Komplex 2020

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DAS MAGAZIN DER HALTER AG Nr. 13/2020


Zum Zeitpunkt der Fertigstellung von «Komplex» stehen wir alle unter dem tiefen Eindruck des Coronavirus. Zurückgeworfen auf uns selbst, unser Zuhause, unsere Stadt, unser Land, nimmt sich die Welt plötzlich ganz anders aus. Das Globale tritt in den Hintergrund. Die Wichtigkeit eines handlungsfähigen, finanziell gesunden Staates, der in der Lage ist, seine Bürger zu schützen und die Wirtschaft in schwierigen Zeiten zu unterstützen, gewinnt unvermittelt an Stellenwert. Allseits steigt das Bewusstsein, dass unsere Unternehmen – die kleinen, die mittleren, die grossen – unverzichtbar für unsere Wirtschaft sind und einen wichtigen Pfeiler unserer Gesellschaft bilden. Unternehmertum soll bewahrt werden durch rasche, unkomplizierte Hilfe, aber auch gefordert, um Arbeitsplätze zu halten, Versorgungssicherheit zu gewährleisten und dereinst die vom Bund gedeckten Kredite zurückzuzahlen. Die Welt nach Corona wird sich nicht grundlegend ändern. Schnell werden unsere Gesellschaften zum gewohnten Leben zurückkehren. Dennoch wird diese Pandemie Spuren hinterlassen und unsere Sicht- und Handlungsweisen nachhaltig ändern. In diesem Licht besehen, gewinnen viele unserer Beiträge an zusätzlicher Bedeutung. Sie adressieren Themen, die an Relevanz gewinnen und Beschleunigung erfahren dürften. Für uns als Unternehmen stand mit Eintritt der Krise fest, dass wir diese nutzen wollen, um Themen zu bearbeiten und zu vertiefen, uns strategisch voranzubringen und zu stärken für die Zeit danach. Die noch konsequentere Anwendung digitaler Möglichkeiten befeuert diesen Prozess. Die Kommunikation über Video-Chats intensiviert den Austausch in alle Richtungen. Das Ökosystem innerhalb unserer Gruppe festigt sich und wächst mit Kunden und Partnern dank digitaler Kollaboration. Die ­Community, wie wir sie an unserem zukünftigen Hauptsitz JED etablieren werden – im Artikel «Wo Ideen Raum finden» dargestellt –, verwirklicht sich vorab im virtuellen Raum. Das ermöglicht, unsere Innovationskultur – im Beitrag «Zehn Thesen zur Innovation» sehr systematisch beleuchtet – weiter zu schärfen. Gemeinsam mit unseren Plattformpartnern wollen wir unternehmerischen Erfolg erzielen und Beiträge zu den gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit liefern. 2

Editorial


Das Themenfeld Umwelt bearbeiten wir in «Cradle to Cradle» und «Das Gebäude als Kreislaufmodell». Kreislaufwirtschaft und CO2-Reduktion erhalten unter dem aktuellen Gesichtspunkt globaler Lieferketten zusätzliche Stimulanz und könnten dazu beitragen, internationale Abhängigkeiten zu reduzieren. Gesellschaftliche Aspekte werden im Interview mit Impact-­ Investor Daniel Kusio und im Beitrag «Wir sind Stadtgarten» dargelegt. Letzterer zeigt unser Angebot zum gemeinnützigen, bezahlbaren Wohnungsbau nicht nur in ökonomischer, sondern auch in soziologischer Hinsicht. Zwei Beiträge unterstreichen unsere Entwicklerkompetenz und Innovationskraft. Mit Rotpol, einem Projekt, das sich durch hohe Dichte und Nutzungsdurchmischung auszeichnet, konnten wir mit unseren Partnern einen Gesamtleistungswettbewerb gewinnen und einen urbanen Stadtbaustein für Luzern entwerfen. Während es beim Claraturm in Basel – einem ursprünglich nach herkömmlichem Wasserfallmodell entwickelten Projekt – gelang, dank digitalen Planungs- und Ausführungsprozessen und unserem Wohnungsprodukt MOVEment die Rentabilität beträchtlich zu steigern und eine hohe Kundenzufriedenheit zu erzielen. Mit «Mut zur Metropole» werfen wir einen Blick auf den Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Stadt – wie heute – unter enormem Zuwanderungsdruck stand und nach neuen Antworten verlangte. Trotz Weltkrieg und Spanischer Grippe schaffte es der internationale Wettbewerb Gross-Zürich, eine fundierte, weit in die Bevölkerung reichende Diskussion über Anforderungen und Funktionsweise der modernen Stadt zu initiieren. Warum sollen wir dies nicht zum Vorbild nehmen, um die seit vielen Jahrzehnten vernachlässigte Kultur des Städtebaus zu reaktivieren? Denn Städte weiterzubauen und neue Städte zu schaffen, ästhetisch und funktional hochwertig, muss zum zentralen Element unserer Raumplanung werden. Nur so können wir wirkungsvoll verdichten, Mobilität reduzieren und genügend bezahlbaren Wohnraum in den urbanen Zentren schaffen. Balz Halter Verwaltungsratspräsident Halter AG 3

Komplex Nr. 13/2020


→ S. 2 Editorial

→ S. 5 Wie lässt sich die Kultur des Städtebaus in der Schweiz wieder­beleben?

→ S. 73 Journal

→ S. 101 Entwurfsroboter vs. Bleistift. Rendering vs. Perspektive. Digitaler Wettbewerb vs. Gipsmodell. Ist die Digita­lisierung mehr Fluch als Segen?

Entwicklung & Städtebau → S. 10 Drei in einem

→ S. 22 Essay: Mut zur Metropole Nutzerverteilung OG1 1:500

Grundriss kombiniert OG1 1:250

2 Galerie m 65

/ Stabsraum (50) F11.2 2 Führungsraum m 46

Dispo2 8m Lift 2 4m Lift 2 4m

Elektro 2 5m

2 Treppenhaus m 20 Lift 2 3m

/ Sekretariat

Putz 2 3m

(20) F11.4a 2 Ruhebereich m 14

(18+18) / Empfang RD2.7

RD2.6 2 Administration m 39

Feuerwehr (50) F11.1 2 Einsatzzentrale m 81

F11.4b/RD D WC 2

14

m

F11.4c/RD H WC 2

14

m

(30) RD2.4 Leitung Büro m2 29

(40) RD2.22/F4.1 Archivm2 40

(24) RD2.2 Gruppenleitung Büro m2 29

100 M

F11.5 (20) Techn. 25 m 2 E.zentr. /

El.

(18) RD2.5 Notärzte Büro m2 29

(15) klein RD2.8/F2.4 Sitzung2 m 17

Nutzungsverteilung

Elektro 2 5m

2 Treppenhaus m 23

Lift 2 3m

(30) gross

Treppenhaus 20 m 2

Putz 2 3m

RD2.9 Sitzung2 m 31

(80) RD2.1 Rettungssanitäter Büro m2 79

Lift 3 m2

F8.6 (16) Wa/Du/WC 16 m 2 Kommando

(50)

Treppen 2 6m

RD2.15 2 Lernwerkstatt m 50

D

ewl/AS

GIS/TBA/UWS

FW

AN

RD LUKS

viva

ZSO Pilatus

Cont. F8.3 s/w-Schleuse 13 m 2

(50)

F8.5 (60) Wa/Du/WC 50 m 2 Damen

RD2.3 Arbeitsgruppen Büro m2 45

(30) RD2.16 2 Kleiderpool m 32

Elektro 2 5m

2 Treppenhaus m 23

Galerie2 m 11

RD Geräte2 m 12 Galerie 265 m2

m2

Lift 2 3m Putz 2 3m (30) RD2.20 2 Materialraum m 24

2 Korridor m 117

RD2.13 Wa/Du2 m 17

50 M F8.1 / F8.2 Umkl./Gard. (80) 76

Damen

(60

H+D

inkl. Damen

(10) RD2.19 2 Ruheraum m 13

Treppen 2 6m

2.13)

(10)

RD2.19 2 Ruheraum m 13

RD2.11 2 Gard./Umkl. m 43

(10)

RD2.19 2 Ruheraum m 13

F10.1 (240) Umkl. / Gard. 212 m2 Miliz

(60

(10)

RD2.19 2 Ruheraum m 13

2.14) inkl. Herren

(10)

RD2.19 2 Ruheraum m 13

RD2.12 2 Gard./Umkl. m 43

H

(10)

RD2.19 2 Ruheraum m 13

(10)

RD2.19 2 Ruheraum m 13

RD2.14 Wa/Du2 m 17

F8.4 (60) Wa/Du/WC 50 m 2 Herren

(10)

RD2.19 2 Ruheraum m 13

Herren

(30+20) /.18 Küche RD2.17 2 Aufenthalt m 120

150 M

Rutschstangen

F10.2 (60) Umkl./Gard. 56 m 2 Miliz

D

F10.4 (64) Wa/Du/WC 66 m 2 Miliz

Hotell. (16) Viva Leitung Büro 2 m 17

H

1 AP

Pflege

(16) Viva Leitung Büro 2 m 16 3AP

Wohnen

(20) Viva T+U Büro m2 24

2AP (20) Viva Allgemein Büro m2 28

H

2 AP

(20) Viva Betriebsleitung Büro m2 24

Wohnen betr. F10.5 (16) Wa/Du/WC 11 m 2 Miliz

Elektro 9 m2

F13.21 (10) Farbspritzr. 10 m 2

(20) Viva Dienste Büro m2 22 D

F10.3 (16) S/W Miliz 13 m 2

F9.3 (20) Lagerraum 8 m2

F9.2 (10) Küche 8 m2

F/RD Galerie 91 m 2 Retablierung Elektro 8 m2

Lift

betreutes

(16) Viva Dienste Büro 2 m 17

(30) Viva Allgemein Büro m2 34

F8.3 s/w-Schleuse 13 m 2

Cont.

F8.6 (16) Wa/Du/WC 15 m 2 Kommando F2.9 (30) Garderobe 22 m 2 Kommando

Treppenhaus 20 m 2

Kopie/L.

(20) Viva 2 Seelsorge m 23

D WC

Dienstlift 2 5m

H WC

AN1.1c (350) Saal 87 m 2

2 Treppenhaus m 15

Lager Bar 6 m2

F13.20 Technik (10) Osmose 10 m 2 Lift 3 m2

F14.4 (100) Kleiderpool 87 m 2

(20) Viva Berufsbildn. Büro m2 24

(20) Viva Coiffeur/Podo Büro m2 22

Treppenhaus 23 m 2

Lift 3 m2

F9.1 (100) Bereitschafts84 m 2 / Aufenthaltsraum

F13.6 (10) Batterielader. 10 m 2

F13.16 Lager (40) Feuerlöscher 65 m 2

Hof Treppenhaus 22 m 2

2

Unterer m 641 Viva (20) Aufenthalt 117 m 2 / Kaffee

Lift 2 5m

2 Korridor m 92

IV WC

Schmutzwä.

3 m2 F13.15 (20) Feuerlöscherwerkstatt 25 m 2

(32) Viva 2 Sitzungszimmer m 37

Viva Teeküche 2 7m

Lift 2 5m

(30) Viva 2 Physio m 29 (20) Viva 2 Arztzimmer m 28

START 200 M

die Waschstrasse

(20) Personal Viva 2 Ruheraum m 28

F13.11 / RD2.23 Kleiderpflege (50) 60 m 2 / Wäscherei

Galeriezugriff

auf

Treppenhaus 20 m 2

Lift 3 m2

F8.7 (50) Trockenraum 60 m 2 Einsatzkleidung

F13.7 / Funk- Z1.6 (25) 25 m 2 und Elektrowerkstatt

F/RD/Z Galerie 53 m 2

Die neu gestaltete und aufgeweitete Industriestrasse fungiert als öffentlicher Mittler zwischen den Überbauungen

m2 E3.1.2 Büros 125/128

Die vielfältige Wegführung innerhalb des Gevierts schafft neue Quartierbezüge F13.19 Prüfung(25) Aggregate 25 m 2

Mitten in der Stadt

Industrielles Erbe E14.10 m2 Gravierraum

E14.11 Lehrelingsausbildung m2 Elektroinstallationen 35/30

E3.1.3 m2 Schalter/Kasse

16/10

28/26

Das EWL Areal in Luzern liegt als westlicher Ausläufer des Tribschenquartier mit dem Rücken zum Geissensteinring und der Längsseite zum Gleisfeld etwas eingeklemmt zwischen zwei Stadtquartieren,

zigen Wohnungen entstehen. Zudem sollen hier die bereits ortsansässigen städtischen Dienste des ewl ein neues Zuhause erhalten und die Blaulichtdienste der Stadt Luzern untergebracht werden.

aber trotzdem mitten in der Stadt. Sein Umfeld ist sehr städtisch und wird von intakten und fragmentierten Blockrandstrukturen wie auch von dicht ge-

Es entsteht ein Ort unterschiedlichster Nutzungen, aber mit einer klaren und eindeutigen räumlichen

EWL-Lagerhaus von der Baulinie zurück und bietet

Unser Entwurf sieht drei unterschiedliche Häuser

mit dem breiten Appellplatz zwischen grossem Hof

Fassung. Unser Projekt ist ein städtebauliches Plä-

und dem EWL-Lagerhaus eine räumliche Passage in

doyer für einen öffentlichen, klar identifizierbaren,

den Rothausplatz.

vor, die gemeinsam den klar definierten Stadtplatz bilden. Das EWL-Hauptgebäude an der Industrie-

gänglichkeit, respektive die stadträumliche Lenkung zu diesem Platz. Wir haben die Zugänge und die An-

Notwendigkeiten, dessen Porosität und überführen ihn in ein Passagenwerk stadträumlicher Anbindungen.

den grossen Blaulicht- und Wohnhof entlang der In-

bindungen an die umliegenden Stadtquartiere ge-

strasse, das EWL-Lagerhaus an der Fruttstrasse und den grossen Blaulicht- und Wohnhof entlang der In-

Wie kann die bislang vor Ort dominierende, industrielle «Gewerblichkeit» weiterentwickelt werden und als Identitätsmerkmal in eine adäquate Form E14.2 Büro m2 Werkstattm. 17/12

der Repräsentation überführt werden? InsbesonWenn ein Ort wie das EWL-Areal einem so grundle-

dere dann, wenn der Eigentümer selbst eng mit der

genden Wechsel durch die vorgesehene Entwicklung ausgesetzt wird, stellt sich nicht nur die Frage, was

und durch seine Leistung als Innovator der Indust-

aus dem Ort werden soll, sondern auch an welche

rie selbst diese Referenz in sich trägt.

vor, die gemeinsam den klar definierten Stadtplatz

Qualitäten des industriellen Erbes angeknüpft wer-

bilden: das EWL-Hauptgebäude an der Industrie-

den soll.

E12.1 Bobinen Langgut / 445/400 m2

Geschichte und Wandlung des Ortes verbunden ist

dustrie- und Fruttstrasse. Unser Entwurf sieht drei unterschiedliche Häuser

Ein zentraler Aspekt unseres Entwurfes ist die Zu-

einer den Strassenzügen folgenden Bebauung - verändern wir, gemäss den im Programm formulierten

dustrie- und Fruttstrasse.

strasse, das EWL-Lagerhaus an der Fruttstrasse und

räumlich gefassten Quartierplatz. Ausgehend von einer klassischen Aussenraumtypologie - dem klar definierten Stadtplatz im Zentrum

setzten Einzelbauten entlang der Strassenzüge geprägt.

Luftraum Rampe

Geviert

Rothausplatz

Durchwegung

Höfe

AN3.1 Gruppenraum 52/60 m2

öffentliches Gefäss für Alle

Mit rund zwanzigtausend Quadratmetern ist es das

als Quartierplatz zurück

wohl grösste noch verbleibende, zusammenhängende Grundstück in unmittelbarer Zentrumslage

mit der gegenwärtigen Flucht der Industriestrasse

Spezifizierung

Appellplatz sowie den Rothausplatz fasst und dessen klare Rechteckform unterstreicht.

Gebäudes wird durch diese einfache Gliederung der

Rückstaffelung

das Lagerhaus eine gerade Kantenführung, die den

sig in die Stützen eingeleitet. Die dabei entstehende Tektonik der Fassade ruft durch die erkennbare dustrieller Bautypologien wach. Die Anmutung des

neuen Stadtplatz. An der Fruttstrasse springt das

Fassade geprägt.

10

20

AN3.2 Ruheraum 21/25 m2

AN3.1 Gruppenraum 52/60 m2

Luftraum E12.14 Lagermaterial

Kopierräume GTU3.8

AN3.1 Gruppenraum 53/60 m2

Archiv 103/105TBA m2

ÖB

Luftraum E12.8 Pikettmaterial

WL

AN3.10 Sanitärbereich Personal 6/4 m2

Luftraum E17.1 Waschbox Luftraum E15.3 Schadstoffe

Putzraum 3 m2

bilden in ihrer Tektonik die dahinterliegende Betontragstruktur ab und erlauben über grosse, in industrieller Rasterung unterteilte Öffnungen Einblicke auf Fuhrpark und Maschinerie. In den oberen Geschossen verfeinert sich die Tektonik auf ein übliches Büroraster und akzentuiert die Tragfelder mit 1.Obergeschoss, M 1:250

50

0

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

Nutzerverteilung OG2 1:500

GTU2.10 Technik 58/58 / Drucker m2 /

Luftraum E12.4 Spezialwerkzeuge

strukturierten Glasfaserbetonelemente.

Umgebungsplan, M 1:500 0

Putzraum 3 m2

Als komplexes Bündel diverser Nutzer zeigt sich der Blaulicht- und Wohnhybrid im Stadtraum. In der Tradition industrieller Hybridbauten erfolgt eine funktionale Trennung in einen muralen Dienstsockel und einen aufgesetzten Leichtbauwohnkorpus. Die in Faserbeton materialisierten unteren Geschosse

Statik Erinnerungen ingenieurstechnischer und in-

staffeln sich die Bauten des EWL und lenken in den

Rothausplatz.

Wohnhof

EWL Lagerhaus Das Lagerhaus referenziert typologisch mit seinen Sheddächern industrielle Bauten. Zum Geissensteinring staffelt sich der Bau entlang der rückwertigen Werkstrasse und organisiert dadurch verschiedene Zugänge in die einzelnen Erdgeschossbereiche. Zur gegenüber liegenden Gebäudeseite formuliert

die Traglasten aus Platte und Brüstung kraftschlüs-

um rund fünf Meter zurückversetzt und können nun eine grosszügige Wohnstrassensituation mit Bachöffnung anbieten. Entlang des Geissensteinring

zu geben: den neuen

in Luzern. Hier soll ein durchmischtes, lebendiges Stadtgeviert mit einem hohen Anteil an gemeinnüt-

AN3.9 SanitätsGTU3.11 bereich Duschen inkl. Umkleide 20/20 7/25 m2 m2

WL

EWL Hauptgebäude Wir schlagen in Anlehnung an robuste und ökonomische Gewerbebauten eine Konstruktion vor, die mit möglichst wenig Masse auskommt und ein flexibles und sehr belastungsfähiges Konstruktionsprinzip etabliert. Mit dem Einsatz von Hammerkopfstützen werden entlang des äusseren und inneren Perimeters

Kamine

AN3.2 Ruheraum 21/25 m2

Drei Architekturen um einen Platz

Zu den umliegenden Strassenzügen formulieren wir markante bauliche Rücksprünge, die es erlauben die Zugänge zum neuen Rothausplatz wahrzunehmen und das Raumgefüge von aussen nach innen zu lenken. So haben wir den Wohnungsbau verglichen

Luftraum Werkstatt AN3.1 Gruppenraum 53/60 m2

Luftraum E15.1 Bauschutt etc.

stärkt und das Rote Haus als städtebauliches Gelenk etabliert, welches aus allen umliegenden Strassenzügen unmittelbar in Erscheinung tritt.

Mitten in der Stadt eine solche Dimension zu bauen, heisst für uns aber auch, der Stadt ein adäquates,

Blick über die Industriestrasse auf den Rothausplatz

5

10

25

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

Der Rothausplatz mit seinem gastronomischen Angebot bildet das Herzstück des Gevierts und etabliert einen neuen Treffpunkt für das gesamte Quartier

Grundriss kombiniert OG2 1:250

2.95

2.95

3.15

+29.00 m 471.00 m.ü.M

+17.05 m 459.05 m.ü.M

2.95

+17.35 m 459.35 m. ü. M.

3.30

2.95

Dispo2 8m Lift 2 4m

2.95

2.95

3.15

2 Galerie m 65

2.95

3.40

2 Treppenhaus m 20

Dispo2 5m

8.00

3.40

Lift 2 3m Putz 2 3m

2.95

Lift 2 4m

Gesundheit

3.50

AN2.1 (100) Mehrzweckraum 90 m 2

Soziales

3.60

4.50

(20) AN2.3 2 Mehrzweckraum m 22 Soziales

3.65

Rutschstangen

Red. 2 3m

Du 2 5m

Ba5 2 Treppenhaus m 22 Lift 2 3m

0

Loggia2 6m

4.5 m2 115

2 Hobby m 28

Du 2 6m

Loggia2 7m

2 Zimmer m 14

2 Zimmer m 20

2 W/K/E m 49

Ba6

AN

ZSO Pilatus

abl viva

5

10

25

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

4.5 m2 105

2 W/K/E m 49

Du 2 5m

Loggia2 7m

Elektro 2 5m

2 Treppenhaus m 29 Lift 2 3m

Red. 2 3m

2 Zimmer m 13

+29.00 m 471.00 m.ü.M

2 Gartenlager m 19

3.15

WC 2 5m 2 Gartenküche m 50

2.95

+29.00 m 471.00 m.ü.M +29.00 m 471.00 m.ü.M

3.505.35 5.35 3.50 2.95 2.95 5.35 2.95 2.95 2.95 2.95 2.95 3.152.95 3.15 2 Zimmer m 22

0

2 Pflegestützpunkt m 20

Wc 2 m2

Zimmer 22 m 2

Schrank 3 m2 Du 4 m2

Zimmer 23 m 2

Zimmer Du 23 m 2 4 m2

Z6.5 (12) Büro Miliz 25 m 2

Du 4 m2

Entsorg. 5 m2 Du 4 m2

Du 4 m2

Zimmer 23 m 2

Zimmer Du 23 m 2 4 m2

Sitznische 30 m 2

Du 4 m2

Treppenhaus 20 m 2

D WC 2 4m

+17.60 m 459.60 m.ü.M

+17.35 m 459.35 m. ü. M.

10

25

5

10

25

Elektro 2 5m

Sitznische/Lobby 68 m 2

Treppenhaus 2 9m

Zimmer Du 23 m 2 4 m2

Du 4 m2

Zimmer 23 m 2

Zimmer Du 23 m 2 4 m2

8.00 8.00 4.50

2 Wohn/Essraum m 76

+25.70 m 467.70 m. ü. M.

2 Wohn/Essraum m 85

Pflegest. 21 m 2

+25.70 m 467.70 m. ü. M. +25.70 m 467.70 m. ü. M.

+17.05 m 459.05 m.ü.M 2

2.95

0

5

10

0

5

10

25

0

5

10

25

3.40 3.40 3.40 3.40 3.40 6.80 3.40 3.40

36/40

Putzraum m2 4.4

E9.7 m2 Trocknungsraum

4.20

47/45

3.35 6.70

3.40 6.50

6.70 6.70 5.00 3.15

7.005.35 7.00

6.50 6.50

5.00 5.00 4.00 4.00 4.00 3.15

+13.75 m 455.75 m.ü.M +13.75 m 455.75 m.ü.M

VIVA

VIVA VIVA

5.35 5.353.65

3.15 3.15

6 6

4.85 4.853.15

rothaus café

3.65 3.65 1.70 3.651.70

3.15 3.15

rothaus café

rothaus café

3.65 3.65

6

4

4 4

3.40 3.40 7.00 3.35 3.35

22/15

22/12

+25.70 m 467.70 m. ü. M. +25.70 m 467.70 m. ü. M.

3.40 3.40 3.40

+13.75 m 455.75 m.ü.M +17.35 m 459.35 m.ü.M +17.35 m 459.35 m.ü.M

E8.1 Aufenthalt m2 Monteure 106/65

/ E8.2 Infopoint Kopierren, m2 Drucken

E16.12 m2 Telefonzent.

3.40 4.20 4.20 1.10 3.401.10

+17.35 m 459.35 m.ü.M Offene Besprechungsmög.

U1.1 UPC Knoten/Serverraum 179/150 m2

3.40 3.40 3.40

E9.1 Garderobe Damen m2 16/15

WL

GTU3.4 Sitzungzimmer 2+3 27/25 m2

GTU2.2 Büro 65/60 TBA/STG m2

3.40 3.40 6.80 3.40 3.40

E9.2 Duschen Damen 22/10 m2

1.10

+25.70 m 467.70 m. ü. M.

E9.6 WC Herrenm2 7/20

Lager 132/100Elektrozähler m2

E13.4 Parametrierung Zähler-Reinigung 115/2x48 m2

GTU1.3 Besprechungboxen 44/36 m2

GTU2.4 Büro 65/72 TBA/PRO m2

4.85

GTU3.1 Kundendienst Empfang GIS TBA/UWS 43/43 m2

GTU3.3 Sitzungzimmer 43/43 m2 1

GTU1.1 Büros

3.65 6.80 1.70 6.80

Putzraum 2.5 m2

GTU1.2 Besprechungtische 44/40 m2

GTU1.1 Büros

3.65 3.65

GTU3.4 Sitzungzimmer 2+3 27/25 m2

Herren E9.5 m2 Duschen

Kamine

E9.3 WC Damen m2 7/6

E13.3 WL

10

6.805.35 6.80

25

Schnitt BB, M 1:250 Schnitt BB, M 1:250

1

Schuhwaschanlage E8.3 m2 6/10

E11.1 m2 Rapportlokale Kabelnetz 257/240

GTU2.6 Büro 98/96 TBA/MOB m2

GTU3.7 Archiv Lager / 15/15 m2

GTU1.1 Büros

5

3.65 3.65

Schnitt BB, M 1:250 Herren m2 E9.4 Garderobe 138/140

89/85

Zähler m2 E13.2 Lager 180/145

m2

2.Obergeschoss, M 1:250 0

5.35 5.353.65

3.505.55 5.553.50 3.65 3.65

/ Besch. E11.3 Rapportlokale m2 Verkauf 57/42

E11.2 m2 Rapportlokale Rohrnetz 222/234

E1.15 m2 Anlagedokumentation

S6.1 Büro 98/100

GTU3.5 Druckerraum 8/8 m2

GTU3.6 Plotterraum 20/20 m2

GTU1.1 Büros 404/336

m2

rant und zu den Blaulichtdiensten und aktivieren so den Stadtraum. Über Aufgänge gelangen auch die

E10.3 WC Damen m2 7/9

m2 E13.1 Büros 186/176

Luftraum E12.1 Bobinen Langgut /

Der niedrige Büroriegel zur Fruttstrasse schirmt einerseits Lärm ab, erlaubt aber dennoch eine direkte Belichtung des Hofs und der Wohnungen bis in die Abendstunden. Gleichzeitig ermöglicht die Höhenstaffelung den Wohnungen Sonnenbalkone, Pilatusblick und nicht zuletzt Zugang zur Dachterrasse. Als Gegenpol zum vielschichtig genutzten, dem Quartier zugewandten Wohnhof wird auf dem Dach der Büronutzungen den MitarbeiterInnen der Blaulichtdienste ein kontemplativer Aussenraum angeboten.

fläche wird ihren funktionalen Aspekten zugeordnet ohne in Einzelteile zu zerfallen: Aluminiumprofile

E10.3 WC Herren m2 7/9

m2 A1.9 Datacenter 102/100

GenossenschafterInnen aufeinander und formen

den oberirdischen Einstellhallen vorzusehen. Diese werden unmittelbar über die Fruttstrasse als auch über den Appellplatz erschlossen und durch eine fünftorige Ausfahrt über die nördliche Fruttstrasse wieder verlassen. Östlich und südlich, entlang Industriestrasse und zum Rothausplatz gliedern eingezogene Eingänge zu den Wohnungen das Erdgeschoss. Das über drei Fassaden reichende viva-Erdgeschoss mit seiner Café-Nutzung trägt zur Belebung der Nachbarschaft bei. Auch an der Industriestrasse und am Rothausplatz liegen Zugänge zum Restau-

Die südlich und östlich darüberliegenden Wohneta-

5.00

Damen E10.2 m2 Duschen 10/9

Bewohner des angrenzenden Quartiers in den zentralen Hof. Hier treffen die Belegschaft der Blaulichtdienste, Konferenzteilnehmer, Senioren und ABLeinen kollektiven Wohnhof.

se bilden in ihrer Tektonik die dahinterliegende Betontragstruktur ab und erlauben über grosse, in industrieller Rasterung unterteilte Öffnungen Einblicke auf Fuhrpark und Maschinerie. In den oberen Geschossen verfeinert sich die Tektonik auf ein übliches Büroraster und akzentuiert die Tragfelder mit strukturierten Glasfaserbetonelemente.

gen sind anhand ihrer kräftigen Farbe und metallischen Oberfläche deutlich ablesbar. Die Fassaden-

3.15 3.15

bilden die Tragstruktur nach, nicht transparente Fassadenteile werden optional mit Solarpaneelen belegt und damit energetisch aktiviert. Der durchgängige, teils zweigeschossige Sockel erlaubt es, gar mehr als die geforderten Fahrzeuge in

Tradition industrieller Hybridbauten erfolgt eine funktionale Trennung in einen muralen Dienstso-

5.00 5.00

E1.17 Ruheraumm2 Mitarbeitende 33/30

4.50 4.50 3.65 4.50 4.504.50 3.50 3.50 4.50 3.50 3.50

Herren E10.2 m2 Duschen 12/9

22/20

A1.12 m2 Archiv 23/20

A1.10Lagerm2 IT

47/50

Als komplexes Bündel diverser Nutzer zeigt sich der Blaulicht- und Wohnhybrid im Stadtraum. In der

ckel und einen aufgesetzten Leichtbauwohnkorpus. Die in Faserbeton materialisierten unteren Geschos-

3.50 3.50

Damen E10.1 m2 Garderobe

Empfang

Z6.3 (18) Büro Stabsoffizier 26 m 2

Wohnhof

3.50 2.95 3.152.95 3.15 4.50 4.50 3.503.50 3.50 4.50 2.95 2.95 2.953.50

E10.1 m2 Garderobe 25/20

Z6.4 (24) Büro Admin 25 m 2 und

Der durchgrünte Rothof als halböffentliche Wohninsel

+17.05 m 459.05 m.ü.M +17.05 m 459.05 m.ü.M

Herren

Lift 3 m2

Korridor 115 m 2

3.50 3.50

Z4.3 / VBL5 Sitzungszimmer/allg. (25) 38 m 2

3.40 3.40 3.40

5.55

3.15

Terrasse m 100

Treppenhaus 20 m 2

Schulungsraum

+17.35 m 459.35 m. ü. M. +17.35 m 459.35 m. ü. M.

Lift 2 5m

Elektro 3 m2

Zimmer 23 m 2

Korridor 31 m 2

Z4.4 / VBL Führungs-, (50) 73 m 2 Stabs-,

7.86

+17.60 m 459.60 m.ü.M +17.60 m 459.60 m.ü.M

25

5

0

Lift 2 5m

2 Sitzplatz m 29

Sitzungszimmer 22 m 2

Lift 3 m2

10

0

2 Treppenhaus m 13

Du 4 m2

Korridor 70 m 2

Du 4 m2

Terrasse 14 m 2

Z6.2 (25) Büro Kommandant 25 m 2

IV WC 2 3m

Dienstlift 2 5m

H WC 2 4m

2 Geräte-/Material m 16

Schmutzwä.

Alle Nutzer Lager Gartenmöbel 25 m 2

Z6.1 (30) Spinde 26 m 2 / Umkl.

