3 EHELICHES

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[Aus „Sina und andere Erlebnisse“]

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„Der Geist des Mannes ist normalerweise frisch und aktiv. Das kommt nicht von ungefähr, sondern von der männlichen Fähigkeit des reflektierten Denkens. Genetisch bedingt, geht der Mann voller Tatendrang den Dingen auf den Grund. Gegen diesen Reflex kann sich der Mann nicht wehren, denn die Evolution hat es so vorgesehen. Sein aufrechtes Tun ist sein Schicksal. Der Geist der Frauen ist vollkommen anders. Er führt eine Art flatterhaftes Triebleben, bildhaft gesehen wie ein ziellos treibendes Ruderboot auf einem spiegelglatten Bergsee, kurz vor dem Einsetzen des Alpenwinds. Das muss man wissen, um von lustigen und scheinbar sanftmütigen Frauen nicht geblendet zu werden. Aktives, weibliches Verhalten, gepaart mit den üblichen, körperlichen Attributen versucht nur den fehlenden Inhalt zu überdecken, an dem sich der Geist weiterentwickeln könnte, was er aber nicht macht. Zusammenfassend kann man sagen: Bei der Beurteilung einer Frau geht es letztendlich nicht darum wie viele Tassen, sondern wie viele Schuhe sie im Schrank hat.“ Paul van Cre im Oktober 2010

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[Drittes Kapite el]

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Eheeliches

„Die So orgen um deine d Existenz bedeute en nichts. Ess sind nur scchäbige Gefü ühle. Kontoaauszüge, Veerträge, Besitz und Verssprechen sind im A Angesicht der Ewigkeitt noch nichtt einmal ein Windhauch h. Für den denkenden Mensschen ist nur der Tod ein existenzielles Problem.““ Paul van Cre e

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Resignatiion gehörtt nicht zu meiner Wesensart W und ich neige nicht zu z Depresssionen. Im m Gegenteeil, ich war ein aktiver Ehe-Kon nformist und ich stand mit beeiden Bein nen fest au uf der Hocchflor-Ausslegeware. Doch waas sollte ich tun? Mein Thalamus T war wie betäubt. b Icch fand niichts Schö önes und Ästhetischees schon laange nichtt mehr. Als lustvollee bte und au uch unter dem Aspe ekt der nieedrigen Gelieb Bedürrfnisse im Rahmen des d Gewohnheitsrechts war m meine

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Ehefrau nur noch bedingt nutzbar. Sie war zwar willig, wirklich beschweren konnte ich mich eigentlich nicht. Sie gab sich für mich hin, wenn es an manchen Samstagen in der Nacht und nach der Spätausgabe der Tagesthemen mal wieder an der Zeit war. Aber Sex mit ihr erforderte Konzentration und Planung. Etwa so, wie wenn man als fanatischer Autofahrer mit der Straßenbahn zum Zahnarzt fahren muss, weil man schon vorher weiß, dass man eine starke Betäubungsspritze vor dem kommenden Schmerz braucht. Und nach der Einnahme von Narkotika soll man ja bekanntlich nicht mehr schnelle Autos fahren. Darum schob ich die Bohrtermine immer weiter hinaus. Auch die erotischen Wünsche meiner Frau blieben mir vollkommen verborgen, obwohl ich pflichtgemäß dachte, dass ich sie kennen sollte. Ich wollte sie ja erfüllen, wenn ich einen Mangel oder einen konkreten Bedarf erkannt hätte. Was sollte ich tun? Gehorchen und leisten?

