Fine 1|2013 – Duftstars 2013

Page 1

E I N E

S O N D E R B E I L A G E der

Verl ag

D E S

für

T R E

Essen,

T O R R I

Tri n k e n

u n d

V E R L A G S

G e n u s s    1 | 2 0 1 3

D E U T S C H E R PA R F U M P R E I S D U F T S TA R S



E I N M AGA Z I N F Ü R W E I N U N D G E N U S S

Verleger und Herausgeber Ralf Frenzel ralf.frenzel@fine-magazines.de Chefredakteur Thomas Schröder thomas.schroeder@fine-magazines.de

Verehrte Leserin, lieber Leser,

Redaktion Carola Hauck

wenn der weiße Flieder wieder blüht: Wie oft mögen wir in den grämlich langen Wochen und Monaten der Kälte und Dunkelheit das kleine Frühlingssehnsuchtslied zum Trost geträllert haben! Doch nun ist es soweit. Weißer und blauer ­Flieder duften in den Vorgärten um die Wette und ­schenken uns, die wir in der Maisonne spazieren­gehen, unschuldig sinnlichen Genuss. Die Thymian­polster prunken himmelblau und locken Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, bald werden sich die Rosen ö ­ ffnen und ihre olfaktorische Botschaft aus­senden. In Scharen wandern Menschen zur Kirschbaum- und Apfelblüte und lassen sich von den bräutlich ­weißen und rosafarbenen Blüten­wolken über­wältigen. Süße, wohlbekannte Düfte! Die Luft scheint schwanger davon – und jedes Jahr aufs Neue sind wir fasziniert von der Fülle der Wohlgerüche, die uns die erwachte Natur verschwenderisch bietet. Unsere Augen, unsere Nasen ­dürfen schwelgen, und wir begreifen, dass es die Düfte sind, die sinnlich und attraktiv machen, die Lebenslust und Begehren auszulösen vermögen.

Art Direction Guido Bittner Mitarbeiter dieser Ausgabe Hanna Conradt, Michael Freitag, Susanne Kaloff, Krisztina Koenen, Angelika Ricard-Wolf, Alena Schröder, Peter Wingert Fotografen Guido Bittner, Rui Camilo, Mark Volk, Thilo Weimar Verlag Tre Torri Verlag GmbH Sonnenberger Straße 43 65191 Wiesbaden www.tretorri.de Geschäftsführer: Ralf Frenzel Anzeigen Ann-Kathrin Grauel Tre Torri Verlag GmbH +49 (o) 611-57 990 info@fine-magazines.de Druck Prinovis Ltd. & Co. KG  ·  Nürnberg Fine Ein Magazin für Wein und Genuss ist eine Sonder­beilage des Tre Torri Verlags und erscheint im Verbund mit Fine Das Wein­magazin.

So ist der Mai auch die rechte Zeit, den ­ eutschen Parfumpreis DUFTSTARS zu vergeD ben – eine Auszeichnung, mit der die ­Fragrance Foundation Deutschland Jahr für Jahr die beliebtesten neuen, innovativen Kreationen sowie die begehrtesten Klassiker internationaler P ­ arfümeure würdigt und damit zugleich die kostbare kultu­relle Bedeutung dieser wichtigen Sparte der Kosmetik­ branche betont. Die glamouröse Gala-Nacht der Düfte im Berliner Tempodrom, ein gesellschaft­ liches und Medien-Ereignis ersten R ­ anges, umrahmt ein spezielles Menü des Starkochs ­Markus Semmler; der Barchef des Grand Hotels Esplanade Onur Köksal hat sich zu einem Fragrance Drink, einer duftigen Cocktail-Kreation inspirieren lassen. Martin Ruppmann, Geschäftsführer der ­Fragrance Foundation Deutschland, stellt auch 2013 den D ­ UFTSTARS die Frage: Wie duftet Deutschland? Die Antwort ist klar. In jedem Fall: betörend! Und gewiss nicht nur nach Flieder.

Ralf Frenzel Thomas Schröder Herausgeber Chefredakteur

I N H A LT

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Verlag h ­ aftet nicht für unverlangt eingereichte Manus­kripte, Dateien, Datenträger und Bilder. Alle in diesem Magazin veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt.

4 10 16 18 22 28 30 34 38 40 42 44 46

Der ewige Verführer: Roberto Cavalli Lovro Mandac und das Warenhaus der Zukunft Das Fluidum einer Stimme: Aria sublime Ruinart Rosé und seine Aromen Candy von Prada Der Duft des Designers: Dahlia Noir Tom Ford ist im Mode-Olymp angekommen Das Comeback: J. F. Schwarzlose Der Klassiker: Eau Sauvage Anne Flipo, Aurélien Guichard Delphisch wie die Nacht: Eau de Nuit Deutscher Parfumpreis DUFTSTARS 2013 DUFTSTARS: Der neue Look F I N E   DUF TSTARS 2 013

3


Der ewige Verführer Mit einer gekonnten Mischung aus Erotik, Exotik und Egozentrik vermarktet der italienische Designer Roberto Cavalli erfolgreich seine fantasievolle Mode, schöne Düfte und sich selbst. Von Angelika Ricard-Wolf Fotos Thilo Weimar

»Ciao, ciao«, krächzt der Beo in der Voliere, der blaue Ara in seinem Käfig pfeift alle paar Minuten in ohrenbetäubender Frequenz, das weiße Kakadu-Paar schweigt. Lupo, der mächtige Deutsche Schäferhund, stupst mit der Nase, will, dass man mit ihm und seinem blauen Gummitier spielt. Wovon ihn Rosa und Violetta, die quietsch­ munteren Yorkshireterrier-Damen, mit vollem Körpereinsatz abzuhalten versuchen. Wäre ja noch schöner, wenn ein gutmütiger Tolpatsch zwei Doggy-Diven mit glitzernden Haarspangen im Pony die Show stähle – wo sind wir denn!?

B

ei Roberto Cavalli im Wohnzimmer. Es ist Mittelpunkt seines Mailänder Domizils im vierten Stock eines eher schmucklosen Hauses in der City und hat gigantische Ausmaße. Mittendrin steht ein antikes sich aufbäumendes Holzpferd in Lebensgröße – ohne Besuchern auch nur den Ansatz von Platzangst zu vermitteln. Mitsamt ­seiner tierischen Entourage hält der Mode­ macher hier Hof. Als stumme Beobachter ebenfalls anwesend: zwei giftgrüne Iguanas (südamerikanische Leguane) im Terrarium und ein Schwarm exotischer Fische im als Raumteiler fungierenden Aquarium.

4

F I N E   DUF TSTARS 201 3

»Wussten Sie, dass ich mal einen Tiger hatte?«, fragt der intensiv sonnengebräunte Zweiundsiebzigjährige, das schwarze Hemd brusttief aufgeknöpft. Im Ausschnitt glitzert ein kleiner an die Kette gelegter Playboy-Bunny. Dazu trägt er eine blau verspiegelte Sonnenbrille, Jeans und schwarze Cowboystiefel. Mit sonorer Stimme erzählt er, wie er das Raubtierbaby mit der Flasche großgezogen hat, und deutet zum Beweis auf das Foto an der riesigen Pinnwand. In deren Mitte ist seine Mama, herzförmig ausgeschnitten, zu sehen. Drumherum zig Bilder des Hausherrn in allen Lebenslagen: jung, alt, mit Bart, ohne, auf Foto-Jagd in Afrika, auf


F I N E   DUF TSTARS 2 013

5


der Yacht, der Bühne, dem Laufsteg, mit Halle Berry, Jennifer Lopez, Heidi Klum, den Spice Girls, mit Söhnen und Töchtern, den fünf Enkelkindern und seiner zweiten Ehefrau Eva, die als Kreativ­ direktorin längst auch in Geschäftsdingen seine bessere Hälfte ist. Ein volles Leben in Momentaufnahmen, aus hunderten von Fotoschnipseln zu einem Monumentalpuzzle zusammengestellt. Besagter Tiger wurde, sehr zum ­Bedauern seines Bändigers, nach sechs Monaten innigen Zusammenlebens selbst für den Familiensitz, das Landhaus bei Florenz, zu groß. Auch die Boa Constric­tor, bei Shootings lange Zeit der bevorzugte Halsschmuck des italienischen Designers, und ein Affe gehören nicht mehr zur Menagerie. Er liebt nun mal Tiere, besonders exotische, sie inspirieren ihn.

D

ie glitzernde und vielfarbig changierende Haut einer Schlange, die schillernden ­Schuppen der Fische, die gepanzerte Struktur einer Krokodilhaut, das gefleckte beziehungsweise gestreifte Fell von Leopard und Tiger – Roberto Cavalli hat all diese Zeichnungen von Mutter Natur musterhaft auf Seide, Jersey und andere fließende Materialien übertragen. Animal Prints sind sein Markenzeichen. Damit ist er berühmt geworden. Aus diesen Stoffen schneidert er den Frauen seit mehr als vierzig Jahren raffinierte Kleider, nein, mehr eine zweite Haut. Um Brust und Taille sind seine Entwürfe äußerst knapp bemessen, doch je

6

F I N E   DUF TSTARS 201 3

länger die Röcke, desto flatterhafter werden sie. Ein Look für Jane, in dem sie sich per Liane zu ­Tarzan schwingen könnte. Allerdings viel zu schade (und zu teuer) für den Dschungel. Stattdessen schwingen Rockstars und Schauspielerinnen darin ihre Kurven spektakulär ins Rampenlicht. Spot on, Aufmerksamkeit garantiert. Was Frauen jeglichen Alters animiert, ihre Weiblichkeit cavalli-schnittig zu betonen. Sex sells – weshalb alle Beteiligten dieser fashionablen Eroberungs-Strategie, der Macher wie seine Fans, voll auf ihre Kosten kommen. Dabei ist Roberto Cavalli eher »durch Zufall«, wie er meint, ins Modebusiness gerutscht. Der Sohn eines Geometers besuchte die Akademie der

­ chönen Künste in seiner Heimatstadt F S ­ lorenz, betrieb Materialstudien und probierte neue Drucktechniken aus. Der inzwischen graumelierte Grand­seigneur kommt ins Fabulieren, wenn er sich an die Anfänge erinnert. »Ich bin auf eine Party gegangen, auf der Handtaschen verkauft wurden. Ich hatte keine Einladung, war aber verrückt genug, trotzdem aufzukreuzen.« Und noch verrückter, weil er dem Hersteller der Taschen erzählte, er könne Leder bedrucken. Was zu dem Zeitpunkt (noch) geflunkert war, ihm aber die Chance seines Lebens verschaffte. »Ich sollte Muster zeigen. Also habe ich tags darauf Leder gekauft und es mit Blumenmotiven bedruckt. Es funktionierte.« Prompt bekam er den Auftrag, mehr solcher Prints


So bunt wie sein Leben ist die riesige Pinnwand im gigantischen Wohnzimmer des weltmännischen Salonlöwen Roberto Cavalli. Und mittendrin: la mamma.

herzustellen, die er zuerst mit Blütenmotiven, später mit animalischen Mustern versah. Die fanden bei Modemachern wie Krizia oder dem Leder­ spezialisten Mario Valentino reißenden Absatz. »Vor mir ist Leder störrisch und hart gewesen. Ich habe es zu Seide gemacht und auch so behandelt. Die feinen Verarbeitungsmöglichkeiten sind alle meine Erfindung. Dafür hätte ich den Nobelpreis bekommen m ­ üssen.« Da Eitelkeit zu den s­ ieben Todsünden gehört, relativiert er sein Selbstlob umgehend: »Das Leben ist eigenartig. Gott entscheidet für dich. Er wollte mir ein Geschenk machen. Ich weiß es.« Jedenfalls brachte ihn der Erfolg mit den Lederprints auf die Idee, selbst unter die Modemacher zu

gehen. Zeichnen hatte er an der Akademie gelernt und die Materialien kannte er auch. Seine ersten Kreationen verkaufte er in einer Boutique, die er 1970 in Saint-Tropez eröffnete. Sein flippig-­bunter Patchwork-Stil war wie maßgeschneidert für die Jetset-Truppe mit ihren Hippie-Ambitionen, die damals die Côte d’Azur bevölkerte.

B

rigitte Bardot wurde schnell Stammkundin. »Die Boutique hieß Limbo«, erzählt Cavalli und fragt: »Sind Sie katholisch?«. Nein. »Tja, dann können Sie die Bedeutung von Limbo nicht kennen. Es ist der Name für die Vorhölle, wo unschuldige, aber ungetaufte Seelen zwischen Verdammnis und Erlösung schweben.« Eine bessere Bezeichnung

hätte er sich für einen Laden nicht ausdenken können, in dem er höllisch scharfe Kleider anbot, die das Fegefeuer der Eitelkeiten schürten, aber Trägerinnen wie Betrachtern den Himmel auf Erden versprachen. Die Anerkennung in Frankreich machte ihm Mut: 1972 gründete er seine eigene Modemarke, deren farbenfroher und lebensbejahender Mix schnell Furore machte. In den neunziger Jahren gab er seinem Label mit fetzigen und üppig verzierten Jeans noch einmal einen neuen Schub. Den Hype um die Marke heizte der Modemacher mit extravaganten Auftritten und einem luxuriösen Lebensstil an. Mit seinem Privatzoo, seiner in irisierenden Farben gestrichenen, einundvierzig Meter langen

F I N E   DUF TSTARS 2 013

7


So sinnlich wie Georgia Jagger, das Gesicht zu Roberto Cavallis neuestem Duft, sind die Parfüms des kreativen Exzentrikers.