Putz und 2 Ausguss m 19

Z2.4 (50) Kleiderkammer 53 m 2

WC H 7 m2

5

Schnitt AA, M 1:250 Schnitt AA, M 1:250

Pflege Büro m2 20 2 Pflegebad m 19

4.20

H Z2.2 (60) Umkleiden 63 m 2 Miliz

Z2.1 (150) Spindraum 153 Cobra m2

Schnitt AA, M 1:250 2 Zimmer m 22

2 Zimmer m 23

Teamleitung

F-Miliz Duschraum/Umkleideraum 42 m 2

Z2.3 (20) Wa/Du/WC 33 m 2 Miliz

Festangestellte

WC D 7 m2

Du 2 4m

3.65 3.65

Du 2 4m

Du 2 4m

4.50 4.50 3.65

2 Zimmer m 22

Du 2 4m

3.65 3.65

Du 2 4m 2 Korridor m 127

7.86 5.50 7.86

2 Sitznische m 42

Du 2 4m

5.50 5.50 4.50

2 Terrasse m 21

Du 2 4m

Du 2 4m

4.50 4.50 3.65

2 Zimmer m 22

Zimmer 22 m 2

3.65 3.65

2 Zimmer m 22

2 Zimmer m 23

Zimmer 22 m 2

5.55

Du 2 4m

Du 2 4m

4.50 4.50 3.65 4.50 4.504.50 3.50 3.50 4.50 3.50 3.50

Rutschstangen

Du 2 4m

2 Zimmer m 23

Zimmer 22 m 2

3.50 8.00 3.50

2 Zimmer m 22

Du 2 4m

2 Zimmer m 23

Treppenhaus 20 m 2

6.05 6.05

2 Zimmer m 22

Du 2 4m

2 Zimmer m 23

2

Abstell. 5 m2

Lift 3 m2

5.55 5.553.50

Du 2 4m

2 Sitznische m 23 2 Terrasse m 10

Hof Oberer m 1’313

Zimmer 22 m 2

Du 4 m2

6.05

2 Terrasse m 14

Sitznische 52 m 2

3.40 4.20 4.20 3.40

Lift 3 m2

STIL/STG

FW

vbl

2 Zimmer m 15 2 Zimmer m 17

2 Zimmer m 23

Z3.1 / VBL3 Bistro (40) 49 m 2 / Aufenthalt

ewl/AS

GIS/TBA/UWS

Loggia2 6m

2

m

Red. 2 3m

Loggia2 7m

2 Zimmer m 23

Z3.1 / VBL3 Ruheraum 24 m 2

Schnitt Rothausplatz, M 1:250

Nutzungsverteilung

2

m

2 Zimmer m 15

2 Zimmer m 13

Terrasse 16 m 2

Alle Nutzer Gemeinschaftsraum 41 m 2 Hof

VBL4 (10) Technik 14 m 2

3.50

2 Zimmer m 15

4.5 m2 105

2 W/K/E m 49

Loggia2 7m

Freisitz 88 m 2

Terrasse 11 m 2

VBL1/2 Leitstelle (125+25) und 150 Leitung m2

3.50

4.50

3.65

Loggia2 6m

2

m

3.50

2 Zimmer m 14

Ba6

AN2.6(15) 2 Betriebsraum m 19

34 m 2

F7.5 Bad 7 m2 F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.5 Bad 7 m2

Terrasse 27 m 2

D

Z1.11 / Archiv Z5.2 (25+15) 40 m 2 / Lager

5.00

AN2.3 2 Mehrzweckraum m 22

Elektro 2 6m

2 Korridor m 94

Lager und 19 m 2 Putz

F7.6 (20) Küche 18 m 2 F7.7 (20) Esszimmer 57 m 2

Korridor 44 m 2 F7.4 (40) Ruheraum

F7.5 Bad 7 m2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.8 (40) Aufenthalt 39 m 2 Festangestellte

34 m 2

F7.5 Bad 7 m2 F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

Elektro 22 m 2

F7.9a (200) Fitness 156 m2

F-Miliz Duschraum/Umkleideraum 42 m 2

Korridor 11 m 2

3.65

AN2.4/2.5 Duschraum/Umkleideraum (60+80) 98 m 2 Soziales

Korridor 11 m 2

Lift 3 m2

F7.5 Bad 7 m2

Korridor 103 F7.4 m2 (40) Ruheraum

F7.5 Bad 7 m2

still

Korridor 5 m2

Elektro 7 m2

3.50

(20)

AN2.3 (20) Mehrzweckraum 39 m 2

F2.6 (50) Sitzungszimmer 38 m 2 III

Treppenhaus 20 m 2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.1a (50) Aufenthalt 46 m 2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.4 (40) Ruheraum 34 m 2

F7.2 (25) Rapport/ Ruheraum 39 m 2

F7.3 (24) Schreibund 39 m 2 Studierzimmer

F7.9b (200) Fitness 38 m 2

Treppenhaus 20 m 2

Schnitt CC, M 1:250 0

25

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

10

25

0

5

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Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

Schnitt CC, M 1:250 Schnitt CC, M 1:250

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

Architektur & Design → S. 34 Claraturm

→ S. 42 In Falten gelegt

Riehenring

Ansicht Clarastrasse | M 1:500

Claraturm Basel

Ansicht Riehenring | M 1:500

Drahtzugstrasse

Wartungsweg - Kiesweg

Aufkantung Beton

Claraturm Basel

Claraturm Basel

Erdgeschoss | M 1:500

→ S. 52 Schöne neue Welt

4

Claraturm Basel

1.-5. Obergeschoss | M 1:500

→ S. 58 Leicht wie Luft

Inhalt


Wie lässt sich die Kultur des Städtebaus in der Schweiz wieder­ beleben?


Die Schweiz mag eigentlich keine Städte. Städte sind im helvetischen Selbst­ verständnis eng, dicht, schmutzig, voller Laster. Damit ­ist die Schweiz im Übrigen nicht allein. Auch die politisch ähnlich aufgebauten USA mögen im Kern keine Städte. Dies hat historische Gründe. Daher braucht es zwei grundsätzliche Richtungsänderungen. Zum einen müssen wir wieder mehr akzep­ tieren, dass sich Städte dauernd ändern. Die Stadt ist nie fertig, man kann sie nicht konservieren. Neues entsteht auch, indem man Altes abreisst. Zum andern müssen wir beginnen, die neue Stadt im sogenannten Donut zu sehen: in der Zwischen­ stadt der Aussenquartiere, im inneren Vorortring und rund um Flughäfen und andere Hotspots. In dieser Zwischenstadt könnte eine neue Kultur des Städtebaus entstehen; das Schaffen einer neuen Art von Stadt. Das ist eine riesige Chance für die ­zersiedelte, paraurbane Schweiz. Thomas Sevcik (51), Architekt und Mitgründer des Strategie-Thinktanks Arthesia:

Vittorio Magnago Lampugnani (69), italienischer Architekt und emeritierter Professor für die Geschichte des Städtebaus

Bei der Bevölkerung braucht es das Bewusstsein, dass der öffentliche, der gemeinschaftliche Raum mindestens genauso wichtig ist wie der private, und die Bereitschaft, sich dafür zu engagieren. Bei der Politik und der Verwaltung braucht es das Verständnis, dass gut organisierte, lebenswerte und schöne Städte ein Instrument des wirtschaftlichen Wohlstands und des sozialen Friedens, aber auch ein wichtiges Stück Identität und Kultur sind. Bei den Grundeigentümern braucht es die Erkenntnis, dass eine gute Planung, die über die Grenzen ihrer Parzellen hinausgeht, auch deren Einzelwert steigert. Bei den Architekten braucht es die fachlichen Instrumente, das Kön­ nen und den Willen, Quartiere und Städte zu entwerfen, die nicht kurzlebige Erfolge in der Presse feiern, sondern über lange Zeiträume hinweg das Leben und Zusammenleben der Menschen produktiv, angenehm und anregend machen. an der ETH Zürich:


Stadtentwicklung soll wieder Lust machen. In Genf beispielsweise haben wir lediglich die Rückstände im Wohnungsbau, in der öffentlichen Infra­ struktur und beim Verkehr bewältigt. Diese Anstrengungen waren notwendig, haben aber ihre Spuren hinterlassen. Nicht enden wollende Bauarbeiten und Kräne, so weit das Auge reicht, bedie­ nen die Stereotypen der Stadt als Inbegriff von Umweltver­ schmutzung, Lärm und Beton. Ich bin davon überzeugt, dass die Stadt eine grossartige und einzigartige Weise des Zusammen­ lebens darstellt. Aber sie kann nicht länger ein Sammel­becken für sich widersprechende politische Meinungen sein. Eine lebens­werte Stadt ist eine friedliche Stadt. Dies erfordert klare Entscheidungen für den Ausbau des öffentlichen Ver­ kehrs, Freiräume durch Parks und Plätze, eine Dichte, die von grosszügigen öffentlichen Räumen durchbrochen wird, Wohnraum für alle und öffentliches Leben, das ein Viertel attraktiv macht. Wie der Bund sagt: Unsere gebaute Umwelt verdient es, als Gründungsakt zu gelten, damit die Bedeutung und Qualität von Stadtentwicklung anerkannt wird.

Antonio Hodgers (44), Genfer Regierungspräsident und Mitglied der Grünen Partei:

7


Kees Christiaanse (67), niederländischer Architekt und emeritierter Professor für Architektur und Städtebau an der

Obwohl die Schweiz bis Ende des 20. Jahrhunderts nicht wirklich eine ausgeprägte Städtebautradition hatte, verfügt sie heute über eine breit abgestützte Dialogkultur und über adäquate Raumordnungsgesetze und -instrumente. Es gibt aber zwei Schwach­stellen. Erstens hat sich die Komplexität der Stadtent­ wicklung insbesondere ausserhalb der Grossstädte noch nicht in der P ­ rozesskultur verankert. Es mangelt an Erfahrung, kom­ plexe Transformationsprozesse zu steuern. Zweitens wird der städtebauliche Entwurf als Beilage der Architektur betrachtet, was die Entwicklung einer professionellen Städtebaupraxis beeinträchtigt. Städtebauprojekte werden überwiegend mittels Testplanungen durchgeführt. Diese sind meist schlecht honoriert und erlauben wenig Kontinuität bei der Beauftragung. Folglich werden Städtebauprojekte nicht federführend durch einen sowohl im Entwurf als auch im Stakeholder-Management erfahrenen Städtebauer zu Ende moderiert. Oft entsteht aus Ideen mehrerer Testplaner ein Masterplan als suboptimale ­Collage von Fragmenten. ETH Zürich:


Engineering & Produktion → S. 60 Im Auge des Betrachters

→ S. 64 Vom Analogen ins Digitale

→ S. 88 Zehn Thesen zur I ­ nnovation

→ S. 106 Über der Stadt

Gesellschaft & Umwelt → S. 110 Kolumne: Wir sind Stadtgarten

→ S. 112 Wo Ideen Raum finden

→ S. 116 Interview: «Wir bauen so, dass es ­erschwinglich wird»

→ S. 124 Das Gebäude als Kreislaufmodell

→ S. 128 Kolumne: Cradle to Cradle

→ S. 130 Die Halter-Gruppe auf einen Blick 9

→ S. 132 Impressum Komplex Nr. 13/2020


10


DREI IN EINEM Text: Mike Guyer Visualisierungen: Filippo Bolognese Images

Auf dem rund 20 000 Quadratmeter grossen ehemaligen Gaswerk­areal in Luzern ist ein neues Stück Stadt zum Wohnen, Arbeiten und für öffentliche Nutzungen geplant. Im Zuge der Gesamtleistungsstudie ewl-Areal Luzern wurden im Sommer 2019 die Ge­­winner gekürt. Das Projekt Rotpol vom Team ARGE Halter AG und Eberli AG zusammen mit den Architekten E2A und Masswerk sowie Raymond Vogel Landschaften überzeugte durch drei unterschiedliche, sich zu einer Einheit formenden Bauten für die dreieckige Parzelle. Nach Erarbeitung von Gestaltungsplan, Vorprojekt und Bauprojekt sollen die Bürger der Stadt Luzern 2021 über die Finanzie­rung abstimmen. 11

Komplex Nr. 13/2020



13


Situation: Das ewl-Areal liegt zwischen Fruttstrasse, Industriestrasse und Geissensteinring.

mgebungsplan, M 1:500 10

20

14

50

Entwicklung & Städtebau Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL


Die Stammliegenschaft der Energie Wasser Luzern Holding AG (ewl) an der Industriestrasse in Luzern ist Teil des städtischen Entwicklungskonzepts Steghof, das die Parzelle in einem grösseren städtebaulichen Kontext verortet. Die ewl-Holding, die Stadt Luzern und die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (abl) gründeten eine AG, die für die Planung, Realisierung und Bewirtschaftung der künftigen Arealüberbauung verantwortlich ist. Neben den bereits auf dem Areal vorhan­ denen ewl-Nutzungen und städtischen Dienst­ abteilungen sollen künftig auch die Feuer­wehr, die Zivilschutzorganisation, das Strassen­inspektorat, die Stadtgärtnerei, der Rettungs­dienst Kantonsspital, die inte­ grierte Leitstelle sowie gemeinnützige Wohnungen der abl und ein Pflegezentrum für betagte Menschen der Viva Luzern AG angesiedelt werden. Das Areal soll sich zu einem städtischen Quartier entwickeln, in welchem in qualitativ hochwertigen Gebäuden und Aussenräumen gearbeitet und gewohnt wird. Das Gebiet liegt in der Stadtebene von Luzern am See und wird südlich vom Geissensteinring, im Westen von der Fruttstrasse und im Osten von der Industriestrasse umschlossen. Südlich steigt topografisch eine kleinförmige und stark durchgrünte Siedlungs­struktur an, die sich deutlich von der Bebauung des flachen «Stadtbodens» unterscheidet. Westlich unterstreicht ein weitläufiges Gleisfeld den industriellen Charakter des Quartierteils. Für städtebauliche und architektonische Qualität Mit einer Gesamtleistungsstudie für die zukünftige Nutzung sollten herausragende städtebauliche und architektonische Lösungsvorschläge gefunden werden, die auf die ­spezielle Lage und Umgebung des ewl-Areals reagieren, die funktionalen und räumlichen Nutzervorgaben erfüllen, die Eigenidentität der einzelnen Nutzer wahren und den finan­ ziellen Erwartungen der Bauherrschaft entsprechen. Die Unterbringung unterschiedlichster Nutzer auf dem Areal war eine grosse Herausforderung, aber auch eine Chance für ­inno­vative Lösungsansätze. Mischnutzungen innerhalb einzelner Gebäudekörper waren explizit erwünscht, solange die baurecht­ lichen und betrieblichen Vorgaben erfüllt ­werden konnten. Die städtebauliche Setzung der Gebäude sollte Aussagen zum räumlichen Ineinandergreifen von Bauvolumen und ­Freiräumen machen und gleichzeitig Fragen 15

bezüglich Orientierbarkeit und Erschliessung beantworten. Die Fassaden und ihre Materialität hatten der städtebaulichen Präsenz im Quartier Rechnung zu tragen und eine iden­ titätsstiftende Gestaltung aufzuweisen. Die Grundrisse und Schnitte sollten das vorgeschriebene Raumprogramm bestmöglich umsetzen und einen hohen Gebrauchswert aufweisen. Dabei stellten die besonderen Erdgeschoss­ nutzungen von ewl und Feuerwehr sowie der Erhalt des schützenswerten Roten Hauses zusätz­liche Herausforderungen dar. Der Betrieb der vorhandenen Nutzungen auf dem Gelände sollte während der gesamten Bauphase gewährleistet sein. Ein verbindlicher Werkpreis eines wirtschaftlichen Projekts mit einem kostengünstigen Betrieb und Unterhalt wurde erwartet. Für die Gesamtleistungsstudie wurden in der Präqualifikation sechs Entwicklerteams ausgewählt. Anhand der eingereichten Projektbeiträge zur ersten Stufe mit Schwerpunkt städtebauliche Setzung wurde die Teilnehmerzahl auf drei Projektteams reduziert. ­Gegenstand der zweiten Stufe war ein architektonisch hochstehender und funktional ­durchdachter Projektvorschlag mit einem verbindlichen TU-Angebot. In der Jurierung der zweiten Stufe zeigte sich, dass bei den eingereichten Projektbeiträgen aus Nutzersicht noch betriebliche und logistische Mängel bestanden und zudem einige Änderungen im Raumprogramm notwendig waren. In der Konsequenz liess das Beurteilungsgremium das ­Projekt Rotpol von der ARGE Halter AG und Eberle AG mit den Architekten E2A und Masswerk sowie Raymond Vogel Landschaften und das Projekt Stadthof Luzern von HRS Real Estate AG mit Boltshauser Architekten, Caruso St John Architects und Graber & Steiger vertiefen und weiterentwickeln. In der abschliessenden Jurierung wurde das Projekt Rotpol in den meisten Aspekten als das bessere beurteilt, und es gewann so das umfassende Wettbewerbs­verfahren. Identifikationsort Rotes Haus Das Projekt Rotpol besetzt grossflächig die dreieckige Parzelle und schafft für das Rote Haus einen gut proportionierten Platz. Der Platz verbindet sich durch unterschiedlich breite Passagen mit den Strassen der Umgebung und erreicht so eine optimale Durchlässigkeit. Dadurch wird eine über­zeugende öffentliche Raumabfolge mit einem zentralen Identifikationsort geschaffen. Es entstehen Komplex Nr. 13/2020


drei unterschiedlich geformte Gebäude, welche durch die horizontal geschichteten Nutzungen und Rückstaffelungen entlang den Strassen sowie die individu­ellen Silhouetten zu Gebäude­typen werden, die sich in Struktur und Ausdruck unterscheiden, aber trotz­dem zu einer Einheit zusammenkommen. Die Fassaden haben unterschiedliche tektonische Ausbildungen, die wichtig für die differenzierten Gebäudeerscheinungen sind, aber gleichzeitig in ihrer Grammatik verwandt bleiben. Die Abfolge der sorgfältig geformten Aussenräume vereint die unterschiedlichen ­Baukörper zu einer Einheit und einem eigenständigen Stück Stadt. Als Nahtstelle zur umliegenden Bebauung wird die Industriestrasse mit dem offenen Allmendlibach und den Bachgärten zu einer Wohnstrasse. Der Rothausplatz hat mit Bäumen und Wassersäulen eine hohe Aufenthaltsqualität. Die Indus­trie­ gasse und die Geissensteingasse führen den offen gelegten Bach fort. Der infrastrukturell belegte Appellplatz sowie die ewl-Vorzone mit der Rückstaffelung der ewl-Gebäude ergänzen die Aussenräume und verankern die Überbauung im unmittelbaren Umfeld. Der zentrale Rothausplatz ist der Mehrwert, den diese grosse Überbauung dem Quartier und der Stadt zur Verfügung stellt. Drei unterschiedliche Baukörper Der grosse, polygonale ewl-Hauptbau ist ein Hofgebäude mit durchgehender Werkhalle im Erdgeschoss und prominentem Haupteingang, der durch den Rücksprung des Nachbargebäudes an der Industriestrasse gut sichtbar ist. Die betrieblichen Abläufe sind in der Anordnung der Logistikflächen, der Warenanlie­ ferung und der Materialstellflächen für die Dienstfahrzeuge sinnvoll gelöst. Der indus­ trielle Stützen- und Plattenbau verfügt über präzise gesetzte Kerne und grosse Spannweiten in der Werkhalle und bei den Besprechungsräumen. Dies widerspiegelt sich auch in der Fassade mit den grossen, horizontalen Öffnungen und den Hammerkopfstützen, welche die Verbindungen von Stützen und Decken akzentuieren. Das ewl-Lagergebäude vereint die ­städtischen Dienstabteilungen in den Ober­ geschossen und ermöglicht optimale Arbeits­ abläufe mit grossem Synergiepotenzial. Der Bau wird durch das Sheddach und die Rückstaffelungen charakterisiert und bezieht sich so auf die indus­triellen Bauten entlang den Gleisen. Die innere Tragstruktur wird 16

auch hier nach aussen abgebildet und mit Holz­ füllungen ausgefacht. Das Dienstleistungs- und Wohngebäude ist das grösste und komplexeste Gebäude, das mit einer zweckmässigen und kompakten Anordnung der Nutzungen und grosszügigen Raumstrukturen überzeugt. Durch die gemeinsame Unterbringung der Blaulichtdienste in einem Gebäude werden räumliche Synergien geschaffen sowie eine enge Zusammenarbeit und Flexi­ bilität bei zukünftigen Raumrochaden ermöglicht. Ein überhoher Sockel beinhaltet mit einer langen Front von Aus- und Einfahrten entlang der Fruttstrasse die Einstell- und Werkstatthallen der Blaulichtdienste. Deren Vorbereitungsräume sind im Galerie- und ­ersten Obergeschoss der Einstellhalle, die städtischen Dienste und die Leitstelle in den restlichen Obergeschossen angeordnet. Die Adresse dieser Nutzungen liegt prominent der Stadt zugewandt an der nördlichen Gebäudeecke. Der Büroriegel schirmt die dahinter liegenden Wohngebäude vom Lärm der Züge ab. Der erhöhte Wohnhof, auf dem unteren Niveau als Gemeinschaftsterrasse und im oberen Bereich als begrünter Aussenbereich für die Wohnungen ausgebildet, ist eine wertvolle Ausweitung des öffentlichen Raums in dieser sehr dichten Bebauung. Die Treppen zum Wohnhof, die Wohnungseingänge sowie der ­Eingangsbereich des Pflegezentrums sind am Rothausplatz, an der Rothausgasse und Industriestrasse angeordnet. Die Bewohnergeschosse von Viva Luzern sind mit der zweispännigen Anordnung der Bewoh­­ nerzimmer kompakt organisiert. Die Klein­ wohnungen mit den lichtdurchfluteten und gross­zügigen Wohn- und Essräumen und den dazugehörenden Balkonen überzeugen. Mit den Aufenthaltsräumen wird der Korridor auf­ gelockert und mit Tageslicht erfüllt. Das Café in der zweigeschossigen Lounge bietet einen Ausblick auf den Rothausplatz und verbindet das Erdgeschoss mit dem Hof. Die verschie­ denen Aussenräume im Erdgeschoss, im Innenhof und auf dem Dach bieten Bewohnern und Besuchern verschiedene Verweilmöglichkeiten. Die Genossenschaftswohnungen der abl sind als Dreispänner um die vertikalen Erschliessungen organisiert. Nach Südwesten ausgerichtete 2,5-, 3,5- und 4,5-Zimmer-Wohnungen erhalten mit durchgehenden Wohn-/Esszimmern und vorgelagerten Loggien eine optimale Orientierung. Der Wechsel auf ein Layout mit einer Rue Intérieure im fünften Obergeschoss erlaubt für alle den Zugang zum Dachgarten Entwicklung & Städtebau


Nutzerverteilung OG1 1:500

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Grundriss 1. Obergeschoss mit Einstell- und Werkstatthallen der Blaulichtdienste im grössten Komplex, dem Dienstleistungs- und Wohngebäude.

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1.Obergeschoss, M 1:250 0

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10

25

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

17

Komplex Nr. 13/2020


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25

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

18

Entwicklung & Städtebau

Grundriss 2. Obergeschoss: Im Dienstleistungs- und Wohngebäude ist ein begrünter Innenhof auf dem Niveau des 1. und 2. Obergeschosses angelegt.

tz Pu 2 3m


mit Pflanzgärten. Die Nutzungen zeigen sich mit einem deutlichen Materialwechsel in den Fassaden. Der Sockel hat eine Fügung von lichtgrauen Leichtbetonelementen mit profilierten Ausfachungen, die Wohnungsaufbauten sind mit einer fein gegliederten, dunkel­roten Metallfassade mit Glaspaneelen verkleidet. Das Rote Haus wird von drei kräftigen Baukörpern gefasst und bildet mit dem vorgelagerten öffentlichen Quartierplatz das Herzstück des neuen Ensembles. Die Nutzung als Quartierzentrum und Kulturlokal trägt dem Industriedenkmal angemessen Rechnung. Die wenigen Eingriffe ermöglichen eine denkmalpflegerische Restaurierung, die den industriellen Charakter weiterleben lässt. Siegerprojekt in Weiterbearbeitung Die Erstellungskosten bei Rotpol sind im Vergleich zu den anderen Projektbeiträgen ­relativ tief. Aufgrund der gewählten Gesamtkonzeption mit nur drei Gebäudekörpern ­entsteht ein effizientes Gesamtvolumen, das zusammen mit der wirtschaftlichen Bauweise vergleichsweise niedrige Kosten ergibt. Das Projekt stellt gesamthaft einen präzise gedachten Beitrag dar, der sich seit der ersten Stufe stetig weiterentwickelt und optimiert hat. Auf die Kritik und Empfeh­ lungen der Fachjury und der Nutzer wurde gewissenhaft eingegangen. Dadurch weist das Projekt Rotpol eine sehr hohe städtebau­ liche, aussenräumliche, architektonische, nutzungs- und erschliessungsspezifische Qualität und Planungsreife auf.

E2A Architekten Seit 2001 plant und realisiert die E2A Architekten AG private und öffentliche Bauten mit unterschiedlicher Nutzung und Grösse. Momentan beschäftigt das von Wim Eckert und Piet Eckert gegründete Büro rund 30 Mitarbeitende. Die Architekten von E2A verstehen ihre Arbeit als Interpre­ tation zeitgenössischer Lebensbedingungen. Dabei hat sich Architektur mit der Vorstellung eines Ideals und der Realität auseinanderzusetzen. Aus dieser Dialektik wird eine spezifische architektonische Haltung entwickelt, die tragfähig ist und Bestand hat. Mit Wohn-, Büro- und öffentlichen Bauten befasst sich E2A kontinuierlich und erfolgreich im Rahmen von nationalen und internationalen Wettbewerben, aus denen viel beachtete Bauten entstanden. Bekannteste kürzlich realisierte Projekte sind: das Redaktions- und Verlagsgebäude für die «taz» (Berlin, 2018), die Diakonie Bethanien (Zürich, 2017), die Überbauung Europaallee Baufeld H (Zürich, 2016) und die Wohnbauten Escherpark (Zürich, 2015). Zurzeit im Bau befinden sich unter anderem der Wohnbau Geistlich-Areal (Schlieren, 2020), die Schulanlage Hofacker (Zürich, 2020) sowie die Wasserpolizei Zürich (2022). → www.e2a.ch Masswerk Architekten Die Masswerk Architekten AG wurde im Jahr 2003 gegründet und entstand aus der Zusammenlegung zweier renommierter Architekturbüros in Luzern: Baumann & Rigling und Bosshard & Steiger. 2008 eröffnete ein Zweigbüro in Zürich. Drei Partner bilden Aktionariat und Verwaltungsrat. Mit rund 30 Mitarbeitenden entwickelt und realisiert Masswerk nachhaltige und innovative Planungs- und Bauvorhaben zusammen mit Partnern und Auftraggebern. Stets liegt der Fokus auf entwerferisch qualitätsvollen Lösungen im Spannungsfeld von Städtebau, Architektur und Ökonomie. Zu den bedeutenderen Projekten der jüngeren Zeit zählen das 2015 voll­endete Wohn- und Geschäftshaus Baufeld G an der ­Europaallee (ARGE mit Graber Pulver Architekten) und das Feuerwehrgebäude Eichenspes in Kriens bei Luzern (2016). In der Realisierung befinden sich das Vorhaben Sekundar­ stufenzentrum Burghalde in Baden sowie die beiden Alters­ zentren St. Anna in Luzern und St. Bernhard in W ­ ettingen (alle mit Fertigstellung 2021). → www.masswerk.com Raymond Vogel Landschaften Seit zwanzig Jahren beschäftigt sich Raymond Vogel Landschaften AG (RVL) mit Landschaftsarchitektur und Städtebau, mit den Wechselwirkungen zwischen Menschen und deren Umwelt. RVL schafft in diesen Wechselwirkungen Standpunkte, und zwar durch das Beantworten von Fragen nach dem Wert des Aussenraums für Natur und Gesellschaft. Der Gestaltungsprozess bei RVL ist daher eine Auseinandersetzung mit Natur jenseits des Geschmacks. Das Verständnis für Prozesse wird entwickelt durch Zuhören, Recherchieren, Ordnen von Meinungen und Sichtweisen, In-Beziehung-Setzen von Körpern und Räumen sowie Konfigurieren. Gesucht wird eine Kohärenz, ein Sinnzusammenhang, der im Detail wie im grossen Ganzen zum Ausdruck kommt. Die Arbeit von RVL an der guten Gestaltung von Aussenräumen gründet unter anderem im Wissen und Verständnis darüber, dass bei jedem Bauwerk der Einklang von Natur und Mensch erstrebenswert ist. Die Natur in der Stadt ist das Leben zwischen Häusern als Teil eines noch grösseren Raumes. Aussenräume dürfen nicht allein Umgebung zum Haus sein. Unsere Umwelt soll über Generationen hinweg nachhaltig Lebensqualität bieten. Aus­ gewählte Projekte sind das Schulhaus Burghalde in Baden (zurzeit im Bau), die neue Landschaft zum Wasserkraftwerk in Hagneck am Bielersee (2010–2016) und der Erlenmattpark in Basel (2001–2016). → www.raymondvogel.ch

19

Komplex Nr. 13/2020


2.95

2.95

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+29.00 m 471.00 m.ü.M

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+17.35 m 459.35 m. ü. M.

Schnitt Rothausplatz, M 1:250 0

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Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

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+29.00 m 471.00 m.ü.M

3.505.35 5.35 3.50 2.95 2.95 5.35 2.95 2.95 2.95 2.95 2.95 3.152.95 3.15

2.95

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Schnitt AA, M 1:250 Schnitt AA, M 1:250

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3.505.55 5.553.50 4.50 4.50 3.65 4.50 4.504.50 3.50 3.50 4.50 3.50 3.50 3.65 3.65

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Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

Schnitt CC, M 1:250 Schnitt CC, M 1:250

S. 10 — Das Dienstleistungs- und Wohngebäude verfügt über einen erhöhten Wohnhof, der auf dem unteren Niveau als Gemeinschaftsterrasse und im oberen Bereich als begrünter Aussenbereich für die Wohnungen ausgebildet ist.

Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL Gesamtleistungsstudie Entwicklung ewl Areal - ROTPOL

S. 21 — Die Industriestrasse mit dem parallel verlaufenden, offenen Allmendlibach wird zur Wohnstrasse und fungiert als Nahtstelle zur umliegenden bestehenden Bebauung.

S. 12/13 — Das historische Rote Haus schafft inmitten der Parzelle einen zentralen Identifikationsort. Der Rot­ hausplatz ist durch unterschiedlich breite Passagen mit den Strassen der Umgebung verbunden.

20

Entwicklung & Städtebau

Schnitte von oben nach unten: Rothausplatz mit Rotem Haus, Dienstleistungs- und Wohngebäude zur Fruttstrasse und zur Industriestrasse, ewl-Lagergebäude mit Sheddach zum Geissensteinring.

Der Rothausplatz mit seinem gastronomischen Angebot bildet das Herzstück des Gevierts und etabliert einen neuen Treffpunkt für das gesamte Quartier



MUT ZUR METROPOLE

22 Text: Deborah Fehlmann Fotos und Pläne: Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich

Die Sonnenseite der Industrialisierung: Zwischen dem Zürcher Hauptbahnhof und dem See entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das grossbürgerliche Bahnhofquartier.

Derweil bot die Peripherie ein desolates Bild: Arbeiter­ häuser und Bahnviadukt im Industriequartier, dem heutigen Zürich-West.

