttestungen der Athleten vereinfacht. Der herkömmliche Testaufbau von 15 Minuten wird dadurch auf eine Minute reduziert. Gerade in Hinblick auf das Training für die Olympischen Winterspiele 2022 in China bietet dies einen wichtigen Mehrwert für das österreichische Skiteam. Möge es helfen!


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EMPLOYER BRANDING – SEIN VS. SCHEIN Die schlechte Nachricht zuerst: Der wahre Fachkräftemangel – jener, der Unternehmen handlungsunfähig macht – kommt erst noch. Als Arbeitgeber müssen Sie sich bei Ihren zukünftigen Mitarbeiter*innen bewerben und nicht umgekehrt. Wer jetzt nicht lernt, die verkehrte Welt zu verstehen und ehrlich mit sich selbst zu sein, wird in Zukunft keine qualifizierten Mitarbeiter*innen mehr finden. 74

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eit einigen Jahren ist das Thema Employer Branding in aller Munde. Google spuckt bei der Suche danach 112.000.000 Ergebnisse aus. Tausende Seiten mit Erklärungen, Tipps, Anleitungen und Empfehlungen. Rund um das Kernthema, wie eine attraktive Arbeitgebermarke – so die vereinfachte Definition von Employer Branding – geschaffen werden kann, fallen Fachbegriffe wie Employer Value Proposition, Cultural Fit, Corporate Identity, Purpose, Positioning, Unique Employer Proposition, Work-Life-Balance, Recruiting, Candidate Experience und, nicht zu vergessen, das Homeoffice. Ich möchte Ihnen nicht erklären, was Employer Branding ist, was es kann und Sie es in Ihrem Unternehmen nutzen können. Das würde einerseits den Rahmen sprengen, andererseits gibt es dazu mehr oder weniger gute Off- und Onlineinformationen in Hülle und Fülle. Ich möchte Ihnen aber einen Einblick geben, was wirklich essenziell ist und was Sie unterlassen sollten.

V O N T O M S TA D L M E Y R

Viele Unternehmen streben danach, von allen Seiten perfekt auszusehen: von vorn, von hinten, von links, von rechts, von oben, von unten. Nur nicht von innen.

Für mich beginnt die Attraktivität eines jeden Unternehmens – wie auch bei Menschen – in ihrem Innersten. Ich habe die letzten zwei Jahrzehnte Unmengen an Leitbildern, Visions- und Missions-Statements und Über-uns-Beschreibungen gelesen, die wenig bis gar nichts mit den jeweiligen Unternehmen und deren Führungen zu tun hatten. Selbst in zahlreichen von mir durchgeführten Markenworkshops

wussten manche Unternehmer*innen keine befriedigende Antwort auf die Frage „Wer bin ich und warum?“ Das „Was“ hingegen war in blumigen Schilderungen aus dem Stand heraus verfügbar. Hier wurden die Schwächen des Zugangs zum eigenen Unternehmen deutlich. Was ich damit sagen will? So wie Menschen den Bezug zu ihrem Innersten verlieren, wenn sie sich zu stark mit dem Außen beschäftigen, so tun das auch Unternehmen und deren Führungskräfte. Das führt in der Regel dazu, dass viel Energie und Geld in die Verpackung investiert wird – oft unabhängig davon, ob das Produkt (also das Unternehmen) auch wirklich halten kann, was es verspricht. Wahres Employer Branding findet auf der emotionalen Ebene statt und trifft im besten Fall mitten ins Herz. Mögen die Vorteile, auf die man in der rationalen Kommunikation setzt, noch so vielversprechend sein: Unser Bauchgefühl entscheidet darüber, ob wir das Vermittelte auch glauben (wollen). Warum das so ist? Wir haben in den letzten Jahrzehnten gelernt, dass wir immer seltener das bekommen, was uns versprochen wird. Der McDonalds-Effekt ist wohl die bekannteste Form dessen, was uns Konsument*innen bildlich perfekt vermittelt wird und was wir tatsächlich bekommen. Wir haben uns an diesen Zustand leider derart gewöhnt, dass unser Bauchgefühl rebelliert, wenn etwas zu gut aussieht oder zu gut klingt. Wir sind es einfach nicht mehr gewohnt, dass es jemand ehrlich mit uns meint, uns nicht belügt und uns (s)eine Geschichte glaubhaft vermittelt. Und schon gar nicht mit jenem Herzblut, das uns zumindest daran glauben ließe, dass es doch wahr sein könnte. WYSIWYG (what you see is what you get) sollte nicht nur im Desktop-Publishing der Maßstab sein, sondern auch in


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SO WIE MENSCHEN DEN BEZUG ZU IHREM INNERSTEN VERLIEREN, WENN SIE SICH Z U S TA R K M I T D E M A U S S E N BESCHÄF TIGEN, SO TUN DAS AUCH UNTERNEHMEN UND DEREN FÜHRUNGSKRÄF TE. Ihrem Unternehmen. Spätestens dann, wenn Sie sich um passende Mitarbeiter*innen bemühen.

AUTHENTIZITÄT ODER DIE KUNST DES UNGEKÜNSTELTEN

Um authentisch sein zu können, müssen wir nach innen schauen und uns öffnen. Wir müssen uns selbst gegenüber ehrlich sein und erkennen wollen, welche Schwächen uns (wahrscheinlich ein Leben lang) begleiten. Sich nur auf seine Stärken zu konzentrieren, ist die größte Schwäche, die wir haben können. In vielen Unternehmen ist dies häufig anzutreffen. Gerade wenn es darum geht, andere von sich zu überzeugen. Dann wird alles auf Hochglanz gebracht, was nicht schon vorher von selbst glänzte. Man holt sich die Besten, um das perfekte Bild zu erhalten, um andere zu beeindrucken und sein Idealbild in einen passenden Rahmen zu setzen. Waren es früher Boticelli, da Vinci und Dürer, die das perfekte Bildnis für ihre Auftraggeber geschaffen haben, so sind es heute die Werber, die Marketer und die Personalvermittler, die Unternehmen den notwendigen Glanz verleihen. Allesamt Spezialisten, die mit ihrer Kunst ein Idealbild schufen und schaffen. Dabei kommt es – häufig dem Kundenwunsch geschuldet – zu sehr einseitigen „Kunst-Werken“, die auf den ersten Blick zwar mächtig Eindruck machen, aber mehr der Romantik oder dem Surrealismus als dem Realismus zuzuordnen sind. Gustave Courbet, der Schöpfer des Realismus, sprach von der Verpflichtung der Kunst zur Wahrheit. Diese Wahrheit der unverzerrten Darstellung der Wirklichkeit ist aus meiner Sicht der Inbegriff von Authentizität. Das Künstliche ist tot, es lebe die Authentizität.

MEHR SEIN, WENIGER SCHEIN

Wer andere täuscht, täuscht sich selbst! Und verliert dabei jenes Vertrauen, das er so gerne für sich und sein Unternehmen hätte. Und dennoch wird viel Geld und Energie in Kampagnen gesteckt, die so professionell sind, dass damit zwar Werbepreise, aber nicht die Herzen derer gewonnen werden, die man damit erreichen will. Vor allem nicht auf Dauer. Vor allem nicht mehr heute. Vor allem nicht mehr in Zukunft.

ZUR PERSON Tom Stadlmeyr ist Unternehmer, Essenzialist und Auf-den-Punkt-Bringer. Er beschäftigt sich mit dem Weglassen von Unwesentlichem.

www.tomstadlmeyr.com

TUN UND LASSEN 1. V ersprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Alle Mühen und Investitionen verpuffen, wenn Ihr Unternehmen wortbrüchig wird. Überlegen Sie sich gut, was sie wie kommunizieren, und nehmen Sie Versprechen nicht auf die leichte Schulter. Werden Sie zum verlässlichen Partner für ihre Mitarbeiter*innen und jene, die es vielleicht bald sein könnten.

2. T arnen und täuschen Sie (sich) nicht. Wer mit sich selbst ehrlich umgeht, dem fällt es auch leicht, Kritik nicht nur zu ertragen, sondern auch einzufordern. Zeigen Sie Ihrer Belegschaft, dass es sich lohnt, ehrlich zu sein, und belohnen Sie das mit wohlwollender Anerkennung. Jedes Feed­back zählt und die unangenehmen Rückmeldungen sind meist am wertvollsten. 3. Vermeiden Sie Worte ohne Taten. Ankündigungspolitik ist eine frustrierende Disziplin und hat keinen Platz in einer wertschätzenden Unternehmenskultur. Wer Vorhaben mit großen Worten viel Raum gibt, muss auch liefern können. Die „Hätte-hätte-Fahrradkette-Gleichung“ besteht immer aus denselben Möglichkeitsformen. Könnte, würde und hätte sollen.

4. Versuchen Sie nicht, andere zu kopieren. Eine Unternehmenskultur kann man sich nur erarbeiten, aber nicht kopieren. Selbst wenn Sie sich bei Benefits, internen Strukturen und Gehältern an erfolgreiche Mitbewerber*innen anpassen, bleiben Sie dennoch eine Kopie. Sie müssen Ihre Positionierung suchen und finden. Daran führt kein Weg vorbei. Authentisch heißt auch einzigartig. 5. B estimmen Sie die Werte nicht allein. Wenn sich Ihre Mitarbeiter*innen in der Beschreibung der Unternehmenskultur wiederfinden sollen, muss diese auch gemeinsam entwickelt werden. Bottom-downLösungen nach dem Motto „So will es der Chef/die Chefin haben“ gehen gar nicht. Genauso wenig wie scheinbare Abkürzungen zum Ziel.

6. Ohne Kultur eine Agentur engagieren. Bevor Sie eine Marketingagentur mit einer Kampagne beauftragen, muss Ihre Unternehmenskultur entwickelt und fest integriert sein. Sonst laufen Sie Gefahr, wieder nur eine schöne Verpackung zu liefern, die nach dem Öffnen einen eher enttäuschenden Inhalt preisgibt. 7. Wehren Sie sich nicht gegen externe Bewertungen. Nutzen Sie Bewertungsplattformen, Zertifikate und Auszeichnungen. Je mehr Sie sich wehren, desto größer wird Ihr Schmerz. Reden Sie offen mit Ihrer Belegschaft und tun Sie alles dafür, um Glaubwürdigkeit und Vertrauen herzustellen. So gewinnen Sie bei Bewerber*innen und ihren Mitarbeiter*innen.

8. Unterschätzen Sie die benötigten Ressourcen nicht. Employer Branding ist keine Einzeldisziplin, sondern funktioniert nur als Gesamtpaket. Bevor Sie halbherzige Aktivitäten setzen, lassen Sie es lieber bleiben. Damit investieren Sie maximal in Ihre eigene Beruhigung, aber nicht in Ihr Unternehmen. Und schon gar nicht in Ihre bestehenden und zukünftigen Mitstreiter*innen. 9. Machen Sie es nicht komplizierter als es ist. Reden Sie nicht um den heißen Brei. Sagen Sie, wie es ist, und konzentrieren Sie sich dabei auf das Wesentliche. Kein pseudokreativer Marketing-Sprech, keine Ablenkungen. Einfach, ehrlich, auf den Punkt. Im Idealfall so, wie Ihr Unternehmen ist oder sein kann, wenn Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben.

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FOTOS: © ANDREAS FRIEDLE

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ALGO-RHYTHMISCH „Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden“, befand Carly Fiorina bereits im Jahr 2009. Damals war sie Chefin von Hewlett-Packard und sie sollte recht behalten. Nur: Was tun mit all den Daten? Zum Beispiel können sie uns als Grundlage für Personalentscheidungen dienen. INTERVIEW: MARINA BERNARDI

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anchmal mag es etwas verwirrend anmuten, uns überraschen oder erstaunen, in wie vielen Bereichen Algorithmen bereits ihre Rolle spielen. Begriffe wie Big Data oder Künstliche Intelligenz (KI, gerne auch als Artificial Intelligence – AI – bezeichnet) sind kaum mehr aus unserem Leben wegzudenken. Wir sind mittendrin im Zeitalter der Digitalisierung. Im Privaten und beruflich sowieso. Ob wir wollen oder nicht.

Aufnahme des neuen Mitarbeiters in die Workforce zu digitalisieren und in weiterer Folge bestehende Mitarbeiter zu beobachten, zu begleiten und weiterzuentwickeln. „People Analytics“ ist der Fachbegriff dazu, ein Consulting-Terminus ohne wirklich adäquate deutsche Übersetzung, weshalb man ihn direkt aus dem Englischen übernommen hat. Vereinfacht gesagt lassen sich dabei aus den unterschiedlichsten Daten unter Zuhilfenahme von Algorithmen Hand-

Unternehmen sammeln heute die unterschiedlichsten Daten. Die wenigsten davon wissen diese allerdings zweckmäßig für sich zu nutzen. Ein großer Datenpool allein hilft indes relativ wenig, wenn man keine konkreten Fragestellungen hat, auf die diese Fülle an Datenmaterial Antworten geben kann. Jäger und Sammler zu sein, macht jedoch nur dann Sinn, wenn man seine Eroberungen nicht einfach nur in die Höhle schafft, sondern auch etwas damit macht. Ein erlegtes Mammut macht nicht satt, indem man es anstarrt. Firmen, die hingegen etwas mit den generierten Daten anzufangen wissen, eröffnen sich im Umkehrschluss jede Menge Möglichkeiten – im Bereich des Personalmanagements zum Beispiel. Dabei geht es weniger um das Spiel Mensch oder Maschine, sondern um ein kluges Miteinander. Selbst wenn Computer oder algorithmisierte Systeme vieles leisten können, den Menschen werden sie nicht gänzlich ersetzen können. Sollen sie auch nicht. Dr. Anna Schneider beschäftigt sich am Institut für Organisation und Lernen der Universität Innsbruck unter anderem mit der Digitalisierung des Personalmanagements. Dabei geht es im Groben darum, den Personalbereitstellungsprozess vom Ausschreiben der offenen Stelle bis zur

„FÜR MICH ERFOLGT EINE PERS ONALENTSCHEIDUNG IMMER IM SOZIALEN KO N T E X T, A U C H WENN DIE INFORM AT I O N E N D A Z U DURCH EIN ALGORITHMISIERTES SYSTEM GEWONNEN W E R D E N .“

JÄGER UND SAMMLER

ANNA SCHNEIDER

lungsempfehlungen ableiten. „Während im klassischen Personalmanagement Entscheidungen auf qualitativen Daten und deren Interpretation aufbauen, stützt sich das digitale Personalmanagement auf große Datenmengen, die als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stehen“, erklärt Schneider und ergänzt: „Mir ist aber wichtig zu betonen, dass die Entscheidungen selbst in der Regel immer noch von einem Menschen getroffen werden müssen.“ Hier setzt auch ihre Forschung an: Wie gehen Personen im Personalmanagement mit den Informatio-

nen um, die sie aus diesen großen Datenmengen erhalten.

DIGITAL - BOOST

Vor allem in den vergangenen fünf bis sieben Jahren hat der Bereich von Tools und Instrumenten in Bezug auf die Digitalisierung von Geschäftsprozessen einen regelrechten Boost erlebt und dabei auch vor dem Thema des Personalmanagements nicht Halt gemacht. Für uns Menschen ist es mit der Zeit immer schwieriger geworden, diesen Pool an generierten Daten sinnvoll zu erfassen und daraus die essenziellen Informationen herauszufiltern. Dafür werden heute algorithmisierte Softwaresysteme verwendet. In der Folge geht es nun darum, diese Informationen entsprechend einzuordnen. „Neben der technischen Debatte, wie man zu diesen Informationen kommt, ist es aus meiner Sicht viel wichtiger, im Sinne einer soziotechnischen Debatte darüber zu sprechen, was wir Menschen mit diesen Informationen machen“, sagt Schneider. Ein vor allem in den USA beliebtes System ist „IBM Watson“, ein KI-basiertes Computerprogramm und People-Analytics-System, das auf drei Datenpools zurückgreift: händisch erstelltes Material aus den jeweiligen Personalabteilungen, digitale Spuren, die jeder Mitarbeiter im Unternehmen hinterlässt (E-Mails oder besuchte Websites auf dem Firmencomputer), sowie externe Daten etwa aus den Social Media. Aus diesem riesigen Datenpool können die unterschiedlichsten Prognosen abgeleitet werden, zum Beispiel, ob ein Mitarbeiter vor hat, in näherer Zukunft zu kündigen. Erfasst werden können einzelne Abteilungen, Mitarbeitergruppen bis hinunter zur individuellen Ebene jedes Einzelnen. Das mag nun selbst für Digital Natives sehr spooky klingen und ist es auch, wes-

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halb man diese Informationen nicht einfach für sich alleine stehen lassen kann. Abgesehen davon, dass so manches in Europa von Rechts wegen oder im Sinne der Datenschutzgrundverordnung nicht erlaubt ist. Zum Beispiel dürfen keine E-Mails von einzelnen Mitarbeitern eingesehen, auf aggregierter Ebene jedoch können die Informationen sehr wohl genutzt werden. „Entscheidend ist nicht, was die Systeme grundsätzlich können, sondern wie Firmen damit in ihren Geschäftsprozessen umgehen“, so Schneider. Laut einer Untersuchung von Peter Kels (Hochschule Luzern Wirtschaft) und Uwe Vombusch (Fernuniversität Hagen) mit dem Titel „People Analytics im Personalmanagement: Auf dem Weg zur automatisierten Entscheidungskultur?“ anhand zweier explorativer Unternehmensfallstudien zeigt sich, dass Unternehmen übrigens nur sehr wenig davon nutzen, was die Systeme eigentlich könnten. Und das sehr bewusst und in der Regel unabhängig vom Datenschutz. In beiden Firmen etwa hatte der Betriebsrat ein starkes Mitspracherecht, welche Auswertungen genutzt werden dürfen, und dies auch den Mitarbeitern klar kommuniziert. Die

durch Algorithmen generierten Informationen sind also im Allgemeinen nur ein Teil einer gesamtheitlichen Entscheidung. Das ist auch für Anna Schneider ein wichtiger Aspekt. Wir haben sie in der SOWI besucht.

