FH RO Festschrift

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RosenheimerHochschulHefte Zeitschrift der Hochschule Rosenheim

40 JAHRE KU NSTSTOFF TEC HNIK

Oktober 2009


40 Jahre Kunststofftechnik


Inhalt Rosenheimer Hochschul Hefte ISSN 0720 163 X

5 Impressum Verantwortlich Prof. Dr. Alfred Leidig, Präsident Redaktion Prof. Dr. Wolfgang Radlik Redaktionelle Koordination Jorun Verena Klinger Grafische Gestaltung Holger Cornelius Emmerich www.werkart.net Anzeigenwerbung Jorun Verena Klinger Prof. Dr. Wolfgang Radlik Abbildungen Fotos und Abbildungen Hochschule Rosenheim / Autoren Postanschrift Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Rosenheim Hochschulstraße 1 83024 Rosenheim Telefon 08031/8050 Telefax 08031/805105 Verlagsort Selbstverlag Rosenheim Druck KS Computersatz und Druck GmbH Semptstrasse 610 85560 Ebersberg Copyright Nachdruck, auch auszugsweise, Fotokopien u.ä. nur mit Genehmigung der Redaktion. Für den Inhalt der Beiträge sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Titelseite Gestaltung: Holger Cornelius Emmerich post@werkart.net

Grußworte

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Einst – Jetzt – Morgen

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Chronik 1982 - 2009

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Professoren und ständige Mitarbeiter

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Das Automobil der Zukunft Chancen und Anforderungen an Kunststoffe und Kunststofftechnologien

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Kunststofftechnik bei der Dräxlmaier Group

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Leicht, stabil, sicher Polycarbonat im Dachbereich von Fahrzeugen

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Wie ich zum„Rosenheimer“ wurde Kunststoffe Compoundieren leicht gemacht

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Plastics Meets Microelectronics

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Zustandsabhängige Prozessführung für energieeffiziente und ressourcenschonende Produktion

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Reinraumtechnik an der Hochschule Rosenheim

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Erfahrungsberichte von Absolventen

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Sumitomo (SHI) Demag Frimo BrücknerMaschinenbau W. L. Gore & Associates Lenzing Plastics RKW Impetus



40 Jahre Kunststofftechnik

Grußwort der Oberbürgermeisterin der Stadt Rosenheim und der Ehrensenatorin der Hochschule Rosenheim

40 Jahre Kunststofftechnik an der Hochschule Rosenheim 1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond und im selben Jahr wurde der Studiengang Kunststofftech­ nik an der Hochschule Rosen­ heim aus der Taufe gehoben. Was haben diese beiden Ereignisse ­gemeinsam? Auf dem ersten Blick anscheinend nur sehr wenig. Eine genaue Betrachtung der Mission von Apollo 11 zeigt, dass die Mond­ landung – genau so wie die heutige Raumfahrttechnik ohne modernste Kunststoffprodukte nicht möglich gewesen wäre und ist. Kunststoff ist einer der vielfältigsten Werkstoffe, den es gibt. Vom einfachen Joghurtbecher bis hin zu den Trieb­ werken des Airbus 380 oder den Geräten in den Spaceshuttles – die Basis dieser Produkte ist Kunststoff. Die Gründung des Studienganges Kunststofftechnik vor nun­ mehr 40 Jahren war somit ein wichtiger Baustein unseres der­ zeitigen Wirtschaftsstandards und der weiteren Zukunft. Dies unterstreichen die Ergebnisse des Städterankings des Wirt­ schaftsmagazins „Capital“ vom Juli 2009. Die Stadt Rosen­ heim wurde dabei an 14. Stelle aufgelistet, noch vor Städten wie z.B. Nürnberg, Köln, Trier oder Berlin. Ein Kriterium für ­diese positive Bewertung war u.a. Qualität der Ausbildung durch die Hochschule vor Ort.

Bildungseinrichtung ein bedeutender Standortfaktor. Die hohe Nachfrage nach gut ausgebildeten und qualifizierten Fachkräften zeigt, wie wichtig die Förderung hochqualifi­ zierten Nachwuchses für ein Unternehmen ist. Mit dem Sitz wichtiger Kunststoffbetriebe im Umkreis des Wirtschaftsraumes Rosenheim, wie z.B. Hamberger, RKW oder Allkor hat sich unsere Region zu einem Zentrum der Kunststoffindustrie entwickelt. Diese Unternehmen wissen ganz genau, was sie an der Hochschule haben. Qualität in der Ausbildung wird in dieser Einrichtung großgeschrieben. Im Namen der Stadt Rosenheim wünsche ich allen künftigen Absolventinnen und Absolventen für die Zukunft viel Erfolg und einen geglückten Start in einen hoffentlich interessanten und auch fordernden Beruf. Damit verbinde ich natürlich auch die Hoffnung, dass vor allem auch die regionale Wirtschaft dieses Potenzial an Know-how nutzt und dadurch wichtige Impulse im globalen Wettbewerb erhält.

Gabriele Bauer Oberbürgermeisterin

Die Hochschule Rosenheim hat sich gemeinsam mit dem Studie­ngang Kunststofftechnik zu der Know-how-Schmiede zwischen München, Salzburg und Innsbruck entwickelt und sich einen hervorragenden Ruf sowohl im Inland als auch im Ausland erarbeitet. Für die Unternehmen in unserem Wirtschaftsraum und weit darüber hinaus ist damit die Hochschule mit dem Studiengang Kunststofftechnik als

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40 Jahre Kunststofftechnik

Grußwort des Präsidenten der Hochschule für angewandte Wissenschaften – Fachhochschule Rosenheim

40 Jahre Kunststofftechnik Liebe Leserin, lieber Leser, das Jahr 1969 ist vor allem durch zwei Ereignisse auch heute noch in der Erinnerung präsent: die erste bemannte Landung auf dem Mond am 21. Juli und der Start des Stu­ diengangs Kunststofftechnik an der Hochschule Rosenheim zum 1. Oktober. In den sechziger Jahren wurde die Kunststofftechnik als noch recht junger Zweig der Ingenieur-wissenschaften nur an sehr wenigen Hochschulen als Studienfach – meist als Zweig des Maschinenbaus - angeboten. So war Rosenheim 1969 eine der ersten Hochschulen in der Bundesrepublik überhaupt, die einen eigenständigen Studiengang „Kunststofftechnik“ gegründet hatte. Die Einrichtung des Studiengangs Kunst­ stofftechnik ergab sich durch die zunehmende Verwen­ dung von Kunststoffen und war die Reaktion auf den stark wachsenden Bedarf der regionalen Wirtschaft nach Ingeni­ euren. Der Einsatz von Kunststoffen begann damals in vielen und immer wieder neuen Anwendungsgebieten eine rasch wachsende Verbreitung zu finden und verdrängte in vielen ­Produkten die klassischen Werkstoffe wie Holz oder Metall. So war es sicherlich keine Überraschung, dass die ersten Absolventen (der Frauenanteil war damals leider noch bei null) den Professoren regelrecht aus den Händen gerissen wurden. Der Durchbruch für den Studiengang „Kunststofftechnik“ mit einer zukunftsorientierten Ausbildung auf hohem Qualitätsniveau war damit geschafft.

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Um die ausgezeichnete Reputation des Studiengangs „Kunststoff­technik“ in Rosenheim für die Zukunft sicher­ zustellen, muss das Studium auch heute mit der rasanten Entwicklung der innovativen Technologie Schritt halten. Dazu muss z.B. die Ausstattung des Kunststoff-Technikums auf dem neuesten Stand gehalten werden, was bei den doch übli­ cherweise fünfstelligen Preisen für Kunststoff-verarbeitungs­ maschinen im Hinblick auf die finanziellen Möglichkeiten einer Hochschule eine große Herausforderung ist. Schon seit vielen Jahren sind die Kollegen der Kunststofftechnik überaus erfolg­ reich mit der Strategie, durch Leihvertrage mit einschlägigen Maschinenherstellern sicherzustellen, dass die Studenten immer an Anlagen der neuesten Generationen ausgebildet werden können. Natürlich müssen auch die Lehrinhalte ständig aktualisiert werden. So wurde schon 1996 ein neues Fach „Projekt­ management“ eingeführt, in dem studentische Teams Pro­ jekte bearbeiten, die von Partnern aus der Industrie definiert werden. Damit ist das Management von Projekten keine hoch­ schulinterne Trockenübung, sondern hinter der Auseinander­ setzung der Teams mit fachlichen und organisatorischen Herausforderungen steht ein Industriepartner als Kunde. Damit ist ein praxisnaher und terminorientierter Ablauf der zu bearbeitenden Projekte garantiert. Auch die der Kunststofftechnik sich immer wieder neu erschließenden Anwendungsgebiete müssen sich im Lehr­ angebot entsprechend wiederspiegeln. So wird das Instru­ ment fachwissenschaftlicher Wahlpflichtfächer konsequent dazu genutzt, den Studierenden Wissen über aktuelle und innovative Anwendungsgebiete der Kunststofftechnik zu vermitteln, z.B durch die Angebote wie „Kunststoffe im


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Automobilbau“, „Kunststoffe in der Medizin“ oder „Kunst­ stoffe in der Mikroelektronik“. So umfasst das heutige Studium der Kunststofftechnik von den technisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen über die Kunststoffchemie, die Kernfächer der Kunststoff­ verarbeitung und die ergänzenden Wahlpflichtfächer bis zu organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Lehrinhalten die Aus­bildung, die die Unternehmen von den Absolventen erwarten. Umgekehrt eröffnet die fundierte Ausbildung in der Kunststofftechnik den Absolventen beste Perspektiven für ihren Berufseintritt. Entsprechend haben sich die Studentenzahlen des Studien­ ganges entwickelt. Die Zahl der eingeschriebenen Studieren­ den stieg kontinuierlich von 196 im Jahre 1972 auf mehr als 300 in den Jahren 1990 und 1991. Der wirtschaftliche Ein­ bruch Mitte der 90er Jahre führte zu einem Rückgang der Studentenzahlen, die im Jahre 1999 mit 128 Studenten einen Tiefpunkt erreichten. Inzwischen ist mit 268 Studenten wie­ der ein respektables Niveau erreicht. In der Bildungspolitik haben inzwischen einschneidende Studien­ reformen stattgefunden. Durch die mit dem ­Bologna-Prozess verbundene Einführung von Bachelor- und Masterstudien­ gängen wird ein einheitlicher Rahmen angestrebt, der Mobilität, Transparenz und Kompatibilität ermöglicht und die internationalen Wettbewerbschancen von Studierenden steigert. Zum Wintersemester 2008/09 ist im Studiengang Kunststofftechnik das Bachelorstudium eingeführt worden, der nach einem sieben-semestrigen Studium zu

dem berufsqualifizierenden Abschluss mit dem akademischen Grad „Bachelor of Engineering“ führt. Der Diplomstudien­ gang läuft dann zum Sommersemester 2011 aus. Im Augenblick laufen die Planungen für ein Masterstudium, in das die Kunststofftechnik zusammen mit den Studiengängen Elektro- und Informationstechnik, Produktionstechnik und Mechatronik integriert werden soll. Dieses Konzept bietet die Chance, einerseits für die beteiligten Fächer eine spezi­ fische Vertiefung des Wissens anbieten zu können, anderer­ seits gibt es aber auch die Möglichkeit zu einer Verbreiterung der Kenntnisse durch die Belegung von Lehrangeboten aus benachbarten Fächern. Die Einführung des Masterstudiums ist für 2011 vorgesehen. Im Namen der Hochschule danke ich allen Professoren, Mit­ arbeiterinnen und Mitarbeitern der Kunststofftechnik und der Fakultät für lngenieurwissenschaften, die in den vergangenen 40 Jahren mit großem Engagement so erfolgreich am Aufbau und der Entwicklung des Studienganges Kunststofftechnik mitgewirkt haben. Dem Studiengang gratuliere ich zu seinem 40-jährigen Jubiläum und wünsche allen Beteiligten und den Studierenden viel Glück und Erfolg für die Zukunft.

Prof. Dr.Ing. Alfred Leidig Präsident Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Rosenheim

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40 Jahre Kunststofftechnik

Grußwort des Dekans der Fakultät für Ingenieurwissenschaften – ING

Grußwort zum 40-jährigen Jubiläum des Studiengangs Kunststofftechnik Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ehemalige und Gegenwärtige des Studien­ gangs Kunststofftechnik, einen herzlichen Glück­ wunsch seitens der Fakultät für Ingenieurwissenschaften möchte ich zum 40-jährigen Jubiläum des Studiengangs Kunststofftechnik überbringen, verbunden mit einem herz­ lichen Dank. Die Kunststofftechnik ist wohl die Keimzelle der heutigen Fakultät für Ingenieurwissenschaften gewesen. Die Studiengänge Wirtschaftsingenieurwesen – heute eine eigene Fakultät - , die Produktionstechnik, die Elektro- und Informations­technik und die Mechatronik stammen mittelbar oder unmittelbar von der Kunststofftechnik ab. Lange Zeit ist der frühere Fachbereich nach den Anfangsbuchstaben seiner Studiengänge benannt worden: KWP, KWPE, später dann KPE. Vielleicht als Tribut an die Keimzelle Kunststoff­technik stand das K der Kunststofftechnik entgegen der alpha­betischen Reihen­folge immer zu Anfang. In der heutigen Fakultät für Ingenieurwissenschaften ist die Kunststofftechnik thematisch gut vernetzt: Von den Kabel­ isolierungen und Chipgehäusen der Elektrotechnik über die

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Zahnräder mechatronischer Vorrichtungen bis zu produktions­ technischen Aspekten gibt es Verbindungen zu den anderen Studiengängen. Allen, die zum Wachsen, zum Gedeihen und zum Fortbestand des Studiengangs Kunststofftechnik beigetragen haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Dem Studiengang, seinen Professoren, Mitarbeitern und vor allem den Studierenden wünsche ich von ganzem Herzen viel Erfolg für die Zukunft!

Ihr

Prof. Dr.Ing. Johannes Schroeter, Dekan der Fakultät für Ingenieurwissenschaften


40 Jahre Kunststofftechnik

Gore gratuliert der Hochschule Rosenheim zum 40jährigen Bestehen des Studiengangs Kunststofftechnik! Viele erfolgreiche Jahre des intensiven Austausches und der engen Zusammenarbeit verbinden Gore mit der Hoch­ schule Rosenheim und ganz speziell mit dem Studiengang Kunststofftechnik. Umso mehr freuen wir uns darüber, zu diesem runden Geburtstag gratulieren zu dürfen. Denn die zurückliegenden 40 Jahre stehen nicht nur für ein überaus erfolgreiches Konzept, sondern auch für die hohe Wert­ schätzung, die Fachrichtung und Studiengang bei allen Beteiligten genießen: den Unterrichtenden, den Studenten, der Wirtschaft, den Behörden, der Politik und nicht zuletzt der Öffentlichkeit. Viele Studienabgänger aus Rosenheim haben bei Gore angefangen und ihren Weg gemacht. Sie sind Teil unseres eigenen Erfolgs.

Aber auch auf anderen Gebieten ist die Zusammenarbeit zwischen Gore und der Hochschule Rosenheim kontinuier­ lich gewachsen: ob bei der Gründung und in der Arbeit des Seeoner Kreises oder durch die Mitwirkung im Industrie­ und Wirtschaftsbeirat der Hochschule. Wir wünschen dem Studiengang Kunststofftechnik viel Freude beim Feiern und natürlich alles Gute für die Zukunft. W. L. Gore & Associates GmbH Feldkirchen ­ Putzbrunn ­ Pleinfeld

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© 2009 W. L. Gore & Associates, Inc. GORE, GORE­TEX, CROSSTECH und Bildzeichen sind Marken von W. L. Gore & Associates.

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Die fachlich hervorragend ausgebildeten Kunststoff-Ingenieure der FH Rosenheim sichern uns und der Region einen wichtigen Innovations-Vorsprung im weltweiten Wettbewerb. Viele im Profol-Führungsteam haben den Grundstein ihrer Karriere an der FH Rosenheim gelegt. Die Profol-Unternehmensgruppe, mit Produktionsstandorten auf 3 Kontinenten und über 100.000 to Jahreskapazität, gehört zu den weltweit führenden Folienproduzenten. Auch wenn nur wenige das Unternehmen persönlich kennen, so hält doch fast jeder von uns täglich Profol-Erzeugnisse in der Hand. Unsere hochwertigen, umweltverträglichen PolypropylenFolien werden von allen namhaften Produzenten in den Bereichen der Büroartikel-, Automobil-, Möbel- und Druckindustrie eingesetzt. Auch für die Zukunft wird die Erfolgsgeschichte durch laufende Folien-Innovationen fortgesetzt – der Erfolg unserer Kunden ist unser Antrieb.

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40 Jahre Kunststofftechnik

Grußwort des Vorsitzenden des Hochschulrats der Hochschule Rosenheim

40 Jahre Kunststofftechnik an der Hochschule Rosenheim Es ist ja allseits bekannt, dass Deutschland ein rohstoff­ armes Land ist, wenn man unter Rohstoffen lediglich Bodenschätze wie z.B. Öl, Gas und Erz versteht. Ver­ steht man unter Rohstoffen hingegen auch nichtmate­ rielle Güter, sieht es schon anders aus. Unser Land pro­ fitierte schon in der Vergangenheit vom Fleiß und Einfalls­ reichtum seiner Bürger und wird dies in der Zukunft noch viel stärker tun müssen. Die Tugend ,,Fleiß“ wird dem Menschen durch Vorbilder und Erziehung vermittelt. Einfallsreichtum liegt in der Natur des Menschen, kann aber durch gute Ausbildung gefördert werden. Und damit bin ich beim eigentlichen Thema meines Grußworts. Am 1. Oktober feiert der Studiengang Kunststofftechnik der Hochschule Rosenheim sein vierzigjähriges Bestehen. Als Vor­ sitzender des Hochschulrats ist es mir eine besondere Freude, ihm dazu zu gratulieren. Der Studiengang Kunststofftechnik zeichnet sich durch eine breit angelegte Ausbildung in den ingenieurwissenschftlichen Grundlagenfächern und den spezifischen Schwerpunkten im Bereich der Kunststoffverarbeitung, Kunststoffchemie und der Konstruktion mit Kunststoffen aus. Aber auch die überaus vielfältigen Anwendungsgebiete der Kunststofftechnik, z.B. in der Medizin, der Elektrotechnik und Mikroelektronik sowie dem Automobilbau werden entsprechend berück­sichtigt. Die Absolventen sind dadurch in weiten Bereichen der Wirt­ schaft einsetzbar, z.B. in der Kunststoffverarbeitung, der

Entwicklung und Herstellung von Kunststoffverarbeitungs­ maschinen und der Herstellung von Kunststoffen als Vor­ produkte für die ­weitere Verarbeitung. Dies wird in idealer Weise durch das übrige Studienangebot der Hochschule ergänzt und ­entspricht ziemlich genau dem, was die ­regionale Wirtschaft von Ingenieuren erwartet. Die regionale Wirt­ schaft ist gekennzeichnet durch mittelständische Betriebe mit anspruchsvollen Produkten höchster Qualität. Nicht wenige Firmen zählen in ihren Bereichen zu den Weltmarktführern. Der Ausbildungsstand der Absolventen ist überdurchschnitt­ lich hoch, was nicht zuletzt durch zahlreiche Auszeichnungen des Fördervereins der Hochschule und des Vereins deutscher Ingenieure belegt wird. Es verwundert daher nicht, dass ­etliche Unternehmen Führungspositionen nicht nur im unmittelbaren Arbeitsbereich der Kunststofftechnik mit Absolventen dieses Studiengangs besetzen. Für die Zukunft wünsche ich dem Studiengang alles Gute. Die Perspektiven sind trotz der augenblicklichen schwierigen wirt­ schaftlichen Lage allem Anschein nach günstig. Das Jubiläum von heute ist nur eine Etappe auf einem sicher noch langen und hoffentlich weiter erfolgreichen Weg.

