BIORAMA NIEDERÖSTERREICH 9

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DIE UNSTETEN JAGDGRÜNDE DES LANDESADLERS. Die Mühen der Tiefebene: Mit Argusaugen wachen NaturschützerInnen über die Bestände von Seeadler und Kaiseradler.

BILD M. S CHMIDT/BI RDLIFE

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ie Diskussion darüber, welches Tier das mitunter auch Lerchenwappen genannte Landeswappen Niederösterreichs ziert oder die Wappen, aus denen es sich entwickelt hat, bereits geziert hat, ist eher alt: Schon 1804 wurde allerdings im Rahmen der Krönung von Franz II. zum Kaiser von Österreich bei der Klärung des Wappens des »Allerdurchlauchtigsten Hauses Österreich« auch mitgeregelt, wie das für das Erzherzogtum unter der Enns auszusehen hat: »Fünf güldene Adler, im blauen Feld, zu zwei und zwei zusammensehend, der unterste Adler ist rechtsgekehrt«, heraldisch rechts ist damit gemeint. Um welche Adler es sich handelt, ist nicht klar – die Darstellungen des österreichischen Bundesadlers zumindest sollen ExpertInnen zufolge auf einen Seeadler hindeuten. Die veränderten Umweltbedingungen und der Abschuss der als Nahrungskonkurrenz wahrgenommenen Raubvögel führten dazu, dass die beiden in der Tiefebene angesiedelten Adler – Seeadler und Kaiseradler – in Österreich im 20. Jahrhundert jahrzehntelang ausgestorben waren. Lange Zeit war unter den Adlern daher nur mehr der im Gebirge angesiedelte Steinadler in Österreich übrig. Die großen Greifvögel sind als Aasfresser und als Spitze der Nahrungskette allerdings wichtig, um die Bestände ihrer Beute zu regulieren und um die Ausbreitung von Tierkrankheiten zu begrenzen. Andererseits sind sie nicht von ungefähr die weltweit beliebtesten Wappentiere nach den Löwen: Die Faszination, die Adler auf Menschen ausüben, macht sie auch zu mächtigen Symbolen des Vogel- und Naturschutzes. Trotzdem hat das Bewusstsein für ihre Schutzbedürftigkeit in Österreich eigentlich zu

Der größte Greifvogel Europas, der Seeadler, erreicht eine Körperlänge bis 90 Zentimeter und eine Flügelspannweite bis 250 Zentimeter.

spät eingesetzt – hätten Kaiseradler und Seeadler nicht im umliegenden Europa noch vereinzelt Rückzugsgebiete gefunden, gäbe es sie heute hierzulande nicht. Doch sie sind von dort in den 90er-Jahren von sich aus nach Österreich zurückgekehrt – und nicht wie oft fälschlich angenommen durch menschliche Wiederansiedelung, wie Matthias Schmidt von der Vogelschutzorganisation Birdlife betont. Aus den europaweit nur mehr 20 Brutpaaren der Kaiseradler in den 1980ern wurden inzwischen wieder rund 350, weiß Matthias Schmidt. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in der Pannonischen Tiefebene, in Ungarn und der Slowakei. Von den 45 österreichischen Kaiseradlerpaaren leben 30 in Niederösterreich: Und mit 35 haben sich auch gut drei Viertel der österreichischen Seeadlerpaare in Niederösterreich niedergelassen, die ansonsten vor allem im Nordosten Europas beheimatet sind. Österreich liegt am Rande der Hauptverbreitungsgebiete dieser beiden großen Adler – und »für beide Arten ist Niederösterreich besonders wichtig, weil sie dort ihr Hauptverbreitungsgebiet in Österreich haben«, sagt Matthias Schmidt.

TEXT Irina Zelewitz

ADLERZENSUS Diese Schätzungen der Adlerbestände sind äußerst fundiert, denn aufgrund der Seltenheit der Tiere wird ihre Rückkehr penibel dokumentiert und – auch hier spielen Größe und Beliebtheit der Tiere eine Rolle – Meldungen aus der Bevölkerung unterstützen das Monitoring. »Wir kennen unsere Adler«, betont Schmidt entsprechend – »vielleicht wissen wir nicht zu jedem Zeitpunkt von jedem Brutpaar, aber es wird mit

Die fünf Adler haben seit 1979 wie auch ihre Blickrichtung in Niederösterreich Verfassungsrang.


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