Foto: Roberto Cavalli

Und immer dabei: das animalische Muster.

Yacht, mit Weingut, Gestüt, dicken Zigarren und den Schönen und Reichen dieser Welt im Schlepptau legte sich der Bonvivant ein glamouröses Image zu. »Mein Mann«, beschrieb ihn Eva einmal, seit mehr als dreißig Jahren die angetraute blonde Eminenz an seiner Seite, »ist eine Drama-Queen.« Auch heute noch? »Ach, all der Champagner und die Partys«, sagt er und lächelt verschwörerisch, »früher war da mehr Theater, heute sieht die Welt realer aus. Aber wenn ich den Leuten erzählte, dass ich am liebsten Wasser trinke, dann wären sie doch enttäuscht, oder?«

N

ein, aus der Exzentriker-Nummer kommt er sowieso nie mehr heraus. Will er ja auch nicht. Man muss nur sehen, wie elegant er mit einem Satz aufs getigerte Sofa springt und sich als lässiger Lebemann für den Fotografen auf die

8

F I N E   DUF TSTARS 201 3

Lehne lümmelt. Die Pose hat er längst verinnerlicht. Zum Wohl der Marke. Sie boomt seit einundvierzig Jahren. Neben der hochpreisigen Haupt­linie für Frauen und – seit 1999 – auch für Männer gehören dazu heute Kollektionen für Jeans, Unter­ wäsche, Armbanduhren, Brillen, Mode für Kinder sowie die jugendliche Zweitlinie justcavalli und die elegante Brückenkollektion Class. Der Umsatz des Unternehmens betrug vergangenes Jahr 176 ­Millionen Euro. Dazu haben auch die Parfüms beigetragen, die seit elf Jahren unter seinem Namen herausgebracht werden. Relativ spät für eine so erfolgreiche Modemarke. Offerten der Kosmetikindustrie gab es schon lange zuvor. »Ich wollte früher nicht«, erzählt er, »wenn man berühmt ist, wollen alle auf einmal Geld mit deinem Namen verdienen. Das fand ich nicht fair.« Als 2002 das Angebot von

Coty kam, konnte er allerdings nicht widerstehen. Es war zu verlockend. »Ich kann die Flakons und das Logo entwerfen und die Werbung entscheidend mitgestalten.« Beides ist unübersehbar. Um die Phiole des ersten Signaturparfüms wand sich eine Schlange, im Spot für die aktuelle Mischung »Roberto Cavalli« kreuzt ein Tiger auf. Sie duftet sinnlich nach Orangenblüten und Vanille und hat, wie der Designer selbst, Pfeffer. Und dass G ­ eorgia Jagger, Model der Kampagne für den brandneuen Duft »Just Cavalli« knallenge Jeans im rosa PythoPrint trägt, versteht sich wohl von selbst.

W

as passiert eigentlich mit einer Frau, wenn sie in eines seiner animalisch bedruckten Outfits schlüpft? Der Maestro beugt sich vor und sagt: »Sie fühlt sich schön, sie wird selbstsicher, und dann fängt sie an zu spielen.«  >



10

F I N E   DUF TSTARS 201 3


Der Mann, der die Frauen versteht

Kaufhof-Chef Lovro Mandac baut das Warenhaus der Zukunft. Der Parfümerie kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Von Krisztina Koenen Fotos Rui Camilo

So also sieht ein glücklicher Mensch aus. »Ich bin zufrieden. Ich habe den schönsten Job der Welt und freue mich jeden Tag darauf «, das sagt er, der glückliche Mensch. Vielleicht trägt zu d ­ iesem Glück bei, dass sein Schreibtisch nach dem Urteil eines Wirtschafts­ magazins in einem der zehn schönsten Vorstandszimmer Deutschlands steht. Es könnte auch daran liegen, dass er in besagtem Zimmer bewacht wird von einem »guten Geist« – einer auf den ersten Blick furchterregenden Holzfigur, und dazu noch von zwei Engeln. Mag sein, aber das Glück von Lovro ­Mandac hat schon tiefere Gründe. Seit 1994, also seit bald zwanzig Jahren, ist er Vor­sitzender der Geschäftsführung von Galeria Kaufhof.

N

un haben es Warenhauschefs heutzutage nicht leicht, und glücklich sind vermutlich die wenigsten. Wie fast alle Warenhäuser in Europa erlebte auch der Kaufhof in diesen zwei Jahrzehnten etliche ­Tiefen. Doch Lovro Mandac ist von unverdrossenem Optimismus, nicht zuletzt, weil er sicher ist, für sein Unternehmen die richtige Strategie gefunden zu haben. Und die hat auch mit Parfüms und Kosmetika zu tun. Wer kennt nicht diesen Duft, der den Kunden – meist die Kundin – gleich empfängt und umspielt, sobald er oder sie eine Kaufhof-­Filiale im Zentrum einer Großstadt betritt? Die Anmutung ist edel, es wird signalisiert, dass hier nur Feines und Hochwertiges angeboten wird. Das helle,

leuchtende Mobiliar, die ­bunten ­ lakons, die vielen Tiegel, die aufF wändigen, glänzenden Ver­packungen laden zum Bummeln, zum Aus­ probieren, zum Einkaufen ein. Die prominenteste Lage an den zentralen Eingängen der großen Kaufhof-Filialen gehört den Parfümerien. Hier findet man alles, was der Fachmann als selektive, also hoch­ wertige Kosmetik und Düfte bezeichnet. Die Ziele von Kaufhof sind in jeder Hinsicht ehrgeizig, aber ganz besonders im Parfümerie-Bereich. Man möchte in dieser Sparte neben Douglas Marktführer werden, und weit sei man davon nicht mehr entfernt, betont Lovro Mandac. Die gesamte Kosmetik-Sparte mache schließlich knapp zehn Prozent

des Umsatzes aus, »mit zunehmen- bleiben, schauen, probieren, etwas der Tendenz«. Man sei damit auf kaufen. Deshalb findet sich hier tateinem guten Weg, erklärt er sichtlich sächlich alles, was eine Frau interzu­frieden. Kosmetik und Düfte seien essieren könnte: neben ­Kosmetik sehr wichtig für die Zukunft, weil sie sind das Handtaschen, Accessoires, ein essenzieller Teil von Lifestyle, von Strümpfe, Schmuck. Selbst die Düfte Einkaufen als Erlebnis seien. Und in für die Männer würden in der Regel dieser Richtung liege die geschäft- von Frauen gekauft, sagt Lovro liche Perspektive des ehrwürdigen ­Mandac, der großen Respekt gegenWarenhauses. über seiner weiblichen Kundschaft zeigt: »Wir Männer sind noch nicht ie Strategie: die wichtigsten so emanzipiert.« Kunden, die Frauen nämlich, Dass seit Jahrzehnten das Ende zu verführen. »Das Kaufhaus muss des Warenhauses vorhergesagt wird, weiblicher werden!«, lautet Lovro erheitert ihn. Denn er ist davon überMandacs Devise. Etwa siebzig Pro- zeugt, dass das innerstädtische Kaufzent der Besucher sind weiblichen haus etwas bieten kann, was weder Geschlechts; die sollen gleich im Erd- Shopping Malls noch Supermärkte geschoss verzaubert und nicht mehr auf der grünen Wiese haben: ein großlosgelassen werden, sollen im Haus städtisches Einkaufserlebnis. Wenn

D

F I N E   DUF TSTARS 2 013

11


Lovro Mandac von den Perspektiven und der stetigen Umgestaltung seines Unternehmens spricht, steht ihm die Begeisterung im Gesicht. Nach dem Krieg habe das Warenhaus eine reine Versorgungsfunktion gehabt. Man bediente die verschiedenen ­Wellen: die Fresswelle, später die Bekleidungs- und die Haushaltswaren-­ Welle. Der Kaufhof sei der zentrale Anziehungspunkt der Städte gewesen. Hilfreich war der Besitz von Immobilien in sehr attraktiven Zentrumslagen wie beispielsweise auf dem Alexander­platz in Berlin, auf der Zeil

12

F I N E   DUF TSTARS 201 3

in Frankfurt oder auf dem Marien- Umsatzeinbußen. Damals fingen und den Einzelhändlern, sagt Lovro platz in ­München. »Der Erfolg hat auch die Medien an, das Ende des Mandac. Die Menschen hielten sich aber auch träge gemacht«, sagt der Geschäftsmodells Warenhaus an die gern in Innenstädten auf, weil es so Geschäftsführer, man habe sich dar- Wand zu malen. Lovro M ­ andac jedoch viele verschiedene Anziehungspunkte auf verlassen, dass sich der Standort- hörte das Totenglöcklein noch lange gibt. Diese Chance müsse das Warenvorteil gegenüber der ­grünen Wiese nicht läuten. Er dachte nicht an ein haus nutzen. So entstand die Idee der schon von selbst durchsetzen werde. Ende, sondern an einen Neuanfang. »Welten«: Damen­welten, HaushaltsDarüber hinaus habe man genau das Der hatte einen Namen: Erlebnis- welten, Kinderwelten. Da kommt Falsche getan: mit den Fachmärkten shopping. Mit dem Kauf der Waren- dann in einem Stockwerk alles zusamund Discountern preislich zu kon- häuser von Horten erwarb man auch men, was eine Welt ausmacht. kurrieren versucht und somit das die Ansätze des neuen Konzepts, Niveau der Warenhäuser gesenkt. und so wurde die Galeria Kaufhof er Erlebnis bieten will statt einfach nur Bedürfnisse zu Das aber akzeptierten die K ­ unden geboren. Das Kaufhaus gehöre zum nicht, und das fehlerhafte Konzept innerstädtischen Erlebnis, zusam- befriedigen, müsse seine Kunden, führte nicht nur beim Kaufhof zu men mit den Restaurants, den Kinos seine Cluster, kennen und genau wissen, wer angesprochen werden soll: »Frauen 35 plus – das ist die Mehrheit unserer Kunden«, sagt Lovro Mandac und fügt hinzu: »Wir betrachten uns als demokratisches Warenhaus, offen für jeden Geldbeutel.« Deshalb wird in der Parfümerie neben ExquiVerlockender Empfang: sitem auch Bedarfskosmetik angeboten. Eine Luxusschwelle dürfe es ­Funkelnd und glitzernd zieht nicht geben, erklärt er. Dennoch will die Parfümerie im Erd­geschoss er die Grenzen seines Angebots noch ein wenig weiter ins obere Segment von Galeria Kaufhof die überverschieben. Immer mehr hochwerwiegend weibliche Kundschaft tig sortierte Lieferanten entdeckten den Kaufhof für sich. Die Aufin ihren Bann. wertung des Sortiments dürfe aber nicht dazu führen, dass man Kunden verliert. Der gute Kaufmann weiß, dass nicht mehr als fünf Prozent der Kundschaft innerhalb eines Jahres ausgetauscht werden dürfen.

W


Das Leben ist schรถn auf Lancome.de

Le nouveau parfum

Das Leben ist schรถn. Es liegt in Ihrer Hand.


erlassen, später wurde der Kaufhof sogar vom Landgericht verurteilt, doch »auf der Stelle zu treten« war für Lovro Mandac ein unerträglicher Gedanke. Auch wenn mittlerweile die Ladenöffnungszeiten – für damalige Verhältnisse undenkbar – ausgeweitet wurden, ärgert das Öffnungsverbot an Sonntagen den freiheitlich denkenden Vorstand noch immer. Ihm schwebt ein verkaufsoffener Sonntag einmal im Monat vor. Sein Argument: »Die Menschen führen ihr Leben so, wie sie es wollen, und richten sich nicht nach den Wunschbildern von Kirche und Gewerkschaften.« Besonders erbost ihn das Sonntagsverbot, weil es Internet-Anbietern einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Gerade weil der Kaufhof selbst einen Online-Shop betreibt, weiß er genau, dass die Menschen besonders am Sonntag Zeit zum Einkaufen haben. Und wo kaufen sie dann ein? Beim Couch-Surfing im Netz. Und deshalb »werden wir, wenn es sein muss, wieder vor das Verfassungs­gericht gehen, um Wettbewerbsgleichheit herbeizuführen. Der Sonntag ist ein Familieneinkaufstag – den die Kunden haben wollen.«

W Dynamische Umsicht: Bei seinem Lieblingsthema, dem Warenhaus der Zukunft, gerät Kaufhof-Chef Lovro Mandac schon einmal ins Gestikulieren.

Ein weiteres Element der Erneuerung findet im Netz statt. »Online ist für uns das wichtigste Thema zur Zeit«, sagt Lovro Mandac. Geplant sei, dass der Online-Shop im Lauf der nächsten vier, fünf Jahre die »größte Filiale« im Kaufhof-Konzern wird; dabei soll die Parfümerie eine wesentliche Rolle spielen. Ein besonderes Angebot an die K ­ unden ist dabei die Verschränkung von Kaufhaus und Internet. Der Kunde muss sich die Ware nicht unbedingt nach Hause schicken lassen, wo vielleicht keiner ist, um sie entgegenzunehmen. Er kann sie in einer echten Filiale aus Stein und Mörtel abholen, auch umtauschen oder zurückgeben. So holt man ihn am Ende doch ­wieder 14

F I N E   DUF TSTARS 201 3

ins Haus – und alle Beteiligten haben einen Vorteil dabei.

