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vorwort

D

as wird ein gutes Heft.“ So die Äußerung ei-

Interessierten dazu auszutauschen und nicht zuletzt

folgenden Artikeln dieses Unsichtbare ein kleines

nes Kollegen während unserer letzten gemein-

auch ein kleines bisschen stolz darauf sein.Wenn

bisschen sichtbarer werden zu lassen, dann schlie-

es denn gut war.

ße ich mich der Meinung meines anfangs zitierten

samen Redaktionskonferenz zu dieser neuen Ausgabe. Die Arbeit daran ist damit allerdings längst

Wie aber können wir es schaffen, auch dieses

Kollegen gerne an.

nicht abgeschlossen. Jeder, der schon einmal die

Heft „gut“ werden zu lassen? Eine Frage, die aus

Gelegenheit hatte, bei solch einer Unternehmung

meiner Sicht in hohem Maße nicht alleine von der

nun ihr eigenes Bild zu machen. Allen, die damit

mitwirken zu dürfen weiß, dass es noch sehr viel

Farbigkeit, den künstlerischen und wissenschaft-

Lust bekommen auf mehr, empfehle ich einen per-

zu tun gibt, bis es wirklich gut ist. Bilder werden

lichen Inhalten der Beiträge und den grafischen

sönlichen Besuch unseres Atelierhauses in Alfter.

hin und her geschoben, Seiten ausgetauscht, Texte

Qualitäten abhängt, sondern mindestens ebenso

Sie sind herzlich willkommen!

überarbeitet und korrigiert, das Abwägen, der

viel von dem, was dahinter steckt, was nicht so

Feinschliff und der unwiderruflich näher rücken-

ohne Weiteres abbildbar ist. Was das sein könnte?

wird gut ohne fleißige Helfer, die bis zum Schluss

de Redaktionsschluss fordern noch einmal vollen

Die Leidenschaft vielleicht, mit der sowohl die

dabei sind. Stellvertretend für den ganzen Fachbe-

Einsatz und große Konzentration aller Beteilig-

Studierenden, wie auch die Kollegen ans Werk

reich möchte ich mich bei allen Machern und flei-

ten. Es geht darum, mit dieser Dokumentation

gehen, das Spielerische, zugleich aber auch der

ßigen Helfern, allen voran den Studierenden Nola

einen Einblick in die Projekte und Aktionen des

Ernst, mit dem die Fragestellungen unterschiedlich-

Bally, Dominique Buchmaier, Claudius Bäuml

vergangenen Studienjahres zu gewähren. Zum

ster Aufgaben behandelt werden. Der gegenseitige

und Elias Schley bedanken! Ohne sie hätten Sie

einen richten wir uns damit an die Gäste, Freunde

Respekt, das Interesse an der anderen Meinung,

jetzt nicht das Heft in der Hand …

und Förderer unseres Fachbereichs, zum anderen

das sogenannte „Fachübergreifende“, der Geist

können aber auch wir selbst diese Gelegenheit

oder die geistige Haltung, die unserem Schaffen

nutzen, das Getane zu reflektieren, uns mit allen

zugrunde liegt. Wenn es uns gelungen ist, mit den

Die geschätzten Leser möchte ich einladen, sich

Bevor es losgeht aber noch ein Dank: Nichts

Prof. Benedikt Stahl - Fachbereichsleiter


1

Vorwort

2

Inhaltsverzeichnis

3

infos - Fachbereich

4

Bachelor + Master of Arts – Studieninhalte und -aufbau

7

Bachelor - Projekte

8

Erste, Zweite, Dritte Haut – Bildhauer + Architekten

12

Raumstationen – Einführung in das Entwerfen

18

Kindertagesstätte in Bonn-Dransdorf – Baukonstruktion und Baustoffe

24

Vertiefung Innenraum

30

Fiftyfifty+ Wohnen für alle Lebensphasen – Gebäudelehre

35

Das Mobile Klassenzimmer – Konstruktives Entwerfen

41

Wie kommt das Neue in die Welt? – Gebäudetypologie

46

Städtebau – Eine Annäherung in drei Projekten

59

Wie gewohnt – Vertiefung Stadtraum

60

Haus auf Zeit – Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen

64

Wie wäre ein Leben in Freiheit? – Bachelorarbeit

66

Aula – Carl-Humann-Gymnasium – Bachelorarbeit

71

Master - Projekte

72

Gemeinschaftliches Wohnen

74

Gründerzeit 2.0 – Problemimmobilien befragen, bewerten … und dokumentieren

77

Kistenweise, Paderborn – Offene Werkstatt

78

Weggestaltung als Werkgestaltung – Masterthesis

82

Perspektive Kerkeler – Masterthesis

86

Erkunden, Reden, Diskutieren – und Machen – Forschungsforen

89

Masterfeier 2013

91

Diplom - Projekte

92

Das Gebäude als Akteur: "Ein schöpferischer Haus …" – Diplomarbeit

97

Drumherum - Weit Und Breit

98

Über den Raum – Architekturtheorie

101

Freihandzeichnen – Raum in der Wahrnehmung

102

Raum in Bewegung – Bewegung im Raum – Formenlehre und Eurythmie

104

Sonotopia 2013 – Raum im Kontext

105

Dem Rot sind Newton und Goethe egal – Farbenlehre

106

Innen ist Außen ist Innen – Symposium

109

Eine Annäherung an das Nichts – Werkbundakademie 2013

111

Exkursionen - Nah und Fern

112

Reise nach Tinos, Griechenland – Exkursion

114

LAURIN – Sommeruniversität Lausitzer Dörfer

116

Communities – Ressources – Development – Exkursion des Masters nach London

119

Menschen - hin und weg

120

Drei Interviews – Alumni

126

Das Wahre muss man sich erobern – Interview mit Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Meisenheimer

130

Studierende und Mitarbeiter im FB Architektur

132

Impressum


Infos Fachbereich


BACHELOR OF ARTS ARCHITEKTUR UND STADTRAUM P

rofil Der Studiengang Bachelor of Arts „Architektur und

Studiendauer Die Regelstudienzeit beträgt 8

Stadtraum“ stellt eine anwendungsorientierte und breit gefä-

Semester (240 ECTS).

cherte Grundausbildung dar. Er befähigt die Studierenden zur selbständigen Orientierung in komplexen Sachverhalten sowie zur

Abschluss Das Studium wird mit der Bachelor-

schöpferischen Ausgestaltung von Bauaufgaben im gesellschaft-

arbeit abgeschlossen. Bei erfolgreichem Abschluss

lichen Kontext. 
Die Kernthemen Innenraum, Architektur, Stadt-

wird der akademische Titel Bachelor of Arts (B.A.)

planung und Ingenieurswissenschaften sind dabei eingebettet in

verliehen. Der Abschluss führt zur Berufsreife und

künstlerische und kulturwissenschaftliche Lernlinien. Es werden

eröffnet den Zugang zur Architektenkammer

neben den fachlichen und übergeordneten Kenntnisse künstlerische

sowie zu Masterstudiengängen. Der Bachelorstudiengang „Architektur und

Fähigkeiten erworben, die in den Entwurfsprojekten von Anfang an verknüpft und in der Bachelorarbeit zur Synthese gebracht werden.

Stadtraum“ ist durch die Europäische Kommission

Das Studium versteht sich somit als eine umfassende Ausbildung:

notifiziert. Die im Architekturstudium der Alanus

Verfolgt wird das Ziel, Lebenszusammenhänge erkennen und

Hochschule erworbene Berufsqualifikation ist

gestalten zu lernen.

damit ab sofort in allen EU-Staaten anerkannt.

Studienform

Weitere Infos unter

• Projektorientiertes Arbeiten, um eine Verknüpfung des Erarbeiteten

www.alanus.edu/architektur.html

in ganzheitliche Zusammenhänge zu ermöglichen • Praxisorientierte Integration von Wissenschaft und Technik • Intensive Betreuung in kleinen Studiengruppen • Atelierarbeit in Hochschulräumen • Präsentation und Ausstellung der Projekte jeweils zum Abschluss

3. JAhr

Baubetrieb

Musik Kompositionslehre Installation Landart

Moderation und Präsentation

Schauspiel

Grafikdesign Modellbau

Farbenlehre Farbgestaltung

bAchelor Arbeit

ProJeKt 7 ressourcenoptimiertes Planen Technischer Ausbau

2. JAhr 1. JAhr 4

Darstellende Geometrie

Baukonstruktion Baustoffe

ArchiteKturdArstelluNG 5 22 lP

Architekturtheorie

Kunstwissenschaft

Bau- und Stadtbaugeschichte

Philosophie Erkenntnistheorie

Vertiefung Innenraum

ProJeKt 2 Einführung in das Entwerfen

ProJeKt 1 Einführung in das Bauen

Soziologie Anthropologie

Vertiefung Typologie ProJeKt 4 Gebäudelehre

Bauaufnahme CAD

Baurecht Bauökonomie

Mensch und Architektur

iNGeNieurWisseNschAFteN uNd bAuKuNst 5 158 lP

bAuKultur 5 18 lP

studiuM GeNerAle 5 18 lP

Studieninhalte und -aufbau Bachelor Architektur

GruNdlehre KüNste 5 24 lP

Vertiefung Stadtraum

ProJeKt 5 konstruktives Entwerfen

ProJeKt 3 Baukonstruktion und Baustoffe Gymnastik Freihandzeichnen Wahrnehmungslehre

Ethik Bildungswissenschaft

ProJeKt 6 Entwurfslehre Stadtplanung

Tragwerkslehre Eurythmie Formenlehre

Raumplanung

Modulübersicht

4. JAhr

der Semester


MASTER OF ARTS PROZESSARCHITEKTUR P

rofil Der gesellschaftliche, ökonomische

Masterarbeit Im vierten Semester wird

Planung und Steuerung von Planungsprozessen in

und ökologische Wandel stellt Planerinnen

ausschließlich die Abschlussarbeit erstellt. Die

allen Projektphasen von frühen Formierungspro-

und Planer vor neue Herausforderungen: Was

Themen der Masterarbeit sind frei wählbar und

zessen bis zur Baurealisierung

heißt es, zukunftsfähig zu bauen? Wie lassen sich

sollen das im Studium Erlernte aufgreifen und in

• Berufsbegleitend in Teilzeit studieren bei

Ressourcen bereits im Planungsprozess effizient

einer neuen Fragestellung vertiefen.

erforderlicher Anwesenheit von i.d.R. zwei Tagen

und nachhaltig einsetzen? Wie können Projek-

Abschluss: Das Studium schließt mit dem aka-

in der Woche

te gemeinschaftsorientiert entwickelt werden?

demischen Titel Master of Arts (M.A.) ab. Der

• Austausch auf Augenhöhe: Konzeptionierung

Wie können die immer komplexer werdenden

Abschluss eröffnet die Möglichkeit zur Promo-

des Unterrichts als Dialog unter Experten

Planungs- und Bauprozesse zielgerichtet und

tion nach Maßgabe der jeweiligen Promoti-

• Projektorientiertes Arbeiten mit frei wählbaren

strukturiert gesteuert werden? Welche Möglich-

onsordnung. Der Zugang zu berufsständischen

Themen

keiten gibt es, die stets größer werdende Vielfalt

Kammern hängt von den Maßgaben der jeweils

• Interdisziplinäres Dozententeam

von Akteuren zu moderieren?

geltenden Landesregelungen sowie der Ausbil-

• Beste Studienbedingungen: Individuelle Betreu-

dungsbiographie der Studierenden ab.

ung, kleine Studiengruppen, eigener Arbeitsplatz

Der Masterstudiengang Prozessarchitektur

in Hochschulräumen

richtet sich an Architekten, Landschaftsarchitekten, Stadt- und Regionalplaner sowie Bauin-

Studienform

genieure. Er bereitet Sie auf diese anstehenden

• Objekt- und Prozesskompetenz: Kenntnisse,

Weitere Infos unter

Aufgaben vor. Sie werden in die Lage versetzt,

Methoden und Fähigkeiten zur Initiierung,

www.alanus.edu/architektur.html

nachhaltige Entwurfs- und Gestaltungsprozesse zu initiieren, zu gestalten und umzusetzen. Sie lernen flexible, ergebnisoffene Prozesse zu moderieren und im Team zukunftsorientierte Lösungen zu entwickeln. Schwerpunkte des Studiums sind die Lehrgebiete gemeinschaftsorientierte Projektentwicklung, Projektmanagement sowie ressour-

MODULÜBERSICHT

Studieninhalte und -aufbau Master Architektur

cenoptimierte Architektur und Stadtplanung, die in eigenständigen Studienprojekten zusammenge-

zwei Grundlagensemestern, einem weiterfüh-

PROJEKTSTUDIUM UND FORSCHUNGSFORUM

Grundlagensemester Im ersten Semester werden – anknüpfend an die Vorbildung der Studierenden – fachliche Grundlagen vermittelt

3. SEMESTER

Masterarbeit im vierten Semester zusammen.

Projektentwicklung

renden Vertiefungssemester im dritten sowie der

sowie vorhandenes Wissen vertieft und erwei-

VERTIEFUNGSSEMESTER

Semester (60 ECTS). Das Studium setzt sich aus

MASTERARBEIT

Ressourcenoptimierte Architektur

Studium angelegt, die Studiendauer beträgt 4

Projektmanagement

Studienaufbau Der Masterstudiengang Prozessarchitektur ist als berufsbegleitendes Teilzeit-

4. SEMESTER

führt werden und praxisnah Anwendung finden.

Projektmanagement

Ressourcenoptimierte Architektur

Ökonomie

Projektmanagement

Ressourcenoptimierte Architektur

Ökonomie

die Studierenden durch Seminare der Lehrgebiete Projektentwicklung, Projektmanagement sowie Vertiefungssemester Im dritten Semester steht die Fortsetzung der Arbeit am selbstgewählten Studienprojekt im Vordergrund. Mit der Wahl einer der Vertiefungsrichtungen „Gemeinschafts-

1. SEMESTER

Ressourcen und Architektur.

GRUNDLAGENSEMESTER

Projektentwicklung

eigenständigen Studienarbeit. Begleitet werden

Projektentwicklung

Im zweiten Semester beginnt die Erarbeitung der

Recht

denen praxisnah und teambasiert gearbeitet wird.

Recht

Fallstudien und Übungen zur Anwendung, in

2. SEMESTER

tert. Als Lehrformen kommen Vorlesungen,

orientierte Projektentwicklung“ oder „Ressourcenoptimierte Architektur“ erfolgt eine inhaltliche Fokussierung, die durch das zugehörige Seminar unterstützt wird.

a+ Studium Belegung ausgewählter Module aus dem Bachelor-Studiengang „Architektur und Stadtraum“ (Für Absolventen eines sechs- oder siebensemestrigen Bachelors)

5



Bachelor Projekte


Erste, Zweite, Dritte Haut – Bildhauer + Architekten Text: Prof. Benedikt Stahl // Ba. 1.1 Einführung in das Bauen // Prof. Benedikt Stahl, Ramona Wassong, Prof. Andreas Kienlin + Johannes Hess // 1. Semester // Herbstsemester 2013

Z

u Beginn des Studiums an der Alanus Hoch-

persönliches Bild. Der Mensch und die Persön-

schule begegnen sich die Studienanfänger

lichkeit im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit.

der Architektur und Bildhauerei in einem ersten

Der nächste Schritt widmet sich der sogenannten

Projekt. Man lernt dabei nicht nur die anderen,

„zweiten Haut“. Gemeint ist damit der Entwurf

sondern vielleicht auch sich selbst ein bisschen

eines Kleidungsstücks. Ein Prozess, der ähnlich

besser kennen. Gespräche über die Studienmoti-

dem des Entwerfens von Architektur verläuft, nur

vation, über persönliche Interessen und die Neu-

eben „hautnaher“. Die dabei entstandenen Krea-

gier auf das Neue begleiten die Aufmaßarbeiten am

tionen können sich wirklich sehen lassen. Für

eigenen Körper. Ganz im Sinne der großen Meister

einen Abend wird das Foyer der Hochschule zum

Leonardo, Vitruv, Dürer oder auch Le Corbusier

Laufsteg und die Newcomer stellen ihre Schöpfun-

werden die Messergebnisse und Beobachtungen

gen selbst vor. Was für ein festlicher Augenblick!

im Maßstab 1 : 1 mit Kohle und Kreide auf große

Wer nicht dabei sein konnte, hat die Gelegenheit

Packpapierblätter übertragen. Ein jeder findet

all dies in einem eindrucksvoll zusammengestell-

dabei seine eigene Methode, entwirft sein ganz

ten Film nachzuerleben. ■

8


Die erste Haut – Der Körper Text: Sebastian Münch

M

it der ersten Haut hat das Gemeinschaftsprojekt von Bildhauern und Architekten begon-

nen. Diese Teilaufgabe war der Anfang des Studiums, was bedeutete, dass sich sowohl die Gruppe der Architekten, als auch die der Bildhauer erst einmal kennenlernen mussten. Je ein Bildhauer bildete mit einem Architekten eine Zweiergruppe. Dies passte zur eigentlichen Aufgabe der ersten Haut. Das Thema war der bloße Körper beziehungsweise das Ich. Setze dich mit deinem Körper auseinander und projiziere deine Erkenntnisse auf eine Leinwand. Versuche dabei in deinem Werk einen Zusammenhang zu finden, der Dich und Deinen Partner widerspiegelt. Einige nahmen dies wörtlich und fingen sofort an aus Packpapier eine passende Leinwand für den Körper zu bauen, andere überlegten erst, planten und experimentierten. Selbst die Pose mit der man sich auf der Leinwand verewigen wollte, war inspiriert von Le Corbusiers Modulor oder da Vincis vitruvianischen Menschen. Es ist erstaunlich, wie diese Aufgabenstellung von jedem einzelnen unterschiedlich interpretiert und wiedergegeben wurde. ■

9


Die zweite Haut – die Kleidung Text: Vivica Tschirner

D

ie zweite Arbeitsphase dieses Projektes bestand im Wesentlichen darin, Kleidung zu entwerfen.

Ein besonderes Augenmerk wurde hierbei auf die Wahl und die Bearbeitung des Materials gelegt. Ziel dieser Aufgabe war es, ein Bewusstsein für das verwendete Material zu entwickeln und uns in jeglicher Hinsicht mit selbigem auseinanderzusetzen. Es war uns freigestellt, jeglichen Werkstoff zu verwenden, lediglich Stoff war nicht erlaubt. Am Ende haben wir unsere Arbeiten im Rahmen einer öffentlichen Modenschau präsentiert. Auch bei der Umsetzung auf dem Laufsteg waren uns keine Grenzen gesetzt, was das Vorstellen unserer Ergebnisse betraf. Ein sehr unterhaltsamer und facettenreicher Abend war das Resultat dieses Arbeitsschrittes. Die Bilder zeigen die einzelnen Arbeiten. ■

10


Die dritte Haut – der Raum Text: Max Besuch

D

Aufgabe: Baue einen Raum für beispielsweise

schon ein Raum, wenn ich auf eine grüne Wiese

zwei Hände. Oder einen Kopf. Oder für zwei

ein Stück Wand stellen würde? Dann gäbe es auf

Knie und einen Fuß. Oder für ein Gesäß. Dabei

einmal ein „Hier“ und ein „Dort“. Wäre dann der

sollen die Hände denken und nicht der Kopf.

große Raum in zwei kleinere Räume unterschie-

So sollen keine analytischen, sondern intuitive

den?

Werke entstehen. Die Streifenform der Pappe, die

er Raum ist das, was zwischen Boden, Wänden und Decke ist. Oder? Entstünde vielleicht

Der Raum ist, was uns vor dem Wetter beschützt.

Ein Nachmittag, ein Berg Pappstreifen und eine

zunächst eine Einschränkung war – leider haben

Oder? Gibt er uns auch ein Gefühl des Wohlseins?

wir nichts anderes bekommen … – entwickelte

Erfüllt er auch unsere Sehnsucht nach dem Schö-

sich für viele zur größten Inspirationsquelle, weil

nen? Repräsentiert er uns auch? Erfüllt er auch

sie Anlass gab, Räume in einer anderen Art zu

seine spezielle Funktion? Bringt er auch etwas

formen. Nämlich in der Art, wie es die schmale,

zum Ausdruck?

biegsame Form ermöglichte. Geschwungen, gewo-

Ein Raum wird durch Wände begrenzt. Oder?

ben, gerollt, aneinandergereiht, überlappt … was

Machen auch Öffnungen einen Raum? Wie offen

da entstand, waren Raumhüllen jenseits unserer

kann eine Raumbegrenzung sein, um den Raum

Raumgewohnheiten. Das machte Freude – und

noch zu begrenzen? Bilden vielleicht schon drei

brachte uns eine Menge erstaunlicher Raumin-

Säulen einen Raum? Oder nur zwei? Vielleicht

stallationen, die wir hier vorstellen möchten. ■

sogar nur eine?

11


Raumstationen Text: Prof. Benedikt Stahl // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester // FrühjahrSsemester 2013 Entwurf kleiner Häuser für ganz

Wiesen unterhalb des Johannishofes ein kleines

verschiedene Nutzungen, Begegnun-

„Rasthaus“ mit schöner Aussicht, weiter unten ein

gen und Auszeiten auf dem Weg zwi-

„Minimuseum“, auf dem Hertersplatz ein neues

schen Campus II und Johannishof.

„Freilufttheater“, am Bähnchen eine „Wurstbude“

I

mmer wieder einmal gibt es den Wunsch oder Überlegungen dazu, wie sich die beiden Hoch-

12

und am Campus II mit umgenutzten alten Telefonzellen neue „Kommunikationsorte“. Für die Einsteiger in das Planerhandwerk

schulstandorte – auf gut rheinländisch „owwe

allemal ausreichend viele Gelegenheiten ihrer un-

oder unge“ – besser miteinander verbinden lassen.

befangenen Phantasie freien Lauf zu lassen und an

Wie wäre es zum Beispiel mit einer Reihe kleiner

einem kleinen aber feinen Objekt erste Gehversu-

Gebäude oder Pavillons, die wie eine Art Wegesta-

che zu machen und die gefundenen Lösungen in

tionen den Pfad säumen und verschieden nutzbar

klassischer Form mit den dazugehörigen Plänen

sind? Vielleicht entand dann irgendwo in den

und Modellen zu präsentieren. ■


Das Mädchen und die Muschel Elisabeth feinen // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen //

Lageplan - Johannishof

Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester Ein Märchen

E

tern. Oben angekommen, konnte es seinen Augen nicht trauen. Das Licht der Sonne fiel durch die

s war einmal ein junges Mädchen, das las für

Schale der Muschel, und lies auch sie in allen Far-

sein Leben gerne. Sein Traum war es, eine

ben des Regenbogens schimmern. Das Licht fiel

riesige Bibliothek zu besitzen, die Bücher aus der

auf eine kleine Schatulle, die noch kleinere Bücher

ganzen Welt beherbergen sollte.

enthielt. Alle Bücher erzählten Märchen und Sagen

Eines Tages ging das Mädchen im Wald spa-

aus fernen Ländern. Es ließ sich auf den Boden der

zieren und stieß auf einen See, den es noch nie

Muschel nieder und begann zu lesen. Plötzlich

gesehen hatte, obwohl es jeden Tag hier spazieren

hörte es in der Ferne den Ruf eines Kuckucks und

ging. Um den See standen viele große Bäume, die

in dem Moment erwachte es aus seinem Traum.

ihren Schatten auf den See warfen. In den Wur-

In heller Aufregung sprang es auf, dabei glitt ihr

zeln des größten Baumes fand das Mädchen eine

die Muschel aus der Hand, fiel in den See und war

Muschel. Diese Muschel besaß die vollkommenste

verschwunden. Traurig machte es sich auf den

Form, die das Mädchen je gesehen hatte und hielt

Heimweg. Doch unterwegs fand es in der Tasche

man die Muschel ins Licht, so schimmerte sie

seines Kleides, ein kleines Büchlein. Es war eines

in allen Farben des Regenbogens. Das Mädchen

der Bücher aus der Schatulle seines Traumes, wel-

beschloss, die Muschel mit nach Hause zu ihrer

chem es keine große Aufmerksamkeit geschenkt

kranken Mutter zu nehmen. Jedoch konnte sich

hatte. Beim genaueren hinsehen jedoch, sah das

das Mädchen, solange es die Muschel in Händen

Mädchen, dass das Büchlein das liebste Märchen

hielt, nicht weiter bewegen.

seiner Mutter enthielt. Freudig lief es nach Hause

Es versuchte es mit aller Kraft. Doch es war, als

und schenkte seiner Mutter das kleine Buch. Seine

würden unsichtbare Hände es an Ort und Stelle

Mutter freute sich sehr und befand sich schnell

fest halten. Traurig und erschöpft lies das Mäd-

wieder auf dem Weg der Genesung.

chen sich auf den Waldboden nieder und lehnte

Der See jedoch war spurlos verschwunden. So

sich an den Stamm des großen Baumes. Schnell

oft das Mädchen auch im Wald nach ihm suchte,

schlief es ein, die Muschel in der ausgestreckten

es fand den Ort mit dem großen Baum nie wieder.

Hand liegend. Es fiel in einen tiefen Schlaf und

Modellfoto

Als es jedoch heranwuchs, erlernte es den

träumte die Muschel hinge riesengroß über ihr, in

Beruf, welcher ihm erlaubte die Träume der Men-

der Krone des Baumes. Es dachte, wie wunderbar

schen zu bauen. So lernte es auch, seine eigenen

es wäre, hoch in die Muschel zu klettern, um sie

Träume Wirklichkeit werden zu lassen und baute

von innen bestaunen zu können. In dem Moment

sich die Märchenmuschel aus seinem Kindheits-

fiel eine Leiter herab und es konnte hinauf klet-

traum. ■

Grundriss

13


Mini-museum Jana Franke // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester

S

tudenten der Alanus Hochschule produzieren jedes Semester einen Wust an Kunst, jedoch versinken viele Werke in der Ver-

senkung, da einfach keine Möglichkeit besteht, diese auszustellen. Hierfür wurde ein MiniMuseum – kurz MIMU – entworfen,

Modellfotos

sodass beispielsweise kleine Skulpturen, Arbeitsmodelle, Gemälde oder Fotos einen Platz zur Ausstellung finden können. Gleichzeitig soll das MIMU auch zur Inspiration und zum Austausch zwischen verschiedenen Studenten oder auch für andere dienen. Das Design des Mosaiks für das MIMU wurde bewusst gewählt, um die Vielfältigkeit der Alanus Hochschule darzustellen. Die Form entsand aus dem Bedürfniss möglichst viele Wände für Ausstellungen zur Verfügung stellen zu können. Ursprünglich bestand die Bauform aus einem Viereck und entwickelte sich hin zu einem Sechseck bis zu der finalen Form des Pentagondodekaeders. Als Konstruktionsgrundlage wurde eine Stahlkonstruktion mit zweischaliger Holzabdeckung auf Gehrung geschnitten gewählt. Das MIMU befindet sich zwischen der Olsdorfer Heide und dem Johannishof, weil es dort eine große ungenutzte Grünfläche gibt,

Ansicht

die lediglich von manchen Studenten als Abkürzung zum oberen Campus genutzt wird. Zwischen zwei Bäumen angeordnet steht das Museum mit einem Tisch und mehreren Stühlen, welche zum Verweilen einladen. Es könnte jedoch an jedem beliebigen Ort stehen. Das MIMU ist nicht begehbar, bietet jedoch einige Gucklöcher, durch die die ausgestellten Werke betrachtet werden können. Mit einer Gesamthöhe von 2,10 m ist das MIMU an die menschlichen Körpermaße angepasst, welches etwa der Größe des Durchschnittsmenschen mit ausgestreckten Armen gleichkommt. Es bietet Platz für zehn Werke der maximalen Größe von 100 x 60cm. Die Alanus Hochschule steht für Kunst und Gesellschaft. Mit dem MIMU wurde ein Raum geschaffen, der für mein Verständnniss der Hochschule voll und ganz gerecht wird. ■

14

Schnitt


Ansichten und Schnitte

Raumstation A2 Lars Pohlman + Walter castillo // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester

U

verschiedenen, zueinander versetzten Volumen.

geöffneten Terrassenfenster sowie die verglaste

Hochschule. Deshalb wollten wir etwas für die

Dieses Thema behielten wir über den gesamten

Außentreppe erzeugen einen hellen Innenraum.

Alanus-Studenten entwerfen. Zunächst kam uns

Arbeitsprozess bei. Das Haus stellt einen Kubus

Ein großes Highlight des Entwurfs ist die Terrasse,

die Idee, eine Übernachtungsgelegenheit zu schaf-

dar, aus dem mehrere Elemente hervortreten. Auf

die einen schönen Blick auf den See bietet. Für die

fen. Diese entwickelte sich weiter und nun wollten

der Süd-West-Seite ragt die obere Ecke heraus

perfekte Einbindung in die Umgebung besteht die

wir ein Wohnhaus für zwei Personen planen. Die

und bildet im Inneren einen Schlafraum. Auf der

Fassade aus Lerchenholz und Glas. Die großen

Schwierigkeit bestand darin auf möglichst engem

gegenüberliegenden Seite ragt die obere Ecke nach

Glasfassaden sind dafür da, einen Übergang von

Raum, maximalen Komfort zu erzielen.

oben und bildet die zweite Schlafmöglichkeit.

Innen und Außen zu schaffen. Das Haus bietet

Außerdem beschäftigten wir uns ausführlich mit

den zwei Bewohnern ein schönes Naturerlebnis in

am Campus II, denn hier bietet sich ein schönes

dem Thema Licht. Im Inneren befindet sich eine

moderner Architektur. ■

Naturerlebnis, bei direkter Anbindung an die

Galerie, die von oben durch ein Dachfenster stark

Hochschule.

belichtet ist und Großzügigkeit ausstrahlt. Ver-

nserer Meinung nach sind die Studenten das Verbindung schaffende Element der Alanus

Als Standort wählten wir das Nordufer des Sees

Modellfoto

Schon in ersten Ideenskizzen spielten wir mit

Grundriss EG

schiedene Fensteröffnungen, wie die nach Süden

Grundriss OG

15


Zellen-kommunikation Alanus Leonard Palm // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester

D

von Kommunikation und wie sie sich über die

Modul arbeitete, galt es kaum konstruktiv tätig

Jahre verändert hat. Sie war vor Jahrzehnten nicht

zu werden. Nur im Rahmen der „Semantischen

aus unseren Städten weg zu denken und stand

Wiederbelebung“ wurde das Telefonmodul der

wie kaum ein anderer Gegenstand für techni-

Zelle gegen eine Funktionsrückwand zur Strom-

schen Fortschritt. Die Telefonzelle war die erste

versorgung mit Solarzellen getauscht und der

technische Errungenschaft, die es einer breiten

Innenraum gemäß des Nutzens eingerichtet. Die

Masse ermöglichte, über weite Strecken hinweg

Reduktion auf eine konzeptionelle Arbeit ermög-

Gespräche zu führen.

lichte mir, dass ich ein enges Netz von Kommu-

ie Telefonzelle erzählt uns eine Geschichte

Ich finde es sehr spannend, mit einem Raum

Dadurch, dass ich mit einem „vorgefertigten“

nikationsmöglichkeiten spinnen konnte, welches

zu arbeiten der diese symbolische Korrespon-

sich in meiner Arbeit in den Ort Alfter einwebt

denz hat, aber gleichzeitig auch funktional ideal

und hier für spannende Begegnungsstätten sorgt.

in mein Konzept passt. Zudem ist die Telefon-

Diese Vernetzung geschieht in drei Schritten.

zelle ein semantisch verbrauchter Gegenstand.

Als erster Schritt ist eine sogenannte „Blick-Zelle“

Das heißt sie hat ihren ursprünglichen Nutzen

vorgesehen. Diese fungiert als erster visueller

verloren, lange bevor ihre Werk- und Baustoffe

Kontaktpunkt zwischen Campus I und Campus

versagen. Die Telefonzelle ist also ein vollkommen

II. Ein nächster Schritt ist eine „Austausch-Zelle“,

funktionstüchtiges Raummodul, welches durch

hier können in Schriftform Ideen und Anregun-

die zunehmende Verbreitung von Festnetzan-

gen, aber auch Fragen und Probleme über die

schlüssen und Handys seinen ursprünglichen

Campus-Grenzen hinweg mit Mitstudierenden

Nutzen verloren hat. Ich will mit meinem Projekt

am jeweils anderen Campus geteilt werden. In

„Zellen-Kommunikation Alanus“ die Möglich-

einem dritten und letzten Schritt trifft man sich in

keiten dieses speziellen und doch recht einge-

einer „Gesprächs-Zelle“. Diese ist in der Mitte zwi-

schränkten Raummoduls für unsere Aufgabe

schen beiden Campus, am Hertersplatz zu finden.

nutzen.