ECO.NOVA: Personal- und Mitarbeitermanagement war bis dato neben rationalen Entscheidungen mit Emotion und Bauchgefühl verknüpft. Nehmen Algorithmen zukünftigen Entscheidungen den menschlichen Aspekt? ANNA SCHNEIDER: Ich sehe eher das Gegenteil. Die aktuelle Transformation im Personalmanagement ist vor allem eine, die Routinearbeit wegnimmt und dadurch zu einer Art humanen Transformation führt, weil dadurch Ressourcen frei werden, um sich intensiver mit den Mitarbeiter*innen zu beschäftigen. Was Personalmanager*innen lernen müssen, ist, aus den generierten Informationen Handlungen abzuleiten. Ein Beispiel: IBM Watson sagt voraus, Mitarbeiter XY wird in den nächsten zwölf Monaten wahrscheinlich kündigen. Das Entscheidende ist nun nicht, ob das System Recht hat und der Mitarbeiter wie vorhergesagt tatsächlich kündigt, sondern die Frage ist: Wie geht das Personalma-

nagement mit dieser Information um? Lässt man jenen, die ein hohes Risiko haben, zu kündigen, mehr Training zukommen, gibt ihnen neue Projekte oder eine Gehaltserhöhung oder lässt man diese Gruppe außen vor und fördert stattdessen jene, die eher im Unternehmen bleiben möchten? Wenn Sie nun jene fokussieren, die kündigen wollen, und diese trotzdem kündigen, haben Sie intern ein Rechtfertigungsproblem, weil Sie gegen das System gearbeitet haben. Wenn Sie hingegen jenen mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen, die ohnehin bleiben wollten, fördern Sie im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung vielleicht erst recht die Kündigungstendenzen jener, die bereits vorselektiert wurden. Damit bringt man sich als Personaler*in in ein Dilemma, das einem kein Algorithmus abnehmen kann. Was kann und soll sinnvollerweise die Aufgabe solcher Algorithmen sein, damit man nicht Gefahr läuft, nur mehr Stereotypen im Unternehmen zu produzieren? Um Stereotypen zu vermeiden, sind wir wieder an dem Punkt, wie Entscheider*innen mit den vom System ausgewerteten Daten umgehen. Man muss sich im Klaren darü-


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„MASCHINEN UMWEHT DER GEIST DER O B J E K T I V I TÄT. D O C H D A S S T I M M T N I C H T.“ ANNA SCHNEIDER

ber sein, dass ein Auswahlverfahren nicht objektiv ist. Es war es nie und wird es nie sein. Wir haben die Tendenz, zu glauben, dass durch algorithmisierte Entscheidungshilfen absolute Objektivität Einzug hält, weil sämtliche Informationen in Zahlen gegossen werden. Unterm Strich kann die Mitarbeitersuche meines Erachtens aber nie objektiv sein. Sie ist aber auch nicht zufällig und das ist das Wichtige dabei.

Wenn die Mitarbeitersuche weder objektiv noch zufällig ist, was ist sie dann? Wenn Sie mich fragen, ist die Mitarbeitersuche eng mit der Unternehmenskultur verknüpft und damit mit den Werten und Normen, die im Unternehmen gelebt werden. Eine Eigenschaft von diesen Werten und Normen ist, dass sie von denen, die schon lange im Unternehmen sind, als selbstverständlich wahrgenommen werden. Und das

macht die Sache schwierig. Wenn jemand von außen kommt, muss man innerhalb des Unternehmens damit anfangen, sich zu vergegenwärtigen, welche Werte einen ausmachen und welche man vermitteln möchte. Das ist oft mühsam und nicht ganz einfach, weil mitunter schmerzhaft. Oft wird diese Notwendigkeit auch nicht erkannt. Viele leben zwar nach diesen Werten, können sie aber nicht artikulieren. Wenn ich aber wissen möchte, wer zu mir passt, muss ich als Unternehmen wissen, wer ich bin. Bedeutet algorithmenunterstützte Personalsuche das Ende der Diskriminierung? Das Thema der Diskriminierung ist sehr heikel. Letztlich ist jede Personalselektion immer eine Form der Diskriminierung, weil man anhand verschiedener Kriterien und Parameter aussortiert. Problematisch wird es dann, wenn anhand von Eigenschaf-

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ten ausgewählt wird, die nichts mit dem Job oder den Qualifikationen zu tun haben. Ob ich eine Frau bin, sagt erst einmal nichts darüber aus, ob ich eine gute Finanzvorständin bin. Ein Algorithmus schützt aber nicht vor Diskriminierung, wie etwa das Beispiel eines großen Onlinehändlers gezeigt hat: Jahrelang wurden dort Mitarbeiter durch einen eigens programmierten Algorithmus ausgewählt, dessen Trainingsdaten auf vergangenen Einstellungsdaten basierten. Die Einstellungsentscheidungen der Vergangenheit waren jedoch unbewusst bereits diskriminierend, nämlich Frauen und Schwarzen gegenüber. Das Setting hat diese Daten übernommen und in algorithmisierter Form dieselben Ergebnisse geliefert. Wichtig ist also, reflexiv auf diese Auswahlergebnisse zu schauen und sie auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Beim Thema Diskriminierung sind dererlei Systeme Fluch und Segen

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mehr zu vertrauen als unserem subjektiven Empfinden. Vielleicht auch, weil es einfacher ist, bei einer Fehlentscheidung dem Computer die Schuld geben zu können, als sie bei sich selbst zu suchen. Selbst bei einem persönlichen Gespräch mit einem Bewerber können die computergenerierten Zahlen, Daten und Fakten ein stärkerer Anker sein als die soziale Situation. Dieses Spannungsfeld des professionellen Auswählens kreiert außerdem bis zu einem gewissen Grad einen Mangel an guten Bewerbern. Je spezifischer ich versuche auszuwählen und je stärker ich versuche, die noch bessere Person zu finden, desto kleiner wird der Kreis an potenziell richtigen Bewerbern. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, zu Beginn einen relativ großen qualifizierten Bewerberpool zu generieren.

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gleichermaßen. Sie sind ein Segen, weil sie tatsächlich emotionslos an Entscheidungen herangehen und viel mehr Informationen über eine Person miteinbeziehen. Das Problem jedoch ist, dass man die Entscheidungen schwer bis gar nicht mehr nachvollziehen kann und sie, wenn bereits die zugrunde liegende Datenbasis diskriminierend ist, diese Tendenz verstärken können.

Künstliche Intelligenz wird immer mehr Thema. Wenn sich Computer quasi selbst nach vorne lernen, wer trägt letztlich die Verantwortung für Entscheidungen? Aus meiner Sicht ist es schwierig, die volle Verantwortung an eine Maschine abzugeben. Hier liegt auch ein Stück weit die Herausforderung für Personaler*innen: Nämlich, dass man sich nicht selbst obsolet macht, indem man sich gänzlich auf ein Computersystem verlässt und sich damit selbst aus der Verantwortung nimmt. Das ist nicht der Sinn und auch qua definitionem falsch. Folgt man der klassischen BWL-Definition des Managers, so ist dies jemand, der Entscheidungen unter Unsicherheit trifft. Wenn er das nicht (mehr) macht, ist er ein Verwalter oder Auswähler. Bei allen Prozessen muss bereits im

Vorfeld definiert werden, wie man automatisierte Entscheidungsgrundlagen ethisch, rechtlich und auch gesellschaftlich vertreten kann. Hinzu kommt, dass wir auf Grundlage von Daten bei Prognosen immer nur mit Korrelationen, also Zusammenhängen zwischen Daten, arbeiten können, nicht aber mit Kausalitäten, also Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung. Ein Beispiel: People Analytics könnte aufzeigen, dass Personen, die in den letzten drei Jahren gekündigt haben, statistisch signifikant brünette Haare hatten. Aus dieser Korrelation lässt sich jedoch keine Kausalität ableiten, das wäre abstrus. Niemand wird deshalb kündigen, weil er brünettes Haar hat. Zur Interpretation und Einordnung braucht es folglich ein tiefes Verständnis der vorliegenden Daten und dazu braucht man Menschen.

Wenn ich immer nur auf der Suche nach dem Besten bin, kann es passieren, dass ich dabei den fachlich Zweitbesten, der aber persönlich viel besser ins Unternehmen passt, übersehe? Auch hier kann ein algorithmisiertes System zum Fluch werden. Wir Menschen neigen dazu, vermeintlich objektiven Fakten bei wichtigen Entscheidungen

Diese neue Art des Personalmanagements wirkt sich nicht nur auf Unternehmen aus, sondern auch auf die Mitarbeiter und Bewerber. Wie gehen diese damit um? Dafür muss man sich die Frage stellen, warum Unternehmen überhaupt derartige Systeme verwenden. Firmen greifen nicht nur unternehmensgetrieben zu solchen Tools – zum Beispiel HireVue, eine digitale Plattform für Einstellungsgespräche, die Bewerber anhand verschiedenster Parameter analysiert –, sondern auch, weil es der Markt verlangt. Früher war es üblich, Bewerbungsunterlagen postalisch zu schicken. Das gibt es heute nicht mehr. Die neue Generation an Bewerbern wartet darauf, von Firmen auf jenen Kanälen angesprochen zu werden, wo sie sind. Auch der Bewerbungsprozess soll ihrer Lebensrealität möglichst nahe kommen, dazu gehört eben, derartige Tools zu verwenden. Insofern ist es gerade bei internationalen Konzernen Teil des Bewerbungsprozesses.

Ist diese Art des digitalisierten Personalmanagements auch für Tiroler Unternehmen relevant, die in der Regel Klein- und Mittelbetriebler sind? In Tirol sind solche Systeme in der Tat noch wenig im Einsatz, eben wegen der Kleinstrukturiertheit. Manche wissen gar nicht, dass es solche Tools gibt, anderen fehlen die entsprechenden Budgets. Einen derartigen Prozess inhouse abzubilden, ist natürlich sehr kostenintensiv. Zum Großteil ist auch einfach der Bedarf – noch – nicht gegeben, weil gerade kleinere Unternehmen oft gar nicht die Reichweite brauchen, sondern sehr zielgerichtet suchen. Vielfach kommen auch Personalberater zum Einsatz, damit wird die Digitalisierung des Selektionsprozesses ein Stück weit ausgelagert.


© ISTOCKPHOTO

IV TIROL

Die Industriellenvereinigung Tirol und die Sparte Industrie der Wirtschaftskammer haben gemeinsam das Positionspapier „Wieder aufwärts“ entwickelt und leisten damit einen positiven Beitrag zum Wirtschaftsstandort.

WIEDER AUFWÄRTS MIT DER TIROLER INDUSTRIE Die Industriellenvereinigung und die Sparte Industrie der Wirtschaftskammer präsentieren ihr Programm für den Industriestandort Tirol.

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ie Industrie – mit 23 Prozent der Wirtschaftsleistung der größte Wirtschaftssektor in Tirol – hat sich in der Coronakrise als stabilisierender Faktor erwiesen. Sie braucht aber auf dem Weg zurück zu alter Stärke unterstützende Rahmenbedingungen. In einem Positionspapier haben die Industriellenvereinigung (IV) Tirol und die Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Tirol zusammengefasst, was es jetzt braucht, um die großen Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen und dabei Arbeit und Wertschöpfung im Land zu erhalten. Es ist ein Programm für die Industrie und die arbeitenden Menschen im Land, ein Programm für alle, die an den Wirtschaftsstandort Tirol glauben und positiv in die Zukunft blicken.

KLIMAWANDEL AKTIV GESTALTEN

„Der notwendige Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität gelingt nur gemeinsam mit der Wirtschaft. Die Lösungen liegen in neuen Technologien, in Forschung und Entwicklung und vor allem auch in der Nutzung der Energiequellen im eigenen Land“, stellt dazu IV-Präsident Christoph Swarovski bei

der Präsentation des Positionspapiers bei Landeshauptmann Günther Platter fest. Die Industrie erwartet sich schnellere Verfahren beim Ausbau der heimischen Wasserkraft, die Umsetzung einer Tiroler Wasserstoffstrategie, Unterstützung der Unternehmen durch die Behörden bei der Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen, die Ausnutzung der EU-Programme und die Erstellung einer Tiroler Kreislaufwirtschaft-Strategie unter Einbindung der Industrie als Partner.

BILDUNG FÜR DIE ZUKUNFT DER JUNGEN MENSCHEN

So wie in anderen erfolgreichen Wirtschaftsregionen soll auch in Tirol MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) einen besseren Stellenwert in der Aus- und Weiterbildung bekommen. Die IV Tirol hat dafür eine Tiroler MINT-Strategie initiiert und gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitet. Zur Umsetzung braucht es eine eigene Koordinationsstelle, die sich voll und ganz dieser Aufgabe widmen kann. Dem Thema Bildung ist ein großes Kapitel im Positionspapier gewidmet. Die Vorschlä-

ge reichen von der Bedeutung der Lehre bis zum Ausbau der internationalen Bildungsangebote.

DIE VERWALTUNG ALS PARTNER

Die Unternehmen gehen den Weg der Digitalisierung und erwarten, dass sich die Verwaltung zu einem modernen Partner der Wirtschaft und der Menschen weiterentwickelt. Als Vision wird etwa formuliert, dass der Bürger jederzeit Einsicht hat, was mit seinem Akt gerade passiert, wo das Verfahren steht und was die nächsten Schritte sind. In einen Standortcheck sollen zudem alle Maßnahmen des Landes auf ihre Wirtschaftsverträglichkeit überprüft werden. „Um die zukünftigen Herausforderungen mit der Vielzahl an notwendigen Verfahren, besonders auch bei den Investitionen in den Klimaschutz, bewältigen zu können, braucht es schnellere Verfahren und die Verwaltung als Unterstützung. Verzögerungen können wir uns im Sinne der Unternehmen und des Klimaschutzes nicht leisten“, stellt dazu der Obmann der Sparte Industrie, Max Kloger, fest. PR

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WUNDERWAFFE KREATIVITÄT Kreativität gilt als Wunderwaffe des Menschen gegen die Macht der Maschinen. Die können zwar schneller analysieren, sich mehr merken und dank vieler Hightech-Funktionen auch gleichzeitig mehr wahrnehmen, doch der Mensch kann „out of the Box“ denken. Menschen können Zusammenhänge selbst in vermeintlich unzusammenhängenden Situationen erkennen und Dinge neu kombinieren. Kurzum: Wir Menschen haben selbständig Ideen und das ist der gravierendste Unterschied zu einer Kuh oder eben einer Maschine. T E X T : T O M J A N K , K R E AT I V L A N D . T I R O L

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reativität wird immer wichtiger. Zum einen wird das Produzieren in unseren Gefilden immer teurer, ergo: Ideen werden hierzulande in Zukunft wichtiger sein als Produkte. Zweitens wird die Welt immer komplexer. Die wichtigste Aufgabe von Kreativität ist es, die Dinge einfacher zu machen. Folglich werden kreative Jobs sichere Jobs sein. Arbeiten, deren Prozesse sich wiederholen lassen, werden indes immer schneller durch „Automaten“ ersetzt. Der kreative Geist kann (noch) nicht maschinell ersetzt werden. Und letztlich hilft Kreativität gegen das Denken in Problemen. Wenn wir zu einer wohltätigen Institution gingen und um Mittel für die Bekämpfung von Aids bitten würden, bekämen wir wahrscheinlich einen Zuschuss. Wenn wir darum bitten würden, Wissenschafter*innen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, das menschliche Denken zu verbessern, hätten wir eher keinen Erfolg. Denn was nicht als Problem wahrgenommen wird, dem widmen wir in der Regel keine Aufmerksamkeit. Lange wurden etwa Erdbohrungen vertikal vorgenommen, bis ein schlauer Kopf meinte, ab einer gewissen Tiefe solle man die Bohrung doch horizontal weiterführen. Das Ergebnis: Heute ist dies ein Standardverfahren, das drei- bis sechsmal effektiver ist. Warum hatte dieses Verfahren niemand vorher erfunden? Weil niemand ein Problem damit hatte. Kreatives Denken funktioniert anders als Problemlösungsdenken. Es ist beobachtend, stellt Dinge in Frage, ohne dass diese bis dato ein Problem waren. Das stört den vermeintlichen Frieden, kommt ungefragt und erscheint den Menschen deshalb oftmals unnötig. Doch wir werden dieses kreative Denken immer stärker und bewusster einsetzen müssen, wenn wir nicht stagnieren, sondern wachsen wollen.

DAS PROBLEM DER SPEZIALISTEN

Kreativität ist eine sehr junge Disziplin und per se eine Möglichkeitswissenschaft. Sie befasst sich mit den Strukturen, in denen Ideen besser entstehen können. Das Problem: Wenn wir über die Qualitäten von Möglichkeiten reden, ist das den Spezialisten zu unkonkret. Die Sache aber ist die: Zu Beginn können Möglichkeiten quasi qua definitionem gar nicht konkret sein. Gute Kreative sind somit Spezialisten der Ungewissheit und ihre zentrale Frage ist: Wie geht Gewohntes anders? Das macht Spezialisten in Unternehmen nervös, denn die sind es gewohnt, dass Zahlen und Fakten ihre Welt bestimmen.

DAS PARADOXON IN DEN UNTERNEHMEN Der Druck, bei der Arbeit eher produktiv als kreativ zu sein, wächst. Gleichzeitig ist bewiesen, dass kreative Unternehmen produktiver sind. Kreative Prozesse funktionieren jedoch anders als viele lineare Geschäftsprozesse, die permanent optimiert, beschleunigt und effizienter gemacht werden (können). Der Ideenprozess ist nichtlinear und beinhaltet alles, was das Controlling eines Unternehmens generell ablehnt: mehr Zeitaufwand, vermehrt Diskussion, inhomogene Gruppen, Zusatzbudgets und das Risiko des Scheiterns. Nun ist es leicht zu sagen, dass Kreativität eine wichtige Transformationskraft und ein wesentlicher Bestandteil einer Organisation ist, aber ihre Förderung ist eine ganz andere Sache: Als das Weltwirtschaftsforum 2019 in Davos zu Ende ging, setzten sich Cisco-Chief-PeopleOfficer Francine Katsoudas, Niels B. Christiansen, CEO der Lego Group, C. Vijayakumar, CEO und Präsident von HCL Technologies, und Ideo-CEO Tim Brown mit Stephanie Mehta, Chefredakteurin von Fast Company, zusammen und diskutierten darüber, wie eine Organisation geschaffen werden kann, die die menschliche Kreativität wirklich nutzt. Die einfache Antwort, auf die sich alle vier einigen konnten: die Notwendigkeit reibungsloser und autonomer interner Teams. Zusammengenommen waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass unabhängig von der Branche im Laufe der Zeit ein zunehmender Bedarf an neuen und undefinierbaren Fähigkeiten bestehen wird oder wie es Niels B. Christiansen ausdrückte: „Wir kennen 80 Prozent der (zukünftigen) Jobrollen nicht. Ich garantiere Ihnen, dass wir ein größeres Bedürfnis nach Kreativität haben werden.“

ZUKUNFTSFAKTOR KREATIVITÄT

Bereits eine Forrester-Studie* von 2014 zeigte auf: Kreativere Unternehmen erreichen einen größeren Marktanteil und eine führende Position im Wettbewerb. Die Umfrage ergab, dass kreative Unternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine dominierende Marktstellung mit einem höheren Marktanteil verzeichnen als ihre Mitbewerber. Unter den Unternehmen, die sich als Marktführer positioniert sehen, ist die Anzahl der kreativen Unternehmen um den Faktor 1,5 größer als die der weniger kreativen Mitbewerber. Kreativere Unter* Die Kreativitätsdividende: Wie sich Kreativität auf die Geschäftsergebnisse auswirkt, Forrester 2014/Adobe

S C HON IMMER WA REN E S DIE K RE AT I V EN, DIE DIE W ELT N AC H VORNE GEBR AC H T H A BEN – NIC H T S ELT EN GEGEN DEN W IDER S TA ND DER P R AGM AT IK ER .

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nehmen gewinnen außerdem mehr Anerkennung als begehrter Arbeitsplatz und Unternehmen, die Kreativität fördern, erzielen im Vergleich zu Mitbewerbern ein außergewöhnliches Umsatzwachstum. 58 Prozent der Befragten, die in ihren Unternehmen nach eigenen Aussagen Kreativität förderten, erreichten ein Umsatzwachstum von mindestens zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Gegensatz dazu konnten nur 20 Prozent der weniger kreativen Unternehmen einen vergleichbaren Erfolg vorweisen. Letztlich gedeiht Kreativität mit Unterstützung der Führungsebene. Unabhängig von der Art des Geschäfts oder der Branche zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass Führungskräfte Programme zur Förderung von Kreativität finanziell und strategisch unterstützen sollten. Hierzu gehören die frühe Einführung neuer Strukturen und Technologien sowie die Schaffung neuer Kundenerlebnisse, die Bindungen aufbauen und die Markentreue verstärken. Trotz der wahrgenommenen Vorteile von Kreativität betrachten sich 61 Prozent der Unternehmen übrigens als nicht kreativ. In der Umfrage unter Businessentscheidern gaben nur elf Prozent an, dass ihre Strategie perfekt mit jenen Unternehmen übereinstimmt, die bereits als kreativ gelten. Die Mehrheit (51 %) betrachtete sich als neutral oder gab zu, sich nicht an kreativen Unternehmen zu orientieren. Zehn Prozent sahen ihre Strategie

sogar als das Gegenteil von dem, was kreative Unternehmen tun.

