megafon Nr. 397, Juli 2015

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Watch The Swiss Connections – Mittelmeer und anderswo, S. 1-2 | Von Mythen, Märchen und Kuhfickern – Geschichte(n), S. 3 |

Der Terror der Privatsphäre – Neues aus ‹1984-Reloaded›, S. 3 | Warum wir unser Land nicht lieben – K(l)assensturz: Die Schweiz

im Härtetest! (1), S. 4 | Männerdomäne Internet – Sexismus im Netz (1), S. 5 | I gseh öppis, wo du nid gsehsch!, S. 5 | Götzentanz – Comix, S. 6 | Liebe «die Linke» – Replik, S. 6 | 2.5 Gespenster – Kinderbuchtipp, S.6 | Slingshot – Exitorial, S. 7 | Kreuzworte, S. 7 | Swiss Angst – Ein kurzes Gespräch über Flucht, Migration, YB-Fans und das Paradies. S. 8

Die Zeitschrift aus der Reitschule | Bern

megafon | N°396 | Juli 2015 | 6.–

Mittelmeer und anderswo

Watch The Swiss Connections ((  ))

Das euroafrikanische Projekt «Watch The Med-Alarmphone» ist mit einer Telefonschicht und den Regionalgruppen Bern, Zürich und Basel auch in der Schweiz aktiv. Dabei geht es nicht einfach um ein rein humanitäres Anliegen, sondern explizit um ein politisches Projekt, das radikale Kritik an der europäischen repressiven Flüchtlings- und Migrationspolitik übt. Auch in der Schweiz. Denn obwohl die Schweiz nicht am Mittelmeer liegt, spielt auch sie in der europäischen Flüchtlingsabwehr eine nicht unwichtige Rolle.

D

Text: augenauf Bern | Illustrationen: #tt

ie koordinierte schweizer Flüchtlingsabwehr auf nationaler und internationaler Ebene ist kein Zufall. Seit 2011 erarbeiteten Bund und Kantone ein Konzept für die Bekämpfung von «illegaler Migration, gewerbsmässigem Menschenschmuggel und grenzüberschreitender Kriminalität» welches mit den Bedürfnissen von Geschäftsreisenden und Tourist*innen nach reibungsloser Ein- und Ausreise vereinbar sein sollte. Eine Strategiegruppe präsentierte im Juni 2012 dem Bundesrat den Schlussbericht. Dieser beauftragte eine Arbeitsgruppe, um daraus einen Aktionsplan mit konkreten Massnahmen auszuarbeiten. Es entstand der Aktionsplan «Integrierte Grenzverwaltung» (Integrated Border Management IBM) mit 68 operativen und strategischen Massnahmen die im Juli 2014 vom Bundesrat und im November 2014 durch die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektor*innen

(KKJPD) abgesegnet wurde, mit der Absicht diesen zwischen 2014 und 2017 umzusetzen. Wie genau dies geschehen soll, ist noch ein bisschen ominös: «Angesichts der globalen Flüchtlingswellen will die Schweiz effizienter gegen illegale Einwanderung vorgehen. Zu diesem Zweck bauen Bund und Kantone ein gemeinsames Analysezentrum für Migration auf. Bis im Jahr 2017 sollen in der neuen Verwaltungseinheit Ermittlungsbehörden und sämtliche in die Grenzverwaltung involvierte Akteure eng zusammenarbeiten. Neben dem Staatssekretariat für Migration (SEM), das die Federführung hat, sind auch die kantonalen Migrationsbehörden und Polizeien, das Grenzwachtkorps, das Bundesamt für Polizei und der Nachrichtendienst des Bundes beteiligt.»

sonntagszeitung.ch 26.04.2015

Mit dem europäischen Vier-Filter-Modell, d.h. 1) Massnahmen in Drittstaaten,    2) Kooperation im Schengen-Raum,    3) Kooperation bei der Grenzkontrolle sowie die 4) Kooperation im Binnenraum soll die illegale Migration/grenzüberschreitende Kriminalität abgewehrt, aber «legale (erwünschte) Migration nicht gestört» wird. Darum auch das zunehmende Engagement an den Schengen-Aussengrenzen und Bundesrätin Sommarugas Absichtserklärungen, noch mehr Grenzwachtkorps-Personal zur Verfügung zu stellen. «Die strategischen Leitlinien sind (...) die Konsequenz des politischen Bekenntnisses zur Zusammenarbeit der Schweiz im Sicherheitsverbund des Schengen-Raums: Sie betten die schweizerische Grenzverwaltung in den Schengen-Kontext ein und stellen sicher, dass sich diese nicht bloss an nationalen Strategien, sondern auch an der strategischen und praktischen Entwicklung im Schengen-Raum orientiert und diese mitgestaltet.»

Aktionsplan IBM

Augenfällig wird diese neue Strategie durch die vermehrten Einsätze von Grenzwäch­ ter*innen des Grenzwachtkorps (GWK) im grenznahen Schengenraum.

«Hello, I’m Daniela» - PR-Aktionen für Frontex-Einsätze Nicht nur zu Hierzulande, sondern auch beim Wasser ist das GWK aktiv. Aus «Kompetenzgründen» beteiligen sich die Grenzwächter*innen an den Frontex-Seeoperationen nur auf dem Festland. Beispielsweise auf dem Festland vorgelagerten Inseln: «Hello, I’m Daniela. I’m working for Frontex, an European agency.» begrüsste eine junge Schweizer Grenzwächterin in einem Portrait der NZZ Boots-Flüchtlinge auf Sizilien (nzz.ch 11.02.2015). Während sieben Wochen arbeitete sie dort als «Debrieferin» im Rahmen der Frontex-Mission «Triton». «Sie interviewte Bootsflüchtlinge, um an Informationen über Schlepper zu kommen, die Frontex an nationale Ermittlungsbehörden weiterleitet.» Die Berichterstattung über den Einsatz – die junge Grenzwächterin («Ich würde wohl auch so flüchten») wurde von den Medien noch so gerne interviewt – verkam zum Teil zur GWK-/Frontex-PRShow: «Vor Weihnachten bastelten ein paar Flüchtlinge ein Transparent, auf dem sie sich bedankten. Sie schrieben, dass sie uns alles Gute und frohe Festtage wünschen.»

beobachter.ch 20.02.2015

» Fortsetzung auf Seite 2


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Watch The MedAlarmphone Das Watch the Med-Alarmphone wurde von sechs flüchtlingspolitischen Gruppen aus Europa und Afrika ins Leben gerufen und besteht aus Aktivist*innen, welche in ganz Europa und an der Küste Nordafrikas verteilt sind. Zusammen betreuen sie, 24 Stunden am Tag eine Notrufnummer für in Seenot geratene Flüchtlinge. Entweder melden sich die Flüchtlinge auf dem Boot direkt oder über Freund*innen, Verwandte oder Menschen wie Father Mussie Zerai, welcher seit Jahren Ansprechsperson für die Bootsflüchtlinge ist. Nach einem Notruf versucht das jeweilige Team die Rettung – meistens via Küstenwache – zu organisieren. Sobald die Rettung erfolgte, endet die Arbeit des Alarmphone und andere Netzwerke wie Welcome2Europe werden aktiv. Das Watch the Med Alarmphone ist keine Lösung, sondern eine (leider) nötige Intervention. Die über das Telefon begleiteten Fälle von Seenotrettungen und PushBacks werden online dokumentiert: watchthemed.net/index.php/reports und fb.me/watchthemed.alarmphone Die Schweizer Alarmphone-Gruppe auf Facebook: fb.me/medalphon Kontakte der Regionalgruppen: • Bern: wtmbern@immerda.ch • Zürich: wtmzuerich@immerda.ch • Basel: wtmbasel@immerda.ch

Das neue Söldnerwesen: GWK bei Frontex, ALO, CIVPOL Das Schweizer Grenzwachtkorps (GWK) ist im Rahmen des SchengenDublin-Abkommens seit 2011 bei Frontex-Einsätzen in der EU, an den EUAussengrenzen (Griechenland, Bulgarien, Slowenien, Kroatien, Spanien, Italien, Portugal + Deutschland) und im Mittelmeer aktiv. Unter der Rubrik «Spezialisten» ist auf der GWK-Homepage die JobBeschreibung für internationale Einsätze zu finden. Die GWK arbeitet für und mit der Europäischen Grenzschutzagentur (FRONTEX), als DokumenteSpezialist*innen (Airline Liaison Officers (ALO)) und mit Zivilpolizist*innen für CIVPOL (Civilian Police International). So haben zum Beispiel 2011 und 2012 «Spezialisten» des GWK an der FrontexMission «Poseidon Land» teilgenommen, die der Flüchtlingsabwehr an der griechisch-türkische Grenze diente. Im August 2012 besuchte eine Delegation unter der Leitung des GWK-Chefs Jürg Noth das Einsatzgebiet: «Solche Erfahrungen sind für die Lagebeurteilung und Planung wertvoll – denn so lässt sich abschätzen, wie problematisch die Lage wirklich ist und in wie weit sie sich auf den Migrationsfluss an der Schweizer Grenze auswirken könnte. Dies ist denn auch einer der Vorteile der Schweizer FRONTEX-Beteiligung. Gestützt auf die Anfrage von FRONTEX ist für dieses Jahr die Entsendung von insgesamt 28 Angehörigen des GWK nach Griechenland geplant. Dies zeigt, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schweizer Grenzwächter gerade auch in der internationalen Zusammenarbeit sehr geschätzt Forum Z., 11.06.2013 werden.» Offizielles Ziel ist es, sich jährlich mit «mindestens 1’000 Einsatztagen» an Frontex-Operationen zu beteiligen (2013: 1257 Einsatztage, geleistet von 38 Personen, 2014: 1397 Einsatztage, von 47 Personen geleistet).

Frontex statt Fähren Auch ein paar Etagen weiter oben – brav dem Aktionsplan «Integrierte Grenzverwaltung» folgend – ist die Flüchtlingsabwehr und Migrationskontrolle Dauerthema: «Ausserdem erörterten beide Minister internationale Themen, namentlich die Migrationspolitik sowie die Situation in Nordafrika und im Mittleren Osten.» So die Medienmitteilung von Ende Mai zum Treffen von Bundesrat Didier Burkhalter (EDA) mit dem italienischen Aussenminister Paolo Genitloni. Ansonsten ist es nicht selten Bundesrätin Simonetta Sommaruga (EJPD), die sich etwa alle zwei Monate mit ihren Kolleg*innen aus den Innen- und Justizministerien der EU-Staaten trifft, um die Situation rund um das Mittelmeer zu beraten. Gerne auf Reisen ist auch Mario Gattiker, ehemaliger Direktor des Bundesamts für Migration (heute Staatssekretariat für Migration SEM), in seiner Rolle als «Sonderbotschafter für internationale Migrationsarbeit»: «Der 62-jährige Walliser koordiniert die internationalen Aktivitäten des Bundes im Bereich Migration und reist dafür nicht nur an Konferenzen und zu den europäischen Partnern nach Brüssel oder Berlin, sondern verhandelt auch mit den Regierungen von Algerien, Ägypten oder Nigeria – allesamt Herkunfts- oder Transitländer von Menschen, die ihr Heil in Europa suchen und dabei sogar ihr Leben aufs Spiel setzen.»

nzz.ch 14.2.2015

Resultat seiner Verhandlungen sind in der Regel Migrationsabkommen, die die Ausschaffung von Flüchtlingen und Migrant*innen vereinfachen. Im Fall von Nigeria auch wirtschaftliche Zugeständnisse sowie ein Polizeiaustauschprojekt, bei dem 2013 Beamte der Drogenspezialeinheit NDLEA in verschiedenen Schweizer Städten mit auf Polizei-Strassenpatrouillen gingen und einige ziemlich merkwürdige Auftritte in Asylunterkünften in der Innerschweiz und in Bern hatten.