Sie dient wie ihr Name schon vermuten lässt, dazu einen Raum für Gespräche zu bieten. ■

Schnitt

Blick-Zelle am Campus I

16

Austausch-Zelle am Campus II

Grundriss


Offene Bühne für den Hertersplatz Nola Bally // BA 4.2 Einführung in das Entwerfen // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 2. Semester

A

uf der Suche nach interessanten Orten in

Einfachheit des Entwurfs nicht zu verlieren. Bei einem beweglichen

Alfter entstand die Idee, eine offene Bühne für

Element, wie einem ausziehbaren Dach, hätten sich auch viele Her-

den Hertersplatz zu entwerfen. Bei der Ausarbeitung dieses Projekts ging es mir einerseits darum,

ausforderungen beim Gebrauch und Unterhalt ergeben. Bei der Materialwahl war es mir wichtig, Bezug zur Umgebung zu

diesen zentralen Park im Dorf aufzuwerten und

nehmen. So war es früh klar, dass ich die regionale Bautradition auf-

andererseits einen Begegnungsort zu schaffen,

greifen und Klinker für die Mauer verwenden wollte. Aus Konstruk-

an dem organisierte und spontane Aufführungen

tionsgründen ergab sich die Dicke der Mauer von 1,2 Metern.

stattfinden können. Durch die Fotos der Arbeitsmodelle wird der Prozess der Formentwicklung sichtbar. Die Idee der Mauer entstand ganz zu Anfang der Entwurfs-

Für die eigentliche Bühne wurden Lärchenplanken verwendet. Und die Zuschauer fanden auf den vorhandenen Graswällen auf dem Platz geeignete Sitzmöglichkeiten. Während den Überlegungen für ein Lichtkonzept der Bühne,

arbeit. Sie ist gleichzeitig Kulisse und Lärmschutz

stieß ich auf die Skulptur „Monolith“ von Simon Ungers: Ein

zur Straße hin. Durch die Türe und Nischen sowie

hinterleuchteter Kubus aus Plexiglas. Diese Idee inspirierte mich,

die Stufen der Plattform ist die Bühne vielseitig

die Offene Bühne ebenfalls von innen zu beleuchten. So bietet diese

bespielbar. An einer möglichen Überdachung

Bühne vor allem abends ein Schauspiel, auch wenn gerade keine

der Bühne wurde auch gearbeitet. Doch zum

Aufführung stattfindet. ■

Ende hin wurde diese wieder verworfen, um die

Modellfotos

Arbeitsmodelle

17


Kindertagesstätte in Bonn-Dransdorf Text: Annett Hillebrand // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester // Herbstsemester 2013

D

as Thema der Semesterarbeit im Modul BA

Mit einem Wandel der Kindertageseinrichtungen (weitere Öffnung

4.3 Baukonstruktion und Baustoffe war die

für Familien nach dem Konzept der Familienzentren, Verzahnung

Entwicklung eines Gebäudekonzeptes für eine

von Kindertageseinrichtung und Grundschule etc.) werden zuneh-

neue viergruppige Kindertageseinrichtung der

mend Räume für Begegnungen und Kooperationen sowie therapeu-

Gruppenform II (jeweils 10 Kinder von 4 Mona-

tische Angebote benötigt.

ten bis 3 Jahren) in Bonn Dransdorf. Dieses sollte

tektur, unter der Leitung von Prof. Marek Nowak und Dipl.-Ing.

aber auch landschaftlichen Bedürfnissen einer

Annett Hillebrand, erarbeiteten, teilweise im Team, ganz unter-

Kita gerecht werden.

schiedliche Ideen und Konzepte zur Gestaltung der Kindertages-

Ziel dieser Semesteraufgabe war es auch, eine

stätte. Neben den grundlegenden Gedanken zur architektonischen

verstärkte Auseinandersetzung mit der Wechsel-

Gestaltung und Formfindung, integrierten die Studierenden in

wirkung zwischen Entwurf, Funktion und Gestalt

ihren Entwürfen auch gesellschaftliche Fragestellungen und disku-

gebender Konstruktion zu führen. Es galt die

tierten im interdisziplinären Austausch mit den Studierenden der

Prägung und den Charakter des Orts zu erkennen,

Kindheitspädagogik unterschiedliche pädagogische Ansätze, um so

um diese in den Entwurf einzubeziehen.

kindgerechte und nutzerspezifisch angemessene, sinnvolle Entwürfe

Neben der Standortfrage waren aber auch die pädagogischen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

18

Die Studierenden des 2. Jahres im Bachelor Studiengang Archi-

den inhaltlichen, funktionellen, architektonischen

auszuarbeiten. ■


Ansichten Süden

Norden

GSEducationalVersion

KiTA Dransdorf Julia Brügmann, Elisabeth Feinen + Sarah Ribeiro // BA 4.3 baukonstruktion und 18 17 16 15

baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester 13 14

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

offen und frei gestalteten Fassade nach Süden in den Gartenbereich,

schaffen, der das Kind in seiner motorischen,

um so das natürliche Sonnenlicht einfangen zu können, während Die Fläche gliedert sich durch zwei kleine Hügel in einen vorderen Bereich für die 0–3-Jährigen und einen hinteren Bereich für die

instabilisierend auf das Kind wirkt, haben wir uns

3–6-Jährigen.

Verkehrsflächen

18 17 16 15

Baukonstruktion, Material und Farben Der Kindergarten entsteht

19 x 28 x 16

Der Entwurf Der erste Entwurfsgedanke war,

Erschließung

13 14

Gruppen zu ersetzen.

19 x 28 x 16

personen in den ersten sieben Lebensjahren entschieden zwei der vier U3-Gruppen durch Ü3-

18 17 16 15

sich die Schlafräume vom Garten weg orientieren. 13 14

unterstützt. Da ein häufiger Wechsel der Bezugs-

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

sprachlichen und emotionalen Entwicklung

19 x 28 x 16

A

nalyse Wir wollen einen Kindergarten

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

in einer Mischbauweise aus Holzskelettbau und rostrot verputztem

GSEducationalVersion

Betonbau. Während das Holz im Außenbereich seine natürliche Farbe behalten soll, ist für den Innenausbau eine Mischung aus Holz

geben, die die Wärme und Nähe der mütterlichen

und verputzten Wänden angedacht. ■

18 17 16 15

den kleinen Kindern eine schützende Hülle zu

13 14

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

19 x 28 x 16

Umarmung nachempfindet. Aus der abgewandel-

Nutzungskonzept, Verteilung und Ausrichtung Funktionsriegel

ten umhüllenden Form des Kreises entwickelten

Kinderbereich

S B-B

wir eine Wabenstruktur, welche die Räumlichkeiten der Kinder charakterisiert. Um die Räume, zu denen die Kinder keinen

GSEducationalVersion

eigenen Zutritt haben sollen, wie etwa den Haus9

anschlussraum, aber auch Personalraum und Leitung, vom Reich der Kinder abzusetzen, entschie-

11

den wir uns für eine ganz andere Formensprache beider Bereiche. Zwischen diese beiden Bereiche

16

8

10

3b

18

S A-A

legt sich als erschließendes Element der Flur. 3a

Die Gruppeneinheiten bestehen jeweils aus einem Hauptgruppenraum, um den sich je ein

17a

5

4b

1b

S A-A

2b

1a

Neben- Schlaf- und Sanitärraum gliedert, wobei

7

15

4a

sich die U3-Gruppen im Erdgeschoss und die Ü3Gruppen im Obergeschoss des zweistöckigen Ge-

2a

bäudes befinden. Zwischen die Gruppeneinheiten legt sich im Erdgeschoss der große Mehrzweck-

S B-B

GSEducationalVersion

N

raum. Die Gruppenräume öffnen sich mit ihrer

Grundriss EG 3,28 m 5 Mehrzweckraum mit Abstellraum: 61 m2 6 Therapieraum

35 m

4,95 m 1 Hauptgruppenraum 1a und 1c: 50 m2 1b und 1d: 48 m2

19


33,175

3,02

3,015

3,98

10 5

11 22

9 2

19

15 9

8

1

19 3

5 22,40

2 3 1

Kita Lemniskate

Grundriss EG

Magdalena Zöllner + Helena Deifuhs // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester

I

m Rahmen der Semesterarbeit Projekt 3 – „Kita

qualitäten erschließt. Es entstehen zwei Atrien,

raum getrennt, sondern durch ein „Krabbelregal“,

in Bonn-Dransdorf “ haben wir ein Gebäude-

die zum einen Licht in das Gebäudeinnere lassen

durch welches die Kinder auf spielerische Art den

konzept basierend auf den Anforderungen für

und zum anderen als zusätzliche Spielfläche und

Raum betreten können.

eine Kindertageseinrichtung mit vier Gruppen

als Verweilraum für die Eltern in der Eingewöh-

der Gruppenform II (jeweils 10 Kinder von 4

nungsphase genutzt werden können. Die zweite

gestaltet werden, deshalb wird die Holzkonst-

Monaten bis 3 Jahren) entworfen.

Besonderheit des Entwurfes ist der Mehrzweck-

ruktion von innen und außen vertikal mit Holz

raum, der sich in der Mitte des Gebäudes befindet.

verkleidet. Die dafür verwendeten Hölzer sollen

der Kinder und der Betreuungspersonen haben

Er ist mit mobilen Wänden versehen und bietet

eine natürliche Verschiedenfarbigkeit aufwei-

wir einen kompakten und flexiblen Baukörper

somit verschiedene Nutzungsmöglichkeiten.

sen, sodass die Fassade, sowie die Innenräume

Nach eingehender Studie der Bedürfnisse

entwickelt. Das zweistöckige Gebäude liegt im

Der Nebenraum stellt innerhalb jedes Gruppen-

Der Kindergarten soll so naturnah wie möglich

aufgelockert werden. Im Innenraum wird auch

nördlichen Teil des Grundstücks, sodass der im

komplexes ein kleines Highlight dar. Während

die Konstruktion nicht versteckt, sondern schöne

Süden liegende Außenspielbereich das Spielen im

der größere Hauptgruppenraum Platz bietet für

Holzbalken zeigen den Kindern wie ihr Kinder-

sonnigen und hellen Gartenbereich ermöglicht.

Tische zum Malen und Basteln und freie Boden-

garten getragen wird.

Der Garten beinhaltet eine Vielfalt an naturnahen

bereiche zum Spielen mit Bauklötzen etc., befindet

Spielmöglichkeiten wie dem großen Hügel, der

sich im Nebenraum eine dreistufige Empore,

Empore, welche in jeder Gruppe mit einem anders

Sandgrube, einem Kiesbecken, Weidenhütten und

welche in einem großen Fenster mit einer „Sitz-

lasierten Farbverlauf gestaltet wird, sodass den

Wasserläufen, um den Kindern eine sinnliche

fensterbank“ mündet. Die Ebenen der Empore

Gruppen Farben zugeordnet werden können.

Begegnung mit der Natur zu bieten.

fördern das Bewusstsein der Kinder mit Höhen-

Die Farbenlasuren sollen auf Pflanzenbasis sein

unterschieden umzugehen und durch das große

um ein sorgenfreies und gesundes Spielen zu

Lemniskate (liegende Acht), da wir diese Form

Fenster wird ihnen eine eingehende Beobachtung

ermöglichen. ■

als eine in sich ruhende und gleichzeitig fließende

der Außenwelt ermöglicht. Der Nebenraum wird

Bewegung erkennen, welche besondere Raum-

nicht durch eine feste Wand vom Hauptgruppen-

Das Gebäude orientiert sich am Typus der

In den Gruppennebenräumen gibt es eine

Ansicht Süd

Modellfoto

20

Schnitt

Innenperspektive


Ansichten - Nord und Süd

Kita Minnie + mickey Jana Franke + Mona Razum // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester

B

ei der Entwurfsfindung legten wir Wert auf

Höhe bestehend aus drei unterschiedlich großen Kreisen, die vari-

eine klare Unterteilung der Gruppen und

abel genutzt werden können. Umgeben ist das Podest von runden

übersichtliche, rechtwinklige Räume. Wichtig

Säulen, die nicht nur der Konstruktion wegen notwendig sind,

dabei war die Ausrichtung nach Süden, sodass

sondern den Kleinen auch ein interessantes Raumerlebnis bieten

die Kinder in ihren Räumen durch großzügige

sollen. Im Obergeschoss liegt diese Form auf gleicher Fläche frei

Fensterfronten viel Tageslicht bekommen.

und wird von einem Geländer begrenzt. Um die Winterspielwiese

Des Weiteren war uns vor allem eine hohe Transparenz, Überschaubarkeit und ein Flurbe-

mit so viel Tageslicht wie möglich zu durchfluten, gibt es im Dach eine runde Glaskuppel.

reich, der effektiv genutzt werden kann wichtig. Aufgrund des gegebenen und benötigten Raumes einzelner Gruppen ergab es sich, dass sich jeweils zwei Gruppen im Erdgeschoss und zwei im Obergeschoss einfinden. Somit können sich alle vier Gruppenmodule nach Süden ausrichten. Die Gruppenräume sind als Module aufgebaut – über den Hauptgruppenraum lassen sich Nebenraum, Abstellraum, Schlafen und Sanitärbereich erschließen. Durch diese Ausrichtung der Gruppenmodule ergab sich im nördlichen Teil ein weiteres Modul aus verschiedenen Funktionsräumen wie der Mehrzweckraum oder die Küche. Um die Erschließungsflächen sinnvoll zu nutzen, haben wir uns für eine „Winterspielwiese“ entschieden. So ist den Kindern auch bei schlechtem Wetter ein geräumiger Ort zum gemeinsamen spielen gegeben. Die Mickey-Mouse-Form darin und somit auch unser Projekttitel sind durch die Raumerschließung entstanden und bilden ein zum Boden höher gelegenes Podest von 17 cm

Grundriss

21


Ansichten

Kindertagestätte Simon Koolmann + Nola Bally // BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester

G

RuNDRiSS- uND iNNENGEStAltuNG Zentral für diesen Entwurf ist das großzügige Foyer, in dem eine geschwungene Treppe zum

Obergeschoss führt. Hier unterstützt das Gebäude dabei die Eltern in die Kita einzubeziehen. Die geschwungene Form im Grundriss ermöglicht unterschiedliche Raumerfahrungen in den Haupträumen der jeweiligen Gruppen. Trotzdem bleibt die Raumanordnung übersichtlich, da der Grundriss weitgehend symmetrisch aufgebaut ist. Die Schlafund Nebengruppenräumen liegen zum jeweiligen Gebäuderand hin, die Sanitärräume im Zentrum, angeschlossen am zentralen Flur der zum Garten führt. Die Zugänge der Sanitärbereiche ganz im Süden ermöglichen, dass sie durch direkte Zugänge über die Fensterfronten auch von Außen erreicht werden können, ohne die Gruppenräume zu durchqueren. Dadurch können die Kinder auch während des Spieles im Freien ohne großen Aufwand für die Betreuerinnen und

Innenperspektive - Foyer

Betreuer auf das WC begleitet werden. ScHuBlADENSyStEM Zwischen dem Sanitärbereich und dem zentralen Erschließungsraum gibt es ein Schubladensystem für den Austausch von Wäsche und Pflegeprodukten. Die Betreuerinnen und Betreuer können im Sanitärbereich schmutzige Kleidung direkt in einer dem jeweiligen Kind zugeordneten Schublade unterbringen. Mütter und Väter können dann beim Abholen und Bringen die schmutzige Kleidung ersetzen und gegebenenfalls neue Windeln hinzufügen. Durch dieses Schubladensystem ist eine schnelle und einfache Übergabe möglich, ohne das z.B. Stoffbeutel jedes Mal persönlich übergeben werden müssen. Schubladensystem

Fassade Die Fassade besteht aus vertikal angeordneten Holzdielen. Ausgehend von den Stützen des Laubengangs an der Südseite des Gebäudes entstand die Idee, die Stützen nicht regelmäßig zu verteilen, sondern mit unterschiedlichen Abständen zu spielen. Dieses Spiel wird auch auf den anderen Ansichten weitergeführt. Die Holzlatten der Fassade werden teilweise über die Fenster weitergezogen. Dies ermöglicht das regelmäßige Raster der durchgehenden Fensterbreite von 110cm wieder aufzulösen und Zimmer mit weniModellfoto

22

ger Lichtbedarf (wie z.B. die Schlafräume) zu verschatten. ■


Projekt – KiTA Dransdorf Tom Walther + Lars Pohlman //

Lageplan

BA 4.3 baukonstruktion und baustoffe 2 // Prof. Marek Nowak + Annett Hillebrand // 3. Semester

U

nsere Entwurfsidee basiert auf einem abge-

rent gestaltetes Treppenhaus geprägt, wodurch viel Licht in den

schlossenen Modul für jede Gruppe, welches

Flurbereich gelangt, welcher als zusätzlicher Spiel- und Aufenthalts-

die Anforderungen einer Kindertagesstätte

bereich dient Dadurch entsteht ein lebendiger Ort des Zusammen-

möglichst gut berücksichtigt. Die Formenspra-

seins.

che der Kita entwickelt sich durch Spiegeln und

Die Erschließung inklusive Parkmöglichkeiten erfolgt über den

Verschieben dieser Module. Um einen kompakten

nördlichen Teil des Grundstückes. Durch die grüne Holzfassade

Baukörper zu entwickeln, richten sich die Außen-

am hervorstehenden Kubus, die den Nutzer nach innen begleitet,

wände der Funktionsräume im Erdgeschoss nach

entsteht ein markantes Erscheinungsbild, welches durch kleine

den tragenden Wänden des Obergeschosses.

Holzmodule wieder aufgegriffen wird. Insgesamt entsteht dadurch

Der Eingangsbereich wird durch ein transpa-

eine klare Haltung des Gebäudes mit Südausrichtung. ■

Ansicht - Ost

Schnitt B-B

Grundriss EG

Modellfoto

23


Vertiefung Innenraum Text: Prof. Benedikt Stahl // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester // Herbstsemeser 2013

I

n diesem Modul geht es vor allem darum, die

also die offene Aufgabenstellung, war in diesem

Sprache der Innenarchitektur besser kennen

Projekt eine besondere Herausforderung. Mit

zu lernen. Dieses Ansinnen soll und kann ein

zahlreichen Skizzen und Arbeitsmodellen ent-

Innenarchitekturstudium natürlich nicht ersetzen.

standen in gemeinschaftlicher Arbeit mit den Fir-

Vielmehr sollen die angehenden Architekten mit

menvertretern aus dem Siegerland schließlich eine

praktischen Übungen dafür sensibilisiert werden,

Reihe von Projektideen, die dazu beitrugen, die

welche Aufgaben dieses Themenfeld mit sich

Ziele der Bauherren zu entwickeln und neu zu de-

bringt, um damit das Repertoire der Planerspra-

finieren. Ungewöhnliche Einfälle mit besonderen

che zu erweitern und die Zusammenarbeit mit

Möbeln und Einbauten aber auch konzeptionelle

den Innenraumspezialisten vorzubereiten. Neben

Ideen und Gedanken zur ressourcensparenden

einem konkreten Projekt gibt es daher immer

Optimierung der neuen Räume, oder der Einsatz

wieder auch den Austausch mit der Schule für In-

von „möglichst viel Grün“, überzeugten sowohl

nenarchitektur in Detmold. Gegenseitige Besuche

den jungen Geschäftsführer Mark Georg wie auch

und Gespräche der Studierenden und Kollegen

den Geschäftsbereichsleiter Thomas Kleb davon,

bringen einander näher und machen neugierig auf

mit diesen Plänen einen mehr als inspirierenden

die jeweils andere Arbeitsweise.

Fundus an guten Einfällen an der Hand zu haben,

In diesem Semester hatten wir die Gelegenheit,

24

mit dem sich die Zukunft gestalten lässt. Am Ende

Pläne für die Maschinenbaufirma Georg in Kreuz-

der Präsentation in unserem Atelierhaus war die

tal zu erarbeiten. Dort sollen für ein leer stehendes

Stimmung prächtig und Herr Georg stimmte gut

Bürogebäude neue Nutzungskonzepte gefunden

gelaunt sogar noch ein Liedchen auf unserem

werden, die es möglich machen, die gewünschte

Hauspiano an. Unser Dank gilt an dieser Stelle

Vernetzung und Firmenentwicklung mit jungen

in besonderem Maße seiner Firma und allen

Berufseinsteigern zu fördern. Alles – oder sagen

Projektbeteiligten für ihre Unterstützung des

wir mal „beinahe alles“ – war erlaubt. Gerade das,

Fachbereichs! ■


Innenperspektiven und Entwürfe für Lampenschirme

Grün Jana Franke, Leonard Palm + Tom Walther // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester

U

nser Konzept beschränkt sich auf das erste Obergeschoss des Gebäudes, bei welchem

Kommunikation und Austausch im Mittelpunkt stehen. Für dieses Geschoss haben wir ein Farbkonzept ausgearbeitet, welches sich mit der Farbe Grün auseinander setzt. Das Geschoss teilt sich in drei Schwerpunkte ein: Wohnen, Essen und Kochen. Hier entsteht der soziale Treffpunkt der Firma, bei welchem Angestellte, Azubis und Studenten in einer familiären Atmosphäre aufeinander treffen. Im unteren Teil der Etage sind kleine Räume, die in unseren Augen einen geeigneten Entspannungsraum bieten. Im oberen Teil befinden sich Koch- und Essbereich. Insgesamt möchten wir die Etage in einer eher schlichten Materialität gestalten. Die Wände wer-

den bis auf die Wohnzimmer im unteren Teil weiß gehalten und erzeugen somit einen angenehmen Kontrast zu dem Eichenfußboden. Dieser verleiht dem Raum zusätzlich Wärme und Geborgenheit. Aufgelockert wird dieses Erscheinungsbild durch verspielte Lampen und verschiedene grüne Akzente. ■

Grundriss

25


Asiatisches Teezimmer im Weltenhaus Elisabeth Feinen + Sarah Ribeiro // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester

D

as Weltenhaus richtet sich vor allem an die Partnerunternehmen der Firma Georg, welche

sich in der ganzen Welt befinden. Hier sollen Arbeitsplätze entstehen, in welchen

Unser Schwerpunkt liegt in der Caféteria. Dieser Bereich wird durch die Tee-Tradition dem asiatischen Kontinent zugeordnet. Die Caféteria ist in drei verschiedene Areale

direkte Mitarbeiter der Firma und Externe zu-

aufgeteilt. Ein Snack-Bereich dient dazu, eine

sammen, mit und für Firma Georg arbeiten, neue

kleine Pause einlegen zu können. Hier entsteht

Ideen entwickeln und umsetzen.

ein schnelllebiger Bereich, welcher teilweise als

Wir entwickelten ein Konzept, in welchem die

Ansicht

Erschließungsfläche dient. Die Stehtische, die hier

Idee des Netzes, das die Firma Georg mit seinen

zu finden sind, geben diese bewegte Funktion

Partner-Unternehmen, die über die ganze Welt

gut wieder. Ein Essbereich bietet den Menschen

angesiedelt sind, gespannt hat, aufgegriffen wird.

Platz ihre Mittagspause gemütlich verbringen zu

Die verschiedenen Kulturen haben wir, gemäß

können. Der Raum ist mit langen Tafeln bestückt,

ihren Traditionen, den verschiedenen Raumfunk-

damit man in einer beliebig großen Gruppe

tionen (z.B. verschiedene Bürobereiche, Caféteria,

zusammensitzen kann. Der dritte Bereich ist das

interaktives Museum usw) des Bürogebäudes

Herzstück des Caféteria-Bereichs und weist am

zugeordnet.

deutlichsten die Verbindung zur asiatischen TeeKultur auf. Hier findet man kleine, bodennahe Tische, die es einem ermöglichen, seinen Tee auf dem Boden sitzend zu genießen. Zwei Wände trennen diese drei Areale voneinander ab. Sie sind durch ein rechteckiges Raster aus dunklem Holz charakterisiert. Dadurch, dass die Wände des Teezimmers geschlossen sind, während die anderen durchlässig sind, wird dieser Bereich zusätzlich von den anderen beiden Räumen abgetrennt. In verschiedenen Rechtecken, welche als Regale oder Schubläden ausgebildet sind, findet man das

Modellfoto

26

notige Zubehör zur Teezubereitung. ■

Grundriss


Firma Georg – Vorausdenken für Generationen Helena Deifuhs // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt stahl + Ramona Wassong // 3. Semester

B

ei meinem Entwurf für die Firma Georg soll

schaffen. Im Erdgeschoss sind nur wenige Eingriffe und ein neues

Leerstand des Gebäudes vermieden und eine

Interieur geplant. Das Vordach soll rückgebaut werden um den

Neuinszenierung des zukünftigen „Ideenhau-

ursprünglichen Ausdruck wieder zu gewinnen. Der Empfang soll

ses“ herbei geführt werden. Ich stelle mir diesen

geräumiger und offener werden. Des Weiteren wird eine neue

Prozess so vor, dass das ehemalige Bürogebäude

Theke, die selben Sitzmöbel wie im ersten Obergeschoss und das

freigelegt wird bis auf die innersten Strukturen,

Lager-Fix-Regal dort Platz finden. Im Obergeschoss soll im rechten

um Raum für Neues zu bieten. „Freie Denk-

Teil eine Bibliothek mit Arbeitsatmosphäre entstehen. Um mehr

räume“ sollen Einzug halten in das neue alte

Privatsphäre zu gewährleisten, befindet sich dort die Trennwand

Herzstück der Firma Georg. Der Fokus meiner

LesBAR. Im linken Bereich, in dem sich gegenwärtig die Küche

Projektarbeit liegt auf dem 1.Obergeschoss und

befindet, soll auch weiterhin der Caféteria-Bereich differenziert

dem Weg dorthin und damit zusammenhängend

in Café Lounge, Mensa und Steh-Imbiss sein. Diese Bereiche sind

auf dem Thema Recycling. Um eine kostengüns-

durch die EssBAR voneinander getrennt. Alle neuen Möbel werden

tige und ressourcenschonende Umstrukturierung

aus den alten Büromöbeln recycelt. Somit würde mit wenig Kosten-

durchführen zu können, orientierte ich mich an

aufwand eine neue Atmosphäre im alten Bürogebäude entstehen.

dem Slogan „Reduce, Reuse, Recycle“. Dieses

Dies könnte man dann mittags mit „Lunch Beat“ in dem großräu-

Motto passte gut zu diesem Projekt, da ich Abfall

migen Caféteria-Bereich feiern. ■

Lager-Fix als Früchteschale

vermeiden wollte und eine direkte Weiterverwendung von Materialien anstrebte. Das Image der Firma, welches auf einem hohen Maß an Qualität und Nachhaltigkeit basiert, soll durch Umweltbewusstsein und Vorausdenken für Generationen unterstrichen werden. Das Leitthema wird sich in Struktur, Einrichtung und Details zeigen. Es sind sich wiederholende Elemente vorgesehen, welche einen Wiedererkennungswert mit sich bringen, zum Beispiel sind die Lager-Fix Behälter mal Regal, Schubladen oder auch Obstschalen – alltägliche Gegenstände der Mitarbeiter, die eine aufgelockerte und zugleich bekannte Atmosphäre

Essbar - Modellfoto

27


Teilschnitt - Lichthof mit Grünem Vorhang

Gewächshaus für Ideen Julia Brüggman, Nola Bally + Magdalena Zöllner // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum // Prof. Benedikt stahl + Ramona Wassong // 3. Semester

U

nser Ansatz zur Umnutzung des alten Büro-

befinden sich die Werkebene mit einer Experimentierwerkstatt und

gebäudes der Firma Georg entwickelte sich

den Azubiräumen, die Begegnungsebene mit Mensa und Caféteria

als Antwort auf die erdrückende Atmosphäre

in gemütlicher Atmosphäre, die Kommunikationsebene mit variab-

der engen und dunklen Räume, die wir bei der

len Arbeitsplätzen und offenem Grundriss sowie die Ruheebene mit

Besichtigung erlebten. Der Gedanke war schnell

den bestehenden Einzelbüros und einer Bibliothek.

gefasst: Dieses Gebäude braucht Licht, Luft und

Die Pflanzen als Leitmotiv finden sich als Vorhang im Lichthof

viele Pflanzen! Was, wenn man das gesamte Ge-

sowie als grüne Wände in weiteren Gebäudeteilen. Dabei wird die

bäude entkernen und in ein riesiges Gewächshaus

ästhetische Wirkung des Grüns durch die ansonsten in schwarz,

für Pflanzen und Ideen verwandeln würde? Von

weiß und grau gehaltenen Materialien betont. Einzig die rote Couch,

dieser radikalen Idee verblieben Licht, Luft und

sowie einige rote Sitzkissen innerhalb des Lichthofes setzen einen

Pflanzen als Leitmotiv unseres Entwurfes und wir

Komplementärkontrast.

entwickelten die Idee eines überdachten Lichthofs in der Mitte des Gebäudes, in dem Pflanzen über

Ein gezieltes Beleuchtungskonzept unterstreicht dezent die verschiedenen Nutzungsbereiche. ■

mehrere Etagen ranken. Um den Lichthof herum

Innenperspektive - Wohnzimmerecke

28

Innenperspektive - Mensa

Innenperspektive - Kommunikationsebene mit Green Cube


Kunst trifft Technik Vivica Tschirner // BA 5.2 Vertiefung: Innenraum //

Perspektive - Bürogebäude

Prof. Benedikt Stahl + Ramona Wassong // 3. Semester

D

as in Zukunft leer stehende Bürogebäude der

Obergeschoss wird die Chronik der Firma Georg

Traditionsfirma Georg in Kreuztal braucht

den Besuchern näher gebracht. Man kann sich

eine neue, sinnvolle Nutzung. Die Firma befindet

mittels der Plakate und Bilder über die Geschichte

sich im siegerländischen Kreuztal und existiert

informieren, außerdem wird es Raum geben, um

seit 1948. Ich habe ein grobes Konzept für das

Modelle oder Maschinen ausstellen zu können.

ganze Gebäude entwickelt und mich auf die Ebene,

Von dort erreicht man über ein Rampensystem

bestehend aus dem ersten OG und dem halb

den zweiten Bereich, wo eine Kunstausstellung

darüber liegenden Geschoss, konzentriert. Hier

angesiedelt sein wird. Wiederkehrendes und

wird die neue repräsentative Etage des Gebäudes

raumbildendes Merkmal dieser Ebene sind die ge-

entstehen. Der Ausstellungsbereich ist als Rund-

schwungenen Glaswände, die ein intuitives Leiten

gang geplant, so dass die Besucher alle Bereiche

der Besucher begünstigen. ■

bequem und intuitiv begehen können. Im ersten

Grundrisse 1. OG und darüberliegendes Halbgeschoss

Modellfoto - Ausstellungsbereich

Schnitt - Neues Erschließungssystem

29


FiftyFifty+ Wohnen für alle Lebensphasen Text: Annett hillebrand // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus von Kaisenberg und Dipl.-Ing. Annett Hillebrand // 4. Semester // Frühjahrssemester 2013

» Mit einer Wohnung kann man einen Menschen wie mit einer Axt erschlagen «

Wohn- und Eigentumsformen. Die Studierenden des 2. Jahres im Bachelor Studiengang Architektur, unter der Leitung von Prof. Nikolaus von Kaisenberg und Dipl.-Ing. Annett Hillebrand, entwarfen darauf bezugnehmend

Heinrich Zille, Grafiker, Maler und

tragfähige Konzepte für eine generationenüber-

Fotograf (1858 – 1929)

greifende Wohnbebauung auf dem Grundstück im

W

ohnungsbau zählt zu Aufgaben für Meister, so heißt es, weil so viele und gegensätzliche

Dreieck der Viktoriabrücke, der Bahntrasse sowie der Endenicher Straße in Bonn. Besonderes Augenmerk legten die Studieren-

Anforderungen auf begrenzter Fläche bildnerisch

den hierbei auf ein stimmiges städtebauliches

zur Einheit zu führen sind.

Gesamtgefüge, das auf die besondere Lage des

Gleichzeitig fügt das Wohnen unterschiedliche

Grundstückes reflektiert und somit die Generie-

Lebensabschnitte zusammen und verschiedene

rung eines gemeinschaftsfördernden, qualitativ

Formen der Beziehung zwischen dem Einzelnen

vielfältigen Lebensraumes für Jung und Alt in der

und der Gemeinschaft. Selbstbestimmt und ge-

Stadt ermöglicht.

meinschaftlich zu wohnen steht ganz oben auf der

Das Semesterprojekt beinhaltete einen analy-

Liste erfüllender Lebensziele. Wo dies gelingt, sind

tisch-wissenschaftlichen und einen synthetisch-

körperliches, seelisches und soziales Wohlbefin-

künstlerischen Teil: die Gebäudeanatomie, die uns

den gesellschaftlich nachhaltig angelegt. Darum

die funktionalen Bestandteile von Bauten lehrt

bedarf dieses Arbeitsfeld neuer Erkundung und

– und das Entwerfen, das die Einzelteile wieder

Gestaltung. Und darum ist die hier gewählte Auf-

zum Zusammenwirken einer mehrschichtigen

gabe einer Wohngemeinschaft für fortgeschrittene

Gesamtheit führt. ■

Biografien im Mehrgenerationenumfeld angelegt

30

und damit im Kontext zukunftsorientierter


Ansicht

Wohnen und Arbeiten an einem Ort Uwe Hugendick // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus v. Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. Semester

D

ieses Projekt schafft inmitten der Hektik und

der Bahnlinie zu sehen. Im Erdgeschoss ist die

Wohnen in Gemeinschaft Damit gemein-

des Lärms der Stadt hochwertige Wohnungen,

Servicezentrale für die Bewohner. Hier können

schaftliches Wohnen auch mehrerer Generati-

die ein gutes Leben, alleine oder in Gemeinschaft,

Post und Pakete abgeholt oder abgegeben werden,

onen funktioniert, bedarf es sowohl attraktiver

ermöglichen. Eine Stadtoase in der Lärm- und

es gibt eine Wäscheannahme und einen zentralen

Gemeinschaftsräume als auch der Möglichkeit des

Asphaltwüste der Stadt.

Hausmeisterservice.

Rückzugs in einen großzügigen privaten Bereich.

Die Gebäude sind an einer Anliegerstraße ent-

Ein Café stellt die Verbindung zwischen Außen

Sowohl das Leben mit als auch ohne Gruppe muss

lang der Nord- und Westgrenze des Grundstücks

und Innen her. Der Gemeinschaftsraum mit

aufgereiht. Sie schirmen mit ihren „Rücken“

Küche kann für verschiedenste Veranstaltungen

Die Form des Terrassenhauses mit zentralen

Bahn und Viktoriabrücke ab und öffnen sich

genutzt werden. Darüber gibt es Platz für Praxen

Gemeinschaftsflächen ermöglicht diese zwei Pole

zum zentralen Park und Grünland. An allen drei

und Büros. Selbstständige können so Wohnung

in idealer Weise. Gestaffelte Balkone erlauben

Seiten befinden sich Zugänge zum Grundstück

und Büro komfortabel trennen. Für Besucher gibt

Kommunikation und Privatheit und ein Höchst-

und Einfahrten zur Tiefgarage. Ein vierter Zugang

es B&B-Zimmer im dritten Geschoss. Das Restau-

maß an Sonne für alle Etagen und Wohnungen.

wird über einen Fußgängersteg von der Viktori-

rant im vierten Geschoss bietet einen tollen Blick

Jeweils zwei Wohnungen können zusammen-

abrücke zum Gebäude an der Spitze ermöglicht.

über Bonn. Mittagessen und Frühstück wird auch

gelegt und für Familien mit Kindern genutzt

Schallschutzwände schließen die Lücken zwischen

von den Mitarbeitern der Firmen in der direkten

werden. Über eine Galerie ist auch das OG mit

den Häusern und bilden die Tore zum Park. Sie

Umgebung gerne hier gegessen. Über die kurze

dem Gemeinschaftsraum verbunden. Auf jeder

markieren den Übergang zwischen öffentlicher

Fußgängerbrücke kommt man von der Viktoria-

Etage ist ein behindertengerechtes Gäste-WC und

Anliegerstraße und halböffentlichem Raum.

brücke direkt in das Haus. Das verkürzt den Weg

ein Hauswirtschaftsraum. Dadurch kann in den

aus der Nordstadt und schafft einen barrierefreien

Wohnungen darauf verzichtet werden, ohne den

Zugang zur Brücke.