L

etwas zu riskieren bereit ist. Als Einziger hat er vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen das Ladenschlussgesetz geführt. Und 1999 hat er sich mit einer beispiellosen Aktion gegen das Verbot, sonntags zu öffnen, einen Namen gemacht.

ovro Mandac ist studierter Betriebswirt und mit Leib und Seele Kaufmann. Den Vergleich mit Leonhard Tietz, dem Mann, der 1879 in Stralsund auf fünfundzwanzig Quadrat­metern den ­ersten Kaufn einem Sonntag Ende Juli hof-Vorgänger gegründet hat, scheut ließ er im Kaufhof auf dem der dennoch. »Tietz war ein Grün- Alexander­platz in Berlin alle Artikel der, ein Entrepreneur, der etwas ganz mit dem Aufkleber »Berlin Souvenir« Neues gewagt hat. Ich habe etwas wei- ver­sehen. Denn das Gesetz erlaubte terzuentwickeln, das einen großen an »Ausflugs-, Erholungs- und WallBestand und eine große Geschichte fahrtsorten mit besonders starkem hat.« Doch ganz stimmt das frei- Fremdenverkehr« auch an Sonn- und lich nicht. Auch Lovro Mandac ist Feiertagen den Verkauf von tourisein Vor­kämpfer, einer, der für seine tischen Andenken. Dagegen wurde Idee von freier Marktwirtschaft auch zwar eine einstweilige Verfügung

A

as die Mitarbeiter, vor allem die Mitarbeiterinnen, davon halten? Die würden ganz gern am Sonntag arbeiten, weil sie dadurch viele Vorteile hätten, behauptet der Chef. Ganz unrecht mag er damit nicht haben. Welcher Chef kann schon von sich behaupten, seine Mitarbeiter liebten ihn? »Wir ­lieben Lovro« stand auf einem Plakat, das seine Mitarbeiter zum ein­hundert­ fünf­und­zwanzigsten Geburtstag des Kaufhofs selbst gemalt hatten. Daran erinnert zu werden macht den sonst so schlagfertigen Mandac fast ein bisschen verlegen. Damals organisierte er die Geburtstagsfeier, die im Kölner Stadion ausgerichtet wurde, und er wollte unbedingt, dass alle dreiundzwanzigtausend Mit­arbeiter dabei waren. Eine Veranstaltung nur für Führungskräfte, fern von den Angestellten, wollte er nicht. Das wussten die zu schätzen. Vor einigen Jahren hatte Lovro Mandac angekündigt, mit sechzig ­seinen Posten räumen zu wollen. Heute, zweiundsechzigjährig, denkt er nicht daran: »Ich verjünge mich mit den Jahren rückwärts«. Gut so. Denn es gibt noch so viel Aufregendes zu tun. Das Kaufhaus der Zukunft will gebaut werden.  >



Das Fluidum einer Stimme: Von Michael Freitag Foto Rui Camilo

Groß gewachsen, athletisch gebaut, mit ansteckendem Lachen und sorgfältig gepflegtem Dreitagebart passt Andreas Scholl mühelos in das Klischee moderner Männlichkeit. Nicht aber in das eines Countertenors, der mit einer Mischtechnik aus Kopf- und Bruststimme im weiblichen Register des Alt singt.

D

ass ein Mann so hoch singen kann wie eine Frau, ist extrem selten. Nur ein knappes ­Dutzend Sänger ist in diesem Fach, das auch als Alto bezeichnet wird, in den Konzert- und Oper­sälen der Welt zu finden. Das Repertoire der Counter­ tenöre besteht zum guten Teil aus den Bravour-­ Arien, mit denen im 18. Jahrhundert i­talienische Kastraten die Opernhäuser Europas zwischen ­Neapel und London in Arenen der Exstase verwandelten. Besonders berühmt wurden sie mit der Gesangstechnik der Messa di Voce. Dabei setzt der Sänger im Pianissimo ein, meist ganz ohne Vibrato, steigert die Stimme bis zum Fortissimo, gibt etwas Vibrato hinzu, variiert die Geschwindig­keit ad libitum und geht dann in ein Decrescendo über. »Die berühmten Kastraten wie Senesino und Farinelli,« sagt Andreas Scholl, »konnten das wegen ihres ­großen Lungenvolumens über gut eine Minute aus­dehnen. Bis die Damen in Ohnmacht fielen«. Messa di Voce, ein brillantes Virtuosenkunststück, vermittelt den Eindruck äußerster Delikatesse, erfordert aber ein so hohes Maß an Körperkraft und -kontrolle, dass nur wenige Sänger, ganz gleich in welchem Register sie unterwegs sind, es jemals beherrschen. Delikatesse und Raffinesse – diese Begriffe passen so gut zu Andreas Scholl, dass auch eine Parfümeurin aus der alten Parfümhochburg Grasse in der Provence davon tief beeindruckt war. Sie reiste von Konzert zu Konzert und bat ihn endlich um ein Treffen – ganz offiziell über seine Agentur, damit er nicht denken mochte, sie sei nur eines jener Groupies, von denen jeder Solist mehr hat, als ihm lieb ist, von den Tenören ganz zu schweigen. Sie wollte mit ihm zusammen ein P ­ arfüm kreieren, das ganz auf seine elegante Erscheinung zugeschnitten sein sollte.

E

r hatte erst gar keine Lust, zu abseitig erschien ihm der Gedanke. Aber weil ihm sein Management gut zuredete und der Terminplan nicht dagegen­sprach, ließ er sich darauf ein. Kitty Shpirer, die musikbegeisterte Parfümeurin, trug ihre Idee so überzeugend vor, dass Andreas Scholl bald schon Feuer und Flamme war. Und er erzählte ihr, dass es ihm musikalisch immer auf

16

F I N E   DUF TSTARS 201 3

Aria sublime Der Countertenor Andreas Scholl hat zusammen mit der Duftkünstlerin Kitty Shpirer ein eigenes Parfüm geschaffen


Dédié à Andreas Scholl: Aus reiner Verehrung für die Kunst des weltberühmten Countertenors hat die Parfümeurin Kitty Shpirer aus dem südfranzösischen Grasse diesen Duft geschaffen.

kleinste Details ankomme: Haben die Mikrofone eine kleine oder eine große Membran (klein bedeutet schnellere Reaktion, groß bedeutet wärmere Aufzeichnung)? Ist sie viereckig oder rund? Gibt es einen Röhrenvorverstärker oder muss man mit kühlerer Transistor­technik leben? Auch auf einem nicht-musikalischen Feld habe er wenig Neigung, anders zu arbeiten.

K

Fotos: Bissoumine

itty Shpirer wiederum erzählte ihm, sie habe keine Lust, den Weg zu gehen, den in ihrem Metier jeder geht, vor allem die großen Unter­ nehmen. Sie habe nur ein kleines Atelier, in dem sie zusammen mit ihrem Partner Patrice Martin, der aus einer alten provenzalischen Parfümeurs­ familie stammt, die Kreation von Düften als Handwerk betreibe. In kleinem Maßstab. Das erlaube ihr, alle Arbeitsschritte unter ihrer Kontrolle zu haben: Einkauf der Grundstoffe, Auswahl der Flakons, graphische Gestaltung der Verpackungen und Verkauf über ihre Website; Bissoumine, den Namen ihres Shops, hat sie dem Altaramäischen entlehnt– dort steht Bissoumine für Duft. Ob sie damit reich werde, bezweifle sie, aber es mache ihr Spaß, Künstler zu treffen, auch aus Diszi­plinen, die abseits des Mainstreams lägen. Sie habe zusammen mit dem Maler Fred Nall, der aus Alabama stammt und im berühmten Saint-Paul de Vence ein Studio hat, das Parfüm »Les Fleurs de Nall« geschaffen – eine Anspielung auf »Les Fleurs du Mal« des französischen Lyrikers Charles Baude­ laire. Fred Nall ist vor allem für seine Blumen­bilder bekannt. »Les Fleurs de Nall« ist deshalb ein von den vielen floralen Noten der Provence geprägtes Parfüm. Jetzt sei sie eben von den stimmlichen Möglichkeiten dieses virtuosen Kontratenors so begeistert, dass sie ihm ein Parfüm komponieren wolle, das ganz anders sein werde als das für den Blumen­ maler maßgeschneiderte. Kraftvoll werde es sein, aber auch delikat und raffiniert.

Und so trafen sich die beiden über einen Zeitraum von anderthalb Jahren mehrfach. Kitty Shpirer hörte die Schollschen Konzerte mit L ­ iedern von John Dowland und Franz Schubert, Arien von Albinoni und Händel in London und Kopenhagen, Bach-Kantaten in Basel. An der Schola Cantorum Basiliensis hat Andreas Scholl studiert, dort unterrichtet er heute, nicht als Professor zwar, sondern als Lehrbeauftragter, weil er sein Studium nicht mit einer schriftlichen Examensarbeit abgeschlossen hat. Und immer brachte Kitty Shpirer Proben des neuen Duftes mit, der »Aria sublime« heißen und bei aller Feinheit maskulin sein sollte. Das ist leicht gesagt. Am Anfang leichtes Naserümpfen. Zuviel Ambra? Wahrscheinlich. Nächster Versuch. Zu wenig Zeder? Kann sein. Mit der Zeit glichen sich die Wahrnehmungen an, und die Erwartungen von Parfümeurin und Inspirator wurden synchronisiert. Der Duft durfte nicht zu leicht­füßig daher­kommen, um Himmels willen nicht von Zitrusnoten

dominiert werden. Er musste Substanz haben, ein Volumen wie der Brustkorb eines S ­ ängers vor dem Ausatmen. So entstand eine ­Mixtur aus Ambra, Moschus, Verveine, einem Hauch Bergamotte, einem Spritzer Kletterrose und einigen pfeffrigen Noten. Schwer und dennoch delikat, lang anhaltend, mit einem Hauch Dekadenz.

A

ndreas Scholl mag es nicht, die Kunst der Kontra­tenöre auf das virtuose Spiel der Koloraturen, wie sie in der Opera Seria verlangt wurden, zu reduzieren. Für ihn sind die seriösen Partien, zu denen er Schuberts Winterreise ebenso zählt wie Bachs Kantaten, mindestens genauso wichtig. Aber er greift auch in die Pop-Musik aus. Davon profitieren die Käufer von »Aria sublime« unmittelbar. Denn für sie hat Andreas Scholl, der keine Berührungsängste vor musikalischen Genres kennt, einen Song komponiert: Pop-Musik, sehr fein, sehr zart. Das Parfüm ist, abgesehen von einigen exklusiven Verkaufsstellen in Paris, Genf, Zopot, Tel Aviv und Fairhope/Alabama, nur online zu erwerben. Und wenn man den Bestell-Button drückt, bekommt man einen QR-Code – wer nicht weiß, was das ist, lasse es sich von den Kindern oder Enkeln erklären –, mit dem auf wundersame Weise ein Gratis-Download für eben diesen Song frei­ geschaltet wird. Der passionierte Videofilmer dreht übrigens die Werbevideos für seine CDs selbst; darüber hinaus hat er auch schon die Musik anderer ­Sänger mit Videos begleitet, etwa der Kurzfilm zum hin­ reißend schönen Song seiner Sopran-Kollegin Renée ­Fleming »The moon is a harsh mistress«. Die Parfümeurin und der Countertenor sind mit »Aria sublime« eine wunderbare Symbiose eingegangen: So verführerisch und betörend wie sein Gesang ist die Botschaft dieses einzigartigen Herren­dufts. > F I N E   DUF TSTARS 2 013

17


Genuss kann m Peter Wingert im Gespräch mit

Frédéric ­Panaïotis, dem Chef de Cave von Champagne Ruinart, über seine Zusammenarbeit mit den Aromen-Experten des IFF Fotos Guido Bittner, Marc Volk

Frédéric Panaïotis, Jahrgang 1964, lernte im Weinberg seiner Großeltern alles über den Anbau von Chardonnay in der Champagne. S ­ päter ­studierte er Önologie und erwarb 1988 das ­Diplôme ­National d’Oenologue der Ecole Nationale Supérieure Agronomique in Mont­pellier. Anschließend arbeitete er bei großen Wein­erzeugern in Kalifornien. 1991 kehrte er in die Champagne zurück, zunächst zu dem Interessenverband Comité Inter­professionel du Vin de Champagne (CIVC). Danach ging er zu Veuve-Clicqot. Seit 2007 ist er Chef de Cave von Champagne Ruinart. Zu seinen Leiden­schaften gehören auch die Duft­nuancen bei Champagner und ihre Entsprechungen bei ­Parfüm. Um die herauszufinden, arbeitet er seit Jahren mit den Aromen-­Experten von Inter­national ­Flavors & Fragrances (IFF) zusammen. Als Ergebnis brachte er kostbar ausgestatte »Aroma­boxen« von Champagner und dazu passen­den Düften auf den Markt – zuerst für den Ruinart Blanc de Blancs (2011) und, ganz ­aktuell, für den R ­ uinart Rosé. Wie geht man vernünftig mit der Aromabox ­Ruinart Rosé um? Ich würde, wenn Sie gestatten, gern einen Schritt zurückgehen: was uns überhaupt auf die Idee gebracht hat. Die Zusammenarbeit mit IFF dauert schon lange an, die norwegische Geruchs­forscherin Sissel Tolaas ist meine wichtig­ ste Ansprechpartnerin. Am Anfang sprachen wir gewissermaßen verschiedene Sprachen, wenn wir bestimmte A ­ romen identifizieren wollten. Dabei ist meine Neugier gewachsen. Die Aromenexperten der Parfüm­industrie sind nämlich so gut, dass sie meinen professionellen Ehrgeiz angestachelt haben. Die Frage war, wie konnte ich trainieren, um mit ihnen mithalten zu können? Und daraus sind diese Projekte entstanden, jetzt mit dem Rosé, aber zuvor mit dem Blanc de Blancs, bei dem deutlich andere aromatische Bestandteile, vor allem Jasmin, die Hauptrolle spielen. In der Aromabox des Rosé stellen wir, neben dem Champagner, acht Aromen i­soliert vor: Damaszener­rose, L ­ itschi, Pink Grapefruit, Passions­frucht, Guave, Himbeere, Kirsche und Minze. 18

F I N E   DUF TSTARS 201 3


man trainieren Die Aromabox für den Ruinart Rosé haben die norwegische Duftforscherin Sissel Tolaas und der französische Kellermeister Frédéric Panaïotis gemeinsam entwickelt.

