IPPNW-Jahresbericht 2021

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SOZIALE VERANTWORTUNG

Abschiebungen nach Afghanistan stoppen! Schutzbedürftige brauchen Sicherheit

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is wenige Wochen vor der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 hat die Bundesregierung an Abschiebungen in das Kriegsland festgehalten. Dafür wurde der Lagebericht des Auswärtigen Amtes bewusst geschönt. Selbst unter der Talibanherrschaft sind Abschiebungen nach Afghanistan bis heute nur ausgesetzt. Einen Abschiebestopp plant auch die neue Bundesregierung nicht. Stattdessen bekräftigte die EU ihren sicherheitspolitischen Fokus: Gemeinsam verkündeten die Mitgliedsstaaten Ende August, sie seien entschlossen „unkontrollierte illegale Migrationsbewegungen“ zu verhindern. Dazu passt, dass die Aufnahme von Menschen aus Afghanistan in Deutschland sehr begrenzt, schleppend und bürokratisch verläuft – das es auch anders geht, wenn der politische Wille da ist, zeigt der Krieg in der Ukraine. Das Thema Abschiebestopp nach Afghanistan und die Arbeit mit dem IPPNWReport „Gesundheitliche Folgen von Abschiebungen“ standen 2021 im Zentrum der Aktivitäten des IPPNW-Arbeitskreises Geflüchtete und Asyl. Der Arbeitskreis

hat sich in verschiedenen Bündnissen für einen Abschiebestopp nach Afghanistan eingesetzt und auf Veranstaltungen dazu informiert. So bei einer Veranstaltung mit der Landesärztekammer Baden-Württemberg, auf der Konferenz „20 Jahre NATO-Krieg in Afghanistan“ und im Rahmen der IPPNW-Bundestagswahlkampagne. Andere geplante Workshops sowie die vorbereiteten Resolutionen für den Deutschen Ärztetag fielen der Pandemie zum Opfer. Der AK hat darüber hinaus 2021 damit begonnen, die Antirassistische Initiative (ARI) dabei zu unterstützen, Fälle von (versuchten) Abschiebungen aus dem Krankenhaus zu sammeln und zu dokumentieren, um diese zu systematisieren und für die politische Arbeit aufzubereiten.

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m Rahmen der Bundestagswahl fokussierte die IPPNW ihre Arbeit auf das Thema Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete sowie die bessere gesundheitliche Versorgung von Überlebenden von Krieg, Folter und Flucht. Der Koalitionsvertrag liest sich besorgniserregend. Zwar enthält er zum Thema Migration und Asyl in einigen Punkten erfreuliche Pläne, allerdings steht dem die Ankün9

digung einer „Rückführungsoffensive“ gegenüber. Hier ist zu befürchten, dass Abschiebungen unabhängig von der gesundheitlichen Situation und Gefährdung Geflüchteter zukünftig noch rigider und schneller durchgeführt werden könnten. Insgesamt soll der Bereich Abschiebung und so genannte freiwillige Rückkehr in dieser Legislaturperiode finanziell und personell aufgestockt werden. Dazu kommentierte die IPPNW: „Es ist insgesamt sehr bedauerlich, dass die neue Regierung beim Thema Abschiebungen weiter stark ideologisch denkt und sich nicht zu einer pragmatischen, humanitären und volkswirtschaftlich sinnvollen Haltung durchringen kann. Abschiebungen und Abschiebehaft sind nicht nur ein Angriff auf die Würde des Menschen, sie verschlingen auch enorme Summen an Steuergeldern, die besser in die Integration der Betroffenen investiert werden sollte.“


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