Prof. Dr. Dr. h. c. Anton Kathrein Vorsitzender des Hochschulrats der Hochschule Rosenheim

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40 Jahre Kunststofftechnik

Einst – Jetzt – Morgen

Einst

Labor für Kunststofftechnik 1975 Teifziehmaschine links, Spritzgussmaschine rechts

Technikum Faservebund Technikum Kunststoff­ technik Jetzt

Morgen

Reinraum im Kunststofftechnikum für den Mikrospritzguss

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40 Jahre Kunststofftechnik

Chronik 1982 – 2009

Jahrgang 1982-1986

Endpräsentation Projektarbeiten 1999, Kloster Benediktbeuren

Rosenheimer Kunststofftage, 2000

Plastic Xmas, 2000

Projekt Weinkorken, 2001

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40 Jahre Kunststofftechnik

Besuch in Bankok 2003

Plastic Summernight 2005

Abschlusspr채sentation der industriellen Projektarbeiten, SS 2007

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40 Jahre Kunststofftechnik

Kunststoffmesse K 2007, D端sseldorf

FAKUMA 2008, Friedrichshafen

Besuch Minister Heubisch im Kunststofftechnikum Januar 2009 mit Prof. Dr. Kathrein und Prof. Peter Kalringer

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40 Jahre Kunststofftechnik

Professoren und ständige Mitarbeiter des Studienganges Kunsstofftechnik

Prof. Dr.-Ing Johannes Schroeter – Berufung 01.03.1993 Lehrgebiete Werkstoffprüfung der Kunststoffe Grundlagen der Rheologie Umwelttechnik für Kunststoffingenieure Ämter Dekan der Fakultät Ingenieruwissenschaften Mitglied der Erweiterten Hochschulleitung Vorsitzender der Prüfungskommission des Studiengangs Mechatronik Labor Physikalisch-chemische Werkstoffprüfung

Prof. Dipl.-Ing Peter Karlinger – Berufung 01.09.1996 Lehrgebiete Kunststoffverarbeitung Spritzgießen Sonderverfahren Spritzguss Werkzeugbau incl. Simulationstechnik Rheologie Ämter Vorsitzender Prüfungskommission Labor Kunststofftechnikum, Bereich Spritzgießen Rheologie-Labor

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40 Jahre Kunststofftechnik

Prof. Dr.-Ing Eduard Winkel– Berufung 01.01.2000 Lehrgebiete Extrudieren ( incl. Compoundieren ) Werkstoffkunde der Kunststoffe Weiterverarbeitung ( Schäumen, Thermoformen, Fügen, Veredeln ) Kunststoffe in der Medizin Ämter Praktikantenbeauftragter Labor Kunststofftechnikum, Bereich Extrusion Fügelabor

Prof. Dr.-Ing. Michael Schemme – Berufung 01.11.2001 Lehrgebiete Faserverbundwerkstoffe Projektmanagement Ämter Koordinator Projektmanagement Mitglied des Fakultätsrates Labor Technikum Faserverbundwerkstoffe

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Prof. Dr. rer. nat. Dirk Muscat – Berufung: 01.09.2003 Lehrgebiete Grundlagen der Chemie Kunststoffchemie Werkstoffkunde Ämter Frauenbeauftragter Labor Chemielabor

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Radlik – Berufung 01.09.2003 Lehrgebiete Grundlagen der Elektrotechnik Kunststoffe in der Mikroelektronik Wärme- und Stofftransport Lehrexport Elektrotechnik I – III für den Studiengang Mechatronik Elektrotechnik für die Fakultät Wirtschaftingenieurwesen Mikrosystemtechnik für den Studiengang Mechatronik

Ämter Leiter des Studiengangs Studienberater Labor Elektrische Werkstoffprüfung

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Personal

Prof. Dr.-Ing.Thomas Brinkmann – Berufung: 01.09.2006 Lehrgebiete Maschinenelemente Konstruktion Produktentwicklung mit Kunststoffen Ämter Praktikumsbeauftragter Mechatronik Labor Konstruktionszentrum der Fakultät ING

Prof. Dr. Ing. Herbert Jekat – Berufung: 01.07.1991 emeritiert am 30.09.2004 Lehrgebiete Technische Mechanik Maschinenelemente Konstruktionslehre und Produktentwicklung Verfahrens- und Umwelttechnik

Gabriele Magerle – seit 1997 Sekretariat

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Dipl.-Ing (FH) Hans Kagerer – seit 1985 Mitarbeiter im Konstruktionszentrum ING Systembetreuer Lehrbeauftragter CAD Betreuung Rheologielabor

Dipl.-Ing (FH) Roland Wagemann – seit 1970 Mitarbeitet im Chemielabor Praktikumsbetreuung

Gerhard Stahuber – seit 1980, Inspektor Mitarbeiter im Technikum Kunststofftechnik Praktikumsbetreuung

Franz Mayer – seit 1984, Hauptwerkmeister Mitarbeiter im Labor Grundlagen der Elektrotechnik Praktikumsbetreuung Expermentelle Demonstrationen in den Grundlagenvorlesungen Elektrotechnik

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Personal

Roland Held – seit 1994, Hauptwerkmeister Mitarbeiter im Technikum Kunststofftechnik Praktikumsbetreuung

Roberto Lackner – seit 2008, Technischer Angestellter Mitarbeiter im Technikum Faserverbundwerkstoffe Praktikumsbetreuung

FUTURE

Unser Erfolg – Ihre Chance RENOLIT schreibt seit über 60 Jahren Kunststoffgeschichte. Mit technischem Know-how und innovativen Ideen – auch in Zukunft. Unsere Polypropylenfolien findet man als Standardartikel zur Büroorganisation, als flexible Verpackung medizinischer Produkte, im Lebensmittel- und Etikettenbereich sowie in zahlreichen weiteren technischen Anwendungen. Die RENOLIT Gruppe beschäftigt als unabhängiges Familienunternehmen an über 30 Produktionsstandorten und Vertriebsgesellschaften rund 4.200 Mitarbeiter. Auch ganz in Ihrer Nähe, am Standort Thansau.

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40 Jahre Kunststofftechnik

Das Automobil der Zukunft –

Chancen und Anforderungen an Kunststoffe und Kunststofftechnologien

Prof. Dr. Rudolf Stauber, BMW Group München, Mitglied des Hoschschulrates der Hochschule Rosenheim Kunststoffe spielen heute eine ganz zentrale Rolle im moder­ nen Automobilbau. Sie ermöglichen in vielen Fällen innovative bauteilspezifische Konzeptlösungen und unterstützen nach­ haltig den automobilen Leichtbau, aktive und passive Sicher­ heit, bestmögliche Aerodynamik, hohe Wirtschaftlichkeit und fortschrittliche designtechnische Gestaltung [1]. Die werkstofftechnischen Entwicklungen an BMW Fahrzeu­ gen wurden in vielen Fällen nachhaltig durch Absolventen des Fachbereichs Kunststofftechnik der FH Rosenheim mitge­ prägt. Die Modelle der Zusammenarbeit zwischen der BMW Group und der FH Rosenheim umfassen dabei Industrieprak­ tika von Studenten, projektspezifische Diplomarbeiten sowie bilaterale Entwicklungskooperationen. Der nachfolgende Beitrag beschreibt an ausgewählten Bei­ spielen die Bedeutung der Kunststoffe und der zugehörigen Verarbeitungstechnologien für den Automobilbau. Abbildung 1 zeigt am Beispiel der aktuellen BMW-3er-Reihe den heutigen Werkstoffeinsatz in der Großserie. Thermopla­ stische und duroplastische Kunststoffe sowie Elastomere fin­ den sich dort mit einem Gewichtsanteil von ca. 21% wieder.

Exterieur In erster Näherung findet man im PKW-Bau in der Groß­serie heute ca. 50% der Polymerwerkstoffe im Anwendungs­ bereich Exterieur. Dabei müssen die Kunststoffbauteile ein breites Spektrum unterschiedlicher technischer Anforderungen erfüllen. Beson­ ders im Vordergrund stehen bestmögliche Oberflächen­ qualität (insbesondere im Übergang zu den angrenzenden Stahlteilen), Langzeitformbeständigkeit, thermische Stabilität über ein breites Temperaturspektrum, Beständigkeit gegen­ über UV-Licht und Medien, wie z.B. Reinigungsmittel und Fette, hohe mechanische Eigenschaften (E-Modul, Festigkeit und Dehnung), gute Crash-Eignung und Fußgängerschutzan­ forderungen sowie hohe Freiheiten in der Formgebung und Designgestaltung. Typische Kunststoffanwendungen für das Fahrzeug-Exterieur sind Stossfänger- und Schwellerverkleidungen aus thermo­ plastischen Kunststoffen (häufig PP/EPDM mit Talkum ver­ stärkt), Leuchten im Front- und Heckbereich (häufig realisiert aus thermoplastischen Kunststoffen, z.B. PMMA, PC und PP), Kraftstofftanks, bevorzugt dargestellt aus Polyolefinen mit integrierten Barriereschichten, Unterbodenverkleidungen aus PP, Antidröhnbeläge aus Polyurethan und Ethylen/

Abbildung 2 zeigt bei diesem Fahrzeugmodell die Verteilung der Polymerwerkstoffe Kunststoffe und Elastomere auf die Bereiche Exterieur, Interieur und Aggregate.

Abbildung 2:Verteilung von Kunststoffen und Elastomeren in der BMW3er-Reihe auf die Bereiche Exterieur, Interieur und Aggregate Abbildung 1: Werkstoffeinsatz in der BMW 3er-Serie

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Vinylacetat-Copolymeren (EVA), diverse Kleinteile wie Front­ grills, Spiegelgehäuse, Embleme und Zierteile aus thermopla­ stischen und duroplastischen Kunststoffen. Eine wichtige Aufgabenstellung bei der Gestaltung der Bau­ teile ist es, die Kohlenwasserstoffemissionen auf ein Minimum abzusenken. Eine studentische Projektgruppe des Fachbe­ reichs Kunststofftechnik an der FH Rosenheim beschäftigte sich gezielt mit der Reduzierung von flüchtigen organischen Bestandteilen aus thermoplastischen Compounds für Außen­ hautbauteile. Durch Untersuchungen zum Vortrocknen und gezielte Additivierung der Polymerblends konnten die Kohlen­ wasserstoffe verringert werden.

Abbildung 3: Vordere Seitenwand aus Thermoplast beim BMW 3erCoupé/Cabriolet

Besonderes im Vordergrund von neueren Entwicklungen stehen z. Zt. Karosserieanbauteile aus thermoplastischen Kunststoffen. Abbildung 3 zeigt die Thermoplast-Seitenwand des BMW3er-Coupé/Cabrio aus einem hochwärmebeständigen Poly­ merblend (Polyamid 66 und Acrylnitril/Polybutadien/Styrol mit Mineralverstärkung). Dieses Bauteil wird bereits im Rohbau an der metallischen Fahrzeugstruktur befestigt und im OnlineLackierprozess völlig identisch zu metallischen Anbauteilen behandelt [2]. Eine weitere studentische Projektarbeit hatte das Ziel die grundsätzliche Einsetzbarkeit von Rezyklatwerkstoffen für Sei­ tenwände unter dem Aspekt der technischen Machbarkeit und der Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Die besondere technische Herausforderung dabei war es bei Rezyklatanteilen von bis zu 30% keine Eigenschaftsminderungen im Vergleich zur Neuwa­ re zu erzielen. Die guten Ergebnisse dieser Arbeiten konnten unmittelbar in den Serienprozess eingesteuert werden. Bauteile aus duroplastischem Kunststoff sind bereits seit vie­ len Jahren im Automobilbau bekannt. Im Vordergrund stehen

im RRIM-Verfahren (Reinforced Reaction Injection Moulding) gefertigte Duroplaste und SMC-Anwendungen (Sheet Moul­ ding Compound) [4]. Insbesondere diese Werkstoffe haben das Potenzial, komplexe Geometrien bei gleichzeitig hoher thermischer Beständigkeit darzustellen. Besonders im Vorder­ grund stehen zurzeit Anwendungen im Bereich der Karosse­ rie-Außenhaut. Abbildung 4 zeigt die SMC-Heckklappe der BMW-6er-Reihe [5] . Derartige Bauteile werden aus Oberund Unterschale gefertigt, die klebetechnisch gefügt wer­ den. Dieses Konstruktionsprinzip ermöglicht bestmögliche Formstabilität auch bei hohen Temperaturen (Online-Lackier­ prozess) und eignet sich besonders für die Herstellung von Bauteilen mit Class-A-Oberflächen. Das für EMV-Strahlung durchlässige Werkstoffsystem ermöglicht es, die Antennen­ systeme zwischen den beiden Schalen zu integrieren [4];[5]. Im Rahmen einer Forschungskooperation mit dem Fachbe­ reich Kunststofftechnik konnten nachhaltige Verbesserungen im Herstellprozess erarbeitet werden. Die eingesetzten SMCHalbzeuge und die angewendeten Oberflächenprüfverfahren konnten genauer spezifiziert werden. In einer anschließenden Diplomarbeit wurden darüber hinaus neuartige optische Messverfahren von Exterieurbauteilen bewertet.

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Abbildung 4: Heckklappe aus SMC in der BMW-6-er-Reihe

Abbildung 4: Heckklappe aus SMC in der BMW-6-er-Reihe

3er-Coupé/Cabriolet

3er-Coupé/Cabriolet

Interieur Das Interieur von Kraftfahrzeugen bietet traditionell ein breites Spektrum für Kunststoffanwendungen. Kunststoffe im Interieur unterstützen nachhaltig innovative, designtechnische Bauteillösungen mit optisch und haptisch optimierten Ober­ flächentechnologien sowie vielfältiger mechatronischer und sicherheitstechnischer Einrichtungen am Fahrerarbeitsplatz. Typische Kunststoffanwendungen für das Fahrzeuginterieur sind Cockpit mit integrierten Zierleisten, Türverkleidungen, Sitze, Himmel mit Schallisolierung und Mittelkonsolen mit Ablagen. Die heute im Interieurbereich verbauten Kunststoffumfänge müssen ebenfalls ein breites Spektrum unterschiedlicher tech­ nischer Anforderungen erfüllen. Die Erzielung bester Kratz- und Abriebbeständigkeit von Inte­ rieurteilen wurde hierbei zusammen mit Praktikanten des Fachbereiches Kunststofftechnik erarbeitet. Schwerpunkte bildeten dabei die Untersuchungen an neuartigen Beschich­ tungen für Holzzierbauteile. Besonders zu berücksichtigen sind hierbei die Alterungsbe­ ständigkeit sowie die Berühr- und Druckhaptik. Aktuelle Ent­ wicklungen fokussieren insbesondere auf die Designfreiheit, Darstellung von Mehrfarbigkeit sowie optische Gestaltung von Oberflächen. Abbildung 5 zeigt die Instrumententafel der aktuellen BMW6er-Reihe. Eine exakte Narbgestaltung wird hier durch das verwendete aliphatische Polyurethan bestmöglich in der

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Oberflächenschicht im In-Mold-Coating (IMC) Verfahren erzeugt.In der nachfolgenden PUR-Sprühtechnologie wird eine optimale Druckhaptik in der zweiten Schicht auf Basis eines aromatischen Polyurethans erzielt. Mit einer studentischen Projektgruppe des Fachbereiches Kunststofftechnik der FH Rosenheim wurde das Alterungsver­ halten unterschiedlicher hinterschäumter Häute untersucht. Ein neu entwickelter Prüfstand erlaubte es Werkstoffe mit besten Oberflächen- und Rissverhalten im Airbagbereich zu identifizieren.

Zusammenfassung und Ausblick Technische Kunststoffe und Elastomere sind heute bewährte Konstruktionswerkstoffe für automobiltechnische Anwen­ dungen im Exterieur, Interieur und für aggregatsseitige Anwendungen. Nahezu in allen Anwendungsgebieten resultieren ausge­ prägte Kosten- und Gewichtseinsparpotenziale gegenüber metallischen Werkstoffen bei gleichzeitig hoher innovativer Funktionalität [6]. Über heutige Anwendungen hinaus haben Kunststoffe und Kunststoffverbunde grundsätzlich das Potenzial, zukünf­ tig auch für Strukturanwendungen in Kraftfahrzeugen zur Anwendung zu kommen. Für derartige Anwendungen rei­ chen häufig die mechanischen Eigenschaften herkömm­ licher Kunststoffe alleine nicht aus. Weiterzuentwickeln sind


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deshalb Faserverbundwerkstoffsysteme (z.B. CFK-Werk­ stoffe), die zukünftig eine weitere Dimension im Automo­ billeichtbau eröffnen können. Schwerpunkte bei derartigen Entwicklungen sind aus heutiger Sicht die Darstellung von kostengünstigen Fasertechnologien, schnell ausreagierenden Matrixsystemen für hohe Stückzahlen, sowie Schadenserken­ nung und Reparaturtechnologien für einen praxisgerechten, kundenspezifischen Fahrzeugeinsatz. Rohstoffseitig sind darüber hinaus die heute verfügbaren ther­ moplastischen und duroplastischen Werkstoffe weiterzuent­ wickeln hinsichtlich einer Reduzierung der Längenausdehnung bei höheren Temperaturen, der Wärmeformbeständigkeit, der Emissionsarmut sowie häufig einer verbesserten Langzeitund Alterungsbeständigkeit. Nanomaterialien in Verbindung mit heutigen am Markt ver­ fügbaren Kunststoffen haben das Potenzial, gezielt die erfor­ derlichen Eigenschaftsverbesserungen zu unterstützen [7]. Polymere Werkstoffe und die dazu gehörigen Herstell­ verfahren bestimmen heute ganz wesentlich die wirtschaft­ liche Bauteilherstellung im Automobilbau. Im Vergleich zu metallischen Werkstoffen haben Kunststoffe grundsätzlich das Potenzial unterschiedliche und vielfältige Funktionen in einem Bauteil zu integrieren. Wesentliches Ziel für die zukünf­ tige Bauteilherstellung sind wirtschaftliche Fertigungspro­ zesse, die z.B. durch Systemintegration und Reduzierung von Einzel­schritten in automatisierten Prozessschritten ermöglicht werden können.

Literatur [1] Braess, H.-H.; Seiffert, U.: Vieweg Handbuch Kraftfahr­ zeugtechnik. ATZ/MTZ – Fachbuch (4. Auflage), Wiesba­ den; Vieweg-Verlag, 2005 [2] Korzonnek, J.; Killermann, R.: Neue Werkstoffgeneration für Seitenwand 3er Coupé und Cabrio. VDI-Tagungsband B4284, Kunststoffe im Automobilbau, 2007 [3] Stauber, R; Vollrath, L: Plastics in Automotive Engineering, Exterior Applications; München, Carl Hanser Verlag, 2007; ISBN 978-1-56990-406-0 [4] Grünn, R.; Schönberger, J.; Kettner, G.; Zeller, R.; Schreyer, O.; Korzonnek, J.: Die Kunst des Karosseriebaus – intelli­ gent und innovativ. ATZ/MTZ Sonderausgabe „Der neue BMW 6er“, 2004 S. 12-15 [5] Stauber, R: Verbundwerkstoffe im Automobilbau – Anfor­ derungen und Trends. 2. Aachen-Dresden International Textile Conference, Dezember 2008 [6] Stauber, R: Moderne Werkstoffe im Automobilbau. ATZ / MTZ-Sonderausgabe Werkstoffe im Automobilbau. Heft 58922, S. 8-14, 2005 [7] Stauber, R: Kunststoffe im Automobilbau - Technische Lösungen und Trends ATZ 03/2007, S 2-7; Vieweg Verlag

Zunehmend wichtig bei der Konzeption von Kunststoff­ bauteilen ist es also, neben der Auswahl der besttechnisch geeignetsten Werkstoffe, bereits in der Konstruktionsphase wirtschaftliche Herstellungsprozesse und einen damit verbun­ denen möglichst geringen Energieaufwand darzustellen.