Müssen Sie als Chef de Cave nicht genau das Gegenteil tun: eine Cuvée zusammensetzen, also synthetisch arbeiten? Klar. Aber das analytische Training ist enorm nützlich. Und wir brauchen jede Menge davon, weil die Grundweine viel Säure haben und die Aromen nicht besonders deutlich hervortreten, sondern, so nehmen es zumindest Laien wahr, versteckt sind. Natürlich hat man ein Analyseblatt über die einzelnen Grundweine. Da können wir nachlesen, w ­ ieviel Säure und Alkohol in der Probe enthalten ist, ob sie eine malolaktische Gärung durchlaufen hat oder nicht, und wie hoch (oder niedrig, das ist besser) der Gehalt an flüchtiger Säure ist – aber, ehrlich gesagt, das hilft nicht sehr viel. Erfahrung und Training sind das A und O. Ich verkoste an jedem Tag, den ich in Reims bin, von halb zwölf Uhr an ungefähr vierzig Grundweine.

Wie viele Parfüms kann man überhaupt in einer Session probieren? Ein Laie ist wahrscheinlich schon mit fünfen am Ende seines Erinnerungsund Unterscheidungsvermögens. Aber das lässt sich trainieren. Die Parfümeure schaffen spielend fünfzig, wobei sie ihre Riechsensoren zwischendurch mit Kaffeebohnen neutralisieren. Und ich glaube, das schaffe ich mittlerweile auch.

Kann man besser geniessen, wenn man sich auf diese Weise olfak­torisch umfassend geschult hat? Ja, aber man muss die Sache auch nicht übertrieben ernst nehmen. Die Aroma­box ist ein schönes aufregendes Spiel für vier oder fünf Freunde. Man stellt als erstes den Rosé kalt; der braucht auf Eis eine gute Viertelstunde, bis er die richtige Temperatur hat, und in der Zwischenzeit kann man die einzelnen Aromen durcharbeiten. Sie überhaupt zu identifizieren ist schon schwer genug. Man tauscht sich aus, und danach kann der Spaß mit der geöffneten Flasche beginnen.

Handelt es sich um natürliche A ­ romen oder wurden sie künstlich hergestellt?

Wie viele Aromen sind im Wein nachzuweisen – doch sicherlich mehr als hundert?

Das Rosenaroma ist zu hundert Prozent natürlich, ebenso Pink Grapefruit, und auch bei der Minze konnten wir zum größten Teil auf natürliche Essenzen zurückgreifen. Bei den anderen war das nicht möglich: Guaven-, Himbeer- und Litschi-­Aromen bekommen wir unmöglich in reiner Form in die Flasche. Besonders schwierig war es mit dem Kirsch-Aroma. Normalerweise, wenn man das isolieren will, stechen bittere Mandeltöne hervor. Wir haben lange probiert, bis uns der typische Kirschduft gelungen ist. Überhaupt denke ich, dass die Qualität der Duft-Proben in unserem Set herausragend gut ist.

Ich würde ungern überhaupt eine Zahl nennen. Es ist gar kein Problem, und unsere Kollegen in der Parfümindustrie tun das auch, Wein, ChampagnerStillweine und fertige Champagner in den Gas­chromato­graphen zu stellen und alle Bestandteile einzeln zu analysieren. Und genauso natürlich haben sie anschließend versucht, den Gesamteindruck Molekül für Molekül zu ­synthetisieren. Das Ergebnis war fürchterlich – zum Glück. Unterschiede zwischen einzelnen Flaschen waren verschwunden, alt oder jung, Pinot Noir, Pinot ­Meunier oder Chardonnay – alles schmeckte gleich. Und zwar gleich scheußlich. Für mich war das eine gute Nachricht. Sie bedeutet, ich bin nicht so leicht zu ersetzen. Ich habe anschließend sofort über eine k­ räftige Gehaltserhöhung verhandelt. Spaß beiseite: Es bedeutet auch, dass sich die Kunden sicher f­ ühlen können. Es ist unmöglich, sie mit »künst­lichem« Champagner zu betrügen.  >

Wer hat sie gemacht? Die Fachleute von IFF beim Laboratoire Monique Rémy in Grasse, Südfrankreich. Die haben die analytische Fähigkeit, in den Aromen des Champagners einzelne Duftnoten isoliert herauszuschnüffeln.

F I N E   DUF TSTARS 2 013

19


DIE ERFOLGSGESCHICHTE AUS DEM RHEINGAU


AB SOFORT IM GUTEN BUCHHANDEL

DER RIESLING – REBSORTE MIT VIELEN FACETTEN Der Riesling ist die spannendste, weil vielseitigste Rebsorte der Welt. Rieslingweine werden von trocken über feinherb bis edelsüß ausgebaut und sind jung als auch gereift zu genießen. Der epochale Bildband behandelt das komplexe Thema Riesling am Beispiel des Spitzen­weinguts Robert Weil. Kein anderes deutsches Weingut hat in den vergangenen 20 Jahren basierend auf der Tradition solch eine beispielhafte Erfolgsgeschichte geschrieben. Begleiten Sie uns auf eine Entdeckungsreise in die internationale Weingeschichte … Erhältlich in deutsch oder englisch. € 49,90 (D)

... überall, wo es gute Bücher gibt, oder unter www.tretorri.de


Der Duft für das heitere Spiel mit der Liebe

Von Michael Freitag

Eine Frau muss nicht gleich in zwei Männer verliebt sein, um »Candy«, den neuen Duft von Prada, zu mögen. In dieser nur auf den ersten Blick ausweglosen ­Situation befindet sich die französische Schauspielerin Léa Seydoux alias Candy in drei sorgfältig inszenierten und glücklich verrückten Werbefilmen. Eine Frau muss ja nicht schräg, überkandidelt, verspielt, albern, herzig, patent, gelegentlich kopflos und immer frou-frou sein, gewürzt mit einem kleinen Schuss Meshuggeness, so wie Candy. Aber es hilft, wenn sie der Filmfigur ein wenig ähnelt.

22

F I N E   DUF TSTARS 201 3

Fotos: Prada

Candy von Prada


Typisch Candy: Das Großstadtgirl, im heiter-ironischen Werbefilm gespielt von Léa Seydoux, liebt gleich zwei Männer. Ihr Parfüm, »the fragrance for all seasons«, ist die Essenz eines Lebensgefühls – »Candy«.

E

in Dreiecksverhältnis ist selten geplant und normalerweise eine sichere Methode, um selbst unglücklich zu werden und andere unglücklich zu machen. Aber Candy ist eben nicht normal. Sie schafft es, ihre Liebhaber mit leichter Hand zu dirigieren. Beneidenswert. Sie tanzt und flirtet durch das Leben. Doch Candy ist nur eine Film­figur, was die Sache einfacher macht. Indessen besitzen auch moderne Frauen die Gabe, alle Verehrer, die sich um sie scharen, leichten Herzens zu lieben und zugleich auf Distanz zu halten und dabei zu lachen, zu giggeln oder gar zu grinsen. Pradas Candy ist, so verstanden, jung und alterslos, ist herb, schwül und zart zugleich, ist Amber und Moschus, ist Macaron, Meringue und Marsh Mellows, ist Quartier Latin und Prenzelberg, ist die

Essenz eines Lebensgefühls: »the fragrance for all seasons«. Die Werbefilmregisseure Wes Anderson und Roman Coppola haben dem fiktiven ­modernen Großstadtgirl Candy Ironie mitgegeben. Dies zuzulassen, ist dem Marketing von Prada kaum hoch genug anzurechnen. Ironie hat immer auch etwas Missverständliches, und davor ­schrecken Werbestrategen gern zurück. Sie flüchten ­lieber in banale Direktheit und klare, aber triviale Ansagen. Doch Candy ist weder banal noch trivial.

Bild änderte sich schlagartig, als Miuccia Prada, die Enkelin des Gründers, 1978 in das Unternehmen einstieg und sofort daranging, aus dem gediegenen Handwerksbetrieb ein luxuriöses Modehaus zu schaffen. Ihr Ziel hat sie erreicht: Der heutige Konzern Prada Group verfügt über vierhunderteinundsechzig eigene Ladengeschäfte in aller Welt, der Umsatz im Geschäftsjahr 2012 betrug knapp 3,3 Milliarden Euro (wobei vor allem die beiden letzten Jahre außerordentlich schnelles ­Wachstum zeigten). Miuccia Prada hat nicht nur Mode, soner Grund für diesen Wagemut liegt wohl an dern zugleich einen ganz neuen Stil geschaffen. Ihr der besonderen Geschichte des Hauses Prada. Name steht für Eklektizismus und Post­moderne. Ursprünglich war Prada ein kleiner Hersteller erst- Mit diesem Programm konnte sie in den achtklassiger Lederwaren mit einem Ladengeschäft in ziger und neunziger Jahren große und schnelle der Mailänder Galleria Vittorio Emanuele. Das Erfolge feiern. Für eine Beschränkung auf Leder,

D

F I N E   DUF TSTARS 2 013

23


Taschen und Schuhe gab es kein Argument, und die Niemand kannte den Namen des Materials, Dank solcher Erfolge verdiente Prada genug stand auch nicht in ihrem Businessplan. Kreativer dabei hatte es so gut wie jeder schon in der Hand Geld, um international sehr schnell wachsen zu Umgang mit unterschiedlichsten Materialien schon gehabt: Wasserdichtes Nylon, zuvor nur benutzt können. Was bedeutete: Die Marke und die Pradaeher. Verwegen muteten ihre jettschwarzen Hand- für die Hüllen, die edle Lederwaren vor Regen Kollektionen wurden überall sichtbar, auf der Via taschen aus Fallschirmseide an. Sie w ­ urden ebenso ­schützen sollten. Ursprünglich Pfennigskram, della Spiga in Mailand ebenso wie in Münchens große Verkaufserfolge wie eine ganze Produkt­ Zugabe für exklusive Waren, reichlich frech, dar- Residenzstraße, auf der Rue du Faubourg Saintfamilie, bestehend aus Handtaschen, Geldbörsen aus eine Kollektion zu fabrizieren. Aber genau das Honoré in Paris wie im Alexandra House in Hongtat Miuccia Prada, und es erwies sich als einer der kong und in der Mall of the Emirates in Dubai. und Reisetaschen, gefertigt aus »Pocone«. Einfälle des Jahrzehnts: »Vela«, ein Meisterstück aus Pocone, begründete die Produktkategorie der leichten, s­ chicken, relaxten City-Rucksäcke, wurde zur Stil­ikone der achtziger Jahre und machte das dreieckige Prada-Logo weltberühmt.

Typisch Prada: Die Weltmarke ist mit ihren glamourös-kreativen Stores global vertreten – prachtvoll und traditionsreich in der noblen Galleria Vittorio Emanuele zu Mailand, klassisch-elegant in Kuwait oder avantgardistisch im chinesischen Nanjing.

24

F I N E   DUF TSTARS 201 3


Sicheres Stilempfinden und ein ausgeprägtes Gefühl für Provokationen, die als gerade noch angenehm und schön empfunden wurden, z­ eichnen Miuccia Prada aus. In den neunziger Jahren fiel besonders eine Kollektion aus dem Rahmen, die als »Prada Ugly« berühmt wurde. Sehr ironisch schon damals: Natürlich fand Miuccia Prada Hässlichkeit alles andere als schön, aber sie fand es witzig, eine nette Idee, mit dem Begriff zu jonglieren. Sie meinte einen betonten Retro-Stil, mit Stoffen, die unmodern, geradezu altbacken daherkamen (und doch modern und handschmeichlerisch gewirkt waren), sie spielte mit dicken Brillengläsern, um ihren Models einen blaustrumpfigen Touch zu verleihen (sehr sexy), und obendrein gab es Schnitte, die so altmodisch-handwerklich aussahen, dass es schon wieder schick wurde. Unwiderstehlich – so empfanden es die Kundinnen.

Wenn es jemals eine Designerin gab, die als intelEs blieb nicht aus, dass sich Autoren und Filme­ lektuell wahrgenommen wurde, dann ist es Miuccia macher über das symbiotische Verhältnis der Prada. Ihre Mode zielte und zielt auf K ­ undinnen, die ­beiden Powerfrauen hermachten. »The Devil wears Anspielungen auf berühmte Werke aus Kunst und Prada« wurde ein nicht nur finanziell erfolgreicher Couture verstehen, hat moderne Frauen im Blick, Kinofilm. Sogar eine höllisch laute Metalcore-Band die es langweilig fi ­ nden, einfach nur hübsch aus- nannte sich so: »Devil wears Prada« bringt scheinzusehen. So wurde sie fast zwangs­läufig zum Lieb- bar unvereinbare Gegensätze zusammen und macht ling von Anna Wintour, der berühmt-­berüchtigten etwas, was es nach allen Regeln der Musikszene gar Vogue-Chefredakteurin, die 2004 verkündete, sie nicht geben kann: eine Art christlichen Metalcore. habe nur einen Grund, zu den ­Mailänder Défilées zu kommen, und der heiße M ­ iuccia Prada.

