Arbeitsbericht 2017/2018

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ARBEITSBERICHT Jugendbildungsstätte

LidiceHaus

2017/2018 Blitzlichter unserer Arbeit

Mit im Heft: ServiceBureau Jugendinformation, soliport, RuF, #denk_net

#denk_net

Jugendbildungsstätte LidiceHaus Weg zum Krähenberg 33a 28201 Bremen

Standort Am Deich 60/62 ServiceBureau Jugendinformation und soliport, RuF sowie #denk_net


30 Jahre Jugendbildungsstätte LidiceHaus 25 Jahre ServiceBureau Jugendinformation 20 Jahre jugendinfo.de 10 Jahre Standort Stadtwerder


Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freund*innen und Kooperationspartner*innen des LidiceHauses,

2017 war für ein ganz besonderes Jahr, denn wir hatten eine Reihe von Jubiläen zu feiern: Die LidiceHaus gGmbH ist 30 Jahre alt geworden und das ServiceBureau Jugendinformation feierte seinen 25. Geburtstag. Vor 20 Jahren ging der Bremische Jugendserver jugendinfo.de ans Netz und der Umzug der Jugendbildungsstätte von St. Magnus auf den Stadtwerder lag nun 10 Jahre zurück. Unsere Jubiläen haben wir 2017 zum Anlass genommen, unsere Inhalte mit einem vielfältigen Programm darzustellen und gemeinsam mit der Fachöffentlichkeit, Jugendlichen und Politik zu resümieren sowie zukünftige Herausforderungen zu erarbeiten. In diesem Rahmen haben wir am 15.09.2017 zum einen Szenarien zur Bedeutung und Rolle der politischen (Jugend-)Bildung im Land Bremen diskutiert und zum anderen an verschiedenen Orten in Bremen mit Menschen aktuelle gesellschaftpolitische Fragestellungen thematisiert.

Das bedeutet auch, dass unser Team wächst. Diese positive Entwicklung führte schlussendlich aber auch zu Platzproblemen. An unserem neuen Standort Am Deich 60/62 haben seit letztem Dezember verschiedene Einrichtungen und Projekte des LidiceHauses eine neue Heimat gefunden: Das ServiceBureau Jugendinformation inklusive des Projekts #denk_net sind aus ihrem zu klein gewordenen Büro in der Grünenstraße dort eingezogen. Die Beratungsstelle soliport hat ihren alten Standort in der Sögestraße zugunsten der neuen Räumlichkeiten aufgegeben. Und auch die Kolleg*innen der Fachstelle Rechtsextremismus und Familie findet man nun Am Deich: Sie haben ihr Büro in der Jugenbildungsstätte geräumt, denn auch dort wurde es langsam zu eng.

Ein paar Worte vorweg

Seit über 30 Jahren steht unsere Jugendbildungsstätte für eine engagierte Arbeit im Sinne einer demokratischen und sozial gerechten Gesellschaft, unsere Schwerpunktthemen haben auch nach dieser langen Zeit nicht an Bedeutung verloren: Partizipation, Umgang mit Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Konfliktbearbeitung und Teamgestaltung, Chancen und Risiken der Mediennutzung, Flucht und Migration sowie Erinnerungskultur und Teilhabe... Gerade in den letzten Jahren hat sich gezeigt, wie demokratische Strukturen und Instanzen durch Polarisierungen und rechtspopulistisches Agieren wieder in Frage gestellt werden. „Mehr denn je gilt, dass Demokratien aufgeklärte Demokrat*innen brauchen, und dass Demokratie immer (neu) gelernt werden muss“ (Stellungnahme des AdB 2016). Dazu einen Beitrag zu leisten, ist die Aufgabe politischer Bildungsarbeit. Ein weiteres besonderes Ereignis war die Eröffnung eines neuen größeren Standorts in der Neustadt Ende 2018. Unsere institutionelle Förderung wird zunehmend ergänzt durch projektbezogene Finanzierungsmodelle: So arbeiten z.B. unter dem Dach der LidiceHaus gGmbH mittlerweile 3 vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ finanzierte Projekte.

Die zunehmende Projektfinanzierung bringt auch Probleme mit sich: Die Hälfte der Stellen im Bildungsbereich sind befristet und laufen Ende 2019 aus. Mit dem Ende der Projektfinanzierung fallen auch Zuschüsse zu Verwaltungs-, Betriebsund Mietkosten weg, die über den institutionellen Zuschuss Bremens nicht kompensiert werden können. Seit vielen Jahren stagniert der Zuschuss, während Personal- und Betriebskosten stetig steigen. Während die institutionelle Förderung vor 10 Jahren noch rund 50% des Gesamthaushalts betrug, ist der Anteil mittlerweile auf rund ein Drittel abgesunken. Um die Arbeit des LidiceHauses als Lernort der Demokratie(-fähigkeit) langfristig abzusichern braucht es neben den zeitlich befristeten Projektmitteln, einen an Tarif- und Stufenerhöhungen angepassten Zuschuss. Dieses wird die Herausforderung der Zukunft sein. Mit diesem Arbeitsbericht laden wir Sie nun ein, sich über das Wirken des LidiceHauses und den zugehörigen Einrichtungen in den vergangenen zwei Jahren zu informieren. Ein herzlicher Dank gilt an dieser Stelle unseren Gesellschaftern und Kooperationspartnern, die uns nun schon seit über 30 Jahren unterstützen und es – so hoffen wir – auch in Zukunft weiter tun werden.

Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre.

Qualitätsmanagement: Am 8.11.2017 wurden wir erfolgreich retestiert Im Gutachten heißt es: „Die Organisation hat einen Selbstreport vorgelegt, der die Gutachterin davon überzeugt hat, dass die Organisation bewusst ihre Prozesse steuert. Er ist prägnant gehalten. Sehr beeindruckend zu sehen, wie es gelingen kann, einen Selbstreport kurz zu fassen, dennoch keine verkürzten Darstellungen zu erzeugen und den Eindruck zu hinterlassen, dass der/die Schreiberin weiß, wovon er/sie spricht.“


Bildungsreise nach Prag und Lidice im Juni 2017 Stimmen aus dem Team

„Ich fand es toll, dass uns so eine Erfahrung als Team ermöglicht wurde!“ „Für das Team war es gewinnbringend. Es war cool, dass (fast) alle mitgefahren sind!“

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Wendepunkte Am 15.05.2018 haben wir unsere Kollegin Anette Klasing nach 24 Jahren politischer Bildungsarbeit im LidiceHaus verabschiedet. Wir danken Dir, liebe Anette: Für Dein unermüdliches Engagement für die emanzipatorische Mädchen- und Frauenbildung und für die Internationale Jugendarbeit sowie für Deinen entschlossenen und leidenschaftlichen Einsatz für den Frieden. Seit den 1990er Jahren bewegt dich besonders die krisenhafte Situation im Nahen Osten. Dir war und ist es eine besondere Herzensangelegenheit, den Dialog und die Verständigung zu fördern: Deine zahlreichen Begegnungsprojekte mit israelischen, palästinensischen – und auch deutschen – Jugendlichen sollten Vorurteile und Feindbilder abbauen. Du selbst warst als Friedensfachkraft über 2 Jahre im Rahmen des zivilen Friedensdienstes an einem internationalen Bildungszentrum in Bethlehem tätig. Für deine Arbeit wurdest du vielfach ausgezeichnet, unter anderem warst Du 2015 Bremens Frau des Jahres. „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt“ – dieses Zitat von Mahatma Ghandi hast Du für das Cover deines Buches „Wendepunkte. Erfahrungen aus 10 Jahren internationaler Jugendarbeit im LidiceHaus“ gewählt – es symbolisiert für uns Dein Leben und Wirken. „Liebe Anette, Deine Arbeit lebte von Bewegung. Bei Dir gab es keine in Antragsdeutsch gegossenen Formelseminare und Du warst immer mit deiner ganzen Person und Herzblut dabei“ – das sagte Hannelore Chiout auf deiner Verabschiedung im LidiceHaus und sie sprach uns damit aus dem Herzen. Nun bist Du also im „Ruhestand“, aber wir wissen, dass Du keineswegs Ruhe geben wirst. Abseits Deiner Erwerbstätigkeit geht es voran: Du wirst Dich weiter für Deine Ideale einer friedlichen Gesellschaft engagieren, zum Beispiel im Rahmen der Stiftung „Die Schwelle“.

Dafür wünschen wir Dir alles Gute und freuen uns auf künftige Begegnungen. In Ihrem Buch „Wendepunkte“ hat Anette ihre Erfahrungen aus den letzten 10 Jahren Internationaler Jugendarbeit sowie Fachkräftebegegnungen dokumentiert. Sie reflektiert darin Dialogseminare mit Jugendlichen aus Deutschland, Israel und Palästina, Jugendkulturprojekte mit Gruppen aus Bethlehem sowie Fachkräftebegegnungen und Jugendseminare mit Partnern aus Prag und Lidice. Weitere Kapitel widmen sich den Seminaren mit Partnern in Bosnien sowie Internationalen Tagungen mit Partnerorganisationen aus sechs Ländern. Anette mit Henning Scherf bei unseren Jubiläumsfeierlichkeiten

Unser neues Display im Foyer zeigt unseren Gästen täglich den Speiseplan.

Wer arbeitet hier eigentlich? Unsere Teamwand gibt einen Überblick.

Neues im Foyer

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Die Kinder von Lidice: Dieses Klassenfoto entstand am 2. Juni 1942, also eine Woche vor dem Massaker und der Vernichtung von Lidice. Nur wenige überlebten.