Komfort einzuschränken. ■

Drei Terrassenhäuser ermöglichen komfortables Wohnen mit einem Höchstmaß an Sonnenlicht

möglich sein.

für alle Wohnungen. Ein zentrales Gebäude an der Nord-West-Spitze, das „Bughaus“ ist Landmarke und Verbindungsglied zur Stadt. Ein vierstöckiges, schmales Haus mit Laubengängen schafft Wohnraum für Studenten und Singles und bildet den Übergang zur Blockrandbebauung. Das Haus an der Südspitze ist ganz auf studentisches Wohnen ausgerichtet. Die Erschließung erfolgt über breite Laubengänge auf der Westseite. Sie sind Balkon und Treffpunkt in einem. Die drei Terrassenhäuser ermöglichen gemeinsames Wohnen für bis zu zwölf Parteien. Zum gemeinsamen Park haben alle Wohnungen große Fensterflächen und Balkone. Alle Häuser haben einen direkten Zugang zur Tiefgarage mit Stellplätzen und Kellerräumen. Das Bughaus an der Nordwestecke ist der zentrale Knotenpunkt der Stadtoase. Mit seinen vier Stockwerken ist es auch von der anderen Seite

Lageplan

31


Wohnen im Viktoriabogen Peter Baumgardt + Ruben Sommer // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus v. Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. Semester

D

er Entwurf setzt sich aus mehreren Kom-

Die Lärmschutzwand wird von drei Baukörpern

für zwei, vier beziehungsweise fünf Bewohner.

ponenten zusammen. Nach Westen hin

durchbrochen. Im Gebäudekopf befinden sich

Die Individualräume sind nach Möglichkeit in

abgeschlossen wird das Grundstück durch eine

nach Westen hin die Treppenhäuser. Der östliche

Richtung Süden ausgerichtet, die Gemeinschafts-

Lärmschutzwand auf der Grundstücksgrenze, die

Teil der Gebäude hinter der Lärmschutzwand be-

bereiche zum Innenhof hin.

gleichzeitig als Laubengangerschließung dient.

steht aus Wohnungen für die Nutzergruppe 50+,

Am nördlichen Ende des Laubenganges beginnt der halbrunde Bau, der die Studentenwohnungen beherbergt. Es gibt Wohnungen für einen, zwei, vier, oder sechs Nutzer, Die 1–2-ZimmerWohnungen nahe der Brücke werden über die Fortführung des Laubenganges erschlossen, um einen ausreichenden Lärm- und Sichtschutz für die Individualräume zu gewährleisten. Die Gemeinschaftsräume der großen WGs im nördlichen Gebäudeteil weisen dagegen nach Nordwesten, die Erschließung erfolgt durch die Wohnung selbst. Alle Individualräume liegen am lärmgeschützten Innenhof. Die Bebauungszeile nach Norden hin besteht aus 1-, 2- und 3-stöckigen Reihenhäusern für Singles, Alleinerziehende und Familien. Nach Norden befinden sich Bäder und Treppenhäuser. Nach Süden hin die Individual- und Gemein-

Perspektive

schaftsräume. ■

Ansicht

32


Floreus VITA Vivica Tschirner // BA 4.4 Gebäudelehre //

Lageplan

Prof. Nikolaus von Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. Semester

Z

iel des Projektes ist es, eine Wohnanlage zu schaffen, die trotz verschiedenster Lebensentwürfe der Bewohner alle Erwartungen

an ein angenehmes Zusammenleben erfüllt. Hier wird aus „nebeneinander wohnen“ „miteinander wohnen“. Großzügige Grünflächen und ein Gemeinschaftshaus fördern den Austausch und die Identifikation. Die unterschiedlichen Generationen sollen sich vermischen und voneinander profitieren. Meine Architektur nimmt die Fluchten der Viktoriabrücke und die der Bahntrasse im Norden auf. Dadurch entsteht, trotz der Unterbrechung der strikten Bauweise, ein Bezug zur Umgebung. Den Lärm, der von der vielbefahrenen Brücke ausgeht schirme ich mit einer Glaswand ab, die an der Brücke entlangführt. ■

Nachtperspektive

Piktogramme

Grundriss

33


Wohnen am Viktoriadreieck Schnitt

Georg Kreuer + Julia Schloesser // BA 4.4 Gebäudelehre // Prof. Nikolaus v. Kaisenberg + Annett Hillebrand // 4. SemesteR

D

ieser Entwurf bietet im maximal auf fünf Etagen, terrassiert ansteigenden, barrierefrei-

en Hauptgebäude neben klassischen Familienwohnungen auch Singlewohnungen, 50+ -WGs, Gemeinschafts- sowie Geschäftsräumen Platz. In den vier kleinen 2–3-stöckigen Gebäuden sind Studenten-WGs untergebracht. Insgesamt finden 108 Menschen hier ein Zuhause. Die Balkone und Loggien, welche jeder Wohnungsform nach Osten oder Süden hin vorgelagert sind, bieten eine hochwertige Wohnraumerweiterung unter freiem Himmel. West- und Nordseiten sind, bei raumhohem Lichteinfall, weitestgehend geschlossen gestaltet, um dem Verkehrslärm zu begegnen. Weißer Putz und Holz bestimmen die Erscheinung des Gebäudes. Die Dächer sind begrünt. In der Mitte des Geländes liegt der gemeinschaftliche Außenbereich mit kleinem See,

Lageplan

welcher sich in verschiedene Zonen gliedert und ein Angebot an halbprivaten und öffentlichgemeinschaftlichen Bereichen anbietet. Hier findet jeder ein geborgenes Plätzchen oder aber das Glück in der Gemeinschaft zu wohnen. ■

Perspektive

34


Das Mobile Klassenzimmer Text: Prof. Dr. Mathias Wirths // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester // Herbstsemester 2013 Ausgangssituation Herbeigeführt durch Naturkatastrophen oder

eines sinnvollen Tragsystems. Es ist zu überlegen,

durch Menschen verursachte Unglücke werden immer wieder

ob das Klassenzimmer komplett oder teilweise

Menschen gezwungen, zu flüchten und in hastig errichteten Camps

vorgefertigt werden soll (evtl. Bauen mit lokalen

Zuflucht zu suchen. Hier ist es zwar zunächst vorrangig Wohnraum

Materialien). Die Kon-struktion muss aber bis zur

für die vielen Menschen zu schaffen, doch die Flüchtlingslager

kompletten Fertigstellung durchdacht sein.

müssen meist eine längere Zeit betrieben werden. Dadurch wird

Lehrkonzept Die Arbeit am Entwurfsprojekt

es erforderlich, Gebäude für die Infrastruktur wie Verwaltung,

wird mit Vorlesungen zu verschiedenen Tragsys-

Gesundheit und Schulen zu errichten.

temen, welche auf die Grundlagen des Moduls 3.2

Neben der Notwendigkeit Flüchtlingscamps mit Schulen zu bestücken, gibt es in zahlreichen Entwicklungsländern Programme für

(Tragwerkplanung) aufbauen, begleitet. Das didaktische Ziel der Aufgabenstellung ist,

einfache und kostengünstige Gebäude, um informelle Siedlungen

die konstruktiv sinnvolle und kreativ gestaltende

abzubauen und die Grundbedürfnisse der Menschen an Wohnraum

Konzeption von Architektur zu trainieren. Die

und Infrastruktur zu verbessern. Auch hier kann der Einsatz von

Entwurfsaufgabe ist bewusst einfach gehal-

„mobilen Klassenzimmern“, die aber so beständig sind, so dass sie

ten, damit Raum, besser gesagt, Zeit bleibt die

auch längerfristig nutzbar sind, sinnvoll sein.

Ausbildung der konstruktiven Details soweit zu

Aufgabe Es sind mobile Raummodule von ca. 60qm stützenfreier

durchdringen, dass den Entwerfenden die Wech-

Grundfläche zu entwickeln. Die Räume sollen untereinander kom-

selbeziehung von Raum und Detail deutlich wird.

binierbar sein. Eventuell kann dies die Entwicklung von Zusatzmo-

Es wird angestrebt, nach dem Entwickeln einer

dulen als verbindendes Element oder für weitere Funktionen (z.B.

Entwurfsidee und nach der Lösung konstruktiver

WC) erfordern. Es ist darauf zu achten, möglichst kostengünstige

Detailausbildungen, eine Rückkopplung herbei-

und leicht zu transportierende Konstruktionen zu entwickeln. Der

zuführen, die die Bedeutung der Konstruktion für

Aufbau muss weitestgehend händisch möglich sein. Der Klassen-

das Raumempfinden wie auch die Darstellung der

raum soll Schutz vor Regen, Hitze oder Kälte bieten. Eine Aussage

architektonischen Entwurfsidee erkennbar werden

zur Energieversorgung ist wünschenswert. Das Gebäude sollte

lässt. ■

demontierbar sein. Schwerpunkt des Entwurfes ist die Entwicklung

35


Schnitt

Moving School

Flächenelemente

Uwe Hugendick // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester Flüchtlingslager und Slums Weltweit leben

davor schützen um den Nutzern temporär ein

gieversorgung. Die Flächenelemente und Stollen

mehrere Millionen Menschen in provisorischen

Gefühl von Sicherheit zu geben.

werden mit Schrauben verbunden. Sie können

Camps und illegalen Siedlungen am Rande der

Das Konzept der „Moving School“ Das kleinste

daher jederzeit demontiert und an einen anderen Ort verbracht werden.

großen Städte. Oft verbringen sie ihr ganzes Leben

Modul der Moving School ist ein sechseckiger

dort. Um ihnen eine Chance auf Entwicklung und

Raum mit einem Pyramidendach. Sie kann mit

eine Zukunft zu geben, ist die Vermittlung von

wenigen Bauelementen errichtet werden und ist

einsetzbar. Die offenen Elemente werden vor

Bildung eine der dringendsten Aufgaben.

statisch sehr effizient. Nach der Kreisform ist es

Ort mit geeignetem Material gedämmt und mit

die Form mit dem geringsten Materialeinsatz.

Deckplatten verschlossen. Mit verschiedenen Ma-

Mit schnell und kostengünstig aufbaubaren

Die Moving School ist in allen Klimaregionen

Das Basismodul besteht aus nur drei verschie-

terialien für die Deckplatten können die Gebäude

werden. Konstruktion und Material müssen den

denen Flächenelementen und drei verschiedenen

der Moving School an unterschiedliche Standort-

Anforderungen vor Ort angepasst sein. Krieg und

Stollenformen (große Profile). Weitere Elemente

anforderungen angepasst werden.

Naturgewalten sind oftmals der Grund für die

ergeben sich durch den Einbau von Türen und

Flucht von Menschen. Die neue Gebäude müssen

Fenstern oder Sanitärkomponenten und Ener-

Schulen kann hier nachhaltig Hilfe geleistet

36

Durch einfache Maßnahmen werden die Gebäude erdbeben- und sturmsicher. ■


EDU container Georg kreuer // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester

W

eltweit leben etwa 40 Millionen Menschen in

Die gefälzten Boden- und Wandelemente, werden

geschützt und liegt auf drei T-Stahlprofilen und

Flüchtlingslagern. Aufgrund von anhalten-

beim Aufbau nacheinander in die vorgesehe-

den Seitenwänden auf. Das gesamte Gebäude ruht

den Kriegszuständen, vermehrten Naturkatastro-

nen Profile gelegt/gestellt und verschraubt. Die

auf 13 Drehfundamenten.

phen oder um der Armut zu entfliehen, verlassen

Wände sind aus Verbundelementen, bestehend

viele Menschen ihr zu Hause und ziehen in mehr

aus einem umweltverträglichen Wellpappekern,

milchigen Hohlkammerscheiben gelangt reichlich

oder weniger provisorische Camps. Teilweise lei-

verpresst und verklebt mit zwei abschließenden

Licht in den Raum, ohne dass optische Ablenkung

der für viele Jahre. Millionen Kinder folgen ihren

Schichtholzplatten. Das Dach ist aus Polyurethan-

durch Vorgänge außerhalb des Klassenraums die

Eltern in solche Lager, in denen es oft neben dem

elementen, nach außen hin durch ein Profilblech

Konzentration beeinträchtigt. ■

Durch die kindgerecht angeordneten, leicht

Nötigsten auch an Bildungseinrichtungen fehlt, und an Räumen, die Kindern und Lehrern einen geregelten Unterricht überhaupt erst ermöglichen sowie Schutz vor Wind und Wetter bieten. „EDUContainer“ ist ein simples „BaukastenKonzept“, welches genau diese Nachfrage bedienen kann: Komplett vorgefertigte Bauteile, die in einem leicht modifizierten 20 Fuß High Cube Seecontainer verpackt global innerhalb kürzester Zeit verfügbar sind und an ihrem Bestimmungsort schnell, unkompliziert und weitgehend händisch,

Schnitt

auch von Laien, aufgebaut und zu einem robusten Gebäude zusammengefügt werden können. So entsteht ein wärmegedämmter, stützenfreier Raum von ca. 60qm Fläche. Der Container, bei welchem die Seitenwände entfernt sind, dient dabei nicht nur als Transporthülle (beim Transport dienen dann zwei der drei Bodenelemente als Containerwände), sondern wird selbst Teil des Gebäudes. Ausgeschäumte Stahlprofile bilden das „Grundgerüst“ des Hauses.

Innenperspektive

Modellfoto

Ansicht

37


Aufbauisometrie

Schule in Kombinationen Hanna Kosche // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester

E

s soll eine Schule für Notunterkünfte entstehen, die aus unterschiedlichen Modulen zu-

sammengesetzt werden kann. Sie kann auf - und wieder abgebaut werden. Ich habe versucht eine Form und Gestaltung zu finden, die den Ansprüchen des einfachen Aufbauens, der Möglichkeit der Wiederabbaubarkeit, des leichten Transports und der kostengünstigen Materialien entsprach und zudem Schutz vor

Schnitt

Ansicht

Kälte, Hitze und Regen bot. Die Qualitäten von Leichtigkeit, lebendigem Erscheinungsbild und lebenswerter Umgebung, die eine gewisse Geborgenheit für die Kinder schaffen sollen, standen dabei im Vordergrund. Auf Grund des Material sparenden Aspekts entschied ich mich für einen rechteckigen Grundriss. Natürliche Materialien sollen Qualitäten erzeugen. Es soll ein Raum entstehen mit einem einseitig geneigten Dach, um Oberlicht in den Raum zu bekommen. Um dieses zu gewährleisten bedarf es des zusätzlichen Einsatzes von Polycarbonat als transluzentes Material, welches dennoch leicht ist und somit den Anforderungen des einfachen Transports und Selbstbaus entspricht. ■

38

Modellfoto


Modellfoto

Sattelkammer Claudius Bäuml // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester Form und Material Hyperbolisches Paraboloid

Der Entwurf gliedert die Bauteile nach ihrer

können problemlos durch Einfügen eines Riegels

und Bambus waren die bestimmenden Parameter

Funktion. Konstruktion, Wärmeschutz, Wetter-

und einer Schwelle hergestellt werden. Fenster

des Entwurfs. Deren Kombination hielt ich für

schutz. 22 Bambusstäbe kreuzweise miteinander

und Türen erhalten einen Bambusrahmen, dieser

eine angemessene und attraktive Hülle für eine

zu einem Rost verbunden, ergeben den Boden

dient so als rudimentäres Fenster oder Türpro-

temporäre pädagogische Einrichtung.

eines Moduls. Von diesem aufgehend werden

fil, das eine Polycarbonat-Platte aufnehmen

Rahmen ausgebildet deren Riegel durch verkippen

kann. Die Wände werden innen und außen mit

die das Quadrat zur Grundlage haben, realisiert

die Sattelfläche des hyperbolischen Paraboloids

doppelwandigem Flechtwerk aus Bambusleisten

werden. Dabei muss jedoch die spezielle Gebäu-

herstellen. Die Verbindungen werden schlicht

beplankt. Den Wetterschutz übernimmt eine

degeometrie in der Vertikalen berücksichtigt, der

gebunden. Den Wärmeschutz gewährleistet eine

EPDM-Kautschukfolie. ■

entstehende Innenraum stets mitgedacht werden.

Dämmschicht aus Schafwolle. Wandöffnungen

Als städtebauliche Figuren können alle Formen,

Modellfoto

Schnitt

Innenperspektive

Außenperspektive

39


Schulraum 60 Export

Perspektive

Peter Baumgardt // BA 4.5 Konstruktives Entwerfen // Prof. Dr. Mathias Wirths // 5. Semester

D

er Entwurf basiert auf dem Konstruktions-

• Dämmung kann in die entstehenden Freiräume

prinzip der Rauten-Lamellen-Konstruktion

(Rauten) zwischen den Lamellen eingebracht

nach Friedrich Zollinger. Es hat folgende Vorteile:

werden (Plattendämmstoffe).

• Einfache maschinelle Vorfabrizierbarkeit der

• Als Wand- und Dachhaut genügt eine einfache

Bauteile, da für das komplette Dach nur zwei

Plane.

unterschiedliche Lamellentypen benutzt werden.

• Die Front- und Rückwand in Holzrahmenbau-

• Händischer Aufbau durch einfache Schraubver-

weise können einfach eingestellt und befestigt

bindungen möglich.

werden, sie haben keine statische Funktion.

• Einfacher Transport durch geringe Abmessun-

• Trotz Vorfertigung und „Baukastenprinzip“

gen und Gewicht der einzelnen Bauteile (kein Teil

entsteht eine räumlich interessante, homogene

ist länger als 2m).

Gesamtstruktur. ■

• Umweltfreundlich, da die Tragkonstruktion aus Holz (Kerto Furnierschichholz) besteht. • Die bogenförmige Konstruktion bildet Dach und Wand gleichzeitig, es sind keine unterschiedlichen Konstruktionen notwendig.

Grundriss

40

Axonometrie


Wie kommt das Neue in die Welt? Text: Prof. Nikolaus v. Kaisenberg // BA 5.3 Vertiefung: Gebäudetypologie // 5. Semester // Herbstsemester 2013 Teil 2 Vom Wesen der Typologie: Typologie für Projektentwicklung und Prozessarchitektur (angekündigte Fortsetzung des Artikels im mag März 2013)

» Jedes Kunstwerk hat Gesetze, die nur für dieses eine Kunstwerk gelten. Die Gesetze für das zu erschaffende Kunstwerk ergeben sich erst durch das Schaffen des Kunstwerkes. « (Alber Steffen, Reisetagebuch Seite 38)

W

„fortschrittlich“ in Bezug auf Planungstheorie und Planungsmethode?“ Und sucht Wege zur Demokratisierung gesellschaftlich relevanter Bauvorhaben. Hier setzt die Idee der Prozesstypologie an. Sie wendet den Blick vom Objektdesign auf die Prozessgestaltung, wechselt von Gebäudegliederung zur Projektgliederung und wagt den Schritt von der Kausalität des bisher Erlernten zur Gestaltung aus dem zu Erlernenden. Der Prozessarchitekt wird nicht mehr die Aufgabe haben, das Unbekannte in der Anbahnung eines Projektes zu fürchten und es mittels einer geschlossenen Theorie als Risiko zu eliminieren, bevor es auftritt. Diese Auffassung hat er seit der Renaissance als Chef-Gestalter in Kooperation

as jetzt kommt ist richtig gut – sagt sich ein erfahrener Musi-

mit einem Chef-Auftraggeber kultiviert und damit

ker in Vorfreude auf seinen Auftritt, denn er kennt jeden Takt

Architektur zum Inbegriff Bildender Kunst bzw.

und beherrscht jede Passage im vorgegebenen Ablauf des Konzerts.

zum Produkt der Ingenieurwissenschaft gemacht.

Ebenso sicher fühlt sich ein Architekt, der für eine fixierte Aufgabe

Die Wende am Ende der Neuzeit, wo ingenieur-

die Planung und Erstellung eines Gebäudes übernommen hat.

technisch alles bekannt und geregelt ist, zeigt sich

Zusammen mit anderen Entscheidern sucht er zwischen gegebenen

als Kultur des Unbekannten und damit auch als

Grenzen den richtigen Entwurf für ein Objekt, dessen Herleitung

Entdeckerreise auf einer Weltkarte unbekannter

auf folgerichtigen Argumenten beruht. Diese entnimmt er den Er-

Kontinente.

fahrungen der Vergangenheit, die er im Sinne der Logik fortschreibt

Die erste Unterscheidung der Prozesse trennt

in die Zukunft, die damit schon bekannt ist, bevor sie eintritt. Wenn

also Abläufe des mechanisch-kausalen Denkens,

es gut geht, ergibt der schöpferische Prozess ein Gebäude, das

das sich in der Passform vorgefertigter Puzzle-

insgesamt mehr darstellt als die bloße Addition der einzelnen Teile.

Stückchen symbolisiert, von Prozessen lebendiger

Wir freuen uns dann, wenn Formgebung zu einer neuen Erschei-

Kontur. Der Begriff des Prozesses setzt Leben-

nung geführt hat. Dabei übergehen wir oft die Frage, ob auch etwas

digkeit als Wesensmerkmal voraus, ohne dies

Neues in Erscheinung tritt. Zeigt ein neues Krankenhaus eine neue

ist er einfach ein vorbestimmter Ablauf. Wie bei

Auffassung von Heilung? Ermöglicht ein elegantes Schulhaus eine

der Gebäudetypologie auch, geht es hier um die

neue Entfaltungswelt für junge Menschen? Oder projizieren wir

Anbindung an die Kräfte des schaffenden Logos

unterbewusst altes Denken in neue Projekte?

„oben“, um nach „unten“ immer neue Erschei-

ARCH+, das „Studienheft für Planungspraxis und Planungstheorie“ fragt in seiner 15. Ausgabe vom Januar 1972: „Was heißt

nungsformen von Gebäuden oder von schöpferischen Arbeitsprozessen zu ermöglichen.

41


Vision Gruppe Struktur Ressourcen

Gruppe bilden

Weg

was ist, was sein soll

abwägen auswählen

verbinden realisieren

Werk Skizze 2

Skizze 1

Vier Merkmale für lebendige Prozesse

Trennung von Subjekt und Objekt sich in dem

sind; andererseits stellen sie auch Aggregats-

all-einen Bewusstsein auflöst (Das Wahre, Schöne,

übergänge des Projektverlaufes dar, die wie beim

Lebendige Prozesse sind zugleich transzen-

Gute, Geist und Kultur im 3. Jahrtausend, 1997).

Wasser in Gasform nach allen Seiten beweglich

dierend und emergierend. Der Mensch als

Allerdings benennt er auch die „Dominanz der

sind (aber auch schnell verdampfen) oder als feste

Kletterer schaut auf den oberen Sprossen der Lei-

Absteiger“ (Eine kurze Geschichte des Kosmos,

Eisform starr in einer Form beharren, so dass

ter zwischen schaffender und geschaffener Welt,

1996). Das entspricht einer gängigen Fehlin-

manchmal eine Erwärmung des Prozesses seiner

wie die unteren gestaltet sein möchten. In Anleh-

terprätation der Bedürfnispyramide von A. A.

vorzeitigen Abkühlung entgegenwirken muss, um

nung an die Bedürfnispyramide von A. A. Maslow

Maslow: die breite Basis auf der materiellen Ebene

neue Formbarkeit zu ermöglichen.

(Toward a Psychology of Being, 1968) definierte

täuscht über ihr wahres Fundament, mit dem sie

die Weltgesundheitsorganisation schon Mitte des

nach oben im all-einen Bewusst-Sein wurzelt.

tigkeitsfaktor. Demokratische Projektentwicklung

20. Jahrhunderts das Haus als „Ort des körper-

Diese Spannung zwischen der Erscheinungswelt,

heißt heute, Beteiligung aller Betroffenen. Wie

lichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens“

in der an einer Stelle nur das eine oder das andere

geht das? Wie bildet sich eine Initiativgruppe, was

und bezeichnet damit grob die Schichtungen der

Ding sein kann, und dem gehaltvollen Nichts, aus

unterscheidet eine Projektgruppe von einer Stu-

Sprossenleiter. Körperliche Gestaltungsmaßnah-

dem sich alles manifestieren kann, sucht ihren

diengruppe? Bernard C. J. Lievegoed (Soziale Ge-

men für ein Gebäude suchen ihre Orientierung

methodischen Ausdruck zur schichtenorientierten

staltungen, 1970) macht uns darauf aufmerksam,

auf den Bewusstseinsebenen der seelischen oder

Qualitätsentwicklung in der Projektarbeit.

dass die reflektierte Gruppen- oder Teambildung

1

sozialen Funktionsanforderungen: Die Möblierung eines Klassenzimmers konfiguriert sich nach der altersstufengerechten Entwicklungspsy-

2

Gemeinschaftlichkeit ist der führende Nachhal-

grundlegend für weitere Arbeitsschritte ist (eine

Gemeinschaftlichkeit ist Merkmal lebendiger

Projektgruppe ist etwas anderes als eine Studien-

Erneuerungs- und Gestaltungsprozesse.Wie

gruppe). Die gewählte Form der Gemeinschaft-

chologie des Kindes und an der pädagogischen

kontrolliere ich ein Projekt, das in einen offenen

lichkeit bestimmt den Entwicklungsraum, dessen

Widmung des Raumes bzw. des Unterrichtes. Die

Prozess geführt werden soll - das ist die Sorge

Beibehaltung und stetige Teilnahme verbindlich

Wirkungsrichtung erfolgt allerdings auch umge-

des Prozessarchitekten. Die Antwort heißt: keine

ist. Aus dem Kontakt gehen, Fluktuation und an-

kehrt im Sinne einer Psychosomatik der Schule:

Kontrolle. Die Steuerung begrenzt sich darauf, die

dere Vermeidungsformen stören den selbst-regu-

Motorische Einschränkungen durch Möblierung

Betroffenen zu beteiligen, ihre Sachkenntnis, ihre

lierenden Anreicherungs- und Klärungsprozess.

schränken auch den psychosozialen Begegnungs-

Lebensfreude und ihre Urteilskraft zum Funda-

rahmen ein (z.B. Elternabend auf Schulbänken,

ment eines konsensfähigen Projektes zu machen,

tragfähige Entwicklungsarbeit hervorbringen.

die in frontaler Anordnung verschraubt sind).

das sich nach dem immerwährenden Festsetzen

Gerade die Andersartigkeit der Teilnehmer im

Winston Churchill: „First we shape our buildings,

der geistigen Anreicherung und der strukturellen

Persönlichen und Fachlichen ermöglicht originelle

than they shape us.“ Übersetzt auf Prozessarchi-

Einschränkung materiell manifestiert. Alles was

Anreicherungsperspektiven und deren entspann-

tektur: So wie das Werkzeug ist, so wird auch das

zu tun ist, leitet sich ab aus der Sprossenleiter,

ten Ausgleich: Die Summe des Speziellen ergibt

Werkstück werden. Die Betrachtung der aufstei-

die Veränderungen der geschaffenen Welt, die

ein Ganzes. Sich individuell einbringen zu können

genden und die absteigenden Wirkungsrichtung

selber unsichtbar ist. Daher sind die Membranen

und doch auch mitgetragen zu fühlen sind Merk-

tritt immer wieder im Werk von Ken Wilber

zwischen den Stufungen zu beachten, die wie die

male einer reflektierten Schwarmintelligenz.

auf. Er zeigt dass mit aufsteigender Tendenz die

Grenzen zwischen den Naturreichen durchlässig

42

Heterogene Projektgruppen können besonders


Ressourcen Vorstellungen

Struktur

Emotionen Absichten

Vision Team

Bewusstsein Skizze 3

3

Skizze 4

Gemeinschaftsprozesse laufen in Phasen ab.

von Einzelheiten. Diese bedürfen der Unterschei-

desto mehr Energie enthält sie zur Neuordnung

Modelle für die Abfolge von Arbeitsphasen

dung, der Zuordnung und der Abwägung im

der manifestierten Welt. Dieser Weg, den jeder

spiegeln die hierarchische Ordnung der Arbeits-

Hinblick auf die Projektintention. Was soll noch

Einzelne von uns gehen kann, wird nun auch von

ebenen. So beginnt die Zukunftswerkstatt von

dazu kommen, was kann weggelassen werden?

Projektgruppen begangen. Weil er die schrittweise

Robert Jungk (Zukunftswerkstätten, 2000) mit

Fachliche Projektarbeit neigt hier zu anhaltender

Entblößung von allen Vorstellungen, Emotionen

einer Phase der Bestandsaufnahme im Sinne einer

Gliederung und zu Argumentationsketten. Die

und Absichten mit sich bringt, wird er auch als

Defizitanalyse: Was gefällt mir nicht am bestehen-

Arbeit in Gruppen sucht die gemeinsame Schau

Weg durchs Nadelöhr beschrieben, das sich am

den Status? Dann erlaubt sie eine Visionsphase, in

zur Fügung der Projektteile, in dem ein Ganzes

unteren Nullpunkt eines U-förmigen Verlaufes

der tabulos alle Wünsche und Träume ausgespro-

erfasst wird. Teamintelligenz ist ein emergentes

des Abstieges und des Aufstieges befindet. Je

chen und nebeneinander gestellt werden dürfen.

Phänomen. Die Autorität des Ganzen, das „oben“

tiefer sich der Weg von außen in den inneren

Erst im dritten Schritt werden die Chancen und

aufgesucht wird, regelt selber Einzelaspekte,

Brunnen der Reinigung beugt, desto höher wird

Grenzen der Machbarkeit aufgesucht und das

die „unten“ einzugliedern sind. Unsicherheit

der Ort sein, von wo im gleichen Augenblick

Vorhaben in Raum und Zeit neu verortet. Der

im Detail sucht ihre transzendente Rückkopp-

ein energischer Ideenimpuls zu empfangen sein

Übergang von einer Phase zur anderen wird wie

lung im lebendigen Leitbild. Im Moment der

wird (Vergl. Glasl, Friedrich, Das Unternehmen

der Wechsel der Arbeitsebenen vom Reifungsgrad

Entscheidung ist für die Teilnehmer nur Schauen,

Zukunft, 1994 oder Scharmer, C. Otto, Theorie U.

der Arbeitsphase her bestimmt. Im Ablaufmodell

nur Bewusstsein für das Ganze und seine Teile,

Von der Zukunft her führen, 2009). Dieser Erfolg

von Bernard Lievegoed bedarf die „Bildgestal-

ungetrübt von Gedanken. Ein Teilnehmer hat also

erfährt anschließend einen Upload, kann und

tung“ als gemeinschaftliche Aufbereitung und

nicht nur Teil an der Gruppe, er partizipiert mit

wird dadurch für weitere Teilnehmer morphoge-

Wahrnehmung aller Gegebenheiten und Bedürf-

ihr gleichzeitig an der Ideensphäre. Auf dieses

netisch nutzbar.

nisse ausreichender Zeit, damit sich die Schwar-

Erleben bauen Einsicht der Einzelmeinung und

mintelligenz einfinden kann, in der Phantasie,

Konsens der Gruppe. Rupert Sheldrake, Biologe

einfach von welcher Ebene ein Prozess ausgeht

Einsicht und Konsensbereitschaft wachsen.

und Verhaltensforscher, beschreibt diesen Vor-

und wie weit er andere Ebenen mit einbezieht um

gang in „Die Seele ist ein Feld“ (1998) als Down-

eine Neuordnung zu bewirken. Die hierarchische

Gemischte Projektgruppen sind oft schöp-

load höherer Gestaltungskräfte, die uns umgeben

Sprossenleiter kann dazu auch als Wirkungs-

ferischer als reine Teams erfahrener Fach-

(„morphogenetische Felder“). Der Download

kreis betrachtet werden, der in jedem Segment

leute. Warum? Es geht hier um die Entwicklung

gelingt auf einem vorbereiteten Arbeitsfeld und

zugängig ist und von dort weiter führt (Grund-

von Konzepten wie Bildungs- und Gesundheits-

in einem Augenblick, wo alle Absicht schweigt.

stück sucht Investoren, Betreiber und Nutzungs-

einrichtungen oder von Wohnanlagen und Han-

Dann stellen sich überraschende und stimmige

ideen, oder Vision sucht Team, Ressourcen und

delszentren. Und es geht um deren Abbildungen

Lösungen ein. Im Augenblick reinen Bewusstseins

Grundstück).

in bauliche Anlagen. Damit geht es um komplexe

ordnen sich die Dinge selbst – darauf baut Frank

Lebenszusammenhänge, die neu erfasst und neu

Kinslow die Formulierung der Quantenheilung

Prozessarchitekt beim Start einer Projektinitiative

gestaltet werden sollen. Schon die unbefangene,

als Spiegel der Naturgesetze von Energie und

sagen können: Was jetzt kommt, weiß ich noch

sichtbare Aufbereitung der Gegebenheiten und

Ordnung (Quantenheilung, 2008). Je höher die

nicht, aber es wird richtig gut, denn es kommt

Ziele führt zu einem breiten Wahrnehmungsbild

Schöpfungsebene ist, an die wir Anschluss suchen,

frisch vom Fass. ■

4

Eine Typologie unterschiedlicher Prozesse zeigt

Auf jeden Fall wird in Zukunft auch der geübte

43


Rotes c Peter Baumgardt + Claudius Bäuml // BA 5.3 Vertiefung: Gebäudetypologie // Prof. Nikolaus von Kaisenberg // 5. Semester Was ist eigentlich ein Gewerbegebiet?

zogen und in der Dreifelder-Wirtschaft betrieben

Und welche primären Ziele werden

und in wechselnder Fruchtfolge bepflanzt. Auf

bei der Ausschreibung eines solchen

einer Art Erlebnispfad kann der Besucher sich

verfolgt? Geht es um Wirtschaft-

ein Bild von Wachstum und Ernte machen. Die

lichkeit? Und gibt es weitere Kri-

Gewerbefläche soll zur Gänze den Nutzungen

terien, die hier angesetzt werden

der Veredelung, Aufbereitung, Vermarktung und

können?

Forschung von landwirtschaftlichen Produkten zur Verfügung gestellt werden. Im Sinne einer

I

n der Begründung des FNP der Gemeinde

offenen Werkstatt sollen dem Besucher auch hier

Alfter aus dem Jahr 2009 finden sich in der

Einblicke in Betriebsabläufe gewährt werden.

Vorbemerkung folgende Angaben: Über das reine

Sich mit einem solchen Konzept in der links-

Flächenangebot hinaus müssen jedoch Strukturen

rheinischen Gewerbelandschaft zu positionieren,

und Profile entwickelt werden, die die Standor-

kann ein Alleinstellungsmerkmal der Gemeinde

tentscheidungen der Unternehmen für Alfter

werden und den Standort sowohl für Gewerbe-

unterstützen und begründen. Die sollen für das

treibende als auch für Besucher attraktivieren.