KREATIVITÄT ALS KONKRETES GESCHÄFTSZIEL

Die meisten Unternehmen etablieren Standard-Geschäftspraktiken und Strategien rund um Hard- und Software-Upgrades, Mitarbeiterschulungen oder um die motivierende Gestaltung von Innenräumen und Außenanlagen. Nachdem designgeführte Innovation bereits auf dem Vormarsch ist, wird nunmehr der Aspekt der Kreativität zu einem wesentlichen Erfolgstreiber in den Unternehmen. Und so setzen viele Betriebe dahingehend neue Prioritäten, führen Prozesse ein und stellen Budgets bereit. Als die Teilnehmer der Forrester-Studie nach ihren Ansichten zu Kreativität befragt wurden, gaben sie unisono an, dass Kreativität als einer der wichtigsten Schlüsselfaktoren für den Unternehmenserfolg betrachtet wird. Unternehmen, die an der Studie teilnahmen, beschrieben die möglichen Investitionen dafür als einfache Maßnahmen wie das Festsetzen von Zielen sowie die Entwicklung von Methodik und Prozessen, die mehr Kreativität ermöglichen. Die Förderung von Kreativität kann auch aufwendiger sein und beispielsweise Investitionen in disruptive Technologie oder Early-Adopter-Programme bedeuten. Jens Uwe Meyer, Vordenker und Keynote-Speaker für Innovation und


T R O T Z DER WA HR GENOMMENEN VOR T EIL E VON K RE AT I V I TÄT BE T R AC H T EN S IC H 61 P R OZEN T DER UN T ERNEHMEN ÜBRIGENS A L S NIC H T K RE AT I V. Digitalisierung, beschreibt das in seinem Buch „Kreativ trotz Krawatte“ schon 2011: In den meisten Unternehmen herrschen vorgefertigte Abläufe. Mit diesen standardisierten Prozessen werden auch neue Mitarbeiter konfrontiert: Dem Bewerbungs- und Einstellungsprozess folgt der Einarbeitungsprozess, es gibt Weiterbildungs-, Bewertungs- und Beförderungsprozesse, der Produktionsprozess regelt genau, wer was wie in der Fertigung zu tun hat, ein Evaluierungsprozess stellt sicher, dass die Qualität immer gleichbleibend hoch ist, und so weiter. Manager haben gelernt, Prozesse zu entwickeln, zu optimieren und zu kontrollieren, Regeln aufzustellen, Schnittstellen zu identifizieren und die Prozesseffektivität zu messen. In fast allen Bereichen eines Unternehmens macht das auch Sinn. Nur in einem nicht: Kreativität.

KREATIVE PROZESSE SIND ANDERS

Alles immer schneller und mit weniger Ressourcen zu machen. Dazu haben sich auch die „Ideeologen“, eine der führenden Agenturen für Innovationsmanagement und Innovationsberatung, Gedanken gemacht und die Prozesse in Unternehmen durchleuchtet. Die Erkenntnis, die sie zum Beispiel bei Kirsten D. Sandberg von der Harvard-Universität gefunden haben: Das Streben nach schlanken Abläufen hat viele Unternehmen dazu veranlasst, die Stillstandszeiten aus menschlichen Prozessen herauszunehmen. Was wir Stillstandszeiten oder ungenutzte Kapazität bei einer Maschine nennen, könnte beim Menschen mit Denkzeit oder Inkubationszeit gleichgesetzt werden. Dem Management großer Unternehmen fehle es an Verständnis für den Ablauf kreativer Denkprozesse. Manager denken in klassischen Produktionsprozessen. Diese jedoch seien fundamental anders als kreative Denkprozesse: Diese Prozesse sind linear, eindeutig und vorhersehbar. Wir können sie anfassen, analysieren und verbessern, indem wir Zeit und andere Ressourcen verbessern. Zeit ist Geld. Weniger ist mehr: Je kürzer ein Prozess dauert, desto mehr Geld verdient man. Ein Gedanke jedoch entstammt häufig einem nichtlinearen, unterbewussten oder sogar zufälligen Prozess und die Natur der Transformation kann jedes Mal stark variieren. Die US-Wissenschaftler Alan G. Robinson und Sam Stern haben in mehreren hundert Unternehmen geniale Ideen auf ihren Ursprung zurückverfolgt. In jedem Unternehmen, das sie untersucht haben, haben

HERR ROBINSON AUF DER INSEL DER KREATIVITÄT Gutes Denken führt oft ein Inseldasein. Dort leben nicht viele und die kommen selten vom Fleck. Zeit, die Rettungsrufe zu hören und geistig anzulegen.

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006 hielt Sir Ken Robinson (britischer Autor, Kunstprofessor und international geachteter Berater) bei der Innovationskonferenz TED eine mittlerweile 70 Million Mal aufgerufene Rede über Kreativität: inspirierend, äußerst amüsant und zukunftsweisend – schon damals, zu einer Zeit, als noch nicht einmal das iPhone erfunden war. Seine Conclusio: Die Welt braucht ausgeprägte, diverse kreative Kräfte, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Dazu braucht es wiederum nicht viel: nur andere Schulen, eine andere Fehlerkultur und eine andere Gewichtung der Wirtschaftsdominanten. Jetzt, 15 Jahre später, spüren wir, wie wichtig es wäre, wenn es das alles schon gäbe. Wir spüren aber auch, dass wir diese Vision von Technologie, Kreativität und Gestaltung mit der Vision von Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit verbinden müssen. Kurzum: Wir benötigen die Transformationskräfte möglichst vieler kreativer Menschen. Denn alles hängt zusammen und Kreative sind eine Crossover-Branche: Sie befeuern in der Regel andere Unternehmen – mit ungewöhnlichen Lösungsansätzen, neuen Perspektiven, zukunftsweisenden Design- und Produktideen. Das Problem dabei: Kreativität per se ist nicht sichtbar, erst das Ergbnis wird es. Das ist unter anderem auch der Grund, warum Kreative und kreative Prozesse weniger wertgeschätzt werden, als wir das gerne hätten: Denn allein für gutes und neues Denken bekommt man in der Regel kein Geld. Das müssen wir ändern! Wir können es uns nicht mehr leisten, zwischen den rationalen Entscheidungsträgern und den Kreativen zu unterscheiden, sondern müssen diese Gewaltentrennung über Bord werfen. Das setzt jedoch a priori eine stärkere Sensibilität und Wertschätzung für Kreativität voraus, das Einbinden von professionellen Kreativprozessen in die Arbeitsabläufe und da wie dort einen neuen Führungsstil. Und: Es geht vor allem darum, Kreativprozesse zu einer echten Managementfunktion zu machen. Denn in Zukunft werden gute Unternehmen kreative Unternehmen sein. Obwohl es noch immer scheint, als wäre der Erfolg der wichtigste Teil eines Unternehmens, kann man dagegenhalten, dass es der Wille ist, etwas zu probieren. Zum Beispiel die Kreativität von der Insel zu holen: Herr Robinson würde sich freuen!

VON TOM JANK

TOM JANK

ist freier Kreativdirektor, Stratege, Texter, Mitglied im Creativ Club Austria und Obmann der Fachgruppe Werbung & Marktkommunikation Tirol. Als Co-Initiator von kreativland.tirol will er Lanzen für die Kreativität brechen.

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eco.zukunft

sie Menschen getroffen, die fühlten, dass das kreative Potenzial ihrer Unternehmen weit größer ist, als es die aktuelle Leistung vermuten lässt. Ein Dilemma, das sich erst dann ändern wird, wenn die wahre Natur von Kreativität generell anerkannt wird. Der Großteil des kreativen Potenzials eines Unternehmens ist mit den herkömmlichen Planungs- und Kontrollmechanismen des Managements praktisch nicht erreichbar. Wie aber funktioniert es dann? Keines der untersuchten Unternehmen hat Prozesse abgeschafft. Doch sie haben sie zum großen Teil ergänzt. Durch Arbeitsstrukturen, die kreatives Denken fördern und zulassen. Kreativität muss sich nicht den Prozessen unterordnen. Die Prozesse ordnen sich der Kreativität unter.

OPERATIVE STÄRKE, KREATIVE SCHWÄCHE

Den Grund für mangelnde Kreativität kennt die Forschung übrigens mittlerweile: Eine falsche Herangehensweise bei der Teamzusammenstellung und eine eingefahrene Personalpolitik. In vielen Unternehmen gilt die Branchenerfahrung noch immer als „Goldenes Kalb“, weil sie den operativen Bereich stärkt. Aus der operativen Stärke wird jedoch schnell eine kreative Schwäche, wenn es um die Entwicklung neuer Ideen geht. Da ist Branchenerfahrung nur bedingt hilfreich. Manchmal ist sie sogar hinderlich. Denn jede Branche hat ihre eigenen Wahrheiten und Gesetze davon, was geht oder eben nicht, und neigt dazu, diese zu bestärken. Wenn von zehn Mitarbeitern zehn auf Grund ih-

DA S EINZIGE , DA S L OGIS C H ZU S AGEN IS T: E S IS T UNL OGIS C H, A M BEGINN EINER NEUEN IDEE MI T L OGIK ZU KOMMEN. rer Branchenerfahrung ausgesucht wurden, ist das ein Garant dafür, dass die Abteilung in alten Ideen und Ansätzen verharrt. Betrachtet man dagegen die weltweit innovativsten Unternehmen, so weichen die Profile der Mitarbeiter häufig und stark von den Standardprofilen ab. Statt zu versuchen, Ideen und Innovationen innerhalb klassischer Strukturen zu fördern, richten sie ihre Strukturen so aus, dass Ideen und Innovationen gedeihen können. Daher sollte die Entscheidung darüber, welche Mitarbeitertypen das Unternehmen sucht, gerade im Bereich Innovation sorgfältig überlegt sein. Eine homogene Mitarbeiterschaft mit hoher Branchenerfahrung erreicht kurzfristig mehr Effektivität: weniger Einarbeitungszeit, weniger Zeit mit Diskussionen. Langfristig jedoch führt eine Einstellungspolitik, die nach mehr Heterogenität sucht, zu mehr Kreativität. Für beide Strategien gibt es gute Argumente. Wichtig ist das ausgewogene Verhältnis zwischen Insidern und Outsidern. In jedem Fall entscheidet eine wohl überlegte Einstellungspolitik massiv darüber, wie hoch die Anzahl, die Variabilität und die Qualität von Ideen im Unternehmen ist.


ANDERS IST ES BESSER! Kreativität ist laut den führenden Wirtschaftsexperten eine der wichtigsten Ressourcen der Zukunft. Daher müssen wir sie zum Modus Operandi im Land machen. Sie befeuert Länder, Städte und Unternehmen quer durch alle Branchen. Sie ist Denkspielraum, Transformationskraft und Chancenverwerter. Und sie ist zweifelsfrei der Motor für Innovation und Erfolg. Gerade jetzt. Deshalb ist das Credo von kreativland.tirol: Anders ist es besser – was so viel bedeutet wie: Denken wir das Ganze doch einmal neu.

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eit dem Frühjahr 2020 ist das kreativland.tirol in der Standortagentur Tirol verankert. Bis Mitte 2022 befindet sich das Projekt in der Startphase und das Team um Projektleiterin Stefanie Höllinger arbeitet konsequent daran, es strategisch und organisatorisch weiterzuentwickeln und langfristig abzusichern. Finanziert wird das Projekt aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), von der Wirtschaftskammer Tirol sowie der Fachgruppe Werbung & Marktkommunikation in der Wirtschaftskammer Tirol. Strategisch begleitet wird kreativland.tirol von Tom Jank (Kreativer, Vorsitzender der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Tirol) und Kurt Höretzeder (Grafikdesigner, Gründer von WEI SRAUM. Designforum Tirol), die das Projekt initiierten und sich seit Jahren mit Leidenschaft dafür engagieren.

PROFILIEREN

Die Kreativwirtschaft in Tirol sichtbar machen und deren öffentliche Wahrnehmung stärken. Denn kreatives Denken braucht ein inspirierendes Umfeld, um so die Zukunft nachhaltig zu gestalten.

VERNETZEN

Gemeinsam noch besser werden. Dafür will man die Kreativszene vernetzen, ihre Fähigkeiten professionalisieren und dazu beitragen, ihre vielfältigen Leistungen in Tirol sichtbar zu machen.

INITIIEREN

Das kreativland.tirol entwickelt spezifische Angebote zur professionellen Begleitung von Kreativprozessen, bemüht sich um Förderprogramme und initiiert Dialoge zu Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, Bildung und Tourismus.

FEIERN Die Kreativität feiern. Und kreative Menschen. Deshalb soll alle zwei Jahre zu einem großen dreitägigen Festival nach Tirol geladen werden. Dieses Festival widmet sich den brennenden Fragen der Zeit im Kontext von Kreativität, Transformation und Innovation und wird im Oktober vorgestellt.

Tirol steckt voller herausragender Menschen, Ideen, Unternehmen und Initiativen. Ihre Ideen aufzuspüren, ihre Weiterentwicklung zu unterstützen und in konkrete Projekte zu verwandeln, ist eine Investition in die Zukunft. Und eine der Hauptaufgaben des kreativland.tirol. Deshalb entwickelt das kreativland.tirol spezifische Angebote zur professionellen Begleitung von Kreativprozessen, bemüht sich um Förderprogramme für die Kreativwirtschaft und initiiert Dialoge, in denen Zukunftsthemen etwa in den Bereichen Nachhaltigkeit, Bildung, Tourismus und Gemeindeentwicklung auf den Weg gebracht werden. Aktuelle Projekte und weitere Infos unter www.kreativland.tirol

KREATIVWIRTSCHAFT In Österreich zählten im Jahr 2018 rund elf Prozent aller Unternehmen zur Kreativwirtschaft – das sind über 45.000 Betriebe mit fast 165.000 selbständig und unselbständig Beschäftigten. Sie erwirtschaften eine Bruttowertschöpfung von rund zehn Milliarden Euro pro Jahr. Und: Die Kreativwirtschaft wächst schon seit vielen Jahren deutlich stärker als viele andere Bereiche der Wirtschaft. Auch in Tirol. Sie zählt damit zu den dynamischsten und innovativsten Bereichen der Wirtschaft. 1,2 Milliarden Euro Umsatz werden jährlich von den Kreativunternehmen des Landes erwirtschaftet.

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GEL

finanzieren & versichern

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Lieber nachhaltig Die weltweiten Aktienmärkte jagen seit Jahren von einem Hoch zum nächsten. Manche Investor*innen werden bei der Auswahl ihrer Veranlagungsformen dabei immer spekulativer oder suchen ihr Glück bei gehypten Anlageklassen – allen voran Kryptowährungen, aber auch Gold, Öl und Cannabis. Bei näherem Hinsehen wird allerdings klar: Mit Nachhaltigkeit sind all diese Hypes kaum vereinbar. Auch wenn Ölunternehmen generell versuchen, nachhaltiger zu werden, unterliegt der Aktienkurs von Ölmultis deutlich gewichtigeren Risiken als jenem durch Ölpreisschwankungen, wie diverse Umweltkatastrophen der Vergangenheit gezeigt haben. Das Anleger*innenverhalten jedenfalls hat sich deutlich gewandelt: Wurden Klimaaspekte früher eher als Randnotiz gesehen, beobachten Investor*innen nachhaltige Kriterien mittlerweile mit Argusaugen. Vor allem Kryptos geraten dabei immer mehr ins Visier von Umweltschützer*innen – Stichwort Stromverbrauch (mehr dazu auf den nächsten Seiten) – und auch die gehypten Cannabisaktien haben sich von ihren ehemaligen Höchstständen deutlich entfernt. Die großen Cannabisplantagen verschlingen enorme Wassermengen und Strom, weswegen sie Klimaschützer*innen ein Dorn im Auge sind. Und Gold? Mit der ansteigenden Inflation suchen einige Investor*innen nach wie vor gerne Gold als vermeintlich sicheren Hafen – trotz großer Schwankungsbreite. Aufgrund der Fördermethoden steht das Edelmetall nun jedoch auch bei Klimaschützern im Fokus. Die Chance, mit gehypten Investments langfristig erfolgreich zu sein, war bereits in der Vergangenheit äußerst gering, auch wenn sich für Anleger*innen immer wieder Chancen ergeben, mit denen sich innerhalb kürzester Zeit hohe Gewinne einfahren können. Doch so schnell, wie manche Spekulation in die Höhe schießt, kann diese auch in die Gegenrichtung ausschlagen. Nun kommen noch die gestiegenen Risiken im Zusammenhang mit dem Klimaschutz hinzu. Neben den kurzfristigen meist gravierenden Kursabschlägen verbleiben Verstöße gegen den Umweltschutz lange Zeit im Gedächtnis der Anleger*innen. Darüber hinaus droht aus einer weiteren Ecke eine potenzielle Gefahr für gehypte, klimaschädliche Investments: wenn nämlich mehr und mehr Staaten als Regulatoren einschreiten und sich entschließen, der Umwelt unter die Arme zu greifen. Eine Veranlagung in nachhaltige Assetklassen ist deshalb in mehrerlei Hinsicht nachhaltig.

Quelle: Schoellerbank Analysebrief, Ausgabe Nr. 403, Juli 2021. Den gesamten Analysebrief finden Sie unter www.schoellerbank.at (Presse & Publikationen)


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FINANZEN FÜR FRAUEN KEIN STRESS Kürzlich wurden wieder 89 europäische Banken dem obligatorischen Stresstest unterzogen. Die veröffentlichten Ergebnisse bescheinigen dem europäischen Bankensektor dabei eine gute Krisenresistenz. Durch Reduktion von Problemkrediten und Kostenreduktionen konnte ein deutlich härteres Szenario als beim Stresstest 2018 bewältigt werden. Auch die sechs teilnehmenden österreichischen Banken zeigten sich widerstandsfähig. Nicht zuletzt aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft sind die Aktivitäten der Banken in einigen Ländern (so auch in Österreich) weniger stark betroffen als in anderen. Zusammen mit der Ausgangskapitalisierung, mit der die Banken in den Stresstest starten, ist dies ein wesentlicher Treiber der Ergebnisse. Positiv: Alle österreichischen Banken erfüllen nach Anwendung des harten Stress-Szenarios die gesetzlichen Kapitalanforderungen. Alles in Balance also.

SELBST INVESTIERT DIE FRAU Christiane von Hardenberg rohwolt Verlag, 304 Seiten, EUR 16,00 Was macht frau mit ihrem Geld? Und wie kann sie es vermehren? Christiane von Hardenberg, Wirtschaftsjournalistin und Mutter von vier Söhnen, weiß: Geld allein macht zwar nicht glücklich. Aber es schenkt Unabhängigkeit – besonders Frauen. Sie möchte Mut machen und Frauen das Handwerkszeug vermitteln, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen, so wie sie es getan hat: mit Freude, Selbstbewusstsein und der Bereitschaft, auch mal einen Fehler zu machen. Gut investierte 16 Euro!