Gedenken an Lidice 1987 wurde unsere Bildungsstätte gegründet und erhielt den Namen LidiceHaus. Die Namensgebung sollte dabei sowohl ein Akt der Erinnerung sein, als auch der Grundstein für die inhaltliche Ausrichtung unserer Arbeit. Unsere Angebote richten sich demnach gegen antisemitische, rassistische und menschenverachtende Einstellungen und setzen sich für ein demokratisches, solidarisches und wertschätzendes Miteinander ein. Die Namensgebung allein hält die Erinnerung jedoch nicht wach. Deshalb pflegen wir mit unseren Projekte eine aktive Erinnerungskultur. Im Juni 2017 fuhren wir mit 35 Mitarbeiter*innen des LidiceHauses und ServiceBureaus für fast eine Woche nach Prag und Lidice. Ziel war es, sich auf die Spuren der deutsch-tschechischen Geschichte zu begeben und die Bedeutung Lidices für Inhalte und Wirken des LidiceHaus zu verdeutlichen sowie die heutigen Lebensrealitäten der tschechischen Menschen kennen zu lernen. Im Rahmen unserer Spurensuche besuchten wir das Jüdische Viertel „Josefov“ und unternahmen eine Fahrt nach Theresienstadt mit Besichtigung des Ghettos und der Kleinen Festung. Besonders der Besuch der Gedenkfeierlichkeiten zum 75. Jahrestag des Massakers von Lidice war eine sehr emotionale und bewegende Erfahrung für alle Mitarbeiter*innen, welche bei abendlichen Zusammenkünften im Innenhof unseres Hotels stets präsent waren und besprochen wurden. Nur einen Monat später machten wir uns mit einer Gruppe junger Erwachsener auf den Weg zu einer Gedenkstättenfahrt nach Theresienstadt und Lidice. Uns interessierten nicht nur die historischen Orte und Umstände, sondern auch die konkreten Bezüge zur Lebenswelt der Jugendlichen. Von dieser Fahrt brachten wir viele Fragen nach Bremen mit: Wie wollen wir die Erinnerung an Lidice und an den Nationalsozialismus lebendig halten? Ist die Namensgebung der Jugendbildungsstätte als erinnerungspolitischer Akt ausreichend oder braucht es zusätzlich ein Denkmal? Nach unserer Rückkehr arbeiteten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Unterstützung der Kunstvermittlerin Constanze Eckert aus Berlin über mehrere Monate an einem „Denkmal für Lidice!“

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Die Bronzestatue von Marie Uchytilová erinnert an die 82 ermordeten Kinder von Lidice.

Links im Bild, das ist übrigens Justus Theis beim Modellbau im Projekt „Ein Denkmal für Lidice“. Er hat uns 2017/2018 als Bundesfreiwilliger unterstützt.

Das Ergebnis war ein Modell für einen interaktiven Erinnerungsort, der in unserer Jugendbildungsstätte einen Platz finden soll. Der Ort soll an vergangenes Unrecht erinnern und sowohl unseren Gästen als auch unserem Team ein aktives Erinnern ermöglichen. Wie der Gedenkort aussehen wird, ist bislang noch geheim – also gespannt bleiben. Aktive Erinnerungskultur bedeutet für uns ebenso, einen regelmäßigen Kontakt und Austausch mit der Gedenkstätte in Lidice zu pflegen. Umso mehr freuen wir uns, seit 2018 eine Wanderausstellung der Gedenkstätte über die Geschichte des Dorfes bei uns im Haus ausstellen zu können, welche die Direktorin der Gedenkstätte, Martina Lehmannová, persönlich im Frühjahr 2018 eingeweiht hat. Zitate unserer Kolleg*innen nach der Lidice-Fahrt

„Ich war immer sehr bedrückt und traurig an den historischen Orten, aber bin froh, dass ich das in meinem Leben gesehen habe.“ „Wenn ich an die Kinderstatue in Lidice denke, könnte ich wieder weinen!“

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In Kooperation mit dem Referat 22 – Kinder- und Jugendförderung der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport

Handeln für eine jugendgerechte Gesellschaft Fachtag am 21. Februar 2018 im LidiceHaus Der 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung beschreibt die Lebenslagen und das Alltagshandeln Jugendlicher und junger Erwachsener im Alter zwischen 12 und 27 Jahren. Auf einem Fachtag im Februar 2018 haben zwei federführende Experten aus der Sachverständigenkommission die zentralen Aussagen des Berichts vorgestellt. Gemeinsam mit fast 80 interessierten Personen sind wir der Frage nachgegangen, welche Bedeutung die Ergebnisse des Jugendberichts für Bremen haben und welche zukünftigen Herausforderungen und Gestaltungsanforderungen für die Jugendarbeit und Jugendpolitik im Land Bremen damit einhergehen. „Politische Bildung stärken und Fachkräfte im Hinblick auf politische Bildung von Jugendlichen qualifizieren“, lautete eine zentrale Forderung der Teilnehmenden.

Den Vortrag „Jugend ermöglichen – zwischen Freiräumen, Ganztagsschule, Familie und Medien“ hat Diana Meier-Soriat (Sketchnotes by Diana) für uns „aufgezeichnet“

In Bezug auf Angebote für Kinder und Jugendliche wurde festgestellt, dass „weniger häufig mehr“ ist. Jugendliche brauchen unbeobachtete Räume und gleichberechtigte Gesprächspartner*innen. In öffentlichen Räumen müssen sie Selbstwirksamkeitserfahrung sammeln können, hier lernen sie demokratische Beteiligung und erlangen soziale Kompetenzen. Partizipation muss strukturell verankert werden.

Besondere Herausforderungen bestünden in Bezug auf den Umgang mit Armut und Belastungen von jungen Menschen: Hier braucht es neue Beteiligungsformen, um Teilhabe zu fördern und Selbstwirksamkeitserfahrungen zu ermöglichen. Das Bedürfnis von jungen Menschen nach Sicherheit und Autonomie muss dabei ernst genommen werden. Auch das Thema Gender muss bei der Teilhabe Jugendlicher immer mitgedacht werden. Klischeehafte Rollenbilder sind zu thematisieren und zu problematisieren. Bei der Arbeit mit der Zielgruppe der Careleaver muss Jugendarbeit darauf achten, dass diese als Expert*innen ihrer eigenen Lebenssituation anerkannt werden: Die Arbeit mit ihnen muss respektvoll, dialogisch, ressourcenorientiert, lebenswertbezogen und partizipativ erfolgen.

Jugendbeteiligung Nach rund eineinhalbjähriger Ausbildung im LidiceHaus sind dies die frisch gebackenen Moderatorinnen und Moderatoren für Kinder- undJugendbeteiligung. Im April 2017 wurden die Zertifikate verliehen. Bundesweit anerkannt durch:

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20 Jahre sind gemessen an der hohen Dynamik des Internet eine Ewigkeit. Der Bremische Jugendserver jugendinfo.de kam zuletzt sehr altertümlich daher, denn uns stehen nicht die Mittel zur Verfügung, jeden aktuellen Trend technisch umzusetzen. Dennoch: 2017 ist uns ein Relaunch gelungen. Das war und ist eine Menge Arbeit: Ausmisten, neu planen, Aufträge vergeben, recherchieren, strukturieren... Wir sind lange noch nicht fertig, aber das neue Gerüst steht und ist ganz hübsch geworden. Auf jugendinfo.de informieren wir über jugendrelevante Themen, weisen auf Angebote der Jugendarbeit in Bremen hin, nennen Ansprechpartner*innen zu vielen Fragen und veröffentlichen die Jugendreise-Angebote gemeinnütziger Träger in Bremen.

Digitale Jugendbeteiligung – dein Blind Date mit dem Digitalisierer 15 Multiplikator*innen aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich im Rahmen unserer 3-moduligen Fortbildung für die Umsetzung digitaler Partizipationsprozesse qualifiziert.

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Die Teilnehmer*innen haben Methoden und Tools kennen gelernt und ausgiebig getestet: Eigene Beteiligungsprojekte wurden durch den „Digitalisierer“ geschoben und zwischen den einzelnen Fortbildungsmodulen einem Praxistest unterzogen. Daraus ergab sich viel Stoff für einen regen Erfahrungsaustausch über die (digitale) Beteiligungspraxis. Das positive Feedback der Teilnehmer*innen motiviert uns, digitale Jugendbeteiligung auch in Zukunft zu stärken!

Digi-Service


#denk_net

#denk_net

Workshops für Jugendliche zur Stärkung der digitalen Zivilgesellschaft Fast alle Jugendlichen besitzen ein Smartphone und sind damit weitgehend autonom im Internet unterwegs – gerne auch in Sozialen Netzwerken: Der Ton in diesen digitalen Kommunikationsräumen ist in den vergangenen Jahren rauer geworden, verbale Entgleisungen sind an der Tagesordnung. Auch menschenverachtende Positionen werden hier zunehmend salonfähig. Nicht selten verletzen solche Kommentare und Inhalte geltendes Recht, denn natürlich sind Beleidigungen, Verleumdungen, die Androhung von Gewalt und Verstöße gegen die Menschenwürde auch online verboten. Zwar sind die Anbieter sozialer Netzwerke – darunter YouTube, Facebook und Twitter – seit Anfang 2018 verpflichtet, konsequent gegen strafrechtlich relevante Inhalte vorzugehen. Dennoch ist es praktisch unmöglich, junge Menschen vor Hasskommentaren und Falschmeldungen komplett zu behüten, denn durch die hohe Dynamik des Mediums hinken alle Bemühungen letztlich einen Schritt hinterher. Wichtig ist daher, dass Jugendliche sich kompetent, verantwortungsbewusst und moralisch gefestigt in diesen Räumen bewegen. Sie müssen in der Lage sein, den Wahrheitsgehalt von Inhalten einzuschätzen und die Motivation dahinter zu erkennen. In unseren #denk_net-Workshops unterstützten wir junge Menschen bei der Orientierung im Netz und suchen gemeinsam nach kreativen Wegen gegen die hasserfüllte Stimmungsmache im Netz. Soviel vorweg: Die EINE richtige Lösung gibt es nicht. Die Jugendlichen erwerben in unseren Workshops einen „Werkzeugkoffer“ gegen Anfeindungen und Unwahrheiten im Netz, so dass sie im gegebenen Fall aus einer Vielzahl möglicher Handlungsoptionen eine passende auswählen können. Bislang sind im Projekt #denk_net zehn pädagogische Module für die Arbeit mit Jugendlichen entstanden: Trotz der unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkte gibt es eine große Gemeinsamkeit, nämlich das Anliegen, Jugendliche für diskriminierende Strukturen zu sensibilisieren und zu ermutigen, sich für eine digitale Zivilcourage einzusetzen. Wie sind die bisherigen Erfahrungen mit den Workshops? Unsere Angebote sollen Spaß machen und die Jugendlichen aktiv einbeziehen: Die Workshops bieten viel Raum für Diskussionen und eigene Recherchen. Mit Tablets probieren die Jugendlichen eine Vielzahl digitaler Werkzeuge aus: Wir erstellen zum Beispiel ein Online-Quiz oder gestalten gemeinsam Comics. Die kreativen Methoden kommen bei der Zielgruppe gut an, die Rückmeldungen zu den Workshops sind bislang sehr positiv. Im Rahmen eines 1-3-tägigen Workshops ist es natürlich schwer möglich, jahrelang verfestigte Denkmuster und Weltbilder bei Jugendlichen zu verändern. Uns geht es in erster Linie darum, den Jugendlichen Impulse mit auf den Weg zu geben, Irritationen hervorrufen und zum Nachdenken anzuregen. Wenn ein Jugendlicher nach dem Workshop in den sozialen Netzwerken eine Negativschlagzeile über Geflüchtete liest und sich fragt „Ist die Quelle seriös? Stimmt das, was da behauptet wird? Mit welcher Absicht wurde der Post verfasst?“ dann verbuchen wir das als Erfolg. Künftig werden wir auch jugendliche Peers ausbilden, die in ihrer Schüler*innen-Vertretung oder ihrem Jugendverband die Themen aus unserem Projekt „auf Augenhöhe“ an andere Jugendliche weitergeben. Zudem schulen wir bereits jetzt Menschen, die professionell oder ehrenamtlich mit jungen Menschen arbeiten. Da diese in der Regel kontinuierlich und über einen langen Zeitraum mit den Jugendlichen direkt zu tun haben, haben sie auf der Beziehungsebene einen ganz anderen Zugang und können sie umfassender und nachhaltiger in ihrem Medienhandeln begleiten.