Neben Regierung und Chefbe­am­ t*innen nehmen auch die Parla­men­ tarier*innen gerne einen Augenschein vor Ort. Zuletzt eine Delegation der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates, die Mitte Mai einen migrationspolitischen «Informationsbesuch» in Tunesien und Italien machte. «In ausführlichen Gesprächen mit tunesischen und italienischen Parlamentsmitgliedern konnten aus erster Hand interessante Informationen über die reale Situation in den beiden Ländern gesammelt werden. Die Delegation erlebte in Sizilien das Anlanden von Flüchtlingen, die das Mittelmeer überquert hatten, und hatte Gelegenheit, im Empfangszentrum Mineo (Catania) mit Überlebenden des schweren Schiffbruchs im April zu sprechen. Die Delegation unterhielt sich auch eingehend mit den humanitären Helfern vor Ort.»

parlament.ch; is.gd/aOQGJc

Bei jeder Schweinerei ist die Schweiz mit dabei Während andere nach einer solchen Reise unweigerlich zu Einsichten wie «Fähren statt Frontex» oder «Visa statt Bomben» kommen, ist von einer solchen Reaktion seitens der Nationalratsdelegation wohl nicht zu rechnen. Auch sie werden sich brav weiterhin am Aktionsplan «Integrierte Grenzverwaltung» orientieren. Umso wichtiger wird da unser Widerstand in der «Höhle des Löwen». Das «Watch The Med-Alarmphone» hat ein Ohr im Mittelmeer, mit Projekten wie dem bald aktiven Schiffsrettungsprojekt «Sea Watch» sogar ein Auge. Die Akteur*innen der repressiven Flüchtlings- und Migrationspolitik sind wie aufgezeigt nicht nur im Mittelmeer oder in Brüssel, sondern auch hierzulande zu finden, zum Beispiel im Bundeshaus oder wie das Grenzwachtkorps an der Monbijoustrasse. Gegen ihre menschenverachtende Politik der «Integrierten Grenzverwaltung» hilft nur unser unintegrierbarer und kreativer Widerstand! Infos: Integrierte Grenzverwaltung / Inte-

grated Border Management (IBM):

http://www.esbk.admin.ch/content/bfm/

de/home/themen/einreise/ibm.html


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Geschichte(n)

Von Mythen, Märchen und Kuhfickern

M

Text: al

ythen sind Mythen. Es sind erfundene Geschichten. So wie Nationen auch. So wie Grenzen auch. So einfach ist das. Märchen sind toll, Sagen auch – wobei es da ja dann doch auch bessere und schlechtere gibt, zum Beispiel die Griechen, die schlägt keiner. Zeus und Medea und Stiere und Kopfgeburten, Wahnsinn, da ist so ein arroganter, übellauniger Tropf wie der Tell nichts dagegen. Und jeder viertklassige Samurai hat sich schon edler umgebracht als Winkelried, den es – im Gegensatz zu den Samurai – ja nicht einmal gab. Die Helvetia ist noch nicht mal ein Mythos, die ist bloss Allegorie, also Entschuldigung, aber auf Münzen rumstehen, das können eigentlich alle. Gemacht hat die sonst nie etwas. Jedenfalls, muss man wirklich blöd sein wie ein Haufen fauler Äpfel, wenn man das glaubt, das mit den Schweizer Sagen, wie die uns begründet haben und so weiter. Dass wir ohne die kein einig Volk von Hirten, Bauern und Bankangestellten wären – wobei, eigentlich: Wahrscheinlich wären wir das wirklich nicht, ohne sie. Schön wär das. Das mit Marignano wäre wenigstens noch ein Ansatz gewesen – näher am Mittelmeer waren wir nie. Andererseits heisst Marignano heute Melegnano und ist irgend so ein gottverlassener Vorort von Mailand, also, ehrlich gesagt, da möchte heute glaube ich keiner mehr hin. Am Meer ist das auch nicht, also, soweit ich weiss, ist ganz Mailand gar nicht am Meer. Wieso man dann da hin wollte, hat wohl auch mehr mit Grössenwahn zu tun. Naja, eigentlich, das ginge ja noch,

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«Wenn man die Schweiz nicht ernst nimmt, sie entmystifiziert, ihre Geschichte entstellt und sagt, die Schweiz ist eigentlich gar nichts Rechtes gewesen, will man die Nation wegputzen.» Christoph Blocher

Melegnano und dann direkt an die Expo, wo es im Schweizer Pavillon tiefgekühlte Egli aus dem Thunersee gibt, na, das ist mal ein Erlebnis. Da weiss man noch, was man hat. Da haben wir’s den Italienern aber gezeigt, dass wir auch kochen können. Dass die Schweizer eben doch nicht bloss Käsefresser und Kuhficker sind. (Was bedeutet es für die Schweizer Geschichte, dass das Korrekturprogramm im Word Marignano nicht kennt, Kuhficker aber schon? Der Kuhficker ist nämlich auch so ein historischer Begriff, ein sehr wahrer. Die Schweizer Söldner konnte man damals, schon im 16. Jahrhundert, in den Wahnsinn treiben, indem man einfach Muh-Geräusche nachahmte oder Kuhglocken schwang, das war für die die grösste Beleidung, weil damit eben darauf angespielt wurde, dass die Schweizer mit ihren Kühen, nun ja, Sodomie und so. Harscher Vorwurf. Da gab es auch öfter mal Tote, also, nicht durch die Sodomie, sondern durch Auseinandersetzungen, die so ausgelöst wurden. Die andere Frage ist natürlich, wo die nicht schweizerischen Söldner die Kuhglocken herhatten. Da sieht man mal wieder, dass die Historiker*innen eben doch noch nicht so weit sind, wie sie immer behaupten. In dieser ganzen Mythendiskussion, die gerade läuft, werden die wirklich wichtigen Themen einfach unter den Tisch gekehrt.) Jedenfalls sind Geschichten ja etwas total Schönes, nur halt eben Geschichten (leicht zu merken, Mythen = Geschichte + n). Und manchmal sind Geschichten auch etwas Trauriges, nämlich, wenn man zum Beispiel merkt, dass sie nur Geschichten sind. Und nicht echt. Weil, zum Beispiel, die

Neutralität, das wäre wirklich eine tolle Geschichte, so zum Haben. Wenn sie denn wahr wäre. Wobei, Kriegsmaterialexporte an Diktaturen, das sind ja so ein wenig die Söldner von heute, und da waren die Schweizer immer die Besten. Zuverlässig, präzise, belastbar. Das ist unsere Tradition! Die Schweizer, stolze Besitzer von Armbanduhren und deren positiven Eigenschaften. Jedenfalls. Ist etwas Erfundenes ja nun grundsätzlich nichts Schlechtes, nur eben, etwas Erfundenes. Und wenn man mal so in eine Uni reinsitzt, bei den Historiker*innen, möchte man gerne einfach ein bisschen grännen, weil das zum Teil nämlich wirklich zum Grännen ist, wie die Leute da Erfundenes wissen und Wissen erfinden. Ich glaube, da muss sich der Blocher auch nicht so Sorgen machen, um seine Schweizer Geschichte. Aber ich glaube auch, dass er uns, den anderen, den Entmystifizierenden, eine ziemlich genaue Aufgabe gestellt hat: Die Nation? Putzt sie weg!

Neues aus ‹1984-Reloaded›:

Der Terror der Privatsphäre Wer in den letzten Wochen die Schweizer Medien nicht komplett ignoriert hat, dem dürfte bekannt sein, dass ein massiver Ausbau des Überwachungsstaates durch das Parlament so gut wie beschlossene Sache ist.

A

Text: rif

m Mittwoch dem 17. Juni stimmte zuerst der Ständerat dem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG) mit 35 zu 5 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) zu. Später am gleichen Nachmittag wurde das «Bundesgesetz betreffend der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs» (BÜPF) im Nationalrat mit 112 zu 65 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) angenommen. Schlapphüte in der Leitung Kurz gefasst, der «Nachrichtendienst des Bundes» (NDB) kriegt – zumindest was die einsetzbaren Werkzeuge betrifft – praktisch einen Freipass, einzusetzen was immer er will. Drohnen, Trojaner, V-Leute, Zugriff auf die Vorratsdatenspeicherung – «you name it, they got it». Und auch wenn in den Diskussionen immer nur von der Bedrohung durch den «islamischen Terror» die Rede ist, Tatsache ist, dass der sogenannte «gewalttätige Extremismus» und damit auch viele radikale,

linke politische Aktivitäten ein Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeiten sind. Doch auch «brave Bürger*innen» bleiben von der Bespitzelung durch die «Schlapphüte» nicht grundsätzlich verschont, wurde doch mit der Kabelaufklärung ein besonders umstrittenes Mittel beschlossen. Mit dieser Massnahme soll der grenzüberschreitende Internetverkehr (lol) ALLER Personen nach bestimmten – natürlich geheim gehaltenen – Stichworten durchsucht, und gegebenenfalls analysiert, werden. Jede*r potentiell verdächtig Während der NDB bereits präventiv potentielle «Terrorist*innen» überwachen darf, geht es im BÜPF um die Überwachung bei laufenden Strafverfahren. Natürlich nur im Falle «schwerer Straftaten» wie die Verteidiger*innen des Gesetzes behaupten. Diese «schweren Straftaten» umfassen aber bereits im Strafrecht an die 90 Artikel, rund 65 davon rechtfertigen auch den Einsatz von

Staatstrojanern. Wer in Zukunft also Bierflaschen auf Polizeiautos wirft (Gefährdung des Lebens), einen Farbanschlag oder grösseres Graffiti «verbricht» (Qualifizierte Sachbeschädigung), hat somit eine Straftat begangen, die grundsätzlich den Einsatz von Staatstrojanern rechtfertigen würde. Ausserdem soll das BÜPF neu auch für sogenannte «Anbieter abgeleiteter Kommunikationsdienste» gelten. Damit besteht die Gefahr, dass in Zukunft auch Forum-Betreiber*innen, Hotels und Restaurants oder gar die Betreiber*innen des WG-Wlan’s dazu verdonnert werden können staatliche Überwachung zu dulden bzw. aktiv dabei mitzuwirken. Die Verdoppelung der Aufbewahrungsdauer der Daten aus der – bereits ohnehin hoch umstrittenen und von verschiedener Seite als nicht vereinbar mit den Grundrechten und überdies nutzlos eingestuften – Vorratsdatenspeicherung (VDS) auf 12 Monate ist ein weiteres Zeichen des ziellosen und überbordenden Überwachungswillen von Regierung und Parlament.

Wie weiter? Bevor die beiden Gesetze vom Parlament definitiv beschlossen werden, dürften sie noch einige Runden in den beiden Kammern drehen (aka Differenzbereinigungsverfahren), dass dies in nächster Zeit geschieht ist aber abzusehen. Die einzige Möglichkeit die neuen Massnahmen noch zu verhindern ist das – bereits von verschiedener Seite her angekündigte – Referendum. Natürlich können damit viele grundsätzliche Probleme, wie die bereits bestehende VDS, die Tatsache, dass der NDB auch für die Spionageabwehr zuständig ist oder der grundsätzliche Nutzen des NDB insgesamt, nicht behoben werden. Nichtsdestotrotz sind diese Gesetze nicht nur ein grundrechtliches Problem, sondern für linke Aktivist*innen auch eine reale Bedrohung. Einer aktiven Beteiligung bei der Verhinderung dieser Vorlagen sollte deshalb die entsprechende Zeit eingeräumt werden.