Während vor ihren Türen der Erste Weltkrieg tobte, entstanden in den Denkstuben von Architekten und Stadtplanern kühne Vi­sionen von Zürich als Grossstadt. Mit dem Wettbewerb Gross-­ Zürich nahm die eigenständige Disziplin Städtebau in der Schweiz ihren Anfang. Seine Folgen prägen unsere Sicht auf die Stadt bis heute. Entwicklung & Städtebau – Essay


Stolz steht Alfred Escher auf seinem Sockel vor dem Zürcher Hauptbahnhof. Zu Recht. Die Stadt verdankt dem Politiker und Unternehmer die Gründung des Eidgenössischen Polytechnikums und der Schweizerischen Kreditanstalt (heute ETH Zürich und Credit Suisse). Als Vorsteher verschiedener Eisenbahngesellschaften trieb der Zürcher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausserdem den Schweizer Bahnbau voran und leistete damit der Industrialisierung und Modernisierung des Landes Vorschub. Der Blick des bronzenen Escher schweift entlang der Bahnhofstrasse, vorbei an den Grossbanken am Paradeplatz zum See. Der Bürkliplatz am fernen Ende von Zürichs Prunkmeile trägt den Namen seines Zeitgenossen Arnold Bürkli. Der Ingenieur zeichnete in den 1860er-Jahren die Pläne für das neue Bahnhofquartier mit der Bahnhofstrasse als Hauptachse. Teile der Altstadt mussten weichen, an ihrer Stelle entstand ein rechtwinkliges Strassennetz nach Pariser Vorbild, flankiert von grossbürgerlichen Stadthäusern. Zugleich erhielt die Stadt eine Wasserversorgung und eine Kanalisation. Den örtlichen und zeitlichen Schlusspunkt von Bürklis Stadtumbau bilden die Quaianlagen beidseitig des Seebeckens. Binnen weniger Jahrzehnte hatte sich Zürich von der Kleinstadt am Fluss zur Weltstadt am See gemausert – zumindest dem Anschein nach. Tatsächlich umfasste das Stadtgebiet nur den heutigen Kreis 1 und zählte keine 30 000 Einwohner. Plötzlich Grossstadt

So weit, so gut. Doch während die Gewinner der Industrialisierung sich über den steigenden Wohlstand freuten, traten deren Schattenseiten vor den Toren der Stadt immer deutlicher zutage: Die Aussicht auf Arbeit in einem Industriebetrieb lockte gegen Ende des 19. Jahrhunderts jährlich Tausende in Vororte wie Aussersihl oder Wiedikon. Dort bauten Spekulanten eiligst billige Mietshäuser für die unvermögenden Neuankömmlinge. Die Arbeiter lebten auf engstem Raum; Familien teilten sich oft ein einziges Zimmer. Wer nicht an Cholera oder Typhus erkrankte, dem machte der Qualm der Fabrikkamine zu schaffen. Den überforderten Gemeinden fehlte es nicht nur an gesetzlichen und plane­ rischen Instrumenten, um das Siedlungswachstum in geordnete Bahnen zu lenken. Da sämtliche grösseren Steuerzahler längst in einen reicheren Vorort oder in die Stadt geflohen waren, ging ihnen bald auch das Geld aus. Die Schicksale Zürichs und seiner Aussengemeinden waren jedoch längst nicht mehr zu trennen: Stadt und Vororte wuchsen baulich und wirtschaftlich immer stärker zusammen. Die Eingemeindung von 1893 verband die Stadt und elf ihrer Aussengemeinden 23

Komplex Nr. 13/2020


schliesslich auch zu einer Verwaltungseinheit mit 120 000 Einwohnern. Das sollte den von Armut geplagten Arbeiterquartieren zugute kommen, verschlimmerte deren Situation aber im ersten Moment. Ein erneuter Wachstumsschub trieb die Bodenpreise in die Höhe, und der vier- bis fünfgeschossige Blockrandbau – das probate Mittel, um die Parzellen maximal auszunutzen – setzte sich als Bebauungsform endgültig durch. So war die junge Grossstadt um die Jahrhundertwende geprägt von Bauspekulation, unkontrolliertem Wachstum und sozialer ­Se­­gregation. Doch allmählich formierte sich Widerstand: Die Arbeiterbewegung erstarkte und fand mit der Gründung der Sozial­ demokratischen Partei politisches Gehör. Naturheilvereine und Lebensreformer eröffneten Schrebergärten, Sonnenbäder und Kurhäuser zur Heilung der Grossstadtkranken. Nicht zuletzt ­entstanden auch die Schweizerische Vereinigung für Heimatschutz, der Bund Schweizer Architekten und der Schweizerische Werkbund in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Von Berlin nach Zürich Zürich stand mit seinen Problemen freilich nicht alleine da. Industriestädte wie Manchester, Hamburg oder Berlin boten ähnlich triste Bilder. Es war denn auch die deutsche Reichshauptstadt, die sich Zürich zum Vorbild für ihr bis heute wohl kühnstes stadtplanerisches Experiment nahm. Auf eine Initiative der Vereinigung Berliner Architekten hin schrieb die Stadt 1909 den internationalen «Wettbewerb um einen Grundplan für die Bebauung von Gross-Berlin» aus. Im Gegensatz zu den damals ­gängigen rein technischen Bebauungsplänen sollte dieser über die Regelung des Verkehrsnetzes und der Bauparzellen hinaus auch Frei- und Grünflächen, Spielplätze sowie Sonnenbäder definieren und dauerhaft sichern. Der künftige Bebauungsplan sollte gross­ zügig und künstlerisch durchgestaltet sein – kurzum das exakte Gegenprogramm zur Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Damit war der Wettbewerb für Gross-Berlin einer der frühesten Versuche, die moderne Grossstadt in der Gesamtheit ihrer bau­ lichen und hygienischen, aber auch soziologischen und künstlerischen Fragestellungen zu erfassen. Städtebau sollte nicht länger bloss Infrastrukturplanung am Reissbrett sein, sondern Raumkunst, wie es der Wiener Architekt Camillo Sitte bereits 1889 gefordert hatte. Zweifellos hatte seine Schrift «Der Städte­­ bau nach seinen künstlerischen Grundsätzen» auch die Berliner Architekten beeinflusst. Sitte kritisierte die monotonen, zu sehr auf Geometrie, Hygiene und Ökonomie getrimmten Städte des 19. Jahrhunderts und rief dazu auf, den Städtebau – wie in früheren Zeiten – als Disziplin der Kunst zu verstehen. Städtebauer 24

Entwicklung & Städtebau – Essay


Wettbewerb Gross-Zürich, Allgemeiner Bebauungsplan von Rittmeyer und Furrer: Die Winterthurer verbanden Zürich und seine Vororte zu einer zusammenhängenden Grossstadt. Mit dichter Bebauung (dunkelrot) bis weit in die Vororte und ausgedehnten Industrieflächen (grau) schoss ihre Vision über das Ziel hinaus. Dennoch erhielten sie den dritten Preis.

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Komplex Nr. 13/2020


Wettbewerb Gross-Zürich, Allgemeiner Bebauungsplan von Hippenmeier und Bodmer: Der Stadtangestellte und der Ingenieurstudent erreichten einen zweiten Rang. Sie punkteten mit einem Konzept für den Bahnverkehr. Ihr Vorschlag, den Schanzengraben zuzuschütten und die Sihl aus der Innenstadt hinaus zu verlegen, fand hingegen keinen Anklang.

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Entwicklung & Städtebau – Essay


Wettbewerb Gross-Zürich, Allgemeiner Bebauungsplan von Hermann Herter: Auch der spätere Stadtbaumeister belegte einen zweiten Rang. Er berief sich auf die Ideale der englischen Gartenstadt und gedachte, das Zusammenwachsen von Zürich und seinen Vororten durch breite Grünstreifen dauerhaft zu verhindern.

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Komplex Nr. 13/2020


müssten etwa bestehende Strukturen, Besitzverhältnisse oder die Topografie beachten und ihre Entwürfe auf statistische Daten und Prognosen abstützen, so Sitte. Für städtebauliche Planungen verlangte er Wettbewerbe. Das alles klingt aus heutiger Sicht selbstverständlich, war damals aber geradezu revolutionär. Das öffentliche Interesse am Wettbewerb für Gross-Berlin war entsprechend gross. Die Ausstellung der 21 Beiträge zog 1910 von Berlin nach Frankfurt und Düsseldorf. Dank der Initiative des Architekten Max Haefeli und des Ingenieurs Carl Jegher, beide Mitglieder des Zürcher Ingenieur- und Architektenvereins, gastierte sie im Folgejahr auch im Zürcher Kunstgewerbemuseum. Der grosse Plan

Im Frühjahr 1911 zeigte die Zürcher Städtebau-Ausstellung fünf Wochen lang die Berliner Entwürfe und weitere Bebauungspläne aus dem In- und Ausland. Sie wurde zu einem Schlüsselereignis der Schweizer Städtebaugeschichte: Unter den 6651 Besuchern waren zahlreiche Vertreter von Fachverbänden und Gemeinden, aber auch interessierte Laien. Die neun Vorträge im Begleitprogramm endeten teilweise in heftigen Diskussionen und die Präsentation eines Solothurner Bebauungsplans sogar in «einer äusserst bewegten und temperamentvollen Auseinandersetzung darüber, was moderner Städtebau ist», wie Jegher in der «Schweizerischen Bauzeitung» berichtete.1 Die weitreichendste Folge des Ereignisses war aber der Beschluss, auch für Zürich und seine Vororte einen Planungswettbewerb durchzuführen. Die Teilnehmenden hätten, so Jegher, «das rechtzeitige Vorsorgen, solange die Verhältnisse einer wachsenden Stadt noch günstige» seien, als Lehre aus den Diskussionen gezogen.2 Obwohl die Vorbereitungen umgehend begannen, vergingen bis zur Ausschreibung des «Internationalen Wettbewerbs für einen Bebauungsplan der Stadt Zürich und ihrer Vororte» am 1. Dezember 1915 vier Jahre. Der Perimeter reichte bis zu den Seegemeinden Thalwil und Küsnacht, erstreckte sich ins Glatttal bis nach Opfikon und stiess im Limmattal an die Kantonsgrenze. Viele der 22 beteiligten Gemeinden mussten erst vermessen werden. Die Plangrundlage im Massstab 1:10 000, welche die Wettbewerbsteilnehmenden mit ihren Bebauungsplanvorschlägen überzeichnen ­sollten, mass fast vier Quadratmeter. Das Statistische Amt erhob Zahlen zur Bevölkerungsdichte und -entwicklung, zu Wohnungsgrössen, Mietpreisen oder zur Verkehrsentwicklung. «Mit Hülfe eines klaren Programmes für die Anlage des Verkehrsnetzes (Güter- und Personenverkehr) und unter Beachtung der Grundsätze 1 2

«Schweizerische Bauzeitung», Band 57/58 (1911), Heft 7, S. 101 Ebenda, S. 102

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Entwicklung & Städtebau – Essay


neuzeitlichen Städtebaues über die Anforderungen der öffentlichen Gesundheit, der Wirtschaftlichkeit und der Schönheit haben die Entwürfe eine systematische Ausgestaltung der Verkehrs­ einrichtungen und eine organische Ueberbauung des Wettbewerbsgebietes anzustreben», fassten die Auslober ihre Erwartungen zusammen. Der Bebauungsplan sollte Aufschluss über die bauliche Entwicklung der nächsten dreissig Jahre geben. Nebst Wohn- und Industriezonen verschiedener Dichte waren möglichst zusammenhängende Grünzonen sowie Standorte für öffentliche Bauten und Einrichtungen zu definieren. Eine Übertragung in den Massstab 1:25 000 sollte wesentliche Elemente wie das Verkehrskonzept hervorheben. Weiter waren Häfen, Umschlagplätze und Güter­ bahnhöfe gefragt, da die Stadt beabsichtigte, Zürich an die Rhein-Schifffahrt anzuschliessen. Eine Detailstudie sollte sich mit einem Teilgebiet der Stadt, eine zweite mit einem Vorort auseinandersetzen. Die Einreichung konkreter architektonischer Projekte stand den Teilnehmenden frei. Varianten einer Grossstadt

Wegen des andauernden Krieges erfolgte die Abgabe erst am 31. Januar 1918. 31 Beiträge gingen ein, 29 davon wurden dem dreizehnköpfigen Preisgericht zur Beurteilung vorgelegt. Neben Teilnehmern des Wettbewerbs Gross-Berlin und Vertretern von Stadt und Kanton nahmen einflussreiche Schweizer Architekten wie Hans Bernoulli oder Gustav Gull in der Jury Einsitz. Vorsitzender war der sozialdemokratische Stadtrat Emil Klöti, der sich bereits im Vorfeld stark für den Wettbewerb engagiert hatte. Wie schon beim Berliner Wettbewerb vergab die Jury keinen ­ersten Preis. Den zweiten Rang teilten sich drei Zürcher: der Architekt Hermann Herter mit seinem Beitrag «Die Organisation von Gross-Zürich» und das Zweiergespann aus dem Stadt­ ange­stellten Konrad Hippenmeier und dem Ingenieurstudenten Albert Bodmer mit «Eine Heimat dem neuen Menschen»; den dritten Preis gewann das Winterthurer Architektenduo Robert R ­ ittmeyer und Walter Furrer mit «Wollen und Werden». Nach Jahren der Diskussion und der Theoriebildung zum ­«neuzeitlichen Städtebau» lagen nun also konkrete Vorschläge für dessen Umsetzung vor. Ein Vergleich der drei Erstgereihten zeigt konzeptuell ähnliche Lösungsansätze zu den zentralen Problemstellungen, die jedoch formal sehr unterschiedliche Lösungen zeitigten. Die Kernstadt beispielsweise verdichteten alle drei zu einem modernen und repräsentativen Geschäftszentrum, während die Wohngebiete ausserhalb lagen und eine deutlich tiefere Bebauungsdichte aufwiesen. Die Industriezonen mit ihren 29

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Autogerechte City: Nach dem Vorschlag von Rittmeyer und Furrer sollte praktisch die gesamte rechtsufrige Altstadt einer grossmassstäblichen Bebauung und weiten Strassen­ zügen weichen.

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Entwicklung & Städtebau – Essay


Bahn- und Hafenanlagen konzentrierten sie entlang der Flussläufe. Ein Vorbild für die strikte Funktionstrennung und das aufge­ lockerte Wohnen im Grünen war Ebenezer Howards Konzept der Gartenstadt. Die dort typische Trennung der Bebauungsflächen durch breite Grüngürtel findet sich in den Zürcher Entwürfen jedoch nur teilweise. Während Herter das Grün nutzte, um die Grösse der Vororte zu begrenzen und sie von der City zu trennen, verschmelzen Stadt und Aussengemeinden bei Rittmeyer und Furrer zu einem einzigen Bebauungsteppich. Die Winterthurer nahmen weitaus mehr Fläche in Anspruch als ihre Konkurrenten. Wälder und Gewässer ausgenommen, überzogen sie den gesamten Perimeter mit Bauzonen. Der Kommentar des Preisgerichts, wonach ein Teil der Bewerber die Statistiken «ungenügend beachtet und demgemäss die Bebauung in willkürlicher Weise ausgedehnt» habe, kommt wohl auch ihnen zu. Auch bei den Grünflächen rührten Rittmeyer und Furrer mit der zu grossen Kelle an: Zahlreiche Sportanlagen in den Quartieren und eine kaum enden wollende Aneinanderreihung von Bade­ anlagen und Ruderklubs am Seebecken sollten der körperlichen Ertüchtigung der Stadtbewohner dienen. Hier kippten die Ideale der Lebensreform in Volkserziehung. Von zentraler Bedeutung war das Verkehrsnetz, insbesondere der öffentliche Vorortverkehr. Dies mit gutem Grund: Nur mit einer effizienten Verkehrsinfrastruktur liesse sich das Ideal vom Wohnen im Grünen und Arbeiten in der Stadt überhaupt realisieren. Hier konnten Hippenmeier und Bodmer punkten. Zwar schlug auch Herter getrennte Eisenbahnsysteme für Nah- und Fernverkehr vor, während das Tram ein innerstädtisches Verkehrs­ mittel blieb. Hippenmeier und Bodmer bewiesen jedoch Weitsicht, indem sie ihr Nahverkehrsnetz bis weit ausserhalb des Peri­ meters führten. Die zwei Linien Richterswil–Zürich–Winter­thur und Rapperswil–Zürich–Baden verliefen diagonal durch die Stadt und kreuzten sich beim Bahnhof Letten, während der Fernverkehr im Hauptbahnhof blieb. Die Vorortlinien müssten im Stadtgebiet geringe Stationsentfernungen aufweisen und von kurzen Zügen in rascher Folge bedient werden, erklärten die Verfasser. Die Jahrzehnte später realisierte Zürcher S-Bahn kommt dem Konzept der beiden nahe. Während Verkehrsnetze und Stadterweiterungen die Planer zu Höhenflügen motivierten, wirkt ihr Umgang mit der gebauten Stadt oft unbeholfen bis brutal. Ihre Vorstellungen einer modernen, verkehrsgerechten City liessen sich mit den verwinkelten, mittel­ alterlichen Stadtstrukturen offensichtlich nicht vereinen. So opferten Rittmeyer und Furrer dem Strassenverkehr die gesamte rechtsufrige Altstadt zwischen Central und Bellevue. Grossmassstäbliche Baublöcke säumten stattdessen sanft 31

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geschwungene Schnellstrassen. Dass Rittmeyer dies mit seinem Amt als Vorstandsmitglied des Zürcher Heimatschutzes in Einklang brachte, zeigt, wie stark sich Sensibilität und Wertschätzung für gewachsene Strukturen seither entwickelt haben. Einzig ­Hermann Herter beschränkte sich auf punktuelle Eingriffe in den Bestand. Ohne grosse Gesten kam aber auch er nicht aus: Er setzte Zürich eine monumentale Stadtkrone auf, indem er Karl Mosers ­Universitätsgebäude verlängerte und um die Mittelachse von ­Gottfried Sempers Polytechnikum spiegelte. Wenig gebaut, viel bewegt Die Entwürfe für Gross-Zürich brauchten nicht an Eigentumsrechten, den Eigenheiten der Schweizer Politik oder am ­Geld­mangel der Nachkriegsjahre scheitern – sie waren von vornherein nicht zur Realisierung bestimmt. Vielmehr sollte der Wettbewerb der Erarbeitung grundsätzlicher Leitbilder ohne konkrete Umsetzungsabsicht dienen. Das gelang zweifellos. Den Schlussbericht nutzten Schweizer Architekten und Planer in den Folgejahren als eine Art Handbuch des Städtebaus, und verschiedene Ortschaften veranstalteten Wettbewerbe nach dem ­Zürcher Vorbild. Nicht zuletzt förderte der Wettbewerb das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Planung und Entwicklung ihres Lebensumfeldes und verhalf dem Städtebau als eigenständiger Disziplin zu Anerkennung. Hermann Herter bekleidete ab 1919 das Amt des Zürcher Stadtbaumeisters, und Konrad Hippenmeier war bereits im Vorjahr zum zweiten Adjunkten des Stadtingenieurs befördert worden. Gemeinsam mit dem Stadtrat und späteren Stadtpräsidenten Emil Klöti prägten die beiden die bauliche Entwicklung der Stadt bis Anfang der Vierzigerjahre. Sie förderten insbesondere den genossenschaftlichen und städtischen Wohnungsbau, wobei sie die Anlage und Gestaltung neuer Quartiere über ihre Bebauungspläne stark lenkten. So entstanden einheitlich durchgestaltete Stadterweiterungen wie das Gartenstadtquartier Friesenberg, das Milchbuck-Quartier oder die grossmassstäblichen Wohnkolonien zwischen Seebahn- und Hardstrasse. Die aufgelockerte und ­durchgrünte Wohnsiedlung als Antithese zu den früheren Blockrand­ bauten blieb auch unter Herters Nachfolger Albert Steiner das Ideal. Erst mit der Verknappung der Baulandreserven Ende der Fünfzigerjahre erfolgte ein Paradigmenwechsel hin zu dichterem Bauen. Grosse Eingriffe in der Innenstadt, wie sie im Wettbewerb erdacht worden waren, blieben indes aus. Dank langsamer, aber kontinuierlicher Veränderungen entfaltet sie ihre Strahlkraft als Zentrum einer kleinen Weltstadt heute auch ohne 32

Entwicklung & Städtebau – Essay


Monumentalachsen und Stadtkrone. Dennoch waren diese Visionen für die Entwicklung der Stadt wichtig: Ein Diskurs kann erst stattfinden, wenn Ideen zu Papier gebracht werden. Und wer fundierte Entscheide treffen will, muss in Varianten denken. ­Mindestens diese Erkenntnis bleibt bis heute gültig.

Grosse Visionen für Gross-Zürich: Hermann Herter wollte die Universität und die Eidgenössische Technische Hochschule zu einer monumentalen Anlage ausbauen.

Deborah Fehlmann (35) ist Architektin und freie Autorin. Nach dem Studium arbeitete sie in verschiedenen Architekturbüros und absolvierte den MAS in Geschichte und Theorie der Architektur an der ETH Zürich. Derzeit ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHAW in Winterthur tätig. Der vorliegende Artikel basiert auf der Forschungsarbeit «Der Wettbewerb Gross-Zürich. Ideen neuzeitlichen Städtebaus im Zürich der 1910er-Jahre», welche sie im Rahmen ihres Masterstudiums an der ETH Zürich gemeinsam mit David Brunner verfasste. 33

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CLARATURM Text: Hubertus Adam Visualisierungen: Raumgleiter

2021 wird er eingeweiht: der Claraturm gegenüber dem Messe­ gelände von Basel. Nach Entwürfen von Morger Partner entsteht ein 31-geschossiges Hochhaus, das – abgesehen von Läden und ­Gastronomie im Erdgeschoss sowie einer öffentlichen Nutzung im 30. Geschoss – ganz dem Wohnen vorbehalten ist. Mit seinem Sockel komplettiert der Turm die bestehende Blockrandbebauung, verhält sich also als kontextueller Solitär. Zugleich bildet er über den Kopfbau der Messe hinweg ein Pendant zum Messeturm von 2003. Die horizontale Gliederung aus Fensterbändern und eloxierten Aluminiumflächen knüpft an die Hochhausästhetik der späten Moderne an. Das Volumen gibt sich zurückhaltend – und aufgrund der Abschrägung doch auch leicht expressiv. 35

Komplex Nr. 13/2020


Fast 15 Jahre, vom Wettbewerbsgewinn im Jahr 2007 an gerechnet, werden vergangen sein, wenn der Claraturm in Basel 2021 fertiggestellt ist. In diesem Zeitraum ereignete sich vieles Vorhersehbares und Unvorhergese­ henes: ein Wechsel der Eigentümerschaft, die Re­organisation des mit der Planung betrauten Architekturbüros, Veränderungen hinsichtlich Nutzung und Gestaltung, Rekurse, Gerichts­ urteile, Referenden. Was zum einen daran liegt, dass es sich angesichts der nordwestlichen Ecke der Kreuzung Clarastrasse und Riehenring um einen der prominentesten Bauplätze in Basel handelt. Und zum anderen damit zu begründen ist, dass das etwa 100 Meter in die Höhe ragende Hochhaus samt Annex eine im lokalen Spätklassizismus wurzelnde Zeile viergeschossiger Bauten mit zwei alteingesessenen Gastwirtschaften ersetzt. Städte sind im ständigen Wandel begriffen. Als «lebensweltlichen Vertrautheitsschwund» hat der Philosoph Hermann Lübbe das Phänomen bezeichnet, wenn das Mass an Verän­ derung pro Zeiteinheit die Akzeptanz seitens der Bevölkerung überschreitet. Dies kann zu Konflikten führen, die in der Gegenwart wirken, retrospektiv – aus der Blickrichtung der Zukunft – aber an Bedeutung verlieren. Die meisten der Passantinnen und Passanten, die heute über die Freie Strasse in Basel bis zum Markplatz gehen, nehmen nicht wahr, dass es sich hier um einen massiven Stadtumbau des späten 19. Jahrhunderts handelt, dem die bestehende mittelalterliche bis barocke Sub­ stanz bis auf wenige Relikte geopfert wurde. Kontinuität des Wandels Der Standort in Kleinbasel wurde geprägt und überformt durch kontinuierliche Prozesse der Modernisierung. Diese begannen zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Badische ­Hauptbahn, die 1851 das deutsche Haltingen erreicht hatte, aufgrund eines Staatsvertrags zwischen dem Grossherzogtum Baden und der Eidgenossenschaft ihre Strecke nach Basel und schliesslich rechtsrheinisch nach Waldshut (und später über Schaffhausen und Singen bis nach Konstanz) verlängern konnte. Der erste Badische Bahnhof, zunächst ein hölzernes Provisorium, ging 1855 am heutigen Riehenring in Betrieb, der damals Bahnhofstrasse hiess. Bis zur Niederlegung der Befestigungen endete das rechtsrheinische Basel am Claraplatz, aber nun wuchs es binnen kurzer Zeit Richtung Osten. Vis-à-vis vom Bahnhof entstand die spätklassizistische 36

Häuserzeile, in der sich auch die neu gegründete Brauerei Warteck etablierte. Der Ausschank befand sich im 1861 fertiggestellten Eckhaus zur Clarastrasse, eben dort, wo die Reisenden warteten – auf die Züge oder die Droschken. Der Entwurf des Gebäudes stammte mit hoher Wahrscheinlichkeit von Amadeus Merian, dem Onkel des Brauereibesitzers und überdies dem ersten Stadtbaumeister von Basel. Das Café Spitz an der Mittleren Rheinbrücke sowie das Hotel Drei Könige gelten als seine wichtigsten Bauten. Schon 1890/91 wurde die Brauerei an den Burgweg verlagert, und 1913 eröffnete der weiter Richtung Riehen gelegene neue Badische Bahnhof, da der alte und die mit ihm verbundene Trassierung der Bahn das städtebauliche Wachstum der Stadt behinderten. Auf dem Gelände des alten Bahnhofs und den angrenzenden Spinnerei-Arealen entstand, was die Bedeutung Basels fortan massgeblich prägen sollte: das Messegelände. Die erste Mustermesse öffnete 1917 ihre Tore, und seither beanspruchte sie ständig wachsende Flächen im Stadtteil Rosental. Um ihr Amalgam an Bauten für die Zukunft zu rüsten und der immer wieder einmal angedrohten Abwanderung entgegenzuwirken, lancierte die Messe 1994 die Strategie Messe Basel Plus. Resultate waren drei markante Grossbauten, mit denen sich die Institution mit verstärkter Sichtbarkeit ins Stadtbild einschrieb: die ­gläserne Messehalle von Theo Hotz (1999), der Messeturm der Architektengemeinschaft ­Morger & Degelo sowie Daniele Marques (2003) – und schliesslich die neuen Messe­ hallen von Herzog & de Meuron (2013). ­Letztere stiessen auf ein besonders kontroverses Echo. Grund hierfür war weniger die Tatsache, dass dem neuen Kopfbau die frühe Messehalle von Hermann Herter zum Opfer fiel, sondern dass dieser mit seinen schier unendlichen Dimensionen weite Teile des Messe­platzes überspannte und damit die Optik der Achse Clarastrasse / ­Rosentalstrasse einschneidend veränderte. Vom Brauen zum Bauen Nachdem Warteck die Markenrechte an Feldschlösschen in Rheinfelden verkauft hatte, wurde der Brauereibetrieb am Burgweg 1991 geschlossen. Die Warteck Invest AG entwickelte und verwaltet die Immobilien des ehemaligen Unternehmens. Zunächst wurde mit Diener & Diener der Standort Burgweg umgewidmet, 2007 schliesslich publizierte man Architektur & Design


Ansicht der Fassade zur Clarastrasse (mit bestehendem Nachbargebäude von Diener & Diener).

Claraturm Basel

Ansicht Clarastrasse | M 1:500

Ansicht der Fassade zum Riehenring.

S. 34 — Der durchgehende, sechsgeschossige Sockel schliesst die Blockrandbebauung des Gevierts und bildet ein GegenClaraturm Basel Ansicht Riehenring | M 1:500 über zum Messe-Kopfbau von Herzog & de Meuron. Er stellt die Basis für den Turm an der Ecke Clarastrasse und Riehenring dar. Die Abtreppung verstärkt latent die Zeichenhaftigkeit, ohne dass das Gebäude aufdringlich in Erscheinung tritt. S. 38/39 — Das braun eloxierte Aluminiumblech wird mit einem Prägeschliff versehen. Durch diese Oberflächen­ behandlung verstärkt sich die Reflexion des Tageslichts, was zu interessanten optischen Effekten führt.

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die Ergebnisse eines Architekturwettbewerbs für die Neubebauung am Riehenring. Das siegreiche Projekt Claraturm stammte von Morger + Dettli – also dem Nachfolgebüro von Morger & Degelo, heute Morger Partner. Städtebaulich kann man den Claraturm nur als Gewinn ein­ stufen: Der durch den Bau der Messehallen von Herzog & de Meuron etwas in die zweite Reihe gerückte Messeturm erhält ein visuelles Pendant, und etwas mehr Vertikalität tut an diesem Ort angesichts der Horizontalität des Kopfbaus gut. Wermutstropfen: der Abriss der Warteck-Häuser mit den beiden Traditions­ gaststätten Warteck und Zum Wurzengraben. Dagegen opponierten frühzeitig Heimatschutz und Freiwillige Basler Denkmalpflege, scheiterten jedoch in letzter Instanz vor dem Bundesgericht. 2010 verkaufte Warteck Invest das Projekt an den UBS-Immobilienfonds Sima und dessen Tochtergesellschaft Balintra. Nun nahm das Vorhaben Fahrt auf: Bebauungsplan und Zonenänderung stiessen auf das Wohlwollen des Regierungsrats, wurden vom Grossen Rat abgesegnet und erhielten 2013 auch in einem Referendum die nötige Mehrheit. Aus gutem Grund, denn der Claraturm trägt zur gewünschten innerstädtischen Verdichtung bei, schafft zusätzlichen Wohnraum, reduziert keine ­Grünflächen und tritt angesichts des Hochhaus-­ Clusters von Roche in seiner Höhenentwicklung von 96 Metern doch moderat in Erscheinung. Ohnehin ist die Akzeptanz von Hochhäusern – insbesondere, wenn sie dem Wohnen dienen – in den letzten Jahren hierzulande signifikant gewachsen. Einen zusätzlichen Attraktor stellt das oberste Geschoss dar, das einer (noch nicht spezifizierten) öffentlichen Nutzung zugeführt werden muss. Doch der Einspruch eines Einzelklägers verzögerte die Umsetzung des Projekts erneut. Der Pächter der temporär in den Warteck-­ Häusern betriebenen Pianobar klagte zunächst gegen den Bebauungsplan, dann gegen die ­Baubewilligung. Beide Prozesse endeten vor dem Bundesgericht und wurden schliesslich abgelehnt. In der Höhe wohnen Inzwischen wächst der Rohbau am Riehenring in die Höhe. Der Claraturm besteht aus zwei direkt miteinander verbundenen Teilen: dem eigentlichen Turmbau an der Ecke ­Clarastrasse und Riehenring mit insgesamt 31 Geschossen und einem winkelförmigen, sechsgeschossigen Annexbau, der in die Drahtzugstrasse ausgreift und auf die Komplex Nr. 13/2020



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Massstäblichkeit der Blockrandbebauung reagiert; die Nachbargebäude auf beiden Seiten stammen übrigens von Diener & Diener. Zeigt der Turm zur Strassenecke hin gewissermassen klare Kante, so ist er zu den beiden anderen Seiten hin zurückgestaffelt. Auf der Seite des Riehenrings, wo die Abtreppung über der Höhe der Blockrandbebauung im siebten Geschoss einsetzt, ist sie mit der nötigen Reduzierung des Schattenwurfs begründet; auf der Seite der Clarastrasse, wo sie sich auf die obersten sieben Geschosse beschränkt, folgt sie ästhetischen Überlegungen und stärkt die Orientierung des Turms Richtung Messe. Das Grundkonzept des Projekts mit seiner markanten städtebaulichen Figur ist seit 2007 unverändert geblieben, war aber ursprünglich als eine Mischung aus Büro­flächen und Wohnungen gedacht. Die neuen Eigentümer entschieden sich für ein reines Wohngebäude. Die Ausnahme stellt lediglich das Erdgeschoss dar, das Gastronomie und Läden vorbehalten bleibt. Über ein grosszügiges, z-förmiges Foyer, das von der Strassen- und der Hofseite aus zugänglich ist, und die drei Lifte werden sämtliche Geschosse des Turms erschlossen. Insgesamt umfasst der Claraturm 285 Mietwohnungen mit 1 bis 4,5 Zimmern. Im Annexbau finden sich Wohnungen mit Loggien, die strassenseitig orientierten Einzimmerwohnungen werden mit beweglichen MOVEment-Modulen ausgestattet. Die mit der Ausführung des Gesamtprojekts betraute Halter AG entwickelte die Technologie gemeinsam mit dem Wiener Architekten Angelo Roventa und setzt sie in verschiedenen Bauprojekten ein. Im Turmbaukörper wurde auf Aussenräume verzichtet, doch die brüstungsfreie Verglasung inszeniert das Leben über den Dächern von Basel. In den spektakulärsten Wohnungen bietet sich ein Ausblick in drei Himmelsrichtungen, doch auch in den kleineren wird ein Maximum an Ausblick dadurch unterstützt, dass die Trennwände zwischen den Räumen als Schiebetüren ausgebildet sind, die sich von der Fassade aus zurückfahren lassen. Waren die geschlossenen Teile der Fassade zum Zeitpunkt des Wettbewerbs noch in Weiss vorgesehen, so wechselten die Architekten im Verlauf der Ausführungsplanung Farbigkeit und Materialität. Zur Anwendung gelangt nun, wie man in einem Mock-up auf der Baustelle sehen kann, dunkelbraun eloxiertes Aluminiumblech. Durch einen Prägeschliff, der die Horizontalität der Gliederung unterstreicht, 40

erhält dieses ein spezielles Oberflächen-­ Finish. Je nach Lichtsituation und Sonnenstand wechselt das Gebäude seinen Charakter, wirkt mal dunkel und volumenhaft, dann gleissend und fast entmaterialisiert. Die Fassaden­ Fenster-Elemente werden in China produziert und vor Ort vollinstalliert versetzt. Weitere Hochhäuser im Umfeld sind im Übrigen anstelle des bestehenden Messeparkhauses in Planung. Vorprojekte von Morger Partner und Herzog & de Meuron liegen vor. Die Messe als Eigentümerin verhält sich allerdings derzeit zögerlich. 2019 fand nach über hundert Jahren zum letzten Mal die Mustermesse Basel statt. Städte sind im ständigen Wandel begriffen. → www.claraturm.ch

Morger Partner Architekten Meinrad Morger, 1957 in Appenzell geboren, gründete 1988 in Basel gemeinsam mit Heinrich Degelo das Architekturbüro Morger & Degelo, das sich schnell als eines der führenden und diskursprägenden der Deutschschweiz etablieren sollte. Weithin Beachtung fanden die Überbauung Dreirosen-Klybeck (1996), das Musikmuseum im Lohnhof (2000) sowie der Messeturm (2003, zusammen mit Daniele Marques) – alle in Basel –, aber auch das gemeinsam mit Christian Kerez geplante Kunstmuseum Liechtenstein in Vaduz. 2006 begann Meinrad Morger eine neue Zusammenarbeit mit Fortunat Dettli, die 2015 endete. Seither ist das Büro umfirmiert in Morger Partner. Das Team um Meinrad Morger und seine Partner Martin Klein und Henning König umfasst etwa 60 Mitarbeitende. Zu den prominenten realisierten Bauten der jüngsten Zeit zählen die Hilti Art Foundation in Vaduz (2015) und das Hochhaus der Hochschule für Gestaltung und Kunst (2014) auf dem Dreispitz-Areal in Basel. Die Überbauung des Tramdepots Hard in Zürich stiess in einem Referendum im Februar 2020 auf breite Zustimmung und soll bis 2025 realisiert werden. → www.morgerpartner.ch

Architektur & Design


Regelgrundriss 1. bis 5. Obergeschoss: Die MOVEment-Wohnungen befinden sich im Annex.