#denk-net-Postkarten gestaltet von Jeff Hemmer


Zu den Hintergründen des Projekts #denk_net wird als Modellprojekt zur Radikalisierungsprävention durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert und läuft in diesem Rahmen voraussichtlich bis Ende 2019. Rechtsextreme Gruppierungen agieren sehr professionell und betreiben in allen zentralen Netzwerken – teils attraktiv gestaltete – Profile, um Jugendliche anzusprechen und sie subtil an ein rechtes Weltbild heranzuführen. Viele Angebote wirken auf den ersten Blick harmlos: Es geht um Musik, Sport, Tierschutz, Mode, vegane Ernährung und viele weitere zunächst unverfängliche Themen, die sich an den Interessen der Jugendlichen orientieren. In unserem Workshop #Spürnasen wird genau das thematisiert. Wir zeigen den Jugendlichen anhand welcher Codes, Symbole und Schlagwörter sie rechte Onlineangebote entlarven können. Wir entschlüsseln gemeinsam Profile rechter Gruppierungen, lassen die Jugendlichen selbst im Netz recherchieren und sensibilisieren sie generell für ein rechtes Weltbild. Zudem nehmen gezielte Hass-Kampagnen der organisierten Rechten zu. Ziel ist es, Stimmung gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen zu machen und das Meinungsbild in den sozialen Netzwerken zu beeinflussen. Beispielsweise verabreden sich Mitglieder des rechtsextremen Netzwerks „Reconquista Germanica“ zu festgelegten Uhrzeiten bestimmte Hashtags auf Twitter zu posten. So werden Themen gesetzt mit der Absicht, politische Diskussionen zu beeinflussen. Das Institute for Strategic Dialogue und die Facebook-Aktionsgruppe #ichbinhier haben unlängst eine Analyse von Hasskommentaren im Netz veröffentlicht. Die Auswertung von insgesamt 1,6 Millionen rechtsextremer Posts zeigt deutlich, dass ein sehr kleiner Anteil hochaktiver Accounts für einen Großteil der Hasskommentare verantwortlich ist. Die Diskussionen in den sozialen Netzwerken stellen also kein tatsächliches Abbild der Gesellschaft dar. Menschenverachtende Einstellungsmuster sind aber kein isoliertes Problem eines kleinen rechten Randes – sie sind auch in der Mitte der Gesellschaft vorhanden, wie die aktuelle Mitte-Studie (Andreas Zick et al.) belegt. Dadurch fallen die Hasskampagnen der rechten Akteure auf einen fruchtbaren Boden.

Workshops Die kompletten Beschreibungen der Module gibt es auf denk-net.info #Wahr oder Fake?

Welchen Netzinhalten können wir Glauben schenken und woran erkennen wir Fake News? Hier erstellen Jugendliche ihre eigenen Fake-News und lernen Quellen zu überprüfen.

#HateSpeech

Hass und Hetze sind im Internet an der Tagesordnung. Welche Gruppen sind besonders davon betroffen, stecken Muster dahinter? Hier lernen Jugendliche verschiedene Ausprägungen von Hate Speech kennen, recherchieren selbstständig im Netz und erproben mögliche Gegenstrategien.

#Phrasen-Trasher

„Wir werden überfremdet!“ und „Die da oben machen eh was sie wollen!“ – sowohl am Stammtisch als auch im Netz wird mit Parolen Stimmung gemacht. Doch wer verbreitet solche Botschaften und warum? Stimmt das, was da behauptet wird? Und was können wir dagegen machen?

#Gerüchteküche

In Zeiten globaler Vernetzung verbreiten sich Inhalte rasant – auch Halbwahrheiten. Wer sie in die Welt gesetzt hat, bleibt häufig verborgen. Wir verfolgen den Weg von Gerüchten in digitalen Kommunikationsräumen und schätzen die damit verbundenen Risiken ein.

#Was heißt hier eigentlich Lügenpresse?

Wie entstehen seriöse Nachrichten? Wie sieht verantwortungsvoller Journalismus aus? Ist der Vorwurf „Lügen­presse“ berechtigt und was verbrigt sich dahinter? Der Workshop kann durch Begegnungen mit der Presse ergänzt werden.

#Social Bots

Social Bots basieren auf Algorithmen und imitieren menschliches Verhalten. Jugendliche lernen etwas über Funktion und Auswirkungen solcher Bots, z.B. im Wahlkampf oder in der Werbung.

#Ist doch klar?!

Volksverhetzung, Beleidigung, Verleumdung – Wo sind die Grenzen der Meinungsfreiheit und wann wird es strafrechtlich relevant? Welche rechten Symbole sind erlaubt und welche verboten? Und was hat sich durch das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz geändert?

#Spürnasen

Rechte Akteure nutzen gezielt digitale Medien, um Jgendliche zu begeistern. Wir lernen rechte Symbolwelten kennen und begeben uns in sozialen Netzwerken auf die Suche, um die Strategien verschiedener Akteure zu entlarven.

#Hey ich schwöre, das stand so im Netz!

In unserer komplexen Welt liefern Verschwörungsideologien scheinbar einfache Erklärungen: Die Welt wird eingeteilt in Gut und Böse, die da oben und wir hier unten. Kennt ihr Verschwörungsideologien? Welche Funktionen haben sie? Und was hat das alles mit Antisemitismus zu tun?

#Schwarzer Humor

„Schwarzer Humor“ beruht oft auf Stigmatisierungen und bezieht seinen „Witz“ aus der Abwertung von Menschen(gruppen). Aber wie sind solche Witze für die Betroffenen? Sollte alles, was für Lacher sorgt, bei WhatsApp weitergeleitet werden? Wie verhalte ich mich, wenn in einer Gruppe solche Witze gemacht werden? Gibt es rechtliche Grenzen? Oder vielleicht moralische?


RuF ist somit Anlaufstelle für Fachkräfte aus dem pädagogischen Bereich, die in ihrer Arbeit mit extrem rechter Klientel konfrontiert sind. Gleichzeitig wird durch die Fachstelle Beratung für Angehörige angeboten, deren Familienmitglieder sich in der rechten Szene bewegen. Durch die bundeszentrale Aufgabenstellung erreichen uns Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Fachstelle dient also als erster Anlaufpunkt und vermittelt Ratsuchende an entsprechende Kolleg*innen in ihrer Nähe weiter. In den Jahren 2017 und 2018 wurden folgende Formate durch die Fachstelle angeboten:

Modulare Zusatzqualifizierung „Beratung von Angehörigen“‘ Die Zusatzqualifizierung hat das Ziel, ein bundesweites Beratungsangebot sicherzustellen. In vier 3-tägigen Modulen wurden Fachkräfte für die Beratung von Angehörigen in ihren Regionen weitergebildet. Die Teilnehmenden kamen vor allem aus den Bereichen der Familienhilfe (Jugendämter und Erziehungsberatungsstellen) und den unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Rechtsextremismus-Prävention (Mobile Beratungen, Ausstiegshilfe etc.). Im Mittelpunkt der Qualifizierung steht das Einüben von Beratungssituationen und das systematische Bearbeiten von Fällen. Jedes der vier Module hat dabei einen eigenen inhaltlichen Schwerpunkt und die Beratungsfälle sind entsprechend thematisch angepasst: • • • •

Grundlagen und Entwicklungen des modernen Rechtsextremismus Rechtliche Grundlagen elterlichen Handelns und rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit Rechtsextremismus Zusammenhang von Gender und Rechtsextremismus Mediale Lebenswelten (von Jugendlichen) in der rechten Szene

Netzwerkarbeit und Kooperationen Zwei Mal pro Jahr lädt die Fachstelle Expert*innen aus inszwischen 14 Bundesländern zu 2-tägigen Vernetzungstreffen ins LidiceHaus ein. Im Mittelpunkt dieses bundesweiten Netzwerks steht die konzeptionelle Weiterentwicklung der Angebote. Daneben finden auch kollegiale Fallberatungen und die Planung gemeinsamer Aktivitäten, wie etwa gemeinsame Veröffentlichungen und Planungen von Fachtagungen, statt. Das bundesweite Kompetenznetzwerk im Themenfeld Rechtsextremismus und Familie hat sich das Ziel gesetzt, gemeinsame Qualitätsstandards der Beratung zu entwickeln und als eine Interessensvertretung nach außen zu wirken. Auf Bundesebene ist die Fachstelle in den Arbeitsgemeinschaften Beratung und Qualitätsentwicklung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vertreten. Die Fachstelle ist außerdem in den folgenden Arbeitskreisen und Netzwerken vertreten: AK Gender und Rechtsextremismus, Netzwerk des Landespräventionsrat Niedersachsen und Beratungsnetzwerk Bremen.