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K(l)assensturz: Die Schweiz im Härtetest! (1)

Warum wir unser Land nicht lieben Am Nationalfeiertag wird die Schweiz unhinterfragt gefeiert – ­unabhängig davon, was man von ihr hält. Doch wenigstens einmal im Jahr wäre es doch angebracht, nicht nur seine Ver­sicherung sondern auch seine Nation auf den Prüfstand zu stellen: Was gibt es eigentlich am 1. August zu feiern? Was bringt uns die Nation? Viele Schweizer*innen verbinden mit ihrer Nation den hohen Wohlstand. Also fragen wir: Was haben wir in diesem Jahr überhaupt von unserem Wohlstand? Text: Gruppe Überzeit

Was ist das für ein verrückter Wohlstand? Kein Mensch denkt bei Wohlstand bloss an die nötigen Dinge für ein gutes Leben. Keiner meint, im Jahr 2015 gäbe es zu wenig Milch, Autos oder Computer. Im Gegenteil: Die meisten Güter werden sogar im Übermass produziert, viele Schweizer Güter werden nur noch für den Export hergestellt. Es gibt mittlerweile sogar zu viele Güter auf dem Weltmarkt. Es herrscht allgemein Verdrängungswettbewerb. Es geht darum, gegen die anderen besser zu verkaufen. Und ausgerechnet weil es zu viele Güter gibt, müssen sich die Schweizer*innen Sorgen machen: «Die Anderen können jetzt besser verkaufen, und nehmen uns die Arbeit weg». Na und? Wenn die ausländischen Produzenten unbedingt arbeiten wollen, dann sollen die das doch machen!? - Und wir hätten mehr Freizeit. Aber im Kapitalismus ist es schlimm, wenn die anderen die Arbeit machen ! Ausgerechnet die Mühe beim Produzieren lässt man sich nicht gerne wegnehmen. Ausgerechnet die Anstrengung zu arbeiten, will man möglichst selber haben. Und die anderen sollen arbeitslos werden! Denn auch im Schweizer Kapitalismus geht es nicht darum, die Arbeit so aufzuteilen, dass alle für möglichst wenig Arbeit möglichst viele Konsumgüter haben. Es gibt nicht zu wenig Konsumgüter, sondern die Wirtschaft muss immer mehr Geld verdienen! Dafür wird extra zu viel produziert, damit man mehr Geld gegen das Ausland verdienen kann. Und das geht für die Schweiz bei dem Frankenkurs jetzt nicht mehr so gut. Seitdem die Nationalbank den Mindestkurs für den Franken aufgegeben hat, kann die Schweizer Exportwirtschaft nicht mehr so gut verkaufen. Der Frankenschock sitzt tief und es wird allgemein von weniger Wachstum und somit Wohlstand für die Schweizer*innen ausgegangen. Zum Beispiel: «Auch die Pharma-, Chemie- und Nahrungsmittelindustrie, sonst verlässliche Wachstumstreiber, müssen derzeit mit Exporteinbrüchen umgehen ... Auf Grund der jüngsten KOF-Prognose (gibt es) bis Ende Jahr 40 000 weniger Stellen, als mit dem Mindestkurs zu erwarten wären.» Bund, 15.06.2015

Trotzdem muss das kapitalistische Geldwachstum weiter gehen. Es darf nicht ein bisschen weniger wachsen, und wir machen einfach mal mehr Urlaub. Jede*r weiss: Weil alles von diesem Wachstum abhängt (Arbeitsplätze, AHV), braucht es das auch. Aber nur weil alles von dem Wachstum abhängt, ist das noch keine gute Sache. Doch alle fragen immer nur, wie man dieses Wachstum erhöhen kann. Und wenn man so fragt, dann wird es notgedrungen zu einer Klassenfrage – in unserer schönen Schweiz. Das Geldwachstum ist eine Klassenfrage! Denn, wenn das Kapital wachsen muss, dann müssen die grossen Geld­besitzer*innen (Investoren, Kapitalbesitzer) eben mehr Gewinne machen. Denen darf man das Geld, d.h. die Investitionsmittel nicht wegnehmen. Also sind vor allem die Lohnabhängigen zu teuer, bzw. die müssen mehr arbeiten und produktiver werden. Alle sagen, damit es uns weiterhin gut geht, muss es uns bzw. den Lohnabhängigen erst einmal schlechter gehen. Damit das Wachstum weitergeht, soll die Wirtschaft ihre üblichen Methoden nutzen, die Lohnkosten zu senken. Gesagt, getan: Die Unternehmen kürzen erstens direkt die Löhne (z.B. durch €-Löhne für Grenzgänger*innen). Sie verlangen zweitens unbezahlte Überstunden. Und sie steigern drittens die Produktivität der Arbeit. Insgesamt geht damit auch in der Schweiz die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Warum macht die Produktivitätssteigerung die Angestellten ärmer? Diese Schere geht in der Schweiz vor allem durch die Produktivitätssteigerung auseinander. In Branchen übrigens, in denen die Produktivität der Arbeit nicht so gut gesteigert werden kann, wird die Arbeit durch so genannte «Restrukturierungsmassnahmen» unmittelbar verdichtet. Zum Beispiel bei den Banken; mit dem Resultat: «Fast jeder zweite Banker befürchtet ein Burn-out.» 20 Minuten, 16.06.2015 In anderen Betrieben wird die Produktivität, so gut es geht, erhöht; vor allem durch die Automatisierung in der Produktion . Die Arbeiter*innen arbeiten also an besseren Maschinen, Computern etc., so dass sie mehr

Produkte in der gleichen Zeit herstellen. Zum Beispiel der Baukran: Damals mussten vielleicht 20 Bauarbeiter*innen die Steine für eine Hauswand hoch schleppen. Heute reichen ein/e Kranführer*in und zwei Leute. Mit einer modernen Automatisierung kann das Unternehmen jetzt mehr Produkte verkaufen. Es hat mehr Gewinn, wenn die Löhne ungefähr gleich bleiben. Die Angestellten wiederum, stellen jetzt vielmehr Waren her, die ihnen nicht gehören. D.h. der produzierte Reichtum steigt, aber die Teilhabe der Arbeiter*innen ist nur so hoch, wie sie weiterhin Lohn bekommen. Zurück zum Beispiel: Der/die Kran­ führer*in wird sicherlich nicht so viel verdienen wie die 20 Bauarbeiter*innen, die damals die Steine geschleppt haben. Sonst hätte das Bauunternehmen nicht den Baukran angeschafft. Und die ehemaligen Angestellten drängen sich irgendwo anders auf den Arbeitsmarkt oder sind einfach arbeitslos. «Aber senken die Unternehmen dann nicht auch die Preise, so dass sich alle wieder mehr leisten können?» Es kommt drauf an. Das machen die Unternehmen nur, wenn sie damit andere Unternehmen im Preis unterbieten können, um damit Marktanteile der anderen Unternehmen zu erobern. Die Folge davon ist, dass bei den anderen Unternehmen, die nicht mehr so gut verkaufen können, mehr Arbeit überflüssig wird, und weniger Lohn gezahlt werden kann, oder es werden sogar Arbeiter*innen entlassen. Unterm Strich sinkt also die Kaufkraft der Lohnabhängigen. Damit sinkt ihre Teilhabe am gesellschaftlich produzierten Reichtum, während insgesamt die Unternehmen mehr Gewinne machen. Welche Folgen hat das für die Angestellten in der Schweiz? Hier ist die Arbeitslosigkeit noch recht niedrig, und man verdient noch ganz gut. Aber trotzdem ist das nicht mit einem angenehmen Arbeitsleben zu verwechseln, da die Arbeitszeiten hier sehr hoch sind - obwohl die Arbeit enorm produktiv ist. Laut SECO liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in der Schweiz bei 43,9 Stunden, und damit im europäischen Vergleich weit oben. Allgemein liegt das daran: Auch wenn die Arbeit produktiver wird, wird die Ar-

beitszeit im Kapitalismus meistens eher verlängert. Die Unternehmen wollen ja auch nicht Arbeit einsparen sondern nur «Lohnstückkosten». Und wenn die Arbeit pro Stück noch weniger kostet, weil die Arbeit für den Lohn verhältnismässig viel Produkte herstellt, dann lohnt es sich noch mehr, die Arbeiter*innen länger arbeiten zu lassen. Deswegen sinken auch in der Schweiz nicht die Arbeitszeiten. Insgesamt bekommen die Lohnabhängigen immer dann weniger vom gesellschaftlichen Reichtum ab, und müssen trotzdem insgesamt viel dafür arbeiten. Das ist relative Armut für die Schweizer Lohnabhängigen. Und das Verhältnis zwischen Arm und Reich wird somit immer extremer. Denn, je mehr die Unternehmen Gewinne machen, desto mehr können sie neue Maschinen anschaffen, und noch mehr Lohnkosten einsparen. «Unser Wohlstand» ...   … ist sehr einseitig verteilt: Die Unternehmensgewinne müssen immer mehr wachsen; und das auf Kosten der Lohnabhängigen, die für ihren Wohlstand sehr viel arbeiten müssen – so lange sie das noch können. Unser Wohlstand kommt vor allem zustande, wenn die Schweizer Wirtschaft weiterhin ausländische Betriebe unterbieten kann. So werden mit den niedrigen Lohnkosten für die Schweizer Belegschaften ausländische Arbeiter*innen ärmer und arbeitslos gemacht; und umgekehrt. Deswegen ist der Nationalismus der Arbeiter*innen weltweit selbstzerstörend. Als national-gesinnte Kampftruppe lassen sie sich gegeneinander ausspielen; und von einer Gewerkschaft vertreten, die jetzt z.B. einen Pakt mit den Arbeitgebern gegen das Ausland anstrebt. Aber nur ein internationaler Zusammenschluss der Arbeiter*innen-Klasse kann den Sachzwang des Geldwachstums überwinden. Nur zusammen können wir für eine Bedarfswirtschaft einstehen, in der endlich mal die Arbeit den Wohlstand für die Arbeitenden schafft – und nicht für das nationale Geldwachstum. Die Produktivitätssteigerung kann endlich als Freizeit für Alle verbucht werden. ‑Also lasst es besser sein, diese Nation als eine Schicksalsgemeinschaft aller Schweizer*innen zu feiern. Tut euch lieber mit den in- und ausländischen Lohnabhängigen zusammen, die wirklich euer Schicksal als Kostenfaktor teilen. überzeit.ch | info@überzeit.ch


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G r o s s e H a l l e  g flohMarkt und Brunch im SousLePont

«totale lieBe»

«totale lieBe»

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Nr. 334 | September 2014

ce recordS preSentS:

eavy funk electro groove

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«totale lieBe»

e & fiScherMätteli eren: iroaS «nachtgeaUfe Hip Hop, Rap

er B e ul ch ts ei r r de m m ra og pr gs un

S c h ü t z e n m a t t e  g no BorderS no nationS Yok, the Monofones, Vale Tudo, War on Women, Irie Revoltes und vieles mehr!

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14.30 Uhr - spät

S c h ü t z e n m a t t e  g no BorderS no nationS Konny, Breakdancebattle, Chaostruppe, Iwan Petrowitsch und vieles mehr!