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Für meeine Wünsche hattee sich scho on lange niemand n m mehr interessiert. Ich musste mich m zufrie eden gebeen und micch fügen.. Immerhin hatte ich vierzig lange Jahre überstanden und mir m war nun mal die Rolle des Hauptaktteurs in ein nem Trauerspiel übeer die erfolgreiche Domestizie D erung der Bestie m nur noch Mann zugewiessen. Letzteendlich gab es für mich hen Destru uktion ode er Kooperration, eine die Wahl zwisch native gab es nicht. Altern n, ich weiß ß es. Dein Ich muss dich nichtt ansehen Gehirn n beginnt zu arbeiteen. Du hasst nachged dacht, du hast dich in n deinem Wohnzim W mer umge esehen un nd du kann nst jetzt mitdenken m n. Spürst du u es auch?? Das Umsstellen derr Möbel un nd neue Bilder B aufhängen reeicht nichtt aus, und mit ein paaar Duftkeerzen und softer Musik ist es auch nich ht getan. u noch wass geiler Se ex ist? Für mich warr der Weißt du erste Begriff B niccht mehr existent e und der zw weite nur n noch

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eine Betätigung unter vielen anderen, die irgendwie zu meiner Ehe dazugehören musste, wenn ich musste, weil sie wollte. Aber eigentlich waren es bei mir nur Banalitäten, so wie bei dir und bei jedem anderen, dem unerbittlich und schnell wie ein Intercity das fünfzigste Lebensjahr entgegen kommt. Routine, Besitzstand, Anpassung und Dauer sind die wesentlichen Bestandteile des ehelichen Zwangs. Meine Ehe sollte als Institution bewahrt werden und gleichzeitig wurde mein Recht auf Freiheit brutal vergewaltigt. Ich ließ es geschehen, obwohl mir schon lange klar war, dass unsere Bedürfnisse so unterschiedlich waren, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Aber noch konnte ich ganz gut damit vegetieren, denn es gab auch Angenehmes. Immerhin war die Wäscherei in meinem Ehekonstrukt nicht zu verachten. Das hatte Vorteile, denn ich musste nicht lernen, wie und wann man eine Constructa zum

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ordnungsgemäß ßen Funkttionieren bringt b und d ich weigeere b heute, eine Bediienungsan nleitung zu u lesen, w weil das mich bis wider der männ nlichen Naatur ist. Meine Hem mden wareen w ich an a mancheen immerr ordentlicch gebügeelt, auch wenn Tagen dabei ein ngeschlafeen bin. Dass gleichmääßige hin und u der haasserfülltee Blick her dees dampfeenden Büggeleisens und meineer Frau am m Bügelbreett waren für meinee Nerven zzu viel. Sie hat mir mein n Desinterresse am Bügeln B no och Jahre orfen, als ob ich ein ne Erbsünd de im beggangen danach vorgewo e Anderen gebü ügelt, hätte. Dabei hättte ich zu gern mit einer n durfte icch noch niccht aber icch war verheiratet und daran einmaal denken. n kann ich im Nachh hinein Gegen die Küchenlleistungen auch nichts n einw wenden. Die D zubere eiteten Sp peisen warren schmaackhaft un nd der Service still und u hurtig. Alles was gesagtt werden musste war ja in de en vielen Jahren sch hon weitgeehend gessagt.

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Meine Zelle war sauber, mit etwa hundertundachtzig Quadratmetern sehr geräumig und auch stilvoll möbliert. Ich hatte als Rückzugsgefängnis alles was ich brauchte. Ein gut ausgestatteter Hobbyraum im Keller war vorhanden, wo ich mich mit kleineren Bastelarbeiten beschäftigen konnte, wenn mir nach einer kleinen Handarbeit mit gleichgesinnten in übel beleumundeten Chatrooms zumute war. Lach nicht, auch du hast dir eine stille Ecke geschaffen, in die du dich zurückziehen kannst, wenn du zu dir selber finden willst. Eigentlich und im Großen und Ganzen konnte ich mich nicht beklagen. Die Vergangenheit hatte mir, durch ein glückliches Händchen in vielerlei Geschäften, einigen finanziellen Wohlstand, erkennbar an sichtbarem Bauchumfang und gleichzeitig abnehmender Haarfülle beschert, was nach Aussage meines Friseurs auf meinen