GENERALI

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GENERALI STELLT HUMAN TOUCH IN DEN VORDERGRUND Die Generali Versicherung hat viel in Digitalisierung und Automatisierung investiert. Das Thema wurde in allen Bereichen – also bei Produkten und Services, Kommunikation und Vertrieb – stark vorangetrieben.

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ie neue Meine Generali App, der Ausbau des Kundenportals, das digitale Gesundheitsservice mit Skype-Sprechstunden beim Arzt oder auch unser Cyberschutz für KMUs inklusive innovativem Präventionstool sind einige Beispiele dafür. Mit dem Ausbruch der Coronakrise kam der Generali der Fortschritt bei der Umsetzung der Strategie „Generali 2021“ mit Fokus auf Digitalisierung und Kundenzufriedenheit entgegen. Innerhalb kürzester Zeit arbeiteten österreichweit alle MitarbeiterInnen, darunter auch alle Angestellten in Tirol, von zuhause aus. Es gab weder Kündigungen noch Kurzarbeit. „Als kein direkter Kundenkontakt möglich war, konnten wir unsere KundInnen aus der Ferne servicieren und zudem zahlreiche neue Serviceangebo-

HUMAN - DIGITAL ALS IDEALE KOMBINATION

Regionaldirektor Markus Winkler

te wie die Generali-Unterstützungs-Hotline oder den telemedizinischen Service via drd App starten“, erklärt Generali-Regionaldirektor Markus Winkler. Die Generali -KundenbetreuerInnen hatten auch in der herausfordernden Coronazeit für die Wünsche, Sorgen und Bedürfnisse ihrer Kunden ein offenes Ohr.

„Der Mensch steht im Mittelpunkt – dafür strengen wir uns an und dafür wollen wir das Beste bieten“, erläutert Regionaldirektor Winkler das Ziel der Generali, ein lebenslanger Partner für Kunden und Partner sein zu wollen. Das gilt umso mehr in so herausfordernden Zeiten wie in der neuen Lebenswelt mit Covid-19. Auch Trendforscher bestätigen in der verstärkt digitalisierten Coronawelt, dass der Human Touch immer wichtiger wird und dass es ohne persönliche Beratung nicht geht. „Wir sehen in ‚human-digital‘ keinen Widerspruch, sondern sind überzeugt, dass sinnvoll und klug eingesetzte Technik unsere Service- und Assistance-Leistungen noch besser und leichter zugänglich machen kann“, so Winkler. PR


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KRYPTISCH

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Sprechen Sie Bitcoin? Nein? Wir zugegebenermaßen auch nicht. Und weil das so ist, haben wir uns bei Experten über Kryptowährungen schlau gemacht, um zumindest ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Beziehungsstatus: Es ist kompliziert.

WAS SIND KRYPTOWÄHRUNGEN? Kryptowährungen stellen ein virtuelles System zum Austausch von Werten dar. Quasi eine (inoffizielle) Onlinewährung. Grundsätzlich sind Kryptowährungen so konzipiert, dass es keine zentrale Institution gibt, die die Verwendung der Währung oder ihren Wert regulieren kann. Die Regeln, die die Funktionsweise einer Kryptowährung festlegen, werden als sogenanntes Protokoll beschrieben und automatisiert ausgeführt. W I E W E R D E N K R Y P T O WÄ H R U N G E N PRODUZIERT UND SIND SIE W I R K L I C H U M W E LT S C H Ä D L I C H ?

Wie eine Kryptowährung produziert wird, ist in ihrem Protokoll festgelegt. Oft werden neue Einheiten der Währung während der Transaktionsvalidierung erstellt. Dabei stellen spezielle Teilnehmer, sogenannte Miner,

sicher, dass die von den Benutzern erstellten Transaktionen korrekt sind. Bei der Transaktionsvalidierung (z. B. in Bitcoin, Ethereum, Monero oder Zcash) kommt häufig ein Prozess namens Proof of Work (PoW) zum Einsatz. Während des PoW-Prozesses müssen die Miner spezielle Rätsel lösen, die sehr viel Rechenleistung benötigen. Damit Miner diesen Aufwand auf sich nehmen und so die Sicherheit der Kryptowährungen sicherstellen, benötigt es Anreize. Diese werden erzeugt, indem neue Währungseinheiten für gelöste Rätsel ausgeschüttet werden. Da der PoW-Prozess sehr viel Rechenleistung benötigt, ist der Energieverbrauch entsprechend hoch. Das Cambridge Center for Alternative Finance schätzt, dass der Energieverbrauch von Bitcoin vergleichbar mit jenem von etwa Schweden oder Malaysia ist. Oder in relativen Zahlen: Bitcoin verbraucht

etwa ein halbes Prozent (0,55 %) der globalen Energieproduktion. Grundsätzlich ist der hohe Energieverbrauch nicht zwingend nötig für die Transaktionsvalidierung. Es gibt Alternativen zu PoW, die weit weniger Energie verbrauchen. Proof of Stake (PoS) wäre hier als populärste Option zu nennen. Bei PoS wird das Lösen von Rätseln durch das temporäre Einfrieren (staken) von Währungseinheiten ersetzt. PoS gilt noch als relativ experimentell und ist gerade bei den populären Währungen noch nicht sehr weit verbreitet. Viele Kryptowährungen arbeiten an einem Umstieg von PoW zu PoS, dieser ist aber sehr komplex und zeitaufwendig. W ER K A NN K R Y P T O WÄ HR UNG EN A NB IETEN? Grundsätzlich kann jeder, der Zugang

zum Internet hat, seine eigene Kryptowäh-


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D A S W O R T K R Y P T O WÄ H R U N G E N E R G I B T SICH AUS DER VERWENDUNG VON K R Y P T O G R A F I E , U M D I E FÄ L S C H U N G S SICHERHEIT VON TRANSAK TIONEN SICHERZUSTELLEN.

rung starten. Viele der benötigten Bausteine wie die nötigen Programme sind frei verfügbar. Die eigentliche Herausforderung ist dabei nicht das Erstellen einer neuen Währung, sondern der Aufbau einer großen Nutzerbasis, die der neuen Währung einen gewissen Wert beimisst. Der Wert einer Währung bzw. eines Tauschnetzwerks ist maßgeblich von der Teilnehmerzahl abhängig. Eine neue Währung muss somit im Normalfall eine technische Neuerung bieten, die relevant genug ist, um die „Kosten“ des Umstiegs für Benutzer zu rechtfertigen.

der rechtlichen Sicht können Regierungen entscheiden, ob sie Kryptowährungen als gesetzliches Zahlungsmittel anerkennen. In El Salvador wurde Bitcoin vor kurzem zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel erhoben, was aber ganz klar die Ausnahme darstellt. In Österreich gelten Kryptowährungen nicht als Geld/Zahlungsmittel oder Finanzprodukt im herkömmlichen Sinn. Sie gelten als unkörperliche Wirtschaftsgüter, sind also gleich geregelt wie zum Beispiel Patente, Lizenzen oder Markenrechte. Quellen: https://www.bmf.gv.at/themen/steuern/sparen-veranlagen/ Steuerliche-Behandlung-von-Krypto-Assets.html, https://findok.bmf. gv.at/findok?execution=e3s1

SIND KRYPTOWÄHRUNGEN GELD? Die Frage, ob es sich bei Kryptowährungen um Geld handelt, muss sowohl aus funktionaler als auch aus rechtlicher Perspektive betrachtet werden. Funktional muss Geld drei grundsätzliche Funktionen erfüllen: Werterhalt, Rechnungseinheit, Tauschmittel. Obwohl Kryptowährungen entworfen wurden, um Geldwerte darzustellen, erfüllen Sie die funktionalen Anforderungen aktuell nur teilweise. Die hohe Volatilität begrenzt die Fähigkeit zum Werterhalt. Sie kann auch nur schlecht gesteuert werden, da eben eine zentrale Instanz fehlt, die währungspolitisch intervenieren könnte. Weiters werden Kryptowährungen aktuell kaum als Rechnungseinheit benutzt. Aus

WIE KAUFE ICH K R Y P T O WÄ H R U N G E N ?

Üblicherweise über dezidierte Wechselstuben für Kryptowährungen. Ein österreichischer Anbieter wäre zum Beispiel Bitpanda. Alternativ können Währungseinheiten indirekt über die Teilnahme am Mining/ Validierungsprozess „erworben“ bzw. generiert werden. WIE UND WO KANN MAN MIT KRYPTOWÄHRUNGEN BE Z AHLEN UND WIE ENT S TEHEN DIE PREIS E F ÜR DIE PR ODUK T E ? Ä NDERN S IC H DIE S E JE N AC H K UR S ODER BL EIB T

D E R P R E I S G L E I C H U N D M A N H AT P E C H , W ENN DER KUR S S T EIG T ? Es gibt bei uns

wenige Geschäfte und Unternehmen, die Kryptowährungen als Zahlungsmittel akzeptieren. Dafür ist der Preis für die meisten Anwendungen zu volatil. Preise werden je nach Währung und Plattform sehr unterschiedlich ermittelt, der Preis der großen Währungen wird über externe Märkte (auf den Wechselstuben) festgelegt. Es gibt aber Kryptowährungen, deren Preis mehr an konventionelle Währungen oder Assets gebunden ist, sogenannte „stablecoins“. Wie die Preise der Produkte in Kryptowährung bei Händlern ermittelt werden, ist schwer gesamtheitlich zu beantworten. Das wird vermutlich vom Anbieter abhängen und wie sich dieser gegen Wertschwankungen der Kryptowährung absichern möchte bzw. wie konkurrenzfähig der Preis in Kryptowährung sein muss. In der Regel wird der Preis aber in einer „konventionellen“ Währung gebildet und dann umgerechnet Die Kryptowährung ist nicht direkt die Rechnungseinheit. L Ä S S T S I C H M I T K R Y P T O WÄ H R U N G E N GELD VERDIENEN: LOHNT SICH JETZT NOCH EIN EINSTIEG?

Kryptowährungen bieten die Basis für viele Produkte und Märkte, die wir schon aus

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ES GIBT BEI UNS WENIGE GESCHÄF TE UND U N T E R N E H M E N , D I E K R Y P T O WÄ H R U N G E N A L S Z AHLUNGSMIT TEL AKZEP TIEREN. DAFÜR IST DER PREIS F Ü R D I E M E I S T E N A N W E N D U N G E N Z U V O L AT I L .

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dem „traditionellen“ Finanzsystem kennen. Ein großer Unterschied ist, dass Produkte und Märkte weit weniger reguliert sind als bestehende Finanzmärkte. Weiters sind die angebotenen Produkte als auch die zugrunde liegende Technologie als eher experimentell zu betrachten. Wir haben nun zwar einige Jahre Erfahrung mit der Technologie, aber im Vergleich zur Erfahrung die wir in „traditionellen“ Märkten gesammelt haben, ist der Horizont sehr kurz. Der experimentelle Charakter wird auch sehr deutlich, wenn man die recht regelmäßigen Beiträge über Hacks und Verlust von Werten im Umfeld von Kryptowährungen verfolgt. Aufgrund der fehlenden Regulierung können natürlich tendenziell höhere Gewinne erzielt werden, welche jedoch ganz klar auch mit einem deutlich erhöhten Risiko einhergehen. Die technischen und regulatorischen Ungewissheiten machen Kryptowährungen nach wie vor zu einem hochspekulativen Investment.

WIE WERDEN KRYPTOWÄHRUNGEN VERSTEUERT?

Aufgrund ihres besonderen rechtlichen Status (kein gesetzliches Zahlungsmittel oder Finanzprodukt) gelten spezielle Regeln. Kursgewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen werden nicht wie ein Ertrag aus dem Handel zum Beispiel mit Aktien am Kapitalmarkt mit Kapitalertragssteuer belegt. Gewinne aus Kryptowährungen müssen aber in der Berechnung der Einkommenssteuer berücksichtigt werden. Auch ausschlaggebend für die Berechnung ist der Haltezeitraum. Nur Verkäufe von Kryptowährungen mit einer Haltedauer unter einem Jahr müssen so versteuert werden. Die Situation wird etwas komplizierter, wenn die Kryptowährung zinstragend veranlagt, das heißt, etwa an einen anderen Teilnehmer verliehen wird. Quelle: https://www.bmf.gv.at/themen/steuern/sparen-veranlagen/ Steuerliche-Behandlung-von-Krypto-Assets.html

WARUM SIND KRYPTOWÄHRUNGEN SO UMSTRITTEN? Einerseits aufgrund ihres Energieverbrauchs, wenn die Währungen den PoW-Prozess nutzen. Andererseits auch, weil Kryptowährungen einige unserer bestehenden Finanzregulierungen umgehen oder schwerer umsetzbar machen. Beispielsweise wird die Strafverfolgung im Bereich Geldwäsche und Terrorfinanzierung durch Kryptowährungen erschwert. Ein weiterer kontroverser Punkt ist die Funktion, die Kryptowährungen aktuell erfüllen. Anders als beworben verwenden die meisten Teilnehmer Kryptowährungen nicht, um Zahlungen zu tätigen, sondern ausschließlich als spekulatives Investmentinstrument. Kryptowährungen sind ein interessantes Studienobjekt, Ideen wie die einer globalen Währung oder Zugang zum Finanzsystem für jede und jeden klingen vielversprechend. Nichtsdestotrotz sollte der Einsatz von Kryptowährungen sehr überlegt geschehen, da deren Adaption mit einer immensen Veränderung unseres Finanzsystems einhergeht. Die dadurch ausgelösten Veränderungen und deren Einflüsse sind oft sehr schwer abzuschätzen und ganz sicher nicht immer positiv. So tiefgreifende Eingriffe in unsere Gesellschaft sollten wohlüberlegt sein.

Erweiterbarkeit ist die Basis vieler Decentralized-Finance (DeFi)-Produkte. DeFi bezeichnet dabei die Ambition, mehr Funktionalität des „konventionellen“ Finanzmarkts wie die Kreditvergabe, Börsen, Investmentfonds etc. auf einer dezentralen Plattform nach- bzw. abzubilden.

G IB T E S U N T E R S C HIE D E Z W I S C HE N D E N VERSCHIEDENEN KRYPTOWÄHRUNGEN (BITC OIN, E THEREUM, LITEC OIN, RIPPLE …)?

Ja, Kryptowährungen können sich in vielen Aspekten unterscheiden – etwa in der Anonymität bei der Transaktionsabhandlung. Aber auch im Funktionsumfang unterscheiden sich Kryptowährungen massiv. Währungen wie Ethereum stellen beispielsweise ein leicht erweiterbares System bereit, mit dem einfach neue „Produkte“ und Abläufe abgebildet werden können. Dadurch können komplexere Finanzprodukte abgebildet werden als nur die Möglichkeit, Währungseinheiten zu transferieren. Diese

DIE EXPERTEN Eine Danke an dieser Stelle an Michael Fröwis, M. Sc., und Dr. Svetlana Abramova vom Institut für Informatik der Universität Innsbruck. Fröwis ist seit 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abramova Postdoktorandin. Beide arbeiten unter anderem im Security and Privacy Lab, das mit der Berufung von Prof. Dr. Rainer Böhme 2015 an der Universität Innsbruck gegründet wurde und an dem unter anderem an virtuellen Währungen und kryptografischen Finanzinstrumenten geforscht wird.


BERATUNGSOFFENSIVE DER UNTERNEHMERBANK NUMMER 1 Wie die UniCredit Bank Austria Unternehmen jetzt dabei unterstützt, ihre Liquidität und ihre Finanzierungsstruktur zu optimieren, um ihr Business neu durchzustarten, erläutert Markus Sappl, Landesdirektor Firmenkunden Tirol.

© T. STEINLECHNER

insbesondere, indem sie sich jetzt nachhaltig und klimaschonend aufstellen.

Markus Sappl, Landesdirektor Firmenkunden Tirol der UniCredit Bank Austria

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie treffen viele heimische Betriebe hart. Wie unterstützt Ihre Bank die Unternehmen dabei, sich auf die Zeit nach der Krise vorzubereiten? MARKUS SAPPL: Als führende Unternehmerbank des Landes*) unterstützen wir die Betriebe seit März 2020 dabei, gut durch diese Ausnahmesituation zu kommen – anfangs vor allem durch Überbrückungsfinanzierungen, Stundungen und Förderungen. Jetzt rücken verstärkt die Geschäftsmodelle und die Eigenkapitalbasis der Unternehmen in den Vordergrund. Wir unterstützen unsere Firmenkunden auf allen Ebenen dabei, wieder voll durchzustarten – ECO.NOVA:

* Nach Unternehmenskredit- und Einlagenvolumen in Österreich auf Einzelbankbasis (Quelle: OeNB 2020)

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Wie würden Sie Ihren Beratungsansatz beschreiben? Als Kombination von integrierter Finanzanalyse und Finanzplanung sowie individuellen Finanzierungslösungen für wachstumsorientierte Unternehmen. Zunächst sehen wir uns im gemeinsamen Dialog mit unseren Kunden in einer 360-Grad-Betrachtung die Ausgangslage des Unternehmens an. Dabei beziehen wir Zukunftspläne und wirtschaftliche Rahmenbedingungen ebenso in die Analyse mit ein wie Branchenkennzahlen. Im nächsten Schritt entwickeln wir – wieder gemeinsam – geeignete Finanzierungsstrategien, die den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens unterstützen.

Welche Instrumente stehen dabei im Fokus? Die Palette reicht von Liquiditätsoptimierung wie Working-Capital-Management inklusive Factoring über maßgeschneiderte Finanzierungen und Förderungen bis hin zu eigenkapitalstärkenden Maßnahmen und Zukäufen. Und weil in Österreich in den kommenden fünf Jahren zehntausende Unternehmensübergaben anstehen, beraten wir die Betriebe umfassend rund um die so wichtige Nachfolgeplanung. Wir unterstützen sie bei der Erstellung von Business- und Liquiditätsplänen und finden gemeinsam mit den Förderstellen individuell passende Finanzierungslösungen. Welche eigenkapitalstärkende Maßnahmen kommen hier in Frage? Das kommt wieder auf die individuelle Unternehmens-

situation an: Beispielsweise können Randgeschäfte überdacht und verkauft werden. Falls das Unternehmen hingegen zu den Gewinnern der derzeitigen Krise gehört, sollten auch Zukäufe geprüft werden. Jetzt kann auch der richtige Zeitpunkt sein, einen Mehrheits- oder Minderheitsinvestor ins Boot zu holen, der Expertise, Marktzugänge und Kapital mitbringt. Im Dialog mit unseren Kunden erarbeiten wir, welche Instrumente zu ihrer spezifischen Unternehmenssituation passen. Denn es kommt hier ganz auf individuelle Beratung sowie auf umfassendes Kapitalmarkt-Know-how an.

