2 minute read

Aufstand des Mittelstands: Brandbrief und Offener Brief bewegen Politik zum Handeln

Die Coronakrise hat zu einem dramatischen Einbruch der Wirtschaftsleistung geführt. Hunderttausende Unternehmen und Selbstständige sind in Existenznot geraten, ganzen Branchen droht das Aus. In einem Brandbrief, veröffentlicht im Nachrichtenmagazin FOCUS, forderte der BVMW von der Politik Nachbesserungen des Hilfspakets, in einem Offenen Brief im FOCUS eine klare Exitstrategie.

Der Aufstand des Mittelstands hatte Erfolg – nicht zuletzt, weil nahezu alle deutschen Medien darüber berichteten, darunter Tagesschau, Anne Will, ZDF, RTL, ntv, Handelsblatt, Welt, Süddeutsche Zeitung, WAZ, Spiegel, Stern und nahezu alle deutschen Tageszeitungen. Tausende Mitglieder bekundeten in E-Mails ihre Zustimmung für diese Aktion. Der BDI schloss sich unseren Forderungen an. Nur vier Tage nach Erscheinen des Offenen Briefes haben die Bundeskanzlerin und die Länderchefs weitgehende Lockerungen beschlossen. Im Folgenden dokumentieren wir in Auszügen den Hilferuf der Wirtschaft.

Advertisement

Brandbrief an die deutsche Politik (11. April 2020)

(…)

Aus Sicht des Mittelstands sind jedoch Zweifel an der Zielgenauigkeit und damit an der Wirksamkeit der Milliardenprogramme angebracht. Gerade im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen sowie unter Selbständigen droht ein Kahlschlag, der unser mittelständisch geprägtes Land dauerhaft verändern würde.

(…)

Die beschlossene 100-Prozentige Haftungsübernahme durch den Bund ist daher nur folgerichtig. Zu einer Mogelpackung wird sie jedoch, wenn Unternehmen diese richtige Weichenstellung durch zusätzliche Belastungen erkaufen müssen. Um Betriebe und Arbeitsplätze zu retten, fordern wir Sie auf, auf Zinsen zu verzichten.

(…)

Konkret schlagen wir folgende Maßnahmen vor, die den Mittelstand und die Wirtschaft insgesamt zielgenau, rasch und nachhaltig entlasten würden:

1. Stromsteuer und EEG-Umlage werden vorübergehend ausgesetzt.

2. Der Solidaritätszuschlag wird sofort und für alle rückwirkend zum 1. Januar 2020 abgeschafft.

3. Die Anfang März geleisteten Steuervorauszahlungen für die kommenden drei Monate werden den Unternehmen rückerstattet.

4. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern beim Kurzarbeitergeld freiwillig 100 Prozent ihres Gehaltes auszahlen, erlassen die Sozialversicherungsträger bis auf Weiteres 100 Prozent der Beiträge.

5. Die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge wird zurückgenommen.

6. Außenzölle werden temporär ausgesetzt.

7. Die Lkw-Maut bei Leerfahrten wird zeitlich befristet ausgesetzt.

(…)

Ebenso beispiellos wie die Rettungsmaßnahmen des Staates sind die Eingriffe in die Versammlungsfreiheit, die Bewegungsfreiheit, die Gewerbefreiheit, die Religionsfreiheit, die Freiheit der Lehre sowie das Recht auf Bildung und – last but not least – Eigentumsrechte.

(…)

Sehr geehrte Frau Merkel, wenn Sie (…) mit den Ministerpräsidenten über das weitere Vorgehen beraten, dann erwarten der Mittelstand und die Wirtschaft insgesamt eine Strategie, unter welchen Voraussetzungen, auf welche Weise und wann das Land wieder hochgefahren werden soll. Denn es besteht die akute Gefahr, dass die Nebenwirkungen der Medizin mehr Schaden anrichten als die Krankheit. Allein die Vorlage einer Exit-Strategie ist geeignet, der Wirtschaft und den Beschäftigten wieder Zuversicht zu vermitteln.

(…)

Offener Brief an die deutsche Politik (2. Mai 2020)

(…)

Unser Land steht vor dem größten Konjunktureinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Trotz eines staatlichen Rettungspakets von mehr als einer Billion Euro droht eine Pleitewelle unbekannten Ausmaßes, die die Existenz Hunderttausender Menschen binnen weniger Wochen vernichten könnte.

(…)

Wir fordern, dass künftig die Erfordernisse der Wirtschaft in Ihrer Corona-Politik einen deutlich höheren Stellenwert erhalten als bislang.

(…)

Wir sehen bei einer Fortsetzung der bisherigen Politik die erhebliche Gefahr einer dauerhaften Abhängigkeit der Wirtschaft von staatlichen Transferleistungen. Das Coronavirus wird mit der Entwicklung eines Impfstoffs in absehbarer Zeit eingedämmt werden können, die Veränderungen der wirtschaftlichen Lebensgrundlagen unseres Landes könnten bis dahin irreversibel sein.

(…)

Beenden Sie die einseitige Fixierung auf eine rein virologische Sichtweise und damit das gefährliche Spiel mit den Zukunftschancen dieses Landes. Es geht um das Schicksal des deutschen Mittelstands. Heben Sie den Lockdown auf, bevor es zu spät ist!

DER MITTELSTAND. 3|2020