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erhöhten Testosteron-Sp piegel zurü ückzuführeen war. Nu ur das nnte Plato--Zitat, nacchdem nurr Frauen und u Eunucchen bekan über eine e volle Haarprach ht verfüge en, kann icch bis heu ute nicht ganz g nachvollziehen n, da mein ne Libido, zusammeen mit meineem Haupth haar, eine deutliche e Fluchtbeewegung „„nur weg von dem“ entwickelt e t hatten. Von mein ner Versicherungsge esellschafft bekam icch regelm mäßig Brieefe mit Fitnessangeb bote für Senioren zugescchickt, und d ich hattee immer etwas e zum m Essen un nd Trinkeen und meeine Fernb bedienungg für den Fernseher F lag korrekkt im rechten Winkeel auf dem m Couchtissch. Alles iin allem konnte ich mit froh hem Herze en behaup pten: „Eigeentlich e uns gut.“ geht es Du ahnst es sicher schon, jettzt kommtt das „Abeer“, das im mmer und hundertp prozentig auf a ein Lob b oder ein ne positivve Aussage folgt. Deer Zustand d wäre noch schöneer gewessen, wenn n ich das „G Gutgehen n“ alleine mit m mir un nd in

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[Aus „Sina und andere Erlebnisse“]

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grenzenloser Freiheit hätte genießen können. Hast du schon mal an einen Mord gedacht? Wenn man es nüchtern bedenkt, und alle sentimentalen Gefühle weg lässt, kann es ein elitäres Vergnügen sein, dass sich nur Mutige gönnen. Ich bin nicht mutig. Eigentlich bin ich ein erbärmlich fauler Feigling. Nicht die Tat an sich schreckte mich ab, sondern das Malheur danach. Ganz pragmatisch betrachtet fehlt mir auch das Know-how für einen ästhetisch-perfekten Mord, mit anschließendem Vertuschen und Verstecken der Leiche. Als reinlicher Mensch hatte ich auch Probleme mit der zu erwartenden Sauerei auf dem Fußboden und in der Badewanne, und als öffentlichkeitsscheuer Mensch war mir etwas bang vor der zu erwartenden Publicity in den Medien. Dann sah ich wieder die Vorteile meiner Ehe. Sie schuf nicht nur die Ruhe die ich für meinen Narkoseschlaf brauchte. Ich entdeckte auch eine neue Form der Ehe-

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Komm munikation n. Das fingg mit der Ehesprach E e an, die d das nicht mehr m ausd drücken ko onnte, waas ich tatsäächlich wo ollte. Bei mir kaam erschw werend hinzu, dass ich als unmittelbar Betteiligter daas Verhaltten der Menschen u unter men Bedin ngungen studieren musste. m D ist etw Das wa so, extrem wie wenn du zu usammen mit einer hungrigen n Löwin in n einen g w wirst, aberr beide wissen, wie der Kamp pf Käfig gesperrt ausgehen wird. Die Löwin n als die Stärkere, und u ich alss Haupttdarstellerr und Beutte belauerrn sich geggenseitig, um in einem m günstigen Momen nt die Reiß ßzähne in den d Hals d des Opferss geschlaggen zu bekkommen, um mich dann d genü üsslich bis zum m letzten Tropfen ausbluten a zu lassen. S und d blutrünsttigen Nicht dasss ich mit Streit Machttkämpfen leben mu usste, die kamen k in meiner Eh he nicht vor. v Es waar mehr ein freundliich-kooperatives Eh heArranggement un nter weitggehend ke eimfreien KlimaBedinggungen wie w in einerr gut funkttionierend den