NÄHERE INFORMATIONEN

erhalten Sie bei Markus Sappl, Landesdirektor Firmenkunden Tirol der UniCredit Bank Austria Tel.: +43 (0)5 05 05-95182

www.unternehmerbank.at

UNICREDIT BANK AUSTRIA • Eine der kapitalstärksten Großbanken Österreichs und Teil von UniCredit, einer erfolgreichen paneuropäischen Geschäftsbank mit voll integriertem Corporate und Investment Banking • 7 von 10 heimischen Großunternehmen sind Kunden der UniCredit Bank Austria • Ihr Geschäftsbereich „Unternehmerbank“ betreut nahezu jedes dritte mittelständische Unternehmen Österreichs

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MACHETE FÜR DEN WEG AUS DEM CORONAFÖRDERDSCHUNGEL

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Hinter uns liegt nun der zweite Corona-Sommer, in dem sich so mancher in einem undurchsichtigen Dschungel an Covid-19-Unterstützungen verirrt hat: Härtefallfonds, Umsatzersatz, Ausfallsbonus, Fixkostenzuschuss I, II bis 800 und so weiter – wer soll da überhaupt noch irgendwo hinfinden? TEXT: VERENA MARIA ERIAN, RAIMUND ELLER

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ollen Sie nun doch noch rasch abchecken, ob und innerhalb welcher Fristen hier noch Unterstützung zu bekommen ist, möge Ihnen dieser Beitrag als Machete auf dem Weg durch den Förderdschungel dienen.

HÄRTEFALLFONDS

Dieser dient dazu, den privaten Lebensunterhalt von Unternehmern abzusichern, wenn es in Folge von Covid-19 zu einem Umsatzeinbruch von mindestens 50 Prozent gekommen ist oder die laufenden Kosten nicht mehr gedeckt werden können. Aktuell können noch Förderungen für die Zeiträume Juli, August und September 2021 (Phase III) in Höhe von insgesamt maximal 7.000 Euro beantragt werden. Die Antragstellung ist bis spätestens 31.10.2021 möglich.

AUSFALLSBONUS

Damit soll Ihnen ein coronabedingter Umsatzausfall ersetzt werden. Aktuell ist dies noch für die Zeiträume Juni bis September 2021 möglich. Schlagend wird der Bonus ab einem bestimmten Umsatzrückfang wie folgt: • Ausfallsbonus I – nur noch für 6/2021: ab 40 Prozent Umsatzeinbruch • Ausfallsbonus II für 7-9/2021: ab 50 Prozent Umsatzeinbruch

Im Falle solcher Einbrüche ist Folgendes zu holen: • 6/2021: 15 Prozent der Differenzen zu den Umsätzen des Vergleichszeitraumes, maximal 30.000 Euro.

Die Ärztespezialisten vom Team Jünger: StB Dr. Verena Maria Erian und StB Raimund Eller

• 7-9/2021: Je nach Branche 10 bis 40 Prozent des Umsatzausfalles, maximal jeweils 80.000 Euro. Wurde für den entsprechenden Zeitraum auch Kurzarbeitsbeihilfe abgerechnet, so gibt es eine Deckelung insofern, als beide Beihilfen zusammen nicht den Umsatz des Vergleichszeitraumes übersteigen dürfen. Eine Antragstellung für Juni 2021 ist noch bis zum 15. September 2021 möglich. Für Zeiträume des Ausfallsbonus II können Anträge jeweils bis zum 15. des viertfolgenden Monats eingebracht werden.

VERLUSTERSATZ

Auch dieser knüpft an Umsatzrückgänge an und gilt aktuell noch für Zeiträume vom 16. September 2020 bis 31. Dezember 2021. Bis Juni 2021 greift der Ersatz bei einem Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent. Ab Juli 2021 ist ein Umsatzeinbruch von mindestens 50 Prozent nötig.

Anträge für Zeiträume bis Juni müssen bis 31. Dezember 2021 gestellt werden. Für Zeiträume ab Juli ist für die zweite Tranche noch bis zum 30. Juni 2022 Zeit.

FIXKOSTENZUSCHUSS

Der Fixkostenzuschuss I (FKZ I) galt bei einem Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent für Monatszeiträume von 16. März bis 15. September 2020. Die Antragstellung ist mit 31. August 2021 noch vor Erscheinen dieser eco.nova-Ausgabe ausgelaufen. Anschließend an den FKZ I kann für die Zeiträu-

me 16. September 2020 bis einschließlich Juni 2021 monatlich der Fixkostenzuschuss II (FKZ 800) beantragt werden. Hier reicht ein Rückgang von 30 Prozent und die Höhe des durch diesen Zuschuss kompensierten Fixkostenanteils entspricht dem prozentuellen Umsatzausfall. Die Antragstellung muss spätestens bis 31. Dezember 2021 erfolgen.

RESÜMEE Auch wenn die Treffsicherheit und die Qualität der Legistik rund um Corona wohl fragwürdig ist, so wollen wir Ihnen die Möglichkeit, hier Gelder zu lukrieren, doch nicht vorenthalten und geben Ihnen einen Überblick über diesbezügliche Fallfristen:

• Härtefallfonds: Für Zeiträume ab 16. Juni 2021 läuft die Frist noch bis 31. Oktober 2021. Für Zeiträume vor dem 16. Juni 2021 ist die Frist schon gefallen. • Ausfallsbonus: Hier ist jeweils bis zum 15. des auf den jeweiligen Betrachtungszeitraum viertfolgenden Monats Zeit, für den Zeitraum Juni 2021 allerdings nur noch bis 15. September 2021. Für Mai 2021 und vorher gibt es nichts mehr. • Verlustersatz: Für Zeiträume bis 6/2021 ist noch bis 31. Dezember 2021 und für Zeiträume 7/2021 bis 12/2021 noch bis zum 30. Juni 2022 Zeit. • Fixkostenzuschuss II: Ein solcher kann noch bis zum 31. Dezember 2021 beantragt werden.

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eco.steuern

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ÜBERLASSUNG VON WOHNRAUM AN DIE GESCHÄFTSFÜHRUNG Wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer und -Geschäftsführerinnen einer GmbH stehen immer wieder vor der Frage, ob sie ihren eigenen Wohnbedarf durch private Mittel decken sollen oder ob ihre GmbH die Wohnimmobilie erstellen und ihnen zur Nutzung überlassen soll. Der Vorteil solcher Gestaltungen ist vor allem im Bereich der Umsatzsteuer zu finden. Um diese Vorteile nutzen zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. T E X T : K AT H R I N J U E N & C A R I N A S C H Ö P F

E

in wesentlich beteiligter Geschäftsführer oder eine Geschäftsführerin (mehr als 25 Prozent Beteiligung) kann seinen bzw. ihren Wohnbedarf auch damit befriedigen, dass man durch die eigene GmbH Wohnraum herstellen und sich von der GmbH das Recht auf Nutzung des Gebäudes einräumen lässt. Wenn keine wesentliche Beteiligung vorliegt, unterliegen Geschäftsführer grundsätzlich der Lohnbesteuerung und es kommen andere Grundsätze zur Anwendung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann für die Herstellung oder Anschaffung der Wohnimmobilie der volle

Vorsteuerabzug (bis zu 20 Prozent) geltend gemacht werden, während die Umsätze aus der Vermietung der Immobilie zum begünstigten Steuersatz von zehn Prozent besteuert werden. Darin liegt ein wesentlicher Vorteil dieser Gestaltung. Die Frage, in welchen Fällen der Vorsteuerabzug möglich ist, hat die Finanz- und Verwaltungsgerichte in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt. Vor allem die jüngsten Entscheidungen hatten zum Ziel, für eben diese Frage klare Kriterien vorzugeben. Dabei wurde vor allem geklärt, unter welchen Umständen der Vorsteuerabzug in der die Wohnung errichtenden Kapitalgesellschaft zu versagen ist.

VERSAGUNG DES VORSTEUERABZUGS In den folgenden Fällen steht der die Wohnung errichtenden Kapitalgesellschaft kein Vorsteuerabzug zu: 1. BLOSSE GEBRAUCHSÜBERLASSUNG AN DEN GESELLSCHAFTER

Wenn eine GmbH einer ihr nahestehenden Person die Nutzung einer Wohnimmobilie überlässt, um der Person einen Vorteil zuzuwenden und nicht um Einnahmen zu erzielen, liegt keine wirtschaftliche Tätigkeit vor und es besteht somit kein Recht auf Vorsteuerabzug. Diesbezüglich ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen und es


eco.steuern

ist ein Vergleich mit den Umständen, unter denen eine Vermietungstätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, anzustellen. 2. VERDECKTE AUSSCHÜTTUNG AN DER WURZEL

Das Gebäude ist offensichtlich – schon seiner Erscheinung nach – für den privaten Bedarf der Gesellschafter bestimmt, das heißt, es handelt sich um ein besonders repräsentatives Wohngebäude. Der Vorsteuerabzug wird in diesem Fall versagt, wenn die tatsächliche Miete keine nahezu fremdübliche Höhe erreicht. 3. KLASSISCHE VERDECKTE AUSSCHÜTTUNG

Dieser Fall betrifft die Vermietung von im betrieblichen Geschehen einsetzbaren Gebäuden. Der Vorsteuerabzug wird versagt, wenn die vereinbarte und gezahlte Miete überwiegend von der als angemessen zu erachtenden Miete abweicht. Das liegt vor, wenn die vereinbarte Miete weniger als 50 Prozent des als angemessen anzusehenden Mietentgelts beträgt. Sofern ein funktionierender Mietenmarkt vorliegt, kann auf diesen abgestellt werden. Ansonsten wird die Rendite der Investition, welche laut Rechtsprechung in etwa drei bis fünf Prozent betragen muss, als Vergleichswert herangezogen. Ein weiterer Fall der verdeckten Ausschüttung kann vorliegen, wenn die Wohnung als weitere Entlohnung der Tätigkeit zur Verfügung gestellt wird (d. h. es wird keine Miete dafür bezahlt, sondern die Wohnung stellt einen Sachbezug dar). Dabei ist in einem ersten Schritt zu prüfen, wie hoch die Gesamtentlohnung des Geschäftsführers bzw. der Geschäftsführerin im Fremdvergleich (also im Vergleich zu einem der GmbH gegenüber fremden Geschäftsführer) ist. Die Gesamtentlohnung setzt sich aus dem Barlohn und dem Wert der Überlassung der Wohnungsnutzung (zuzüglich möglicher sonstiger Vergütungen) zusammen. Der Wert der Wohnungsnutzung ist dabei mit dem Marktpreis anzusetzen, die Sachbezugswerteverordnung für Dienstnehmer kann nicht angewendet werden. Erweist sich die Gesamtentlohnung als überhöht, liegt insoweit eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Wenn in diesem Fall der Marktpreis für die Wohnungsnutzung nicht zumindest zur Hälfte Deckung in einer fremdüblichen Geschäftsführerentlohnung findet, liegt überwiegend eine verdeckte Gewinn-

Kathrin Juen und Carina Schöpf sind Steuerberaterinnen bei Deloitte Tirol

ausschüttung vor und es steht kein Vorsteuerabzug zu.

MÖGLICHKEIT DES VORSTEUERABZUGS

Im Umkehrschluss zu diesen Negativkriterien ist der Vorsteuerabzug in folgenden Fällen grundsätzlich möglich:

1. Wohnraum wird entgeltlich an den Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführerin überlassen und das Entgelt ist dabei ausreichend hoch. Dabei orientiert man sich an der Markt- bzw. Renditemiete. Das Entgelt für die Wohnungsvermietung/-überlassung unterliegt einem Umsatzsteuersatz von zehn Prozent. 2. Der Wohnraum ist im betrieblichen Geschehen einsetzbar (d. h. nicht ausschließlich auf die persönlichen Bedürfnisse des Geschäftsführers bzw. der Geschäftsführerin zugeschnitten) und a. die vereinbarte und bezahlte Miete ist höher als die Hälfte einer marktüblichen Miete (bzw. einer Renditemiete), oder b. der Marktpreis für die Wohnungsnutzung findet in einer fremdüblichen Geschäftsführerentlohnung zumindest zur Hälfte Deckung. In diesen Fällen wird der Vorsteuerabzug gewährt, aber die Umsatzsteuer für die marktübliche Miete ist mit einem Satz von zehn Prozent abzuführen (sogenannter

tauschähnlicher Umsatz), auch wenn diese nicht bezahlt wird.

WEITERE STEUERLICHE ASPEKTE

Neben der Umsatzsteuer sind bei diesen Gestaltungen auch andere Steuern zu berücksichtigen. Wenn der Vorsteuerabzug für die Gebäudeinvestition zusteht, ist aus Sicht der GmbH zu beachten, dass die verrechnete Miete den Gewinn erhöht, die Umsatzsteuer dafür abzuführen ist und der Sachbezug die Lohnnebenkosten (insbesondere Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Kommunalsteuer) erhöht. Beim Geschäftsführer/ der Geschäftsführerin ist bei unentgeltlicher bzw. teilentgeltlicher Überlassung der Wert der Wohnungsnutzung bei ihm oder ihr als Einnahme zu berücksichtigen, was zu einer Erhöhung der Ertragsteuern und der Sozialversicherungsbeiträge führt. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Zurverfügungstellung von Wohnraum durch eine Gesellschaft an ihre Geschäftsführer steuerliche Vorteile bringen kann. Bei diesen Gestaltungen sind jedoch eine Reihe von Rahmenbedingungen einzuhalten, die unbedingt im Vorhinein geklärt werden sollten. Schließlich sind neben umsatzsteuerlichen und ertragsteuerlichen Kriterien auch wirtschaftliche und persönliche/familiäre Aspekte zu berücksichtigen, sodass die Geschäftsführerwohnung zu einem komplexen Thema wird, bei dem eine gute Beratung wertvoll ist. www.deloitte.at/tirol

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eco.recht

HERAUSFORDERUNG CYBERCRIME Nach dem jüngst veröffentlichten Cybercrime Report 2020 des Bundesministeriums für Inneres haben die Angriffe auf Daten- oder Computersysteme unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) in Österreich gegenüber dem Jahr 2019 um 69,4 Prozent zugenommen. Was bedeutet das für die Geschäftsführung und den Vorstand eines Unternehmens? T E X T : I V O R U N G G , B I N D E R G R Ö S S W A N G R E C H T S A N W Ä LT E , I N N S B R U C K

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er Cybercrime Report 2020 stellt fest: „Cybercrime ist im Aufwind“. Am häufigsten sind Unternehmen etwa von Phishing-E-Mails, Ransomeware, Datenleaks oder DDoS-Angriffen betroffen. Bekannt sind etwa die sogenannten „Presidential E-Mails“, bei denen ein*e Mitarbeiter*in durch ein vorgeblich von einer*m Vorgesetzten stammenden E-Mail zur Überweisung von Geldsummen angewiesen wird, oder auch jene Phishingattacke, bei der E-Mails unter der falschen E-Mail-Adresse FinanzOnline@bmf.gv.at Steuerrückerstattungen versprachen und über einen Link persönliche Informationen und Kreditkartendaten eingesammelt wurden. Besonders häufig kommen nunmehr allerdings Ransomeware-Attacken vor, bei denen Schadsoftware in das IT-System eines Unternehmens eingeschleust wird, die die Nutzerdaten verschlüsselt. Gegen ein „Lösegeld“ kann man den Schlüssel erwerben, um das eigene System wieder benutzen zu können. Zwar ist es offensichtlich, dass gegenüber krimineller Energie auch jegliche Vorbereitung und Vorkehrung nicht immer ausreicht, dennoch sind Geschäftsführung und Vorstand gut beraten, die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen bei ihrer Organisationspflicht zu beachten und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Hier ist wieder einmal die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu nennen, die Unternehmen dazu verpflichtet, unter Berücksichtigung mehrerer Umstände wie etwa dem Stand der Technik geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die verarbeiteten Daten angemessen zu schützen. Besondere

Dr. Ivo Rungg

Vorschriften für die IT-Sicherheit finden sich unter anderem im Bankwesengesetz für Kreditinstitute oder im Versicherungsaufsichtsgesetz für Versicherungsunternehmen. Betreiber kritischer Infrastrukturen in verschiedenen Sektoren unterliegen den entsprechenden Vorschriften des Netzund Informationssicherheitsgesetzes. Aber auch wenn ein Unternehmen weder diesen speziellen Sektoren angehört noch personenbezogene Daten verarbeitet, treffen das Management Verpflichtungen aus dem Aktien- und GmbH-Gesetz. Im Gegensatz zu der Verpflichtung, ein internes Kontrollsystem einzurichten, fehlen jedoch ausdrückliche Verpflichtungen in Bezug auf die IT-Organisation. Im Rahmen seiner allgemeinen Organisations- und Schadensabwendungspflicht ist das Management allerdings verpflichtet, organisatorisch vorzusorgen, um IT-Sicherheit

durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten und das Risiko von Cyberangriffen und Datenverlust angemessen zu begrenzen. Erfolgt das nicht, besteht die Gefahr mangelnder Sorgfalt und damit der Haftung der entsprechenden Personen. Die Geschäftsleiter*innen haben dabei nicht selbst sämtliche Prozesse zu überwachen und zu dokumentieren, auch wird das Management regelmäßig keine vertieften IT-Kenntnisse haben. Es ist allerdings dessen Aufgabe, entsprechend kompetente Mitarbeiter*innen beizuziehen und taugliche organisatorische Maßnahmen zu etablieren. Da die größte Schwachstelle regelmäßig der Mensch ist, ist auch die Frage der Bewusstseinsbildung und der Gefahrenerkennung ein wesentlicher Baustein dieser Maßnahmen. Ebenso sollten Pläne für den Fall erfolgreicher Cyberangriffe erstellt werden, die neben technischen auch Fragen der Kommunikation nach außen und rechtliche Punkte umfassen sollten – etwa Melde- und Informationspflichten an Behörden. So sind Unternehmen nach der DSGVO verpflichtet, unverzüglich, möglichst binnen 72 Stunden, Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten an die zuständige Aufsichtsbehörde zu melden. Cybercrime hat sich zu einer reellen und ernstzunehmenden Bedrohung für Unternehmen entwickelt. Hundertprozentigen Schutz gegen kriminelle Umtriebe wird es nie geben, aber ähnlich wie man das Betriebsgelände physisch sichert, um einem Einbruch vorzubeugen, sollte dies auch im Hinblick auf das IT-System erfolgen. Geschäftsführung und Vorstand sind auch im eigenen Interesse angehalten, sich darum zu kümmern.


FINANZBILDUNG

durch die Oesterreichische Nationalbank Im Rahmen des kostenlosen Programms Euro­Aktiv werden gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern aktuelle Themen rund ums Geld erarbeitet. Bei allen Fragestellungen können die Kinder und Jugendlichen ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen. Die Workshops finden in Kombination mit einer Führung durch die aktuelle Ausstellung des OeNB-Geldmuseums in Wien bzw. Innsbruck statt. Das Programm kann darüber hinaus auch als interaktiver Online-Workshop gebucht werden.