Gebiet des Landwirtschafts Parks Alfter Nord

Die städtebauliche Figur ergibt sich, wie oben

durch Bildung eines Clusters im Bereich Land-

beschrieben, sowohl aus den städtebaulichen

wirtschaftsprodukte – Aufbereitung, Vermark-

Rahmenbedingungen, als auch aus der inneren

tung, Veredelung und Forschung – erfolgen.

Notwendigkeit des Konzeptes.

Ein skizzenhaftes Gestaltungsmotiv für einen

Dabei soll eine Abstufung im Maßstab der ein-

Landwirtschaftspark Alfter Nord zu entwickeln,

zelnen Gebäude eine weitere Gliederung bringen

ist das Anliegen dieser Arbeit.

und damit auch Nutzungen räumlich bündeln.

Alfter blickt historisch auf einen großen

Während im nördlichen Teil bauliche Groß-

Zeitraum landwirtschaftlicher Nutzung zurück.

strukturen wie Logistiker angesiedelt werden,

An diese Wurzeln zu erinnern und die moderne

verfeinert sich der Maßstab entlang des roten Cs

landwirtschaftliche Produktionskette in moderner

nach Süden über Handwerksbetriebe bis hin zu

Form aufzugreifen, soll hier versucht werden. Als

Bürogebäuden.

Gegenpart zum Grünen C, das die Naturland-

Eine Erprobung in Varianten zeigt, dass eine

schaft bündelt, reflektiert die städtebauliche Figur

eher tangentiale Ordnung der Gebäude um das

in ihrer markanten Ausprägung den geschlos-

C dem Städtebau den größten Ausdruck und

senen Kreislauf landwirtschaftlicher Produkti-

Markanz verleiht.

onsprozesse und vereint als „rotes C“ ein Stück Kulturlandschaft in sich. Um der heute verbreiteten Entfremdung des Konsumenten im Bezug auf die Produkte

Nach Möglichkeit ist im Bereich der landwirtschaftlichen Produktionskette ein breiter Nutzungsmix anzustreben. Es sollen sich Betriebe ansiedeln vom Betriebs-

entgegenzuwirken, möchten wir die Bezeichnung

mittelhersteller (Saatgut, Landtechnik, Stallausrüs-

„Park“ ernst nehmen und den Besucher einladen,

tung, Futtermittel …) über Ernährungsindustrie

mittels eines Besucherpfades durch den Gewer-

(Schlachterei, Mühle, Teig- Backwarenherstellung,

bepark sich der Herkunft der Produkte und deren

Obst-/Gemüseproduktion, …) und Ernährungs-

Herstellung bewusst zu werden.

handwerk (Bäcker, Konditor, Metzger) bis hin

Aber nicht nur aus dem eigenen Konzept des

zum Lebensmittelgroßhandel.

roten Cs begründet sich die städtebauliche Figur

Um den Standort auch als Forschungsstelle zu

sondern auch in der großmaßstäblichen Aufgabe,

etablieren, ordnen sich verschiedene wissenschaft-

Klarheit zu schaffen zwischen kleinstruktureller,

liche Einrichtungen entsprechenden Betrieben

dörflicher Wohnbebauung in Alfter und Roisdorf,

zu. Nicht zuletzt kann hier an einen „Forschungs-

landwirtschaftlich genutztem Niemandsland, am

bauernhof “ gedacht werden. Kooperationen mit

Reißbrett geplanter Siedlungsstruktur in Bonn

der Universität Bonn aber auch mit der Alanus

Tannenbusch und anscheinend in ausnehmender

Hochschule können hier eingegangen und so eine

Beliebigkeit erstellten Gewerbestrukturen im

Vernetzung im Akademischen Kontext erreicht

Gewerbegebiet Bornheim.

werden. Ebenfalls denkbar ist eine Berufsschule

Um die landwirtschaftliche Produktionskette exemplarisch zu durchlaufen, werden die angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen herange-

44

mit landwirtschaftsbezogenem Profil, die mit den ansässigen Unternehmen kooperiert. ■ gerastert


chaotisch

radial

tangential

45


Städtebau eine annäherung in drei Projekten Text: Prof. Benedikt Stahl // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester // Frühjahrssemester 2013

J

etzt weiSS ich wirklich was Städtebau sein

dieser Idee, dem LVR-Landesmuseum Bonn

„Gestaltung von Freiflächen“, „Schaffung neuer

kann...“ so der Kommentar eines Studenten der

führten zu besonderen Erfahrungen. Begriffe wie

Stadträume“, „Unterbringung von ruhendem

in diesem Modul dabei war und bereits Erfahrun-

„Ortsbildung“, „Erlebbare Geschichte“, „Wegefüh-

Verkehr (weniger vornehm: „Parkplatzsorgen“),

gen mit diesem Fach an einer anderen Hochschule

rung“, „Erlebnisqualität“, oder auch „Vernetzung“

und „Stadtbildergänzungen“ gehörten zum Ge-

machen konnte. Ein besseres Kompliment kann

führten zu unterschiedlichsten Entwurfsansätzen.

genstand unserer Gespräche mit Lehrern, Eltern

man sich als Lehrender in der Evaluationsrunde

Brüsseler Platz – Köln Im zweiten Projekt war

und Schülern. Heraus gekommen sind dabei viele

zum Abschluss des Semesters kaum wünschen

es vor allem der „Interessenskonflikt“ und die

ungewöhnliche und hoffentlich auch hilfreiche

– auch wenn das vielleicht ein bisschen über-

„Verantwortung für Stadträume“ (wem gehört die

Ideen und Konzeptüberlegungen, die der Schul-

trieben ist. Ich selbst habe aus meinem Studium

Stadt?), die das ungewöhnliche Städtebauprojekt

gemeinschaft dabei helfen können, ihre Zukunft

Städtebauprojekte in Erinnerung, bei denen es vor

begleiteten. Hier galt es, innerhalb kürzester Zeit

zu gestalten.

allem darum ging, brachliegende Freiflächen zu

ein kleines Ausschank-Gebäude zu entwerfen und

überplanen und Konzepte für Stadtentwicklungen

vor Ort gemeinsam zu bauen. In Abstimmung

kann“ gehört natürlich weitaus mehr als wir in

in größerem Maßstab zu entwickeln. Ähnliche

mit den „Kölner Bauherren“ wurde das richtige

diesen drei Aufgabenstellungen in der Lage waren

Erfahrungen brachte wohl auch der oben genann-

Modell dafür gefunden, den Vertretern aus Politik

zu bearbeiten. Ich denke jedoch, dass es allen

te „Wechselstudent“ mit und wurde dann damit

und Anwohnergruppen präsentiert und dann

Beteiligten sehr viel Freude gemacht hat und dass

überrascht, dass es zunächst einmal nicht nur ein

nach einigen kleineren Modifikationen und mit

es sehr aufschlussreich war, sich mit lebendigen

großes, sondern drei kleine Projekte zu bearbeiten

der Unterstützung von Sponsoren und Helfern in

Fragestellungen solcher Art zu beschäftigen. Im

gab. Hintereinander und mit jeweils anderem

„kostenverträglichem Rahmen“ umgesetzt. Heraus

regelmäßigen Austausch und mit gegenseitiger

Schwerpunkt. Immer aber mit Bezug zu einem

gekommen ist die „Lattenbude“. Ein bis über die

Wertschätzung gelingen eben nicht nur kleine

besonderen städtebaulichen Thema.

Grenzen der Stadt hinaus bekannt gewordenes

Stadtbausteine.

Fundort am Rabenlay – Oberkassel Zu Beginn des Semesters mit dem „Fundort am Rabenlay“.

Bauwerk für einen Kölner Sommer. Ganz so, wie bei den großen Projekten.

Zum „Wissen was Städtebau wirklich sein

Herzlichen Dank allen Förderern und Unterstützern dieser Projekte, insbesondere dem

Waldorfschule – Sankt Augustin Mit der

LVR-Landesmuseum Bonn, den Initiatoren der

der Wiederentdeckung und Gestaltung verges-

Umgestaltung und baulichen Ergänzung der

Lattenbude am Brüsseler Platz in Köln und der

sener Orte beschäftigt. Vor allem der direkte

Waldorfschule in Sankt Augustin gab es ein drittes

Freien Waldorfschule in Sankt Augustin! ■

Kontakt zu den Auftraggebern und Initiatoren

Projekt. Themen wie „Einbindung in die Stadt“,

Eine Entwurfswerkstatt, die sich mit dem Thema

46


Lageplan

Auf den Spuren der Oberkasseler Menschen Moritz Kasulke // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester Kunst- und Lehrpfad an der Fundstelle am Rabenlay

M

nur allein mit Hilfe der alten Medien, sondern soll auch interaktiv mit neuen Medien erfasst werden können. So ist es zum Beispiel

it einem traumhaften Blick über das Rheintal lädt die Aus-

denkbar, dass für Jung und Alt eine spannende Wissenschafts-Rallye

sichtsplattform am Gipfel des alten Basaltsteinbruches zum

inszeniert wird, welche via Smartphone die interessanten Fakten des

Verweilen ein. Direkt am wunderschönen Rheinstieg gelegen, gibt der alte Steinbruch seine 14'000 jährige Geschichte preis. Kaum ein

Gebietes vermittelt. Um den momentan verwahrlosten Platz wieder zum Leben zu

Wanderer weiß so wirklich, an welcher geschichtlich bedeutenden

erwecken, sollen Künstler nach dem Vorbild des Kunstpfades am

Stelle er sich gerade befindet.

Neandertal-Museum bei Düsseldorf den Steinbruch am Rabenlay

Die jetzige Gestaltung des Wanderwegs ist eher trostlos und die

noch spannender gestalten. Mit inhaltlich passenden künstlerischen

dazu gehörigen Informationstafeln in die Jahre gekommen. Der

Beiträgen an der Fundstelle und entlang des Felsenweges, kann

Platz der Ausgrabung wird kaum gewürdigt. Ein neues Konzept soll

der Besucher die Geschichte nicht nur informativ erlesen, sondern

dies nun ändern.

auch bildlich und sinnlich erfassen. Auf diese Weise zieht der neue

Entlang des Felsenweges sollen mit für den Steinbruch typi-

Kunst- und Lehrpfad nicht nur Wanderer und Spaziergänger an,

schen grauen Basalt einladende und repräsentative Orte geschaffen

sondern bietet auch Familien einen spannenden Ausflugsort, um

werden, die Besucher zum Verweilen einladen sollen. Neugestaltete

der Geschichte des Oberkasseler Menschen und damit einem Teil

Informationstafeln klären über die Geschichte des Oberkasseler

der eigenen Herkunft dicht auf den Fersen zu sein. ■

Menschen, sowie die Geologie der Region auf. Dies geschieht nicht

47


Lageplan

Fundstelle am Rabenlay Elias Schley Cores // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester Strukturierung der Landschaft durch natur-

Ausdruck zu verbinden. Die Wichtigkeit des Fundortes kann erst

belassene Basaltsteinmauern

dann begriffen werden, wenn man versteht wieso diese Lage schon vor etwa 14'000 Jahren besonders war.

D

er Entwurf zur Gestaltung des Fundortes des Oberkassler Pär-

Im Moment besteht ein Felsweg, der den unteren Bereich an der

chens, versucht der vernachlässigten Landschaft eine sichtbare

Felswand mit dem oberen verbindet und die Besucher auf Tafeln

Struktur zu geben. Auch wenn dieses Gebiet um den Rabenlay ak-

über Geologie und Geschichte informiert. Sowohl die ungefähre

tuell unter Naturschutz steht, macht die Landschaft einen verkomme-

Fundstelle (nähe Windenbunker), auch der aktuelle Platz, der über

nen Eindruck. Aus diesem Grund geht es in diesem Entwurf primär

die Geschichte des Fundes informiert, werden Teil dieses Weges.

nicht darum, wie Informationstafeln angebracht werden können,

Somit hat man nicht nur Blick auf die anmutige Felswand, sondern

sondern wie dieses Gebiet wieder zu einem für Besucher attraktiven

von oben auch einen besonderen Blick über die Rheinebene.

Ort wird. Sowohl das Naturschutzgebiet, der industrielle Eingriff

Die Architektur strukturiert diesen Felsenweg neu, indem

durch den Basaltabbau, als auch der Fundort des Oberkassler Pär-

schlängelnde Basaltmauern den Weg markieren. Diese Mauern sind

chens ergeben eine gemeinsame Geschichte. Der Entwurf reagiert

aber nicht starr, sondern bauen sich an manchen Stellen auf und an

somit nicht nur auf eines dieser Ereignisse, sondern betrachtet ihre

anderen wieder bis auf den Boden ab. An manchen wiederum, wie

Gemeinsamkeit und versucht diese in einem architektonischen

an dem vorhandenen Platz, formt sich die Mauer zur Sitzgelegenheit. Sie werden aus dem am Ort vorhandenen Basalt gebaut, indem die einzelnen Steine übereinander gelegt werden. Es benötigt keine extra Haftung durch Zement oder Mörtel, sondern die Steine werden in ihrer natürlichen Form in einer neuen Ordnung zusammengesetzt. Ein Beispiel hierfür (Foto links) sind die Arbeiten von Andy Goldsworthy. Die Mauern zeigen sinnbildlich die Geschichte dieses Ortes, auf der einen Seite die Naturlandschaft und auf der anderen den kulturellen Eingriff. Ein weiterer landschaftsarchitektonischer Eingriff ist das Pflanzen von Bäumen entlang des Weges. An besonderen Stellen können Eichen oder Buchen gepflanzt werden. Somit verschönert sich die vernachlässigte Landschaft und es entstehen besondere einzelne Orte, die nicht nur für die nächsten Jahrzehnte stehen, sondern

Quelle: Andy Goldsworthy (Foto: www.greenskydesign.com)

48

auch für die nächsten Jahrhunderte. ■


Ideenskizzen

Platzgestaltung

49


Ideenskizzen

leer-gut Hanna Kosche // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester

D

ie ursprünglichen Weihnachtsbuden am

dass auch abends ein interessantes Licht und Far-

Brüssler Platz sollen durch eine vorgestellte

benspiel entsteht und der Pavillon ein Tag - und

Glasfassade aus Altglasflaschen zu einem Pavillon

ein Nachtgesicht erhält. Zwischen den einzelnen

werden. Mit dem neuen Gebäude entsteht ein

Wandabschnitten werden Holzbalken stehen um

Blickfang und Hinweis darauf, dass es sich lohnt,

das Ganze zu befestigen. Es ist möglich, die Wand

das Altglas sinnvoll wiederzuverwerten und etwas

massiv zu mauern, oder aber einzelne Module

ganz anderes daraus zu machen. Die Glaswand

zu entwickeln, die zusammengesetzt werden und

wird von innen mit Baustrahlern beleuchtet, so

somit auch wieder abgebaut werden können. ■

Modellfotos

50


EVA + ADAM Avila Dietrich + Elias Schley // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester

E

ine entspanntere Atmosphäre am Brüsseler Platz in Köln in den Sommernächten und trotzdem einen Mehrwert für den Ort zu

ermöglichen, war Ziel der Aufgabenstellung. Atmosphäre durch verschiedenfarbiges Licht aus einer städtischen Struktur zu schaffen war unser Ansatzpunkt. Ein Häuschen, das am Tag zurückhaltender ist und in der Dunkelheit farbig leuchtend den Ort markiert. Die alten Holzbuden werden so wie sie sind von innen und außen Grundriss

mit komplementären Farben gestaltet. Zur Stärkung der städtischen Wirkung werden ein bzw. zwei einfache Haushüllen aus Folie und Gerüststangen über die bestehenden Buden gestülpt. Der Zwischenraum wird farbig beleuchtet. Die neue Konstruktion bietet mehr Variabilität, zusätzliche Lagerflächen, unkompliziertere Arbeitsabläufe und eine angenehmere Luft im Innenraum, da auf das alte Dach der Buden verzichtet werden kann. Für die Besucher und auch die Bewohner entsteht ein passender Ort, indem das ohnehin vernachlässigte Beet auf dem die Bude ihren Platz hat als Holzpodest umgebaut wird. So kann am Tag für Familien und Anwohner und am Abend für

Modellfoto

alle Besucher des Platzes ein schöner Stadtraum entstehen. ■

51


Modellfotos

die Lattenbude Moritz Kasulke // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester

A

ktion statt Reaktion Dieses Motto möchte ich dem Projekt „Lat-

und Lust am Bauen findet. Durch diese Aktion entsteht eine sehr

tenbude“ voranstellen. Bereits seit einigen Jahren sind aufgrund

ungewöhnliche gemeinsam errichtete Raumskulptur, die es schaffen

steigender Popularität des Brüsseler Platzes die Konflikte zwischen Anwohnern und Gästen vor allem in den Sommermonaten ein

kann, Menschen zusammenzuführen. Die bestehenden ausgedienten Weihnachtsbuden werden mit den

immer wiederkehrendes und nur schwer lösbares Thema. Daran

Latten nestartig eingepackt. Der Ausschank bleibt offen und ge-

wird wohl auch die neu zu gestaltende kleine Gastronomiebude

schützt. Das im Atelier entstandene Modell eignet sich sehr gut als

nicht sehr viel ändern können. Vielleicht gelingt es aber, mit diesem

Entwurfsvorgabe und wird in dreitägiger Bauzeit vor Ort umgesetzt.

Projekt dazu beizutragen, Brücken zu bauen.

Dabei können wir noch auf die örtlichen Bedingungen reagieren,

Das Rezept ist denkbar einfach: Man nehme einige hundert

einen großen Baum mit einbeziehen und die Funktionsabläufe

Dachlatten, viele Schrauben und einen Akkubohrer zur Hand und

optimieren. Bei Einbruch der Dunkelheit wird das neue Haus

schon kann es losgehen. Alle, die mitmachen wollen sind eingela-

eindrucksvoll beleuchtet und wir feiern gemeinsam das Gelingen

den. Groß und Klein, Anwohner, Gäste und vielleicht gibt es ja auch

unseres Bauwerks! ■

den ein oder anderen Skeptiker, der sich schließlich hinzugesellt

52


53


Mensa erweiterung

Lageplan

Ido de baat + Max Wester // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester

D

ie Freie Waldorfschule Sankt Augustin wurde 1991 gegründet und liegt mitten in der Ge-

meinde Hangelar. Die Mensa der Schule hatte Ihre Kapazitäten erreicht und war nicht mehr in der Lage eine noch größerer Anzahl Schüler zu versorgen. Die Lösung eines Problems ist nicht immer, etwas Neues hinzuzufügen, sondern Bestehendes neu zu Denken. Bei unserem Konzept kamen zwei Ideen zusammen. Es sollte der Bestand an den Stellen „aktiviert“ werden, an denen er kaum „aktiv“ genutzt wird. Zum anderen sollte

Grundriss OG

Café

Grundriss EG

Perspektive - Schulgelände

der Entwurf sich an die alten „Trail-Towns“ in Amerika anlehnen, die ebenfalls mit ähnlichen Infrastrukturen umgeben waren. Hierbei lag der Fokus auf dem „Weg-“ und „Ortraum-Prinzip“. Die Mensa sollte nicht am Rand sondern in der Mitte der Schule sein. Weitere ungenutzte Räume wurden neu möbliert und als dezentrale Sitzplätze behandelt. Zusätzlich suchten wir nach neuen, alternativen Räumlichkeiten für die Küche und fanden das Foyer bei der Aula. Bei der Außenfläche hatten wir eine neue Pergola-Konstruktion in die zurückversetzte Hauswand eingebaut und einen neuen Raum geschaffen. Durch in den Boden eingelassene Holzpaneele sollte eine Wegund Ortraum-Trennung erfolgen. Sie schafft es neue Aufenthaltsqualitäten zu etablieren und Verbindungen zu schaffen. ■

54

Schnitt


Schuldorf Hanna Kosche // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester

Isometrie - Schuldorf

E

s soll ein Ort des Lernens entstehen. Ein Dorf der Gemeinschaft,

raten Raum für die Offene Ganztagsschule und eine Dachterrasse

in dem alle voneinander lernen und neue Lernmethoden gelebt,

geschaffen. Die Räume der bisherigen Mensa sind zu klein für die

entwickelt und ausprobiert werden können. Es ist ein Bereich mit

Bedürfnisse der Schule und sollen einen neuen Platz finden. Somit

vielen unterschiedlichen Möglichkeiten des Zusammenlebens und

sind diese Räumlichkeiten frei für neue Nutzungsmöglichkeiten. Es bietet sich an, für die Offene Ganztagsschule, die sich in den

gemeinsamen Lernens. Das Essen soll eine angenehme Pause für die Schüler und

Räumen darüber befindet, eine kleine Werkstatt, eine Leseecke,

Lehrer sein. Eine Auszeit in Gemeinschaft mit einem anderen

eine kleine Küche und im Außenbereich Sitzpätze und um eine

Blick, frischer Luft und am liebsten Sonne sind eine willkommene

Kletterwand zu gestalten. Durch die neu entstandenen Stufen, auf

Abwechslung nach dem Unterricht. Über den Werkstätten können

denen man ebenfalls sitzen kann und wodurch man mehr Licht in

die Dächer ausgebaut, beziehungsweise erweitert und aufgestockt

die unteren Räume bekommt, entsteht eine angenehme Aufenthalts-

werden. Damit wird Raum für Küche, zwei Speiseäume, einen sepa-

möglichkeit für die Pausen und die Offene Ganztagesschule. ■

Ansicht

Schnitt

Grundriss

Isometrie

55


Schullandschaft Avila Dietrich + Elias Schley Cores // BA 4.6 Entwurfslehre Stadtplanung // Prof. Benedikt Stahl + Prof. Willem-Jan Beeren // 6. Semester

M

Stadtplatz zugleich) vor der Schule entsteht, halten wir es für not-

aber auch an Orten die Eltern und Menschen von außerhalb zum

wendig die bisherige Sporthalle abzureißen und auf der gegenüber-

Verweilen einladen. Dem architektonisch sehr introvertierten Schul-

liegenden Seite, an die Stelle des Spielplatzes, ein Gebäude zu bauen,

bau fehlt es an Platz und Grünfläche. Mehr Freifläche könnte dazu

welches eine Doppel-Turnhalle, weitere Klassenräume und einen

beitragen, den geschlossenen Hof zu öffnen und die Orientierung

großzügigen Dach- und Schulgarten beinhaltet.

it der Untersuchung des Bestandes hat sich gezeigt, dass es dem Schulgefüge an kommunikativen Orten für die Schüler fehlt,

Turnhalle Damit eine großzügige Platzsituation (Schul- und

der Einrichtung auch nach außen, zur städtischen Umgebung hin

Bio- und Secondhandladen Im dritten Schritt wird das Feuer-

auszurichten, um so ein Stück Lebendigkeit in der Korrespondenz

wehrhaus mit einbezogen und als Bio- und Second-Hand-Laden

mit dem Umfeld zu gewinnen. Mit unserem Entwurf schlagen wir

umgenutzt. Der Bioladen bietet die Möglichkeit, die Mensa und

ein ganzheitliches Entwicklungskonzept vor, welches in verschiede-

Familien der Umgebung mit Lebensmitteln zu versorgen und ist

nen Abschnitten über mehrere Jahre entstehen kann. Damit fördern

Ort der Begegnung und des Austauschs. Der Second-Hand-Laden

und unterstützen wir den allgemeinen Leitgedanken der Schule:

ist eine gute Möglichkeit die Kleidung der Kinder unkompliziert an

„Für's Leben lernen. Ein Leben lang.“

andere weiterzugeben. Zudem ist es eine gute Einkaufsgelegenheit

Mensa + Verkehr Im Ersten Schritt wird der Bau der Mensa umgesetzt und das Verkehrsproblem gelöst. Hierfür ist ein gläserner Anbau an die bestehende Mensa angedacht, welcher das Licht in

für Familien mit geringem Einkommen. Der Second-Hand-Laden könnte als Elterninitiative zur Förderung der Schule betrieben werden. Schulpark und Werkhäuser Mit dem vierten und letzten

die Mensa lässt, genug Raum für die Schüler und Lehrer beim

Szenarium schlagen wir vor, die anliegende Wohnbebauung der

Mittagessen bietet und sich als Gebäude zur Straße, dem Geschehen

Annastraße schrittweise zu erwerben. Die Häuser werden Teil der

außerhalb der Schule zuwendet. Durch die Erweiterung besteht

Schule und könnten z.B. als Werkstätten und Ateliers der verschie-

auch für Menschen von außen die Möglichkeit dort mittags zu

denen Handwerke und Künste genutzt werden. Der Raum zwischen

essen. Die Straße wird umfunktioniert zu einem „Shared Space“. Ein

der bestehenden Schulbebauung und den neu hinzugekommenen

„gemeinsam genutzter Ort“, an dem sich Verkehrsteilnehmer jeder

Häusern wird als Park gestaltet, um so, in Kombination mit dem

Art gleichberechtigt bewegen können. So ist die Straße nicht mehr

Platz, einen vielfältigen und großzügigen Außenraum entstehen zu

nur Durchfahrt sondern wird auch begehbarer Außenraum.

lassen. ■

56


Perspektive

Lageplan

Innenperspektive - Mensa

Schnitt - Mensa

Lageplan

Gel채ndeschnitt

Grundriss - Mensa

57


Workshop - Teilnehmer

58


Wie Gewohnt Text: Annett Hillebrand // Kooperationsprojekt mit dem BDA Bonn/Rhein-Sieg // Prof. Benedikt Stahl + Prof. dr. Florian Kluge // Frühjahrssemester 2013 Perspektiven für den Wohnungsbau

terfragt. Diese Betreuungs- und Gesprächskultur

Zusammenarbeit mit der Akademie für Interna-

entlang der Bahnstrecke in Bonn

wurde von den Studierenden als sehr inspirierend

tionale Bildung wurden wertvolle Impulse für die

aufgenommen und in die eigene Entwurfsarbeit

Gestaltung des Freiraums und der Stadtstruktur

integriert.

erarbeitet.

I

m Rahmen der BDA Landesveranstaltung „Wohnen“ vom 16.09 – 29.09.13 untersuchten

In einer Art „Marathon Stegreif “, in dem das

Den Abschluss der Veranstaltung krönte die

Studierende des Fachbereichs Architektur der

Skizzieren von Ideen und Visionen im Vorder-

Vernissage zur Ausstellung der studentischen

Alanus Hochschule in Kooperation mit dem

grund stand wurden alternative Möglichkeiten

Arbeiten im Kunstmuseum in Bonn. In der im

BDA Bonn-Rhein-Sieg in einem mehrtägigen

zur Schaffung lebenswerter Urbanität aufgezeigt.

Anschluss stattfindenden Podiumsdiskussion un-

Workshop mögliche Perspektiven für den Woh-

Hierbei wurde nicht nur die besondere Lage an

ter Leitung von Prof. Brigitte Scholz diskutierten

nungsbau entlang der Bahnstrecke in Bonn und

der Bahn berücksichtigt, sondern auch die vor-

Workshopteilnehmer und regionale Vertreter aus

entwickelten dabei vielfältige Nutzungskonzepte

handenen Qualitäten des Plangebiets untersucht,

Politik, Kultur und Wirtschaft die skizzierten Er-

für das westlich der Museumsmeile gelegene

sowie mögliche Verknüpfungen zu dem östlich

gebnisse mit den zahlreich erschienenen Gästen.

Plangebiet in Bonn-Kessenich.

der Bahn gelegenen Stadtgebiet (Museumsmeile)

Als Fazit dieses Stegreif-Projektes bleibt der

durch neue Querungen der Bahnlinie, angedacht.

sehr angeregte und anregende Austausch aller

Unterstützt wurden die Studierenden an zwei

Beteiligten in Erinnerung. Die Lust daran, ge-

Betreut wurden die Studierenden von Professor Benedikt Stahl und Professor Florian Kluge sowie von Architekten des BDA Bonn-Rhein-Sieg. In

Tagen von den amerikanischen Gaststudenten der

meinsam auf der Suche zu sein und neue bewohn-

den gemeinsamen Gesprächen und allabendlich

Penn State University (Fachrichtungen Land-

bare Räume zu entdecken, wurde zum Antrieb

stattfindenden Foren wurde diskutiert, erörtert,

schaftsarchitektur sowie Stadtplanung). In der für

kreativer Entwurfsideen. ■

entworfen und verworfen, entwickelt und hin-

den Fachbereich Architektur schon traditionellen

59


HAUS AUF ZEIT Text: Sonja Tinney // BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // 6. Semester // Frühjahrssemester 2013 EIN TEMPORÄRES STUDENTENWOHNHEIM AUS FRACHTCONTAINERN

I

frühzeitigen Integration in den Entwurfsprozess. In diesem Modul stand deshalb die Vermittlung erster architektonischer, bauphysikalischer und

alle erforderlichen Grundeinrichtungen zum Wohnen auf Zeit für einen Studierenden beherbergt. Per LKW/Bahn/Schiff können diese Grund-

n der Architektur sind längst auch das Klima

gebäudetechnischer Grundlagen im Mittelpunkt,

module wie Container transportiert und mit

und die Ressourcen den Entwurf beeinflussende

um die den Energiebedarf von Gebäuden beein-

deren Fügungstechniken aufgebaut und montiert

Faktoren geworden. Denn wenn diese nicht von

flussenden Faktoren erkennen und beurteilen zu

werden.

Anfang an einbezogen werden und Form und Ty-

können. Im Zuge der Auseinandersetzung mit

pologie mitbestimmen, muss nachträglich im oder

den Themen Ressource Baumaterial, Energie,

liche Kombinationsmöglichkeiten für ein Haus

am Gebäude mit technischen Mitteln kompen-

Material und Hülle, Wärme, Wasser, installierte

zu zeigen und eines auch in Grundrissen und

siert werden. Inzwischen umfasst der technische

Räume, Strom und Luft wurden unter anderem

Schnitten vertiefend zu bearbeiten. Dabei sollten

Ausbau je nach Bauaufgabe bereits 25–50% der

grundsätzliche Fragestellungen der Gewinnung,

Treppen, Rampen oder Stege zur Erschließung,

Herstellungskosten eines Gebäudes und nur durch

Verwendung, Planung, technischer Möglichkeiten

ein Hausanschlussraum und/oder Technikraum

intelligente Entwürfe kann dieser Anteil gering

sowie normative und konstruktive Anforderungen

und zentrale Installationsschächte für die Ver-

gehalten und der Energieverbrauch und CO² –

erläutert.

und Entsorgung eingeplant werden. Das Haus

Ausstoß im Sinne des Klimaschutzes nachhaltig

Um die aus den Vorlesungen gewonnenen

Aus etwa 20 Grundmodulen galt es unterschied-

sollte einfach wieder abgebaut und umgesetzt und

reduziert werden. Umso wichtiger ist es also,

Erkenntnisse besser zu verstehen und deren

die Module dabei einzeln oder in neuer Konfi-

dass Architekten in der Lage sind, die komplexen

praktische Anwendung zu erlernen, wurde die

guration mit wenig Aufwand wieder aufgebaut

Zusammenhänge zwischen äußeren klimatischen

Vorlesungsreihe von einem Kurzentwurf begleitet.

werden und sich so den verschiedenen Orten

Einflüssen, der Bauphysik der Gebäudehülle und

In diesem wurden Schritt für Schritt die einzelnen

anpassen können.

dem Einsatz effizienter Gebäudetechnik zu verste-

Aspekte der Gebäudehülle und des technischen

hen und eigene Vorstellungen zum technischen

Ausbaus umgesetzt.

Ausbau entwickeln zu können. Denn nur das Wis-

Auf der Basis eines 20-Fuß-Containers von etwa

Im Laufe des Semesters wurden von den Studierenden am konkreten Entwurf die Gebäudehülle konstruiert, die Qualität der Bauteile ermittelt, die

sen um das energetische Gebäudeverhalten und

2,45m x 6,10m und einer Höhe von 2,60m sollte

Entwässerung geplant, die Sanitärzelle detailliert

die technischen Möglichkeiten befähigen zu einer

eine minimale Wohneinheit entwickelt werden, die

und die Elektroinstallation vorgesehen. ■

60


STUDENTISCHES WOHNEN

Modellfotos

AVILA DIETRICH + HANNA KOSCHE // BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // Sonja Tinney // 6. Semester

A

uf der Basis eines Containers wurden zwei unterschiedliche minimale Wohneinheiten

mit flexiblen Nutzungsmöglichkeiten entwickelt, die sich paarweise auf vier Geschossen um einen offenen Treppenaufgang gruppieren. Auf engstem Raum beinhalten die Wohnmodule alle erforderlichen Bereiche zum Wohnen und Arbeiten: Neben einem kleinen Duschbad und einer Kochgelegenheit mit verschiebbarem Essplatz, lässt sich am Die gesamte Leitungsführung der

Abend beispielsweise der Schreibtisch nach oben

Elektroinstallation kann in der dafür

klappen und gibt einen großzügigen Schlafbereich

vorgesehenen Installationsebene der

frei.

Außenwände geführt werden. Neben der

Um die Containerstruktur außen ablesbar und

einfachen Installation, wird so auch der

die Module demontierbar zu erhalten, wurde für

Schutz der dahinterliegenden Dampfbrem-

die Außenbauteile Decke, Wand und Boden eine

se sichergestellt.

innenliegende Dämmung gewählt. ■

61


Perspektive

STUDENtEnWohnheim FRAUKE ALBRIG ZAHL // Modul BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // Sonja Tinney // 6. Semester Innenperspektive - Arbeitsplatz

D

ie Wohntürme bestehen aus minimalen

Wandaufbau

Wohneinheiten auf der Basis eines Containers

und werden über eine gemeinsame Treppenanlage und offene Plattformen erschlossen. Um den geringen Raum des Containers optimal auszunutzen, besteht die Ausstattung des Moduls aus beweglichen Rahmen, die mit Hilfe eines Schienensystems an der Decke ineinander geschoben werden können. So werden je nach Bedarf ein Ess- oder Arbeitsplatz, ein Schlafplatz oder ein Schrank bereitgestellt. Lediglich der hochinstallierte Sanitär- und Küchenbereich sind als feststehende Raumzelle vorgesehen. Die Container sind mit einer minimalen Dämmung auf der Innenseite ausgestattet und können bei Bedarf vor Ort zusätzlich von außen gedämmt werden. ■

Eine minimale Hinterlüftung der Containerhülle wirkt möglichen Feuchteschäden der Konstruktion entgegen. Zudem sorgt die innenliegende Hanfdämmung für eine gute FeuchtigkeitsregulieModul - Grundriss

62

rung, ein angenehmes Raumklima sowie eine hohe Schalldämmung.