F I N E   DUF TSTARS 2 013

25


D

ie intellektuelle Qualität der Kollektionen Herausforderung für den Filmemacher Baz Luhrvon Miuccia Prada führte dazu, dass auch mann (»Moulin Rouge«), Video-Gespräche der Museen auf sie aufmerksam wurden. Großartig beiden Frauen aufzuzeichnen. Schiaparellis Rolle war die Ausstellung im New Yorker Metropolitan übernahm eine Schauspielerin, die Texte aus deren Museum of Art: »Schiaparelli and Prada – impos- Autobiographie rezitierte. sible conversations«. Der Titel spielt auf eine Serie Gerade diese beiden Mode- und Stilschöpferin»un­möglicher Interviews« an, die in den dreißi- nen einander gegenüberzustellen drängte sich auf, ­ iuccia Prada ger Jahren in »Vanity Fair« erschienen waren. Elsa weil sowohl Elsa Schiaparelli als auch M ­Schiaparelli, die 1973 starb, und ­Miuccia Prada die Grenzen von Design und Kunst verschwimhaben sich, soweit man weiß, niemals getrof- men lassen. Schiaparelli hatte enge Beziehungen zu fen; gerade deshalb war es eine spielerische den Surrealisten im Paris der zwanziger und dreißiger Jahre, die Mailänder Mode­schöpferin unterstützt über ihre »Prada-Foundation« ­Künstler der Typisch Miuccia: Die einflussreichste Mode­ Zukunft, die sie schon in der Gegenwart ent­decken will. Beide sind vergleichbar auch in ihrem intellekdesignerin der Welt fasziniert mit intellektuellem tuellen Aufbrechen aller Mode­konventionen. Sie Charme – auch in der Herbst-Winter-Kollektion haben den Schönheitsbegriff in Frage gestellt und ironisch neu formuliert – Stichwort »ugly chic« –, 2013 spielt sie mit den Klischees von weiblicher haben klassische Motive aufgegriffen und neu interpretiert und haben über Weiblichkeit grundsätzlich Schönheit und männlicher Nonchalance. neu nachgedacht. In der New ­Yorker Ausstellung

26

F I N E   DUF TSTARS 201 3

war das exemplarisch in zwei Sälen nachzuvollziehen, die dem »Naïf Chic« (vulgo Girlie-Style genannt) und dem »Hard Chic«, dem Einfluss von Männermode und Uniformen auf die Entwicklung der Frauenmode, gewidmet waren. »Candy« ist deshalb so spannend, weil alles Raffine­ment des Spiels mit dem Geschmack, das Miuccia Prada so souverän beherrscht, in diesem Duft seine Spuren hinterlassen hat. Dass die drei Werbefilme mit Léa Seydoux und ihren beiden Liebhabern Truffauts Nouvelle-Vague-Klassiker »Jules et Jim« ironisch zitieren, ist für die post­ moderne Prada-Sicht auf Schönheit, Liebe, Leben gewissermaßen Pflicht. Und es macht ihre Betrachtung auch für Cineasten und andere Intellektuelle zu einem heiteren Vergnügen. Zumal Hoffnung besteht, dass Candys Ménage-à-trois glücklicher ausgeht als die Geschichte um Cathérine, Jules und Jim. Denn bei Candy geht es ganz untragisch um den weiblichen Wunsch nach Schönheit und den unbeschwerten Flirt mit ihr.  >


30 Jahre

G E H E I MR AT »J« Riesling in Rheinkultur!

w w w.we ge l e r. co m


Eine echte

Fleur Fatale

Fotos: LVMH Fragrance Brands

Mit Dahlia Noir betritt Givenchys Chefdesigner Riccardo Tisci erstmals die Welt der Parfüms. Eine Hommage an seine Muse: Supermodel Mariacarla Boscono.

Von Alena Schröder

D

ie Dahlie – ausgerechnet! Eine Blume, die nicht ­duftet, genauer gesagt nach gar nichts riecht. Und trotzdem – oder gerade deshalb – ist diese Blume die Inspiration für Dahlia Noir, das erste Parfüm von Riccardo Tisci, Creative D ­ irector des französischen Design-Imperiums G ­ ivenchy. Die schwarze Dahlie ist ein Phantasieprodukt des italienischen Modedesigners, ebenso wie der Duft, den er ihr zuschreibt: Warme, pudrige Töne von Sandelholz und Tonka­bohne umschließen blumige Noten von Rose und Iris. Eine schwarze Blume ist eine starke Allegorie: mysteriös und ambivalent, stark und zerbrechlich, schön und ver­störend zugleich – die »Givenchy-­ Frau«, wie Riccardo Tisci sie sieht. Deshalb kam für ihn auch nur eine Einzige in Frage, als es um das Gesicht von Dahlia Noir ging: seine lang­ jährige Muse Mariacarla Boscono. Das italienische Supermodel und der Designer kennen sich seit vielen Jahren; Boscono trug Riccardo Tiscis allererste Kollek­tion, als der noch an der berühmten St. Martin’s School in London studierte. Eine Schicksalsbegegnung, denn ihre ebenso andro­gyne wie sinnliche Aura und der düster-minimalistische Stil Tiscis passen perfekt zu einander.

28

F I N E

1 /2013 |

Die außergewöhnliche Ausstrahlung Bosconos er nicht nur die Marke Givenchy neu ins Gespräch blieb auch anderen Designern nicht verborgen: Die bringen, sondern auch zum Lieblingsdesigner Italienerin landete mehrfach auf dem Cover der diverser Stars aufsteigen konnte. Madonna ließ sich Vogue, war das Gesicht diverser Kampagnen bei- von ihm die Bühnenoutfits ihrer S ­ ticky & Sweetnahe aller namhaften Designer – allein im Jahr Tour entwerfen, Hollywood-­Schönheiten wie 2005 lief sie in mehr als s­ iebzig Fashionshows über Cate Blanchet und Zoe Saldana ihre Oscar-Roben die Laufstege der ganzen Welt und ist bis heute schneidern. Und auch in anderen Gefilden zeigt eines der gefragtesten und teuersten Models. Tisci sein visuelles Talent: Die Rapper Jay-Z und Kanye West baten den Italiener um die Gestaltung iccardo Tisci begann bald nach seinem Stu- ihrer Album-Cover. dium in London, zuerst bei Puma und dann an ­seinen eigenen Kollek­tionen zu arbeiten, bis er iscis erste Reise in die Welt der Parfüms ist 2005 zu Givenchy kam. Fast hätte er das Angebot Dahlia Noir. Gemeinsam mit Parfümeur abgelehnt, wie er in einem Interview einmal verriet, ­François Demachy, der feinen Nase von Dior, weil er sich eigentlich auf die Weiter­­entwicklung brachte er die Düfte seiner Kindheit, vor allem seiner eigenen Modelinie konzentrieren wollte. den seidig-pudrigen Duft ­seiner ­Mutter, mit den Doch ein Anruf seiner Mutter, die ihm beich- puristisch-modernen Noten zusammen, die seinen tete, ihr Haus verkaufen zu müssen, um seine acht Stil heute prägen. Eine s­ innliche Brücke zwischen Schwestern finanziell zu unterstützen, ließ ihn das Tradition und Moderne, die auch optisch perfekt gut dotierte Angebot schließlich doch annehmen. umgesetzt ist: Im Fernseh-Spot sieht man Tiscis Ein Beweis dafür, dass es oft die M ­ ütter sind, die Muse Mariacarla Boscono im wehenden klassisch-­ ihren begabten Kindern den Schubs in die rich- schwarzen Chiffon-Kleid durch ein ­dramatisch tige Richtung geben. Ein Glücksfall sowohl für das erleuchtetes Portal schreiten: düster und sinnlich, Traditions­haus Givenchy als auch für ­Riccardo Tisci, gefährlich und verführerisch. Eine echte Fleur der diesen Schritt nicht bereut haben dürfte. Zumal fatale, diese schwarze Dahlie.  >

R

T



TOM FOR Fotos: Tom Ford

Nur das Unerreichbare reizt ihn

Tom Ford, das omnipotente Multitalent, ist im Mode-Olymp angekommen Von Michael Freitag

Den Namen Tom Ford in einem Atemzug mit Bill Gates, Steve Jobs und Mark Zuckerberg zu

­nennen, ist nicht so abwegig, wie es erscheinen mag – auch wenn sich der Modedesigner nicht mit

Hightech befasst und auch nicht ganz so märchenhaft reich geworden ist wie die drei Computer­ pioniere. Was er anfasst, verwandelt sich in ­Schönheit – und in Gold. Tom Ford hat nicht nur ein untrügliches Stilempfinden, sondern auch ein scharfes kaufmännisches Auge.

B

eides bewies er zum ersten Mal 1994, als er bei Gucci, wo er seit vier Jahren beschäftigt war, zum Chef­designer aufstieg. Als er den Modekonzern 2004 wieder verließ – der Firmenwert war in dem von Ford geprägten Jahrzehnt steil auf 10 Milliarden Dollar angestiegen –, veröffentlichte er zunächst eine Autobiographie. Als Mitautoren zeichneten Anna Wintour und Graydon Carter, die legendären Chefredakteure von Vogue und Vanity Fair. Prominenter geht es kaum. Anschließend gründete er sein eigenes Label »Tom Ford«. Der neue Luxus-Mischkonzern mit einer starken Parfümsparte wurde – Ford kann wohl nicht anders – vom Start weg

30

F I N E   DUF TSTARS 201 3

ein Erfolg. Das hinderte den Designer aber nicht, auch noch einen Film zu drehen: »A Single Man«, nach einem Buch von Christopher Isherwood, mit Stars wie Colin Firth und ­Julianne Moore in den Hauptrollen. Schwieriger Stoff, viel Lob von Festivaljurys und Auszeichnungen für Haupt­darsteller und Filmmusik, kein Film für den Massenmarkt und d ­ ennoch kein Flop. So sehr die Filmfans das auch bedauern mögen: Auf absehbare Zeit hat Tom Ford für neue Kinoprojekte keine Zeit. Denn der detailversessene Designer legt bei jeder ­seiner Kollek­tionen selbst Hand an. Und auch um seine Parfüms kümmert er sich persönlich. Andere berühmte Designer


M ORD Schwarz ist Eleganz: Mit der Farbe, die streng genommen gar keine ist, versteht Tom Ford meisterhaft zu spielen – und trifft immer

ins Schwarze. Seit Juni vergangenen Jahres hat nun auch München einen exklusiven Tom Ford Store – mit viel Schwarz natürlich.

mögen ihren Namen lizensieren und dann die professio­nellen »Nasen« werkeln lassen – Tom Ford tut das nicht. Die Parfü­ meure von Estée Lauder wissen manchmal nicht so recht, ob sie es begrüßen sollen, dass der berühmte Designer ihnen ­ständig auf den Füßen steht. Bequemer wäre es für sie, wenn er sich heraushalten würde. Aber das kann er nicht. Auch Einkäufern und Marketingleuten bereitet er manche schlaflose Nacht. Denn bei der Komposition seiner Parfüms fragt er nicht, ob ein I­ ngrediens vielleicht zu teuer ist. Er nimmt, was er braucht: Rosenöl aus Bulgarien, Limonenöl aus dem Iran, schwarze Feigen aus ­Apulien, Trüffelöl, Zeder, Sandelholz, das asiatische Süßgras Vetiver – in vielen Variationen. Black Orchid, Violet Blonde und White Patchouli, die Düfte für Frauen, sind teuer – Grey Vetiver und Extreme, für Männer, nicht minder. Grey Vetiver ist elegant, zurückhaltend, geradezu aristo­ kratisch; in Extreme mischen sich die Gegensätze: Thai-­ Basilikum trifft auf Koriander und Karda­mom, persische Limone auf schwarze Pflaume und Parma-Veilchen. Auszüge aus Safran, T ­ hymian, Zedern- und Sandelholz setzen Akzente, die von den süßen Akkorden der schwarzen Brogiotto-Feige gebrochen werden. Damit dieser schwere Duft für Männer nicht zu fruchtig wird, hat ihm sein Erfinder opulente, durch einen Hauch von Amber und Leder akzentuierte Holznoten mitgegeben. Noir schließlich gilt schon jetzt als eines s­ einer Chef d’Oeuvres. Voller orientalischer Gewürze, holzgeprägt, schwer und dabei edel. Schwarz ist für Tom Ford eine Farbe, mit der er die Konnotationen Eleganz und Mysterium verbindet. Dazu passt der rechteckige Flacon mit seinem kannelierten

Verschluss. Kein einfacher Duft für einen Mann – sondern für einen, der sich was traut. Er ist Tom Fords persönliches Statement. Und das sind nur die Düfte, die man als gängiges Sortiment bezeichnen kann. Seine Private Blends interpretieren Duftklassiker neu. Arabian Wood ist eine moderne Version von Chypre, einer der berühmtesten Kompositionen von François Coty. Jasmine Rouge, Amber Absolute, Tobacco Vanille und Azure Lime sind Duftkonzepte, die sich selbst erklären. Italian Cypress schließlich ist eine zweite Chypre-Abwandlung, die speziell für den Tom-Ford-Store in Mailand geschaffen wurde. All das zeigt, dass Tom Ford gar nicht anders kann, als ganz nach oben zu zielen: in den Designer-­Olymp, an die Seite von Haute-Couture-­Legenden wie Poiret, Chanel, Dior und Yves Saint-Laurent (dessen Firma YSL übrigens 1999 unter Fords Ägide zur Gucci-Group hinzugefügt wurde). Sie alle fanden es selbstverständlich, Schönheit und Mode mit allen Sinnen zu erfahren, und kreierten deshalb ihre Düfte. Tom Ford tut es ihnen gleich. Das passt zu seinem selbst gewählten Motto: Alles, was unerreichbar scheint, begehren wir am meisten.