Zielgruppe: 9. bis 13. Schulstufe

Themen: Bargeld & Zahlungsverkehr, Preisstabilität, Umgang mit Geld

oesterreichische_nationalbank

Weitere Informationen unter www.eurologisch.at Anmeldung unter regionwest@oenb.at oder finanzbildung@oenb.at

OESTERREICHISCHE NATIONALBANK EUROSYSTEM

Entgeltliche Information

Dauer: 1 bis 2 Unterrichts­ einheiten


MOBILITÄ

auto & motor

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Stark, scharf, sportlich Der Macan von Porsche war schon immer ein schnittiger Bursche. Mit der neuen Generation wurde das Modell nun nochmals nachgeschärft – quasi rundum. Das Exterieur wurde sportlicher und sämtliche Macan-Varianten haben deutlich mehr Leistung bekommen. Dafür wurde in der „Einstiegsversion“ ein neu entwickelter Reihenvierzylinder-Turbomotor mit 265 PS verbaut, der 2,9-Liter-Biturbo leistet 380 PS im Macan S und 440 PS im Topmodell Macan GTS, was ihn zum absoluten Vorzeigesportler macht. Auch innen präsentiert sich der Neue ordentlich aufgewertet. Die elegante Mittelkonsole wird nun über eine Touch-Oberfläche bedient, die die haptischen Tasten ersetzt und eine klare Struktur ins Cockpit bringt. Darüber hinaus gibt‘s serienmäßig viele hilfreiche Onlinefunktionen. Zusätzlich wurde das Fahrwerk optimiert, steifere Stabilisatoren und eine noch feinfühligere Lenkung sorgen für ein nachhaltig verbessertes Fahrverhalten des Kompakt-SUV. Kurzum: Der Macan hält, was er (optisch) verspricht. Der Einstiegspreis liegt bei rund 77.000 Euro, für den S (94.000 Euro) und den GTS (116.000 Euro) wirds entsprechend teurer.


eco.mobil

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HUCH! Der Elektro-iX3 von BMW ist erst im heurigen Frühjahr auf den Markt gerollt und schon hat er sein erstes Facelift bekommen. Nicht, dass er nicht vorher auch schon hübsch war, aber die Neugestaltung von Front- und Heckpartie soll dazu beitragen, die konzeptionelle und technologische Verwandtschaft zu den jüngsten Repräsentanten für Premium-Elektromobilität – BMW iX und i4 – auch im Design zum Ausdruck zu bringen. Außerdem verfügt der iX3 jetzt auch serienmäßig über ein modellspezifisches M-Sportpaket, das die athletische Ausstrahlung des 210 kW starken SAV (Sports Activity Vehicle) noch mehr unterstreichen soll. Laut WLTP soll man mit voller Batterie bis zu 460 Kilometer weit kommen. Ab 60.000 Euro.

SERIEN-KONZEPT Mit dem C5 X beweist Citroën durchaus Mut im Design, das sich stark an das Concept Car CXPERIENCE anlehnt: Elegant wie eine Limousine und dynamisch wie ein Kombi hat man sich auch an ein paar Elementen aus der SUVWelt bedient. Herausgekommen ist ein markantes Auto, das viele gute Gründe liefert, zum neuen Flaggschiff der Marke zu werden. Auch in puncto Komfort diente der CXPERIENCE als Vorbild, was sich vor allem in einem großzügigen, hochwertigen Interieur bemerkbar macht, in dem man sich selbst auf langen Fahrten immer wie zu Hause fühlt. Die Markteinführung – in Österreich ausschließlich als Plug-in-Hybrid-Variante – ist für Anfang 2022 geplant.

Elektropionier Elon Musk überlässt bei seinen Teslas (fast) nichts dem Zufall und hat sich sogar bei seinen Modellbezeichungen vorausschauend was gedacht. Anfang des Jahres war das Model S nun beim Schönheitsdoc und hat ein Facelift verpasst bekommen. Von außen ist zwar nicht sonderlich viel davon zu sehen, betreffen die Neuerungen doch vor allem das Interieur, aber schließlich sind es ja die inneren Werte, auf die es langfristig ankommt. Und da ist nicht nur im Innenraum, sondern auch technologisch einiges los. Das Model S beschleunigt in 3,2 Sekunden auf 100 km/h, fährt bis zu 250 km/h schnell und soll bis zu 663 Kilometer weit kommen. Die Variante „Plaid“ indes verspricht mit drei E-Motoren eine Systemleistung von 1.020 PS, schafft den Standardsprint in unter 2,1 Sekunden und bis zu 322 km/h. Ein Plaid+-Modell mit mehr als 1.100 PS steht auch schon in den Startlöchern. Das facegeliftete Model S gibt‘s ab rund 90.000 Euro, die Plaid-Variante ab rund 120.000 Euro.

© OFP KOMMUNIKATION

Nachwuchs-Unterstützung Der 18-jährige Raphael-Alexander Steiner aus Steinach und der 20-jährige Maximilian Prosser aus Kirchdorf zählen zu den aufstrebenden Talenten im Biathlon. Die beiden Nachwuchssportler dürfen sich dank einer Kooperation mit den Unterberger Autowelten nun auch über das richtige Fahrzeug freuen, um abseits der Loipe mit Speed in die kommende Saison zu starten. Vor dem Autohaus in Kufstein übergab Gerald Unterberger zwei nagelneue Hyundai-Modelle an die Athleten. Im Bild: Maximilian Prosser, Gerald Unterberger und Raphael-Alexander Steiner FOTOS (WENN NICHT ANDERS VERMERKT): HERSTELLER

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FORMEL 1 FÜR DIE STRASSE

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Man kann sagen, was man will, aber Aston Martins haben einfach Stil. Und Klasse. Und alles. Mit dem Valkyrie Spider bringen die Briten nun das berauschende Formel-1-Erlebnis auch auf die Straße. Den Luxus eines offenen Dachs mit den enormen Erwartungen an Leistung und Fahrgefühl in Einklang zu bringen, die Aston Martin und Adrian Newey auch an die anderen Modelle des Valkyrie-Programms stellen, war eine Herausforderung. Das gemeinsame Ingenieursteam von Aston Martin und Red Bull Advanced Technologies reizte bereits beim Valkyrie die absoluten Grenzen von Design und Konstruktion bei Hypercars aus. Die dabei entwickelten Konstruktionslösungen finden sich nun auch im Spider wieder. Auch dort kommt der unvergleichliche hybride 1.155-PS-Antriebsstrang mit V12-Motor zum Einsatz. Die Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h (mit Dach) macht ihn zum schnellsten und ex­ tremsten offenen Aston Martin mit Straßenzulassung aller Zeiten. Weltweit sind nur 85 Exemplare geplant. Die Anfragen sind weit höher. Preis: ach, wurscht!

TRENDSETTER Mit dem Taigo bringt Volkswagen ein neues Life­ style-Modell im Kleinwagensegment und etabliert damit sein erstes SUV-Coupé in dieser Klasse. Der Crossover-Bodystyle gefällt ebenso wie die erhöhte Sitzposition, die Ausstattungsvarianten, die knackigen Proportionen und der hohe Individualisierungsgrad machen ihn zum perfekten Alltagsbuddy. Unter der Haube werken wahlweise zwei Dreizylinder- oder ein Vierzylinder-Benziner zwischen 95 und 110 PS, manuell geschalten oder mit Doppelkupplungsgetriebe. Im Interieur wurde digitalisiert, was digitalisiert werden konnte, dazu gibt‘s zahlreiche Sicherheits- und Assistenzsysteme. Der Einstiegspreis liegt unter 21.000 Euro.

Autopark-Geschäftsführer Michael Mayr mit Sonja Mayr und dem Autopark-Verkaufsteam OBEN: Der Volvo XC40 Recharge, das erste vollelektrische Modell der Marke, feierte am Electric Driving Day seine Tirol-Premiere

Elektrifiziert „Verbrennungsmotoren bieten heute hervorragende Verbrauchs- und Abgaswerte. Die Antriebstechnologie wird jedoch hervorragend durch Elektromodelle erweitert“, sagt Autopark-Chef Michael Mayr. Er hat Mitte August zum Autopark Electric Driving Day geladen, bei dem es viel zu sehen und zu testen gab. Unter anderem standen die Plug-in-Modelle Ford Kuga, Volvo XC60 und der Suzuki A-Cross sowie die Hybridvarianten des Ford Galaxy und Suzuki Swace bereit. Gleichzeitig feierten der Mustang Mach-E (Test Seite 104) und der Volvo XC40 Recharge als erste reine Elektrofahrezuge ihrer Marken Tirol-Premiere.

„ D A S A U T O I S T E I N G E R ÄT, D A S E S D E M M E N S C H E N E R M Ö G L I C H T, R A S C H E R Z U R A R B E I T Z U KO M M E N , D E R E N E R T R A G I H M E R M Ö G L I C H T, S I C H E I N A U T O Z U K A U F E N .“ WERNER SCHNEYDER, AUTOR


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renault.at

Stromverbrauch: 17,3-19,1 kWh/100 km, homologiert nach WLTP.

STANDORTE: INNSBRUCK NEU-RUM, Serlesstraße 1 Tel. 050/2611, office@dosenberger.com DOSENBERGER-PLASELLER ZAMS, Buntweg 8 Tel. 050/261153, zams@dosenberger.com OSTERMANN, Innsbruck, Fürstenweg 93a, Tel. 050/261152 office@ostermannibk.com HOFER, Neustift, Kampl/Gewerbezone 10, Tel. 05226/2661

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ELEKTROPFERD Zugegeben: Wenn man über einen Mustang redet, denkt man vor allem an einen knatternden V8-Motor, hohe Verbrauchswerte und Steve McQueen als Lieutenant Frank Bullitt. Nun macht Ford mit dem neuen Mustang MACH-E eine 180-Grad-Kehrtwende, wie sie im Buche steht. TEXT: FELIX KASSEROLER // FOTOS: TOM BAUSE

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MUSTANG MACH-E AWD Antrieb: Allrad Reichweite: 540 km Leistung: 258 kW/351 PS Drehmoment: 580 Nm Beschleunigung: 0–100 km/h: 5,8 sec Spitze: 180 km/h Spaßfaktor: 9 von 10 Preis: ab 64.200 Euro

SCHLÜSSELLOS

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er V8 wird im Elektro-Mustang durch einen permanent arbeitenden Dual-Elektromotor-Allradantrieb ersetzt, der Verbrauchswert wird nicht mehr in Litern, sondern in Kilowattstunden auf 100 Kilometern gemessen, und Steve McQueen würde dieses Auto wohl nicht für wahr halten. Doch das ist die Zukunft, die auch Ford mitgestalten will, weswegen wir den Neuen bereits Testfahren durften.

DER ETWAS ANDERE MUSTANG

Der MACH-E ist nicht nur Fords erstes vollelektrisches Auto, sondern gleichzeitig der erste Mustang als SUV. Dementsprechend fällt der Amerikaner auf unseren Straßen definitiv mehr auf als andere vergleichbare Modelle diverser Autohersteller. Das liegt auch am modernen Design, nutzt Ford dieses Modell doch gleichzeitig dafür, auf einen weiteren topaktuellen Trend aufzuspringen: SUV-Coupés. Zwar wird der E-Mustang nicht als solches betitelt, doch die schräg zum Heck abfallende Dachlinie spricht eine deutliche (Design-)Sprache. Apropos Heck. Das weist aufgrund der lamellenartigen Mustang-typischen Lichter wohl noch am ehesten eine Ähnlichkeit zu den Sportmodellen auf, abgesehen natürlich von den fehlenden Endrohren. Vorne herum sieht es schon anders aus, fehlt hier doch der klassische – bei E-Autos allerdings bewusst geschlossene – Kühlergrill, den man beim Design des MACH-E jedoch überhaupt nicht vermisst. Was geblieben ist, ist der böse Blick der Matrix-LED-Scheinwerfer. Es ist und bleibt eben ein Mustang.

Bevor man einen Blick in den Innenraum des elektrifizierten Mustangs werfen kann, gilt es – wie bei jedem anderen Auto auch – die Tür zu öffnen. So banal das auch klingen mag, passiert das eben nicht wie bei jedem Auto. Anstatt dem herkömmlichen Türgriff setzt Ford auf den sogenannten Keyless Entry, wobei die Tür per Knopfdruck aus der Halterung springt und sich öffnen lässt. Angenommen, man hat den Schlüssel zuhause vergessen, funktioniert das sogar per App über das Smartphone und notfalls auch per Code über das eingebaute Tastenfeld in der Tür. Dieses System zieht sich auch im Innenraum fort. Per Keyless Start kann der Mustang auch ohne Schlüssel gestartet und gefahren werden. Eingegeben wird der Code dabei am 15,5-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole … und ja, das entspricht 39,3 Zentimetern (!) Bildschirmdiagonale. Und auch sonst hat das Multimediasystem SYNC der vierten Generation fast selbstredend alle nötigen Funktionen und Einstellungen mit dabei – beispielsweise kann der Fahrmodus mit nur zwei Berührungen zwischen Zahm, Aktiv und Temperamentvoll gewechselt werden. Pluspunkte gibt es für den Lautstärkeregler, der sich physisch aus dem Display hervorhebt und dementsprechend manuell bedient werden kann. Schließlich muss nicht alles per Touchscreen ablaufen. Auf den ersten Blick teilweise etwas versteckt scheint das Soundsystem der Lifestyle-Dänen Bang & Olufsen, das vor allem mit der stoffüberzogenen, im Armaturenträger integrierten Soundleiste mächtig brilliert und den Mitfahrern das Gefühl gibt, direkt vor einer Bühne zu sitzen. Tatsächlich sitzt man auf bequemen, mit Premiumpolsterung versehenen Sensico-Sitzen in Lederoptik, die zusätzlich mit roten Ziernähten versetzt sind. Der MACH-E liefert damit alle Voraussetzungen für eine entspannte Spritztour. Diese darf dann auch gern etwas länger ausfallen, zumal mit der größeren 98,7-kWh-Batterie bei der Allradvariante eine Reichweite von

sehenswerten 540 Kilometern nach WLTP möglich ist. Dabei werden im Übrigen im Durchschnitt 18,7 kW auf 100 Kilometern verbraucht. Natürlich variieren diese Werte je nach Fahrstil stark, besonders beim ersten Einsteigen wird der Verbrauch rasant steigen und die Reichweite dementsprechend sinken. Das liegt vor allem an der Beschleunigung. In nur 5,8 Sekunden spurtet der MACH-E von 0 auf 100 km/h. Möglich machen das zwei Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von sportlichen 258 kW. Sofern die Batterie nach einigen rasanten Beschleunigungsphasen und schnell gefahrenen Kurven – die sich im MACH-E übrigens trotz eines Leergewichts von 2.257 Kilogramm immer noch hervorragend fahren lassen – leer sein sollte, ist diese dank mehrerer zur Verfügung stehender Lademöglichkeiten im Handumdrehen wieder voll. An der optionalen Ford-Connected-Wallbox für zuhause mit elf kW beispielsweise ist die Batterie dank dreiphasigem Laden innerhalb von knapp sieben Stunden wieder auf 80 Prozent (also um knapp 400 Kilometer reicher), an der Schnellladesäule mit 150 kW gelingt das sogar innerhalb von nur 45 Minuten. Um das besser nachvollziehen zu können: Das entspricht in etwa einem entspannten Mittagessen auf dem Weg in den Urlaub. Das ist er also, der neue MACH-E. Klarerweise ist nicht alles, was er mitbringt, unbedingt notwendig – der künstlich erzeugte Sound beispielsweise, der die Beschleunigung im Fahrmodus temperamentvoll musikalisch untermalen soll. Doch es ist und bleibt eben ein Mustang, ganz ohne Sound geht es dann doch nicht. Und wenn man ehrlich ist, dann muss man zugeben – wer will das schon? Preislich beginnt die Basisversion des MACH-E mit Dual-Elektromotor und der Extended-Range-Batterie bei 64.200 Euro. Dafür erhält man ein an sich bereits topausgestattetes Auto, nur zwei Pakete sind als Zusatzoption wahlweise möglich.


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Autowelt Kufstein Unterberger Automobile GmbH & Co.KG II Haspingerstraße 12, Tel.: +43 5372 61060-0 E-Mail: autohaus@unterberger.cc


eco.mobil

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PLATZPROBLEME ADE Wer kennt es nicht: Der Urlaub steht vor der Tür und man beginnt zu überlegen, ob man nicht doch den großen Koffer mitnehmen kann, Platz sollte im Auto doch genug sein, oder? Diese und ähnliche Fragen lassen sich von nun an klar beantworten: Ja. Grund dafür ist kein geringerer als der neue Kia Sorento Plug-in-Hybrid. Viel größer (und dazu noch gutaussehend) geht es nun wirklich nicht mehr. TEXT: FELIX KASSEROLER // FOTOS: TOM BAUSE

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as steckt hinter dem aus Korea stammenden Koloss? Kurz gesagt – ein Raumwunder. Unglaubliche 2.077 Liter Kofferraumvolumen hat der Sorento Plug-inHybrid bei umgeklappter zweiter Sitzreihe zu bieten, bei fünf besetzten Sitzen sind es immerhin noch 898 Liter. Trotz dieser geräumigen Maße im Heck bleibt es selbst in der hinteren Reihe geräumig und man kann komfortabel auch längere Strecken bewältigen.

KIA SORENTO PHeV Antrieb: Allrad Reichweite: 57 km rein elektrisch Leistung: 195 kW/265 PS Drehmoment: 350 Nm Beschleunigung: 0–100 km/h: 8,7 sec Spitze: 193 km/h Verbrauch: 8,0 Liter/100 km Spaßfaktor: 8 von 10 Preis: ab 51.590 Euro

Abgesehen vom monströsen Platzangebot hat der Innenraum noch weitaus mehr zu bieten – angefangen beim Herzstück des Cockpits, dem Fahrersitz, der in der teuersten Ausstattungsvariante Gold so wie die anderen Sitze mit Echtleder in stylischem Schwarz oder wahlweise Grau überzogen ist, Sitzheizung und -belüftung inklusive. Ebenfalls serienmäßig bei der Ausstattungsvariante Gold mit dabei sind die angenehme Ambientebeleuchtung, das rahmenlose 10,25-Zoll-Navigationssystem


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mit Live-Informationen einschließlich den Ladestationen in der Nähe sowie das Premium-Soundsystem von Bose mit zwölf integrierten Lautsprechern für qualitativ einwandfreien Klang. Serienmäßig bei allen Ausstattungsvarianten sind neben dem 12,3-Zoll-Supervision-Cluster für digitale Überwachung samt den wichtigsten Fahrinformationen mit Aktualisierungen zum Energiefluss, Batteriestatus und Weiterem beispielsweise auch die Schaltwippen hinter dem Lederlenkrad. Diese Schar an Ausstattungsbausteinen hört bei Design- und Komfortelementen nicht auf. Auch in Sachen Sicherheits- und Assistenzsysteme steht der Sorento seiner Konkurrenz um nichts an. Neben den gängigen Systemen wie adaptiver Tempomat, Spurhalteassistent und aktiver Totwinkelassistent hat der Gigant auch völlig neuartige Technologie mit an Bord. Hier sei der Totwinkelmonitor erwähnt, wobei am Supervision Cluster beim Blinken ein Kamerabild eingeblendet wird, das den toten Winkel abdeckt und das Abbiegen und Spurwechseln noch sicherer machen soll.

DAS HECK BESTICHT VOR ALLEM DURCH DIE ZWEI NEBENEINANDER ANGEORDNE TEN VERTIK ALEN LED-RÜCKLEUCHTEN, DIE DEM G A N Z E N Z U S ÄT Z L I C H Z U M H E C K S P O I L E R EINEN SPORTLICHEN LOOK VERLEIHEN.