STUDENtEnWohnheim ELIAS SCHLEY + MORITZ KASULKE // Modul BA 3.3 Technischer Ausbau und energieeffizientes Bauen // Sonja Tinney // 6. Semester

U

m eine offene, zentrale Wendeltreppe gruppieren sich zwei unterschiedliche Wohn-

modultypen in den Obergeschossen. In den Containern des Erdgeschosses sind neben dem Hausanschlussraum und Technikflächen, vor allem ausreichend Abstellmöglichkeiten für die minimierten Wohneinheiten vorgesehen. Die aufwendigen Einschnitte in den Containern für Öffnungen wurden auf ein Minimum reduziert und die tragende Struktur des Containers dadurch kaum beeinträchtigt. So sorgen vor allem eine Verglasung der Stirnseite und zusätzliche runde Fensteröffnungen für die notwendige Belichtung. Die Container sind mit einer innenliegenden Dämmung ausgestattet und ermöglichen so den einfachen Auf- und Abbau der Module mit den

Ansicht

Schnitt

Modellfoto

Grundriss

standardisierten Containerverbindungstechniken. ■

Modellfoto - Innenraum

Für die Gebäudeentwässerung sind die Fallleitungen in die innenliegenden Gebäudeecken verlegt worden. Neben dem geringeren Materialeinsatz und der einfacheren Leitungsführung, ermöglicht dies vor allem einen besseren Zugang für die Wartung.

63


Wie wäre ein Leben in Freiheit? Bachelorarbeit Florian Komescher // Bachelorarbeit // Prof. Swen Geiss + Prof. Nikolaus von Kaisenberg // 8. Semester // FrühjahrsSemester 2013

A

uf insgesamt 55 Hektar Land am unteren Niederrhein liegt eine Siedlung. Hier lebt eine Gemeinschaft, die selbstverantwortlich

fähig ist, ihr Leben zu organisieren und bereit ist dieses genügsam zu führen. Ihre Mitglieder messen ein erfülltes Leben an der Möglichkeit, es mit Menschen zu teilen, die sich für dasselbe Ideal begeistern und für dieses gemeinsam arbeiten wollen. Dies ist ihre Vorstellung von einem Leben in Freiheit. Freiheit ist für sie ein bestimmter idealer Zustand, ihrem Willen entsprechend handeln zu können, frei von Unterdrückung. Ihre Freiheit ist es, für dieses Ziel eine Gemeinschaft zu gründen.

» Des Menschen Wille, das ist sein Glück. « Friedrich Schiller

Die 150 Siedler haben sich organisiert. Sie sind durch ihren Zusammenschluss in der Lage, eine Aufgabenteilung vorzunehmen. Alle Mitglieder sind ihren Qualitäten und Qualifikationen entsprechend in gebildeten Arbeitsgemeinschaften organisiert, welche bis zur Erfüllung der notwendigen Aufgaben bestehen, die das Leben mit sich bringt. So ergeben sich beispielsweise Arbeitsgemeinschaften für Landwirtschaft, Bau, Energieversorgung, Maschinenbau und andere, in denen zusammen gearbeitet wird. Zugegeben, dieser Ort wurde noch nicht geschaffen. Es liegt jedoch ein Entwurf für diesen vor. Er ist das Ergebnis der Bachelorarbeit „Freies Siedlungssystem – vom Gehalt zur Gestalt“ mit dessen Hilfe es möglich sein soll, eine solche Siedlung zu entwickeln. Am Beispiel von Fridorf hat das erarbeitete Siedlungssystem eine erste Planung erfahren; sie spiegelt den gewählten Ethos sowie den ästhetischen Willen des Formgebers als auch die ortsspezifische Problematik in seiner Gestalt wider.

64

Organigramm zum Siedlungsaufbau


» 150 ist die Anzahl an Menschen, mit denen eine Person eine auf Vertrauen und Verpflichtungen basierende Beziehung führen kann. « Prof. Robin Dunbar Institute of Cognitive and Evolutionary Anthropology University of Oxford

Im Verlauf der Bachelorarbeit wurde in acht unterschiedlichen Kapiteln ein System erarbeitet, das so beschaffen ist, dass es (ganz wie das Leben selbst) fähig ist, sich an verschiedenste Kontexte anzupassen. Diese Eigenschaft ist notwendig, da der Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie sowie das Vorkommen von Ressourcen je nach Ort variiert. Neben umfangreichen Voruntersuchungen der Teilgebiete von Gesellschaft, Ökologie und Ökonomie konnte eine Sozialraumanalyse in der intentionalen Gemeinschaft Schloss Tempelhof vorgenommen werden. In interdisziplinärer Kooperation konnte zudem aus wirtschaftlicher Perspektive eine ergänzende, umfangreiche Thesis über theoretische Ansätze für die Organisation innerhalb einer Siedlung wie Fridorf aufgestellt werden. Weiterhin konnte der Schlüsselbegriff der Suffizienz identifiziert, untersucht und den Planungsarbeiten zugrunde gelegt werden. Das Ergebnis dieser Arbeit ist das freie Siedlungssystem in Form eines Modells für die Siedlung Fridorf. Der Gehalt, aus dem die Gestalt entspringt, ist der entscheidende Punkt. Er stellt die Aufgabe, bildet die Gemeinschaft und durch ihn begründet sich infolge das Leben. Bevor man sich entscheidet, ein Leben in Gemeinschaft zu führen, muss sich jeder Mensch über seinen persönlichen Maßstab, der seinen Willen bestimmt, Klarheit verschaffen und diesen benennen. Dies spiegelt wohl eine der ältesten Fragen der Menschheit wider: Welchen Sinn hat mein Leben? Das Vorhaben, ein freies Leben mit diesem Siedlungssystem zu ermöglichen, hat begonnen. Es wird sich zeigen müssen, ob sich die Idee durch entschlossene Menschen verwirklicht. Gefordert sind die Bereitschaft und der Wille, einen neuen Weg zu gehen. Denn was bleibt, ist die Idee der Freiheit. ■

Modellfoto

65


Aula – Carl-humann-Gymnasium, essen-steele Bachelorarbeit Dominique BUchmaier // Bachelorarbeit // Prof. benedikt Stahl + Prof. swen geiss // 8. Semester

A

nlass Die Schuldirektorin des Carl-HumannGymnasiums in Essen-Steele wünscht sich

für ihre Schüler eine Aula. Die Schule verfügt momentan über keine Aula, beziehungsweise über einen Raum in entsprechender Größe. Die Aula wird für Konzerte, Theateraufführungen, Verlei-

Carl-Humann-Gymnasium 1904

Carl-Humann-Gymnasium 2013

hung der Zeugnisse sowie Ansprachen jeglicher Art benötigt. Aufgabe Der Bedarf einer Aula für das CarlHumann-Gymnasium ist offensichtlich. Einhergehend mit der Planung einer Aula, wird der Bestand umstrukturiert. In diesem Zuge werden verschiedene Möglichkeiten des baulichen Entwurfs und der baulichen Veränderungen entwickelt und geprüft. Die Aula sollte funktional, technisch und baukünstlerisch überzeugen, besonders im Zusammenspiel mit dem denkmalgeschützten Hauptteil und dem Anbau aus den 60er Jahren. Im Hinblick auf die zukünftige Nutzung soll eine Identifikation mit dem Gebäude und dem neu geschaffenen Ensemble entstehen.

66

Historisches Eingangsportal

Denkmalgeschützter Schulbau + Anbau aus den 60er Jahren


Essen-Steele Essen-Steele ist seit 1578 eine Stadt im Ruhrgebiet. Seit 1929 ist Steele ein Stadtteil im Osten von Essen. Im Süden grenzt Steele an die Ruhr. In den späten 60er, frühen 70er Jahren wurde in Steele eine der größten Umstrukturierungsmaßnahmen der Bundesrepublik Deutschland vollzogen. Das Carl-Humann-Gymnasium liegt westlich des Ortszentrums und geht auf die Gründung einer Lateinschule durch Vikar Leo Hertiger um das Jahr 1700 zurück. Im Jahr 1904 bezogen die Schüler das neu geplante Gymnasium von Architekt Otto Müller. In den 60er Jahren wurden der Flügel mit der Direktorenwohnung und die Turnhalle für die Erweiterung der Schule abgerissen. Das Carl-Humann-Gymnasium ist ein achtjähriges Gymnasium mit 900 Schülern und 70 Lehrern. Die Klassen fünf und sechs sind in einem eigenen Gebäude untergebracht, die weiteren Klassen werden im Hauptgebäude am Laurentiusweg unterrichtet.

Stadtteil Essen-Steele mit den zwei Standorten des Gymnasiums

Luftbild des Carl-Humann-Gymnasiums

Schulversammlung

Vorträge

Proben

Feste

Konzerte

Herz der Schule

Ausstellungen

Theateraufführungen

Verleihung der Abiturzeugnisse

Ort der Begegnung Eine Aula kann Mittelpunkt

Verbindung Das besondere Potenzial einer Aula stellt die mögliche

des Austauschs werden, an dem sich die ganze

Verschränkung von Öffentlichkeit und Unterrichtsbetrieb dar.

Schulgemeinde versammelt. Dieser Ort muss ganz

Die Schule kann als Teil einer Bildungslandschaft ihre räumlichen

unterschiedlichen Nutzergruppen, Veranstal-

Ressourcen in Teilen für das kommunale Umfeld öffnen. Zwischen

tungstypen und Anforderungen gerecht werden.

schulischen und außerschulischen Bildungsorten kann eine institu-

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den folgenden

tionalisierte Verbindung entstehen, wodurch eine zusätzliche Ein-

Punkten: Licht, Akkustik, Lager, Erschließung,

nahmequelle und die Einbindung der Schule in die Nachbarschaft

Bühne, Bestuhlung, Brandschutz, Fluchtwege,

entsteht. Dieser kulturelle und soziale Ort hat die Möglichkeit zu

Belüftung, Material, Verbindung zum Bestand.

einem integralen Teil der Stadt heranzuwachsen.

67


40,31 21,40 40 2,31

2,34

16

40 40 2,26

34

2,34

20,62 13,03

2,99

40 40

18,49 15,80

42

40 2,28 40

40

40

40

9

3,615

11,5

2 9,20

28,8

10,00

9,20

24 4,60 24 2,75 24

40

40

2,76

20,765

24 6,13

1,25

1,25 1,25

40 8

40

10,9

23

4,61

2,48

24

16,355

80

58,

2,24 40 4,30

8,78

6

6,0

1,20

60

3

2,56

24

11,2 0

0

3,0

6,9

00

30,

24

40

2,55

22

24 40

8

10,9

9

8

1,25

Grundriss EG

4,73

10,5

2,55

2,12

2,40

10,5

40 40

40 1,25

Grundriss OG

Ansicht Nord

Schnitt A-A

Ansicht S端d

Schnitt B-B

68


Turnhalle

aße Hertigerstr

Graffweg

Hain Aula rm

ntu

oh -, W

ul

Sch

Schulhof

Schulpark

Schulanbau

schütztes Denkmalge de Schulgebäu

Laurentiusweg

Lageplan

Bestand Die bestehenden Gebäude des Gymnasi-

und das benachbarte Grundstück erschlossen

ums formen ein U, das sich aus einem denkmalge-

werden. Das Nachbargrundstück liegt eine Ge-

schützen Bau, einem Erweiterungsanbau aus den

schossebene höher als das Schulhofniveau, wo ein

60er Jahren und einer Sporthalle zusammensetzt.

Platanendach die Verbindung zwischen den zwei

Die Schule hat das westliche Nachbargrundstück,

neu geplanten Gebäuden darstellt. Das rechteckige

das einen schönen Baumbestand aufweist, als

Gebäude, welches sich parallel zur Straße stellt, ist

zusätzlichen Schulhof gepachtet.

sieben Geschosse hoch. Diese außergewöhnliche

Entwurf Der zweite Standort des Gymnasiums

Geschossigkeit in einem Wohngebiet beruht auf

wird in diesem Entwurf aufgegeben, da ein Ort

dem bestehenden Bebauungsplan, der eine Acht-

der Identifikation für Schüler und Lehrer geschaf-

geschossigkeit auf diesem Grundstück aufweisst.

fen werden soll. Der bestehende Schulhof hatte

In diesem Turm befinden sich in den unteren vier

durch die offene Seite im Norden keinen Hofcha-

Geschossen acht Klassenräume und in den oberen

rakter. Mit dem Aulagebäude wird der Schulhof

Geschossen Wohnungen um einerseits an das

nördlich zur Straße hin geschlossen, wobei das

alte Bild der Direktorenwohnungen an Schulen

Gebäude im Bereich der Zuwegung aufgeständert

anzuknüpfen und andererseits um eine mögliche

ist und durch Hängematten bespielt wird. Im EG

Finanzierungstrategie aufzuzeigen.

befindet sich eine Mensa mit Café, von wo aus über Treppen das OG mit der Empore, die Aula

Die Arbeit wurde mit dem BDA Masters 2013 ausgezeichnet. ■

69


70


Master Projekte


Gemeinschaftlich Wohnen Text: Prof. Brigitte Scholz // MA 2.1 Gemeinschaftlich Wohnen // Herbstsemester 2013/14

G

emeinschaftlich Wohnen ist kein neues Phä-

Berlin-Oranienburg, in der Natur Heilung finden auf dem „Monte

nomen, aber eines, das sich ständig wandelt.

Verita“ oder eine Küche für alle als politisches Manifest zur Be-

Deshalb wollten wir in diesem Seminar genau

freiung der Frau von der Hausarbeit. Und diese Polarität zwischen

hinschauen: auf die Wurzeln des gemeinschaftli-

pragmatischen und Sehnsuchtsprojekten setzt sich bis heute fort:

chen Wohnens, auf die Rolle(n) der Architekten

Hier der Wunsch, preiswert gemeinsam Eigentum zu bilden, dort

und auf die Unterstützung durch die Kommunen,

der Wunsch nach einer autofreien Siedlung oder dem gemeinsamen

in denen diese Projekte realisiert werden; und

Leben von jung und alt.

natürlich auch auf die Architektur selbst. Zwei

Und so unterschiedlich wie die Motive sind auch die Rechtsfor-

Hausbesuche in Köln und Bonn gaben uns einen

men der Gemeinschaft. In Köln-Sülz haben wir das Modell einer

lebendigen Einblick in realisierte Projekte, und

Baugruppe kennengelernt, die als GbR geplant und gebaut hat und

bei dem Verein „Neues Wohnen im Alter“ in Köln

heute als Wohnungseigentümergemeinschaft lebt. Die Wahlver-

und der Kontaktstelle „Innovative Wohnformen“

wandschaften in Bonn haben sich als Verein organisiert und mit

der Stadt Bonn konnten wir die unterschiedlichen

einem Investor gebaut, bei dem sie heute in Eigentum und als

Aufgaben der Beratungsstellen kennenlernen. Ei-

Mieter leben. Das Modell der Genossenschaft findet sich im Projekt

nen anderen Blick hinter die Kulissen ermöglichte

Amaryllis bei Bonn. Die Rechtsform ist ein Bild der Gemeinschaft,

uns Pieter van der Ree, der gemeinschaftliche

ebenso wie das Gebäude selbst und hat – wie das Gebäude – Rück-

Wohnprojekte nicht nur geplant hat, sondern

wirkungen auf das Leben in der Gemeinschaft.

heute auch in einem lebt.

Für Architekten ist eine Baugruppe eine besondere Herausforde-

In der Geschichte finden sich verschiedene

rung: Nicht nur ein Bauherr mit seinen individuellen Ansprüchen,

Linien als Vorläufer der heutigen Projekte. Eine

sondern viele Bauherren mit unterschiedlichsten Vorstellungen

über hundertjährige Tradition hat das genossen-

wollen ihr persönliches „Paradies auf Erden“ realisieren und müssen

schaftliche Bauen. Hier löst sich das Gegenüber

unter ein Dach gebracht werden. Ist das Projektprofil definiert und

von Vermieter und Mieter auf: Die Mieter sind

hat sich eine Kerngruppe gefunden, muss auch noch das Grund-

dank ihrer Genossenschaftsanteile quasi ihr

stück zu den Vorstellungen und zum Geldbeutel passen. Neben

eigener Vermieter und können Wohnraum schnell

dem klassischen planenden und bauenden Architekten bedarf es

und günstig erstellen. Auch Utopien sind Treiber

eines Rechtsberaters, der sich in den juristischen Feinheiten der

gemeinschaftlicher Projekte: vegetarisch wirt-

Trägermodelle auskennt und einen Finanzberater, der individu-

schaften und leben in der Obstbaukolonie Eden in

ell die Finanzierungsmöglichkeiten prüft. Und es wird jemand

DER TÜBINGER WEG: STADTENTWICKLUNG VON UNTEN Baugemeinschaften als integraler Teil der Stadtentwicklung, ausgewählte Fallbeispiele aus dem Französischen Viertel (gestern), Mühlenviertel (heute) und Der Weberei (morgen) Dominique Buchmaier | MA 2.1 Grundlagen der Projektentwicklung | Prof. Brigitte Scholz

STRUKTURMODELL: WIE UNTERSTÜTZT DIE STADT BAUGEMEINSCHAFTEN?

kauft + entwickelt

PRIVATE GRUNDSTÜCKSENTWICKLER

POLITIK

FLÄCHEN + GEWERBE BRACHEN

3o % an BG Verhandlung

BAUGEMEIN SCHAFTEN

STADT TÜBINGEN

kauft + entwickelt

STADT / WIT PROJEKTENT WICKLUNG

führt Liste + informiert bei Entwicklung

Integration von Baugruppen

FLÄCHEN + GEWERBE BRACHEN

organisiert

BAUGRUPPEN INTERESSENTEN

STADTHAUS BÖRSE

BG 1 BG 2 BG 3

6 Monate Findungszeit

BG 1 BG 2 BG 3

Kauf zu Fixpreis

KAUF GRUNDSTÜCK €€€

Komission entscheidet nach Konzept

Praxis in Tübingen: Die Stadt spielt die Schüsselrolle in der Unterstützung von Baugemeinschaften (Grafik: Dominique Buchmaier).

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Hausbesuch I bei den „Baufreunden“ auf dem ehemaligen Kinderheimgelände in Köln-Sülz, ausgezeichnet mit dem Landespreis für Architektur, Wohnungs- und Städtebau NRW 2012 (Architekten: office03, Köln).

benötigt, der die Wünsche der Gruppe moderiert

einen Baugemeinschafts-Boom erfahren hat, setzt man auf unab-

und zusammenführt – den Prozessarchitekten.

hängige Plattformen wie die „Experimentdays“ des id22 und weitere

Und weil dieser interne Abstimmungsprozess

Beratungsangebote außerhalb der Senatsverwaltung.

dauert, braucht es wiederum eine Option auf das

Schön und gut, überall anders, aber wie könnte ein Idealmodell

Grundstück, damit es auf umkämpften Immo-

zur Unterstützung von Baugemeinschaften aussehen? Im Semi-

bilienmärkten nicht von einem finanzkräftigen

nar gab es Skepsis gegenüber staatlich dominierten Modellen à la

Investor weggeschnappt wird.

Hamburg oder Tübingen. Besser wäre eine unabhängige Stiftung,

Spätestens hier kommen wir zu der Frage, wie

die stabil und neutral für die Interessen der Baugemeinschaften

Städte Baugemeinschaften – und damit ist das

eintritt und trotzdem eng an die Stadt angebunden ist, die über

gesamte Spektrum des gemeinschaftlichen Bauens

Liegenschaften und Planungsrecht wichtige Zügel in der Hand hält.

gemeint – unterstützen können. Die Studieren-

Vielleicht entspricht dies auch dem Wunsch nach einer aktiven

den untersuchten die Praxis in Berlin, Hamburg,

Bürgergesellschaft, die Unterstützung von oben erhält und doch ihr

München, Tübingen und Düsseldorf sowie die

eigener Herr bleibt.

Unterstützung durch das Land Nordrhein-West-

Und mit diesen Überlegungen im Gepäck geht es nun weiter im

falen. Bei der Grundstücksfrage hat Tübingen,

Thema „Gemeinschaftlich Wohnen“. In zwei Projektarbeiten sollen

ein Pionier der Baugruppen, strikte Regeln: Bei

für das Clouthgelände in Köln und die Neue Mitte Altona konkrete

städtischen Grundstücken gibt es Fixpreise für

Konzepte und Entwürfe entstehen. Mehr darüber im nächsten mag. ■

Baugemeinschaften, private Entwickler müssen 30 % der Bauflächen an Baugruppen vergeben (zum Vergleich: in Hamburg 20 %, in Köln kein festes Kontingent). Unterstützung finden Baugemeinschaften in Tübingen in der Projektentwicklungsabteilung im Stadtplanungsamt, die berät, eine Liste für Interessenten führt und die „Stadthausbörse“ für Baugruppen organisiert. Eine vergleichbare Kontakt- und Beratungsstelle hat die Stadt Hamburg 2003 mit der „Agentur für Baugemeinschaften“ in der Behörde für Stadtentwicklung und Umweltschutz gegründet. Darüber hinaus gibt es die Lawaetz-Stiftung und Statt-Bau GmbH, die für Baugemeinschaften aktiv sind sowie ein eigenes Förderprogramm zur Schaffung von genossenschaftlichem Eigentum. In Berlin wiederum, das seit der politischen Wende quasi

Hausbesuch II bei den Wahlverwandtschaften in Bonn: Ulla

Das Idealmodell für die Unterstützung von Baugemeinschaften

Sterzenbach und Gisa Kupferschmidt geben uns einen Einblick in

im Prozess.

ihre Vereinsarbeit – und später auch in ihre Wohnungen.

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Gründerzeit 2.0 – Problemimmobilien befragen, bewerten... und dokumentieren Text: Prof. Swen Geiss // MA 4.1 Architektur I // Prof. Swen Geiss // 1. Semester // Herbstsemester 2013

K

ontext Verschiedene gründerzeitliche Altbauquartiere in Wuppertal sind seit mehreren Jahren Gegenstand öffentlicher Förderprogramme (u.a. Stadtumbau

West, Soziale Stadt) und zugleich Ort vielfältiger, privater und bürgerschaftlicher Initiativen. In diesem Umfeld wurden mehrere Sanierungsgebiete ausgewiesen und darin zahlreiche Projekte zur Freiraumaufwertung, zur Hof- und Fassadenerneuerung, zum Leerstands-Management, zur Energieberatung sowie zur Bewohner-Aktivierung realisiert. Trotzdem kommt es in der vergleichsweise kleinteiligen, heterogenen Eigentumsstruktur eher selten zu substantiellen (baulichen) Investitionen. In diesem Kontext finden sich auch sogenannte „Problem-Immobilien“, d.h. Gebäude, die leer stehen und verwahrlosen. Zum Ende Ihrer Nutzungszeit weisen diese Immobilien häufig einen „negativen“ Wert mehr auf, d.h. die Abrisskosten übersteigen den Bodenwert. Projektentwickler als auch Wohnungsbaugesellschaften nehmen sich dieser kleinen Grundstücke nicht an, für private Bauherren erscheinen die damit verbunden Risiken oft nicht einschätzbar. Aufgabe + Methodik Das Modul MA 4.1 Gründerzeit 2.0 richtete den Blick auf kleinere und mittlere „Problemimmobilien“ (< 600m² NF) und zielte darauf ab, die Entwicklungspotentiale der Standorte aufzuzeigen. Dazu wurden insgesamt 14 Standorte an Hand einer gemeinsam entwickelten Systematik analysiert und dokumentiert. Aufbauend auf den darin erkennbaren Rahmenbedingungen, Einschränkungen und Begabungen der 14 Standorte erarbeiteten die Teilnehmer alternative Entwicklungsszenarien. Die im Seminar entwickelte Systematik erlaubt einen präziseren Blick auf das Phänomen „gründerzeitlicher Problemimmobilien“, andererseits einen vergleichenden Blick auf die einzelnen Standorte. In Ergänzung mit den freien, aus Standort / Kontext abgeleiteten Entwicklungsszenarien ergeben sich vorläufig folgende Erkenntnisse / Kernaussagen des Projekts inhaltlich-strategisch • Die betrachteten Standorte verfügen über unterschiedlichen „Begabungen“. Diese sind i.d.R. eine Mischung aus hard facts (z.B. Baurecht / (Micro-)Lage) und soft facts (z.B. Atmosphäre, Nachbarschaft) • Entwicklungsszenarien sollten diese unterschiedlichen „Begabungen“ nutzen. • Häufig erscheinen Straße / Nachbarschaft als der anzustrebende Projektentwicklungsraum. • Problemimmobilien könnten Projektionsfläche für neue Nutzungen in der Stadt sein, (fehlende Wohnungsangebote / nachbarschaftliche Einrichtungen / Projekte der Energiewende / Organisation des ruhenden Verkehrs) • Spezifische neue Nutzungen und deren bauliche Umsetzung können den Kontext anreichern / differenzieren. methodisch-planerisch • Eine Betrachtung über die einzelne Parzelle/ Grundstück hinaus erscheint dringend erforderlich. • Wechselwirkungen von Kontext und Projektentwicklung sind zu reflektieren und zu kultivieren. • Entwicklungsszenarien sind „ergebnisoffen“ zu erarbeiten und ggf. an mehreren Standorten zu prüfen. Sie sollten folgende Aspekte / Teilleistungen beinhalten: Beschreibung potentieller Nutzer(gruppen), Skizze einer „baulichen“ Lösung, Assoziationsbild / „Image“ des Szenarios, wirtschaftliche Abwägungen, Ansätze eines Träger- + Betreibermodells • Projektentwicklungen sind am Mehrwert für die Nachbarschaft zu messen / zu beurteilen ■

74


75


76


kistenweise Text: Prof. Dr. Florian Kluge // ma 3.1 Projektstudium und Forschungsforum // Frühjahrssemester 2013 eine künstlerische Intervention im

zwischen historischer Bausubstanz der Innenstadt

gen und alle Phasen aktiv gestalten. Dies umfasste

öffentlichen Raum

und dem ungewohnten Baumaterial. Zunächst

nicht nur die eigenständige Entwicklung der Ent-

ergriffen die Kisten teppichartig Besitz vom Platz

würfe, sondern auch die Auswahl im Juryverfah-

16 Studierende und 2 Professoren des Fachbe-

und veränderten dadurch Wege, weckten Auf-

ren, die Genehmigungsphase, die detaillierte Pla-

reichs Architektur haben vom 23. bis 25. Mai mit

merksamkeit und ließen ein neues Raumgefüge

nung, die Realisierung, die Nutzung bis hin zum

Hilfe von 1.500 Bierkisten und 40.000 Kabelbin-

entstehen. In der Folge kumulierten die Kisten in

gemeinsamen Rückbau des Kubus. Damit wurden

dern auf dem Paderborner Franz-Stock-Platz eine

der Platzmitte und ließen die Skulptur langsam in

die zentralen Inhalte des Masterstudiengangs

dynamische, begehbare Skulptur entstehen lassen.

die Höhe wachsen. Zum Ende verdichtete sich die

Prozessarchitektur aufgegriffen, in dessen Fokus

Skulptur zu einem begehbaren, schwarzen Kubus,

die Themen des gesellschaftlichen, ökonomischen

Professor für Projektmanagement und Willem-Jan

dessen Architektur die Paderborner Bürger dazu

und ökologischen Wandels und die damit verbun-

Beeren, Professor für Architektur und Kunst im

einlud, sich mit ihm und seiner gebauten Umge-

denen (planerischen) Herausforderungen stehen.

Dialog entwickelten Studenten des Fachbereichs

bung auseinanderzusetzen.

Schwerpunkte des Studiums sind die Lehrgebiete

Unter der Leitung von Dr. Florian Kluge,

Architektur der Alanus Hochschule Ideen, die

Dank des immensen Einsatzes der Studieren-

gemeinschaftsorientierte Projektentwicklung,

das Thema Baukultur aufgriffen und baulich

den wurde die Aktion trotz des widrigen Wetters

Projektmanagement sowie ressourcenoptimierte

umsetzten. Im Wettbewerbsverfahren ausgewählt,

ein großer Erfolg. Es entstand nicht nur ein ein-

Architektur und Stadtplanung.

durchgearbeitet und schließlich realisiert wurde

drucksvolles Objekt, sondern es gelang auch, den

das Konzept der Studentin Christine Lang.

Dialog mit vielen Bürgern zu eröffnen. Obwohl

tiert und dokumentiert sowie vom WDR-Fernse-

Die Aktion wurde intensiv in der Presse disku-

Vor Ort zu beobachten war ein dynamischer

die Aktion abseits der stark frequentierten Berei-

hen begleitet. Sie wurde durchgeführt im Auftrag

Bauprozess, in dessen Verlauf 1.500 Bierkisten

che der Fußgängerzone realisiert werden musste,

der Stadt Paderborn im Rahmen des Projektes

über mehrere Etappen zu einem 4,50 m hohen

fanden zahlreiche Paderborner den Weg zum

„Baukultur in der Praxis“, gefördert durch das

schwarzen Kubus geformt wurden, der nachts

Franz-Stock-Platz und ließen sich das Werk und

Programm „Experimenteller Wohnungs- und

sogar illuminiert war.

seinen Bezug zum Thema Baukultur erläutern.

Städtebau (ExWoSt) des Bundesinstituts für Bau-,

Die künstlerische Intervention entstand in drei Phasen und thematisierte geschickt den Kontrast

Auch die Studierenden waren begeistert: Sie konnten das Projekt von der ersten Idee an verfol-

Stadt- und Raumforschung (BBSR) sowie mit Unterstützung der Paderborner Brauerei. ■

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Weggestaltung als Werkgestaltung Matthias Killge // Masterthesis // Prof. Nikolaus von Kaisenberg + Prof. HanNsjörg Ahrens

D

ie Masterthesis „Weggestaltung als Werkgestaltung“ befasst sich

Wahrnehmungen und Ideen bzw. Begriffe in Bezug auf Schönheit in

mit den Zusammenhängen von: Bauherren-Projektentwicklung

der Architektur vorhanden sind. Sehr wohl gibt es Begriffe und Ide-

(I. Hierarchieebene), Architektur, Städtebau und Baudurchfüh-

en für das Thema der Projektentwicklung, das Projektmanagement

rung (II. Hierarchieebene), den Anforderungen der Nutzung, den

und den rechtlichen Rahmenbedingungen, für Immobilienökono-

Bedürfnissen (III. Hierarchieebene) welche im Projektteam mit der

mie und Nutzerbedarfsanforderungen, für Ressourcenoptimierung,

Projektsteuerung (IV.) zum „Wesen eines Projektes” (V.) gebildet

jedoch muss man sich die Wahrnehmungen und Ideen, die einem

und geformt werden durch die Beteiligten im „sozialen Projektorga-

in dem Unbekannten der neuen Formen eines künstlerischen

nismus”. Es werden dabei die Wege beobachtet, auf denen ein Werk

Architekturentwurfs entgegentreten erst erlebbar machen. Ohne

entsteht durch die „Prozesse zwischen den Projektbeteiligten”, in

Wahrnehmung und Idee, welche im Erkenntnisprozess über den

den „Form-Bildeprozessen” der Architektur und in den „Erkennt-

Form-Bildungs-Prozess erarbeitet werden, haben Bauherren, Nutzer

nisprozessen” der individuellen Persönlichkeiten.

und Architekten, die einem „fertigen” Werk gegenüberstehen, ei-

Prolog: Rathaus PlaueN Im Ausgangspunkt wird am Beispiel eines

gentlich keine ausreichenden Grundlagen der Erfahrung, auf der sie

Wettbewerbs für den Neubau des Rathauses in Plauen gezeigt,

entscheiden können und sie wissen dann auch nicht, wofür sie sich

wie sich Bauherren und die Nutzer heute für eine Architektur mit

entscheiden wollen, wenn es um das Schöne in der Architektur geht.

ästhetischem „Null–Charakter” entscheiden weil eigentlich keine

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Erkenntnistheoretische Grundlagen Auf der

werden Ideen wie Wahrnehmungen beobach-

• Triebfedern – im Projekt, sind Anforderungen

Grundlage der Erfahrung, durch Beobachtung

tet. Ich beobachte, wie mein Denken erlebt an,

und Bedürfnisse, welche ein dauerhaftes Ziel einer

und Denken und in der Beobachtung des Den-

zwischen und im Wesen der Idee. Ich habe einen

Handlung bestimmen. Im tatsächlichen Bedarf

kens gewinnt das tätige Selbst-Bewusstsein der

festen Standpunkt gewonnen in der Beobachtung

der Nutzung (im Nutzerbedarfsprogramm, den

individuellen Persönlichkeit seine Erkenntnisse.

des Denkens, weil ich es bin, der die denkende

rechtlichen Anforderungen, Herausforderungen

Die Wahrnehmungen treten durch die Beobach-

Tätigkeit erst selbst hervorbringen musste, sie

der Zeit, Material-Wesenseigenschaften) liegen

tung ins individuelle Bewusstsein als eine Hälfte

aber dafür voll und klar durchschauen kann, weil

treibende Kräfte eines Projektes, welche in der

der Wirklichkeit. Durch das Denken werden die

ich meine eigene Tätigkeit beobachte. Das Denken

Liebe zur Handlung und im Bewusstsein fremden

den Wahrnehmungen innewohnenden ideellen

taucht in die Wahrnehmungen ein (Intuition) und

Wollens ins Licht der Motive gehoben werden,

Gesetzmäßigkeiten als Begriff oder Ideenprinzip

wird in einem zweiten Schritt beobachtet. Für

durch Form-Bildekräfte.

hinzugefügt – die zweite Hälfte der Wirklichkeit.

das intuitive Denken ist die Wahrnehmung der

• Durch die charakterlogische Anlage – der im

In der Erkenntnis des tätigen Selbst-Bewusstseins

Idee eine Beobachtung und hat somit Wirklich-

Projekt beteiligten Persönlichkeiten werden in

schließen sich Wahrnehmung und Idee zur

keitscharakter, weil Wahrnehmung und Idee

individueller Weise diese oder jenen Ideen als

Wirklichkeit zusammen. Zwar besteht das Band

zusammen auftreten.