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Tiefkühltruhe. Für eine mir fremd gewordene Frau war ich ein nicht weiter störender Gegenstand. Meine Bestimmung war die Mäuler und hungrigen Mägen zu stopfen – mehr nicht. Ich wusste genau, dass mein Nutzen jeden Tag auf dem ehelichen Prüfstand genau kontrolliert wurde. Die Prüf-Formel war einfach und einprägsam: „Schaff Kohle ran Mann. Nur dann bist du ein guter Ehemann.“ Oder anders, etwas salopper ausgedrückt lautete die Formel: „No money, no honey.“ In Gedanken schrie ich „Ich bin verheiratet, holt mich hier raus“, aber ich hatte nicht den Mut, es laut auszusprechen und Amnesty International war damit beschäftigt, öffentlich für die Menschenrechte einzustehen - allen Widerständen zum Trotz, nur nicht für meine. Der scheinbar für alle Zeiten unabänderliche Zustand tat mir in der Seele weh und ich war enttäuscht. Nicht über

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meinee Ehefrau, sie konntte nichts dafür. d Alless was mir in den Augen n und Ohreen unerträägliche Schmerzen bereitete,, ihre Nörgeeleien, ihree ständigee Unzufriedenheit und ihre hatten ästhettischen un nd proporttionalen Unzulängli U chkeiten h ja einee Ursache. Aber bei wem sollte ich micch beschw weren, die Grründe warren eindeu utig in meiner Perso on zu such hen. Voller Bitternis musste ich erkenne en, dass icch nicht deen m aufzu ulehnen, aalso Mut und die Kraaft besesssen hatte mich uldig. war ich mitschu Ganz am Anfang häätte ich sie durch mein m N vor der Unterschrift beim m konsequentes Nein k aber damals und Standeesbeamteen retten können, angesichts der Umstände U e besaß ich h nicht diee Couragee, so utlich hörb bar auszussprechen. Nur ein klaares Wort auch deu auf miir lastete die d gesam mte Veranttwortung, denn wir hatten n uns Treu ue bis zum m Tod gescchworen, und u sie haatte den Scchwur so interpretie i ert, dass ich auch fü ür ihr

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Wohlergehen zu sorgen hätte, bis zu meinem bitteren Ende. Oft habe ich darüber nachgedacht, wenn ich nachts einsam auf dem Balkon oder einer regennassen Brücke stand. Mir war schon früh klar, dass ich ein schlechter Ehemann war, und lebend ein noch schlechterer Ex sein würde. Ein verehrtes Leben nach meiner Ehe konnte es nur im aufgebahrten Zustand als Toter und nach Auszahlung meiner diversen Lebensversicherungen geben. Doch so weit ging meine Opferbereitschaft noch nicht. Alle meine Versuche, das unerträgliche Zusammenleben durch friedliche Mittel, wie zum Beispiel dadurch, dass sie sich einen Liebhaber nehmen, der sie, vielleicht durch mehr oder weniger sanften Druck gebraucht aber immerhin übernehmen würde, waren kläglich gescheitert. Sogar mein demonstratives Wegsehen, das jeder normale Mensch mit Blödheit bezeichnen würde,

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hatte nichts geb bracht. Nieemand wo ollte sie und ich mu usste o wie sie geworden war. sie behalten, so Unter dieesen Umsttänden gab es nur wenige w W zwischen zwei TTaten. Möglicchkeiten. Ich hatte nur die Wahl Die erste war brrutale Gew walt, die andere a der Ausbrucch. Als nistischen Lebensein nstellung w war Menscch mit einer human die En ntscheidun ng schnell getroffen n. Ich mussste mich, d die eindeu utig identiifizierte Ursache de es Übels, aus a der Verbin ndung unsserer Ehe entfernen n, damit sie wieder ruhig leben konnte. punkt war so günstigg wie nie. Jetzt, in d dem Der Zeitp Momeent, als ich h das erstee Mal begann meine Gedanken niederrzuschreib ben war deer richtige e Momentt für Veränderungen n. Veränderrungen plaant man nicht n am Anfang A einer Ehe. Das D ergibt keinen Sin nn, denn die d Hoffnu ungen auff einen guten Ausgang überlagerrn die Bedenken und der Glau ube an

