BIORAMA 73

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KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR

AUSGABE 73 —JUNI 2021 / JULI 2021. WWW.BIORAMA.EU — ÖSTERREICHAUSGABE

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THE CIRCLE OF LIFE

Jeder Nanokunststoffpartikel hat mal groß angefangen. Müll verbrennen: Unser Abfall ist Quell weniger Energie. Bienen lieben: Der Höhenflug der Alibibienen dauert an.

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06/07 AUGUST Bio-Landgut Esterhazy Donnerskirchen

Über 150 Aussteller auf 70 ha Veranstaltungsgelände | Moderierte Landtechnikvorführungen | Sortenschau und Bodenversuche | Tierschau | Fachvorträge und Workshops | Geführte Exkursionen, Bauernmarkt, Schauküche, Kinderprogramm, Gärtnertipps uvm. SPONSOREN

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E D I T O R I A L , I M P R E SSU M

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»A GUADA LODSCH«

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ir freuen uns regelmäßig über Komplimente zu unserem Editorial Design. Für unsere aktuelle Anmutung zeichnet Michael Mickl als Grafiker verantwortlich. Tagelang tauscht er sich mit den KollegInnen aus und legt dann Kreationen vor – und das nun seit Ende 2017. Als Teil unseres Teams nahm er gelassen Monat für Monat auch die Mühen der Produktionsebene auf sich, war für fast jeden »Spaß« zu haben. Schließlich ist nicht alles glamourös wie ein Titelblatt. Und ja, ihr habt richtig gelesen: Er war Teil unseres Teams. Wenn dieses Magazin in Umlauf ist, liegt unser Michi schon irgendwo am Strand eines Kärntner Badesees – und genießt die Auszeit bis zu seiner nächsten beruflichen Station, wofür wir ihm hiermit alles Gute wünschen.

BILD BIO RAMA/MICHAE L MI CKL, CO VERBILD ISTOCK.CO M/ABADONI AN, ISTOCK .COM/RECYCLEMAN , ISTOCK.CO M/PICSFIVE

Wir haben nachgedacht, aber uns ist wirklich kein standarddeutsches Pendant eingefallen, das nur annähernd vermittelt, was er ist: »a guada Lodsch«. Wer nun nicht wissend nickt, möge Google oder Ecosia befragen. Wobei Michi Letzteres eher entspricht, denn – stets unterwegs mit seinem Rad oder dem Skateboard – er ist bodenständig und gemütlich wie wenige Menschen, die uns sonst untergekommen sind, und interessiert sich wie kein Zweiter für Bananendiversität. Michi, du wirst uns fehlen; dein Schmäh, dein Dialekt und ja, auch deine selbst gemachten, aus Kärnten mitgebrachten Würste. Wir versprechen: Eines Tages gibt es die Ausgabe mit dem Bananenschwerpunkt. Sie wird – vermutlich – nicht BANANARAMA heißen. Wir wünschen dir und euch, liebe LeserInnen, einen schönen Sommer und gute Lektüre!!

Irina Zelewitz, Chefredakteurin zelewitz@biorama.eu

Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

IMPRESSUM HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORINNEN Andrea Heistinger, Wisam Issak, Florian Jauk, Jakob Morocutti, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Jürgen Schmücking, Alex Syen, Thomas Weber, Irina Zelewitz GESTALTUNG Michael Mickl, Selina Schobel LEKTORAT Mattias Feldner ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Tanja Grossauer-Ristl, Thomas Weber DRUCK Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Wohllebengasse 16 / 6, 1040 Wien; www.biorama.eu, redaktion@ biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT www.biorama.eu/abo ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien. BLATTLINIE BIORAMA ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. BIORAMA erscheint sechs Mal im Jahr.


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AU F TAK T

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Editorial

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Street Talk Nachwuchsmeinung Thermische Verwertung?

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Einiger Kunststoff wird mit dem Restmüll verbrannt.

WENIGER IST SCHWER

Ob als Folientunnel oder zum Umwickeln von Silagefutter, als Plastikplane auf Spargeläckern oder als Bewässerungsschlauch: Der Einsatz von Plastik in der Landwirtschaft nimmt zu.

Kreislaufforschung Nanoplastik liegt in der Luft.

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Weniger ist schwer Der Einsatz von Kunststoff in der Landwirtschaft nimmt zu.

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Mischkultur Was man beim Düngen alles richtig machen kann.

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Die Biene, die wir meinen Maßnahmen zum Schutz der Honigbiene sind nicht immer auch anderen Insekten zuträglich.

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Schöne neue Sparwelt Neue Sparprodukte bieten ersten Einfluss auf nachhaltige Ausrichtung.

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Flussbaden Wie man dabei weder sich selbst noch das Ökosystem gefährdet.

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Hafermilch zum Spottpreis In vier Minuten zur selbst gemachten Pflanzenmilch.

52

Das Nutztier der Zukunft Neue Züchtungen auf Basis robuster alter Rassen.

54

Buchtipps Empfehlungen, Warnungen.

30

BIENENDIVERSITÄT

Kaum ein Firmenflachdach, auf dem nicht öffentlichkeitswirksam Bienen fleißig Honig eintragen. Dabei sind Maßnahmen zum Schutz der Honigbiene nicht immer auch anderen Insekten zuträglich.

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Radikal normal Vegane Rezeptideen für den Gusto nach solider Wirtshausküche.

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KOLUMNEN 64 66

Aus dem Verlag Elternalltag

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Niederösterreich ist das BienenNaturland Nr.1

ALTE RASSEN, NEUES FLEISCH

Wie neue Züchtungen auf Basis robuster alter Rassen Genuss, Wirtschaftlichkeit und Vielfalt vereinen wollen.

Niederösterreich ist mit seinen Schutzgebieten, Wäldern, Gewässern und Wiesen das Naturland Nummer eins. Unsere Bäuerinnen und Bauern, die Gemeinden, die Naturparke und viele Bürgerinnen und Bürger leisten täglich ihren Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt. Helfen auch Sie mit und werden Sie Teil der Kampagne „Wir für Bienen“.

Mehr erfahren: wir-fuer-bienen.at

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Pfeffer und Salz – der globale Handel erhalt’s!

EU Ecolabel : AT/028/002 Bitte sammeln Sie Altpapier für das Recycling.


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STREET TALK WIR FRAGEN, 8 MATERIALISTISCHE ANTWORTEN

»WAS KAUFST DU AUS PLASTIK ODER IN PLASTIK VERPACKT?« INTERVIEW UND BILD FLORIAN JAUK

KARIN,

52, Köchin »Hauptsächlich Öl, da die Großpackungen für die Gastronomiegroßpackungen oft nur in Plastik angeboten werden. Große Packungen sind zwar besser als viele kleine, einzeln verpackte, allerdings noch immer alles andere als umweltfreundlich. Die Ausnahme ist Olivenöl, das gibt es oft in Aluminiumkanistern. Für Alternativen würde ich mich sehr interessieren. Allerdings habe ich bisher, vor allem bei Rapsöl, noch keine gefunden.«

PAULA,

EDDA,

55, Angestellte »Am ehesten Hygieneartikel, weil ich ehrlich gesagt zu bequem bin, mich um Alternativen zu kümmern. Wenn ich genug Zeit hätte, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, würde ich gerne plastikfreie Alternativen ausprobieren. Mir ist das Thema Plastik wichtig.«

große Umstellung und ein großer Aufwand für mich. Und die Zeit habe ich momentan nicht, obwohl ich natürlich an Plastikalternativen interessiert bin. Plastik ist an sich kein schlechtes Verpackungsmaterial. Allerdings sollte der Umgang damit verbessert werden und der Kreislauf effizienter werden. Ich habe vor Kurzem von Nahrungsergänzungsmitteln gehört, bei denen sich die Plastikkapseln, die das Produkt umgeben und vor Oxidation schützen, in Kontakt mit Wasser auflösen. So etwas finde ich, wenn es wirklich funktioniert, eine gute Idee.«

LUKAS,

23, Musiker »Tatsächlich ist – bis auf Obst und Gemüse – das meiste in meinem Einkaufswagen ganz oder zumindest teilweise aus Plastik. Darauf könnte ich wohl sehr schwer verzichten, es wäre eine

23, Biologiestudentin »Ganz viel, vor allem im Bereich Lebensmittel. Außerdem verpacke ich mich selbst in Plastik. Meine Regenjacke oder mein regendichter Rucksack haben Plastikelemente. Das Material ist generell sehr billig verfügbar und es ist viel umständlicher, darauf zu verzichten. Das sind für mich auch die Hauptgründe, es zu kaufen, doch je länger ich darüber nachdenke, umso mehr stört es mich. Bei Obst und Gemüse versuche ich, plastikfrei einzukaufen, bei anderem gelingt es kaum. In Unverpacktläden gibt es genau mein Lieblingsshampoo


vielleicht nicht. Ich würde aber Kompromisse eingehen: Nachfüllpackungen etwa finde ich gut. In Zukunft muss es einfach weniger Plastik geben, man merkt das ja auch schon im Marketing. Auch wenn viel davon Symbolik ist, kommt schon im allgemeinen Bewusstsein an, dass Plastik ein Problem ist.«

mach' das Beste aus deinen Bio-Resten,

Nämlich wunderbare Erde. Danke

Schon 10 ! .000 Wurmkis tenfans v on Wien bis Be ihren Bio rlin retten müll Restmüll vor der tonne.

GREGOR,

31, Lehramtsstudent Mathematik und Biologie »Zahnpasta. Ich finde es absolut unnötig, dass so viele Lebensmittel in Plastik verpackt sind und gut, dass manche Supermarktketten sich dem entgegenstellen und ihr Branding auf das Gemüse drucken, anstatt Plastiksticker- oder Verpackungen zu verwenden. Ich schaue stark darauf, alternative Verpackungsformen – oder besser gar keine Verpackungen – zu verwenden. Ich kann auch Kompromisse eingehen, wenn das Produkt plastikfrei ist, so kaufe ich beispielsweise nur noch feste Seifen. Wie die Seife dann riecht, ist mir dann gar nicht so wichtig. Beim Thema Plastik wird sich in Zukunft noch einiges verbessern. Die Frage ist, wie schnell das Ganze funktioniert. Wichtig ist, dass plastikfreies Einkaufen für alle leistbar ist.«

it Wurmkiste men Sitz & Roll Es ist so spannend zu beobachten, wie schnell aus meinem Biomüll Erde wird. Lena, 29 aus Hamburg

WormBag


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»WAS KAUFST DU AUS PLASTIK ODER IN PLASTIK VERPACKT?« WERNER,

ROLAND,

sitzt im Rollstuhl und kann nur eingeschränkt sprechen (Tobias hilft uns bei der Kommunikation) »Strohhalme, denn die braucht er zum Trinken. Er hat zwar auch einen aus Metall, aber der ist sehr hart, den aus Plastik mag er lieber. Hygieneartikel wie Einweghandschuhe sind auch aus Plastik. Da gibt es keine Alternativen. Roland hofft, dass es in Zukunft weniger Plastik gibt.«

60, Rechtsanwalt »Duschgel, Margarine sowie Zahnbürsten und -pasta. Ich wäre für wiederverwendbares Plastik, auch bei Getränken. Das müsste man meiner Meinung nach allerdings schon auf europäischer Ebene regeln. Es sollte probiert und zurückgenommen werden, wenn es nicht funktioniert. Ich würde in der Auswahl der Produkte hinsichtlich der verwendeten Verpackungsmaterialien auch Kompromisse eingehen, das wäre kein Problem für mich. Momentan fehlt mir das Angebot in Supermärkten. Ich denke, viel Verpackungsmaterial auf industrieller Ebene lässt sich durch bessere Logistik einsparen. Dass eine Plastikflasche in der Anlieferung nochmal in Plastik verpackt wird, ist nicht notwendig. Ich wäre für eine hohe Recyclingquote. Und das nicht nur bei KonsumentInnen, sondern auch bei ProduzentInnen.«

LORENZ,

24, Architekturstudent »Viele meiner Impulskäufe und fast alle meine Hygieneartikel sind in Plastik verpackt. Ich weiß dann, dass das Produkt hygienisch ist. Wenn es leichter möglich wäre, würde ich schon gerne versuchen, plastikärmer einzukaufen. Plastik ist ein gesellschaftliches Problem, die Schuld lässt sich kaum nur an ProduzentInnen oder nur an KonsumentInnen festmachen. HerstellerInnen stecken auch in einem Konkurrenzkampf. Wir müssen als Gesellschaft versuchen, umweltverträglicher zu werden. Ich wünsche mir mehr Information zum Thema. Wir sollten überlegen, ob wir wirklich die fünfte Jeans brauchen. Plastik ist für mich auch Symbol für unsere bequeme, schnelllebige Gesellschaft. Den Kauf von Plastik kann ich zwar niemandem übel nehmen, wir sollten aber öfter darüber reden, wie wir mit dem Gedanken, alles haben zu wollen, umgehen können. Für diesen Gedanken ist Plastik ein ›Ermöglicher‹.«


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N ACH WU CH S

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FRISCHE MEINUNG

WARUM MICH PLASTIK INTERESSIERT Und was ich darüber wissen will.

Plastik dient meist als Verpackung für Produkte wie zum Beispiel bei Getränken. Firmen benutzen es, weil es günstiger in der Herstellung ist als beispielsweise eine Glasflasche. Große Unternehmen versuchen bei solchen Kleinigkeiten möglichst viel Geld zu sparen, um ihren Gewinn zu steigern. Doch das ist nicht der einzige Punkt, den ich so faszinierend finde, denn obwohl man als KonsumentIn genau weiß, dass Plastik die Umwelt verschmutzt, kaufen wir es trotzdem immer noch in großen Mengen. Oft passiert das unüberlegt, weil wir es gewöhnt sind – und genau das stellt ein großes Problem dar. Lässt sich Plastik also vermeiden? Tendenziell schon, aber für den Großteil der Menschen ist das unbequem. Eine Kunststoffverpackung ist nämlich auch leichter als eine aus Glas. Wer sich aber genauer mit dem Thema befasst, findet Wege, den eigenen Plastikkonsum einzuschränken. Ich hätte gerne mehr Aufklärung in diesem Themenbereich. Nicht nur für mich selbst, sondern auch für andere Menschen. Wie kann man Plastik reduzieren und welche Alternativen gibt es stattdessen? Recyceltes Plastik ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Doch das Problem liegt eher bei den riesigen Firmen, die sich darauf nicht einlassen wollen. Ich denke, dass ein weltweites Plastikabkommen die Lösung für dieses Problem sein könnte.

TEXT: Wisam Issak, 14 Ein Alltag ohne Plastik ist im Jahr 2021 wahrscheinlich nur für die wenigsten vorstellbar. Ob Wasserflasche, Obstverpackung oder Zahnbürste. Plastik ist überall. Ich finde interessant, wie ein Stoff so nützlich, aber gleichzeitig auch in der Lage sein kann, einen so enormen Schaden anzurichten, der das Ende der Menschheit bedeuten kann. Auch die Nachfrage besorgt mich: Denn die weltweite Plastikproduktion ist von 2,1 Mio. Tonnen im Jahr 1950 auf 406 Mio. Tonnen im Jahr 2015 angestiegen. Das ist ein Wachstum von circa 19.000 Prozent! Ein großer Teil dieses Plastiks wird nicht ordnungsgemäß entsorgt und landet im Meer. Ist Plastik es wert, unsere Erde und vielleicht sogar uns selbst zu vernichten? Eines steht fest: Plastik ist billig und leicht. Vielen Konzernen ist die Umwelt egal. Es zählen Zahlen, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich bin gespannt, ob der Plastikverbrauch der Menschen in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird oder nicht. Mehr Aufklärung in der Gesellschaft über die Gefahren und Nachteile von Plastik wäre meiner Meinung nach sinnvoll. Als Verantwortliche für den Planeten müssen wir versuchen, Plastik so gut wie möglich zu vermeiden oder im besten Fall sogar eine gute Alternative zu finden, und das Schlimmste vermeiden: das Aussterben vieler Tiere, die Verseuchung des Trinkwassers und eine große Klimakatastrophe.

Beide Schüler des Billrothgymnasiums 1190 Wien haben ihre »Berufspraktischen Tage« bei BIORAMA verbracht und haben ihre Gedanken zum Thema Plastik mit uns geteilt. Offenlegung: Sie waren dabei besser in der Lage, die maximale Textlänge einzuhalten, als alle Redaktionsmitglieder.

BILD BIORA MA , ISTO CK. CO M/VOLODYMYR KRYS HTAL

TEXT: Jakob Morocutti, 14


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THERMISCHE VERWERTUNG? Einiger Kunststoff wird mit dem Restmüll verbrannt. Diese Nutzung ist problematisch.

Furane Polychlorierte Dioxine und Furane sind organische Schadstoffe, die in der Umwelt schwer abgebaut werden. Für Menschen und Tiere sind sie giftig.

Müllexport Als Teil des Europäischen Green Deals und des Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft hat die Europäische Kommission den Export von unsortiertem Kunststoffmüll in Nicht-OECD-Länder verboten.

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er als Kind mit Lagerfeuer und offenem Feuer hantierte, erinnert sich wohl noch an die lebhaften Warnungen, keine Kunststoffe mit dem Holz und Papier zu verbrennen. Denn hier entstehen giftige Stoffe, die man nicht einatmen sollte. Die Filter, Anlagen und Prozesse zur Säuberung von Abluft, die von Müllverbrennungsanlagen in die Luft geblasen wird, sind in den vergangenen Jahrzehnten ebenso besser geworden wie die entsprechenden Regulierungen strenger. Die Giftstoffe – Dioxine beziehungsweise Furane – entstehen bei Verbrennung von Kunststoffen aber immer noch. So belastete Filteraschen und Stäube werden heute beispielsweise in Salzgestein in unterirdischen Stollen endgelagert. Wobei noch weitgehend unklar ist, was in Zukunft damit geschehen soll oder was künftige Generationen einmal mit dem giftigen Abfall tun sollen.

GESAMMELT – UND DANN? Das ist aber nicht der einzige Grund, warum die Verbrennung von Kunststoffen – auch »thermische Verwertung« genannt – nur dann sinnvoll ist, wenn vorher alle anderen Methoden der Wiederverwendung und Aufbereitung ausgeschöpft wurden. Und davon ist man noch weit entfernt. Eine Studie aus dem Jahr 2019 in

Deutschland zum »Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland« der Kunststoffindustrie hat ergeben, dass im Jahr 2019 in Deutschland 20,2 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert wurden – dem gegenüber stehen im gleichen Jahr 6,3 Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen. 99 Prozent der Kunststoffabfälle wurden verwertet, davon 47 Prozent stofflich und 53 Prozent energetisch. 2019 wurden in Deutschland also rund 3,3 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle verbrannt. Ein Grund: Noch immer sind viele der in gelben Säcken und Tonnen gesammelten Verpackungen nicht sortier- und recyclingfähig. Was selbstverständlich erscheint, ist es jedoch nicht. Verbindliche Standards zur Recyclingfähigkeit werden vom Gesetzgeber nicht vorgegeben.

IMPORTIERTER ABFALL Laut der 2020 veröffentlichten und von Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie »Mehrweg statt Müllberge« des Österreichischen Ökologie-Instituts fallen in Österreich pro Jahr 900.000 Tonnen Plastikabfall an. Bis zum Jahr 2021 wird das Aufkommen an Kunststoffabfällen laut Schätzungen des Umweltbundesamtes, auf die sich die Studie beruft, auf rund eine Million Tonnen anwachsen. Davon wurden 2017 nur 28 Prozent recycelt – rund 70 Pro-

BILD ISTOCK.CO M/SIMO NKR

TEXT Martin Mühl


»Bei der Verbrennung von Kunststoffen entstehen Giftstoffe. Die so belasteten Filteraschen und Stäube werden teilweise in Salzgestein in unterirdischen Stollen endgelagert.« zent werden thermisch verwertet. Und während in Deutschland Müll zwar zunehmend weniger, aber immer noch exportiert wird, importiert Österreich Kunststoffabfälle – um sie dann zu verbrennen. Per 1. Jänner 2021 hat die Europäische Kommission den Export von Kunststoffabfällen in Länder, die nicht der oecd angehören, übrigens verboten. Ausgenommen davon sind »saubere« Kunststoffabfälle, die in der Folge recycelt werden.