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Kunststofftechnik bei der Dräxlmaier Group Der Name Dräxlmaier steht für automobile Innovationen - seit 1958 Motor der heimischen Wirtschaft, nimmt die Dräxlmai­ er Group weltweit, dauerhaft und hochflexibel eine führende Rolle unter den Automobilzulieferern ein. Mit rund 35.000 Mitarbeitern an 48 Standorten global präsent, ist das Unter­ nehmen dennoch bewusst dem Standort Deutschland treu geblieben. Jeden Tag setzen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund um den Globus dafür ein, Fahrzeuge von der ersten Idee bis hin zum serienreifen Bordnetz, eleganten Interi­ eur, hochwertigen Zierteil oder funktionsintegrierten System zu betreuen – diese Gesamtkompetenz ist es, die die Dräxlmaier Group als Systempartner unterscheidet und auszeichnet. Interieur Porsche Panamera

Die Wurzeln des Unternehmens liegen im niederbayerischen Geisenhausen, wo Fritz und Lisa Dräxlmaier die Leitungs­sätze für das Goggomobil fertigten, welches in den Dingolfinger Hans-Glas-Werken gebaut wurde. Anschließend folgte der Auftrag für die Innenausstattung des Zweisitzers. Später übernahm BMW die Glas-Werke. Die BMW AG ist auch heute noch einer der bedeutenden Kunden der Dräxlmaier Group. Zahlreiche BMW-Modelle wie beispielsweise der 1er, 3er oder 7er aber auch der X5 oder Z4 werden von Dräxlmaier sowohl mit Interieurkomponenten als auch Bordnetzsystemen ausgestattet. Bordnetze, Elektrik und Elektronikkomponenten sind das eine Standbein des Unternehmens. Neben diesen Großserien­ produkten gehören exklusive Fahrzeug-Interieurs und Zierteile zum Portfolio. So stammen etwa die elegante Instrumenten­ tafel im CL von Mercedes Benz sowie die Innenausstattung des Jaguar XK und des Audi A5 Coupé aus dem Hause ­Dräxlmaier. Für den Porsche Panamera, der ab Sommer 2009 über die Straßen rollt, entwickelt und produziert Dräxlmaier das komplette Bordnetzsystem sowie das Gesamtinterieur,

Bordnetz Komponenten

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inklusive Zierteile. Die Verbindung zwischen elektronischen und ­mechanischen Funktionen im Interieur ist der ­dritte Geschäftszweig: Fahrzeug­module. Ein weiterer Bereich ­kümmert sich um das Supply-Chain-Management, also darum, wie die Teile „just in time“ oder „just in sequence“ ans Band der Hersteller geliefert werden. Rund 5.000 Mitarbeiter der Dräxlmaier Group sind in Deutsch­ land tätig, davon ca. 2500 in der Unternehmenszentrale im niederbayerischen Vilsbiburg. Hier ist auch das Dräxlmaier Technologie Zentrum angesiedelt, welches das gesamte Interi­ eur-, Zierteil und Elektrik/Elektronik-Know-How bündelt. Rund 1000 hochqualifizierte Mitarbeiter wirken hier am Entwick­ lungsprozess neuer Produkte, Verfahren und Prozesse mit. Um den Bedarf an qualifizierten und engagierten Mitarbeitern decken zu können, arbeitet die Dräxlmaier Group eng mit mehreren Hochschulen der Region zusammen. Eine davon ist die Hochschule Rosenheim. Dies bedeutet, dass über die klassische Zusammenarbeit in Form von Praktika oder

Türverkleidung mit Ambientebeleuchtung


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selbst ein, das ist im starren Schulsystem kaum möglich“- die Arbeitsbedingungen an der Hochschule kamen ihm da sehr entgegen.

Produktion Mittelkonsolen in Landau/Isar

Abschlussarbeiten hinaus, Projekte angeboten und Veran­ staltungen durchgeführt werden. Insbesondere zur Fakultät Kunststofftechnik besteht ein enger Kontakt. Aufgrund der Produktpalette bieten sich bei der Dräxlmaier Group vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Ingenieure aus diesem Bereich.

Direkteinstieg bei der Dräxlmaier Group Wie ein Direkteinstieg ablaufen kann, wird am Beispiel von Andreas Wimmer deutlich. Er ist Absolvent aus dem Bereich Kunststofftechnik der Hochschule Rosenheim und seit Januar 2008 bei der Dräxlmaier Group beschäftigt. Bereits in seiner Kindheit begeistert sich der heute 28-Jährige für Technik, daher war für ihn auch schnell klar, dass er nach seinem Realschulabschluss einen technischen Beruf erlernen würde. Noch während seiner Ausbildung zum Werkzeug­ mechaniker entschied er, sein Abitur nach zu machen, um anschließend zu studieren. Doch warum nun gerade Kunst­ stofftechnik? „Maschinenbau wollte ich nicht studieren, das haben damals alle gemacht“, erzählt der Diplom Ingenieur heute. Sich von der Masse abzuheben ist ihm mit dieser Ent­ scheidung gelungen, nur wenige Hochschulen bieten den Studiengang Kunststofftechnik an. Aufgrund des hervorra­ genden Rufes der Hochschule Rosenheim, der räumlichen Nähe zu seinem Heimatort und nicht zuletzt den attraktiven Freizeitmöglichkeiten der Region, hat er sich für die dortige Hochschule entschieden. Die Umstellung von der Schule auf die Hochschule fiel ihm leicht. „Ich arbeite gern selbständig und teile mir meine Zeit

Sein erstes Praktikum absolviert Andreas Wimmer in der Fer­ tigungsmittelkonstruktion eines Automobilherstellers, dort sammelt er erste Praxiserfahrung in der Konstruktion, lernt den Umgang mit der Konstruktionssoftware CATIA und arbei­ tet eng mit der Fertigung zusammen. Zurück an der Hoch­ schule steht die nächste Herausforderung an: Die Industrielle Projektarbeit (IPA). Über einen Zeitraum von 2 Semestern erar­ beitet er in einem vierköpfigen Team eine Themenstellung für einen Automobilhersteller. „Aus IPA lernt man, dass die Zusammenarbeit im Team eine Herausforderung ist“, doch das selbständige Arbeiten, die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und sich zu entfalten gefallen ihm. „IPA war für mich eine der wichtigsten Erfahrungen während meiner Studienzeit“ sagt Wimmer rückblickend, „es bereitet optimal auf das Arbeitsleben vor und wichtige Fähigkeiten wie eine selbständige Arbeitsweise, Präsentationen, der Umgang mit Kunden und die Zusammenarbeit im Team werden geschult“. Seine Diplomarbeit verfasste er in der Vorentwicklung eines Automobilzulieferers. Wichtig war ihm vor allem ein Thema, das den Entwicklungsprozess in der Tiefe beinhaltet. In sei­ nem Fall von der Konzepterstellung über die Konstruktion bis hin zur Optimierung mittels Strömungs- und Festigkeits­ simulation. Noch während seiner Diplomarbeit beginnt er, sich für seinen Berufseinstieg zu bewerben, „überwiegend in der Automobilbranche“, fügt er hinzu, weshalb er sich auch bei der Dräxlmaier Group beworben hat. Was ihn an diesem Unternehmen immer noch begeistert, ist die Fertigungstiefe, „vom Design bis zum Bauteil, alles aus einem Haus, das können nur wenige Firmen bieten. Dank der vielfältigen Einsatzbereiche findet der Jungingenieur hier optimale Arbeitsbedingungen und damit auch Entwicklungs­ möglichkeiten vor. Bereits zwei Wochen nach seiner Bewerbung bei der ­Dräxlmaier Group ist er zum Vorstellungsgespräch in der Unternehmenszentrale in Vilsbiburg. „Das Gespräch fand in lockerer Atmosphäre statt“, das kollegiale Arbeitsklima schätzt er auch in seinem Arbeitsalltag sehr. „Die Einarbeitung erfolgte nicht nur fachlich, immer wieder wurden auch persönliche Din­ ge angesprochen. Der direkte Draht zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter ermöglicht außerdem jederzeit Rückfragen.“

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Nach seiner Einarbeitungsphase, während der er verschiedene Bereiche durchlief und kleinere Tätigkeiten übernahm, arbei­ tet Andreas Wimmer heute in einem fünfköpfigen Team in der Produktentwicklung. Zusammen mit seinen Kollegen kon­ struiert er Bauteile für Mittelkonsolen, wie beispielsweise den BMW X1, der ab September diesen Jahres produziert wird.

Andreas Wimmer, Produktentwickler

Während seines ersten Berufsjahres hat sich der junge Ingeni­ eur weiteres Wissen in den Bereichen Entwicklung, Konstruk­ tionsmethodik und Bauteilkonstruktion angeeignet. Als sehr spannend erachtet er das Ineinandergreifen von Entwicklung, Simulation und Testing aber auch den Kontakt mit dem Kun­ den, dessen Anforderungen erfüllt werden müssen. Immer auf dem neuesten Wissenstand zu bleiben ist für Andreas Wimmer sehr wichtig, lebenslanges Lernen für ihn eine Selbstverständlichkeit. Diesen Rat gibt er auch anderen Kunststofftechnikstudenten: „Es ist wichtig, sich im Studi­ um eine breite Wissensbasis zu schaffen, jobrelevantes Spe­ zialistenwissen muss man sich selbst aneignen und laufend aktualisieren.“

Die Aufgabe der Studierenden im Rahmen des Projektes war die Ermittlung einer verlust- und zerstörungsfreien Prüfmethode bei der Airbagschwächung mittels Laser im Herstellungsprozess Instrumententafel. Hierbei wurden die Prozessparameter Spritzguss und deren gegenseitige Beein­ flussung einerseits und mögliche Abhängigkeiten zum Prozes­ sergebnis andererseits, mittels statistischer Versuchsplanung (DoE – Design of Experiments) untersucht. Ziel war es, eine Korrelation zwischen diesen Parametern und dem Prozesser­ gebnis – korrektes Lasern bzw. Airbagfunktion - herzustel­ len. Dies würde bedeuten, dass aufwändige Prüfungen und Wartezeiten während der Produktion in den Werken entfallen und nur bestimmte Prozessparameter genauestens überwacht werden müssen. Betreut wurde das Team während der Projektarbeit von Dr. Wolfgang Fischer, Leiter Oberflächen und Applikationen bei der Dräxlmaier Group, sowie Prof. Dr. Michael Schemme von der Hochschule Rosenheim. Während des Wintersemesters setzten die Studierenden sich in groben Zügen mit der Aufgabenstellung auseinander und definierten in einem Kick-off-Meeting zusammen mit dem firmenseitigen Betreuer die Projektziele. Im Sommersemester erfolgte dann die Durchführung der Projektarbeit. „Die Studierenden waren sehr engagiert und haben sich rasch in die Problemstellung eingefunden und eigenständig Vor­ schläge eingebracht. Die Projektarbeit und Meetings fanden in einer kooperativen und kommunikativen Atmosphäre auf professioneller Ebene statt“, versichert der unternehmenssei­ tige Betreuer Dr. Wolfgang Fischer. Diese Form der Zusammenarbeit bietet den Studieren­ den einen sehr guten Einblick in das Unternehmen und

Industrieelle Projektarbeiten (IPA) bei der Dräxlmaier Group Zum Wintersemester 2008/2009 startete erstmals eine Zusammenarbeit zwischen Studierenden der Fakultät Kunst­ stofftechnik der Hochschule Rosenheim und der Dräxlmaier Group in Form einer Industriellen Projektarbeit (IPA). Eine Gruppe Studierender bearbeitete hierbei als eine Art Ingeni­ eursdienstleister ein Projekt aus der Unternehmenspraxis. Die Dräxlmaier Group reichte mehrere Themenstellungen ein, aus denen die Studierenden zu Anfang des Wintersemesters ein Thema auswählten.

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Airbagschuss


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praxisrelevante Aufgabenstellungen. Das Unternehmen hat im Gegenzug die Möglichkeit, sich einen persönlichen Ein­ druck von möglichen Nachwuchskräften zu verschaffen und diese anschließend langfristig ans Unternehmen zu binden.

Sieben Studierende sind an der Hochschule Rosenheim, fünf davon im Studiengang Kunststofftechnik eingeschrieben.

Duales Studium Kunststofftechnik bei der Dräxlmaier Group

„Die Wahl des Studiengangs fiel auf Grund meines Interesses an Naturwis­ senschaften und modernen, innovativen Werkstoffen, die auf verschiedenste Art und Weise verarbeitet und eingesetzt werden können. Das duale Studium bie­ tet mir die Möglichkeit, schon während der Ausbildung, praktische Erfahrungen aus dem Berufsalltag eines international operierenden Unternehmens zu sammeln. Des Weiteren erleichtert es nach dem Studium den Wechsel vom Hörsaal in die Arbeitswelt.“ (Andreas Kuhnert, Dualer Student Kunststofftechnik)

Um dem Fachkräftemangel, vor allem im technischen Bereich, entgegenzuwirken, widmet sich die Dräxlmaier Group ­intensiv der Nachwuchsförderung. Neben der klassischen Berufs­ ausbildung bietet das Unternehmen seit mehreren ­Jahren Beschäftigungsmöglichkeiten für Studierende, um den hohen Personalbedarf an hochqualifizierten, akademisch ausge­ bildeten Mitarbeitern zu decken. Neben den Einsatzmög­ lichkeiten im Rahmen von Praktika, Abschlussarbeiten und Werkstudententätigkeiten setzt die Dräxlmaier Group seit 2003 sehr erfolgreich auf das Duale Studiensystem. Bisher arbeitete man hierbei mit den Berufsakademien in BadenWürttemberg zusammen, da es diese Form des dualen ­Studiums in Bayern bisher nicht gab. Durch die Initiative „Hochschule Dual“ als Bildungspartner der bayerischen Wirtschaft, wurde die Duale Form des Studiums auch an den bayerischen Hochschulen (vormals: Fachhoch­ schulen) bekannt. Die Dräxlmaier Group bietet in Zusammenarbeit mit ihren Ziel­ hochschulen, zu der auch die Hochschule Rosenheim zählt, das Studium mit vertiefter Praxis an. Hierbei verbringen die Studie­ renden die vorlesungsfreien Zeiten und das Praxissemester im Unternehmen und schreiben dort auch ihre Bachelorarbeit. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Studierenden können ihr an der Hochschule erlerntes Wissen direkt in der Praxis anwenden und lernen bereits während ihres Studiums die Strukturen und Prozesse des Unternehmens kennen. Sie verfügen am Ende des Studiums über firmenspezifisches Praxis-Know-How, dadurch reduziert sich die zeit- und kostenintensive Einarbeitung zu Beginn der Festanstellung. Auch für die Studierenden bietet das Duale Studium zahlreiche Vorteile: neben des Praxisbe­ zuges und einer hohen Übernahmewahrscheinlichkeit nach Beendigung des Studiums spielt sicher auch die finanzielle Sicherheit durch eine monatliche Vergütung eine Rolle. Zum 01.10.2008 haben die ersten 25 Dualen Studierenden (Studium mit vertiefter Praxis) diese neue Form des Studiums in Zusammenarbeit mit der Dräxlmaier Group begonnen.

Drei der Dualen Studierenden ziehen im Folgenden eine kurze Zwischenbilanz nach dem ersten Studienjahr.

„Ich habe mich für Kunststoff­technik entschieden, da dieser Bereich sehr umfangreich für das Berufsleben an­gelegt ist und auch zukünftig in der Forschung und Entwicklung ein Thema sein wird. Im Dualen Studium werde ich von Dräxlmaier bei sämtlichen Fragen unterstützt und habe ebenso die Möglichkeit in den Praxis­ phasen in alle Bereiche hineinzuschnuppern.“ (Petra Geltin­ ger, Duale Studentin Kunststofftechnik) „Die Möglichkeit des Dualen Studiums ist die ideale Kombination aus Stu­ dium und praxisnaher Arbeit. In den Semesterferien erleben wir Industrie und Wirtschaft hautnah in den unter­ schiedlichen Abteilungen, in denen wir Aufgaben nach unserem Wissensstand erhalten. An der Hochschule gibt es sehr gute Professoren, die die Praxis meist selbst miterlebt haben und so den Stoff mit praktischen Beispielen belegen können. Obwohl Kunststoff­ technik eher einer der kleineren Studiengänge ist, so ist es wohl einer der innovativsten.“ (Chrystin Sobstyl, Duale ­Studentin Kunststofftechnik) Um auch weiterhin den akademischen Nachwuchs zu sichern, setzt die Dräxlmaier Group auch im Wintersemester 2009 wieder auf das Duale Studienkonzept und die intensive Zusammenarbeit mit der Hochschule Rosenheim.

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Leicht, stabil, sicher –

Polycarbonat im Dachbereich von Fahrzeugen

Autor: Jochen Walz, Leitung Produktcenter Polycarbonat, Webasto AG

Smart – Polacarbonat im Innenbereich

Herr Walz, heute leiten Sie den gesamten Bereich Polycarbonat bei Webasto. Wie begann Ihre Karriere im Bereich Kunststoffe? Ich habe Maschinenbau an der Fachhochschule in Esslingen studiert. Neben dem Abschluss als Diplomingenieur erwarb ich gleichzeitig den Bachelor of Science an der University of Central Lancashire in Preston (UK). Meine Karriere bei Weba­ sto begann ich 2001 als Teamleiter für Fertigungstechnolo­ gie von Dachsystemen. Im Jahr 2002 waren wir auf der Suche nach einem alternativen Werkstoff für Dachsysteme und schnell war uns klar, dass Polycarbonat eine gute Alternati­ ve ist. Heute leite ich die Abteilung Polycarbonat im Webasto Kunststoffzentrum in Schierling. Diese Aufgabe umfasst die Entwicklung, die Produktion, das Projektmanagement, sowie den Vertrieb der im Werk gefertigten Produkte.

Mit dem Namen Webasto verbinden viele Standheizungen und Schiebedächer? Ist das korrekt? Walz: Es stimmt, viele assoziieren mit Webasto nur Schiebe­ dächer oder Standheizungen. Dabei ist unser Produktportfo­ lio viel breiter. Im Geschäftsbereich Convertible Roof & Body

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(CRB) entwickeln wir Cabrio-, Dach- und Karosseriesysteme und im Geschäftsbereich Global Comfort Solutions (GCS) bie­ ten wir Heiz-, Kühl- und Lüftungssysteme an. Basis für unse­ re Marktführerschaft sind unsere innovativen Produkte, die wir unter dem Motto „Feel the drive“ entwickeln. Und das schon seit langer Zeit. Webasto blickt auf eine über 100 jäh­ rige Geschichte zurück und im Automobilbereich setzen wir bereits seit mehr als 75 Jahren technologische Standards.