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eine rosige Zukunft ist noch so stark und unverrückbar wie die Kraft in den Lenden. Doch das lässt nach und am Schluss des Lebens bleibt zu wenig Zeit die kleinen Freiheiten zu genießen. Mittendrin, dann wenn alle denken, dass es am schönsten ist, müssen Veränderungen mit allen Mitteln herbeigeführt werden. Aber waren meine Überlegungen triftige Gründe für einen Ausbruch mit allen Konsequenzen? Komm mir jetzt nicht mit dem uralten Rat: „Ihr hättet miteinander reden sollen.“ Wir haben es nicht getan und es war gut so. Nach meinen Erfahrungen ist der Rat, miteinander zu reden nur graue Theorie. Tiefergehende Gespräche nach langen Ehejahren führen zu nichts. Das hat einen tieferen Grund. Wenn die Gefühle abgestorben sind, und die Einstellung über die Wesensart des Partners als Vorurteil fest betoniert ist, dann erzeugen Aussprachen nur Kämpfe um abstrakte Machtverhältnisse mit kriegerischen

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Erscheeinungsformen von Unterwerfung, Untterdrückung und Beeutezügen n. Ehelichee Aussprachen enth halten brissanten Konfliktstoff in unvorherssehbarer Menge, M au usreichend d für M Eh hekrieg. Verständni V is, Akzeptaanz oder eeine viele Monate faire Auseinand A dersetzungg mit den Gefühlen des Partn ners ist nicht mehr m zu erwarten. e Ich wusstte, wenn ich über meine m spon ntanen Bedürrfnisse offeen und eh hrlich sprechen würde, wären n schweere Disharmonien unvermeidlich. Unbeestreitbar war ich zu einem kleeinen Eheffeigling ve erkommen n, bei dem m der Selbstterhaltunggstrieb nocch normall funktionierte. Heute, mit m zeitlicheem Abstan nd habe icch die uralte Kriegeerregel verrstanden, nach der die besten Kämpfer unverheiratet sind. Zu ein ner funktionierendeen Ehe geh hören d Namen n „Bausparverträge“, Knebeel und Fessseln, die die „Kindeer“ und „V Versicheru ungen“ traagen. Zu einer guten n Ehe gehören weder Rebellion n noch Trääume von Freiheit.

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Für mich war es ein schwieriger Zustand zwischen Bewusstsein und Möglichkeiten. Ich wusste genau, was mir fehlt, aber ich hatte in meiner Situation nicht die geringste Chance es zu bekommen. Die Tür an meinen Käfig war fest verschlossen. Der Tag war nach strengen Regeln verplant und in der Nacht hatte ich, wie es der Brauch ist, daheim im ordentlich gefalteten Federbett zu sein. Ich war Gefangener in meinem eigenen System von täglicher Produktion, Verbrauch und Ausscheidung, ohne die geringste Chance auf Veränderung des scheinbar immerwährenden Kreislaufs. Dabei war die Lösung für meine Probleme ganz einfach. Ich hätte seelsorgerische Hilfe benötigt. Natürlich hatte ich sehr präzise Vorstellungen von meiner persönlichen Seelsorgerin. „Sie“ sollte nicht nur meine seelischen Qualen lindern, sie sollte auch meinen

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intelleektuellen Ansprüche A en genüge en. Ich braauchte etw was für meineen Geist. Ach A ja, fastt hätte ich h es vergessen. Meine Wunscchseelsorggerin solltte auch no och meineen ästhetisschen Vorsteellungen nahe n komm men. Aberr wo wareen die gutgeb bauten Reetterinnen n mit High-Heels am m schlankeen Fuß und sttramm sitzzenden Sttrapsen am m glatten Schenkel, S die mir in meinen Seelenqua S len hätten n beisteheen können n? Es mer die gleiche Entttäuschungg. Wenn man m die ist imm helfen nde Hand der Leute mal braucht, sind die d nirgendwo zu find den, oder wollen beezahlt werrden. Du kannsst es mir glauben. Icch gab mirr alle Mühe und ich habe mich überall ü um mgesehen, soweit ess mein stark ber mein eingesschränkter Bewegungsradius zuließ. Ab verzweifelter Hilferuf: „Saag mir wo o die Fraueen sind, w wo sind blieben“ blieb b ungeehört und ich stand es durch. Ich sie geb wurdee nicht sch hwul, weil ich keine Frau abkrriegen kon nnte. Harald d Schmidt sagte in einer e verm mutlich ähnlichen