INEFFIZIENT Nun kann Kunststoff zwar statt Kohle, Öl und Gas verbrannt werden, um Energie zu gewinnen. Das ist aber ziemlich ineffizient, da bei der Verstromung von Abfällen der Wirkungsgrad bei etwa 20 Prozent liegt. 2018 wurde rund ein Prozent der Nettostromerzeugung in Deutschland aus Abfall in Müllverbrennungsanlagen gewonnen. Nicht nur aus diesem Grund warnen die Deutsche Umwelthilfe und andere Verbände davor, dass der deutsche Ausstieg aus Kohleenergie nicht bedeuten darf, dass Kraftwerksbetreiber – potenziell unterstützt durch Förderungen – ihre Kraftwerke in Müllverbrennungsanlagen umbauen, um Teile der Anlagen weiternutzen zu können. Stattdessen sollte in den Ausbau anderer Formen der erneuerbaren Energie investiert werden – auch wenn die Verbrennung biogener Abfälle wie von Papier und Speiseresten als erneuerbar bezeichnet wird. Darüber hinaus ist in der EU übrigens ungeklärt, wie die Müllverbrennung in den Regelungen rund um den Emissionshandel bewertet wird. Die thermische Verwertung von Müll ist im Gegensatz zur Deponie wahrscheinlich meist die bessere Lösung. Sie kann aber nur dort eine Antwort sein, wo andere Verwertungsformen nicht möglich sind. Denn zur Energiegewinnung kennt man bereits bessere Lösungen. Und man könnte durch Gesetze zur Recycelbarkeit von Kunststoffen auch für die Verwertung von Kunststoff bereits bessere Lösungen als die Verbrennung fixieren.


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»EIN POLYETHYLEN IST SELTEN ALLEIN.« Unser Kunststoff im Kreislauf.

TEXT Irina Zelewitz

Plastikpartikel mit einem Durchmesser von unter 5 mm gelten als Mikroplastik. Partikel, die kleiner als 100 Nanometer sind, werden Nanoplastik genannt. 1 Nanometer entspricht 1 milliardstel Meter.

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ikroplastik war 1971, als es erstmals in Meereswasserproben gefunden wurde, eine eher zufällige Entdeckung, damals sagte man einfach Plastik dazu. Wenige Jahre später entdeckte man die erste mehrerer Plastikinseln, den »Great Pacific Garbage Patch«. Nach und nach entstand ein Verständnis davon, wie Wasser, Wind und Meeresströmungen Material oder seine kleinsten Bestandteile in und quer durch die Ozeane tragen. Erst in den vergangenen Jahren hat uns die Forschung durch immer neue Belege aus entlegensten Gegenden klargemacht: Plastik schwimmt nicht nur an der Oberfläche der Weltmeere und ist bis in den Marianengraben gesunken. Es ist Bestandteil unserer Seen und Äcker, liegt auf den Gletschern und unseren Tellern. Inzwischen wurde durch international gesammelte Stuhlproben nachgewiesen: Wir Menschen haben Kunststoff in unseren Kör-

pern. Durchschnittlich essen beziehungsweise trinken wir einer Studie aus dem Jahr 2019 zufolge pro Woche rund fünf Gramm Kunststoff. Für eine intuitive Einschätzung dazu, ob das erschreckend viel oder halb so wild ist, fehlt den meisten wohl die Grundlage. Wir haben noch keine Vorstellungen davon, wie viel Verzehr jenes Materials, das Mitte des 20. Jahrhunderts seinen Siegeszug begonnen hat, »normal« ist. Maßgebliche Beiträge zur Beantwortung dieser Frage kommen regelmäßig von der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin der Medizinischen Universität Wien, wo sich der stellvertretende Leiter Hans-Peter Hutter schon lange mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Kunststoffen beschäftigt. Hutter beschreibt einen fast zwangsläufigen Forschungsverlauf zur Plastikverschmutzung: »Nachdem man im Wasser Kunststoffpartikel gefunden hat, suchte man weiter, wollte wis-


sen, wo sich Plastik sonst noch in aquatischen Systemen ablagert und ob es von Lebewesen aufgenommen wird. Das wurde schließlich für etliche Tierarten wie Muscheln klar gezeigt. Auch in Salz oder Honig und Mineralwasser wurde man fündig. Das Ziel des Ganzen sei aber vor allem, möglichst viel darüber zu wissen, in welchem Ausmaß der Mensch diesen Teilchen ausgesetzt und davon betroffen ist, sagt Hutter, »denn erst dann kann man gezielt Vermeidung und Vorsorge durchsetzen«.

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Es geht auch anders!

MILLIARDEN TONNEN SIND MÖGLICH

BILD ISTOCK.CO M/AMSTOCK PHO TO

EIN HAUCH VON PLASTIK LIEGT AUCH IN DER LUFT Wenn schon überall Plastik ist, ist es vielleicht auch halb so wild? Nach der Untersuchung von Körperausscheidungen ist man nun bei der von Gewebe angelangt. Durch die Nahrung und über die Atmung nehmen wir erwiesenermaßen Nanoplastik auf, das wir teilweise

Johannes Gutmann, SONNENTOR Gründer

Kein schmutziges Geheimnis: Verpackungen sind Wertstoffe Verpackungen schützen die Produkte sowie ihren wertvollen Inhalt und helfen dabei, sie unbeschadet zu transportieren. Die Schattenseite: wachsende Müllberge weltweit. 2018 wurden laut dem jüngsten Plastikatlas in der EU für Essen und Getränke mehr als 1,13 Billionen Verpackungen verwendet. Auch wenn in der Bio-Branche immer mehr auf nachwachsende Rohstoffe gesetzt wird, an der Information zur richtigen Entsorgung der einzelnen Stoffe mangelt es häufig. Auch die innovativste Hülle muss letztendlich den vorgesehenen Weg weitergehen, also recycelt oder kompostiert werden bzw. im richtigen Mülleimer landen. Hier müssen die Hersteller selbst mehr Verantwortung übernehmen. Aus diesem Grund engagieren wir uns gemeinsam mit anderen Bio-Herstellern in der Initiative Kreislaufverpackung. Unsere Folie aus Holzfaser, die bei Gewürzen und Tees eingesetzt wird, frisst zwar jeder Regenwurm und sie darf auch zu Hause in den Heimkompost, aber in die Bio-Tonne kann sie trotzdem noch nicht. Gemeinsam möchten wir erreichen, dass die Folie gesammelt und recycelt oder kontrolliert kompostiert wird. In unseren Augen ist Verpackung kein Müll, sondern ein Wertstoff, den wir zurück in geschlossene Kreisläufe führen müssen. www.sonnentor.com/verpackung

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON SONNENTOR

Wir haben in den 50er-Jahren mit der Kunststoffproduktion in großem Stil begonnen und was wir jetzt als Mikroplastik feststellen können, ist wohl nicht mehr als eine kleine Vorschau dessen, was eigentlich schon in die Umwelt gelangt ist und sich gerade in kleinere Bestandteile abbaut. Diesen Teil des bisher produzierten Plastiks, den wir schon zu Müll erklärt haben und der in »der Umwelt« oder auf Deponien gelagert ist, schätzt die Heinrich-Böll-Stiftung derzeit auf über 5 Milliarden Tonnen. Was wir auch nicht wissen: Auf welchem Weg wir den Großteil des Mikroplastiks (und Nanoplastiks) zu uns nehmen. Der WWF geht von Trinkwasser als – weltweit betrachtet – Hauptaufnahmequelle aus. Erste Vergleichsstudien haben ergeben, dass zumindest die untersuchten Flaschenwasser unabhängig vom Gebinde mit Mikroplastik kontaminiert sind, wie das österreichische Umweltbundesamt in seinem letzten »Statusbericht Mikroplastik« für das Jahr 2019 zusammenfasst. Mutmaßlich verantwortlich dafür sind Kunststoffe etwa in Leitungen oder Tanks bei der Aufbereitung und Abfüllung. Die untersuchten Leitungswasser waren verhältnismäßig wenig belastet und manche Grundwasserquellen – vermutlich noch – gar nicht. Der bei in Flaschen abgefülltem Trinkwasser am häufigsten festgestellte Kunststoff war Polyethylenterephthalat (PET), was, laut Umweltbundesamt, »auf eine Zersetzung des Verpackungsmaterials hindeutet«. Ob dieser Einfluss von Dauer ist, den Konsumverhalten und Standort derzeit womöglich noch auf die Menge von Plastikpartikeln haben, die wir individuell aufnehmen, darf allerdings bezweifelt werden.


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Perfluoroctansäure (PFOA), auch als »Ewigkeitschemikalie« bezeichnet, weil sie nicht ökologisch abbaubar ist, kommt häufig in Beschichtungen vor. Sie wurde bei Funktionskleidung wie etwa für das Material Gore-Tex verwendet, aber auch für teflonbeschichtetes Geschirr. Seit 2020 ist sie in der EU verboten.

nicht wieder ausscheiden, sondern das sich in unseren Organen ablagert. Weil es schwierig ist, so kleine Teile nachzuweisen, werden viele unterschiedliche Methoden angewendet. Hutter zufolge braucht es eine Festlegung auf einen Kanon von Untersuchungsmethoden, die dann als aussagekräftig anerkannt werden und vergleichbare Daten liefern. Genau darauf hat eine im Mai erschienene Studie abgezielt, in der Hutter als einer von mehreren WissenschafterInnen Mikroskopierungsverfahren für Nanoplastik ausgelotet hat. Auf die Frage, ob Mikroplastik krank macht, hat Hutter 2018 noch zurückhaltend geantwortet. Inzwischen ist für ihn belegt: Kunststoffpartikel können Immunantworten bzw. Entzündungen auslösen. Und er betont, dass »es insgesamt sehr wahrscheinlich ist, dass eingedrungene Mikro-, aber speziell Nanopartikel Zellvorgänge und unser Immunsystem zumindest nachhaltig beeinträchtigen können«. Eine umfassende Risikobewertung gibt es aber heute noch nicht – vorrangig auf dieses Ziel hin wird derzeit auch von Hutter geforscht. Wie sich Teilchen dieser Größe durch Blut und

PRIMÄRES UND SEKUNDÄRESMIKROPLASTIK Kunststoff wird in großen Mengen zu verschiedensten Produkten verarbeitet. Im Lauf der Zeit geben diese gewollt oder ungewollt primäres Mikroplastik ab. Sekundäres Mikroplastik entsteht im Gegensatz dazu, wenn sich größerer Plastikmüll zersetzt. Zu den tatsächlichen Mengen gibt es heute nur Schätzungen.

QUELLE: IUC N , 2 01 7

Kreislaufsystem verteilen können, wüssten wir schon aus dem Straßenverkehr – etwa von Dieselpartikeln. Hutter sagt klar: »Aus meiner Sicht ist davon auszugehen, dass es bei inhalierten Kunststoffteilchen analog ›funktioniert‹.« Die wissenschaftliche Evidenz dazu ist allerdings noch dünn. Und das Ausmaß und Tempo, in dem Plastik in die Natur gelangt, lässt unsere Regulierungssysteme ohnehin längst alt aussehen. »Es fühlt sich so an, als wäre Mikroplastik ein ›altes Thema‹, aber hinsichtlich der Regulationen stehen wir noch ganz am Anfang.« Die prinzipielle Ausrichtung auf das Vorsorgeprinzip – es wird im Zweifel zugelassen, was nachweislich unbedenklich ist – gelangt dort, wo es um systemische Langzeitfolgen neuer Stoffe geht, sehr offensichtlich an seine Grenzen. Dazu gehört auch das Phänomen der »regrettable substitution«: Wenn ein Stoff, dessen problematische Wirkung auf Mensch oder Umwelt gut untersucht und nachgewiesen wird, verboten und in Folge durch einen anderen ersetzt wird, dessen Wirkungen noch unbekannt sind und sich als noch schädlicher entpuppen. Ein bekanntes Beispiel hierfür sind Bisphenole, klassisch in Kunststoff eingesetzte Weichmacher. Fragt man Hans-Peter Hutter, ob man sich wegen des Kunststoffs oder der Zusätze oder Beschichtungen mehr Sorgen um Umwelt und Gesundheit machen soll, sagt dieser, das lasse sich gar nicht trennen: »Im Plastik stecken ja schon Additive drin – von Farbstoff bis Weichmacher oder Duftstoff. Wir müssen annehmen, dass es einen Unterschied macht, ob das Partikel aus Polyethylen oder Polystyrol ist«, sagt Hutter, »jedenfalls wissen wir, ein Polyethylen bleibt selten allein in der Gegend.« Denn wenn sich Kunststoffe in kleinste Bestandteile zerlegen, sei es sehr wahrscheinlich, dass sich diverse Schadstoffe – etwa POPs (Langlebige Kohlenwasserstoffe) – anlagern. So, wie es aussieht, braucht es derzeit, um das weitere In-Umlauf-Bringen zu regulieren bzw. zu bremsen, aber eine entsprechende Datengrundlage.

WARUM NACH DEM KLEINSTEN SUCHEN?

PRIMÄRES MIKROPLASTIK 3,2 MIO T/JAHR

DAVON GELANGT 1,5 MIO T/JAHR INS MEER

SEKUNDÄRES MIKROPLASTIK 8 MIO T/JAHR

Wo Mikroplastik zu finden ist, sind vermutlich früher oder später auch dessen nächstkleinere Zerfallsprodukte nicht weit. Für die Suche nach Nanopartikeln hat man sich jedoch nicht nur aus Liebe zur Herausforderung ent


MI T I M K LI M ASC H U T Z PAK E T: BIO & REGIONAL Bio ist die klimafreundlichere Art sich zu ernähren, wenn es möglichst regional ist. Wenn man, wie unsere regionalen Bio-Bauern, auf ressourcenschonende Kreisläufe baut, die sich von Natur aus anbieten. Dazu gehören auch kurze Transportwege und ein Angebot, das der regionale Erntekalender auf den Tisch bringt. So beginnt Klimaschutz bereits auf dem Teller.

GUT FÜR UNS. UND DAS KLIMA, NATÜRLICH!

#klimaschutzpaket #klimateller janatuerlich.at

Gibt’s nur bei:

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»HALTET DEN DIEB!«

Hans-Peter Hutter ist Umweltmediziner und Landschaftsökologe an der MedUni Wien mit dem Arbeitsschwerpunkt Risikoabschätzung und gesundheitliche Auswirkungen von Umwelteinflüssen.

Worauf Hans-Peter Hutter Wert legt: »Auch wenn es vielleicht noch ein langer Weg bis zum wissenschaftlichen Nachweis der zentralen gesundheitlichen und ökologischen Konsequenzen sein wird: Als Bevölkerung entbindet uns das nicht von der Verpflichtung, möglichst viel beizutragen, den Plastikstrom einzudämmen.« Im Bereich Kunststoffe den Überblick über Kennzeichnungspflichten, Auskunftsrechte oder das Inkrafttreten von Verboten von Zusatzstoffen zu behalten stellt EndverbraucherInnen vor unverhältnismäßige Herausforderungen. Wer genau wissen möchte, woher das Mikroplastik kommt, wird sich mit auf den ersten Blick widersprüchlichen Angaben konfrontiert sehen. Während die einen auf den – abhängig von Zählweise bis zu 50 Prozent einnehmenden – Anteil der Fischerei als Quelle des Plastikmülls in den Ozeanen hinweisen, führen andere genauso fundiert ins Treffen: Mehr als ein Drittel dessen, was schon als Mikroplastik ins Meer geschwemmt wird (und sich nicht dort erst zersetzt), kommt Schätzungen zufolge aus

»ENTHÄLT RECYCLINGMATERIAL« Ein auf Recycling ausgerichteter Umgang mit Rohstoffen im Sinne des Kreislaufgedankens bedeutet, dass nicht nur Material oder Materialreste der Produktion anderer Produkte wiederverwendet werden; sondern dass auch nur Material eingesetzt wird, das wieder in einen Kreislauf zurückführbar ist. Wenn HerstellerInnen ausweisen, recyceltes Material verwendet zu haben, bedeutet dies mitunter nichts anderes als Downcycling eines eigentlich kreislauffähigen Materials, das damit seine letzte Verwertungsstufe vor der Verbrennung erreicht hat. Ebenso wichtig wie europäische Recyclingquoten wären europäische Vorgaben zur Recycelbarkeit von Material und Produkten.

Synthetiktextilien und fast ein weiteres Drittel ist Reifenabrieb von unseren Straßen. Manche beziehen sich auf die Menge in Tonnen, andere auf Partikel pro Kubikmeter; die einen auf den direkten Eintrag von Mikroplastik und wieder andere auf jene Partikel, die sich aus dem Makroplastik im Meer lösen. Dass es in vielerlei Hinsicht nicht einfach feststellbar ist, welcher Typ von Plastik den größten Schaden anrichtet und in welchem Bereich unseres Lebens und Wirtschaftens wir den meisten sogenannten Umwelteintrag verursachen, muss uns nicht davon abhalten, einfach anzufangen. Am besten dort, wo Verzicht und Reduktion am leichtesten fallen. Hutter zumindest tritt für eine deutliche Komplexitätsreduktion der Debatte ein: »Der erste Schritt ist einmal, zu vermeiden, dass wir als Menschheit Plastikmüll irgendwohin wegschmeißen. In der EU reden wir hier auf hohem Niveau.« Damit Recycling sich durchsetzt und Littering zurückgeht, plädiert Hutter in einem ersten Schritt für die internationale Einführung von Plastik-Flaschenpfandsystemen und merkt an: »Daran scheitern wir (ÖsterreicherInnen, Anm.) ja bisweilen auch noch.« Er fügt hinzu: »Natürlich ist jede weitere Verwertung einfacher, wenn den Kunststoffen weniger Additive zugesetzt werden.« Und einfacher bedeutet letztlich: Es gibt mehr Anreiz dafür, einem System einer solchen Verwertung zumindest zuzuarbeiten. Als EndverbraucherIn, aber auch als produzierendes oder verarbeitendes Unternehmen.

UNREGULIERT INS BLAUE Mit dem 3. Juli 2021 ist in der EU das Einwegplastikverbot in Kraft getreten. Das bedeutet, dass unter anderem Strohhalme, Rührstäbchen, Einweggeschirr aus Kunststoff – egal, ob erdöl- oder biobasiert – in der EU nicht mehr produziert oder in den Handel gebracht werden dürfen. Dieses Verbot geht, auch wenn es einen schmerzlichen Kompromiss darstellt, inhaltlich weit über seine Symbolwirkung hinaus. Denn betroffen sind einige jener Produkte, die nicht nur häufig einen relevanten Teil bei Müllzählungen an Stränden und sonst wo in der Natur ausmachen, sondern auch einige, an deren Verzehr am häufigsten Meerestiere verenden.

BILD DUJMIC

schieden. Denn wo kein Mikroplastik gefunden wird, kann noch lange nicht davon ausgegangen werden, dass kein Nanoplastik dorthin vorgedrungen ist. Nanopartikeln wird letztlich sogar größeres Bedrohungspotenzial zugeordnet, da sie sich einfacher im Organismus verbreiten und auch in Zellen eindringen können. »Als Umweltmediziner kannst du nie einfach so davon ausgehen, dass ›da schon nichts sein wird‹. Aber wenn zahlreiche Indizien aus Zelluntersuchungen und aus der Beforschung von Tieren und Menschen vorliegen, kann doch eigentlich niemand mehr sagen: Da wird schon nichts sein!«


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bmf.gv.at/ecommerce

Es sind auch die kleinen Dinge, die zählen Fairness für den österreichischen Handel

Ab 1. Juli 2021 werden alle Online-Bestellungen ab dem 1. Cent gleich besteuert – egal, woher die Produkte kommen. So wird die heimische Wirtschaft geschützt. Alle Informationen auf bmf.gv.at/ecommerce oder unter 050 233 729


PLASTIKMÄRCHEN

„VERPACKUNGEN AUS KUNSTSTOFF SIND VÖLLIG ÜBERFLÜSSIG. SCHNELLER, ALS MAN DENKT, LANDEN SIE ALS WERTLOSER ABFALL IM MÜLL.“

TATSACHE IST: KUNSTSTOFFVERPACKUNGEN SIND BESSER FÜR DAS KLIMA. SIE ERMÖGLICHEN DEN TRANSPORT UND DIE HYGIENISCHE LAGERUNG VON PRODUKTEN UND VERLÄNGERN DEREN HALTBARKEIT BETRÄCHTLICH.