Innovation ist ein gutes Stichwort. Was bedeuten Innovationen für Webasto? Walz: Innovation ist die Triebfeder von Webasto, bedeutet es doch, dass man Trends früher als andere erkennt und dafür zukunftsorientierte Lösungen entwickelt. Ohne sie kann heut­ zutage kein erfolgreicher Zulieferer bestehen. Aus diesem Grund investieren wir einen großen Anteil unseres Umsatzes in Forschung und Entwicklung.


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Wie wichtig sind für Webasto gut ausgebildete Absolventen der Fachrichtung Kunststofftechnik?

Seit wann wird Polycarbonat im Fahrzeugbau verwendet?

Walz: Eine gute Qualifizierung erleichtert den Einstieg ins Berufs­ leben erheblich. Für einen innovativen Zulieferer wie Webasto sind kreative Mitarbeiter das A und O. Sie müssen sich vorstel­ len, dass von uns seitens der Automobilhersteller permanent neue Lösungen gefordert werden. Da sind natürlich junge, gut­ ausgebildete Leute, die um die Ecke denken und fundierte Fach­ kenntnisse mitbringen, ein Erfolgsfaktor. Aus diesem Grund sind bei uns Absolventen aus der Fachrichtung Kunststofftechnik von der Fachhochschule Rosenheim immer sehr willkommen.

Seinen Siegeszug im Automobilbereich trat Polycarbonat über die Verwendung in Scheinwerfern in an. Das begann in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Seither ist der Anteil der Fahrzeugkomponenten aus Polycarbonat stetig gestie­ gen. Viele Designer planen heute schon mit Polycarbonat, da der Werkstoff vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten bietet. So werden immer mehr Designstudien mit Komponenten aus Polycarbonat vorgestellt. Einzig die höheren Kosten gegenü­ ber Glas verhindern heute noch den ungebremsten Siegeszug. Was ist der Vorteil von Leichtbaumaterialien im Dachbereich? Panoramadächer sind große Applikationen in einem Auto. Verwendet man hier Leichtbaumaterial, kann man durch ein einziges Bauteil viel Gewicht einsparen. Folglich senken Dach­ systemen aus Polycarbonat das Gesamtgewicht der Fahrzeuge deutlich und somit den Kraftstoffverbrauch. Da der CO2Ausstoß direkt vom Kraftstoffverbrauch abhängt, emittieren leichte Fahrzeuge weniger CO2 – ohne dass auf Sicherheit und Komfort verzichtet werden muss. Ein weiterer Pluspunkt beim Einsatz von Dachsystemen aus Polycarbonat: Der Schwer­ punkt des Fahrzeugs verlagert sich nach unten, was sich positiv auf die Fahrzeugdynamik und die Fahr­eigenschaften auswirkt.

Welchen Herausforderungen stehen sie als Zulieferer derzeit gegenüber? Welche Themen stehen im Fokus? Walz: Die hohen Kohlendioxid-Emissionen (CO2) von Fahr­ zeugen sind derzeit eines der beherrschenden Themen der Automobilbranche. Gefragt sind daher nachhaltige Lösungs­ ansätze, die dafür sorgen, dass Fahrzeuge weniger Treibstoff verbrauchen und somit weniger CO2 emittieren. Aus diesem Grund ist das Thema Leichtbau – und damit verbunden Poly­ carbonat – für uns ein sehr wichtiges Innovationsfeld.

Leichtbau - welchen Beitrag leistet Webasto mit ­s einen Produkten dazu?

Warum eignet sich ausgerechnet Polycarbonat?

Walz: Webasto bietet unterschiedliche Technologien und Werkstoffe zum Thema Leichtbau an. Einmal verarbeiten wir beispielsweise Paper Honeycomb für Beschattungssysteme für Schiebedächer. Dieser Werkstoff besteht aus Polyurethan, Pappe in Wabenstruktur und einer Glasfaserverstärkung. Die Gewichtsersparnis liegt bei 30 bis 40 Prozent im Vergleich zum sonst gebräuchlichen Material aus Polyurethan. Noch mehr Gewichtsreduktion erreichen wir mit dem Werkstoff Polycarbonat. Das geringere Gewicht von Dachsystemen aus Polycarbonat, besonders bei großen Dachsystemen, senkt den Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge. Damit wird weniger Kohlendioxid emittiert – ohne jedoch auf Sicherheit und Kom­ fort verzichten zu müssen. Rückenwind bekommt das Thema Leichtbau derzeit durch den zunehmenden Druck aus Politik und Gesellschaft, dass Fahrzeuge nur noch eine bestimmte Menge an CO2 emittieren dürfen. Aus diesem Grund wird der Einsatz von Polycarbonat mittelfristig stark zunehmen.

Walz: Mit einer spezifischen Dichte von 1,2 g/cm³ ist Polycar­ bonat sehr leicht. Komponenten aus Polycarbonat wiegen bis zu 50 Prozent weniger als die entsprechenden Teile aus Glas. Darüber hinaus ist Polycarbonat extrem schlagfest. Für den Einsatz im Dachbereich ist diese Eigenschaft besonders wichtig, da der Schutz der Insassen im Falle eines Unfalls oder Steinschlags jederzeit gewährleistet sein muss. Die Lichtdurch­ lässigkeit von Polycarbonat beträgt rund 90 Prozent, wobei es UV-Strahlung vollständig adsorbiert. Reines Polycarbo­ nat ist durchsichtig. Aus diesem Grund wird der Werkstoff für die Verwendung im Dachbereich getönt. Den Einfär­ bungsgrad bestimmt der Kunde je nach Fahrzeugdesign. In der Regel beträgt die Lichtdurchlässigkeit nach der Färbung zwischen zehn und 20 Prozent. Zudem adsorbiert Polycarbo­ nat UV-Strahlung fast vollständig. Auf diese Weise lässt sich trotz hoher Transparenz ein angenehmes Innenraumklima im Fahrzeug realisieren. Auch Fahrzeugdesigner haben Freude

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Smart – Polacarbonat von aussen

an dem High-Tech Kunststoff. Aufgrund seiner exzellenten Formbarkeit erlaubt er große gestalterische Freiheiten. Die Möglichkeiten reichen von in die Heckscheibe integrierte Antennen bis hin zu geschwungenen Scheiben – fast alles ist mit Polycarbonat realisierbar.

Seit wann engagiert sich Webasto in diesem Bereich Polycarbonat? Walz: Wir haben im Jahr 2002 begonnen, das Thema Leicht­ bau und Polycarbonat zu forcieren – zunächst ohne konkreten Serienauftrag. Wir waren von dem Werkstoff und seinem Zukunftspotenzial überzeugt. 2004 haben wir das erste Ver­ suchswerkzeug bauen. Ein Jahr später gewannen wir den Auf­ trag für das smart-Dach, dass wir seit 2007 produzieren. Dank der speziell entwickelten Fertigungstechnologie gelang es erstmals, eine Polycarbonatscheibe von über einem Quadrat­ meter Größe in einer hochwertigen Qualität herzustellen. Bis heute haben wir 200.000 Panoramadächer aus Polycarbonat für den smart gefertigt. Für unsere Kunststoffkompetenz sind wir 2008 mit dem renommierten PACE-Award, dem soge­ nannten Kunststoff-Oscar, ausgezeichnet worden.

Wo finden Entwicklung und Produktion statt? Walz: Die Produktion läuft in unserem Kunststoffkompetenz­ zentrum in Schierling bei Regensburg. Die Entwicklung und das Testing der Prototypen und Produkte finden in unserer Zentrale in Stockdorf statt.

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Wird Webasto weiter in diese Zukunftstechnologie investieren? Walz: Hier ein ganz klares Ja. Wir sind überzeugt von Polycar­ bonat. Als innovativer Zulieferer sehen wir es Verpflichtung und Motivation zugleich zukunftsfähige Lösungen zu entwi­ ckeln und umzusetzen. Das ist uns mit Polycarbonat gelungen. Inzwischen haben wir vier weitere Serienaufträge gewonnen. Einer läuft noch in diesem Jahr an, die anderen drei im kom­ menden Jahr. Daher werden wir im Herbst eine zweite Pro­ duktionslinie in Schierling in Betrieb nehmen.

Für welche Fahrzeuge eignet sich der Einsatz von Polycarbonat? Und für welche Teile? Walz: Fast alle Hersteller von Pkw verarbeiten heute bereits Polycarbonatteile in ihren Fahrzeugen. Derzeit beobachten wir aber auch, dass sich selbst Nutzfahrzeughersteller für Poly­ carbonat interessieren. Das liegt daran, dass die Fahrerkabine immer mehr zur Designfläche wird und hier Polycarbonat viel­ fältige Möglichkeiten bietet.

Welche Lösungen kann/wird es in Zukunft von Webasto aus Polycarbonat geben? Walz: Das Potenzial von Polycarbonat ist noch längst nicht ausgeschöpft. Denkbar sind feste Seitenscheiben, Heck­ scheiben und Verkleidungsteile in Glasoptik. Zudem kann man über die Integration anderer Funktionen in Polycarbonat nachdenken. Hier sind beispielsweise Heizdrähte oder auch Solarzellen möglich. Mit diesen Themen beschäftigen wir uns schon heute.


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Wie ich zum „Rosenheimer“ wurde

Kunststoffe Compoundieren leicht gemacht

Prof. Dr. rer. nat. Dirk Muscat

Prof. Dr.-Ing. Eduard Winkel

Meine Ankunft in Rosenheim im Herbst 2003 war mit der angenehmen Überraschung verknüpft, ein modern einge­ richtetes Labor verwalten zu dürfen. Trotz der hervorra­ genden Labormöbel fehlte es an zeitgemäßen Analysen­ geräten für Lehre und Forschung. Dank der Unterstützung der Industrie, besonders der Firma Amoena aus Raubling, der Kollegen und der Hochschulleitung konnte eine mo­ derne Infrarotspektrometrie mit einer ATR-Meßeinheit an­ geschafft werden. Damit können wir heute sowohl in der Lehre wie auch als Dienstleistung zerstörungsfreie Kunst­ stofferkennung und Alterungsschädendetektion anbieten. Für unsere Studenten war dies ein großer Schritt nach vorn und ich freue mich immer über die Bauteile, die sie selbst für die Kunststofferkennung mitbringen. Ein weiterer Meilen­ stein war die Anschaffung einer funktionstüchtigen Gelper­ meationschromatographie dank eines großen Forschungs­ auftrages eines in der Region ansässigen Unternehmens und der damit verbunden Förderung durch den Staat. Diese Neuerwerbung befindet sich nun im Aufbau und wir hof­ fen, damit in Zukunft Lehraspekte wie Molekulargewichts­ verteilungen, Additivausrüstung etc. aktiv den Studenten im Rahmen von Praktika vermitteln zu können.

„Tailor-made-products“, ein Slogan, mit dem die Rohstoff­ hersteller noch Ende der 90er Jahre Werbung auf sämt­ lichen Messen sowie in Ihren Brochüren betrieben haben. Heute dagegen wollen die Rohstoffhersteller davon nichts mehr wissen. Ursache dafür sind zum einen die Zusammen­ schlüsse einiger Rohstoffhersteller in den letzten 10-15 Jah­ ren mit dem Ziel Synergien bzgl. der Kunststoffproduktion zu erzielen, und zum anderen die Inbetriebnahme immer größerer und leistungsfähigerer Polymerisations- und Auf­ bereitungsanlagen, die aufgrund ihrer Durchsatzmengen nur noch die Produktion von Massenprodukten zulassen.

Nach nunmehr sechs Jahren Aufbauarbeit im Chemie­ labor und acht unterrichteten Jahrgängen bin ich stolz, ein ­„Rosenheimer“ zu sein und freue mich auf die zukünftigen Herausforderungen.

Dem gegenüber stehen jedoch die Forderungen des Marktes nach High-Tech-Produkten, und dies nicht nur für technische Anwendungen, sondern z.B. auch im Bereich der Verpackungen. Welche Möglichkeiten bleiben nun dem Verarbeiter diese Marktanforderungen zu erfüllen? Grundsätzlich bieten sich dazu zwei Wege an – der Einsatz diverser Masterbatche oder die Verwendung fertiger Compounds. In beiden Fällen ist der Verarbeiter dabei auf Compoundeure angewiesen. Dabei besteht allerdings immer die Gefahr des know-how-Verlusts. Eine eigene Masterbatchherstellung bzw. die Produktion eigener Compounds ist für die meisten Verarbeiter jedoch in der Regel nicht möglich, da der appa­ rative und personelle Aufwand viel zu groß wäre. Hier könnte nun der Studiengang Kunststofftechnik ins Spiel kommen. Seit Anfang 2009 ist der Studiengang KT mit einem eigenen Compoundierraum ausgestattet. Dieser Compoundierraum – ausgestattet mit einer 25er Coperion ZSK mit zwei Seitenbeschickern, Vakuumentgasung, Fest und Flüssig-Dosierung von Additiven und Zusatzstoffen, Wasserbad und Granuliereinrichtung – ist zwar in erster ­Linie für die Ausbildung der KT-Studenten vorgesehen, kann aber auch von externen Firmen genutzt werden. Einige Firmen haben in der Zwischenzeit auch schon von diesem Angebot Gebrauch gemacht, und die Compoundier­ anlage sowohl mit als auch ohne Bedienpersonal der Hoch­ schule gegen eine relativ geringe Gebühr für Stunden bzw. Tage gemietet.

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Plastics Meets Microelectronics Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Radlik Beim Begriff „Kunststoff“ denkt man im Zusammenhang mit Elektrotechnik zuerst an elektrische Isolierungen. Es gibt je­ doch sehr viele elektrische und elektronische Systeme, deren Funktionalität überhaupt erst durch den Einsatz von Kunst­ stoffen realisierbar wird. Nachfolgend werden dazu zwei Bei­ spiele vorgestellt. In vielen Kondensatoren befinden sich Kunststoff-Folien als Dielektrikum zwischen den als Metallfilmen ausgebil-deten Elektroden. Hierfür kommen verschiedene thermo-plastische Kunststoffe zum Einsatz, z.B. PEN, PPS, PP, PS oder PC. Insbesondere bei miniaturisierten Bauformen, wie sie z.B. auch in Mobiltelefonen zu finden sind, müssen die Abmes­ sungen bei gleichzeitig hoher Kapazität sehr klein sein. Zwangsläufig bedeutet dies, dass das Dielektrikum respektive die Kunststoff-Folie sehr dünn sein muss. Das macht Foliendi­ cken zwischen 3 bis 5 Mikrometer er-forderlich – im Vergleich dazu erscheint ein menschliches Haar mit ca. 80 Mikrometer Durchmesser fast wie ein Baumstamm. Diese extrem dünnen Folien müssen hohe Spannungsfestigkeiten aufweisen, d.h. sie müssen bestimmten elektrischen Spannungen widerstehen, ohne dass es zu elektrischen Durchschlägen kommt. Dabei würde der Kondensator unbrauchbar werden.

Abb.1: Aufbau eines Folienkondensators

Die Spannungsfestigkeit der Folien kann im Labor für elek­ trische Werkstoffprüfung der Hochschule Rosenheim mit Spannungen bis zu 60000 Volt geprüft werden (Abb.2). Neben der Spannungsfestigkeit der Kunststoff-Folie ist auch entscheidend, wie gut sie tatsächlich isoliert.

Abb. 2: Gewitter im Laborformat: Hochspannungsprüfung von Kondensatorfolien nach DIN 53481

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Mit entsprechend empfindlichen Messgeräten lässt sich nach­ weisen, dass jeder Kunststoff eine wenn auch sehr ­geringe Leitfähigkeit besitzt. Sie liegt je nach Art des Kunststoffes in einer Grössenordnung von 10 -15 Ω-1 cm-1 (zum Vergleich: Kup­ fer leitet um einen Faktor 1020 besser). Auch wenn die Leit­ fähigkeit sehr gering ist, so ist sie doch dafür verantwortlich, dass sich ein Kondensator mit der Zeit selbst entlädt. Wird ein Kondensator an Wechselspannung betrieben, fliessen wegen dieser Leitfähigkeit Leckströme, die eine Erwärmung des Kondensators zur Folge haben.

Spezifische Leitfähigkeit κ von Kunststoff-Folien als Funktion der Temperatur. Gemessen im Labor für elektrische Werkstoffprüfung

Mit steigenden Temperaturen nimmt aber die Leitfähigkeit von Kunststoffen generell zu. Dies wiederum verursacht steigende Leckströme durch die Folie und als Konsequenz eine weitere Erwärmung. Damit es durch diesen sich selbst verstärkenden Mechanismus letztlich nicht zu einem elek­ trischen Durchschlag kommt, werden als Dielektrikum nur solche Kunststoffe eingesetzt, die nur eine geringe Zunah­ me der Leitfähigkeit bei erhöhten Temperaturen zeigen. In Abb.3 ist das unterschiedliche Temperatur-verhalten der Leitfähigkeit für zwei verschiedener Kunststoff-Folien wie­ dergegeben. Eine andere Anwendung von Kunststoffen in der Mikroelek­ tronik ist die Umhüllung von integrierten Schaltkreisen (IC) zum Schutz vor mechanischer Beschädigung, Korrosion und (natürlicher) α -Strahlung.

Abb.4: Prinzipieller Aufbau eines IC-Gehäuses (Einsatz), darunter ver­ schiedene IC-Gehäuse: in der Mitte ein VSOP-, unten zwei TSOP-­Gehäuse (Maßstab in Millimeter-Teilung)

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Abb.5: Leadframe mit einem vollständig und einem zur Demonstration unvollständig umspritzten IC

Bevor ein IC in das Kunststoffgehäuse eingebettet werden kann, wird er auf einem sog. Leadframe montiert. Dieser Sys­ temträger besteht aus der mittig angeordneten Insel, auf die der IC montiert wird, und den peripher dazu gelegenen Kon­ taktfingern, die später die aussen sichtbaren Anschlusskon­ takte des ICs bilden. Die Kontaktfinger werden mit den entsprechenden Anschlüssen auf dem IC durch Golddrähte elektrisch verbunden, die einen Durchmesser von lediglich 20 Mikrometern aufweisen. Das Gehäuse selbst wird durch Spritzpressen hergestellt. Dazu wird der mit dem IC bestückte Leadframe in ein be­ heiztes Formwerkzeug eingelegt, in das ein thermisch schnell härtendes Epoxidharz unter hohem Druck eingespritzt wird. Dabei können Beschädigungen an dem empfindlichen IC während des Auffüllens der Formkavität durch zu hohe Druckdifferenzen, die aus sich unterschiedlich ausbreiten­ den Fliessfronten des Epoxids resultieren, auftreten. Um eine gleichmässige Ausbreitung der Fliessfronten und gleichzeitig

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auch eine vollständige Füllung ohne Lunker zu erreichen, hat es sich als günstiger erwiesen, die Angusspunkte in die Ecken und nicht in die Seitenmitten der Formkavitäten zu legen. Ausserdem muss die Viskosität des Epoxids über die Tempe­ ratur so eingestellt werden, dass die Bonddrähte nicht durch das einströmende Material deformiert werden. Dieses sog. Ver-wehen der Bondrähte würde dazu führen, dass sich die Drähte berühren und damit die Funktion des ICs durch Kurz­ schluss gestört werden würde. Der IC würde damit in einem der letzten Schritte der Wertschöpfungskette zum Ausschus­ steil mit einem entsprechend hohen wirtschaftlichen Verlust. Trotz höherer Kosten hat sich das Spritzpressen hier gegen­ über dem in der Kunststofftechnik weitaus häufiger ange­ wendeten Spritzgiessen durchgesetzt. Grund ist, dass die Schmelzviskosität thermoplastischer Kunststoffe nicht so weit abgesenkt werden kann, dass Verwehungen von Bond­ drähten im Hinblick auf die geforderten hohen Ausbeuten mit Sicherheit vermieden werden können.