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Preview: im August

Schulareal  Liebefeld  Samstag, 29. August, ab 10.30 Uhr

Antiracup Bern – Love Football – Hate Racism

im Juli

Sous  le  pont

Der Antiracup kommt heuer auch nach Bern! Anmeldungen: berna@ antiracup.ch / www.antiracup.ch - www.facebook.com/antiracupbern

Das Konzept des antirassistischen Fussballturniers entstand in Anlehnung an den jährlichen «Mondiali Antirazzisti»-Cup in Italien, an dem 200 Teams aus aller Welt teilnehmen. Der erste Antiracup in der Schweiz fand vor acht Jahren in Solothurn statt. Darauf wurden in den folgenden Jahren auch in Luzern, im Oberwallis und im Tessin Turniere ausgetragen. In diesem Jahr ist erstmals auch Bern dabei! Mit dem Antiracup wollen wir auf eine kreative und sportliche Art ein Zeichen gegen Rassismus, Hierarchien und Konkurrenz setzen. Wir haben keine Schiedsrichter und zählen auf Selbstregulierung und Fairplay aller Teilnehmenden! Das Ziel des Antiracups ist das friedliche-freudige Miteinander sowie Sensibilisierung und Austausch zum Thema Rassismus. Kommt alle vorbei, sei es zum Fussballspielen, zum Diskutieren oder einfach um Spass zu haben. Helfer*innen sind ebenso herzlich willkommen. Melde dein Team noch heute an!

im juli

hofkino

Mittwoch, 1. Juli, 18.30 Uhr

Grill-Spezialitäten sommerliches Vergnügen direkt vom Feuer

Mittwoch, 8. Juli, 18.30 Uhr

Sommer-Spezialiäten Mittwoch, 15. Juli, 18.30 Uhr

Vegane RohkostSpezialitäten

Die ungekochte Gaumen-Extase Mittwoch, 22. Juli, 18.30 Uhr

Indien-Spezialitäten Würzige Delikatessen zum Hofkino «Darjeeling»

Mittwoch, 29. Juli, 18.30 Uhr

Tafelrunde-Spezialitäten Feines aus alten Zeiten in gemütlicher Runde

Kino in der Reitschule und Sous Le Pont präsentieren Filme und kulinarische Spezialitäten aus dem jeweiligen Land. Mittwoch, 22. Juli, 21.30 Uhr

The Darjeeling Limited (USA 2007) von Wes Anderson, mit Adrien Brody, Jason Schwartzman, Owen Wilson, Bill Murray, Anjelica Huston, Amara Karan, Barbet Schroeder, Irrfan Khan, Waris Ahluwalia u.v.a., OV/d, 91 Min.

Der Selbstfindungs-Trip dreier Brüder durch Indien gerät unter der Regie von Wes Anderson zur skurrilen Komödie, welche Kulturen aufeinanderprallen, Existenzielles und Absurdes zusammentreffen lässt, Melancholie und Groteske verschränkend. Eine Liebeserklärung an Indien, ist der Film gleichzeitig ein Abgesang auf New Age und Pseudo-Spiritualität, die abgehobenen Werte der westlichen Lebensart, und ein gelungener Versuch, der Pop-Kultur eine Art Tiefgang zu verleihen. Wie immer bei diesem Regisseur nicht zuletzt durch einen erlesenen Soundtrack. Preview Mittwoch, 05. August, 21.30 Uhr

Man Jeuk a.k.a. Sparrow (HK 2008) von Johnnie To, mit Simon Yam, Kelly Lin, Gordon Lam, Law Wing-cheung, Kenneth Cheung, Lam Suet u.v.a., OV/e, 87 Min.. Mittwoch, 19. August, 21.30 Uhr

Nicotina

(Mexico 2003) von Hugo Rodriguez, mit Diego Luna, Marta Belaustegui, Rosa Maria Bianchi, Norman Sotolongo, Jesus Ochoa, Lucas Crespi u.v.a., OV/d, 93 Min. Mittwoch, 02. September, 21.30 Uhr

Der Knochenmann

(AT 2009) von Wolfgang Murnberger, nach dem Roman von Wolf Haas, mit Josef Hader, Josef Bierbichler, Birgit Minichmayr, Stipe Erceg, Ivan Shvedoff, Dorka Gryllus u.v.a., OV, 117 Min.


Freitag, 31. Juli   Nr. 334 | September 2014

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Freitag, 31. Juli 17.00 - 18.30 Uhr: Vorplatz

Konny

18.30 uhr: Kino

Nationalismus konkret: Wie ALLE Parteien für Kapital und Nation Propaganda machen Vortrag der Gruppe Überzeit / www.überzeit.ch /info@überzeit.ch

Schon in der Schule lernen wir, dass Parteien und Politiker*innen unsere Interessen vertreten. Doch bloss die Interessen der Leute umsetzen; es einfach den Leuten «recht machen». So ist das nie gemeint. Ganz im Gegenteil: Wenn sich Politiker*innen nur verdächtig machen, sich wirklich für die Interessen der Leute stark zu machen, dann werden sie als «Populisten» beschimpft. Wie kommen dann aber die Interessen der Leute in der Politik vor? Die Politik von links bis rechts «greift» die «Sorgen und Nöte» der Menschen auf, und macht sie zu «relevanten Sachthemen»; oder auch nicht. Sie «erklärt» den Leuten, wie ihre Interessen «vertretbar» sind: ob sie für «das Allgemeinwohl» wichtig genug sind; oder ob gewisse «Sachzwänge» gegen die Forderungen der Bürger*innen sprechen. So oder so behauptet die Politik immer, im Interesse der Bürger*innen zu regieren, selbst wenn sie gerade gegen die Anliegen der Leute handelt. Damit gerät der «vielseitige Diskurs» in der Demokratie doch recht einseitig. Denn in jedem Fall gehen die Parteien dabei immer auf die Interessen der Bürger*innen ein, um sie ungefähr von dem Gegenteil zu überzeugen: Zuerst kommt der Erfolg der Nation, und das Mittel dafür bist du! Das wollen wir am Beispiel von aktuellen parlamentarischen Debatten über Steuern, «Sparhaushalt», Renten und Sozialhilfe aufzeigen und diskutieren. 19.00 - 21.30 uhr: Schützenmatte

Breakdancebattle 1 vs.1 / Wheel of Fortune x Two Face

Die berner Funky Juice Crew hat sich mit ihren Breakdance Jams einen unüberhörbaren Ruf in der Szene ertanzt und schnürt sich auch zum Sommerfest die Superstars. Hip-Hop wie back in the days, optimalerweise auf alle vier Säulen gestützt und natürlich darf mitgemacht werden, auch wenn nur noch ein verstaubter six step im eigenen Breaker-Repertoire verblieben ist. Partizipation ist Trumpf, get a move on! 21.30 - 22.30 Uhr: Schützenmatte

Chaostruppe

Name ist hier Programm: SAM, PIT, SOPHIE, MQ, MIGO, DUBIOS, THEO ÄRO, TILT, 200BPM, IROAS, ROUMEE, TIGGR, JAHMOOL, RAPAZE,… was für ein Lineup!

Streetcred on Stage sozusagen, Untergrund-Rap aus hauptsächlich stadteigenen Gefielden, der Schulterschluss mit BNC nicht zu vergessen natürlich. Die Truppe lässt alles anbrennen und kann zurecht stolz drauf sein, wo Chaostruppe drauf steht, geht auch radikal was ab. Werft eure Smartphonewanzen aufs nächste Bahngeleis, tretet alle «Blick am Abend»-Kästen zu Eimern und geht mal richtig ab! Gesellschaftskritik und Revolutionsromantik wie sie gottverdammtnochmal klingen sollte.

22.45 - 23.45 Uhr: Schützenmatte

Iwan Petrowitsch

Iwan Petrowitsch, Juri und Marc, an der Bar klingt das meistens etwa so: «Zwe Haubi offe Giele!» Könnt ihr haben Jungs, wir kriegen dafür Zeitgeistrap, gut bestückt bitteschön, Deal? Yea! Iwan kann bieten, denn die Truppe ist seit jeher mit einer hochpotenten Livemusikgarde ausgestattet, massgebend stilprägend, da ist weit mehr als «nur» die zwei MC‘s. Wiederzuerkennen lässt sich im Sound denn so einiges: Hässlich kitschige Gedichte – nichts weiter als ehrliche Romantik verlangend - achselzuckenden Mitzwanziger - sich im herrlich selbstironischen Selbstmitleid suhlend – und darüber schwebend, das omnipräsente Damoklesschwert des Zweifels. Die Gischt des verdammten neoliberalen Individualismus im Gesicht, bleibt nichts als die treibend anarchistische Lust aus diesem Meer an Verdruss, Lust und sowas wie Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Wenn Kultur ein dünner, durch Alkohol sich lösender Lack ist, dann ist Iwan Petrowitsch der daraus entstehende Kitt unserer Generation, hoch die Gläser! 00.00 - 01.30 Uhr: Schützenmatte

Ds Imperium schlaat zrügg Rap-Matadoren, die richtige Radiostation für alle GoldsucherInnen. 01.30 - 03.00 Uhr: Schützenmatte ab 03.00 Uhr - spät: Vorplatz

Amaro & Difracctive (Kollektiv AFS)

chaostruppe


Samstag, 01. august

Samstag, 01. August

Vale Tudo

Vortrag

19.45 - 21.15 Uhr: Schützenmatte (USA)

Calais – Unmenschlichkeit kennt keine Grenzen Das ist unsere Geschichte aus der Festung Europa. Eine Geschichte über das Grenzregime. Eine Geschichte über die Unterdrückung und Aggression gegenüber Geflüchteten auf der letzten Etappe ihrer Reise. Und die Geschichte des Widerstands. Grenz-Erfahrungen aus einer privilegierten Perspektive. 16.15 - 17.30 Uhr: Vorplatz the monofones

18.45 - 19.30 Uhr: Schützenmatte

14.30 Uhr: Kino

Yok

17.30 - 18.30 Uhr: Schützenmatte

The Monofones 17.30 Uhr: Kino

Nation? Heimat? Gemeinschaft? Die Nation – ein Grund zum Feiern?

War on Women

Eigentlich ein politischer Kampfbegriff in den Staaten, zur abfälligen Bezeichnung der frauenrechtsfeindlichen Haltung gewisser republikanischer Kreise. Denn natürlich gibt es auch im Land der grenzenlosen Möglichkeiten bezüglich Emanzipation noch so einige Begriffsstutzige und gerade das Recht der Frau, auf den eigenen Körper, scheidet bis weit ins liberale Lager die Geister. War On Women aus Baltimore hauen diesbezüglich ganz gewaltig auf den Tisch und eignen sich dazu auf der Bühne kurzerhand den Rockstarmachismo an, um ihn ins Gegenteil zu verkehren. Hardcore Punk von der amerikanischen Ostküste, mit einer gehörigen Ladung Rock-Diskurs Störkraft! Effemimania

Vortrag der Gruppe K / fb.com/gruppek / http:// gruppe-k.org/ / info@gruppe-k.org

Patriotismus, die Liebe zu Heimat und Nation gilt als selbstverständlich, sogar natürlich. Für die Liebe zur (eigenen) Nation muss man nicht argumentieren. Schon die Frage nach Gründen wirkt seltsam, fast zersetzend. Dennoch! Es gibt gute Gründe, sich einmal Klarheit darüber zu verschaffen, was das eigentlich ist – die Nation und das zu ihr gehörende nationale Gefühl. Dazu wollen wir folgende Thesen begründen und zur Diskussion stellen: 1. Nation ist die Verklärung einer Gesellschaft, die auf Konkurrenz beruht und aus Klassen besteht. Während sich ihre Mitglieder im Alltag gegenseitig in die Quere kommen und die ökonomischen Nutznießer die Lohnabhängigen schädigen, wird zur nationalen Feierstunde die Gemeinschaft beschworen. 2. Nation ist die Verklärung eines Zwangszusammenhangs. Kein Mensch entscheidet frei und nach seinen Interessen, welchem nationalen Verein er wie lange und unter welchen Bedingungen angehören möchte – und natürlich ist das schon gar nicht. 3. Nation ist ein Konstrukt: Ihre Herleitung aus Sprache, Kultur, Geschichte, Religion oder Abstammung sind logisch wenig haltbar. 4. Nation ist die zentrale Ideologie über Staat und Gesellschaft. Diese Gesellschaft braucht das verlogene Gerede von der nationalen Gemeinschaft. 5. Nation braucht Identifikation, Dummheit, Gefühlsduselei, Fahnen und Phrasen. Aber gibt es nicht auch den guten, den harmlosen Patriotismus? Viele, die sich am überschäumenden Nationalismus der Ausländerhasser, Fußballfans und Stammtische stören, plädieren für eine aufgeklärte, respektvolle, die Vorzüge aller Nationen anerkennende und niemand ausgrenzende Form der Heimatliebe. Gibt es die? Neben den allgemeinen Bestimmungen zur Nation und dem nationalen Gefühl kann und soll im Anschluss auch gern über die Besonderheiten der Schweiz diskutiert werden.