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Bundesweite Fachstelle Rechtsextremismus und Familie

Die Fachstelle Rechtsextremismus und Familie (RuF) wird seit Februar 2015 in der Programmsäule C (Förderung der Strukturentwicklung zum bundeszentralen Träger) durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert. Ziel des Programms in dieser Säule ist die Entwicklung einer Infrastruktur durch langjährig erfahrene Akteur*innen: Sie sollen ihre fachliche Expertise und Arbeitsansätze in ihrem Themenfeld weitergeben.


www.rechtsextremismus-und-familie.de

Vorträge, Workshops und Fachtage Die Fachstelle bringt ihre Kompetenzen auch auf externen Veranstaltungen ein: Die inhaltlichen Schwerpunkte unserer Vorträge und Workshops bildeten hier unter anderem die Themen völkische und rechtsextreme Kindererziehung, Frauen und Mädchen in der rechten Szene, Beratung von Angehörigen im Kontext der Mobilen Beratung sowie der Umgang mit rechter Klientel in erzieherischen und pflegenden Berufen. Kooperiert haben wir unter anderem mit dem Bunker Valentin, dem Jugendamt Göttingen, dem Kinderschutzbund NRW, Rote Linie Hessen, AWO Köln, Kinderschutzzentrum Goslar und IBIS Oldenburg. Gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung, dem Projekt ElternStärken, pad gGmbH und Miteinander e.V. organisierte RuF am 21.03.2017 den bundesweiten Fachtag „… das ist deren Privatsache?“ in Berlin. Mehr als 100 pädagogische Fachkräfte wurden hier im Umgang mit extrem rechten Eltern in der Familienberatung qualifiziert und lernten Wege für die Stärkung demokratisch eingestellter Eltern kennen. Daneben wurde auch die Frage diskutiert, welche Kooperationen zwischen Eltern, Schule und Jugendhilfe sinnvoll sind. Eine umfangreiche Dokumentation des Fachtags befindet sich auf der Webseite unserer Fachstelle.

Beratung von Angehörigen Ein weiterer Schwerpunkt der Fachstelle ist die Beratung von Angehörigen, die mit rechtsextremen Einstellungen oder mit dem Engagement von Familienmitgliedern in der Szene konfrontiert sind. Ursprünglich richtete sich unser Angebot an Eltern, deren jugendliche Kinder sich in der rechten Szene bewegen oder zumindest eine Affinität zu menschenfeindlichen Aussagen aufweisen. In jüngster Zeit beobachten wir einen gestiegenen Beratungsbedarf erwachsener Kinder. Im Zuge einer gesellschaftlichen Entwicklung, die in zunehmenden Maß durch rechtsextreme Narrative bestimmt ist, kommt es offensichtlich in vielen Familien zu politischen Konflikten zwischen den Generationen. Die Beratungsformate unterscheiden sich dabei von Fall zu Fall. So reicht einigen Ratsuchenden bereits ein ausführliches Telefonat, während andere Beratungen prozesshaft über einen längeren Zeitraum stattfinden.

Beratung und Fortbildung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe Insgesamt sehen sich immer mehr Fachkräfte in ihrer Praxis mit rassistischen, menschenverachtenden und extrem rechten Einstellungen und Äußerungen konfrontiert. Beispielsweise sind das Mitarbeiter*innen von Kitas, die in ihrem Arbeitsalltag mit Eltern konfontiert sind, die der rechten Szene angehören. Dies spiegelt sich im Verhalten der Kinder wider, womit Erzieher*innen häufig überfordert sind und nicht genau wissen, wie sie damit umgehen können. Um diesem Bedarf Rechnung zu tragen, hat die Fachstelle passgenau zugeschnittenene Fortbildungen und Workshops für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe in verschiedenen Bundesländern konzipiert und angeboten. Die Frage nach dem Umgang mit neonazistisch orientierten Eltern und Familien, sowie Fragen von neonazistischer Erziehung und Kindeswohlgefährdung stand hier im Vordergrund. Unser gesetztes Ziel, dass Akteur*innen aus Regelstrukturen der sozialen Versorgung das Thema Rechtsextremismus und Familie als Querschnittsthema wahr- und ernst nehmen und professionelle Unterstützung im Umgang damit erhalten, ist in ersten Schritten erreicht.

Veröffentlichungen und Interviews Zusätzlich standen die Mitarbeiter*innen der Fachstelle für Anfragen durch die Presse zur Verfügung. So wurden einige Interviews (bspw. Taz, Psychologie heute) zu entsprechenden Themen gegeben und die Bekanntheit konnte so gesteigert werden. Außerdem wurden vereinzelt auch Beiträge in Fachbüchern und Portalen (socialnet) geschrieben.

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soliport

Seit Dezember 2016 gibt es in Bremen — wie mittlerweile in allen Bundesländern — eine Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sowie für deren soziales Umfeld. Das Angebot von soliport richtet sich darüber hinaus auch an Personen, die rechtsmotivierte Vorfälle bezeugen können. Das Beratungs- und Unterstützungsangebot ist beim LidiceHaus angesiedelt und wird durch das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und durch die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport gefördert. Das Demokratiezentrum im Land Bremen begleitet soliport. soliport unterstützt Menschen, die aufgrund von Kriterien wie Aussehen, Herkunft, Sprache, Wohnungslosigkeit, Religion, sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Behinderung, Armut oder emanzipatorische Haltung angefeindet oder angegriffen wurden. Bei soliport erfahrten die Ratsuchenden praktische Solidarität und werden in ihrem Handeln gestärkt. Im Mittelpunkt der Beratungstätigkeit von soliport stehen dabei die Perspektiven und Bedürfnisse der Ratsuchenden. Wir unterstützen bei der Einordnung des jeweiligen Vorfalls, klären über Rechte auf und entwickeln gemeinsam mit den Klient*innen eine individuell passende Lösung. Das Team von soliport unterstützt bei der Suche nach juristischem Beistand, medizinischer Versorgung und ergänzenden Beratungsstellen. Auf Wunsch begleiten wir unsere Klient*innen auch dorthin — ebenso wie zur Polizei, zu Behörden und zu Gericht. Unsere Beratungsstelle informiert nicht nur über rechtliche Optionen, sonder auch über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten (Prozesskosten, Entschädigung) und bietet Vor- und Nachbereitung von Gerichtsverfahren an. Auf Wunsch macht soliport Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu Angriffen. Zu Beginn der Projektlaufzeit ging es zunächst um den Aufbau der Beratungsstelle und eines Netzwerks. Seitdem haben verschiedenste Menschen aller Altersgruppen das Beratungsangebot von soliport genutzt. Inhaltlich ging es um den Umgang unterschiedlicher Erfahrungen: sehr häufig handelte es sich um rassistisch motivierte Beleidigung oder Diskriminierung im Kindergarten, in der Schule, im Einzelhandel, am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit, im Kontext Behörde, im öffentlichen Nahverkehr, beim Fußball sowie auf der Bremer Discomeile. Es haben auch mehrere Menschen die Beratung von soliport in Anspruch genommen, die rassistisch motivierte einfache, gefährliche oder schwere Körperverletzung erlebt haben. Dazu kommt ein Fall rassistisch motivierter Bedrohung mit einem Messer. Des Weiteren haben sich Personen beraten lassen, die von schwulenfeindlicher Bedrohung, Beleidigung oder Körperverletzung betroffen waren. Vereinzelt hat die Beratungsstelle Betroffene unterstützt, die antisemitische Bedrohung und Beleidigung via Social Media oder sexualisierte Übergriffe in Abhängigkeitsverhältnissen erlebt haben. Auch politisch Aktive und Nicht-Rechte, die von Bedrohung und Einschüchterungsversuchen von organisierten Rechten betroffen waren, haben uns aufgesucht. Im Rahmen der Beratungen haben sich längerfristige Bedarfe herauskristallisiert, woraus 2018 drei lokale Interventionen entstanden: Dabei handelte es sich um ein Vernetzungsangebot unter Betroffen in Bremerhaven, ein Empowerment-Angebot für Schwarze und Afrodeutsche Kinder sowie eine Schul-AG. Die lokalen Interventionen wurden gemeinsam mit den Betroffenen konzipiert und dauern aktuell noch an.

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GMF

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Im Schwerpunkt legen wir den Fokus auf eine Anti-Diskriminierungsarbeit aus einer rassismuskritischen Perspektive.

Positive Impulse zur Stärkung der Zivilgesellschaft Unsere erfolgreichen Stand-Up-Seminare wurden auch in den letzten beiden Jahren regelmäßig von unterschiedlichen Gruppen gebucht, vor allem aber von Schulen: Ziel dieses 3-tägigen Angebots ist es, Jugendliche für die aktuelle Bedeutsamkeit des Themenbereichs Diskriminierung und Ausgrenzung zu sensibilisieren. Die Teilnehmenden setzen sich persönlich und politisch mit dem Thema auseinander und entwickeln praktische Handlungsmöglichkeiten und Gegenstrategien auf dem Weg zu einer vorurteilsbewussten und diskriminierungsfreien Gesellschaft. Neue Wege gehen wir mit unserem Konzept der „geschützten Räume“ für das Empowerment von Individuen und Gruppen, die stets Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen machen: So wurde ein Angebot für Schwarze und Afro-Deutsche Kinder ins Leben gerufen. Einmal im Monat kommen die Kinder gemeinsam mit ihren Familien ins LidiceHaus und verbringen dort gemeinsam ihre Zeit. Sie machen Sport, tauschen sich aus und haben gemeinsam Spaß. Hintergrund dieses Angebots ist, dass die Kinder schon früh in ihrem Alltag mit Rassismus konfrontiert werden. Die ausgrenzenden Erfahrungen können das Selbstbewusstsein angreifen und dagegen steuern wir an. Die Kinder sollen bei unserem Angebot Energie tanken und sich stärken, indem sie eine schöne Zeit mit Gleichaltrigen verbringen, die ähnliche Erfahrungen machen wie sie selbst. Zum Zweck der Auseinandersetzung mit eigenen Privilegien haben wir für weiße Menschen zudem „Critical Whiteness“-Seminare angeboten. Seit vielen Jahren bieten wir für Schulen, die zum bundesweiten „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“-Netzwerk gehören, Workshops an. Diese Angebote haben wir im Rahmen unserer Qualitätsentwicklung auf den Prüfstand gestellt. Aufgrund der vollgepackten Lehrpläne und dem daraus resultierenden Zeitmangel wurden die von Schulen angefragten Bildungsangebote zunehmend kürzer: Wir haben jedoch festgestellt, dass ein 3-stündiger bis 1-tägiger Workshop — insbesondere als quasi letzte Aktion vor den Ferien — nicht die idealen Rahmenbedingungen bietet, um den Schüler*innen etwas Konstruktives und Nachhaltiges zu sensiblen Themen wie Diskriminierung oder Rassismus mitzugeben. Gemeinsam mit den Schulen haben wir daher in einem längeren Diskussionsprozess Kriterien für eine sinnvolle Thematisierung von Rassismus und anderen Diskriminierungsformen erarbeitet. Dabei steht im Vordergrund, die Schüler*innen und auch die Schulen möglichst nachhaltig für diese Themen zu sensibilisieren. Unser Konzept sieht seither vor, dass unsere Workshops an den Schulen sowohl vor- und nachbereitet werden. Ebenso gelten für die konkrete Durchführung der Workshops Rahmenbedingungen, die das Lernen, Reflektieren und Sensibilisieren unterstützen.