Motive bestimmt, diese oder jene Triebfedern

zwischen Wahrnehmung und dazugehöriger

In der Masterthesis wird mit den Ideen und Be-

werden auf individuelle Weise behandelt, was

Idee in der Natur immer, doch treten für unsere

griffen gearbeitet, welche in der Beobachtung von

dann zu den Entscheidungen, Entschlüssen und

menschliche Organisation Wahrnehmung und

Willens-Handlungs-Prozessen, der „Philosophie

Handlungen im Projekt führt. Auch die Formen

Idee getrennt in unser Bewusstsein ein. Unser

der Freiheit” von Rudolf Steiner gebildet wurden.

der Architektur werden durch die charakterlichen

Denken stellt dann den Zusammenhang her –

• Motiv – das sind Ideen, Begriffe oder Vor-

Anlagen im Projekt und bei den verantwortlichen

im Erkenntnisprozess! Nur Wahrnehmung hat

stellungen, welche das augenblickliche Ziel der

Persönlichkeiten geprägt, indem sie aus Vorlieben

keine Wirklichkeit, weil ihr die Gesetzmäßigkeit

Handlung bestimmen. Sie werden zunächst durch

oder Abneigungen, Interesse oder Desinteresse,

fehlt. Idee oder Begriff für sich haben auch keine

die Bauherren in der Projektentwicklung, im

persönlichen Fähigkeiten oder Unfähigkeiten für

Wirklichkeit, weil die beobachtbare Wahrneh-

Projektmanagement – rechtlichen Zielen, in der

oder gegen bestimmte Ideen / Form-Bildekräfte

mung nicht vorhanden ist. In der Beobachtung

Immobilien-Ökonomie, in der Ressourcenopti-

oder Form-Stile / Materialien und deren Behand-

des Denkens durch das tätige Selbst-Bewusstsein

mierung bestimmt, aus Freiheit.

lung entscheiden, aus ihrer moralischen Fantasie.

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Architekturbegriffe in Bildform Ich habe versucht, Beobachtungen und Begriffe aus Prozessen der Projektentwicklung, der Nutzeranforderungen, der allgemeinen Architektur und der Leistungsphasen der HOAI in Bildform darzustellen. Die Bildtafeln sollen Bauherren, Nutzern und Architekten helfen, gemeinsame Bilder im Projekt zu entwickeln, aus der verwirrenden Vielfalt von Begriffen und Wahrnehmungen. Im Bild erhält jeder Begriff, jede Idee den entsprechenden Ort und Bedeutung im Verhältnis untereinander aber auch zum Ganzen. Die Idee wird als „Wahrnehmung” beobachtbar in einem imaginativen Bildzusammenhang. Das Projektteam Im Teil B der Masterthesis wurden Ideen zum Projektteam entwickelt, auf Grundlage meiner Erfahrungen als Architekt und mit den Begriffen des Studienganges „Prozessarchitektur” (Projektentwicklung / Projektmanagementrechtliche Grundlagen / Immobilienökonomie / Ressourcenoptimierung). Schließlich bildet sich jede Projektentwicklung nur durch die tatsächliche Zusammenarbeit der Akteure des sozialen Projekt Organismus. Mit der Zusammensetzung des Projektteams (Bauherr / Architekt / Nutzervertreter / Projektsteuerung), der Aufgabenbeschreibung und Rollenverteilungen im Team und unter der Berücksichtigung der individuellen charakterlichen Anlagen der Beteiligten versuche ich, Idee und Wirklichkeit des Projektteams zu formen. Wie eine Spiel- und Rollenbeschreibung zur Inszenierung eines Stückes ist die Beschreibung des Projektteams gehalten. Wichtig war mir die Idee des „Wesens eines Projektes” zu beschreiben. Dieses Wesen sollte bewusst und aktiv geschaffen, geformt und seinem Charakter nach geprüft werden durch die Verantwortlichen des Projektteams. Das Wesenhafte ist es, was einer chaotisch-wilden oder normativ-nüchternen Zusammenfügung von Ideen, Formen und Materialien einen individuellen und einheitlichen Charakter gibt. Jede Projektentwicklung, jede Architektur, jeder Gebäudebetrieb schafft sich ein „Image”, welches wahrgenommen und charakterisiert werden kann. Dieses Image bildet sich aus den Zusammenhängen, welche einem Projekt als Motive, Triebfedern und dem Charakter der Form-Bildkräfte nach innewohnen. Wird das Image nicht bewusst beobachtet, gedacht und geformt, entsteht es „irgendwie” und man muss am Ende mit dem leben, was man sich geschaffen hat. Workshop ProjektteaM Im Teil C wird ein Workshop entworfen, in dem Bauherren und Nutzer zusammen mit der Projektsteuerung (I.) die Ziel-Motive der Projektentwicklung erarbeiten, (II.) die charakterlichen Anlagen des Projekts und der verantwortlichen Persönlichkeiten herausfinden und (III.) die Anforderungen und das tatsächliche Nutzer-Bedarfsprogramm als die Triebfedern im Projekt ermitteln. Im Workshop konstituiert sich das Projektteam (IV.) aus Bauherren, Architekt, Nutzervertreter und Projektsteuerung. In der Zusammenarbeit des Projektteams entsteht und entwickelt sich das Wesen des Projekts (V.), was dann als „Image” des Projekts beobachtet und gedacht wird. Im Aufbau und der Struktur des Workshops werden die Themenfelder der Projektentwicklung in eine räumliche Aufstellung gebracht und so sichtbar gemacht. Dies hat zum Ziel, dass die Verantwortlichen und Beteiligten räumlich beobachten können, welche Themenfelder sie schon bearbeitet haben, wo Defizite vorliegen oder welche Themen noch überhaupt nicht bearbeitet wurden (und unter Umständen das Projekt einseitig wird). Gesetzmäßigkeiten zwischen Themenfeldern sind in der räumlichen Anordnung beobachtbar und können in ihren Beziehungen untereinander gedacht werden.

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In einem zeitlich abgegrenzten und überschaubaren Rahmen, durch gezielt angeleitete und improvisierte Workshops durch sechs Arbeitsrunden mit konkreten Ergebniszielen soll mit Bauherren, Nutzern und der Projektsteuerung das Projekt gemeinschaftlich entwickelt werden. Bauherren und Nutzer sind wie die zwei Seiten einer Medaille, unendlich weit voneinander entfernt, sich nie sehend und doch Teil eines gemeinsamen Ganzen. Die Motive der Bauherren befinden sich in Abhängigkeit von den Anforderungen der Nutzer; die Bedürfnisse der Nutzung, der Mitarbeiter können nur durch die richtige Bestimmung der Ziel-Motive erreicht werden. In diesem Sinn können Bauherren und Nutzer auch gleich zu Beginn richtig miteinander zusammenarbeiten. Die Unkenntnis der Einen über tatsächliche Abläufe und Bedarf und erhöhte Forderungen bzw. Blockaden der Anderen gleichen sich somit schon am Anfang einander an. Arbeitsrunden: (1) Untersuchung der Grundlagen, (2) Analyse, (3) Eintauchen in mögliche Projektbausteine und Motive, (4) Szenarien entwickeln, (5) Wünsche, Vorurteile, Image, (6) Prüfung der Vorsätze. Durch das Zusammenziehen vom individuellen Detail-Fachwissen der Mitarbeiter als Nutzer, das gezielte Herbeiholen von sachkundigen und verantwortlichen Abteilungsleitern bzw. der punktuelle Einsatz von externen Fachleuten können in verhältnismäßig kurzer Zeit, wesentliche Ergebnisse der Projektentwicklung erzielt werden. Verschiedene Szenarien können mit einer größeren Anzahl von Beteiligten durchgespielt werden, was sonst Wochen oder Monate in Anspruch nehmen kann. Die Ergebnisse des Workshops werden dann in klaren Aussagen formuliert: a. Als entwickelte Ziele (Motive) und Anforderungen im Nutzerbedarfsprogramm (Triebfedern). Sie haben eine individualisierte und konkrete Projektentwicklung, z.B. mit Nutzer-Bedarfs-Programm für die nächste Projektphase: (II) Architektur-Städtebau und Baudurchführung b. In Aussagen über Teilleistungen, die noch erbracht werden müssen, damit sich das Projekt gut entwickeln kann. c. Mit Aussagen zu Modifikationen der Projektentwicklung, welche unter Umständen auch längere Zeiträume benötigen. d. In der Erkenntnis, dass sich das Projekt unter den gegebenen Umständen und den anvisierten Zielen nicht sinnvoll verwirklichen läßt. Architektur erlebeN Bauherren, Nutzer und Architekten entschließen sich im Projekt zu bestimmten Raum-Ideen, Formen-formalen Stilismen und Materialauswahl und Behandlung. Diese Entschlüsse werden dann zu den stilbildenden Faktoren, welche im sogenannten „Stil der Architektur” zusammenfließen. Der Stil der Architektur wird schließlich offen einsehbar und erlebbar für die Betrachter und Nutzer eines Gebäudes. In der Stilistik zeigt sich, was Bauherren, Architekten und Nutzer während des Form-Bildungs-Prozesses gedacht, gefühlt und gewollt haben. An der Architektur kann genau das erfahren werden, was vorher in sie hineingedacht, hineingebildet wurde, als Motive, als Triebfedern und angewendete Form-Bildekräfte durch die charakterliche Anlagen als Vorlieben und Abneigungen der Persönlichkeiten. Was der Architekt im Entwurfsprozess bei der Bildung der Architekturformen durchmacht und erlebt hat, soll gemeinsame Grundlage der Erfahrung mit Bauherren und Nutzern werden. ■

81


Perspektive Kerkeler Masterthesis Maren Brixius + Benjamin Bauske // Masterthesis // Prof. dr. Florian Kluge + Prof. swen geiss Entwicklungsstrategien für eine Einfamiliensiedlung im ländlichen raum

E

inleitung Das freistehende Einfamilienhaus auf dem Land galt bisweilen als der Inbegriff

des Traumes von Selbstverwirklichung und Wohnperspektive. Zugleich diente es seinem Eigentümer als krisensichere Wertanlage mit solider Verzinsung und Rücklage für die Altersvorsorge. Vom Nachkriegsboom bis in die Gegenwart verwirklichten sich Millionen Deutsche diese Vision. Inzwischen werden die Bewohner mit ihren Häusern gemeinsam älter. Immer deutlicher zeigen sich die Folgen des demographischen Wandels: „Deutschland schrumpft, wird älter und bunter“ (Faber, Oswalt (2013), S. 17). Hinzu kommt, dass sich die Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung und die vorherrschenden Strukturen von Wohnen und Freizeit verändert haben (vgl. Wüstenrot Stiftung (Hg.) (2012), S. 7). Regional drohende Vermarktungsprobleme und teils hoher Investitionsrückstand zwingen die Eigentümer zu einem radikalen Überdenken dieser tradierten Vorstellungen. Die Stadt Billerbeck im Kreis Coesfeld liegt im westlichen Münsterland. Mit einer kreisweiten Arbeitslosenquote von 4,2 % IT.NRW (2013), und einer jährlichen Kaufkraft von über 51.000 € pro Person IT.NRW (2013), ist der Kreis Coesfeld eine der wirtschaftlich stärksten Regionen der Bundesrepublik. Dennoch steht der Kreis Coesfeld im Allgemeinen und hier die Stadt Billerbeck im Speziellen vor den gleichen Herausforderungen der Folgen von Überalterung und Energiewende wie andere Teile des Landes. Eine Prognose beschreibt den bevorstehenden Wandel: Im Jahre 2030 wird die Anzahl der Personen über 80 Lebensjahre um über 80 % gegenüber dem Jahr 2008 angestiegen sein (Bertelsmann-Stiftung (2009)). Im Rahmen der Regionale 2016, einem Strukturförderungsprogramm des Landes NordrheinWestfalen, hat die Stadt Billerbeck auf den Projektaufruf INNENleben reagiert, der sich an ländliche Kommunen im westlichen Münsterland richtet. In diesem Projekt werden Städte und

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Gemeinden dazu aufgerufen, zusammen mit Eigenheimbesitzern neuartige Herangehensweisen und Planungs-/Steuerungsinstrumente im Umgang mit alternden Einfamilienhaussiedlungen zu entwickeln. Ziel der im Februar 2013 begonnenen Masterthesis im Studiengang Prozessarchitektur ist es, mit Hilfe eines konzeptionellen Baukastens und dessen Veranschaulichung in zwei Szenarien Wege aufzuzeigen, die auf die zukünftigen Herausforderungen reagieren, um Möglichkeiten zu schaffen, auch in Zukunft qualitätsvoll in der Siedlung Kerkeler in Billerbeck leben zu können. Darauf aufbauend soll die Arbeit den Grundstein für einen von der Stadt Billerbeck und der Regionale 2016 begleiteten partizipativen Quartiersentwicklungsprozess legen. Die Masterthesis gliedert sich in vier Schritte. Im ersten Schritt wurde eine Standortanalyse in verschiedenen Betrachtungstiefen durchgeführt. Parallel konnten qualitative Befragungen von lokalen Akteuren (Stadtplanungsamt, Immobilienwirtschaft, Bewohnern) durchgeführt werden und in die Analyse einfließen. Darauf aufbauend wurden im zweiten Schritt die identifizierten Probleme und Potentiale in zukünftige Handlungsfelder überführt. Diesen konnten Bausteine u.a. aus den Bereichen neue Mobilitätskonzepte, Finanzierungsmodelle, stadträumliche Veränderung und zukünftige Nahversorgungsmodelle zugeordnet werden, mit deren Hilfe auf die zukünftigen Probleme reagiert werden kann. Im nächsten Schritt wurden zwei Szenarien entwickelt werden, die Stagnations- bzw. Schrumpfungsprozesse im Kerkeler simulieren und mit einem gezielten Herausgreifen von Bausteinen mögliche zukünftige Entwicklungswege und entsprechende Handlungsoptionen aufzeigen. Die Thesis schließt mit einer Roadmap, die den erforderlichen Prozess im Hinblick auf die zu erwartenden Herausforderungen strukturiert, indem sie mögliche Phasen und notwendige Entwicklungsschritte der nächsten Jahre skizziert. Die Abgabe der Thesis erfolgte am 26.06.2013.

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Epilog Ländliche Städte und Kommunen stehen vor großen Herausforderungen. Die älter werdende Bevölkerung und der Klimawandel werden langsam spürbar und zeigen ihre Auswirkungen vornehmlich im ländlichen Raum. Während es in den planenden Disziplinen erst wenige Ansätze für Denkmodelle gibt, ist das Problembewusstsein in der Bürgerschaft noch nicht vorhanden. Bisher gibt es weder beispielhafte Vorgehensweisen noch erprobte Lösungen. Fünf Monate haben wir uns mit der Zukunft einer Einfamilienhaussiedlung im münsterländischen Billerbeck auseinandergesetzt. Und auch unsere Arbeit liefert kein Pauschalmodell. Sie wirft vielmehr neue Fragen auf und stellt ein Puzzlestück in einer komplexen Thematik dar. Aufbauend auf die im ersten Schritt erarbeitete Analyse beschreiben die Handlungsfelder und Bausteine Maßnahmen, mit denen zukünftige Aufgaben angegangen werden können. Die zwei anschließenden Szenarien zeigen alternative Entwicklungen bis 2033 auf, die einerseits fundierten Realitätsbezug haben, andererseits spekulativ und zum Teil überspitzt dargestellt sind. Für die Umsetzung bedarf es eines strukturierten Prozesses, dessen notwendige Schritte in der Roadmap verankert sind. Erste konkrete Maßnahmen wurden ebenso wie langfristige Aufgaben Akteuren zugeordnet und in eine chronologische Reihenfolge gebracht. Um auf zukünftige Entwicklungen reagieren zu können, müssen sämtliche Maßnahmen und Schritte jedoch kontinuierlich überprüft und angepasst werden. Die erste zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand und der zu involvierenden Fachplaner besteht darin, die Aufmerksamkeit der Bewohner zu wecken und Bewusstsein für die anstehenden Problematiken zu schaffen. Zudem bedarf es neu-

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er Mittel und Wege. Bestehende Fördertöpfe (wie z.B. Stadtumbau-Förderung) müssen aktualisiert und an die zukünftigen Themen des ländlichen Raums angepasst werden. Ehrenamtliche Tätigkeiten stellen hier eine zivilgesellschaftliche Säule dar, die freiwillige Arbeit und Identifikation mit dem Ort miteinander verbindet. Ein partizipativer Planungsprozess kann das Engagement fördern und die Mitbestimmung des Einzelnen integrieren. Um das Siedlungsgebiet Kerkeler zukunftsfähig zu machen, bedarf es weiterer, im Rahmen unserer Arbeit als wesentlich identifizierter, Handlungspunkte: • Imagewandel bewirken, um neue Zielgruppen für das Wohnen im Kerkeler zu begeistern. • Flächenmanagement betreiben, um Konkurrenz zwischen Landwirtschaft und Wohngebieten auszubalancieren und Brachen zu verhindern. • Nahversorgung unterstützen und Mobilität sichern, um die Siedlung durch gute Infrastruktur wieder attraktiv zu machen. • Lebensräume schaffen, um in gewohnter Umgebung alt werden zu können. • Stadtraum verändern, um qualitative, zukunftsfähige Voraussetzungen zu schaffen. • Sanierung anregen, um das Spektrum von kleinen Maßnahmen bis hin zum autarken Quartier zu fördern. In Billerbeck ist die Stadtverwaltung seit vielen Monaten aktiv und konnte die Regionale als wichtigen Akteur für die kommenden drei Jahre gewinnen. Mit der Vorstellung unserer Ergebnisse in Billerbeck möchten wir ein weiteres Puzzlestück zur Gestaltung des partizipativen Prozesses beitragen. Auch wenn die Entwicklungsschritte der nächsten Jahre langwierig, aufwändig und nicht ohne Hürden sein werden: Kerkeler hat eine Perspektive! ■

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Erkunden, diskutieren, reden, zeichnen – und machen TEXT: PROF. BRIGITTE SCHOLZ // Forschungsforum // PROF. SWEN GEISS, PROF. DR.-ING. FLORIAN KLUGE, PROF. BRIGITTE SCHOLZ + GÄSTE

E

inmal im Monat treffen sich die Studierenden

Konturierung // Burkard Dewey, De-

und Lehrenden im Master Prozessarchitektur

wey Muller (Köln)

zum gemeinsamen Forschungsforum. Im Mittel-

Auf dem Weg von einer Vision zum konkreten

punkt steht die Arbeit an den Studienprojekten,

Projekt muss die Idee klare Konturen bekommen.

die von den Studierenden im 2. bzw. 3. Semester

Am Beispiel zweier Projekte (Schulbau und

bearbeitet werden und ganz unterschiedliche

Zentrum für alternative Heilmethoden) haben wir

Themen behandeln – von der Zwischennutzung

diesen Schritt der Bedarfsplanung mit tatkräfti-

einer Kaserne über die Projektentwicklung eines

ger Unterstützung von Burkard Dewey erprobt.

Wohnhochhauses bis zu Strategien für bezahlba-

Burkard Dewey ist mit seinem Architekturbüro in

ren Wohnraum. Trotz oder gerade wegen dieser

Köln und Luxemburg tätig und hat unter anderem

Unterschiedlichkeit ist der Austausch zwischen

das Bürgerbeteiligungsverfahren für das Helios-

den Studierenden untereinander und den anderen

Gelände in Köln konzipiert und durchgeführt.

Semestern wichtig, um neben dem Schmoren im eigenen Saft, neue Würze für die Arbeit zu

WörtchenWechsel // Zwischenpräsen-

bekommen. Dabei helfen Gäste aus Forschung

tation Projekte

und Praxis, die ihre Arbeit vorstellen und bei

Die Studierenden stellten die sechs Projektar-

der gemeinsamen Produktion von Ideen und

beiten in zwei Blöcken auf Campus I und Campus II

Lösungen unterstützen. Neugierige sind im „Fofo“

vor. Der Spaziergang zwischen den beiden Orten

immer herzlich willkommen!

regte Geist und Körper und auch den Austausch untereinander an. Die Schlussdiskussion führte

Frühjahrssemester 2013 Themen + Gäste Projektstrukturplan // Uta Schneider, Regionale 2016 (Velen) Ein Projektstrukturplan gliedert das Projekt in verschiedene Aufgaben und Arbeitspakete. Dieser Überblick soll die Studierenden in die Lage versetzen, den Überblick über ihr eigenes Studienprojekt zu erhalten und während der Bearbeitung auch zu behalten. Uta Schneider als Geschäftsführerin der Regionale 2016 brachte ihren reichen Erfahrungsschatz in die Erstellung der Projektstrukturpläne ein. Die Regionale-Agentur unterstützt Kommunen, Vereine und andere Initiativen dabei, zukunftsweisende Projekte für das Münsterland auf den Weg zu bringen. Bis 2016 haben Projekte die Chance sich zu qualifizieren, und finanzielle Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen zu erhalten. Unterstützt wird beispielsweise das „Leohaus“ in Olfen als Gemeinschaftshaus oder das Naturraummanagement im „2Stromland“ zwischen Lippe, Stever und Dortmund-Ems-Kanal.

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uns in die Tiefen des Kottenforstes und endete zum Semesterabschluss mit einem Picknick.


Herbstsemester 2013 Themen + Gäste

hat Matthias Fuchs in einem Forschungsverbund im Auftrag des

Situatives Entwerfen // Dr. Hille von Seggern, Stu-

derungen in Planungswettbewerben“ (kurz: SNAP) entwickelt und

dio urbane Landschaften (Hamburg)

im Rahmen unseres Forschungsforums vorgestellt. Anhand dieser

Entwerfen ist wie Erfinden – aber wie „geht“ erfinden? Ent-

Systematik diskutierten wir, welche Kriterien bestimmend für die

werfen ist ein analytischer, aber auch ein kreativ-schöpferischer

verschiedenen Projekte sind. Dazu zählen beispielsweise Erschlie-

Vorgang, der nicht nur Kopf und Verstand braucht, sondern ebenso

ßung und Barrierefreiheit, Fragen von Raumklima und Tageslicht

Gefühl und Eingebung. Und es ist ein iterativer, offener Prozess

oder der Endenergiebedarf und die Energiebedarfsdeckung des

mit (vermeintlichen) Sackgassen und (produktiven) Umwegen.

Gebäudes.

Bundesbauministeriums eine „Systematik für Nachhaltigkeitsanfor-

Entwerfen geht Hand in Hand mit dem Verstehen: Das Verstehen des Entwurfsgegenstandes ist der Schlüssel für die Entwicklung

Social Media für Architekten // Thomas Bünten,

einer eigenständigen Idee. Hille von Seggern tauchte mit uns in

timtomtext (Aachen)

ihr Entwurfsverständnis ein und arbeitete in unserer „Ideenbörse“

Welchen Wert hat die bunte Welt der Social Media für die Prozess-

mit, in der wir gemeinsam zu konkreten Entwurfsfragestellungen

architektur? Thomas Bünten und Falk Wagner stellten verschiede-

skizzierten.

ne soziale Netzwerke wie Facebook oder Xing und ihre Einsatzmöglichkeiten für die Projektarbeit und das eigene Architekturbüro vor.

Systematik für Nachhaltigkeitsanforderungen in

Viele Partizipationsprozesse sind ergänzend zu der eher statischen

Planungswettbewerben // Dr. Matthias Fuchs, ee

Homepage auf Facebook oder mit einem Blog präsent, und auch für

concept (Darmstadt)

Hochschule oder Büro ist dieses Dialogangebot interessant. Schnell

Je früher die komplexen Anforderungen von Nachhaltigkeit in

muss dabei nicht nur das Internet, sondern auch der Informations-

Bauprojekten berücksichtigt werden, umso besser. Deshalb

fluss sein, denn nichts ist langweiliger als der Tweet von vorgestern. ■

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Masterfeier 2013

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Diplom Projekte


Das Gebäude als Akteur: »Ein schöpferisches Haus …« Julian Meissner // Diplomarbeit // Prof. Benedikt stahl + Swen geiss // 10. Semester // HerbstSemester 2013 „Das Haus (...) als Krümmung des Feldes der zwischenmenschlichen Relationen“ » Das heile Haus mit Dach, Mauer, Fenster und Tür gibt es nur noch in Märchenbüchern. Materielle und immaterielle Kabel haben es wie einen Emmentaler durchlöchert: auf dem Dach die Antenne, durch die Mauer der Telefondraht, statt Fenster das Fernsehen, und statt Tür die Garage mit dem Auto. Das heile Haus wurde zur Ruine, durch deren Risse der Wind der Kommunikation bläst. Das ist ein schäbiges Flickwerk. Eine neue Architektur, ein neues Design ist vonnöten. « Durchlöchert wie ein Emmentaler – Vilém Flusser

E

in leerstehendes Bürogebäude aus den frühen 70er Jahren in Wachtberg soll zu einer Sied-

lung in gemeinschaftlicher Verwaltung umgebaut und ergänzt werden. Besonderes Augenmerk liegt

Lageplan - Bestand

auf der Gemeinschaftsbildung und der gemeinschaftlichen Organisation. Die zukünftigen Bewohner organisieren ihren Tagesablauf dynamisch und über gemeinschaftlich genutzte Flächen sollen Synergieeffekte begünstigt werden. Das Gebäude wird im ersten Schritt von einer professionellen Firma entkernt und eine neue Fassade wird angebracht, des Weiteren werden die ergänzenden Gebäude im Rohbau in Massivholzbauweise aufgestellt. Im zweiten Schritt bauen die

Piktogramme

zukünftigen Bewohner zusammen ihre Siedlung unter Anweisung ausgebildeter Handwerker zu Ende. ■

Ideenskizze

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Grundriss EG

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Ideenskizze - Schnitt

Perspektive

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Isometrie - Planung

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drumherum Weit und Breit


Über den Raum Text: Prof. Willem-Jan Beeren // BA 6.2 Architekturtheorie // Prof. Willem-Jan Beeren // 3. Semester // Herbstsemester 2013 Obwohl der Raum das zentrale Thema der Architektur ist, ist der Begriff des Raumes nicht leicht zu erfassen:

„Wer an Architektur denkt, versteht darunter zunächst immer die Bauglieder, die Fassaden, die Säulen, die Ornamente, und doch kommt das alles nur in zweiter Linie. Das Wirksamste ist nicht die Form, sondern ihre Umkehrung, der Raum, das Leere, das sich rhythmisch zwischen den Mauern ausbreitet, von ihnen begrenzt wird, aber dessen Lebendigkeit wichtiger ist als die Mauern.“ (August Endell)

I

m Seminar zur Architekturtheorie wurden zeitgenössische Positionen über den Raum diskutiert und die Relevanz für die eigene

Entwurfsarbeit herausgearbeitet. Neben der theoretischen Auseinandersetzung mit einer Denkposition in Form eines Referates bestand die Aufgabe darin, einen 50 x 50 x 35 großen „Kopfraum“ zu gestalten, der in freier Weise auf spezifische Motive der jeweiligen Position eingehen sollte. ■

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Auswahl an Positionen zum Raum Arnheim, Rudolf Die Dynamik der architektonischen Form. Gestützt auf die 1975 an der Cooper Union in New York gehaltenen 'Mary Duke Biddle Lectures'. Köln 1980 Böhme, Gernot Atmosphären. Aisthetik. Vorlesungen über Ästhetik als allgemeine Wahrnehmungslehre. München 2001 Eisenman, Peter Visions' Unfolding: Architecture in the Age of Electronic Media / Die Entfaltung des Sehens: Architektur im Zeitalter der elektronischen Medien. in: Domus. Nr. 734, 1992 Fechner, Gustav Theodor Der Raum hat vier Dimensionen. 1875 Flusser, Vilém Räume. In: Seblatnig, Heidemarie (Hrsg.): Außenräume, Innenräume. Der Wandel des Raumbegriffs im Zeitalter der elektronischen Medien. Wien 1991 Foucault, Michel Schriften in vier Bänden. Dits et écrits. Frankfurt/Main 2003 (1984) Giedion, Sigfried Raum, Zeit, Architektur : die Entstehung einer neuen Tradition. Basel 2000 (1941) Heidegger, Martin Die Kunst und der Raum. L'art et l'espace. St. Gallen 1983 (1969) Hermann, Max Das theatralische Raumerlebnis., in: Beilagenheft zur Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft. Nr. 25, 1931 Laan, Dom Hans van der Der architektonische Raum: Fünfzehn Lektionen über die Disposition der menschlichen Behausung. 1992 (1977) Lefebvre, Henri Dessein de l'ouvrage. Die Produktion des Raums. La production de l'espace. Paris 2000 (1974) Meiss, Pierre von Vom Objekt zum Raum zum Ort. Dimensionen der Architektur. Birkhäuser Verlag 1994 Schmarsow, August Das Wesen der architektoni schen Schöpfung. Antrittsvorlesung Universität Leipzig, 08.11.1893. Leipzig 1894 Schmarsow, August Der Werth der Dimensionen im menschlichen Raumgebilde. In: Hirzel (Hrsg.): Königlich-Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften. Philologisch-Historische Klasse: Berichte über die Verhandlung. Leipzig 1896 Schroer, Markus Räume, Orte, Grenzen. Auf dem Weg zu einer Soziologie des Raumes. Suhrkamp, 2006 Sörgel, Herman Architektur-Ästhetik. Theorie der Baukunst. Berlin 1998 (1921) Steiner, Rudolf Einleitungen zu Goethes naturwissenschaftlichen Schriften zugleich eine Grundlegung der Geisteswissenschaft (Anthroposophie). Dornach/Schweiz 1987 (1897) Uexküll, Jakob, von Gedanken über die Entstehung des Raumes. In: Bausteine zu einer biologischen Weltanschauung. Gesammelte Aufsätze. München 1913

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Freihandzeichnen Text: Prof. Benedikt Stahl // ba 1.1 Raum in der Wahrnehmung // Prof. Benedikt Stahl, Prof. Willem-Jan Beeren, Ramona Wassong, Hans Günter Hofmann + Konrad Geyer // Jahrgangsübergreifend // Herbstsemester 2013

N

eben der Hauptarbeit im Modul Freihand-

skizzen zu alternativen Lösungsansätzen fort und hatten dann die

zeichnen mit Frank-Rüdiger Hildebrandt, in

Gelegenheit den beiden Gästen weiter ins Projekt einzusteigen.

dem es um das denkende Erfassen, das fühlende

Hans Günter Hofmann ist emeritierter Professor für Freihandzeich-

Abwägen und den willentlichen Impuls geht,

nen an der PBSA in Düsseldorf. Seine überaus reiche Erfahrung

gibt es am Ende des Semesters noch einmal eine

und Kenntnis der Materie, machten den Tag für alle Beteiligten zu

Zeichenwoche mit Gästen. Auf diese Weise haben

einem reichen Lernerlebnis. Sowohl die Theorie wie auch Ideen und

die Studierenden die Gelegenheit andere Herange-

Vorschläge zur praktischen Anwendung räumlicher Entwurfsskiz-

hensweisen und Methoden kennen zu lernen und

zen halfen den angehenden Entwerfern die Darstellung ihrer Ideen

individuellen Ausdrucksweisen zu begegnen. In

lesbar zu machen. Konrad Geyer ist nicht nur Architekt sondern

diesem Jahr gab es dazu als Rahmenthema einen

auch „Vollblutmaler“ und so wurde die Zeit mit ihm besonders „ter-

Stegreifentwurf für einen kleinen Gastronomie-

pentinölhaltig“. Das rocht man beinahe bis zum Johannishof und

pavillon auf dem Brüsseler Platz in Köln. Damit

am Ende waren eine Menge wunderbare prächtige und kraftvolle

wollten wir an das Projekt „Lattenbude“ aus dem

Graphitbilder zu sehen. Der bunte Strauß an Ideen, die durch das

vergangenen Sommer anschließen und wieder

beinahe ununterbrochene Zeichnen und die experimentelle Arbeit

einmal dazu beitragen, dass es am alt bekannten

entstanden, machten es schwer, gemeinsam mit den Freunden vom

Platz wohnlicher wird. Wir begannen mit Skizzen

Brüsseler Platz das passende Modell zu finden. Am besten, wir

und Aufmaßarbeiten vor Ort, setzten am nächsten

treffen uns in diesem Sommer mal dort in Köln, um selbst zu sehen,

Tag die Arbeit im Atelier mit schnellen Entwurfs-

was daraus geworden ist. ■

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Raum in Bewegung – Bewegung im Raum Text: Prof. Willem-Jan Beeren // BA 1.2 Raum in bewegung // Paul Jonas Petry, Prof. Melaine MAcDonald + Prof. Willem-Jan Beeren // jahrgangsübergreifend // Herbstsemester 2013 Was macht die Alanus Hochschule immer wieder zu einem besonderen Studienort? Die Zusammenarbeit zwischen Dozenten unterschiedlicher Disziplinen und Studierenden zu zentralen Themen von Mensch und Gesellschaft.

W

enn ein Bildhauer, eine Eurythmistin und ein Architekt einen gemeinsamen Workshop

anbieten, dann spielt „Bewegung“ die zentrale Rolle: Innere und äußere, wahrgenommene und selbst ausgeführte, gebaute und vollbrachte Bewegung in den unterschiedlichsten Facetten wurden beleuchtet, erfahren und diskutiert. In mehreren Arbeitsphasen enstand eine großflächig bewegte Rauminstallation aus Dachlatten und Pappen, die zugleich als Kulisse und Dialogpartner für tänzerisch-eurythmische Grundlagenerfahrungen bespielt, umgangen, durchkreuzt, erlaufen und ertastet wurde. Die Korrespondenz von „Raum in Bewegung“ und „Bewegung im Raum“ verdichtete sich phasenweise zu einer Simultanität der Ereignisse: Das soeben im plastisch-architektonischen Objekt verankerte Bewegungsmotiv erfasst den sich bewegenden Menschen und veranlasst ihn anschließend, dem am eigenen Leib Erlebten wieder Form zu geben im Raumobjekt. Ein Tanz beginnt zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Form und Körper – in Bewegung … ■

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sonotopia 2013 Text: Prof. Willem-Jan Beeren // BA 1.4 Raum im Kontext // Prof. Willem-Jan Beeren + Prof. Christina Kubisch // jahrgangsübergreifend // Frühjahrssemester 2013

W

ie klingt der Rhein und wie klingt die Landschaft am Rand des großen Stromes? Was ist in der Rheinlandschaft in und um

Bonn zu sehen und zu hören? Wie verhalten sich das Akustische und das Visuelle zueinander? Diese und weitere Fragen stellten sich 2013 wiederum eine Gruppe von Architekturstudenten bei „sonotopia: Klanglandschaften in Bonn“ von bonn hoeren, einem Projekt der Beethovenstiftung für Kunst und Kultur der Bundesstadt Bonn. Wie schon 2012 arbeiteten die Studenten und ihr Dozent WillemJan Beeren, Professor für Architektur und Kunst im Dialog, mit dem Bonner „Stadtklangkünstler“ zusammen. Für 2013 wurde die international bekannte Klangkünstlerin Professor Christina Kubisch berufen. Ende August fand ein einwöchiger Intensiv-Workshop mit der Stadtklangkünstlerin statt, bei dem die Studenten gemeinsam mit Kubisch eine audiovisuelle Installation erarbeiteten. Sie verarbeiteten darin Ton- und Videomaterial, die sie auf ihren Streifzügen entlang des Rheines eingefangen hatten. Unter dem Titel sonotopia: Klanglandschaften in Bonn wurde das Werk bis Ende September 2013 in Bonn im Dialograum "Kreuzung an Sankt Helena", einer Kirche an der Bornheimer Straße, ausgestellt. Zu hören und zu sehen waren an insgesamt sechs Stationen Klänge, Bilder und Geschichten vom Rhein, vom Leben am und im Fluss, von Verkehrskreuzungen, Strassenbahnen und Autofähren, von Goldfischen und Ausflugsschiffen. ■

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Dem Rot sind Newton und Goethe egal – Farbenlehre Text: Ben Beyer // Ba 1.3 Raum und Ausdruck // Ben Beyer // Jahrgangsübergreifend // Frühjahrssemester

F

arbenlehre, das klingt nach Goethe versus Newton, nach Far-

nach der Möglichkeit, daraus Regeln abzuleiten.

benkreis und Theorie. In der Vorbereitung auf den Workshop

Beginnend mit einfachen Farb-Konfrontationen

mit Architekturstudenten stellte ich mir die Frage, was für mich

gingen wir über zum Entwerfen von Farbfamilien

als Maler die „Lehre von der Farbe“ eigentlich bedeutet. Löst ein

und -Akkorden. Als Abschluss-Aufgabe stand

Farbkreis in mir etwas aus, wie es ein Gemälde von De Kooning

der anspruchsvolle Versuch im Raum, zu einem

oder Rothko kann?

selbstgewählten Musikstück Entsprechungen in

Das Erleben von Farbe ist das Einzige, was mir selbst bisher

der Welt der Farbe zu finden. Geradezu nebenbei

Zugang zu den Phänomenen verschafft hat, die unter „Farbenlehre“

tauchten dabei theoretische Fragen wie die nach

zusammengefasst sind, warum also sollte es für Architekturstuden-

der Primär-, Sekundär- oder Tertiärfarbe auf,

ten anders sein?

nach verschiedenen Arten des Farbkontrastes (z.B.