40 Jahre Kunststofftechnik

Zustandsabhängige Prozessführung für energieeffiziente und ressourcenschonende Produktion von Kunststoffformteilen (ZuPrEff)

Pro Jahr werden in Deutschland ca. 2,5 Millionen Tonnen Kunststoffe mittels Spritzgießen verarbeitet, wobei 81% der Energie durch das notwendige Aufschmelzen bei 165 350°C und das anschließende Abkühlen vernichtet wird. Die tonnenschweren Werkzeuge sind auf eine einheitlich hohe Temperatur (bis 140°C) aufgeheizt, die sich nach der engsten Werkstückstelle richtet. Da das Werkzeug inklusive Temperie­ rung und die Maschine autonom agieren, sind für eine gesi­ cherte Produktion beidseitige Temperaturreserven eingestellt, um auch bei unvermeidlichen, oft materialbedingten Pro­ zessschwankungen qualitativ ausreichende Produkte zu fer­ tigen. Zudem hat der Anwender kein Bewusstsein dafür, wie viel Energie genau benötigt wird und welche Parameter sich wie stark auf den Energieverbrauch auswirken. Insgesamt ist damit oft ein unnötig hoher Energieeinsatz verbunden. Das Einsparpotential ist deshalb beim Spritzgiessen erheblich und soll im Rahmen eines vom BMBF geförderten Projektes mit Beteiligung der Firmen Kraus Maffei, GWK und Krall­ mann, dem Frauenhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung und dem Studiengang Kunststofftechnik der Hochschule Rosenheim ermittelt und durch entspre­ chende Optimierungen des Spritzgussprozesses erschlossen werden. Die Energieeffizienz des Gesamtprozesses, bestehend aus Maschine, Werkzeug und Temperierung, wird einerseits durch maschinen- und werkzeugtechnische Entwicklungs­ maßnahmen sowie die Entwicklung einer kooperativen Regelung der bisher autonomen Teilsysteme gesteigert. Andererseits kann der Anwender durch die Realisierung eines Energiemonitorings den Energieverbrauch des Gesamtpro­ zesses beurteilen. Neben Qualität- und Zykluszeit kann so auch die Energie­effizienz bei der Einstellungsoptimierung berücksichtigt werden, was durch Vorschläge der Steuerung zusätzlich unterstützt wird. Bei der Werkzeugtemperierung, die 47% der Gesamtenergie benötigt, wird ein Einsparpo­ tential von 20% erwartet. Durch die weiteren Maßnahmen in der Maschine, die komponentenübergreifende Regelung

von Johannes Eben

sowie Reduktion von Fehlproduktionen ist für den Gesamt­ prozess ein geschätztes Einsparpotential von bis zu 28% des Energiebedarfs möglich. Ein Kernpunkt zur Erreichung der Ziele ist die modellhafte Beschreibung von relevanten Schmel­ ze- und Werkstückzuständen in Abhängigkeit von Prozess­ schwankungen. Diese bilden sich in Sensorsignalen aus dem Werkzeug und der Plastifiziereinheit ab. Basierend auf Ver­ suchsreihen an einer Spritzgussanlage, die um Messtechnik sowie die zu erarbeitende segmentierte Werkzeugtemperie­ rung erweitert wird, werden die Zusammenhänge zwischen Einflussgrößen (Material, Einstellparameter), Prozesszustand und Teilequalität erarbeitet und in beschreibende Modelle überführt. So kann zu jedem Zeitpunkt der Zustand relevanter Prozessgrößen (z.B. Schmelzeeigenschaften, Werkzeug­ oberflächentemperatur) abgeleitet und zur Regelung dieser Zustandsgrößen verwendet werden. Durch die übergeord­ nete Regelung werden Schwankungen in der Maschine durch zielgerichtete Reaktionen der Werkzeug­temperierung ausge­ glichen. Hierfür ist eine segmentierte Werkstücktemperierung notwendig, die durch lokale Heiz- und Kühlelemente schnell reagieren kann. Insgesamt wird die Prozessstabilität gesteigert und bisher notwendige Temperaturreserven können redu­ ziert werden. Durch die lokale Temperierung können zudem kritische Werkstückstellen gezielt beeinflusst und somit die Grund­temperierung des Werkzeugs gesenkt werden. Für das Energiemonitoring werden detaillierte Energie­bilanzen des Gesamtprozesses aufgestellt, die Abhängigkeiten von Prozes­ sparametern und Umgebungsbedingungen berücksichtigen (z.B. Wärmeabstrahlung). Dadurch werden Zusammen­hänge abgebildet und die Potenziale von Optimierungs­maßnahmen können ab­geschätzt werden. Die Energiebilanzen werden in ein Energie­monitoring überführt, welches neben dem Energieverbrauch der Maschine auch das Werkzeug und die Temperiereinrichtungen berücksichtigt. Eine Integration in die Maschinensteuerung er­möglicht eine Aussage über den aktuellen Energieverbrauch. Der Anwender kann den Prozess energieoptimal einstellen. Unterstützt wird er dabei durch eine erarbeitete Wissensbasis, die Zusammenhänge zwischen Einstellparametern des Prozesses und dem Energiebedarf

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abbildet. Unter Berücksichtigung des Energieverbrauchs und den Maschinen­parametern vorangegangener Zyklen werden dem Maschineneinrichter Hinweise zu einer energieeffizi­ enteren Prozesseinstellung gegeben. Alle entwickelten Kom­ ponenten werden in einem Demonstrator zusammengeführt, an dem die Projektergebnisse präsentiert werden können. Als Ergebnis stehen die entwickelten Einzelkomponenten sowie eine komponentenübergreifende Regelung inklusive der notwendigen Schnittstellen zur Verfügung. Durch die Summe der Maßnahmen wird eine Steigerung der Ressour­ cen- und Energieeffizienz von bis zu 28% erwartet. Darin sind die Energieeinsparungen durch geringere Werkzeugund Schmelzetemperatur ebenso eingerechnet wie kürzere Zykluszeiten und geringere Fehlproduktionen durch schnel­ lere Produkt­anläufe und optimale Prozessnachregelung. Die Projektergebnisse können prinzipiell auf alle mittels Kunststoffspritzguss hergestellten Werkstücke angewen­ det werden, d.h. Teilegewichte von ca. 0,05 g bis >50 kg. Allein in Deutschland werden pro Jahr ca. 2,5 Millionen Ton­ nen Kunststoffe durch Spritzgießen auf ca. 250.000 instal­ lierten Anlagen verarbeitet. Der Weltmarkt beläuft sich auf ca. 65.000 Anlagen pro Jahr, wobei deutsche Firmen einen Anteil von ~22% aufweisen.

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Die Verbreitung und Anwendung der Ergebnisse wird über folgende Weise forciert: Bildung eines Industriearbeitskreises mit interessierten Firmen; Darstellung des Verbundprojekts im Internet; Ergebnis­ präsentation in Beiträgen zu Konferenzen und Tagungen (z.B. bei Kunststoffzentren oder VDI); Vorstellung der Ergebnisse in Verbandsausschüssen (VDI-K, VDMA); Integration der entwickelten Komponenten in Produkte der Projekt­partner; Lizenzierung der Projektergebnisse an Interessenten. Eine mögliche Übertragung auf andere Branchen wie ZinkDruckguss oder Extrusion kann einerseits durch Firmen wie KraussMaffei, teils auch firmenintern, oder durch Kooperation mit anderen Fraunhofer-Instituten erfolgen. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird mit Mit­ teln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion von morgen“ gefördert und vom Projektträger Forschungs­ zentrum Karlsruhe (PTKA) betreut.


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Reinraumtechnik an der Hochschule Rosenheim Während der Herstellung eines Produktes ist dieses der ­ständigen Gefahr von Verunreinigung ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund entsteht für bestimmte Produktgruppen die ­Forderung nach einer möglichst reinen Fertigungsumgebung. Die Reinraumtechnik bietet einen definierten Schutz vor Umgebungseinflüssen für den Herstellungsprozess eines ­Produktes. In dem abgeschlossenen Fertigungsbereich des Reinraumes wird hierzu die Anzahl der luftgetragenen Partikel und Keime so gering wie möglich gehalten. Nun stellt sich die Frage: Wieso braucht die Kunststofftechnik einen Reinraum? Insbesondere für pharmazeutische Kunststoffartikel ist eine möglichst reine Fertigungsumgebung essentiell. Spritzgegos­ sene Kunststoffampullen, die in einer Umgebung der Rein­ heitsklasse ISO 5 (höchstens 100.000 Partikel von der Größe 0,1 μm pro m³ Luft) hergestellt werden, können ohne weitere Sterilisation mit einem Impfstoff gefüllt und verpackt werden. Weiterhin wird die Reinraumtechnik zum Beispiel bei der ­Fertigung folgender Kunststoffprodukte angewendet: • • • • • •

Resorbierbare Implantate (Medizintechnik) Kosmetikartikel (Pharmazie) Brillengläser und Kontaktlinsen (Optik) CD und DVD (Mikrotechnik) Folien (Verpackungstechnik) Karosseriebauteile (Fahrzeugtechnik)

Industrie werden verschiedenste Projekt- und Diplomarbeiten für Studenten angeboten und von Studenten umgesetzt. Seit dem Jahr 2002 wird ebenfalls die Tagung „Benedikt­ beurer Reinraumtage“ veranstaltet. Diese hat sich mittlerweile zu einem jährlichen Brachentreff entwickelt und richtet sich an Anwender sowie Neueinsteiger der Reinraumtechnik. Für die Verstärkung der praxisbezogenen Lehre und Um­ setzung von Forschungsvorhaben wird derzeit ein Reinraum im Technikum des Fachbereichs Kunststofftechnik instal­ liert. Dieses Projekt wird in Kooperation mit den Firmen Max ­Petek Reinraumtechnik und Krauss Maffei umgesetzt. Der Reinraum soll die Reinheitsklasse ISO 7 und ein verfahr­ barer Isolator die Reinheitsklasse ISO 5 erreichen. Zusätz­ lich soll dieser eine größtmögliche Variabilität bieten durch die Möglichkeit der internen und externen Anbindung von Kunststoff­verarbeitungs­maschinen. Für optimale Einsicht in die Vorgänge und Tätigkeiten innerhalb des Reinraumes wird dieser eine einseitige Komplettverglasung erhalten. Der Reinraum wird im Rahmen von Praktika, Projektarbeiten, Diplomarbeiten und kooperativer Promotionen genutzt ­werden können. Des Weiteren bietet dieser auch die Möglich­ keit zur Durchführung von Forschungsprojekten und die Ein­ führung eines spezifischen Masterstudiengangs.

Geschichte und Aktuelles zur Reinraumtechnik an der Hoch­ schule Rosenheim: Um dieser jungen und aufstrebenden Technologie Rechnung zu tragen, ist diese seit 1998 fester Bestandteil an der Hoch­ schule Rosenheim. Im Studienangebot enthalten ist die eigenständige Vorlesung „Reinraumtechnik“. Weiterhin werden auch im Fachbereich Kunststofftechnik Teilgebiete der Reinraumtechnik in fach­ nahe Vorlesungen integriert. In Zusammenarbeit mit der

Spritzgussmaschine im Reinraum (Quelle: Fa. Max Petek Reinraumtechnik)

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Vier „ehemalige Rosenheimer“ bei Sumitomo (SHI) Demag in Mittelfranken Rosenheim-Schwaig: Die Firma Sumitomo (SHI) Demag Plastics Machinery GmbH gratuliert zu 40 Jahren gelungener Ausbildung. Der japanisch-deutsche Hersteller von Spritzgießmaschinen beschäftigt an seiner Europazentrale in Schwaig bei Nürnberg aktuell vier „Ehemalige“ der Fachrichtung Kunststofftechnik. Großes Lob für die sehr gute Ausbildung kommt vom ­fränkischen Traditionsunternehmen, welches mittlerweile unter japanischer Flagge Spritzgießmaschinen entwickelt, ­produziert und weltweit vertreibt. „Ohne qualifiziertes Fach­ personal kann man die vielfältigen Aufgabenstellungen der Kunden nicht zufriedenstellen“, so Dipl.-Ing. André Lück, der 2001 durch seine Diplomarbeit zur Firma „Demag“ kam. Die vier Ex-Rosenheimer sind in der Entwicklung und dem Projektmanagement beschäftig. Die Aufgaben sind viel­ fältig: Vom Design geeigneter Plastifiziereinheiten, über die Unter­suchung innovativer Fertigungsverfahren bis hin zur Aus­legung angepasster Spritzgießsysteme. „Die Zusammenarbeit klappt hervorragend!“, sagt Dipl.-Ing. Simon Geltinger. Nicht nur untereinander, sondern auch unter­ nehmensübergreifend werden viele Projekte mit Universitäten und Hochschulen gemeinsam bearbeitet. So wurden in den letzten Jahren mehrere Forschungs- und Entwicklungsthemen in Zusammenarbeit mit der Rosenheimer Kunststofftechnik untersucht. Beispielsweise entwickelte man gemeinsam Ver­ packungssysteme mit erhöhten Barriereeigenschaften für die Lebensmittelindustrie. Darüber hinaus unterstützt Sumitomo (SHI) Demag auch aktiv die Ausbildung. Das Unternehmen bildet nicht nur selbst­ ständig aus, sondern bietet in unterschiedlichen Bereichen verschiedene Praktikumsstellen an. „Wir sind in Zukunft mehr denn je auf unseren Nachwuchs angewiesen. Mit dem Bat­ chelor-Studiengang sind in Rosenheim die Weichen für die Zukunft gestellt.“, bescheinigen die Diplom-Ingenieure Georg Kreckl und Arthur Kramer.

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„Wir möchten uns an dieser Stelle für die intensive Betreuung und gezielte Ausbildung ganz herzlich bei allen Professoren und Angestellten bedanken. Unser besonderer Dank gilt dabei Herrn Prof. Peter Karlinger, der den steten Kontakt zur Firma Sumitomo (SHI) Demag aufrechterhält. Wir wünschen der Rosenheimer Kunststofftechnik eine erfolgreiche Zukunft und weiterhin alles Gute.“ Mit freundlichen Grüßen aus Schwaig,

André Lück, Simon Geltinger, Georg Kreckl, Arthur Kramer


40 Jahre Kunststofftechnik

40 Jahre Erfahrung – und eine Vision für die Zukunft Erfolgreiche Kooperation: Frimo – Studiengang Kunststofftechnik

Die FRIMO Unternehmensgruppe gehört zu den weltweit führenden Herstellern von Systemlösungen zur Fertigung hochwertiger Kunststoffkomponenten. Seit mehr als vier Jahrzehnten ist maßgeschneiderte Werkzeug- und Anlagen­ technik bei FRIMO Kunden aus der internationalen Automo­ bilindustrie und anderen Kunststoff verarbeitenden Branchen im Einsatz. Vom klassischen Werkzeug- und Anlagenliefe­ ranten hat sich das Unternehmen zu einem globalen Tech­ nologiepartner und Servicepartner entwickelt. FRIMO bietet Lösungen für ein außergewöhnlich breites Technologiespek­ trum. Zum Produkt- und Leistungsportfolio gehören das Ther­ moformen, Kaschieren und Umbugen, die PUR Verarbeitung, Flexibles Schneiden, Stanzen, Pressen/Formen sowie Fügeund Klebetechnologien. Je nach Anwendungsfall können dies Standardwerkzeuge und -anlagen, individuelle Sonderlö­ sungen oder technologieübergreifende Gesamtprojekte sein.

Heute gehören weltweit 15 Standorte mit insgesamt 1.200 Mitarbeitern zum FRIMO Netzwerk, das durch Vertretungen ergänzt wird. Die Unternehmensgruppe mit ihrem Hauptsitz in Lotte bei Osnabrück erwirtschaftete 2008 einen Jahres­ umsatz von mehr als 150 Mio. Euro. FRIMO Unternehmen wurden wieder­holt für herausragende Qualität ausge­ zeichnet. Den in der Branche auch als „Kunststoff-Oscar“ bekannten SPE Award erhielt FRIMO insgesamt bereits 15 Mal. Mit dem ­Innovation Award als Partner von BMW, zwei Erst­platzierungen als Partner des Tier 1 Zulieferers John­ son Controls und zwei weiteren Platzierungen unter den Top 5 erreichte FRIMO allein bei der Verleihung 2009 fünf Auszeichnungen. Technologieschwerpunkte des Kompetenzzentrums in Frei­ lassing sind das Thermoformen, Kaschieren und Umbugen. Für die Verarbeitung von Leder, Textil oder Folien zu hochwer­ tigen Oberflächen, wie sie zum Beispiel im Innenraum moderner Autos zum Einsatz kommen, haben die Spezialisten von FRIMO Freilassing wirt­ schaftliche Lösungen parat. Der hohe Kostendruck und die Forderung nach Einsparpotenzialen machen aktuell das Thermoformen wieder besonders ­attraktiv. Thermoformen ist eine besonders wirtschaftliche und effektive Technologie mit qualitativ hochwertigen Ergebnissen und einem nahe­ zu unbegrenzten ­Spektrum an Einsat z­m öglichkeiten. Immer neue Materialien und Verarbeitungs­t echniken ­e rlauben die Herstellung technisch anspruchs­ voller und ­q ualitativ einwand­f reier Oberflächenstrukturen.

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Rundum Mehrwert …

… für die Fertigung

Ihrer Ideen aus Kunststoff! Die FRIMO Unternehmensgruppe gehört mit 1.200 Mitarbeitern an 15 Standorten weltweit zu den führenden Herstellern von Systemlösungen zur Fertigung hochwertiger Kunststoffkomponenten. Als anerkannter Technologiepartner der Kunststoff verarbeitenden Industrie mit den Schwerpunkten Automobil und Technische Teile liefert der Standort Freilassing modernste Werkzeuge, Maschinen und Anlagen für das Thermoformen, Kaschieren und Umbugen z.B. von Instrumententafeln, Tür- und Innenraumverkleidungsteilen und einer Vielzahl weiterer Anwendungen. Technologie- und Mitarbeiterkompetenz sind die Voraussetzung für intelligente Lösungen von hoher Qualität. Hierfür ist der Austausch zwischen Hochschulen und Industrie wichtig. Wir freuen uns über die langjährige partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen FRIMO Freilassing und der Fachhochschule Rosenheim.

FRIMO Freilassing GmbH Liegnitzer Str. 5 83395 Freilassing Tel.: +49 (0) 8654 4985-0 Fax: +49 (0) 8654 4985-80 info.freilassing@frimo.com www.frimo.com

h Herzlichen Glückwunsc zum Jubiläum

40 Jahre Kunststofftechnik

an der Fachhochschule Rosenheim!


40 Jahre Kunststofftechnik

Die kontinuierliche Umsetzung innovativer und intelligenter Lösungen erfordert von den Mitarbeitern eines erfolgreichen Unternehmens fundiertes Fachwissen und eine ständige Weiterbildung. Mit dem Studiengang Kunststofftechnik der Fachhochschule Rosenheim ist FRIMO Freilassing seit vielen Jahren partner­ schaftlich verbunden. Für das Technikum lieferte FRIMO

beispielsweise eine Vakuum- Thermoformanlage. FRIMO schätzt die Qualifikation und Kompetenz der Rosenheimer Fachhochschulabsolventen. Zahlreiche Diplomarbeiten sind in der Zusammenarbeit mit dem Studiengang Kunststoff­ technik entstanden und bei FRIMO in Freilassing sind fünf „ehe­malige Rosenheimer“ zum Teil schon seit über 15 Jahren in den ­Abteilungen Vertrieb, Forschung und Entwicklung, Projektierung sowie Qualitätsmanagement erfolgreich tätig.