Warum ist das wichtig? Etwa ein

Herstellung nämlich Land, Ener-

sie Produkte bei Transport und

Drittel der weltweit produzierten

gie und jede Menge Wasser. Laut

Lagerung zuverlässig vor äuße-

Lebensmittel landet im Abfall. In

Angaben des Europäischen Par-

ren Einflüssen. Denn im Gegen-

Europa sind es jährlich 88 Millio-

laments entstehen in der EU jähr-

satz zum Einsatz von Verpackun-

nen Tonnen oder rund 170 Kilo

lich 170 Millionen Tonnen CO 2 bei

gen ist die Verschwendung von

pro Person. Was für eine unglaub-

der Herstellung und Entsorgung

Lebensmitteln ein völliger Irrsinn.

liche Verschwendung – nicht nur

von Lebensmitteln.

in finanzieller Hinsicht! Kunststoffverpackungen sind beFür die achtlos weggeworfenen

sonders leicht, sie sind dünn und

Lebensmittel benötigt man in der

brechen nicht. Dennoch schützen

EN UNTERSTÜTZ G N LI C Y EC SIE R SIE ENTSORGEN KUNSTSTOFF EN G VERPACKUN RICHTIG IM CK GELBEN SA

Die richtige Verpackung reduziert Lebensmittelverschwendung um bis zu

75 %


CO2-AUSSTOSS AM BEISPIEL EINER FELDGURKE Die dünne Folie verhindert Lebensmittelverschwendung und damit eine weitere CO2 Belastung, die bis zu zehn Mal so hoch wäre wie die Belastung durch die Herstellung der Verpackung.

2 Gramm Kunststoff. Die verpackte Gurke ist im Kühlschrank 11 Tage länger haltbar als eine unverpackte.

98 % HERSTELLUNG UND LOGISTIK DER GURKE

2 % VERPACKUNG

HABEN SIE GEWUSST, DASS ... › Kunststoffverpackungen in

› nur 1,5 Prozent des weltweit

› Kunststoffverpackungen

Europa nur 19 Prozent des

geförderten Erdöls für die

wahre Leichtgewichte sind?

gesamten Verpackungsmülls

Herstellung von Kunststoff-

Verpackungen aus Glas

ausmachen? Papier und

verpackungen genutzt

oder Metall wiegen oft das

Karton liegen bei 41 Prozent,

werden? Energie- und Heiz-

Zehnfache, was sich negativ

Glas bei 18 Prozent (Rest:

versorgung sowie Transport

auf den CO2 -Fußabdruck

Holz und Metalle).

verbrauchen hingegen

auswirkt. Kunststoff ist

87 Prozent.

besser fürs Klima.

Noch mehr Fakten

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON ALPLA

Die Emissionen für die Herstellung der Verpackung liegen bei weniger als 2 Prozent.


ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER GREINER AG

Das ist die Anzeige eines Kunststoffkonzerns Genauer gesagt, die Anzeige eines Kunststoff- und Schaumstoffkonzerns. Moment! Macht das Sinn? Die Anzeige eines Kunststoff- und Schaumstoffkonzerns in BIORAMA, dem Magazin für nachhaltigen Lebensstil? Entscheiden Sie selbst. Wann waren Sie zuletzt Corona-Testen? Erst kürzlich? Gut möglich, dass dabei Test-Equipment aus Kunststoff von Greiner verwendet wurde. Wann sind Sie zuletzt mit Bus oder Zug gefahren? Erst heute? Vielleicht sind Sie auf einem Sitz mit Schaumstoff-Polsterung von Greiner gesessen. Und wann haben Sie zuletzt Joghurt gegessen? Diese Woche? Die Chancen stehen gut, dass es in einem Becher von Greiner verpackt war. Sie denken jetzt: Na gut, das heißt noch lange nicht, dass Kunststoff nachhaltig und unproblematisch ist. Sie haben recht! Kunststoffe und Schaumstoffe stehen zu Recht in der Kritik. Sie sind jedoch nicht per se gut oder schlecht. Selbst wir sind überzeugt: Kunststoffe sollten nur dort eingesetzt werden, wo es keine klima-

freundlicheren und besser geeigneten Alternativen gibt. Und in vielen Fällen gibt es diese eben nicht. Darum gilt: Kunststoffe und Schaumstoffe so nachhaltig wie nur möglich zu produzieren und zu konsumieren. Ganz konkret heißt das: Wir müssen Kreisläufe schließen und jeglichen Kunststoff und Schaumstoff recyclen und wiederverwerten. Heute sind wir von diesem Ziel noch weit entfernt – das geben wir offen und ehrlich zu. Daher haben wir uns bei Greiner zum Ziel gesetzt, bis 2030 völlig im Kreislauf zu wirtschaften. Rund 11.500 Mitarbeiter*innen weltweit arbeiten genau an diesem Ziel. Sie, liebe Leser*innen, konsumieren bewusst und nachhaltig. Wir arbeiten an der Kreislaufwirtschaft von morgen. Setzen wir uns gemeinsam für Veränderung ein.

»WER, WENN NICHT WIR?« So lautet der Titel des Greiner Nachhaltigkeitsberichts 2020. Erfahren Sie, wo wir auf unserem Weg hin zu einem nachhaltigen Unternehmen stehen.


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WENIGER IST SCHWER Der Einsatz von Kunststoff in der Landwirtschaft nimmt zu, weithin sichtbar auch auf Biobetrieben. Was das bedeutet, wird gerade erst erforscht.

BILD ISTOC K.C OM/GANNET 77

S

eit bald zehn Jahren beschäftigt Elke Brandes alles, was aus der Landwirtschaft im Wasser landet. Traditionell sind das überschüssige Nährstoffe aus Düngern, Gülle, aber auch Arzneimittel aus Ställen. »Neuerdings ist das auch Mikroplastik«, sagt sie. Am Thünen-Institut in Braunschweig trägt ihre Arbeitsgruppe Gewässerschutz Datensätze von Bund, Ländern und Behörden zusammen und versucht daraus Schlüsse zu ziehen und Forschungsfragen zu formulieren. Woher kommt es? Wie und wo lässt es sich vermeiden? Welche Schäden richtet es im Ökosystem an? Wo ist der Einsatz von Kunststoff alternativlos geworden – und wie lässt sich trotzdem verhindern, dass dieser zu Mikroplastik wird? »Das nimmt gerade erst so richtig Fahrt auf. Wir forschen an vorderster Front«, sagt die Ökophysiologin. Wirklich Aussagekräftiges gibt es deshalb noch nicht. Aber nach einer ersten Analyse für Deutschland doch viele Vermutungen und Thesen, die die Wissenschafterin nur zögerlich und mit gebotener Vorsicht äußert – »mit sehr vielen Annahmen und Unsicherheiten und wirklich noch sehr groben Daten«.

KLÄRSCHLAMM, KOMPOST UND FOLIEN So wurden in Braunschweig drei »Eintragspfade« definiert, über die Mikroplastik auf Äckern, Feldern und Wiesen landet und von dort letztlich in Gewässern. »An erster Stelle steht Klärschlamm, gefolgt von Kompost sowie Mulchund Abdeckfolien«, berichtet Brandes. Durch die Düngeverordnung, die den Einsatz von Klärschlamm in der Landwirtschaft deutschlandweit neu regelt, werde dieser in absehbarer Zeit abnehmen. Vor allem Kompost und Folien gewinnen als Eintragspfade allerdings stark an Bedeutung. Beim Kompost liegt das einerseits am Abfallaufkommen und andererseits am gesellschaftlichen Gebot, Bioabfall nicht zu verbrennen, sondern im Kreislauf zu halten und durch den Kompost außerdem den Boden zu verbessern. »Sowohl die Kompostmengen als auch das Mikroplastik im Kompost nehmen zu.« Wobei dafür kaum die Landwirtschaft verantwortlich zu machen ist – »Es ist ja durchaus eine Dienstleistung der Landwirtschaft an der Gesellschaft, ihr diese Abfälle abzunehmen« –, sondern eher, was in Komposttonnen gesammelt und auf Abfallplätzen zusammengetragen wird.

TEXT Thomas Weber


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FLURREINIGUNG GEGEN LITTERING Auch das Littering – also die Verschmutzung von Äckern und Wiesen durch weggeworfenen Müll oder vom Wind auf Weiden und Felder vertragenen Abfall – wird zunehmend zum Problem. Oft landet Müll so über Umwege im Kompost oder gefährdet, gefressen oder in Futtermitteln, auch das Vieh. Gerade entlang stark befahrener Straßen gleichen landwirtschaftliElke Brandes che Flächen oft Müllhalden. Hier könne jedeR forscht am ThünenEinzelne das Problem selber anpacken, meint Institut in BraunElke Brandes: Flurreinigungen organisieren schweig zu landwirtund auch im Alltag Weggeworfenes aufklauschaftlichen Einträgen ben, bevor es in der Witterung kleiner und ins Wasser. kleiner und schließlich zu Mikroplastik wird; und beim Kompost penibel darauf achten, was in der Tonne oder am Komposthaufen landet. Denn: »Ganz am Anfang ist es leicht auszusortieren, aber bei jedem Schritt später ist es wirk»Sowohl die Kompostlich schwer, den Kunststoff mengen als auch das einzusammeln.«

Mikroplastik im Kompost nehmen zu.« — Elke Brandes, Ökophysiologin am Thünen-Institut

AUCH BIO BRAUCHT KUNSTSTOFFNETZE UND -FOLIEN Augenscheinlich zugenommen hat auch der Einsatz von Folien in der Landwirt-

schaft. Das liegt vor allem an der Notwendigkeit, Wasser zu sparen und Spritzmittel zu vermeiden, und wird deshalb durch laufende Anpassungen an den Klimawandel und die erforderliche Reduktion von Pestiziden nicht weniger werden. Im primären Sektor der Lebensmittelproduktion ist Kunststoff nicht mehr wegzudenken. Das gilt auch für Biolebensmittel. Gerade im Obst- und Gemüsebau spielen Netze und Mulchfolien eine wichtige Rolle, um Kulturen gegen Schädlinge oder Unkraut zu schützen. »Kulturschutznetze sind im Kampf gegen die Kirschessigfliege die einzige Alternative, um den Einsatz des laut EU-Öko-Verordnung zwar prinzipiell zugelassenen, aber als bienengefährlich geltenden Insektizids Spinosad zu vermeiden«, nennt Markus Fadl, Sprecher des Naturland-Verbands, ein konkretes Beispiel. »Und bei der Bewässerung sparen Tropfschläuche aus Plastik deutlich mehr Wasser als herkömmliche Überkopf-Beregnungsverfahren.« Der Bioverband verfolge zwar grundsätzlich das Ziel, jede Art von Plastikmüll ganz grundsätzlich zu vermeiden, schätzt den Einsatz von Kunststoff oft aber als eher alternativlos ein. Angestrebt würden deshalb eine Wiederverwertung und eine mehrjährige Nutzung etwa von Mulchoder Spargelfolie.

Erdbeeren unter Verfrühungsfolie: Um die Saison zu verlängern, wachsen nicht nur Erdbeeren unter Kunststoff. Manche Biobetriebe verzichten bewusst darauf.


»Verzichten VerbraucherInnen auf frühe Erdbeeren vor der natürlichen Erntezeit im Freiland, braucht es auch keine Verfrühungsfolien.« — Leon Mohr, Sprecher des Bioland-Verbands

Lebensräume schaffen. Die Jagd – ein Stück von Niederösterreich

Foto: © W. Streitfelder

Das schlägt auch Forscherin Elke Brandes vor, betont und bedauert aber, dass es auch diesbezüglich noch keinerlei Daten und Erfahrungswerte gebe: Eine Einwegnutzung wäre ebenso schlecht wie ein zu häufiger Einsatz, der das Material unter Sonnenund Wettereinwirkung porös mache. »Man weiß einfach überhaupt nicht, welchen Abrieb Spargel- und Erdbeerfolie hat«, sagt sie. »Auch bei abbaubaren Folien, die am Acker bleiben, ist nicht bekannt, ob die wirklich rückstandsfrei verrotten. Dass die wirklich komplett metabolisiert und zu mineralischen Bestandteilen werden, ist eher nicht zu erwarten.« Und auch weniger davon bzw. weniger Volumen wäre wahrscheinlich nicht zwingend besser: »Unsere Annahme: Je dünner die Folie, desto leichter verfleddert sie und bleibt in Form von Partikeln in der Umwelt.«

BILD ISTOC K.C OM/TETI ANA GARKU SHA, THU ENEN-INSTITU T

STROH STATT FOLIE Um das Problem zumindest in Grenzen zu halten, schreibt der Bioland-Verband seinen Bäuerinnen und Bauern vor, dass diese maximal 5 Prozent der für den Gemüsebau genutzten Freilandflächen mit Mulchfolie bedecken dürfen. »Manche konventionelle Betriebe setzen bis zu 100 Prozent ein«, sagt Verbandssprecher Leon Mohr. Er verweist darauf, dass viele Bioland-Betriebe beim Anbau von Erdbeeren ganz auf Verfrühungsfolien verzichten und stattdessen mit Stroh mulchen. »Hier sind auch die VerbraucherInnen gefragt«, meint Mohr. »Verzichten sie auf frühe Erdbeeren vor der natürlichen Erntezeit im Freiland, dann braucht es auch keine Verfrühungsfolien.« Auch er plädiert allerdings für eine differenzierte Bewertung von Kunststoff. »Folien sind ein effektiver Schutz vor Frost und Schädlingen und vermeiden den Einsatz von synthetischen Pestiziden, die die Umwelt belasten.«

Jägerinnen und Jäger schaffen mit gezielten Maßnahmen Lebensräume für wildlebende Tiere.Damit fördern sie die Biodiversität in unserem Ökosystem. Hier erfahren Sie mehr zum Thema:

Dem Wild verpflichtet. noejagdverband.at


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Müllsammelaktionen oder – mittlerweile fast flächendeckend – die getrennte Sammlung und das Recycling von Siloballenfolien. »Die meisten ExpertInnen sind aber der Ansicht, dass es zur Reduktion des Eintrags von Mikroplastik wichtig ist, bei der Produktentwicklung anzusetzen und nicht erst bei der Anwendung und Entsorgung«, sagt Lembacher. Die allergrößte Unbekannte bleibt vorerst, wie sich Kunststoff auswirkt beziehungsweise wie er in Organismen wirkt, wenn er spröde, verwittert und zu Mikroplastik geworden ist. Viele Kunststoffe erhalten ihre erwünschten Eigenschaften durch Additive. Sie enthalten zum Beispiel Weichmacher oder Flammschutzmittel, von denen bekannt ist, dass sie hormonähnlich wirken und schädlich sind. »Das allermeiste weiß man aber nicht. Auch weil die HerstellerInnen nicht veröffentlichen, was ihre Kunststoffe beinhalten«, sagt Ökophysiologin Brandes. »Wir sind wirklich erst ganz am Anfang.«

B ILD

RECYCLING VON SILAGEFOLIE Auf aussagekräftige Forschungsergebnisse und die baldige Weiterentwicklung von abbaubaren Kunststoffalternativen hofft man auch in der österreichischen Landwirtschaftskammer, der Interessensvertretung der Bäuerinnen und Bauern. Generalsekretär Ferdinand »Die Landwirtschaft hat Lembacher, dort früher für Pflanzenbau verantgrößtes Interesse, dass wortlich, betont, »dass die Flächen und Böden die Landwirtschaft – egal, um welche Fremdeinträunbelastet bleiben.« ge es sich handelt – je— Ferdinand Lembacher, denfalls größtes Interesse hat, dass die Flächen Generalsekretär der Böden weiterhin unösterreichischen Land- und belastet bleiben; im allgewirtschaftskammer meinen und eigenen Interesse«. Schließlich sei der Boden die wichtigste Produktions- und Existenzgrundlage. Einstweilen hilft man sich pragmatisch und organisiert beispielsweise über die Landjugend

ISTOCK.CO M/PRI ME IMAGES

Forschungsthese: Je dünner die Folie, desto eher zerfleddert sie und wird zu Mikroplastik.


Tiroler

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Tierwohl-Pakt: Mehr Tierschutz im Stall

BILD: © BMLRT/ALEx AnDER HAIDEn

Österreich gehört zu den Ländern mit den höchsten Tierwohl- und Lebensmittelstandards. Um diese Vorreiterrolle weiter auszubauen, hat das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) den „Pakt für mehr Tierwohl in der produzierenden Landwirtschaft“ initiiert. Der Fördertopf von 120 Mio. Euro jährlich soll Anreize für Neu- und Umbauten von tierwohlgerechten Ställen schaffen. Auch sieht der Pakt eine Erhöhung des Investitionsfördersatzes auf 35 % für besonders tierfreundliche Haltung bei Schweinen und Puten vor. Infos unter: www.landwirtschaft.at


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GAR T E NW ISSE N

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MISCHKULTUR Was man alles richtig machen kann, wenn man seine Gemüse und Kräuter düngt.

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BILD ISTOC K.C OM/JEANNA DRAW, RUPE RT PE SS L, ISTOCK,CO M/E CTORG OODS

in Freund hat Kaffeesatz als Dünger entdeckt. Er will wissen, ob dieser als Dünger für seine Erdbeeren ausreicht. (Ich empfehle ihm, mit Wurmkompost zu ergänzen.) Und dann fällt mir jener Hobbygärtner ein, der heuer neue Beete angelegt hat. Da es nicht so einfach war, zu neuer Erde zu kommen, hat er die Beete einfach mit Kompost gefüllt. Als ich eintraf, waren die frisch gesetzten Selleriepflanzen schon mehr gelb als grün. Denn sogar mit feinstem Biokompost kann man Beete überdüngen: Guter Biokompost schaut aus wie Erde, ist aber keine, sondern besteht fast ausschließlich aus organischer Substanz, also Biomasse. Bei allen Pflanzen, die eher genügsam sind, führt hohe Nährstoffkonzentration dazu, dass die zarten Wurzeln der frisch gesetzten Pflanzen verätzen und die Pflanzen innerhalb weniger Tage eingehen. Daher haben wir die Pflanzen ausgegraben, den Großteil des Kompostes rausgeschaufelt, Gartenerde eingefüllt und die Pflanzen neu gesetzt.

IM ANGEMESSENEN RAHMEN Gedüngt wird am besten jedenfalls vor der Bepflanzung eines Beetes oder Topfes. Ein Nachdüngen mit Flüssigdünger oder Brennnesseljauche benötigen Fruchtgemüse und starkwachsende Kräuter wie Zitronenmelisse dann ab Anfang Juli. Auf die Entscheidung, wo heuer welche Gemüse gesetzt werden sollen, folgt der Blick in ein gutes Gartenbuch, damit ich auf jedem Standort die von der geplanten Pflanze benötigte Kompostmenge aufbringen kann. Die hungrigen Gemüse wie Tomate, Kürbis oder Paprika brauchen 8–12 Liter Kompost pro Quadratmeter, die mittelhungrigen wie Salat,

Erdbeere oder Pastinake 5–7 Liter. Wer nicht selbst Kompost erzeugt, bekommt ihn in Bioqualität längst nicht mehr nur im Fachhandel. So inzwischen auch Wurmkompost, der die 3bis 5-fache Düngewirkung wie Kompost hat: Er ist ein Vollwert-Dünger, der nicht nur düngt, sondern auch die Pflanzen stärkt. Nicht ganz so leicht zu finden, dafür oft aus regionaler Quelle zu haben: Schafwollpellets. Sie wirken im Topf – bevor die Bodenorganismen sie zersetzen – auch als Wasserspeicher. Was sich besonders bei den kleinen Pflanzgefäßen als pflanzenlebensrettend erweisen kann.