marathonmann

21.30 - 23.00 Uhr: Schützenmatte (D)

Marathonmann

Seit 2011 stählt er sich nun, der Marathonmann und er hat schon so einiges erlaufen oder besser gesagt erspielt, denn der namentlich gegebene Langstreckencharakter ist eher dem musikalischen Durchhaltewillen des Münchner Post-Hardcore Quartetts geschuldet, als an läuferischen Ambitionen. Schon mit der ersten erschienenen EP «Die Stadt gehört den Besten», lösten sie einen Begeisterungssturm aus, welcher weit über die OX-Fanzine lesenden Punk-Hardcore Kreise hinaushallte. Es folgten Touren mit Itchy Poopzkid, Casper und Jennifer Rostock, Festivals à gogo, sowie eine dreiwöchige Headlinertournee durch Deutschland, Österreich und der Schweiz. Höchste Zeit fürs «NO BORDERS, NO NATION» also, denn bis zu diesem Ziel liegt wohl noch ein langer Leidensweg oder wie die Band selber sagt: «Es bleibt noch viel zu tun und dazu brauchen wir einen verdammt langen Atem». 23.30 - 01.00 Uhr: Schützenmatte (D)

Irie Révoltés

Politisch glasklar positioniert, seit anhin der direkten Aktion sowie der Benefizveranstaltung verschrieben, passen Irie Révolté als Headliner ans Reitschule Sommerfest, wie der saugfähige Leinenlappen ins Molli. Ob an Demonstrationen gegen Rassismus, Homophobie und Sexismus, bei Auftritten am 2009 abgehaltenen Bildungsstreik oder involviert in Projekten wie «Viva con Agua de St. Pauli», Irie Révolté sind überall da anzutreffen, wo es was an herrschenden Verhält-

nissen zu verändern gilt. Unmissverständlich: «Ich wurde so geboren, ich werde so bleiben bis ich sterbe, ich wurde so geboren, Antifaschist für immer, für immer…». Neben all dem ernsthaften Engagement hat die seit 2000 bestehende Reggae-DancehallElektro-Hip-Hop Truppe jedoch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihr erklärtes musikalisches Ziel das Verbreiten von guter Laune und Partystimmung ist. Irie steht im jamaikanischen Patois schliesslich für Sorglosigkeit und die soll an einem Révolté Konzert auch aufkommen, einfach ohne dabei der unreflektierten Bierseeligkeit zu verfallen, sondern sie als Anstoss zu verstehen, als Anstoss zur Veränderung. 01.30 - 03.00 Uhr: Schützenmatte

Copy & Paste

03.00 Uhr - spät: Vorplatz

Radio Sous le Pont


im Juli

tramdepot burgernziel

und Hitler höchstpersönlich verbietet Goebbels in einer Krisensitzung auf dem Obersalzberg, bei der neben Magda Goebbels auch die gesamte NS-Elite anwesend ist, die staatszersetzende Liaison. Baarovà erhält daraufhin Spielverbot und ein Verbot der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und darf zunächst Deutschland nicht verlassen. Danach folgt eine jahrelange Odyssee über die Tschechei, Italien und Argentinien bis hin zu einem 18 monatigen Gefängnissaufenthalt wegen Kollaborationsverdachts. 1953 taucht die vom Schicksal gezeichnete Schauspielerin im Film «I Vitelloni» von Federico Fellini wieder auf. Das Stigma der Affäre mit Goebbels wird sie aber bis zu Ihrem Lebensende nicht mehr los.

Donnerstag, 02. Juli Freitag, 03. Juli Samstag, 04. Juli Dienstag, 07. Juli Donnerstag, 09. Juli Freitag, 10. Juli Samstag, 11. Juli, je 20.30 Uhr

FELLINI’S «TOTALE LIEBE» von Charles Lewinsky, nach einer Idee von VOR ORT. Koproduktion: Schlachthaus Theater Bern. Künstlerische Leitung, Spiel: Sonja Riesen, Do-

innert, ist Kulisse und Spielort der neusten VOR ORT Inszenierung. Kurz bevor das Berner Stimmvolk darüber entscheidet, ob die mehr als 100jährigen Tramdepot Hallen am Burgernziel abgebrochen werden, bespielt die Gruppe das Gebäude und das umliegende Gelände ein voraussichtlich letztes Mal. Das Tramdepot wird zum fiktiven Filmstudio über dem, wie in Federico Fellini’s «Orchesterprobe», bedrohlich die Abrissbirne schwebt.

minique Jann, Mathis Künzler. Regie: Jonathan Loosli. Spiel: Eleni Haupt, Ursula Stäubli, Rico Grandjean, Dominik Gysin, Giulin Stäubli. Musik: Moritz Alfons. Bühne, Kostüm: Romy Springsguth. Maske: Arta Sahiti. Assistenz, Abendspielleitung: Johannes Frei. Teslaspulen-Operateure: Kurt Schraner, Martin Damev, Andreas Saile, Franz Marbacher, Urs Lauterburg. Fotografie: Manuel Zingg. Gestaltung: Roland Zenger. Produktionsleitung: Michael Röhrenbach.

Eine für Bern einzigartige Fassade, die wie ein Fremdkörper an vergangene Zeiten er-

Den Stoff zu Fellini’s «Totale Liebe» liefert eine unfassbare Verknüpfung von historischen Begebenheiten des letzten Jahrhunderts. 1936 lernt die junge tschechische Schauspielerin und Filmdiva Lída Baarová in den Ufa-Filmstudios Babelsberg Joseph Goebbels kennen und wird die heimliche Geliebte des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda. Im Vorfeld des Anschlusses des Sudetenlandes an das deutsche Reich, wird die Affäre bald zum Zankapfel im Zentrum der Macht

In Zusammenarbeit mit Charles Lewinsky entwickelte VOR ORT ein Theaterstück über diese Begebenheiten. Darin inszeniert Federico Fellini in seinem Spielfilm «Totale Liebe» seine phantastische Version dieser Liebes- und Leidensgeschichte, wobei die ausgedienten Tramdepot Hallen zu einer Berner cinecittà werden. Das Publikum ist bei den Dreharbeiten mitten drin und erlebt neben der Geschichte, die gedreht wird, auf einer zweiten Handlungsebene den Regisseur, die SchauspielerInnen, den Aufnahmeleiter, die Kameraleute und den Produzenten am Set hautnah mit...

VOR ORT Seit 2010 produziert VOR ORT ortsspezifisches Theater an ausgewählten Schauplätzen auf Berner Stadtgebiet. Mit poetischer Bildsprache und trügerischer Flüchtigkeit bespielt VOR ORT bekannte und verborgene Orte in Bern und eröffnet dem Publikum überraschende neue Perspektiven und Blickwinkel auf die Stadt. Dabei ist Teil des Konzepts, dass der geschichtliche Hintergrund oder Assoziationen zu den bespielten Orten mit in die Stücke einfliessen. VOR ORT ver-

im Juli

im juli

rössli

BRAIN & DEVICE RECORDS presents: «LEOPARD DA VINCI» heavy funk electro groove

Brain & Device ist die jüngste Veranstaltungsreihe im Rössli und nach der geglückten Premiere mit den Beatbastlern «ANTIRADIO» aus Basel, freuen wir uns bereits diebisch auf die nächste Soirée. Eingeladen ist «LEOPARD DaVinci», welcher ein Livemixset seiner heavy-funk Beats zum Besten geben wird und dabei mächtig Groove und Boogie verspricht. Der junge Franzose verschreibt sich ganz unverfroren der Tanzbarkeit und dabei wird auch mal mit beiden Augen genzwinkert; hoher Spassfaktor ist somit garantiert. Abgerundet wird der Abend musikalisch vom DJ und Brain & Device Gründer «FUNK BASTARD», dessen Platten keine Pobacke ruhen lassen und das perfekte Programm für einen laue Sommernacht sind.

grosse  halle

Donnerstag, 02. Juli, 22.00 Uhr

wandelt die Realität in Fiktion und die Fiktion in Realität. 2013 mit «BRUDER TOD» im Inneren der Monbijoubrücke, 2012 mit «NEULAND» auf dem ehemaligen Zaffaraya-Gelände wo die Berner 80er Jahre Unruhen Ihren Höhepunkt fanden und 2010 mit «Die Sage vom Schlachthausstier» in der Berner Altstadt.

Donnerstag, 09. Juli, 22.00 Uhr

CHAOSTRUPPE & FISCHERMÄTTELI HOOD GÄNG präsentieren: IROAS «Nachtgedankä EP» Plattentaufe Hip Hop, Rap

Sonntag, 5. Juli, 8.00-16.00 Uhr

Flohmarkt

Marktbeginn & Hallenöffnung & Spontanreservation ab 7.00 Uhr. Platzweitergabe ab 8.00 Uhr. Maximal 5 m Pro Stand.

Es bewegt sich was im städtischen RapUntergrund, fresher shit um der Sommerhitze Paroli zu bieten! Ab ins Rössli wer sich Head schimpft, denn die CHAOSTRUPPE und die FISCHERMÄTTELI HOOD GÄNG präsentieren IROAS mit seiner brandneuen EP «Nachedänke». Unterstützt wird er von Chefbotaniker MIGO und an den Turns steht seit langem wieder einemal DJ PERCY, nice! Dass sich daneben noch etliche Specialguests auf der Bühne einfinden werden scheint sehr wahrscheinlich und es würde nicht wundern, wenn das Ganze in einem grandiosen Cypher ausartet.



Mittwoch

donnerstag

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18.30

20.30 Uhr

S o u s l e P o n t  g grill-Spezialitäten - sommerliches Vergnügen direkt vom Feuer

T r a m d e p o B u r g e r n z i e l  g

«totale lieBe»

22.00 Uhr

R ö s s l i  g Brain & deVic «leopard da Vinci» he

dienstag

Mittwoch

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20.30 Uhr

18.30

20.30 Uhr

T r a m d e p o B u r g e r n z i e l  g fellini’S

S o u s l e P o n t  g SoMMer-Spezialiäten

T r a m d e p o B u r g e r n z i e l  g

«totale lieBe»

«totale lieBe»

22.00 Uhr

R ö s s l i  g chaoStrUppe hood gäng präSentie dankä ep» plattenta

Mittwoch

15 18.30

S o u s l e P o n t  g Vegane rohkoSt-Spezialitäten - Die ungekochte Gaumen-Extase

Mittwoch

22 18.30 Uhr

S o u s l e p o n t  g indien-Spezialiäten Würzige Delikatessen 21.30 Uhr

H o f k i n o  g the darjeeling liMited (USA 2007) von Wes Anderson, mit Adrien Brody, Jason Schwartzman, Owen Wilson, Bill Murray, Anjelica Huston, Amara Karan, Barbet Schroeder, Irrfan Khan, Waris Ahluwalia u.v.a., OV/d, 91 Min.