Manfred Tauber

Martin Pfannstiel

Projektierung

Vertrieb

Christian Frauenschuh

Josef Angerer

Forschung und Entwicklung

Projektierung

Alexander Kammerzell Qualitätsmanagement

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gro u p

Wir sind mit technologisch anspruchsvollen und zukunftsträchtigen Produkten weltweit führend im Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus. Schwerpunkt der Brückner-Gruppe in Siegsdorf sind komplette Produktionsanlagen und schlüsselfertige Fabriken für die Kunststoff-Verarbeitung

Wir suchen

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für die verfahrenstechnische Inbetriebnahme der Produktionsanlagen bzw.

des Extrusionssystems und für die Durchführung von Kundenschulungen sowie von Versuchen an unserer Laboranlage. Fehlerdiagnosen, Kundenbetreuung und Mitarbeit bei Neuentwicklungen gehören ebenso zum Aufgabenbereich. Je nach Erfahrung kommen Unterstützung der Konstruktion, Auslegungsberechnungen und verfahrenstechnische Optimierung sowie Rezepturentwicklung hinzu.

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Neueste Entwicklungen in der Folien-Herstellung mit Praktikanten, Diplomanden und Absolventen aus Rosenheim bei Brückner

Wickler einer High-Tech-Anlage zur Folienherstellung

Chips, Nudeln, Kaffee, geriebener Käse, Trockenfrüchte oder Schokoriegel – sie alle haben eines gemeinsam: die Verpackung aus gestreckten Kunststoff-Folien. Sie sind die Nummer 1 bei den Verpackungsmaterialien und er­s etzen zunehmend Papier, Aluminiumfolie, Blech oder Glas. Durch einen speziellen Prozess, der mono- oder biaxialen Verstre­ ckung, erhalten die Folien eine Reihe hochwertiger Eigen­ schaften wie Glanz und Transparenz, Reiß-, Kratz- und Durchstoßfestigkeit sowie Barriere-Wirkung gegen Feuch­ tigkeit, Sauerstoff, Aromen, Hitze, Kälte, Fette und Öle.

Nur vier Unternehmen weltweit entwickeln und ­produzieren heute die für die Herstellung dieser hochwertigen Kunst­ stofffolien erforderlichen Fertigungsanlagen. Brückner ­Maschinenbau aus Siegsdorf ist im Weltmarkt unangefoch­ ten die Nummer eins. Kern des Erfolges ist der technologische Vorsprung des Unternehmens: Im weltweit einzigartigen Brückner-Technologiezentrum werden Forschungs- und Entwicklungsprojekte in enger Zusammenarbeit mit Roh­ stoffherstellern, Folienproduzenten und Weiterverarbeitern durchgeführt, um das Maximum zu erreichen: hoch­wertige Folientypen, die den Bedürfnissen der Märkte gerecht werden. Seit dem Start des Studiengangs Kunststofftechnik an der FH Rosenheim sind dessen Studenten als Praktikanten und Diplo­ manden an solchen Forschungsprojekten aktiv beteiligt. Für viele von ihnen war und ist dies auch der erste Schritt entschei­ dende Schritt ins Berufsleben. Allein in den letzten beiden Jahren haben mehr als zehn Absolventen aus Rosenheim das Brückner-Team als Berufseinsteiger verstärkt.

Im Trend: Verpackungen aus abbaubaren Rohstoffen

Auch Roland Lund, der seine Diplom­ arbeit bei Brückner geschrieben hat (Inhalt: „Reckkinetik, biaxial ­simultane Verstreckung von unterschiedlichen Rohstoffen, Mitwirkung an der Ent­ wicklung des Laborstreckrahmens“), hat nach seinem Diplom 1998 als

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Entwicklungsingenieur bei Brückner seine berufliche Lauf­ bahn begonnen. Zu seinem Aufgabengebiet gehörten damals die Folienentwicklung, die Durchführung von Kundenversu­ chen und die Betreuung der Praktikanten und Diplomanden. Die macht ihm auch heute noch besonderen Spaß, mittler­ weile in der Position als „Abteilungsleiter Entwicklung“. Lund: „Die Nachwuchskräfte aus Rosenheim sind aus Forschung und Entwicklung bei Brückner nicht mehr wegzudenken. Die hohe fachliche Qualifikation und das Engagement der Stu­ denten machen es möglich, sie auch bei komplexen Themen einzusetzen. Das bringt einerseits unserem Unternehmen viel, aber natürlich auch den Studenten, die bei wirklich span­ nenden Themen hautnah dabei sind.“ Aktuelle Entwicklungsprojekte beschäftigen sich mit fort­ schrittlichen Maschinenkonzepten und Herstellungs­ verfahren für hochwertige Spezialfolien wie mehrlagige Barriere- und Schrumpffolien, optische Folien für Bildschir­ manwendungen oder – ganz aktuell – für biologisch abbau­ bare Verpackungsfolien. Roland Lund: „Folien aus nachwachsenden und biologisch abbaubaren Rohstoffen können langfristig die begrenzten fossilen Rohstoffe in einem gewissen Umfang ersetzen bzw. ergänzen. Vor diesem Hintergrund wird weltweit intensiv geforscht – auch bei uns“. Bio-Rohstoffe für Verpackungsfolien werden zum Teil aus Mais, Weizen, Zuckerrohr oder auch Reis hergestellt. Ein für Brückner besonders interessanter Rohstoff sind

Herzstück im Technologiezentrum: Laboranlage für alle Strecktechnologien

P­ olylactide (kurz PLA, vom englischen Wort polylactic acid), auch Polymilchsäuren genannt. Eigenschaften und Leistungsfähigkeit des PLA ähneln stark dem von Poly­ ester (PET), traditionell ein häufig auf Brückner-Anlagen ver­a rbeiteter Rohstoff. Lund: „Wir haben auf unserer Labor-Anlage schon die verschiedensten PLA-Folien ­h ergestellt. Ihre hohe Steifigkeit, hervorragende Optik und ihre Resistenz gegenüber Öl, Fett und Alkohol machen sie zu einer attraktiven Alternative für verschiedenste Lebensmittelverpackungen. Und diese Verpackungen sind biologisch abbaubar, ein einzigartiger Vorteil gegenüber herkömmlichen Kunststofffolien.“ Klar ist, dass die Anforderungen an künftige Verpackungs­ materialien, aber auch an technische Folien weiter ­wachsen werden – gefragt sind u.a. Multifunktionalität, Umwelt­ verträglichkeit, Verbraucherfreundlichkeit. Zugleich müssen auch die Maschinen und Anlagen, auf denen solche Folien hergestellt werden, fit für die Zukunft sein: Verbesserungen bei Energie-Effizienz, Bedienerfreundlichkeit und Flexibilität sowie die Verarbeitung neuer Rohstoffe – das sind nur einige der Ziele, die sich Forschung und Entwicklung bei Brückner gesteckt haben. Studenten und Absolventen des Studien­ gangs Kunststofftechnik an der FH Rosenheim sind einge­ laden, daran mitzuarbeiten, so Roland Lund: „Wer in einem hoch professionellen Umfeld und mit aufgeschlossenen ­Kollegen die Zukunft der Kunststoffverarbeitung mitgestalten will, der ist herzlich willkommen“.

Weltweit führender Partner der Folienindustrie: Brückner in Siegsdorf

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Kontakt: roland.lund@brueckner.com


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Möglichst viel Freiraum und möglichst wenig Regeln Hohe Kreativität und Innovation durch flache Hierarchien und unorthodoxe Führungsformen – das Erfolgsrezept von W. L. Gore & Associates

„Make money and have fun“. Mit dieser Vision gründete der Ex-DuPont-Chemiker Bill Gore 1958 eine außergewöhnliche High-Tech-Company im US-Bundesstaat Delaware, die von Anfang an darauf abzielte, die Kreativität und Innovations­ kraft der Beschäftigten durch unorthodoxe Organisations­ formen zu fördern. Ohne klassische Kontrollmaßnahmen wollte der Amerikaner die Mitarbeiter dazu motivieren, in einer flexiblen, teamorientierten Kultur über ihre Stärken zu wachsen und durch neue Erfindungen und originelle Problem­lösungen die technologische Führerschaft des ­jungen Unternehmens zu behaupten und auszubauen. Betrachtet man den Siegeszug der Gore-Produkte seit der Firmen­gründung, so wundert es nicht, dass die ungewöhn­ liche Unternehmensphilosophie, die anfangs für „exotisch“ gehalten wurde, zunehmend in der Wirtschaftswelt Respekt und Anerkennung gefunden hat. Als weltweit führender Spezialist in der Verarbeitung von Fluorpolymeren, ­speziell des PTFE (Polytetrafluorethylen), steht der Name Gore für innovative Produkte und Technologien – ein Ruf, der allein schon in den vergangenen knapp zwei Jahrzehnten der ­Firma weit über vierzig Preise und Auszeichnungen

eingebracht hat. Zudem hat sich die Gore-Unternehmens­ kultur ins­besondere in Nordamerika und Europa als äußerst attraktiv erwiesen. In den USA liegt sie seit Jahren auf den Top Ten Plätzen der Fortune-Liste „100 Best Companies to work for“. Gore Schottland belegte in den vergangenen Jahren mehrfach hinter­einander die Spitzenposition des Sunday-Times-Rankings in Großbritannien. In Deutschland, wo Gore seit Einführung des Wettbewerbs ‚Deutschlands Beste Arbeitgeber’ in 2003 teilnimmt, zählt man stets zu den Top-Firmen. In diesem Jahr erhielt die Gore GmbH den Sonderpreis ‚Chancen­gleichheit der Geschlechter’. Gore Frankreich platzierte sich 2009 sogar auf Rang 1 bei ihrem Landeswettbewerb. In Italien und Schweden rangieren die Gore Gesellschaften ebenfalls unter den anerkanntesten Arbeitgebern des Wettbewerbes. In Europa hat Gore Produktionsstandorte und Verkaufsbüros in Schottland und Deutschland, zusätzlich gibt es Verkaufs­ gesellschaften in allen wichtigen Märkten Europas. Das US-Unternehmen mit dem Umsatz von ca. 2,6 Milliarden US $ Umsatz weltweit ist vor allem auf dem Gebiet der Funk­ tionstextilien weltbekannt – nicht zuletzt durch seine GORETEX® Produkte, die von Outdoor-Fans über Extremsportler bis hin zu Feuerwehrleuten besonders geschätzt werden. Aber darüber hinaus ist Gore auch in den Märkten der Elektronik, Medizin- und Industrieprodukte tätig. Rund um den Globus sind Gore-Fachleute damit beschäftigt, zukunft­s weisende Problemlösungen mit Fluorpolymeren zu finden und auf neuen Märkten zu präsentieren – sei es in wasserdichten Sportschuhen, Schutzkleidung, Prothesen, Brennstoff­zellen, Handy-Dichtungen, Raumfahrtleitungen, medizinischen Diagnosegeräten oder als textile Architekturmembrane.

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Natürlich bringt ein solches Konzept aufwändige Infra­ strukturen mit sich. Aber die Vorteile liegen ebenso auf der Hand, wie Eduard Klein, Mitglied der Geschäftsführung der deutschen Gore Tochtergesellschaft in Putzbrunn, betont: „In einem solchen Umfeld kennen sich die Einzelnen noch und kön­ nen in persönlicher Atmosphäre miteinander arbeiten. Das war die Idee von Bill Gore.“ Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist ihm und seinen Kollegen in der Geschäftsleitung sehr wohl bewusst, dass kleine Einheiten mehr Kapital binden ­können. „Daher wägen wir bei jeder Einheit sorgfältig ab, welche Größenord­ nung die beste ist, um flexibel auf den Markt zu reagieren.“ Überall, wo höchst widerstandsfähige, flexible Kunststoffe gebraucht werden, ist Gore dabei: im Space Shuttle wie im menschlichen Körper. Strategisch ist Gore auf Product Leadership und die fort­ laufende Entwicklung innovativer Produkte mit besonderem Kundennutzen ausgerichtet. Konsequenterweise investiert das Unternehmen fortlaufend in Forschung und Entwick­ lung, wohl wissend, dass der Schlüssel zum Erfolg in der Innovationskraft seiner über 8.500 Associates liegt. Und dazu gehört wiederum ein entsprechend kreatives Umfeld, um Produkte und Prozesse auf den neuesten Stand zu ­bringen. Im Falle von Gore heißt das: die Einbettung in einer speziellen Kultur, die sowohl soziologische und philoso­ phische als auch wirtschaftliche Grundwerte in sich vereint. Leitmotiv dabei ist die Grundüberzeugung des Firmen­ gründers, dass man am kreativsten in einem Team gleich­ berechtigter Personen arbeitet – und zwar vernetzt in einer gitterähnlichen Struktur („lattice“), die flach und eng ver­ knüpft sein müsste. Für ihn war der Mitarbeiter kein Unter­ gebener, sondern „Teilhaber“. Eine Idee, die im Firmennamen „W. L. Gore & Associates“ fest verankert und in den 70er Jahren mit einem Aktien-Beteiligungs-Programm erweitert wurde. Demnach sollen alle Gore-Mitarbeiter vom Erfolg ihres Unternehmens profitieren, indem sie zusätzlich zum normalen Gehalt regelmäßig Anteile von (nicht börsennotierten) GoreAktien erhalten. Das sind für jeden Einzelnen – unabhängig von seiner Funktion – profitable Aussichten: Je nach Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und der Aktienkursentwicklung kann sich dann daraus ein beachtlicher Betrag ergeben. Grundlage der Gore-Welt ist ein Netzwerk von überschau­ baren Einheiten mit direkten Kommunikationswegen.

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Bei allen Handlungen gelten für Associates vier Prinzipien: Freiheit, Selbst-Verpflichtung („Commitment“), Fairness und Waterline. Jeder arbeitet produktbezogen in Projekt-Gruppen oder funktionalen Teams und soll sich möglichst frei nach sei­ nen Stärken entwickeln. „Wer eine gute Geschäftsidee hat und seine Kollegen dafür gewinnt, kann rasch ein Projekt initiieren“, erklärt Klein. Das Waterline-Prinzip, wonach das Unternehmen mit einem Schiff verglichen wird, dient hierzu als Regulativ. Jeder darf experimentieren und dabei Fehler machen, solange er sich dabei oberhalb der Wasserlinie des Bootes befindet, in dem alle sitzen. Was aber langfristig dem Erfolg oder Image der Firma schaden könnte, sollte vermieden werden. Daher gelten für jedes neue Projekt zwei Kriterien: Lohnt es sich, so viel Energie zu investieren? Falls alles schief geht, wäre das Scheitern zu verkraften? Beantwortet das Team beide Fragen mit ‚Ja’, kann das Projekt beginnen. In einer solchen Arbeitskultur hat eine traditionelle Stellen­ beschreibung wenig zu suchen. Man spricht nicht von Positionen, sondern Funktionen. In diesem Sinne ­handeln Mitarbeiter nach ihrem persönlichen Verständnis von ­„Commitment“. Die Associates werden nicht beauftragt, etwas zu tun, sondern verpflichten sich, auch fachfremde ­Aufgaben zu übernehmen, von denen sie sagen: „Ich mache das, ich kümmere mich darum.“ Chefs im herkömmlichen Sinn gibt es nicht, obwohl Klein einräumt, dass die vielfach zitierte Gore-Vorstellung von „No ranks, no titles“ nicht wortwörtlich zu verstehen ist. „Ohne eine gewisse Ordnung kommen wir natürlich nicht aus. Aber im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen stimmt es schon, dass es bei uns nur wenig Titel gibt. Auch die klassische Rangund Machthierarchie findet sich bei Gore kaum. Da wo Hie­ rarchie die Geschäfte sinnvoll unterstützt, ist sie durchaus


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vorhanden.“ Während früher allein das Prinzip der „Natural Leadership“ bestimmte, wer bei Gore für eine Führungs­ funktion in Frage kam, sind heute die Auswahl-Kriterien etwas differenzierter. Jahrzehntelang galt der Grundsatz: Keiner durfte Personalverantwortung übernehmen, ohne sich vorher als normales Mitglied in der zugeteilten Projekt-Gruppe hoch­ gearbeitet zu haben. Erst im Laufe der Zeit, so war es gedacht – sollte man durch Risikonahme und soziale Kompetenz die entsprechende Anerkennung als „Natural Leader“ vom Team gewinnen. Dieser langfristig angelegte Reifungsprozess ist immer noch aktuell, aber Führungskräfte können mittlerweile (oft wegen „economies of speed“) von außen geholt werden. Nichtsdestoweniger: Egal ob intern als „Natural Leader“ aus der Gruppe hervorgegangen oder als firmen-externer ­Kandidat für Führungsaufgaben auserwählt, ein Gore–­ Leader wird ein anderes Rollenverständnis als sein Gegenpart in ­konventionellen Unternehmen verinnerlichen: Er agiert in und zwischen wechselnden Teams als Primus inter pares, kommuni­ziert mit den Mitarbeitern ohne die Blockade von Sekretariat oder Reporting Lines – und bleibt durch eine Politik der offenen Tür jederzeit zugänglich. Besonders wichtig dabei: die Priorität einer vertrauensvollen Atmosphäre zu schaffen, in der beiderseits Eigenverantwortlichkeit und Fairness-Regeln herrschen. Nur so lässt sich erklären, wieso eine ReisekostenAbrechnung nicht durch einen Vorgesetzten unterschrieben, sondern direkt vom Associate selbst erledigt wird. Kleins Fazit ist simpel. „Wir organisieren uns nach der Devise: Möglichst viel Freiraum und möglichst wenig Regeln“. Zur persönlichen Orientierung bei all diesen Freiräumen steht jedem Mitarbeiter ein Sponsor zur Seite, der über die ­Stärken und Schwächen seines Schützlings kritisch aber fair zu be­ urteilen hat. Dies soll dem Sponsee helfen, den richtigen Platz in der Firma zu finden und sein volles Potenzial zu erreichen. Einmal im Jahr erhält jeder Associate über den Sponsor ein ausführliches Feedback von den Kollegen, mit denen er eng zusammengearbeitet hat. Das bietet einen Ausblick auf die be­ ruflichen Perspektiven bei Gore. In diesem Rück­koppelungsProzess spielt neben dem Fachwissen auch das Sozialverhalten des Associate eine wichtige Rolle. Insbesondere bei der Leadership Entwicklung wird das soge­ nannte 360-Grad-Feedback eingesetzt, das das Augenmerk auf die Stärken, Talente und Ziele des Mitarbeiters legt. „Wir glauben, dass es besser ist, aus einer guten Leistung eine

Spitzen­leistung zu machen und im Sinne des „Job Sculpting“ die Aufgaben auf die Person zuzuschneiden. Es bringt da­gegen wenig, auf eine schwache Leistung zu ­fokussieren und daraus höchstens Durchschnittliches zu realisieren“, resümiert Klein. „Eine Schwäche“, betont er, „wird nur dann ins Visier genommen, wenn sie den Fortschritt ernsthaft verhindert.“ Eine Herausforderung ist die Gore-Kultur schon – eine, die mit ihren großzügigen Freiräumen und flachen Hierarchien nicht unbedingt für jeden geeignet ist. So dürften sich risiko­ scheue Menschen, die eine klare Struktur und feste Aufgaben bevorzugen, nicht wohl fühlen. Auch Karrieristen, die den klassischen, linearen Weg nach oben anstreben, sind eben­ sowenig zuhause. Gefragt sind dagegen flexible, neugierige Teamworker, für die „thinking out of the box“ zum Naturell gehört – Eigenschaften, die zum Tüfteln in einer Product ­Leadership Company wie Gore gut passen.