TEXT Andrea Heistinger

ÜBERDOSIERUNG IM TOPFGARTEN Wachsen Pflanzen in einem Topf, ist das Gleichgewicht noch fragiler als im Beet: Im Grunde ist etwa Kaffeesatz für die meisten Pflanzen (auch für Erdbeeren) als Dünger geeignet. Wenn eine Bürogemeinschaft ein paar Salatpflanzen in einem 50-Liter-Topf anbaut und den täglich mit dem dort anfallenden Kaffeesatz düngt, wird das dem Salat ähnlich wenig behagen wie Mitgliedern der Bürogemeinschaft, täglich pro Kopf 20 Tassen Kaffee zu trinken. Besonders das Nachdüngen sollte behutsam erfolgen, der Dünger nicht konzentriert an einer Stelle aufgebracht, sondern in die Erde eingearbeitet werden. Dem Salat jedenfalls reicht eine Tasse Kaffeesatz fürs ganze Leben.

Andrea Heistinger Was Gärten brauchen und worauf es beim Fensterbank-Garteln ankommt, weiß Agrarwissenschafterin und Gartenbuchautorin Andrea Heistinger. andrea-heistinger.at


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BI E NE N U N D B IO DIVER SITÄT

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DIE BIENE, DIE WIR MEINEN

Kaum ein Firmenflachdach, auf dem nicht öffentlichkeitswirksam Bienen fleißig Honig eintragen. Dabei sind Maßnahmen zum Schutz der Honigbiene nicht immer auch anderen Insekten zuträglich. Über ein – gut gemeintes – Missverständnis. TEXT Thomas Weber

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enn wir von Bienen sprechen, wird schnell alles in einen Honigtopf geworfen. Doch es ist ein Missverständnis, das Bienensterben einfach mit dem Insektensterben gleichzusetzen. Das eine beklagen seit Jahren jedes Frühjahr die ImkerInnen, wenn sie weniger Honigvölker als früher über den Winter gebracht haben. Das andere wird – eher im Sommer – von der Zunft der EntomologInnen, die sich der Erforschung von Insekten widmet, in

die Debatte eingebracht, um auf die Gefährdung der Artenvielfalt und der Nahrungspyramide hinzuweisen. Weil bedrohte Vögel keine Nahrung mehr finden, um ihre Küken aufzuziehen. Zwar gehen die beiden Sphären ineinander über; doch das eine ist Agrikultur und die Biene ein Nutztier. Das andere ist Natur und der überwiegende Teil aller Insekten sind letztlich »wilde« Tiere. Mittendrin sind die Wildbienen – meistens mitgemeint, was ihnen aber nicht


»Bienenschutz passiert auch, wenn Feldwege nicht asphaltiert werden. Etwa 60% der in Österreich lebenden 700 Wildbienenarten nisten im Boden.« — Johann Zaller, Zoologe

Die Blaue Holzbiene ist groß wie eine Hornisse – und eine der auffälligsten Wildbienenarten.

immer zum Vorteil gereicht. Sie sehen aus wie Bienen, und sterben wie die Fliegen.

BILD ISTOC K.C OM/ARSG ERA, G ERSTENBERG VER LAG

WAS IST DAS BIENENSTERBEN? Dass jeden Winter viele Honigbienenvölker sterben, hat mehrere Gründe. Welcher der gewichtigste ist, bleibt in der Fachwelt umstritten. Die intensivierte moderne Landwirtschaft mit ihren weitläufigen Monokulturen, ausgeräumten Landschaften und dem Einsatz von Insektiziden macht der Honigbiene jedenfalls zu schaffen. Als »Bienenkiller« werden von Umwelt-ngos seit einem Jahrzehnt Neonicotinoide bekämpft. Sie töten nicht nur massenhaft auftretende Schädlinge, sondern beeinträchtigen auch das Nervensystem – und damit den Orientierungssinn der Honigbiene. Zwar sind viele dieser »Pflanzenschutzmittel« mittlerweile verboten. Per Notverordnung werden sie für die konventionelle Landwirtschaft aber regelmäßig zugelassen, um Missernten zu vermeiden. Auch der Klimawandel setzt der Honigbiene zu. Warme Perioden im Winter und vorzeitige Blühphasen bringen ihren Jahreskreislauf durcheinander und machen sie anfälliger für Krankheiten. Als siegreicher Endgegner hat es

deshalb die Varroamilbe, ein vor Jahrzehnten eingeschleppter Parasit, oft leicht. Aber wirklich bedroht ist die Honigbiene nicht. In Österreich ist die Zahl der Völker stabil. 2019 hielten 30.237 ImkerInnen insgesamt 390.607 Völker. Im Jahr 2000 waren es 363.967 Völker und 25.541 behördlich gemeldete ImkerInnen (Quelle: Dachverband Biene Österreich). In Deutschland steigt, über einen längeren Zeitraum betrachtet, die Gesamtzahl der Bienenvölker seit Langem sogar wieder an. Zwar waren 1992 laut dem Verein »Deutscher Imkerbund« auf dem Bundesgebiet noch 1,2 Millionen Völker aktiv gewesen. Doch nach einem Tiefstand – mit 600.000 Völkern 2009 – sammeln derzeit wieder annähernd eine Million Bienenvölker Pollen und Nektar. Auch in Deutschland ist die Zahl der ImkerInnen signifikant gestiegen. Gleichbleibend viele Völker bei deutlich mehr ImkerInnen lassen vermuten, dass Honigbienen heute häufiger einmal als Hobby gehalten werden und nicht immer als »Wirtschaftsvölker«. Das ist insofern relevant, als es eine weitaus sanftere, bienenschonendere Produktionsweise ermöglicht, wenn man nicht auf ein Einkommen durch den Verkauf von Honig angewiesen ist. Einerseits ist das wachsende Interesse an der Imkerei sicher mit ein Erfolg der allgemeinen »Retten wir die Bienen«-Stimmung. Andererseits hat wohl auch die breite Diskussion über das Insektensterben das Interesse an den Honigsammlerinnen als Haustiere geweckt.

WAS IST DAS INSEKTENSTERBEN? Plötzlich ins Bewusstsein rückte das Problem 2017, als ein Fachartikel von Krefelder EntomologInnen Forschungsergebnisse der zurückliegenden 27 Jahre veröffentlichte und publik wurde, dass die Insekten-Biomasse in 60 untersuchten deutschen Naturschutzgebieten binnen drei

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KINDERBUCH

»ICH BAU DIR EIN HAUS, KLEINE WILDBIENE!« von Bärbel Oftring und Jana Walczyk stellt die am weitesten verbreiteten Wildbienen und Hummeln vor (und dem Nutztier Honigbiene gegenüber), zeigt, was im Inneren eines Insektenhotels passiert (auch im Winter), und weckt nicht nur in Kindern Lust, die Vielfalt draußen zu fördern. Gerstenberg, 2021.


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BI E NE N U N D B IO DIVER SITÄT

DER RASEN UND SEIN ROBOTER: FEIND DER BIENEN UND DER BIODIVERSITÄT Wer auf kurz getrimmten Rasen steht, empfindet den Mähroboter als praktisch. Auch für die Nachbarschaft ist er angenehm, weil – im Gegensatz zum klassischen Rasenmäher – leise. Für die Vielfalt im Garten hingegen ist er eine Katastrophe. Dabei steht der Roboter sinnbildlich für einen insgesamt problematischen Zugang zur Natur. »Mähroboter dienen der permanenten Aufrechterhaltung von Graswüsten«, sagt Annett Welskop. Ökologisch gesehen stellt zwar das Anbauen eines Rasens – als Monokultur – das eigentliche Problem dar. Doch erst, indem der Roboter unentwegt durch den Garten schleicht und das Grün kurz hält, macht er den Stoppelrasen endgültig zur Todeszone. »Aufgrund der kurzen Mähintervalle ist die Entwicklung von Blüten nicht mehr möglich. Dies hat dramatische Folgen, denn durch die zu Tode gepflegten Graswüsten steht während der gesamten Vegetationszeit keine Nahrung für Insekten und Kleinlebewesen zur Verfügung«, sagt Welskop, die sich als Naturgartenplanerin (»HaBeeTat«) in Radeberg bei Dresden dem Gestalten naturnaher Lebensräume verschrieben hat. »Sollten sich auf diesen Flächen dennoch Insekten einfinden, werden im bodennahen Bereich während der Mahd regelmäßig 95 Prozent getötet und auch für Kleintiere wie Igel besteht permanent die Gefahr, dass sie verletzt oder getötet werden.«

Jahrzehnten um mehr als 75 Prozent abgenommen hatte. Kaum ein Medium, das nicht berichtete. Immerhin stammten die Daten aus Schutzgebieten – und nicht etwa aus frisch gespritzten Weingärten. Zwar wurde kritisiert, ob sich die Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz wirklich auf ganz

Deutschland umlegen ließen und überregional aussagekräftig wären. Doch die infolge der Debatte finanzierten und seither erschienenen weiterführenden Studien stützen die Ergebnisse des Krefelder EntomologInnenvereins tendenziell: Um Deutschlands Fluginsekten ist es schlecht bestellt. Nicht nur seltene Schmetterlinge, Käfer und Nachtfalter, auch viele einstige Allerweltsarten sind fast flächendeckend verschwunden. Im Süden des Landes hat das zuletzt zu zwei erfolgreichen Volksbegehren geführt: für »Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern«, das 2019 auch als »Rettet die Bienen!« bekannt wurde und mit 1,7 Millionen Unterschriften als bisher erfolgreichstes aller bayerischen Volksbegehren zu Änderungen im Landesnaturschutzgesetz führte – etwa zu einer stärkeren Förderung von Streuobstwiesen, zu größeren Waldschutzgebieten und zu Änderungen in Schullehrplänen. Ähnliches passierte in Baden-Württemberg. Nach einem Volksbegehren pro Artenvielfalt und adaptierten Naturschutzgesetzen zog im Frühjahr die cdu mit Bildern von Bienen in den Landtagswahlkampf gegen die den Ministerpräsidenten stellenden Grünen.

UND WAS IST MIT WILDBIENEN? Aber nicht nur der plakative Einsatz der Biene zeigt, wie die Grenzen zwischen Honigbienenund Artenschutz verschwimmen. Auch bei den

Macht Werbung für Bio, Bienen und Äpfel: Rennfahrer Sebastian Vettel (im Bild am Dach des Wiener Museumsquartiers).

BILD PHILIP PLATZER, NHM WIEN

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beiden Organisatoren des Artenschutzvolksbegehrens in Baden-Württemberg handelt es sich um überzeugte Demeter-ImkerInnen. Die agieren mit ihren Nutztieren zwar noch einmal deutlich behutsamer als die durchschnittlichen BioimkerInnen und würden im Traum nicht daran denken, ihren Königinnen die Flügel abzuschneiden, damit diese nicht mit einem Teil des Volks ausschwärmen (und sich dadurch der Honigertrag mindert). Wer x-beliebigen regionalen Honig kauft, kann diese Praxis schon einmal unterstützen. Doch diese Differenzierung kommt in der breiten Bevölkerung – nachvollziehbarerweise – nicht an. Dort ist eine Biene einfach eine Biene. Unterschied zwischen einer vom Aussterben bedrohten, solitär auf offenen Erdflächen nistenden und auf ein seltenes Ackerbeikraut spezialisierten Wildbiene

»Wer ein ernstzunehmendes Bekenntnis zur Biodiversität abgeben mag, kann das mit einer biozertifizierten Kantine im Unternehmen tun. Das wäre weit wirksamer als ein Alibibienenvolk am Dach der Firmenzentrale.« — Dietmar Niessner, Imker und einer Arbeitshonigbiene, die ein mehrere Hektar großes Rapsfeld anfliegt oder mit ihrem Volk zur Zeit der Obstbaumblüte als Bestäubungsdienstleister in eine Apfelplantage gebracht wurde, wird keiner gemacht. Das kann man niemandem verübeln. Das macht die Sache aber kompliziert. Denn was anderen Insekten nützt, dient immer auch dem Wohl der Honigbiene. Wer sich allerdings einzig für das Wohl der Honigvölker einsetzt, schadet dabei mitunter aber den Wildbienen. 560 Wildbienenarten gibt es in Deutschland. In Österreich mit seinen vielfältigen Lebensräumen von den Alpen bis zu den artenreichen Trockenrasengebieten im pannonischen Raum leben sogar 702 verschiedene Arten. Manche davon wur-

WAS MACHT IMKEREI WIRKLICH NACHHALTIG? Dominique Zimmermann, Insektenforscherin am Naturhistorischen Museum in Wien, plädiert für ein Verbot der Honigbienenhaltung in Naturschutzgebieten und Pufferzonen rundum. BIORAMA: Alle Welt will die Honigbiene schützen. Profitieren davon auch Wildbienen? DOMINIQUE ZIMMERMANN: Ja und nein. Sie können davon profitieren, es kann aber auch schaden. Manche Maßnahmen, die der Honigbiene helfen, helfen auch Wildbienen; vor allem die Reduktion von Insektiziden. Mehr Brachflächen oder eine strukturreichere Landschaft mit Hecken sind natürlich auch von Vorteil. Die Honigbienendiskussion ist nicht grundsätzlich schlecht. Mittlerweile wird das Hauptaugenmerk aber auf die Wichtigkeit der Bestäubung gelegt. Und es ist ein grobes Missverständnis vieler Medien, das für Naturschutz zu halten! Die Honigbiene ist ein Nutztier – wie Kuh oder Schwein. Sie ist natürlich enorm wichtig für die Landwirtschaft und unsere Ernährung. Aber mit Naturschutz hat das Engagement für Honigbienen nichts zu tun.

Inwiefern kann der Einsatz für Honigbienen Wildbienen schaden? Imkerei ist ja die einzige Form der Landnutzung, in der fremde Flächen für den eigenen Ertrag genutzt werden dürfen. Besonders problematisch sind deshalb Honigbienenvölker in der Nähe von Naturschutzflächen und dort, wo es bedrohte Wildbienen gibt. Viele Wildbienenarten besuchen die gleichen Blumen wie die Honigbiene. Teilweise weichen Wildbienen aus. Aber bei begrenzten Ressourcen geht das nicht. Teilweise braucht man mobile Honigbienenvölker, um etwa ein ganzes Rapsfeld bestäuben zu lassen. Ist der Raps verblüht, dann weichen zigtausende Honigbienen auf andere Blühpflanzen aus. Das kann eine massive Konkurrenz zu

Dominique Zimmermann, Kuratorin für Hautflügler am Naturhistorischen Museum (NHM) in Wien und Wildbienenexpertin.

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BI E NE N U N D B IO DIVER SITÄT

Wildbienen ergeben und deshalb sehe ich es kritisch, dass es keinerlei Regelungen zur Dichte an Honigbienenvölkern in der Landschaft gibt. Das Problem ist auch vielen ImkerInnen nicht bewusst. Es bräuchte in der Ausbildung ein Modul zum Thema Wildbienen. Was kann jedeR Einzelne tun, um Wildbienen zu schützen? Bringen Insektenhotels etwas? Nur zum Teil. Die weit verbreiteten Bambusstängel fördern nur wenige Arten. Viele Arten sind außerdem Bodennister. Sandige Stellen, etwas ungepflegtere Ecken im Garten sind da viel wichtiger. Und Totholz liegen zu lassen hilft vielen Insekten, nicht nur Wildbienen. Ganz einfach ist es auch, im Garten und am Balkon nicht nur hübsche Zierpflanzen zu setzen, sondern zum Beispiel auch Salbei oder verschiedene Glockenblumenarten anzubauen. Und was kann ich als ImkerIn tun, um wilde Bienen vor den eigenen Nutztieren zu schützen? Gute Frage. Bei der Imkerei bestimme ich ja den Ort, an dem die Bienenvölker fliegen. Es ist schon sehr hilfreich, wenn das nicht in der Nähe von geschützten Trockenrasen passiert. Dort gibt es viele seltene Pflanzen, auf die sich dementsprechend ebenso seltene Wildbienen spezialisiert haben. Gut wäre es, darauf zu achten, dass die Honigbienendichte nicht zu hoch ist und man nicht zu viele Völker an einem Standort hält. Wie viele das sind, lässt sich pauschal aber schwer sagen, weil es vom Blütenreichtum in der Umgebung abhängt. Aber das ist eine spannende Frage, die eigentlich erforscht gehört: was eine nachhaltige Imkerei ausmacht, die keine negativen Auswirkungen auf andere Insekten hat. Braucht es ein Verbot von Imkerei in Naturschutzgebieten? Das würde schon Sinn ergeben und wäre sehr gut zu rechtfertigen. ImkerInnen haben ja die Möglichkeit, diverse Flächen für ihren Ertrag zu nutzen. Gerade Naturschutzflächen sollten deshalb ausgenommen werden. Und da viele Naturschutzgebiete klein sind, bräuchte es wahrscheinlich sogar eine Pufferzone von einem Kilometer rundum, weil die Honigbiene zu den Arten gehört, die weite Flugdistanzen zurücklegen.

»Gegen das Bienensterben und gegen den Klimawandel wird es keinen Impfstoff geben«, meinte Othmar Karas, der Vizepräsident des Europäischen Parlaments.

den allerdings zuletzt in den 1940er-Jahren nachgewiesen. Flächendeckende Daten und Forschung gibt es keine. In Deutschland sind 26 Arten als »extrem selten« eingestuft, sieben Prozent gelten als verschollen. Mehr als 50 Prozent finden sich auf der »Roten Liste« der gefährdeten Arten. Der unlängst von österreichischen ForscherInnen zur Erstellung einer eigenen »Roten Liste« gegründete Wildbienenrat geht davon aus, »dass bei uns bis zu 60 Prozent der Arten gefährdet sind« (Dominique Zimmermann). Das Problem: Unbedacht aufgestellte Honigbienenvölker können diese Gefährdung mitunter verschärfen. Bereits Mitte der 90er-Jahre wurde auf die Nahrungskonkurrenz zwischen dem Nutztier Honigbiene und Wildbienen hingewiesen. Denn Honigbienen tragen eine enorme Menge an Nektar und Pollen ein. Von einem starken Volk fliegen im Frühjahr bis zu 60.000 Arbeiterinnen aus, um die Gegend um den Bienenstock abzugrasen. 2008 fanden ForscherInnen heraus, dass 30 Honigbienenvölker in nur zwei Wochen so viel Pollen von Ackersenf und Raps einsammelten, wie ausgereicht hätte, um 44.070 Brutzellen der solitär lebenden Rostroten Mauerbiene zu versorgen. Die Bienenstöcke am Dach, die auf vielen Firmenzentralen schick geworden sind und stolz

BILD PHILIP PLATZER, ISTO CK. COM/A NTAGAIN

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in Presseaussendungen und Nachhaltigkeitsberichten erwähnt werden, ändern nichts am Systemfehler in Landschaft und Lebensraum rundum. Und unbedacht platzierte Honigbienen richten, was Naturschutz und Artenvielfalt angeht, womöglich sogar Schaden an. Bioimker und Imkerlehrer Dietmar Niessner rät ernsthaft interessierten Unternehmen deshalb seit Langem, solche »Alibibienenvölker« besser sein zu lassen und stattdessen die Kantine biozertifizieren zu lassen. »Eine Biokantine wäre ein deutliches Zeichen – und von der Biolandwirtschaft profitieren Bienen, Wildbienen und alle anderen Insekten auch.«

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WARUM BRAUCHEN WIR DIE HONIGBIENE? Gegen das Engagement für Bienen wäre jedenfalls nichts Grundsätzliches einzuwenden. Denn tatsächlich sind rund 85 Prozent aller Wild- und Nutzpflanzen zur Fortpflanzung von Fremdbestäubung durch Tiere abhängig. Damit ist nicht nur der Fortbestand unserer Ökosysteme, sondern auch unseres Ernährungssystems unmittelbar von Insekten abhängig. Das zu Unrecht Albert Einstein zugeschriebene Zitat »Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen« ist zwar Blödsinn. In Nordamerika gab es Menschen, lange bevor die EuropäerInnen die Honigbiene brachten. Doch eine Welt ohne die Honigbiene als wichtige Bestäuberin könnte deutlich weniger Menschen ernähren. Äpfel, Kirschen, Zitrusfrüchte, Nüsse, viele Beeren, auch Kürbisse, Gurken oder Sojabohnen brauchen Bestäuber. Anderes Obst und Gemüse wiederum würde ohne Bestäubung einen empfindlich geringeren Ertrag bringen und weniger oder kleinere Früchte ausbilden.