W

er Ende der siebziger Jahre den damals blutjungen Mann (Jahrgang 1961) im legendären »Studio 54« in Midtown-Manhattan beobachtet hätte, wäre nie auf die Idee gekommen, dem kaum volljährigen Dandy eine solche ­Karriere zu prophezeien. Er war schon recht erfolgreich, als Schauspieler und Model für Werbefilme, und passte ganz gut in den skandalumwitterten Nachtclub: hedonistisch, exzen­ trisch und verrückt nach Leben und Liebe. Er hatte das Glück, nicht der heim­tückischen neuen Krankheit Aids zum Opfer zu fallen, die so viele andere aus der Szene dahinraffte. Vielleicht rettete ihm das Leben, dass er seit 1986 in einer stabilen

F I N E   DUF TSTARS 2 013

31


FO RD Börse bringen. Sein Problem war, dass keiner der bekannten ­Designer zu Gucci kommen wollte. Also ging er das Risiko ein, Tom Ford, der sich im Hause bewährt hatte, als Chef­designer Schwarz ist Mysterium: Mit Tom Ford Noir hat der Stardesigner zu verpflichten – gegen den Rat von Maurizio Gucci. ein sehr persönliches Statement abgegeben. Bei Gucci definierte Tom Ford in Windeseile den Begriff von Luxus neu. Als viele S ­ keptiker noch mäkelten, Luxus und Massenproduktion seien ein Widerspruch in sich, zeigte der Designer im Einver­nehmen mit dem Kaufmann de Sole, dass solche Erwägungen rein akademisch waren. Ford kümmerte Beziehung lebt: mit Richard Buckley, dem früheren Chef­ sich in Achtzehn-Stunden-Tagen um alles – um die Damenredakteur der Vogue Hommes International. Von Karriere war und die Herren-Kollektionen, um sämtliche A ­ ccesoires, um damals nicht viel zu sehen. Er hatte ein Praktikum bei Chloé in die Düfte und nicht zuletzt um die Kommunikation des Paris gemacht, ein Kunstgeschichte-Studium angefangen und Unternehmens. ein Architektur-Studium abgeschlossen, viel mehr hatte sein Sein Konzept war ganz einfach: Glamour und Sex-Appeal. Lebenslauf nicht zu bieten, als er sich 1988 bei Mode­firmen Alles musste glitzern. Erste Erkennungs­zeichen waren körperbewarb. Er bekam seine ersten Jobs nur, weil er hart­näckig war nahe Satin­röcke, S ­ tiefel mit Überzügen in Metallic-Lack und und manche Designer es weniger ermüdend f­ anden, ihn ein- ­extrem tief sitzende Hüfthosen. Zusammen mit dem Foto­ zustellen als ihn abzuweisen. grafen Mario Testino und der Stylistin Carine Roitfeld, die später zur Chefin der französischen Vogue aufstieg, schuf er ei Gucci war das anders: Niemand wollte den Job des skandalträchtige Werbekampagnen. Unvergesslich die Fotos für das YSL-Parfüm Opium: Die Designers für die Herrenmode haben. Kein Mensch kannte Tom Ford, aber das war wohl kein Risiko – Gucci stand rothaarige Sophie Dahl trug immerhin noch ein Halsband ohnehin kurz vor der Pleite. Die Familiengesell­schafter hatten und Stilettos, während sie sich auf dem Bett räkelte. Für den den guten Namen des Traditionshauses aus Florenz ruiniert Männerduft YSL M7 wurde die Bildsprache noch direkter: und waren einander spinnefeind. Immerhin hatte es Maurizio Ein Kampfsportler zeigte sich – »the full monty« – von vorn. Gucci, der letzte Vertreter der Gründer­familie, geschafft, das Tom Ford geht es um Sinnlichkeit und Attraktivität. VielUnternehmen 1993 an den amerikanisch-­arabischen Finanz­ leicht besteht der Unterschied zu anderen Designern nur investor Investcorp International zu verkaufen. in seiner Unverblümtheit. Um den heißen Brei herumzuDessen Chef, der in Amerika lebende Wirtschafts­anwalt reden, das ist seine Sache nicht. »Mich interessiert«, sagt er, Domenico de Sole, wollte Gucci, dem Geschäftsmodell »­femininer ­Glamour. Und ich mag es, wenn ein Gentleman ­seiner Branche entsprechend, so schnell wie möglich an die es wagt, sinnlich zu sein.«  >

B

32

F I N E   DUF TSTARS 201 3


D

WIE DER VATER, SO DIE SÖHNE UNSERE WAHRE STÄRKE LIEGT IN DEN GENEN Die Geschichte von Land Rover begann 1947. Seitdem hat sich vieles verändert – und alles weiterentwickelt. Vom Design unserer Fahrzeuge bis hin zum Leistungsvermögen, das heute wie damals eine Klasse für sich darstellt. Ein Land Rover ist und bleibt eben ein Land Rover. landrover.de

Verbrauchs- und Emissionswerte: Kraftstoffverbrauch (l/100 km) außerorts 9,7 – 6,7, innerorts 18,3 – 8,3, komb. 12,8 – 7,3; CO2-Emissionen 298 – 194 g/km; CO2-Effizienzklassen F, G, C. Alle Angaben wurden nach dem Messverfahren RL 80/1268/EWG ermittelt.


Fotos: J. F. Schwarzlose

Ganz Berlin ist eine Wolke

Wie dufte die deutsche Hauptstadt ist, beweist der Designer Lutz Herrmann mit dem Comeback der traditionsreichen Parfümmarke J. F. Schwarzlose Von Angelika Ricard-Wolf

Drei Tage kreuz und quer durch Berlin. Tagsüber an der Spree entlang, Checkpoint Charlie, Hackesche Höfe, Quartier 206, dann KaDeWe und Kudamm rauf und runter. Abends Ein­ tauchen in die Szene, mal in der angesagten Location Kater ­Holzig, mal im Promi-Gourmet-Tempel Borchardt und mal mittels eines ausgedehnten Zugs durch die Bars in Mitte. »Alles zu Fuß, wir sind ganz schön marschiert«, sagt ­Véronique Nyberg und holt in Erinnerung an das Mammutprogramm noch einmal tief Luft. Schließlich war sie nicht zum Vergnügen unterwegs, sondern einem Phänomen auf der Spur: dem Flair von Berlin. Das sollte die Parfümeurin erschnuppern, um es für das Revival der traditionsreichen Berliner Marke J. F. Schwarzlose in exklusive Parfüms umzusetzen.

34

F I N E   DUF TSTARS 201 3

M

it Luxusdüften war der 1856 vom Klavierbauer Joachim Friedrich Schwarzlose für seine Kinder gegründete Drogeriehandel einst zum Hoflieferanten des deutschen Kaisers und zu Weltruhm avanciert. Selbst Pu Yi, der letzte ­Kaiser ­Chinas, ließ sich die noblen Kreationen in die Verbotene Stadt schicken. J. F. Schwarzlose? Trotzdem nie gehört? Dass der Name in Vergessenheit geriet, ist den Zeitläuften geschuldet. Inflation, der Zweite Weltkrieg, die Zerstörung der Fabrikationsstätten und Geschäfte, die Trennung Deutschlands und Berlins, der Mauerbau brachten die einst florierenden Geschäfte nach und nach zum Erliegen. 1976 gaben die Erben das Familienunternehmen endgültig auf. Eine wahre Schatzkiste mit einem verschwenderischen Fundus zauberhafter Düfte und Flakons wurde geschlossen. Die findet der Hamburger Lutz Herrmann vor drei Jahren zufällig bei einer Internet-Recherche.


Rosa Centifolia war 1890 ein Bestseller des B ­ erliner Parfümhoflieferanten J. F. Schwarzlose Söhne. Die 1976 erloschene Traditionsmarke wurde jetzt mit großem Erfolg von einem jungen Team wieder zu neuem Leben erweckt.

Für alles, was mit Duft zu tun hat, ist er hoch sensi­ bilisiert. Er ist einer der bekanntesten deutschen Industrie- und Produktdesigner und entwickelt seit fünfundzwanzig Jahren Flakondesigns und Imagekonzepte für internationale Kosmetikfirmen und Parfümhersteller, beispielsweise für Boss, Wolfgang Joop, Lancaster oder Beiersdorf. »Alte deutsche Kosmetikmarken wie Dralle, Mouson, Ellocar oder Scherk haben mich schon immer fasziniert«, erzählt er in seinem Hamburger Studio im trendigen Stadtteil St. Georg. »Mir war

klar, dass es da noch andere Marken geben musste. Die Luxusaffinität im Kaiserreich war stark ausgeprägt.« Der Schwarzlose-Fund ist die Bestätigung dieser Annahme – und Auslöser einer akribischen Spurensuche, die jedem Archäologen Ehre machen würde: »Ich war im Landesarchiv ­Berlin und habe dort gezielt nach alten Unterlagen, Zeitungs­ notizen und Fotos geforscht und auf Floh- und Antikmärkten unermüdlich nach alten Flakons der Firma gesucht.« Angetrieben von der Idee »etwas Eigenes zu machen«, eine Parfümmarke vom Duft

bis zur Verpackung nur nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten und komplett »made in Germany« herzustellen. Seine markanten Schwarzlose-Flakons werden im Fränkischen, die ­Stöpsel in Hamburg fabriziert, die Etiketten in Berlin gemacht, die Verpackung wird in Hanau gedruckt, und die Abfüllung erfolgt in Halle. Das zu organisieren ist kein Problem für einen, der die Branche wie seine Westentasche kennt. Als Partner für den Marketing-Bereich holte sich Lutz Herrmann den Diplom-Kommunikationswirt Tamas Tagscherer an die Seite, für die Rezepturen der Düfte gewann er die französische Parfümeurin Véronique Nyberg. Das Dreigespann konnte für die Duftauswahl aus dem Vollen schöpfen. Liest man die alten Kataloglisten des KaDeWe aus dem Jahr 1913, die Herrmann ausgegraben hat, so sind da Düfte mit Namen wie Hohenzollern Veilchen, Illusion, Finale, Hymen oder Turf aufgelistet, allesamt aus der Schwarzlose-Duftschmiede.

D

a Lutz Herrmann bei seiner Fahndung auch auf Flakons stieß, in denen noch Reste der Ursprungs-Mixturen steckten, war es sogar möglich, ein paar der alten Rezepturen mit Hilfe ­moderner Gaschromatographie zu rekonstruieren. Dennoch hat Véronique Nyberg die Formeln nicht eins zu eins umgesetzt, sondern auf moderne Art neu interpretiert. Für die entsprechenden Inspirationen sorgte der oben erwähnte Stadtmarathon, bei dem Herrmann und Tagscherer ihre »Nase«, wie

F I N E   DUF TSTARS 2 013

35


Berlin ist die Inspiration, die den Designer Lutz Herrmann auf die Spur der untergegangenen Parfümmarke J. F. ­Schwarzlose brachte. Gemeinsam mit der französischen Parfümeurin ­Véronique Nyberg und dem ungarischen Marketing-Experten Tamas Tagscherer hat er ihr zu einem Comeback verholfen. So erleben alte Schwarzlose-Düfte wie 1A-33, Treffpunkt 8 Uhr oder Trance ein glorreiches Revival.

Parfümeure genannt werden, durch Spree-Athen führten. »Mein Beruf lebt von der Intuition«, sagt Véronique Nyberg, » so konnte ich die Dynamik, die Energie, die Vibrationen dieser Stadt vor dem Hintergrund ihrer Geschichte am besten erfassen«. Gleich vier Parfüms hat sie anhand der Impressionen ihrer Sightseeing-Tour kreiert. Den Schwarzlose-­Klassiker »1A-33« – der Name ist ein altes Autokennzeichen von Berlin – reanimierte sie mit Jasmin Sambac und (Unter den)-Linden­blüten­ extrakt zu einem spritzig-­pulsierenden Damenduft, der Evergreen »Treffpunkt 8 Uhr« bekam mit Essenzen von Mango­blüten und ­frischem

36

F I N E   DUF TSTARS 201 3

Ingwer und einem fruchtig-­würzigen Vetiver-­ Akkord Noblesse. Dritter im Bunde der Revivals ist »Trance«, ein Unisexduft, der sinnlich nach Rosenblüten und einem T ­ ropfen Absinth riecht. Nur »Rausch«, eine Hommage an die G ­ oldenen Zwanziger Jahre mit Rauch- und ­speziellen Bitter­noten, hat keinen Vorläufer in der Schwarzlose-Ahnenreihe, sondern ist eine k­ omplett neue Kreation. Zu Véronique Nybergs großem Glück war sie bei allen Rezepturen » frei von jeglicher Reglementierung, ohne Preis-Limit und Vorgaben, was die Inhaltsstoffe angeht.« Eine Konstellation, die der renommierten, beim Riechstoffhersteller Inter­ national Flavours and Fragrances (IFF) in Paris angestellten Parfümeurin selten genug widerfährt. Mit dem Schwarzlose-Projekt ging ein Traum für sie in Erfüllung. »So zu arbeiten ist der Wunsch jeden Parfümeurs. Hier kann ich meine Handschrift zeigen, mein Talent.« Lutz Herrmann hat ihr die Freiheit gelassen, die sich jeder Kreative von seinem Auftraggeber erhofft. Wer wüsste das besser als er? Und es hat sich gelohnt: Mit der Marke J.F. Schwarzlose hat er nicht nur im Wortsinn eine neue Duftmarke gesetzt. >


Tradition ist gelebte Passion.

www.drloosen.de


Halb so wild Mit Eau Sauvage gelang es Dior vor fast fünfzig Jahren erstmals, Männer für einen Herrenduft zu erobern – bis heute ist es ein Bestseller

Schnurrbart, »Moustache«, hieß der Herrenduft, den der französische Modemacher Marcel Rochas 1948 herausgebracht hatte – ein leichtes Eau de T ­ oilette, das nach Lavendel, Bergamotte, Rose und Vanille duftete. Die Mischung stammte von dem legendären Parfümeur Edmond Roudnitska, der so berühmte Parfüms wie Femme, ­Diorissimo, ­Diorella oder Eau d’Hermès schuf. Alle sind heute noch zu haben.