Gore im deutschsprachigen Markt Gore startete seine deutschen Geschäftsaktivitäten im Jahr 1965 in einem Verkaufsbüro in Ottobrunn bei München. Ein Jahr später wurde die W. L. Gore & Associates GmbH im nahegelegenen Putzbrunn gegründet, und dort mit der Ferti­ gung von PTFE-ummantelten Drähten und Kabeln begonnen. Heute sind in Deutschland an den drei bayerischen Standor­ ten Putzbrunn, Pleinfeld und Feldkirchen-Westerham rund 1.200 Associates aus über 20 Nationen für das gesamte Gore Produkt­portfolio tätig. Die Gore GmbH betreut auch die Schweiz, Osteuropa, den Nahen Osten und Afrika. In Österreich werden die Verkaufsaktivitäten von der in Salzburg ansässigen W. L. & Gore Associates GmbH koordiniert. In Putzbrunn arbeiten Associates in Produktion, Entwick­ lung, Verkauf und Service. Gore produziert hier Membranen, Fasern, Filter und Dichtungen für unterschiedlichste Anwen­ dungen sowie Funktionstextilien. In Feldkirchen-Westerham bei Rosenheim sind Associates aus Verkauf, Marketing und Produktion für das Geschäft mit Funktionstextilien für die Endverbraucher verantwortlich. Von hier aus steuert Gore auch seine Aktivitäten als europaweit führender Hersteller von Bike Wear und Running Wear.In Pleinfeld bei Nürnberg produziert und verkauft Gore Elektronik Produkte.

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Join Gore & Change Industries Wie war es den Entwicklern der GORE-TEX® Produkte – welche weltweit von Outdoor-Profis und Menschen mit aktivem Lebensstil verwendet werden – möglich, ein Material zu entwickeln, das Feuerwehrleute vor Hitze, Flammen und gefährlichen Chemikalien schützt? Erfahren Sie, wie das Gore Team um Dave, Henri und Ron die CROSSTECH® Schutzlaminate entwickelte, welche Feuerwehrleute in Gefahrensituationen sogar gegen Viren schützt und deren Einsatz sicherer macht. Und lesen Sie, wie die Arbeit bei Gore auch das Leben dieser drei Associates veränderte.

Was wollen Sie verändern?

Besuchen Sie gore.com/change-life

Was wollen Sie verändern? Bei Gore arbeiten Menschen, die den Mut und die Energie haben, die Welt durch Innovationen zu verändern und so jeden Tag ein bisschen besser zu machen. Dazu bieten wir ein Arbeitsumfeld, das Kreativität und Initiative fördert und in dem sich motivierte, eigenverantwortliche Teamplayer ideal entwickeln können. Als Teilhaber am Unternehmen trägt jeder Einzelne zum Gesamterfolg bei. Dabei verbinden wir Zielstrebigkeit in der Sache mit einem offenen und partnerschaftlichen Umgang untereinander. Sie studieren, wollen das Erlernte aus dem Studium in die Praxis umsetzen und natürlich auch das erste Geld verdienen. Dann sind Sie bei Gore richtig. Als vollwertiges Teammitglied können Sie hier vom ersten Tag an zeigen, was Sie drauf haben: vielfältige Projekte und ganz unterschiedliche technologische Herausforderungen warten auf Sie. Wenn Sie etwas bewegen wollen – bei Gore können Sie es. Mit Ihren eigenen Ideen, die Sie aktiv in Ihr Team einbringen!

Besuchen Sie gore.com/change-life Rückfragen an unser EU Recruiting Team unter Telefon +49-89-4612-2800 Gore ist ein technologieorientiertes Unternehmen, das auf Innovation, Integrität und Teamwork baut. Seit über 50 Jahren verändern wir Leben und Märkte im Bereich Textil, Medizin, Elektronik und Industrieanwendungen.

© 2009 W. L. Gore & Associates, Inc. GORE, GORE-TEX, CROSSTECH und Bildzeichen sind Marken von W. L. Gore & Associates.


40 Jahre Kunststofftechnik

Interview mit Eleonore Steinbacher, Technology Leader Industrial Products in Putzbrunn

Welchen Weg haben Sie bei Gore gemacht? Ich habe vor knapp 24 Jahren bei Gore im Beschichtungsbereich Fluoroshield angefangen und dort ca. 3 Jahre als Applikationsingenieur und später als Produktspezialist gearbeitet. Nach der Verlagerung der Beschichtungsproduktion nach Schottland wechselte ich in den Bereich Mikrofiltration, wo ich die ersten Kunststofffertigteile mit integrierter ­Membrane reali­ sierte. In Mikrofiltration, jetzt Venting genannt, arbeitete ich als Applikationsingenieur und Ansprechpartner für neue Ideen. Während dieser Zeit realisierte ich Projekte mit unterschied­ lichsten Aufgabenstellungen. Seit 2002 bin ich ­Technology ­Leader für die Industrial Products Division in ­Europa. Dies umfasst die Zuständigkeit für New Product Develop­ment, ­Technikum, Sondermaschinenbau und New Business Development.

Was schätzen Sie an Gore besonders? Unsere Grundprinzipien Freedom, Fairness, Waterline und Commitment. Bei Gore habe ich die Möglichkeit mich ­persönlich und fachlich weiter zu entwickeln. Dies war mir von Anfang an wichtig. Darüber hinaus schätze ich, wie wir miteinander umgehen, fair und mit gegenseitigem Respekt. Dies prägt nicht nur den Umgang untereinander sondern auch mit Kunden und Lieferanten. Ich hatte relativ schnell die ­Möglichkeit Entscheidungen selbst zu treffen, also Verant­wortung für mein Handeln zu übernehmen. Bei Ent­ scheidungen, die meinen Verantwortungsbereich übersteigen helfen mir Associates mit mehr Erfahrung, um zur besten Ent­ scheidung zu kommen. Eigenverantwortung, Unternehmer­ geist und Eigeninitiative werden bei Gore geschätzt und nicht wie in manch anderer Firma als störend betrachtet. Bei uns zählt der Beitrag des Einzelnen zum Firmenerfolg und nicht der Titel oder der Ausbildungsgrad. Ich hatte noch nie den Eindruck, nur „Rädchen im Getriebe“ sondern immer ein Teil vom Ganzen zu sein. Für mich als Frau ist natürlich auch wichtig, Beruf und Familie zu verbinden. Ich habe zwei ­Söhne im Alter von 17 und 14 Jahren, und konnte die ­ent­sprechenden Familien­pausen mit meinen beruflichen Auf­gaben gut in Einklang bringen.

Wie kamen Sie zu Gore? Von 1978 bis 1982 habe ich Kunststofftechnik in Rosenheim studiert. Als ich Anfang 1983 eine Stelle suchte, war der Arbeitsmarkt schwierig. Es gab kaum Stellen für Studienab­ gänger, so dass ich zunächst nur eine Aushilfsstelle bei Siemens in München bekam. Nach drei Monaten wechselte ich in ein kleines Unternehmen, das Fluorpolymerbeschichtungen und Stopfbuchspackungen herstellte. Dort arbeitete ich in der Qua­ litätssicherung und im Versuch und lernte bereits die Packungs­ garne von Gore und darüber auch die Firma selbst kennen.

Welches Erlebnis bei Gore bleibt Ihnen in Erinnerung? Die ersten Jahre bei Gore gab es über das Jahr hinweg einen Mehrkampfwettbewerb unter den Associates, zum Beispiel Laufen, Tischtennis, Schwimmen, Radeln aber auch Ski­ fahren, Langlauf. Die Wettbewerbe wurden von Associates für ­A ssociates durchgeführt. Viele haben von Wettbewerb zu Wettbewerb gefiebert – eine tolle Leidenschaft zeigte sich da. Über die vielen Jahre hatte ich dabei sehr viele schöne Erleb­ nisse und besonders toll fand ich unsere 50-Jahr-Feier in 2008.

Warum haben Sie sich für Gore entschieden? Worauf achten Sie heute bei Bewerbern? Ich wollte eine Aufgabe in einem Unternehmen mit Zukunft, die sah ich in der vorhergehenden Firma nicht und vor allen suchte ich nach mehr Verantwortung. Da passte es gut zusam­ men, dass Gore ein Business hatte, das auf Fluorkunststoff­ beschichtungen basierte. Ich konnte mein Wissen einbringen, aber auch meine Motivation und Elan.

Wir sind ein global agierendes Unternehmen, deshalb fallen uns Bewerber mit Auslandserfahrung positiv auf. Außerdem sind die Aufgabenstellungen bei Gore vielschichtig, weshalb Studenten und Studienabgänger mit einem breiten Erfahrungs­ schatz bevorzugt werden.

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40 Jahre Kunststofftechnik

Das Wichtigste aus meiner Sicht aber sind Eigenmotivation, ­Flexibilität und der Spaß an Teamarbeit.

Interview mit Ralf Knoellinger Field Sales bei Industrial Products in Putzbrunn

Welche Bedeutung hat die Kunststofftechnik für Gore?

Welchen Weg haben Sie bei Gore gemacht?

Unsere Kerntechnologie ist die Verarbeitung des Fluor­ polymeres PTFE zu expandierten Membranen, Tapes, Tubes, Fasern und andere Formen. Daran ist zu ersehen, dass Kunst­ stoffverarbeitungstechnik in diesem Bereich zum Einsatz kommt. Manche dieser Produkte werden in Zwischen­produkte wie Laminate oder in Endprodukte wie Belüftungselemente verarbeitet. Auch dazu sind Prozessschritte aus der Kunst­ stofftechnik erforderlich. Wir benötigen Kunststofftechnik auch für unsere Kunden­ betreuung. Gerade im Bereich Industrial Products haben wir zahlreiche Kunden, die eine kompetente Beratung basierend auf fundiertem Kunststoffwissen erwarten.

Ich betreue als Field Sales Kunden im Verpackungsmarkt. Dieser reicht von der Chemiesparte über den Agro Markt bis hin zu Biotec und Pharma. Als ich vor siebeneinhalb Jahren bei Gore begonnen habe, ­hatte ich zwei parallele Aufgabenschwerpunkte: die Anwendungs­ technik und den Verkauf. Zu diesem Zeitpunkt war unsere Abteilung noch klein. Heute ist aus dieser „Keimzelle“ ein ­globales Geschäft geworden mit einem vier bis fünffach höherem Umsatz als zu Beginn. Folgerichtig kümmere ich mich seit einigen Jahren vermehrt um die weltweit operierenden Kunden mit mehreren Niederlassungen. Das erfordert eine hohe Koordination und viel Kommunikation - intern wie extern.

Wie kamen Sie zu Gore? Nach meinem Kunststofftechnik Studium konnte ich bei einer kleinen Firma sehr viele Erfahrungen, speziell im Projekt­ geschäft, sammeln: von der Aquise, über Abmusterungen an der Spritzgussmaschine bis zum Abschlussbericht, alles musste ich selber durchführen. Das verlangte große Flexi­ bilität. ­Meine persönlichen Stärken konnte ich hier aber nicht entwickeln und habe mich daher nach drei Jahren nach einer neuen ­Stelle umgeschaut. Dabei stolperte ich über die GoreZeitungs­annonce „Make money and have fun“. Und das war dann auch wirklich so, wie ich es schon beim Vorstellungs­ gespräch feststellte. Gore Associates haben einfach Spaß an der Arbeit. Das ist bis heute so geblieben.

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40 Jahre Kunststofftechnik

Warum haben Sie sich für Gore entschieden?

Worauf achten Sie heute bei Bewerbern?

Gore ist bekannt für tolle Produkte und die einzigartige ­Kultur. Außerdem ist es ein weltweites Unternehmen in Privat­besitz. Es haben für mich einfach alle Bedingungen gepasst. Ich schrieb auch keine anderen Bewerbungen. Ich dachte mir einfach, das muss klappen.

Auf außergewöhnliche Dinge oder besondere Qualifika­ tionen, z.B Praxissemester im Ausland. Für mich muß dabei die Herausforderung und die Motivation erkennbar sein. Außer­ dem sollten individuelle Fähigkeiten oder Interessen heraus­ gestellt werden.

Was schätzen Sie an Gore besonders?

Welche Bedeutung hat die Fachrichtung Kunststofftechnik für Gore?

Zunächst den freundlichen und gleichzeitig respektvollen Umgang zu allen Associates. Es gibt bei uns nicht die ­klassische Hierarchie sondern flache Strukturen. So arbeiten wir effizient. Jeder Associate wird gefordert und gefördert. Jeder ist ein kleiner Unternehmer im Unternehmen und muss das mit selb­ ständiger Arbeitsweise beweisen. Wer auf Arbeits­zuweisung wartet, ist fehl am Platz. Gore versucht ­seine Talente zu erken­ nen und individuell zu fördern. Dadurch erkennen viele Ihre Stärken selbst und fühlen sich so sicherer, wovon das Unter­ nehmen natürlich auch profitiert. Unsere Kultur ist mittlerweile fünzig Jahre alt und wird aktiv gelebt. Es ist faszinierend, dass wir über diese Zeit und über verschiedene Länder hinweg die gleichen Prinzipien und ­Werte leben.

Gore verarbeitet Kunststoffe und entwickelt die ­Technologie zur Verarbeitung. Wir beschäftigen daher eine Vielzahl an Kunststoff Ingenieuren. Die Gore Technologien, wie zum Beispiel die Herstellung einer mikroporösen Membran, die ­L amination einer Gore Membran auf Textilien oder Faser­ herstellung aus PTFE, sind sehr speziell. Für die Produktions­ prozesse ­brauchen wir hervorragend ausgebildete Ingenieure, weil wir was herstellen, besser machen wollen als der Wett­ bewerb. Aber auch für Vertrieb und Anwendungstechnik ­brauchen wir ausgeprägtes Kunststoff Fachwissen. Wir verarbeiten die selbst produzierten Membranen zu Fertig­ teilen in höchster Qualität. Somit müssen wir auch die Weiterverarbeitungs­t echnologien beherrschen, dazu ­zählen auch Verarbeitungstechniken aus der Kunst­stoff­ technik. Schließlich beraten wir unsere Kunden, wie sie unsere ­Produkte weiterverarbeiten können oder einsetzen müssen.

Welches Erlebnis bei Gore bleibt Ihnen in Erinnerung? Während eines Sommerfestes auf dem Werksgelände in Putzbrunn setzte ein gewaltiger Wolkenbruch eine der Produktions­hallen teilweise unter Wasser. Sofort haben ­w irklich alle Associates mitgeholfen, das Wasser aus dem Gebäude zu entfernen. Diese Aktion hat bis in die Nacht gedauert und auch sechs Jahre später erinnert sich noch immer jeder daran. Das war wahrscheinlich das beste Team­ building, das sich eine Firma vorstellen kann.

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40 Jahre Kunststofftechnik

Interview mit Helmut Klug, Sales Leader Europe Gloves and Accessories bei Consumer-oriented Fabrics in Feldkirchen

Welchen Weg haben Sie bei Gore gemacht? Vor acht Jahren habe ich als Product Specialist begonnen. Diese Aufgabe fand und finde ich sehr spannend, weil ich dabei meine Interessen und Fähig­ keiten aus Technik und Sales/Marke­ ting kombinieren kann. In den letzten Jahren veränderten sich die Anforderungen an unser Geschäft und unser Team. Besonders die Internationalisierung der Märkte erforderte es, die Rolle eines für Europa verantwortlichen Sales Leaders zu schaffen. Dank meiner guten Arbeit als Product Specialist und meiner über zwölfjährigen ‚Vor-Gore- Erfahrungen’ in Sales und Marketing für technische Produkte konnte ich diese Funk­ tion im Jahr 2001 übernehmen.

Wie kamen Sie zu Gore? Trotz des Kunststofftechnik Studiums wollte ich schon immer möglichst vielfältige und komplexe Herausforderungen. Daher startete ich als Vertriebsingenieur für Spritzguss­granulate. Danach übernahm ich erste Personal­verantwortung als Gruppen­leiter beim grössten deutschen Halbzeuge ­Händler. Diese Tätigkeit erlaubte mir meine kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse zu vertiefen. Die nächste Stelle führte noch einen Schritt weiter weg von dem im Studium vermittelten Wissen. Bei der Firma Wacker Chemie betreute ich verschiedene Industriesegmente für Silikonprodukte, die ohne Spritzguss oder Extrusions­ prozesse verarbeitet werden. Danach suchte ich eine Stelle, die wieder ‚näher am Produkt’ lag. Die Aufgabe bei Gore erschien mir als ideale Kombination aus beiden Bereichen und hat sich so auch bestätigt.

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Warum haben Sie sich für Gore entschieden? Ich möchte nicht in Unternehmen mit straffen Hirarchien arbeiten, deshalb hat mich neben der Stellenbeschreibung auch Gore als Arbeitgeber gereizt – nicht zuletzt wegen des Prinzips ‚No ranks no titles’.

Was schätzen Sie an Gore besonders? Das hohe Vertrauen dass jedem Associate entgegengebracht wird. Das motiviert unheimlich und spornt so zu Höchst­ leistungen an. Die Kultur, wie wir sie leben, trägt mit dazu bei, dass sich in den Teams viele Dinge selbst einspielen und optimieren ohne Regeln oder Einflußnahme von außen.

Welches Erlebnis bei Gore bleibt Ihnen in Erinnerung? Für mich war beeindruckend, als ich im Rahmen einer Patent­ bewertung in einer Telefonkonferenz mit Bob Gore ‚fachsim­ peln’ konnte, als wäre das die natürlichste Sache der Welt.

Worauf achten Sie heute bei Bewerbern? Ich muss mir grundsätzlich vorstellen können, dass die Person im Team Spass am Job haben kann und will, also auch ins Team passen wird. Die fachlichen Qualifikationen sind natürlich ein wesentliches Kriterium, allerdings zeigt sich erst im Interview, was diese in Verbindung mit dem Menschen an tatsächlichem Potenzial bieten.

Welche Bedeutung hat die Fachrichtung Kunststofftechnik für Gore? Der Studiengang der FH Rosenheim vermittelt die richtige Denkweise in der Kunststofftechnik. Darüber hinaus ist grund­ legendes Wissen über Werkstoffkunde, Thermodynamik und Physik hilfreich und wertvoll. Da die Produktphilosophie von Gore auf Leistungsfähigkeit basiert, werden irgendwann fast alle Themen aus dem Studium relevant.


40 Jahre Kunststofftechnik

Wir suchen Sie, wenn Sie Freude daran haben durch Ihre Mitarbeit in einem starken Team von motivierten und qualifizierten Mitarbeitern zum Erfolg eines global agierenden Unternehmens beizutragen. F체r vielf채ltige Aufgaben in den Bereichen Vertrieb und Entwicklung in einem internationalen Umfeld suchen wir laufend

Hochschulabsolventen (m/w) Diplomanden (m/w) und Praktikanten (m/w) Bei Interesse senden Sie bitte Ihre aussagekr채ftigen Bewerbungsunterlagen an die Personalabteilung der KRAIBURG TPE GmbH & Co. KG z. Hd. Frau Claudia Empl oder an claudia.empl@kraiburg-tpe.com.