Mittwoch

29 18.30

S o u s l e P o n t  g tafelrUnde-Spezialitäten Feines aus alten Zeiten in gemütlicher Runde


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Nr. 397 | Juli 2015

Krokodil und Hase

I gseh öppis, wo du nid gsehsch! Text: Eva | Illustration: mfg

Manchmal kommt es mir wieder in den Sinn, das Spiel, das wir als Kinder spielten: «I gseh öpis, wo du nid gsehsch». Wir spielten es in der Badewanne, beim Einschlafen, auf langen Zugfahrten oder manchmal nach dem Essen mit der ganzen Familie.

Sexismus im Netz – Teil 1

Männerdomäne Internet

Hinter der Entwicklung des Internets - von ursprünglich militärischen Interessen hin zu einem Massenphänomen - stand (und steht) auch ein emanzipatorischer Ansatz. Für viele Pionier*innen und Entwickler*innen sind Werte wie Zusammenarbeit und freier Datenaustausch Kernpunkte des «Projekts Internet». Tatsache ist aber auch, dass das Internet ein virtueller Spiegel unserer physischen Realität ist, gerade auch was die Verbreitung und Reproduktion von Diskriminierung und Unterdrückungsformen betrifft.

L

Text: rif & peb | Illustration: mfg

eider ist in der «digitalen Sphäre» Sexismus sowohl eine Tatsache als auch ein alltäglich anzutreffendes Phänomen. Klar ist auch, dass sich Sexismus keinesfalls auf diesen Bereich beschränkt und auch in anderen Bereichen – Werbung, Zeitschriften etc. – tagtäglich reproduziert wird. Von NPSOs und Damseln Gerade Computerspiele haben mittlerweile einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft eingenommen und sind – zumindest in der westlichen Welt – normaler Bestandteil unseres Alltags. Entsprechend verantwortungsvoll sollten Spielentwickler*innen mit dieser Situation umgehen, da solche Spiele nicht nur einen Unterhaltungsfaktor bieten, sondern auch unsere Normen und Wertvorstellungen beeinflussen. Ständig hilflose Prinzessinnen retten zu müssen, als männlicher SIM keine Röcke tragen zu können und an allen Ecken weiblichen NPCs über den Weg zu laufen, die nur dazu dienen, männlichen, heterosexuellen Spielern als Sexobjekt zu dienen (auch bekannt als NPSO = Non-playable sex object) wird auf Dauer nicht nur langweilig, sondern sind als gängige Rollenbilder, Plots und Ausrichtungen vieler Computerspiele insgesamt problematisch. Damit wollen wir keineswegs behaupten, dass Spiele uns derart beeinflussen, dass beispielsweise Counter Strike-Spieler*innen vermehrt Morde begehen. Jedoch ist es unserer Meinung nach ein Unterschied, ob klar überspitzte Handlungsabläufe dargestellt werden, oder – quasi im Hintergrund – eine gesellschaftliche Normalität reproduziert wird. Die kanadisch-amerikanische Feministin Anita Sarkeesian hat die Probleme solcher Darstellungen ausführlich beschrieben, ihre Beiträge finden sich u.a. auch auf Youtube. Objektivierung und Äusserlichkeiten Nicht nur «Pixel-Frauen» leiden darunter, ständig zu Objekten degradiert, auf ihre Äusserlichkeiten reduziert und aufgrund ihres sozialen Geschlechtes nicht ernst genommen zu werden. In den Worten der Feminstin Jill Filipovic: «Online harassment isn’t virtual for women». Es gibt viele – zumeist sehr negative – Berichte darüber, was alleine die Vermutung, dass hinter einem Nickname oder Charakter eine «weibliche» Person stecken könnte, für Auswirkungen auf Kommentare und Rückmeldungen hat. Da digitale Kom-

munikation mittlerweile häufig auch durch Bild- und Tonaufnahmen ergänzt wird (ob in Online-Spielen oder Youtube & Co.), wird das soziale Geschlecht der anderen Personen zunehmend ersichtlich. Mit welchen «Nebeneffekten» Frauen leben müssen, die z.B. einen Kanal auf Youtube haben, hat die amerikanische Taxidermistin Emily Graslie auszugsweise veröffentlicht. Diese Formen der Belästigung führen nicht nur dazu, dass sich weiblich sozialisierte Menschen nicht trauen, selbst Inhalte zu veröffentlichen und ihre Meinung zu äussern, sie führen auch dazu, dass diese Menschen – wo immer sie mit Belästigungen zu rechnen haben – Situationen vermeiden, die den anderen Rückschlüsse auf ihr soziales Geschlecht ermöglichen. So vermeiden etwa viele weiblich sozialisierte Menschen Voice-Chats in Online-Spielen, oder öffentliche Auftritte bei hauptsächlich männlich dominierten Veranstaltungen (E-Sport-Events, IT-Kongresse...). Jedoch... Die «digitale Sphäre» ist nicht nur ein Ort, wo Sexismus reproduziert wird, sondern eben auch thematisiert werden kann, was in den letzten Jahren zunehmend geschieht. Beispiele wie die #aufschrei-Debatte – bei der hauptsächlich weiblich sozialisierte Personen über ihre Erfahrungen mit alltäglichem Sexismus berichten – zeigen die Bedeutung des Internets zur aktiven Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen. Ebenso ist festzuhalten, dass es sich weder bei sozialen Missständen noch der «digitalen Sphäre» um statische Gebilde handelt. Vielmehr haben wir es hier mit sich stetig wandelnden Prozessen zu tun, in welchen auch immer wieder Fortschritte – sei es sozialer oder technischer Art – erzielt werden. Trotz der Tatsache, dass gerade die Auseinandersetzung mit Sexismus in Internet und Videospielen ein relativ junges (und sehr amerikanisch-europäisches) Phänomen ist, hat sie bereits zu einigen positiven Veränderungen geführt. Als Beispiele können etwa die zunehmende Pluralität von Handlungen, sexuellen Beziehungen und Rollenbildern in Videospielen angeführt werden. Solche Entwicklungen verlaufen jedoch nicht von selbst, sondern müssen erkämpft werden. Welche Konsequenzen dies für jene hat, welche für diese Veränderungen einstehen, werden wir im nächsten Artikel näher betrachten.

Eine winzige Berührung mit meinem Fuss an ein Metallstäbchen genügt, um die Schaukel in Bewegung zu bringen. Meine wunderbare Schaukel - eine Hollywoodschaukel, als Jugendliche das wohl spiessigste Ding meiner Wertvorstellung. Heute nenn ich stolz und glücklich so eine mein Eigen! Mein Nachbar dort bei der Schaukel ist blind. Er ist siebzig und seit zehn Jahren sieht er als Folge einer schrecklichen Krankheit nur noch hell und dunkel. Er hat einen grossen Bauch, war Koch und bekocht sich täglich fein und üppig, dies mit beeindruckender Fingerfertigkeit. Er hat schneeweisse Haare, und eine dicke Goldkette leuchtet auf der braungebrannten Brust. Wenn ich ankomme, hört er mich, bevor mir bewusst ist, dass ich ein Geräusch verursache. Immer gerne gehe ich ihm mit kleinen Behilflichkeiten zur Hand. Wir unterhalten uns über seine Hörbücher, die er gerade hört oder übers Wetter, ich schildere ihm die Wolkenbilder oder was gerade blüht im Garten der anderen Nachbarn. Als Dank erhalte ich jeweils eine Tafel Schokolade. Ich liege auf meiner Schaukel und schliesse die Augen. Die Spatzenfamilie veranstaltet einen lautstarken Tumult in der jungen Erle. Die Möwen in der Höhe schreien und sind auf der Suche - der Fischer kommt erst in ein paar Stunden. Die Nachbarinnen palavern über dies und das. Kurz ist es still. Nein, ich irre mich, die Brise in den entfernten Baumkronen klingt leise bis zu mir. Ein Flugzeug nähert sich und das Kursschiff hupt. Die Schulhausuhr läutet und ein Seil schlägt an einen Fahnenmast. Ich spüre ein Krabbeln am Oberschenkel, ob es eine Fliege ist? Ich versuche vergeblich die Augen geschlossen zu halten, es krabbelt immer weiter. Es ist ein wunderschöner kleiner Käfer, er ist türkisblau und glänzt in der Sonne, er spaziert fröhlich auf mir herum. Mir gefällt seine Schönheit. Er öffnet seine Flügel und fliegt himmelwärts. Wolkenbilder begleiten ihn, der Hase wird zum Krokodil. I gseh öpis, wo du nid gsehsch!


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Götzentanz

Replik der RJG auf den «Ihr seid wie Aromat»-Text

Comix: Nicolophonius Fuhrimann

Liebe «die Linke»

E

Kinderbuchtipp

2.5 Gespenster

L

Text: Ruth Baeriswyl

eo sitzt da im Bistro nebenan. Er trägt rote Cowboystiefel, eine Tollefrisur und verschlingt drei Stück Zitronenkuchen, die er nicht bezahlen kann. Daneben sitzt die etwas ungewöhnliche Familie mit ihrer coolen 15-jährigen Tochter Jonna. Jonnas Vater, der überaus soziale und unkonventionelle Siebdrucker, übernimmt die Rechnung für Leo. Der geldlose Leo bekommt daraufhin einen Aushilfsjob in der Druckerei von Jonnas Vater und nistet sich bei ihnen ein. Jonna entwickelt Gefühle für Leo, immerhin sieht er gut aus und etwas

Text: RJG

s ist uns bewusst, dass Medien enorm meinungsbildend sind und eine positive Darstellung von Aktionen politische Agitation unterstützen kann. Ihr kritisiert, wenn wir «A-Anti-Anticapitalista» schreien, würden wir uns medial deplatzieren. Aber wie ihr bereits geschrieben habt, unterscheiden die bürgerlichen Medien strikte zwischen «Gut» und «Böse». Euch zu erklären, wieso bürgerliche Medien bürgerliche Werte als «gut» bewerten, wäre eine Tautologie. Wie ihr bemerkt habt, sind wir revolutionär. Wir sehen es als unabdingbar an, das gesamte kapitalistische System zu bekämpfen, da ein grosser Teil der Dinge, die in der Welt falsch laufen, die Ursache im Kapitalismus haben. Täglich verhungern 100’000 Menschen, weil es sich nicht lohnt, ihnen etwas zu essen zu geben. Hingegen ist es ökonomisch lohnenswert, ihnen ihre Lebensgrundlage zu entreissen, wie es das Beispiel der Wasserprivatisierung zeigt. Deshalb wollen wir nicht nur ein bisschen Geld an Hilfsorganisationen abdrücken, sondern die Ursache für diesen Massenmord bekämpfen. Da dieses Problem leider nach wie vor dasselbe ist wie vor ein paar Jahren, ist auch das «A-Anti-Anticapitalista» dasselbe geblieben. Es ist einfach, zu sagen, «Hungertote sind schlimm. Bitte Schweiz, mach mal was.» Das würde sogar den bürgerlichen Medien gefallen. Da es aber ein Problem dieses Systems ist, ist es nichts anders als heuchlerisch, solche Forderungen an ebendieses System zu stellen. Durch Bitten wird die Ursache des Problems nicht verschwinden. Diesen Frühling haben wir uns aktiv gegen zwei Ausschaffungen zur Wehr gesetzt. Kein bürgerliches Medium hat danach von «Zivilcourage» gesprochen. Auch wenn solche Aktionsformen nicht einem bürgerlichen Demokratieverständnis entsprechen, ist es absolut notwendig, sich solch unmenschlichen Handlungen des Staates entgegenzustellen. Wir bleiben unserer politischen Linie treu. Es ist uns nicht «scheissegal», wie wir dargestellt werden. Es ist uns wichtiger, welche Inhalte wir vermitteln. Ihr nennt die Medienlandschaft einen «auf Konformität trimmenden Mechanismus». Wir stehen also jeweils vor der Entscheidung, unsere Prin-

zipien zu Gunsten des Bildes nach Aussen zu verbiegen und zu verkaufen, oder unsere Inhalte durch unsere Kanäle zu verbreiten und uns neue zu erarbeiten. Eure Frage, ob wir bei jeder Gelegenheit eine umfassende Gesellschaftskritik einbringen müssen, erstaunt uns sehr. Wir haben ein politisches Programm und stehen für dieses ein. Wenn wir ein Problem erkennen, benennen und bekämpfen wir es. Mit eurer Essens-Metapher ausgedrückt: Ob Pizza, Spaghetti oder Brot: Alles enthält Weizen und ist für Glutenallergiker*innen nicht verträglich. Ihr scheint aber trotzdem zu versuchen, Glutenallergiker*innen im Restaurant den Basilikum auf der Pizza schmackhaft zu machen. Durch Demonstrationen können wir eine Gegenöffentlichkeit herstellen und Inhalte verbreiten. Dass wir dabei teilweise vermummt sind, ist nicht etwa eine schlechte PR-Strategie, sondern Selbstschutz. Zu oft haben radikale Antikapitalist*innen Repression durch Arbeitgeber*innen, Schule, Faschos oder Staatsmacht erfahren müssen. Liebe Parlamentarier*Innen, liebe Reformist*innen, liebe Trennungsregelbeachtende: Denkt weiter! Seht ein, dass wir diese Gesellschaft nicht grundlegend verändern können, wenn wir sie nicht in ihren Grundsätzen, also entgegen der bürgerlichen Logik, zu kritisieren wagen. Kocht kämpferischer!