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INNEN HUI, AUSSEN HUI

Das Außendesign des Sorento darf, ohne groß zu überlegen, als gelungen bezeichnet werden. Die Front besteht hauptsächlich aus dem markant strukturierten Kühlergrill mit chrom- und schwarzglänzender Einfassung sowie den LED-Scheinwerfern. Das Heck besticht vor allem durch die zwei nebeneinander angeordneten vertikalen LED-Rückleuchten, die dem Ganzen zusätzlich zum dezenten Heckspoiler einen sportlichen Look verleihen. Für das gewisse Maß an Luxus sorgt der auf der Heckklappe platzierte Sorento-Schriftzug. Die Heckklappe lässt sich im Übrigen elektrisch öffnen und bietet bei einigen Ausstattungsvarianten sogar die Möglichkeit, eine bestimmte Öffnungshöhe festzulegen. Das wohl spannendste Merkmal am Plug-in-Hybrid findet sich aber unter der Haube: der Motor nämlich. Angetrieben wird der rund 2,1 Tonnen schwere Koloss von einem 1,6-Liter-Vierzylinder-Benzinin Kombination mit einem Elektromotor. Gemeinsam bringen es die beiden auf eine Systemleistung von 265 PS. Anders als beispielsweise beim Vollhybrid ist es dem Plugin dabei möglich, rein elektrisch von A nach B zu gelangen. Im Fall des Sorento ist damit eine Reichweite von 57 Kilometern machbar. Dieser Wert variiert natürlich entsprechend den gegebenen (Fahr-)Bedingungen. Zum

Laden der Batterie besteht zum einen die Möglichkeit, sie während des Fahrens im Sport-Modus aufzuladen, zum anderen kann sie – wie der Name sagt – über ein im Lieferumfang enthaltenes Kabel an einer haushaltsüblichen Steckdose aufgeladen werden. Das dauert knapp dreieinhalb Stunden. Fein: Der Ladeport Typ 2 verfügt über eine integrierte Ladeanzeige, über die sowohl der Ladestatus als auch der Akkustand bequem abgelesen werden kann, ohne die Zündung betätigen zu müssen.

AUF UND ABSEITS DER STRASSE

Gefahren werden kann der Sorento Plug-in-Hybrid dank Drive-Mode-Select in drei verschiedenen Antriebsmodi: Eco, Sport und Smart. Sofern der Untergrund einmal etwas rauer ausfallen sollte, braucht man nur den Drive-Mode-Select-Knopf in der Mittelkonsole zu betätigen und schon wird auf Terrain-Mode-Select gewechselt. Dabei kann zwischen Schnee, Schlamm und Sand

ausgewählt werden. Man sieht also: Der Sorento ist für mehr gemacht als nur für die Straße. Das zeigen auch die 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, die trotz der Größe des Autos vergleichsweise klein ausfallen. Grund dafür ist wohl, dass das Auto nicht nur gut aussehen, sondern auch funktional sein soll, wobei große Felgen – trotz der guten Optik – oft zu empfindlich sind. Preislich beginnt der Sorento Plug-in-Hybrid als Fünfsitzer in der Ausstattungsvariante Titan bei 51.590 Euro und ist bereits in dieser Version mit einigen serienmäßigen Ausstattungshighlights ausgestattet. Wer es gerne ein wenig exklusiver haben möchte, dem empfiehlt sich die Variante Silber für mindestens 55.790 Euro, und wem selbst das noch nicht reichen sollte, der entscheidet sich für die Variante Gold für zumindest 59.990 Euro. Für diesen Preis erhält man ein wirklich einwandfrei ausgestattetes Auto, bei dem nur wenige Zusatzoptionen wie das Panoramadach für 1.500 Euro möglich sind.


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KLEIN, ABER OHO Was einst noch als völlig neu galt und sich erst am Markt etablieren musste, ist mittlerweile fester Bestandteil eines jeden Stadtbildes. Mit dem Zoë hat Renault einen ersten Schritt in Richtung Elektromobilität gewagt, der sich zweifelsfrei als richtig erwiesen hat. TEXT: FELIX KASSEROLER

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ngeboten wird die Neuauflage des Reanult Zoë in vier verschiedenen Ausstattungslinien mit wahlweise einer 41-kWhoder der größeren 52-kWh-Batterie. Besonders interessant sind bei Elektroautos natürlich die zwei folgenden Fragen: „Wie weit kommt man damit?“ und „Wie lang dauert der Ladevorgang?“ Nun: Satte 385 Kilometer sollen mit dem kleinen Franzosen möglich sein und dank serienmäßigem 22-kW-Chameleon-Charger ist die Batterieanzeige nach nur zwei Stunden an der hauseigenen Wallbox mit 11 kW wieder um 120 Kilometer angewachsen. Schneller geht es beim Zoë wie bei anderen Modellen dank optionalem 50-kW-DC-CCS-Charger ebenfalls. Damit sind nach nur 30 Minuten wieder 150 Kilometer aufgeladen. Während das Außendesign abgesehen von den neuen Renault-typischen LED-Scheinwerfern in C-Form, der Front sowie den leicht modernisierten Heckleuchten dem Vorgängermodell ziemlich ähnelt, haben die Franzosen vor allem im

Innenraum um einiges aufgerüstet. Das Multimediasystem ist mit EASY LINK an die anderen Renault-Modelle angepasst und liefert mit nur wenigen Handgriffen alle notwendigen Informationen auf dem je nach Ausstattungsvariante sieben oder 9,3 Zoll großen, im Hochformat angeordneten Display. Alle für den Fahrer notwendigen Daten lassen sich bequem über das gut dimensionierte, zehn Zoll große Fahrerdisplay ablesen. Man sieht: Der Zoë steht der Konkurrenz um nichts nach. Ganz im Gegenteil, denn wo andere Autohersteller neuwertige und meist teure Materialien verbauen, tut der Franzose der Umwelt einen zusätzlichen Gefallen, indem er bereits ab der zweiten Ausstattungslinie ZEN mit Polsterung und Zierelementen aus 100 Prozent recyceltem Stoff geliefert wird. In Sachen Fahrverhalten lässt sich der Zoë am ehesten als auffallend unauffällig beschreiben. Die Beschleunigung ist – trotz lediglich 80 bzw. 100 kW – unfassbar schnell, hören tut man davon abgesehen

von Abroll- und Windgeräuschen jedoch fast nichts. Ähnlich ruhig geht der Gangwechsel vonstatten. Dieser funktioniert nicht mechanisch, sondern per Knopfdruck über den elektronischen E-Shifter, der im Übrigen neben den normalen Gängen den zusätzlichen B-Modus mit sich bringt, um die Bremsen zu entlasten und nebenbei für noch mehr Energierückgewinnung zu sorgen. So viele technische Neuheiten gibt es normalerweise nur für einen hohen Preis, anders beim Zoë: Die Basisvariante LIFE kostet 30.990 Euro, für die Topvariante RIVIERA werden mindestens 38.440 Euro fällig.

RENAULT ZOË INTENS

Antrieb: Front Reichweite: 385 km Leistung: 100 kW/135 PS Drehmoment: 245 Nm Beschleunigung: 0–100 km/h: 9,5 sec Spitze: 140 km/h Spaßfaktor: 7 von 10 Preis: ab 30.990 Euro


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TECHNOLOGIE-TRÄGER Die neue RT von BMW bleibt dem bewährten Touringkonzept treu und überzeugt mit Innovationsgeist. Viel souveräner kann man auf zwei Rädern nicht von A nach B kommen – und dabei auch noch jede Menge Fahrspaß haben. T E X T : K L A U S S C H E B E S TA

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ie RT steht seit 1979 für überlegene Touringeigenschaften mit dem legendären BMW-Boxer-Aggregat. Das Konzept setzt sich aus Komponenten wie Fahr- und Sitzkomfort, Stauraum, Windschutz und Fahrsicherheit zusammen. Genau das kann auch das Modell 2021 so perfekt wie kaum ein anderes Motorrad in diesem Segment. Lange Autobahnetappen? Ausgiebige Tagestouren? Sanft geschwungene Asphaltbänder im Hinterland? Das kann

die RT. Und wie. Wer den Kleinkampf auf engem Winkelwerk, löchrigen Schotterstraßen oder endlosen Kehren sucht, greift nicht zur RT, da gibt es andere Konzepte auf zwei Rädern (auch im Regal von BMW). Aber bleiben wir bei dem, was die RT kann. Und das ist verdammt viel. Speziell mit dem Modell 2021, das nochmals deutlich an der Luxus- und Komfortschraube dreht. Abgesehen von einem Facelift, das diesen Namen auch verdient, wurde der

Fulldresser zu einem Technologieträger der bayerischen Motorenbauer: Die dynamische Traktionskontrolle und Vollintegral-ABS-Pro serienmäßig, LED-Scheinwerfer mit adaptivem Kurvenlicht und Tempomat mit Abstandsregelung als Sonderausstattung heben den Tourer auf ein neues Innovationslevel. Und das riesige 10,25-Zoll-TFT-Display setzt Maßstäbe für die Kommandozentrale auf einem Zweirad. Von der Vorgängerin übernommen wurde


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das Boxer-Triebwerk, das mit 136 PS bärige Kraft in allen Lebenslagen garantiert. Das Aggregat leistet sagenhafte 143 Newtonmeter, davon mindestens 110 zwischen 2.000 und 8.500 Touren, also: immer. Das einst typische Boxer-Schütteln haben die Konstrukteure der 1250er abgewöhnt und den Zweizylinder zu einem unglaublich harmonischen Antrieb entwickelt.

REISEN MIT STIL

Die RT vermittelt Sitz- und Fahrkomfort für lange Touren und umgibt den Fahrer stets mit einem Hauch an Luxus. Für verspielte Naturen bietet die RT jede Menge Einstellmöglichkeiten – wenn man brav die Kreuzerln bei den verfügbaren Sonderausstattungen gemacht hat, schon überhaupt. Das Fahrwerk bügelt in die Jahre gekommene Asphaltbänder glatt, der Schaltassistent sorgt für flotte Schaltübergänge und die Integralbremsen packen ordentlich zu. Die RT lässt sich auch sportlich bewegen, stößt hier aber an ihre Grenzen. Die Konstrukteure schaffen es, die 279 Kilogramm in erstaunlich luftigen Fahrspaß umzuwandeln, aber zaubern können sie auch nicht.

DIE RT DES J A H R G A N G S 2 0 21 DREHT NOCHMAL S DEUTLICH AN DER LUXUS - UND KO M F O R T S C H R A U B E . RT. Diese beiden Buchstaben bringen das Konzept der R 1250 RT exakt auf den Punkt: Reisetourer.

BMW R 1250 RT Motor: Zweizylinder-Boxer, 1.254 ccm Leistung: 36 PS Drehmoment: 143 Nm Beschleunigung: 0–100 km/h: 3,7 sec Spitze: 225 km/h Gewicht fahrfertig: 279 kg Assistenzsysteme: vollintegrales KurvenABS, schräglagenoptimierte Traktionskontrolle, Tempomat DDC. Optional: Schaltassistent, semiaktives Fahrwerk Dynamic-ESA, Temporegelung ACC, Keyless Ride, Hill Start Control Pro u.v.a. Preis: ab 22.200 Euro

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STROMBÖRSE

Speziell in Kehren und sehr engem Kurvengewühl lässt sich der Luxusspeck nicht ganz wegdiskutieren. Die Zielgruppe der 1250 RT sind Menschen, die Motorradreisen mit Stil kultivieren und ohne ein Mindestmaß an Komfort erst gar nicht aufsteigen. Die RT kommt nahe an die Ruhe und Souveränität ganz großer Reisetourer wie des hauseigenen Sechszylinder-Schlachtschiffs K 1600 oder der Honda Gold Wing – bringt dabei aber fast hundert Kilogramm weniger auf die Waage, was sich in der Handlichkeit und der Annäherung an eine sportliche Fahrweise positiv bemerkbar macht. Und der Wasserboxer werkt auch in der RT derart beherzt, dass es eine Freude ist.

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LIFESTYL

genuss & trends

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Klein und klar Der MoGO Pro+ von XGIMI ist ein portabler Beamer, der trotz seiner kompakten Abmessungen (14,7 cm hoch und 0,9 kg leicht) ein unglaubliches Bild genau dorthin zaubert, wo Sie es haben möchten. Die 1080p-Full-HD-Auflösung schafft Projektionsflächen von bis zu 100 Zoll. Ein integrierter Hochleistungsakku sorgt für längere Abspielzeiten (zwei bis vier Stunden Videospielzeit), ein Original-Soundsystem von Harman Kardon für einen ausgewogenen Klang. Android TV liefert dazu eine Auswahl von 700.000 Filmen und Sendungen unterschiedlicher Streamingdienste, sollte unterwegs kein Internet parat sein, gibt‘s einen 2-GB- bzw. 16-GB-Speicher für bis zu zehn Filme und 1.000 Songs. Aktuell um 599 Euro (statt 649 Euro) unter www.eleonto.com


© MARTIN LUGGER

eco.life

BUCHTIPP

VOM GLÜCK, MIT HUNDEN ZU LEBEN Jennifer Dixon / Thomas NiedersteWerbeck / Marianne von Waldenfels Callwey Verlag 224 Seiten, EUR 39,95

SÜSSE SOFIE Wir mögen ja Dinge, die praktisch-funktional und dabei auch noch hübsch anzusehen sind. Deshalb gefällt uns die Anrichte „Sofie“ von der Tischlerei Lanser aus Osttirol so sehr. Die ist ein wahres Verstauwunder und eignet sich auch als Schminktisch oder Schmuckkästchen. Kurzum: Die ist perfekt für Ordnungs-Monks und Liebhaber schöner Dinge. Details wie Griffe aus Messing und gezinkte Laden zeigen, wie viel Liebe in der Anrichte steckt. Erhältlich in vielen Farben (im Bild: Mokka) oder schlichter, duftender Zirbe. Gesehen bei der Tischlerei Lanser in Lienz. www.tischlerei-lanser.at

„Gib dem Menschen einen Hund und seine Seele wird gesund“, wusste schon Hildegard von Bingen. Und die kennt sich aus mit Gesundheit. Dieses Buch erzählt persönliche Geschichten von Hundehalter*innen und ihren Vierbeinern und gibt wunderbare Einblicke in deren (gemeinsames) Leben. Dazu gibt‘s hilfreiche Tipps – vom selbstgemachten Hundefutter übers Reisen bis zu den schönsten und praktisch­sten Accessoires. Mit entzückenden Bildern, die nicht nur Hundebesitzer-Herzen erwärmen. Hätten wir nicht schon zuckersüße Bürohunde (die wirken echt Wunder!), wären wir durchaus versucht, uns jetzt einen zuzulegen.

TIPP REDA S DER KTIO N

H A U S H A LT S H E L F E R Staubsaugen braucht man im Haushalt, wie Burpees beim Sport. Irgendwie gar nicht (wenngleich hilfreich). Letztere müssen wir wohl oder übel selber machen, saugen indes können wir lassen. Am besten mit dem ebenso stylischen wie intelligenten DEEBOT OZMO T8+ Saug- und Wischroboter von Ecovacs. Der ist echt super, macht rundum perfekt sauber und reinigt gründlich und effizient – mit und ohne Wasser. Gesehen um 899 Euro (samt reichlich Zubehör und 3-D-Hinderniserkennung) unter www.eleonto.com

„Es gibt eine Zeit für die Arbeit und es gibt eine Zeit für die Liebe. Mehr Zeit hat man nicht.“ COCO CHANEL, MODEDESIGNERIN

WA S AU F S O H R

TIROL GANZ BUNT

DAS GROSSE AUSMALBUCH TIROL Beatrix Weger Tyrolia Verlag 64 Seiten, EUR 14,95

Seit geraumer Zeit machen Wimmelbücher wieder eifrig die Runde (was wir vollumfänglich gutheißen), nun wird auch gemalt. Künstlerin Beatrix Weger hat für das Tirol-Ausmalbuch 30 detailreiche und liebevoll gestaltete Motive zusammengestellt, bei denen man sich so richtig austoben und kreativ sein kann. Typische Symbole und Sehenswürdigkeiten, aber auch Berge und Landschaften, Brauchtum, Tier- und Pflanzenwelt sind in dekorative Flächen aufgebrochen und warten darauf, ordentlich bebuntet zu werden.

Die Apple AirPods kennt man, seit einiger Zeit gibt‘s mit dem Zusatz „Max“ auch eine Over-EarVariante davon. Und die mögen wir sehr. Die AirPods Max sorgen nicht nur für einen tollen Klang am Ohr, sie halten auch unerwünschte Geräusche weg. Praktisch: Beim Abnehmen pausieren sie automatisch und auch Siri ist bei Bedarf mit an Bord. Bei vollem Akku lassen sich bis zu 20 Stunden Musik hören, Filme schauen oder Gespräche führen. Verschiedene Farben ab aktuell 449 Euro (statt 629 Euro) bei www.eleonto.com

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© INNSBRUCK TOURISMUS / WOLFGANG WIRTH

BUCHTIPP

MOSTKOST

ALLGEMEINGUT

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Der Kunst haftet nach wie vor oft noch etwas Elitäres und Unnahbares an. Doch der schöne Spruch „Earth without art is just eh“ hat schon seine Richtigkeit. Deshalb werden die Angebote, um Kunst auf niederschwellige Weise entdecken zu können, immer größer. So wurden im Vorjahr etwa die ersten „ART Walks Innsbruck“ ins Leben gerufen, die aufgrund des großen Erfolgs heuer ihre Wiederholung finden. Gemeinsam mit Alexandra Mairhofer, staatlich geprüfte Austria Guide, bummeln die Teilnehmer*innen durch Innsbruck, tauchen ein in spannende und international renommierte Institutionen der zeitgenössischen Kunst und lernen die Akteur*innen dahinter kennen. Die wechselnden Ausstellungen im Kunstraum Innsbruck, im TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol und in den beiden Ausstellungsorten der Tiroler Künstler:innenschaft, Neue Galerie und Kunstpavillon, zeigen aktuelle Kunst, die sich mit Themen der Gegenwart auseinandersetzt. Gleichzeitig erhalten die Teilnehmer*innen einen Einblick in das kulturelle Leben der Stadt. Weitere Infos unter www.innsbruck.info (Sehen & Erleben / Sightseeing / Highlights)

Wir sind ja generell große Fans nordischer Krimis, die richtig schauderhaften mit ordentlich Psychothrill. Weil man aber zwischendurch auch was Gemächlicheres braucht, mögen wir im Gegensatz dazu auch gemütliche Provinzkrimis. Herbert Duztlers Alt­ausseer Gendarmen Franz Gasperl­maier zum Beispiel oder Rita Falks Eberhofer-Fälle (der übrigens auch Franz heißt). Und fast scheint es ein Muster zu sein, denn auch der Hauptdarsteller aus Klaus Ranzenbergers „Fälle für Onkel Franz“ heißt – der Titel lässt‘s vermuten – Franz. Von der Innviertler Krimödie ist mit „Mostkost“ kürzlich das mittlerweile vierte Buch erschienen und wieder wird der gute Onkel Franz in allerlei skurrile Situationen geschickt und abermals wird es kriminiell in des Onkels beschaulichem Heimatstädtchen. © HAYMON VERLAG / FOTOWERK AICHNER

Am 16. Juli 2021 begannen wieder die ART Walks Innsbruck wieder – bis dato fixierte weitere Termine für heuer sind 24. Steptember, 12. November sowie 17. Dezember Im Juli begann die zweite Auflage der ART Walks Innsbruck – bis dato fixierte weitere Termine: 24. September, 12. November und 17. Dezember 2021

Klaus Ranzenberger, Verlag Anton Pustet, 224 Seiten, EUR 22,00

VERNEIGUNG VOR EINEM GANZ GROSSEN

BUCH-KUNST Künstlerin Nadja El Manchi tobt sich nicht nur bei Schüttbildern aus, sondern setzt sich auch kritisch mit aktuellen Themen auseinander – im Großen wie im Kleinen. Und nun auch im ganz Kleinen, denn sie hat ein Kinderbuch geschrieben. „Die Geschichten schreibe ich für meine Enkelkinder, um ihnen die Nähe und den Respekt zu den kleinen Lebewesen in der Natur näherzubringen. Bei den Spaziergängen mit ihnen durch Wald und Wiesen fallen mir die Geschichten ein und Laurin, inzwischen sechs Jahre alt, wollte immer wissen, ob‘s zu den Geschichten kein Buch gibt ...“, erklärt El Manchi den Hintergrund. Hauptdarstellerin der Geschichten ist die Schnecke Superschnell, die in Teil eins ihren Bruder Trödeli aus so mancher Not befreit. Der nächste Teil „Begegnung mit der Schlange Zsazsa“ erscheint Ende des Jahres. Jede Geschichte erscheint in einer Auflage von 250 Stück, erhältlich ist das Büchlein unter elmanchinadja@gmail.com gegen eine freiwillige Spende, die gänzlich dem Verein „Helfende Hände in Tarrenz“ zugutekommt.