So stand der Workshop von Anfang an unter dem Vorzeichen des Erlebens, und auf dieser Basis war es dann erst möglich, sich mit den Fragen zu beschäftigen, die den Kern der Theorie bilden:

Komplementär, Simultan, Hell-Dunkel), oder nach Komposition und Farbauftrag. Unterstützend für unsere Erlebnisse und meine

• Was machen Farben miteinander?

Behauptungen zog ich Beispiele aus der Kunstge-

• Was machen Farben mit mir?

schichte herbei, wie zum Beispiel Mondrian, de

Wer sollte dem Dozenten glauben, wenn dieser einfach behaup-

Kooning, Rothko oder Cy Twombly.

tet, dass ein Komplementär-Kontrast eine magische Grenze hat?

Dass dabei der Workshop von der Lehre der

Oder dass ein Rot in der Lage ist, sein Nachbar-Grau in Aufruhr

Farbe zu einem regelrechten Malerei-Crashkurs

zu versetzen? Nur der Beweis in Farbe auf dem Papier schafft hier

geriet, liegt in der Natur der Sache. Jeder der Stu-

glaubwürdige Tatsachen.

denten entwickelte seine eigene Fragestellung, sei-

Anhand von Farb-Gegenüberstellungen, Kompositionen und Experimenten versuchten wir, dem Potential und den Geheimnissen von Farben auf die Spur zu kommen. Wir suchten nach den Schnittmengen unserer subjektiven Empfindung dazu und

ne eigene Art, das Feld zu beackern, und es kann behauptet werden, dass Malerei dabei entstand. Ich danke den Teilnehmer für den Vertrauensvorschuss, die Disziplin und die Spielfreude. ■

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Symposium - Innen ist auSSen ist innen Text: Prof. Dr. Gabriele Oberreuter // ARCH ba 7.2 / 7.3 Stuge - Blockseminar // Prof. dr. Gabriele Oberreuter + Prof. Willem-jan beeren // Frühjahrssemester 2013 Das mit 90 Teilnehmern vollbesetzte

Der zweite Tag wurde mit einem kunsttheoretischen Beitrag der

Studio bot am Wochenende vom

Kunstkritikerin und Ausstellungsmacherin Noemi Smolik eröffnet.

15. – 17. März 2013 den Zuhörenden und

Sie führte zwei wesentliche Raumbegriffe der Malerei vor – den für

Miterlebenden das, was die Alanus

uns seit der Renaissance vertrauten zentralperspektivischen Blick in

Hochschule in be­son­de­rer Weise

einen statischen Raum und den quasi dynamischen Raum, bei dem

auszeichnet und bereitzustellen

die bewegte Blickführung wesentliche Kategorie ist, wie er aus der

vermag: das Zusammen­gehen von

Ikonenmalerei bekannt ist und im östlichen Kulturraum gepflegt

Geisteswissenschaft, Kunst, Natur-

wird. Die zeitgenössische und insbesondere außereuropäische Kunst

wissenschaft und Technik. Für dieses

greift diese Haltung wieder auf.

anregende Ineinanderwirken unter-

Andrea Klaßens Beitrag, der sich mit körperlichen und leiblichen

schiedlicher Blickwinkel bot sich

Erfahrungen befasste, schloss sich perfekt an diese Ausführungen

das Thema „innen ist auSSen ist innen“

an. Sie sprach über Körper-Haben und Leib-Sein, unsere Wahrneh-

in ausgezeichneter Weise an.

mungen und Chancen der leiblichen Bewusstwerdung. Praktische Übungen, die auf Ansätzen der Felden­krais-Methode beruhten,

G

abriele Oberreuter eröffnete mit Willem-Jan

lenkten den Blick auf inneres Erleben und intensivierten den

Beeren das gemeinsam erar­bei­tete Projekt. Sie

Vortrag. Die eindrucksvolle Perfor­mance „Körper“ von Sasha Waltz

führte in einem Bilderreigen durch Schwellenräume zwischen „Innen“ und „Außen“: Mittelalterli-

präsentierte sie als Video-Zusammen­fassung. Benedikt Stahl reflektierte „die Schwelle“ als ein architektonisches

che Bauformen wie das „Paradies“, das Bildthema

Urphäno­men und bereicherte die Thematik mit dem baukünst-

des hortus conclusus, der Blick in die Welt aus

lerischen Aspekt. Mit Bildern führte er sowohl in zurückliegende

Fenstern als Sujet der Kunst und Beispiele aus der

Epochen wie auch in komplexe Aufgaben und Experimente des

zeitgenössischen Kunst, die das „Innen“ als eige-

heutigen Architekten. Dabei gelang ihm wie immer, die gedankliche

nen seelischen Forschungsraum begreifen, gaben

Tiefe des Argumentationsganges, mit unterhaltsamer Leichtigkeit

dem Publikum erste Denk- und Sehimpulse.

des Vortrags zu kombinieren.

Es folgten zwei Beiträge, die es vermochten,

Was nun folgte glich für Uneingeweihte und mathematisch Unbe-

selbst seelische Innenräume zu öffnen. Petra von

darfte fast einer Zaubervorstellung: die Umstülpung des Penta­gon­

der Lohe (Germanistin, Alfter) ließ das Audito-

dodekaeders durch Paul Schatz. Doch Tobias Langscheid schaffte

rium teilha­ben an ihrer Erfahrung der beson­

es didaktisch klug und vor allem durch seine Begeisterung, die wie

deren transformativen Kraft von Lyrik in selbst

ein Funke auf das Publikum übersprang, anhand einer stattlichen

durchlebten existentiellen Grenzsituationen. Ihr

Anzahl faszinierender Modelle das Prinzip anschaulich zu machen.

ernster, reflektierter und sich selbst nicht schonen-

Die weitreichenden Anwendungen im technischen Bereich fanden

der Vortrag ließ Rilkes „Herzraum“ in beson­derer

zum Schluss Erwähnung. Vera Koppehel führte als eindrückliche

Weise lebendig werden und berührte.

Ergänzung die Umstülpung als eurythmische Übung mit den Hän-

Suzanne Ziellenbach rezitierte anschließend Kafka – neben bekannteren Erzählungen hatte

den vor und lud zur Eigen-Erfahrung ein. Am Abend gab es noch ein Erlebnis der besonderen Art: Willem

sie kleine, wenig vertraute Texte mitgebracht,

Jan Beeren führte zusammen mit dem Dirigenten und Bonner

die – obgleich schon 100 Jahre alt – nichts an

Steller­tretendem Musikdirektor Robin Engelen ein Werk Luigi

ihrer verblüffenden Aktualität eingebüßt haben.

Nonos vor, das am 29.9.1984 in Venedig uraufgeführt – und seitdem

Kafkas surreale Sprachbilder wurden in ihrer

nie wieder in dieser Form präsen­tiert wurde. Für die „Tragedia

Leiden­schaft, enormen Kraft und Tiefe durch den

dell’ascolto“ hatte der mit Nono befreundete Architekt Renzo Piano

Vortrag erlebbar.

eine Holzstruktur in den Kirchenraum San Lorenzo in Venedig

Der erste Abend mündete in einer Konzert-

hinein­ge­baut, in der sich Sänger, Orchester und Publikum auf

performance, zu der das Auditorium großzügig

mehreren Ebenen gegen­übersaßen. Der musika­lisch-philosophische

eingeladen worden war. Das zeitliche Zusam-

Wurf, der den Bogen von der antiken Prometheus-Sage zu Hölder-

mentreffen mit dem 9. Komponistensymposi-

lin, Rilke und Walter Benjamin schlägt, bot eine völlig neuartige

um machte es möglich. Michael Denhoff hatte

Klangraumerfahrung.

als Auftragswerk für die Alanus Hochschule

Am Flügel, per Film und Bild und mittels professionell präsen-

eine Folge von Klavierstücken komponiert, die

tierter Tonaufnahmen wurde mit großem technischem Aufwand

choreografisch von Eurythmiestudentinnen des

den Symposiums-Teil­nehmern das erstaunliche Werk nun fast 30

vierten Studienjahres umgesetzt wurden, unter

Jahre später auf intensivste Weise nahegebracht.

der Leitung von Stefan Hasler. Diese Begegnung mit einem sensiblen musikalischen „Innenraum“ rundete den ersten Tag opulent ab.

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Den 3. Symposiumstag eröffnete Harald Schwaetzer mit dem Blick des Philosophen auf das Motiv der Schwelle – hier durchgespielt anhand von Goethes Faust und Beispielen aus der Vorsokratik, Beobachtungen aus der abendländischen Mysterientradition: „Ich trat in den Grenzbereich des Todes, ich setzte meinen Fuß auf die Schwelle“. Es gelang ihm überaus gekonnt, dem Publikum interpretatorische Zugänge zu einem nur vermeintlich bekannten und schwierigen Text zu vermitteln. Die Kunsthistorikerin Isabel Rith-Magni zeigte in ihrem differenzierten Gang durch die Kunstgeschichte, dass Atelierbilder den Künstlern seit jeher zur konzeptuellen Standortbestimmung dienten. Sie bot ihrer Hörerschaft mit reichen Bildbeispielen eine Vielzahl an Lesarten solcher Gemälde an, die den Entstehungsort von Kunst malerisch reflektieren: eine überaus wichtige Facette bei einem Symposium, das Kunst und Kunsttheorie im Spannungsfeld zwischen Innen und Außen zu verorten suchte. Die Künstlerin Christiane Lehmann schloss den multidisziplinären Kreis an Über­legungen hierzu, indem sie eine eigene Installation vorstellte, die sie zum Thema „innenistaußenistinnen“ im Tessin 2012 erarbeitet hatte und nun theoretisch reflektierte. Den Ausklang zu dieser, ohne falsche Bescheidenheit, rundum erfolgreich zu nennenden Veranstaltung übernahm Andrea Heidekorn: Mit allen Teilnehmern entwickelte sie einen wohltuend abrundenden Klangteppich. ■

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Eine Annäherung an das Nichts Text: Annett Hillebrand // Werkbundakademie 2013 // Jahrgangsübergreifend // Frühjahrssemester 2013

I

m letzten Jahr lud der Deutsche Werkbund NW wieder zu seiner

InnenarchitektInnen mit eigenen Beiträgen zu

Akademie in das Schloss Gnadenthal bei Kleve ein: „Gibt es das

Wort. Leere Nussschalen auf einer Wiese, die

Nichts, die Leere, das Hohle?“ Innerhalb dieses zunächst außerge-

Leere zwischen den monotonen Wohnmaschi-

wöhnlich anmutenden Rahmenthemas diskutierten die Teilnehmer,

nen in Mega-Citys, philosophische Texte, die

interdisziplinär aufgestellt aus Kunst und Wissenschaft, diese uralte

scheinbar unbelebte Natur, aber auch das leere,

Menschheitsfrage nach dem „Nichts“.

unbeschriebene weiße Blatt wurden zu Symbolen

In zahlreichen Vorträgen wie zum Beispiel „Das edle Wenige. Reduzierte Ästhetik“ von Prof. Eva Filter, „Das Haus ohne Eigenschaf-

für das Nichts. Die von Uwe Hugendick, Student im 2. Jahr

ten. Architektur die nichts erzählt“ von Dipl.-Ing. Georg Ebbing

Bachelor Architektur, im Schlosspark initiierte

oder auch „Das Nichts im östlichen Denken. Schwerpunkt Japan“

Folien-Performance zeigte auf eindrucksvolle

von Prof. Thomas Schmaus wurde versucht, diesem Gedanken

Weise, dass das Nichts eigentlich nicht darstellbar

nachzugehen, Anregungen zu sammeln und sich einer möglichen

ist – oder etwa doch? Die an dünnen Drahtseilen

Antwort zu nähern.

befestigten Folien erzeugten einen diffusen Raum,

Wie in jedem Jahr war auch diesmal wieder Prof. Benedikt Stahl

der mit seinen Bewegungen und meeresgleich

mit einigen Studierenden des Fachbereichs zu Gast. In einem

rauschenden Geräuschen die neugierigen Teilneh-

gemeinsamen Podium mit Prof. Eva Filter und Studierenden aus

mer in eine Ahnung des Nichts entführte. ■

Alfter und Detmold kamen die angehenden ArchitektInnen und

109


110


Exkursionen Nah und Fern

111


Reise Nach Tinos Text: Prof. Benedikt Stahl // Exkursion

W

ie immer vor Beginn des Herbstsemesters:

Immer wieder und überall wurden wir herzlich empfangen. Vor

die Reisezeit. Eine oder mehrere Exkursio-

allem durch den unermüdlichen Einsatz der Wahlinsulanerin Uta

nen, die uns zu neuen Orten führen. Dafür muss

Bock konnte es gelingen, hoch oben in einem Kloster auf dem

man nicht unbedingt weit reisen, manchmal tut

Exomburgo unser Quartier zu finden. Spät abends erreichten wir

es auch ein Ausflug in die nähere Umgebung, um

dieses Ziel und erst am nächsten Morgen liess sich im Strahlen und

etwas mitzubekommen von anderen Kulturen,

Staunen der Gesichter ablesen, wie erhaben es ist, an solch einem

unbekannten Welten oder ungewohnten Gebräu-

Ort wach zu werden. Der grandiose Ausblick über die Insel auf

chen. Hauptsache, man ist reiselustig, neugierig

das Meer, das Leuchten der Morgensonne und der immerwähren-

und offen genug. Dann kann es wirklich gelingen,

de Wind, der Atem des Poseidon, hießen uns willkommen und

viele brauchbare Erfahrungen mit nach Hause zu

ein jeder nimmt diese Einladung mit Freude an. Das Programm

bringen.

der nächsten Tage bestand vor allem aus vielerlei Begegnungen,

In diesem Jahr besuchten wir die beiden Alanus-

Beobachtungen und unvergesslichen Erlebnissen. Natürlich wurde

Freunde Uta und Oskar Bock auf der Kykladenin-

unentwegt gezeichnet und fotografiert. Wir beschäftigten uns dabei

sel Tinos. Die Idee dazu entstand während eines

vorwiegend mit dem kleinen Dorf Ktikados und planten am Ende

Treffens hier in Alfter während der Blickwechsel-

der Woche in der alten verlassenen und baufälligen Schule eine

tage. Angeregt durch die lebendigen Schilderun-

Ausstellung unserer Beobachtungen zu machen. Tatsächlich gelang

gen der beiden Inselbewohner, ihren unwidersteh-

es Uta Bock, den Bürgermeister und die verantwortlichen Dorfbe-

lichen Geschichten, vor allem über das besondere

wohner für diese Idee zu begeistern und während wir durch den

Licht, vielleicht aber auch weil unsere Tage der of-

Ort streiften und fleißig skizzierten, rückte ein kleiner Bautrupp an

fenen Türen kurz vor der Osterzeit die Sehnsucht

und kümmerte sich um das Herrichten der Schule. Die Pausen und

nach wärmeren Orten nähren, fiel es uns nicht

Abende nutzten wir dazu, auch andere Teile der Insel kennenzuler-

schwer, diesen Entschluss zu fassen und in das

nen. Die Stadt Tinos, andere kleine Dörfer, beschauliche Badebuch-

Land der alten Götter zu reisen. Dazu gehört erst

ten und gerne auch mal die ein oder andere Taverne mit immer

einmal die Ankunft in Athen und der Besuch der

neuen Bekanntschaften liessen uns mit jedem Tag etwas mehr von

Akropolis, dem Geburtsort europäischer Kunst

diesem Teil der Welt in Erfahrung bringen und führten zu neuen

und Kultur. Von da aus mit der Fähre auf die Insel

Freundschaften.

die vor allem als Marien-Wallfahrtsstätte bekannt

Am Ende war es wirklich geschafft: Die alte Schule erstrahlt in

geworden ist. Die besondere Beziehung zur Religi-

neuem Glanz und wir haben eine stattliche Sammlung schöner Bil-

on und die lebendige Pflege traditioneller Bräuche

der erstellt, die nun mit einer feierlichen Vernissage hier ausgestellt

begleitete uns von Beginn an und bescherte uns

werden konnten. Bürgermeister Panajoti Krontiras, Pope Antonis

manch unvergessliche Begegnung.

sowie Pater Georgios, der Architekt und hilfreiche Übersetzer

112


Christos Papathanassiou, die zwei Tavernenwirte des Dorfes und alle, die sich trotz der Vorbereitungsarbeiten zum bevorstehenden Dorffest irgendwie frei machen konnten, waren mit dabei. Unsere gegenseitige Freude über dieses Ereignis war riesengroß und alle waren stolz auf das Erreichte. Vielleicht war das die Geburtsstunde eines neuen Inselmuseums. Man hörte diesen Begriff immer mal wieder durch … Am nächsten Tag gab es dann das große Kirchfest zu Ehren des Namenspatrons der katholischen Kirche, an dem das ganze Dorf und zahllos erscheinende Gäste teilnahmen. Messe und Prozession in strahlendem Licht. Alle hatten sich herausgeputzt und waren fröhlich. Die Türen der Häuser waren offen und jeder war auf das herzlichste eingeladen mitzufeiern, zu essen und zu trinken. Was für eine Gastfreundschaft! So etwas hat noch keiner von uns jemals erlebt und wir waren uns einig: Von dieser Gastfreundschaft können wir sehr viel lernen. Vielleicht aber – und das wäre natürlich das schönste Ergebnis einer solchen Reise – haben wir auch etwas voneinander gelernt, sehen wir unsere gewohnte Welt nun wieder ein klein wenig anders und schätzen diese neue Freundschaft. Der Bürgermeister hat uns jedenfalls eingeladen wieder zu kommen und Uta Bock erzählte mir neulich, dass unsere Ausstellung, die wir den Dorfbewohnern gerne überlassen haben, nun in den Häusern verteilt ist und damit diese Begegnung in Erinnerung bleiben wird. Nicht nur bei uns … ■

113


LAURIN - Sommeruniversität Lausitzer Dörfer Text: Prof. Brigitte Scholz // Exkursion Zukunftskonzepte für das Land Einmal quer

Fotografien und Filme sichtbar. In der Zwischen-

durch Deutschland gen Osten, dann ist man 600

präsentation fanden die unterschiedlichen und in

Kilometer später in der Lausitz. Der Landstrich

ihrem Zusammenspiel durchaus reibungsreichen

zwischen Dresden, Berlin und Breslau bietet

Zugänge zusammen und mündeten in gemeinsa-

viel und wenig zugleich: Dörfer mit 30 Einwoh-

me Konzepte. Im Dorf Jänschwalde soll beispiels-

nern und 80 Ziegen, verwunschene Wälder und

weise eine „Tauschwerkstatt“ den Zusammenhalt

verlassene Häuser, endlose Löcher des Braun-

stärken. Für Pusak, Zelz und Bahren an der Neiße

kohlenbergbaus und die Neiße, die als Grenz-

ist eine „lebendige Brücke“ nach Polen die Vision.

fluss Geschichte schrieb. Die jungen Menschen

In Kromlau stehen „offene Werkstätten“ als Syno-

verlassen die Region, die Städter entdecken sie

nym für neue Wertschöpfungsketten.

als Gegenentwurf zur lebendigen Metropole. Wie

Die Ergebnisse der Sommeruniversität liegen

wird die Zukunft der Region aussehen? Diese

in den Händen des EU-Projektes LAURIN, das

Frage erforschten rund 30 Studierende von zehn

für Regionale Identität und kulturelle Vielfalt als

Universitäten aus Deutschland, Österreich, der

Schlüssel einer zukunftsfähigen Regionalentwick-

Schweiz und Slowenien vom 6. bis 21. September

lung, Arbeitsmarktintegration und demokrati-

2013 in einer Sommeruniversität.

scher Teilhabe in der Lausitz steht. Das Team um

Die Alanus Hochschule nutzte die Sommer-

Martin Kuder hat die Sommeruniversität nicht

universität für eine Kooperation zwischen den

nur fantastisch organisiert, sondern begleitet die

Fachbereichen Architektur und Bildungswissen-

Dörfer auch weiter auf ihrem Weg in die Zukunft.

schaften: Studierende aus dem Bachelor Archi-

Im November 2013 gab Martin Kuder einen Zwi-

tektur mit Prof. Brigitte Scholz und dem Bachelor

schenbericht im offenen Forum „Gesellschaftliche

Kunst-Pädagogik-Therapie mit Prof. Gert Bendel

Teilhabe durch Kunst“ in Alanus. Die Studie-

brachten ihre Ideen in den zweiwöchigen Studi-

renden im Fachbereich Bildungswissenschaften

enaufenthalt ein. Nach einem Auftaktkolloquium

haben sich weiter mit dem Thema auseinanderge-

im IBA-Studierhaus arbeiteten die Studieren-

setzt und bereiten eine Ausstellung vor. ■

den in vier Dörfern direkt vor Ort, analysierten und erspürten die Potenziale, sprachen mit den

Studierende: Eva-Marie Bellebaum, Harald Hop-

Menschen und entwickelten daraus Ansätze für

pe, Melanie Kintzinger, Maya Knobloch, Florian

die Zukunft. Während die Planer und Architekten

Komescher, Felicitas Kuhl, Myrtha Reinhold,

sich analytisch näherten, Karten und Grafiken

Claudia Röhrle, Lena Skrabs, Ina Willemsen,

erstellten, Gespräche mit den Dorfbewohnern

Mona Wilsmann, Jan-Henning Eggers

auswerteten, tauchten die Künstler unmittelbar in die Orte ein und machten das Besondere durch

114

www.laurin-lausitz.de


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communities – ressources – development Text: Falk Wagner // Master exkusion Master EXKURSION nach LONDON

V

om 31.10. – 04.11.2013 waren die Master Prozessarchitekten in London unterwegs, um

den Londoner Lebensalltag zu Fuß, per ÖPNV und Fahrrad zu erkunden. Dabei lernten die Master die Stadt mit ihren zahlreichen Orten, Räumen, Kulturen und in Ihren diversen Facetten und Wiedersprüchen kennen. Dank des LondonKenners Prof. Swen Geiss kamen die Master dabei an Orte, die sich wahrscheinlich in keinem Reiseführer finden. Themenschwerpunkte der Exkursion waren historische und jüngere Projekte der Architektur-, Quartiers- und Stadtentwicklung unter dem Oberthema „communities – ressources und developments“. Ziele waren unter anderem Central London, Covent und Southwark (u.a. Tate Modern und Southbank), Elephant und Castle (Heygate Estate und Aylesbury Estate), Peckham (Burgess Park und Peckham Library), East London (Broadway Market, Canary Wharf und Olympic Park).

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Menschen Hin und Weg

119


Interview mit Yohanna Vogt Studium im Fachbereich Architektur von 2005 – 2011, davon ein halbes Jahr Praktikum // Abschluss: Diplom // Das Interview führte Annett Hillebrand Was hast Du nach dem Studium

der Wettbewerbsabteilung gearbeitet. Die andere Zusage war von

gemacht, wo arbeitest Du jetzt und

Gerber Architekten, einem international tätigem Büro mit einer

wie leicht oder auch schwer war es,

Dependance in Berlin.

einen Job zu bekommen?

Ich habe mich dann für Gerber Architekten entschieden, weil ich

Yohanna Vogt Direkt nach dem Diplom bin ich

dort mehr Herausforderungen für mich sah. Wettbewerbe zu bear-

erst mal für fünf Wochen mit zwei Freundinnen

beiten war mir ja leicht gefallen und ich wollte jetzt eher was Neues

nach Südamerika geflogen. Das Diplom habe ich

ausprobieren. Das Vorstellungsgespräch dort war schon die erste

ja im Wintersemester gemacht und da brauchte

Herausforderung, das wurde nämlich in Englisch gehalten – zum

ich danach dringend die Sonne, Entspannung und

Glück war ich vorher in London gewesen.

die Leichtigkeit der südamerikanischen Lebensart. Danach wollte ich zwar dringend nach Berlin,

Das Team bei Gerber Architekten ist wirklich international besetzt, ich arbeite hier mit vielen Kollegen aus ganz unterschied-

hab mir aber erst mal einen Nebenjob in Köln

lichen Kulturkreisen zusammen, oft wird Englisch gesprochen, die

suchen wollen und bin dabei auf die Stellenan-

„offizielle Kommunikation“ ist eh in Englisch.

zeige von JSWD Architekten gestoßen. Da ich deren Projekte schon immer gut fand, habe ich sehr kurzfristig mein Portfolio fertig gestellt und mich beworben. Ich bin dann auch direkt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Eigentlich suchte das Büro jemanden für die Ausführungsplanung. Da ich aber lieber in das Wettbewerbsteam wollte, gab es dann noch ein zweites Gespräch mit dem Leiter der Wettbewerbsabteilung und die haben mich dann direkt genommen. Eine Woche später, im Mai 2011, habe ich dort angefangen. Ich durfte dann relativ schnell im Team eigenständig und verantwortlich Wettbewerbe bearbeiten, die Teamarbeit war wirklich richtig gut und sehr effektiv. Wir haben in dieser Zeit an ca. acht Wettbewerben zusammen gearbeitet. Bei den meisten waren wir erfolgreich und ein erster Preis wird zur Zeit auch gerade gebaut, das Center for Wind Power Drives (CWD) in Aachen auf dem neuen Campus. Ist schon ein sehr gutes Gefühl, wenn die geplanten Projekte dann auch tatsächlich Realität werden. Die Arbeit in der Wettbewerbsabteilung hat mir riesigen Spaß gemacht, war irgendwie wie im Studium. Bei JSWD Architekten war ich dann bis September 2012. Es war eine sehr intensive Zeit dort, leidenschaftliches Arbeiten fast ohne Freizeit aber ich habe es unendlich gern gemacht. Danach bin ich für drei Monate nach London gegangen, ich brauchte mal eine Auszeit, wollte was anderes sehen und mein Englisch auffrischen. Zurück in Deutschland habe ich mich dann initiativ bei verschiedenen Architekturbüros in Berlin beworben und auch zwei Zusagen bekommen: die eine im Büro Grüntuch Ernst Architekten BDA, dort hätte ich als Freelancer wieder in

120

» Wettbewerbe zu bearbeiten war mir ja leicht gefallen und ich wollte jetzt eher was Neues ausprobieren. «


Zur Zeit bearbeite ich dort ein Projekt in Saudi Arabien: die Olaya Metro Station in Riad. Gerber Architekten hatte im letzten Jahr den international ausgeschriebenen Wettbewerb dazu gewonnen. Wir erarbeiten und entwickeln jetzt für die Ausführungsplanung Konzepte in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekten und Verkehrsplanern. Die sich daraus ergebenden Schnittstellen sind für mich sehr spannend und ich lerne vor Quelle: Gerber Architekten, Dortmund

allem sehr viel dadurch. Genau die Herausforderung die ich gesucht hatte. Wenn keine Herausforderung und kein Lernen

was rätst Du den Studierenden? Yohanna Vogt Macht alles mit was angeboten wird, habt Spaß daran

mehr stattfindet, würde ich gehen und was Neues

in die Tiefe zu gehen. Alanus gibt Anreize von allen Seiten zu schau-

machen.

en. Diese Chance sollte man nutzen und alle Impulse mitnehmen.

wie war das Studium an der Alanus

sich daraus ergebenden Erkenntnisse, fordert die Stärke von Alanus

hochschule für Dich?

ein und lasst Euch ein auf die eigene Entwicklung und bezieht dazu

Yohanna Vogt Mein Studium an der Alanus

auch andere Disziplinen mit ein.

Fragt Euch immer nach der Bedeutung der Aufgabe, sammelt die

Hochschule hat mir viel gebracht, ich würde immer wieder dort studieren. Ich kann nicht genau

Bitte einen Satz zu ARCHITEKTUR+ALANUS

sagen, was mir geholfen hat, gut zu sein. Das

Yohanna Vogt Leidenschaft!! Architektur Alanus bietet Chancen,

Studium war sehr umfangreich und wir haben viel

den Beruf des Architekten als Berufung zu verstehen! ■

geforscht. Verschiedene Gesichtspunkte innerhalb

Quelle: JSWD Architekten, Köln

der Projekte zu betrachten und das selbstständige Arbeiten wurden sehr gefördert, das hat meinen Weitblick geschärft. Eine Fähigkeit, die ich in meiner jetzigen Arbeit sehr gut anwenden kann. Ich bin Alanus sehr dankbar, dass es möglich war, die Projekte immer in der notwendigen Tiefe zu betrachten. Auch das hilft mir sehr bei meiner Arbeit. rückblickend betrachtet: würdest Du etwas anders machen? Yohanna Vogt Ich würde es genauso wieder machen und natürlich auch wieder an der Alanus Hoschule.

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Interview mit Bettina Schuhmacher Studium im Fachbereich Architektur von 2008 – 2012 // Abschluss: Bachelor // Interview führte Annett Hillebrand Was hast Du nach dem Studium

ich an der Werk- und Detailplanung mitgewirkt und musste auch

gemacht, wo arbeitest Du jetzt und

etwas Bauleitung machen. Die Arbeit war ganz ok dort, aber jetzt

wie leicht oder auch schwer war es,

nicht wirklich neu für mich. Insofern kam es mir dann gerade recht,

einen Job zu bekommen?

dass mich die Stadt Bonn, auf meine Bewerbung hin, zu einem

Bettina Schuhmacher Ich habe mich direkt bei

Vorstellungsgespräch einlud. Das Gespräch ist sehr gut gelaufen,

mehreren ausgeschriebenen Stellen beworben, in

die Stelle hat mich sehr interessiert und die angebotenen Konditi-

verschiedenen Architekturbüros, unter anderem

onen waren sehr gut, also habe ich gewechselt und bin jetzt beim

aber auch bei der Stadt Bonn. Den Zuschlag

SGB, dem städtischen Gebäudemanagement der Stadt Bonn, in der

bekam ich dann sehr schnell von einem Kölner

Bauunterhaltung tätig. Und das ist natürlich was ganz Anderes. Die

Architekturbüro. Da ich schon während meines

Arbeit ist sehr interessant, aber nicht wirklich die eines Architek-

Studiums Erfahrungen in verschiedenen Architek-

ten im klassischen Sinne. Meine Kollegen sind auch hauptsächlich

turbüros sammeln konnte und auch eine Bau-

Techniker oder Handwerksmeister, wir sind mehr Projektsteuerer

zeichnerlehre habe, war der Einstieg relativ leicht.

als Kreative. Unsere Hauptaufgabe ist die bautechnische Unter-

Ich habe einen bestehenden Entwurf für sechs

haltung von städtischen Gebäuden, hauptsächlich Schulen. Hier

Einfamilien-Reihenhäusern, bearbeitet, dazu

koordinieren, initiieren und terminieren wir ganz unterschiedliche

gehörte auch die Erstellung einer Kostenschät-

Sanierungsmaßnahmen. Mal ist es wirklich nur eine ganz winzige

zung. Für die Aufstockung eines Gebäudes habe

Maßnahme, es klemmt die Tür oder die Beleuchtung ist ausgefallen, sehr oft sind die Sanierungen aber komplexer: Das Dach ist undicht oder der Sporthallenboden muss saniert werden. Dazu erstellen wir dann die Ausschreibungen für die notwendigen Arbeiten zur Mängelbeseitigung, terminieren die Handwerker und überwachen die Ausführung der Arbeiten.

» Man wächst mit seinen Aufgaben. « Bevor das aber alles geschehen kann, müssen wir als erstes eine Genehmigung der Gelder für die Sanierungsmaßnahme beantragen. Hierzu braucht es eine detailliert ausgearbeitete Kostenschätzung. Erst wenn der zuständige Ausschuss der Stadt Bonn die Gelder freigegeben hat können wir aktiv werden. Bei sehr großen und komplexen Sanierungsmaßnahmen ziehen wir auch schon mal externe Fachingenieure oder Architekten hinzu. Zu meinen Aufgaben gehört aber auch, den Gebäudebestand zu inspizieren und eventu-

122


elle Mängel zu erkennen und dann die richtigen

haben zu meiner persönlichen Entwicklung bei-

Maßnahmen zu deren Beseitigung einzuleiten.

getragen und meinen Blick geweitet, das hat mir

Das fällt mir manchmal noch etwas schwer, da es

viel gebracht auch wenn ich am Anfang dachte:

ein sehr komplexes Thema ist. Aber man wächst

„Wofür braucht man das in einem Architektur-

ja mit seinen Aufgaben. Obwohl mir meine Arbeit

studium?“

zur Zeit viel Spaß macht, das Arbeitsklima und vor allem die Arbeitszeiten sehr gut sind, möchte

rückblickend betrachtet: würdest

ich nicht immer bei der Stadt beschäftigt bleiben.