Geheimnisvolles begleitet ihn – sie ist aber glücklicherweise bereits so differenziert, dass sie zwischen Verliebtheit und Beschützerinnengefühlen unterscheiden kann. Dies nicht zuletzt, weil sie das «Auf und Ab» der Ehe ihrer Eltern immer hautnah mitbekommt. Da wird ausdiskutiert, ausgehalten, umgezogen, wieder zurückgezogen und zusammengehalten. Die Beziehung zu Leo allerdings scheint noch viel komplizierter – Leo spricht kaum und wenn, weiss Jonna nicht, ob sie ihm glauben soll. Ausser Siebdruck scheint ihn nicht viel zu interessieren... Regina Dürig hat für dieses Buch zu Recht den «Peter Härtlingpreis» bekommen. Der Text besticht durch seine kunstvolle Sprache. Sie lässt Leo, die bindungslose Gestalt, uninterpretiert und schafft somit

Raum für die Fantasie der Lesenden. Ein Buch mit literarischem Anspruch, das auch für Erwachsene ein Leckerbissen ist. Regina Dürig | Beltz Verlag

Redaktion)

grund.. ››mfg. die

Hausdurchsuchungs-

weiss: – durchaus ein

ten News› verfolgte,

Bern – wer die ‹letz-

der Revolution und in

deutschen Feuerwehr,

errot, die Farbe der

gefärbt wurde – Feu-

Heft in ‹RAL 3000›

Stelle, dass dieses

nen wir an dieser

Es grüsst Die Gruppe mit dem Trennungsfehler Revolutionäre Jugend Gruppe revolutionär.ch

(mit Freuden erwäh-

Nr. 397 | Juli 2015


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Nr. 397 | Juli 2015

Slingshot Text: sak

Das technisch vermittelte Leben spielt sich irgendwo zwischen Sisyphos und Perpetuum mobile ab. Eine Hoffnung auf die Unendlichlkeit des Perpetuum mobile hat, wer wie Michael Minovitch einen spielerischen Umgang mit dem Energieerhaltungssatz pflegt. Die Ewigkeit wird erwartbar und zur Praxis, während Sisyphos seinen Stein immer und immer wieder, bis er ihm entgleitet, gen Gipfel trägt. Was bleibt, ist die Vorstellung eines den Berg runterkullernden Steins, der den Energieerhaltungssatz restituiert. Vor einem halben Jahrhundert war die Welt noch in Ordnung. Das Bretton-Woods-System mit dem Dollar als Ankerwährung serbelte zwar, wahrte aber den Schein. Michael Jackson war noch schwarz und eroberte mit den Jackson five die Hitparade. Und der durchschnittliche Amerikaner, an dem sich nicht nur die Währungspolitik, sondern eine ganze Lebensphilosophie orientierte, lebte mit gutem Gewissen seinem Todestag entgegen, der in etwa mit demjenigen Datum in eins fiel, an welchem er sein Eigenheim umfassend abbezahlt haben würde. Dies war – an allen Ecken und Enden – eine barbarische Ordnung, eine Welt voller Erwartbarkeit, die nicht nur ausfranste, sondern gegen die Ränder hin jäh abfiel. Innerhalb dieser Ordnung – und in ihr lebte Michael Minovitch – fanden sonderbare Formen von Tagträumen ihre Bettstatt. Die Angst vor den Russen im Nacken und ein mulmiges Gefühl namens Vietnam erst als unmerkliches knurren in der Bauchregion, operierte der Mathematiker Minovich 1961 am Jet Propulsion Laboratory in Kalifornien am damals schnellsten Rechner aller Zeiten: dem IBM 7090. Doch weder den Russen noch Vietnam gedenkt Minovich, wenn er sich seiner damaligen Ängste erinnert. Seine Angst gilt dem eigenen Versagen. Der Rechner könnte zu Resultaten kommen, die seinen theoretisch fundierten Erwartungen widerspricht. In protestantischer Verbindung von Bescheidenheit und Strebsamkeit berichtet er von dieser Angst: «Der Betrieb des Rechners; er kostete täglich tausend Dollar.» Slingshot - so heisst die Technik die dank den Berechnungen Minovichs in der Raumfahrt möglicht wurde; «DreiKörper-Problem», die in den Gefielden der Astronomie gelöste Aufgabe. Praktisch war nun klar, dass ein Raumschiff beim Vorbeiflug an Planeten durch ein Swing-by-Manöver Geschwindigkeit hinzugewinnen kann. Im Schlepptau von Jupiter zum Neptun, im Windschatten Saturns zu Pluto und die Begrenztheit mitführbaren Treibstoffs ausgehebelt; Dies verlieh der Erkundung des Sonnensystems bislang undenkbare Möglichkeiten. Ein zusätzlicher Schub, für die wilden Träume von neuen, noch zu entdeckenden Erden. «Huston we’ve had a proplem», mit diesem Satz wendet sich der Astronaut John Swigert 1971, nach der Explosion eines Sauerstofftanks an die Kommandozentrale in Huston, Texas. Swigert wählt zur Verbalisierung des Status auf der Apollo 13 die Vergangenheitsform. Sie steht für die Dauerhaftigkeit die Mitteln und Zwecken den Zugriff auf die Welt ermöglicht. Nüchtern und Grausam, gehört es zu den zweifelhaften Gewissheiten Swigerts, dass sich innerhalb dieses Momentums der technisch vermittelten Welt, technische Probleme technisch lösen lassen. Zehn Jahre zuvor war Minovich davon ausgegangen mittels Slingshot ausgedehnten Rundfahrten im Sonnensystem zu ermöglichen. Bei der Anwendung für Raumschiffe mit Besatzung diente der Slingshot dazu, die Apollo 13 trotz mangelndem Treibstoff - durch Umrundung des Mondes wieder auf die Erde zurück zu bringen. Mittel und Zwecke sind die Figuren im eindrücklichen Schauspiel der technisch vermittelten Welt. Die Besetzung der Figuren ist dabei weder beliebig, noch vorgeschrieben. Was war es, das wir wissen wollten? Welches war die Welt, die man haben zu können glaubte?

Lösungswort: Auch er konnte das Ableben Osama bin Ladens nicht verhindern. Die Antwort ergibt sich aus den Buchstaben wild durcheinander geschüttelt.

Waagrecht 5 Ähnlich klingendes ist beim Bäcker zu haben – damit geht man aber eher in den Urlaub 9 Nobler Palästinenser 12 Ein bisschen Glanz und Gloria muss sein: dieser Vampir steht nun mit Kirsten Stewart im Patt 13 Mit vorgegebenen Sekunden hält er alles fest und zusammen 16 Du besuchst den berühmtesten Strand der Welt – und sagst du gehst an den Fluss? Etwa im Januar? 17 Wenn man einem solchen ausserhalb einer Kirche begegnet, empfehle ich einen Besuch beim Psychologen. 18 Hier kann man zwar ins Wasser, aber knapp nicht in den Neuenburgersee. Damit ist die Lösung auch schon gesagt 19 Ob du sicher seist, fragt dieser Fluss in einer Werbekampagne 20 Auch sie muss nach dem 14.6.2015 nicht mehr Steuern zahlen 23 Barbies darling 24 Israels beliebtester Frauenname im Jahr 2013. Mit H männlich und alttestamentarisch berühmt 25 In der Schweizer Fussballszene oft synonym für WC – ist wirklich naheliegend, auch wenn es auf deinem WC keine Insekten hat 26 Dieses Palindrom kann einem aus der Patsche helfen. Nicht alle davon tragen rote Badehosen 28 Wenn Jerry der David ist, wer ist dann der Goliath? 30 Damit schiesst man dem Schrott ein T weg 33 Völlig, ganz und gar, uneingeschränkt, total – treffe nun die richtige Wahl! 36 Sagen damit die Amerikaner «dieses Land gehört uns?» 38 Hier haben die Schweizer Stifte drin, die Franzosen Pistolen und die Deutschen sagen ihm Faulenzer 39 Der Römer Maecenas lieh hier gönnerhaft seinen Namen 40 Im «Deneb-Stern» ist eine Präposition versteckt 41 Das Bubi hat den Kopf verloren – wo ist er denn, fragt es auf Latein 42 Eine Rabenart in den Bergen wie die Möwen am Meer 43 Hier wird der Gegenpol zum Sollwert gegenwärtig gedreht 44 Wenn bei einem Treffen, einem Rendezvous nicht unähnlich, einer fehlt, bleibt dieses übrig. 45 Mit seinem Kläffen laut und grell, vertreibt der Hund die Diebe schnell. Senkrecht 1 des Arbeiters einzige Waffe! 2 In der Schweiz wächst dies nur in Mund im Wallis. Ein Goldmine wäre aber dennoch lukrativer 3 Hänschen sollte das wirklich tun 4 Krächzt durch Berns Megaherz 6 Kristalle (warum eigentlich Kristalle?) stehen am Anfang des schlimmsten von all dem schlimmen 7 Des Fussgängers Krux: «Igitt!» – mit jedem Schritt in Hundescheisse tritt! 8 Wenn der Boxer im Ring zum Klammeraffen wird 9 Hinterlässt eine gestrichelte Bremsspur 10 Mit einem Sack wird englische Luft zum Sicherheitsfaktor 11 Die Weltformel, also die «Theory of everything», hat in verkürzter Form jeder am Fuss – zumindest in England 14 Wenn du das Kreuzworträtsel dahin bringst, kannst du einen Gutschein gewinnen 15 Wenn ein guter Rat teuer ist – dann fragt man sich ob diese unbestechlich sind. Tipp: Die Schweiz hat jede Menge davon 21 Ist auch ohne Stimmbruch für die tiefen Töne verantwortlich 22 Senkrecht 37 gibt sich oftmals so. Kleinkinder durchleben eine Phase die fast gleich klingt 27 Für den jungen Musiker

heisst das üben, üben und nochmals üben. Nicht nur in Frankreich 9 Ohne den musikalischen Kannibalismus aka. «Maneater» wäre dieser John wohl unbekannt 31 Ein Adelstitel – als «Auguste» auch in der religionskritischen Philosophie ein Begriff 32 Ein Gemüse – wird in Handgreiflichkeiten des Öfteren traktiert 34 Heute hat man das nur noch im Kinderwagen. In den 20er Jahren aber hatten es viele Frauen auf dem Kopf 35 Wären die Trümmelbachfälle stumm, würde es wohl Leiserbrunnen heissen 37 Ein selbstverliebtes, arrogantes Arschloch. Hält sich für was besseres.