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Situation einmal: „Das ist nicht so wie bei den Lesben.“ Zwar war mir klar, dass man in Notsituationen größere Abstriche vom beanspruchten Lebensstandard machen muss. Ich war auch bereit, meine Bedürfnisse bis auf ein kaum noch erträglich-ästhetisches Minimum zu reduzieren. Aber in meinem näheren und weiteren Bekanntenkreis gab es niemand, der auch nur annähernd meinem Ideal entsprach. „Unsere“ Freunde und Bekannten bestanden aus Günter und einer unförmigen Carmen, Agatha mit strähnigen Haaren und Rolf mit Oberlippenbärtchen, Alfons und seine voluminöse Bärbel mit schlechten Zähnen und ähnlich unattraktiven Zweierbeziehungen. Und die wenigen, mit vielen Abstrichen an meiner inneren Checkliste infrage kommenden, weiblichen Personen waren in einer für mich unzugänglichen Sicherungsverwahrung. In meiner verzweifelten Vorstellung mied mich das

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wahree Leben, als ob ich Mundfäule M e hätte. Ess hatte mich überseehen, nich ht mehr beeachtet un nd mich allmählich vergesssen. Ich war w zu einer Art Relikt aus deer Vergangenheit geworden g n. So ähnlich, wie wir heute m mit hnlich wohliggem Gruseelschauer Dinosaurier und äh ausgestorbeness Getier beetrachten. Den größ ßten Schocck bekam meine lab bile Psychee, als ich mit Freundeen in einerr Szenekne eipe saß und u die zugegeben sehrr junge und offensicchtlich kurrzsichtige en mir Sitzenden reeihum Biernaachschubvverwalterin die nebe mit ein nem herzllichen „waas kann ich dir bringgen“ und m mich mit ein nem kühleen „was möchten m Sie trinken“ begrüßtte. „Du bist Megaout“ M “ war die unüberhör u rbare Botsschaft und Jim Morriso on sprach mich dire ekt und oh hne Umsch hweife nd, my frieend” und das aus deem Jenseitts an: „This is the en musstte ausgereechnet mirr passieren. Immerh hin lag ich mal drei Taage vor Woodstock W k, eingesch hlossen im m Dreck un nd

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zugekifft. Und nicht zu vergessen, ich hatte wie ein gut genährtes Karnickel vor Ostern, für Love and Peace gevögelt, damit es die heutige Jugend mal besser hat. Ich konnte von mir behaupten „Ich war damals dabei“, und on the road again. Jimi hatte mir eine Foxy Lady versprochen, und ich hatte im Vertrauen auf die Versprechungen eine große Schallplattensammlung der späten sechziger, aber auch der frühen siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts zusammengetragen. Auch meine voluminöse und von meiner Frau gehasste Comicsammlung war beeindruckend, und die Begriffe „Harley“ und „Easy Rider“ waren mir nicht ganz fremd. Ich fand, eine kleine Freiheit mit einem bisschen exzessivem Freivögeln für den Weltfrieden und einer kleinen Orgie hin und wieder stand mir rechtmäßig zu. In meinen postkoitalen Tagträumen sah ich alles noch einmal vor mir, als ob es erst gestern gewesen wäre.