S

eine Moustache-Mixtur blieb allerdings auf der Strecke. Sie war ihrer Zeit viel zu weit voraus. Wenn sich Männer damals überhaupt parfümierten, dann mit einem After Shave, das »männlich« nach Hölzern oder Tabak roch. Wie Old Spice, das schon 1937 lanciert wurde. Ansonsten aber glaubten die Kerle, ihre natürliche Duftaura sei animalisch gut und damit verführerisch genug. Auch achtzehn Jahre später hatte sich an deren parfümfeindlicher Einstellung nur wenig geändert. Dennoch fasste Dior-Manager René Bourdon den Entschluss, den Männern endlich mit mehr als nur einem After Shave um den Bart zu gehen. Er wollte sie mit einem frischen, modernen Eau de Toilette gewinnen. Den Auftrag dazu erhielt – Edmond Roudnitska. Der hatte sich daran schließlich schon einmal versucht und war dem Haus Dior, seit er 1956 den erfolgreichen Maiglöckchenduft ­Diorissimo konzipierte, eng verbunden. »Dafür habe ich eine völlig neue Architektur erfunden«, notierte der Parfümeur in seinen Aufzeichnungen. »Ich habe die Duftstruktur komplett entkernt. So habe ich schon die Diorissimo-­ Formel von Ballast befreit und in eine olfaktorisch feinere Duftform umgewandelt. Eau Sauvage ist

und gemeinsam (!) haben wir sie bei Dior vorgestellt.« Schwieriger sei allerdings die Herstellung der Schachtel gewesen. »Zu der braunen Maserung ie auch immer, Roudnitska entwickelte hatte mich das Armaturenbrett eines Rolls Royce ein klares, zitrisches Eau de Toilette mit inspiriert. Wir mussten die Box mit sieben Farben Berga­motte, Zitrone, Lavendel und Basilikum in bedrucken, um die noble Holzoptik zu erreichen.« Das war eine Verpackung, auf die Männer der Kopfnote. Für die damals brandneue Transparenz sorgte Hedion, eine heute häufig wegen ihrer abfuhren. Dazu der Name: Eau Sauvage – wildes Leichtig­keit eingesetzte Jasminnote aus der Retorte. Wasser! Dazu gehörte ein ganzer Kerl! Nur, wie Die klassischen Chypre-Zutaten Patschuli und brachte man eingefleischte Duftignoranten dazu, Eichenmoos gaben dem Fond im Einklang mit Veti- ein Herrenparfüm überhaupt wahrzunehmen? Mit ver eine kernige Haftung. Beim Probeschnuppern einer ebenso ungewöhnlichen wie witzigen Werbeim Hause Dior stieß die ungewohnte Rezeptur auf kampagne! Dafür engagierte Dior den aus Italien wenig Gegenliebe. Aber René Bourdon fand sie stammenden Zeichner René Gruau, der für seinen schön, und Edmond Roudnitska sowieso. Der wäre, flotten Strich bekannt war und der französischen glaubt man Designer Pierre Dinand, der den Glas- Modebranche mit seinen Illustrationen schon zu flakon für die innovative Mischung entwarf, auch Weltruhm verholfen hatte. kaum zu einer Überarbeitung der Formel zu beweruau entwarf einen sympathischen Anti-­ gen gewesen. »Roudnitska hatte einen imponierenHelden mit Sex Appeal. Der tauchte mal noch den, aber auch eigensinnigen Charakter«, erzählte er erst vor wenigen Jahren einem Blog-Reporter, als Wilder im Leopardenschurz und mit stoppe»er hätte nie Änderungen akzeptiert. Entweder ligen Beinen auf, mal schon als geläuterter Beau, man mochte den Duft oder nicht.« Dinand arran- nackt, lässig nur ein Handtuch über der Schulter gierte sich mit dem sturen Superschnüffler. »Er oder eine Fliege um den Hals. Die nonchalante ließ mich Zeichnungen für die Flasche machen, Botschaft: Halb so wild, sich zu parfümieren. Das hat sich ausgezahlt. Bis jetzt wurden weit mehr als achtzig Millionen Flakons von Eau S ­ auvage verkauft. Trotz inzwischen harter und zahlreicher Konkurrenz ist die Kreation immer noch einer der weltweit beliebtesten Herrendüfte. ­François Demachy, heute Hausparfümeur bei Dior, hat dafür eine Erklärung: » Es entspricht der Definition von Eleganz, die Firmengründer Christian Dior so beschrieben hat: Ein Gleichgewicht aus Schlichtheit, Sorgfalt, Natürlichkeit und ausgezeichnetem Geschmack.« Daran hat sich Demachy auch bei der neuen Variante des Klassikers gehalten: Eau ­Sauvage Extrême. Es duftet mit einer Spur Zedernholz aus Virginia noch einen Tick maskuliner. Dafür wird mit einem Foto des jungen Alain Delon geworben. Es entstand 1968 bei den Dreh­arbeiten zu »Swimmingpool«. In dem sagt ­Marianne alias Romy Schneider über ihn: »Du weißt ganz genau, dass er ein Wilder ist.«  > die Tochter von Diorissimo.« Da es sich um einen Herren­duft handelt, wohl eher der Sohn.

W

G

So wild wie schön: Alain Delon 38

F I N E   DUF TSTARS 201 3

So klassisch wie klug: François Demachy

Fotos: Dior

Von Angelika Ricard-Wolf


Mit Gaggenau gewinnt die Kunst der Zurückhaltung Ausdruck.

Der Unterschied heißt Gaggenau. Scheinbar Widersprüchliches zu verbinden, ist eine Kunst, die wir perfekt beherrschen. Unser unverwechselbares Design zeigt selbst in kompromissloser Reduktion Charakter. Wie die neue Backofen-Serie 200, eine Komposition in den Gaggenau Farbtönen Anthrazit, Metallic oder Silber, die sich stilvoll in jedes Ambiente einfügt. Ausdruck und Zurückhaltung erweisen sich nicht als Gegensatz, sondern vereinen sich in vollkommener Harmonie. Informieren Sie sich unter 01801 1122 11 (3,9 Ct./Min. a. d. Festnetz der Telekom, Mobilfunk max. 0,42 €/Min.) oder unter www.gaggenau.com.

Entdecken Sie unsere neuen Backofen-Serien.


Fotos: Issey Miyake

Ein Mann, eine Frau und der St Die Parfümeure Aurélien Guichard und Anne Flipo haben eines gemeinsam: die Leidenschaft für ihren Beruf Von Susanne Kaloff

Glück sei der Schlüssel zur Kreativität, sagt Aurélien Guichard, einer der erfolgreichsten Parfümeure der Branche. Er wurde in Grasse, dem Mekka der Düfte, geboren: Schon seine Groß­eltern importierten Rosen und Jasmin für den Handel, sein Vater Jean Guichard ist Meisterparfümeur wie er. Die Rohmaterialien baut die Familie in großem Umfang in Grasse selbst an. Wer seine Kindheit und Jugend unter solch blumigen Bedingungen inmitten der Provence verbracht hat, dessen Weg mag vielleicht vorgezeichnet sein, automatisch von Fortune begleitet ist er deshalb noch lange nicht.

Spontan, impulsiv, losgelöst: Die Düfte, die Anne Flipo für Yves Saint Laurent entwickelt, sind so feminin wie Manifesto, so maskulin wie La Nuit de L’Homme. Die Parfümeurin will sich nicht festlegen.

40

F I N E   DUF TSTARS 201 3

A

urélien Guichard ist so etwas wie eine TrendSpürnase: Trotz seiner Jugend – er ist gerade mal fünfunddreißig Jahre alt – hat er schon mit allen großen Modedesignern zusammen­gearbeitet: ­Gaultier, Tommy Hilfiger, ­Galliano, Nina Ricci, Kenzo, Issye Miyake, Trussardi, Diane von Fursten­berg, Dolce & Gabbana, Gucci, ­Versace … Die Liste ist endlos. Seine neueste ­Kreation – für Issey ­Miyake – heißt »Pleats ­Please«, eine fruchtig-­blumige Schöpfung aus zarten Duft­ wicken und Nashi-Birne. Wie macht er das? Oder anders gefragt: Wird man mit so einem Näschen geboren oder kann man das lernen? Aurélien ­Guichard besuchte die renommierte Parfümschule ­Givaudan in der Schweiz, aus der schon ungezählte berühmte Kollegen hervorgingen. Für den Beruf des ­Parfümeurs, der mehr Passion als Broterwerb ist, muss man vor allem eins mitbringen: Neugier. Die Nase mache niemals Ferien: »Ich trenne Job und Freizeit nicht«, erklärt er, »meine Arbeit ist


Bunt, leicht, lebendig: Im Stil von Issey Miyakes Kollektion schuf Aurélien Guichard einen Duft,

Foto: Alexis J. Alma

der Frauen schweben lässt.

Stoff, aus dem die Träume sind A

es nicht interessant, dass man so viele Erinnerungen mit einem ganz bestimmten Aroma ver­bindet? »Die Gerüche meiner Kindheit in der P ­ icardie sind mir noch immer präsent – der Duft von ­wilden B ­ lumen ebenso wie der unwider­steh­liche Geruch von frisch gebackenem Kuchen ­meiner Groß­mutter.« Eines ihrer liebsten Aromen ist das von ­weißem Trüffel. Der kommt allerdings nicht in ihrem neuen Parfüm »Manifesto« von YSL vor, dafür Jasmin, die Königin der Sinnlichkeit: opulent, weiblich, reich. Aber auch ein Duft für Frauen, die etwas riskieren, die sich nicht von Traditionen begrenzen l­assen. Wer könnte diese Attribute besser ver­körpern als die Schau­spielerin Jessica ­Chastain? Auch der ver­wegene Herrenduft »La Nuit de L’Homme«, ebenfalls von YSL, ist eine ihrer Kreationen. Ist es ­einfacher, einen Duft für eine Frau zu entwickeln? »Ich habe da keine Vorlieben, mal habe ich maskuline, mal feminine Momente.«  >

Fotos: Yves Saint Laurent

wie die eines Künstlers, eines Malers oder Schriftuch Anne Flipo verbrachte ihre Kindheit stellers. Ich nehme rund um die Uhr alle Eindrücke inmitten von Blumenwiesen, in der ­Picardie auf, beobachte und versuche, meine Ideen in einem im Norden Frankreichs. Die Parfümeurs­kunst Ol­faktiv auszudrücken.« Diesen Prozess kann man erlernte sie am Institut Supérieur Inter­national auch mit der Arbeit eines Couturiers vergleichen, du Parfum in Versailles; seit 2004 arbeitet sie der ein Kleid entwirft, das am Ende mehr als nur in Paris für den weltweit drittgrößten Duftein raffiniert zusammengenähtes Stück Stoff ist, und Aromen­hersteller International ­Flavors dann nämlich, wenn eine Frau es mit Leben füllt. and ­Fragrances IFF. Doch, doch, sie versuche So sei das auch bei den Parfüms: Erst auf der Haut schon, ihrer Nase von Zeit zu Zeit eine Pause zu wird der Duft zum Leben erweckt. Wes­wegen ­gönnen, aber das sei schwierig, »wenn man so neu­ ­Aurélien Guichard all seine Kreationen auf den gierig ist wie ich«. »Ich glaube aber, dass man am Hand­gelenken seiner Mitarbeiterinnen oder dem Wochenende schon mal eine olfaktorische Ruhezone braucht, um die Ideen sich klären zu ­lassen.« seiner Freundin testet. Die Entwicklung eines Parfüms ist ein langer ­Dennoch ist für sie die Leiden­schaft, mit der sie Prozess: Bis der Kunde den Duft kauft, trägt und ihren Beruf betreibt, etwas, das man nicht anihn mit seinen ganz persönlichen Geschichten ver- und abstellen kann. »Ich fühle mich bei meiner knüpft, dauert es in der Regel ein bis zwei Jahre. Arbeit so, als würde ich mit Knetmasse spielen, »Der Zauber eines Parfüms entsteht erst durch die als würde ich eine Skulptur erschaffen. Es macht Emotionen und Erinnerungen, die es in jedem ein- so viel Freude!« Ihr erstes Parfüm, ein Duft, an zelnen Menschen wachruft.« den sie sich genau entsinnt, war »Miss Dior«. Ist

F I N E   DUF TSTARS 2 013

41


Wie Tag und Nacht

Giorgio Armani präsentiert seinen neuen Herrenduft Eau de Nuit Von Susanne Kaloff

Wer noch nie in Mailand war, wenn der Tag endet und die Nacht beginnt, hat etwas versäumt: den Augenblick, wenn aus Hell Dunkel wird, wenn Düsternis das Licht verdrängt, wenn man die Wärme der Sonne noch auf der Haut spürt und gleichzeitig eine Gänsehaut bekommt. Die Stadt mit ihren eleganten Fassaden, ihre magischen Momente wiederzugeben, haben nicht nur Filmemacher wie Visconti versucht, sondern auch Mode­designer Giorgio Armani. Und es ist ihm gelungen: Das Flair dieser Metropole in

Fotos: Giorgio Armani

einer Flasche einzufangen.