Claraturm Basel

41 Erdgeschoss | M 1:500

Komplex Nr. 13/2020

Drahtzugstrasse

Wartungsweg - Kiesweg

Aufkantung Beton

Grundriss Erdgeschoss mit Läden und zentralem Foyer zur Erschliessung des Turms.


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IN FALTEN GELEGT Text: Héloïse Gailing Fotos: Matthieu Gafsou

Das Flon-Quartier in Lausanne ist Zentrum und Enklave zugleich. Die im Bett des gleichnamigen, unterirdisch verlaufenden Flusses gelegene ehemalige Industriezone hat in den letzten 30 Jahren eine klassische Gentrifizierung erfahren: Aus ­ungenutzten Produktionsstätten wurden zuerst Künstler­ateliers und alternative Kulturzentren, später dann Büros, Geschäfte und bei der Bevölkerung beliebte Freizeiteinrichtungen. Die vor über zehn Jahren von der Eigentümerin Mobimo angestossene Metamorphose nähert sich nun ihrem Ende – mit der Neubelebung des Westteils von Flon, in dem Ende 2019 das Design-Hotel Moxy seine Pforten öffnete. 43

Komplex Nr. 13/2020



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Localarchitecture ist seit 2006 in Flon ansässig und hat dessen Entwicklung aus nächster Nähe miterlebt. Durch den kürzlich vollendeten Bau des Hotels Moxy Lausanne City kann das Büro nun für sich in Anspruch nehmen, auch an der Verwandlung des Quartiers mitgewirkt zu haben. Das durch Halter realisierte Gebäude wurde auf dem Areal einer alten Druckerei errichtet, in der sich früher die Büros der Architekten befanden. Mög­licherweise ist dies auch der Grund, warum es sich so gut in seine Umgebung einfügt. Die Erschaffer waren mit dem Standort bestens vertraut. Während einige der Nachbargebäude versuchen, ihre Individualität durch die Materialien und die Gestaltung ihrer Fassaden zu unterstreichen, zeichnet sich das Moxy eher durch die Einbettung in den Kontext aus – ohne jedoch stilistische und gestalterische Abstriche zu machen. Vergangenheit und Gegenwart Der Bau liegt zwischen der Rue de la Vigie, der Voie du Chariot und einem Platz mit der von Samuel Wilkinson und dem Studio Oloom geschaffenen Skulptur L’arbre de Flon-Ville. Er trägt sowohl der historischen, industri­ ellen Parzellierung als auch den baurechtlichen Bestimmungen Rechnung. Bei maximaler Ausnutzung des zulässigen Volumens kamen zwei unterschiedlich hohe Gebäudeteile zur Ausführung. Dies ist die einzige Besonderheit des strengen Betonkubus, der wie ein undurchdringlicher Panzer wirkt und ein introvertiertes Programm beherbergt – auch wenn das Café-Restaurant der Öffentlichkeit zugänglich ist. Momentan verzichten die Betreiber noch darauf, die durch den Höhenunterschied entstandene, begehbare Dachterrasse zu nutzen. Es ist jedoch vorstellbar, dass sich bald eine ähnliche Entwicklung wie bei den benachbarten Gebäuden abzeichnet. Dort wurden auf den Dächern nach und nach Bars und Restaurants eingerichtet, wodurch ein halb öffentlicher Raum unter freiem Himmel auf dem Niveau der umliegenden Stadt entstand. Das Gefühl der baulichen Kompaktheit wird durch die Umkehrung der Struktur der Gebäu­ dehülle verstärkt, unabhängig von deren Ausrichtung: Das an den längeren Nord- und Südfassaden identische Kompositionsraster setzt sich an den kürzeren Ost- und Westseiten bis zur Mitte des Gebäudes, die als Symmetrieachse fungiert, fort. Ebenso findet sich die kranzförmige Anordnung auch im Grundriss wieder. Um das realisierbare Volumen 47

optimal auszunutzen, wurden die Verkehrsflächen zu beiden Seiten eines inneren Streifens mit Technik- und Betriebsräumen angeordnet. Diese Organisation ermöglicht, dass die Gäste­ zimmer strukturiert und pragmatisch entlang der Fassade aufgereiht sind. An den beiden Querseiten des Gebäudes befinden sich grosszügig bemessene Zimmer für Personen mit eingeschränkter Mobilität. Die programmatische Wiederholung des Hotelzimmermoduls ist nach aussen sichtbar und gewollt. Durch den Einsatz vorgefertigter Betonelemente entsteht daraus sogar ein Motiv, das jede Einheit erkenntlich macht. Neben der formalen Anlehnung an das industrielle Erbe sucht das Gebäude auch eine Verbindung zu seiner Umgebung. Die Verwendung vorgefertigter Elemente erinnert an den ­Entwurf des Architekturbüros Patrick ­Mestelan & Bernard Gachet aus dem Jahr 2007 für den Verwaltungskomplex Flon-Ville. Local­architecture übernahm auch die differenzierte Ausbildung des Erdgeschosses als Sockel und sogar Arkaden, die auf sich nach unten verjüngenden Pfeilern ruhen. Auf der Seite des Platzes kommt ein Säulengang zum Einsatz, der zur vorerst letzten südlichen Erschliessungszone des Quartiers führt, der Voie du Chariot. Doch das Moxy-Hotel in Lausanne möchte weder imitieren, noch unbemerkt bleiben. Der aufmerksame Betrachter erkennt sofort die schrägen Linien und die ausgeprägte Geome­ trie, für die Localarchitecture bekannt ist. Tatsächlich hat das Büro bei den meisten seiner Projekte einen Stil entwickelt, der sich am Ornament orientiert und damit die Struktur oder konstruktiven Teile eines Gebäudes betont. Ob aus Holz oder Beton – das Material wird plastisch verarbeitet, um die Anforderungen eines Projekts in seiner Ästhetik zu integrieren. Die Aneinanderreihung der Gästezimmer erzeugt ein Muster auf der gesamten Gebäudehülle. Durch Module, die sich nach unterschiedlichen Variablen in den Raum entfalten und dem Bau durch Wiederholung eine gesamtheitliche Kohärenz verleihen, wirkt die hängende, nichttragende Fassade wie plissiert. Serielle Komplexität Das Design des Moduls, das ausschliesslich aus gekippten Flächen besteht, gewährleistet die Privatsphäre der Gäste besonders am Kopfteil des Bettes. Gleichzeitig gewährt das schräg gestellte Fenster den indirekten Blick Komplex Nr. 13/2020


nach aussen. Durch diese besondere Anordnung wird der Einblick erschwert und die Bewegungsfreiheit rund um das Bett grösser. Für eine horizontale Schichtung und gegen die Bildung eines vertikalen Rasters auf der Fassade wurde bei Stürzen und Plattensegmenten auf rechte Winkel verzichtet. So entsteht ein eckiges, geometrisches und dynamisches Muster, das die Grundeinheit des Ganzen bildet. Mit weniger als vierzig Gussformen für die gesamte Fassade und einem einzigen Prototyp vor Beginn der Bauarbeiten war die Fertigung des Moduls indes eine Herausforderung. Wenige rechte Winkel, Aussparungen für den Sonnenschutz, integrierte Rollladenführungen und Fenster ohne Normmasse – die scheinbare Einfachheit täuscht. Die Wahl von vorgefertigten Betonelementen ermöglichte den Planern vor allem auch eine rasche Umsetzung. Nach Abschluss der Abbruchund Spezialarbeiten dauerte es gerade einmal vier Monate bis zur Fertigstellung des Rohbaus. Die beengten Verhältnisse auf der Baustelle und der sehr beschränkte Lagerplatz machten eine genaue Koordination der Lieferung von Fassadenelementen sowie des Einbaus von Treppen und Badezimmern erforderlich. Letztere wurden auf Wunsch der Betreiber als Fertigbauteil geplant, dezen­tral gefertigt und während der Bauarbeiten vor Ort montiert. Anschliessend mussten nur noch die Silikonfugen gesetzt werden. Die versiegelten Bäder wurden erst während der Ausbesserungsarbeiten geöffnet. Neben den eingeschränkten Lagerkapazitäten gab es aber noch eine Vielzahl anderer Pro­bleme, die zu lösen waren. Die spezielle Baustelle liegt zwischen dem Rechenzentrum der Stadt, das empfindlich auf Vibrationen reagiert, dem unterirdischen Auffangbecken der Jumelles-Passage, das während der Fundamentarbeiten abgestützt werden musste, und einem Aufnahmestudio im Untergeschoss, das erhalten bleiben sollte. Daran, dass es überspannt werden musste, erinnert heute ein Absatz im Boden des Erdgeschosses. Um diese Herausforderung zu meistern, wurden 114 Mi­kro­ pfähle gesetzt und eine Trägerstruktur kon­ struiert, die alle Lasten ins Zentrum des Gebäudes auf die technische Grundstruktur und die grossen, v-förmigen Pfeiler ableitet, die zu beiden Seiten des Atriums angeordnet sind. Architektur vs. Inneneinrichtung Das Atrium, sonst ein typisches Element der von John Portman entworfenen grossen 48

Hotelbauten des 20. Jahrhunderts, wird hier auf seine Funktion als Lichtquelle reduziert. Obwohl man hie und da Gäste auf anderen Etagen erblicken kann, ist es kein Ort, der mit Leben erfüllt ist oder Identität schafft. Als Teil des inneren Kerns durchdringt es vertikal das gesamte Gebäude und bringt Tageslicht in die an den Enden verglasten Flure und die Lobby. Diese pro­ fitiert vom Lichteinfall und von einer grosszügigen Raumhöhe, die sie zum einen dem Studio im Untergeschoss verdankt und zum andern dem leicht zurückversetzten Eingang. Mit Sichtbetonwänden in den öffentlichen Bereichen und in den Zimmern gab Localarchitecture den vom Hotel beauftragten Innen­ architekten die Vorlage für eine Umsetzung im Industrial Chic. Denn Moxy ist eine Design-Hotelkette, die sich über eine eigene visuelle Sprache und feste Standards definiert. In einem derart eingeschränkten Rahmen Architektur zu entwerfen – sowohl auf den Ort bezogen als auch auf das Programm –, kann ebenso motivierend wie frustrierend sein. Im vorliegenden Fall gelang es den Architekten, mit dem Kontext zu spielen, indem sie die baurechtlichen Auflagen bestmöglich ausnutzten, die strengen Normen der Betreiber mit originellen Raumlösungen abwandelten und mit Baustoffen arbeiteten, die der Architektur eine gewisse Beständigkeit verleihen. Erst dann kann die Ausstattung folgen, die sich nach den Wünschen der Betreiber, dem Zeitgeist und Einrichtungstrends richtet.

Localarchitecture Das Architekturbüro wurde 2002 von Manuel Bieler, Antoine Robert-Grandpierre und Laurent Saurer gegründet. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung einer Architektur, die auf einen Kontext reagiert und dazu beitragen soll, seine Harmonie und Geschichte neu zu definieren. Als Ergebnis einer genauen Analyse der Umgebung erforscht ihre Architektur die Vorstellung von der Präsenz eines Gebäudes, die durch eine intime Beziehung zwischen Form und Struktur entsteht. Localarchitecture wurde national und international durch Publikationen und Wettbewerbe bekannt. Zu ihren jüngsten Auszeichnungen gehören der International Wood Architecture Award 2019, die Distinction Romande d’Architecture 2006 und 2018 sowie der Best Architects Award 2015 und 2018. Die Partner des Büros sind seit mehreren Jahren in der Lehre tätig, insbesondere an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), bei Prof. Harry Gugger (Laboratory Basel), an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH), an der Hochschule für Architektur und Technik Freiburg (HES-SO), an der Hochschule für Kunst und Design Genf (HEAD-HES-SO) und an der Architekturakademie Mendrisio. → www.localarchitecture.ch

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Komplex Nr. 13/2020

Grundriss Erdgeschoss: Die komplett verglaste Lobby mit CafĂŠ-Restaurant wird durch Arkaden erweitert.

Regelgrundriss Obergeschoss: Ein lang gezogener Servicestreifen organisiert die Anordnung der Zimmer an der Fassade.


Ansicht vom Platz im Norden: Der Eingang zum Hotel liegt zurückversetzt in einem Säulengang. S. 42 — An der Ecke Rue de la Vigie und Voie du Chariot lässt sich die Kontinuität des Musters deutlich erkennen. Das Spiel mit verschiedenen Formen macht die Wiederholung dynamisch.

S. 46 — Das Gebäude macht bei maximaler Ausnutzung des zulässigen Volumens einen Höhensprung: Der westliche Teil ist viergeschossig, der dem Quartier zugewandte Teil verfügt über fünf Stockwerke.

S. 44/45 — Am westlichen Ende der Parzelle erscheint die Fassade nüchtern – in Erinnerung an die industrielle Vergangenheit des Ortes. Man muss das Quartier betreten, um das Gebäude zu verstehen und zum Eingang zu gelangen.

S. 51 — Der verglaste Eingang des Moxy-Hotels liegt in einem Säulengang. Die Arkaden ruhen auf sich nach unten verjüngenden Pfeilern. Auf dem roten Platz davor steht die Skulptur L’arbre de Flon-Ville.

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SCHÖNE NEUE WELT

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Text: Christine Marie Halter-Oppelt

Der dänische Architekt Arne Jacobsen entwarf 1960 das SAS-Royal-­ Hotel mit dem Willen, ein Gesamtkunstwerk zu schaffen. Wertschätzung erhielt er zu seiner Zeit kaum. Erst zwei Jahrzehnte später wuchs das Bedürfnis nach komplett durchgestalteten Hotels. Heutige Design- und Boutique-Hotels richten ihr Augenmerk sowohl im Luxussegment als auch im Budget-Bereich nicht nur auf besondere Interieurs und eine lokale Verankerung, sie suchen mehr und mehr auch Anschluss an aktuelle gesellschaft­ liche Trends. Architektur & Design


Das SAS Royal war das erste Hotel seiner Art. Auch wenn es 1960, im Jahr der Eröffnung, den Begriff Design-Hotel noch gar nicht gab. Der dänische Architekt Arne Jacobsen hatte im Auftrag der Fluggesellschaft Scandinavian Airline System (SAS) nicht nur das 22 Stockwerke hohe Gebäude, sondern auch dessen Innenausbau sowie die komplette Möblierung samt Accessoires entworfen. Dass Kopenhagen damit eine Architektur- und Design-Ikone geschenkt bekam, schien der Bevölkerung egal. Die Ablehnung gegenüber dem schlanken Turm aus Stahl und Glas war gross. Inmitten der historischen Bebauung schoss er weit über die Häuserdächer hinaus und wurde als kalt und abweisend empfunden. Die Wertschätzung für Arne Jacobsens Werk wuchs erst, als das SAS Royal durch diverse Renovationen bereits viel von seiner ursprünglichen Erscheinung verloren hatte. Möglicherweise war die Kritik zur Zeit der Erbauung ein Grund dafür, dass das Hotel ein Unikat blieb. Erst zwanzig Jahre später wurde Jacobsens Idee für ein gestalterisches Gesamtkonzept, welches das Zusammenspiel von Architektur und Design zur Positionierung eines Hotels nutzt, wieder aufgenommen.

SAS Royal, Kopenhagen, 1960

Architektur und Design: Arne Jacobsen

Als Arne Jacobsen die Arbeiten am SAS Royal in der Innenstadt von Kopenhagen abschloss, war er 58 Jahre alt. Der Bau des Hotels entsprach nicht nur einem architektonischen Statement in der Innenstadt von Kopenhagen, es brachte sein gesamtes künstlerisches Schaffen sprichwörtlich unter ein Dach. Sessel, Türgriffe, Uhren, Lampen, Wasserhähne – alles war von ihm selbst entworfen. Zwanzig Minuten vom Flughafen entfernt, bot das Hotel im ersten Stock sogar einen SAS-Schalter zum Einchecken. Mit 69,60 Metern Höhe blieb das modernistische Gebäude aus Stahl und Glas bis 1969 das höchste Haus Dänemarks. 53

Blakes, London, 1978 Design: Anouska Hempel

Das Hotel in South Kensington fällt schon durch seine schwarze Fassadenfarbe und die grünen Buchsbäume vor der Tür auf. Diese extra­vagante Erscheinung setzt sich auch im ­Inneren fort. Hell-dunkel-Kontraste, Symme­ trien, Antiquitäten und asiatische Möbel spielen in der Design-Sprache von Anouska Hempel eine besondere Rolle. Ihre Vorliebe für asiatische und italienische Küche schlägt sich auch auf der Speisekarte des Restaurants nieder. Als eines der ersten Boutique-Hotels ist das Blakes bis heute ein Klassiker. Komplex Nr. 13/2020


Morgans, New York, 1984 Design: Andrée Putman

Als Ian Schrager und Steve Rubell Mitte der 1980er-Jahre ins Hotelgeschäft einstiegen, hatten sie eine ganz bestimmte Vision im Kopf: Die Gründer des legendären Studios 54 wollten einen intimen Ort mit Stil und Atmosphäre schaffen und ihren Gästen eine Alternative zu den grossen Hotelketten bieten. Für das Design ihres Hotels an der Madison Avenue holten sie Andrée Putman. Die Pariser Inneneinrichterin setzte auf schlichte Möbel zu Beige-, Grau- und Blautönen. Die Bäder waren mit einem schwarz-weissen Karomuster gefliest.

Delano, Miami Beach, 1995

Design: Philippe Starck

Nach Erfolgen in New York erwarb Ian Schrager das Delano-Hotel in Miami Beach, einen ArtDeco-Bau aus den 1940er-Jahren. Diesmal wurde Star-Designer Philippe Starck beauftragt. Der stattete die Lobby mit einem eklektischen Mix von Designer-Möbeln aus, liess weisse Vorhänge als Raumtrenner über dem dunklen Teakholzboden schweben und entwarf eine Bar, ein Restaurant und einen Beach-Club, in denen auch die lokale Szene verkehrt. Alle Gästezimmer sind kompromisslos in Weiss gehalten – mit Ausblick auf das blaue Meer.

Bis dahin etablierten sich mit der zunehmenden Mobilität und dem aufkommenden Massentourismus in der internationalen Hotellerie insbesondere in den USA neben den der Tradition und dem Luxus verschriebenen Grandhotels vor allem die grossen Hotelketten. Sie setzten auf eine hohe Zahl von Betten sowie eine zweckmässige und standardisierte, für die Gäste also vorhersehbare, Gestaltung. Bald fanden sich in New York, Los Angeles, London, Paris, Berlin oder Zürich die immer gleichen Hotelzimmer zu an die jeweilige Region angepassten Preisen. Was damit verloren ging, waren die Individualität, das Besondere eines Ortes sowie auch ein Teil des Erlebnisses und der Lust am Aufenthalt in einer fremden Stadt. In kreativen Kreisen regte sich Unmut. Als eine der Ersten entwarf die ehemalige Schauspielerin und spätere Interior-Designerin Anouska Hempel, alias Lady Weinberg, 1978 in London ein Boutique-­ Hotel: das Blakes. Intim sollte es sein, unverkennbar im Stil, fast wie ein privates Zuhause, in dem jedem Gast die Wünsche von den Lippen gelesen werden. Das Erfolgsrezept der Autodidaktin: Sie verkehrte in den richtigen Kreisen und machte das Hotel mit 54

Architektur & Design


seinem schicken Restaurant zum Londoner Szenetreff. Ein Rezept, das Nachahmer fand. Vor allem in Europa entstanden zu Beginn der 1980er-Jahre viele kleine, feine Boutique-Hotels – in der Stadt sowie an exklusiven Feriendestinationen. Die amerikanische Antwort kam 1984 von Ian Schrager und Steve Rubell. Die Gründer des legendären New Yorker Clubs Studio 54, gut vernetzt und medial verwöhnt, eröffneten das Morgans an der Madison Avenue. Für die Gestaltung der Lobby, die eher an ein Wohnzimmer als an eine Empfangshalle erinnerte, und der 114 Gästezimmer in einem Gebäude der späten 1920er-Jahre hatten sie die Pariser Einrichterin Andrée Putman beauftragt. Zehn Jahre später – Steve Rubell war an Aids gestorben – holte sich Schrager Star-Designer Philippe Starck an seine Seite und baute mit ihm das Delano in Miami Beach zum weissen Design-Tempel um. Ein Glücksgriff. Bis heute gilt der Franzose als einer der besten Designer weltweit. Die von ihm geschaffenen atmosphärischen Interieurs und das wie in einem Mode-Shooting gestylte Personal locken Hotelgäste genauso wie die lokale Szene. Zu den Pionieren einer neuen, modernen Hotellerie gehörte auch der Amerikaner André Balazs. Er eröffnete 1989 das Hotel The Mercer in New Yorks Stadtteil Soho und kaufte 1990

Sanderson, London, 2000 Design: Philippe Starck

Im Jahr 2000 wagte der Investor Ian Schrager den Sprung über den Atlantik nach London. Im West End fand er in einem Gebäude von 1958 die richtige Spielwiese für ein weiteres Hotelprojekt. Wieder war Philippe Starck für das Interior-Design zuständig. Er platzierte ikonische Sitzmöbel in bunten Farben – darunter auch das rote Lippensofa nach Salvador Dalí – neben zwei Meter hohe Vasen in einer sonst leeren Lobby. Die Inszenierung wirkte wie eine surrealistische Rauminstallation und machte das Hotel weltweit bekannt. 55

Amangiri, Utah, 2009

Architektur und Design: Marwan Al-Sayed, Wendell Burnette, Rick Joy

Als das Amangiri 2009 mitten in der Wüste von Utah eröffnet wurde, gehörten Angelina Jolie und Brad Pitt zu den ersten Gästen. Ihr Besuch machte das minimalistische 5-Sterne-­Resort auf einen Schlag weltweit bekannt. So bekannt, dass Schauspielerin Diane Kruger erst nach der dritten Anfrage ein Zimmer am « atemberaubendsten Ort, den ich je besucht habe » bekam. 2017 reisten dann auch Kim Kardashian und Kanye West an, um eine der 34 Suiten mit Steinböden, Sichtbetonwänden und eigener Terrasse mit Kamin und Weitblick zu geniessen. Komplex Nr. 13/2020


in Los Angeles das heruntergekommene Hotel C ­ hateau Marmont, dessen Charme bis heute genau dieses ältliche, abgewohnte ­Ambiente ausmacht. Sowohl Schrager als auch Balazs eröffneten in der Folge Hotels in London. So schloss sich der Kreis, und der Boden dafür, Design- und Boutique-Hotels auch in Europa wieder in grösseren Dimensionen zu denken, war bestellt. In den letzten zwei Jahrzehnten haben von lokalen Betreibern geführte, unabhängige Design- und Boutique-Hotels einen festen Platz im internationalen Hotelmarkt gefunden. Eine treue ­Klientel bucht auf Online-Plattformen wie designhotels.com oder tablethotels.com. In jüngster Zeit konnten sich besonders in Europa Design-Hotelketten mit Preisen im mittleren bis tiefen Preissegment eta­blieren. Eine von ihnen ist die 25hours Hotel Company. Sie wurde 2005 gegründet und führt inzwischen 13 Häuser, darunter zwei in Zürich, in ihrem Portfolio. Die nieder­ ländische Hotelkette CitizenM eröffnete ihr erstes Haus 2008 am Amsterdam Airport Schiphol. Heute gibt es weltweit 20 Standorte in Europa, den USA und Asien. In Zürich wurde 2019 am ­Talacker eröffnet. Der Standort Genf folgt Mitte 2020.

The Standard, High Line, New York, 2009 Architektur: Ennead Architects Design: Roman and Williams

Für André Balazs ist The Standard im ­Meatpacking District von New York das erste Hotel, das er von Grund auf erbauen liess. Bekannt geworden war der Hotelier durch die Wiederbelebung des legendären Hotels Chateau Marmont in Los Angeles im Jahr 1990. Sein Riecher für die richtige Gegend zahlte sich auch an der Ostküste aus: Das Hotel mit 337 Gästezimmern im Mid-Century-Stil steht in direkter Nähe zum Hudson River auf 17 Meter hohen Betonsäulen über der High Line, einem neuen Publikumsmagnet von New York. 56

25hours, Zürich, 2012

Architektur: ADP Architekten Design: Alfredo Häberli

Bei der Positionierung des Quartiers Hard Turm Park in Zürich-West erschien es den Entwicklern, darunter auch die Halter AG, wichtig, öffentliche Orte und Begegnungs­ stätten zu schaffen. Somit kam dem 25hours eine besondere Bedeutung zu. Seine farbenfrohen Interieurs wurden vom Zürcher Designer Alfredo Häberli erdacht. Die offene Hotellobby mit geschwungener Freitreppe geht in ein Restaurant mit Barbereich über. In den oberen sechs Stockwerken befinden sich 126 Gästezimmer. Auf dem Dach thront ein Spa. Architektur & Design


Soho House, Barcelona, 2016 Architektur: Hector Restrepo Calvo Design: Lázaro Rosa-Violán

Das Soho House ist direkt am Passeig de Colom mit der Altstadt im Rücken und vis-à-vis dem Hafen von Barcelona beheimatet. Sein Gebäude stammt aus dem Jahr 1845 und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Bürohaus für Reedereien genutzt. Beim Umbau setzten die Architekten historische Elemente und Materialien ein. Die Einrichtung stellt eine Mischung aus modernem Design und traditionellen katalanischen Mustern dar. Das Hotel mit Pool auf dem Dach wird im Stil eines privaten Mitgliederclubs geführt, das Restaurant Cecconi’s ist für jedermann zugänglich.

CitizenM, Zürich, 2019

Architektur: Roland Rohn / Camenzind Bosshard Design: Concrete Amsterdam

Hinter CitizenM steckt der niederländisch-­ indische Investor Rattan Chadha, Gründer der Modemarke Mexx. Seit deren Verkauf investiert der Unternehmer in Immobilien und baute die Design-Hotelkette zur internationalen Marke aus. Als erster Schweizer Standort dient ein 1952 von Roland Rohn geplantes Büro­haus an der Talstrasse. Der Skelettbau – durch Halter saniert und umgebaut – bot optimale Voraussetzungen für die genormten Signatur-­ Zimmer. Eingecheckt wird an digi­talen ­Terminals. Bar und Lobby verfügen über grosse Fenster zur Strasse.

Nun treten auch die grossen Hotelkonzerne an, um die steigende Nachfrage nach frischen Hospitality-Lösungen zu bedienen. Mit eigenen Entwicklungen wollen sie sich Marktanteile sichern. Marriott bietet gleich einen ganzen Strauss verschiedener Marken an: darunter W Hotel und Edition im gehobenen Bereich, Aloft und Moxy für Budget-Kunden. Mit Motto und Tempo hat Hilton zwei neue junge Brands am Start. Die Accor-Gruppe sicherte sich ­Shares an der deutschen 25hours Hotel Company und an der französischen Kette Mama Shelter. Auch am Hotel Delano hält der Konzern seit 2018 Anteile. In der Ferienhotellerie zeichnet sich neben dem gestiegenen Fokus auf das Design noch ein weiterer Trend ab: Sogenannte Öko-Resorts zelebrieren Nachhaltigkeit und Entschleunigung. Ein Tempel des Well-beings ist das Amangiri in Utah. Günstigere Nachahmer werden folgen. Auch wenn die Gestalter, Planer und Investoren von Design- und Boutique-Hotels in den letzten fünfzig Jahren ganz verschiedene Wege einschlugen, so gibt es doch einen gemeinsamen Nenner, auf den all ihre Bemühungen heruntergebrochen werden können: eine gestalterische Vision, das Bestreben, ein Hotel an seinem lokalen Standort zu verankern, und ein besonderes Augenmerk auf aktuelle gesellschaftliche Trends. 57

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LEICHT WIE LUFT

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Text: Christine Marie Halter-Oppelt Foto: Zieta Prozessdesign

«Ultraleggera ist meine Antwort auf Gio Pontis ikonischen Stuhl aus dem Jahr 1960. Ich bin immer wieder fasziniert, wie leicht er ist, wenn ich ihn in der Hand halte», sagt Oskar Zieta, der sich nicht scheut, seinen Entwurf in den direkten Kontext zur Arbeit des grossen italienischen Architekten zu stellen. Tatsächlich gelang dem Polen, der an der ETH Zürich Architektur studierte und lehrte, Erstaunliches. Sein Ultraleggera-­Stuhl wiegt mit 1600 Gramm hundert Gramm weniger als der seines ­Mailänder Vorbildes. Möglich wurde dies durch die von Zieta entwickelte und patentiere FIDU-Technik (freie Innendruckumformung). Dabei wird Luft in ein hohles Metallstück gepresst, um dieses zu formen. Im Vergleich zu anderen Produktionsmethoden verbraucht FIDU weniger Energie, weniger Material und produziert weniger Abfall. Teure Gussformen und Schneidewerkzeuge werden überflüssig. Dank der Leichtigkeit der Produkte kann auch beim Transport gespart werden. Zudem besteht der Stuhl mit durch Lasercut perforierter Sitz- und Rückenfläche aus nur einem Werkstoff: Aluminium. Er lässt sich so ganz nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft vollständig recyceln. Mit der gleichen innovativen Technik, die Oskar Zieta für seine Möbelentwürfe einsetzt, entstanden in der Vergangenheit auch ­raumgreifende Installationen und Architektur­elemente. → www.zieta.pl Architektur & Design



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Engineering & Produktion


IM AUGE DES BETRACHTERS Text: Bettina Kunzer Visualisierung: Holo One

Moderne Unternehmen können sich mit dem Einsatz neuer Technologien einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen. Für sie entwickelte das junge Software-Unternehmen Holo One die Augmented-Reality-Plattform Sphere. Mit der Applikation sollen Prozesse vereinfacht und die Arbeitsproduktivität gesteigert werden. Das Projekt Stücki Park in Basel wurde für die Anwendung in der Bau- und Immobilienbranche zum Testfall. 61

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Augmented Reality (AR) ist spätestens seit 2016 in aller Munde. Das Software-Unternehmen Niantic veröffentlichte das AR-Spiel « ­ Pokémon Go», das mit über einer Milliarde Downloads zum Massenphänomen wurde. Ziel des Spiels ist es, per Smartphone möglichst viele der vir­ tuellen Fantasiewesen zu fangen, die für den Spieler mittels GPS und Echtzeit-­Lokalisierung seiner Standortdaten positioniert wurden. Eine solche computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung nutzt heute aber längst nicht nur die Unterhaltungsbranche. Durch den Einsatz von AR-Brillen können zum Beispiel in der industriellen Anwendung digitale ­Planungsdaten effizient mit vorhandenen realen Gegebenheiten abgeglichen werden. Damit lassen sich Fehler schneller identifizieren und beheben. Zum Datenabgleich dienen dabei sämtliche Zusatz­informationen, Bilder, Videos oder virtuellen Objekte, die der Anlage zugeordnet wurden und in der Brille als Überlagerungen des realen Bildes abge­ rufen werden können. Im Gegensatz zu Virtual Reality taucht der Nutzer nicht in eine ­gänzlich künstliche Umgebung ein, sondern mischt seine Wirklichkeit mit der digitalen Welt – weshalb Anbieter von AR-Lösungen auch von Mixed Reality (MR) sprechen. Ermöglicht wird damit eine neue Form von Inter­ aktion, die Prozesse vereinfachen und zur Effizienzsteigerung beitragen soll. Dieses Potenzial hat auch die Baubranche erkannt. In dem Grossprojekt Stücki Park in Basel unterzog sich die AR-Applikation Sphere dem Proof of Concept für die Bau- und Immobilien­wirtschaft. Erweiterte Realität für den Stücki Park Im Norden der Stadt Basel entwickelt sich mit dem Stücki Park ein neuer Wirtschaftsstandort. Parallel zum bereits bestehenden Technologiepark und dem Shoppingcenter entstehen vier neue Gebäude: zwei mit Labor- und Forschungsflächen und zwei mit Büroräumlichkeiten. Die Neubauten bieten Raum für insgesamt 1700 Arbeitsplätze. Bauherrin des Stücki Parks ist die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site. Sie engagiert sich für die digitale Transformation der Immobilienbranche und unterstützt Start-ups, um innovative Konzepte, skalierbare Geschäftsmodelle und technologische Lösungen vorantreiben zu können. In der Applikation Sphere des jungen Unternehmens für AR-Business-Lösungen Holo One erkannte die Bauherrin einen vielversprechenden Anwendungsfall. Der Stücki Park erwies 62

sich aufgrund seiner vielfältigen Infrastruktur als prädestiniert für den erstmaligen Einsatz der Software. Das Bauprojekt wurde als BIM-Projekt geplant und lieferte damit die Datenbasis als Grundvoraussetzung für die Anwendung von Augmented Reality. Halter als Gesamtleister war schnell überzeugt. «Wir sahen das Potenzial für eine signifikante Effizienzsteigerung in mehreren Bereichen – sowohl für die Stücki-Park-Entwicklung als auch für andere Immobilienprojekte», erklärt Rainer Schmitt, Leiter Digital Planen und Bauen bei Halter. «Deshalb galt es, die Technologie hinsichtlich ihrer Eignung für die Bauausführung, aber auch ihrer Akzeptanz zu testen. Was nutzen uns schliesslich die neuen Werkzeuge, wenn niemand bereit ist, sich auf ihre Bedienung einzulassen.» Visualisierung von realer und digitaler Welt Sphere besteht aus einzelnen Modulen, die unterschiedliche Anwendungsfälle abdecken. Im Bauprojekt Stücki Park befanden die ­Vertreter der Bauherrschaft, des Gesamtleisters und der Applikationsentwicklung die Visualisierungsmöglichkeiten als vielversprechend. Zum einen lässt sich das BIM-­Modell des Projekts mit der AR-Brille an jedem Ort in Form eines Hologramms projizieren. Dabei können einzelne Ebenen hervorgehoben und verschiedene Perspektiven eingenommen werden. Dies ermöglicht eine völlig neue Art der Projektpräsentation. Zum anderen kommt die Applikation direkt auf der Baustelle zum Einsatz, wo sie die digitalen Pläne zusammen mit den realen Gegebenheiten abbildet. Zur Baukontrolle eingesetzt, macht die AR-Brille schnell deutlich, wo die Realität nicht der Planung entspricht und Handlungsbedarf besteht. Fehler werden frühzeitig erkannt, und die Bauleitung kann vorausschauend handeln. So werden mithilfe der erweiterten Realität zum Beispiel die Positionen von Aussparungen und Durchbrüchen für die Gebäudetechnik oder von Türen, Fenstern und Stützen überprüft. Dies zu einem Zeitpunkt, an dem die Ausführung von Korrekturen wesentlich weniger aufwendig ist als in späteren Projektphasen. Das Feature dient aber auch der Mieterschaft oder dem Stockwerkeigentümer. Durch den Vergleich des bestehenden Grundausbaus mit dem geplanten Mieter- oder Eigentümerausbau werden Planungsfehler offensichtlich. Ob der Empfang und die dafür vorgesehenen Engineering & Produktion