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Unsere Projekte im Arbeitsbereich Migration und Bildung haben zum Ziel, Jugendlichen mit Fluchterfahrung durch Bildungs-, Begegnungs- und Qualifizierungsangebote zu bestärken und ihre soziale und politische Teilhabe und ihre Mitgestaltung unserer Gesellschaft zu fördern.

Involve 2017 Das Projekt Involve! hatte zum Ziel, Jugendliche mit Fluchterfahrung ein halbes Jahr lang auf ihrem Weg in ehrenamtliche Tätigkeiten in Bremen zu unterstützen, ihre Sichtbarkeit zu stärken und ihnen Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung ihres Engagement anzubieten.

Auf dem „Markt der Möglichkeiten“ haben diese Projekte Perspektiven für ehrenamtliches Engagment in Bremen vorgestellt : SV Werder Bremen Amnesty International Jugend-Musikfestival „Horn to be Wild” WUPP Waller Umweltpädagogisch es Projekt Think Big Ideenförderung Denkort Bunker Valentin Jugendliche ohne Grenzen SOS Kinderdorf Bremer Jugendring Die Johanniter

16 Jugendliche konnten im Projekt „Involve!“… • • • • •

ein Verständnis über „Ehrenamt“ entwickeln und Rahmenbedingungen für entsprechendes Engagement in Deutschland kennenlernen ihre eigenen Wünsche und Erwartungen für ein freiwilliges Engagement erkunden sich mit konkreten zivilgesellschaftlichen Akteuren in Bremen vernetzen und sich in einem selbstgewählten Ehrenamt ausprobieren drei Monate Beratung und Begleitung durch das LidiceHaus-Team nutzen sich anschließend in einer JuLeiCa-Ausbildung zu Jugendleiter*innen qualifizieren

Your VoiceLand: Internationale Jugendbegegnung vor Ort Fünf Jugendbegegnungen brachten in 2017/2018 etwa 90 junge Alt- und Neu-Bremer*innen in 3-5-tägigem Austausch zusammen

Programmhighlights: e Kanu-Tag auf der Wümm olf nig Schwarzlicht-Mi us Ausspann Kreativtag im Künstlerha der Gruppe Spiele in allen Sprachen ane-Workshop DJ* im Eigene Beats mixen in Lieblingsessen!“ „De tion hak Koc Gemeinsame IPads und Textilmalerei GreenScreen-Design mit ti, ffi lgra nci Ste mit innen m Kreativrau durch die Teilnehmer* organisierten Gestaltung bst sel zur es pac enS Op mit Stockbrot Disco-Abend, Lagerfeuer

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#F4UR-Video

#Fight4UrRights 4 Module von September-Dezember 2018

n 13-27 nnen im Alter vo *i er m eh iln Te g 14 it Fluchterfahrun – mehrheitlich m

lschaft fordern einer solidarischen Gesel Ein zum t en rm we po Em es sch Politi nschenrechte aller! und der Verwirklichung der Me Das haben wir gemacht: Auseinandersetzung mit Grund- und Menschenrechten, Rassismus und Ungleichheit sowie Solidarität Berlin-Exkursion: Begegnung mit politischen Aktivist*innen in ihren Projekten Kennenlernen verschiedener Aktionsformen (Aktionskunst, kritischer Stadtrundgang, Aufmerksamkeitskampagne und mehr) Kreative Auseinandersetzung mit eigenen Herzensthemen

#F4UR wurde gefördert im Programm Empowered by Democracy und ausgezeichnet mit dem Medienkompetenzpreis der Bremischen Landesmedienanstalt „Das Ruder“

JuLeiCa International Die JuLeiCa-Ausbildung qualifiziert junge Menschen, die sich ehrenamtlich in der Jugendarbeit engagieren möchten. Die standardisierte Ausbildung ist bundesweit anerkannt, im LidiceHaus beinhaltet sie zusätzlich den Baustein „Wertschätzender Umgang mit Vielfalt und Mehrsprachigkeit in Jugendgruppen“ 2017/2018 haben sich bei uns 30 Jugendliche zu Jugendleiter*innen qualifiziert, davon ein Drittel Jugendliche mit Fluchterfahrung.


Arbeitsfeld Antisemitismus: Aufklärung und Prävention

Antisemitismus ist sichtbarer geworden Jüdische Schüler*innen sollen sich im Klassenraum für die Politik Israels rechtfertigen oder ihnen wird vorgeworfen, dass „sie – die Juden – Mörder sind, weil sie Jesus umgebracht haben“. Aus Angst vor Anfeindungen, Mobbing und körperlichen Übergriffen geben sich jüdische Kinder und Jugendliche nicht als solche zu erkennen. In der Schule, im Freizi oder in Sozialen Medien sind Jugendliche auf vielfältige Art mit antisemitischen Äußerungen konfrontiert – bei Weitem nicht nur von rechts. Das Wort „Jude“ gilt auf dem Schulhof als grundsätzlich negativ konnotierter Begriff. Diese exemplarisch aufgeführten Schilderungen belegen eine gefährliche Tendenz, die nicht nur jugendliche Lebenswelten betrifft, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt: Antisemitismus wird zunehmend offener kommuniziert und seltener geächtet. Die Vorfälle erreichen eine neue Qualität, sowohl Schüler*innen als auch Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter*innen berichten von einer Häufung entsprechender Ereignisse. Während Antisemitismus auf dem besten Weg ist, wieder gesellschaftsfähig zu werden, nimmt die Unsicherheit bei Jugendlichen und Pädagog*innen zu. Denn: Nicht immer ist Antisemitismus auf den ersten Blick erkennbar, sondern wird kodiert oder über Umwege kommuniziert – etwa in Form einer Kritik am Staat Israel, dies reicht von einseitigen Schuldzuweisungen bis hin zur Dämonisierung. In Zusammenhang mit dem „Nahost-Konflikt“ kommt es auf Schulhöfen zu Aussagen wie „Was die Nazis früher mit den Juden gemacht haben, machen die Israelis heute mit den Palästinensern“ oder „Gaza ist das neue Auschwitz“.

berichtet, muslimische Schüler*innen werden oft schnell als Schuldige identifiziert. Antisemitismus lässt sich jedoch nicht auf muslimische Jugendliche reduzieren. Zu selten wird beleuchtet, dass er in diversen, ausdifferenzierten Formen sowie aus verschiedensten Motivlagen heraus auftreten kann. Um der Unsicherheit beim Einordnen und Erkennen von Antisemitismus entgegenzuwirken, ist es wichtig, Schüler*innen und Lehrkräfte zu diesem Thema aufzuklären und zu sensibilisieren. Die Anfragen nach Fortbildungsmöglichkeiten zu diesem Thema sind erheblich gestiegen. Das LidiceHaus engagiert sich seit seiner Gründung zu diesem Thema und hat viele internationale Fortbildungen und Jugendbegegnungen in diesem Kontext durchgeführt. 2018 haben wir ein Fortbildungskonzept für Lehrkräfte konzipiert und mit der Verwaltungsschule Bremen erstmals durchgeführt. Neben Fachwissen benötigen Pädagog*innen auch methodische Zugänge, um mit ihren Klassen zum Thema arbeiten zu können. Im Fokus unserer Fortbildung stehen folgende Fragen: • • • •

Auch antisemitische Verschwörungsmythen spielen eine Rolle. Diverse Formen kursieren nicht nur im Internet, sondern finden auch den Weg ins Klassenzimmer. Hier werden z.B. der Staat Israel oder „die Zionisten“ – ergo Jüd*innen – als konspirativ wirkende, mächtige Akteure und somit als Feindbild konstruiert. Das Thema Antisemitismus wird in Schulen meist lediglich im Kontext des Nationalsozialismus behandelt, also auf den Zeitraum 1933 bis 1945 reduziert. Die historische Entwicklung des Antisemitismus von der Antike über das Mittelalter hin zur Moderne wird in der Regel ausgespart. Ebenso findet die Zeit nach 1945 keinen Platz im Lehrplan – ganz so, als sei der Antisemitismus mit dem Holocaust verschwunden. Ein solches didaktisches Konzept verfehlt eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Thema. Diese stark eingeschränkte Sichtweise macht das Erkennen und Einordnen eines aktuellen Antisemitismus schwierig bis unmöglich. Aktuell ist die Tendenz festzustellen, dass das Phänomen Antisemitismus externalisiert wird: In den häufig rassistisch aufgeladenen Diskussionen wird von einem „importierten Antisemitismus“

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Was ist Antisemitismus? Wie erkenne ich ihn? Und welche Motivation steht dahinter? Wie hat sich Antisemitismus historisch entwickelt und verändert? Welche Erscheinungsformen sind heute relevant? Wie ist er gesellschaftlich verankert, wo und wann tritt er zutage? Welche Handlungsstrategien im Umgang mit antisemitischen Vorfällen – privat, in der Schule oder im Berufsalltag – sind wirksam und empfehlenswert? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Antisemitismus, Israel und dem Nahost-Konflikt?

Unsere Fortbildung fördert eine kritische Haltung zum Thema, die Teilnehmer*innen erarbeiten sich Sicherheit im Umgang mit Antisemitismus. Die 2-tägigen Seminare werden wir auch künftig in Kooperation mit dem Landesinstitut für Schule (LIS) für Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter*innen anbieten. Im April 2018 haben wir unsere pädagogischen Ansätze zum Thema Antisemitismus auf einer großen Fachtagung im Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“ in Berlin vorgestellt und mit Fachkräften diskutiert. (Fachtag „In zweieinhalb Stunden gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und… – Die Bearbeitung Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit an Gedenkstätten für NS-Opfer“ am 11.04.2018. Veranstalter: Stiftung Topographie des Terrors, Anne Frank Zentrum, Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz).