WARUM BRAUCHEN WIR BIODIVERSITÄT? Entscheidend sind allerdings eine Balance und eine Vielfalt an Möglichkeiten. Dass 2021 in Mitteleuropa mancherorts mit einem Totalausfall und einer jedenfalls geringen Ausbeute bei der Honigernte gerechnet wird, hat mit der ungewöhnlichen Kälte zur Zeit der Frühlingsblüte zu tun. Honigbienen verlassen ihre Beuten erst ab ca. acht Grad, um Pollen und Nektar zu sammeln. Dass es zwar wenig Honig, aber keinen Ernteausfall beim Obst und beim Gemüse geben wird, haben wir den unzähligen anderen Bestäubern zu verdanken. Die meisten Wildbienen und Insekten fliegen – und bestäuben – auch bei niedrigeren Temperaturen als unser Nutztier. Es ist also lebensnotwendig, die Vielfalt und »Biomasse« an Insekten zu erhalten. »Es muss uns klar werden, dass es hier nicht

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BI EN E N U N D BI O DI V ERSITÄT

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BEITRAG ZUR DEBATTE

um das Hobby von SchmetterlingskundlerInnen geht, sondern um die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme«, warnte der prominente Agrarwissenschafter, Aktivist und Ökolandwirt Felix zu Löwenstein 2019. »Wenn Ökosysteme nicht mehr intakt sind, können wir auch keine Nahrung mehr produzieren.« Eine globale Ernährungssicherung ohne Biodiversität ist undenkbar.

WARUM BRAUCHEN WIR BLÜHENDE WIESEN?

»EVOLUTION DER BIENENHALTUNG. ARTENSCHUTZ FÜR HONIGBIENEN« von Torben Schiffer stellt die gute imkerliche Praxis grundlegend infrage und plädiert für eine neue, artgerechte Bienenhaltung – gerade in der Hobbyimkerei. Ein Buch, das gelesen haben sollte, wer sich mit Bienen, Ökologie und Landwirtschaft beschäftigt. Ulmer, 2020.

Bei einem ernsthaften Einsatz für Biodiversität kann man die Honigbiene natürlich guten Gewissens als Galionsfigur verwenden – sofern er den Schutz vielfältiger Lebensräume zumindest mitdenkt. Der diesjährige »Welttag der Biene« am 20. Mai zeigte ein durchaus beeindruckendes Großaufgebot: Unternehmen, Museen, Lokal- wie Spitzenpolitik – kaum jemand inszenierte sich nicht als BienenschützerIn. Wenigen in der Dimensionierung doch eher lächerlichen Aktionen (der Zustelldienst Mjam feierte sich in Wien als Unterstützer eines Bienenvolks eines Imkers namens Christoph) standen auffällig viele durchdachtere Projekte gegenüber. Die Österreichischen Bundesbahnen beispielsweise – vor ein paar Jahren noch der größte Abnehmer des Unkrautvertilgungsmittels Glyphosat im Lande – fördern nun Blumenwiesen und produzieren in acht Bundesländern ab sofort eigenen Bio-»Schienenhonig«. Fast schon ein wenig megaloma-

nisch mutet das Projekt »Bio Bienen Apfel« an. Anfang April, noch mitten im Lockdown, streamte der steirische Obstvermarkter Frutura die Präsentation aus der Wiener Innenstadt als ziemliches Spektakel, für das man bereits im Vorfeld die Wiener Sängerknaben einen schnulzigen Chor (»Give Bees a Chance«) hatte einsingen lassen. Um in den nächsten fünf Jahren 1200 Hektar Lebensraum für bis zu eine Milliarde Bienen zu schaffen, verteilte der auch in Deutschland aktive Bananen-, Mango- und Bioapfelvermarkter tonnenweise Biosaatgut für Blumenwiesen. Und um damit auch flächendeckend in den Medien zu landen, wurden keine Kosten gescheut. Model Charlott Cordes und Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel demonstrierten anhand einer großen Apfelblüte und einer Stoffbiene vor den Kameras, wie das mit der Bestäubung funktioniert. Wobei sich der Rennfahrer als kürzlich überzeugter Biokonsument outete. Im ersten Lockdown 2020 habe er ein Praktikum auf einem Biobauernhof absolviert und dabei erkannt, dass »nicht jedes Gemüse und jeder Apfel gleich gesund« seien. Auch der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, trat im Zeichen des »Bio Bienen Apfels« auf. »Gegen das Bienensterben und gegen den Klimawandel wird es keinen Impfstoff geben«, sagte der Politiker und schlug den Bioapfel als gemeinsames europäisches Projekt vor.

BILD EU COMMIS SIO N, ULMER VE RL AG

Schreckensvision einer Welt ohne Bestäuber: Der »Pollinator Park« der EU-Kommission zeigt, wie eine Welt ohne Bestäuber aussehen könnte.


WAS MACHT DIE EU-KOMMISSION? »Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung, aber die Politik allein kann die Dinge nicht verändern. Wir brauchen die Unterstützung der Bevölkerung, der Wissenschaft, der Wirtschaft und anderer Key Player. Wir brauchen alle Hände auf dem Deck«, meinte Virginijus Sinkeviius, EU-Kommissar für Umwelt, an der Seite von Bestsellerautorin Maja Lunde (»Die Geschichte der Bienen«) bei der Präsentation des »Pollinator Park«: Das interaktive Virtual-Reality-Erlebnis wurde vom Umweltarchitekten Vincent Callebaut entwickelt, um wachzurütteln. Die interaktive VR-Reise durch ein dystopisches, wüstengraues und insektenfreies Europa 2050 soll vermitteln, wie dringend notwendig die 50-prozentige Verringerung des Pestizideinsatzes wirklich ist, die die Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Union vorsieht. Aufbereitet speziell für die junge Zielgruppe der Gamer lässt sich der »Pollinator Park« (deutsch: Park der Bestäuber) im Browser erkunden, er soll aber auch auf VR-Tour durch Europas Museen gehen. Der »Pollinator Park« selbst ist ein Refugium inmitten der artenarmen Ödnis; in ihm lassen sich Schwebfliegen und andere wilde Bestäuber genau beobachten. Als Galionsfigur wurde bewusst kein Nutztier, sondern eine Hummel gewählt.

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UND WAS KANN ICH TUN? Die Botschaft des »Pollinator Park« ist unmissverständlich. Die Vielfalt lebt und blüht gerade auch im Kleinen. Und weil jeder Quadratmeter zählt, ist jeder nicht asphaltierte Parkplatz ein Triumph; jeder nicht gepflasterte Hof und jeder blühende Vorgarten, der nicht geschottert und mit Folie unterlegt ist, lässt der Natur Raum. Woran allerdings die wenigsten denken: Weit mehr als die Hälfte aller Insekten ist nachtaktiv. Viele orientieren sich am Mond; wie Nachtfalter oder Motten, die nachts unterwegs sind – und ebenfalls wichtige Bestäuber. Die günstig verfügbaren led-Lampen werden oft unbedacht im Freien an Häuserfronten, Balkongeländern und entlang von Gartenwegen angebracht und dort für die Tiere zum Problem. Denn mit zusätzlichen dauerhaften Lichtquellen können sie nicht umgehen. Und statt dem Mond entgegen fliegen sie bis zur Erschöpfung gegen Scheinwerfer und led-Lämpchen an. Wenn wir von Biodiversität sprechen, müssen wir also auch Dunkelheit dulden.

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SPAR E N

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SCHÖNE NEUE SPARWELT Nach und nach kommen mehr Sparprodukte von Sparbüchern bis zu Fondssparplänen mit nachhaltiger Ausrichtung auf den Markt. Damit wird der Einfluss, den KundInnen hier haben, zumindest größer.

Niedrigzinsumfeld Auch die Europäische Zentralbank setzt seit 2008 auf niedrige Zinsen. Seit 2016 liegt der Leitzinssatz durchgehend bei 0,0 Prozent. Das bringt niedrige Sparzinsen, aber auch billigere Kredite.

Q

uasi alle Ratgeber und Tipps zum Umgang mit privaten Finanzen beginnen mit dem gleichen Ratschlag: Konsum einschränken und sparen, um dann darauf aufzubauen. Seit Jahren ist klar, dass die Werkzeuge zum Sparen sich verändern: Das klassische Sparbuch und auch der Bausparvertrag erfreuen sich aufgrund der Sicherheit, die sie bieten, nach wie vor großer Beliebtheit. Neuere Formen wie Fondssparpläne machen aber auch andere Arten des Sparens zugänglicher. Wer aus Überzeugung eine Distanz zur Finanzwirtschaft aufrechterhalten will, hat es schon immer schwer: Die Einlagen auf Girokonten und Sparbüchern werden von Banken und Geldinstituten auf den Finanzmärkten investiert. Der Einfluss, den KundInnen hier haben, war immer gering, ist aktuell aber dabei, größer zu werden.

UMWELT- UND ETHIKKRITERIEN In Österreich beginnen die Banken, nachhaltigere Produkte zu entwickeln, die meist darauf abzielen, dass ihnen anvertrautes Geld nur nach bestimmten Kriterien verwendet und investiert wird. Etwa in Form von Krediten für Unternehmen und Projekte, die eben auch nachhaltige Kriterien erfüllen müssen – ein großer Hebel für den Wandel zu mehr auch ökologischer Nachhaltigkeit. Seit weit mehr als 15 Jahren schon wird das Österreichische Umweltzeichen an bestimmte Fonds mit entsprechenden Nachhaltigkeitskriterien vergeben, seit 2019 auch an entsprechende Girokonten und Sparprodukte. Bei Fonds gibt es Anbieter, die etwa mit dem wwf zusammenarbeiten, um ihr Portfolio zu durchleuchten, oder mit Cleanvest einen Anbieter, bei dem PrivatkundInnen Fonds nach mittlerweile

BILD ISTOC K. COM/SE SA ME

TEXT Martin Mühl


ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER LANDWIRTSCHAFTSKAMMER NIEDERÖSTERREICH

zehn Kriterien filtern können. Auch wenn Transparenz bei allen Produkten der »Green Finance« ein Ziel sein müsste, verlangt es von VerbraucherInnen trotzdem einiges an Recherche, jene Angebote zu finden, die wirklich den eigenen Kriterien entsprechen. Neben Umwelt- spielen oft auch Ethikkriterien eine Rolle. Zu den Angeboten gehört die Umweltcenter Raiffeisenbank Gunskirchen mit dem »Umwelt Sparbuch Fix« und den zwei Online-Sparvarianten »Fix« und »Flex«, die sich im Zinssatz und der Bindungsdauer unterscheiden. Die selbst emas-zertifizierte Entwicklungsbank der Republik Österreich (OeEB) steht in erster Linie institutionellen Investoren offen und finanziert internationale Infrastrukturprojekte und hier vermehrt in Form von Krediten auch Klimaschutzprojekte. Deren Muttergesellschaft, die Kommunalkredit, hat mit Kommunalkredit Invest ein relativ junges Angebot für PrivatanlegerInnen in Deutschland und Österreich, die online Geld per Festgeld oder Tagesgeld anlegen möchten. Angelegt wird das Geld auch hier zunehmend in nachhaltige Infrastrukturprojekte. Die Tochtergesellschaft Kommunalkredit Public Consulting GmbH managt übrigens im Auftrag der Republik Österreich Umweltförderungs-

Gemeinsam für Bienen Die Kampagne »Wir für Bienen« unterstützt alle, die in Niederösterreich Lebensraum für Bienen schaffen! Niederösterreich hat mit 600 verschiedenen Arten die höchste Bienen-Vielfalt aller mitteleuropäischen Länder. Das liegt an der vielfältigen, artenreichen Fauna und Flora im Bundesland und an der abwechslungsreichen, kleinstrukturieren Land(wirt)schaft: Tagtäglich sorgen die Bäuerinnen und Bauern dafür, dass Insekten auf Wiesen, Obstbäumen und auf rund 230.000 Hektar blühenden Feldern ein Zuhause finden. Aber auch die Gemeinden, die JägerInnen und alle NiederösterreicherInnen sind in puncto Bienenschutz gefordert! Unterstützung gibt’s von »Wir für Bienen«. Die Kampagne hilft mit regionalen Saatgutmischungen und liefert Tipps, wie man zum Beispiel mit einer Wildblumenwiese oder mit einem Bienenplatzerl am Balkon Insekten Heimat geben kann. Ganz aktuell können Sie den kostenlosen »Wir für Bienen«-Bestimmungsfächer anfordern, wo die 28 wichtigsten heimischen bienenfreundlichen Pflanzenarten vorgestellt werden: www.wir-fuer-bienen.at


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Nachhaltige Banken Mit der Umweltcenter Raiffeisenbank Gunskirchen und ihren Filialen gibt es in Österreich nur eine Initiative mit so klarer Ausrichtung. Andere Banken richten sich nur teilweise oder mit einzelnen Produkten nachhaltig aus.

In Deutschland gibt es u. a. mit GLS und Triodos Anbieter, die ihr gesamtes Geschäft ökologisch nachhaltig ausrichten.

programme und vergab im Jahr 2020 Förderungsmittel in Höhe von rund 446 Millionen Euro für das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, den Klima- und Energiefonds oder auch die Bundesländer.

MIT KLEINEM BUDGET IN DIE FINANZWIRTSCHAFT Was all diese klassischen Sparprodukte gemein haben: Die Zinsen liegen derzeit meist deutlich unter einem Prozent und damit auch unter der durchschnittlichen Inflation. Das Geld wird weniger Wert – jedenfalls verliert man an Kaufkraft. In Deutschland bieten die Banken mit nachhaltiger Ausrichtung wie die gls-Bank und Triodos verschiedene Produkte im Sparbereich und darüber hinaus auch neue Möglichkeiten, die sich in den vergangenen Jahren entwickelt haben, etwa das Fondssparen. Dies sind Produkte, die es ermöglichen, mit Summen von teilweise schon unter 50 Euro im Monat im Rahmen eines Sparplans in Fonds zu investieren. Hier gibt es die Möglichkeit, sehr direkt zu entscheiden, in welchen Bereichen und nach welchen Kriterien die Fonds investiert sind. Wobei sich die Anzahl der Fonds laufend er-

höht und es auch immer mehr Mischfonds gibt, die nicht nur entweder in Aktien, Immobilien oder auch Anleihen investieren, sondern diese mischen und mit noch mehr Bereichen wie etwa Gold verbinden. Nachhaltige Fondssparprodukte bieten viele Banken an – oft zusammen mit dezidierten Fondsanbietern, die dann etwa nach dem Umweltzeichen zertifiziert sind. Dazu gehört auch die Bank Austria, die ihren KundInnen anbietet, ab 30 Euro monatlich in umweltzeichenzertifizierte Fonds des Anbieters Amundi zu investieren. Diese haben klingende Namen wie »Klimaschutz« oder auch »Umwelt & Nachhaltigkeit«. Viele Konto-, Spar- und Fondsprodukte stehen übrigens über die Ländergrenzen hinweg zur Verfügung, aber auch hier ist Recherche nötig, weil es eben vereinzelt doch anders ist oder bei manchen zumindest zusätzliche Kosten – etwa für Behebungen im Ausland – anfallen. Während die Angebote von Triodos nur deutschen StaatsbürgerInnen zugänglich sind, können bei der gls-Bank auch ÖsterreicherInnen Services in Anspruch nehmen. Die ebenfalls auf Nachhaltigkeit ausgerichtete deutsche Bank Tomorrow steht auch ÖsterreicherInnen offen, ist aber erst dabei, Sparprodukte zu entwickeln und anzubieten.

Allgemein gilt auch hier: Fonds haben keine Einlagensicherung und bergen Risiken, die über Kursschwankungen hinausgehen können. So ist eine eventuelle Auszahlungssumme – anders als beim klassischen Sparbuch – von diesen Schwankungen abhängig. Auch wenn das umgekehrt heißt, dass bei niedrigen Kursen um die gleiche Summe mehr Anteile gekauft werden können. Neue Sparformen bieten also teilweise die Chance auf mehr Rendite, aber auch mehr Risiken – und zunehmend etwas mehr Einfluss darauf, worin das eigene Geld inDie Möglichkeiten, den eigenen Umgang mit Finanzen zu gestalten, werden vielfältiger und setzen sich künftig meist wohl aus verschiedenen Sparformen zusammen. vestiert wird.