KRAIBURG TPE GmbH & Co. KG Friedrich-Schmidt-Str. 2, 84478 Waldkraiburg Telefon: +49 (0) 86 38 / 98 10 - 0 www.kraiburg-tpe.com


40 Jahre Kunststofftechnik

Ein Rosenheimer am Attersee eine Karriere bei Lenzing Plastics

Ich habe vor circa zweieinhalb Jahren meinen Abschluss als Dipl. Ing. Fachrichtung Kunststofftechnik in Rosenheim absolviert. Meine Diplomarbeit habe ich bei Lenzing Plastics erfolgreich abgeschlossen. Die Diplomarbeit handelte von einer Plasmabehandlung, um unter Umständen die Corona Behandlung zu kompensieren. Aufgrund der Zufriedenheit der Firma Lenzing Plastics GmbH wurde ich als Projektleiter in der Entwicklung im PTFE Bereich übernommen. Zu meinem Aufgabengebiet gehört ein großes Projekt, indem ich als Verantwortlicher für eine neue Technologie des Schmelz­ spinnens von Multifilamenten aus Fluorthermoplasten (z.B. PVDF, ETFE, MFA, PFA, …) und Hochleistungskunststoffen (z.B. PEI, LCP, …) tätig bin. Von dem Team (Logistik, Anla­ genfahrer, Technik,…) erhalte ich sehr gute Unterstützung. Mit manchen Kollegen wird auch sehr viel privat unternom­ men, wozu die Gegend herzlich einlädt. Lenzing liegt örtlich

Josef Dopsa

am größten Binnensee (Attersee) Österreichs zwischen Salzburg und Linz. Der Attersee liegt im wunderschönen Salzkammergut, das für Ausflüge wie Mountainbiken und Wandern prädestiniert ist. Die Arbeit macht in Lenzing viel Spaß aufgrund der vielen Herausforderungen, wie­ kom­ plexe Anlagen und diverse außergewöhnliche Rohstoffe evaluieren. Zusätzlich bietet die Lenzing Plastics regelmäßig diverse Weiter­bildungen an. Natürlich werden die wich­ tigsten ­Messen für das jeweilige Aufgabengebiet besucht. Die Karriere­möglichkeiten sind in Lenzing ebenfalls sehr gut aufgrund der Firmengröße und weil Lenzing Plastics inter­ national tätig ist.

LENZING PLASTICS

ZAHNSEIDE, KUNSTRASEN, SONNENSCHUTZ: NUR 3 BEISPIELE FÜR HOCHWERTIGE KUNSTSTOFFPRODUKTE AUS LENZING

Lenzing Plastics GmbH 4860 Lenzing - Austria Tel.: +43 (0)7672 701-2851 E-Mail: plastics@lenzing.com www.lenzing.com Lenzing Plastics_Inserat Aug-08.1 1

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Lenzing Plastics ist seit über 30 Jahren einer der weltweit führenden Hersteller von Folien, Bändchen und Garnen aus Polyolefinen und Fluorpolymeren. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung von Nischenlösungen mit höchsten Ansprüchen, und arbeiten dabei eng mit Kunden und Lieferanten zusammen. High-Tech-Kunststoffprodukte aus Lenzing finden beispielsweise in der Medizintechnik, Architektur und Filtration Anwendung. Die laufende Erschließung neuer Märkte, wie zuletzt mit dem Produkt Kunstrasen, beweist die Innovationsstärke von Lenzing Plastics.

LENZING

PLASTICS

28.08.2008 9:15:43 Uhr


40 Jahre Kunststofftechnik

Kunststofftechnik-Ingenieur bei RKW – Alles andere als langweilig

RKW-Produkte überall auf der Welt Ob in Zahnpastatuben, Verpackungen für Wurst und Käse, Windeln, Pflastern, OP-Abdeckungen oder im Hausbau – überall begegnet uns RKW; von morgens bis abends begleiten RKW-Produkte unser tägliches Leben. Hinter dem RKW-Slogan „solutions in film ’n’ fiber“ ver­ bergen sich vielfältige Anwendungsbereiche der hergestellten Produkte: man findet sie im Hygienebereich in Babywindeln, Inkontinenz- und Damenhygieneartikeln, im Baubereich als Unterspannbahnen zur Dacheindeckung, als Schrumpffolien oder konfektionierte Säcke im Verpackungsbereich, als bunt bedruckte Verpackungen für Lebensmittel und sogar als Netze für Heuballen in der Landwirtschaft oder als Gewächshaus­ folien im Gartenbau. Dieses weit gefächerte Produkt-Portfolio lässt erahnen, wie viel Know-how und Erfahrung im Unter­ nehmen verankert sind.

RKW in Wasserburg am Inn Die Business Unit Wasserburg hat im Geschäftsjahr 2008 mit einem Absatz von 40.000 Tonnen einen Umsatz von ca. 100 Millionen Euro erwirtschaftet und ist damit einer der größten und wichtigsten Standorte innerhalb der RKWGruppe. Die Mitarbeiter des Standortes können genau wie die Kunststofftechnik der Hochschule Rosenheim auf 40 Jah­ re Geschichte zurückblicken. Im Jahre 1968 wurde die Pro­ duktion aufgenommen und mit ihr ist der Standort bis heute stetig gewachsen. Um eine starke Marktposition zu erlangen und zu bewahren und sich immer wieder auf die wandelnden Herausforderungen der Märkte einzustellen, bedarf es einer ständigen Weiterentwicklung im Unternehmen. In diesem Zusammenhang sind natürlich hoch qualifizierte Fachkräfte erforderlich. Hier kommt nun der Studiengang Kunststoff­ technik der Hochschule Rosenheim ins Spiel, der die RKW SE und im Speziellen die Business Unit Wasserburg im Laufe der Jahre mit Ingenieuren „versorgt“ hat. In Wasserburg sind viele ehemalige „K’ler“ aus Rosenheim verwurzelt. Erich Kurde, der dieses Jahr unerwartet verstor­ ben ist, hat beispielsweise als einer der ersten Absolventen der Kunststofftechnik in Rosenheim jahrzehntelang den Standort erfolgreich geführt und geprägt.

Die Ingenieure sind in verschiedenen Aufgabengebieten tätig – von Einkauf und Entwicklung über Produktmanagement und Vertrieb bis hin zum Sicherheitsmanagement. Als „Rosen­ heimer“ ist man also bestens gerüstet, um vielfältige Aufga­ ben im Ingenieur-Dasein zu bewältigen. Zahlreiche aktuelle Themen werden von KunststofftechnikStudenten im Rahmen von Diplomsemestern und Praktika bearbeitet. Dabei bringen Sie Ihr fundiertes Fachwissen aus dem Studium ein und erweitern ihre Kompetenzen mit einer „ordentlichen Portion“ Praxiserfahrung. Viele Absolventen finden über diesen Weg ihren Einstieg in das Unternehmen.

Produkte, die enorm viel leisten Ein großes Standbein, auch für die Business Unit Wasserburg, ist der Bereich „Hygiene und Medical“. Hygieneprodukte, die aus unseren Folien, Laminaten und Vliesstoffen hergestellt werden, sind wahre Alleskönner. Die Systemkomponenten erfüllen höchste Ansprüche bei der Herstellung von Damen­ hygieneartikeln, Inkontinenzprodukten und Babywindeln sowie bei medizinischen Anwendungen. Folien für die Herstellung von Umverpackungen runden unser Produktprogramm ab. Der ein oder andere könnte nun einwerfen: „Was ist denn so besonders an einer Windel?“ Und vor allem: „Worin steckt die Leistung eines Kunststofftechnik-Ingenieurs?“ Eine Babywindel hat in der Regel eine Einsatzdauer von nur wenigen Stunden. Wer glaubt, dass die heute so selbst­ verständliche Einmalwindel deswegen ein einfaches Produkt

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ist, irrt gewaltig. Sowohl hinsichtlich ihres Aufbaus als auch des Herstellungsprozesses ist die Windel ein Hightech-Produkt.

Was muss sie alles können: das Wickeln soll schnell und unkompliziert sein, Baby’s Po soll schön trocken bleiben und nicht wund werden, die Windel soll sich weich anfühlen und nichts durchlassen. Die Herstellung ist deshalb sehr komplex: über 50 verschiedene Komponenten gilt es in Bruchteilen von Sekunden zusammenzufügen. Länger darf die Produktion einer einzelnen Windel nicht dauern, denn innerhalb einer einzigen Minute entstehen bei den großen Herstellern rund 800 fertige Windeln. RKW-Produkte spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Am Standort Wasserburg werden beispielsweise atmungsaktive und nicht atmungsaktive Folien, semi- und hochelastische

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Folien, Vlies-Folien-Laminate sowie perforierte Folien herge­ stellt. Durch die hohen Anforderungen der Industrie haben Hygiene und Sauberkeit dabei oberste Priorität.


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Immer leichter, immer weicher Vornehmlich aus Kostengründen geht der Trend immer mehr in Richtung extrem dünner Folien. Zum Vergleich: Während Flächengewichte zwischen 19 und 28 Gramm pro Quadrat­ meter durchaus üblich sind, kommen die RKW-Folien mit mittlerweile 14 Gramm und sogar 12 Gramm aus. Diese Ent­ wicklung wird im höchsten Maße der Forderung auf Nach­ haltigkeit gerecht – durch Dickenreduzierung benötigen wir weniger Rohstoffe, dadurch erfolgen eine Reduktion des Abfalls und ein verringerter CO2-Ausstoß. Und: Mit einer geringeren Tonnage benötigen wir auch weniger LKWs zum Transport unserer Produkte auf der Straße. Trotz Dickenreduzierung soll die Folie aber immer noch exzel­ lente mechanische Eigenschaften aufweisen sowie weich und „raschelarm“ sein. Ermöglicht wird das Ganze durch das RKW-patentierte Softprägeverfahren. Ludwig Börmann, der ebenfalls Kunststofftechnik in Rosenheim studierte und heute Produktmanager für Backsheets (Außenhaut der Windel) in der Business Unit Wasserburg ist, hatte dazu die wegweisende Idee. Im Team wurden die Folienrezepturen „designed“, sowie auch die nötige Maschinentechnik entwickelt und optimiert. Diese und weitere Entwicklungen tragen dazu bei, dass der Produktionsstandort Deutschland weiterhin attraktiv und wettbewerbsfähig sein kann.

Die RKW SE zählt zu den führen­ den europäischen Herstellern von Folien aus Polyethylen und Poly­ propylen sowie von Vliesstoffen und Netzen. Insgesamt 18 Stand­ orte im In- und Ausland sind als selbstständige Business Units zu einem internationalen Netzwerk zusammengeschlossen. Über dieses Netzwerk erfolgt zum einen ein regelmäßiger globaler Know-how-Transfer zwischen den einzelnen Stand­ orten, zum anderen ist die RKW dadurch auf den wichtigsten ­Märkten und in der Nähe der größten ­Kunden präsent.

Wir wünschen dem Fachbereich Kunststofftechnik an der Hochschule Rosenheim, dass er weiterhin den Anforderungen des Marktes gerecht wird und dass er seine Praxisnähe und Aktualität bewahrt.

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40 Jahre Kunststofftechnik

Herzlich Willkommen im Kunststoffsimulationszentrum!

Die IMPETUS Plastics Engineering GmbH entwickelt und optimiert als kompetenter Engineering­ partner anspruchsvolle Kunststoffkomponenten für international tätige Unternehmen. Wir entwickeln branchenübergreifend in den Bereichen Automobil, Hausgeräte, Medizintechnik und Pharma-Industrie sowie in der Sanitär-, Heizung- und Solartechnik.

Abwechslungsreiche Aufgaben – Internationales Umfeld – Entwicklungsmöglichkeiten Sie interessieren sich für den Bereich Kunststoffsimulation und Produktentwicklung? Sie begeistern sich für neue Aufgaben und arbeiten gerne teamorientiert? Und vor allem Sie suchen ein Unterneh­ men, das Motivation und Engagement nicht nur erwartet, sondern auch fordert und fördert? Dann sollten wir uns kennen lernen.

Wir suchen Studentische Hilfskräfte (m/w) Diplomarbeiter (m/w) Praktikanten (m/w) der Ingenieur– und Kunststofftechnik für vielfältige Berechnungsaufgaben im Kunststoffsimulations­ zentrum, aber auch für die klassischen Aufgabenfelder der Impetus Konstruktion und Entwicklung am Standort Bad Aibling und Aachen.

Wir erwarten ein abgeschlossenes Grundstudium Einsatzbereitschaft • Teamfähigkeit • •

Wir freuen uns auf ihre Bewerbung: Impetus Plastics Engineering GmbH Kunststoffsimulationszentrum Herr Dipl.-Ing. Johannes Schildhauer Katharinenstr. 7 83043 Bad Aibling Tel.: +49 (0) 8061 348 999 0 Fax: +49 (0) 8061 348 999 9 E-Mail: info@impetus-engineering.de Internet: www.impetus-engineering.de

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40 Jahre Kunststofftechnik

Von der Hochschule Rosenheim in die Produktentwicklung – Erfolgreich im Kunststoffsimulationszentrum

Kunststoff-Produktentwicklung Die Impetus Plastics Engineering ist eine hoch spezialisierte Ingenieurgesellschaft für Produktentwicklung im Kunststoff­ bereich. Das Leistungsspektrum umfasst sowohl Thermoplast als auch Duromer- und Elastomeranwendungen. Internatio­ nal tätige Unternehmen aus den den unterschiedlichsten Branchen, wie Automotive, Medizintechnik, Weißware und Elektronik, aber auch aus neueren Industrien beispielsweise der Solartechnologie zählen zu den Kunden. Dies erfordert ein interdisziplinäres Zusammenwirken von engagierten und erfahrenen Ingenieuren aus den Fachgebieten Kunststoff­ technik und Konstruktion, die Anwendung systematischer Entwicklungsmethoden und den durchgängigen Einsatz moderner CAx-Techniken. Zudem sind für eine erfolgreiche Produktentwicklung erfahrene Berechnungsspezialisten un­ abdingbar, wie sie den Kunden der Impetus im Kunststoff­ simulationszentrum in Bad Aibling zur Verfügung stehen.

Aachen und Rosenheim Die IMPETUS Plastics Engineering GmbH betreibt neben ihrem Sitz in Aachen ein auf Berechnungen spezialisiertes Kunststoffsimulationszentrum in Bad Aibling in direkter Nähe zur Hochschule Rosenheim. Zur Gründung des Zentrums sind Berechnungsspezialisten der Impetus aus Aachen mit in den Raum Rosenheim gekommen. Das Aachener Team ist mit weiteren qualifizierten Mitarbeitern verstärkt worden. Zu den Leistungsträgern des Simulationszentrums gehören heu­ te bereits zwei Absolventen des Studiengangs Kunststoff­ technik der Hochschule Rosenheim.

Formteilgeometrie noch vor dem Werkzeugbau beseitigt werden. Ein weiterer Schwerpunktbereich sind statische und dynamische FE-Berechnungen bis hin zu Crash-Simulationen. Typische Lastfälle, die analysiert werden sind: Betätigung von Bedienelementen, Kippbewegungen, Beulfestigkeit von Türen oder Klappen, Lokalisierung von Spannungsspitzen. Zudem werden Schwingungszuständen eines Bauteils bei verschiedenen Anregungen (Modalanalysen) wie auch die Simulation des Schwingungsverhaltens ganzer Baugruppen berechnet.

Tätigkeitsfeld mit Zukunft Die Möglichkeiten Fertigungsprozesse und Lastzustände zu simulieren sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Erfolge, die die Unternehmen mehr und mehr zur Kosten­ reduktion nutzen. Ein Trend der sich in den kommenden ­Jahren ­sicherlich weiter verstärken wird. Die Impetus freut sich mit weiteren Absolventen der Hochschule Rosenheim diese Technologien kontinuierlich auszubauen. Zwei Absolventen der Hochschule Rosenheim arbeiten ­heute bereits erfolgreich im Kunststoffsimulationszentrum der Impetus Plastics Engineering. Dazu kommen Praktikanten und Diplomarbeiter, die ihre berufliche Laufbahn im Kunst­ stoffsimulationszentrum oder am Standort Aachen starten. Johannes Schildhauer, der heute bereits die Leitung des ­Simulationszentrums innehat, ist sich sicher: „Die gute Aus­ bildung in Rosenheim war eine gute Basis, um schnell in den Aufgabenbereich des Kunststoffsimulations­zentrum hinein­ zuwachsen. Wichtig war auch die Einbeziehung betriebswirt­ schaftlicher Kenntnisse.“

Bauteil– und belastungsgerechte Gestaltung Berechnungen dienen dem Entwickler zur frühzeitigen Über­ prüfung der Machbarkeit eines Kunststoffbauteils bzw. des Werkzeugs, minimieren Entwicklungszeiten und -kosten bei gleichbleibend hoher Produktqualität und reduzieren den erforderlichen Versuchsaufwand. Hierfür werden im Kunststoffsimulationszentrum mithilfe der Fertigungs­ simulation rheologische und/oder thermische sowie me­ chanische ­Analysen durchgeführt. Beispielsweise werden Bindenähte oder Lufteinschlüsse erkannt und können durch Änderung der Angussposition, der Angussart oder der

Johannes Schildhauer,

Andreas Sommer,

verantwortet bereits eine

Berechnungsspezialist im

Simulationsgruppe

Kunststoff-simulationszentrum

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BSH BOSCH UND SIEMENS HAUSGERÄTE GMBH

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Willkommen beim Innovationsführer für Hausgeräte, willkommen im Team! Mit unseren Produkten der Marken Bosch, Siemens, Neff, Constructa und Gaggenau machen wir das Leben leichter. Als internationaler Konzern mit rund 8,8 Mrd. Euro Jahresumsatz begeistern wir anspruchsvolle Kunden auf der ganzen Welt: durch intelligente Technik, ausgezeichnetes Design und höchsten Bedienkomfort. 2008 wurden wir als „Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen“ ausgezeichnet. Denken auch Sie mit uns weiter. An unserem Standort Traunreut bieten wir

Praktika/Abschlussarbeiten in den Bereichen Fertigungsplanung, Produktentwicklung, Werkzeugbau, Qualitätsmanagement WIR BIETEN interessierten Studierenden anspruchsvolle Hochschulpraktika und Abschlussarbeiten in der Entwicklung und Fertigung unserer weltweit erfolgreichen Kochgeräte und Consumer Products • Beteiligung an vielseitigen Projekten mit eigenverantwortlichen Aufgabenstellungen • professionelle Betreuung durch unsere Fach- und Führungskräfte • Einbindung in ein motiviertes und engagiertes Team.

SIE BIETEN ein abgeschlossenes Grundstudium der Fachrichtung Produktionstechnik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen, Mechatronik, Elektrotechnik oder einer vergleichbaren Disziplin • Kenntnisse in MS Office (Word, PowerPoint, Excel) • gutes Englisch • Begeisterungsfähigkeit und Interesse für neue Themenstellungen • Leistungsmotivation, Eigeninitiative und Kreativität • Interesse an Herausforderungen.

IHRE BEWERBUNG senden Sie bitte an die BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, Herrn Thomas Lechner, Personalabteilung, Werner-von-Siemens-Straße 200, 83301 Traunreut, Telefon 08669/30-2984, oder per E-Mail: thomas.lechner@bshg.com Wir freuen uns darauf, Sie kennen zu lernen.

www.bsh-group.de


Hochschule fĂźr angewandte Wissenschaften Fachhochschule Rosenheim HochschulstraĂ&#x;e 1 83024 Rosenheim


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