Blog zur Israel-Fahrt: vakantio.de/israel2018

Jugendbegegnungen in Israel Unsere Bildungsarbeit mit Jugendlichen umfasst nicht nur Seminare zum Thema Antisemitismus – wir haben auch Jugendbegegnungen mit bremischen und israelischen Jugendlichen in Israel durchgeführt. Die letzte Fahrt nach Israel fand im Jahr 2018 statt. Die Jugendlichen haben ihre Erfahrungen in einem Blog dokumentiert, hier ein Auszug daraus: „Angefangen haben wir mit einem Seminar zum Thema Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit generell. Aus diesem Seminar enstand die Idee, sich näher mit Antisemitismus speziell zu befassen. Mithilfe der Bildungsreferent*innen aus dem Lidice Haus fanden so zunächst Vertiefungsseminare zum Thema Antisemitismus statt, dann gab es noch Seminare zum Thema Israelbezogener Antisemitismus. Uns als Jugendlichen wurde bewusst, dass uns Antisemitismus andauernd in modifizierten Formen im Alltagsleben über den Weg läuft. In den Seminaren lernten wir, wie man ihn erkennt und begegnen kann. Schnell enstand auch die Idee, das Land über das wir so viel gelernt hatten, tatsächlich zu besuchen. (...) Die erst noch grobe Planung verwandelte sich langsam in einen festen ausgereiften Plan. (...) Ziel unserer Reise war es, uns ein eigenes Bild über Israel zu machen. Wir wollten mit Menschen sprechen die dort leben, verschiedene Sichtweisen anhören, unser Wissen zum Thema Antisemitismus und der Shoa vertiefen und eventuelle Vorurteile abbauen. Als Austauschpartner standen uns die Fans von dem selbstgegründeten Fußballverein Hapoel Katamon Jerusalem zur Seite. Mit ihnen gab es viele interessante Gespräche, die uns noch lange im Gedächtnis bleiben werden.“

„Sehr beeindruckt haben mich die Gespräche mit in Israel lebenden Menschen und die Art und Weise wie sie mit der dauerhaft angespannten politischen Situation umgehen und leben.“ „Am meisten schockiert bzw. die stärksten Gefühle ausgelöst hat bei mir der Besuch in Yad Vashem und die Brutalität, das eiskalt Berechnende und Menschenverachtende im Holocaust. Es wird nie in Worte zu fassen sein, was damals passiert ist.“

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Erinnerungskultur & Teilhabe Der Schwerpunkt „Erinnerungskultur und Teilhabe“ wird gefördert über das Programm „Politische Jugendbildung im AdB (Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten)“. Während der bis 2022 andauernden Projektlaufzeit sind regelmäßige Treffen aller vom AdB geförderten Jugendbildungsreferent*innen vorgesehen, die dem Erfahrungsaustausch, der Fortbildung und der Planung gemeinsamer Projekte dienen. Die längerfristige Ausrichtung des Programms ermöglicht ein fundiertes Arbeiten und sorgt für eine hohe Qualität. Die bundesweite Vernetzung mit über 20 politischen Bildner*innen ermöglicht wertvolle Kooperationen: Unsere Gedenkstättenfahrt nach Tschechien und auch das Projekt „Ein Denkmal für Lidice“ haben wir z.B. gemeinsam mit dem Waldritter e.V. durchgeführt. Die breite Themenfächerung des Schwerpunkts bietet viele Möglichkeiten, sich an aktuellen Fragestellungen und Wünschen der jungen Teilnehmer*innen zu orientieren. Uns ist wichtig, eine inklusive Erinnerungskultur zu fördern: wir geben marginalisierten Perspektiven und Themen einen Raum und ermutigen junge Menschen, Erinnerungskultur aktiv mitzugestalten. Zu den Themen gehören: • • • •

der kritische Umgang mit Bremens kolonialistischer Vergangenheit und Gegenwart die Konstruktion von „Ausländer*innen“ und „Flüchtlingen“ seit der Weimarer Republik bis heute die Förderung eines kritischen Geschichtsbewusstseins von Jugendlichen, indem aktuelle Themen in einen historischen Kontext gestellt werden Nationalstaatendiskurs und Rechtsruck aus einer europäischen Sicht

Projektbeispiel:

Aufarbeitung kolonialer Straßennamen in Bremen

Die Geschichte des Völkermordes an den Herero und Nama in Namibia, der 1904 vom deutschen Militär verübt wurde, veranlasste die Bremer Bürgerschaft im Februar 2016 den Antrag „Bremisches Erinnerungskonzept Kolonialismus“ der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD zu beschließen. Darin heißt es unter anderem: „Von dieser kolonialen Vergangenheit künden noch heute eine Reihe von Straßennamen mit kolonialem Hintergrund in Bremen, z.B. Lüderitzstraße, Vogelsangstraße oder Togostraße. […] Die Stadtbürgerschaft bittet den Senat, Straßennamen mit kolonialem Hintergrund zu ermitteln und mit Legenden zu versehen.“ Im Rahmen dieser bremenweiten Diskussion haben wir junge Menschen dazu eingeladen, sich mit der kolonialistischen Vergangenheit Bremens auseinanderzusetzen und sich Gedanken über ein Erinnerungskonzept für die Lüderitzstraße in Schwachhausen zu machen. Die Vorschläge sollen dann gemeinsam mit städtischen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen diskutiert und praktisch in der Stadt umgesetzt werden. Im Jahr 2018 fanden mehrere Seminare zur deutschen Kolonialgeschichte und ihren Folgen statt. Die Teilnehmer*innen erarbeiteten sich den geschichtlichen Kontext der Lüderitzstraße: Wer war Adolf Lüderitz? Was sind wichtige Eckdaten der europäischen und im speziellen der deutschen Kolonialgeschichte? Welche geteilte Geschichte haben Deutschland und Namibia? Was ist 1904 genau passiert? Daran schlossen Diskussionen um koloniale Kontinuitäten in unserer Sprache und die heutige rassistische Gesellschaftsstruktur an. Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit dem momentanen Erinnerungskonzept der Stadt Bremen sowie weiteren Formen der Erinnerung, fällte die Seminargruppe eine Entscheidung: Die Jugendlichen wollen sich für die Umbenennung der Lüderitzstraße einsetzen. Vorschläge für einen neuen Namen sollen in einem Follow-Up-Seminar im Frühjahr 2019 erarbeitet werden.

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European Youth Work in the light of (Post-)Colonial Narratives Das Projekt „European Youth Work in the light of (Post-)Colonial Narratives“ brachte im September 2018 eine Gruppe internationaler Fachkräfte der Jugendbildungsarbeit im LidiceHaus zusammen. Das einwöchige Seminar stand im Zeichen der Lernerfahrung, des Austausches und der Vernetzung. Kolonialismus ist Teil der Bremer, der deutschen und der europäischen Geschichte und Gegenwart. Das gesellschaftliche Narrativ erzählt eine einseitige Geschichte des kolonialen „Erbes“. Kolonialismus wird meist als geschichtliches Ereignis dargestellt, das Fortschritt und Entdeckung in die Welt gebracht hat. In der Jugendbildungsarbeit und auch in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit oder im globalen Lernen wird dieses Thema nur wenig bearbeitet. Das Ziel des geplanten Projekts war deshalb, das Thema (post-)koloniale Narrative in der Jugendbildungsarbeit zu hinterfragen und (neu) zu diskutieren. Im Mittelpunkt stand die Beleuchtung von „anderen Geschichten“, also Geschichten, die in dem gesellschaftlich verbreiteten Sprechen über Kolonialismus nicht zu Wort kommen. Diese Geschichten gehen von einer kritischen Reflexion von Kolonialismus und dessen Auswirkungen auf die europäische Gesellschaft und auf die kolonisierten Gebiete und Staaten aus. Außerdem geht es in ihnen um die Einflüsse des Kolonialismus auf drängende Fragen von heute, wie entwicklungspolitische Zusammenarbeit und deren globale Machtstrukturen in Handel, Migration und Wohlstandsverteilung. Alle 20 Beteiligten waren von dem Projekt so begeistert, dass sie die Vernetzung und gemeinsame Arbeit fortführen möchten. Inzwischen konnten wir weitere Partnerorganisation aus Großbritannien sowie aus Portugal gewinnen und voraussichtlich wird 2019 ein Folgeseminar in den Niederlanden stattfinden.

Partnerorganisationen Mojo de Caña (Las Palmas de Gran Canaria) Esplais Catalans (Barcelona) Une Terre Culturelle (Marseille) Kosmopolis Utrecht (Utrecht)

“Before I often felt helpless and too small to do anything, I know now how I can start and where to look for traces and find counter narratives. And how to be more competent when I talk to people.”

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Film

Bridges for Youth

Overcoming Borders

Ein Bremer Traditionsprojekt feiert 25-jähriges Bestehen

Hinter den Kulissen arbeitet ein großes Team aus Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften mehrere Jahre lang auf Hochtouren, um das Begegnungsprojekt zu ermöglichen. Kennzeichnend für Bridges for Youth ist der Austausch auf Augenhöhe, frei von Wettkampf sowie der hohe Grad an Mitgestaltung durch die Jugendlichen und die internationalen Partnergruppen. Vom 27. Juni bis zum 8. Juli 2018 empfingen die Bremer Circusschulen JOKES, Tohuwabohu, Fiffix und Bambini Partnergruppen aus Belgien, Spanien, Palästina und Finnland. Koordiniert wurde das Begegnungsprojekt, das diesmal unter dem Motto „Overcoming Borders“ stand, durch das ServiceBureau Jugendinformation.

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Was ich mitnehme...

„dass es egal ist, wie du von außen aussiehst (...) Ich nehme mit, dass ich mich nicht schminken muss um anderen zu gefallen.“ Zitate aus der Gruppe

1993 war Bremen Gastgeber des ersten Internationalen Jugendcircusfestivals, welches seither zu einer Tradition des internationalen Jugendaustausches zwischen Bremen und der Welt gewachsen ist. Alle drei Jahre kommen im LidiceHaus bis zu 100 junge Menschen zusammen, um sich mittels der „Sprache des Circus“ kennenzulernen und gemeinsam zwei aufregende, quirlig-kreative und stets vielsprachige Wochen zu gestalten.

Was ich zurücklassen möchte...

„being scared of being myself or doing the things I love.“ What I want to tell the world...

„circus ist für jeden was es kommt nicht darauf woher man kommt.“ Welche Grenzen habe ich überwunden?

„Fears that no one likes me, how i am.“

Aus der Gruppe geflüchteter Jugendlicher aus Bremen...

„I see this overcoming borders as a very important project because it bring all the young people all over the world as one and learn new skills from one another so we see that is very important to be as one.“ „Trotz unterschiedlicher Sprachen haben wir uns immer sehr gut verständigen können. Und innerhalb 2 Wochen viele Menschen kennenlernen zu können, war für mich die beste Zeit in meinem Leben. :)“


Links im Bild, das ist übrigens Thabo Ngoxo. Thabo hat als Weltwärts-Freiwilliger ein Jahr lang unser Team in vielen Arbeitsbereichen unterstützt und auch eigene pädagogische Angebote entwickelt. Weltwärts ist ein entwicklungspolitischer Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das Programm gibt es auch in die andere Richtung, d.h. junge Menschen können im Rahmen eines geförderten Freiwilligendienstesvon Deutschland aus in ein Land des Globalen Südens gehen und dort in einem gemeinnützigen Projekt mitarbeiten. Zu diesem Programm und vielen weiteren beraten wir junge Menschen im Rahmen unserer Tätigkeit als kostenlose und neutrale Beratungsstelle zum Thema Auslandsaufenthalte. In dieser Funktion sind wir Teil des europäischen Jugendinformations-Netzwerks Eurodesk.

