DER Mittelstand. 03/20

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DEUTSCHLAND

DER MITTELSTAND. 3 | 2020

Aufstand des Mittelstands: Brandbrief und Offener Brief bewegen Politik zum Handeln Die Coronakrise hat zu einem dramatischen Einbruch der Wirtschaftsleistung geführt. Hunderttausende Unternehmen und Selbstständige sind in Existenznot geraten, ganzen Branchen droht das Aus. In einem Brandbrief, veröffentlicht im Nachrichtenmagazin FOCUS, forderte der BVMW von der Politik Nachbesserungen des Hilfspakets, in einem Offenen Brief im FOCUS eine klare Exitstrategie.

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er Aufstand des Mittelstands hatte Erfolg – nicht zuletzt, weil nahezu alle deutschen Medien darüber berichteten, darunter Tagesschau, Anne Will, ZDF, RTL, ntv, Handelsblatt, Welt, Süddeutsche Zeitung, WAZ, Spiegel, Stern und nahezu alle deutschen Tageszeitungen. Tausende Mitglieder bekundeten in E-Mails ihre Zustimmung für diese Aktion. Der BDI schloss sich unseren Forderungen an. Nur vier Tage nach Erscheinen des Offenen Briefes haben die Bundeskanzlerin und die Länderchefs weitgehende Lockerungen beschlossen. Im Folgenden dokumentieren wir in Auszügen den Hilferuf der Wirtschaft. V E R L AG S S O N D E RV E R Ö F F E N T L I C H U N G V E R L AG S S O N D E RV E R Ö F F E N T L I C H U N G

Bevor es zu spät ist ! Was der Mittelstand jetzt fordert OFFENER BRIEF AN DIE DEUTSCHE POLITIK Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten! In unserem Brandbrief vor Ostern haben wir nachdrücklich infektionen in Deutschland bereits am 13. März war? Dann an Sie und die gesamte deutsche Politik appelliert, möglichst waren Schulschließungen (16. März) und Lockdown (23. März) möglicherweise unnötig. rasch die Wirtschaft schrittweise wieder hochzufahren und einen konkreten Exit-Fahrplan vorzulegen. „Allein die Vorlage einer Offenkundig spielen die Erkenntnisse dieser und anderer Exit-Strategie ist geeignet, der Wirtschaft und den Beschäftigten Wissenschaftler in Ihren Überlegungen keine oder nur eine wieder Zuversicht zu vermitteln“, heißt es darin. Leider ist das geringe Rolle. Das ist überaus irritierend, zeichnet es doch kluges bis heute nicht geschehen! unternehmerisches und auch politisches Handeln aus, Gegenargumente ebenso ernst zu nehmen wie die Wir halten das für verantwortungslos. Denn von März bis April ist die Zahl der eigenen Handlungsgründe. Wir fordern, dass Unternehmen, die Kurzarbeit beantragen künftig die Erfordernisse der Wirtschaft in Ihrer Corona-Politik einen deutlich höheren mussten, von 470.000 auf 718.000 gestiegen. Stellenwert erhalten als bislang. Schätzungsweise vier Millionen Beschäftigte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sind davon betroffen. Und niemand kann heute sagen, wie viele von ihnen nicht an hat völlig Recht mit seinem Hinweis, dass der D er BVMW ihren Arbeitsplatz zurückkehren, sondern in Staat nicht in der Lage ist, mit noch so vielen vertritt im Rahmen die Arbeitslosigkeit gehen werden. Hilfsgeldern den Unternehmen den Umsatz seiner Mittelstandsallianz Zur Erinnerung: In der Finanzkrise im zu ersetzen. Und der ehemalige Verfassungsbundesweit mehr März 2009 meldeten lediglich 22.900 Firrichter Udo Di Fabio mahnt, Ziel von Politik als 900.000 Mitglieder. men Kurzarbeit an. Elf Jahre später müssen müsse es sein, „den Bürgern ihre Freiheit wir einen Anstieg um 3000 (!) Prozent zur zurückzugeben“. Weitreichende Netzwerke. Kenntnis nehmen. Und bereits im März hatDas gilt in ganz besonderem Maß für die Wirkungsvolle Impulse. unternehmerische Freiheit. Wir sehen bei ten wir in diesem Jahr so viele Insolvenzen Wertvolle Informationen. zu beklagen wie fast im gesamten Vorjahr. einer Fortsetzung der bisherigen Politik die Unser Land steht vor dem größten Konerhebliche Gefahr einer dauerhaften AbhänWeitergehende Informationen junktureinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. gigkeit der Wirtschaft von staatlichen Transund Handlungsempfehlungen Trotz eines staatlichen Rettungspakets von ferleistungen. Das Coronavirus wird mit der zur Corona-Krise und den Folgen Entwicklung eines Impfstoffs in absehbarer mehr als einer Billion Euro droht eine Pleitefinden Sie auf unserer Homepage Zeit eingedämmt werden können, die Verwelle unbekannten Ausmaßes, die die Exiswww.bvmw.de tenz Hunderttausender Menschen binnen änderungen der wirtschaftlichen Lebensweniger Wochen vernichten könnte. grundlagen unseres Landes könnten bis Laut einer Umfrage unter unseren Mitdahin irreversibel sein. In großer Sorge um die Zukunft dieses Landes und um den gliedern aus dieser Woche fordern 80 Prozent eine Beendigung des Lockdown spätestens Ende Mai. Ein Drittel plädiert sogar Wohlstand seiner Bürger appellieren wir an die Politik: Beenden für einen sofortigen Exit. Aus diesen Zahlen spricht nicht zuletzt Sie die einseitige Fixierung auf eine rein virologische Sichtweise große Verzweiflung im deutschen Mittelstand angesichts existenund damit das gefährliche Spiel mit den Zukunftschancen dieses zieller Bedrohungen für das Lebenswerk und damit die LebensLandes. Es geht um das Schicksal des deutschen Mittelstands. grundlagen vieler Menschen. Heben Sie den Lockdown auf, bevor es zu spät ist! Zeitgleich fordert auch der Wirtschaftsweise Professor Lars Feld, dass der Stillstand der Wirtschaft keinen Tag länger als bis Ende Mai gehen sollte, da ansonsten die ökonomischen Folgen Mit hochachtungsvollen Grüßen zu groß würden. Und Professor Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung sieht das ähnlich: Die gesamtgesellschaftlichen Einschränkungen wegen Corona müssten zeitlich so kurz wie möglich sein, da sie zu mehr Toten führen könnten als das Virus selbst. Und was, wenn der einstige Berater der Bundesregierung, Dr. Hans-Michael Pott Dr. Jochen Leonhardt Mario Ohoven Wirtschaftsprofessor Homburg, Recht hätte mit seinen BerechBVMW-Präsident BVMW-Vizepräsident nungen, denen zufolge der vorläufige Höhepunkt der NeuBVMW-Vizepräsident

Foto: © picture alliance/Bernd von Jutrczenka/dpa

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