BILD ISTOC K. COM/MYKYTA DOLMATOV

RISIKO UND EINFLUSS


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Kultur als Lebens-Mittel

B ILD LINZ TOU RIS MUS /ROBE RT JO SIPO VIC

Ein Abstecher in eine ehemalige Kulturhauptstadt, die nachhaltig ihren Titel hegt und mit neuem Leben füllt. Die Westbahnstrecke zwischen Wien und Salzburg ist die meistbefahrene Zugstrecke Österreichs. Auf dem Weg Richtung Osten, kurz nach Attnang-Puchheim, wird der nächste Halt »als Höhepunkt der Reise« angekündigt. Nach kurzer Pause kracht ein verschmitzter Lacher des Zugführers durch die Lautsprecher und der Zug fährt in Linz ein. Ob der Zugführer überhaupt jemals zuvor für einen Stadtspaziergang ausgestiegen ist – oder gar selbst Linzer mit humoristischer Distanz zur Heimatstadt –, ist nicht mehr Teil der Durchsage. Stahlstadt ist bei vielen die erste Assoziation mit Linz, Kulturstadt ist eine zweite. Spätestens seit Linz09, denn das Jahr als Europäische Kulturhauptstadt hat Linz verändert. Eine Kulturstadt war sie freilich lang zuvor, forum design, forum metall, KAPU, Stadtwerkstatt oder auch Ars Electronica haben Linz schon in den 70ern und 80ern den Ruf der unprätentiösen avantgardistischen Kulturalternative zwischen von bürgerlich geprägter Hochkultur dominierten Umgebungsstädten wie Wien oder Salzburg verliehen. Laut

dem Sozialwissenschafter und Künstler Thomas Philipp steckt in der Erzählung der Off-Kultur-Stadt zwar »auch ein bisschen Mythos«, dessen wahrer Kern aber vor allem in der »konstanten Stärke der freien Szene« besteht, die seit den 70ern ebenso konstant von der Stadt gefördert wird. Viele der Orte der Subkultur haben die Jahrzehnte überdauert und sind bis heute beliebte Anlaufstellen entlang der Donau. Neue Formate und Kulturstätten sind rund um 2009 dazugekommen, zusammen mit einem neuen Selbstverständnis der Stahlstadt. Die damalige Assistentin der Kulturhauptstadtintendanz, Julia Stoff, ist überzeugt: »Eine gute Kulturhauptstadt zieht einer Stadt nichts Artfremdes über, sondern dockt an dem, was da ist, an und arbeitet das heraus, was in die Stadt eingeschrieben ist.« Ihr zufolge war Linz »beides« – Kultur und Industriestadt –, aber früher schmutzig. »Im Gegensatz zu vielen anderen Städten hat Linz den industriellen Turnaround geschafft, das bringt der Stadt auch eine starke Wirtschafts- und

EINE ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON LINZ TOURISMUS

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E R L E ND LO R EM IP SU M

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2009 war Linz zum ersten Mal im »Höhenrausch«. Es entpuppte sich als eines der erfolgreichsten Formate der Kulturhauptstadt. Im Sommer 2021 findet die Ausstellungsserie nun ihren Abschluss: Mit »Wie im Paradies …« inszenieren und reflektieren Martin Sturm und Rainer Zendron Träume, Momente des Glücks und den Versuch, das Paradies als eine Leitvorstellung unseres Lebens im Hier und Jetzt zu fassen.

großen Plastikhype.« Mit einem ausschließlich aus Naturfasern bestehenden Angebot waren sie in einer – auch ökonomisch mitunter engen – Nische. »Je mehr Raum man den Kleinen gibt, desto mehr profitiert die Stadt davon.« Binder sieht in der Mode eine Brücke von nachhaltigem Wirtschaften und Konsum als einer Einstellung – zu ihrer Verbreitung. Durch Mode kann man schließlich viel von seiner Persönlichkeit zeigen. »Wenn ich mich dafür entscheide, faire Mode zu tragen, dann ist das ein politisches Statement, dass ich manches nicht toleriere. Dass man es anders machen kann.«

SELBSTBILD Als Statement hat Linz09 nicht nur die Außenwahrnehmung, sondern – vielleicht viel wichtiger – die LinzerInnen noch einmal verändert. Thomas Philipp spricht von einem neuen Selbstbewusstsein in breiten Teilen der Bevölkerung. Und Julia Stoff betont: »Abgesehen davon, dass es manche Projekte nach wie vor gibt, wie den Kepler Salon, die Initiative Hörstadt oder (noch) den Höhenrausch, ist das Wichtigste das veränderte Selbstbild. Mehr und andere

BILD OTT O SA XINGE R

Finanzkraft«, sagt die Wahlberlinerin. Dieser Turnaround sei nicht von außen gekommen, sondern von Wirtschaft und StadtbewohnerInnen ausgegangen, sagt einer, der vor rund 15 Jahren nach Linz gekommen ist. Der Passauer Georg Steiner ist Tourismusdirektor der Stadt und verantwortete Linz09 in dieser Funktion: »Linz wurde nicht von der Stahlstadt zur Kulturstadt, sondern Linz war und ist Industriestadt und Kulturstadt. Die Schlote rauchen in Linz, aber die Luft ist sauber!« Seine heutige Attraktivität verdanke Linz vor allem der finanziellen Unterstützung von Initiativen, die ausgehend von der Kunstuniversität und der Anton-Bruckner-Universität nicht nur die klassische Kultur gefördert, sondern auch der freien Szene Raum gegeben haben. Von der Schubkraft solcher Förderungen ist auch Janna Binder überzeugt und davon, dass die Szene und auch Unternehmen wie ihres spürbar profitieren. Sie führt heute den Eco-Fashion-Store Xiling in dritter Generation und während Linz Kulturhauptstadt war, schloss sie gerade die Schule ab. »Als meine Großmutter und meine Mutter den Laden in den 80er Jahren eröffnet haben, war das mitten im


IN MI T KOOPERATION US L I N Z TO U R I S M

Menschen nehmen kulturelle Angebote wahr, als das vor 2009 der Fall war.« Das Programm hat seine Ziele offenbar erreicht. Dabei hat die Kulturhauptstadt die punktuelle Aufmerksamkeit als Möglichkeit genutzt, ihr Profil zu schärfen. Die Stahlstadt hat sozusagen aus der – imagebezogenen – Not eine Tugend gemacht und ihre Prägung durch Industrie nicht versteckt. Und sich aktiv gegen eine Fragmentierung der Facetten einer Stadt gewehrt. Kultur, Natur und Industrie machen die Stadt gemeinsam aus. »Linz verarbeitet ökologische Aspekte, Wirtschaften, soziale Gegensätze zwischen Arm und Reich kulturell – aber nicht im Sinn einer Ansprache an die weltweite Kultur-High-Society.« Steiner nennt das »Kultur als Lebens-Mittel«.

VIELFALT FÜR ALLE Kultur für alle. Kunst im öffentlichen Raum. Überraschend große Vielfalt. Das sind die zentralen Elemente, auf die sich die Kulturschaffenden und die Kulturverantwortlichen einigen können. Viele der Formate und Orte im Rahmen von Linz09 waren einmalig – geben aber Events wie dem Ars Electronica Festival, der Klangwolke oder der Eco-Fashion-Messe »WeFair« Rückenwind. Janna Binder ist stolz, »was eine so kleine Stadt wie Linz aus dem Potenzial in den Bereichen Nachhaltigkeit und Kunst und Kultur« macht: »Linz hat eine Riesenkreativszene in so vielen Bereichen. Wenn das entsprechend gepusht wird, entsteht Neues und das zahlt sich auch ökonomisch aus. Das zieht Menschen von überall an.« Einmal angezogen, bieten gerade die kleinen Kulturbetriebe einen guten Einstieg: »In den Kulturstätten der zweiten Reihe wird mit viel Liebe und Engagement Musik, Theater und Performance gemacht. Im Theater Phönix zum Beispiel. Und im Stifterhaus trifft sich die Avantgarde der

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deutschsprachigen Literatur. Das ist experimentell und ein bisschen unberechenbar«, lenkt Georg Steiner den Blick auch für BesucherInnen auf die Orte abseits der Leuchttürme. »Mir tun die Leute ja ein bisschen leid, die immer Attraktionen abhakeln müssen.«

BITTE KEINE ALLGEMEINEN HIGHLIGHTS Wer in Linz aussteigt, geht oder fährt mit der Straßenbahn am besten einfach drauflos. Fast jede Distanz in der Stadt lässt sich zu Fuß bewältigen, in nur fünf Minuten ist man vom Bahnhof im Volksgartenviertel und dort in der Rainerstraße mit ihren kleinen Läden, Seitenstraßen und liebevoll geführten Shops und Cafés, wo auch Janna Binders Xiling zu finden ist. Binder sagt: »Man kann hier einfach eine gute Zeit haben und sich von hier aus in zwei, drei Stunden Linz eröffnen. Wär’ ich TouristIn, würde ich im Rahmen der Mural Harbor Tour Street Art bewundern und dann auf den Pöstlingberg fahren und mitten in der Natur runterschauen auf die Donau und die dort angesiedelten Museen und Boutiquen besuchen.« Georg Steiner empfiehlt: »Wer nach Linz kommt, soll neugierig sein. Ein Linz-Besuch soll eine Art Veränderungsbesuch sein. Man soll offen sein für Neues, sich mal etwas bestellen, das man noch nie gegessen hat, oder in eine Ausstellung gehen, die man sich normalerweise nicht ansehen würde.« Thomas Philipp schlägt in eine ähnliche Kerbe: »Der Charme einer alten Industriestadt, die sich neu erfunden hat, den gibt’s woanders so vielleicht nicht. Abseits der shiny kulturtouristischen Pfade lässt sich in jeder Stadt mehr entdecken und in Linz ist das etwas besonders Eigenes, das sich an ganz alltäglichen Orten zeigen kann: zum Beispiel beim Leberkas Pepi. Das Gasthaus zum Hochofen ist auch nicht zuallererst für seine Küche bekannt. Solche Orte können viel vermitteln.«

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»Linz war und ist Industriestadt und Kulturstadt. Die Schlote rauchen, aber die Luft ist sauber!« — Georg Steiner

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SCHWIMMEN MIT DEM STROM Wie man bei einem Flussbad weder sich selbst noch das Ökosystem gefährdet.

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nterwegs an einem heißen Sommertag: Es glitzert blau durch die Bäume am Straßenrand. Ein Fluss schlängelt sich verlockend durch die Landschaft, ein Zugang zum kühlen Nass ist mit ein wenig Glück schnell gefunden. Wo darf man überhaupt baden, wie badet man sicher und was gilt es zu beachten, um das ökologische Gleichgewicht des Fließgewässers nicht zu stören?

IN WELCHEN FLÜSSEN GESCHWOMMEN WERDEN DARF Laut WWF leben rund 3,7 Millionen ÖsterreicherInnen in 2,5 Kilometer Nähe – also in Gehweite – eines Flusses, die wichtige Erholungsgebiete für Menschen darstellen.

Grundsätzlich sind Flüsse – es sei denn, sie sind in Privatbesitz oder mit einem Badeverbot belegt – frei zugänglich. Will man beim Flussbaden auf Nummer sicher gehen, nützt man ausgewiesene Badezonen. Um sensible Tier- und Pflanzenarten nicht zu stören, sollte man sich auch dort, wo Baden erlaubt ist, umsichtig verhalten. Denn nicht zuletzt Achtlosigkeit von Flussbadenden oder SpaziergängerInnen kann für Tiere wie den Flussuferläufer, der an vielen Kiesinseln brütet, attraktive Lebensräume unbrauchbar machen, weiß Gerhard Egger, Leiter der Gewässerschutzabteilung des wwf Österreich. Schotterbänke und Kiesinseln sollten daher während der Brutzeiten eher gemieden werden. Die besonders heikle Zeit ist dieses Jahr schon fast geschafft, sie läuft für Brutvögel von April bis Juli.

Wie wichtig es ist, sich an die Regeln zum Schutz der Lebensräume zu halten, zeigt eine im Mai veröffentlichte Studie von wwf und Birdlife zum Flussuferläufer: Ein Drittel bis die Hälfte der für ihn geeigneten Lebensräume am Inn ist schon jetzt aufgrund von Störfaktoren unbrauchbar. Um weiteren Verlust des knappen Lebensraums vieler Arten zu stoppen, gilt in den meisten Naturschutzgebieten ein Betretungsverbot abseits der Wege, in Gewässerschutzgebieten sind an den Flüssen oft explizite Badeverbote ausgewiesen.

NATUR PUR Wie überall gilt auch beim Besuch am Fluss: Nichts gehört in die Natur, was nicht schon zuvor da war. Das gilt nicht nur für Plastikverpackungen und Glasflaschen, sondern auch für Zigarettenstummel und Hygieneprodukte. Aber auch über Körperpflegeprodukte können Stoffe in den Fluss gelangen, die dort eigentlich besser nicht wären. Sonnencremes stehen laut Egger im Verdacht, sensible Wasserlebewesen zu schädigen. Man kann durch den Griff zu Naturkosmetikprodukten zumindest darauf verzichten, den Fluss mit Mikroplastik aus der Creme zu kontaminieren; wer auch auf mechanischen Sonnenschutz zurückgreift – also etwa Hut oder Kleidung –, tut seiner Haut und der Umwelt einen weiteren Gefallen.

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TEXT Florian Jauk


Einreichfrist 15.07.21

Flussuferläufer brüten oftmals auf Kiesinseln in Flüssen und reagieren sensibel auf Veränderungen im Ökosystem.

FLÜSSE SIND KEINE FREIBÄDER Aber nicht nur Flora und Fauna kann durch Wildbaden geschädigt werden, die fließenden Gewässer können auch für Menschen zur Gefahr werden. Die Strömung in Fließgewässern, die teilweise von außen nicht erkennbar ist, ist nicht zu unterschätzen und die eigenen Schwimmfähigkeiten werden von Laien leider allzu oft überschätzt. Manchmal reicht es, kniehoch im Wasser zu stehen, um durch die Strömung außer Balance zu kommen. Vor allem mit Kindern sollten daher eher strömungsarme Bereiche aufgesucht werden. Das Springen in Flüsse ist riskant, die Wassertiefe kann kleinräumig stark variieren – und von außen ist sie meist schwer abschätzbar. Und die Temperaturen können so manchen Kreislauf überfordern, selbst im Sommer können die Wassertemperaturen von Flüssen mehr als nur erfrischend sein. Ebenso sollte nach Kläranlagen und Unterbrechungen in den Gewässern Ausschau gehalten werden. Es gibt viele Möglichkeiten, fließendes Gewässer in Form von geführten Touren zu entdecken und auch den Blick für besonders schützenswerte Bereiche zu schulen. »Es ist super, dass die Menschen zu den Flüssen gehen. Es sind attraktive Lebensräume, man lernt etwas, wenn man am Fluss unterwegs ist«, betont Gerhard Egger. »Ich möchte eine große Empfehlung aussprechen, das auch zu tun und zu nutzen.«

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M E RARK L E ND TP LLO ATZ R EM KOIP SM SUETI MK

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OFF-MICROPLASTIC! Rinse-off! Haarshampoos, mit denen du kein Mikroplastik auf deinen Kopf und in den Abfluss spülst. TEXT Irina Zelewitz

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llein in Deutschland gelangen laut einer Studie des Fraunhofer Instituts aus dem Jahr 2018 922 Tonnen festes und 23.700 Tonnen flüssiges Mikroplastik durch Kosmetikprodukte ins Wasser. Diese Mengen sind schon reduzierte: Auf Anregung der Europäischen Union verzichten Kosmetik- und Reinigungsmittelhersteller in Rinse-off-Produkten auf festes Mikroplastik – auf feste Kunststoffpartikel von 5 Millimetern Durchmesser und darunter. Dazu gehören Shampoos und Haarspülungen, doch die auch hier häufig eingesetzten flüssige Kunststoffe sind davon nicht betroffen.

BILD Michael Mickl

Auch wenn Polymere für Kämmbarkeit und Glanz sorgen, Haarpflege kommt ohne Weiteres ohne Kunststoff im Produkt aus. Gerade bei Shampoo und Spülung gibt es auch zahlreiche DIY-Lösungen aus Seifen, Ölen und Essigspülungen. Wer allerdings den Anwendungskomfort von Ready-to-use-Produkten vorzieht und sich nicht in die Materie der Inhaltsstoffe vertiefen will, kann ganz einfach auf Naturkosmetik-zertifizierte Produkte zurückgreifen und damit zumindest sicher sein, kein vom Hersteller absichtlich zugesetztes Mikroplastik in die Dusche zu spülen.


lavera Festes Pflegeshampoo Volumen & Kraft mit Biobambus und Bioquinoa von Lavera lässt sich einfach in der Hand mit Wasser zu feinporigem Schaum aufschäumen und verspricht, die Haarwaschkraft von zumindest zwei Flaschen flüssigem Lavera-Shampoos in einem Shampoo-Stück zu vereinen. Kein Plastik auf der Kopfhaut und im Abwasser, keine leeres Plastikflasche. Biozertifiziert nach Ecocertund Cosmos-organic-Standard. Verpackt in 100% FSC-zertifiziertem Recyclingkarton. Auch die gute alte Seifendose mit Abtropfeinsatz für unterwegs gibts nun auch in für die meistens Bars der Konkurrenzmarken passender Form und Größe von Lavera. Die Shampoo & Shower Box besteht aus 100% Rezyklaten aus alten Wasser-, Milch- und Saftflaschen. lavera.com

bluvion Die Lustenauer von bluvion produzieren einen Teil ihres Sortiments seit Kurzem nach den Biostandards der Bio Austria. Darunter auch das body & hair shampoo mit Biorosenwasser, Brennnesselextrakt und Weizenkeimöl, das durch das verschnörkelte Verpackungsdesign, seine Reinigungskraft und den frisch-herben Zitrusduft ein wenig anmutet wie aus einer anderen Zeit und einfach genau das erfüllt, was man von einem Shampoo erwartet. Gründliche Reinigung. Ein All-in-one-Produkt für die ganze Familie. bluvion.com

i+m Berlin Festes Shampoo Verbene von i+m ist nicht nur plastik-, sondern auch palmölfrei, und ausschließlich durch recycelte und kompostierbare Verpackung aus überwiegend Graspapier geschützt. In der Hand oder direkt auf dem nassen Haar aufschäumen, ausspülen und wie alle Bars dort aufbewahren, wo es gut trocknen kann. Durch die enthaltene Sheabutter, Olivenöl und Kakaobutter lässt sich einfacher ganz auf Spülung verzichten. Ansonsten gibt’s zusätzliche Pflege auch bei i+m als Fester Conditioner Hafer. Nach dem Cosmos-Standard zertifizierte Naturkosmetik. iplusm.berlin

ananné Das luxuriöse Claritas Hair Shampoo vom Schweizer Naturkosmetikhersteller ananné reinigt durch cremigen, herb nach Kräutern duftenden Schaum sanft – manchen vielleicht sogar zu sanft – und pflegt Haar und Kopfhaut mit Alpen-Helmkraut und Malven-Extrakt, der reichhaltigen Conditioner Amicio dazu macht trockene Längen und Spitzen wieder geschmeidig. Beides in recycelbarer Verpackung und Natrue-zertifiziert. ananne.com

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ÖSTERREICHS PLAN FÜR INTAKTE GEWÄSSER

WASSER GEHT UNS ALLE AN Wie die Gewässer in Österreich geschützt und verbessert werden können, ist eine Frage, die alle Menschen eines

Landes direkt betrifft. Deswegen kann bis zum 23. September jede Person dazu schriftlich Stellungnahme abgeben: Einfach den 3. NGP downloaden und Stellungnahmen dazu per Mail an wasserrahmenrichtlinie@bmlrt.gv.at schicken. Alle Informationen gibt’s unter: www.bmlrt.gv.at/wasser/wisa/ngp/entwurf-ngp-2021.html

Wasserschutztipps für den Alltag gibt’s unter www.generationblue.at.

B ILD

Die Ziele beinhalten, den Zustand aquatischer Ökosysteme schrittweise zu verbessern und keinesfalls zu verschlechtern, das Wasser nachhaltig zu nutzen und vorhandene Ressourcen langfristig zu schützen. Der 3. Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) beinhaltet Maßnahmen für die nächsten sechs Jahre, mit denen der Zustand unserer Gewässer verbessert und möglichen Problemen vorgebeugt werden kann. Dafür wurden Flüsse, Seen und das Grundwasser genau untersucht und ein umfangreiches Maßnahmenprogramm vorgeschlagen. Ziele und Maßnahmen sollen in den kommenden sechs Monaten mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden.

BML RT/ ALEXANDE R HAIDEN, DONAU-DETEKTIV, WO LFGANG DO L AK, CHRI ST I AN BAU ER

Wie geht es eigentlich den Gewässern in Österreich und wie können sie noch verbessert werden? Diese Fragen stellt der Dritte Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan, der alle sechs Jahre ausgearbeitet wird.


DANUBE DAY 2021: AUSSTELLUNG VON JUNI BIS SEPTEMBER DANUBE DAY 2021

HAUPTPREIS FÜR DAS HOCHMOOR Intakte Moore machen nur 3% der Erdoberfläche aus, doch lagert hier mehr Kohlenstoff als in allen Wäldern der Welt. In Schrems in Niederösterreich befindet sich ein solches schützenswertes Hochmoor. Der Naturpark Hochmoor Schrems gewann beim Neptun Wasserpreis 2021 den Hauptpreis.

DIE NATURVERMITTLERIN Barbara Dolak ist strategische Geschäftsführerin des Naturparks Hochmoor Schrems und selbst begeisterte Naturvermittlerin. Wie gelingt es, Menschen für die Natur zu begeistern? In der Naturvermittlung geht es darum, Menschen zu berühren. Indem das ganze Team für die Themen brennt, gelingt es auch andere dafür zu entzünden. Die reine Wissensvermittlung steht an zweiter Stelle, wichtiger ist uns, die Inhalte erlebbar zu machen, sodass sie unweigerlich zu einer persönlichen Faszination führen – der Rest passiert von selbst. Warum ist es so wichtig, die Menschen zu ökologischen Themen zu informieren? Die meisten Menschen haben ein sehr großes Interesse daran, den nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Vieles von dem, was schief läuft, hat mit einem eingeschränkten Blickwinkel zu tun. Deshalb ist es so lohnend, ökologische Zusammenhänge zu vermitteln und sich selbst als Teil eines übergeordneten Ganzen zu verstehen. Was bedeutet der Hauptgewinn beim Neptun Wasserpreis für Sie persönlich und für den Naturpark? Wir freuen uns über diese Auszeichnung, weil unsere Arbeit dadurch Wertschätzung erfährt. Das Thema »Moor und Klima« liegt uns sehr am Herzen und wir arbeiten seit Jahren daran, eine bessere öffentliche Wahrnehmung von Mooren zu erreichen. Jede Unterstützung dieser Bemühungen bestärkt uns weiterzuarbeiten.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DES BMLRT

DANUBE DAY 2021 Day Auch heuer kann der Danube als Ausstellung! Juni-September nicht wie gewohnt stattfinden. in der Donauinselinfo Infos unter www.danubeday.at Statt eines Events mit tausend Kindern ist er heuer eine Ausstellung: Von Mitte Juni bis Ende September können die Besucher*innen in der Donauinselinfo Wissenswertes zur Donau erfahren und tolle Preise gewinnen! www.danubeday.at.