Projektbegleitung

Bremer Kinder- und Jugendreisen reau ceBuormation ServiJugendinf

Eine Kernaufgabe des ServiceBureau Jugendinformation ist die Beratung und Unterstützung bei allen Fragen rund um die Internationale Jugendarbeit. Von der Programmkonzeption, Suche nach Partnern und Finanzierungsmöglichkeiten über Projektbegleitung bis hin zu Auswertung und Abschlussbericht stehen wir zur Seite. In den Jahren 2017 und 2018 haben wir unter anderem Maßnahmen folgender Träger begleitet: Hans-Wendt-Stiftung, NaturKultur e.V., Mobile Betreuung (MoB), Gewitterziegen e.V., Partner über Grenzen e.V., Stadtteilmanagement Neustadt und Arbeit und Leben Bremerhaven.

Neben der Projektbegleitung liegt der Arbeitsschwerpunkt vor allem in der Vernetzung von Bremer und Bremerhavener Akteuren, die in der Internationalen Jugendarbeit aktiv sind oder aktiv werden wollen. Hier werden Informationsveranstaltungen wie der Fachtag „Unterwegs mit Jugendgruppen“ in Kooperation mit transfer e.V. (November 2017) und der Workshop „Internationale Jugendarbeit für Einsteiger*innen“ in Kooperation mit IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. (Mai 2018) angeboten.

Foto: Bürgerzentrum Neue Vahr

bei Jugend- und Fachkräftebegegnungen Schöne Ferien

2017

QUALITÄTSSIEGEL für Kinder- und Jugendreisen

IM LAND BREMEN

Im Bremer Kinder- und Jugendreisenkatalog veröffentlichen wir jedes Jahr die Ferienangebote gemeinnütziger Träger aus Bremen. Wir sind außerdem Ansprechpartner für die Daniel-Schnakenberg-Stiftung, die Zuschüsse zu Erholungsmaßnahmen für Familien mit einem geringen Einkommen vergibt.

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Smarte Geräte – smarte Regeln Smartphone-Projekt an der Oberschule Findorff Mit dem Smartphone haben wir das Internet in der Tasche, wir sind permanent online. Gerade an Schulen sorgt das immer wieder für Unmut – auf den ersten Blick ist ein komplettes Verbot dieser Geräte die einfachste Lösung. Die Oberschule Findorff wollte 2017 einen anderen Weg gehen und hat gemeinsam mit Schüler*innen, Eltern und den Lehrkräften partitipativ Regeln für die private Smartphone-Nutzung in den Pausen entwickelt. Das Projekt wurde konzipiert und medienpädagogisch begleitet vom ServiceBureau. Weitere Partner waren das LidiceHaus, die Bremische Landesmedienanstalt sowie das Freizi Findorff. Im Februar 2017 fanden in 33 Klassen der Jahrgänge 5-10 Workshops statt: Aus den Diskussionen in den jeweiligen Klassen gingen jeweils eigene Regelwerke hervor. Im nächsten Schritt trafen sich zwei ausgewählte Vertreter pro Klassen zu einer Delegiertenkonferenz im Jugendzentrum Findorff: Hier haben die insgesamt 66 Delegierten aus den einzelnen Regelwerken einen gemeinsamen Vorschlag für die Schulkonferenz erarbeitet, wo das Regelwerk später beschlossen wurde. Interessant an diesem sehr verkürzt dargestellten Prozess war, dass die Schülerinnen und Schüler sehr bewusst und kritisch die Vor- und Nachteile der privaten Smartphone-Nutzung in der Schule diskutiert haben. Besonders die jüngeren Jahrgänge waren unsicher, ob sie die Geräte überhaupt in der Schule benutzen wollen. Sie fürchteten das Auftreten von Cyber-Mobbing sowie die Verletzung des Rechts am eigenen Bild. Auch die Vorstellung, dass die Freunde künftig das Smartphone der gemeinsamen Zeit in den Pausen vorziehen, sorgte für Bedenken. Und so kam es, dass für die beiden Standorte der Schule unterschiedliche Regeln beschlossen wurden: Der Standort, an dem die Jahrgänge 5 und 6 untergebracht sind, verzichtete komplett auf eine Smartphone-Nutzung während der Schulzeit. Der Standort mit den älteren Jahrgängen entschied sich unter anderem für eine räumlich begrenzte Smartphone-Ecke auf dem Schulhof. Zudem wurden eine Reihe an konkreten Verhaltensregeln erstellt, z.B. in Bezug auf Foto- und Videoaufnahmen. Zwischenzeitlich wurden die Regeln auf Initiative der Schüler*innen wieder außer Kraft gesetzt. Grund dafür: Die höheren Jahrgänge hatten den Eindruck, dass ihre Schulkamerad*innen der Jahrgänge 7 und 8 nun nur noch auf ihre Smartphones gucken :) Trotzdem sich also im Ergebnis quasi nichts verändert hat (die private Smartphone-Nutzung während der Schulzeit ist verboten), beurteilen wir dieses Projekt sehr positiv. Denn: Die gesamte Schüler*innenschaft hat sich kritisch mit der eigenen Mediennutzung auseinander gesetzt und kann dadurch diesbezüglich viel bewusster agieren. Und nicht zuletzt: Die Akzeptanz selbst auferlegte Regeln ist natürlich viel höher als von Erwachsenen diktierte Vorschriften.

Das Projekt wurde mit dem Dieter Baacke Preis 2017 ausgezeichnet.

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#NichtEgal Eine Initiative mit YouTube für Tolerenz und Respekt Unser Engagement in Zahlen

Wir haben Mentor*innen für die eigenständige Durchführung von Peer-to-Peer-Workshops geschult.

26 Workshoptage 13 Aktionstage 13 Mentor*innen-Trainings 300 ausgebildete Mentor*innen 1900 erreichte Schüler*innen 385 Videostatements 10 Städte in 5 Bundesländern 7500 gereiste Kilometer 6 eingebundene Youtuber*innen

Im Rahmen der Initiative #NichtEgal haben wir uns 2017/18 für ein gutes Miteinander auf YouTube und anderen sozialen Plattformen eingesetzt.

tschera Nina „Diese Nina“ Ku Ella TheBee maximnoise rz Niklas „NiksDa“ Kolo Datteltäter Yvonne Pferrer

Seit 2007 arbeitet in Bremen ein interdisziplinärer Arbeitskreis zu exzessiver Mediennutzung und angrenzenden Themen unter der Federführung des ServiceBureaus. Seither findet jährlich im September ein großer Fachtag zum Thema statt. In Kooperation mit dem Netzwerk Selbsthilfe Bremen-Nordniedersachsen e.V. und der Techniker Krankenkasse Bremen starteten wir im Herbst 2017 die Selbsthilfegruppe „Mediensucht“: Damit haben wir einen Raum für Eltern geschaffen, sich über die exzessive Mediennutzung ihrer Kinder auszutauschen und sich in diesbezüglichen Erziehungsfragen Rat zu holen. Flankiert wurde das Angebot durch die Initiierung der Plattform mediensucht-bremen.de, auf der wir eine wöchentliche Onlineberatung angeboten haben. Dort steht auch die von uns 2018 entwickelte Broschüre Mediensucht zum Download bereit.

Die Workshops finden an sog. Aktionstagen an Schulen in ganz Deutschland statt und haben zum Ziel, einen respektvollen Umgang und eine positive Kommunikationskultur im Netz zu fördern. Neben der medienpädagogischen Qualifizierung der Peers war auch die Moderation der Aktionstage unsere Aufgabe.

Koop- Partner: YouTube medienblau Digitale Helden FSM e.V. und viele andere


10 Jahre

Expert*innenkonferenz

Unser flexibles Workshop-Konzept bleibt erfolgreich

Ende 2007, kurz vor den Weihnachtsferien, fand die erste Expert*innenkonferenz statt: 25 Schüler*innen versammelt sich zu unserem Workshop, um sich mit dem Thema Mediennutzung auseinanderzusetzen. Treffpunkt war ein Webpoint, damals ein Ort an ausgewählten Bremer Schulen, an dem ca. 15 internetfähige PCs standen. Nachmittags war dieser Raum öffentlich, so dass Bürger*innen kostenlos ins WorldWideWeb gehen konnten. Ein Angebot, das der digitalen Spaltung der Gesellschaft präventiv begegnen sollte. Zur zeitlichen Einordnung: SchülerVZ war gerade ein halbes Jahr alt, YouTube gab es seit zweieinhalb Jahren, die Onlinekommunikation lief über ICQ und MSN. Die Idee der Expert*innenkonferenz war und ist, dass die Schüler*innen zu Expert*innen für das eigene Medienhandeln erklärt werden. Im Rahmen unserer Workshops arbeiten sie selbstständig zu einem „Medienthema“ ihrer Wahl und deren kompetenter Nutzung: Sie recherchieren mit digitalen Endgeräten, diskutieren in ihrer Kleingruppe, visualisieren ihre Ergebnisse und stellen diese ihrer Klasse vor. Bis heute hat sich der Ablauf nur minimal verändert. Aktuell kommen zunehmend die persönlichen Smartphones im Rahmen der Recherche zum Einsatz; statt der klassischen Plakatvisualisierung werden hin und wieder Präsentationen oder kleine Filme produziert. Die präsentierten Anwendungen und Themen variieren von Workshop zu Workshop, am beliebtesten sind derzeit Instagram, YouTube, WhatsApp, Games, Snapchat und TikTok.