Der Tiroler Theater-, Hörspiel- und Drehbuchautor Felix Mitterer wird in diesem Jahr mit dem Ehrenpreis des Filmfestival Kitzbühel (FFKB) ausgezeichnet. Mitterer ist nach Joseph Vilsmaier, Marie Bäumer, Helmut Berger und Veronica Ferres der bisher fünfte Preisträger. „Wir haben Felix Mitterer bereits 2015 eine Retrospektive gewidmet. Damals gab es den Ehrenpreis noch nicht, aber es war uns immer schon ein großes Anliegen, auch heimische Größen aus Film und Fernsehen auszuzeichnen“, betont FFKB-Geschäftsführer Michael Reisch. „Das Hauptaugenmerk von Mitterers großem Lebenswerk gilt nicht vordergründig dem Film, nichtsdestotrotz wurden seine filmischen Arbeiten stets zu großen Publikumserfolgen, seine Drehbücher über Tiroler Themen strahlten stets weit in den deutschsprachigen Raum.“

„Kunst ist der beste Weg, die Kultur der Welt zu begreifen.“ PABLO PICASSO, MALER


TIROLER EDLE

20 JAHRE MIT DER EDLEN © GRAUVIEHZUCHTVERBAND

Es ist nicht die Rede von einer Ehe. Eine langwährende Liebschaft ist es allerdings schon. Zwischen bester Couverture und Tiroler Grauviehmilch. Zwischen ghanaischen und venezolanischen Kakaobohnen und heimischen Bergkräutern. Zwischen Beeren und Edelbrenner. Zwischen Nougat und Zirbe. Zwischen Chocolatiers und Süßmäulchen. Zwischen Mensch und Tier. Dies ist die Geschichte der Tiroler Edle Schokoladen in aller Kürze.

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m Anfang war die Initiative der findigen Therese Fiegl, eine Schokolade mit der Milch vom Tiroler Grauvieh herzustellen. Sie fand in Konditormeister und Chocolatier Hansjörg Haag aus Landeck den perfekten Partner, um die Tiroler Edle wahr werden zu lassen. Gestartet wurde mit drei Sorten: Stanzer Zwetschke, Nougat, Williamsbirne. Klassiker, die es auch heute noch gibt. Die Menschen hinter der Schokolade sind mittlerweile ähnlich ergraut wie die edle Tiroler Rinderrasse, aber nicht minder aktiv und nach wie vor mit großer Leidenschaft, viel Handarbeit und Know-how bei der süßen Sache. Und die Zukunft der Tiroler Edle ist durch den Nachwuchs unter anderem in Gestalt von Christoph Haag gesichert.

VON DREI AUF FÜNFZIG

Im Zeitenlauf von zwei Jahrzehnten wuchs das Sortiment der Tiroler Edle von drei auf

rund 50 Sorten an. Stetig wird an neuen Kreationen getüftelt. Folgerichtig übertrifft die Produktion von anfänglich 700 Tafeln mittlerweile locker die 200.000er-Marke. Im Kern blieb die feine 50-g-Tafel unverändert: Milch und Rahm kommen ausschließlich vom autochthonen Grauvieh. Der Kakao wird von zwei Couverture-Produzenten – Felchlin in der Schweiz und Domori in Italien – zu Preisen über dem Fairtrade-Handel bezogen und aufbereitet. So gut wie alle Zutaten sind von Tiroler Provenienz: die Nüsse, das Obst, die Kräuter, die Edelbrände.

INNEN & AUSSEN MÜSSEN STIMMEN

Die Hülle mit dem unverwechselbaren Design wird seit Anbeginn von der Innsbrucker Agentur Weiberwirtschaft gestaltet, die Kartonverpackung ist ebenfalls ein regionales Erzeugnis. Und mittlerweile wurde auch eine maschinentaugliche Bio-Folie gefunden, die den Geschmack bestens

konserviert und zugleich die Umwelt nicht belastet.

FREUDE UND DANK

Mit großer Freude also wird der 20. Geburtstag der Tiroler Edle Schokoladen begangen. Mit Freude und Dankbarkeit, dass so viele Menschen den erlesenen Geschmack zu schätzen wissen. Dass ein Nischenprodukt mit hohem Anspruch auch eine Anhängerschaft über die Grenzen Tirols hinaus gewinnen konnte. Dass Tradition und Innovation gemeinsame Sache machen. Dass Qualität zwar ihren Preis haben kann und muss, dafür aber Regionales fördert, in ihm verankert ist und das Besondere zum Vorschein kommt. Kurz und gut: Edle Schokolade von edlem Grauvieh für edle Genießer! PR

INFOS

Alle weiteren Informationen finden Sie unter www.tiroleredle.at


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Li.: AS full color (2017), ca. 10 x 10 cm / Mi.: Zureta (2017), ca. 15 x 15 cm / re.: AS full color (2017), ca. 15 x 15 cm jeweils Polymertiefdruck auf Hahnemühle-Büttenpapier

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MICHAEL W. SCHNEIDER

MEISTER DER DRUCKGRAFIK In der ersten Ausstellung des zweiten Halbjahres 2021 widmet die Innsbrucker Galerie Nothburga ihre traditionsreichen Räumlichkeiten ausschließlich den druckgrafischen Arbeiten Michael W. Schneiders.

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ie erste Ausstellung nach der Sommerpause in der Galerie Noth­burga zeigt Druckgrafiken des gebürtigen Tirolers Michael W. Schneider. Bereits in der eingeschobenen Sommerausstellung im Jahr 2020, die druckgrafische Exponate zeigte, wurden mehrfarbige Radierungen des renommierten Künstlers präsentiert, im September werden nun auch neue Arbeiten zu sehen sein. Dabei beschäftigt sich Schneider unter anderem mit den seltsamen Phänomenen der gegenwärtigen Medienrealität, deren Auswirkungen weltweit zu Verwerfungen in sozialen und politischen Strukturen geführt haben. Die Druckgrafik als erstes Massenmedium ist das perfekte Mittel, um der Schaffung von alternativen Realitäten durch Medien nachzugehen. Entstanden sind die Werke in Schneiders Atelier im japanischen Tokyo, kuratiert wird die Ausstellung von Barbara Fuchs. Dabei wird mit „Nobody is against it“ auch ein sehr aufwändig gestaltetes Künstlerbuch aus dem Jahr 2020 erstmals in Österreich gezeigt.


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Sharara – Minerva was a Witch (2019), je 93 x 27 cm, Holzdruck & Siebdruck auf japanischem Papier

VON TIROL IN DIE WELT Michael W. Schneider wurde 1967 geboren, studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und an der Tokyo University of the Arts (Tokyo Geidai) in Japan. Seine Werke wurden in Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen in Europa, der Türkei, in Japan, Korea, China, Kanada, Nord- und Südamerika präsentiert. Seit 1990 arbeitet Schneider intensiv an den Techniken des Holzschnitts und -drucks. Statt der traditionellen Holzschnittmesser verwendet er dabei in der Natur gefundene Steine, um Strukturen in die Holzplatten zu schlagen. Seit seinen Studien in Japan kommen außerdem wasserlösliche Farben und Substanzen wie Tusche, Pigment und Graphit zum Einfärben der Druckplatten zum Einsatz. Nebst zahlreichen internationalen Preisen wurde Schneider 2005 für seine Forschungen auf dem Gebiet ungiftiger und computerunterstützter druckgrafischer Techniken mit dem Theodor-Körner-Preis ausgezeichnet. „Michael W. Schneider aus Landeck gilt in Japan als der bedeutendste europäische Holzdrucker der letzten hundert Jahre“, so Dietmar Klimbacher anlässlich einer Ausstellung in der Galerie 22A. Abseits von druckgrafischen Traditionen erweitern Installation, Fotografie, Performance und Sound die künstlerische Praxis. Wie sehr das Wissen und Können Schneiders geschätzt wird, lässt sich an seinen Einladungen als Ausstellungskurator sowie zu Kunstsymposien und an seiner umfangreichen Vortrags­tätigkeit im asiatischen Raum, in Amerika, Südamerika und Australien erken-

nen. Wien-Besuchern ist vielleicht die U3-Passage Johnstraße bekannt, die von ihm gestaltet wurde. In seiner Wahlheimat Japan berief ihn die Kunstuniversität, an der er selbst studierte, 2015 als ersten nicht-japanischen Professor für Bildende Kunst. Sein Wissen gibt Michael W. Schneider zudem als Gastprofessor an der Shanghai Academy of Fine Arts in China sowie als Adjunct Professor im Art Department der Webster University in St. Louis, Missouri, an Studierende weiter. Seit 2014 ist er für das Fach „Grafik/Schwerpunkt: Druckgrafik und Printmedia“ an der Universität für Angewandte Kunst in Wien habilitiert. Neben seiner Arbeit als freischaffender Künstler leitet Michael Schneider gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth Parth den Kleinverlag edition ps, in dem unter anderem Künstlerbücher in Kleinstauflage oder als Unikate entstehen.

GALERIE NOTHBURGA Innrain 41 6020 Innsbruck info@galerienothburga.at

www.galerienothburga.at Michael Schneider Druckgrafik

Eröffnung: 7. September 2021 Finissage: 2. Oktober 2021 zur „Langen Nacht der Museen“ (18 Uhr bis 1 Uhr früh), bei der ein Film-Mitschnitt zu sehen ist, der den Künstler bei der performativen Bearbeitung einer Holzdruckplatte im Museum Essl zeigt. Aktuelle Informationen entnehmen Sie der Galerie-Website!

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Hanno Schlögl – ein Leben mit Architektur und Kunst. Eingebettet in das ursprüngliche Ensemble aus Inneneinrichtung, Erinnerungsstücken, Büchern und Pflanzen aus dem Wohn- und Arbeitsbereich des Architekten, bietet die Präsentation der Sammlung dem Besucher einen sehr persönlichen Einblick in das Leben, die Wahrnehmung und das Denken der Ausnahmeerscheinung Hanno Schlögl.

KUNST UND KONTEXT Es gibt viele unterschiedliche Gründe, Kunst zu sammeln. Der Schwerpunkt kann etwa eine bestimmte Kunstrichtung oder monographisch umfassend das Werk eines einzelnen Künstlers oder einer Künstlerin sein, es gibt Kunstsammlungen, die als Wertanlage konzipiert sind oder auch einfach die Freude am Besitz des einzelnen Kunstwerks vermitteln. In jedem Fall gewinnt man in einer Ausstellung einer Sammlung einen Eindruck über diejenigen, die Kunst sammeln. Wie über Hanno Schlögl. T E X T : G A B Y G A P P M AY R , 2 0 2 1

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n der aktuellen Ausstellung der Galerie „Im Vektor – operated by Steinmayr & Co“ ist ein Querschnitt der Sammlung des Innsbrucker Architekten Hanno Schlögl (1944 – 2020) zu sehen. Schon immer interessierte sich Schlögl neben der Architektur besonders für die Musik und die bildende Kunst. Für ihn war die Kunst eine Möglichkeit, existenzielle Fragen und Bedingungen des Menschen sichtbar zu machen. Daher spiegelt seine Sammlung

in erster Linie seinen persönlichen Zugang zur Kunst wider. Die einzelnen Werke gleichen Momentaufnahmen von Begegnungen, Eindrücken, Erinnerungen und Reflexionen über bestimmte künstlerische Fragestellungen. Die ausgewählten Kunstwerke sind ebenso Zeichen des Wandels und der Intensität persönlicher Vorlieben wie auch der eigenen Befindlichkeit. Als Architekt stand Hanno Schlögl immer im Austausch mit unterschiedlichen Men-

schen. Diese Vielfalt und Begeisterung für verschiedene Persönlichkeiten in der Kunst zeigt sich in der Auswahl der Kunstwerke.

FESTHALTEN DES AUGENBLICKS

Hanno Schlögls Zugang zur bildenden Kunst war intuitiv und stets bestimmt von Neugier, einer intensiven Auseinandersetzung mit dem einzelnen Werk und einer sich im Lauf der Zeit herauskristallisierenden Vorliebe für Werke, die jenseits formaler oder kunstgeschichtli-


cher Unterschiede fundamentale Aspekte der menschlichen Existenz thematisieren. Der Spaziergang durch die Ausstellung wird zur individuellen Erfahrung der condition humaine. Die gezeigten Werke spüren dem nach, was den Menschen in seinem Denken und Handeln, seiner Intensität und Komplexität ausmacht. Jener Moment des Existenziellen wird auch durch die „Inszenierung“ der Kunstwerke in ihrem ursprünglichen Kontext fassbar. Eine Lampe, ein Tisch, ein Gehstock, eine Pflanze oder ein Plattenspieler, nur vermeintlich banale Gegenstände des alltäglichen Lebens, werden im Zusammenspiel mit den ausgestellten Arbeiten zu Sinnbildern des Privaten. Das einzelne Kunstwerk tritt in einen Dialog mit dem von Hanno Schlögl selbst gesetzten Kontext. Es ergeben sich Querverbindungen, formale oder inhaltliche Affinitäten. Das Private, hier also einzelne Gegenstände oder Ensembles aus Möbelstücken, Kunstwerken und anderen Elementen des Wohnens, gibt durch die Übertragung in einen Galerieraum einen gleichsam abstrakten Einblick in Hanno Schlögls Leben. Menschen, die ihn näher kannten, werden mit bestimmten Einrichtungsgegenständen und Kunstwerken persönliche Erinnerungen

© GÜNTER R. WETT

eco.life

Maria Köfler, bei Steinmayr & Co unter anderem als Kuratorin für „Im Vektor“ zuständig

verbinden, für andere ist es eine Möglichkeit, Kunstwerke in einem Kontext zu sehen, der normalerweise der Öffentlichkeit verwehrt ist. Und so führt die außergewöhnliche Ausstellung auf intensive Weise in ein Wechselspiel aus Privatheit und Öffentlichkeit, aus individueller Sammlertätigkeit, privater Wohnsituation, wie sie gerade bei einem Architekten von besonderem Interesse sein mag, sowie allgemein gültiger Präsenz künstlerischer Positionen.

KUNSTSAMMLUNG HANNO SCHLÖGL noch bis 30. September 2021 in der Galerie Im Vektor – operated by Steinmayr & Co Burg Hasegg/Münze Hall Öffnungszeiten: Di. bis So. 10 bis 17 Uhr

www.im-vektor.com

NÄCHSTE AUSSTELLUNG: Experimental Setup ab 29. Oktober 2021

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14. – 16.01.2022

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E STYL LIFE RGESO VOR PP TI

UNIQA TIROL

NACHHALTIG LEBEN – NACHHALTIG VORSORGEN Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit steigt in sämtlichen Lebensbereichen – vom Konsumverhalten bei alltäglichen Gütern bis hin zu Versicherungsprodukten.

© ANDREAS FRIEDLE

AMUNDI CPR CLIMATE ACTION FONDS

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schaftlichen Wettbewerb achten. Ein nachhaltiger Lebensstil muss auch bei der Veranlagung keine Ausnahme darstellen: Bei UNIQA stoßen insbesondere die nachhaltigen Fonds auf reges Interesse der Kundinnen und Kunden, der Absatz im Neugeschäft übersteigt bereits jenen der traditionellen Fonds.

VORSORGEN – FÜR SICH, DIE GESELLSCHAFT UND DIE UMWELT

Igor Richtmann leitet das UNIQA Vorsorgemanagement und den Spartenbereich der Personenversicherungen.

B

ei einer jüngst von UNIQA durchgeführten repräsentativen Befragung österreichischer Versicherungskunden zeigte sich ein klares Bild: Mehr als die Hälfte wollen künftig durch den Kauf von Produkten jene Unternehmen unterstützen, die nachhaltig wirtschaften, verantwortungsvoll mit ihren Mitarbeitenden umgehen, einen ethisch korrekten Umgang mit ihren Kundinnen und Kunden pflegen und auf einen moralisch wirt-

Um nach dem Erwerbsleben den gewohnten Lebensstandard halten zu können, braucht es eine lebenslange Pension. Die fondsgebundene Lebensversicherung UNIQA FlexSolution legt den Grundstein dafür und jeder, der sich für diese Vorsorge entscheidet, leistet quasi nebenbei einen positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft. Denn im Rahmen der fondsgebundenen Lebensversicherung können nachhaltige Fonds eingeschlossen werden, die den so genannten „ESG-Kriterien“ entsprechen. Das bedeutet, sie erfüllen die internationalen Standards in den Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Im Bereich der Veranlagung und Vorsorge bietet UNIQA dabei auf Wunsch „Amundi ESG Fonds“ an. Diese bieten mit ihren unterschiedlichen Nachhaltigkeitskriterien und Risikoklassen für jeden Anleger die passende Alternative – mit Schwerpunkten in den Bereichen Klima und Ethik sowie einem Nachhaltigkeits-Mix. PR

Die Zielsetzung des Fonds ist die aktive Bekämpfung des Klimawandels. Das Geld wird ausschließlich in Unternehmen angelegt, die sich stark für die Energiewende und die Bekämpfung des Klimawandels einsetzen. Die persönliche Vorsorge wächst somit im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Dieser ertragsorientierte Fonds ist mit dem österreichischen Umweltzeichen zertifiziert.

AMUNDI ETHIK FONDS

Mit dem Amundi Ethik Fonds ist es möglich, seiner Vorsorge einen stärkeren ethischen Charakter zu verleihen. Dieser Fonds investiert 30 Prozent in globale Aktien – das Kapital wird in Unternehmen und Staaten veranlagt, die im Einklang mit sozialer, humaner und ökologischer Verantwortung stehen.

AMUNDI INDEX SOLUTIONS MSCI WORLD SRI Damit investiert man in einen weltweit diversifizierten ESG-AktienIndexfonds (MSCI World SRI). Die dort notierten Unternehmen müssen die Mindeststandards für Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung (ESGRating) einhalten, sonst werden sie von diesem ertragsorientierten Indexfonds ausgeschlossen. Unsere Vertriebsmitarbeiter und -partner beraten Sie gerne zu nachhaltigen Veranlagungen im Rahmen von Versicherungsprodukten.

UNIQA ÖSTERREICH VERSICHERUNGEN AG Ing.-Etzel-Str. 9 6020 Innsbruck Tel.: 0512/53 32 663 Team Vorsorgemanagement, Leiter Igor Richtmann

www.uniqa.at

(Vorsorge – Pensionsvorsorge – Pensionsvorsorge mit fondsgebundener Veranlagung – Schon gewusst?)


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Über 60 Museen bieten spannende Einblicke – von Ötzi bis zum BBT.

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G

Dahinter steckt mein Lebensmittelhändler*, der dem örtlichen Verein neue Trikots sponsert. DIE GANZE GESCHICHTE AUF WWW.JA-ZU.TIROL

* stellvertretend für ein Tiroler Unternehmen

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