E »Selbstbewusste Männlichkeit«: In dem britischen Geiger ­Charlie Siem und dem italienischen Star­fotografen Francesco ­Carrozzini sieht ­Giorgio Armani seine Vision des zeit­genössischen ­Mannes verwirklicht.

42

F I N E   DUF TSTARS 201 3

au de Nuit heißt seine Neuerscheinung, in der sich die Frische des Klassikers Eau pour Homme mit der ­Opulenz von Gewürzen und Zitrusfrüchten verbindet. Zwei unterschiedliche Bouquets in zwei Flakons, der eine hell wie der lichte Tag, der andere schwarz wie die Nacht – Zwillings­ brüdern gleich, die mehr eint als trennt, und die dennoch, jeder für sich, Individuen sind. »Das Cologne hat sich nicht verändert, seit ich es 1984 kreiert habe – übrigens mein erster Herrenduft – aber alles muss sich weiterentwickeln. Ich habe den klassischen Look nicht verändert, aber ihm einen neuen Touch verliehen.« Man müsse zwar mit der Zeit gehen, aber vor allem auch sich selbst treu bleiben. Der Modedesigner Giorgio Armani ist bekannt für sein sicheres Stilempfinden, seine unverspielt klaren Silhouetten. Und genau das sieht man auch den Flakons an: Das stilisierte Jackett von Eau pour Homme wurde bei Eau de Nuit durch einen nachtschwarzen Smoking ersetzt. Die Bilder zu der Duft-Kampagne schoss das Modefotografen-Duo Inez & Vinoodh. Aber wer um Himmels Willen sind diese zwei schmerzhaft attraktiven Typen auf den Aufnahmen? Models? Nein, ganz falsch: Francesco Carrozzini und C ­ harlie Siem, ein italienischer Starfotograf und ein britischer Violinist. Zwei Gegensätze, die verkörpern, was Giorgio Armani schätzt:

»Eine selbstbewusste Männlichkeit, die jeden Tag als neuen Weg sieht, als Einladung, alle Dimensionen seiner Persönlichkeit, seines Könnens und seiner Schaffenskraft auszudrücken.«

C

harlie Siem erlernte das Geigespielen mit drei Jahren, schon als Achtjähriger trat er zusammen mit dem Royal Philharmonic Orchestra auf. Aber auch mit Popgrößen wie Lady Gaga, The Who und Bryan Adams hat er gearbeitet. Francesco Carrozzini studierte Film in Los Angeles und Philo­ sophie in Mailand. Er arbeitet regelmäßig für L’Uomo Vogue, Vanity Fair und The New York Times. »Zwei junge Männer, die meiner Vision des zeitgenössischen Mannes entsprechen, der Erfüllung in seinem Beruf und seinem Leben sucht und der in höchstem Maße elegant und sophisticated ist.« Dafür hat sich Giorgio Armani zum ersten Mal auch selbst als Modell zur Verfügung gestellt: »Für den Relaunch meines Dufts wollte ich mich in einer neuen, ungewohnten Weise mitteilen: etwas von mir zeigen. Ich nutze mein Gesicht, um direkt zu der Öffentlichkeit zu sprechen.« Authentizität verringere immer die Distanz zu den Menschen. Und der Slogan »It’s mine« drücke genau das aus: »Die Freude über etwas, an dem ich lange gearbeitet habe und das mich repräsentiert.« Sei es ein Parfüm oder ein perfekt geschnittenes Sakko.  >


Der Duft des Gartens Foto © iStockphoto.com/Vectorig

NEU!

Online-Shoppen

dehner.de

… erhältlich in Ihrem Dehner Garten-Center oder ­Online: dehner.de


Deutscher Parfumpr Kategorie Exklusiv

Herren

Damen

Tom Ford Noir / Tom Ford Beauty

La petite Robe noire / Guerlain

Der vierte Herrenduft, den der Designer Tom Ford vorlegt, »ist der vielleicht persönlichste Duft, den ich bislang kreiert habe«. In ihm verbindet er die ­beiden Facetten des Tom-Ford-Mannes: die weltgewandte und kultivierte mit der privaten und faszinierend sinnlichen. Aus der dynamischen ­Spannung ­zwischen Außenwelt und Innenwelt entsteht eine elegant-verführerische Melange, die in Tom Ford Noir wenn schon nicht sichtbar, so doch fühlbar wird.

Das kleine Schwarze – ein Kleidungsstück, auf das keine Frau verzichten mag. Wie eine Robe umhüllt der Duft, den Thierry Wasser für Guerlain komponierte, den weiblichen Körper. Die Süße schwarzer Kirschen, das Bittere der Mandel und die Fruchtigkeit von Beeren dominieren diese frische, ein wenig freche, auf jeden Fall aber bezaubernde Kreation. Zarte Rosentöne, ein Hauch von schwarzem Tee und die grazile Schärfe von Lakritz runden den char­ manten Duft harmonisch ab.

Kategorie Prestige

Herren

Damen

Luna Rossa / Prada

Florabotanica / Balenciaga

So elegant und dynamisch wie das rote Segelboot Luna Rossa, ein Katamaran, Wie die Tür zu einem verwunschenen Garten voller Geheimnisse und der seit Jahren erfolgreich am America’s Cup teilnimmt, ist der neue Prada- ­Gefahren öffnet sich das Bouquet dieses blumigen, frisch-intensiven Dufts. Herrenduft: raffiniert, maskulin und zeitlos. Seine aromatische Frische beruht Schwelgerisch verströmen Vetiver, Amber und tropische Caladium-Blätter auf Bitterorange und Lavendel in der Kopfnote, der hier eine vollkommen die Aromen eines dunklen Märchenwaldes, Rose, Nelke und Minze zügeln neue Interpretation erfährt. Die Herznote von Muskatellersalbei und Nana- die Fülle, bringen Farbe und Licht und jugendliche Frische. Ein Duft voller Kontraste, die sich zu betörender Harmonie finden. Minze bringt geballte Power, die Basisnote vitale Männlichkeit. 44

F I N E   DUF TSTARS 201 3


reis DUFTSTARS 2013 Kategorie Lifestyle

Herren

Damen

James Bond 007 / 007 Men’s Fragrances

Red Sin / Christina Aguilera

Die Essenz einer Legende: Kompromisslose Männlichkeit, lässige Eleganz und britische Lebensart transportiert diese aromatische Fougère-­Komposition, die auf dem Zusammenspiel von Lavendel, Moos und Kumarin basiert. Sechzig Jahre nach dem ersten Auftritt des Geheimagenten in Ian Flemings Roman Casino Royale ist dieser Duft ein absolutes Must-have für den Bond-Mann des 21. Jahrhunderts.

Das sündhaft rote Elixier weckt die Verführerin in jeder Frau. Es gibt ihr das gewisse Etwas, das sie unwiderstehlich anziehend macht. Fruchtige, blumige und orientalische Noten aus rotem Apfel, Alpenveilchen und Ingwer zele­ brieren pure Sinnlichkeit, flammende Leidenschaft und die magische Kraft der Farbe Rot. Für den sanften Abschluss sorgt Moschus – charakteristisch für alle Christina-Aguilera-Düfte.

Kategorie Klassiker

Herren

Damen

Allure Homme Sport / Chanel

Coco Mademoiselle / Chanel

Die sportliche Variante von Allure Homme mit den vier Duftfacetten frisch, Jacques Polge hat diesen Duft für die moderne, selbstbewusste junge Frau sinnlich, holzig und würzig. Ihr Créateur Jacques Polge hat hier die frische ­kreiert. Die zarten Blütennoten von Jasmin und Mairosen mit einem Hauch Facette bewusst stärker gewichtet: Sie erhielt eine neue Ausprägung und ver- florentinischer Iris lässt an die junge Coco Chanel denken, mit der alles angeschmilzt mit der sinnlichen Komponente zu einem subtilen Akkord beson- fangen hat. Der orientalisch-frische Duftakkord verzaubert seine jugend­ ders spritziger Noten. Ein verführerischer Duft für den Mann, der dem Leben liche Trägerin, wirkt außerordentlich leicht, dabei unwiderstehlich und fast sportlich gegenübersteht. ein wenig provokant.  >

F I N E   DUF TSTARS 2 013

45


Die Essenz einer Idee Gestern wurden in Berlin die Duftstars 2013 verliehen. Der Deutsche Parfumpreis präsentiert die wichtigsten Düfte des Jahres – und seinen neuen Look Von Hanna Conradt

I

n wohl kaum einer Branche ist die Ver­packung eines Produkts so entscheidend wie in der Welt der Parfüms. Erst das Zusammenspiel aus Parfümeurs­kunst und Flakondesign, aus olfaktorischem und optischem Reiz macht die Gesamt­ komposition perfekt. Wobei man zwischen diesen beiden Künsten wohl nicht von Gleichberechtigung sprechen kann. Es ist immer noch der ­Flakon, der dem Duft genügen, ihn nach außen verheißungsvoll repräsentieren muss – nicht umgekehrt. Die deutsche Sektion der Fragrance F ­ oundation hat sich demgemäß nun entschieden, dem wichtigsten Event der deutschen Kosmetikbranche einen neuen Look zu verleihen. Die »Duftstars«, die jährliche Vergabe des Deutschen Parfum­preises durch die Fragrance Foundation, hat ein starkes Re­branding durchlaufen und zeigt sich nun, rechtzeitig zur Verleihung, in einem Design, das der stetig wachsen­den Bedeutung der Branche und dem gesellschaftlichen Stellenwert der Veranstaltung weit über die Branchengrenzen hinaus gerecht wird.

P

rofessor Rüdiger Goetz, Managing Director Creation der renommierten Agentur KW43 Branddesign, hat mit seinem Team das neue Logo entworfen, eine »höchst spannende Aufgabe«, wie er erklärt. Immerhin seien die Duftstars nicht irgendein ein Award, sie fungierten zugleich als Gütesiegel. Das neue Logo soll den institutio­nellen Charakter, die Bedeutung der Duftstars und die Eleganz der jährlichen Verleihung wider­spiegeln. Und die starke emotionale Komponente betonen, die das Thema Parfüm ohne Frage mit sich bringt.

46

F I N E   DUF TSTARS 201 3

Das neue Logo zeigt eine klare, klassische Schrift, schnörkellos und elegant, in Weiß auf violettem Grund. Fünf konzentrische Kreise versinn­bild­ lichen – gleich einem Kieselstein, der eine Wasser­ ober­fläche trifft – die Wirkung eines T ­ ropfens ­Parfüm auf der Haut. Zusammen ­bilden diese im Anschnitt dargestellten Kreise einen Stern – den Duftstar. Damit haben die Kreativen nach ähnlichen Kriterien gearbeitet wie gute Parfümeure, sagt Martin Ruppmann, Geschäftsführer der ­Fragrance Foundation: »Auch hier geht es um das Erreichen höchster Qualität durch Konzentration und Reduktion auf das Wesentliche, auf die Essenz einer Idee.«

D

er Banalisierung von Parfüm entgegen­ zu­treten, seine Faszination einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen, Parfüm nicht nur als Kulturgut, sondern auch als Wirtschafts­ faktor zu stärken – das sind die Ziele der Fragrance ­Foundation, deren deutsche Sektion sich 1996 nach amerikanischem Vorbild gegründet hat. Ziele, die bei der alljährlichen Verleihung des Deutschen Parfum­preises auf angenehmste Weise eingelöst werden. Denn auch wenn sich die Duftstars jetzt in neuem Look präsentieren: Die Gala zur 21. Verleihung der Duftstars im Berliner Tempodrom war wie in den Jahren zuvor eines der gesellschaft­lichen Highlights der Hauptstadt, das prominente Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien anlockte: Eine glamouröse, sinnliche und rauschende Berliner Party – in noch schönerer Verpackung. >


Aufstrebende Märkte Wachstumsmärkte Wie passt Ihr Portfolio in diese Gleichung? 100 Sekunden über das Investieren in aufstrebende Märkte, von Jorge Mariscal, Regional Chief Investment Officer Emerging Markets, UBS Wealth Management. Gehen Sie auf www.ubs.com/market-insights-de oder scannen Sie den QR-Code mit Ihrem Smartphone

Wir werden nicht ruhen

Die UBS Deutschland AG betreut Kunden ab einem Anlagevermögen von 500.000 EUR. UBS ist ein weltweit führender Finanzdienstleister. Zu unserem Angebot gehören: Wealth Management für Privatkunden, Asset Management und Investment Banking für Unternehmen und institutionelle Anleger. Mit Hauptsitz in der Schweiz ist UBS weltweit in über 50 Ländern und allen wichtigen Finanzzentren tätig. © UBS Deutschland AG 2013. Alle Rechte vorbehalten.



Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.