In jeder Arbeitsgruppe werden auch Konfliktpunkte der Mediennutzung (Cybermobbing, Zeitmanagement, Selbstregulierung, Privatsphäre, Daten-, Jugend- und Kostenschutz) altersgerecht und niedrigschwellig thematisiert. Die Expert*innenkonferenz verzichtet auf den erhobenen Zeigefinger oder auf Antworten zur „richtigen“ Mediennutzung in Schule, Familie und Freizeit, sondern öffnet Räume des Lernens und der Auseinandersetzung. Grundlegend ist unsere akzeptierende Haltung, Kinder und Jugendliche als Mediennutzer*innen ernst zu nehmen und sie in ihrer Eigenverantwortung und Handlungskompetenz zu stärken. Ziel ist es, einen Anstoß zur Reflexion der eigenen Mediennutzung zu geben bzw. das Bewusstsein dafür zu schärfen, in welcher Form Dinge ins Internet gestellt werden sollten. Jedes Jahr führen wir bis zu 40 Expert*innenkonferenzen durch und können auf hunderte dieser Workshops mit tausenden Schüler*innen zurück blicken. Parallel führten wir viele Gespräche mit Lehrkräften und diskutierten die Rolle von Schule bezüglich jugendlicher Mediennutzung. Die Lehrkräfte nehmen selbst an den Projekttagen teil und erleben ihre Klassen sehr engagiert und motiviert. Ähnlich geht es den Schüler*innen, die sich selbst als aktiv und kompetent wahrnehmen.

E-LEARNING

LERNEN UNABHÄNGIG VON ZEIT UND ORT

Medienpädagogische Fortbildungen für Multiplikator*innen bietet das ServiceBureau neben Face-to-Face-Formaten (Seminare, Workshops, Vorträge) auch online an: Seit 2007 betreiben wir unter moodle.jugendinfo.de eine eigene E-Learning-Plattform. In den Jahren 2017/2018 wurden insgesamt 4 jeweils 5-wöchige Online-Kurse durchgeführt: In Kooperation mit Klicksafe haben wir zum ersten mal einen Kurs bundesweit ausgeschrieben. Während wir unsere Fortbildungen bis dahin als Blended-Learning-Kurse durchgeführt haben, mussten wir durch die räumliche Entfernung der insgesamt 30 Teilnehmer*innen nun auf die begleitenden Präsenzveranstaltungen verzichten: In der Vergangenheit wurden unsere Kurse durch ein Auftakttreffen der Gruppe eingeleitet, um die Kommunikation im anonymen Kursraum zu erleichtern. Zudem haben wir immer auch ein Abschlusstreffen zur Reflektion durchgeführt oder auch einen medienpraktischen Fachtag, um das theoretisch gelernte in die Praxis zu überführen. Trotz dieser Einschränkung waren wir mit dem Verlauf sehr zufrieden. Weitere 3 Kurse haben wir in Kooperation mit Nummer gegen Kummer e.V. durchgeführt: Hier wurden die ehrenamtlichen Berater*innen des bundesweiten Kinder- und Jugendtelefons sowie des Elterntelefons geschult.


Die Gesamtzahl der

Übernachtungen

im LidiceHaus lag 2017/2018 bei

27.106

Unsere Gäste bleiben im Schnitt

etwas länger als 3 Tage. Die meisten Gruppen sind nicht zum ersten mal da, das heißt für uns:

Sie haben sich offenbar

wohlgefühlt.


2017/2018

34.615 42.618 26.150

Gäste haben bei uns gefrühstückt

genossen ein Mittagessen

aßen Abendbrot

„Die Basis unserer Küche und des Angebotes ist das tolle Team und die Verlässlichkeit“, sagt der Küchenleiter Harald Schu. Die Verpflegungszahlen sind in den letzten Jahren gestiegen. Um dem Bedarf gerecht zu werden, standen 2018 bauliche Veränderungen in der Küche an: So wurde die Vorbereitungsküche erweitert und ein neues Trockenlager geschaffen. Ein kontinuierlich zunehmendes Thema in der Küche sind Lebensmittelunverträglichkeiten und die Zubereitung von Mahlzeiten, die auf individuelle Wünsche der Gäste eingehen. Unser Team nimmt diese Herausforderung gerne an und engagiert sich mit voller Kraft für das Wohl unser Gäste. Rückmeldungen von unseren Gästen und der Belegschaft zeigen, dass diese Aufgaben mit Bravour gemeistert werden.


Noch ein paar Neuigkeiten aus dem Haus Hauswirtschaft und Hausmeisterei haben gemeinsam grundlegende Projekte im Haus verwirklicht: Grundreinigung der Böden, Verschönerung von Zimmern und Verbesserung der Bedingungen in Seminarräumen. Gemeinsam mit der Verwaltung wurden Buchungsverfahren und die Gästebetreuung optimiert, um die Gästezufriedenheit und eine hohe Auslastung zu gewährleisten. Das Hauswirtschafts-Team hat ein Konzept für Reinigungsabläufe und -mittel entwickelt. Grundlage dafür war die Fortbildung „schön & sauber“.

Danke für Euer Engagement Unser Team verlassen haben:

Herzlichen Glückwunsch, liebe Steffi

Johannes Dohle, Doris Elmas, Nimet Günaydin, Elke Knapp, Thabo Ngoxo, Lina Thee, Justus Theis, Anette Klasing

Nach erfolgreicher Abschlussprüfung zur Hauswirtschafterin, haben wir 2018 unsere Auszubildende Stefanie Schröter übernommen.

Neu im Team:

Herzlich Willkommen Gök Buket, Stefanie Büsching, Ingrid Freimuth-Neu, Sammy Johnson, Marion Koch, Johanna Runge, Anja Schlender, Reiner Thöle, Thorben Wendorff, Barbara Westhof, Sevinc Yilmaz

2017 ist ein Naturkindergarten auf unser Gelände gezogen. Unsere Küche versorgt die Wildzwerge täglich mit vegetarischem Mittagessen.


LidiceHaus

Geschäftsführerin Anne Dwertmann Tagungshaus-Leitung Frank Hubel Verwaltung Gaby Benckert (SB) Katharina Dreja Martina Hoburg Frank Hubel

Service Tagungshaus Jens Brockmann Gök Buket Ingrid Freimuth-Neu Münevver Güvercin Elena Heckmann Silke Hennings Marion Koch Johannes Kraft Sven Laser Pedro Murr Galina Nagel Angela Özgen Philipp Penner Claudia Rosenberg Frank Salewski Anja Schlender Stefanie Schröter Harald Schu Reiner Thöle Cigdem Yildrim Sevinc Yilmaz Thorben Wendorff In Elternzeit Jennifer Gronau Annika Koehler-Siefken Martina Lenz

ServiceBureau Jugendinformation (SB) Am Deich 62 28199 Bremen (0421) 33 00 89-11 serviceb@jugendinfo.de www.servicebureau.de

Fachstelle Rechtsextremismus und Familie Am Deich 62 28199 Bremen (0421) 33 00 89-13 hempel@lidicehaus.de www.rechtsextremismus-und-familie.de

Soliport Am Deich 60 28199 Bremen (0421) 178 312 12 info@soliport.de www.soliport.de

Über unser Haus und aktuelle Veranstaltungen informieren wir auf unserer Webseite

www.lidicehaus.de

Wir halten Sie auf dem Laufenden

Bildungsreferent*innen Josef Borchardt Anne Dwertmann Yann Fingerhut Markus Gerstmann (SB) Oliver Guth Sabine Heimann (SB) Lisa Hempel Sammy Johnson Anna Müller (SB) Samuel Njiki Njiki Sebastian Reuser (SB) Johanna Runge (SB) Elli Schindler Olan Scott Pinto Barbara Westhof (SB)

Jugendbildungsstätte LidiceHaus gGmbH Weg zum Krähenberg 33a 28201 Bremen (0421) 69 272-0 lidice@lidicehaus.de www.lidicehaus.de

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Auszüge aus der Bilanz 2017 sowie vor Bilanz 2018 der Jugendbildungsstätte LidiceHaus gGmbH

Zuwendungen/Erlöse SfSJFIuS: Betrieb des LidiceHauses SfSJFIuS: Projekt- und Maßnahmemittel (Stadt und Land) SfSJFIuS: Ersatzbeschaffung von Inventar SfSJFIuS: Mietkostenzuschuss SfSJFIuS: Projekt Crossing Borders/Integrationskonzept BMSFSJ „Demokratie leben!“: Fachstelle RuF BMSFSJ „Demokratie leben!“: Fachstelle Opferberatung (soliport) Internationale Maßnahmen Incoming/Outgoing (KJP/Land) Sonstige Zuschüsse (Beiratsmittel), Zusatzqualifizierung Beteiligung Erasmus+/Jugend in Aktion (Int. Jugendcircusfestival) AdB - Bundesmittel Bildungsreferent*innenprogramm Zuschüsse aus Beschäftigungsprogrammen (AFA, EGV, §16a) Außerordentliche und periodenfremde Erträge Umsatzerlöse aus Übernachtung, Verpflegung, Tagesseminaren Spenden

Anlagekonten Investitionen Betriebs-/Geschäftsausstattung einschl. Fuhrpark Immaterielle Vermögensgegenstände (Lizenzen gewerbl. Schutzrechte)

Aufwendungen Personal Honorarkosten (freie Mitarbeiter im päd. Bereich) Raumkosten (Miete, Energie, Reinigung) Wareneinkauf (Lebensmittel, Getränke) Versicherungen/Beiträge/betriebliche Steuern KfZ Werbe-/Reisekosten Zinsaufwendungen für Verbindlichkeiten Abschreibungen Laufende Reparatur/Instandhaltung Qualitätsentwicklung nach LQW Seminarkosten (Incoming/Outgoing) Nicht abziehbare Vorsteuer Sonstiges (Verwaltung, Druck, Rechts-/Beratungskosten, Betriebsbedarf)

2017 319.000 € 50.000 € 21.428 € 191.182 € 69.358 € 100.000 € 120.000 € 17.376 € 29.136 € 0€ 31.498 € 23.304 € 54.838 € 735.479 € 3.450 € 1.766.049 €

2018* 319.000 € 50.000 € 29.999 € 191.182 € 65.900 € 100.000 € 169.355 € 9.454 € 9.102 € 44.994 € 35.481 € 21.269 € 9.446 € 816.935 € 8.101 € 1.880.217 €

2017 30.425 € 8.105 € 38.530 €

2018* 20.176 € 0€ 20.176 €

2017 1.019.214 € 58.942 € 326.749 € 130.229 € 12.799 € 3.194 € 11.834 € 5.058 € 68.925 € 13.926 € 3.933 € 60.195 € 28.072 € 76.008 € 1.819.078 €

2018* 1.085.333 € 79.193 € 328.506 € 140.292 € 14.771 € 3.452 € 11.789 € 617 € 12.085 € 16.291 € 0€ 29.517 € 30.000 € 82.817 € 1.834.663 € * vor Bilanz

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ARBEITSBERICHT 2017/2018 Jugendbildungsstätte LidiceHaus

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Jugendbildungsstätte LidiceHaus Weg zum Krähenberg 33a 28201 Bremen


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