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ZE R O -WA STE-H A F ERM I L CH

MY MILKER BRINGS ALL THE BOYS TO THE YARD Hafermilch ist günstig, doch es geht noch preis- und verpackungssparender als im Handel. BIORAMA hat selbst Hafermilch gemacht.

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ittlerweile kauft fast jeder dritte deutsche Haushalt pflanzliche Milchalternativen. Vor allem Hafermilch erfreut sich als Alternative aufgrund seiner guten Ökobilanz immer größerer Beliebtheit. HafermilchliebhaberInnen haben oft konkrete Vorstellungen von Konsistenz, Süße, Cremigkeit – die von Produkt zu Produkt aber stark variieren (biorama berichtet laufend). Man kann die Sache auch selbst in die Hand nehmen.

BILD BI ORAMA/JAU K, FRE EPIK/BUBLIKHAU S

BIOHAFERMILCH ZUM SPOTTSPREIS Seit ein paar Monaten tauchen auch im Lebensmitteleinzelhandel Milker auf. Der Preis pro Liter selbstgemachter Hafermilch? Nicht mehr als 25 Cent exklusive Strom. Für einen Liter braucht man in etwa 50 Gramm Haferflocken in Bioqualität, einen Liter Wasser, etwas Öl, eine Prise Salz und Rosinen oder Honig zum Süßen. 500 Gramm Biohaferflocken aus Österreich waren um 1,19 Euro zu bekommen. Im Grunde besteht der (im konkreten Fall 20 Euro teure) Vegan Milker aus nur vier Teilen: einem Edelstahlfilter, einem Gefäß mitsamt Deckel und einem Mörser. Sowohl das Gefäß, der Deckel als auch der Mörser bestehen aus Kunststoff. Es ist natürlich auch möglich, pflanzliche Milchalternativen ohne den Milker herzustellen, indem man das Edelstahlsieb einfach durch einen Nussmilchbeutel oder ein dünnes Tuch ersetzt. Das Prinzip der Hafermilchherstellung ist denkbar einfach. Man füllt den Behälter mit Wasser, setzt den Filter ein und füllt diesen mit Haferflocken.

Ein paar Rosinen, Datteln oder Honig geben mehr Süße. Außerdem kann durch Zugabe eines geschmacksneutralen PflanEs braucht nur vier Zutaten, um mit dem Vegan zenöls der Fettgehalt erMilker Pflanzenmilch herzustellen. BIORAMA höht und die Schäumbarkeit hat den Vegan Milker der Marke Chufamix ausprobiert. Die in der Bewerbung angekündigten drei Minuten für der Hafermilch verbessert werden. Viele Herstel- einen Liter haben wir noch nicht ganz geschafft. lerInnen verwenden in der Hafermilch eine Prise Salz. Der Inhalt im Sieb wird mithilfe eines Stabmixers TEXT püriert und anschließend beim Herausziehen Florian Jauk des Filters überschüssige Flüssigkeit durch den Mörser in en Auffangbehälter gedrückt. Die Zero-Waste-Biohafermilch ist jetzt fertig, kann natürlich nach Belieben weiter gesüßt werden. Haltbar ist sie im Kühlschrank etwa drei Tage. Die übrig gebliebenen und ausgepressten Haferflocken kann man mitsamt den Rosinen auf einen Teller streichen, trocknen lassen und in diy-Müsliriegel schneiden. Der Geschmack des Getränks ist dem handelsüblicher Hafermilch sehr ähnlich, allerdings ist es flüssiger und einzelne Bestandteile setzen sich nach einer Weile ab. In den Fertigprodukten sind mitunter Stabilisatoren wie beispielsweise der Vielfachzucker Gellan enthalten. Dennoch haben selbstgemachte Milchalternativen neben dem Kosten- und Verpackungsvorteil den Pluspunkt, dass man den Geschmack des Drinks nach Belieben variieren und mit Inhaltsstoffen von Haselnüssen bis hin zu Reis experimentieren kann.

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N E U ES FL EI SCH

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STECKBRIEF Das neue Hausschwein

DAS NUTZTIER DER ZUKUNFT Wie neue Züchtungen auf Basis robuster alter Rassen Genuss, Wirtschaftlichkeit und Vielfalt vereinen wollen. TEXT Thomas Weber

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ie »eierlegende Wollmilchsau« gibt es nicht. Traditionell werden viele Nutztiere zwar auf vielfältige Weise genutzt. In den vergangenen Jahrzehnten setzte die Zucht allerdings stark auf Leistungssteigerung durch Spezialisierung: Mehr Muskelmasse oder mehr Milchleistung lautete das Zuchtziel beim Rind. Auch bei Hühnern gerieten »Zweinutzungsrassen«, die sowohl Eier als auch Fleisch liefern, ins Abseits. Ihre Haltung wurde wirtschaftlich uninteressant und weitgehend in die Liebhaberei gedrängt. Mittlerweile versuchen einige Zuchtverbände, dieser Entwicklung entgegenzuarbeiten. »Nach dem jahrzehntelangen ›schneller, schwerer, größer‹ ist eine stärkere Gewichtung naturgemäßer Zuchtziele, wie Vitalität und Fruchtbarkeit, eine gute Entscheidung für das Wohl der Nutztiere, aber auch für das Wohl späterer Generationen«, meint Reinhard Gessl, Nutztierwissenschafter am Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Denn wenn nur wenige Hochleistungsrassen gezüchtet werden, bedroht das die Biodiversität – und damit unseren Speiseplan.

Gesucht: Ein robustes Hausschwein, nicht zu fett, mit marmoriertem Fleisch, das unter alpinen Bedingungen ganzjährig im Freiland gehalten werden kann. Hintergrund: Auch in der Schweiz stammt das meiste Schweinefleisch vom Edelschwein. Es wird in Ställen für die Haltung in Ställen gezüchtet. Für die Freilandhaltung ist es deshalb nicht ideal (und neigt zum Beispiel zu Sonnenbrand). Andere Rassen wiederum lassen sich nur sehr extensiv halten. Deshalb setzen engagierte Bio- und Demeter-Höfe seit 2017 darauf, in einem Rotationskreuzungsverfahren aus dem Edelschwein, dem Schwäbisch-Hällischen, Turopolje-, Durocund dem Bunten Distelschwein ein geeignetes neues Hausschwein zu züchten. Ziel: Eine neue Schweinerasse, die gut im Freiland gehalten werden kann, aber auch wirtschaftlich bestehen kann. Zeitrahmen: Spätestens 2031 soll die neue Rasse etabliert sein. Und wie schmeckt’s? »Im Frühjahr wurden die ersten Endkreuzungstiere geschlachtet«, berichtet Projektkoordinatorin Anna Jenni. »Ihr Fleisch ist schön marmoriert, dem Metzger waren die Tiere aber noch zu fett.«

Gemeinsam mit Bio Suisse und dem Demeter-Verband sucht das Forschungsinstitut für biologischen Landbau »unser Hausschwein«.

BILD YANNIC K STE FFEN/FI BL , KARO LA STIER, O LIVIA MÜ SSE LE R, ISTOCK.CO M/I RI NA KA RPI NCH IK

Die Schweiz sucht das Superschwein für kleine Biobetriebe.


STECKBRIEF Regiohuhn STECKBRIEF Die Dauerleistungskuh Langlebige, aber leistungsfähige Kühe sollen die »Wegwerfkuh« ersetzen. Gesucht: Robuste Rinder, die über viele Jahre Milch liefern und mit ihrer »Milchlebensleistung« die hochgezüchteten Turbokühe übertrumpfen. Hintergrund: In den meisten Ställen stehen »Wegwerfkühe«, die in kürzester Zeit mit Kraftfutter hochgepusht und ausgepowert werden. Die durchschnittliche Kuh in Österreich bekommt 3,5 Kälber, bevor sie im Burger landet, in Deutschland sind es 2,5, in den usa nur mehr 1,5 Kälber. Früher waren bis zu 15 Kälber üblich. 2013 gründete sich deshalb die Europäische Vereinigung für Naturgemäße Rinderzucht (euna). Ziel: keine neue Rasse; stattdessen soll die bestehende Vielfalt weiterentwickelt werden. Neben einem Fokus auf gängige Rassen (Holstein, Fleckvieh, Braunvieh) kümmert man sich auch um seltene Rassen. Vom Angler Rind alter Zuchtrichtung (siehe Bild) gab es nur noch 300 Tiere, mittlerweile sind es wieder 600. Auf seinem eigenen Hof verfolgt Vorstand und Biobauer Andreas Perner das Zuchtziel einer »Kuh, die mit minimalem Kraftfuttereinsatz in zehn Jahren 70.000 Liter Milch gibt, ohne ein einziges Mal den Tierarzt gesehen zu haben«. Und wie schmeckt’s? Nach Vielfalt.

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Kreuzungen alter regionaler Hühnerrassen sollen Zweinutzungshühner (wieder) wirtschaftlich machen. Gesucht: Ein widerstandsfähiges Huhn, dessen Eier und Fleisch sich für die regionale Direktvermarktung eignen. Hintergrund: Fast alle alten Hühnerrassen finden sich heute auf der Roten Liste gefährdeter Nutztierrassen. Den Markt dominieren spezialisierte Mast- und Legehühner. Mittlerweile fordern KonsumentInnen aber wieder Tierwohl und artgerechte Haltung ein. Alte Rassen liefern zwar Eier und Fleisch und wären auch wachsam genug, um in der Freilandhaltung dem Habicht zu entkommen. »Reinrassige Tiere sind von der Leistung her aber selten wirtschaftlich«, so Olivia Müsseler von der Ökoberatungsgesellschaft. Vielen Biobetrieben fehlt eine ökonomisch tragfähige Alternative. Um diesen Bedarf zu decken, kreuzt »Regiohuhn« alte Rassen wie das Altsteirer Huhn oder die Ostfriesische Möwe mit Lege- und Masthybriden, die regional vermarktet werden können. Ziel: Robuste Zweinutzungshühner, die pro Legeperiode bis zu 250 Eier legen und sogar eine zweite Legeperiode gehalten werden können. Zeitrahmen: Ab Herbst werden die ersten Tiere getestet. Und wie schmeckt’s? »Schön wären ein intensiver Geflügelgeschmack, ein optisch ansprechender, kompakter Schlachtkörper und 250 mittelgroße Eier«, so Olivia Müsseler.

Alte Rassen vs. hohe Leistung Wie viele Nutztierrassen es weltweit gibt, ist nicht erfasst. Viele sind im Zuge der Intensivierung der Landwirtschaft verschwunden. Alte Rassen sind weniger leistungsfähig, aber langlebig, robust und krankheitsresistent. Allein in Österreich führt der Verein Arche Austria 40 Nutztiere als gefährdet. Als gefährdet gilt eine Rasse, wenn es weniger als 1500 (Schaf) oder 5000 (Schwein) oder 7500 (Rind) Tiere gibt.

Cultured Meat als neues Fleisch? Mehr dazu, wie weit die Entwicklung von Schweinefleisch im Labor gediehen ist und ob Cultured Meat biozertifizierbar sein kann, im BIORAMA #72

BIORAMA.EU/72 Das Angler Rind alter Züchtung steht stellvertretend für »naturgemäße« Rinder aller Rassen.

Das Projekt »Regiohuhn« möchte alte Rassen wie das Mechelner Huhn stärken – von Mecklenburg-Vorpommern bis in die Steiermark.


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NEU ODER NOCH GUT Empfehlungen, Warnungen, warnende Empfehlungen. Von Neuentdeckungen und alten Perlen. Auf dass uns Weghören und -sehen vergeht.

ALEKSANDRA MIZIELIŃSKA & DANIEL MIZIELIŃSKI / »AUF NACH YELLOWSTONE!« / Moritz Verlag, 2020

Vorgelesen für begeisterungsfähige Herangewachsene, die im Bilderbuch auf Weltreise gehen und wissen wollen, »was Nationalparks über die Natur verraten. Das wunderbare Landkartenbuch (»Alle Welt«) des polnischen Ehepaars Mizielińska wurde ein weltweiter Bestseller. Das Zeug zum Opus Magnum aber hat nun ihr neues Bilderbuch, das zeigt, »was Nationalparks über die Natur verraten«. Das Wisent Kuba und das Eichhörnchen Ula leben im polnischen Białowieża-Urwald. Gemeinsam brechen die beiden »auf nach Yellowstone!«. Danach begegnen wir an ihrer Seite allerlei faszinierendem Getier (etwa sprechenden Riesenottern) und seltenen Pflanzen – in insgesamt acht Nationalparks. Ein lehrreiches Vergnügen für Groß und Klein. Und ein Buch, das wir immer wieder gerne zur Hand nehmen werden. THOMAS WEBER

ELKE SCHWARZER / »PLASTIKFREI GÄRTNERN« / Ulmer Verlag, 2021

Vorgelesen für alle, die im eigenen Garten möglichst auf Kunststoff verzichten möchten – mit Betonung auf »möglichst«. Das Gartensortiment des durchschnittlichen Baumarkts ist alles andere als plastikfrei. Gerade wenn es ums Wasser(sparen) geht, scheint Kunststoff unverzichtbar: Bewässerungsund Beregnungsanlagen, Regentonnen, Zisternen und Gieß-

kannen – all das ist meist aus Plastik. Ebenso der Griff der Gartenschere, der Sack der Blumenerde; und die ersten Sonnenstrahlen fallen durch Plexiglas ins Frühbeet. Das Problem: Kunststoff basiert auf Erdöl und landet als Mikroplastik irgendwann in unseren Körpern. Wo sollen wir also sinnvollerweise anfangen, wenn wir plastikfrei gärtnern wollen? Praxisnahe Antworten hat die Bloggerin Elke Schwarzer (guenstiggaertnern.blogspot.de) in Form von 150 nachhaltigen Alternativen und Upcycling-Ideen parat. Vielleicht die wichtigste Information ihres Buchs: Schwarze Blumentöpfe können von den Infrarotscannern der Müllsortieranlagen nicht klassifiziert werden – und werden deshalb nie recycelt, sondern immer verbrannt. Ein wichtiges Buch als erster Anfang. THOMAS WEBER

BEATRIX ROIDINGER & BARBARA ZUSCHNIG / »SEXPOSITIV«/ Goldegg, 2021

Vorgelesen für Menschen, die Anstöße suchen, eigenen und fremden sexuellen Bedürfnissen auf eine neue Weise nachzuspüren. Oder wissen wollen, warum andere das für eine gute Idee halten. Der Untertitel »Intimität und Beziehung neu verhandelt« gibt die Richtung und den Inhalt von »Sexpositiv« vor, einer Einführung in eine Einstellung. Die AutorInnen Beatrix Roidinger und Barbara Zuschnig betreiben die Beratungspraxis »Eros & du« und veranstalten Events und Festivals zum Thema. »Sexpositiv« gelingt es, in die Hintergründe der gleichnamigen Bewegung und ihre Gedankenwelt einzuführen sowie engagiert deren Vorzüge und Beweggründe zu vertreten. Sexualität ist hier konsensual, möglichst tabubefreit, aber auch kein Diktat zu immer gewagteren Experimenten, sondern schließt die Offenheit, sich und andere besser kennenlernen zu wollen, mit ein. Es geht darum, neue Wege zu verfolgen, Bedürfnissen nachzuspüren, wie auch die eigenen Grenzen kennenzu-

B ILD ULME R VE RLAG, MORITZ VERLAG, GO LDEGG VERLAG, HAFFMANS TOLKEMITT

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R E ZE NS I O NE N


Sie suchen ein sinnvolles Geschenk?

HANSJÖRG RANSMAYR /»WILDSWIMMING KROATIEN UND SLOWENIEN« / Haffmans Tolkemitt, 2021

Verschenken Sie doppelte Freude mit einer Geschenkspende. Praktisch und schnell, personalisierte Urkunde zum selbst Drucken:

Vorgelesen für SchwimmerInnen, die im Zweifelsfall nicht den Pool vorziehen.

www.duh.de/spenden/geschenk Ja, ich interessiere mich für die Umwelt- und

Verbraucherschutzthemen der Deutschen Umwelthilfe. Bitte informiert mich kostenlos per E-Mail: mit dem regelmäßigen DUH-Newsletter. per Post: mit dem vierteljährlichen Umweltmagazin DUHwelt sowie aktuellen Sonderthemen. geb. am

Vor- und Zuname

PLZ, Wohnort

Straße

AZ 2021 biorama 73

Wie wild muss man schwimmen, damit es Wildswimming ist, und braucht man dazu eine Anleitung? Nach der Lektüre von Ransmayrs Guide kann ich für mich sagen: gar nicht so wild und ja, die Informationen vom Profi bieten Mehrwert und sind vor allem konkret und praktisch. Die erste Überraschung sind schon die Tipps für familienfreundliches, wohltemperiertes Flussbaden, aber auch für sagenumwobene Buchten und Strände. Auch gut: Details dazu, in welchen Nationalparks was beschwommen werden darf. Eine Übersichtskarte mit allen empfohlenen Spots ist genauso drin wie deren Koordinaten. Samt Wegbeschreibung und – seien wir ehrlich: nützlichem – Reminder, sich vor Abreise auch Google-Maps-Offlinekarten zu erstellen. Es wird einem eine Handvoll Equipment empfohlen, dessen Zweck einleuchtet: Badeschuhe, Thermoskanne mit Ingwertee und so. Man kriegt aber auch einfühlsam formulierte Hinweise darauf, dass man sich in der Natur Naturgewalten aussetzt und dass etwa abhängig vom Wetter vor drei Tagen und der Jahreszeit keine Garantie für den zum Baden geeigneten Wasserstand existiert. Schwimmen an Orten, auf die man sonst auf der Suche nach Abkühlung nicht gekommen wäre: im »abgesoffenen« Bergwerk, in den Wäldern Kroatiens oder in Mühlwehren Sloweniens. IRINA ZELEWITZ

© S. Kobold/Fotolia

lernen und für sie einzustehen. Dabei wird noch einmal deutlich, dass Sexualität und wie sie verhandelt wird meist eine Beziehung auf allen Ebenen beeinflusst. Und dass in diesem Bereich gewonnene Einsichten und Selbstvertrauen weit über diese Beziehung(en) hinauswirken. »Sexpositiv« fordert dabei nur bedingt heraus, Anknüpfungspunkte für eine weiterführende Beschäftigung mit dem Thema gibt es aber genug. MARTIN MÜHL

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Deutsche Umwelthilfe e.V. | Tel. 07732 9995-0 | info@duh.de Fritz-Reichle-Ring 4 | 78315 Radolfzell | www.duh.de umwelthilfe

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Sehen Sie die Welt aus verschiedenen Blickrichtungen.

DiePresse.com/Sonntag

Menschen. Geschichten. Perspektiven.


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RADIKAL NORMAL Vegane Rezeptideen für den Gusto nach solider Wirtshausküche in elaborierter, jeweils doppelter Ausführung: klassisch und neu interpretiert.