Anschlüsse näher beim Eingang zu platzieren sind oder noch vier weitere Arbeitsplätze eingeplant werden müssen, sind Korrekturen, die in dieser Projektphase mit wenig Aufwand durchgeführt werden können. Interaktion mit Architekten, Planern und Installateuren Die Cloud-basierte Sphere-Plattform ermöglicht die Integration der AR-Applikation und organisiert den Datenaustausch mit dem BIM-Modell. Das Architekturmodell und alle gebäudetechnischen Installationen werden im Koordinationsmodell zusammengeführt und stehen auf dem zentralen Portal allen Projektbeteiligten zur Verfügung. Der Zugriff kann via PC, Smartphone oder Tablet erfolgen. Durch die Microsoft-Brille Hololens, ein in sich geschlossener Computer mit WLAN-­ Konnektivität, sind alle Informationen, die für die Arbeit benötigt werden, immer dabei. Mit der Brille können auch Fotos, Videos und 3DObjekte aufgenommen werden. So lassen sich einfach zusätzliche Projektinformationen generieren und Abweichungen dokumentieren. Die AR-Technologie von Holo One geht aber mit verschiedenen Interaktionstools noch einen Schritt weiter. Das BIM Collaboration Format (BCF) ist ein einfacher und nützlicher Ticketing­systemStandard. Er dient dazu, identifizierte ­Probleme zu melden, zurückzuverfolgen und zu lösen. Michal Rontsinsky, Projektleiter Digital Planen und Bauen bei Halter, erklärt: «Ich mache mit meiner Brille einen Screenshot der vor­gefundenen Situation, beispielsweise die Position einer Wand, die eine Differenz zur Planung aufweist. Ich ordne dem Bild am PC die entsprechende Zuständigkeit zu und füge wenn nötig Kommentare ein. In einem BIMModell-fähigen CAD-Programm kann ich diese Pendenz verorten, sodass der Architekt beim Öffnen des Tickets direkt zu der Stelle geführt wird, wo die Abweichung zu finden ist. So kann er das virtuelle Abbild des gebauten Gebäudes zeitnah entsprechend anpassen.» Das präzise Nachführen des As-built-Modells ohne fehleranfällige E-Mail-Kommunikation sei für die bauausführenden Unternehmen ein grosser Mehrwert, ist Rontsinsky überzeugt. Und er demonstriert noch eine weitere Interaktionsform über die AR-Brille: den Video-Call. Dazu bringt er Daumen und Zeigefinger zusammen, und die Verbindung zur gewünschten Kontaktperson wird hergestellt. Nicht nur die Leichtigkeit der intuitiven 63

Bedienung überrascht, sondern auch die Effizienz, mit der auf diesem Weg Probleme gelöst werden können. Planer oder Installateure sehen auf ihrem Bildschirm das gleiche Bild wie der Nutzer der AR-Brille und nehmen direkt zu den Fragen Stellung. So können zum Beispiel im Technikraum die aktuellen Anschlüsse gemeinsam kontrolliert, Abweichungen beim Bau von Lüftungskanälen oder eine fehlerhafte Montage der Sprinkleranlage besprochen werden. Damit erweist sich die AR-Brille für den Bauleiter als probates Werkzeug zur Ermittlung und zum Beweis von Ausführungsfehlern. Gemeinsam Entwicklungen vorantreiben Die AR-Technologie habe anfänglich einige Herausforderungen mit sich gebracht, berichtet Michal Rontsinsky. Ein grosses Problem sei zum Beispiel die deckungsgleiche Verortung der digitalen Projektdaten auf der ­realen Umgebung gewesen. «Wir benötigten ein exaktes Skalierungssystem und entwickelten zusammen eine praktikable Lösung.» Dieses System arbeitet mit Verankerungen, die im BIM-Modell als Referenzpunkte gesetzt werden. Die Anker sind verknüpft mit realen Bauteilen, die sich weder während der Bau- noch in der Betriebsphase verändern. Damit ist jederzeit sichergestellt, dass die digitalen Pläne an der richtigen Stelle angezeigt werden. Dank der präzisen Skalierung stellt Halter in Aussicht, die Augmented-Reality-Plattform auch in der Betriebsphase des Gebäudes einzusetzen. Sie liesse sich für das Facility-­ Management und weitere Massnahmen wie Umbau, Modernisierung und Sanierung nutzen. «Ähnlich wie in der industriellen Anwendung bietet Augmented Reality auch in der Bau- und Immobilienbranche für die Wartung und den Unterhalt der technischen Anlagen ein grosses Potenzial», ist Rainer Schmitt überzeugt. Die Entwicklung einer branchentauglichen AR-Lösung sei für die Projektbeteiligten eine Win-win-Situation gewesen. «Zusammen mit Swiss Prime Site brachten wir die Software-­ Entwickler in direkten Kontakt mit der Baustelle und den relevanten Akteuren. Im Gegenzug konnten wir uns technologisch in der Bauausführung entscheidend weiterentwickeln», resümiert der Leiter Digital Planen und Bauen. → www.holo-one.com

S. 60 — Die AR-Brille bildet die digitalen Pläne zusammen mit den realen Gegebenheiten ab. So werden Ausführungs­ fehler frühzeitig erkannt.

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VOM ANALOGEN INS DIGITALE

Text: Reto Westermann Fotos: Ralph Bensberg

In Schlieren baut Halter das einstige Druckzentrum der «Neuen Zürcher Zeitung» in einen Ort für digital und vernetzt arbeitende Unternehmen um. Im JED, wie der Gebäudekomplex neu heisst, ist die Zühlke Engineering AG als Ankermieterin bereits eingezogen. Ende des Jahres werden die Halter AG sowie ihre Schwesterunternehmen Tend und Raumgleiter ebenfalls ihre neuen Räume beziehen. Dann startet auch der Betrieb der Event-­Location in einer der ehemaligen Druckmaschinenhallen. Engineering & Produktion




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Gut Holz

1893 nahm die Ortsbürgergemeinde St. Gallen im Linsenbühl-Quartier den Betrieb einer Stadtsäge auf. Heute ist der damals abgelegene Standort von Wohnquartieren umgeben, und die Eigentümerin beschloss, den Werkhof neu zu positionieren. Ein Studienwettbewerb sollte die Möglichkeiten für eine Wohnnutzung auf dem Areal ausloten. Dabei galt die Vorgabe, neben dem dringend benötigten Wohnraum auch ein spezifisches Angebot für Studenten zu schaffen. Als weiteres Wettbewerbskriterium wurde eine Tragkonstruktion aus Holz gefordert – in Reverenz an die historische Stadtsäge. Die Bietergemeinschaft, bestehend aus Previs Vorsorge, Galli Rudolf Architekten, Westpol Landschaftsarchitekten, Häring Holzbau und Halter als Entwicklungspartner, konnte den viel beachteten Wettbewerb mit dem Projekt Stadtsägi (Foto) für sich entscheiden. Städte­ bauliche Elemente des neuen Quartiers sollen ein markanter Auftakt mit Gastronomiebetrieben und Geschäften, der zentrale Sägiplatz sowie die Sägigass als zusätzlicher Begegnungs- und Interaktionsraum bilden. Neben den Angeboten für Studierende und Familienwohnungen werden auch innovative, neue Wohnformen wie das modulare, computergesteuerte Raumkonzept MOVEment realisiert. → www.stadtsaegi.ch

Von Freunden für Freunde

Mit FRED hat das Halter-Schwesterunternehmen Tend AG eine neue Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. Jeden ersten Dienstag im Monat findet sich die Real Estate Community ab 17 Uhr in der Wohnzimmerbar des 25hours-Hotels an der Zürcher Langstrasse ein – bereits seit fast einem Jahr. Von Mal zu Mal nehmen mehr Gäste teil, und der Gesprächsbedarf scheint nicht abzureissen. Auch im Zeitalter der Digita­ lisierung geht eben nichts über einen persön­ lichen Austausch. Den Erfolg des After-Work-­­ Business-Anlasses unterstreichen Kooperationen mit Sponsoren wie Flatfox, Archilyse und Raumgleiter. Das Einzige, was FRED verhindern kann, sind Krisen wie Corona. → www.tend.ch

Hehre Ziele

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Anfang 2020 wurde die Stiftung Baukultur Schweiz gegründet, angestossen durch die 2018 von allen europäischen Kulturministern ver­abschiedete Erklärung von Davos: «Eine hohe Baukultur für Europa». Die Stiftung wird getragen von Bund, Wirtschaft, Verbänden, Behörden und Hochschulen. Diese breite Abstüt­ zung, die sich im Stiftungsrat und zukünftig auch im Beirat und Patronat widerspiegelt, ermöglicht ihr, als unabhängiger Thinktank wichtige Themen und Ideen zur Baukultur vorzudenken und zu lancieren. Im Fokus steht aktuell die Frage, welche Instrumente und Verfahren geeignet sind, hohe Baukultur zu erhalten und weiterzuentwickeln, ohne Letz­ tere selbst definieren oder bewerten zu wollen. Über fokussierte Veranstaltungen und das vorhandene Netzwerk sollen die Diskussion in die Breite getragen und vorbildhafte Projekte und Modelle initiiert und unterstützt werden. Die Halter AG ist Gründungspartne­ rin und mit ihrem Verwaltungsratspräsidenten Balz Halter im Stiftungsrat vertreten.


Innenausbau 4.0

Während viele Bereiche der Immobilienbranche bereits von der Digitalisierung durchdrun­ gen sind, ist der Innenausbau bislang wenig betroffen. Bauherren sehen sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Anbieter konfron­ tiert, von Möbel- und Montagespezialisten über klassische Schreinereibetriebe bis hin zu grossen Innenarchitekturbüros mit angeschlos­ senen Unternehmern. Einzelvergaben an das äusserst fragmentierte und strukturell schwa­ che Ausbaugewerbe machen den Prozess zu einer risikoreichen, mühseligen und zeitraubenden Aufgabe für die Auftraggeber. Um dem Kundenbe­ dürfnis nach vollumfänglicher Beratung, Planung und Ausführung im Innenausbau Rechnung zu tragen, hat sich Halter an der 2016 gegrün­ deten Firma W21 Innenausbau AG beteiligt. Eines ihrer erfolgreich abgeschlossenen Pro­ jekte ist die Indoor-Surfanlage OANA in der Mall of Switzerland in Ebikon bei Luzern (Foto links). Mit dem Gesamtleister für Innenaus­ bauten integriert Halter nun ein vielverspre­ chendes Unternehmen der Wertschöpfungskette Bau in sein Ökosystem und kann gleichzeitig Synergiepotenziale mit den angestammten Geschäftsmodellen nutzen. → www.w-21.ch

Wohnen am Rheinfall

Die langersehnte Baubewilligung für das RhyTech-­ Quartier ist rechtskräftig. Nun beginnt die Umnutzung des traditionsreichen Alusuisse-­ Areals in Neuhausen am Rheinfall. Als Herzstück der Überbauung bleibt die historische Halle 22 erhalten und beherbergt künftig Verkaufsund Gastronomie-Angebote. Unter dem Namen RhyfallTower bieten zwei elegante, vom Zürcher Architekten Peter Märkli entworfene Hochhäuser Wohneigentum und verschiedene Mietwohnungs­ typen, von der Loft bis zum M ­ ikroapartment mit MOVEment-Technologie. Der RhyGarten soll mit weiteren 68 Stockwerkeigentumswohnungen und einem attraktiven Preis-­Leistungs-Verhältnis besonders junge Familien ansprechen. Bei allem inklusive: die einmalige Kulisse des Rheinfalls und die Fernsicht auf die Glarner Alpen. → www.rhytech-quartier.ch

Hollywood-reif

AmRietpark wächst weiter. Auf dem östlichen Teil des 125 000 Quadratmeter grossen Entwick­ lungsareals in Schlieren bei Zürich wurde im März 2020 eine neue, durch Halter erstellte Überbauung an die Investorin Helvetia Versi­ cherungen übergeben. Damit erhält das Quartier auf dem ehemaligen Industriestandort der Firma Geistlich 202 zusätzliche Wohnungen sowie Büro- und Gewerberäume. Sogar ein Swimming­ pool auf dem Dach steht allen Mietern an der Brandstrasse 21 zur Verfügung (Foto Mitte). 2014 begannen die Arbeiten für das Gebäude, dessen Massstab eine Erschliessung mit opulen­ ter Raumhöhe und einer Kaskade von natürlich belichteten inneren Strassen, Wegen und Plätzen möglich macht. Das Zentrum bildet eine Halle, die so ausgelegt ist, dass gemeinschaftliche Anlässe stattfinden können. Zwei Innenhöfe mit unterschiedlichen Qualitäten und Ausgestal­ tungen bieten einen geschützten Aussenraum. Patrick Gmür, Partner des ausführenden Archi­ tekturbüros Steib Gmür Geschwentner Kyburz, stellt ganz ohne Bescheidenheit fest: «Helle, geräumige Wohnungen, ein Hof wie ein Dschungel, ein zweiter wie eine Landschaft, dazu ein Pool auf dem Dach – Schlieren ist nicht Hollywood, sondern dank unserer Architektur fast noch besser!» → www.amrietpark.ch Journal


Kontrolle ist besser

Um die Arbeitsbedingungen und die Einhaltung der Mindestlöhne im Baugewerbe effizienter zu überprüfen, hat die Halter AG gemeinsam mit weiteren Erstunternehmen und dem Verband Entwicklung Schweiz die Initiative ergriffen. Gemeinsam wurde ein Kontrollsystem entwickelt und die WORKcontrol Suisse AG gegründet. Diese stellt Erst- und Subunternehmen eine elektro­ nische Gesamtlösung zur Umsetzung der Vorgaben des Entsendegesetzes und der Solidarhaftung bereit. Dabei werden Mitarbeitende von registrierten Unternehmen validiert und mit einem persönlichen Badge ausgestattet. Auf der Bau­ stelle kann so mittels App oder beim Drehtor einfach überprüft werden, ob sämtliche benö­ tigten Dokumente hinterlegt sind und den recht­ lichen Anforderungen genügen. Diese gemeinsame Lösung aller involvierten Erstunternehmen stellt eine wegweisende Optimierung für den Baustellenzutritt dar und vereinfacht die Kontrollen der Aufsichtsorgane. → www.workcontrol.ch

Zuhause in Zumikon

Die Gemeinde Zumikon ist ein begehrter Wohn­ ort. Mit der Forchbahn oder dem Auto ist man in wenigen Minuten in der Innenstadt von Zürich, dennoch bietet die Lage hoch über der Sonnenseite des Zürichsees Ruhe und Naturnähe. Solche Vorzüge bringen oft auch Schattenseiten mit sich. Für junge Familien sind die ortsüb­ lichen Mieten meist unerschwinglich. Entspre­ chend ist der Altersdurchschnitt um fünf Jahre höher als in der Stadt Zürich. Die Gemeinde droht zu überaltern. Überlegungen, wie diesem Trend entgegengesteuert werden könnte, gibt es in Zumikon schon länger. Mit dem Investoren­ wettbewerb Chirchbüel wurde die Politische Gemeinde nun aktiv. Als Gewinnerin hat die Wohnbaugenossenschaft «Wir sind Stadtgarten» mit ihrem Konzept für 52 Mietwohnungen zu einem günstigen Mietzins überzeugt. Ergänzt wird das Angebot von individuell nutzbaren Joker-Zimmern – etwa für Gäste –, einem Gemein­ schaftsraum und einem Co-Working. Stimmt die Gemeindeversammlung den planerischen Grundla­ gen zu, kann Ende 2021 mit dem Bau begonnen werden. → www.wir-sind-stadtgarten.ch

Volle Fahrt voraus

Im November 2019 startete die komplette Erneu­ erung des Bahnhofsplateaus der Stadt Bulle (Foto rechts) – ein Projekt, das von den Freiburger Verkehrsbetrieben in Auftrag gege­ ben wurde und durch die Halter AG zusammen mit den Architekturbüros IttenBrechbühl und Strata realisiert wird. Wo sich einst Lade­ rampen für Militärfahrzeuge und Eisenbahn­ schuppen befanden, entsteht bis 2022 ein neuer Stadtraum, der zentrale Bereiche – Bahnhof, Stadtkern, Gewerbe- und Wohngebiete – mit­ einander verbinden soll. Die geplanten Bahn­ hofsgebäude und der neue Bahnhofsvorplatz werden künftig nicht nur ein Einfallstor der Mobilität sein, sondern auch der Begegnung dienen. Der mehrgeschossige Gebäudekomplex neben der eigentlichen Bahnhofshalle wird ein Einkaufszentrum, ein Hotel, Büros, Wohnun­ gen und eine öffentliche Tiefgarage umfassen. Die Verbindung zu den Gleisen erfolgt über eine Unterführung, die über das Erdgeschoss mit Gewerbeflächen zugänglich ist. → www.programme-bulle.ch

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Film ab

Jedes Jahr im Januar finden seit über 50 Jahren die Solothurner Filmtage statt. Das Festival, das sich dem Schweizer Film verschrieben hat, versteht sich als Motor der Szene und als Ort der Begegnung zwischen Publikum und Film­ schaffenden. Mit über 65 000 Eintritten zählt es zu den renommierten Kulturveranstaltungen der Schweiz. 2020 gastierten die Solothurner Filmtage erstmals auf dem Attisholz-Areal. Neben einem Meet and Greet mit den Machern des Dokumentarfilms «Hot Spot» und einer Party der Schweizer Filmschulen gingen auf dem ehe­ maligen Industrie-Areal auch die Verleihung der Nachwuchspreise und die Nominierungen für den Best Swiss Video Clip über die Bühne. → www.solothurnerfilmtage.ch

Tauschgeschäft

Auf halbem Weg zwischen Bern und Thun, am Fuss des Belpbergs, liegt das beschauliche Toffen. Wie die meisten Schweizer Gemeinden sucht der Ort nach Lösungen für seine unterbelegten, überalterten Einfamilienhausquartiere. Die Erkenntnis aus einem Prozess mit den Bürgern ist: Konventionelle Miet- und Eigentumswoh­ nungen sind meist so teuer, dass es für viele besser ist, im eigenen schuldenfreien Haus zu bleiben. Weil bezahlbare Alternativen feh­ len, möchte «Wir sind Stadtgarten» nun genos­ senschaftlich organisiertes und preisgünstig erstelltes Stockwerkeigentum schaffen. Um die Wohnungen der Spekulation zu entziehen, darf bei einem Wiederverkauf kein Gewinn erzielt werden. So bleibt der preisgünstige Wohnraum auch für künftige Generationen erhalten. Das überzeugt die Toffener. Eine Zustimmung der Gemeindeversammlung wird für 2021 erwartet. → www.wir-sind-stadtgarten.ch

Bewegung beim SIA

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Fotos und Visualisierungen: Raumgleiter, Rita Pauchard-Höltschi, Itten + Brechbühl SA, Hanspeter Bärtschi

Raum für Neues

Die Kiesofenhalle ist das grösste Gebäude der ehemaligen Zellulosefabrik Attisholz in Riedholz bei Solothurn (Foto). Das Bauwerk mit 33 Meter langen Fachwerkträgern aus Eisenbeton wurde von 1951 bis 1953 erbaut. Im Zuge der fortlaufenden Entwicklung des Attisholz-Areals stellten es die Behörden unter kantonalen Denkmalschutz. Sanierung und Umbau sollen aus der ehemaligen Industrie­ halle nun eine einzigartige Event-Location machen. So kann ihre historische Struktur für kommende Generationen bewahrt und gleichzei­ tig einer neuen Nutzung zugeführt werden. Nach Abschluss der Arbeiten sollen hier Ver­ anstaltungen mit bis zu 2000 Personen statt­ finden. → www.attisholz-areal.ch

Der Schweizerische Ingenieur- und Architek­ tenverein (SIA) feiert kommendes Jahr sein 175-jähriges Bestehen. Doch man schaut nicht nur zurück, es findet auch eine Neujustierung für die Zukunft statt. Diese vollzieht sich unter anderem mit der Gründung des Fachrats Digitale Transformation. Er soll als strategi­ sches Instrument des Vereins die Aktivitäten im Bereich der Digitalisierung koordinieren. Präsidiert wird das Gremium von der Zürcher Architektin Brigitta Schock, Manijè Chantal Alexander-David ist ihre Stellvertreterin. Neben den Mitgliedern Heinz Ehrbar, Dr. Martin A. Fischer, Dr. Ludger Hovestadt und Aline Isoz gehört nun auch Halter-CEO Markus Mettler dem Journal Beirat an. → www.sia.ch




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Im April 2020 bezogen in Schlieren bei Zürich die ersten Mit­ arbeitenden des auf Business-Innovationen spezialisierten Unternehmens Zühlke ihre neuen Arbeitsplätze im Gebäude der ehemaligen Druckmaschinenhalle der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ). Im September 2004 hatten Mitarbeiter und Gäste des Verlags an derselben Stelle den Andruck der ersten NZZ-Ausgabe auf der neuen Rotationsdruckmaschine gefeiert. Damals hätte sich niemand vorstellen können, dass der Betrieb elf Jahre ­später bereits wieder Geschichte sein würde. In einer Sonderbeilage stellte die Zeitung 2004 ihre eben fertiggestellte «Kathedrale der Technik» vor – so nannten die Journalisten die 70 Meter lange und 20 Meter hohe Halle, die extra für die 1300 Tonnen schwere Maschine erbaut worden war. Eine erste Etappe der Druckerei war bereits 1991 in Betrieb genommen worden. Nacht für Nacht wurden in Schlieren bis zu 44 Tonnen Papier und 580 Kilo Farbe für den Druck von rund 150 000 Exemplaren der NZZ verarbeitet. Grund für das Ende des Betriebs im Jahr 2015 war der Siegeszug des Internets. Dieser führte auch bei der NZZ zu sinkenden ­Auflagen, das Druckzentrum war nicht mehr rentabel. Seit Juli 2015 druckt Konkurrent Tamedia die NZZ. Die Rotationsdruckmaschine verkaufte der Verlag ins Ausland, und das Immobilienunternehmen Swiss Prime Site (SPS) erwarb das Areal noch im selben Jahr. 18 Monate lang wurden die Hallen für Events zwischengenutzt. Parallel erarbeitete SPS mit den Architekten von Evolution Design aus Zürich Ideen für die Umnutzung. Ein Abriss war dabei kein Thema. Denn damit bei einem Neubauprojekt die Rechnung aufgehen würde, wäre gemäss Gianfranco Basso von der SPS-Geschäftsleitung ein Gestaltungsplan benötigt worden – mit allen politischen Unwägbarkeiten. Zühlke und Halter als Ankermieter

Die grossvolumige Gebäudestruktur und die lichte Industrie­ Architektur inspirierten SPS und die Architekten zum Nutzungskonzept, dem sie den Namen JED gaben. Das Kürzel steht für «Join. Explore. Dare.» – verbinden, entdecken, wagen. Unter diesem Label sollen auf dem Areal moderne Formen des Arbeitens Platz finden: Räume für Start-ups ebenso wie für etablierte, innovative Unternehmen und Co-Working-Spaces. So wird aus den ehemaligen Hallen für analoge Drucktechnik bis 2021 ein Zentrum für die digitalisierte und vernetzte Arbeitswelt. Der Gebäudekomplex besteht aus den Lager- und Druckereihallen sowie einem Kopfbau mit Büroflächen von 1991. Ergänzt wird er durch die Druckmaschinenhalle von 2004. Zudem ist geplant, im Westen des Areals noch einen Neubau zu erstellen. 83

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Kern der in Umnutzung befindlichen Gebäude mit gut 24 000 Qua­drat­ metern Fläche bildet die ältere der beiden Druckmaschinenhallen. In ihr entstehen ein Zugangsbereich mit einem öffentlichen Café und eine Event-Location mit 500 Plätzen. In diesem Bereich sollen sich die Angestellten der Firmen sowie Externe treffen können. Zu den 500 Mitarbeitenden des Ankermieters Zühlke gesellt sich Ende 2020 auch die Belegschaft der Halter AG, ihrer Schwesterfirmen Tend AG und Raumgleiter AG sowie weiterer Organisationen der Halter-Gruppe. Die Räume für die 200 Halter-­ Mitarbeitenden sind im Obergeschoss der Druckereibauten sowie in einem zusätzlich erstellten Stockwerk auf dem Verbindungs­ gebäude zwischen den Hallen und dem Kopfbau geplant. Ebenfalls gegen Ende 2020 nimmt Buzz Entertainment die Eventhalle und das Café in Betrieb. Später werden noch ein Restaurant und ein ­Bankettsaal im Kopfgebäude hinzukommen. Noch bevor der Mietvertrag mit Zühlke abgeschlossen worden war, erhielt Halter den Auftrag, als Totalunternehmen die JED-Gebäude umzubauen. Ursprünglich umfassten die Arbeiten die Auffrischung der Gebäudehülle, die Aufstockung des Verbindungstrakts, die Anpassung der bestehenden Tiefgarage, den Bau der neuen Zugänge zu den Mietflächen sowie Teile der Haustechnik. Mit der Zusage von Zühlke wuchs das Auftragsvolumen rasch an, und gleichzeitig verkürzte sich die Zeit bis zur Fertigstellung der ersten Räume aufgrund des Bezugstermins im Frühling 2020 stark. Vom Beginn des Rückbaus bis zum Einzug der Zühlke-­ Mitarbeitenden standen nur noch 22 Monate zur Verfügung. In ­dieser Zeit wurde in der ehemaligen Druckmaschinenhalle ein ­viergeschossiger Einbau realisiert, der Platz für die Büround Werkstattarbeitsplätze bietet. Dazu musste unter anderem der mehrere Hundert Tonnen schwere Betontisch, auf dem die ­Rota­tionsdruckmaschine erschütterungsfrei platziert worden war, zurückgebaut werden. In den angrenzenden Lagerräumen entstanden ein Personalrestaurant sowie Sitzungszimmer und der Empfang des Unternehmens. Die Arbeiten an den Räumen von Zühlke wurden im April 2020 fristgerecht abgeschlossen. Seitdem konzen­ triert sich das Baugeschehen auf die Bereiche für Halter, den Hauptzugang sowie die Eventhalle. Transformation ins 21. Jahrhundert Auf den ersten Blick scheint die Umwandlung von der Druckerei zum JED relativ simpel zu sein: Die Gebäude sind verhältnismässig neu, die grossen Hallen bieten viel Platz für Einbauten, und eine Tiefgarage existiert bereits. Zudem wird das äussere Erscheinungsbild möglichst wenig verändert. Doch die Aufgabe ist alles andere als leicht: «Wir transformieren einen 84

Engineering & Produktion


Industriebau aus den frühen 1990er-Jahren in ein Bürogebäude des 21. Jahrhunderts», sagt Christian Ulrich, Gesamtprojektleiter für JED bei Halter. Damit die Räume für die neue Nutzung passen, müssen beispielsweise Fensterbänder und Oberlichter nach­ gerüstet, grosse Ausschnitte in Betondecken geschnitten, Wände gedämmt, neue Geschosse eingezogen, die komplette Haustechnik mit Lüftung, Heizung und Kühlung eingebaut und die Tiefgarage erweitert werden. Dabei stossen immer wieder Welten aufeinander: Die bauphysikalischen, statischen und brandtechnischen Lösungen der Industriegebäude aus den Jahren 1991 und 2004 haben wenig gemein mit den heutigen Anforderungen an ein hochwertiges Bürogebäude und eine Eventhalle. Das zeigt sich eindrücklich am Aufwand, der nötig war, um die Druckereihalle in Büros und Werkstätten für Zühlke umzunutzen. So reichte die Tragfähigkeit der Fundamente in der Halle nicht aus, um einen viergeschossigen Einbau aus Beton zu realisieren – was aus brandschutztechnischer Sicht die einfachste Lösung gewesen wäre. Deshalb entschied man sich für eine Stahlkonstruktion. Diese wiederum machte den Einbau einer Sprinkleranlage sowie feuerfeste Spe­zial­ anstriche notwendig. Ebenso mussten neue Fensterbänder inte­ griert, Installationen für Heizung, Kühlung und Lüftung untergebracht und die Fassade zusätzlich gedämmt werden. Dazu kamen weitere erschwerende Randbedingungen: Für den vertikalen Transport der Baumaterialien stehen während des Umbaus des gesamten Gebäudekomplexes nur die zwei bereits vorhandenen Warenlifte der Druckerei zur Verfügung. Mit Kränen kann kaum gearbeitet werden – einerseits weil sonst Dächer geöffnet werden müssten, andererseits weil direkt am Gebäude die vierspurige SBB-Linie vorbeiführt. In deren Nähe darf ohne eine sehr teure und aufwendige Schutzwand kein Kran eingesetzt werden. Herausfordernd war nicht nur die bauliche Seite, sondern auch die planerische: Aufgrund des engen Zeitplans konnte der Umbau nur zum Teil vorausgeplant werden. Detaillösungen mussten und müssen deshalb immer wieder vor Ort gefunden werden. «Oft entscheiden wir zusammen mit den Architekten und Handwerkern direkt auf der Baustelle, was zu tun ist, und führen die Pläne später nach», sagt Gesamtprojektleiter Christian Ulrich. Um laufend präsent zu sein, haben er und seine drei Mitarbeitenden ihr Büro vor Ort aufgeschlagen – in der ehemaligen Chefetage der Druckerei. Die Architekten arbeiten ein Geschoss tiefer. «So können wir jederzeit ad hoc reagieren», fügt Ulrich an. In seiner 30-jährigen Karriere, in der er schon an anderen grossen Projekten beteiligt war, sei JED für ihn die bisher grösste ­Herausforderung: «Wir müssen Tag für Tag extrem flexibel sein und rasch reagieren, damit wir planmässig vorankommen.» 85

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Arbeiten in der «Kathedrale»

Das gilt auch für die Bauarbeiten in den künftigen Räumen von Halter. Diese befinden sich momentan noch im Rohbau, doch es lässt sich bereits erahnen, wie sie dereinst aussehen werden. Der zentrale Zugang und der Empfang werden sich in einem zwölf Meter hohen Atrium befinden. Nördlich davon entstehen die halb öffentlichen Bereiche mit Co-Working-Spaces für Unternehmen und Personen aus der Bau- und Immobilienbranche. Dazu zählen etwa Firmen, die mit Halter, Tend oder Raumgleiter an gemeinsamen Projekten arbeiten. Vom Empfang aus führen künftig Treppen und Lifte zu den dreizehn Meter höher gelegenen Büroflächen. Diese umfassen rund 4800 Quadratmeter und erstrecken sich direkt unter dem Dach der einstigen Druckereihallen in drei Richtungen. Durch die Anordnung und eine Höhe von bis zu 6,5 Metern erinnern sie an eine Kathedrale. Oberlichter, ein verglaster Erker und die Stahlfachträger im Industrie-Look sorgen für ­dieses spezielle Ambiente. Klappt alles, dann können knapp ­siebzehn Jahre nachdem der NZZ-Verlag den Start seiner neuen Druckmaschine feierte, gleichenorts die Mitarbeitenden der ­Halter-Gruppe ihre Büros einweihen. Bis dahin wird das Projektteam noch viele Ad-hoc-Entscheide treffen müssen.