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Siebzeehn Jahr und Stretch h-BH (mit Metallbügel und verwirrrenden Haken, H wass zu einem m ersten Tasttrauma T a geführrt hat). Die putzigen n Bärchen und die Wochenta W age auf den heellblauen Frotteeslips unter den d unübeerwindbarren Sloggi-Festungeen meiner ersten Lie eben. Der hellblauee n silbernen n Liebespeerlen. Die Haschischkucheen mit den Freudee über das lang erseehnte Paläästinensertuch und mein erster eigener Pflastersei P in. Die Dem mos auf dem d m gegen Imperialess und irgen ndwas Kurfürrstendamm Weltu umstürzlerrisches. Alles nur no och verklärte Helden ntaten eines schütteren Veteran nen im Epiizentrum der d Spießiigkeit. e nd, Meinee Diagnosee war klar und katasstrophal ernüchtern das Alter ist nichts für Feiglinge. Ich litt an eiiner schweeren Sinnkrrise, für jeden Wisseenden soffort erkennbar. Die weniggen noch lebenden Jungs auss „My Generration“, Ro obert (de Niro), Micck (Jagger)) und ich w waren nach einer e viel zu z kurzen Zeitreise im mittlerren Alter

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angekommen. Mein stilles Leiden und mein verzweifelter Schrei „Lasst mich zu einer netten Frau die mich versteht“ waren nicht mehr zu übersehen. Aber es verstand mich niemand, weil die Zeichen von einer gleichgültigen Gesellschaft nicht wahrgenommen wurden. In dieser schweren Phase fand ich bei Albert Einsteins Relativitätstheorien Trost und Hilfe „Alles Relative ist modifizierbar“, und „die verbrauchte Energie für ein Problem, darf nicht größer sein, als der zu erwartende Energieschub für die Lösung“ waren sein Rat und meine allerletzte Hoffnung. Außerhalb meines kleinen Lebensraums wartete ein Universum der Möglichkeiten auf mich, den dressierten Ehemann. Mir wurde klar, ich durfte nicht länger säumen, denn ich war schon weit in den Jahren vor. Es war an der Zeit für einen Aufbruch in eine neue Welt. In eine Welt, die nur

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darauff wartete,, von mir neu n entde eckt zu weerden. Meine Ph hantasie half h mir üb ber manch h schlaflose Nacht hinweg. Ich I war in hohem Maß M anfälliig für das, was m dem Begriff „Versuchung““ nur Brucchstückhafft man mit umsch hreibt. Nur um mein ne egoistisschen Bed dürfnisse zzu befriedigen, sah h ich andeere, vorzuggsweise weibliche w ht als gleicchberechtiigte und freie Subjeekte Menscchen, nich mit ein nem Ansp pruch auf Respekt R und Glück. Ich sah diese Wesen n in verdammensweerter Weise (heute bereue icch es zutiefsst) als seelenlose un nd nutzbare Objekte, über die man Ex-und d Hopp veerfügen kaann, sofern n man übeer die notweendigen Reessourcen n verfügt. Ich wusstee, solche Gedan nken gehö ören nicht zu einer guten g Ehe, und scho on gar nicht zu z einem moralisch gefestigten Menscchen. Aberr noch hatte ich die eittle Vorstelllung, Herr über meeinen eigenen n und der Beherrsch her der Ge eschehnissse zu sein. In Willen meineer Situation sah ich nur noch einen e Aussweg: Exzeessiver

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Sex bis zum Umfallen mit einer mir fremden, aber saugeilen Frau. Und dann geschah es. Mein Überlebenswille packte mich wieder einmal am Hals und flüsterte mit drohendem Unterton in der Stimme zu mir: „Bevor du an deinem moralischen Leben zugrunde gehst, musst du etwas ändern, sonst spreche ich nie wieder mit dir und ich werde dein Gehirn und deine Eier amputierten.“ Was sollte ich machen? Ich musste diese unmissverständliche Drohung ernst nehmen, und ich beschloss, meine Einstellung zu meinem bisherigen Leben zu ändern. Dazu gehörte zuerst einmal ein umfassender Lebensplan um meine Absichten kunstvoll zu verstecken. Meine kriminelle Energie fing an sich zu entwickeln und ich fand Spaß daran. Ich begann, wie es sich für einen vernünftigen und verantwortungsbewussten Menschen gehört, mit einer strategischen Bestandsaufnahme.