Du etwas anders machen?

Ein bisschen fehlt mir jetzt schon das Kreative,

Bettina Schuhmacher Viel anders hätte ich mein

außerdem zeichne ich sehr gerne. Langfristig

Studium nicht gestalten wollen, ich würde viel-

gesehen möchte ich wieder in einem klassischen

leicht die ein oder andere gebotene Chance besser

Architekturbüro arbeiten.

nutzen.

wie war das Studium an der Alanus

was rätst Du den Studierenden?

Hochschule für Dich?

Bettina Schuhmacher Praktika in verschiedenen

Bettina Schuhmacher Das Studium hat wirklich

Büros machen, um zu erfahren, wie der Büroalltag

viel Spaß gemacht, es war sehr entspannt, ich hatte

so abläuft und um die Strukturen dort kennen-

keinen Stress weil ich meine Vorerfahrungen als

zulernen. Vielleicht sogar eine Bauzeichnerlehre

Bauzeichnerin und staatlich geprüfte Technikerin

vorher machen, das hilft ungemein.

im Hochbau einbringen konnte. Das hat mir sehr

Ich habe während des Studiums immer neben-

geholfen, so konnte ich mich auf die künstlerische

bei in einem Architekturbüro gearbeitet, das hat

Ausbildung konzentrieren. Manchmal hätte ich

mir auch für die Bearbeitung meiner studenti-

mir aber auch gewünscht, dass mehr technisches

schen Projekte geholfen.

Wissen vermittelt wird, dass man mehr auf Baustellen geht, um die Zusammenhänge zwischen

Bitte einen Satz zu

der Planung und dem Erstellen eines Bauwerks

ARCHITEKTUR+ALANUS

begreift.

Bettina Schuhmacher kreativ, außergewöhnlich

Das Studium Generale und die Wahlpflichtmodule wie Schauspiel, Feldenkrais, Eurythmie usw.

und manchmal etwas abgehoben. Ich würde aber jederzeit wieder hier studieren. ■

123


Interview mit Ole Küppers Studium im Fachbereich Architektur von 2004 – 2010 // Abschluss: Diplom // Interview führte Annett Hillebrand Was hast Du nach dem Studium

Mit dieser Organisation hatte ich dann tat-

gemacht, wo arbeitest Du jetzt und

sächlich die Möglichkeit, an einem Bauprojekt

wie leicht oder auch schwer war es,

in der Demokratischen Republik Kongo (Afrika)

einen Job zu bekommen?

mitzuwirken. Vor Ort haben wir (Freiwillige aus

Ole Küppers Direkt nach dem Studium bin ich

unterschiedlichen Ländern) mit den Einheimi-

erst mal für einen Monat auf Reisen gegangen.

schen angefangen, zwei Schulen zu bauen. Ich

Ich war zum Wandern in der Ukraine, habe viele

habe dabei so ziemlich alles gemacht, ich war

Freunde besucht und Entspannung gefunden.

eine Art Bauleiter, der die Arbeiten anleitet, habe

Nach meinem Urlaub habe ich in Zusammen-

Verhandlungen mit Behörden und politischen

arbeit mit Prof. Swen Geiss als Honorarauftrag

Vertretern geführt, Baumaterial beschafft, was

für die Hochschule eine sehr umfangreiche

sich aufgrund der fehlenden Infrastruktur als sehr

Dokumentation eines Studienprojektes aus dem

schwierig erwiesen hat und natürlich habe ich

Bachelor ausgearbeitet. Für Prof. Geiss war ich

auch selbst mitgebaut. Ich habe dort selbstständig

bereits während des Studiums als studentischer

arbeiten müssen (und natürlich auch wollen), mit

Mitarbeiter tätig, habe außerdem für team 51°5

und unter allen Bedingungen. Während dieser

zu meiner Freundin gezogen. Ich hatte vor, erst-

Architekten in Wuppertal an verschiedenen

Zeit hatte ich sehr viel Kontakt zu den Einheimi-

mal Praxiserfahrung im Bereich des Lehmbaus

Bauvorhaben mitgearbeitet. Im Anschluss an den

schen und konnte deren Leben vor Ort kennen-

zu sammeln. Das hat leider nicht geklappt, da es

Honorarauftrag bin ich, auf dessen Anfrage hin,

lernen – ein wirklich sehr einprägsames Erlebnis.

nur wenige reine Lehmbaubetriebe gibt und die so

in das Atelier Fritschi + Stahl – Architektur und

Leider mussten wir nach drei Monaten die Arbeit

klein sind, dass sie sich einen Angestellten nicht

Stadtraum in Düsseldorf gewechselt. Dort war ich

dort, aufgrund der sich nun doch schwierig gestal-

leisten können.

bis Februar 2012, zuerst als freier Mitarbeiter und

tenden politischen Ereignisse, abbrechen.

Zurück in Deutschland bin ich nach Frankfurt

Also bin ich ganz klassisch auf Jobsuche

später dann in Festanstellung. Hauptsächlich war

gegangen, habe mich vor allem initiativ, bei mir

ich mit Werk- und Detailplanungen u.a. für ein

interessant erscheinenden Architekturbüros be-

Kinder- und Jugendzentrum in Neuss beschäftigt. Für dieses Projekt hatte ich auch die künstlerische Oberleitung. Aber eigentlich wollte ich nach dem Studium in einem Projekt der Entwicklungszusammenarbeit tätig sein. Deshalb habe ich nach meiner Tätigkeit im Atelier Fritschi + Stahl eine Fortbildung zur Fachkraft für Lehmbau gemacht, um mich dann bei den Grünhelmen, einer Nichtregierungsorga-

» Aber eigentlich wollte ich nach dem Studium in einem Projekt der Entwicklungszusammenarbeit tätig sein. «

worben und dann auch sehr schnell, im November 2012, bei bb22 Architekten und Stadtplaner, einen Job gefunden. Klassisch waren dann auch meine Aufgaben dort: Ausführungsplanung für Einfamilienreihenhäuser, Bauantrag zu einem gemeinschaftlichen Wohnbauprojekt, Entwürfe und Ausarbeitungen bei Wettbewerben, zeitweise hatte ich auch für einige Projekte die künstlerische Oberleitung, d.h. ich war auf der Baustelle,

nisation mit Sitz in Troisdorf, die Bauprojekte in

um die Bauausführung hinsichtlich Entwurf und

Krisenregionen unterstützt, zu bewerben.

Gestaltung zu überwachen. Im September 2013 wollte ich mich noch einmal neu orientieren und bin über Competitionline auf das Büro Architekten Stein Hemmes Wirtz aufmerksam geworden. Dort habe ich mich beworben, bin zum Gespräch eingeladen und auch direkt angenommen worden. Im Moment bearbeite ich dort die Ausführungspläne für ein Mehrfamilienwohnhaus (Passivhausstandard) in Ludwigshafen. wie war das Studium an der Alanus Hochschule für Dich? Ole Küppers Das Studium war sehr vielfältig und abwechslungsreich für mich, es gab Hoch-Zeiten und Phasen, die mich manchmal auch frustriert haben. Insgesamt war es eine sehr spannende Zeit – vor allem auch weil ich die Entwicklung des Fachbereichs mitbekommen habe. Zu Beginn meines Studiums hatte der Fachbereich gerade mal drei Professoren und eine Handvoll Studie-

124


rende und unsere Ateliers waren im Schloss Alfter untergebracht.

als die geforderte Zeit dafür aufwenden. Nur wenn man längerfristig

Als ich dann mein Diplom gemacht habe, hatte sich der Fachbereich

in einem Büro tätig ist, kann man die Bürostrukturen und die oft

enorm vergrößert, der Bachelor Studiengang war etabliert und wir

sehr langwierigen Planungsprozesse durchschauen und begreifen.

hatten ein eigenes Atelierhaus. Wichtig war aber immer, dass das Studium mich angeregt hat, mich mit den Fragen rund um Archi-

Bitte einen Satz zu ARCHITEKTUR+ALANUS

tektur und Gesellschaft zu beschäftigen und die Planungsprozesse

Ole Küppers mag: mensch architektur gesellschaft – das trifft es,

immer im gesellschaftlichen Kontext zu sehen. Das beschäftigt mich

deshalb habe ich auch an dieser Hochschule studiert. ■

auch heute noch sehr, und obwohl ich viel Ausführungsplanung mache, sehe ich mich nicht ausschließlich als Techniker, sondern versuche gesellschaftliche und soziale Fragestellungen in meine Arbeit zu integrieren. Manchmal bin ich aber etwas ernüchtert, weil ich merke, dass solche Arbeitsansätze in der Realität nicht immer gefragt sind. rückblickend betrachtet: würdest Du etwas anders machen? Ole Küppers Ich würde es genauso wieder machen und natürlich auch wieder an der Alanus Hochschule. was rätst Du den Studierenden? Ole Küppers Auf jeden Fall Praxiserfahrungen sammeln und mehr

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Das Wahre muss man sich erobern Interview mit Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Meisenheimer // das interview führten Annett Hillebrand + prof benedikt stahl

D

er Deutsche Werkbund Nordrhein-Westfalen,

Prof. Dr. Wolfgang Meisenheimer er-

Erinnerung einbezogen ist. Ich bin ja nicht zum

kurz DWB NW, ist einer von neun Landes-

läutert hier im Gespräch mit Annett

ersten mal hier. In welche die Zukunft einbezogen

bünden. Seine Aktivitäten umfassen Veranstaltun-

Hillebrand und Prof. Benedikt Stahl

ist. Ich komme ja mit einer gewissen Erwartung

gen, Veröffentlichungen, Projekte, sowie die vielen

ein paar Gedanken und Ansichten

wenn ich den Benedikt besuche und sie sind

Arbeiten und Werke seiner Mitglieder. Unter

zu möglichen Zusammenhängen

dabei, da faltet sich sozusagen die Zeit auseinan-

dem Motto „Einmischen und Mitgestalten“ ist der

zwischen Werkbundarbeit und der

der.Die Raumwahrnehmung ist sehr kompliziert.

Deutsche Werkbund NW in vielen Themenfeldern

Alanus Hochschule.

Man kann daran erkennen, dass das eine teilweise

des gestalteten Lebensraumes aktiv. Der hundert-

Wolfgang Meisenheimer Ich möchte mit dem

körperliche Angelegenheit ist und teilweise eine

jährige Geburtstag der großen Kölner Werkbund-

Wort Wahrnehmung anfangen. Sowohl der

geistige Angelegenheit, aber in beiden Fällen hat

Ausstellung von 1914 ist in diesem Jahr besonde-

Werkbund als auch die Alanus Hochschule, um

das mit dem Tun zu tun.

rer Anlass zu diversen Veranstaltungen. So wird es

das gleich beim Wickel zu packen, haben beide

in Köln eine Reihe von Ausstellungen und Festen

auf eine merkwürdige Weise zu tun mit einer

geben, an denen sich auch unser Fachbereich

besonderen Auffassung zur Wahrnehmung.

beteiligt. Auch die jährlich stattfindende Werk-

Aber was ist Wahrnehmung? In diesem

bund Akademie in Schloß Gnadenthal bei Kleve

Ausdruck, in diesem Wort, Wahrnehmung oder

widmet ihr Rahmenthema diesem Anlass.

wahrnehmen stecken ja zwei Wörter, nämlich da

Der Fachbereich Architektur pflegt seit gerau-

steckt: das Wahre und nehmen. Man muss also

» In „Wahrnehmung“ stecken zwei Wörter: Das Wahre und nehmen. «

mer Zeit eine kontinuierliche Zusammenarbeit

das Wahre nehmen. Das Interessante an dieser Art

mit dem Werkbund, der maßgeblich der Idee der

von Wortkombination ist doch, dass das Nehmen

Zusammenarbeit von Gestaltung, Handwerk und

eine Tätigkeit ist und das Wahre ein Seinssach-

Industrie verpflichtet ist; einer Idee, die auch in

verhalt. Das Wahre ist ein Phänomen oder ein

Bildungskonzepte wie dem des Bauhauses einge-

Ding, vielleicht sogar ein Sachverhalt oder ein

im positiven Sinne charakterisieren sollte, dann

flossen sind.

Ereignis, aber das Nehmen ist auf jeden Fall ein

ist das, was die hier machen von der Art, dass das

Handlungscharakter, hat Handlungscharakter.

Wahrnehmen wirklich als ein Nehmen trainiert

bundes NRW, Architekt, Künstler und Autor,

Nehmen ist eine Tätigkeit und ich will das deshalb

wird, wenn die Handlungen ins Spiel kommen.

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Meisenheimer ist zudem

zum Ausgangspunkt für unser Gespräch machen,

Hier geht es nicht nur darum, aus Lexika und Bü-

Mitglied im Kuratorium und langjähriger Weg-

diese Analyse des Wortes Wahrnehmung, weil der

chern die Sachverhalte der Welt kennenzulernen,

begleiter der Alanus Hochschule. So hat er unter

Witz dabei sofort erscheint, wenn man dass Wort,

die Vergangenheit und Gegenwart zur Kenntnis

anderem im Rahmen der staatlichen Anerken-

diesen Ausdruck, anfängt auseinanderzunehmen.

zu nehmen, hier muss man was tun. Das fängt mit

nung durch entsprechende Gutachtertätigkeiten

Das nämlich das Wahre nicht zu haben ist ohne

einfachen handwerklich, körperlichen Sachen an

die Vergleichbarkeit des Studienangebotes des

eine Handlung, ohne etwas zu tun, man muss

und geht dann bis in kompliziertere Arbeitssitu-

Fachbereich Architektur mit staatlichen Hoch-

etwas tun, zum Beispiel wenn man die Landschaft

ationen hinein. Dieser Zusammenhang zwischen

schulen bestätigt.

hier wahrnehmen will, dann muss man, ich sage

einem Interesse für Wahrheit, für das Wahre, was

mal, physiologisch aktiv werden, erst mal die

auch immer das jetzt ist, das verbunden wird mit

freut sich auch bei Studierenden und Dozenten der

Augen aufmachen, die Beine bewegen, spazie-

dem Training der Möglichkeiten des Nehmens.

Alanus Hochschule großer Beliebtheit, versucht er

ren gehen und vielleicht sogar mit Menschen

Das Wahre muss genommen werden. Aber man

doch, dort immer in einem interdisziplinären Set-

sprechen. Der ganze Körper ist beteiligt und

muss die Techniken des Nehmens, also der An-

ting bedeutenden Fragestellungen in Architektur

Wahrnehmung hat sehr viel zu tun mit einer ganz

eignung, trainieren um an diese Spielarten der

und Gesellschaft auf die Spur zu kommen.

komplexen Situation des Körpers in welche die

Wahrheit heranzukommen. Das ist der Schlüssel

Der stellvertretende Vorsitzende des Werk-

Die von ihm geleitete Werkbund Akademie er-

126

Mir scheint, wenn man diese Hochschule hier


wie man diese Hochschule ganz gut interpretieren

Werke schaffen, also beispielsweise Löffel und

„Nee, also mit einem Kunstwerk, also ich möchte

kann, und das trifft auch auf den Werkbund zu.

Häuser, vielleicht auch Städte. Wir wissen aber

einen Stuhl, haben auf dem ich sitzen kann, aber

nicht genau wie, wir müssen unsere Erfahrungen

nicht nur ich, sondern 4000 andere Leute auch,

licher Art, da ist nämlich das Werk, dass eine

austauschen. Man war vornehm genug davon

die wenig verdienen. Sie müssen einen anständi-

gewisse Rolle spielt, das kann z.B. ein Löffel sein,

auszugehen, dass diese Menschen in diesem Bund

gen Stuhl kriegen und der muss gut gemacht sein.

dieser Werkbund ist also ein Zusammenschluss

sehr verschieden voneinander sind. Wenn man

Außerdem muss das ein Serienprodukt sein, der

von Menschen, die sich mit diesem Werk abgeben

also drei an einem Tisch hat, dann hat man drei

muss mit Maschinen gemacht sein. Was heißt das

und da wird sichtbar, dass das eine gesellschaft-

ganz verschiedene Arten von Erfahrung, wenn

schon, Kunstwerk, also betonen wir das mit dem

liche Angelegenheit ist, also nicht nur einen

diese verschiedenen Menschen eine Empfehlung

Kunstwerk mal nicht so sehr, gehen wir lieber mal

einzelnen Menschen betrifft.

im Bezug auf Werkvorgänge geben, dann sind diese

von einer Massenproduktion aus, dann liegen wir

Empfehlungen sehr unterschiedlich, manchmal

auf einer besseren Linie.

Der Werkbund, selbst das Wort ist von ähn-

Eben hatte ich, als ich anfing über Wahrnehmung zu sprechen, mehr psychologisch interpretiert,

sogar widersprüchlich (und manchmal kriegen

Und an der Stelle waren diese beiden Leute ab-

indem ich also einen Menschen bei seiner Wahr-

die sich sogar in die Wolle). Aber sie waren be-

gründig voneinander verschieden: Der berühmte

nehmungsarbeit betrachte, bei dem Werkbund ist

freundet und wollten diese divergierenden Erfah-

Typenstreit in Köln, bei der großen Werkbund-

aber sofort die Gesellschaft dabei, der Werkbund

rungen austauschen. Da sagte zum Beispiel einer,

ausstellung 1914. Ich will aber jetzt nicht diese

ist ein Bund, das sind befreundete Leute die

den nenne ich jetzt mal Henry van der Velde:

Einzelheiten erwähnen, sondern ich will sagen,

diesen Bund bilden, sich ab und zu treffen um

„Jedes Ding, das ich anfasse wird, wenn ich lang

dass das Tun, das Werken, in dem Falle vom

Erfahrungen über Werkvorgänge auszutauschen.

genug daran tätig bin, ein Kunstwerk sein. Ob das

Werkbund und in der Besinnung auf diese Mach-

Wie macht man ein Werk? Wie machst du das,

jetzt ein Stuhl ist oder das Kleid einer schönen

vorgänge, die hier bei den Plastikern, den Malern,

wie macht der das? Wie kann man es anders ma-

Frau, ein Gebäude oder eine ganze Hochschule ...

den Architekten und den Tänzern eine Rolle

chen? Und so weiter. Der gegenseitige Austausch

am Ende wird es ein Kunstwerk sein, und muss

spielen, dass diese Machvorgänge studiert werden

im Bezug auf die Verfahren des Werkens, das ist

ein Kunstwerk sein und das soll die Zielvorstel-

um, wenn es gut geht, ein Werk zu erzeugen. Und

das Wesen des Werkbundes und das war auch der

lung sein, die gilt.“

so ist dieser Werkzusammenhang, sowohl hier

Ausgangspunkt für die Gründung des Werkbun-

Und dann kommt mit Sicherheit jemand an-

des. Diese Leute haben sich überlegt, wir müssen

ders, zum Beispiel Herr Muthesius der sagt dann:

an der Hochschule als auch bei den Grundüberlegungen des Werkbundes charakteristisch, da treffen sich diese beiden Einrichtungen tatsächlich auf eine besondere Art. Da werden zwei Ideen miteinander verbunden: Der eine Ideenstrang, der auf das Dinghafte zielt, das heißt es müssen schöne, gute vernünftige, brauchbare Dinge gemacht werden, das ist der Dingzusammenhang, den man benennen kann. Diese Etiketten kann man dann an die Dinge hängen, dann gibt es gute Stühle und schlechte Stühle. Oder ein Lehrer kann sagen, das war ein guter Entwurf für ein Wohnhaus und das war ein ganz miserabler, aus dem und dem Grund. Man führt sogenannte sachliche Gründe an, dann haben die Dinge die und die Eigenschaften und die kann man beim Namen nennen. Die andere Seite der Diskussion ist die des Werkens, des Herstellens, des Machens, der Vorgänge. Da muss also dieser Lehrer in der Hochschule nicht als erstes sagen, das ist ein schlechter Entwurf, sondern der muss sagen, da musst du anders rangehen. Du hast zum Beispiel gar nicht drüber nachgedacht, dass da mehrere Leute sind, die in

127


diesem Haus leben wollen und die sind verschie-

Fakultät Architektur denken und man sagt: Die

gibt und muss selber erfahren. Das nennt man

denartig gebaut und so weiter. Du musst auf die

Architektur muss gültig sein, sie muss Bedeutung

auch lernen, das ist eine andere Art des Lernens.

Lebensverhältnisse gucken, von da aus musst Du

haben, sie muss wertvoll sein für Menschen.

mehr einsteigen, dann findest Du eine andere

Also muss man zuerst den Menschen studieren.

keit bei der Suche nach der Wahrheit denken.

Form, die dafür besser geeignet ist. Das heißt

Man muss etwas wissen über die Bewegungen

Zum Beispiel den Weg über die Literatur. Man

Du musst deine Methode umstellen, damit Du

des Körpers und man muss die Handlungen des

kann ganz wichtige Bücher lesen, die genau davon

am Ende ein besseres Ding, in diesem Fall, einen

Menschen studieren. Aber auch die Vorgänge

handeln. Man kann sogar von Thomas Bernhard

besseren Entwurf rausbringst. So wird also immer

gesellschaftlicher, kultureller, historischer Art

lernen wie man Architektur nicht machen darf

gespielt mit diesen beiden Momenten, mit diesem

spielen eine Rolle. Und das könnte der Einstieg

und solche Kuriositäten, oder von Rainer Maria

Dingmoment und mit dem Machmoment, mit

bei der Suche nach der Wahrheit sein: Das Leben

Rilke oder von Stefan George kann man lernen

dem Tun. Diese Wörter könnten sozusagen die

kennen lernen. Man sollte also den Studierenden

wie man ein Gebäude bauen sollte. Also, eine

Schlüssel sein, über die man in diese Themen

empfehlen zunächst mal alles das zu tun, Berliner

andere große Kunstform kann das Tor sein, in das

einsteigen kann.

Ballen zu essen, aufs Klo zu gehen, nach Italien

man eintreten muss, um die Wahrheit zu finden.

zu reisen, Fahrrad zu fahren. Alles das muss man

Es gibt mehrere Möglichkeiten durch diese Tore

tun, das Tun muss man an den Anfang stellen.

zu gehen, in der Hoffnung diese Landschaft zu

Und wenn man dann nach Hause kommt, dann

finden, die man die Wahrheit nennt oder das

hat man eine Portion Erfahrung gemacht, wie

Wahre oder das Gültige.

» Man muss zuerst den Menschen studieren. «

Ich könnte mir auch noch eine dritte Möglich-

man das so schön nennt, und dann hat man den Einstieg gefunden in dieses Tor, in die Werkstatt

Annett Hillebrand Ich gehe davon aus, dass Sie all

sozusagen. Dann kann man sich in die Werkstatt

diese Wege beschritten haben …

begeben, an den Tisch setzen und etwas zeichnen oder einen Vorschlag machen, der zu tun hat mit

Wolfgang Meisenheimer Ich habe immer kleine

Benedikt Stahl Was mir in diesem Zusammen-

Wahrheit, in dem Sinne, dass man hofft die Form

Spaziergänge gemacht, aber eine Menge davon!

hang sehr gut gefällt, ist auch der Begriff des

die man erzeugt, die wird, wenn es gut geht, etwas

Spiels, des Spielerischen, nicht in der Bedeutung

zu tun haben mit diesen Erfahrungen. Die Er-

von kindlicher Naivität, sondern eigentlich mehr

fahrung wird in dieser Form drin stecken. Wenn

in der Bedeutung von Offenheit für das, was noch

ich aus Italien zurückkehre oder ich komme aus

nicht da ist. Also Offenheit und Freiheit für das

Sifnos zurück und betrachte hier wieder Archi-

was noch nicht da ist, es gibt noch keine Regel

tektur und analysiere sie oder entwerfe sogar,

dafür, wie das Machen aussieht.

dann hat dieser Entwurf, das was ich hier baue, schon auch was mit Sifnos zu tun. Dann gibt es

Annett Hillebrand Ja, genau das, die Offenheit, ist

einen Gedankenfaden der die Vergangenheit mit

» Ich habe mich darin geübt Sachen gerne zu haben, die ich selbst nicht mache oder machen würde. «

ja die Grundvoraussetzung für das Wahrnehmen.

der Gegenwart verknüpft, der eine entfernte Land-

Beim Wahr-Nehmen stellt sich mir aber noch

schaft mit diesem Ort hier verbindet. Ich spinne

folgende Frage: Wie kommt man denn zu der

kulturelle Fäden. Die Suche nach der Wahrheit

Erkenntnis, was wahr ist? Wenn die Studierenden

hat also zu tun mit der Erfahrung, mit dem Leben

Annett Hillebrand Welche Architektur ist denn

wahrnehmen, das Wahre nehmen sollen, und

könnte man auch sagen.

für Sie wahr?

nicht nur einfach nehmen, was ihnen angebo-

Ein zweiter ganz andersartiger Einstieg bei der

ten wird, sondern die Impulse der Dozenten

Suche nach der Wahrheit, könnte ein akademi-

Wolfgang Meisenheimer Ich habe mich darin

auch reflektieren, wie können sie dann für sich

scher sein: das Lernen. Man geht in die Bibliothek.

geübt, auch als Lehrer in Düsseldorf, Sachen

entscheiden, was wahr ist? Welchen Erkenntnis-

Wenn man also einen Entwurf, zum Wohnungs-

gerne zu haben die ich selbst nicht mache oder

weg müssen die Studierenden gehen? Wenn wir,

bau oder zum Fabrikbau, machen muss, dann

machen würde. Ich habe sogar auch Entwürfe

um Ihr Beispiel von vorhin nochmal aufzuneh-

sucht man die Bücher raus, über Wohnungsbau

betreut und auch sehr gut bewertet, denen ich als

men, durch eine Landschaft gehen, ist es jetzt im

oder Fabrikbau, dann studiert man mal, wie das

Architekt nicht folgen würde, also die ich selbst

aufkommenden Frühling fast schon allgemein

in Skandinavien gemacht wird, damals oder jetzt

für mich nicht haben möchte, die ich nicht in

gültig, dass das schön ist, dass man sich freut und

in Frankreich oder anderswo auf der Welt. Man

mein Werk aufnehmen wollte. Aber das ist eine

jubiliert. Aber wann jubiliert Architektur, sodass

nimmt zur Kenntnis, was die kultivierte Welt denn

Frage der Noblesse eines Lehrers, dass er offen ist

wenn Menschen daran vorbei gehen, diese wirk-

so drauf hat, man sucht die Wahrheit, bei diesem

für die Kapriolen, die der Andere macht. Da gilt

lich berührt werden und wie vermittelt man den

zweiten andersartigen Anlauf, man sucht sie in der

es dann in Wirklichkeit demjenigen zu helfen,

Studierenden genau das? Wie vermittelt man die

bereits bestehenden Kultur. Ganz gleich, ob die

seine Kapriolen sauber hinzubekommen ohne

Wahrnehmung für das Wahre oder die Erkenntnis

jetzt literarischer Art ist, ob man ins Museum geht,

Genickbruch oder so. Das ist wie im Zirkus, man

für das Wahre?

ob man speziell dafür eine Reise macht um von

muss dem dann helfen, der darf nicht umkommen

einem Gebäude, das irgendwo steht, zu lernen. Be-

bei seiner Übung und man kennt so einige Tricks,

Wolfgang Meisenheimer Es gibt mehrere Mög-

stimmte Gebäude muss man natürlich im Original

Netze sozusagen, die man als Hilfsmaterialien zur

lichkeiten einen Einstieg zu riskieren in dieses

gesehen haben und zur Kenntnis nehmen. Dieser

Verfügung stellen kann. Aber das bedeutet noch

Gebirge „Wahrheit“. Ein Einstieg könnte folgen-

zweite Einstieg, der hat zu tun mit der kulturellen

lange nicht, dass man das jetzt selber mag was der

dermaßen funktionieren: wenn wir mal an die

Erfahrung, man muss wahrnehmen, was es schon

Andere macht oder empfiehlt.

128


Annett Hillebrand Aber wenn der Andere es mit

wenn man im voraus alles sagen könnte, als wenn

ansetzen kann. Der Rest ist, Du sagtest es gerade,

Leidenschaft macht, wenn er genug geübt hat,

man jemanden sagen könnte wie man bauen soll-

offen, also spielerisch eben. Das heißt, da wird

sich in anderen Kulturen und Künsten gesucht

te, wo es lang geht, oder wenn einer einen Roman

getastet, da wird versucht, das ist ein gewaltiges

und gefunden hat, dann würden Sie es trotzdem

schreiben will, wie man das zu machen hat. Da

Experiment, jeder Entwurf, jede Herstellung eines

gut heißen, auch wenn Sie es selber nicht machen

muss ich sagen, von dieser Art von Prophetentum

Löffels oder eines Gebäudes ist in dem Sinne ein

würden?

wende ich mich vollkommen ab, das finde ich

Spielvorgang. Das bedeutet, da werden probeweise

auf ganz groteske Weise falsch. Wir wissen nichts

Situationen herbeigeführt, spielerisch, offen, man

vorher sicher. Was wir sicher haben können, das

weiß nicht ganz genau wohin es führt. Allerdings,

sind Informationen und Regeln die man rational

wie gesagt, man benutzt rationale Regeln dann

Annett Hillebrand Also geht es Ihnen immer um

formulieren kann, und zwar rational im Sinne der

doch, das sind einzelne rationale Regeln die man

die Haltung des Studierenden beim Tun?

Naturwissenschaften. Man kann zum Beispiel sa-

befolgen muss, aber das Ganze ist ein offenes

gen wenn, man einen Stift so und so macht, dann

Spiel. Deswegen glaube ich auch, wenn wir von

kann man damit Striche auf das Papier machen,

unserer gesamten Arbeit sprechen, diese im

das lässt sich beweisen, physikalisch und che-

Wesentlichen einen Spielcharakter hat. Aber in

misch und das lässt sich mechanisch ausführen.

diesem Spiel sind die Kapseln oder Felder der Ra-

Das heißt also, dass in dieser Naturwissenschaft,

tionalität untergebracht und an der Stelle geht es

besonders in der Physik und der Mathematik aber

nicht ohne die Schule, da muss man lernen, damit

auch in der Technik, sehr viel Rationalität steckt.

umzugehen. Wer meint er könnte ohne Training

Man muss beweisen, dass das so und so geht.

in den rationalen Feldern durchkommen, der irrt.

Wolfgang Meisenheimer Ja, natürlich, absolut!

» Leiden gehört unbedingt zur Liebe dazu, denn Leidenschaft ist nicht anderes als eine intensive Liebe. «

Man muss auch beweisen, dass ein Gebäude nicht zusammenfällt, weil die Statik stimmt. Oder man

Annett Hillebrand Also nur Spielen ist auch nicht

muss beweisen, dass man das in einem bestimm-

das Wahre.

ten finanziellen Rahmen hinkriegt, da muss man Wolfgang Meisenheimer Ja! Eben in dem Moment

eine Kostenschätzung machen. Ökonomie spielt

fange ich an, das sehr zu lieben, wo ich sehe, dass

auch eine Rolle. Das heißt, es gibt allerhand

das leidenschaftlich gemacht wird. Die Arbeit,

rationale Wege die wir benutzen müssen, aber das

das Werken muss mit Leidenschaft passieren, das

Ganze, der ganze Entwurf, also die ganze Tätigkeit

heißt, dass man sich besinnt auf das Reglement,

etwa eines Designers oder eines Architekten, auch

und man tut das jetzt, allerdings mit verve, wie

eines Künstlers natürlich, ist aber nicht charakte-

die Franzosen sagen würden, man muss da schon

risiert durch diese Rationalität. Sondern, in der

powern, wie die Engländer sagen würden oder

Arbeit des Designers und des Architekten stecken,

man muss ran, wie die Kölner sagen würden.

rationale Felder in denen man lernen kann, die

» Aber das Ganze ist anders, das Ganze muss man auf ahnende poetische Weise zusammentragen. «

man beherrschen muss. Man muss in die Schule Annett Hillebrand … ist das, das Leiden in der

gehen, Prüfungen machen, man muss auch an-

Leidenschaft?

deren Leuten beweisen, dass man das kann und

Wolfgang Meisenheimer Nein, natürlich nicht.

so weiter, das sind diese rationalen Felder. Aber

Man kann auch so ganz allgemein sagen, das Spie-

Wolfgang Meisenheimer Ja, das ist eine sehr posi-

das sind eigentlich nur Partikel in der Arbeit, also

len ohne Regeln zu akzeptieren gar nicht existierst

tive Interpretation von Leiden, das gefällt mir …

kleine Arbeitsfelder. Die haben rationalen Cha-

– das geht gar nicht.

rakter, da lässt sich beweisen dass etwas für uns so Annett Hillebrand Wir haben ja damit angefan-

sein muss, sonst geht es eben nicht.

Beim Spiel ist Offenheit charakteristisch, aber eingebettet im Spiel ist hier und da immer wieder

gen Wahrnehmen und Werkbund auseinander zu

ein Reglement, dann darf auch der Andere sagen:

nehmen, dann nehmen wir jetzt mal Leidenschaft

Halt, das darfst du nicht. Es handelt sich immer

auseinander. Wolfgang Meisenheimer Ja schön, das finde ich prima! Leiden gehört unbedingt zur Liebe dazu, denn Leidenschaft ist ja nicht anderes als eine intensive Liebe. Und das hat mit Feurigkeit zu tun, selbstverständlich, man geht aber auch ein bisschen kaputt daran, stimmt auch. Ich wollte dazu aber auch was zu Benedikts

» Jeder Entwurf, jede Herstellung eines Löffels oder eines Gebäudes ist ein gewaltiges Experiment. «

um große spielerische Vorgänge, aber bei diesen spielerischen Vorgängen stößt man immer wieder auf diese, ich nenne sie mal die Inseln der Rationalität, wo man Regeln befolgen und gelerntes Wissen reproduzieren muss. Aber das füllt nicht die ganze Kiste der Arbeit, sondern die ganze Kiste sollte eigentlich so sein wie ein Traum, also ein großes lustiges Spiel, ein lustvolles Spiel. Das Wahre muss man erobern!

eben erwähnter Spieltheorie sagen: Also ich Annett Hillebrand Herzlichen Dank für das

schließe mich dem an, dass das Spielen ein sehr interessantes Thema ist, ich würde dazu noch ger-

Aber das Ganze ist anders, das Ganze muss man

ne einen kleinen Beitrag liefern, also: So genannte

auf ahnende poetische Weise zusammentragen.

gebildete Leute, auch unter den Architekten und

Und dann wird man feststellen, dass man nur an

Planern, versuchen den Eindruck zu erwecken, als

bestimmten Stellen diese rationalen Momente

Gespräch Herr Meisenheimer. ■

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April 2014 ISSN 2190-3565



April 2014 ISSN 2190-3565


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