S. 65 — Der neu erstellte Erker bringt viel Tageslicht in die künftigen Büros von Halter.

S. 72/77 — Noch fehlt der Innenausbau, die Dimensionen der künftigen Eventhalle sind aber bereits sichtbar.

S. 66 — Typische Elemente aus den 1980er-Jahren wie die runden Fenster oder die Raumfachwerke bleiben bei der Umnutzung erhalten.

S. 78 — Ein Stahleinbau prägt die Räumlichkeiten, die für Zühlke bestimmt sind.

S. 67 — Ein neu eingebautes Atrium führt Licht in die Mietflächen von Halter und ermöglicht Sichtbezüge zwischen den Geschossen. S. 68 — Mit einem Einbau aus Stahl wird in der Druckmaschinenhalle von 2004 Platz für die Mitarbeitenden von Zühlke geschaffen. S. 69 — Für die Umnutzung müssen zahlreiche Durchbrüche in der bestehenden Betonstruktur erstellt werden. S. 70 — Die Optik der 1980er-Jahre – Sichtbackstein und dunkelrote Blechverkleidungen – prägt auch künftig die Aussenansicht des Gebäudes. S. 71 — Während des Umbaus dienen Teile der grossen Produktionshallen als Abstellflächen für die Baumaterialien.

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S. 79 — Die Raumfachwerke bieten viel Platz für den Einbau der Haustechnik, beispielsweise der Lüftungsanlagen im künftigen Personalrestaurant von Zühlke. S. 80 — Im Rahmen der Umnutzung müssen Hunderte Tonnen Bauschutt abtransportiert werden. S. 81 — Hinter dem Erker und der Glasfront, die jetzt noch von Gerüsten verdeckt sind, befinden sich künftig die Büros von Halter. S. 82 — Aus den ehemaligen Produktionsflächen der Druckerei werden Meeting-Räume für Zühlke. S. 87 — Aufgrund des engen Zeitplans können Architekten, Bauleitung und Handwerker nicht nur nach den Plänen arbeiten, sondern müssen viele Entscheide ad hoc direkt auf der Baustelle fällen.

Engineering & Produktion



ZEHN THESEN ZUR INNOVATION

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Text und Grafiken: Alexandra Stamou

Weltweit erleben Organisationen weitreichende, schnelle Ver­ änderungen und befinden sich früher oder später selbst in einer digitalen Transformation. Diese betrifft sowohl die eigenen internen Prozesse als auch die Nachfrage-Angebot-Situation am Markt. Ein Unternehmen wie die Halter AG kann sich bewusst dafür entscheiden, Teil des Innovationstornados zu werden, indem es Etabliertes und Bekanntes hinterfragt, öfters neue Dinge ausprobiert, agiler wird und sich beständig weiterentwickelt. Engineering & Produktion


Selten noch gibt es Disruptoren, die die Welt überraschen. Es scheint so, als ob man die nächsten Googles, Alibabas, Airbnbs und Facebooks schon erwarte. Sobald eine neue Disruption auftaucht, fühlt sich diese innerhalb kürzester Zeit an, als sei sie schon immer da gewesen. Im Nachhinein mag es selbstverständlich erscheinen, jemanden mit einem Auto und jemanden ohne Auto, der von A nach B will, mittels App zu vernetzen. Aber nur im Nachhinein. Disruption ist gleich Innovation mit hoher Schlagkraft. Sie bedingt etwas ganz Neues, das ein altes Business-­ System, Verfahren oder Modell ersetzt und sogar ganze Branchen aufwühlt. In der Regel stecken dahinter datengesteuerte Unternehmen mit hoch skalierbaren Geschäftsmodellen, die die Dinge anders machen, als man es bisher kannte. Dies kann für eta­blierte Unternehmen, die nicht schnell genug reagieren oder sich nicht weiterentwickeln, katastrophal sein. Auch wenn man bei Innovation meistens an Produkte denkt, beeinflusst sie doch genauso die Prozesse. Prozessinnovationen verkürzen disruptiv Wertschöpfungsketten für bestehende Produkte. Als Kunde nimmt man vielleicht eine bessere Qualität oder eine höhere Produktivität zur Kenntnis. Der optimierte Prozess dahinter ist in der Regel jedoch weniger wahrnehmbar. Für direkt Betroffene können Änderungen von gewohnten und scheinbar unverrückbaren Prozessabfolgen aber sehr schmerzhaft sein und eine Abwehrreaktion provozieren. Bei Innovationen geht es hauptsächlich um wirtschaftlich relevante Neuerungen, die ein echtes Kundenbedürfnis erkennen und eine neue Lösung anbieten. Und das oft noch einfacher, ­günstiger und nutzenstiftender als zuvor. Jedoch steckt hinter diesen scheinbar simplen und selbstverständlichen neuen Lösungen viel Business-Intelligenz. Für Innovationen braucht es eine gute Vision, oft wichtige und teure technologische Erfindungen, iterative Entwicklungsprozesse mit Kunden, Feedback-Schlaufen und Marketing-Roadmaps, Kollaborationen und Schnittstellen innerhalb eines Business-Ökosystems, überzeugende Gründe, engagierte Mannschaften und risikofreudige, zukunftsorientierte Investoren. Innovation ist also alles andere als einfach. Und sie fällt nicht vom Himmel. Ich bin nun seit etwas mehr als einem Jahr bei der Halter-­ Gruppe tätig. Das ist lange genug, um eine Innenperspektive der Innovationskraft des Unternehmens zu gewinnen, und kurz genug, um noch mit frischem Blick und ohne Voreingenommenheit die internen Entwicklungen, die in ihrer Mehrheit vor meinem Eintritt begonnen haben, zu betrachten. Dabei beschäftigt mich intensiv die Frage, wie es einem etablierten Familienunternehmen mit langer Geschichte in der Schweizer Baubranche gelingen kann, 89

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Innovationen hervorzubringen. Was sind die Eigenschaften eines Unternehmens und seiner Mitarbeitenden, die Innovationen zulassen? Wie kann die Innovationskraft erhöht werden? Wäre Innovation ein Motor, welche Art von Treibstoff würde er brauchen, um ein Unternehmen erfolgreicher ans Ziel zu bringen? 1 – Innovation braucht Veränderungswillen Generell ist man sich darüber einig, dass in Zeiten der Digitalisierung der Mensch immer mehr – oder wieder – im Mittelpunkt steht. Bei allen Fähigkeiten heutiger künstlicher Intelligenz bleibt die Kreativität dem Menschen vorbehalten. Kreative ­können innovativ sein, aber Unternehmen müssen auch in der Lage sein, dies zu nutzen. Bei der erhöhten Kreativität spielt auch die Neugier eine wichtige Rolle. Kinder stellen viele Fragen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob andere glauben, dass sie die Antworten bereits kennen sollten. Als Teenies sind sie dann radikaler, manchmal destruktiv, stellen Dinge infrage, negieren die Existenzberechtigung des Status quo und wollen alles anders machen. Später im Leben verblasst der revolutionäre Geist. Erwachsene möchten selbstbewusst erscheinen, was sie daran hindert, ­weiterhin oft genug Fragen zu stellen wie «Was wäre, wenn …?», «Warum …?» oder «Wie können wir …?». Selbstbewusstes, kon­ struktives Fragen führt jedoch zu neuen Ideen und hilft, die eigenen ver­fügbaren Kompetenzen und Ressourcen zielgerichtet einzusetzen. Ein Umfeld, das Kreativität und Neugier gleich­ zeitig fördert, schafft genug Platz für Innovation.

→ Offene interne Workshop-Reihe «Alle an Bord!» Eine interne Workshop-Reihe mit dem Titel «Alle an Bord!» gibt allen interessierten Mitarbeitenden der Halter-Gruppe die Möglichkeit, sich aktiv an der Diskussion über die aktuellen strategischen Themen des Unternehmens wie unternehmerisches Wirken, Ressourcen-Effizienz, Raumplanung und Mobilität zu beteiligen. Die Mitarbeitenden werden durch die offene Diskussion über die aktuelle Ausrichtung des Unternehmens informiert und können ihre Ideen im Diskurs einbringen. 2 – Innovation braucht systematisches Vorgehen Alle generierten Ideen in einen Topf zu werfen und diesen dann auf den Tisch des «Innovationsverantwortlichen» zu stellen, wird nicht viel bringen. Es reicht auch nicht aus, alle Ideen in eine «Ideenkiste» zu werfen, mit dem Plan, dass es während der nächsten Auswahlphase, die in drei Monaten stattfindet, eine von diesen Ideen in die «Implementationskiste» schafft. 90

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Es ist ebenfalls keine Lösung, alle Ideen in einem offenen, firmeninternen Kommunikationskanal zu sammeln in der Hoffnung, die Aufmerksamkeit des Managements zu erregen, sodass ein ­Budget gesprochen wird. Das Geheimnis liegt in der Organisation des Ganzen. Ideen alleine bringen keine Innovation hervor. Nach der Idee kommt die Umsetzung, und diese ist ein mühsamer, arbeitsintensiver Optimierungsprozess, da keine Innovation einfach so von Beginn an richtig gut ist. Der Prozess muss systematisch angegangen werden, damit einerseits die Kreativität nicht darunter erstickt, andererseits die Idee in einem neuen Produkt, einem Prozess oder einem Geschäftsmodell umgesetzt werden kann. → Aufbau interne Logistikkompetenz Der Geschäftsbereich Halter Gesamtleistungen arbeitet am Aufbau des internen Logistik-Know-hows und eines Logistik-­ Kompetenzzentrums zusammen mit dem PropTech-Unternehmen Amberg Loglay AG. Der erste Austausch fand Ende 2018 statt und definierte den Rahmen und die Ziele der Kooperation. Die Amberg Loglay AG möchte das Branchen-Know-how der ­Halter AG nutzen, um ihre Logistikplattform marktgerecht weiterzuentwickeln. Im Gegenzug möchte Halter das daten­ getriebene L ­ ogistik-Know-how von Amberg Loglay nutzen, um die Bau­stellen­­prozesse schlanker und effizienter zu gestalten und eine frühzeitige Logistikplanung sicherzustellen. Heute wird die Plattform bereits in den Projekten Claraturm und Stücki Park in Basel eingesetzt. Zwischen den beiden Partnern gibt es eine wertvolle Feedback-Schlaufe und einen regen Wissenstransfer. 3 – Innovation braucht unternehmerisches Denken und Handeln In einer Welt, in der sich durch die digitale Transformation die Wertschöpfungskette verändert, ist es wichtig, dass Unternehmen ihre Positionierung und Rolle neu definieren. Dies bietet die Chance, aus den eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen heraus neue Geschäftsfelder zu besetzen und ihre Entwicklung aktiv mitzugestalten. In diesem Sinne lassen sich etablierte Verfahren aufbrechen. Zukunftsorientierte Unternehmen sind gut beraten, ihre eigenen Prozesse unter die Lupe zu nehmen, diese – wo möglich – schlanker zu machen und in das neue Umfeld zu adaptieren. Noch wichtiger ist es, diese – wo sinnvoll – durch neuere, bessere, intelligentere Verfahren zu ersetzen. Das kann schmerzhaft und schwierig in der Umsetzung sein, vor allem dann, wenn das Neue etwas Bestehendes, Liebgewonnenes, Tiefverwurzeltes kannibalisiert. Alles darf hinterfragt werden, alles muss überdacht 91

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werden. Je stärker die Mitarbeitenden auf diese Art unternehmerisch denken und handeln, desto nachhaltiger sind die Lösungen für das Unternehmen. → Werkgruppen Halter übernimmt in der Schweiz eine Vorreiterrolle, indem das Unternehmen das etablierte Wasserfallmodell der Baubranche hinterfragt und mögliche alternative Geschäftsmodelle, die auf iterativen, agilen Prozessen beruhen, zusammen mit Partnerfirmen ausprobiert. Dies ist kein einfacher Schritt, ­vieles ist noch nicht geregelt, und es gilt, das Thema diszipliniert anzugehen. Dazu müssen die neuen Zusammenarbeits­ modelle zuerst formuliert und mit den Beteiligten abgestimmt werden. Zwangsläufig ergeben sich neue Verträge, die mit alten Leistungsbildern brechen und völlig neue Arrangements benötigen. Mindestens so wichtig wie neue Vertragsformen ist die Notwendigkeit einer angepassten Zusammenarbeitskultur, die weniger auf hierarchischen Zielvorgaben basiert als auf Steuerungsstrukturen, mit deren Hilfe die jeweiligen Ziele, Erwartungen und Interessen der Parteien langfristig aufeinander abgestimmt bleiben. In den Werkgruppen werden solche neuen Zusammenarbeitsformen erprobt. 4 – Innovation braucht Kundenzentrierung

Innovation ist etwas, was dem Kunden spürbaren Mehrwert bringt. Meistens macht sie eine Sache einfacher. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, der Prämisse «on the project with the client» zu folgen. Der Kunde eines Unternehmens ist kein Avatar, der mit ein paar allgemeinen Charakteristiken beschreibbar ist. Der Kunde existiert in der realen Welt und hat heute ein Anliegen, das ein Unternehmen besser als die Konkurrenz lösen muss. «Besser» kann kostengünstiger, effizienter, qualitativ hochstehender, schneller oder nachhaltiger heissen. Je näher ein Unternehmen seinen Kunden ist, desto höher ist der Zugang zu individuellem Feedback rund um deren Bedürfnisse und desto präziser kann das Segment erfasst werden. Genau dort entsteht Innovation: Ein Unternehmen beobachtet die verschiedenen Bedürfnisse und entwickelt im Anschluss für das ganze Kundensegment ein neues Angebot, das gute Chancen auf Skalierbarkeit hat. Manchmal geht das Unternehmen in diesem Innovationsprozess sogar noch einen Schritt weiter. Es beginnt, Bedürfnisse anzusprechen, von denen der Kunde noch gar nicht weiss, dass er diese hat. In einem solchen Fall ist vom Unternehmen Weitblick gefragt, da es den Markt mitprägen und eine neue Vision etablieren muss. 92

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Zehn Innovationstreiber der Halter AG.


→ MOVEment Systems AG MOVEment ist eine modulare, computergesteuerte Lösung, bei der wesentliche Möbeleinbauten automatisch bewegt werden, um den Raum optimal zu nutzen. Dieses Konzept ist als Antwort auf das Thema Kleinstwohnungen rund um die Megatrends Sharing Economy, Zentralität vs. Raumverbrauch, zunehmende Einzelhaushalte und Mobilität entwickelt worden. Die Initiatoren suchten nach Möglichkeiten, in kleinen Apartments eine hohe Qualität durch optimale Nutzung zu bieten. Ende 2016 wurden sie auf das Konzept Elastic Living des Architekten Angelo Roventa aufmerksam. Aus einer Halter-internen Initiative entstand das Spinoff MOVEment Systems AG. Zahlen und Fakten sprechen für sich: Acht Monate dauerte es bis zur erlebbaren Ausstellung im VR-Raum und der Markt- und Potenzialanalyse durch Wüest Partner, die den Mehrwert für Investoren und Mieter bestätigte. Zehn Monate später konnte der Prototyp nach nur zwölf Wochen Bauzeit im Showroom bewundert werden. Neun Monate danach wurde die erste Musterwohnung ausgestattet. Von der Idee bis zur Bindung von Industriepartnern, vom Aufbau einer digitalen Kette, die von der Planung über die Konstruktion bis hin zur Montage reicht, wurde alles in Rekordzeit realisiert. Mitt­ lerweile sind schon über hundert MOVEment-Module bestellt worden, wovon fast die Hälfte im Projekt The Jay in Adliswil realisiert und bezogen wurde. Das Feedback aus Produktion und Nutzung wird ständig in die Weiterentwicklung des Produkts integriert. Dies alles, damit das Kundenbedürfnis nach bezahlbarem, aber gut nutzbarem Wohnraum gestillt werden kann. 5 – Innovation braucht gelebte offene Unternehmenskultur

Innovation darf innerhalb eines Unternehmens keine Blackbox sein. Sie ist kein Thema für ein paar wenige. Unternehmen können es sich schlicht nicht leisten, ihre ganze Innovationskraft nur auf einige visionäre Köpfe zu verteilen. Es sind nicht die technologischen, sondern die organisatorischen Aspekte, die im Fokus stehen, wenn wir über Innovation reden. Jeder Mensch ist im Alltag innovativ und sucht für sich selbst den einfachsten Weg. Somit ist auch jeder Mitarbeitende ein potenzieller Innovator. Innovation ist ein Bottom-up-­ Prozess. Es sind die Mitarbeitenden, die genau wissen, wo es an intelligenten Lösungen mangelt und wie man es einfacher und ­besser machen könnte. Dabei gewinnen Wissenszugänglichkeit, ­Mitarbeiterbefähigung und eine schlanke, flexible und wachstums­ orientierte Organisationsstruktur massiv an Bedeutung. Das heisst nichts anderes, als dass ein Unternehmen seine Innovationskraft erhöht, indem es seinen Mitarbeitenden 94

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erlaubt, Verantwortung zu übernehmen und selbst die Kundennähe zu suchen. Unternehmen sollen ihren Angestellten vertrauen, sie fördern, sie auffordern, Dinge auszuprobieren, und ihnen nicht zuletzt beim Scheitern Rückhalt bieten. Innovation kann letztlich nur dann nach aussen funktionieren, wenn sie auch nach innen funktioniert. → Projekt-CEO Bei der Halter AG ist der Grundsatz verankert, dass viele Entscheide ein Indiz für unternehmerisches Wirken sind. In der Gesellschaft und Wirtschaft verbreitet sich immer mehr die Angst, Fehler zu machen. Der Ansatz «fail cheap and fast» ist eine Reaktion darauf. Im Gegensatz zu «do not fail» – dem Umstand, dass praktisch nichts mehr entschieden wird – führt er langfristig zu besseren Entscheidungen. In Ent­wicklungs- und Bauprojekten ist diese Haltung mass­ gebend. Statt auf Monsterorganisationen setzt das Unter­ nehmen auf kleine Teams mit klaren Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung. Bewusst wurde deshalb der Begriff Projekt­­-CEO etabliert, um genau diese Kultur zu fördern. Ein Risiko­-Management-System mit Fokus auf Big Points und Vier-Augen-Prinzip sowie ein klares Bekenntnis zu Transparenz und gelebter F ­ ehler- und Streitkultur sind wesentlich effektiver als ­parallele Qualitätssicherungswelten und ausufernde Reporting-­Systeme, die mit einer Wer-ist-schuld-­ Mentalität gekop­pelt sind. 6 – Innovation braucht Sinnhaftigkeit

Genau genommen passiert Innovation oft dort, wo uns etwas bewegt. Dort, wo es etwas gibt, für das wir brennen. Wenn das neue Angebot für Kunden also sinnhaft und nützlich ist, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der Innovationsakzeptanz nicht nur ausserhalb, sondern auch innerhalb des Unternehmens. Das wiederum führt zum grösseren Erfolg der Innovation, was auch das Erreichen der Rentabilitätsziele des Unternehmens unterstützt, das die Innovation hervorbringt. Es ist ein Grundbedürfnis, etwas Sinnhaftes zu bewirken. Neben der Kundenzentrierung aus These 4 spielen hier auch Werte wie Verlässlichkeit, Nachhaltigkeit und Fairness eine Rolle. Diese Werte lassen die Mitarbeitenden hinter «ihrem» Produkt stehen und machen es dadurch umso attraktiver für ­Kunden mit dem gleichen Wertekodex. Heute wird viel über den «Purpose» einer Organisation gesprochen und wie das Fehlen eines solchen dazu führt, dass Mitarbeitende keinerlei Begeisterung oder Leidenschaft für ihre Arbeit empfinden. Wenn 95

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Das Halter-Business-Ă–kosystem.


Mitarbeitende jedoch klar erkennen, welchen Mehrwert sie schaffen, ist dies ein starker Motivator und ein idealer Nährboden für Innovationskraft. → Wir sind Stadtgarten Das Thema bezahlbarer Wohnraum hat in den letzten Jahren in den städtischen Gebieten eine immer grössere Bedeutung erlangt. Nachdem es an verschiedenen Strategie-Anlässen der Halter AG aufgebracht worden war, entschieden Mitarbeitende aus dem Business Development Bern, für einen Genossenschaftswettbewerb eine eigene Genossenschaft unter dem Namen «Wir sind Stadtgarten» zu gründen. Der Wettbewerb wurde gewonnen, und nach rund drei Jahren Entwicklungs- und Planungsarbeit erfolgte im Herbst 2019 die feierliche Grundsteinlegung für die Genossenschaftswohnungen Huebergass in Bern. Genossenschaftlicher Wohnungsbau ist ein hohes Gut in der Schweiz. Die Mitarbeitenden, die vollkommen hinter der «Wir sind Stadtgarten»-Mission stehen, setzen ihr Wissen und ihre Kompetenzen ein, um schweizweit dauerhaft finanziell tragbaren Wohnraum zu schaffen. 7 – Innovation braucht Kollaboration

Das Ausbrechen aus Silos und das Überwinden von Branchendenken bringt Vorteile für Innovationen mit sich; dies haben uns schon viele Disruptoren eindrucksvoll vorgemacht. Jedoch tun sich unzählige Unternehmen immer noch schwer damit, die eigenen Silos zu verlassen, Wissen zu teilen, sich auf einen ­Dialog und Austausch einzulassen und über die Branchengrenzen hinweg neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Inspiration erfolgt fast zwangsläufig, wenn sich Vertreter aus zwei Silos austauschen und mit ihren ­Wissenswelten gegenseitig befruchten. Das Ergebnis der Gleichung «eins und eins macht zwei» fällt in diesen Fällen viel höher aus. Mögliche Antworten sind auch interne Kollaborationen in Form von interdisziplinären, bereichsübergreifenden Teams so­­wie externe Kollaborationen in Form von Business-­Ökosystemen. Letztere beschreiben Zusammenarbeitsformen, denen wir in den nächsten Jahren immer mehr begegnen werden. Business-Ökosysteme entstehen an der Schnittstelle zwischen gegenwärtigen Branchen, aggregieren Kundenbedürfnisse auf einer höheren Ebene, bewegen sich oft in neuen Geschäftsfeldern, die eventuell noch nicht mal einen Namen haben, und verfolgen das Ziel, neuartige Kunden­ erlebnisse zu erzeugen. Diese kämen nie zustande, wenn die beteiligten Firmen nicht zusammenarbeiten und ihre Wissensfelder und 97

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Kompetenzen kombinieren würden. Business-Innovation ist nicht, was ein Einzelner erfindet, sondern was alle im Ökosystem gemeinsam hervorbringen. → The Branch – das neue Co-Working für die Bau- und Immobilienbranche The Branch manifestiert das Interesse der Halter-Gruppe, ihr innovatives Geschäftsumfeld für andere innovationsgetriebene Unternehmer zu öffnen. In der inneren Schale soll sich das Business-Ökosystem der Halter-Gruppe nachhaltig entwickeln. In der äusseren Schale sollen der Wissensaustausch, die ­Vernetzung und die Zusammenarbeit mit grösseren Unternehmen sowie mit PropTechs gefördert werden. Die Halter AG übernimmt die Rolle des Ankers für das breite Business. Die Dialogund Kooperationsbereitschaft der beteiligten Unternehmen spielt eine sehr wichtige Rolle für den Erfolg des Ökosystems. Die Spielregeln lauten: Know-how und Entwicklungskosten ­werden geteilt, und die Zusammenarbeit hat einen klaren Win-win-­Fokus. 8 – Innovation braucht Beharrlichkeit

Innovation bedingt die Fähigkeit, mit langem Atem Dinge auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Auch dann, wenn vieles noch nicht klar ist, wenn externe Faktoren grossen Einfluss auf die eigenen Pläne ausüben, wenn gesellschaftliche, politische, umweltrelevante oder wirtschaftliche Bedingungen den eingeschlagenen Weg behindern, ja, sogar zerstören können. Dies gilt umso mehr, wenn man mit der Innovation den Markt gestalten möchte, also nicht ein Bedürfnis befriedigen, sondern zuerst das Bedürfnis erzeugen muss. Dinge, die offensichtlich sind, sind einfach zu benennen; Dinge, die sich nicht sofort von selbst erklären, dafür umso schwieriger. Der Weg zum Endprodukt kann ein langer, steiniger sein. Ein Unternehmen muss, insbesondere bei komplexen Innovationsvorhaben, mit langfristiger Dynamik voranschreiten, während es das grössere Ziel im Auge behält und ständig nachjustiert. Es muss dabei seine verfügbaren Ressourcen durchdacht und sinnvoll einsetzen und – wenn erforderlich – neue Wege finden und beschreiten. → Attisholz-Areal Das mittlerweile in der ganzen Schweiz beachtete Attisholz-­ Areal ist ein Generationenprojekt, das sich intensiv mit dem Transformationsprozess eines ganzen Areals auseinandersetzt. Es ist ein einzigartiges Projekt der Halter AG, was Umsetzungsdauer, Investitionsvolumen und Grundstücksgrösse 98

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angeht. Das Attisholz ist nicht einfach ein Produkt, das man heute genau beschreiben kann, und es kann nicht wie jedes andere Projekt geplant werden. Das Vorhaben ist so gross und komplex, und die Revitalisierung läuft über einen so langen Zeitraum, dass es eine starke Vision, kombiniert mit einem grossen Mass an Mut, Agilität, Innovationskraft und Weitblick, benötigt. Gleichzeitig bieten sich, gerade wegen der Leuchtkraft des Projekts und der langfristigen Zeitachse, auch immer wieder Chancen durch viele von aussen eingebrachte Initiativen, die das Vorhaben als Ganzes noch stärker machen. 9 – Innovation braucht tiefgreifendes Wissen

Erfolgversprechende Neuerungen entstehen an der Schnittstelle, wo tiefgreifendes Business-Know-how auf neue digitale Technologien trifft. Die Anwendung digitaler Technologien kann intel­ ligente Lösungen an zuvor genau identifizierten Problemstellen hervorbringen. Technologie allein ist aber nicht genug, und das Digitalisieren als Selbstzweck ist nicht zielführend. Eine der grössten Hürden von jungen Start-ups ist, dass ihnen oft die Nähe zur etablierten Praxis fehlt. Sie haben das technolo­ gische Verständnis, aber wenig Business-Know-how. Umgekehrt stehen etablierte Unternehmen oft vor der Frage, wie man Neuerungen angehen kann. Sollte das dafür benötigte Wissen intern fehlen, muss ein Unternehmen sich entscheiden, das Wissen selbst aufzubauen, dieses zu integrieren oder zuzukaufen. Wenn man schnell agieren möchte, kann das für Partnerschaften oder die Übernahme von Start-ups sprechen – was durchaus sinnvoll für beide Akteure sein kann, das etablierte Unternehmen und das Start-up. Erstes verschafft sich raschen und direkten Zugang zu Talent und technologischem Know-how, Zweites erhält PraxisKnow-how und Kundschaft. → Akquisition Raumgleiter AG In der Bau- und Immobilienbranche hat es erstaunlich lange gedauert, bis die Digitalisierung konsequent angegangen wurde. Dies hat mit der Branchenstruktur einer Binnenwirtschaft zu tun, die sehr starken Regulierungen aus Politik und eigenen Verbänden ausgesetzt ist. Die Halter AG tätigte Anfang der 2010er-Jahre erste Digitalisierungsinitiativen, die bei eigenen Mitarbeitenden und im Markt auf wenig Akzeptanz stiessen – oft mit dem vorgeschobenen Argument, dass vieles noch nicht reif sei. Daraus wurde die Lehre gezogen, dass neue Prozesse und Technologien vor allem dann Akzeptanz finden, wenn sie entweder direkten Nutzen stiften oder ein zusätzliches Kundenerlebnis bieten. Die Firma Raumgleiter 99

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war seit bald einem Jahrzehnt strategischer Geschäftspartner im Bereich Visualisierungen, als die Halter AG sich 2016 ­entschied, den bisherigen Eigentümern ein Übernahmeangebot zu machen. Die Integration dieser Firma in das eigene Öko­ system ermöglichte schnellen und direkten Zugang zu Digitalisierungs- und Visualisierungs-Know-how und bot so Synergien für die Schaffung neuartiger Kundenerlebnisse. 10 – Innovation braucht strategische Priorität

Das strategische «Gewolltsein» stellt eine der wichtigsten Voraus­setzungen für die Entwicklung von neuen Produkten, Pro­ zessen oder Geschäftsmodellen dar. Die mittel- und langfristigen Innovationsziele des Unternehmens müssen mit einem strategischen Fokus definiert und anhand transparenter Kriterien gemessen werden. Man kann nicht jede Idee verfolgen, die Ressourcen müssen fokussiert eingesetzt werden. Um sich nicht zu verzetteln, sind das Wissen, wohin es gehen soll, und die Kenntnis der Strategie unerlässlich. Andererseits muss das Klumpenrisiko klein gehalten werden, indem man mit einem diversifizierten Portfolio von neuen Produkten oder Geschäftsmodellen in den Markt eintritt, diese testet und rasch entscheidet, ob man den eingeschlagenen Weg weitergeht oder ein sogenanntes Pivot erforderlich ist. Wie immer im Management sind hier eine schlaue Abwägung und eine feine Balance erforderlich. → Von der Strategie über die Idee bis zur Umsetzung Die Halter-Gruppe arbeitet zurzeit intensiv daran, Lösungen zu entwickeln, die die Besteller-, Ersteller- und Betreiberkompetenz erhöhen. Dieses Ziel ist tief verankert in der ­strategischen Vision des Unternehmens. Es basiert auf der Überzeugung, dass je höher die Kompetenz des jeweiligen Kunden und Partners ist, desto bessere Entscheidungen in einer frühen Phase der Wertschöpfungskette getroffen werden können. Gute Entscheidungen führen zu effektiveren Prozessketten und ­besseren Gebäuden – im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Sinn. Das noch in einer Prototypphase befindliche digitale Kostencockpit soll Bestellern helfen, die Lebens­zykluskosten für Plan, Bau, Betrieb und möglichen Rückbau ihres Projekts sehr früh zu verstehen. Ausblick

Die hier aufgeführten Thesen sind natürlich nicht abschliessend und vollständig. Man könnte weitere hinzufügen. Innovation braucht Vorbilder, Innovation braucht Kapital, Innovation braucht gutes Daten- und Informationsmanagement, um Beispiele zu 100

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Entwurfsroboter vs. Bleistift. Rendering vs. Perspektive. Digitaler Wettbewerb vs. Gipsmodell. Ist die Digitali­ sierung mehr Fluch als Segen?


Diese Frage beschäftigt uns alle. Die Euphoriker verzweifeln, wie langsam sich die neuen Möglichkeiten durchsetzen. Die Skeptiker jubeln, dass es vermeintlich auch ohne geht. Dabei wird vergessen, dass nach wie vor Menschen für Menschen diese Programme, Werkzeuge und Methoden entwickeln. Keine Maschine diktiert digitale Veränderung. Das geflügelte Wort «Nichts ist beständiger als der Wandel», das mal dem griechischen Phi­ losophen Heraklit, mal Charles Darwin zugeschrieben wird, ist Axiom einer gesunden gesellschaftlichen Entwicklung. Bauen ist zu einem risikobehafteten und teuren Unterfangen geworden. Umso mehr ist es an der Zeit, die neuen Möglichkeiten für gleichwertige oder – besser noch – höherwertige Baukultur ein­ zusetzen. Es liegt in unseren Händen, die Instrumente richtig anzuwenden und zielführende Entwicklungen nicht einzudämmen.

Stefan Cadosch (56), dipl. Architekt ETH / SIA und Präsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA):


Aus unternehmeri­ scher Perspektive überwiegen die Vorteile der Digitalisierung klar: Prozesse können optimiert und teilweise automatisiert werden. Dadurch sparen wir längerfristig Kosten oder erschlies­ sen bestenfalls sogar noch zusätzliche Einkommensquellen. Die Grundlage für eine nachhaltige Optimierung der Prozesse bilden die verfügbaren Daten. In unserer Branche sind die Datenverfügbarkeit und insbesondere die Datenqualität die gröss­ ten Herausforderungen. Neben den Prozessen und der Infrastruktur spielen die Mitar­ beitenden die Hauptrolle: Sie sind typischerweise an der Quelle der notwendigen Erkenntnisse. Es gilt also, diese «Insights» strukturiert abzuholen und für die Digitalisierung zu nutzen. Gleichzeitig ist das Begleiten der Mitarbeitenden essenziell. Digitalisierung bringt Unsicherheiten, und jahrelang unverän­ derte Tätigkeiten können sich zum Teil drastisch verändern. Zusammengefasst ist die Digitalisierung meiner Meinung nach ein Segen. Wir müssen uns allerdings der Herausforderungen bewusst sein und diese gezielt thematisieren. So kann die Immo­ bilienbranche langfristig von den vielen neuen Möglichkeiten und Weiterentwicklungen der Technologie nur profitieren.