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Interview

Swiss Angst Ein kurzes Gespräch über Flucht, Migration, YB-Fans und das Paradies. Text: res | Illustration: pak

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in wenig überfordert mit dem Anspruch, etwas Gescheites zu Flüchtlingen/Migration/Nationalismus zu schreiben, habe ich mich mit zwei «Experten» zu einem Gespräch im Park verabredet. Ich setze mich also dort auf eine Bank und schaue ein paar älteren Herren beim Boule-Spiel zu. Nationalität scheint bei denen jedenfalls keine grosse Rolle zu spielen. Kurz darauf kommt ein Mann um die dreissig angeradelt und stellt sich mir als Ali vor. Er trägt kurze Hosen, Flipflops und ein weisses Poloshirt. Vor zwei Jahren flüchtete er aus Syrien. Ali macht einen aufgeweckten Eindruck und spricht ausgezeichnet Englisch (er hat vor dem Krieg Literatur studiert). Ich offeriere eine Dose Feldschlösschen, wir prosten uns zu, und kurz darauf erscheint auch schon mein zweiter «Experte». Mauro, braungebrannt und motiviert, beginnt sofort diese widerlichen indonesischen Nägelizigaretten zu rauchen. Sein Job «bei einer NGO im Flüchtlingsbereich» macht ihn aber zu einem ausgewiesenem Kenner der hiesigen Migrationsmaschinerie. Im Herzen ein Hippie, fehlt diesem Mann Mitte 30 jegliche Angst vor Fremden. In seiner Freizeit hat er wesentlich mitgeholfen, den Deutschkurs im Denkmal aufzubauen. Wie Ali hat auch er kürzlich geheiratet. Ali will als Beweis den Ehering sehen. Dieser wird gezeigt. Nun will Mauro seinerseits Alis Ring sehen - vergeblich! Ali hat nämlich mit dem Rauchen aufgehört und ist so fett geworden, dass der Ring nicht mehr passt. Daraufhin werden Diättipps ausgetauscht und auf Boxkurse im Denkmal hingewiesen. Schliesslich erzählt mir Ali die «short version» seiner Geschichte: «Als sie im Februar 2013 in Syrien mein Haus bombardierten wurde es mir zu gefährlich. Ich gehöre zu einer ganz kleinen Minderheit, den Nizaris, und uns bekämpfen alle: die Schiiten, die Sunniten und die Christen. An meinem Geburtstag floh ich in den Libanon. Dort fand ich Arbeit bei der UNO und traf auf meine zukünftige Frau, eine Schweizerin. Als sie wieder ihr Studium aufnehmen wollte bin ich ihr in die Schweiz gefolgt. Meine Familie ist aber immer noch in Syrien, 30 Kilometer vom IS entfernt.» In der Schweiz gerät Ali dann ganz ordnungsgemäss in die Mühlen der Asylbürokratie. Er hat anfangs nur ein Visum. Als dies abläuft, entscheidet man sich fürs Heiraten. Doch auf dem Standesamt muss man für die Heirat zuerst ein Asylgesuch stellen, als das gestellt ist, sagt man ihm, dass er mit einem laufendem Asylgesuch nicht heiraten kann usw. usf. Irgendwann klappt es dann doch, eher willkürlich und schon lange nicht mehr wirklich nachvollziehbar. Es erinnert alles ein wenig an Kafka. Ali war zuerst in einer Unterkunft in Basel. Das Essen dort fand er «really bad» und die Securitas habe die Leute schlecht behandelt. Danach landet er in einer unterirdischen Zivilschutzanlage in Thun. Fehlendes Tageslicht und schlechte Luft hätten ihm schwer zu schaffen gemacht. Schon bald freundet er sich mit dem «Lagercapo» an. Dieser verschafft ihm die Papiere, damit Ali bei seiner Freundin einziehen kann. «Meine Situation ist vergleichsweise komfortabel. Ein Freund von mir ist in einem Lager in den Bergen gelandet und langweilt sich dort buchstäblich zu Tode. Ein anderer Bekannter von mir hat seit 5 Jahren einen F-Ausweis, das ist verrückt. Ich habe einen B-Ausweis und kann hier studieren und arbeiten. Normalerweise fragen die Leute ja zuerst «‹wie geht es dir?› und so. Bei uns fragt man immer zuerst: ‹welche Papiere hast du?›. Das ist das Wichtigste.» Ich will wissen, was die beiden vom Slogan «No Borders – No Nations» halten. Sollen wir die Grenzen einfach für alle Menschen aufmachen? Ich finde den Slogan cool, er ist utopisch. Man zielt halt auf das Maximum und am Ende erreichst du vielleicht die Hälfte oder weniger. Aber einfach die Grenzen aufzumachen Ali:

ist verrückt. Dann hast du 10 Millionen Syrier die alle in die Schweiz kommen. Was man machen muss, sind die Kontingente erhöhen und den Leuten vor Ort eine legale Einreise ermöglichen. Die Schweiz könnte locker 80‘000 Flüchtlinge aufnehmen... Jetzt ist es wie eine Challenge: Wer es bis nach Italien schafft, wird aufgenommen, der Rest bleibt auf der Strecke oder ertrinkt im Mittelmeer. Ich habe viele Freunde so verloren und ich mache die EU für jeden Toten im Mittelmeer verantwortlich. Mauro: In Syrien sind 12 Millionen Menschen auf der Flucht,

über 4 Millionen sind aus dem Land geflohen. Der benachbarte Libanon hat etwa 4.4 Millionen Einwohner. Im Moment leben dort zusätzlich über eine Million syrische Flüchtlinge, das ist fast ein Viertel der Bevölkerung! Und was macht die «humanitäre» Schweiz? Sie beschliesst innerhalb von drei Jahren, 500 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Innerhalb von drei Jahren! 500! Es ist unglaublich. Nehmt 100’000 auf!

mir aus Mali wollte mich besuchen. Für sein Visum hätte ich eine Garantie von einem mittleren fünfstelligen Betrag abgeben müssen. Als Schweizer*in bist du es gewohnt, überall hinreisen zu können. Für die meisten Menschen gibt es diese Freiheit nicht. Das führt dann auch dazu, dass viele Menschen beispielsweise in Afrika von Europa ein völlige falsches Bild haben. Für sie ist es das Paradies. Und die, die es bis hierher geschafft haben, unterstützen diese Vorstellung. Die Leute haben viel Geld bezahlt, ihr Haus und Auto verkauft oder Schulden gemacht. In dieser Situation erzählen sie ihren Verwandten nicht die ganze Wahrheit, nämlich dass sie hier keine Zukunft haben, nicht arbeiten können etc. Denn niemand will als Verlierer dastehen. Stattdessen sagen sie, es gibt gratis PingPong auf den Strassen, und alle: «oh-mygod, paradise!» Ali:

Ali, möchtest du abschliessend noch etwas sagen? (überlegt) Hmmm. Ja, also ich wurde einmal aus einem YB-Match gekickt. Das war wirklich schmerzhaft. Ein Freund aus England kam mich besuchen und wir gingen ans Spiel YB - Zürich. Ich war dort, um YB anzufeuern. Ein Typ kam auf mich zu und wollte mich wegschicken. Er sagte: «Du bist keiner von uns.», «Geh weg.». Ich: «Was, wenn ich nicht weggehe?» Er: «Dann hast du ein Problem.». Ich: «Was ,wenn ich ein Problem mir dir habe?» Es wäre fast eskaliert, ich war so wütend! Zum Glück kam dann mein Freund und hat mich weggezogen. Sonst müssten wir das Gespräch jetzt wohl im Knast führen... Ali:

Was wohl Pedro Lenz dazu sagen würde? Eine traurige Geschichte, aber Fussballfans... Naja, mittlerweile hat das SEM (Staatssekretariat für Migration) die Zahl glaub’s auf 3000 erhöht. Was ist denn dein Lösungsansatz? Mauro: Ich habe keinen Masterplan. Es gibt aber gewisse Dinge, die dringend getan werden müssen: Zum Beispiel sichere Transportrouten für Flüchtlinge schaffen und die Möglichkeit für eine legale Einreise bieten. Wir müssen die Hilfe vor Ort verstärken. Zudem gehört das Botschaftsasyl sofort wieder eingeführt. Die grösseren Probleme müssen im gesamteuropäischen Rahmen gelöst werden. Dies sollte jedoch die Schweiz nicht daran hindern, progressive Lösungen anzugehen. Aber wie wohl alle wissen, haben wir hier in der Schweiz (wie vielerorts sonst auch) ein massives Wahrnehmungsproblem. Das Problem ist, dass die SVP seit 20 Jahren auf dem Rücken von Flüchtlingen und Migranten Politik macht und ein vergiftetes Klima geschaffen hat. Die Globalisierung hat viele Menschen verunsichert, viele haben Angst um ihren Status und suchen Sündenböcke.

Mein Schwiegervater zum Beispiel verdient sehr viel Geld. Trotzdem hat er für die Masseneinwanderungsinitiative gestimmt - weil er in Genf mehr Miete zahlen muss. Ich war so wütend! Ali:

Apropos Geld, was bezahlt man als Flüchtling eigentlich für die Reise nach Europa? Das kommt darauf an, woher du kommst. Die normale Route für Menschen aus Syrien ist Türkei – Griechenland – Italien – Österreich – Deutschland. Das kostet 5500-6000 Dollar. Die, die kein Geld haben, sind immer noch in Asmir. Dort finden sie vielleicht einen Schmuggler, der sie für 2000 Dollar nach Griechenland bringt, dann stecken sie in Athen fest... Das Schwierigste ist es, von Griechenland nach Italien zu gelangen. Ali:

Und das nur weil wir diese Leute nicht legal einreisen können. Nur so zum Vergleich: Einen Flug mit EasyJet Türkei-Schweiz bekommst du für unter 100 Dollar! Die fehlende Reisefreiheit ist ein echtes Problem. Es betrifft ja nicht nur «normale» Flüchtlinge. Ein Freund von Mauro:

Ja, ich habe Bern danach ein paar Monate gehasst. Aber dann entdeckte ich den Fluss - und jetzt ist alles wieder gut.» (lacht) Ali:

Die Geschichte zeigt doch sehr schön, dass es eben nicht ausreicht, einfach ein paar Parolen zu schreien. Der Alltag ist wichtig. Wie gehen wir da mit Fremden um? Sind wir so offenm, wie wir immer sagen? Gehen wir auf Fremde zu und sprechen mit ihnen? Ich denke, in der Szene sind längst nicht alle so offen, wie wir uns geben. Mauro:

Aber man soll auch realistisch sein: Ich will nicht, dass die Leute glauben, Migrant*innen seien alle Engel.. Viele kommen von wirklich beschissenen Orten. Aber wir geben uns Mühe. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass meine Frau Männer zur Begrüssung auf die Wange küsst. Wenn du mir das mit 16 gesagt hättest, hätte ich gesagt «Fuck no!». Aber Leute ändern sich... Ali:

Dann verabschiedet sich Ali. Mauro und ich bleiben noch ein wenig im Park. Hinten beim Schach, von den Bäumen etwas verborgen, hat er eine Gruppe mutmasslicher Migranten erspäht. Sein Vorschlag, uns vorzustellen und ein wenig mit diesen Leuten zu plaudern, lehne ich allerdings ab und huste stattdessen irgendwas von «Terminen» und «keine Zeit».


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