BILD MARTIN OE LZEL, DIR K OSTE RME IER

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mas Küche habe er veganisiert, sagt Timo Franke im Vorwort zu seinem ersten richtigen Kochbuch »Rustikal – Radikal« – zwei weitere im Pocketformat waren da schon erschienen. Ein Glück, dass Frankes Oma im Schwarzwald zuhause war und mit einigen der gebotenen »Classics« echte Klassiker der umgebenden Küchentraditionen endlich in veganer Variante gezeigt werden. Ganz betont jeweils ein Mal traditionell orientiert. Und ein Mal »innovativ«, ganz anders jedenfalls. Unverblümt wird dem Ganzen einiges an Grundlagenwissen (etwa »Garen von Speisen« und ein bisschen Werkzeugkunde) vorausgestellt – mit dem Hinweis, dass dessen

Beherrschung nicht nur für Freude beim Kochen, sondern eben auch für ein überzeugendes Ergebnis sorgt. AnfängerInnen werden entsprechend eingeführt; wer meint, kann aber auch gleich beim Know-how für »Küchennerds« einsteigen. Insgesamt geht es hier ums Kochen und nicht vorrangig um schnell zubereitete Snacks. Von Béchamelsauce bis Velouté und von Algen-Baba-Ganoush und Auberginen-Matjes über Linzer Torte bis zum Zwiebelsteak: ein Streifzug mit europäischem Schwerpunkt und richtig guten Fotos. Durchblättern und punktuelles Nachkochen lassen die Vermutung zu: immer machbar, nie langweilig.

TEXT Irina Zelewitz


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KO C H BUCH E M PF E HL U NG

REZEPTE AUS:

»RUSTIKAL – RADIKAL. MEINE VEGANE KÜCHE« von Timo Franke, Ventil, 2021.

TIROLER KASPRESSKNÖDELSUPPE ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN 4 altbackene Brötchen 1 Zwiebel neutrales Pflanzenöl zum Braten 350 ml ungesüßter Pflanzendrink nach Wahl 1 EL Majoran 1 EL Petersilie, frisch gehackt Salz Schwarzer Pfeffer, frisch

Muskat 4 EL Speisestärke 2 EL Semmelbrösel 1 Msp. Natron 2 EL Senf 150 g pflanzlicher Käse (schmelzfähig) 80 g veganer Parmesan 100 g No-Muh Rac 1,6 l Gemüsebrühe Frische Petersilie zum Garnieren

ZUBEREITUNG: Brötchen mit einem Sägemesser würfeln, Zwiebel abziehen und in feine Würfel schneiden. Etwas Öl in einem Topf erhitzen und die Zwiebel glasig dünsten. Pflanzendrink, Majoran und Petersilie dazugeben und kurz aufkochen. Topf vom Herd nehmen, für etwa 5 Minuten abkühlen lassen. Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken. Brötchenwürfel in eine große Schüssel geben und mit Stärke, Semmelbröseln, Natron, Senf und dem veganen Käse vermengen. Die abgekühlte Pflanzendrinkmischung darübergießen und alles vorsichtig miteinander vermengen. Aus der Masse flache Knödel formen und in einer Pfanne mit etwas Öl anbraten. Vorbereitete Brühe aufkochen und in einem tiefen Suppenteller mit den gebratenen Knödeln servieren. Mit frisch gehackter Petersilie garnieren.

B ILD MARTIN OEL ZEL, DI RK OSTERME IER, , VE NTIL VERLAG

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KASPRESSKNÖDELSUPPNINTERPRETATION Käsesuppe, Kaspressknödel, Mosaik vom Wurzelgemüse ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN KÄSESUPPE 1 große Kartoffel, mehlig-kochend 1 Zwiebel 50 g Margarine 100 ml Weißwein 200 g veganer Schmelzkäse

1 l Gemüsebrühe 80 g veganer Parmesan 80 g No-Muh-Rac-Käse 1 Msp. Kümmel 1 Msp. Pfeffer 1 EL Salz 120 g Mandelsauerrahm

inatura - Sonderausstellung

KL I MAW I SSEN FRISCH SERVIERT

ZUBEREITUNG: Kartoffel waschen, schälen und danach mit einer Küchenreibe fein raspeln. Zwiebel abziehen und fein würfeln. Zwiebel mit der Margarine in einem Topf farblos anschwitzen und mit Weißwein ablöschen. Brühe und die Kartoffeln hinzufügen und ca. 10 Minuten kochen. Nun die restlichen Zutaten dazugeben und mit einem Stabmixer ordentlich pürieren. Die Suppe noch ein paar Minuten weiterköcheln lassen und dann nach Gusto abschmecken.

KASPRESSKNÖDEL

Siehe vorheriges Rezept

MOSAIK 50 g Sellerie 50 g Karotten (gelb, orange oder lila)

1 Stange Lauch 500 ml Gemüsebrühe 1 EL Agartine

ZUBEREITUNG: Sellerie und Karotten schälen und in 5 mm dicke Rauten schneiden. In Gemüsebrühe für 3 Minuten kochen und in Eiswasser abschrecken. Lauch waschen, in Streifen schneiden, kurz blanchieren und ebenfalls im Eiswasser abschrecken. Den Lauch mithilfe eines Anrichterings in Form bringen und das Mosaik in der Mitte platzieren. Das Mosaik in der Tiefkühltruhe für ca. 20 Minuten frosten. Die Gemüsebrühe erneut aufkochen und mit Agartine 1 Minute köcheln. Kurz abkühlen lassen und vorsichtig über das Mosaik gießen. Das fertige Mosaik ca. 1 Stunde im Kühlschrank abkühlen lassen. Kaspressknödel nach dem ersten Rezept zubereiten. Mosaik in einem tiefen Suppenteller anrichten und einen Kaspressknödel darauf platzieren. Käsesuppe ganz zum Schluss angießen.

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61 TEXT Jürgen Schmücking

PFEFFER UND SALZ Hier vier Mal scharf, zwei Mal salzig.

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BILD ISTOC K.C OM/VICTO RI TY

ier geht es um Pfeffer und Salz. Gemeinsam mit der Maggi-Flasche war dieses trio infernal auf jedem Wirtshaustisch zwischen Scheibbs und Wiedenborstel zu finden. Diese Menagen sind zum guten Teil und aus gutem Grund verschwunden. Mehr oder weniger. Das Salz war meist uralt. Was zwar im Grunde kein Problem ist, immerhin ist der Stoff mehrere Jahrtausende alt, zum Problem wird das Alter allerdings, wenn es im Salzstreuer verklumpt und verkommt, weil es nicht vor Feuchtigkeit geschützt ist. Beim Pfeffer nicht

anders. Und in der Regel ist dieser Streuer mit richtig schlechtem Stoff befüllt. Das muss nicht sein, grandioser Pfeffer und besonderes Salz sind nicht schwer zu finden. Konkret schwarzer Pfeffer. Weil alles andere (also grüner, rosa und vor allem weißer Pfeffer) mehr oder weniger entbehrlich ist. Und da Salz aber Salz und kein landwirtschaftliches Produkt ist, gibt es auch kein Biosalz. Falls trotzdem etwas in diese Richtung auf der Verpackung steht, dann weil beim Salz noch etwas dabei ist, das sehr wohl aus biozertifiziertem Anbau stammen kann.


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HERBARIA, TRIO NOIR BIO-FEINSCHMECKER-PFEFFER

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Herbaria legt die Latte gleich einmal recht hoch. Der Name – Trio Noir – spricht zum einen dafür, dass drei Herkünfte im Spiel sein müssen. Und dass es sich um schwarzen Pfeffer handelt. Die drei Regionen könnten unterschiedlicher gar nicht sein: das exotische Sri Lanka, die Malabarküste im Südwesten Indiens und Tansania. Die Zusammensetzung ist ausgewogen und gleichmäßig, ansprechend und ausreichend komplex.

schon bei seinem Namen an. Er heißt zwar Bergpfeffer, wächst aber in den Schluchten und Tälern des tasmanischen Regenwalds. Zuerst ist er ausgesprochen fruchtig, holt aber schnell zu einem überraschenden Haken aus und zeigt intensive Schärfe. Die Körner sind deutlich größer als bei anderen schwarzen Pfeffersorten. Die Mühle sollte gemieden werden. Eher im Mörser zerstoßen.

DIE PFEFFEREI, TASMANISCHER BERGPFEFFER

Spicebar hat es uns nicht leicht gemacht. Das Pfefferangebot des Anbieters ist umwerfend. Abgesehen davon, dass alle relevanten Herkünfte und Sorten – von Assam und Kampot über Malabar bin hin zu Tellicherry und Voatsiperifery – vertreten sind, findet man auch Whiskypfef-

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KATHARINA SEISER UND ELFIE BREIDT-SEISER, 5-LÄNDER-PFEFFER

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ckender Präzision und atemberaubender Intensität. Da sind Töne, die an Pinien und Maiwipferl erinnern. Gleichzeitig an frische Zitrusfrucht. Dann rustikal wie regennasser Nadelwaldboden und beim nächsten Vierteldreh der Mühle wird er wieder versöhnlich und riecht nach Blüten und süßer Würze. Ja, auch scharf. Sehr sogar. Zartbesaitet sollte man nicht sein. Zwei der fünf sind biozertifiziert (Sri Lanka und Kambodscha), drei (Nepal, Madagaskar und Australien) sind wild gesammelte Raritäten.

Wow. Was für ein Erlebnis. Der 5-Länder-Pfeffer ist echt ein ziemlich guter Wurf. Zeigt alles, was ein Top-Pfeffer haben muss, und zwar in beeindru-

Im Seiser-Pfeffer ist er Cuvéepartner, die Pfefferei hat ihn auch als Solisten im Sortiment. Den Tasmanischen Bergpfeffer. Ein faszinierender Pfeffer voller Widersprüche. Das fängt

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SPICEBAR GEWÜRZKÜCHE, SCHWARZER RASAVAT-PFEFFER

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BILD JÜRGE N S CHMÜ CKING, ISTOCK.C OM/SO LIDMAKS

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fer, fermentierten Pfeffer und geräucherten Pfeffer. Der Rasavat-Pfeffer aus Sri Lanka ist einerseits bio (nicht alle Spicebar-Pfeffer sind das) und außerdem der »Allrounder« im Sortiment. Frische Schärfe, leicht rauchig und eine zarte Tabaknote zeichnen ihn aus. Rasavat ist singhalesisch und bedeutet »köstlich«. Oder »lecker«. Je nachdem.

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BIO VOM BERG, BIO-SCHWAMMERLSALZ

Cornelia Plank ist die Bioschwammerlzampana in Tirol. In ihren Gewächshäusern wachsen Champignons, Kräuterseitlinge, Shiitakepilze, Austernpilze und Portobellos. Für das Schwammerlsalz werden die Pilze gedörrt und gehäckselt und verfeinern so das Aroma des Haller Salzes. Ideal für die nun gehäuft anstehenden Grillereien oder fürs Würzen von Tatar. Oder einfach aufs Butterbrot. Das Schwammerlsalz ist ein Produkt, das seine Entstehung der Krise verdankt. Verwendet werden nämlich vor allem die großen Champignons, die für den Einzelhandel zu groß sind und üblicherweise nur in der Gastronomie verwendet werden. Die hatte in den letzten Monaten keinen Bedarf an Champignons. Gewachsen sind sie trotzdem.

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BIOKING, KRÄUTERSALZ ASIA

Engelbert Perlinger war ein Pionier der Bioszene. Für seine Salzprodukte verwendet BioKing naturbelassene gemahlene Kristallsalze vom Himalaya. Unjodiert, ungebleicht, unraffiniert und frei von chemisch-synthetischen Rieselstoffen. Und sehr alt. Die Gewürzmischung selbst ist biozertifiziert und harmonisch. Kurkuma, Curry, Koriander, Zitronengras, Chili, Ingwer, Knoblauch, Kreuzkümmel, Fenchel. Umami pur. Asia eben. Also Wok, Curry, Fisch.

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AUS D E M VE R L AG

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UND SONST SO, IM BIORAMAUNIVERSUM ... EVENT

CRAFT BIER FEST GOES OTTAKRINGER

TEAM

BRANDNEU NEW IN: Selina ich denke, dass man sich von den Umständen in der Welt nicht unterkriegen lassen darf, auch wenn das an manchen Tagen unmöglich scheint. Die letzten eineinhalb Jahre waren chaotisch und haben uns gezeigt, wie schnell sich die Dinge ändern können. Manches zum Schlechten, aber vieles auch zum Guten. Dort möchte ich den Blick hinlenken. ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, einen offenen Diskurs über streitbare Themen zu führen. Dem Gegenüber mit Respekt zu begegnen, auch wenn die Meinungen divergieren. An Herausforderungen kann man über sich selbst hinauswachsen. – Selina Schobel, Grafik

KOOPERATION

FELDFORSCHUNG – Ackern für mehr Klimaresilienz In der Landwirtschaft der Region Weinviertel ist der Klimawandel längst spürbar. Im Rahmen der »Arge wassersparender Bio-Ackerbau – Klimaresilienz durch wassersparenden Bio-Ackerbau« arbeiten ForscherInnen der Universität für Bodenkultur gemeinsam mit LandwirtInnen auf Testfeldern an Methoden, die Wasseraufnahme und -speicherung der Böden zu erhöhen, die Verdunstung von Wasser zu verringern und den Boden vor Extrembedingungen und Erosion zu schützen. biorama darf zur Dokumentation ins Feld. Mehr dazu ab August auf biorama.eu

6 AUSGABEN

29,– BILD BIORAMA /MI CHÈLE PAU TY

Von 1. Juli bis 3. September findet auf dem Gelände der Ottakringer Brauerei das Ottakringer Bierfest statt. An drei Samstagen, 10. Juli, 31. Juli und 28. August, ist das Craft Bier Fest zu Gast in Ottakring und nimmt Gastbrauereien mit, die nur an diesen Tagen dort ihr Bier ausschenken. Fixiert sind bereits Zaungast, Laxenburger Brauerei, Drunken Unicorn Beer Factory und Leopoldauer. Mehr Details laufend unter craftbierfest.at


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WUNSCHAUSGABE Ausgabe verpasst? BIORAMA-Einzelexemplar direkt in deinen Briefkasten! Du weißt genau, was du willst, und das ist eine bestimmte Ausgabe unseres Magazins? Wir bieten – mit begrenzter Verfügbarkeit – nun auch Einzelexemplare an. Solange der Vorrat reicht, schicken wir dir gerne deine Wunschausgabe – druckfrisch oder aus unserem Archiv ab dem Jahr 2015 – zum Pauschalpreis zu dir nachhause oder in dein Büro oder an deine FreundInnen in der Europäischen Union. biorama.eu/abo

PRINT

HAUPTSTADTLIEBE

Wir lieben unsere Hauptstädte. Aber auch emotionslos betrachtet findet biorama vieles an Berlin und an Wien richtig gut. Die Lebensqualität, die Offenheit, das Innovationspotenzial, den Versuch, Stadtleben möglichst nachhaltig zu gestalten. In vielerlei Hinsicht sind die beiden Metropolen like-minded, vieles können sie aber auch voneinander lernen, sich voneinander abschauen. Nach der Premiere im Spätsommer 2020 widmen wir uns nun zum zweiten Mal in einer gemeinsamen Regionalausgabe beiden Hauptstädten. Wer die erste verpasst hat, findet sie unter biorama.eu/wien-berlin


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E LT E R NA L LTAG

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PANDEMÜDE

Diese Kolumne hat sich ein ganzes Jahr lang tapfer gegen das Coronavirus gewehrt. Jetzt aber: Elternalltag in der Pandemie.

Autorin Ursel Nendzig, Mutter zweier Söhne, berichtet live aus der Achterbahn.

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Sommerferien, dann gehen wir sowieie Söhne sind acht und elf Jahre alt, sprich: dritso jeden Tag schwimmen!«. Ich verstete Volksschule und erste Gymnasium. Ich werde he es nicht. Hängt es mit der Pandemie euch nicht mit Schreibschrift-zu-Hause-Beibrinzusammen? Ist es in Korrelation mit der gen langweilen oder mit Gejammer über klebeinsetzenden Frühpubertät? Oder eine rige Kinderfinger-Spuren auf meiner von mir heiligArt Rückzug der Körperpflege, wie bei gesprochenen Tastatur. Denn die Bedingungen für einer Welle, um dann, wenn die richtischonungslosere elternalltägliche Mikroanalysen ge Pubertät kommt, mit neuer Kraft über waren in den letzten Monaten ideal. Wohin hätten uns zu schwappen, die Burschen dann tasie schließlich flüchten sollen? Eben. gelang ins Badezimmer zu spülen, wo sie Analyse 1: die Verkürzung meiner eigenen Zündverschwinden, sich einseifend, peelend, schnur. War ich vor dieser verkackten Pandemie, frisierend, beduftend? sagen wir es freundlich, impulsiv, bin ich jetzt Analyse 3: Ich habe den Kampf gegen die das reinste Pulverfass. Zündschnur aktuell nicht Bildschirme aufgegeben. Wo früher jeden mehr mit freiem Auge wahrnehmbar, so kurz zweiten Tag eine halbe Stunde Netflix-Schauist sie geworden. Es reicht ein einziges falsches en war, ist heute eine Stunde pro Tag. Nicht Wort, ein Kipferl-Krümel im Badezimmer oder eingerechnet: die Handys, Playstations, Fernein nasses Handtuch auf der Couch und ich seher und Tablets von NachbarInnenkindern, zucke aus. Spannend dabei: Die Kinder gewöhnen sich daran, es ist gruselig. »Mama, chill« oder ein leichtes Augenrollen, mehr gibt es nicht, »Soweit ich das beobachte, werden wenn ich wieder durchs ganze alle Kinder zurzeit gleichermaßen Haus schreien muss, weil mir wegen einer solchen – aus ihrer verdummt, insofern haben meine Sicht – Kleinigkeit das Pulverkeinen Wettbewerbsnachteil.« fass unterm Arsch explodiert. Analyse 2: das Ignorieren allgemeingültiger Mindeststanderen Eltern ebenfalls das Handtuch geworfen hadards zur Körperhygiene. Die Buben ben. Es war vermutlich ein nasses Handtuch. Auf die haben irgendwann beschlossen, dass Couch. Es ist mir jedenfalls zunehmend egal geworsich Waschen einfach nicht lohnt. den. Soweit ich das beobachte, werden alle Kinder zurManchmal rubbeln sie, unter lauteszeit gleichermaßen verdummt, insofern haben meine tem Protest, mit einem leicht feuchkeinen Wettbewerbsnachteil. ten Waschlappen an ihren völlig einAnalyse 4: Ich bin pandemüde. Es ist genau das Wort, gesauten grünbraunen Knien oder das meinen körperlichen und geistigen Zustand am besdreckigen Zechen herum, und imten beschreibt. Ich bin schon so pandemüde, dass mich mer, wenn ich eine Dusche anordne, bereits die Aussicht auf eine Party überfordert. Ich soll weil ein Montag ansteht, wird laut wieder abends die Glitzerjacke anziehen und rausgehen? geweint und mit seinem Schicksal Raus, wie in »draußen«? Dazu müsste auch mich erst eine gehadert. »IMMER müssen wir Welle erfassen, die mich wieder raus ins Leben spült. duschen!« oder »Es sind eh bald

ILLUST RAT ION NANA MANDL

TEXT Ursel Nendzig


Wir sind hier Gast. Verhalten wir uns auch so: Schützen wir Mutter Erde, ihr ökologisches Gleichgewicht und beugen wir Pandemien vor.

MUTTER ERDE dankt:

Programmschwerpunkt in allen Medien des ORF | Infos unter der.ORF.at


brandnamic.com | Fotos: Tobias Köhler, Marion Lafogler, Theiner‘s Garten (Archiv)

HIER SCHLÄGT DER SOMMER WURZELN.

Mehr als biologisch – biodynamisch! Von der Poolheizung bis zum Zirbenholz in der Suite: In theiner’s garten leben und arbeiten wir nach dem biodynamischen Konzept. Dafür wurden wir als erstes Hotel Italiens von Demeter zertifiziert.

W W W.T H E I N E R S G A R T E N . I T


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