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Meine Vo oraussetzu ungen waren gut. Icch hatte damals das ricchtige Alteer, dazu die Erfahru ung (dachtte ich), dass nötigee Kleingeld d (dachte ich auch), und die notwendig n ge, gewisssenlose Clleverness (dachte icch ebenfalls) um maal etwas zu wagen n. Den unb bemerkten n Ausbrucch aus eineem ungsgefänggnis, um n nach sicheren Hochsiicherheitssverpflegu hen Freigäängen meine Rest-LLebenszeitt in einigen heimlich u Friedeen und nu ur mit mir und mein nen verklärten Ruhe und Erinneerungen abzusitzen. ub mir, es wäre nur eine ganzz kleine, eine Bitte glau winzigge Flucht geworden g nmal kurz ausbreche a en und . „Nur ein dann komm k ich sofort wieder zurück“, versp prach ich m mir bei allem was mir irrgendwie noch heiliig war. Für die Lust n mir mein ne Triebe die Erlaub bnis gegeb ben. Für m meinen hatten Freiheeitsdrang hatte h ich die d Geneh hmigung meines m Geistes. Und mein m zu beeruhigendees Gewisssen erfand d eine Vielzahl unschöner Bezeeichnungeen für meine liebe Ehefrau.

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Vernunft und Moral? Es war mein rücksichtsloser Wille, der die beiden Stänkerer schon irgendwie überreden würde. Ich wollte nur noch einmal das unbeschreibliche Gefühl fremder, weiblicher Haut spüren, und den frischen, vaginalen Geschmack einer jungen Unbekannten auf der Zunge. Wenn jemand ein Anrecht darauf hatte, dann gab es nur einen auf der Welt: Mich. ____________________

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[Drittes Kapite el]

________________ ______ … und d hier geht’ss weiter

Erstes Kapitel K

Ich rede e mit dir

Zweitess Kapitel

Am Anffang steht immer der Anfang A vom m Ende

Drittes Kapitel

Ehelich hes

Viertess Kapitel

Wartezzeiten

Fünftess Kapitel

Liebesffragen

Sechstees Kapitel

Erweckkungsspiele

Siebtess Kapitel

Seidensstrümpfe und Verpackkungsspielee

Achtes Kapitel

Philoso ophisches Korsett

Neuntees Kapitel

Liebeszzeiten

Zehntees Kapitel

Eindeuttige Erkenn ntnisse

Elftes Kapitel K

Rettunggsversuche

Zwölftees Kapitel

Interessengeficke (Kopenhagener Deutu ung der Quanteentheorie)

Dreizeh hntes Kapiteel Rote Pu umps

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Raoul Yannik

Geboren im Oktober 1950 in der damals beschaulichen, schwäbischen Kleinstadt Sindelfingen. Nach Abitur und Ausbildung schloss sich ein längeres, aus heutiger Sicht ziemlich nutzloses Studium in Berlin an. Heute, nach einer kurzen Ehe und anderen Missgeschicken lebe ich aus Lebens- und Liebesgründen in Essen. Ich schreibe Essays, Kurzgeschichten und Romane über die Abgründe der Seele, über die Irrwege der Liebe, über das was sein könnte und was ist.

Meine Schreib-Werkstatt: www.raoulyannik.de Meine Web-Tagebücher für Kommentare und Tipps: http://raoulyannik.blogspot.com/ und http://raoulyannik.wordpress.com/ Hier gibt es noch mehr von mir: http://www.scribd.com/people/documents/12496102-raoul-yannik Kontakt und Fragen an mich: kontakt@raoulyannik.de Tweet mich: http://twitter.com/RaoulYannik

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[Drittes Kapite el]

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M I D L I F E

C R I S I S

[Aus „Sina und andere Erlebnisse“]

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