Dr. Martin Kaleja (48), Elektroingenieur und CEO der Allianz Swiss Immobilien AG:

Die Digitalisierung ist ein Segen. Uneingeschränkt, solange sie nicht Selbstzweck ist, sondern unserer Gesellschaft einen Nutzen bringt. Sie ermöglicht uns dank in Echtzeit verfügbarer Informationen in Projekten und Prozessen, viel integrierter und interdisziplinärer vor­ zugehen als früher. Digitale Instrumente machen einmal von ­Menschen erarbeitete Business-Intelligenz immer wieder ver­ wendbar und ermöglichen deren kontinuierlichen Aufbau, statt das Gleiche immer wieder aufs Neue zu erfinden («Und täglich grüsst …»). Die Digitalisierung ersetzt die aufwendigen, repe­ titiven Arbeitsprozesse und spielt uns Menschen Raum frei, in welchem unsere unternehmerische Innovations- und Schaffens­ kraft ­ungeahnt zur Geltung kommt. Und sie ist die Voraussetzung für eine Kreislaufwirtschaft, die unsere Welt Ressourcen-­ effizient und Enkel-tauglich machen wird.

Markus Mettler (50), Bauingenieur ETH und CEO der Halter AG:

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Die Digi­ talisierung ist zunächst eine Tatsache. Sie wird begleitet von allerlei Heilsversprechen und reichlich Skepsis. Beides gilt es kritisch zu hinterfragen, denn es gibt nicht die eine Digita­ lisierung. Generell lässt sich beobachten: Architekturbüros stocken ihr digitales Know-how laufend auf und schauen sich die Prozesse genau an. Nicht jedes Feature ist notwendigerweise sinnvoll. Wichtig ist auch, dass nicht nur über Technik und Effizienz, sondern auch über den kulturellen Mehrwert der Digitalisierung gesprochen wird. Architektinnen und Architekten haben als Generalisten eine besondere Verantwortung im gesamten Planungs- und Bauprozess und koordinieren Dutzende von Unter­ nehmen und Anspruchsgruppen. Für die Zusammenarbeit über viele verschiedene Ebenen und auch für den breiten Themenkomplex der Nachhaltigkeit bieten digitale Prozesse viele neue Möglich­ keiten, die zum Teil erst noch im Entstehen begriffen sind.

Caspar Schärer (46), dipl. Architekt ETH / SIA und Generalsekretär Bund Schweizer Architekten (BSA):


nennen. Auch sind nicht alle Thesen für jedes Unternehmen gleichbedeutend und gleich relevant. Doch habe ich sie während ­meines Jahres bei der Halter AG als prägend und wesentlich ­empfunden. Themen und Fragestellungen sind nicht statisch, ­sondern durch ewigen Wandel dynamisch: «ta panta rhei» (altgr.: alles fliesst). Dies ist heutzutage durch die Digitalisierung und die damit verbundenen technologischen Entwicklungen umso deutlicher spürbar. Als Architektin habe ich bereits vor Jahren erkannt, dass sich die Bau- und Immobilienbranche verändern wird. Ich konnte damals aber noch nicht genau sagen, was wann und wie passiert. Doch ich wusste, dass ich nicht nur als Beobachterin danebenstehen, sondern eigene Wirkung am Entwicklungsrad erzielen möchte. Seitdem suche ich nach Wegen, die Innovation und Digitalisierung sinnvoll nutzbar zu machen. Mich fasziniert das Wissen, wie man ständig innovativ bleibt, und ich möchte dabei helfen, dass Transformationsprozesse nicht nur als Risiko betrachtet, sondern als Chance gesehen werden. Wenn es um Innovation und Disruption geht, rückt für mich neben den Aspekten «Nutzen stiften» und «Kosten senken» noch ein weiterer Treiber in den Vordergrund: die Verantwortung von Unternehmen, in freien Märkten nach ganzheitlichen und nachhaltigen Lösungen zu streben. Nachhaltigkeit ist kein Trend, ­sondern eine Notwendigkeit; und Innovationen dürfen nicht nur einigen wenigen dienen, sondern sollten möglichst breiten Nutzen stiften, keine Ressourcen verschwenden und verantwortungsvoll eingesetzt werden. In diesem Sinn geht meine Vision weit über die Idee hinaus, nur das eigene Geschäft und die damit verbun­ denen Prozesse weiterzuentwickeln. Es geht letzten Endes um die ganze Bau- und Immobilienbranche mit ihrem grossen Einfluss auf unsere Umwelt und unser Leben.

Alexandra Stamou (43) ist seit Oktober 2018 Leiterin Produkt- und Innovationsmanagement der Halter AG. Sie ist Architektin mit einem MAS CAAD der ETH Zürich und einem CAS in Digitalem Planen und Bauen der Fachhochschule Nordwestschweiz. Bevor sie 2006 für das Nachdiplomstudium nach Zürich kam, arbeitete sie als Architektin in Athen. Nach dem MAS war sie fünf Jahre bei der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung (CRB) tätig, zuletzt als stellvertretende Leiterin Entwicklung. 2012 baute sie den ETH-Spin-off Buildup AG mit auf, bei dem sie als Leiterin Entwicklung auch für die Partnerintegration verantwortlich war. Sie bewegt sich immer in den Spannungsfeldern zwischen Bau, Innovation und Digitalisierung und wurde vor Kurzem Mitglied der Kommission 451 des SIA sowie Verwaltungsrätin der Tend AG und der Raumgleiter AG. Alexandra Stamou ist verheiratet und hat zwei Kinder. 105

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ÜBER DER STADT Text: Christine Marie Halter-Oppelt Visualisierungen: Raumgleiter

In der City Frankfurts entsteht in den nächsten fünf Jahren auf dem einstigen Areal der Deutschen Bank ein neues Quartier mit vier prägnanten Hochhäusern von einer Höhe bis zu 228 Metern und grosszügigem Sockelbau. Four Frankfurt wurde von UNStudio aus Amsterdam unter der Leitung des Architekten Ben van Berkel entworfen. Das Projekt bietet Platz für über 600 zum Teil geförderte, preisreduzierte Wohnungen, die höchsten Büro-­Etagen Deutschlands, Detailhandelsgeschäfte, Gastronomie, Longstay-­ Apartments und ein Hotel. Um die vielfältigen Mietflächen bereits jetzt darzustellen, beauftragte der Projektentwickler Gross & Partner die Zürcher Raumgleiter AG. Der Visualisierungsspezialist entwickelte eine 3D-Echtzeit­umgebung, die es Interessenten ermöglicht, alle 242 Eigentumswohnungen in Turm 3 und alle Büroflächen in Turm 4 virtuell zu begehen. ­Weitere Eindrücke des im Bau befindlichen Vorhabens vermitteln realistische Aussichten zu unterschiedlichen Tageszeiten, eine Schattensimulation der unmittelbaren Umgebung und unzählige 360-Grad-Panoramen der öffentlichen Flächen. Dank ­Raumgleiter-Technologie ist es auch möglich, sämtliche ­Visualisierungen und VR-Anwendungen über eine App zu betrachten und zu erleben – im Showroom vor Ort oder zuhause auf dem Sofa. → www.raumgleiter.com 107

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S. 106 — Mit einem simulierten Drohnenflug lässt sich die Fassade von einem der Türme bei Nacht betrachten. Die meisten Wohnungen bei Four Frankfurt verfügen über grosszügige Loggien. S. 108 — Vor den bodentiefen Fenstern des Schlafzimmers einer Wohnung in Turm 3 liegt die Stadtsilhouette. Rechts streift der Blick den 259 Meter hohen Commerzbank Tower.

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S. 109 — Oben: Subtile Knicke und Verschiebungen in den einzelnen Gebäuden erzeugen dynamische räumliche Erlebnisse. Aussen treten die vier Türme in visuelle Beziehungen zueinander. Unten: Grosszügiger Wohnbereich mit offener Küche und Essplatz in einer der dargestellten Wohnungen. Die Fenster­bänder laufen über die Ecken des Hochhauses und sorgen für Panoramasicht.

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WIR SIND STADTGARTEN

110 Text: Rolf Geiger Illustration: Dominique Wyss

Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Doch Wohnraum ist in den letzten Jahrzehnten in den grösseren Städten und einigen wohlhabenden Gemeinden vor allem für Familien und ältere Personen unerschwinglich geworden. Die Angebotsmieten sind seit 2000 um ein Drittel gestiegen. Im Vergleich dazu haben sich die Löhne im selben Zeitraum nur um 13 Prozent erhöht. Treiber sind das Bevölkerungswachstum und die steigende Attraktivität des Urbanen, aber auch der gewachsene Wohlstand sowie gesellschaftliche und demografische Veränderungen, die einen grösseren Wohnflächenverbrauch pro Kopf erzeugt haben. Der Nachfragedruck führt zu innerer Verdichtung. Diese ist politisch erwünscht, denn sie reduziert die Zersiedelung, die Mobilitätsbedürfnisse und die Infrastrukturkosten. Also alles im grünen Bereich? Mitnichten. Erneuerungsbauten und Ersatzneubauten verdrängen den günstigen Wohnraum. In der Konsequenz sind die soziokul­ turelle Vielfalt und Lebendigkeit in den Innenstädten und einigen Gemeinden bedroht und damit die Erfolgsfaktoren des Urbanen beziehungsweise eines funktionierenden Gemeindelebens. Die innere Verdichtung ist deshalb vermehrt in Verruf geraten. Echte Verdichtungsprojekte haben es immer schwerer. Es ist also nicht davon auszugehen, dass sich die Mietpreise allein über Marktbedingungen einpendeln werden. Der Lebensraum Stadt ist Opfer seines eigenen Erfolgs. Im Modell der Kostenmiete Um das Angebot für bezahlbaren Wohnraum auszuweiten, greifen Städte und Gemeinden wieder vermehrt auf eine aktive Bodenpolitik und die Förderung von Wohnbaugenossenschaften im Modell der Kostenmiete zurück. Halter hat deshalb mit «Wir sind Stadtgarten» eine eigene Struktur und Lösung geschaffen, die dieses Modell optimal unterstützt. Als «Entwickler-Genossenschaft» leistet «Wir sind Stadtgarten» die Vorfinanzierung von Bauprojekten und plant und realisiert günstige sowie qualitätsvolle Wohnsied­ lungen – schweizweit. Die Genossenschaft steht für eine konsequente Umsetzung der eidgenössischen Verordnung über die Gesellschaft & Umwelt – Kolumne


Förderung von preisgünstigem Wohnraum – aus Überzeugung. Mit der minimalen Belegungsvorgabe von einer Person weniger als Anzahl Zimmer pro Wohnung leistet sie einen wichtigen Beitrag zu einer reduzierten Wohnflächenbeanspruchung pro Kopf. Klare Kriterien bezüglich Einkommen und Vermögen sorgen zudem dafür, dass der meist durch die Stadt oder Gemeinde über günstige Baurechtskonditionen subventionierte, preisreduzierte Wohnraum den Richtigen zugutekommt. Mit dem durchdachten Dreidrittelkonzept fördert «Wir sind Stadtgarten» darüber hinaus konsequent die soziale Vielfalt in der Siedlung: Ein Drittel der Genossenschafter verfügt über das benötigte Eigenkapital von zehn Prozent, bis zu einem Drittel kann auch mit weniger Eigenkapital dabei sein. Im Gegenzug dazu haben Menschen mit mehr Vermögen die Möglichkeit, mehr als zehn Prozent Anteilscheine zu zeichnen. Städte und Gemeinden werden dadurch bei Ergänzungsleistungen und beim Thema Armutsgefährdung entlastet. Die künftigen Bewohner sind nicht einfach nur Mieter. Sie sollen sich die Siedlung aneignen und werden so früh wie möglich einbezogen, wenn es um die Gestaltung von attraktiven Gemeinschafts-, Begegnungs- und Freiräumen sowie das Initiieren des gemeinschaftlichen Zusammenwirkens geht. Mit der «Gesellschafts­ gärtnerei» werden künftige Bewohner bei diesem Prozess mit ­etabliertem Know-how und Strukturen unterstützt. Die so auf eine nachhaltige Basis gestellte, florierende Genossenschaft kann bald nach Bezug vollständig in die Hände der Genossenschafter übergeben werden. Wirklich preisgünstiger Wohnungsbau ist damit in der Lage, relevante Antworten auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu liefern. Mit Projekten in der Stadt Bern, der Zürcher Gemeinde Zumikon und im bernischen Toffen zeigt Halter durch «Wir sind Stadtgarten», wie dies mit hoher Qualität geschehen kann.

Rolf Geiger (44) baute vor seinem Engagement bei der Halter AG und «Wir sind Stadtgarten» die Regio St. Gallen auf, eine Netzwerkstelle zwischen mehreren Kantonen, rund 50 Gemeinden und der Wirtschaft. Als ihr Geschäfts­ leiter verantwortete er dort zehn Jahre das Agglomerationsprogramm St. Gallen–Bodensee, schweizweit eines der erfolgreichsten. Zudem initiierte und führte er vielfältigste innovative Projekte in den Bereichen Standortund Raum­entwicklung, Erreichbarkeit, Mobilität und Landschaft. Zuvor arbeitete er acht Jahre beim Bundesamt für Raumentwicklung als stellvertretender Leiter der Sektion Agglomerationspolitik. Rolf Geiger hat an der ETH Lausanne Bauingenieurwesen studiert und wohnt mit seiner Familie in St. Gallen, wo er auch aufwuchs. → www.wir-sind-stadtgarten.ch

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Gesellschaft & Umwelt


WO IDEEN RAUM FINDEN Text: Andreas Hänsenberger Visualisierung: Raumgleiter

Die Bauwirtschaft ist im Umbruch. Neue Prozesse und digitale Tools verlangen nach neuen Zusammenarbeitsmodellen. Kollaboratives Arbeiten soll nicht nur im eigenen Unternehmen statt­ finden. Der tägliche, fliessende Austausch mit anderen Firmen und Organisationen ist essenziell. So entstehen Ökosysteme, die Talent, Wissen und Innovation zusammenbringen. Dieser ­Kulturwandel ist denn auch der Treiber für die Konjunktur von Co-Working-­Spaces. Mit The Branch plant die Halter AG in Schlieren den schweizweit ersten seiner Art – speziell für die Bau- und Immobilienbranche. 113

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Nach zwanzig Jahren Hochkonjunktur sieht sich die Bau- und Immobilienbranche mit strukturellen Veränderungen konfrontiert. Ein wichtiger Treiber und eine Chance zugleich wird dabei die Digitalisierung sein. Prozesse, Produkte, ja ganze Geschäftsmodelle werden herausgefordert und durch neue, wettbe­ werbsfähigere ersetzt. Die Halter AG will in dieser Entwicklung eine führende Rolle einnehmen. Neben diversen strategischen Massnahmen und Projekten wird sie ihren Hauptsitz ins JED, das unter dem Claim «Join. Explore. Dare.» neu positionierte, ehemalige Druckereizentrum der NZZ in Schlieren, verlegen. Dies wird ihr ermöglichen, Arbeitsmodelle den neuen Anforderungen anzupassen, interaktiver zu agieren und ihre Unternehmenskultur noch weiter in Richtung Innovation, Effizienz und Wirkung zu entwickeln. Gleichzeitig soll mit der räumlichen Neuorientierung durch The Branch ein Innovationszentrum mit Angeboten wie Co-Working, Big Rooms oder Third Places für die Bau- und Immobilienindustrie entstehen. Start-ups, etablierte Unternehmen und Projektpartner der Halter AG und ihrer Schwesterfirmen, die ebenfalls gewillt sind, den Wandel in der Industrie voranzutreiben und eine führende Rolle in der Innovierung zu spielen, sind eingeladen, sich fix oder temporär in The Branch einzumieten oder sich an diesem Ort für die Bearbeitung von Projekten zusammenzufinden. Der intensive Austausch soll auch in spontanen Begegnungen in den Lounges oder anlässlich von Events, Ausstellungen und Präsentationen erfolgen. Ein Standort, der es in sich hat JED und damit The Branch befinden sich in Schlieren mitten in der Limmatstadt, einer der wohl dynamischsten Regionen der Schweiz. War es in den 1990er- und 2000er-­ Jahren Zürich-West, das sich vom Industriequartier zum vibrierenden Stadtteil wandelte, so ist diese Entwicklung nun für das gesamte Gebiet von Zürich-West bis Baden absehbar. Hier, wo es noch Frei- und Zwischenräume, Brachen sowie Fabrik- und Gewerbehallen gibt, siedeln sich zunehmend junge, ambitionierte Unternehmen an, ent­ stehen kulturelle Projekte und attraktive, urbane Zentren. Befördert wird dieser ­Wandel von der Agglomeration zur Stadt durch die Limmattalbahn, welche die Rolle eines Trams zunächst von Zürich bis nach Killwangen und dereinst bis nach Baden einnehmen und 114

der Limmatstadt eine städtische Identität geben wird. JED spiegelt mit seiner Geschichte als ehemaliges Industriegebäude, seiner architektonischen Ausprägung, der Situierung in unmittelbarer Nähe zum S-Bahnhof und einer neuen Tramstation vor dem Haus diese Urbanität und Dynamik wider. Die grosszügigen, industriellen Raumstrukturen bieten den Rahmen für luftige, flexible, inspirierende Arbeitswelten. Dieses Potenzial wurde vom neuen Eigentümer, der Swiss Prime Site, erkannt und erfährt durch JED als Innova­tions­ hub eine entsprechende Umsetzung. Mit Zühlke Engineering, Halter und The Branch finden sich Ankermieter ein, die diesen Ort durch ihre Innovationskraft und Ausstrahlung beleben und entsprechend positionieren werden. Fluide Arbeitswelten Die traditionelle Büroarbeit hat sich durch flexible Arbeitszeiten, Home-Office-­ Regelungen und Möglichkeiten zur Telearbeit bereits stark gewandelt. Das kollabo­ rative Arbeiten wird die Arbeitswelt weiter verändern. ­Häufig dem Teamwork gleichgesetzt, unterscheidet es sich aber von diesem. Beim Teamwork arbeiten die Gruppenmitglieder parallel an einem gemeinsamen Projekt, und die Ein­zelergebnisse werden anschliessend zusammengeführt. Beim kollaborativen Arbeiten hingegen bearbeiten die Gruppenmitglieder ein Projekt gemeinsam und gleichzeitig. Zwar muss nicht jede Aufgabe zwingend in kollaborativer Arbeit erledigt werden, die Vorteile dieser Arbeitsform – grössere Transparenz durch verbesserte Kommunikation, direktes Feedback durch engere Zusammenarbeit, schnellerer Fortschritt durch weniger Redundanzen – machen sie aber sowohl für Mitarbeitende wie auch für die Unternehmen attraktiv. Weil es das Wir-Gefühl innerhalb einer Firma ­verstärkt, erhöht kollaboratives Arbeiten zudem die Arbeitszufriedenheit. Neue Zusammenarbeitsmodelle erfordern neue Zusammenarbeitsmöglichkeiten. Nicht nur Organisationen und Personen, auch Gebäude müssen in Zukunft dynamisch, agil und flexibel sein. Räume, idealerweise ganze Liegenschaften, sollen sich schnell umgestalten lassen, um so die jeweiligen Anforderungen zu erfüllen. Digitale Hilfsmittel erleichtern die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Projektpartnern, Auftraggebern, Unternehmern, Bauherren und Architekten. Die zwischenmenschlichen Kontakte sind aber nach wie vor Gesellschaft & Umwelt


wichtig. Es braucht einen Ort, wo man sich persönlich begegnet, wo man direkt und spontan Ideen spinnt und weiterentwickelt, wo man gemeinsame Interessen mit einem Kollegen oder einer Kollegin entdeckt und wo man auch mal einen beruflichen Erfolg zusammen f ­ eiert. Ein solcher Platz bietet einer Arbeitsgruppe Identifikation und ist die Voraussetzung für nachhaltige Zusammenarbeit – solche nämlich, die auf der bisherigen Projektarbeit aufbaut und damit Fehler und Fehlentscheide reduziert, weil die Beteiligten über einen gemeinsamen Erfahrungsschatz verfügen. Entscheidend ist der dabei entstehende Knowhow-Transfer: Alle profitieren vom Austausch, vom stetigen Geben und Nehmen. Ökosystem als Treiber der Innovation The Branch nimmt durch seine Architektur, Raumstrukturierung, Ausstattung und tech­ nische Ausrüstung die Anforderungen und ­Möglichkeiten neuer Arbeitskonzepte auf. Künftig werden etwa fünfzig unterschied­ liche, modern ausgestattete Arbeitsplätze für Einzel­personen sowie Teams zur Verfügung stehen – an der «Arbeitsbar», an Einzelund Vierertischen und in Einzelbüros. Schall­ geschützte Kleinräume für Telefonate und spontane Besprechungen im kleinen Kreis, eine Work Lounge, verschiedene Sitzungs­zimmer und zwei Big Rooms ergänzen das Angebot. Sie alle können spontan und auch nur für kurze Zeit gemietet werden, was für Start-ups und Freelancer ideal ist, aber auch bei eta­ blierten Selbstständigen und Firmen für Flexibilität sorgt. Der Mieter muss nur noch sein persönliches Gerät mitbringen. WLAN, Drucker, Kaffee und alles, was es zum Arbeiten sonst noch braucht, ist in The Branch bereits vorhanden. Man arbeitet hier nicht nur am eigenen Tisch, sondern entwickelt Projekte in den verschiedenen Zusammenarbeitsbereichen weiter. Weil man Räume und Angebote ohnehin gemeinsam nutzt, fällt der Aufbau von neuen Beziehungen und Verbindungen leichter. Die Pflege des Netzwerks erfolgt beiläufig und ohne zusätzlichen Aufwand. So wird The Branch zur Dialogplattform und zum Ökosystem. Der Co-Working-Space schafft durch Veranstaltungen, Workshops, Expertentalks, Afterwork-Anlässe und Kooperationen mit Bildungseinrichtungen einen Treffpunkt und Begegnungsort für die Schweizer Immobilien-Community. Ein erfolgreiches Ökosystem ist ein Thinktank für Ideen und Talent und verlangt von den Mitgliedern ein 115

Geben und Nehmen – ganz besonders, wenn es um den gemeinsamen Zugriff auf Wissen, Fähigkeiten und Daten geht. Dann können Lösungen gefunden werden, ohne lange Zeit und finan­ zielle Ressourcen in ihre Entwicklung zu investieren – meist geschieht das bei oder mithilfe einer aufs entsprechende Fach spe­ zialisierten Firma aus dem Ökosystem. Effektiver kann Vernetzung gar nicht sein. Lösungen haben dabei höhere Priorität als der Wettbewerb, weil die Projektpartner und im Idealfall auch die Kunden im Ökosystem Wissen und Informationen austauschen, neu kombinieren und weiterentwickeln. In einem erfolgreichen Ökosystem liegt der Fokus nicht auf der Akquise, sondern auf der Bildung von Partnerschaften, der gemeinsamen Entwicklung von neuen, marktgerechten Dienstleistungen, Produkten und Geschäfts­modellen. Genau eine solche Plattform bietet Halter mit The Branch künftig an. Zusammen mit den Schwesterunternehmen Tend, Raumgleiter, W21 und der Genossenschaft «Wir sind Stadtgarten» sowie der Limmatstadt AG und der Mivune AG wird das Ökosystem 2021 bereits eine bunte Gruppe vereinen. Raum für weitere gleich­gesinnte Unternehmen ist noch vor­ handen. → www.thebranch-coworking.ch

S. 112 — Der Co-Working-Space The Branch in Schlieren soll die Bau- und Immobilienbranche miteinander vernetzen. Reservationen von Arbeitsplätzen und Räumen sind ab Mitte September 2020 über die Webseite möglich.

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«WIR BAUEN SO, DASS ES ERSCHWINGLICH WIRD»

Text: David Strohm Fotos: Lukas Wassmann

Die Impact Immobilien AG entwickelt von Bern aus Projekte für soziale Institutionen und schafft damit bezahlbaren Wohnund Lebensraum sowie gesellschaftlichen Nutzen. Ihr Geschäfts­ führer Daniel Kusio setzt gemeinsam mit Gesamtleistungspartnern wie Halter auf den Design-to-Cost-Ansatz. Eine Begegnung im Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen. 117

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Vor dem Eingang in das Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen am Bielersee steht Daniel Kusio und freut sich offensichtlich – über den Besuch, das prächtige Wetter an diesem Tag im Frühjahr 2020 und auch über das gelungene Bauvorhaben hinter ihm. Es ist eines der aktuellen Projekte von Impact Immobilien, bei dem die letzten Arbeiten erst vor Kurzem abgeschlossen wurden. Mit den «Seeländischen Lokalbahnen» sind wir für das Interview aus dem nahen Biel gekommen, die Haltestelle befindet sich direkt gegenüber von den Gebäuden des Pflegezentrums – praktisch für die Bewohner und Besucher.

Komplex: Impact bedeutet Wirkung – welche Wirkung wollen Sie mit Ihrem Unternehmen erzielen? Daniel Kusio: Ausgangspunkt war das Thema Wohnen, der Wunsch, uns dafür zu engagieren. Wohnen zählt zu den Grundbedürfnissen des Menschen, es betrifft jede und jeden von uns. Und viele haben es nicht leicht, dieses Bedürfnis erfüllt zu bekommen. Gerade ältere Menschen, Alleinstehende, von Armut Betroffene oder solche mit einer Beeinträchtigung bekunden Mühe, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Das hört sich zunächst nach edler Gesinnung an. Die Idee stammt von der Invethos AG, einem ethisch orientierten Vermögensverwalter, dessen Kunden gesellschaftlich und finan­ ziell Sinnvolles verbinden wollen. Wir beziehen uns auf die Vorgaben der Vereinten Nationen. Die Genfer UN-Charta zu nach­ haltigem Wohnen, die auf den von der Welt­ gesundheitsorganisation WHO erstellten Richtlinien basiert, fordert die Sicherstellung des Zugangs zu angemessenem, adäquatem, bezahlbarem und gesundem Wohnraum für alle Menschen. Die Charta stellt das Thema damit auf die gleiche Stufe wie die Forderung nach sauberem Wasser oder dem Zugang zu Erziehung. Natürlich sind die Verhältnisse hierzulande anders als in den Entwicklungs- oder Schwellenländern. Aber auch in der Schweiz braucht es gezieltes Engagement, um den Schwachen in der Gesellschaft zu adäquatem Wohnraum und einem bessern Leben zu verhelfen. 118

Wäre das nicht eine Aufgabe der öffentlichen Hand? Einrichtungen, die betreutes und begleitetes Wohnen anbieten, sind oft privat organisiert. Bund, Kantone, Gemeinden und die Sozial­werke beteiligen sich zwar finanziell an entsprechenden Projekten, haben aber in der Vergangenheit zu wenig selbst investiert und verlassen sich auf gemeinnützige Träger wie Stiftungen. Hier setzen wir mit Impact Immobilien an.

Weshalb braucht es neue Investitionen? Tatsächlich sind die Anforderungen an solche Einrichtungen erheblich gestiegen. Baulich etwa in Bezug auf die Barrierefreiheit, die Zimmergrössen oder den Brandschutz. Viele ältere Einrichtungen gelten nach heutigen Massstäben nicht mehr als behindertengerecht. Auch sonst steigen die Ansprüche an die Betreiber, etwa bei der Nachtwache, den Qualifikationen des Personals oder den Betreuungsquoten.

Wie sieht Ihr Beitrag aus? Mit Impact Immobilien versuchen wir, auf die sozialen Herausforderungen eine unternehme­ rische Antwort zu geben und Lösungen zu bieten, die es den Trägern erlauben, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Wir investieren in bestehende und neue Projekte für Sozial­institutionen und schaffen so modernen, bezahlbaren Wohn- und Lebensraum. Wir erwerben, entwickeln, realisieren und sanieren Liegenschaften für soziale und öffentliche Institutionen und vermieten diese langfristig zu erschwinglichen Konditionen.

In welchen Grössenordnungen bewegen Sie sich mit den Projekten? Jedes Objekt oder Projekt sieht anders aus. Das Investitionsvolumen hängt von dem Zweck und der Grösse ab und bewegt sich in einer Bandbreite von einigen Millionen bis etwa 25 Millionen Franken. Es ist eine Marktnische, in der wir uns da befinden. Mit diesem Fokus ist in der Schweiz sonst noch niemand unterwegs. Gesellschaft & Umwelt – Interview


Wie erfahren Sie von solchen Vorhaben? Oft treten die Träger oder Stiftungsräte mit einer Idee, einer konkreten Aufgabe oder einem Projekt, mit dem bereits begonnen wurde, direkt an uns heran. Meist geht es darum, die Infrastruktur zu verbessern, zu erneuern oder zu erweitern. So besteht zum Beispiel ein dringendes Raumbedürfnis, für das ein Neubau angedacht ist. Oder es gab einen Architekturwettbewerb, und nun ist das Bauprojekt viel zu teuer geworden. Wir sehen auch, dass die Verantwortlichen angesichts der Komplexität, die solche Bauvorhaben aufweisen, gerne mit einem kompetenten Partner zusammenarbeiten.

Und dann kommen Sie und helfen ihnen? Ich bin kein Architekt. Ich denke unternehmerisch. Wir schauen also auf das vorhandene Budget und die künftigen Betriebskosten. Da lässt sich oft einiges herausholen. Und wir bauen so, dass es erschwinglich wird, aber nicht billig. Mit geschickter Raumaufteilung, dem Verzicht auf überflüssige Verglasung und Verkehrsflächen oder der sorgsamen Wahl der Materialien kann man viel Geld sparen.

Wie viel? Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Bei einem gewöhnlichen Pflegezentrum summieren sich die durchschnittlichen Erstellungskosten pro Pflegeplatz meistens auf etwa 320 000 bis 400 000 Franken. Dabei gilt es, alle Bauvorschriften, Normen und Richtlinien, die ja vorgegeben sind, einzuhalten. Im Geras Pflege­ hotel in Sutz-Lattrigen am Bielersee, das von uns realisiert und kürzlich eröffnet wurde, lag dieser Wert nur bei etwa 255 000 Franken.

Ohne Abstriche zu machen? Gemeinsam mit unserem Gesamtleistungspartner Halter haben wir jedes Detail überprüft und konnten so gegenüber der ursprünglichen Projektsumme noch einmal 1,8 Millionen Franken einsparen. Etwa durch Weglassen eines Keller­geschosses, Anpassungen bei der Verglasung und Fassade oder der Optimierung 119

der Heizungs- und Lüftungsanlagen. Einen Teil der Haustechnik haben wir auf dem Dach platziert. Abstriche beim Komfort gab es nicht – im Gegenteil.

Lösen solche Anpassungen nicht Verzögerungen aus? Nein, aber der Zeitrahmen ist stets eine Herausforderung. Projekte der öffentlichen Hand erfordern einen langen Planungshorizont und öffentliche Submissionen. So dauert es von der Idee bis zum Bezug oft sechs bis acht Jahre. Wir bemühen uns, das Gleiche innerhalb von zwei bis drei Jahren zu schaffen, ohne dass am Schluss die Funktionalität darunter leidet.

Welche sozialen Nutzungen stehen bei Ihnen im Vordergrund? Bisher lag unser Fokus auf Projekten mit einem hohen Wohnanteil, vor allem für Menschen mit einer gewissen Beeinträchtigung oder besonderen Anforderungen. Ein Haus zu bauen für Menschen, die von Autismus betroffen sind, erfordert ein anderes Herangehen als etwa ein Alters- und Behindertenheim. Inte­ressant sind für mich aber auch Mischformen, in die wir vermehrt investieren wollen. In Suhr im Kanton Aargau arbeiten wir mit der Stiftung Töpferhaus an einem Vorhaben, bei dem Arbeitsplätze für Menschen mit Einschränkungen im Vordergrund stehen. Geplant ist ein Produktionsbetrieb für die Verarbeitung von Lebensmitteln, daneben soll es eine öffentlich zugängliche Cafeteria geben und auch Wohnangebote. Ein anderes Beispiel: In ­Gümligen bei Bern sind wir daran, mit der Nathalie Stiftung ein neues Schulhaus mit Beratungsstelle und ein modernes Internats­ gebäude für Kinder mit Autismus zu realisieren. Die Grundsteinlegung erfolgte Ende Februar.

Könnten diese Stiftungen nicht selber bauen? Es gibt tatsächlich Institutionen, die finanziell so aufgestellt sind, dass sie so etwas selbst umsetzen können. Wir bieten mit unserem Design-to-Cost-Ansatz aber einen Mehrwert bei solchen Infrastrukturvorhaben Komplex Nr. 13/2020


S. 116 — Der 51-jährige Betriebswirt Daniel Kusio. S. 117 — Links: Funktionales Bett in einem der Pflegezimmer. Rechts: Bequeme Sitzecke im Gemeinschaftsbereich. S. 120 — Die zwei ovalen Gebäude mit umlaufenden Balkonen wurden von kpa Architekten geplant.

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S. 121 — Für alle Bewohner des Geras Pflegehotels steht ein Restaurant zur Verfügung. Im Sommer kann auch auf dem Balkon gegessen werden. S. 123 — Daniel Kusio beim Spaziergang rund um das Geras Pflegehotel in Sutz-Lattrigen. Ortskern und Bielersee liegen nur ein paar Schritte entfernt.

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und haben auch vor sehr komplexen Aufgabenstellungen keine Scheu. Das können wir anhand von Referenzen aufzeigen. Deshalb kann es auch für finanzstarke Stiftungen von Vorteil sein, Projekte mit uns zu realisieren.

Wie funktioniert der erwähnte Ansatz? In der Theorie versteht man unter dem Designto-Cost-Ansatz das Entwerfen und Konstru­ ieren nach Kostengesichtspunkten innerhalb gegebener Rahmenbedingungen. Auf die Entwicklung von Immobilien bezogen bedeutet das, ein bestimmtes Raumbedürfnis innerhalb eines bestehenden Budgets zu realisieren. Damit wird das übliche Vorgehen von Architekten oder auch bei Architekturwettbewerben, Räume zu entwickeln und erst dann die Kosten dafür zu berechnen, umgekehrt. Wir bauen nicht für uns, sondern für Sozialinstitu­ tionen. Ausgangspunkt ist deshalb bei uns immer die Frage: Was können und wollen wir uns als Institution leisten?

Weshalb gibt es die BudgetRestriktionen überhaupt? Institutionen, die in einem Kostenkorsett stecken, weil sie Leistungen über die öffentliche Hand, die Invalidenversicherung oder Ergänzungsleistungen zur AHV abrechnen, sind gezwungen, innerhalb bestehender Budgets zu arbeiten. Sie müssen sich auf ein zuverlässiges Kostendach verlassen. Deshalb arbeiten wir mit Gesamtleistern zusammen, die uns entsprechende Garantien geben können.

Wer sorgt für die nötige Kostendisziplin? Diese wird durch das partnerschaftliche Denken aller Beteiligten erreicht. Die Ver­treter der Stiftungen schätzen die Transparenz, die wir bei den Kosten herstellen. Sie sind an allen Sitzungen dabei und sollen mit­ entscheiden: Brauchen wir dieses oder jenes wirklich, was können wir weglassen? Dieses Reduzieren auf das Wesentliche ist sicher einer der Erfolgsfaktoren, die wir bei Projekten mit minimalem Budget einbringen ­können. Insgesamt ist es für alle ein ziemlich entspannter Prozess. 122

Am Schluss aber leitet sich der vereinbarte Mietzins aus den Anlagekosten ab. Ja, aber alle haben ein gemeinsames Inte­resse, die Anlagekosten möglichst tief zu halten. Von den realisierten Einsparungen kommt die eine Hälfte der Institution zugute, die andere geht auf das Konto des Gesamtleisters mit seiner grossen Erfahrung. Letzterer erhält damit für die Garantie eines Kostendachs und die Übernahme der Risiken eine faire Marge. Bei unseren Projekten sitzen alle Entscheidungsträger gemeinsam am Tisch, um die jeweils beste Lösung zu finden. Durch den Einbezug von Architekten, Insti­ tutionen und zukünftigen Nutzern erreichen wir eine hohe Funktionalität und eine ansprechende Gestaltung.

Ein wichtiger Kostenfaktor ist der Preis des Bodens. Bauland ist teuer. Nicht selten verfügen die Träger bereits über geeignete Grundstücke. Oft sind es auch die Gemeinden, die ihre Baulandreserven für sinnvolle Nutzungen bereitstellen. Wo wir in Zonen mit öffentlicher Nutzung bauen ­können, liegt der Preis für das Land tiefer. Auch Burgergemeinden und Kirchen besitzen oft Bauland. Wo es sich anbietet, übernehmen wir das Grundstück auch im Baurecht. Den Insti­tutionen gewähren wir zumeist ein Vor­ kaufsrecht. Je nachdem wer der Landeigen­ tümer ist, erhalten wir dann einen dem Zweck angepassten reduzierten Baurechtszins, den wir transparent weitergeben können. Unser Interesse ist langfristiger Natur. Das Baurecht bietet sich dafür an.

Impact Immobilien ist als Immobi­ lien­gesellschaft organisiert. Wer sind ihre Investoren? Das sind zum einen gemeinnützige Stiftungen, die in verwandte Gebiete investieren möchten, zum anderen private Anleger, die einen sozialen Nutzen bewirken wollen. Sie streben dabei eine moderate, dem Zweck angemessene Rendite an. Die Objekte in unserem Portfolio sind für alle sichtbar und lassen sich besuchen. Das erzeugt bei den Aktionären ein besseres Verständnis für das, was wir und die Gesellschaft & Umwelt – Interview


Sozialinstitutionen machen, sehr oft auch echte Wertschätzung. Wir sind nicht auf Gewinnmaximierung aus oder auf Wertsteigerungen und Aufwertungen im Portfolio, ­sondern konzentrieren uns auf die Wirkung unserer Arbeit, den Impact.

Welche Unterstützung erhalten Sie im eigenen Haus? Im operativen Bereich bilden wir ein gutes, eingespieltes Team. Im Verwaltungsrat kann ich mich auf die Expertise von mehreren renommierten und sehr erfahrenen Immobilienund Finanzspezialisten verlassen. Um nur einen zu nennen: Adrian Lehmann, der viele Jahre lang bei der Credit Suisse im Immobi­ lienbereich tätig war, steht mir als ein wichtiger Mentor stets zur Seite.

Was unterscheidet Sie sonst noch von «gewöhnlichen» Immobilien­ gesellschaften? Zum einen die Grösse. Wir sind bewusst in einem speziellen Segment tätig und verfügen über einen hohen Anteil an Eigenmitteln. Zum anderen sehen wir unsere Aufgabe in der Entwicklung der Projekte. Eine Pensionskasse, die ihre Mittel investieren muss, sucht und erwirbt bevorzugt fixfertige Anlage­ objekte und integriert sie in ihr Portfolio. Unser Fokus liegt auf dem Nutzen für unsere Partner und auf den Kosten. Wir achten darauf, möglichst wenige Änderungen in der Bauphase vorzunehmen. Denn das ist teuer. Teile der Planungsbranche leben nur von solchen Änderungen. Doch am Ende muss immer jemand dafür bezahlen. Unsere Projekte sollen von Beginn an vernünftig und gut durchgeplant sein.

exklusive Zusammenarbeit. Für jedes unserer Projekte hole ich mehrere Offerten ein. Das jeweilige Konzept muss überzeugen.

Was treibt Sie persönlich an? Ich bin wirklich dankbar, dass ich diese Aufgabe übernehmen durfte, und stolz auf das, was wir gemeinsam realisieren. Ich schätze die persönlichen Beziehungen und freue mich, dass wir mit unserer Idee, Nutzen und Rendite zusammenzubringen, Erfolg haben.

Wo sehen Sie Impact Immobilien in ein paar Jahren? Für unsere Investoren habe ich das vor Kurzem einmal projektiert. Wir haben mit unseren bisherigen Projekten ein Anlagevolumen von rund 120 Millionen Franken erreicht. In ein paar Jahren, wenn wir weiterhin zwei bis drei Projekte pro Jahr realisieren, könnten es vielleicht 500 Millionen Franken sein. Aber Wachstum per se ist nicht unser Ziel. Wir wollen uns weiterhin mit Herzblut für Projekte einsetzen. Es ist die Wertschätzung für unsere Partner und der Ansatz, mit ihnen auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten, der mich antreibt.

Sie haben die Partnerschaft mit der Halter AG erwähnt. Wie kam es dazu? Wir verfolgen eine ähnliche Philosophie und schätzen uns gegenseitig. Wir sehen beide die Vorteile des Design-to-Cost-Ansatzes. Es ist eine respektvolle Kooperation auf Augenhöhe, wir arbeiten sehr professionell zusammen. Für uns ist es wichtig, dass sich unsere Partner auch in kleineren Projekten, wie sie bei uns eben auch vorkommen, engagieren können und wollen. Es gibt aber keine 123

Daniel Kusio (51) ist Geschäftsführer der Impact Immobilien AG mit Sitz in Bern, einer Gesellschaft, die in Immobilien für soziale Institutionen investiert und mit erschwinglichem Wohn- und Lebensraum einen sozialen Nutzen bietet. Kusio hat Betriebswirtschaft an der Universität Bern studiert. Seine berufliche Laufbahn führte ihn zu Grossunternehmen und in mehrere Länder. Vor der Gründung der Impact Immobilien AG im Jahr 2012 war er im Bereich Private Equity und Venture Capital tätig. Daniel Kusio ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. → www.impact-immobilien.ch

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DAS GEBÄUDE ALS KREISLAUFMODELL Text: Simon Büttgenbach Foto: Ralph Bensberg

Liegenschaften konsumieren Energie und stossen erhebliche ­Mengen an CO2 aus. Das wird mit einem erhöhten Fokus auf den Klimaschutz immer mehr zum Problem. Um eine Reduktion von Energieverbrauch und Treibhausgasen beim Betrieb von Gebäuden zu erreichen, braucht es eine strukturierte, kontinuierliche Vorgehensweise. Ein systematischer Ansatz, wie ihn die Tend AG bietet, bringt sehr bald erhebliche ökonomische Vorteile. 125

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Mit der Zustimmung zur Energiestrategie 2050 haben sich die Schweizer den Ausstieg aus der Atomkraft verordnet. Weiter hat der Bundesrat entschieden, die Vorgaben aus dem Pariser Abkommen – eine Halbierung der CO2-­ Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 – zu ergänzen mit der Verpflichtung, bis 2050 keine Treibhausgas-­Emissionen mehr auszu­ stossen (Netto­-null-­Emissionsziel). Gleichzeitig besteht das erklärte Ziel, die Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen zu reduzieren. Wie diese Vorgaben erreicht werden können, ist ungewiss. Diesbezügliche Ausführungsgesetze sind in der Vorbereitung oder Beratung. Als bedeutender Energiekonsument und CO2-­­Emittent steht auch der Immobiliensektor in der Pflicht, einen Beitrag zu diesen ­ambitionierten Zielen zu leisten. Er darf dabei in Anspruch nehmen, in den vergangenen drei Dekaden bereits tatkräftig zur Erreichung der bisherigen Reduktionsziele beigetragen zu haben. Es werden aber noch weitere erhebliche Anstrengungen und neuartige Ansätze erforderlich sein. Auch wenn sich die regulatorischen, ökonomischen und technischen Rahmenbedingungen in absehbarer und ferner Zukunft laufend und durchaus beträchtlich ändern werden, darf dies die Bauund Immobilienbranche nicht davon abhalten, ihren Weg beharrlich zu gehen. Sie soll ihre Verantwortung nicht nur unter gesellschaftlichem Druck wahrnehmen. Es werden sich auch aus gesamtheitlicher Sicht ökonomische Vorteile ergeben. Eine gesamtheitliche Sichtweise bedeutet hier, das Gebäude erstens über den gesamten Lebenszyklus im Sinne eines Kreislaufmodells zu betrachten. Zweitens sind Funktionsweise und Wirkung über ihre unmittelbaren Systemgrenzen hinaus einzubeziehen. Und drittens soll in verschiedenen «Währungen» gemessen werden – neben Franken auch in ­Kilowattstunden und Kohlendioxid. Die technologischen Möglichkeiten, welche uns die Digitalisierung bringt, müssen dabei unbedingt genutzt und im Interesse der Effizienz und Effektivität eingesetzt werden. Stichworte dazu sind Cloud-basierte Services, IoT-Anwendungen und darauf aufbauend Machine Learning und künstliche Intelligenz. Optimierung im Betrieb In der Vergangenheit standen vor allem neue Projekte im Fokus, bei welchen in Bezug auf die Energieeffizienz erhebliche Fortschritte 126

erzielt werden konnten. Zunehmend fällt der Blick jedoch auf die ungleich bedeutendere Zahl von Bestandsbauten und die Möglichkeiten ihrer Betriebsoptimierung. Hier liegen noch immer enorme Potenziale brach. Erstaunlicherweise gilt dies nicht nur für alte, in die Jahre gekommene Gebäude, sondern auch für kürzlich erstellte, sogar mit Labeln versehene Objekte. Dies bestätigt eine nicht überhörbare Diskussion innerhalb der Fachkreise unter dem Begriff Performance Gap. Studien haben gezeigt, dass im Rahmen der Projektierung errechnete oder im Bewilligungsverfahren geforderte Energiekennzahlen in der Praxis in den wenigsten Fällen erreicht werden. Die Voraussetzung für eine gesamtheit­ liche, wirksame und bezahlbare Betriebsoptimierung ist eine Analyse der Objekte beziehungsweise Portfolios. Die Grundlage einer Analyse bilden wie immer Daten. Hier gilt es, syste­matisch und pragmatisch vor­ zugehen. Statt wahllos zu sammeln, s ­ ollten diejenigen Daten genutzt werden, die ver­ fügbar und relevant sind. Viel wichtiger als deren Menge ist ihre strukturierte ­Erfassung, sodass sie jederzeit unter v ­ erschiedenen Gesichtspunkten wieder genutzt werden können, sich zu einer historischen Datenreihe ent­ wickeln und in Business-­Prozessen und Cockpits live zur Verfügung stehen. Cloud-basierte Instrumente für diese Art der Erfassung und Nutzung ­stehen bereits im Markt zur Verfügung. Ihre Verwendung von Beginn an verhindert Redundanzen, beschleunigt das Vorgehen und eröffnet in der Analyse, Überwachung und späteren Steuerung ganz neue Möglichkeiten. Sinnvollerweise wird bereits hier in verschiedenen Währungen erfasst, damit neben Energie- und CO2-Verbrauch auch die Betriebskosten beurteilt werden können. Mit der ­ersten, rudimentären Analyse sind eine grobe Einordnung und eine Gegenüberstellung zu vorhan­denen Benchmarks möglich. Es zeigt sich sehr schnell, wo unmittelbarer Handlungs­ bedarf besteht und sogenannte low-hanging fruits gepflückt werden können. Sind die Gebäude technisch auf einem aktuellen Stand, jedoch, wie ein Benchmark-­ Vergleich zeigt, zu ineffizient, sollte die Datenerfassung die Einbindung der gebäudetechnischen Systeme vorsehen. Auch hier kann pragmatisch vorgegangen werden, das heisst die Anknüpfung an vorhandene Schnittstellen und gegebenenfalls das Setzen günstiger ­Sensoren an den entscheidenden Punkten. Gesellschaft & Umwelt


Fehlt es bei diesem Schritt an fachlichem und konzeptionellem Verständnis, besteht die Gefahr einer Überreaktion durch zu umfassende technische Nachrüstungen. Weniger ist in den ersten Phasen definitiv mehr. Basierend auf der Analyse können nun erste Massnahmen eingeleitet werden – meist in Form von Instruktion des Personals, ­Nachregulierung der Anlagen und Anpassung des ­Nutzerverhaltens. Sind die Daten richtig erfasst und fliessen sie periodisch in die Daten-Cloud ein, so lässt sich über das ­Cockpit die Performance laufend beobachten. Nun kann der Prozess wieder von vorne beginnen. Als Benchmark dient der neue Stand, den es in einer nächsten Periode über bessere oder weitergreifende Massnahmen zu schlagen gilt. Aus einer einmaligen Analyse entwickelt sich so ein Prozesskreis, der zu einer kon­ tinuierlichen Verbesserung der Effizienz und zu einer Senkung der Betriebskosten führt. Erneuerung mit Strategie Meist kommt jedoch überall der Zeitpunkt, an dem eine Sanierung, Erneuerung oder ein Ersatzneubau anstehen. Dies führt zurück zum Anfang des Lebenszyklus, wo über Development, Design, Engineering und Construction das Gebäude revitalisiert wird oder ein neues entsteht. Nun geht es darum, vor allem in der Entwicklungsphase mit einer gesamtheitlichen Betrachtung die richtige Strategie zu generieren. So sind alle Aspekte und Optionen unter energetischen Gesichtspunkten zu prüfen. Stehen möglicherweise Wärme, Kälte oder ein Anergienetz in nächster Umgebung zur Verfügung? Besteht die Chance auf einen Eigenverbrauchsverbund? Bietet sich eine Photovoltaik- oder Low-Ex-Lösung an, welche das Ernten von Sonnenlicht und -wärme auf dem Dach und an der Fassade sowie eine saisonale Zwischenspeicherung über Erdsonden im Boden erlaubt? Auch hier gilt es, basierend auf profundem Wissen pragmatisch vorzugehen und die richtigen Konzepte zu wählen. Wird ein Ersatzneubau in Erwägung gezogen, muss berücksichtigt werden, dass sich mit jedem neuen Gebäude die CO2-Emissionen aus grauer Energie erhöhen. Ein Mehrnutzen durch Ersatz muss also relevant sein. Dies ist nur dann gegeben, wenn im Rahmen eines Neubaus eine erhebliche Verdichtung, das heisst um mindestens 50 Prozent, vorzugsweise aber noch mehr, realisiert werden kann. Unter dem Gesichtspunkt der CO2-Emission ist ­allerdings nicht jede – auch deutliche – 127

Verdichtung sinnvoll. Weil eine zusätzliche Nutzung die induzierte Mobilität erhöht, sollten umfassendere Verdichtungen nur da geschehen, wo aufgrund zentraler Lagen oder ausgezeichneter Anbindung an den öffent­ lichen Verkehr nicht übermässiges Verkehrs­ aufkommen provoziert wird. Vertrauenskapital gewinnen Nicht immer sind Energieeffizienzbemühungen und CO2-senkende Massnahmen unmittelbar ­rentabel. So lässt das aktuelle Mietrecht beispielsweise eine Überwälzung auf die Mieten nicht zu. Förderprogramme können zwar kostensenkend wirken, unter aktuellen ökonomischen Rahmenbedingungen sind konventionelle, weniger ökologische Lösungen jedoch oftmals günstiger. Allerdings befinden wir uns, wie eingangs erwähnt, in einer Zeit, in der sehr viel in Bewegung ist. Gesetze, Förderprogramme und ökonomische Rahmenbe­ dingungen werden sich ändern und Investi­­ tionsrechnungen komplett anders aussehen lassen. Die Internalisierung von Umweltkosten durch CO2-Abgaben, Emissionszertifikat­ handel und dergleichen dürften die Kosten für fossile Energien in die Höhe treiben. Die Strommarktliberalisierung könnte sogar dazu führen, dass Eigenproduktion, Speicherung und Einspeisung in Zeiten von Stromknappheit ein einträgliches Geschäft werden. Wenn wir dabei Vertrauenskapital in der Gesellschaft gewinnen und Abhängigkeiten von Dritten, insbesondere vom Ausland, reduzieren, wird sich eine systematische und beharrliche Herangehensweise und Umsetzung über den gesamten Lebenszyklus mehrfach auszahlen und einen relevanten Beitrag zum Schutz unserer Umwelt leisten. → www.tend.ch

S.124 — Haustechnikräume wie diesen gibt es in vielen Liegenschaften. Mit den richtigen Massnahmen kann eine Reduktion von Energieverbrauch und Treibhausgasen erreicht werden.

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CRADLE TO CRADLE

128 Text: Albin Kälin Illustration: Dominique Wyss

In der Schweiz und Österreich bestehen für die Erstellung von nachhaltigen Bauten Standards und Grundlagen für die Energie­ effizienz (ÖGNI- und DGNB-Standard, Minergie-P-Standard und 2000-Watt-Gesellschaft). Seit der Lancierung dieser Standards haben die Themen Energieeffizienz, graue Energie und CO2-Bilanz bei Bauherren, Architekten und Planern einen beachtlichen ­Stellenwert erreicht, der sich auch finanziell auszahlt. Im Bereich der Bauökologie sind in der Schweiz spezifische Ausschreibungsunterlagen und Standards vorhanden wie zum Beispiel die ECO-BKP-2009-Merkblätter «Ökologisches Bauen» und der Minergie-Eco-Standard. Die Anwendungstiefe von bauökologischen Massnahmen ist trotz grösserer Anstrengungen seitens der Verbände und einiger Baumaterialhersteller immer noch gering. ­Heutige Standards werden in Leuchtturmprojekten getestet. Sobald es sich jedoch um die Wiederverwendung von Recycling-Materialien in der Baubranche handelt, besteht nur ein kleiner Markt. ­Aufgrund der langen, aber unterschiedlichen Lebenszyklen von Baumaterialien und Komponenten sind nur wenige Materialrück­ nahmekonzepte vorhanden, welche die eigene Wertschöpfungskette mit einschliessen. Das Konzept Cradle to Cradle (C2C, engl.: «von Wiege zu Wiege» oder «von Ursprung zu Ursprung») definiert als Ziel, dass ­Produkte nicht weiter Abfall und damit verlorene oder minderwertige Ressourcen sein müssen, wenn die Nutzungsphase vorüber ist. Vielmehr werden Produkte bereits im Design-Prozess als Ressourcen für biologische oder technische Produktionen nach der Nutzungsphase angesehen und daraufhin optimiert. Der Material­ gesundheit der Inhaltstoffe kommt bei C2C eine besondere Bedeutung zu, indem alle Inhaltstoffe sicher für biologische oder technische Kreisläufe sein müssen. Das C2C-Design-Konzept bietet Chancen für die Bauindustrie, Bauunternehmer, Developer wie auch für das Facility-Management. C2C-Materialien weisen am Ende des ersten Lebenszyklus einen hohen Materialwert auf, da sie vollständig umweltverträglich sind und im technischen Kreislauf für die Industrie weiterhin als hochwertige Rohstoffe Gesellschaft & Umwelt – Kolumne


eingesetzt werden können. Mittels innovativer Rücknahmekonzepte gelangen die Hersteller wieder in den Besitz ihrer Produkte und Materialien. Langjährige Lebenszyklen für Baumaterialien

Für die Industrie liegt bei der Herstellung von C2C-Produkten die Herausforderung darin, im Design und auf einer inhaltsstofflichen Basis Produkte zu entwickeln, die mehrfach wiederverwendet werden können und deren Qualität dabei nicht verloren geht. Speziell für die Baumaterialindustrie stellen die langjährigen Lebenszyklen der Materialien und Produkte eine weitere Herausforderung dar, die sich wirtschaftlich bei der Entwicklung von Rücknahmekonzepten rechnen muss. Eine wichtige Bedingung für die wirtschaftliche Machbarkeit von C2C-Baumaterialien und -Komponenten ist die Erkenntnis und Anerkennung, dass ein Gebäude am Ende der Betriebsphase weiterhin einen messbaren Materialwert hat. In der heutigen Wert­ betrachtung wird diese Tatsache gänzlich ausser Acht gelassen. Abbruch- und Recycling-Firmen, die mit den Wertstoffen gutes Geld verdienen, agieren mehrheitlich ausserhalb der Wertschöpfungskette der Baumaterialindustrie. Es fehlen Business-toBusiness-Modelle, welche die beiden Akteure zusammenbringen oder andere Konstellationen schaffen. Zurzeit gibt es in der schweizerischen Baumaterialindustrie wenige C2C-Produkte und noch geringe entsprechende Rücknahme­ konzepte zur Schliessung der Stoffkreisläufe. Innovation muss darin bestehen, dass die Baumaterialindustrie C2C-Konzepte in ihre Wertschöpfungskette integriert und seitens der Bauherren, Projektentwickler und Totalunternehmer eine Nachfrage nach C2C-Materialien aufgebaut wird, um das notwendige Momentum zu generieren.

Albin Kälin (63) war von 1981 bis 2004 Geschäftsführer der Rohner Textil AG. 1993 startete er die Entwicklung der Produktlinie Climatex, der ersten C2C-Produkte weltweit. 2001 erhielt er die UBS Key Trophy «Rheintaler Unternehmer des Jahres». Von 2005 bis 2009 leitete er als CEO die EPEA Internationale Umweltforschung GmbH in Hamburg, ab 2007 war er auch CEO von EPEA Nederland B.V. 2009 gründete Albin Kälin die EPEA Switzerland GmbH. Er fungiert als deren CEO und akkreditierter Gutachter für den Cradle-to-­ Cradle-Certified-Standard. EPEA Switzerland GmbH unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung des C2C-Design-Konzepts, das Ende der 1990er-Jahre vom deutschen Chemiker Dr. Michael ­Braungart und dem US-amerikanischen Architekten William McDonough entworfen wurde. → www.epeaswitzerland.com Cradle to Cradle Certified ist ein global anerkannter Bewertungsstandard für sichere, nachhaltige und kreislauffähige Produkte. → www.c2ccertified.org

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HALTER AG Mission Mit unseren Kunden identi­ fizieren wir Entwicklungs­ potenziale von Arealen, Grundstücken, Bauprojekten und Liegenschaften und setzen sie um: für einen effizienten Einsatz unserer Ressourcen.

Business Development Wir entwickeln Visionen und Business Cases. Dadurch finden wir Mehrwertpoten­ ziale in Liegenschaften. Personalbestand 10 Mitarbeitende

Personalbestand 270 Mitarbeitende

Organisation Raphael Strub Zentralschweiz

Umsatz 2019 500–600 Mio. CHF

Olivier Thomas Westschweiz

Verwaltungsrat Balz Halter Präsident

Rolf Geiger Ostschweiz

Roger Dettwiler Mitglied Dr. Urs Ernst Mitglied Dr. Nicolas Iynedjian Mitglied Organisation Gruppe Markus Mettler CEO Thomas Bachmann Corporate Services Rolf Röthlisberger Rechtsdienst Nik Grubenmann Kommunikation Alexandra Stamou Produkt- und Innovationsmanagement

Alex Valsecchi Investitionsmanagement und MOVEment Systems

Gesamtleistungen Wir optimieren Immobilienprojekte und reduzieren Baukosten durch integrale Planung und Ausführung. Personalbestand 120 Mitarbeitende Organisation Maik Neuhaus Geschäftsführer Anna von Sydow (ab 1. Januar 2021: Diego Frey) Engineering / Digital Planen und Bauen Thomas Zenhäusern Spezialprojekte (Entwicklung und Akquisition) Marcel Weber Region Basel

Renovationen Wir bieten Gesamtlösungen und handwerkliches Geschick im Umbau. Personalbestand 47 Mitarbeitende Organisation Felix Hegetschweiler (ab 1. Januar 2021: Anna von Sydow) Geschäftsführer Daniel Handschin Development & Akquisition / Renovationen Stefan Cavallaro Baudienstleistungen Roland Baron Renovationen Andreas Wüthrich Bauservice

Entwicklungen Wir investieren in Arealentwicklungen und schaffen Anlageprodukte. Personalbestand 33 Mitarbeitende Organisation Ede I. Andràskay Geschäftsführer

Adressen Hauptsitz Zürich Halter AG Hardturmstrasse 134 CH–8005 Zürich T +41 44 434 24 00 Geschäftsstelle Basel Halter AG Freilager-Platz 4 CH–4142 Münchenstein (BL) T +41 61 404 46 40 Geschäftsstelle Bern Halter AG Europaplatz 1A CH–3008 Bern T +41 31 925 91 91 Geschäftsstelle Luzern Halter AG Zihlmattweg 46 CH–6005 Luzern T +41 41 414 35 40 Geschäftsstelle Lausanne Halter SA Rue de Genève 17 CH–1003 Lausanne T +41 21 310 13 00 Geschäftsstelle St. Gallen Halter AG St. Leonhard-Strasse 49 CH–9000 St. Gallen T+41 71 242 44 10

www.halter.ch

Andreas Campi Entwicklungen Herbert Zaugg Entwicklungen Mario Ercolani Baumanagement Ost Bertrand Borcard Baumanagement West

Theo Fahrni Region Bern Frédéric Boy Westschweiz Diego Frey (ab 1. Januar 2021: Oliver Kern) Region Zürich und Ostschweiz Philip Kiefer Zentralschweiz

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Die Halter-Gruppe auf einen Blick


TEND AG

RAUMGLEITER AG

WIR SIND STADTGARTEN

W21 INNENAUSBAU AG

Mission Wir sichern Erträge und senken die Betriebskosten. Damit realisieren wir für unsere Kunden wertvollere Immobilien.

Mission Wir bieten ein integrales Dienstleistungsangebot in den Bereichen Digital Planen und Bauen, 3D-Modell und High-End-­ Visualisierung.

Mission Wir geben dem Lebensraum von Menschen Form und legen damit die Grundlage für dynamische Entwicklungen.

Mission Wir realisieren Büroräume, Meeting-Points, Shops, Restaurant- und Hotelräume und bieten als Gesamtleister von der Raumgestaltung über den Innenausbau bis zum Umzug komplette Dienstleistungspakete an.

Personalbestand 30 Mitarbeitende Verwaltungsrat Markus Mettler Präsident Roger Dettwiler Mitglied Alexandra Stamou Mitglied Organisation Jacques Hamers Geschäftsführer Andres Stierli Facility Management Philipp Schelbert Transaction Management Adressen Hauptsitz Zürich Tend AG Hardturmstrasse 134 CH–8005 Zürich T +41 44 434 24 24 Geschäftsstelle Basel Tend AG Freilager-Platz 4 CH–4142 Münchenstein T +41 61 404 46 40

Personalbestand 40 Mitarbeitende Verwaltungsrat Markus Mettler Präsident Roger Dettwiler Mitglied Alexandra Stamou Mitglied Organisation Daniel Kapr Head CGI and Digital Competition Matthias Knuser Head Virtual Spaces

Personalbestand 2 Mitarbeitende Vorstand Rolf Geiger Präsident Deborah Eggel Mitglied Raphael Burkhalter Mitglied Slavica Vranjkovic Mitglied Oliver Uebelhart Mitglied Sandra Romagnolo Mitglied

Hana Disch Head Configurator and New Products

Adresse Wir sind Stadtgarten Europaplatz 1A CH–3008 Bern T +41 31 925 91 91

Adresse Raumgleiter AG Pfingstweidstrasse 106 CH–8005 Zürich T +41 44 202 70 80

www.wir-sind-stadtgarten.ch

Verwaltungsrat Markus Mettler Präsident Peter Pfiffner Mitglied Mario Ercolani Mitglied Organisation Markus Brunner (ab 1. August 2020) CEO Michael Peter Operations Rainer Schmitt Engineering Adresse W21 Innenausbau AG Wagistrasse 21 CH–8952 Schlieren T +41 44 738 70 00

www.raumgleiter.com www.w-21.ch

Geschäftsstelle Bern Tend AG Europaplatz 1A CH–3008 Bern T +41 31 925 91 91 Geschäftsstelle Lausanne Tend SA Rue de Genève 17 CH–1003 Lausanne T +41 21 310 13 00 Geschäftsstelle Chiasso Tend SA c/o Acofin Via Luigi Pasteur 1 CH–6830 Chiasso T +41 91 921 80 80

www.tend.ch

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Personalbestand 10 Mitarbeitende

Komplex Nr. 13/2020


KOMPLEX DAS MAGAZIN DER HALTER AG Nr. 13/2020

Heftkonzept und Redaktionsleitung Christine Marie Halter-Oppelt

Herausgeber und Redaktionsanschrift Halter AG Hardturmstrasse 134 CH–8005 Zürich T +41 44 434 24 00 www.halter.ch

Mitarbeitende dieser Ausgabe Hubertus Adam, Hanspeter Bärtschi, Ralph Bensberg, Simon Büttgenbach, Deborah Fehlmann, Matthieu Gafsou, Héloïse Gailing, Rolf Geiger, Nik Grubenmann, Mike Guyer, Balz Halter, Andreas Hänsenberger, Albin Kälin, Laura Fee Pache, Rita Pauchard-Höltschi, Jan Paulich, Alexandra Stamou, David Strohm, Lukas Wassmann, Reto Westermann

Online-Ausgabe www.komplex-magazin.ch

Gestaltungskonzept und Art Direction Studio Marie Lusa, Marie Lusa, Dominique Wyss

Übersetzung Lionbridge Switzerland AG, Opfikon Korrektorat Bettina Kunzer (deutschsprachige Ausgabe) Mario Giacchetta (französischsprachige Ausgabe) Titelbild Geras Pflegehotel, Sutz-Lattrigen, Lukas Wassmann Auflage 10 000 Exemplare (deutschsprachige Ausgabe) 2000 Exemplare (französischsprachige Ausgabe) Lithografie und Druck Druckerei Odermatt AG, Dallenwil Hinweis Ein Nachdruck ist nur mit Genehmigung der Redaktion möglich. Die Nennung von Fotografen und Copyright-Inhabern erfolgt nach bestem Wissen. Bei unvollständigen Angaben bitten wir um Nachricht. Das Magazin «Komplex» wurde im Projekt mit ClimatePartner CO2-kompensiert, also klimaneutral gedruckt. www.swissclimate.ch Kompensations-Nr.: SC2020042302 Printed in Switzerland

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